Der Netzwerk Insider September 15 Systematische Weiterbildung für Netzwerk- und IT-Professionals

Schwerpunktthema Das Ende des PSTN Zeitalters NGN – Die Zukunft beginnt jetzt! Sind Sie vorbereitet? von Markus Geller Nun haben sie, die Datennetze, es doch Der Vereinheitlichung von Infrastruktu- endgültig geschafft. Die seit 1881 be- ren auf allen Ebenen. stehende, klassische Vermittlungs- technik und auch ihre jüngere, digita- Diese Entwicklung verursacht aber gleich- le Schwester, das ISDN, werden bis zeitig eine ungeheure Betriebsamkeit bei 2018 europaweit entsorgt. Damit fin- Unternehmen wie Netz-Providern und det eine fast 140 Jahre alte Technologie zeigt ganz deutlich, dass trotz des ambi- ihr Ende und die Verbreitung von VoIP tionierten Ziels bis 2018 noch viele Fragen Diensten ihren krönenden Abschluss. geklärt werden müssen. Wie man unschwer erkennen kann, er- freut den Autor dieses Artikels dieser Die Hauptaugenmerke liegen dabei auf Umstand ungemein, da er doch ganz den technischen Herausforderungen so- klar die Richtung aufzeigt, in der sich wie der Frage, wie zukünftig Produkte und unsere IT Welt bewegt: Verträge gestaltet werden.

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Zweitthema Audio und Video CODECs für das WAN - Teil 1 von Simon Lindenlauf, Dipl.-Ing. Dominik Zöller Immer wieder kommen Kunden auf uns die die UC-Lösung betreiben oder die- der Planung oft zu wenig Beachtung ge- zu und berichten über – teils dramati- se nutzen. Denn klar – wenn die Quali- schenkt wird! Grund genug, noch mal eini- sche – Qualitätsprobleme bei der unter- tät nicht stimmt, hat das Netz ein Prob- ge grundlegende Eigenschaften von Voice nehmens- bzw. organisationsinternen lem – oder zumindest nicht genügend und Video CODECs und ihre Eignung für Kommunikation via Weitverkehrsnetz. Dampf! Doch ist das wirklich so? das WAN zu diskutieren. Der Schuldige scheint schnell gefun- den – das Netz! So mancher WAN-Ver- Die Erfahrung zeigt, dass die Wahl des weiter auf Seite 20 antwortliche darf sich regelmäßig den richtigen Codecs bereits die halbe Miete Anfeindungen der Kollegen aussetzen, ist – und dass gerade diesem Thema bei

Geleit Standpunkt ISDN wird abgeschaltet Notwendigkeit und Was ist zu tun? Wo liegen die Probleme? Komplexität von Test- Wozu brauchen wir noch Provider? umgebungen in der IT auf Seite 2 auf Seite 18 Aktuelle Kongresse ComConsult UC-Forum 2015 ComConsult Technologie-Tage 2015 ab Seite 4

Aktuelles Seminar Öffentliche Ausschreibungen im Informationsbereich auf Seite 19 ComConsult Research Der Netzwerk Insider September 15 Seite 2

Zum Geleit ISDN wird abgeschaltet Was ist zu tun? Wo liegen die Probleme? Wozu brauchen wir noch Provider?

