SÜDKURIERNR. 254 |TG 18 Kultur in der Region DIENSTAG, 3. NOVEMBER 2015 SÜDKURIERDIENSTAG,18 Kultur3.NR.NOVEMBER254 |TG2015in der Region

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Henriette Gärtner: Spektrum, Vienna 2Day

KLASSIK Auch das kann „Spectre“ sein

Die achte CD der badischen Pianistin Henriette Gärtner heißt „Spectrum“ und bringt wie alle ihre Einspielungen Rares, Virtuoses und Märchenhaftes. Denn la- teinisch „spectrum“ bezeichnet die Visi- on, das Gespenst. Das englische „spect- re“-Phänomen wird aktuell vonJames Vorverkaufsstartfür Adventskonzertder Villinger Klosterspatzen Bond gejagt, das naturwissenschaftliche Spektrum kann bildlich die Farbskala Das traditionelleAdvents- und Weihnachtskonzert der Villinger Klosterspatzen stets viele Musikfreunde zu seinen Auftritten. Der Vorverkauf beginnt bereits der Seele meinen. Die vomWunderkind findet am 20. Dezember im Franziskaner Konzerthaus Villingen statt. Es be- jetzt am Donnerstag, 5. November.Karten zu zwölf Euro (Schüler sechs Euro) zur Doktora mit dem Thema „Klang, ginnt um 18 Uhr. DerKinder- und Jugendchorder MusikakademieVSlockt sind erhältlich im Franziskaner-Kulturzentrum (Tel. 07721/822525). BILD: PRIVAT Kraft und Kinematik beim Klavierspiel“ (Uni Konstanz) aufgestiegene Künstle- rin bietet Kostbarkeiten, technisch no- tenfest, musikalisch lebendig, im Aus- druck voneiner Vielfalt, die jeden der 28 Wieder Wert der Kunst160Neugierige lockt Sätze in 75 Minuten Spielzeit zur geist- und geisterreichen Überraschung wer- den lässt. Worüber sie promovierte, wird Großes Symposium der Städ- musische Realität: Reichtum der Klang- farben, Handfestigkeit bis zum Fortissi- tischen Galerie VS,der Rott- mo, Bewegungsintensität bis zum Okta- weiler Kunststiftung Erich venpresto. Zum Raren: Der vor150 Jah- ren geborene Däne Carl Nielsen hat auf Hauser,der Sammlung deutschen Podien Seltenheitswert. Wenn Henriette Gärtner dessen „Humo- Grässlin und von Fürstenberg reske-Bagateller“ spielt, lächelt und Zeitgenössisch aus Donau- lacht man über sechs brillant zugespitz- te Klangschnurren. Gelenkig und poin- eschingen in der Stadthalle tiert strampelt der „Hampelmann“, der St. Georgen „Brummkreisel“ schnurrt in munteren Der Künstler Tobias Selbstumdrehungen, der „Puppen- Rehberger im Gespräch marsch“ verabschiedet sich mit frecher VONSTEFAN SIMON mit Christina Korzen Finalfanfare. Sechs Klavierwitze in fünf ...... (Sammlung Grässlin) Minuten! Auch dieKunst kennt Moden. Washeu- auf dem Podium bei der Dur- und Mollspiele beleben vier Do- te viel wert ist, war es früher nicht und Kunst-Tagung in menico-Scarlatti-Sonaten, vonflott umgekehrt. Und das gilt nicht nur für St.Georgen. über charmant bis zu burlesk mit den den wirtschaftlichen Wert eines Kunst- BILD: STEFAN SIMON dissonanten Gitarren-Akkorden, mit werkes. Nur: Werkann entscheiden, leichter Cembalo-Intonation barocki- was wichtig ist und womöglich für die Richter,dem Kulturmanager Dirk Boll, Arbeiten Jeff Koons, einem der derzeit kantile Entwicklung vonder Antike bis siert. Wiedie Schumannschen „Kinder- Allgemeinheit aufgehoben gehört und der Museumsleiterin Katja Blomberg, am höchsten gehandelten zeitgenössi- zu DamienHirst, einem Künstler,der szenen“ das Virtuose mit Glanz und was nicht? Und welcher Preis für ein dem Neuropsychologen Lars Mucki schen Künstler.Sie vergleicht die Edel- überaus erfolgreich seine eigenen Auk- rhythmischer „Steckenpferd“-Galoppa- Kunstwerk gerechtfertigt ist? und dem Moderator Stefan Koldehoff stahlbehandlung bei Koons mit der tionen veranstaltet. de bekräftigen, die „Träumerei“ dagegen Eine Entscheidungshilfe mit letztlich vomDeutschlandfunk waren Podium vielschichtigen Malerei eines Tizians. Anne-Marie Bonnet vonder Univer- als Klangvariation mehr Kunst als Halb- ganz vielen offenen Fragen gab es nun und Programm vielschichtigund hoch- Die Kunstprofessorin will sicherlich sität Bonn