Neubau Nationalparkzentrum Ruhestein im Schwarzwald

Neubau Nationalparkzentrum Ruhestein im Schwarzwald Inhalt

4 Grußwort 35 Der Nationalpark, die Wildnisbildung Winfried Kretschmann MdL und die vielen Formen ihrer Vermittlung Ministerpräsident Charly Ebel, Ursula Pütz, Dr. Sebastian Schwab des Landes Baden-Württemberg Fachbereich Besucherinformation im Nationalpark Schwarzwald 9 Das Nationalparkzentrum – Bauen in und mit der Natur 42 Eine Spur wilder Ministerialdirigent Prof. Kai Fischer Friedo Meger Ministerium für Finanzen Kunstraum GfK mbH, Hamburg des Landes Baden-Württemberg 48 Projektdaten 14 Der Nationalpark Schwarzwald und die Gedanken dahinter 50 Planungsbeteiligte Dr. Wolfgang Schlund Dr. Thomas Waldenspuhl 52 Ausführende Firmen Leitung des Nationalparks Schwarzwald 60 Impressum 19 Vom heimischen Urwald inspiriert – die Architektur des Nationalparkzentrums Jörg Sturm und Susanne Wartzeck Sturm & Wartzeck Architekten, Dipperz

28 Nachhaltig Bauen Leitender Regierungsdirektor Christian Lindinger Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim

2 3 Grußwort

Winfried Kretschmann MdL Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg

Untersicht Skywalk und Riegel B Der Nationalpark Schwarzwald ist ein ganz beson­ Dabei ist das neu entstandene Nationalparkzentrum Mein Dank gilt allen, die dabei geholfen haben, derer Ort in Baden-Württemberg. Mit seinen 10.000 auch architektonisch ein würdiges Tor zum National- die Idee und den Bau des Nationalparkzentrums Hektar Fläche ist er ein Anziehungspunkt für tau- park. Es passt sich bestens in die Landschaft ein und voranzubringen – der gesamten Arbeitsgemeinschaft sende Besucherinnen und Besucher aus dem ganzen fällt mit seiner markanten Formensprache trotzdem Nationalpark Schwarzwald, dem Amt Pforzheim Land, die hier eine einzigartige Landschaft erleben ins Auge. Es befindet sich inmitten einer wunder­ des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden- und genießen. Gerade in der Corona-Krise haben baren Natur und ist perfekt an Ort und Klima Württemberg, der Agentur Kunstraum GfK für die viele Menschen aus der Not eine Tugend gemacht angepasst, dabei modern und furios. Das Herzstück Planung der Dauerausstellung und natürlich dem und ihre Heimat neu entdeckt. Daher freue ich mich des neuen Nationalparkzentrums ist die rund 1.000 federführenden Architekturbüro Sturm und Wartzeck, sehr, dass mit der Öffnung des neuen Nationalpark- Quadratmeter große Dauerausstellung über den Wald, dem es gelungen ist, ein echtes architektonisches zentrums Ruhestein – wenn es die Corona-Situation seine Lebensphasen, Bewohner und seine Jahres­ Highlight im Holzbau und damit selbst ein kleines zulässt – dann auch eine zentrale Anlaufstelle zur zeiten. Mit seinem spektakulären Skywalk hat das Naturwunder zu schaffen. Der Parkverwaltung und Verfügung steht, die für die Besucherinnen und Zentrum das Potential sich als Aushängeschild und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünsche Besucher Orientierung und Informationen bietet und Symbol von Park und Region zu etablieren. ich für ihre Arbeit in Zentrum und Park viel Erfolg ihr Verständnis für die Umwelt und die wilde Natur und den Besucherinnen und Besuchern spannende fördert. Ich bin sicher, dass das neue Zentrum dazu Der Schutz unserer Umwelt ist die wohl größte Erlebnisse auf ihren Rundgängen und viele neue beitragen wird, Themen wie Artenschutz, biologische Herausforderung der Gegenwart. Es war und ist daher Erkenntnisse über den Schwarzwald und seine Vielfalt und Klima­wandel erfahrbar zu machen und eines der zentralen politischen Anliegen dieser einzigartige Natur. sie noch tiefer in den Köpfen und Herzen der Landesregierung, dem Natur- und Artenschutz in Menschen zu verankern. Im Nationalpark lernen wir, unserem Land den ihm gebührenden Stellenwert wie natürliche Wälder reagieren und sich den äußeren einzuräumen. Der Nationalpark Schwarzwald ist ein Einflüssen und Wetterereignissen, die sich derzeit wichtiger Beitrag zur Umsetzung der Nationalen in teils rasanter ­Geschwindigkeit ändern, anpassen. Strategie zur biologischen Vielfalt, zu der sich die Durch den Einsatz moderner Medien vermittelt das Bundesrepublik 2007 verpflichtet hat. Mit dem neuen neue Informationszentrum den Besucherinnen und Haus wird die Aufgabe des Nationalparks, einen noch Besuchern Zusammenhänge zwischen den Arten, wacheren Sinn für die filigranen Netze der Natur Einflüsse von uns Menschen sowie umfassende zu entwickeln, von denen unser Leben abhängt, räumliche und zeitliche Perspektiven, die bei einem noch einmal verstärkt. Gang durch die Natur so nicht klar erkennbar sind.

4 5 Ansicht Riegel H und F von Westen

6 7 Das Nationalparkzentrum – Bauen in und mit der Natur

Ministerialdirigent Prof. Kai Fischer Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg

Foyer Haupttreppe und Eingang Die angemessene Unterbringung der Behörden und Überwiegend bringt der Landesbetrieb Vermögen Verwaltungseinheiten des Landes ist eine wesentliche und Bau Baden-Württemberg große Behörden wie Kernaufgabe der Staatlichen Vermögens- und Hoch- beispielsweise die Polizei oder die Finanzämter unter, bauverwaltung Baden-Württemberg. Für eine enorme bei denen die Grenzen für gestalterische Spielräume Bandbreite verschiedenster Nutzungen – von Staats- aufgrund spezifischer Anforderungen in der Regel eng theatern bis zu Museen, von Universitäten und gesteckt sind. Der Neubau des Nationalparkzentrums Kliniken bis zu Polizeidienststellen und Gerichten am Ruhestein für die erst seit 2014 bestehende Ver- sowie von den Schlössern und Gärten bis zum waltung des Nationalparks Schwarzwald war hingegen Nationalpark – pflegt, erhält und erweitert der für alle Beteiligten etwas Neues und Besonderes. Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württem- berg kontinuierlich den vielfältigen Immobilien­ Neben der praktischen Aufgabe der zu schaffenden bestand mit rund 8.000 landeseigenen Gebäuden. Unterbringung der zentralen Informations- und Für die Sanierung und Modernisierung des Gebäude- Anlaufstelle im Nationalpark Schwarzwald, ging es bei bestands sowie für Neubaumaßnahmen des Landes dem Entwurf und dessen Realisierung insbesondere werden derzeit rund eine Milliarde Euro pro Jahr um den Bezug des Gebauten zur Umgebung und umgesetzt. zur Nationalparkidee im Speziellen. Mit welchem Bild soll sich der Nationalpark Schwarzwald künftig Zum Immobilienbestand des Landes gehören viele in der Öffentlichkeit präsentieren? Und wie stiftet baukulturell herausragende Gebäude, die seit das Gebäude Identität für die Verwaltung selbst? Generationen für Menschen und Orte identitäts­ Antworten darauf zu finden war eine Herausforderung stiftend wirken. Sie bilden beispielsweise das gleichermaßen für das Land als Bauherr, für die Arbeitsumfeld von Menschen, prägen Stadträume Verwaltung des Nationalsparks Schwarzwald sowie oder stellen Lern- und Vermittlungsorte für gesell- für die Planer. schaftliche Werte und Ideen dar. Die Weiterentwick- lung und der Neubau von öffentlichen Gebäuden Das Land Baden-Württemberg fördert entsprechend des Landes sind daher stets der Qualität und der politischen Zielsetzungen die Baukultur durch Nach­haltigkeit dieses Bestandes sowie grundsätzlich die Auslobung von Planungswettbewerben für der Angemessenheit verpflichtet. unterschiedlichste Bauprojekte. Selbstredend, dass für das Nationalparkzentrum am Ruhestein die beste Lösung über einen offenen Planungswettbewerb gefunden werden sollte.

8 9 Ansicht von Norden Die Anfang 2015 gekürten Wettbewerbssieger, die Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Planer-ARGE Nationalpark Schwarzwald unter der Baden-Württemberg hat über die Kernaufgabe der Leitung des Architekturbüros Sturm & Wartzeck, Unterbringung hinaus eine Vorbildrolle für die Bau- wählten für ihren Entwurf das eingängige Bild kultur in Baden-Württemberg insgesamt. Mit dem umgestürzter und frei übereinanderliegender Bäume neuen Nationalparkzentrum Ruhestein hat die eines sich selbst überlassenen Waldes. Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung ein außergewöhnliches Bauwerk realisiert, mit dem sie Das Nationalparkzentrum fügt sich behutsam in den ihrer Vorbildrolle in hohem Maße gerecht wird. Durch vorhandenen Waldbestand ein und empfängt die die Umsetzung prototypischer Projekte durch die Besucherinnen und Besucher mit Zurückhaltung öffentliche Hand werden Innovationen und Entwick- gegenüber der umgebenden Natur. Erst im Inneren lungen gefördert. Die Leistungsfähigkeit und Nachhal- der „Baumstämme“ lassen sich die vielfältigen tigkeit des heimischen Baustoffes Holz etwa sowie die räumlichen Zusammenhänge und Sichtbezüge über damit einhergehende regionale Wertschöpfungskette mehrere Geschosse sowie eine außergewöhnliche benötigen solche Vorbildprojekte, um Bauherren wie Atmosphäre erleben, die viel mehr an einen Waldspa- Planer gleichermaßen zu begeistern und damit einen ziergang erinnert als an den Gang durch ein Gebäude. immer größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können. Bildhafte Entwürfe müssen aber erst noch bautech- nisch umgesetzt werden. Bei diesem Entwurf gleicht Dass sich das Land Baden-Württemberg für die aufgrund der schiefwinkligen Geometrien kaum ein Umsetzung von Projekten wie dem Nationalpark­ Detail dem anderen. Das Können der beteiligten zentrum Ruhestein entscheidet und die notwendigen Ingenieurbüros als auch der ausführenden Gewerke finanziellen Mittel bereitstellt, ist von unschätzbarem war bei der baulichen Umsetzung vor Ort somit Wert. Beides ist nicht zuletzt Ausdruck der Wirt- außerordentlich gefordert. Das komplexe statische schaftskraft und Leistungsfähigkeit einer ganzen Konzept des Ingenieurbüros Schlaich Bergermann Region und wirkt auch in diesem Sinne identitäts- Partner aus mehreren übereinanderliegenden stiftend. Brückenträgern geht dabei an die Grenzen des konstruktiven Holzbaus. An Stellen, wo die physika- lischen Kräfte zu groß werden, wurden daher hybride Konstruktionen aus Holz und Stahl eingesetzt.

10 11 Foyer Empfang

12 13 Der Nationalpark Schwarzwald und die Gedanken dahinter

Dr. Wolfgang Schlund und Dr. Thomas Waldenspuhl Leitung des Nationalparks Schwarzwald

Baden-Württembergs erster und einziger Nationalpark ist mit seinen dichten, weitläufigen Bergmisch- und erstreckt sich auf den Höhen des Nordschwarzwalds Schluchtwäldern mit Tannen, Fichten, Buchen und zwischen Baden-Baden und über rund Kiefern, mit seinen Quellen, Gebirgsbächen, dunklen zehntausend Hektar: der Nationalpark Schwarzwald. Karseen und Waldmooren, seinen Feuchtheiden Hier gilt seit dem 1. Januar 2014 das Motto „Natur und mächtigen Blockhalden von rauer Schönheit. Natur sein lassen“. In den kommenden Jahren wird Er hatte schon immer etwas Wildes an sich, obwohl sich der wirtschaftende Mensch in diesem Schutz­ er gleichzeitig von einer langen Nutzungsgeschichte gebiet immer mehr zurücknehmen, ein Großteil der geprägt ist. Wälder darf sich spätestens ab dem Jahr 2044 dann völlig frei von menschlichen Eingriffen entwickeln. Mit dem Nationalpark hat der Naturschutz im Nord- schwarzwald jetzt eine neue Dimension erreicht. Vom seltenen Dreizehenspecht bis zum Borken- Die Tannenbergmischwälder können sich fortan auf käfer – im Nationalpark ist Platz für alle. Der einem Großteil der Fläche wieder frei, ohne jegliche Nationalpark schnellste Vogel der Welt, der Wanderfalke, und die Lenkung entwickeln. Bäume dürfen hier uralt werden. kleinste Eule Europas, der Sperlingskauz, sind hier Borkenkäfer bringen hie und da Fichten zum Abster- Im Diebelsbachtal bereits zuhause. Ebenso wie viele andere, zum Teil ben, Schneebruch und Windwurf reißen Löcher in seltene Tiere und Pflanzen. Viele der über 6.000 den Wald und schaffen Platz für neues Leben. Verän- bisher in diesem Gebiet bekannten Arten aus den derung bringt ein Mehr an Vielfalt hervor. Diese Gruppen der Flechten, Moose, Farn- und Blüten­ Vielfalt wird sich nicht auf Anhieb gleich in Gestalt pflanzen, Pilze, Spinnentiere, Insekten, Vögel und neuer Tier- und Pflanzenarten einstellen, denn die Säugetiere sind an Lebensräume gebunden, die ihre Natur hat ihr eigenes Tempo. Wo sie sich aber sofort sehr besonderen Bedingungen erfüllen. Dazu zählt zeigt, zeigt sie sich im Reichtum an unterschied­ zum Beispiel viel totes Holz. lichsten Strukturen: Undurchdringliches Dickicht wechselt sich mit Lichtungen ab; kalte, schattige, Die zweigeteilte Fläche – eingebettet in den 375.000 nasse Stellen wechseln mit trockenen und sonnen­ Hektar großen Naturpark Schwarzwald Mitte / Nord beschienenen; üppige Bodenvegetation mit Pilzen, und in große Natura 2000-Gebiete – ist gut gewählt, Flechten, Moosen, Gräsern und Sträuchern wird was die Ansprüche von Natur wie Mensch betrifft. unterbrochen von kargen, sandigen Böden; neben Denn nicht zuletzt für seine Gäste kann der National- toten Baumstämmen am Boden und liegenden park ein wertvoller Ort sein, der zu spannenden Wurzeltellern wächst bereits die nächste Generation Entdeckungsreisen in der werdenden Wildnis und zu in die Höhe. wohltuender Erholung einlädt. Der Nordschwarzwald