Seit Ende der 80er Jahre haben wir ISDN. Warum sind Provider auf Dauer auf Kon- Und nun nähert sich seine Zeit dem nektivität reduzierbar? Sie brauchen ja Ende. 2018 ist das offizielle Datum des auch für Email keinen Provider. Die Email- Abschaltens. Für die Kunden bedeutet Kommunikation zwischen Unternehmen das, dass bereits jetzt die Vorbereitungen wird über DNS geregelt. Und seit 2008 auf die Zeit nach ISDN anlaufen müssen. haben alle gängigen DNS-Server die Fä- Tatsächlich empfehlen wir dringend den higkeit, Sprach- und Video-Kommunikati- Übergang in die neue Welt bis Ende 2016 on ähnlich wie Email zu integrieren. geschaffen zu haben. Wir rechnen mit er- heblichen Störungen in der Abschaffung Damit ist klar: die Zukunft liegt aus heuti- von ISDN. Die Komplexität und die schie- ger Sicht in einem DNS-basierten Sprach-, re Dimension dieser Aufgabe für die Pro- Chat- und Video-Kommunikations-Sys- vider darf nicht unterschätzt werden. Der tem. Damit ist aber auch klar, dass der ers- Umstieg in die Folgetechnologie sollte te Schritt in diese Zukunft in der Form des also deutlich vor 2018 erfolgt sein. Aufsetzen von DNS und der Etablierung eines Session-Border-Controllers jetzt so- Wo liegen die Probleme? Vereinfacht ge- fort begonnen werden sollte. Damit regelt sagt in zwei Bereichen: dann die Zieladresse meines Kommunika- tions-Partners, welchen Weg ich nehme. 1. Die Kunden müssen wissen was sie Leider wissen die Provider selber auch Hat er eine traditionelle Telefonnummer, wollen und was das Ziel ist. nicht was sie wollen. Alle Veröffentlichun- gehe ich über den SIP-Trunk zum Provi- gen dazu sind wie ein Eiertanz. So als der. Hat er eine SIP-Adresse, gehe ich den 2. Die Provider müssen wissen was sie ob die Unternehmenskunden bereits ab- DNS-Weg. Damit können wir theoretisch wollen und was das Ziel ist. geschrieben wurden und der neue Markt auf das Provider-Peering verzichten (wenn bei den Endverbrauchern liegt. So gibt denn alle Unternehmen diesen Weg jetzt Obwohl das in beiden Fällen trivial klingt, es weder eine klare Antwort zum Thema und sofort gehen würden). ist es das weder für die Kunden noch Provider-Provider-Peering noch gibt es ir- die Provider. Für die Provider bedeutet gendein weitergehendes Dienstangebot Damit sind wir bei der Frage wo die Pro- der Übergang auf eine ISDN-Folgetech- über Sprache hinaus. Statt dessen deu- bleme des Kunden, sprich der Unterneh- nik in Kombination mit 5G, dass ein völ- tet sich eine Schwerpunkt-Verschiebung men und Behörden, liegen. Hier könnte lig neues Service-Angebot für Endkun- in den Mobility-Markt an, der gleichzei- man meinen, dass dies doch klar ist: wir den aufgebaut werden kann. Dazu zählen tig auch Teile des Internet of Things ab- wollen weiterhin telefonieren können. Nur 4K-Video-Dienste, mobile Ende-zu-Ende- decken soll. Dazu werden die Provider eben auf einem anderen Weg. Und ge- Lösungen (5G) und ein Cloud-Angebot neue Netzwerk-Infrastrukturen schaffen, nau das ist falsch. Wir haben längst über für private IoT-Lösungen. Dies wird kom- die Service-Orientierung und Rechenleis- Sprache hinaus andere Formen der Kom- biniert mit einem intelligenten und skalier- tung integrieren werden. So ist es vor- munikation. Und mit der Abschaffung von baren Netzwerk basierend auf SDN und stellbar, dass die Mobilfunk-Basis-Sta- ISDN muss die Frage gestellt werden, wie NFV. tionen mit Rechenleistung ausgestattet wir uns die Kommunikations-Lösung der werden, die im Rahmen spezieller Diens- Zukunft eigentlich vorstellen: Was nicht trivial ist, ist die Frage was te vermarktet werden kann. Aller Voraus- Provider eigentlich in Zukunft für Unter- sicht nach werden SDN und NFV tragen- • wie wichtig wird die Videokonferenz? nehmen leisten werden. Klar formuliert de Elemente der neuen Infrastruktur sein. • welche Bedeutung bekommt Chat? sind sie nämlich über die Bereitstellung Sprache wird dabei nur ein Dienst unter • was sollen Portale und soziale Medien von Bandbreite und QoS hinaus schlicht vielen sein, der auf dem Daten-Netzwerk leisten? überflüssig. Unternehmen brauchen Pro- aufsetzt. Pauschal gesagt werden Provi- vider aber für den Übergang in die neue der ihr Geld nicht mehr mit Sprache, son- Dies hat ganz verschiedene Dimensio- Welt bis Ende 2018. So werden zum Bei- dern mit Konnektivität und darauf aufset- nen. Eine und vielleicht die wichtigste da- spiel für die Kunden, die jetzt komplett zenden Diensten verdienen. von ist, wie wir uns als Unternehmen oder von ISDN weggehen wollen, SIP-Trunk- Behörde dem Kunden gegenüber präsen- Lösungen mit einem ISDN-Übergang auf Aber wo lässt diese Entwicklung den Un- tieren wollen. Welche Informationen bie- der Provider-Seite benötigt. Daran führt ternehmens-Kunden bezogen auf die Ab- ten wir an und welche Kommunikations- auch kein Weg vorbei, da ja davon aus- lösung von ISDN? Daraus kann nur eine Kanäle gibt es in Zukunft. Dies geht Hand gegangen werden muss, dass die po- sehr nahe liegende Empfehlung abgelei- in Hand mit der Frage welchen Mehrwert tentiellen Kommunikationspartner noch tet werden: wenn die Provider nicht in der uns welcher Kanal bietet. Beispiele für ISDN machen. Aber dieser Übergangsbe- Lage sind, ein klar strukturiertes und mit Mehrwerte wären: darf ist nach 2018 vorbei. Von daher soll- einer verbindlichen Roadmap versehenes ten Unternehmen auch genau überlegen, Angebot zu erstellen, dann muss eine Lö- • die höchste Kommunikations-Effizi- wie viel Geld sie in diese sehr kurze Über- sung gefunden werden, die den Provider enz in Abhängigkeit von dem Inhalt der gangszeit investieren wollen. auf Konnektivität und QoS reduziert. Kommunikation ComConsult Research Der Netzwerk Insider September 15 Seite 10

