Festschrift 225 Jahre Pfarre Reindorf Zusammengestellt von Erwin Matl Impressum Für den Inhalt verantwortlich: Pfarre Reindorf „Zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit“ Reindorfgasse 21, 1150 Wien Tel. +43/1/893-24-96 [email protected] www.reindorf.at © dieser Zusammenstellung: Pfarre Reindorf 2. Auflage, Mai 2017(1. Auflage, November 2014) Eigenverlag; druck.at, 2544 Leobersdorf

Bildnachweis Archiv der Pfarre Reindorf und der Jüngergemeinschaft; Bezirksmuseum Wien 15; IG Kaufleute Reindorfgasse; Rudi Fink, Erwin Matl, Br. Stefan Pöll, Ing. Hans Schmidt, Johann und Wolfgang Schmidt, Sabrina Seyer, Familie Wammerl, Christian Zugger; wikipedia Bilder am Buchdeckel: Manfred Zeller, 2014 (vorne) & Wolfgang Erbens, 1987 (hinten) Quellenverzeichnis 200 Jahre Pfarre Reindorf, Ing. Hans Schmidt, 1989 150 Jahre Pfarre Reindorf, Kaplan Albert Otteny, 1939 Gedenkbücher 1-3 der Pfarre Reindorf Josephinische Pfarrgründung Reindorf im Wandel der Zeit, Birgit Elisaeth Knott, 1977 Gemeinschaft im Pfarrcafé, eine kath. Gemeinde in Wien, Angelika Derfler, 2013 Pfarrblätter der Pfarre Reindorf Chronik von Rudolfsheim, Franz Echsel, 1888 Rudolfsheim und Fünfhaus, Bezirksschulinspektor Edgar Weyrich, 1922 Juden in Rudolfsheim - Fünfhaus, Christine Lewerenz-Weghuber, Bezirksmuseum, 1993 Bezirksmuseum Rudolfsheim Fünfhaus Das Dreieck meiner Kindheit; Kofler, Pühringer, Traska; Mandelbaum Verlag, 2008 www.wikipedia.at; www.bezirksmuseum.at; www.wien.gv.at; austria-forum.org

Wir bedanken uns für die Mitarbeit: beim Bezirksmuseum Wien 15 (bei Frau Dr. Waltraud Zuleger), bei Frau Gertrude Kaufmann, Frau Birgit Kohn, Herrn Theodor Hanns, P. Ludwig Deyer COp, Br. Stefan Pöll COp Geleitwort des Erzbischofs von Wien

KARDINAL DR. CHRISTOPH SCHÖNBORN ERZBISCHOF VON WIEN Wien, am 15. September 2014

„Kommt und seht!“ So lautet Euer Motto zum diesjährigen Jubiläumsjahr. Leider ist es mir aus termin- lichen Gründen nicht möglich, persönlich zu diesem Festakt zu kommen, daher möchte ich Sie alle auf diesem Weg ganz herzlich grüßen und Ihnen zu Ihrem Pfarrjubiläum „225 Jahre Pfarre Reindorf“ gratulieren. Die Pfarrkirche Reindorf zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit ist die älteste Kirche und daher auch die Mutterkirche des 15. Wiener Gemeindebezirkes. Bekanntlich ist sie die letzte der „Josephinischen Pfarrgründungen“ und blickt daher schon auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. In diesem langen Zeitraum haben unzählige Menschen in schweren Zeiten Trost und Zuflucht in diesem schö- nen Gotteshaus gefunden. Sie haben aber auch viel Freude und Stärkung durch den gemeinsamen Glauben erfahren. Wie in vielen anderen Pfarren hat sich die Bevölkerungsstruktur in Ihrem Pfarrgebiet in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Daher muss sich auch die Pfarre diesen neuen Herausforderungen stellen und versuchen, die Menschen von heute zu Jesus zu führen. Seine Einladung ist stets auch an uns alle gerichtet: „Kommt und seht!“ Die Seelsorge der Pfarre Reindorf liegt seit 1984 in den Händen des Ordens der Kalasantiner. Damit verbunden sind das segensreiche Wirken von Dr. Herbert Madinger, dem Gründer der Katholischen Glaubensinformation, und der selige P. Anton Maria Schwartz, dem Gründer des Kalasantinerordens. Beide haben ein reiches Erbe an geistlicher Vision und seelsorglichem Wirken hinterlassen, das die Pfarre bis heute prägt. Gebet und Eucharistische Anbetung gehören in Reindorf zum täglichen Glau- bensleben. Sie helfen den Blick auf Jesus zu richten, um im Alltag das Wesentliche nicht zu verlieren.

Zum Geleit 1 Eine zentrale Bedeutung in der Pfarre haben auch seit langem die Schwestern der Jüngersuche, die die Pfarrarbeit wesentlich unterstützen sowie die Jüngergemeinschaft, eine apostolische Gemeinschaft, die bemüht ist, den Auftrag Christi ‘geht zu allen Völkern‘ zu erfüllen. Reindorf ist eine lebendige Gemeinde, die für Jung und Alt gleichermaßen offen ist und für alle Men- schen, gleich welcher Herkunft, ein offenes Herz hat. Viele Gruppen und Gemeinschaften bilden hier eine lebendige Gemeinde. Im gemeinsamen Feiern der Eucharistie, bei Festen, Wallfahrten, Apos- tolats- und Evangelisationseinsätzen, - besonders in diesem Jubiläumsjahr -, bringen sie ihren Dank und ihre „Entscheidung für Christus“ überzeugend zum Ausdruck. Dafür sage ich Ihnen allen ein herzliches „Vergelt’s Gott!“

Mit meinen herzlichen Grüßen und Segenswünschen zu Ihrem schönen Pfarrjubiläum

Ihr

2 225 Jahre Pfarre Reindorf Geleitwort des Bezirksvorstehers Liebe Pfarrgemeinde, liebe Freunde und UnterstützerInnen der Pfarre Reindorf, liebe Bewohnerinnen und Bewohner!

Ich möchte der Pfarre Reindorf zu Ihrem 225-jährigen Jubiläum recht herz- lich gratulieren. Gerade dieses Grätzl hat den Dorfcharakter nie wirklich verloren, obwohl mitten in der Stadt gelegen. So wie wir es von Dörfern kennen, wo eine Kirche, hier die Reindorfkirche mit ihrer Pfarre, und das Kirchenplatzl das Zentrum bilden. Ein gutes altes Wirtshaus am Platz ist in dem Fall das Gasthaus Quell. Viele Veranstaltungen finden am Vorplatz der Kirche statt. Damit ist ein Kommunikationszentrum entstanden. Man sieht, dass solche Strukturen auch dem Modernen trotzen können. Ich habe von 1980 bis 1996 in der Reindorfgasse gewohnt und gelebt. Damals war die Reindorfgasse, auf die Länge der Straßen umgelegt, wahrscheinlich die Straße mit den meisten Lokalen. Viele dieser Lokale hat man als anständiger Bewohner eher gemieden als besucht. Wenn man die positive Ent- wicklung dieses Gebietes in den letzten Jahren mitverfolgen konnte, so ist dies ein Verdienst mehrerer Personen, Vereine und Institutionen. Dazu gehört jedenfalls auch die Pfarre Reindorf, die sich immer gemeinschaftlich an den Veranstaltungen beteiligt und diese unterstützt hat. Ich kehre immer wieder gerne in die Reindorfgasse zurück wo ich immerhin fast ein Drittel meines Lebens verbracht habe. Ich freue mich, dass sich dieses Gebiet zu einem Kulturzentrum entwickelt hat. Kirchen und Gebetshäuser sind ein wichtiges Kulturgut eines Bezirkes. Deshalb ist Reindorf ohne Pfarre und der Kirche nicht vorstellbar, denn sie sind ein wesentlicher Bestand der Vergangenheit, der heutigen Zeit und auch der Zukunft. Ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung recht herzlich bedanken und wün- sche der Pfarre Reindorf für die Zukunft alles Gute.

Ihr

Gerhard Zatlokal, Bezirksvorsteher Rudolfsheim-Fünfhaus

Zum Geleit 3 Vorwort des Pfarrers Jubel über 225 Jahre Pfarre Reindorf

Zum Fest des 225jährigen Bestehens der Reindorfer Pfarrkirche sei auf den besonderen Titel und die Ortslage des Gotteshauses hingewiesen, welche sich aus einer traditionsreichen Vergangenheit ergeben und doch zugleich Programm und Verheißung für die Zukunft sind. Weil dieses Gotteshaus dem ewigen Dreifaltigen Gott selbst geweiht ist, wird es einen unverrückbaren Platz im Heilsplan Gottes behalten. Und weil in diesem Gebiet einst Weinreben angebaut wurden, die der Herr zum Se- gen der Einwohner gedeihen ließ, so wird sicher auch der Weinberg des Herrn im Segen Gottes bleiben und das Salböl des Heiligen Geistes nicht aufhören zu fließen. Das sind wunderbare Gleichnisse auf die Heilungs- und lebensspendende Kraft der heiligen Sakramente. Zugleich ist der Name des Rein-Dorfes im Gassennamen erhalten geblieben und so wird auch ein gewisser Dorfcharakter am Kirchenplatz als beruhigte Insel im hektischen Lärm und Meer des Groß- stadtverkehrs angenehm wahrgenommen, wozu auch die umliegenden Gasthäuser wohltuend beitra- gen. Dieses rege und friedvolle Leben auch unterschiedlicher Kulturen ist ein gewachsenes Gemein- schaftsleben, dass wir den vorherigen Generationen zu verdanken haben. Wir stehen quasi auf ihren Schultern. Wir sind gegründet auf der Festigkeit ihres Glaubens, ihres Hoffens, ihres Betens und so manch geweinter Träne und so manch erfahrener wunderbarer Hilfe Gottes. Von ihrer Tüchtigkeit und ihrem Fleiß von ihrem Schmerz und ihrer Freude gibt unser Gotteshaus Zeugnis, wissen die Bil- der der Muttergottes und der Heiligen, das Bild der Allerheiligsten Dreifaltigkeit über dem Hochaltar zu erzählen. Möge auch unser christliches Leben Zeugnis und in Stein gemeißelte, greifbare Kunst und Kultur werden für alle Mitbewohner, für die Kinder und Kindeskinder unserer Pfarre und für alle, die die Vorsehung Gottes zu dieser Oase im 15. Bezirk hinführen und beheimaten will.

Das wünscht Euch

Pater Mag. Peter Domansky COp

4 225 Jahre Pfarre Reindorf Einleitende Worte Auf den Schultern unserer Vorfahren stehen dürfen Zu unserem Jubiläum gehört auch ein Rückblick auf 225 Jahre unserer Pfarrgeschichte, in denen sich Freudiges und Trauriges ereignete und von Anfang an sehr viel veränderte. In Dankbarkeit blicke ich dabei auf meine eigene Reindorf-Geschichte zurück und auf zwei Männer, die vieles der letzten Jahr- zehnte mitgeprägt haben. Vor 25 Jahren hat Ing. Hans Schmidt die mühsame Aufgabe auf sich genommen, erstmalig eine kom- plette Reindorf-Chronik zu verfassen. Er stützte sich auf die drei Gedenkbücher der Pfarre und auf die Chronik-Zusammenstellung des langjährigen Reindorfer Kaplans Albert Otteny 1939, die leider nie veröffentlicht worden ist. Weiters waren für Ing. Schmidt Unterlagen des Historischen Museums der Stadt Wien, Aufzeichnungen der Pfarre und persönliche Erzählungen der Reindorfer Pfarrer Karl Nowotny und Wilhelm Teuschl wichtige Quellen für seine Chronik. Schließlich war seine eigene Rein- dorf-Erfahrung dafür verantwortlich, dass ein sehr lebendiger, inter- essanter Rückblick entstanden ist. Aus dieser Chronik von Ing. Schmidt habe ich vieles auch für mei- nen Rückblick übernommen, leicht verändert und mit neuen zeitge- mäßen Schwerpunkten versehen. Ich danke Ing. Schmidt für diese wertvolle Quellenarbeit, auf der ich nun aufbauen konnte. Auch zahl- reiche Fotos wurden mir von seiner Familie für diese Chronik zur Verfügung gestellt. E. Matl u. Ing. Schmidt (1935 - 2013) Ich selbst bekam von Frau Dr. Waltraud Zuleger vom Bezirksmuseum wertvolles Material für meine Arbeit und stütze mich vor allem auf die gründliche Durchsicht der Pfarrchronik, auf persönliche Gespräche, meine eigene Reindorf-Geschichte und eine inten- sive Internetrecherche. Weiters möchte ich hier meinen Vorgänger als stellvertretenden PGR- Vorsitzenden Herrn Ferdinand Jezek erwähnen, der einen beispielhaften Einsatz für „sein Reindorf“ gelebt hat. Er prägte den Spruch: „Reindorf, ein Ferdinand Jezek (1950 - 2011) Zentrum des Gebets und Treffpunkt bei Festen“. Er ist mir in jeder Hinsicht Vorbild und dadurch auch Motivation, solch große Ziele wie das Schreiben einer Pfarrchronik zu wagen. Möge diese neue Pfarrchronik dazu beitragen, die Pfarre Reindorf und damit auch den Dreifaltigen Gott selbst noch besser kennen zu lernen.