14 15 Kino Der Nationalpark Schwarzwald ist ein sogenannter In dieser sturmgeprägten, schneereichen und wild Entwicklungsnationalpark – eine Kategorie, die anmutenden Landschaft leben Auerhühner, Rot­ speziell für Schutzgebiete in dicht besiedelten und hirsche und Kreuzottern ebenso wie Alpine Gebirgs- vom Menschen stark geprägten Landschaften entwi- schrecken, Warzenbeißer, Alpenspitzmäuse oder ckelt wurde. Sein Gebiet ist in drei Zonen eingeteilt: Nordfledermäuse. Kernzone, Entwicklungszone und Managementzone. In der Kernzone, die derzeit rund die Hälfte der Es wird sehr spannend sein zu verfolgen, wie sich der Fläche ausmacht, gilt es, die Natur sich selbst zu derzeit fichtendominierte Nadelwald in naher und überlassen. Der Mensch wird hier – außer zur Wege- ferner Zukunft verändern wird. Prognosen gehen sicherung – nicht mehr eingreifen. Innerhalb dieses davon aus, dass ein strukturreicherer Mischwald mit Herzstücks des Nationalparks dürfen sich beispiels- Fichten, Weißtannen und Rotbuchen entstehen weise auch die in Wirtschaftswäldern als Schädlinge könnte – falls der Klimawandel mit seiner Tempera- gefürchteten und bekämpften Borkenkäfer frei turerhöhung nicht doch ganz andere Baumarten entfalten, leisten doch auch sie einen wichtigen begünstigt. Wie sich der Nationalpark Schwarzwald Beitrag für eine vielfältige und natürliche Wald­ dann tatsächlich entwickeln wird, welche Arten entwicklung. Die Entwicklungszone wird langsam zurückkehren, welche dauerhaft heimisch werden und darauf vorbereitet, später mit der Kernzone zu welche Bäume sich durchsetzen, lässt sich nur bedingt verschmelzen. Hier sind noch bis zum Jahr 2044 vorhersagen. Maßnahmen wie die Pflege von Auerhuhngebieten oder die Renaturierung von Mooren möglich. Danach Es erfordert Mut, der Natur das Ruder zu überlassen, darf auch hier der Mensch nicht mehr eingreifen. die Kontrolle abzugeben und nicht mehr selbst zu entscheiden, wohin die Reise geht. Dieser Mut wächst Lediglich maximal ein Viertel der Fläche des National­ aus dem Vertrauen in die Kraft der Natur und ihre parks wird dauerhaft Managementzone bleiben. Hier eigene Weisheit – in das Wunder der Wildnis. können die Mitarbeitenden des Nationalparks auch nach 2044 weiterhin pflegend und lenkend eingreifen – unter anderem, um Biotop- und Artenschutzziele zu sichern und um die umliegenden Wälder durch einen breiten Pufferstreifen rund um den Nationalpark vor Borkenkäfern zu schützen. Zur Managementfläche zählen die beweideten, zwergstrauchreichen Grinden.

16 17 Vom heimischen Urwald inspiriert – die Architektur des Nationalparkzentrums

Jörg Sturm und Susanne Wartzeck Sturm & Wartzeck Architekten, Dipperz

Luftraum über Foyer Blick nach Osten Leitidee Bestandsbäumen platziert. Die hohen Lasten werden Bereits unsere erste Konzeptidee zum neuen über möglichst geringe Fundamentflächen abgetragen. Nationalparkzentrum basierte auf der Struktur eines Durch Pfahlgründungen erfolgt eine minimale heimischen Urwalds, dessen wesentliches Kenn­ Verdichtung des Untergrundes, Waldboden und zeichen das Totholz ist. Ein solcher Wald lässt sich in Wurzelwerk bleiben zum Großteil unberührt. direkter Nähe zum Ruhestein rund um den Wildsee erleben mit zahlreichen umgeknickten und überei­ Standort nander gestapelten Baumstämmen. Analogien dazu Die Passhöhe Ruhestein ist geprägt von touristischer zeigt der naturbelassene Waldboden, der eine Mikro- Nutzung. Hier befinden sich neben dem National- struktur aus geschichteten Ästen ausbildet. Entspre- parkzentrum ein kleines Skigebiet mit Sessellift und chend haben wir das Nationalparkzentrum in einzelne die „Große Ruhesteinschanze“. Auf 915 Meter Höhe Riegel gegliedert, die sich in Anlehnung an Bau­m- treffen die Schwarzwaldhochstraße und die Landes- stämme und Äste scheinbar willkürlich im bestehen- straße 401 aufeinander. Letztere trennt das Gelände den Wald stapeln. Die Analogie zum Wald wurde der zugehörigen Gebäude des Nationalparks in einen auch in Bezug auf Oberfläche und Materialität der südlichen und nördlichen Bereich. Das neue Natio- Fassade fortgesetzt. Die silbergrauen Schindeln nalparkzentrum ist im südlichen Bereich auf einer bilden die Farbigkeit und Textur der geschuppten ehemaligen Brachfläche platziert, die bis zum Bau- Tannenstämme nach. beginn als Parkplatz genutzt wurde. Im nördlichen Bereich liegt die über 100 Jahre alte Jugendstilvilla Die Lage der Riegel ist nicht zufällig gewählt, sondern „Villa Klumpp“, die bisher als „Naturparkzentrum“ ergibt sich aus den vielfältigen Abhängigkeiten – gedient hatte. 2013 wurde die Anlage um ein der Hanglage, der Nutzungsbereiche, der Besucher­ „Naturparkhaus“ erweitert und im Zuge der Neubau- führung und dem vorhandenen Baumbestand. Um maßnahme „Nationalparkverwaltung“ um einen weite- die Eingriffe in die Natur zu minimieren, kam der ren Gebäudeteil mit zusätzlich 14 Büroräumen Positionierung der Gebäude daher eine besondere ergänzt. Bedeutung zu. Raum und Nutzung Der größere Teil des Nationalparkzentrums (Verwal- Ein prägendes Merkmal für die Räume und Raum­ tung, Foyer, Betrieb) wurde auf einem baumfreien verbindungen im Nationalparkzentrum sind die Bestandsplateau platziert, während die Ausstellungs- vielfältigen Aus- und Durchblicke. Den zentralen bereiche und der Skywalk teilweise freitragend in den Raum bildet das Foyer mit Restaurant, Terrasse und Wald ragen. Diese Gebäudeteile sind exakt zwischen großen Panoramafenstern, die den direkten Blick- den als besonders schützenswert bestimmten kontakt zum umliegenden Wald ermöglichen.