Schwerpunktthema

Markus Geller verfügt über langjährige Erfah- Das Ende des rung in Forschung, Entwicklung und Betrieb von Lokalen Netzen, IP-TV, Wireless Local PSTN Zeitalters Area Networks sowie Sicherheits-Technologien. Als Mitarbeiter der ComConsult Research NGN – GmbH ist er verantwortlich für Produkttests und Marktbeobachtung. Zu diesen Themengebieten Die Zukunft ist er zudem als Referent bei der ComConsult beginnt jetzt! Akademie tätig. Sind Sie vorbereitet?

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Daher möchte ich zunächst die Sicht der künftig nur noch zwei Vermittlungstechni- Durch den Rückbau und die Ablösung der Provider und die Motivation für ihr Vorge- ken betreiben müssen: bekannten Technologien werden z.B. lo- hen erläutern. kale Vermittlungsstellen eingespart. Die- • das IP Netz, basierend auf Ethernet, se werden durch mehrere zentrale Vermitt- Das Problem der Provider DSL, Koaxialkabel, OTN und WDM, lungssysteme ersetzt. Das wiederum führt • sowie den Mobilfunk mittels GSM, zu einer höheren Verfügbarkeit des Tele- Die Auslöser der Entwicklung sind zum UMTS und LTE fondienstes beim Kunden, da bei einem einen das Bestreben nach Netzkonver- Ausfall eines zentralen Vermittlungsdiens- genz, sowie die Tatsache, dass ähnlich Zudem ergeben sich gerade auf Seiten der tes automatisch auf einen anderen Kno- wie im Enterprise Umfeld - die Beschaf- Telefondienste ganz neue Möglichkeiten. ten umgeschwenkt werden kann, was bei fung von klassischer Vermittlungs - und einer lokalen Vermittlung nicht möglich ist. ISDN-Technik immer schwieriger wird und Die neuen Möglichkeiten eine Ersatzteilversorgung nach 2018 nicht Andere Anbieter wiederum ermöglichen mehr garantiert werden kann. Neben dem heutigen Sprachdienst kön- eine Hochverfügbarkeits-Funktionalität für nen zukünftig auch Video, IM und andere die Telefonie. Diese als "Dual Homing" be- Dieser Treiber wird daher auch in naher UC Dienste übertragen werden. zeichnete Technik stellt dem Kunden zwei Zukunft dazu führen, dass altbekannte Netzzugänge zur Verfügung, die an geogra- und auch liebgewonnene Technologien Auch beim Thema Verfügbarkeit eröffnen phisch unterschiedlichen POPs terminiert ihrem Ende entgegen gehen, wie z.B. das sich auf Grund der IP basierten Datenströ- werden und somit eine Verfügbarkeit von bis ATM. me ganz neue Möglichkeiten. zu 99,8% realisieren. (siehe Abbildung 2)