Erwin Matl (Stellvertretender PGR-Vorsitzender) Vorwort 5 Beginn Wienfluss. Die erste Besiedlung dieser Gegend erfolgte um 1760. Im ausgehenden 18. Jahrhundert bestand also Die Enstehung des Ortes Reindorf das Gebiet der neuen Pfarre aus einigen dörfli- chen Siedlungen. An den Hängen, die sich von Reindorf, der älteste Teil des heutigen 15. Wiener der Schmelz hinunter zum Wienfluss erstreckten, Gemeindebezirkes, ist aus einigen Vororten ent- wurde vornehmlich Wein mittlerer Güte ange- standen und im Westen des Stadtgebietes, außer- baut, dazwischen gab es Felder und kleine Wäld- halb des Gürtels gelegen. chen. Der Grund, auf dem später Kirche und Seit Mitte des 14. Jahrhunderts ist das Gebiet Pfarrhof erbaut wurden, bestand aus zwei Wein- rund um die heutige Reindorfkirche urkundlich gärten. belegt als „in der Reyn / Rhein / Rain“ (Senke, Mulde), später als „Reintal“. Ab dem Jahre 1411 hieß es „Reindorff“. Der auf diesen Gründen betriebene Weinbau wurde zum Teil vom Stift Klosterneuburg verwaltet, das in Meinhartsdorf einen Meierhof besaß. 1513 ging der Besitz ver- mutlich an das Stift Heiligenkreuz über, einiges blieb aber nach wie vor bei Klosterneuburg. Die wenigen Häuser der kleinen Orte Reindorf und Meinhartsdorf wurden jedoch in weiterer Folge durch Überschwemmungen des Wienflusses und durch die zwei Türkenbelagerungen wieder kom- plett zerstört. Auf dem Lageplan von 1706 scheinen keine Häu- ser in der späteren Gemeinde Reindörfl auf. Der Name „Reindörfl“ kommt zum ersten Mal in dieser Form 1767 in den Matrikenbüchern von Gumpendorf vor. 1768 wurde Reindörfl samt an- liegenden Rieden vom Stift Klosterneuburg an den Grafen Merviglia verkauft. 1800 ging der Be- sitz zu zwei Drittel an den Freiherrn Mayer über. Die Grenzen Reindörfls waren fast deckungs- gleich mit den heutigen Pfarrgrenzen der Pfarre Reindorf: im Westen Braunhirschen (bis hinter die Grimmgasse), im Osten Fünfhaus (heutige Geibelgasse), im Norden die Schönbrunner Stra- ße (heutige Mariahilfer Straße), im Süden der 6 225 Jahre Pfarre Reindorf Einem Zeitgenossen, der 1797 von Wien nach betrachtet, „Reindorf soll blühendes Land werden“, Hütteldorf fuhr und dabei auch an Reindörfl vor- so wirken die Wünsche dieses Wanderers Franz bei kam, verdanken wir folgende Schilderung sei- Gaheis nahezu zweifach prophetisch. nes Eindruckes von Reindorf. Herr Franz Gaheis Nach dem Umbau des Schlosses Schönbrunn berichtete: zum kaiserlichen Sommersitz unter Maria The- „Wir erreichten Reindorf, in welchem man viele resia nahm das umliegende, damals noch unbe- Gärten und einige größere Gebäude mit Sommer- baute Land einen neuen, diesmal sehr großen wohnungen bemerken konnte. In der Tiefe (von der Aufschwung. Reindorf wurde dichter besiedelt heutigen Mariahilfer Straße aus gesehen) liegt der und eine Reihe von Fabriken entstanden hier. Ort. Zwischen diesem und der hohen Straße ist ein Eine davon war die größte Lederfabrik der Mo- unbebauter, ein öder Zwischenraum, welcher sehr narchie, Firma K. Pfeifer und Sohn, in der an die widerlich ins Auge fällt und den Wunsch erregt, 300 Menschen Beschäftigung fanden. dass er einigermaßen bebauet oder wenigstens mit In den Jahren 1781 und 1783, am Höhepunkt der Blumen bepflanzet würde. Es gewänne die Außen- Klosterschließungen und Neuordnung auf kirch- seite des Reindorfes an Lebendigkeit und würde lichem Gebiet durch Kaiser II., wand- auch zum Nutzen der Inwohner sein … Hinter den ten sich die Gemeinden Braunhirschen(grund), letzten Häusern des Dorfes hat man die herrlichste Reindorf, Fünfhaus, Sechshaus und Rustendorf Aussicht auf das freundliche kaiserliche Lustschloss an die Regierung mit der Bitte um Errichtung ei- Schönbrunn.“ ner eigenen Pfarrkirche und Schule für die nun- Wenn man einen der seelsorglichen Leitsprüche mehr 3428 Einwohner mit 284 Schulkindern in Dr. Herbert Madingers zwei Jahrhunderte später bereits 210 Häusern. Der westliche Teil dieser Gemeinden gehör- te seelsorglich zur Pfarre Penzing, der östliche Teil zu Gumpendorf. Zu beiden Pfarrkirchen war es ein weiter, teilweise beschwerlicher Weg. So mussten Kirchenbesucher oder Priester, die auf Versehgängen waren, weite Wege verrichten. Um den Kirchweg abzukürzen, haben so man- che Kirchgänger, auch ganze Hochzeitszüge und Taufgesellschaften die Mauer am Linienwall mit- tels Leitern überstiegen, was einen komischen Anblick mit sich gebracht haben soll. Der Linienwall umgab die Vorstädte, um sie vor feindlichen Angriffen zu schützen. Anfänglich musste an den Toren an den sogenannten Linien- ämtern für Waren und Lebensmittel auch Steuern Plan von Brequin: „In der Rhein“ 1783 mit den Wegen entrichtet werden. Ab 1890 wurde der Linienwall nach Schönbrunn (Schlossanlage beginnt links unten) niedergerissen und der „Gürtel“ angelegt. Beginn 7 Der Bau der Pfarrkirche Reindorf te Gedanke von der ´überschaubaren´ Gemeinde hat damals schon seine pastorale Verwirklichung gefunden.“, meinte Kardinal Hans Hermann Gro- 1781 hatte Kaiser Joseph II. die Absicht angekün- er in seinem Vorwort der Festschrift „200 Jahre digt, zahlreiche Klöster aufzuheben und dies da- Reindorf“. mit begründet, „jene Orden können Gott nicht gefällig sein, die sich nicht mit Krankenpflege, Unterricht und Jugenderziehung beschäftigen, also dem Nächsten ganz und gar unnütz sind“. Außerdem beanspruchte der Kaiser die Ernen- nung und Vergabe sämtlicher geistlicher Pfrün- de, Bischofssitze, Abteien und Domherrenstellen für sich. Selbst Papst Pius VI. (1775-1799), der diese Ent- scheidungen des mächtigen Habsburger-Herr- schers nicht zur Kenntnis nehmen wollte, konnte Kaiser Joseph II. von seinen Taten nicht abhalten. Sein letzter Versuch war ein einmonatiger (!) Aufenthalt vom 22. März bis 22. April 1782 in Wien, in dem es ihm lediglich gelang, bei der Er- nennung von Bischofssitzen einen Kompromiss Papst Pius VI. und Kaiser Joseph II., Wien 1782 (wienwiki) mit dem Kaiser zu erzielen. Es war dies auch der erste Besuch eines Papstes in Wien, bei dem die- Und so waren diese schmerzhaften Klosterauf- ser vermutlich sogar bei einer seiner zahlreichen hebungen und der aus den Mitteln des Verkaufs Kutschenfahrten beim damaligen Reindörfl vor- der Güter errichtete Religionsfonds als finanzielle bei gefahren ist. Voraussetzung für neue Pfarrgründungen ein Se- „Viele der Reformen von Joseph II. waren für die gen für den Ort Reindörfl. Da man sich über den Kirche schmerzlich und nachteilhaft, über die Re- Bauplatz einer neuen Kirche nicht einigen konn- gierungszeit des Kaisers hinaus. Manche erwiesen te, wurde aufgrund einer kaiserlichen Verord- sich auf weite Sicht hin als segensreich, erschei- nung von 1784 eine Kommission eingesetzt, die nen uns fast wie aus prophetischer Sicht, so teu- dann den Platz für Kirche, Pfarrhof und Schule er sie auch bisweilen aus der Opferung materiell bestimmte. Er lag in der Mitte zwischen Maria- wie geistlich wertvollster Güter ´bezahlt´ worden hilf, Penzing, Hietzing und Gumpendorf. waren. Zu dieser zählen die vielen Pfarrgründun- So erhielt Reindorf, damals von der Wiener Stadt gen. Mit Kirche und Pfarrhof ausgestattet, förder- weit entfernt, den Status einer eigenen Pfarre. ten sie die Seelsorge nicht unbeträchtlich, zumal Die Kirche, die Kaiser Joseph II. besonders wich- in den Siedlungen um die Hauptstadt herum die tig war, sollte zwischen Feldern und Weingärten Bevölkerung stark wuchs. Der heute oft gebrauch- am Hang zwischen der Anhöhe der Schmelz und 8 225 Jahre Pfarre Reindorf dem Wienfluss errichtet werden. Es war gleich- seriös erscheint, da der Kaufwert des Geldes über zeitig auch die letzte seiner zahlreichen Wiener Jahrhunderte hinweg kaum vergleichbar ist.) Pfarrgründungen. Die Bauaufsicht wurde dem Priester und ersten Im Jahre 1784 wurde der erste Plan zu einer Pfarrer Josef Urban Mayer sowie dem Verwalter kleineren Kirche eingereicht. Die Eintragung im der Herrschaft Gumpendorf übertragen. Den Gedenkbuch weiß zu berichten, dass der Kaiser Grundstein zur Kirche legte Abbé Wengler, der selbst diesen verworfen und bemerkt hätte: „In spätere Bischof von Raab. dieser Gegend werden sich noch einmal viele Men- Während des Baus erkannte man, dass die Kirche schen ansiedeln!“ für die erwartete kommende Bevölkerungsent- Im Jänner 1785 wurde ein weiterer Plan einge- wicklung zu klein sein und nur 900 Leute fassen reicht. Und mit dem Hof-Bescheid vom 21. Juli würde, sodass sie vermutlich um die Länge des 1786 wurde schließlich ein größerer Bau geneh- Presbyteriums erweitert wurde. migt. Es wurde auch ins Auge gefasst, die angren- In den weiteren Monaten geriet der Bau aus zenden Äcker als Baugründe zu veräußern, um Geldmangel jedoch ins Stocken, sodass sich die damit zu erreichen, dass bald eine neue Straße Gemeinden um finanzielle Unterstützung direkt zur neuerbauten Kirche angelegt werde. Nach an den Kaiser wandten. Dieses wurde ihnen auch Fertigstellung von Kirche und Pfarrhaus standen bewilligt, der Bau konnte fortgesetzt werden. Der diese noch inmitten eines freien Feldes. Kaiser soll sich nun persönlich einige Male über Als Baugrund dienten 2 Weingärten, deren Besit- den Baufortschritt informiert haben. zer Kurzbauer und Thomas Schild wa- Von der Gemeinde Fünfhaus wurde recht bald ren. Das Kaufgeld für den Baugrund wurde durch ein Ansuchen um Errichtung eines neuen Weges Sammlung aufgebracht. Richter Wailler aus Rein- zur Pfarrkirche gestellt. dorf war bei der Beschaffung sehr bemüht. An Spenden kamen als Eigenleistung herein: 438 Dukaten, 5840 Gulden und andere Münzsorten, Der erste Gottesdienst in der neuen Pfarre zusammen 5988 Gulden und 22 Kreuzer. Noch im Herbst 1786 versuchten die umliegen- Am 8. November 1789 war es dann endlich so- den Gemeinden Sechshaus und Fünfhaus den weit: Dechant Daßpeckgruber, Pfarrer zum Hl. Platz der neuen Kirche in letzter Minute in ihre Hieronymus, konnte die Kirche „Zur Allerhei- Ortsnähe zu verschieben, der Carmelitergrund ligsten Dreifaltigkeit“ zu Reindorf „einweihen“. war eine stark diskutierte Alternative. Jede Ge- Den Gepflogenheiten in der Zeit der Aufklärung meinde wollte Pfarrort sein. entsprechend, erfolgte diese „Inbetriebnahme“ Im Frühjahr 1787 begann man aber endlich, mit der Kirche in einer schlichten Feier. Ein zweiter kaiserlichen Befehl, mit dem Bau. Baumeister war Grund, dass die Kirche nicht konsekriert werden Herr Adelpodinger. Die Baukosten für Kirche, konnte, war die Tatsache, dass die Tischplatte des Pfarrhof (ebenerdig) und Schule betrugen 40.000 Hochaltars nicht aus einem Stück ist. Gulden. (Um 1780: 1 Gulden = etwa heutige 30- (Die eigentliche Konsekration der Kirche, sowohl 45 Euro, wobei diese Umrechnung nicht wirklich Kirch- und Altarweihe, Beginn 9 erfolgte erst fast zwei Jahrhunderte später am 1. Erste Verstorbene war: Katharina Schuchtner, März 1981 durch Erzbischof Koadjutor Dr. Franz Taglöhnerskind aus Reindorf 69, 3 Jahre alt. Jachym gleichzeitig mit der Weihe des damals Sie verstarb am 10. November 1789 an argem neu errichteten Volksaltars.) Schleimfieber (Bronchitis) und erhielt wegen der Ein Pfarrer und 2 Kooperatoren nahmen 1789 unbemittelten Verhältnisse, aus denen sie stamm- ihre Tätigkeit in der „Kirche in den Weingärten“ te, eine Gratisbeerdigung. (wie die Kirche anfänglich bezeichnet worden ist) auf. Zu diesem Zeitpunkt verzeichnete man im Jahr 150 Taufen und fast so viele Todesfälle sowie 50 Eheschließungen. Die Reindorfkirche Der erste Gottesdienst wurde am 9. November Außenmaße 1789 abgehalten. Die Baugruppe der Reindorfkirche mit Pfarr- Die ersten Eintragungen in den Matrikenbü- hof ist einer der letzten Reste des Bezirkes, die chern sind folgende: den ursprünglichen Siedlungscharakter erah- nen lässt. Die Kirche überragt kaum die in ihrer Erste Taufe: 8. November 1789 durch Kaplan Mehrheit spätgründerzeitlichen Wohnhäuser, die Ambrosius Voith, Franziskaner sie umgeben. Sie ist ein schlichter, einfacher Bau Täufling: Elisabeth. Sie war die eheliche Tochter im Stile des josephinischen Klassizismus. In der des Bandmachers Lorenz Kirmen aus Rustendorf Mitte des Giebels sitzt der Turm auf, mit einem 43 und seiner Ehefrau Katharina geb. Bayerin. Helmdach und vergoldetem Kreuz. Die Fassade Als Patin fungierte: Elisabeth Tschaunerin, Wirt- ist durch Pilaster einfach gegliedert. Der Turm stochter aus Dreihaus 42. erhebt sich 12,95 m über dem Satteldach. 33,05 Die Hebamme war Eleonore Branstäderin. m liegt die Kreuzspitze über dem Straßenniveau. 1862, nach der Kirchenerweiterung, scheiterte Erste Trauung: 8. November 1789 durch Pfarrer ein bestehender Plan zur Erhöhung des Kirchen- Josef Mayer turmes an den zu hohen Kosten. Bräutigam: Michael Putz, 25 Jahre, Fleischhauer Die Reindorfkirche ist für den Kirchenbau in in Dreihaus 43 josephinischer Zeit so typisch, dass sie für das Braut: Theresia Steinzerin, 16 Jahre, aus Drei- Austellungsplakat „Josephinische Pfarrgründun- haus 43 gen“ als Vorlage diente. Diese Ausstellung fand Beistände: Leopold Weinzettl und Josef Lembe- 1985 im Historischen Museum der Stadt Wien ristinger statt und zeigte neben Bauplänen der Reindorf- kirche auch verschiedenste Einrichtungsgegen- Erste Beerdigung: 12. November 1789 auf dem stände (Taufbrunnen, Altarmensa, Kirchenbank Schmelzer Friedhof durch Kaplan Lechner Deus- und einiges andere) sowie Fotomontagen unserer dedit, Kapuziner Altarbilder. 10 225 Jahre Pfarre Reindorf Das Pfarrgebiet um 1819 (Katasterplan): Man erkennt in Bildmitte drei markierte Gebäude: in der Mitte die Pfarr- kirche, oberhalb den Pfarrhof und unterhalb die Pfarrschule. Von den Gartenanlagen her sieht man links oberhalb der Pfarrkirche das Plankenauer Schlösschen, rechts oberhalb das Arnstein-Schloss. Links vom Plankenauer Schlösschen lagen der Gasthaus „Zum schwarzen Adler“ (ehemals Hahn-Schloss) sowie das Gasthaus „Zum braunen Hirschen“. - Nach diversen Grundstückverkaufen gehörten Reindorfkirche und Pfarrhof ab 1801 nicht mehr zu Reindorf sondern zur Ortschaft Braunhirschengrund (ursprünglich Dreihaus). Grenze war die Mitte der heutige Oelweingasse, die Pfarrschule gehörte zu Reindorf.

Reindorfkirche 11 Als Ausstellungsplakat diente eine frühe Ansicht dienst gehalten werden. Am 8. Dezember 1861 unserer Kirche. wurde der Zubau vom H.H. Dechanten Josef Das Langhaus, bis 1861 einschiffig, ist 24,10 m Weinkopf, Pfarrer von Hütteldorf, geweiht. lang und 10,85 m breit und wird durch vier Pfei- Gleichzeitig mit dem Kirchenzubau 1861, der ler gegliedert. 1807 wurde eine Turmuhr um 1481 auch Teile des Pfarrhofs ins Seitenschiff mitein- Gulden vom Uhrmacher Egidius Arzt aus den bezog, erfolgte auch ein Aufsetzen eines zweiten Spenden der fünf Gemeinden und Zuwendun- Stockes auf den Pfarrhof. Eine notwendige Trau- gen von Baron Arnstein und Henriette Barones- ungskapelle (heutige Marienkapelle) wurde 1862 se Arnstein-Pereira installiert. 1882 musste dann im kleineren Oratorium eingerichtet, da fallweise eine neue Turmuhr angeschafft werden. täglich mehrere Trauungen abgehalten wurden. Ursprünglich hatte die Kirche sechs Glocken, Hofraum und Kirchenplatz wurden gepflastert. welche in B-Dur gestimmt waren, die größte wog Wieder erwiesen sich die Gebrüder Lang als gro- 1187 kg, die kleinste 112 kg. Zwei große Glocken ße Wohltäter. und eine kleinere kamen von den Kapuzinern in Weitere bauliche Änderungen an der Kirche er- Tulln, die kleinste Glocke von den Franziskanern folgten 1882 unter dem Eindruck des furchtba- in Hainburg. ren Ringtheaterbrandes. Ein neuer Balken wurde 1861 war die Zahl der quer durch das Kirchen- Gläubigen auf über 40.000 dach zum Schutze des angestiegen, sodass die- Gewölbes über dem Pres- se teilweise außerhalb der byterium gezogen. Weiters Kirche stehend den Got- bekam der Turm einen ei- tesdiensten beiwohnen sernen Glockenstuhl. Bei- mussten. Eine Erweiterung de Oratorien wurden zur war daher dringend nötig. Stützung mit Eisenkonst- Die Pläne wurden vom ruktionen versehen. 1896 Bezirksbauamt Hietzing erfolgte der Erweiterungs- erstellt. Durch das groß- bau des Musikchores. zügige Geschenk von 5000 Gulden der Webwarenfa- 1898 wurde eine Innenre- brikanten Gebrüder Lang novierung der Kirche drin- wurde ein Erweiterungs- gend erforderlich, wie die bau ermöglicht, der auch Eintragung des Pfarrers eine neue größere Sakristei Franz Roth zeigt: „Eintö- vorsah. Baumeister Johann nige Färbelung, von Rauch Frindl von Fünfhaus führ- und Schmutz geschwängert. te die Bauarbeiten durch. Ich musste unwillkürlich an Während der Bauperiode den ärmlichen Stall in Bet- konnte ungestört Gottes- Altes Reindorfbild (Signatur: F. v. Witzlsberg) lehem denken. 12 225 Jahre Pfarre Reindorf In derselben Stunde gelobte ich es dem göttlichen 2003 wurde das Turmkreuz renoviert und neu Heiland, sobald als möglich eine schönere Woh- vergoldet sowie ein neues Kupferdach aufgezo- nung zu bieten. Ich musste mich aufs Sammeln gen. Nach den anschließenden umfangreichen verlegen und es am Ostersonntag den zahlreich Renovierungsarbeiten der Pfarrkirche von 2004 erschienenen Gläubigen verkünden. Ich fand aber bis 2006 wurde zum Abschluss auch die Oberkir- willige Herzen und offene Taschen.“ Die Summe che als Andachtsraum für alle Gläubigen wieder- der daraufhin folgenden Renovierungskosten be- hergestellt. Weihbischof Dr. Franz Scharl segnete trug 8679,07 Gulden. am 1. Oktober 2006 die um ein Drittel verkleiner- 1898 wurden auch die großen Bilder im Gewölbe te Oberkirche. Auch ein aus einer aufgelassenen in der Beziehung zur hl. Dreifaltigkeit vom Maler Kapelle bei Gablitz angekaufter kleiner Volksaltar Wilhelm Schönewolf gemalt. Im Altarraum zier- wurde aufgestellt. Den restlichen, abgeteilten Teil ten die Bilder der vier Evangelisten die Decke. des oberen Oratoriums richtete man als zweite Alle diese Deckengemälde wurden beim Bom- Sakristei ein. benangriff 1944 und dem danach eindringenden Bei diesen letzten Renovierungsarbeiten ent- Wasser stark beschädigt. Aus Kostengründen deckte man auch die vermutlich älteste Glocke. wurden sie daher bei der Renovierung nach dem Sie stand, weil sie für das elektrische Geläut nicht 2. Weltkrieg nicht ausgebessert, sondern über- geeignet ist, seitdem im hinteren Seitenschiff. Für malt. die Jubiläumsausstellung wechselte sie 2014 in Im 1. Weltkrieg mussten 1916 zwei Glocken für die Oberkirche. Kriegszwecke eingeschmolzen und 1918 das kup- 2013 musste das bereits recht schadhafte Kir- ferne Kirchendach abgetragen und abgeliefert chendach neu eingedeckt werden. Kosten: ca. werden. 1929 kamen dann neue Stahlglocken aus 185.000 Euro. Kapfenberg. 1927 wurden bei der Renovierung die errichteten Eisensäulen bei den Oratorien, die nicht gerade Inneneinrichtung der Kirche eine Zierde waren, entfernt und zur Sicherheit stärkere Unterzüge eingezogen. Die Ausstattung der Pfarrkirche stammt zum gro- Im 2. Weltkrieg fielen 1944 auch auf das Pfarrge- ßen Teil aus Klosterkirchen, die unter Kaiser Jo- biet die ersten Bomben. Zwei Drittel des Daches seph II. aufgelassen worden waren. Dennoch wir- von Kirche und Pfarrhof wurden abgedeckt, alle ken der Kirchenraum und die Einrichtung sehr Fenster gingen in Brüche, und es waren große einheitlich. Die „Second hand“-Bildwerke, wie sie Schäden zu verzeichnen. 1945 wurden Kirche auf den Seiten des Bezirksmuseums bezeichnet und Pfarrhof notdürftig mit Ziegeln gedeckt und werden, haben nämlich eine eigens für die hie- die ärgsten Schäden behoben. 1951 wurden dann sige Verwendung entworfene Umrahmung erhal- Kirchen- und Pfarrhofdach neu eingedeckt. Kos- ten. So präsentiert sich der Hochaltaraufbau seit ten: Dachdecker 13.000 ÖS, Spengler: 9.000 ÖS. der Renovierung 1975-1981 nach zwischenzeitli- Seit 1962 gibt es eine elektrische Kirchenbank- cher brauner Bemalung wieder im ursprünglich heizung. freundlichen rosa Farbton. Reindorfkirche 13 Und in derselben Farbe sind auch die beiden gro- den 1713, die Originalsignatur von Martino Al- ßen Seitenaltäre gehalten. tomonte wurde bei Renovierungsarbeiten 1927 Ursprünglich sollte die gesamte Einrichtung der gefunden. Reindorfkirche aus der aufgehobenen Franziska- Die Seitenaltäre sind von schlicht profilierten, nerkirche von Hainburg kommen, diese wurde kassettierten Rahmen gefasst, deren Zierde an- aber dann ihrer betont barocken und zu franzis- gebrachte Rosetten darstellen. Diese schlichte kanischen Formen wegen als dem Zeitgeschmack Rahmung, nur der obere Abschluss ist betont, nicht entsprechend abgelehnt. Außerdem be- entspricht der josephinischen Vorstellung und fürchtete man, dass der Hainburger Hochaltar zeigen den damaligen Zeitgeschmack. Die im beim Abbruch und Transport zu sehr beschädigt Barock üblichen Altaraufbauten fehlen. Die un- würde und daher ein Flickwerk bliebe. teren Ecken sind ergänzt, dies war durch die alte Aus Hainburg übernahm man aber die erste Rahmung notwendig. Obwohl die Bilder zweit- Reindorfer Orgel, die man dann 1835 durch ein verwendet sind, passen sie sich sehr gut dem Stil- Werk von Josef Deutschmann ersetzte, bis 1904 charakter des Kirchenraumes an. die gegenwärtige Orgel von Matthäus Mauracher Das bedeutendste Kunstwerk der Kirche ist das jun. eingebaut wurde. Hochaltarbild von Franz Anton Maulbertsch. Reindorf selbst bemühte sich um die gesamte Kir- (Eine im Budapester Museum vorhandene nahe- cheneinrichtung und -ausstattung der aufgelasse- zu deckungsgleiche Skizze des Bildes wird aller- nen Kapuzinerkirche in Tulln. Dieses Ersuchen dings dem Maler Daniel Gran zugeschrieben.) Es wurde aber abgelehnt, weil die Bettelordensein- ist 4,50 m x 2,50 m groß, wurde auch aus dem richtung für eine weltliche Pfarre zu speziell er- Kirchenfonds zugewiesen und kann aufgrund schien. Aus Tulln übernommen wurden schließ- des zugeordneten Entstehungsjahres (1788) da- lich nur drei Glocken. vor nur recht kurz (oder überhaupt nicht) in ei- Die großen Seitenaltar-Bilder (4,30 m x 2,62 m) ner aufgelassenen Klosterkirche gewesen sein. Es auf der linken Seite stammen beide aus der aufge- wurde jedenfalls der Pfarre um 250 Gulden an- hobenen und später abgetragenen Stiftskirche St. geboten. Dorothea in der Wiener Innenstadt (heute steht Ursprünglich sollte die Kirche höchstens zwei das Dorotheum auf diesem Platz). Das vordere Altäre haben (Haupt- und Speisealtar), sodass Bild stellt die Rast der Hl. Familie auf der Flucht ein Altomonte-Kunstwerk auch das Hochaltar- nach Ägypten dar. Nur der kleine Engel am lin- bild sein sollte. Erst im Oktober 1789 (einen Mo- ken Bildrand, der den kaum sichtbaren Esel an nat vor Fertigstellung) kam der Vorschlag, das der Leine hält, erinnert daran, dass sich die hei- Maulbertsch-Bild anzukaufen, wenn die anderen lige Familie auf der Flucht befindet. Da der heili- Bilder für den Hochaltar zu klein wären und die ge Josef mit Jesuskind im Mittelpunkt steht, wird Aufstellung aller drei Altäre den Kostenrahmen der Altar auch Josefsaltar genannt. nicht überschreiten würde. So kam Reindorf zu Das hintere Bild zeigt den heiligen Antonius auf seinem Maulbertsch-Gemälde. Das hiesige Al- einem Felsen stehend bei der Predigt, besonders tarbild ist eine der schönsten Dreifaltigkeitsdar- kontrastvoll im Lichteffekt. Die Bilder entstan- stellungen. 14 225 Jahre Pfarre Reindorf 1 Hochaltar „Zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit“, 2 Volksaltar, 3 Mariazeller Altar, 4 Josefsaltar, 5 Antoniusaltar, 6 Herz-Jesu-Altar, 7 Fatima- Statue und Hl. Mutter Teresa (seit 2016), 8 Hl. Klemens M. Hofbauer, 9 Glocke (seit Okt. 2014 in der Oberkirche), 10 Hl. Corona, 11 Hl. Thé- rèse von Lisieux, 12 Hl. Apostel Judas Thaddäus, 13 Hl. Antonius, 14 Hl. Nepomuk, 15 Schwarze Madonna, 16 Hl. Franz von Assisi, 17 Hl. Papst Johannes Paul II., 18 Reindorfer Pietá, 19 Sel. Anton Maria Schwartz, 20 Ambo, 21 Taufbrun- nen u. Hl. Öle, 22 Kreuz, 23 Sakristei-Eingang, 24 Aufgang zum Chorraum (Orgel) Reindorfkirche 15 Das Altarbild kommt besonders bei guter natür- der Heilige Geist in Gestalt der Taube darüber licher und auch bei künstlicher Beleuchtung in schwebt. seinen Farben zur Geltung. Eindrucksvoll emp- 1927 wurde es im Zuge einer Restaurierung wie- fängt Gott Vater mit ausgebreitetem Arm den der in seinen Originalzustand versetzt, da drei himmelwärts fahrenden Menschensohn während Viertel des Bildes durch eine frühere Überma-