18 19 Luftraum über Foyer Blick nach Westen Das Foyer ist der „Verteiler“. Es hat Anbindung zur Material und Konstruktion Wechselausstellung, zum Shop-Bereich, zum Kino, Entsprechend der Nutzung des Gebäudes wurde zur Dauerausstellung und zum Skywalk sowie interne auf einen vielfältigen Einsatz des Werkstoffes Zugänge zu den Werkstätten und zur Restaurant- Holz geachtet. Je nach Anforderungen wurden küche. Die Funktionsbereiche können bei Bedarf verschie­dene Holzarten (Nadelholz, Buche) und tageszeitlich abgetrennt und einzeln erschlossen Holzwerkstoffe (Vollholz, Brettschichtholz, Brett- werden. sperrholz, Furnierschichtholz) eingesetzt. Das verwendete Holz stammt dabei vorwiegend aus Die Höhenstaffelung der Gebäudeteile macht die heimischen Wäldern. unterschiedlichen „Stockwerke“ des Walds erlebbar. Die Dauerausstellung ist in drei schräg liegenden Das Haupttragwerk besteht aus Holz-, Stahl-, und Riegeln untergebracht. Die Ausstellungsbesucher Hybridfachwerken mit einer Höhe von bis zu fünf tauchen hier über Rampen und höhengestaffelte Metern. Zwischen den Fachwerken sind vorgefertigte Kabinette langsam in den Wald ein. Diese schrägen Dach- und Bodenelemente als Kastenträger ein­ Riegel sind so angeordnet, dass sich die Besucher gehängt. Zusätzlich sind einige der Riegel vollflächig am Ende der Rampe unter dem Riegel der Ausgangs- als wandartige Träger aus Brettsperrholz ausgeführt. ebene befinden. „Blickluken“ und Panoramafenster schaffen, begleitend zur Ausstellung, gelenkte Bezüge Das Tragwerk ist auf hohe Wind- und Grundschnee- und Ausblicke zu den geschützten Waldbereichen. lasten ausgelegt. Zusätzlich waren Schneeverwe­ Ein Luftraum stellt eine Verbindung zwischen hungen und besondere Lastfälle wie „Baumwurf“ dem oberen und unteren Riegel her. Der Bereich und Erdbebenlasten der Zone 1 zu berücksichtigen. für Wechselausstellungen, ebenfalls mit direkter Aufgrund der besonderen Wetterbedingungen am Verbindung zum Foyer, befindet sich am Ende des Ruhestein mit bis zu 200 Tagen im Jahr mit hoher Rundgangs. Luftfeuchtigkeit wurden beim konstruktiven Holz- schutz höchste Anforderungen definiert. Beispiels­ Hier beginnt auch der 65 Meter lange und frei weise sind sämtliche sichtbaren Fachwerkträger des bewitterte Skywalk. Er verbindet das Nationalpark­ Skywalks hinterlüftet und nicht direkt der Witterung zentrum mit dem 34 Meter hohen und um 15 Grad ausgesetzt. geneigten Aussichtsturm und einer frei auskragenden Aussichtsplattform. Die Turmspitze befindet sich auf Höhe der Baumwipfel. Von hier öffnet sich ein weiter Blick in das angrenzende Tal und in den Nationalpark.

20 21 Foyer Zugang zum Ausstellungsbereich

22 23 Riegel D

Riegel G 8 Riegel E Riegel E 12 Riegel C 9 Riegel A Riegel F Riegel H Riegel C

1. Untergeschoss Riegel B Obergeschoss Riegel B 3

Turm und Skywalk

1 4 2 12 Riegel C 6 6 11 7 10 2

2

2. Untergeschoss Erdgeschoss

2

1 Foyer, Kassenbereich, Shop, 7 Terrasse Garderoben 8 Verwaltung (fünf Büros, 2 Dauerausstellung, Besprechungsräume, Personalraum) Wechselausstellung 9 Bildung (zwei Klassenzimmer, 3 Raum der Stille Vorbereitung, Vortragsraum) 4 Kino 10 Werkstätten 5 Skywalk und Turm 11 Hausbetrieb (Hausmeister, Putzräume, 5 6 Restaurant (Gastraum, Küche, Geräteräume, Müllräume) Lager, Personalräume) 12 Technik

24 25 26 27 Nachhaltig Bauen Montage Skywalk

Leitender Regierungsdirektor Christian Lindinger Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim

Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde erstmalig 1713 Das Leitthema des Nationalparks ist der Wald, von Hans Carl von Carlowitz vor dem Hintergrund verbunden mit dem Motto „Natur Natur sein lassen“. einer Holznot in Kursachsen verwendet. Er beschreibt Wichtige Kriterien des Planungswettbewerbs waren ein forstwirtschaftliches Prinzip, nach dem nicht mehr daher der Erhalt des vorhandenen Baumbestandes Holz gefällt werden darf, als jeweils nachwachsen auf dem Grundstück und die Erlebbarkeit aller kann. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Stock­werke des Waldes von den Wurzeln über den wurde erkannt, dass alle Rohstoffe und Energievorräte Stammbereich bis hin zum Kronenraum. Der auf der Welt endlich sind. Dadurch ging der Gebrauch realisierte Siegerentwurf hat beide Ziele vorbildlich des Begriffes auf den Umgang mit allen Ressourcen umgesetzt. Wie die Finger einer Hand schieben sich über. die Gebäuderiegel in den Wald. Nahezu alle Bäume, die nicht unmittelbar auf der Baufläche des Gebäudes Bei einem Gebäude, das die Wesensmerkmale des standen, konnten erhalten werden. Nationalparks Schwarzwald architektonisch wider­ spiegeln soll, spielt Nachhaltigkeit naturgemäß eine Der Schwarzwald besteht jedoch nicht nur aus dem besondere Rolle. Sie beschränkt sich dabei nicht Nationalpark, in dem der Wald nicht mehr angetastet alleine auf ökologische Kriterien, sondern umfasst in werden soll. Die Region bietet mit dem dort nach- einem ganzheitlichen Ansatz ebenso ökonomische, wachsenden, nachhaltig bewirtschafteten Rohstoff technische, soziokulturelle und funktionale Aspekte. Holz ideale Bedingungen für ein Holzbauland. Seine Holzbaubetriebe sind ein starker Motor für innovative In der Praxis bedeutet dies, dass zur Bewertung des Entwicklungen und Impulse. Um diese Potenziale ökologischen Fußabdrucks des Gebäudes eine Öko- in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit zu rücken, bilanz errechnet wird. Zudem werden seine Kosten wurde der größtmögliche Einsatz des Baustoffes Holz über den gesamten Lebenszyklus betrachtet. Auch für den Neubau vorgegeben. Der gewagte Gebäude- alltägliche Belange werden miteinbezogen: Die entwurf mit seinen weit auskragenden Bauteilen Anpassbarkeit an sich ändernde Nutzungen, die konnte nur durch den Einsatz modernster Holzbau- Qualität der Raumluft oder die Verfügbarkeit von technologien Wirklichkeit werden und lotet dabei Fahrradstellplätzen sind nur einige weitere der vielen die Leistungsgrenzen des Baustoffes aus. Kriterien.

28 29 Montage Skywalk Die verbauten Holzarten stammen zu neunzig Prozent Die Klimatisierung des Foyers, des Kinos und der aus zertifizierten heimischen Beständen. Zum Einsatz Ausstellungsräume erfolgt über mechanische Lüf- kamen vor allem heimische Weißtanne für konstruk­ tungsanlagen, welche dezentral in den verschiedenen tive Bauteile und Innenausbauten sowie Schwarz- Gebäuderiegeln angeordnet sind. Im Sommer besteht wald-Fichte für die Schindelfassaden. Lediglich die in den Bereichen der Ausstellung und im Kino ein Schindeln des schwer erreichbaren Turmes wurden erhöhter Bedarf an Kühlung. Das gewählte Kühlkon- aus Alaskazeder gefertigt. Für die vertikalen Trag- zept kommt ohne energieaufwändige Kälteerzeugung ­konstruktionen wurde größtenteils Baubuche- über strombetriebene Kompressoren aus. Es sind zwei Furnierschichtholz aus der Rhön verwendet. Je nach Löschwasserzisternen im Erdreich, die das benötigte Beanspruchungsgrad als reine Holz-Fachwerkträger Kühlwasser liefern. Nachdem dieses die Wärme aus oder als Holz-Stahl-Hybridkonstruktion. dem Ausstellungsbereich aufgenommen hat, fließt es durch die Trinkwarmwasser-Wärmepumpe der Küche. Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer In einem nächsten Rückkühlungsschritt wird es über Energien waren weitere wesentliche Bestandteile der ein Erdkollektorfeld geführt, bevor das Kühlwasser Planungsaufgabe. So weist die Gebäudehülle einen wieder in die Zisternen eingeleitet wird. In einer Wärmeschutz in der Qualität eines Passivhauses auf weiteren Zisterne wird Regenwasser gesammelt, und unterschreitet die gesetzlichen Vorgaben welches nach Aufbereitung zur WC-Spülung und als deutlich, um die Vorbildfunktion des Gebäudes zu Gießwasser im Außenbereich genutzt wird. unterstreichen. Das Land Baden-Württemberg setzt bei seinen Die Wärmeerzeugung für Heizung und Warmwasser Baumaßnahmen auf die Zertifizierung mit dem erfolgt zentral durch zwei Holzpelletkessel. Über ein Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Dieses Nahwärmesystem werden neben dem Nationalpark- System wurde vom Bundes-Bauministerium gemein- zentrum auch die Villa Klumpp und das Verwaltungs- sam mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges gebäude mit Wärme versorgt. Alle Gebäude verfügen Bauen (DGNB) für Bauten der öffentlichen Hand über eigene Pufferspeicher. Sämtliche Büros und entwickelt. Am Ende der Nachhaltigkeitsbewertung Besprechungsräume im Nationalparkzentrum werden steht ein Zertifikat. Dieses wird in Bronze, Silber oder mittels einer Fußbodenheizung beheizt. Gold vergeben. Das Nationalparkzentrum Ruhestein wurde mit einem Zertifikat in Silber ausgezeichnet.

30 31 Montage Deckenelemente Erhalt der Bäume

32 33 Großvatertanne Der Nationalpark, die Wildnisbildung und die vielen Formen ihrer Vermittlung

Charly Ebel, Ursula Pütz, Dr. Sebastian Schwab Fachbereich Besucherinformation im Nationalpark Schwarzwald

Das Team, das den Nationalpark Schwarzwald Direkt daneben geht es in die Dauerausstellung, professionell begleitet, tut dies vor dem Hintergrund das Herzstück der Besucherinformation. Auf einem eines klar definierten gesetzlichen Informations- Rundgang werden die Arten- und Lebensräume des und Bildungsauftrags. Denn das Großschutzgebiet Nationalparks Schwarzwald vorgestellt und verschie- soll dazu beitragen, Interesse für das Themenfeld dene Aspekte zur Wildnisbildung darin beleuchtet. „Wildnis“ zu wecken und Menschen dafür zu Es geht um Themen wie den Faktor Zeit, die begeistern. Kommunikation in der Natur, um Stoffflüsse und biologische Vielfalt. Die Vermittlung erfolgt unter Dem Nationalparkzentrum am Ruhestein als zentrale Einsatz moderner Medien und auf verschiedenen Anlaufstelle kommt dabei eine große Bedeutung zu. Ebenen, mal mit wissenschaftlichem oder philo­ Die Gäste, vielleicht erstmals in Kontakt mit dem sophischem Ansatz, mal künstlerisch-intuitiv und Gebiet, sollen hier ihr Informationsbedürfnis stillen auf eher emotionale Art und Weise. können und gleichfalls zum Beobachten und zum Staunen angeregt werden über die raue Natur des Im benachbarten Raum der Stille mit Blick in den Schwarzwalds und ihre wilden Schönheiten. In der wilden Wald werden die Gäste dazu eingeladen, die Ausstellung können sie tief eintauchen in weithin vielen Eindrücke nachwirken zu lassen. Denn auch unbekannte Welten, etwa in die Welt der Pilze – die Themen Stille, Achtsamkeit und Erholung haben verbunden mit dem Ziel, sie für deren Schutz zu in der Bildungsarbeit des Nationalparks einen hohen sensibilisieren. Stellenwert.