hätte ihm in ihrem anschlie- schlaf-Visionäres bietet, ist meisterhaft. in St. Georgen beim Symposium mit karätig besetzt. nicht die Marktpreise eines Koonsund ßenden Vortrag, wenn sie es zu ent- Das geballt Virtuose kommt am Ende: dem Titel Kunst transformiert –der Der Kulturphilosoph Christian De- damit auch die Erfolge seines weltweit scheiden gehabt hätte, seine Thesen als Liszts gewaltige h-Moll-Sonate. Wieaus Wert der Kunst im Wandel. Ein durch- mand gab gleich zu Beginn einen deut- vertretenden Galeristen Gagosion Magisterarbeit abgelehnt. Das war fernem Geisterreich tönt Glockenklang, aus kontrovers diskutiertes Thema, das lichen Impuls, mit der Feststellung, rechtfertigen, aber sie liefert damiteine nicht abgesprochen und kam in der ab- springt im Allegro energico ins fast vonder Städtischen Galerie Villingen- dass Kunst Handelsware und Kulturgut Steilvorlage für Tobias Rehberger.Der schließendenSchlussrundeleiderauch sportlich Vitale: Harte Oktaven, Triolen- Schwenningen, der Rottweiler Kunst- zugleich sei. Somit thematisiert er die Künstler und Professor am Frankfurter nicht zum Tragen. Bonnet lieferte mit stürze, dann das später zum Fugato ver- stiftung Erich Hauser,der Sammlung doppeldeutige Fragenach deren Wert. Städel, der derzeit in St. Georgen in der ihremteils zynischem Referat dennoch wandelte Poch-Motiv im Bass –welch Grässlin und Fürstenberg Zeitgenös- Der könne preislich oder ideell festge- Sammlung Grässlin mit seiner Copy- einen der besten Beiträge des zweitägi- eine Spannung gelingt der Pianistin, ehe sisch aus Donaueschingen veranstalte- setzt werden. Manerwarte, dass der Culture-Kunst gezeigtwird, versucht gen Symposiums. Bonnet: „Es war der mit dem wild Virtuosen der vollgriffigen ten Tagung über 160Symposiumsteil- Marktpreis den künstlerischen Rang auf Anfrage „zu bekommen, was geht.“ größte Fehler der Museen, sich als Akkorde und Sechzehntel-Kaskaden die nehmer in die Bergstadt lockte. abbilde, so Demand. „Die Neureichen, So funktioniere eben der Markt, er- DurchlauferhitzeraufdenMarkteinzu- Bravour bis zum Dur-Grandioso sich Wird heute ein der Wert eines Kunst- die über mehr Geld als Sachverstand klärt er im Gespräch mit Christina Kor- lassen.“ steigert. Ebenso überzeugend: Das Ap- werkes jenseits des Kommerziellen verfügen und die falschen Leute die ihr zen vonder Sammlung Grässlin. Reh- Themen, Thesen, Argumente, Ge- passionato-Rezitativ,das poetische überhaupt noch richtig erkannt? Eine Herz für Kunst entdecken“, das kommt berger redet selbstbewusst Klartext, der genargumente, eine überaus moderate Adagio und eine klare Deutung, die je- Frage, die man eigentlich nicht bei die- beim Publikum gut an. am nächsten Symposiumsstag wieder Schlussrunde mit allen Beteiligten lie- dem Moment Farbe, Profil, Charakter sem Tagungswochenende beantwortet Sachlich und fachlich geht es bei Mo- kritisch hinterfragtund relativiert wird. ferte die Quintessenz, dass letztlich zuerteilt. Nicht Formprozesse, sondern bekam. nika Wagner vonder Universität Ham- Zunächst einmal sicherlich nicht von Wertfragen, merkantile wieideelle, wis- Zyklus: Das Ende ist so still (sotto voce) Mit dem Kulturphilosophen Chris- burgweiter.InihremVortrag„VomWert Dirk Boll, der als Auktionshaus-Mana- senschaftlich nicht entscheiden lassen. wie der Beginn. Liszt in voller Größe, frei tian Demand, den Kunsthistorikerin- derArbeit,desMaterialsundderKunst“ ger aus der Sicht des Handels referiert. Wertedebatten drehen sich immer im vonHistorienstaub. Klangbravour von nen Monika Wagner und Anne-Marie beschreibt sie die historische Entwick- Vomunbekannten Künstler zum Art- Kreis. Werte sind nicht stabil. Die Kunst einer Pianistin, die alle Notengespenster Bonnet, den Künstlern Tobias Rehber- lungdesKünstlerszumIdeengeberund Branding in acht Schritten: So be- ist kein Sonderfeld. Somit ist sie mitten zu klarer Erscheinung bestimmt. (weid) ger,Marco