links: Antoniusaltar (mit den 1989 entwendeten Statuen: Hl. Rochus und Hl. Severin); rechts oben: Josefsaltar mit Kanzel rechts unten: Kirchenschiff ohne Hochaltarbild, das damals auf einer Maulbertsch-Ausstellung war (1974) 16 225 Jahre Pfarre Reindorf lung zugedeckt waren. Drei Engelchen und alle derzug herunter gelassen werden und mit der Draperien (Faltenwürfe) waren übermalt. Monstranz wieder in die Höhe fahren, dies war Das Bild war damals durch verschiedenste Be- lange Zeit ein eindrucksvolles Schauspiel. Auch schädigungen in größter Gefahr. ein neues Kommuniongitter durch den Kunst- Nach einer weiteren sorgfältigen Restaurierung schlosser Alois Lopauer aus der Dreihausgasse wurde das Bild als eines der schönsten und reifs- wurde angeschafft. Es erfolgte die Segnung des ten Schöpfungen des großen österreichischen neuen Hochaltars. Barockmalers bei der 1974 stattgefundenen Die Kanzel stammte aus der Bergkirche von Großausstellung über ihn und sein Schaffen in Mauerbach. 1834 wurde diese durch eine neue der Piaristenkirche Maria Treu in der Josefstadt ersetzt. Die Kirchenstühle, mit schönen Schnit- gezeigt. zereien an den Seitenteilen, eine Arbeit aus der Auch die beiden Seitenaltarbilder wurden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, stammen aus Zeit der Kirchenerbauung einer gründlichen der Augustinerkirche Bruck an der Leitha. Auch „Verbesserung“ unterzogen. Im Bestreben nach nach den letzten Kirchenrenovierungen blieben größerer Ruhe, wurde der Himmel eintönig blau die alten Seitenteile erhalten. gefärbelt, Engelchen zum Teil übermalt, ande- Durch Wohltäter wurden mehrere Nebenaltäre re „besser“ eingekleidet. Nun erstrahlen nach errichtet: 1832 Hl. Barbara, 1833 Kreuzabnahme. gründlicher Restaurierung in den 1970er Jahren Diese beiden Altarblätter sind total vernichtet. auch diese beiden Kunstwerke nahezu im Origi- Von einem, nach Aufzeichnungen 1838 neu er- nalzustand. richteten Franz Xaver-Altar, fehlt jede Spur. Die Während des 2. Weltkriegs wurden alle drei schönen, barocken Kreuzwegbilder widmeten großen Bilder abgenommen, aufgerollt und im 1844 zwei namentlich genannte Wohltäter der Stephansdom in Verwahrung genommen. Trotz Kirche. schwerster Schäden des Domes sind sie wie durch Durch den späteren Zubau des Seitenschiffs 1861 ein Wunder wohlbehalten zurückgekehrt. wurde der geschlossene Raumeindruck der abso- Der gesamte Hochaltar stammte ursprünglich luten Symmetrie gestört. Dennoch konzentriert von den Wiener Barnabiten. Der Aufsatz aus sich der Blick der Gläubigen heute ganz auf das Holz mit den zwei großen knienden Engeln ist liturgische Geschehen im Altarraum, vor allem noch davon erhalten geblieben. Der Altartisch seit der Seitenschiffeingang am Kirchenplatz wurde 1906 durch eine neue freistehende Men- nicht mehr geöffnet wird. sa aus Marmor mit vier Mosaikbildern und an- Kirchenbänke und Sakristeikästen für den Zubau tiken Säulchen ersetzt. Klassizistische Teile wer- wurden 1862 von der Altlerchenfelder Kirche er- den beim neuen Altar miteinbezogen. Zwischen standen. Bei der Kirchenrenovierung Anfang des Säulen schmücken Glasmosaike mit Cherubinen 3. Jahrtausends wurde die Sakristei neu gestaltet, den Altar. Der hölzerne Aufbau und die beiden die alten Kästen stehen seitdem in der oberen anbetenden Engel an der Seite stammen vom ur- Sakristei. Die ursprünglichen Seitenaltarbilder sprünglichen Altar. Das von anbetenden Engeln auf der Nordseite stammten von Johann Michael gehaltene Aussetzungspodest konnte mittels Fe- Rottmayr. Reindorfkirche 17 Die früheren Seitenaltarbilder waren analog zu Wenn das Kircheninnere heute aus Sicherheits- den auf der linken Seite hängenden Altomonte- gründen tagsüber verschlossen ist, kommen den- Bildern angebracht. Sie wurden beim erfolgten noch viele Menschen auf einen Sprung in den Zubau 1861 entfernt und sind verschollen. Ein Vorraum der Kirche und sprechen ihr Gebet bei Ölgemälde des Hl. Johannes Nepomuk, das man dem Bild der „Schwarzen Madonna“ von Tschen- räumlich nicht mehr zuordnen kann, blieb erhal- stochau, das von den Marktfrauen des Schwen- ten. Es wurde restauriert und hängt nun im Sei- dermarkts gestiftet worden ist. tenschiff beim vorderen Kirchenausgang. Erwähnt werden sollten auch die unterschiedli- Ein Muttergottesaltar wurde nach Zeichnungen chen Altar-Ikonen, die je nach Aktualität des Kir- des berühmten Baumeisters Friedrich Schmidt chenjahres vor dem Volksaltar stehen. von der Bildhauerwerkstätte Holzmann und Auf Initiative von Dr. Herbert Madinger kam in Dorch in Gaudenzdorf um 600 Gulden herge- den 1970er Jahren eine Kopie der Fatima-Mutter- stellt. Ursprünglich war dieser der Hauptaltar des Seitenschiffs, heute steht er im großen Oratorium (in der Oberkirche). 1929 wurde auf Initiative des Mariazeller Vereins ein neuer Mariazeller Altar mit einer aus der Pfarre Schwechat stammenden Nachbildung der Mariazeller Gnadenstatue er- richtet. Diese Statue wurde in Mariazell geweiht und ziert seit der Altarweihe durch Kardinal Piffl den Mariazeller Altar von Reindorf. Die frühere Reindorfer Mariazeller-Muttergottes-Statue (sie stand auf einem Seitenaltar, später im Vereinslo- kal) ist heute im Sekretariat der Pfarre. 2004, zum 75jährigen Bestehen des Mariazeller Altars, er- folgte eine gründliche Restaurierung. Auch eine neue Heizung wurde bei den Bänken vor dem Altar installiert. Dringend notwendig war auch ein Trauungs- altar im kleinen Oratorium. Kardinal Fürsterz- bischof Josef Othmar von Rauscher stiftete für diese neue Kapelle 1862 eine Kopie von Raffa- els Tafelbild „Vermählung Mariens“. Die Kapelle wurde mehrmals umgebaut und dient heute als Andachtsraum sowie als Ausweichquartier der Wochentagsmessen in den Wintermonaten. In dem schlichten Raum steht heute auch eine Rosa Mariazeller Muttergottes im Pfarrhof stehend Mystica-Statue. nach ihrer Segnung in Mariazell (1929) 18 225 Jahre Pfarre Reindorf gottes nach Reindorf. rischen Volksaltars wurde der heutige Steinaltar Sie wurde in Fatima und der aus gleichem Material bestehende Ambo bestellt und dann im errichtet und am 1. März 1981 von Erzbischof Rahmen eines fest- Koadjutor Dr. Franz Jachym konsekriert. Dieser lichen Empfanges Tag gilt seither als eigentlicher (später) Weihetag vorerst beim Ambo der Pfarrkirche. Der Volksaltar enthält Reliqui- aufgestellt. en des Hl. Leopold (Landespatron) und des Hl. Später bekam die Fa- Klemens Maria Hofbauer (Stadtpatron). Auch die tima-Statue vor dem Kommuniongitter beim Hoch- und Mariazeller- nunmehr geschlos- Altar wurden abgebaut. senen Seiteneingang Weitreichende Änderungen des Altarraumes der Kirche ihren mit Abbau des Altartisches und Umbau des dort eigenen würdigen befindlichen Tabernakels, wie man sie in vielen Platz. anderen Pfarren heute vorfindet, waren geplant (siehe Zeichnung). Trotz intensiver Bemühungen Eine große Verän- reformfreudiger Pfarrverantwortlicher gab es da- derung des Altar- für bei Pfarrer Nowotny keine Zustimmung. raumes brachten die Konzilsumsetzungen nach dem II. Vatika- nischen Konzil mit sich. Nach der kurzen Zeit eines proviso-

li oben: Reindorfer Fatima-Statue (1970er Jahre); li. unten: Mariazeller Altar mit Votivtafeln (1960er Jahre); rechts: Plan zur Neugestaltung des Altarraums (nicht umgesetzt) Reindorfkirche 19 Das Erscheinungsbild des Innenraums der Pfarr- gemeinderätin Inge Opitz schuf um die Jahrtau- kirche ist dadurch in den 225 Jahren ihres Beste- sendwende zwei moderne Bilder vom Hl. Kle- hens weitgehend unverändert geblieben. mens Maria Hofbauer (2001) und vom Sel. Pater Immer wieder gab es leider auch Diebstähle in Anton Maria Schwartz (1999. Von letzterem gibt der Pfarrkirche. Betroffen waren dabei im Jahre es seit 2002 unterhalb des Gemäldes einen Reli- 1989 auch die beiden holzgeschnitzten Heiligen- quienschrein. In den großen Abbildungen dieser statuen am Antoniusaltar (Hl. Rochus und Hl. für unsere Stadt bedeutenden Kirchenmänner Severin), die zu Beginn des 3. Jahrtausends durch hat die Malerin auch Stationen aus deren Leben Statuen des Hl. Vinzenz von Paul und des Hl. Pa- abgebildet. ter Pio ersetzt wurden. Auch bei der letzten Innenrenovierung 2004- Die akademische Malerin und langjährige Pfarr- 2006 kam es zu einigen Veränderungen. So wur- de die Beleuchtung im gesamten Kirchenbereich neu gestaltet, der Fuß des Taufbrunnens erneuert, ein Schrein zur Aufbewahrung der hl. Öle neu ge- schaffen und das große Kreuz zum Altarraum hin versetzt.

links: Hl. Klemens Maria Hofbauer (2001); rechts: Reindorf im Jubiläumsjahr 2014 20 225 Jahre Pfarre Reindorf Im großen Oratorium (Oberkirche) hängen seit Kind auf dem linken Arm haltend. 2006 zwei große und sieben kleine Ikonen. Die Seit dem Pfarrjubiläum im Herbst 2014 gibt es Ikonen sind aus der Malschule des Erzpriesters auch ein großes Portrait vom Hl. Papst Johan- der russisch-orthodoxen Kirche in Wien, Vater nes Paul II., gemalt von der polnischen Malerin Chrysostomos Pijnenburg. Sie wurden der Pfar- Magdalena Janiczko. Die Künstlerin zeigt Johan- re von der Reindorfer Ikonenschreiberin Trau- nes Paul II. vor dem Wiener Stephansdom, den de Kos geschenkt. Die eine große Ikone zeigt der Papst während seiner drei Wien-Aufenthalte „Christus Pantokrator“, den Weltenherrscher und (1983, 1988, 1998) zweimal besuchte. ist in ihrer Ganzheit ein Zwillingsbild zur Ikone „Gottesmutter Hodegetria“, die Wegweisende, das