An der Infotheke und im Shop im Eingangsbereich Auf dem Rückweg ins Foyer durchqueren die können sich die Gäste über Angebote im National- Besucherinnen und Besucher den Wechselausstel- park und dessen Umgebung informieren. Hier erhal- lungsbereich. In jährlich wechselnden Präsentationen ten sie Ideen für ihren weiteren Aufenthalt, vielleicht greift das Nationalparkteam hier schwerpunktmäßig auch die Inspiration zur Planung eines anschließenden aktuelle, historische oder auch kulturelle Themen auf Ausflugs oder einer Tour. Ebenso sind hier Infor- mit Bezug zu seinem Arbeitsgebiet. mationen über saisonale Einschränkungen und die Verhaltensregeln erhältlich. Gäste, die zwischendurch die frische Schwarzwaldluft genießen möchten, können auf dem Skywalk aus Nächster Programmpunkt könnte das Kino sein. der Vogelperspektive in die Baumkronen eines etwa Abwechslungsreiche Kurzfilme behandeln natur­ 120 Jahre alten Tannen- und Fichtenwalds blicken. wissenschaftliche Themen und informieren über den Nationalpark selbst sowie seine Geschichte.

34 35 Buhlbachsee Südlich unterhalb des Zentrums lockt ein Wildnis- Für größere Fachgruppen bis zu knapp 200 Personen erlebnis­bereich. Hier, in diesem struktur- und tot- steht für Vorträge, Tagungen oder Symposien der holzreichen Wald, dürfen sich alle frei – und aus- Vortragsraum im Obergeschoss zur Verfügung. Zum nahmsweise auch abseits der Wege – bewegen. Es Auftrag der Bildungsarbeit des Zentrums gehören stehen dort viele Sitz- und Spielmöglichkeiten zur der Austausch, die Weitergabe und die Diskussion Verfügung. Besonders für Familien mit Kindern dürfte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, etwa zum dieser Bereich ein kurzweiliger Anlaufpunkt sein. Prozessschutz oder zu den Arten und Lebensräumen im Nationalpark. Und wer, erfüllt von den Eindrücken der Ausstellung, den wilden Wald noch intensiver in natura genießen Das Nationalparkzentrum steht – wie der National- möchte, kann vom Ruhestein aus zahlreiche Wander-, park selbst – allen offen. Alle Informationen werden Rad- und Reitwege, Langlaufloipen und Schneeschuh- angeboten in Deutsch, Englisch und Französisch trails nutzen, diverse Erlebnispfade erkunden oder sowie in Gebärdensprache. Ein Blindenleitsystem ist sich einer Ranger-Führung anschließen. installiert, das Gebäude ist vollständig barrierefrei. Die Angebote für Gruppen sind inklusiv und werden Für Gruppen insbesondere aus Schulen und Kinder- ständig intern und extern evaluiert und weiterentwi- gärten eröffnet das Nationalparkzentrum eine Vielzahl ckelt. Wie schon bei der Konzeption des Zentrums an Möglichkeiten. Das Team der Wildnisbildung sind darin neben dem gesamten Nationalparkteam die erarbeitet für diese Gruppen altersgerechte Program- zuständigen Ministerien und Fachbehörden, Vertre­ me. Zur Verfügung stehen zwei separate Bildungs- terinnen und Vertreter der Region, der Nationalpark- räume im Obergeschoss. Die Dauerausstellung mit beirat, die Universitäten und Fachhochschulen und ihren verschiedenen Bereichen kann in die Gruppen­ alle Interessierten aus der Region eingebunden. Ohne programme mit einbezogen werden. Dafür sind hier die politische und fachliche Unterstützung aus diesem Zeiten vor der morgendlichen Öffnung des Hauses Kreis sowie das konstruktive Miteinander wären reserviert. weder der Nationalpark selbst noch in dessen Folge das Nationalparkzentrum und die neuen Besucher­ Die umliegenden Waldbereiche sind als Wildnis­ informations- und Wildnisbildungsmöglichkeiten erlebnisflächen in die Gruppenangebote mit einge- entstanden. bunden. Bei der Bildungsarbeit soll so viel Zeit wie möglich im Freien verbracht werden. Das National- parkzentrum ist dafür ein hervorragender Start- und Endpunkt. Schlechtwetterphasen aber lassen sich gut auch mal innerhalb des Hauses überbrücken.

36 37 Pool-Arbeitsplätze Nationalparkverwaltung

38 39 Obergeschoss Vortragsraum

40 41 Eine Spur wilder

Friedo Meger Kunstraum GfK mbH, Hamburg

Erinnern Sie sich noch an den Geruch Ihrer ersten 2015 erhielt Kunstraum vom Nationalpark und dem Schultasche? Die Ausdünstungen von Schulbüchern, Land Baden-Württemberg den Auftrag zur Gestaltung Heften und Tinte, an vergessene Brotpapiere mit der Ausstellung „Eine Spur wilder“ im zukünftigen mittlerweile ranziger Butter, und vielleicht an den Nationalparkzentrum auf dem Ruhestein. Schon Duft von Leder oder Kunststoff. Es sind diese bei den ersten Recherchen wurde für uns unschwer Erinnerungen an unsere Wahrnehmung, die unser offenkundig, dass der noch junge Nationalpark Bild von der Welt ganz stark prägen. innerhalb der Bevölkerung ringsum nicht unum­ stritten ist. Woher aber rühr(t)en die Antipathien Ein altes Foto wiederentdeckt, eine vertraute Melodie, gegen so etwas Großartiges wie einen Nationalpark, ein Geruch aus einer bestimmten Situation: Das ein Stück Natur mit höchstem Schutzstatus? was wir sehen, hören, riechen und schmecken ist das, was für uns die Welt sehr entscheidend ausmacht. „Eine Spur wilder“ lautet sein Motto. Aber was Letztlich ist es die sinnliche Wahrnehmung, welche bedeutet eigentlich „wild“? Das Adjektiv „wild“ die Vorstellungen aller wahrnehmenden Lebewesen kommt aus dem Althochdeutschen „wildi“, das für „von Welt“ bestimmt. „ungezähmt“, „verirrt“, „unbebaut“ und „fremd“ steht. In unserem Zusammenhang beschreibt es, dass die Die Wahrnehmung bedient sich dabei eines genialen Natur im Nationalpark sich „unbebaut, ungezügelt Mechanismus: Damit ein über der Wiese gleitender und ohne menschlichen Einfluss“ entwickeln können Falke auf der Suche nach Beute wegen der Vielzahl soll. der Eindrücke das Wesentliche nicht übersieht,