So ergibt sich aus dieser technischen Si- tuation für die Provider der Zwang des Handels und gleichzeitig die Möglichkeit die Flucht nach vorne anzutreten. Denn, so zeigt es der Enterprise Markt, die Kun- den haben ja schon im großen Stil den Schritt in Richtung All-IP vollzogen.

Aber auch die schon erwähnte Netzkon- vergenz ist in den Augen der Provider ein Schlüssel zur Erneuerung ihres Ge- schäftsmodells, denn durch die Ablösung älterer Übertragungstechnologien können Kosten gesenkt und der Betrieb und der Ausbau des IP basierten Next Generation Network (NGN) vereinfacht werden.

Im Ergebnis bedeutet dies: Eine Netzinf- rastruktur für alle Dienste.

Für die Provider ist das eine enorme Ver- einfachung des Netzbetriebes, da sie zu- Abbildung 1: NGN der DTAG Quelle: T-Systems ComConsult Research Der Netzwerk Insider September 15 Seite 11

Das Ende des PSTN Zeitalters - NGN – Die Zukunft beginnt jetzt! Sind Sie vorbereitet?

Festnetz Betreiber weiter verfolgt, da die auf Kupferleitungen basierende ADSL und VDSL Technologie von ihrem Daten- durchsatz ausgereizt ist, aber gleichzeitig die Kabelnetzbetreiber mit immer höhe- ren Datenraten Kunden abwerben. So ver- meldet der Kabelmodemhersteller Tech- nicolor, dass eines seiner Modems auf Basis des Standards DOCSIS 3.1 Über- tragungsraten von bis zu 2 Gbit/s im Downstream erreicht.