links: Ikone Gottesmutter Hodegetria (2006); re. oben: Bild Hl. Papst Johannes Paul II. (Skizze, 2014); re. unten: Seitenschiff mit Beichtstühlen (1974) Reindorfkirche 21 Bollwerk in den Kriegen gegeben werden) stark geschwächt. Allein bei der Schlacht von Wagram gab es auf österreichischer Dass Freude und Leid im menschlichen Leben Seite rund 23.750 Tote oder Verwundete, 10.000 sehr eng beieinander liegen, musste auch die Vermisste und 7.500 Gefangene, die französische neu gegründete Pfarre bald erfahren. Mitten in Bilanz lautete ähnlich, rund 27.500 getötet oder den Anfangsjahren gab es bald die ersten großen verwundet, 10.000 vermisst oder gefangen. Kriege zu überstehen, die aber auch dazu geführt Die Gemeinde Reindorf war in diesen Jahren haben, dass durch große Not die neue Pfarre be- besonders in Mitleidenschaft gezogen. Französi- sonders schnell akzeptiert und zusammen ge- sche Truppen waren einquartiert und viele Vor- wachsen ist. spannfuhren waren zu leisten. Bei der französi- schen Invasion 1809 soll die Kirche viele ihrer Habseligkeiten verloren haben. Ein aktenmäßi- Franzosenkriege ger Beleg für angebliche Kirchenschändungen ist allerdings nicht erbringbar. Nachdem Österreich mit Schweden dem Bünd- Im pfarrlichen Gedenkbuch finden sich unter nis mit Russland und Großbritannien beigetre- den Denkwürdigkeiten folgende Eintragungen: ten war, erklärte Frankreich am 23. September 1805 Österreich den Krieg. Die Zeit der Fran- Ein französischer Soldat versuchte den Tabernakel zosenkriege begann, erreichte bald auch Wien der Reindorfkirche zu erbrechen und zu berauben, und somit auch Reindorf. Nach der gewonnenen wurde aber auf den Stufen des Altars von einem Schlacht bei Ulm zog Napoleon am 14. Novem- französischen General niedergesäbelt. ber 1805 zum ersten Mal in Wien ein und bezog Am 17. Oktober 1809 um 7 Uhr wurde ein 18jäh- zwei Monate Quartier in Schönbrunn. Einquar- riger Mann namens Friedrich Staps aus Naum- tierung und Verpflegung der Truppen, Teuerung, burg hinter der Oesterlein‘schen Gewehrfabrik Hungersnot und Krankheiten waren die Folgen beim Carmelitenhof (heute Mariahilfer Straße für die Wiener. Nach der Dreikaiserschlacht von 170) hingerichtet. Es war der Sohn eines evange- Austerlitz (2. Dezember 1805) trafen auch noch lischen Predigers in Erfurt und wurde fünf Tage unzählige Verwundete in der Stadt ein. Trotz Ar- vorher mit einem Küchenmesser bei einer Parade mut und Raumnot wurden Freund und Feind in Schönbrunn ertappt. Er gab bei seinem Verhör gleichermaßen versorgt. Reindorf veranstaltete an, Napoleon Bonaparte ermorden zu wollen, um Wohltätigkeitsveranstaltungen. Deutschland von diesem Tyrannen zu befreien. 1808 bereitete Österreich neuerlich einen Krieg gegen Napoleon vor. Nach anfänglichen Erfol- Die Tellgasse erinnert an den Tischler Peter Tell, gen, u.a. durch Andreas Hofer in Tirol und später der als Anführer des Bürgermilitärs erschossen in Aspern, musste sich Österreich in der Schlacht wurde, nach einem Streit mit einem Franzosen, bei Wagram Napoleon erneut geschlagen geben. als dessen Säbel in Brüche ging. Im Frieden von Schönbrunn wurde das Land 1809 hatte Reindorf, neben den durchziehenden durch territoriale Verluste (Salzburg musste ab- Regimentern auch vier französische Soldaten 22 225 Jahre Pfarre Reindorf Fünftel herabgesetzt. Viele Wohlhabende, aber auch Handwerker und Gewerbetreibende wur- den an den Bettelstab gebracht. Noch Mitten in dieser Not gab es dann, zumin- dest für einige, auch wieder positive Nachrichten: Die Hochzeit der Kaisertochter Marie Louise von Österreich mit Napoleon in dessen Abwesen- heit war das gesellschaftliche Ereignis des Jahres 1810. (Erzherzog Karl vertrat den Bräutigam.) Am 13. März hatten die Bewohner Gelegenheit den prächtigen Hochzeitszug der Kaisertochter auf seiner Reise nach Frankreich zu bestaunen. Von Schönbrunn ab fuhren 83 Kutschen, 454 Zug- und 8 Reitpferde. Die Gemeinden mussten bis Purkersdorf Pferde beistellen. Neben der Not der Kriegs- und Nachkriegsjah- re, in denen auch die Kriminalität stieg und in der es auf den Straßen in der Nacht wegen feh- lender Beleuchtung recht unheimlich war, traten auch Seuchen und Krankheiten auf. 1832 kam es zu einer Choleraepidemie, nachdem die vor- her aufgetretene Ruhr erloschen war. Notspitäler Zeitungsausschnitt aus dem „Kuckuck“ (Nr 40/1932), wurden eingerichtet und auf der Schmelz wurde einer Illustrierten, die von 1929 bis 1934 erschien ein eigener Cholerafriedhof angelegt. Anfänglich waren wegen der Seuchengefahr dort öffentliche Begräbnisse untersagt. Der Reindorfer Bürger- vier Wochen lang vollständig zu verpflegen. Diese meister Josef Selzer griff ordnend, helfend und hatten für Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung aufklärend ein. Er bekam für sein vorbildliches und Sicherheit der Gemeinde zu sorgen. Der Tun das goldene Verdienstkreuz. ansässige Schuster Louis Scheffer fungierte als Durch schlechte Ernten stiegen die Lebensmit- Dolmetsch, wofür er von der Gemeinde Verkös- telpreise, besonders Brot wurde teurer. Es kam tigung und täglich einen Gulden bekam. Die Ge- infolge der Notlage 1846 in Braunhirschen und meinde hatte auch Pferde und Wagen für die Ent- Rustendorf zu Plünderungen. Viele Seidenweber, scheidungsschlacht in der Lobau zu stellen. Auch besonders in Braunhirschen, waren durch Ein- für Kriegskosten war zu bezahlen, hohe Steuern führung neuer Maschinen und durch Engpässe wurden eingehoben, weiters waren Robot und bei Rohseidenimporten, um ihren Arbeitsplatz Zehent zu leisten. Bei der Geldentwertung um gekommen. Die Armut wurde immer drückender 1811 wurde die österreichische Währung auf ein und führte ins Revolutionsjahr 1848. Bollwerk in den kriegen 23 Märzrevolution 1848 missariat Sechshaus verwüstet, das darin in Haft befindliche Gesindel unter dem Jubel der Menge Im Vielvölkerstaat Österreich wurde die Monar- befreit. chie nicht nur von heftigen Aufständen im Zen- Zu Plünderungen kam es ebenso beim verdienst- trum Wien selbst, sondern auch von weiteren vollen Arzt der Armen Dr. Avedik, den Bäcker- revolutionären Unruhen bedroht, so etwa in Böh- meistern Straubinger und Reisinger in Braunhir- men, in Ungarn und in Oberitalien. Der Unmut schen. in Österreich gegen das politische System und Die aufgebrachte Menge zog sodann gegen Rein- die Forderungen der Revolutionäre nach einer dorf, in der Absicht die dortige Kirche und den konstitutionellen Umwandlung der Monarchie Pfarrhof anzuzünden. Beim Schwenderischen und nach Verfassungen für die österreichischen Kasino stellte sich ihr der erste Widerstand ent- Länder wurden Anfang März in der Ständever- gegen, Richter Illek vom Braunhirschengrund sammlung ausgedrückt und forderte danach die und viele unerschrockene Bürger. Scharnek, ein ersten Todesopfer. Bürger vom Braunhirschengrund, war Anfüh- Schließlich brach am 13. März 1848 die Revoluti- rer der mutigen Schar, die das Ärgste verhindern on in Österreich aus. Dem Sturm auf das Stände- konnte. Die revoltierende Menge wurde abge- haus folgten Anschläge von Sozialrevolutionären drängt, die Unruhen dauerten jedoch an, ebenso gegen Läden und Fabriken in den Wiener Vor- die Plünderungen. städten. Auf wiederholte Bitten und wegen einer eventu- Vom 13. auf den 14. März gab es Tumulte in der ellen Bedrohung Schönbrunns wurde endlich In- Stadt, bei denen es eine Anzahl Toter gab. Eine fanterie entsandt. In der Reindorfgasse (damals randalierende Menschenmasse zog darauf- Kirchengasse) kam es wegen anhaltender Plün- hin über die Mariahilfer Linie gegen Fünfhaus, derungen zum Einsatz von Feuerwaffen, bei dem Sechshaus und Reindorf. Das Linienamt bei der es eine Anzahl Toter gab. Nach Angabe der Mo- Mariahilfer Linie ging in Flammen auf. Es folg- natsschrift „Alt Wien“ VII., S. 50 wurden 9 Per- ten Plünderungen von Geschäften und Wirts- sonen (darunter 3 Frauen) aus den hiesigen und häusern. In weiterer Folge kam es zur Zerstörung weitere 7 Personen aus den umliegenden Orten der Maschinen in den großen Druck- und Web- getötet, wobei auch Unschuldige und Neugierige fabriken und in der Branntweinbrennerei Fried- unter den Opfern gewesen sein dürften. mann in der Oelweingasse. Die Maschinen, die Am Abend des 13. März 1848 trat der inzwischen als Ursache der Arbeitslosigkeit galten, waren 74-jährige Staatskanzler Fürst Metternich, die bei den brotlos gewordenen Arbeitern ein Ge- verhasste Symbolfigur der Restauration, zurück genstand tiefsten Hasses geworden. Am Morgen und floh nach England. Am 15. März 1848 mach- des 14. März erstürmte der Pöbel das herrschaft- te Kaiser Ferdinand I. erste Zugeständnisse. Er liche Amtsgebäude des Braunhirschengrundes. versprach die Abschaffung der Zensur und eine Es wurde demoliert, Schriften, Möbel und Akten Staatsverfassung. verbrannt, der Verwalter und seine Familie zur Die Märzgefallenen wurden am Schmelzer Fried- Flucht getrieben. Weiters wurde das Polizeikom- hof bestattet. 24 225 Jahre Pfarre Reindorf Ein Erinnerungsmal wurde über den Grabstät- des Grafen Jellacio, Reindorf und die benachbar- ten errichtet. Bei der Auflassung des Schmelzer ten Ortschaften, um am 28. bei der Rückerobe- Friedhofes wurden die Gebeine auf den Zentral- rung der Vorstädte und am 31. Oktober bei der friedhof umgebettet und das Denkmal dort wie- Erstürmung des Burgtores mitzuwirken. Rund dererrichtet. 2000 Aufständische waren gefallen. Der Kaiser Zum Schutze der friedliebenden Bevölkerung war wieder in Wien. wurde über Anregung von Johann Meisel, spä- Am 17. März 1849 hörte vorübergehend die terer Kanzleidirektor, Bevormundung ein Bataillon Infan- der Ortschaften terie im Amtshaus durch die Grund- von Braunhirschen herrschaft auf. Die untergebracht. Zur Grundlage des frei- Herstellung von Ruhe en Staates bilde- und Ordnung wurde ten nunmehr freie die Nationalgarde ins Gemeinden. Das Leben gerufen. vollziehende Organ Verhältnismäßig ru- war der Gemeinde- higer verlief in Rein- ausschuss mit dem dorf die dramatische Bürgermeister. Der „Wiener Oktober- Ausschuss wurde revolution“. Als am von den Gemeinde- 6. Oktober 1848 von bürgern (Besitzer) Wien aus kaiserli- Schmelzer Friedhof (1909), Aquarell von Dir. Alfred Beier und einem Teil der che österreichische Ortsangehörigen Truppen gegen das aufständische Ungarn ziehen gewählt, die nach der Höhe ihrer Steuerleistung sollten, versuchten die mit den Ungarn sympathi- in unseren Dörfern 3 Wahlkörper bildeten. Die sierenden Wiener Arbeiter, Studenten und meu- erste Wahl fand am 15. Juni 1850 statt, die Be- ternde Truppen den Abmarsch zu verhindern. teiligung war aber gering. Unter den Gewählten Es kam zu Straßenkämpfen, wobei selbst im Ste- befanden sich die Reindorfer Bürger Josef Sel- phansdom Blut vergossen wurde. Vom Turm der zer und Jakob Schellinger. Bald nach der Wahl Reindorfer Kirche ertönte unausgesetzt das Läu- mussten Bürgermeister und Gemeinderäte in der ten der Sturmglocken. Diese riefen gemeinsam Pfarrkirche ihren Eid ablegen. Am Abend dessel- mit Trommelwirbel die Garden aller Gemeinden ben Tages brannten in den Fenstern aller Häuser an ihre Sammelplätze, von wo aus sie in die Stadt Kerzen und auf den umliegenden Höhen Freu- zogen. Letztlich musste Kaiser Ferdinand am 7. denfeuer. In der Folge ließ die Gemeinde Rein- Oktober nach Olmütz fliehen. dorf sogar ein neues Amtshaus bauen, wozu sie Am Morgen des 11. Oktobers durchzogen die von der Freifrau Pereira Arnstein den Baugrund „Rotmäntler“, kaisertreue kroatische Truppen erwarb. Bollwerk in den kriegen 25 Später wurden diese Grundrechte wieder aufge- 1. Weltkrieg hoben, die Ortsvorsteher und höheren Beamten wurden wieder von der Regierung ernannt. Die Ermordung des österreichisch-ungarischen In ganz Österreich gingen diese erreichten Er- Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand in Sa- rungenschaften der Märzrevolution zum größ- rajewo am 28. Juni. 1914 veranlasste Österreich- ten Teil verloren und das Land trat danach in Ungarn zu einem Ultimatum an Serbien. Dabei die Phase des Neoabsolutismus ein. Ein bleiben- wurde die Mitwirkung Österreichs an den Er- des Element von zahlreichen beschlossenen und mittlungen gegen die Hintermänner gefordert. wieder aufgehobenen Verfassungsentwürfen der Die serbische Antwort wurde als unbefriedigend Revolutionsjahre war die beschlossene formelle betrachtet und führte am 28. Juli 1914 zur Kriegs- Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Zumin- erklärung an Serbien und in weiterer Folge zum dest in Österreichs Kronländern hatte die Revo- 1. Weltkrieg. lution hingegen eine Landreform, die Bauernbe- freiung und wirtschaftlich die Durchsetzung des Kapitalismus im Königreich Ungarn zur Folge. Nachdem der junge Kaiser Franz Joseph I. im Fe- bruar 1853 nur knapp ein Messer-Attentat über- lebt hatte, wurde als Dank für die Errettung nicht nur die Votivkirche erbaut. Die fünf Gemeinden der Pfarre Reindorf spendeten aus diesem Anlass der Pfarre ein wertvolles Ziborium mit eingefüg- ter Gravur. Ein großer Teil der Ortsangehörigen erkrank- te 1854 durch verseuchtes Trinkwasser aus den Hausbrunnen. Die Verschmutzung des Wienflus- ses war besorgniserregend, ebenso ließ die Mist- beseitigung zu wünschen übrig. Politisch war schon Ende des 19. Jahrhunderts der Untergang der Monarchie immer deutlicher spürbar. Eines dieser Ereignisse war am 10. Sep- Durch den Krieg wurde die Lage 1915 auch in tember 1898 die Ermordung der Kaiserin Elisa- Reindorf immer schwieriger. Lebensmittelkarten beth in Genf. Die Pfarrchronik berichtet dazu: wurden eingeführt, zuerst wurde das Brot ratio- „Ganz Wien - ein großes Trauerhaus - jedes Haus niert. hat eine Trauerfahne ausgehängt.“ Am 20. und Der Tod Kaiser Franz Josephs I. am 21. November 22. September fanden Trauergottesdienste in der 1916 zeigte sehr bald, dass mit dem Verschwin- Pfarrkirche statt, an denen die Schuljugend und den dieser Symbolfigur auch die Bindung der Be- viele Gläubige teilnahmen. völkerung an die Monarchie schwächer wurde. In Reindorf gab es einen Trauergottesdienst. 26 225 Jahre Pfarre Reindorf Seinem Nachfolger Kaiser Karl I. ge- der „Republik Deutsch-Österreich“ lang es nicht mehr die innenpoliti- vor dem Parlament in Wien (ab schen und wirtschaftlichen Schwie- 1919 „Republik Österreich“). Im rigkeiten zu lösen und den Krieg trotz nunmehr übrig gebliebenen Klein- zahlreicher Friedensbemühungen zu staat waren von Anfang an die beenden. Die Notlage der Bevölkerung schwierig bleibende wirtschaftliche verstärkte sich zunehmend. Die zwei Lage sowie die wachsende politi- großen Glocken der Kirche mussten sche Radikalisierung und Polari- abgenommen werden und wurden für sierung zwischen den politischen Kriegszwecke eingeschmolzen. Lagern bald Nährboden für neue Am 18. November 1917 fand ein Gewalt. Der Justizpalastbrand 1927 Dankgottesdienst für die Errettung läutete das Ende der Ersten Repub- des Kaisers aus großer Lebensgefahr lik ein. Verstärkt wurde alles durch in den Fluten des Isonzo statt. Am 25. die Auslösung der Weltwirtschafts- November wurden Bitttage für den Älteste Glocke (1740), ge- krise am „schwarzen Freitag“, den naue Geschichte unbekannt Frieden abgehalten. Am 23. Juli 1918 25. Oktober 1929. Durch das Unter- musste das kupferne Kirchendach ab- stützungswerk „Winterhilfe“ konn- getragen und abgeliefert werden. Ein Notdach ten in Reindorf täglich 60-70 warme Mittagessen wurde errichtet. Große Not und schlechte Ver- an Bedürftige ausgegeben werden. sorgung der Bevölkerung. Am 4. November 1918 gab es den letzten Kaisergottesdienst. Der 1. Weltkrieg stellte, was die Anzahl der Op- Februarrevolution, fer, der Toten und der Verwundeten betraf, alles Bürgerkrieg 1934 bis dahin Gekannte in den Schatten. Der Krieg forderte unter den Soldaten 9-10 Millionen To- Nach der Selbstausschaltung des Parlaments und desopfer und etwa 20 Millionen Verwundete. Die dem Verbot der NSDAP sowie der kommunis- Anzahl der zivilen Opfer wird auf weitere 7 Mil- tischen Partei folgte ein dreitägiger Bürgerkrieg lionen geschätzt. Österreich-Ungarn bot zirka 7,8 im Februar 1934, in dem auf beiden Seiten, der Millionen Soldaten auf, von denen 1,5 Millionen christlich-sozialen regierungstreuen Heimwehr den Krieg nicht überlebten. Unter den Opfern und des bereits verbotenen sozialdemokrati- befanden sich zahlreiche schwerst-verwundete schen oppositionellen Schutzbundes, blutige Ver- Invalide und mitunter bis zur Unkenntlichkeit luste zu beklagen waren. Schuldfragen sollen hier entstellte Todesopfer. Viele Soldaten starben auch nicht diskutiert werden, sie werden bis heute äu- noch nach dem Ende des Krieges an den Fol- ßerst unterschiedlich bewertet. gen ihrer Verwundungen, sowie an chronischen Pfarrer Georg Aiden schreibt in der Chronik: Krankheiten, die sie im Laufe des Krieges befal- „Kaum war nach den traurigen Februartagen et- len hatten. was Ruhe eingetreten, kam es wie ein Blitz aus hei- Am 12. November 1918 erfolgte die Ausrufung terem Himmel am 25. Juli 1934 zum Putschversuch Bollwerk in den kriegen 27 der Nationalsozialisten, dem das Leben unseres ge- 1938 Anschluss an Hitlerdeutschland liebten Kanzlers Dr. Engelbert Dollfuß (durch eine Schussverletzung) zum Opfer fiel. Die Putschisten Am 12./13. März 1938 erfolgten das Ende der Ei- nahmen Besitz von der Ravag (Österreichs Ra- genständigkeit Österreichs und der Anschluss an diosender). Mittags wurde (fälschlich) verkündet, das Deutsche Reich durch die Machtübernahme Kanzler Dollfuß sei zurückgetreten, Dr. Rintelen der österreichischen Nationalsozialisten, wel- übernehme die Bildung der neuen Regierung.“ che die bisherige Spitze des Staates absetzte. Am Der NS-Putsch als solcher war missglückt und 15. März 1938 kam es zum historischen Auftritt über Wunsch des Sterbenden übernahm Dr. Kurt Adolf Hitlers auf dem Wiener Heldenplatz vor Schuschnigg das Kanzleramt. hunderttausenden Zuhörern. Große Anforderungen an die Pfarre stellte in die- Eine der ersten Maßnahmen der neuen Macht- sem Jahr die Winterhilfe dar. Die Zahl der Ar- haber betraf auch die Schließung des über 100 men und Arbeitslosen stieg nun erschreckend. Jahre bewährten Pfarrkindergartens in der Her- Zugleich wurden die Beträge der Spender immer klotzgasse. Dieser wurde vom Stadtschulrat ohne geringer. Es wurde trotzdem versucht zu helfen, Angabe von Gründen geschlossen. wo es nur ging. Am 9. November 1938, in der sogenannten Nach der Februarrevolution, dem tragischen „Reichskristallnacht“, wurden im ganzen Land Bürgerkrieg, der Ausschaltung der Demokratie jüdische Gotteshäuser und Gebetsstätten über- in Österreich mit Verbot aller Parteien setzte eine fallen, angezündet oder zerstört, allein in Wien 92 stärkere Rückkehrbewegung zur katholischen Synagogen. Auch der in unserer Pfarre gelegene Kirche ein. Es wurden in Reindorf 521 Wieder- Storchentempel in der Storchengasse 21 wurde aufnahmen registriert, nur 36 Personen verließen gestürmt und verwüstet, aber nicht in Brand ge- die Gemeinschaft der Kirche. Diese Rückkehrbe- steckt, da man vermutlich so wie beim Stadttem- wegung setzte sich in der Folge in abgeschwäch- pel Angst vor einem Übergreifen der Flammen ter Form fort. Leider war diese Entwicklung nur auf die benachbarten Wohnhäuser hatte. zu geringem Teil auf echte Überzeugung und Bekehrung zurückzuführen, sondern meist die Folge des nunmehrigen autoritären politischen Kurses, wo es weniger opportun war, sich als konfessionslos zu bekennen. Der von Bundeskanzler Schuschnigg im März 1938 unternommene Versuch, die sozialdemo- kratische Arbeiterschaft Wiens gegen die Natio- nalsozialisten zu mobilisieren scheiterte. Er kam offensichtlich viel zu spät wie auch der Beschluss der Sozialisten, die Regierung gegen Hitler zu unterstützen. Skizze des Storchentempels