wird ein Teil einfach ausgeblendet. Das Feld mit Was sich so der Kontrolle des Menschen entzieht und Dauerausstellung farbenprächtig blühenden Kräutern unter ihm ist wofür ihm die Erfahrungsgrundlage fehlt, erscheint Dr. Wolfgang Schlund und ihm weitaus weniger wichtig als die Bewegung einer ihm als fremd. Und was dem Menschen nicht vertraut Ministerpräsident Winfried Kretschmann kleinen Maus. ist, kann bei ihm Ängste auslösen, deren Abwehr mitunter sogar in Aggressivität umschlägt. Pilzmyzel im Wurzelbereich Diese Selektion ermöglicht es ebenfalls uns Men- schen, das Sinnvolle von dem abzutrennen, was in Wie sähe unser Bild von der Welt aus, wenn wir für dem Moment überflüssig erscheint. Diese Selektion einen gezielten Augenblick unsere Eindrücke mal kann freilich auch vereiteln, dass Dinge stärker nicht selektierten? Wenn wir uns auf das Abenteuer in unser Bewusstsein rücken, die uns bislang neu einließen, das Fremde oder das scheinbar Unwichtige und fremd sind. ganz bewusst wahrzunehmen? Dann wird aus dem

42 43 Dauerausstellung Diorama zur Biodiversität abgestorbenen Baum, der doch lediglich für unge­ halben Jahrtausend als Keimling – eine für uns nutztes, ja vergeudetes Holz steht, plötzlich ein ungeheuerliche Zeitspanne. Der Ablauf ihres Lebens unglaublich vitaler Lebensraum. Die Larve eines bleibt indes für uns gemeinhin ebenso unsichtbar Prachtkäfers oder der Fruchtkörper eines Pilzes wie der Flügelschlag einer Libelle. werden uns womöglich nun ebenso wichtig wie die mächtige und einträgliche Weißtanne daneben. Das zweite Kapitel widmet sich der Dynamik in Folge der Jahreszeiten, welche das Wesen des Nationalparks Die Ausstellung „Eine Spur wilder“ bietet die bestimmt. Hier erleben die Ausstellungsgäste, wie Möglichkeit, scheinbar Bedeutungsloses in den Fokus ein Sturm ein Jahrhunderte währendes Werk, einen der Besucherinnen und Besucher zu rücken. So uralten Baum, in wenigen Augenblicken darnieder beschäftigt sich das erste Kapitel mit dem toten streckt. Hier legt sich dichte Schneedecke über die Stamm einer Tanne und dem vielfältigen Leben, das Landschaft, die nun fast wie erstarrt wirkt, bevor sie sich darin und ringsum entwickelt. Viele Präparate im Frühjahr zu neuem Leben erwacht. Jede Verände- und Nachbildungen bringen den Betrachtern bislang rung birgt bereits neues Leben und neue Chancen. unbekannte Arten näher, die sonst meist im Verbor­ genen bleiben. Das letzte Kapitel der Ausstellung führt Besucher und Besucherinnen schließlich unter die Erde. Hier, Die Ausstellung „Eine Spur wilder“ bietet darüber wo das Leben den Blicken der Mensch weitgehend hinaus die Möglichkeit, den Menschen auf sinnlich entzogen ist, lassen sich auf einmal sehr viel vielfäl­ nicht wahrnehmbare Prozesse aufmerksam zu machen. tigere und fantastischere Formen des Lebens ent­ Auf den Austausch von Stoffen und Informationen decken als „oben“. Wir sehen, hören und begreifen etwa, auf die nicht allein Tiere in ihrem täglichen jetzt die Zusammenhänge, die dieses wilde Stück Überlebenskampf angewiesen sind. Auch Pflanzen Natur erst möglich machen. müssen „wissen“, wo es Nährstoffe gibt und welche. Wo Wasser im Boden steckt und welche gefährlichen Was geschieht, wenn wir uns auf das Abenteuer Arten bedrohlich nahe kommen. Wie Pflanzen diese einlassen, das Fremde oder das scheinbar Unwichtige Informationen wahrnehmen, zählt teilweise noch zu wahrzunehmen? Wir öffnen dann eine Tür – den Rätseln der Wissenschaft. vielleicht nur einen Spalt weit –, hinter der sich eine ganz andere, eine zwar fremde, doch äußerst faszi­ „Eine Spur wilder“ gelingt es, zeitliche Abläufe zu nierende Welt offenbart. Sie ist anders, als die, die wir verdeutlichen, die sich unserer menschlichen jeden Tag wahrnehmen. Aber vielleicht ist sie einfach Wahrnehmung ansonsten entziehen. Besagte tote lediglich: eine Spur wilder. Tanne begann einst ihr Leben vor mehr als einem

44 45 Sitzbereich Restaurant Haupttreppe und Schließfächer

46 47 Projektdaten

Chronologie Gründung Nationalpark: Januar 2014 Entscheidung Architekturwettbewerb: Februar 2015 Genehmigung Bauunterlage: August 2016 Baugenehmigung: November 2016 Baubeginn: April 2017 Fertigstellung: Oktober 2020

Nationalparkzentrum Nutzungsfläche: 3.342 m² davon Ausstellungsfläche: 1.150 m² Brutto-Grundfläche: 5.201 m² Brutto-Rauminhalt: 26.076 m³

Nationalparkverwaltung Nutzungsfläche: 358 m² Brutto-Grundfläche: 595 m² Brutto-Rauminhalt: 2.122 m³

Kosten Gesamtbaukosten: 35.500.000 Euro Dauerausstellung: 3.000.000 Euro Anteil DBU an Dauerausstellung: 1.000.000 Euro

48 49 Planungsbeteiligte

Bauherr Technische Ausrüstung Bauphysik Land Baden-Württemberg vertreten durch EWT Ingenieure GmbH, Grebenhain Ingenieurbüro Dr. Schäcke + Bayer GmbH, Vermögen und Bau Baden-Württemberg Waiblingen-Hegnach Amt Pforzheim Küchenplanung Brüssau Bauphysik GmbH, Fellbach Ingenieurbüro Seewöster GmbH, Wiesloch Nutzer BNB-Koordinator Nationalpark Schwarzwald, Ruhestein Freianlagen und Verkehrsanlagen ee concept, Darmstadt (f)landschaftsarchitektur gmbh, Solingen Projektleitung Ökologische Baubegleitung Vermögen und Bau Baden-Württemberg Bauleitung Freianlagen INULA, Sasbach Amt Pforzheim UmweltDienst Dorka GmbH, Freudenstadt UmweltDienst Dorka GmbH, Freudenstadt