Andererseits lässt der Nachfolger für VDSL noch ein wenig auf sich warten. Erst ab 2016 wird es hier mit dem ITU Stan- Abbildung 2: Dual Homing Quelle: BT dard G.fast, eine Variante geben, die ähn- liche Leistungen verspricht wie das Kabel- Aber auch kleinere Unternehmen oder Fi- technischen Aspekten von NGN Lösun- netz. Aber gerade G.fast setzt zwingend lialnetzbetreiber profitieren von den neuen gen angelangt. Bei näherer Betrachtung voraus, dass FTTdp (Distribution Point = Möglichkeiten. Sie sind jetzt in der Lage sind diese alle IP basiert und somit ab- letzter Netzknoten vor dem Gebäude) zur eine einfache und kostengünstige Back- hängig von einer paketvermittelnden Infra- Verfügung steht. up Strategie zu implementieren. Dabei er- struktur. Die bisher genutzten synchronen halten sie mittels DSL Technologie einen oder asynchronen Zeitschlitzverfahren Ein Nachteil des G.fast Standard ist je- Zugang zum NGN inkl. VoIP Service ihres werden nicht mehr benötigt. Das mag doch seine geringe Reichweite von nur Providers und können im Falle eines Aus- man bedauern, da diese Dienste auch im- 100m bei einer Übertragungsrate von 1 falls auf ein LTE Backup zurückgreifen. mer QoS garantieren, was in Datennetzen Gbit/s. nur optional angewendet wird. Der Vorteil hierbei besteht in der Tatsache, Womit wir dann auch schon bei der An- dass DSL und LTE niemals über densel- Die Folgen aus der Umstellung von ISDN bindung mittels Kupfer angelangt wären. ben Netzzugang ins Backbone des Provi- auf IP sind in erster Linie: Diese ist Stand heute die meist genutzte ders realisiert werden (siehe Abbildung 1), Variante des Netzzuganges. Das liegt na- so dass immer eine Verbindung zur Verfü- • die Einführung von SIP zum Auf- und türlich daran, dass nahezu jedes Gebäu- gung steht. Abbau einer Kommunikationsbeziehung de von den Netzbetreibern mit einem Te- • und der Einsatz des Real Time Proto- lefonanschluss versehen worden ist und Wie man sieht, ergeben sich abseits der kolls (RTP) für den Austausch von Echt- das im Regelfall mit einem oder einer Viel- vielbeschworenen neuen Leistungsmerk- zeitdaten zahl von zweiadrigen Kupferleitungen. male viele weitere, neue Ansätze gera- de im Bereich des Designs von VoIP als Daher bezeichnet man diese Art des IP Diesen Sachverhalt nutzt man bis heu- hochverfügbarem Dienst. basierten Zugangs auch als SIP-Trunk te, nur dass, statt der herkömmlichen Ver- oder SIP Anlagenanschluss. mittlungstechnik, jetzt mittels DSL paket- Und gerade diese werden die Provider zu- vermittelnde Dienste über die Leitungen künftig nutzen, um neue Geschäftsmodel- Dieser wiederum setzt eine Anbindung an geführt werden. le und Leistungen zu definieren, um sich das Providernetz mittels OSI Layer 1+2 von den Mitbewerbern zu unterscheiden. und 3 voraus. Dabei ist die Layer 3 Frage Nun unterscheiden sich diese DSL Diens- Gerade die Vielfältigkeit des neuen Trä- schnell geklärt: Hier kommt ausschließlich te jedoch je nach Anforderung. germediums „IP“ ermöglicht bisher nicht das Internet Protokoll zum Einsatz. gekannte Leistungsmerkmale und Pro- Im Consumer-Bereich werden vorwiegend dukte. Die Zeit, in der ein Telefon- oder Beim Layer 1+2, also dem physikalischen hohe Downstream-Raten erwartet. Diese Anlagenanschluss nur aus Sprach- und Zugang, gibt es dagegen mehrere Mög- liegen im Bereich von ca. 6 Mbit/s (ADSL) Signalisierungskanälen bestand, ist damit lichkeiten. bis 100 Mbit/s (VDSL2), wo hingegen endgültig vorbei. beim Upstream aktuell zwischen 1 Mbit/s Ein neuer Netzzugang für VoIP Dienste (ADSL) und max. 40 Mbit/s (VDSL2), mög- Dies zeigt sich schon heute an den Pro- lich sind. dukten, die wir bei den Kabelnetzbetrei- Zum einen wäre da die Anbindung mittels bern wie auch im Consumer-Umfeld der Glasfaser. Dies Variante kommt schwer- Gerade beim Einsatz von VDSL2 wird da- DSL Anbieter antreffen. Hier wird nicht punktmäßig an zwei Stellen zum Einsatz: bei auf das so genannte Vectoring ge- mehr nur ein Telefonanschluss angebo- setzt. ten, sondern immer auch ein 2play oder 1. immer dann, wenn hohe symmetrische 3play Produkt, welches Internet und TV Bandbreiten gefordert sind (> 10Mbit/s) Der Einsatz dieser Technologie beschäf- beinhaltet. Folgerichtig werden diese An- als eine Form von Ethernet tigt sich mit der Signaldämpfung bei der gebote auch Einzug in den Markt der Datenübertragung. Business Anschlüsse halten. 2. als asymmetrische Variante im Con- sumer-Umfeld als Fiber to the Home Diese ist in erster Linie abhängig von der Die neue Technik (FTTH) oder Building (FTTB) Länge des Kabels und seines Durchmes- sers. Je länger also eine Kupferleitung ist Was verändert sich? Gerade die Variante FTT erfährt einen und je geringer der Querschnitt, desto hö- Damit sind wir dann auch schon bei den starken Ausbau. Sie wird von Seiten der her fällt die Dämpfung des Signals aus. ComConsult Research Der Netzwerk Insider September 15 Seite 20