28 225 Jahre Pfarre Reindorf Vom Giebel wurden der Davidstern und die Ge- gen ging völlig in Flammen auf. setzestafeln entfernt. Der Tempel war ursprüng- Nach dem Anschluss wurden auch immer häu- lich ein Bet- und Vortragshaus (genannt „Stor- figer jüdische Geschäfte beschmiert und geplün- chenschul“) und wurde 1930 umgebaut. Heute dert und schließlich die ersten jüdischen Mitbür- befindet sich an diesem Haus eine Gedenktafel. ger deportiert. Der damals nicht mehr im Pfarrgebiet befindli- che mächtige Tempel in der Turnergasse hinge- 2. Weltkrieg

Am 1. September 1939 begann mit dem Über- fall von Hitler auf Polen der Zweite Weltkrieg. Der bis 1945 währende globale Krieg stellt den bislang größten militärischen Konflikt in der Ge- schichte der Menschheit dar. Direkt oder indirekt waren über 60 Staaten am Krieg beteiligt, über 110 Millionen Menschen standen unter Waffen. Die Zahl der Kriegstoten lag zwischen 60 und 70 Millionen. Gekennzeichnet wurde der Kon- flikt unter anderem durch Blitzkriege, Flächen- bombardements und den bisher einzigen Einsatz von Atomwaffen sowie Holocaust und zahllosen Kriegsverbrechen. Georg Springer, damals Kaplan in Reindorf, er- innerte sich später, dass er dreimal von der Ge- stapo einvernommen wurde, weil er Kinder und Jugendliche seelsorglich betreute. Die weitere Seelsorgearbeit mit Jugendlichen wurde ihm dar- aufhin strikt untersagt. Im Jahr 1943 berichtet die Pfarrchronik über die Kartage einen erfreulich guten Besuch der Got- tesdienste, besonders der Auferstehungsfeier, die nur in der Kirche stattfand, trotz Behinderung, Schmieraktionen und Schikanen. Am Sonntag, den 31. Oktober 1943 besuchte Kardinal Innitzer die Pfarre und hielt ein Pon- tifikalamt. Es gab keine größeren Zwischenfälle, Hochaltar mit ehemaligem Marienbild, Deckengemälde jedoch standen nach Aussagen von Provisor Karl und Schmuck zum 40jährigen Priesterjubiläum Nowotny während der ganzen Predigt über Spit- von Pfarrer Georg Aiden (1939) zel im hinteren Teil der Kirche. Bollwerk in den kriegen 29 Diese machten sich Aufzeichnungen. Schon vor- ein Wunder kamen alle mit großem Schrecken her gingen diverse Warnungen in der Pfarre ein. davon. Gegen Ende des Gottesdienstes kam es zu Stö- Am 21. Februar 1945 kam es dann zum schwers- rungen durch die Hitlerjugend. ten Bombenangriff im Pfarrgebiet, besonders die Weit empörendere Vorfälle gab es dann, als vom Winckelmannstraße und der Schwendermarkt 2. bis 8. Oktober 1944 unter schwierigsten Um- waren betroffen. Es gab viele Tote und Obdach- ständen eine religiöse Woche mit Dr. Josef Dil- lose sowie große Sachschäden. Die Sonntagsgot- lersberger in Reindorf stattfand. Das Thema: tesdienste mussten in folgender Zeit mehrmals „Heilsbotschaft Gottes für unsere Tage“ scheint wegen Fliegeralarm abgebrochen werden. den besonderen Unmut verschiedener National- Zu Ostern 1945 herrschte totale Kriegsstimmung, sozialisten und Angehöriger der Hitlerjugend er- die Kämpfe erreichten die unmittelbare Stadtnä- regt zu haben. Es kam wieder zu Schmier- und he. Die Auferstehungsfeier fand in der zerbomb- Störaktionen. ten Kirche statt. Zum Abschluss der religiösen Woche fand am 8. Oktober eine feierliche Schlussandacht statt, bei der Kardinal Innitzer die Festpredigt hielt. Wäh- rend der Predigt kam es immer wieder zu lauten Zwischenrufen in der Kirche, wo sich Hitlerju- gend zwischen die anwesenden Gläubigen gesetzt hatte, und diese auch anpöbelte. Anschließend inszenierten Hitlerjugend und SS gemeinsam einen Wirbel. Der Kardinal wurde an der Abreise gehindert, zuerst bedroht, in weiterer Folge tätlich angegriffen und bespuckt. Nur mit Mühe konnte er zurück in die Sakristei und ins Pfarrhaus flüchten, das er erst nach längerer Zeit durch einen Hinterausgang verlassen konnte. Die Polizei schritt trotz Ersuchens nicht ein. Am 17. Oktober 1944 fielen die ersten Bomben auch im Pfarrgebiet. Eine Bombe schlug im Pfar- rhofgarten ein, eine weitere traf das pfarreigene Haus in der Oelweingasse 2. Es gab einen regel- rechten Bombenteppich, bei dem 10 Todesopfer zu beklagen waren. Zwei Drittel des Daches von Kirche und Pfarrhof wurden abgedeckt, alle Fens- ter gingen in Brüche und es waren große Schäden zu verzeichnen. Die Pfarrhofbewohner saßen in Der damals wesentlich größere Pfarrhofgarten vor dem unmittelbarer Nähe im Kohlenkeller, wie durch Neubau des heutigen Pfarrzentrums 30 225 Jahre Pfarre Reindorf Am 8. April 1945 hingen weiße Fahnen in der größere Anzahl von Leuten getötet. Unter den Reindorfgasse. Russische Truppen zogen durch Opfern waren Plünderer, aber auch Neugierige Reindorf. Das Volk atmete dennoch auf, endlich und russische Soldaten, die am Straßenrand Rast war der Krieg zu Ende. Da kam die Schreckens- hielten. Mit einem Wagen der Ankerbrotfabrik nachricht: „Der Stephansdom brennt!“ wurden die Leichen weggebracht. In den folgenden Tagen kam es zu den ersten Allein in Wien gab es mindestens 8769 Tote bei Übergriffen durch russische Soldaten. Plünde- den 52 Luftangriffen. Die traurige Kriegsbilanz rungen von Geschäften, am Sparkassaplatz, in des 2. Weltkriegs aus heimischer Sicht: Es fielen der Sechshauser Straße und Mariahilfer Straße. allein 230.000 Österreicher, 117.000 wurden ver- Tote lagen auf den Straßen und wurden erst nach wundet, 76.000 blieben vermisst. Die Zahl der Tagen in verschiedenen Parkanlagen verscharrt, Ziviltoten wird auf 24.000 - 100.000 geschätzt. so auch am Henriettenplatz. Erst im Laufe der Dazu kommen 65.000 ermordete Juden, 2.700 Zeit wurde es möglich, die Toten zu bergen und hingerichtete Widerstandskämpfer, 30.000 „Eu- auf die Friedhöfe zu bringen. Viele dieser Toten thanasie“- Opfer und 15.000 weitere Tote (darun- waren bei den Kampfhandlungen in den letzten ter viele Roma und Sinti, ...). 200.000 Menschen Kriegstagen ums Leben gekommen, andere ka- wurden im KZ Mauthausen inhaftiert - die Hälfte men in den ersten Tagen nach Kriegsschluss, oft getötet. unter tragischen Umständen, um. So schlug eine Granate am Sparkassaplatz ein, dabei wurde eine

Bollwerk in den kriegen 31 Aufbruchstimmung nach 1945 Wandel der Zeiten In den Straßen Reindorfs gab es überall Schutt- Pfarrschule berge. Mit primitivsten Mitteln begann die gro- ße Aufbauleistung. Die meisten beteiligten sich Als man im Frühjahr 1787 mit dem Bau der Rein- an den oft spontanen Schutträumaktionen. Vie- dorfkirche begonnen hatte, mussten daneben so- le Häuser waren beschädigt, Wohnungen unbe- zusagen „im Paket“ auch der ebenerdige Pfarrhof wohnbar geworden, die Versorgung war schlecht. sowie eine Pfarrschule errichtet werden. Auch im Pfarrhof klaffte ein riesiger Bomben- 1774 wurde zwar das Gesetz zur allgemeinen trichter, der nach und nach zugeschüttet und Schulpflicht von Kaiserin Maria Theresia unter- eingeebnet wurde. Am 3. Juni 1945, einem Sonn- zeichnet, zunächst aber kaum beachtet. Nach tag, gab es die erste Fronleichnamsprozession in wie vor besuchten nur wenige Kinder die Schule. Frieden, trotz schwierigster Umstände ein großes Dabei spielte nicht nur eine Rolle, dass es vielen Fest mit vielen Gläubigen. Eltern schwerfiel, das wöchentliche Schulgeld Kirche und Pfarrhof wurden notdürftig mit Zie- aufzubringen. Noch wichtiger war wohl, dass die geln eingedeckt, die ärgsten Schäden behoben. Es Kinder als Arbeitskräfte benötigt wurden, entwe- mangelte an allem, dazu gab es noch eine Menge der in der eigenen Landwirtschaft oder als billige Flüchtlinge. Arbeitskräfte in den Fabriken und Handwerks- Die Kinder- und Jugendseelsorge wurde, wenn betrieben mit einer zehn- oder zwölfstündigen auch mit bescheidensten Mitteln, aber mit gutem täglichen Arbeitszeit. Zulauf und mit Erfolg aufgenommen. Eine neue So standen auf dem Gebiet des heutigen 15. Be- aktive Ministrantengruppe mit bis zu 60 Minis- zirks zunächst zwei Schulen (auf den heutigen tranten entstand, ein besonderes Anliegen von Grundstücken Kellinggasse 8 sowie Clementi- Pfarrer Karl Nowotny. nengasse 27). Es waren die sogenannten Trivi- Österreich feierte den Abschluss des Staatsvertra- alschulen, in denen die Kinder vor allem Religi- ges, der am 15. Mai 1955 im Schloss Belvedere onsunterricht erhielten und außerdem notdürftig unterzeichnet wurde. Die östlichen Nachbarn Lesen und Schreiben, sowie die vier Grundrech- mussten auf ihre Freiheit noch über 30 Jahre war- nungsarten erlernten. ten. Im Jahre 1989 wurden die Grenzanlagen ent- Die Eltern, die ihr Kind in eine solche Schu- lang des Eisernen Vorhangs zuerst in Ungarn, da- le schickten, mussten wöchentlich ein Schul- nach in allen anderen Staaten abgebaut. Die neue geld von einem Kreuzer bezahlen (ab 1808 drei Reisefreiheit Europas war damit geboren und Kreuzer). Ein Kreuzer entsprach um 1800 etwa führte vor allem auch im 15. Bezirk zu zahlrei- dem Preis für sechs Eier oder zwei Liter Milch, cher Zuwanderung aus diesen Staaten. Reindorf was sich viele Familien nicht leisten konnten. Da ist wieder ein Vielvölkerort geworden. von diesem Schulgeld auch das Gehalt des Leh- rers bezahlt wurde, waren diese genötigt, die paar Kreuzer notfalls einzutreiben. Das war dem Kon- takt zwischen Lehrer und Schule nicht gerade 32 225 Jahre Pfarre Reindorf dienlich. 1788 wurde, um die Schulbesuchsquote lich am Winterbeginn 40 Kreuzer Holzgeld und zu heben, beschlossen, die Allerärmsten von der sieben Kubikmeter weiches Holz, das er sich vom Bezahlung des Schulgeldes zu befreien. In den Lagerplatz in Hütteldorf holen musste. Obwohl Gemeinden unseres Bezirkes gehörten etwa 60 die Schülerzahl steil nach oben ging, herrschte Prozent der Familien zu dieser Kategorie. eine große Arbeitslosigkeit unter den Lehrern: Da der Lehrer Simon Westermayer im Jahr 1788 Im Jahr 1822 bewarben sich 150 Lehrer um die sein Amt zurücklegte, wurde „seine“ Schule in Reindorfer Schulstelle. Johann Kratzl wurde aus- der Kellinggasse geschlossen. 1789 schloss auch gewählt. die Schule in der Clementinengasse. Der dortige Zu diesem Zeitpunkt hatte die Pfarrschule schon Direktor Andreas Bauer wurde zum neuen Leiter ein eigenes Gebäude, das 1790 in der heutigen der Reindorfer Pfarrschule. Ursprünglich hätte Oelweingasse 1 (Prinz Karl-Gasse) eingerichtet diese im Pfarrhof eingerichtet werden sollen. Da worden war. Doch nach dem Amtsantritt von Jo- man sich aber schließlich entschloss, ein eigenes hann Kratzl erwies es sich bereits als baufällig und Schulhaus in Kirchennähe zu errichten, dieses vor allem als viel zu klein, da die Zahl der schul- nicht rechtzeitig fertig wurde, wurde die zwei- pflichtigen Kinder auf 1200 angestiegen war. Man einhalb Zimmer-Dienstwohnung von Andreas beschloss, in der Oelweingasse 7 einen größeren Bauer ab dem 24. November 1789 gleichzeitig Neubau zu errichten und gleichzeitig auch das auch zum ersten Pfarrschulgebäude. Zum Woh- alte Schulgebäude weiter zu nutzen. Während der nen blieb dem Lehrer ein kleines Bauarbeiten wurden die Schul- Kabinett, in dem auch die Lehr- klassen in gemieteten Privatwoh- mittel untergebracht waren. nungen untergebracht. Die neue Im Eröffnungsjahr waren 100 Schule wurde 1826 fertig. Mädchen und 81 Buben der Bis zur Revolution 1848 änder- fünf Gemeinden Braunhirschen, te sich am Schulsystem nichts. Reindorf, Fünfhaus, Sechshaus Seine Mängel erwiesen sich als und Rustendorf schulpflichtig. immer drückender. Die sich ent- Nur etwa die Hälfte von ihnen wickelnde Industrie benötigte Ar- besuchte die Schule regelmäßig, beitskräfte, die ordentlich lesen, da sich die Behörden weiterhin schreiben und rechnen konnten, nicht um die Befolgung der Schulpflicht küm- die also in der Grundschule für eine weitere Aus- merten (1801 waren in den fünf Dörfern 305 bildung zu Fachkräften vorbereitet wurden. Die schulpflichtige Kinder registriert, von denen 140 erste Schule in unserem Bezirk, deren Niveau die Schule besuchten). über die Trivialschule hinausreichte, war eine Aus den Schulgeldern, die er eintreiben musste, Privatschule im Haus Arnsteingasse 14/Herklotz- erhielt der Lehrer 13 Kreuzer täglich als Gehalt. gasse 39. Sie bestand bis 1869 als öffentliche Bür- Er war außerdem verpflichtet, als Mesner in der gerschule. Kirche zu arbeiten, wofür er jährlich 40 Gulden Aufgrund der stark steigenden Kinderzahlen for- bekam. Ab 1808 erhielt der Lehrer nun zusätz- derrte man immer mehr Schulen. Wandel der zeiten 33 So entstanden auch Pfarrschulen in Sechshaus ehe nach dem 1. Weltkrieg die Kinderfreunde (1826 in der Pillergasse) und in Fünfhaus (1826 Räume zugewiesen bekamen. Viele neue Schulen in einem Privathaus in der Turnergasse, danach standen auf dem Pfarrgebiet (Dadlergasse 9 und in der Herklotzgasse 21) eingerichtet. In der 16, Kellinggasse, 45, Heinickegasse/ Sechshauser Chronik wird von der dringenden Bitte um Er- Straße 71). 1898 wurde die Volksschule Ortner- richtung neuer Schulen berichtet. gasse 4 eröffnet. Im Jahr 1914 gab es in den Bezir- Viele Kinder erhielten schlechte oder gar keine ken Rudolfsheim und Fünfhaus 23 Volksschulen, Schulbildung. Die Kinderarbeit in Werkstätten 6 Bürgerschulen und 2 Höhere Schulen mit ins- und Fabriken nahm überhand. Pfarrer Künstler gesamt fast 18.000 Schülerinnen und Schülern. richtete 1850 eine Beschwerde mit dringender Dass in unmittelbarer Pfarrnähe die Schul- Bitte um Abhilfe an das k.u.k. Unterrichtsmi- schwestern (seit 1867) und die Schulbrüder (seit nisterium. Bei etwa 30.000 Einwohnern gab es 1869) unterschiedliche Schulangebote haben und 2384 schulpflichtige Kinder, jedoch dürfte die segensreiche Arbeit verrichten, ist auch heute für wahre Zahl wesentlich höher gelegen sein. Für viele Familien von großer Bedeutung. diese Kinder standen bloß drei zweiklassige Tri- vialschulen, mit 14 Lehrräumen zur Verfügung. Intensivere Seelsorge bei den Jugendlichen wäre Pfarrkindergarten dringend nötig gewesen. 1872 waren im Pfarrgebiet wöchentlich 204 Reli- Am 12. Februar 1830 wurde zur Feier des Ge- gionsstunden zu halten. Bei 5 Kaplänen, die der burtstages des Kaisers Franz I. die erste Klein- Pfarre zur Verfügung standen, wurden von ein- kinder-Bewahranstalt in Wien gegründet zelnen Geistlichen 55 Wochenstunden gehalten, (Steingasse, Wien III). Bald folgten weitere Pfarr- durch die Eröffnung der drei neuen Volksschulen kindergärten und Reindorf gehörte, vermutlich in Fünfhaus stieg die Stundenzahl auf 60 Stunden aufgrund der stark wachsenden Bevölkerung in und dies bei einer Entfernung einiger Schulen Umgebung vieler Fabriken und Geschäfte, zu von mehr als einer halben Stunde Fußweg. Daher den ersten Stätten dieser neuen Kindereinrich- wurde, trotz bedeutender materieller Einbußen, tung. Die Pfarre eröffnete am 18. Mai 1831 eine der Religionsunterricht in den Privatlehranstal- solche Bewahranstalt, wie diese damals hieß, in ten durch die Pfarrgeistlichkeit aufgegeben. einem Miethaus in der heutigen Herklotzgasse/ Bis 1869 führte das Dekanat die Schulaufsicht, Ecke Geibelgasse. 1848 errichtete man dann ei- danach die Bezirkshauptmannschaft. Die Pfarr- nen Neubau (Herklotzgasse 35), der durch den schule in der Oelweingasse 7 bestand bis 1901. Ankauf eines Grundstücks von Gräfin Arnstein Bis 1877 waren auch provisorisch die Schüler der ermöglicht wurde. Nach einer Erweiterung 1868 Realschule hier untergebracht, ehe sie ihr Gebäu- übernahmen die Barmherzigen Schwestern die de am Henriettenplatz beziehen konnten. Danach Leitung des Kindergartens. In der Pfarrchronik gab es in diesem Haus noch eine Tagesheimstät- kann man ersehen, dass sich die Pfarre sehr um te, die zunächst von den Salesianern Don Boscos, den Kindergarten bemüht hat. Es gab immer wie- später von den Kreuzschwestern betreut wurde, der Spendenaufrufe zu bestimmten Festen. 34 225 Jahre Pfarre Reindorf 1. Reihe: Kindergarten im alten Pfarrheim bei einer Darbietung (vor 1984) und im neuen Haus bei der Segnung (1987); Mitte: Fronleichnam vor dem Pensionistenwohnhaus; 3. Reihe: Erntedankfeier in der Kirche Wandel der zeiten 35 So deckte man die Gebäudekosten. kinder jedes Jahr der Pfarrgemeinde meist mit Eine der ersten Maßnahmen nach der Macht- Liedern präsentieren. übernahme der Nationalsozialisten 1938 betraf dann auch die Schließung dieses Pfarrkinder- gartens in der Herklotzgasse. Dieser wurde vom Die Pfarrgebäude Stadtschulrat nach über 100jähriger Tätigkeit ohne Angabe von Gründen geschlossen. In den Jahren nach der Pfarrgründung besaß die Zehn Jahre später, 1948, wurde im Zuge des Wie- Pfarre den zunächst ebenerdigen Pfarrhof, der deraufbaus auch der Pfarrkindergarten durch schon an der heutigen Stelle stand und die Pfarr- Frau Anni Tschinkel, der Schwester des dama- schule in der Oelweingasse 1 (später Übersied- ligen Kinderseelsorgers Johann Kubessa, neu lung in die Oelweingasse 7). 1831 errichtete man gegründet. Sie begann mit einer Kindergarten- den Pfarr-Kindergarten in der Herklotzgasse 35. gruppe. Der Andrang war jedoch so groß, dass In dieser Zeit wurde auch der Pfarrhof um das bald eine zweite Gruppe und zwei Hortgruppen erste Stockwerk erweitert. 1938 wurde der Kin- geführt wurden. Anschließend leiteten Frau Lisl dergarten in der Herklotzgasse unter den Natio- Fabschitz (1956-1990) und Frau Hanni Kitz- nalsozialisten geschlossen. ler (1990-1995) den Kindergarten, die als Team Da die Kapläne in den feuchten Räumen des jahrzehntelang unzählige Kinder betreuten. Pfarrhauses sehr bescheiden hausten und die Der Kindergarten war im Pfarrhaus Oelweingas- Raumverhältnisse unerträglich waren, wurde se 2 untergebracht. Dieser Bau wurde mehrere 1861 auf das Pfarrhaus ein zweites Stockwerk Male renoviert und umgebaut, um den Kinder- aufgesetzt. 1867 wurde in Kirche und Pfarrhof gartenbedürfnissen gerecht zu werden. Ein nicht die Gasbeleuchtung eingeleitet. unwesentlicher Vorteil des Pfarrkindergartens Die Pfarre besaß seit 1923 auch das neben der war von Anfang an der große Spielplatz an die- Kirche gelegene Miethaus Oelweingasse 2. Im sem neuen Standort. Am 2. November 1987 war 2. Weltkrieg traf 1944 ein regelrechter Bomben- dann das neue Pfarrzentrum bezugsfertig und teppich Kirche, Pfarrhofgarten und das Haus in die Räume eines nun zeitgemäßen Kindergartens der Oelweingasse. Nach den Renovierungsar- wurden von Weihbischof Dr. Helmut Krätzl ge- beiten 1947 befand sich im Hof des Hauses Oel- segnet. weingasse 2 das Pfarrheim. Schon ein Jahr davor Heute gibt es nach wie vor zwei Kindergarten- wurde, angrenzend an das Haus, der noch heute gruppen. Die St. Nikolaus-Kindertagesheimstif- vorhandene Spielplatz (damals ein Aschenplatz) tung, 2009 von Kardinal Christoph Schönborn um 17.000 ÖS errichtet. Außerdem wurde 1946 ins Leben gerufen, verwaltet nun auch den Pfarr- in der Oelweingasse an der schmalen Stelle, an kindergarten von Reindorf, dem die Leiterin Mo- der die Kirche straßenseitig eingerückt ist (heute nika Witzany sowie die Kindergartenpädagogin hängt dort das große Kreuz), eine Pfarrbücherei Gabriele Doppler vorstehen. Die Gottesdienste eingerichtet. Vor dem Krieg war in diesem Kir- zum Erntedank und zu Fronleichnam sind jene chenvorbau die Aufbewahrungsstätte der Särge, Gelegenheiten, bei denen sich die Kindergarten- die von dort ihren Weg zum Friedhof antraten. 36 225 Jahre Pfarre Reindorf Jungscharaktivitäten am Aschen-Spielplatz und im alten Pfarrheim in der Oelweingasse 2 (Anfang der 1970er Jahre); re. oben: Jugendraum (erbaut von Josef Wranek); darunter: Jungscharstunden mit Kaplan Ernst Fischbach (1975)