Lulic, Daniel Bräg und Claus eineSakralisierungdesBanalenbeiden schreibt er die künstlerische und mer- in der Gesellschaft angesiedelt. Andersund doch super Lustspiel um die Glückskuh DieHardrock-BandNazareth weiß Großväter hatten ihre Kinder und Enkel mitgebracht,keinBesucherbetratohne Ein „Lustspiel mit ungeahnten Abgrün- ihretreue Fangemeinde in Tutt- das obligatorische düstere Nazareth- den in schwäbischer Mundart“ in einer lingen auch mit einem neuem Shirt die Halle, Neulinge wurden nicht Inszenierung der Württembergischen Sänger für sich zu begeistern gesichtet. Jeder antwortete auf die Fra- Landesbühne Esslingen kündigt das ge,oberoder sie zum ersten Mal Naza- Amt für KulturVillingen-Schwennin- VONHELLA SCHIMKAT rethliveerleben:„Was?Wirsindzusam- gen für Montag, 9. November,um20 ...... men großgeworden, wir haben sie Uhr im Theater am Ring in VS-Villingen Die unverwüstliche Hardrock-Band schon unzählige Male erlebt“. an. Der Autor Hermann Essig, 1878 in Nazareth trat nach 2009 jetzt wieder in Carl Sentance kam als Nachfolger des Truchtelfingen geboren, karikiere die der Stadthalle Tuttlingen auf und hatte Gründers und legendären Leadsängers Charaktere ebenso treffend wie liebe- ihreFangemeindevondererstenMinu- Dan Mc Cafferty voreinem Jahr zur voll,gebeihneneineeinmaligeSprache te an voll im Griff. Loud’n Proud, eine Band. Er begeisterte mit starker Stim- und einen eigenen Sprachrhythmus. der ersten LPs der Hardrocker mit dem me, erreichtedieHöhen undTiefen von Der zweifache Kleist-Preis-Träger feier- weichen Kern, wollten die Fans hören DanMcCaffertyunddieeinhelligeMei- Nazareth in Aktion auf der Bühne in Tuttlingen: Die Rocker wissen, wasihreFans von ihren te seine größten Erfolge in Berlin, wo und sie wurden nicht enttäuscht. „Die nung war: „Er ist super,aber anders“. Konzerten erwarten -und liefern es auch. BILD: HELLASCHIMKAT sein Stück Die Glückskuh 1911 uraufge- spielen ja alle Stücke der ersten Stunde, NachfastzweistündigemKonzertmit führt wurde. Versprochen wird„ein das ist ja super“ und „Wewant vielen Solis vonBassist und Pete Agnew, letztes Gründungsmit- Murrison gehört seit rund 23Jahren zu großartiges Stück über Moral, Neid, Rock’n’Roll“, riefen die Fans, als Bassist Gitarrist Jimmy Murrison waren die glied aus dem Jahre1968 berichtet, Dan Narareth und grinst: „Unser Drummer Freundschaft und Korruption in einer Pete Agnew,Gitarrist Jimmy Murrison, Hardrocker backstage immer noch McCaffertygingeesleidlich,erhabezu- Lee Agnew ist unsererKüken vonder skurrilen Dorfgemeinschaft“. Schlagzeuger Lee Agnew und Sänger freundlich, höflich und gelassen. viel geraucht und könne jetzt nur noch ZugehörigkeitzuBand her gesehen.“ Carl Sentance die Bühne betraten. Auf die Frage, wie er sich in den gro- zwei bis drei Songs singen, nächstes Ach, wo ist übrigens Lee Agnew? Der Karten gibt es im Vorverkauf für 25, 22 und19 Und genau das folgte: Titel wie Bad ßen Fußstapfen vonCan Mc Cafferty Jahr komme er zu Rock meets Klassik ist nach dem Konzert erst mal ver- Euro (ermäßigt 50 Prozent) beim Tourist-Info Boyund Hair of the dog ließen die Hän- fühle, antwortet Carl Sentance gegen- nach Deutschland. schwunden,erwilloffenbarseineRuhe. &Ticket-Service in Villingen (Franziskaner de in die Höhe fliegen. Bei Dream on über unserer Zeitung: „Ich bin sehr Jetzt ginge es nach Moskau, dort ha- Befragt, auf wie vielen Tourneen er seit Kulturzentrum), außerdem an allen Vor- und wurde verzückt mitge- stolz“.ErhabeinkürzesterZeit,sozusa- ben wir unsere treuesten Fans,soder 1968 denBass bei Nazareth spielte, be- verkaufsstellen von Kulturticket Schwarz- sungen. gen Tagund Nacht die vielen Texte ler- Bassist. Seit 25 Jahren fliegen sie jedes kommt Pete Agnew runde Augen: „Un- wald-Baar-Heuberg. Auskünfte: Telefon 07721 Das Publikum war gut gemischt: nen müssen, schnauft er. Jahr zu Konzerten nach Moskau. Jimmy zählige, keine Ahnung“. /822525.