Zweitthema Audio und Video CODECs für das WAN - Teil 1

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Simon Lindenlauf absolviert einen Master-Stu- Dipl.-Ing. Dominik Zöller ist seit 2006 Berater diengang Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt bei der ComConsult Beratung und Planung Nachrichtentechnik an der Fachhochschule GmbH und fungiert hier als Leiter des Compe- Aachen. Parallel arbeitet er als Junior Consul- tence-Center „Kommunikationslösungen“. tant bei der ComConsult Beratung und Planung Gemeinsam mit seinem Team berät er eine GmbH im Bereich Kommunikationslösungen. Vielzahl von Kunden in Privatwirtschaft und öf- Sein Arbeitsgebiet umfasst die Planung und fentlichem Sektor. Die thematische Spannbreite Umsetzung von UC-Lösungen, insbesondere umfasst insbesondere die Themenfelder Unifi ed VoIP und Video, E-Mail und Unifi ed Messaging, Communications, Sprachkommunikation, Kol- Präsenzmanagement, Mobile Endgeräte und Ap- laborationswerkzeuge, integrierte Geschäftspro- plikationen. zesse und sichere Kommunikationslösungen. Herr Zöller ist regelmäßig als Referent für die ComConsult Akademie tätig und als Autor und Co-Autor an einer Vielzahl von Veröffentli- chungen beteiligt. Unter anderem ist er Co-Autor der „Technischen Leitlinie für organisationsin- terne Telekommunikationssysteme mit erhöhtem Schutzbedarf“ (TLSTK II) des BSI.

Grundlagen der CODECs UC-Spezialisten mögen uns das nach- ren (Encoder) und Dekodieren (Deco- sehen und ggf. den folgenden Abschnitt der) von digitalen Audio- oder Videoda- Aber bevor wir in die Eigenschaften spe- überspringen. ten. Das Ziel des CODECs ist eine digitale zifischer CODECs einsteigen, möchten wir Repräsentation von Audio- und Videosig- dem geneigten Leser gerne einige Grund- Ein CODEC (COding+DECoding) ist eine nalen mit reduzierter Datenrate und ver- lagen erläutern. Nachrichtentechniker und Sammlung von Algorithmen zum Kodie- besserten Übertragungseigenschaften bei möglichst hoher Signalqualität. Die Datenrate kann hierbei durch verlustlose (Redundanz-Reduktion) oder verlustbe- Analoges Digitales Encodiertes haftete Kompression (Irrelevanz-Reduk- Signal Signal digitales Signal tion) reduziert werden. Für die Verbes- serung der Übertragungseigenschaften Sprecher ADW Encoder DAW MOD kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, die wir im Nachfolgenden umrei- ßen möchten. Encoder und Decoder sind dabei auf dem Signalpfad vom Sender zu Empfänger (oder auch Quelle und Sen- Übertragungskanal ke) zwischen der Analog-Digital-Wandlung (ADW) und der Digital-Analog-Wandlung Analoges Decodiertes Fehlerbehaftetes (DAW) und Modulation (MOD/DEMOD) Signal Signal Signal angesiedelt. (siehe Abbildung 1)

Das durch den Analog-Digital-Wandler be- Empfänger DAW Decoder ADW DEMOD reits in eine digitale Repräsentation ge- brachte Signal (Abtasten, auch Sampling genannt) wird durch den Encoder mittels verschiedener Verfahren komprimiert und Abbildung 1: Audio-Encoder und -Decoder im Signalpfad zwischen Quelle und Senke ComConsult Research Der Netzwerk Insider September 15 Seite 21