Wandel der zeiten 37 li. oben: Segnung des neuen Pfarrzentrums durch Weihbischof Dr. Helmut Krätzl (1987); li. Mitte: Tischfußball-Spiel beim Pfarrfest (2003); li. unten: Fußballspiel Pfarre gegen Kaufmannschaft am Rasen-Spielplatz (u.a mit Pfarrer P. Andre- as Schöffberger, 2004); rechts: Salettl 1974 und 2006 mit Dr. Herbert Madinger 38 225 Jahre Pfarre Reindorf In den Jugendräumen fanden sich Jugendliche Statuen im Pfarrgebiet von nah und fern zum Tischtennisspielen ein. Seit 1948 gibt es den Kindergarten in der Oel- Anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums der Pfarre weingasse, zunächst waren die Gruppenräume wurde 1989 eine Dreifaltigkeitssäule am Kir- oberhalb des Pfarrheims untergebracht. chenplatz aufgestellt. Prof. Hermann Bauch aus 1984 wurden das Miethaus und der auf Spiel- Kronberg hatte eine alte Barocksäule, die stark platzhöhe befindliche Jugendraum in der Oel- beschädigt war, in seiner Werkstatt instand ge- weingasse 2 abgetragen. Im setzt, mit einem Sockel und November 1987 konnte das einer Jubiläums-Inschrift neue Pfarrzentrum nach versehen. Schon im alten feierlicher Segnung durch Reindorf stand von 1854 Weihbischof Dr. Helmut bis etwa 1945 eine Dreifal- Krätzl seiner Bestimmung tigkeitssäule am Schwen- übergeben werden. Der dermarkt. Nach dem Krieg Neubau bietet dem Kin- dürfte die wieder renovierte dergarten sowie den zahl- Säule nach Grinzing (Ecke reichen Pfarr- und Gebets- Langackergasse/Sandgasse) gruppen genügend Platz. gekommen sein. Dazu gibt es einen großen An der östlichen Grenze Parkplatz und den sanierten des heutigen Reindorfer Rasenspielplatz. Pfarrgebiets steht eine neu- Im Oktober 1993 wurde der gotische Mariensäule. Den sanierte und für das neue Entwurf zu dieser Säule am Kalasantiner-Kollegium Henriettenplatz (ursprüng- Reindorf umgebaute Pfarr- lich Marienplatz) schuf hof bei einem Tag der offe- der große Baumeister und nen Tür von P. Generalsu- Schöpfer des Wiener Rat- perior Peter Lier gesegnet. hauses Friedrich Schmidt. In den 2010er Jahren wurde Errichtet wurde sie 1863 das Salettl, in dem zuletzt von den Gönnern Gebrü- Dr. Madinger gewohnt hat, der Lang. Diese Reindorfer schrittweise saniert und Mariensäule war und ist bis nunmehr den Schwestern heute Station religiöser Fei- der Jüngersuche übergeben, ern. die darin ihre Arbeitsräume Etwas weiter entfernt steht haben. oben: Mariensäule am Henriettenplatz, 1863 die oftmals umgesiedelte und Marienstatue (Herklotzgasse 30); Nepomuk-Statue. unten: Dreifaltigkeitssäule, 1989 Wandel der zeiten 39 Heute ist sie in recht trauriger öffentliches Begräbnis. Dies wurde Umgebung, in einer Hundezone- jedoch bald abgeändert und in der Grünanlage gegenüber der Stra- Folge das Begraben am Cholerafried- ßenbahnremise an der Mariahilfer hof ganz eingestellt und dieser wieder Straße. Die Nepomuk-Statue „am aufgelassen. ehemaligen Johannisfeld“, vermut- Die Grabstelle für einen Erwachse- lich vor der Pfarrgründung um nen kostete um 1850 einen Gulden, 1770/80 aufgestellt, wird 1794 ur- die eines Kindes - die Kindersterb- kundlich erwähnt und befand sich lichkeit war sehr groß - 30 Kreuzer. ursprünglich nahe eines Bächleins Dieser Betrag musste an das Pfarramt bei einer kleinen Brücke vor dem Gumpendorf, dem Schottenstift zu- Arnstein-Schloss an der heutigen gehörig, abgeführt werden. Mariahilfer Straße/Arnsteingasse. 1874 wurde der Wiener Zentral- Erwähnenswert sind auch die bei- friedhof eröffnet und neben anderen den Heiligenstatuen an den beiden Friedhöfen auch der Schmelzer Fried- Häusern an der Ecke Herklotzgas- hof stillgelegt. Da der Weg nach Sim- se/Kranzgasse (ursprünglich im mering für viele sehr weit war, gab es Besitz der Familie Lang), der Al- heftige Proteste. Diese verstummten tar im Hauseingang Rauchfang- Ehrengrab Pfarrer Künstler erst, als die Gemeinde Baumgarten kehrergasse 4 und das Kreuz mit den westlichen Vororten, darunter Medjugorje-Muttergottes im Pfarrgarten. auch Reindorf, das Benützungsrecht auf ihrem Friedhof, der erweitert wurde, einräumte. So wurde auch der Reindorfer Pfarrer Künstler vom Friedhöfe Schmelzer Friedhof exhumiert und in ein Ehren- grab auf dem Baumgartner Friedhof umgebettet. Bis 1789 wurden die Toten vom westlichen Teil Auch heute ist der Baumgartner Friedhof, soweit der Ortschaften auf dem Friedhof von Penzing nicht anderwärtig ein Grab vorhanden ist, die Be- begraben. Die Toten des östlichen Teils wurden stattungsstätte der Pfarre Reindorf. in Gumpendorf bestattet. Nach der Reindorfer Pfarrgründung wurden die Begräbnisse bald auf dem 1792 angelegten Schmelzer Friedhof durchgeführt. Auf einem Teil Die Reindorfgasse dieses ehemaligen Friedhofs befinden sich heute die Wiener Stadthalle, die Stadthallengarage und Wesentlich für ein typisch österreichisches Dorf der Märzpark. sind neben der Kirche auch Kirchenplatz, Kir- Als 1831 die Cholera ausbrach, wurde ein eigener chen-Gasthaus und auch Haupteinkaufsstraße. Cholerafriedhof auf der Schmelz errichtet. An- Und genau diese Merkmale hat Reindorf schon fangs gab es wegen der Seuchengefahr dort kein Jahrhunderte lang. 40 225 Jahre Pfarre Reindorf Die Lage an der alten und verkehrsreichen Post- ten Weihnachtsbaum in Wien (damals noch NÖ) straße und die Errichtung des Linienwalls (1704) aufstellte - eine Tradition, die sie aus Berlin mit- begünstigten den Aufschwung Reindörfls. Und gebracht hatte: da seit Maria Theresias Zeiten Schloss „Bei Arnsteins war vorgestern nach Berli- Schönbrunn der Sommersitz der Kai- ner Sitte ein sehr zahlreiches Weihnachts- ser war, stieg die Bedeutung des na- baum- oder Christbaumfest. Es waren dort hen Dorfes weiter an. So entstanden Staatskanzler Hardenberg, die Staatsräte im Laufe der Jahre etliche Gaststätten, Jordan und Hoffmann, Fürst Radziwill, sodass man schon damals von einer Herr Bartholdy, alle Anverwandten des Wirtshauskolonie in dieser Gegend Hauses. Alle gebetenen, eingeladenen Per- gesprochen hat. Außerdem entstanden sonen erhielten Geschenke oder Souvenirs hier mehrere Herrschaftssitze. Schon 1696 er- vom Christbaum. Es wurden nach Berliner Sit- warb Josef Christoph von Plankenau ein großes te komische Lieder gesungen…Fürst Hardenberg Areal, auf dem später ein schlossartiges Landhaus amüsierte sich unendlich.“ mit ausgedehntem Park entstand („Plankenau- (Hilde Spiel, „Fanny von Arnstein“, Frankfurt a. er Schlössl“ in Dreihaus), es war vermutlich das M. 1962) älteste Gebäude des Bezirks. Ein weiterer solcher Ihre Tochter Henriette Arnstein-Pereira konver- Herrschaftssitz war das pompöse Landhaus des tierte zum Christentum. Sie und deren Tochter, Kammerherrn der Kaiserin Maria Theresia, des die verheiratete Gräfin Flora von Fries, behielten Herrn von Hahn („Hahn-Schloss“) mit großem Teile des Areals bis in die 1860er-Jahre, doch re- Garten. Später ging der Herrschaftssitz in den duzierten sie den Garten weiter durch Verkäufe Besitz eines Wirtes über, der daraus das stadtbe- und die Ansiedlung der Schulschwestern. Grä- kannte Gasthaus „Zum schwarzen Adler“ machte fin Fries beauftragte diese, die hier bis heute ih- (heute steht dort das „Haus der Begegnung“). ren Kloster- und Schulkomplex besitzen, mit der Am bekanntesten ist aber das Arnsteinschlöss- Führung eines Waisenhauses in der Clementi- chen, das ursprünglich vermutlich Sommerpalais nengasse. Ein letzter, unverbauter Teil des alten der Erzherzogin Marie Christine, einer Tochter Arnsteinbesitzes ist der heutige Henriettenpark. Maria Theresias war. Das Anwesen erstreckte Auch Karl Schwender erwarb ab 1835 Teile des sich von der heutigen Mariahilfer Straße bis zum Arnsteinschlösschens und errichtete „Schwen- heutigen Henriettenplatz. Fanny Arnstein (1758- ders Kolosseum“, den vielleicht beliebtesten Ver- 1818) machte später das Palais zu einem Zent- gnügungsort Wiens. Zunächst entstand ein Kaf- rum des Wiener Kultur- und Gesellschaftslebens, feehaus, danach verschiedene Gaststätten und in dem sie nach französischem Vorbild Intellek- Vergnügungseinrichtungen mit dem Amorsaal tuelle, Schriftsteller und Gelehrte versammelte. für große Bälle, dem Florasaal für Tanzveran- Einen letzten Höhepunkt erlebte der Salon in der staltungen, dem Harmoniesaal für Konzerte und Zeit des Wiener Kongresses, der 1814 begann. Theatervorstellungen, eine Bierhalle, ein Garten- Fanny von Arnstein war es auch, die vor 200 Jah- restaurant usw. Das Reindorfer Pfarrgebiet war in ren, im Jahr 1814 den ersten historisch bezeug- dieser Zeit beliebtes Ausflugsziel der Wiener. Wandel der zeiten 41 Neben den vielen Unterhaltungslokalen etab- Hl. Michael im Wappen vorhanden ist. Nach dem lierten sich aber schon in der Gründungszeit des Ableben seines Nachfolgers Karl Scherer übersie- „neuen Reindorfs“ auch mehrere Fabriken. Einer delte die Apotheke 1854 an ihren heutigen Stand- der ersten Fabriken in Reindorf war die Seifenfa- ort Mariahilfer Straße 195/ Ecke Reindorfgasse. brik der Brüder Schellinger. Sie wurde 1803 an der Seit 1833 besteht der Schwendermarkt (ur- Stelle der heutigen Reindorfgasse 1–19 gegrün- sprünglich als Braunhirschen-Marktplatz), der in det. Jakobs Bruder Benedikt (1824 bis 1875), war seiner Blütezeit bis zur Reindorfgasse reichte und der letzte Bürgermeister von Braunhirschen (ab die wirtschaftliche Bedeutung der Straße noch 1860). Er setzte sich 1863 für die verstärkte. Heute kämpft Vereinigung der Vororte Braun- der nur mehr kleine Markt hirschen, Rustendorf und Rein- um sein Überleben. dorf zur Gemeinde Rudolfsheim Dazu kam 1859 die Fer- ein, dessen erster Bürgermeister er tigstellung der Westbahn wurde. Nach ihm wurde die Bene- und Errichtung des West- dikt-Schellinger-Gasse benannt. bahnhofs, der zuerst den Historisch gewachsene Gebäude Namen Kaiserin Elisa- sind auch die Alt-Wiener Apothe- beth-Bahnhof erhielt. Da- ken in Kirchennähe. Die Dreifal- durch erlebte Reindorf & tigkeits-Apotheke wurde bereits Rudolfsheim-Fünfhaus ei- in den ersten drei Jahrzehnten der nen wirtschaftlichen Auf- neuen Reindorfkirche im Hause schwung. Allerdings waren Kirchengasse Nr. 20 (heute Rein- die Schadstoff- und Lärm- dorfgasse) gegründet. Näheres ist belastungen durch die nicht bekannt. Sie ist damit aber Dampflokomotiven auch die älteste Apotheke des Bezirks. sehr groß. Im Jahr 1822 wird der Apothe- Wenn auch die rasch vo- ker Michael Ostertag († 1835) als ranschreitende Stadter- Besitzer der Apotheker genannt. weiterung das Pfarrgebiet Er analysierte als Chemiker die immer weiter von Schön- Schwefelquelle in Unter-Meid- Reindorfgasse 1932 (Zeitschrift „Kuckuck“) brunn wegrückte und die ling. In der Apotheker-Chronik steht bei seinem dichter verbaute Gegend weniger attraktiv wurde, Nachfolger Karl Scherer geschrieben, dass über so blieb das Flair des alten Reindorf erhalten. Und den Braunhirschengrund, zu dem die Apothe- lange Zeit trotzte die Reindorfgasse erfolgreich ke damals gehörte, das Barnabitenkollegium zu den Krisen der jeweiligen Kriegs- und Notzeiten. St. Michael in Wien die Herrschaft hatte. Durch So bildete die Reindorfgasse auch um 1900 ein das Bezirkswappen belegt ist lediglich, dass die Zentrum des Wirtschaftslebens, wie man auf der Barnabiten Grundherren der alten Siedlungen Aufnahme des Bezirksmuseums sehen kann. Fünfhaus und Sechshaus waren und dadurch der Und 1932 liest man in der Wochenzeitung 42 225 Jahre Pfarre Reindorf Kuckuck: „Jedes Haus trägt so viel Lichtreklamen, dass am Abend die Reindorfgasse in einem Meer von Licht schwimmt. (…) Die Reindorfgasse ist der Gerngross von Rudolfsheim.“ Nach den massiven Zerstörungen im 2. Weltkrieg kam es nach dem Wiederaufbau zu einer letzten geschäftlichen Hochblütezeit. Nach und nach verschwanden dann aber die Geschäfte, weil es bequemer wurde in den Shoppingzentren einzu- kaufen. Um das Jahr 1900 wird zum ersten Mal das Gast- haus „Zum guten Hirten“ von Franz Mondl ge- genüber der Kirche erstmals erwähnt. Von ei- nem gewissen Albert Kessler übernahm Leopold Quell sen. das Ecklokal in den 1930er Jahren. Unter Leopold Quell jun. wurde dieser Gasthof zum Kulturbeisl, in dem mehrere österreichische Filme gedreht wurden und Willi Resetarits als „Ostbahn Kurti“ Konzerte gab. Durch die Initiative der IG Kaufleute, die zu Be- ginn des 3. Jahrtausends immer mehr auf regel- mäßige Events setzt, sehr oft in Zusammenarbeit mit der Pfarre, wurde langsam eine Trendumkehr erreicht, die junge Geschäftsleute mit oft sehr innovativen Ideen in die Reindorfgasse bringt. Adventkranz- und Maibaumsegnung, Straßen- feste und Gottesdienste im Freien rücken den Kirchenplatz in den Mittelpunkt von Reindorf, das dann wieder den Charakter des alten Dorfes aufweist und Gäste aus nah und fern anzieht.