Projektsteuerung Bauleitung Verkehrsanlagen SiGeKo

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, Kirn Ingenieure, Freudenstadt DEKRA, Karlsruhe Projektteam Stuttgart Vermögen und Bau Baden- Ausstellungsgestaltung Gerüstplanung Württemberg, Amt Pforzheim Architekt und ARGE-Leitung Kunstraum GfK mbH, Hamburg Ingenieurbüro Mirow, Karlsruhe Sturm und Wartzeck GmbH, Dipperz Umwelt- und Geotechnik Rechtsberatung Bauleitung Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart Thümmel, Schütze & Partner Baumeister Architekten, Stuttgart Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, Brandschutz Stuttgart Tragwerksplanung Assel Brandschutz, Fulda schlaich bergermann partner GmbH, Stuttgart Filmische Begleitung Bauleitung Brandschutz Sohl Media Filmproduktion, Kirchberg Prüfstatik B // A Consulting, Loßburg Harrer Ingenieure GmbH, Karlsruhe Live-Stream Vermessung Onkel Lina GbR, Heidelberg Rappold & Rappold GbR, Ettlingen Ortmann Ingenieurbüro für Vermessung GbR, Bühl Moderation Dr. Denise Burgert, Stuttgart

50 51 Ausführende Firmen

Bauschild Metallbau Lose Möblierung Mittelspannungsanlage Scherf e.K., Altensteig Egon Haist GmbH, UnternehmenForm GmbH & Co. KG, Stuttgart Klotter Elektrotechnik GmbH, Rheinau

Baustelleneinrichtung Sichtestrich Fliesen und Platten Blitzschutz BplusL Infra Log GmbH, Niederdorf ebo Estrich Bossert GmbH, Kernen Konz & Schaefer GmbH, Leinfelden-Echterdingen Walter Blitzschutztechnik GmbH, Rheinau-Freistett

Erd- und Rohbau Estrich Bodenbelag Heizung und Gebäudeautomation Lang Bau GmbH & Co. KG, Ettlingen RN Estrich GmbH, Lichtenstein Raumausstattung Mayer GmbH, Gutach-Bleibach Christian Bachhäubl e.K, Baiersbronn

Konstruktiver Holz- und Stahlbau Trockenbau Sonnenschutz Lüftung Züblin Timber GmbH, Aichach Schwarzwald Akustik Merkle GmbH, Nagold Büchele Lufttechnik, Karlsruhe Decken- und Trennwandbau GmbH, Fassade Holz-Schindeln Oberkirch-Nußbach Sonnenschutz Verwaltung Kältetechnik Zinser Holzbau GmbH, Loßburg Hoffmann Sonnenschutztechnik GmbH, Ispringen Hi.Teq Kälte- und Klimatechnik GmbH, Worms Trockenbau Verwaltung Holzbau Verwaltung Siegfried Herter, Wildberg Maler Brandmeldeanlage Weschle Holzbau GmbH, Friesenheim Raisch Maler & Lackierer, Pfalzgrafenweiler b.safe Gebäude-Sicherheitssysteme GmbH, Leonberg Innentüren Dachabdichtung und Klempner Rienth GmbH & Co. KG, Winnenden Baureinigung Telefonanlage Schweizer Metallbedachungen GmbH, Günter Ott Gebäudereinigung e.K., Horb am Neckar Binder Systemhaus GmbH, Balingen Ludwigsburg Innentüren Verwaltung Schreinerei Bucher GmbH & Co. KG, Owingen Außenanlagen Medientechnik Kino Gerüst Reif Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Kinoton Digital Solutions GmbH, Germering Wilhelm Gerüstbau GmbH, Aichtal-Aich Einbaumöbel Baiersbronn Kalmbach Innenausbau GmbH, Simmersfeld Förderanlagen Verglasung und Fensterbau Außenanlagen Verwaltung OTIS GmbH & Co. OHG, Frankfurt am Main Kehrel Fenster GmbH & Co. KG, Einbaumöbel Verwaltung Werner Burghardt, Freudenstadt Eiterfeld-Betzenrod Karl Rieger Innenausbau GmbH, Waldachtal Küchen Cafeteria Sanitär Edgar Fuchs GmbH Großküchentechnik, Putz Schließanlage Kläger Haustechnik, Freudenstadt Aschaffenburg BB Stuck GmbH, Aldingen B.KON GmbH, Haar Elektro und Beleuchtung Sicherheitsdienst Elektro Ofzky, Freudenstadt HSS Humanity Security Services, Horb am Neckar

52 53 Ausführende Firmen Ausstellung

Dauerausstellung Diorama zur Biodiversität

Animation Messebau Dock 11 GmbH, Hamburg GIGLER holz-design, Neubeuern

Bodenbelag Präparator Böhmler Einrichtungshaus GmbH, Stuttgart Arge Salzer Mandler, Gerstungen

Ausstellungsmöbel Text Karl Rieger Innenausbau GmbH, Waldachtal Content Kitchen, Hamburg

Programmierung Übersetzungen Neue Farben GbR, Hamburg ConTec Fachüberstetzungen GmbH, Dortmund

Film Druck Krosnoff-Media, Quickborn Wissinger GmbH, Freudenstadt

Medien- und Lichttechnik Plattformlift AMS Alpha Media Solutions GmbH, Hechingen Leoba Liftsysteme GmbH, Mössingen

Hohlraumboden Zutrittskontrolle Lindner, Arnstorf Axess AG, Anif

Maler Horst Teufel Malerbetrieb, Freudenstadt

Messebau Schlosser Metallbau Arnold, Neckartailfingen

54 55 Ruhestein Ansicht von Südwesten

56 57 Luftbild

58 59 Impressum

Herausgeber Auflage Ministerium für Finanzen 3.000 Stück Baden-Württemberg Neues Schloss, Schlossplatz 4 Stand 70173 Stuttgart April 2021 www.fm.baden-wuerttemberg.de Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg Redaktion und Konzeption Vermögen und Bau Baden-Württemberg Die Broschüre steht unter Amt Pforzheim www.fm.baden-wuerttemberg.de (Service > Publikationen) Gestaltung zum Download zur Verfügung. Braun Engels Gestaltung, Ulm

Druck Schirmer Medien GmbH & Co. KG, Ulm

Fotonachweis Achim Birnbaum, Stuttgart klimaneutral natureOffice.com | DE-363-22TDJ95 Weitere Fotografien von gedruckt bloomimages, Hamburg (Innenklappen), Staatsministerium Baden-Württemberg (S. 4), Daniel Müller, Nationalpark Schwarzwald (S. 15 oben), Luis Scheuermann, Nationalpark Schwarzwald (S. 15 unten, S. 37), Sturm und Wartzeck, Dipperz (S. 24-27, S. 48 / 49), Dirk Altenkirch, Karlsruhe (S. 29 / 30 / 32 / 33 / 39), qu-int GmbH, Nationalpark Schwarzwald (S. 34), Sohl Media, Kirchberg (S. 51)

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