Audio und Video CODECs für das WAN für die Übertragung aufbereitet. Bei der CODEC Standardisiert von Rechteinhaber Lizenz Abtastung ist es dabei zunächst fast un- erheblich, ob es sich beim Signal um Ton G. 711 ITU-T N/A Frei oder Bild handelt. Die digitale Repräsenta- tion beider Medien ähnelt sich sehr stark – G.723.1 ITU-T N/A Proprietäre Implementierungen letztlich handelt es sich ja auch bei Bil- G.726 ITU-T N/A Freie / proprietäre dern um eine (mehrdimensionale) Über- Implementierungen lagerung verschiedener Frequenzen. Die unterschiedlichen Charakteristiken von G. 729 ITU-T Sipro Lab Telecom Lizenziert durch Sipro Lab Ton und Bewegtbild (eine Folge vieler, Telecom meist sehr ähnlicher Bilder) kommen erst G. 722 ITU-T N/A Frei im eigentlichen CODEC zum Tragen. Der G. 722.1 ITU-T Polycom Royalty-Free Lizenz von Decoder schließlich invertiert diese Funkti- Polycom on auf Empfängerseite (bestmöglich). G. 722.2 ITU-T / 3GPP VoiceAge Lizenziert durch VoiceAge Einige marktrelevante CODECs (AMR-WB) RTAudio N/A Microsoft Lizenziert durch Microsoft In der Praxis hat sich eine Vielzahl von Au- dio-CODECs materialisiert. Einige hiervon AMR- N/A VoiceAge Lizenziert durch VoiceAge haben bereits seit Jahrzehnten eine hohe WB+ Marktdurchdringung (z.B. G.711, das IETF Xiph.Org 3-clause BSD License schon in den Siebzigerjahren spezifiziert Foundation (frei nutzbar) wurde und bereits bei ISDN Verwendung fand), andere finden erst nach und nach N/A Xip.Org Foundati- Revised BSD License Niederschlag in Produkten (z.B. AMR- on (frei nutzbar) WB+) oder haben erst unlängst ihre Pro- iLBC IETF Google Inc. 3-clause BSD (frei nutzbar) duktreife erreicht (z.B. der EVS-CODEC des Fraunhofer IIS). Tabelle 1 zeigt einen iSAC N/A Google Inc. 3-clause BSD (frei nutzbar) Überblick der gängigsten Audio-CODECs. EVS 3GPP Fraunhofer IIS Proprietär Die Liste der gängigsten Video-CODECs AAC-ELD N/A Fraunhofer IIS Proprietär (für die Echtzeitübertragung) ist nicht Tabelle 1: Überblick marktüblicher Audio-CODECs ganz so umfangreich wie die Liste der Au- dio-CODECs (siehe Tabelle 2). Wie man der Tabelle entnehmen kann, ist die Pa- CODEC Standardisierung Rechteinhaber Lizenz tent- und Lizenzrechtliche Lage bei den Video-CODECs hinreichend verworren. H.263 ITU-T U.a. Alcatel-Lu- Versch., MPEG-LA MPEG-4 Seit der Spezifikation von H.263 hat sich cent, sowie ver- Portfolio License jedoch auch hier vieles getan und der schiedene Patent- „CODEC-War“ zwischen Cisco, Goog- inhaber unter dem le und Microsoft sowie anderen Protago- Dach des MPEG- nisten der Branche (Polycom, Vidyo, …) Konsortiums hat die Entwicklung weiter befeuert. So H.264 ITU-T Verschiedene Pa- MPEG-LA AVC/H.264 Patent entstehen neben den lizenzpflichtigen, AVC tentinhaber un- Portfolio License proprietären CODECS heute auch Alter- ter dem Dach des nativen, die „royalty-free“ oder sogar quel- MPEG-Konsorti- loffen sind und so die technische Innovati- ums* on voranbringen sollen. H.264 ITU-T Verschiedene Pa- u.a. SISVEL und MPEG-LA SVC tentinhaber, u.a. Doch während der Kampf zwischen KPN, Orange, TDF H.264 AVC, H.264 SVC und VP8 bzw. nun H.265 und VP9 sowie den freien Alternati- H.265 ITU-T Verschiedenste Pa- MPEG-LA HEVC Patent ven teils fast schon religiöse Züge entwi- tentinhaber, u.a. Portfolio License ckelt, gibt es natürlich handfeste Entschei- Polycom, Mi- dungskriterien, die einen guten CODEC crosoft, Orange, ausmachen. Diese werden natürlich auch Siemens, Vidyo, immer durch den Anwendungsfall mitbe- usw. stimmt. In der vorliegenden Betrachtung VP 8 N/A Google Inc., New BSD License sind das diejenigen Anforderungen, die WebM Project eine Übertragung von Echtzeitkommuni- kation via WAN an den CODEC stellt. VP 9 N/A Google Inc., New BSD License WebM Project Anforderungen an CODECs IETF Daala Project N/A (in Entwicklung) für das WAN (Xiph.org, Mozil- la Foundation und Diese Anforderungen sind teils allgemein- andere) gültiger Natur, teils spezifisch aufgrund des gewählten Übertragungsweges. Zu Tabelle 2: Überblick marktüblicher Video-CODECs