re. oben: Kirchenplatz und Gasthaus Quell, 1960er Jahre; re. Mitte: Stadtmission 2003, „rote Tür“ bei und mit Leopold Quell jun. und Autor Martin Heidinger; re. unten: Maibaumfest, Café-Stand der Pfarre, 2014

Wandel der zeiten 43 Marienverehrung u. Mariazeller Verein

Durch viele Berichte der Pfarrchronik ist belegt, dass die Marienverehrung in Reindorf stets einen hohen Stellenwert hatte. So wird von festlichen Maiandachten berichtet und marianische Jahre wurden besonders feierlich mit mehreren Wall- fahrten abgehalten. Zum 50-Jahr-Gedächtnis der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis wur- de 1904 bei der Mariensäule am Hof eine große Immaculata-Huldigungsfeier abgehalten, an der fast alle katholischen Vereine (damals etwa 800 in Wien) und Verbindungen, Bürgervereinigun- gen und sonstige Institutionen teilnahmen. Der Reindorfer Pfarrer Roth schrieb 1904 über diese Immaculata-Feier, bei der auch viele Reindor- fer dabei waren: „Ein sich tief in die Herzen und Gewissen eingrabendes, herrliches Schauspiel für Himmel und Erde unter Teilnahme des Kaisers und Mitglieder des Herrscherhauses. Die Mariensäule prangte im Festschmuck.“ Maria sollte weiterhin gemäß der überlieferten Verheißung an Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) allezeit durch ihre Für- bitte Österreich beschützen und erhalten, solange es in Frömmigkeit und Andacht zu ihr verharrt. 1929 berichtet die Pfarrchronik, dass 1234 Rein- dorfer und 2372 Reindorferinnen Mitglieder bei Pfarr-Vereinen waren. Von den zahlreichen alten Vereinen (u.a. gab es lange Zeit einen Rosen- kranzverein) konnte sich einzig der Mariazeller Verein bis zum heutigen Tag halten. Nachdem im Jahre 1880 die Hochwasser führen- de Traisen fast zur Katastrophe für die Reindorfer Mariazell-Wallfahrer geführt hätte, bildete sich Wallfahrten nach Mariazell: oben: 50. Wallfahrt 1936 mit im selben Jahr eine Reindorfer Tischgesellschaft Hochw. F. Klimanek; Mitte: 100. Wallfahrt 1997 mit Pfarrer unter dem Vorsitz des Haus- und Fuhrwerksbe- Teuschl u. Obmann Theodor Hanns; unten: Wallfahrt 2014 sitzers Leopold Grestenberger. Diese hatte sich mit P. Ludwig Deyer COp u. Obfrau Renate Kunasek 44 225 Jahre Pfarre Reindorf zur Aufgabe gestellt, jährlich eine Wallfahrt nach Gumpendorf wohnhafte Lehrer Carl Raimund Mariazell zu unternehmen. Die darauf folgenden Kristinus gewesen sein. Wallfahrten waren alle sehr gut besucht, fast ge- Wie die restliche Kircheneinrichtung so stamm- gen 400 Personen nahmen daran teil. 1884 wurde te auch die erste Reindorfer Orgel aus einem von die Tischgesellschaft in den Mariazeller Verein Joseph II. aufgelassenen Kloster. Sie kam vom umgewandelt. Als Gründungsjahr wird aber im- Kloster der Franziskaner in Hainburg. 1835 wur- mer 1880 angeführt. Führte in den Blütezeiten de dann eine neue Orgel vom Wiener Orgelbau- noch ein Sonderzug mit etwa 1000 Wallfahrern meister Jakob Deutschmann errichtet. die Reindorfer nach Mariazell, war später die Zeit Die dritte Orgel unserer Pfarrkirche wurde um der Buswallfahrten angebrochen. Die Wallfahrt das Jahr 1900 beim Orgelbauer Matthäus Maura- wurde an den ersten 3 Tagen der Sommerferien- cher jun. in Graz bestellt. Sie hat eine pneumati- zeit anberaumt und dieser immer wiederkehren- sche Traktur. Das bedeutet, dass die Verbindung de Wallfahrtsablauf blieb über 50 Jahre lang nahe- zwischen Tasten und Pfeifen durch Luftdruck zu unverändert. In den letzten Jahrzehnten wurde ermöglicht wird, im Gegensatz zu den früheren die Zahl der Mitglieder zwar bedeutend weniger, mechanischen bzw. zur neueren elektrischen Or- dennoch ist es dem Verein bis heute möglich, fi- gel. Die Weihe der neuen Orgel fand 1904 am nanziell Wichtiges für die Pfarre zu leisten, z.B. Samstag vor dem Kirchweihfest, vermutlich am die letzte Renovierung des Mariazeller Altars. Im 15. Oktober, durch Weihbischof Dr. Gottfried Mittelpunkt blieb aber das Gebet und das hat seit Marschall statt. Nach mehreren gründlichen Re- 2001 unter der geistlichen Leitung von P. Ludwig novierungen (die letzte große vor ihrem 100. Ge- Deyer COp eine ganz besondere Stellung u.a. mit burtstag) erklingt die altehrwürdige Reindorfer dem vierzehntägig stattfindenden Rosenkranz Orgel noch immer festlich zu vielen Diensten. sowie der monatlichen Vereinsmesse. Viele Gnaden wurden den Reindorfern durch das Gebet an Maria zuteil, welches sich auch durch viele Votivgaben und Geschenke zeigte. Zwei Kästen mit Votivgaben beim Mariazeller Altar wurden leider entwendet.

Orgel und Kirchenmusik

Vor 225 Jahren wurde neben der Pfarre auch die Pfarrschule Reindorf gegründet. Der jeweilige Schullehrer (Schulleiter) war damals – der Ge- pflogenheit entsprechend - auch Chorleiter in der Pfarre (Regens chori). Der erste in der Chronik Führung an der Mauracher-Orgel von Gerhard Sappert, erwähnte bedeutende Regens chori dürfte der in Jubiläumsjahr 2004 Wandel der zeiten 45 Um 1920 wurde unter dem Chorleiter und Or- neue Strukturen in Reindorf. ganisten Dr. Franz Ölsinger der Kirchenmusik- Zu den rhythmischen Familiengottesdiensten verein gegründet. Dieser schaffte ein beachtliches und Jugendmessen an den Sonn- und Feierta- Notenarchiv an, das zum Teil bis in die Gegen- gen kommen seit vielen Jahren Gläubige aus nah wart erhalten blieb. Bei Hochämtern führte er und fern. Heute sind es die Gruppen von Ingrid u.a. einen Großteil der Messen von Joseph Haydn Fleischhacker, Michi Körber, Sr. Beate, Markus auf. Bedeutende Organisten in Reindorf wa- Grandegger und Rainer Steger, die durch ihre in- ren der Kapellmeister der Deutschmeister Josef nere Freude beim Singen und Spielen der Instru- Hahn und der spätere Salzburger Domorganist mente begeistern. Dr. Franz Zuckriegl. Vier Jahrzehn- Unvergesslich bleiben die zahlreichen te war Prof. Josef Safar Organist in Konzerte unserer Kirchenmusiker. CD- Reindorf und prägte nachhaltig die Aufnahmen wie des Vokalensembles Co- Kirchenmusikpflege der Reindorfer lores Volantes unter Br. Gerhard Karrer Nachkriegszeit. Besonders gerne führ- COp, des Reindorfer Mariazeller Ver- te er Messen der Vorklassik und der eins sowie von Ingrid Fleischhacker sind Komponisten um 1900 auf bis hin zu wertvolle Zeitdokumente. Heute wirkt zeitgenössischer Musik. Auch die Mit- vor allem das Ensemble Reindorf mit Re- wirkung von Chören und Solisten so- nate Weninger, das jährlich mehrere ein- wie Bläserensembles bei Prozessionen und Fest- drucksvolle Lobpreis-Konzerte darbietet. messen war ihm ein besonderes Anliegen. Schließlich ist bei der Kirchenmusik auch das Als Direktor des Konservatoriums hatte Josef ganze Volk Gottes immer eingeladen durch kräf- Safar auch einen Schüler namens Gerhard Sap- tiges Mitsingen mitzuwirken, denn „Wer singt, pert, der im September 1995 sein Nachfolger an betet doppelt!“ meinte einst auch der Hl. Augus- der Reindorfer Orgel wurde. Unter ihm wurde tinus. die letzte große Orgelrenovierung durchgeführt. Festlich gestaltete Messen mit unterschiedlichen Solisten sowie das Spielen bei Konzerten zu ver- schiedensten Anlässen, so auch bei den Orgelta- gen 2004, sind wichtige Aufgaben des engagier- ten Organisten. Nach dem II. Vatikanischen Konzil hat sich in der Kirchenmusik vieles geändert. Rhythmische Messen und Singgruppen (Scholen) mit Gitarre und anderen rhythmischen Instrumenten haben auch in Reindorf Einzug gehalten. Vor allem der Beginn der Seelsorge durch die Kalasantiner und Schwestern der Jüngersuche im Herbst 1984 war Rhythmische Messe anlässlich der Firmung, ein entscheidender Impuls für kirchengesanglich Jugendschola 2013 46 225 Jahre Pfarre Reindorf Pfarrleben nicht leicht eine ähnliche, so mächtig wirkende Krippendarstellung finden, sodass sich ein eigener Die Pfarre im Jahreskreis Besuch dieser, durch die rastlosen Bemühungen des H.H. Pfarrers Msgr. Roth nunmehr schön renovier- Seit dem Jahr 2010 beginnt das Reindorfer Kir- ten Reindorfer Pfarrkirche sicherlich lohnt.“ chenjahr schon am Freitag vor dem 1. Advent- In früheren computerlosen Zeiten waren Silves- sonntag. Ein Adventkranz, jeweils von der IG der terandacht und -predigt ein wichtiges Ereignis, Kaufleute Reindorfgasse zur Verfügung gestellt, bei dem man einiges über die Statistik erfuhr. ziert den Kirchenplatz und wartet auf den Segen des Pfarrers und auf die feierliche Entzündung der 1. Kerze. Ein neues schönes Brauchtum vor Adventbeginn, welches das gute Miteinander zwischen Bezirk und Pfarre seither jährlich un- terstreicht. An den Advent-Samstagen stimmen die Rora- te-Messen bei Kerzenlicht auf die Ankunft des Herrn ein, so wie dies auch zahlreiche Advent- konzerte des Reindorfer Ensembles in den letzten Jahren gemacht haben. Tradition haben die Be- nefiz-Adventkonzerte des Kulturvereins und der IG Kaufleute mit zahlreichen bekannten Chören und Solisten. Seit einigen Jahren gibt es vielbeachtete Straßen- krippenspiele und Straßensingen der Reindorfer Jugend auf stark frequentierten Wiener Plätzen am 4. Einkaufssamstag im Rahmen der Straßen- mission. Am Heiligen Abend lassen die Kinder- und Seniorenmesse am Nachmittag, oftmals mit einem Krippenspiel, und die Messe zu später Nachtstunde das Wunder von Weihnachten für sehr viele spürbar werden. Bemerkenswert ist die Reindorfer Krippe des Bildhauers Leopold Kastner, die 1906 angeschafft wurde. Sie gilt mit ihren recht großen Figuren, in eine orientalische Landschaft eingebettet, als eine der schönsten Krippen Wiens. 1907, als Kastner oben: Punschstand und Weihnachtsmarkt am Kirchen- auch die noch ausstehenden drei Könige liefer- platz, 2012; unten: Roratemesse bei Kerzenlicht, 2012 te, schrieb die Wiener Zeitung: „Man wird wohl Pfarrleben 47 Schon in den ersten Nachkriegsjahren wurde von Mödling statt, die zu ihrer Blütezeit weit über 50 Kaplan Kubessa, in Anlehnung an einen alten Teilnehmer hatte. Brauch seiner Ybbstaler Heimat, das Sternsingen auf einem kleinen Gebiet der Pfarre Reindorf eingeführt. Reindorf war hiermit eine der ersten Wiener Pfarren, in denen dieser wiederentdeck- te Brauch Einzug hielt. 1959 fand dann auch in Reindorf die erste Sternsingeraktion der Katholischen Jungschar unter Kaplan Teuschl und Ing. Hans Schmidt statt, Ergebnis: 1900 ÖS. Viele Jahrzehnte fand am 5. oder 6. Jänner die von Pfarrer Teuschl eingeführte und von Pfarrer P. Andreas Schöffber- ger Cop fortgesetzte Stern- Nachtwanderung zur Ruine

li.: Christmette in den 1960er Jahren; re. oben: Krippe von Leopold Kastner 1906/1907; re. unten: Krippenspiel in der Kindermette, 2013.

48 225 Jahre Pfarre Reindorf li. oben: Sternsingen im Rahmen des Gottesdienstes, 2013; li, unten: Nachtwanderung Ruine Mödling, 1994; re. oben: Eröffnung des Pfarrballs 1992 durch Pfarrer Teuschl; re. Mitte: Kinderfasching 2014; re. unten: Pfarrball im Jubiläumsjahr 2014 mit dem polnischen Jugendchor Presto

Pfarrleben 49 Wenn auch nach der gültigen Kirchenjahr-Ord- der Fußwaschung der Männer sowie der Gaben- nung von 1969 das Fest der Taufe des Herrn am prozession der Frauen begangen. Am Karfreitag Sonntag nach dem 6. Januar den Weihnachtsfest- erfolgt die Grablegung. kreis beendet, so steht in Reindorf die herrliche Das bestehende Heilige Grab in der Reindorf- Krippe, so wie vorher, bis zur Darstellung des kirche mit lebensgroß geschnitzter Figur wurde Herrn (Mariä Lichtmess) am 2. Februar. An die- um 1900 neu angefertigt und stammt aus der sem Tag findet eine Lichterprozession statt und Schule des bekannten Tiroler Bildschnitzers es wird meist auch schon der Blasius-Segen ge- Josef Bachlehner. Es stellt in dieser Form (Hl. spendet (Festtag am 3. Februar). Grab-Altar) eine Rarität im Wiener Raum dar. In der Faschingszeit gab es nach dem 2. Weltkrieg Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten: Pfarrbälle in Weigels Dreherpark, Faschings- abende im Gasthaus Schlögl oder im Pfarrsaal Oelweingasse. 1977 begann die neue Zeit der Pfarrbälle im Festsaal des alten Westbahnhofs. Danach wechselte man ins Haus der Begegnung, in dem auch 2014 das Jubiläumsjahr mit dem Pfarrball gestartet worden ist. Zwischenzeitlich war man auch im Pensionistenwohnhaus zu Gast. Im neuen Pfarrzentrum fanden in den letzten Jahren auch großartige Faschingskonzerte statt. Viele Jahre war das Preisschnapsen der Männer sehr beliebt. Die Fastenzeit beginnt mit der Spendung des Aschenkreuzes am Aschermittwoch. Der Sup- pensonntag der Caritas ist auch seit über zwei Jahrzehnten ein Fixpunkt in Reindorf. Wesent- lich länger gibt es das 40stündige Gebet, in der Chronik 1898 erstmals erwähnt. Am Palmsonn- tag findet seit vielen Jahrzehnten die Segnung der Weidenkätzchen am Henriettenplatz statt mit da- nach festlichem Einzug in die Kirche. Pfarrer Teu- schl hat den Palmsonntag-Nachmittagskreuzweg in Gumpoldskirchen eingeführt, den es bis heute gibt. Auch die Kreuzwege durch den Bezirk und durch die Innenstadt erfreuen sich heute großer oben: Segnung der Weidenkätzchen am Palmsonntag Beliebtheit. durch Pfarrer Nowotny, 1959; unten: Palmsonntags- Die Abendmahlfeier wird seit langem auch mit Kreuzweg in Gumpoldsdkirchen mit Pfarrer Teuschl, 1972 50 225 Jahre Pfarre Reindorf li. oben: Heiliges Grab (Josef Bachlehner); li. unten Einzug mit der Osterkerze in die Kirche, Pfarrer Teuschl 1990; re. oben: Segnung des Osterfeuers durch Pfarrer P. Andreas, 2002; re. unten: Feier der Osternacht, Kaplan P. Peter Domansky, 2005

Pfarrleben 51 Das Hl. Grab wurde 1996 in seiner ursprüngli- chen Form renoviert. Viele Gläubige besuchen am Karfreitag und Karsamstag die Reindorfkir- che, um vor dem immer prachtvoll geschmückt Hl. Grab zu beten. Die Feier der Osternacht be- ginnt mit der Segnung des Osterfeuers am Kir- chenplatz und endet mit der Auferstehungspro- zession rund um den Häuserblock. In der Zeit vor dem II. Vatikanischen Konzil waren die Maiandachten ein besonders wichti- ges Element. Da es an den Wochentagen keine abendlichen Eucharistiefeiern gab, kam den An- dachten eine besondere Stellung zu. Pfarrer No- wotny lud dazu in den Nachkriegsjahren auch namhafte Maiprediger ein. 1948 kam es zu einem Rekordbesuch bei den täglichen Maiandachten mit Maiprediger Dr. Karl Wehner SAC (ein Pal- lottiner), die Kirche war überfüllt von Gläubigen. Im Jahre 1946 war P. Petrus Pavlicek, OFM, der ein Jahr später den „Rosenkranz-Sühnekreuz- zug“ gegründet hat, Maiprediger in Reindorf (Anmerkung in der Chronik: Sehr guter Erfolg!). Für ihn wurde 2000 der Seligsprechungsprozess eröffnet. Seit 2005 findet in Wien die „Lange Nacht der Kirchen“ als ökumenisches Projekt statt, an dem sich jährlich viele Kirchen beteiligen, so auch die Pfarre Reindorf. Gebete und Gesänge, Konzerte, Meditationen und Vorträge gab es in der „Lan- gen Nacht“ in Reindorf zu hören. Zuletzt wurde meist auch ein Buffet im Pfarrsaal angeboten. Eine übervolle Kirche mit hunderten Besuchern gab es 2006, als die Medjugorje-Seher Jakov Colo und Mirjana Dragicevic zu Gast in Reindorf waren. Ähnlich erfolgreich verliefen die Medi- tations- und Gebets-Abende der „Gemeinschaft oben: Treffpunkt der Erstkommunionkinder am alten Cenacolo“. Spielplatz; unten: feierlicher Gottesdienst zum Empfang Bedeutend ist seit jeher die Erstkommunion. der ersten hl. Kommunion. 52 225 Jahre Pfarre Reindorf Feierliche Fronleichnamsprozession durch das Pfarrgebiet auf unterschiedlichen Routen Pfarrleben 53 Heute ist auch das Sakrament der Firmung ein großes Pfarrfest für die gesamte Pfarrfamilie. Früher wurde die hl. Firmung nur im Stephans- dom gespendet, 1971 erstmals in Reindorf. Am Dreifaltigkeitssonntag ist das Patrozinium von Reindorf. Das Gotteshaus war in seinen frü- heren Jahren auch eine gern besuchte „Dreifal- tigkeits-Wallfahrtkirche“. Nach einer Festmesse findet seit 1990 der Pfarrkirtag meist im Pfarrsaal statt. Das Fest endet mit einer Andacht und dem Sakramentalen Segen in der Kirche. Bei Schön- wetter findet die Festmesse zu Fronleichnam seit 1994 im Hof des Pensionistenwohnhauses Oel- weingasse statt. In früheren Zeiten gab es das Hochamt in der Kirche, während die Jugend am Spielplatz Gottesdienst feierte. Die liturgische Feier bei den einzelnen Altären wird heute von unterschiedlichen Gruppen mitgestaltet (Pfarr- kindergarten, Frauen und Jugend), die Prozessi- on selbst hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Routen genommen. In den Ferienmonaten gab es immer wieder Kin- der- und Jugendlager. Besonders verdienstvoll waren die Ferienaktionen in den Nachkriegsjah-

li.: Reindorfer Jugendlager mit Kaplan W. Teuschl; re. oben: Sommerlager Gosau, 2013; re unten: Winterlager 2013 (beide mit Pfarrer P. Peter Domansky COp) 54 225 Jahre Pfarre Reindorf ren 1947-1949 auf der Kurzecker Alm. Frau Anni Tschinkel, die Gründerin des neuen Reindorfer Kindergartens nach dem 2. Weltkrieg. organi- sierte diese Lager in, in Göstling an der Ybbs. 1999 wurde dort in Erinnerung an die damaligen Ferientage ein Bildstock errichtet. Heute finden Jugend- und Familienlager in den Weihnachts-, Semester- und Sommerferien statt. Am Winterlager 1997/98 nahm auch Frau Mar- garete Domansky, die Mutter des heutigen Rein- dorfer Pfarrers teil. Sie sagte danach: „Ich erlebte sieben gemeinsame Tage für Kleinkinder, Jugendli- che, Erwachsene und Familien, die zusammenge- kommen waren, um füreinander Feuer und Flam- me zu sein. Kinder und Jugendliche wetteiferten mit innerer Freude und Begeisterung, um Lob und Dank aus erfülltem Herzen zu bekunden. Das La- ger war ein ´zündender Beginn´ im Jahr des Hl. Geistes!“ Der September wird auch als „Monat der Schöp- fung“ begangen. Aus diesem Anlass feiert unsere Pfarre am ersten Sonntag des neuen Schuljahres seit Mitte der 2000er Jahre einen Sonntagsgottes- dienst im Freien, der an unterschiedlichen Orten stattfindet (Pfarrgarten, Platz vor dem „Haus der Begegnung“, Kirchenplatz). Im Anschluss gibt es eine Kostprobe verschiedener Früchte als kleine Agape. Seit den 1990er Jahren gibt es im Juni oder Sep- tember beim Reindorfer Straßenfest auch Pfarr- cafe und Pfarr-Flohmarkt am Kirchenplatz und eine offene Kirche, in die viele Menschen gerne eintreten, um inne zu halten oder um eine Kerze zu entzünden. Früher gab es festliche Gartenfeste am Spielplatz, bei denen viele Attraktionen dargeboten wur- oben: Hl. Messe im „Monat der Schöpfung“, 2014; den. Jahrzehntelang fanden regelmäßig ausge- Mitte: Agape am Kirchenplatz, 2013; wählte Vorträge und auch Bildungsfahrten statt. unten: Bildungsfahrt Rohrau, Haydnhaus, 2009 Pfarrleben 55 Diese Angebote des Katholischen Bildungswer- Wichtige Ereignisse kes veranstaltete meist Pfarrgemeinderat Ing. Hans Schmidt. Rund um das Jubiläumsjahr 2014 Waren in früheren Jahrzehnten vor allem die gab es zwei viel beachtete und ausgezeichnet be- Pfarrmission oder auch „Religiöse Wochen“ suchte Vorträge des Historikers und Bestsellerau- durch Lazaristen, Redemptoristen oder andere tors Michael Hesemann im Pfarrsaal, bei denen Orden Veranstaltungen der inneren Erneuerung, viele Berichte aus der Heiligen Schrift sehr an- so haben sich unter den Kalasantinern die regel- schaulich geworden sind. mäßigen Meditations-, Gebets- und Vortragsan- Mit dem „Sonntag der Völker“ Ende September, gebote intensiviert. Die Jüngergemeinschaft ver- früher „Ausländersonntag“ genannt, setzt die ka- anstaltete ab den 1990er Jahren Exerzitien in St. tholische Kirche seit vielen Jahren ein Zeichen , Einkehrtage und unterschiedliche Glau- der Völkerverständigung und ruft zur Einhaltung bensangebote im Pfarrzentrum. der Menschenwürde und der Menschenrechte Pfarrer Teuschl und Pater Andreas Schöffberger auf. Im 15. Bezirk, einem Ort, an dem über 140 Cop hielten Bibelrunden. Nationen leben, hat dieses Bewusstsein eine im- Zum Tag der Hauskirche 2001 gab es viel beach- mer größere Bedeutung und wird in Reindorf tete Vorträge und geistliche Impulse durch Bi- nicht nur an diesem Tag geweckt. Kroatische schof DDr. Klaus Küng. Die Wiener Stadtmission Gottesdienste und Gebete zu besonderen Anläs- im Juni 2003 hielt mehrere Stationen im Pfarr- sen sowie mehrsprachige Folder gehören immer gebiet. Als Impuls diente eine „rote Tür“, die ver- mehr zum Reindorfer Angebot. Auch der Welt- schiedene Prominente durchschreiten mussten, missionssonntag Ende Oktober, an dem der in so z.B. der Autor Martin Heidinger im Gasthaus Reindorf regelmäßig vorhandene 3.-Welt-Markt Quell. Ein besonders wirkungsvolles Missions- besondere Waren anbietet, ist eine ähnliche welt- mittel wurde eine Oldtimer-Tramway mit der weite Solidaritätsaktion der Katholiken. etliche Pfarrmitglieder gemeinsam mit der Pfarr- Das Kirchenjahr neigt sich mit dem Erntedank- geistlichkeit durch Wien fuhren. fest langsam dem Ende zu. Seit dem Jahre 2008 hat Im Laufe der Pfarrgeschichte gab es zahlreiche Reindorf eine von der IG der Kaufleute gespen- Konzerte namhafter Personen in der auch akus- dete Erntekrone, die jedes Jahr neu geschmückt tisch ausgezeichneten Kirche. Besonders bedeu- am Kirchenplatz gesegnet wird und danach in tend ist seit vielen Jahren die Zusammenarbeit die Kirche zur Festmesse getragen wird, die vom mit dem Kulturverein 15 und den Kaufleuten der Pfarrkindergarten mitgestaltet wird. Danach gibt Reindorfgasse, durch die es großartige Gastauf- es beim Pfarrheurigen ein buntes Programm für tritte gab, wie mit den Don Kosaken, dem Schu- Jung und Alt. Zu Allerseelen denken wir an unse- bertbund oder den Wienerwald Sängerknaben. re Verstorbenen, zunächst seit 1993 bei der An- Letztere sangen übrigens 1949 in vier Gottes- dacht am Baumgartner Friedhof (Gruppe O) und diensten eines einzigen Sonntags in der nach dem am Abend beim Requiem in der Pfarrkirche, bei 2. Weltkrieg wieder hergestellten Pfarrkirche. dem besonders die Verstorbenen des jeweiligen Ein besonderes Erlebnis war die Musical-Collage Jahres im Mittelpunkt stehen. „Die größte Liebesgeschichte aller Zeiten“ von 56 225 Jahre Pfarre Reindorf und mit Inge Opitz. Über 30 Mitwirkende (ent- weder direkt als Solist, Tänzer und im Chor bzw. indirekt bei Beleuchtung, Technik und Choreo- graphie) und viele freiwillige Helfer waren bei diesem Ereignis im Einsatz. Das Mysterienspiel hatte am 30. Mai 2003 seine Premiere in der Pfarrkirche. Der 10 Minuten anhaltende Schluss- applaus bewies, wie gut dieses moderne Mysteri- enspiel gelungen war. Es gab zwei Zusatzauffüh- rungen, eine davon auch in Reindorf. Beachtenswert waren zwei sehr gut besuchte Be- nefizkonzerte zugunsten der Flutopfer in Südost- asien nach dem Seebeben 2004, beide moderiert vom ehemaligen ORF-Reporter Dr. Sigi Berg- mann. Immer wieder gab es im Lauf der Jahrhunderte Konzert- und Theateraufführungen in und rund um die Pfarre, da man früher keinen geeigneten eigenen Saal hatte. So fanden einige Reindorfer Veranstaltungen auch im ehemaligen Theatersaal der Kalasantiner in der Dingelstedtgasse statt (1949: Konzert der „Wienerwaldsängerknaben“). Nach der Eröffnung des eigenen Spielplatzes fan- den dort auch Open-Air-Veranstaltungen statt, so die in der Chronik besonders gelobten Jeder- mann-Aufführungen im Jahre 1951. Besonders erfreulich war es, wenn gebürtige Reindorfer eine Berufung zum Priesterberuf hatten. Besonders gut dokumentiert ist die Pri- miz von H.H. Franz Zach am 3. Juli 1955. Un- ter großer Anteilnahme der Gläubigen wurde er von seinem Elternhaus in der Kellinggasse in die Pfarrkirche geleitet. Ein anderer gebürtiger Rein- dorfer, Kaplan Karl Rassl, hielt die Primizpredigt. Franz Zach war Studienkollege und Freund von oben: „Jedermann“-Aufführungen am Spielplatz, 1955; Dr. Madinger. Mitte: Musical „Die größte Liebesgeschichte“, 2003; Ein großes Ereignis für unsere Pfarre war der 8. unten: Adventkonzert mit dem Schubertbund, 2013 April 1996. Pfarrleben 57 An diesem Tag fanden die ersten beiden Priester- weihen in Reindorf statt. P. Michael Lechner COp und P. Ludwig Deyer COp wurden vom Wiener Erzbischof Dr. Christoph Schönborn (damals noch nicht Kardinal) zu Priestern geweiht, dazu auch noch P. Daniel Schmalwieser COp zum Di- akon. Zirka 700 Gläubige kamen zu diesem Fest. Eine weitere zweifache Priesterweihe gab es am 29. Mai 2000:

li. oben: Primizsegen von Franz Zach (gebürtiger Reindorfer), 1955; li. unten: Nach der Priesterweihe von P. Ludwig Deyer COp durch Erzbischof Schönborn; re. oben: Primizsegen von P. Daniel Schmalwieser COp; li. Mitte: Priesterweihe von P. Peter Domansky COp durch Kardinal Meisner; re. unten: Diakonenweihe von P. Markus Fleischmann COp, 2013 58 225 Jahre Pfarre Reindorf Wallfahrt auf den Spuren des inzwischen heilig gesprochenen Papstes Johannes Paul II. mit Pfarrer P. Peter Domansky COp (Tschenstochau, 2012)

P. Peter Domansky COp und P. Christian Leit- Spuren der Päpste“ Johannes Paul II. (2012) und ner COp wurden vom Kölner Kardinal Joachim Benedikt XVI. (2014). Meisner geweiht. Schließlich hat Weihbischof Dr. Franz Scharl in Reindorf P. Markus Fleischmann COp am 7. Juni 2013 zum Diakon geweiht. Alteingesessene Reindorfer Familien Unterschiedliche Wallfahrten fanden im Lauf der 225 Jahre der Reindorfer Pfarrgeschichte statt. Seit vielen Jahrzehnten blieben nur sehr wenige Waren es zu Beginn nur Ausflüge rund um das Menschen den Großteil ihres Lebens im Reindor- Wiener Stadtgebiet, fanden später längere Ta- fer Wohngebiet, was eine kontinuierliche Pfarrar- gesfahrten und mehrtägige Fuß- und Buswall- beit nicht erleichterte. Dennoch findet man allein fahrten statt. Die letzten beiden Pfarrwallfahrten in der Liste der Pfarrgemeinderäte der letzten waren Bustouren zu Wallfahrtsstätten „auf den Jahrzehnte alteingesessene Reindorfer Familien.

Pfarrleben 59 Stellvertretend für alle Alt-Reindorfer hat Frau des Gotteshauses muss ich daran denken, dass seit Hilda Pertl dankenswerter Weise den über 160 1852 und wahrscheinlich schon früher meine Fa- Jahre alten Reindorf-Bezug ihrer Familie aus den milie vor dem gleichen Hochaltarbild gekniet ist, Matriken zur Verfügung gestellt, einer Familie, vielleicht sogar in der gleichen Bank gebetet hat. die in vier Generationen in Reindorf geheiratet Reindorf bedeutet für mich Heimat und Verbin- hat, zweifellos eine Rarität: dung zu Gott im oft schwer zu meisternden Alltag.“

• Hochzeit der Urgroßeltern väterlicherseits am 7. Februar 1853 in Reindorf, getraut von Pfarrer Bekannte Reindorfer Persönlichkeiten Ferdinand Künstler: Lorenz Rössler, Viktualienhändler, geb. Eine der berühmtesten Volkssänger und Cou- 1818 in Prellenkirchen pletdichter seiner Zeit Edmund Guschlbauer Elisabeth Kappner, Tochter eines Sattler (16.10.1839-6.02.1912) übersiedelte bald nach meisters, geb. 1824 in Mistelbach seiner Geburt ins Reindorfer Pfarrgebiet und besuchte hier auch die Pfarrschule. Als Volks- • Hochzeit der Großeltern am 26. Oktober 1879 sänger wurde er als Interpret von Wienerliedern in Reindorf, getraut von Pfarrer Franz Peppert: bekannt, sein bekanntestes Lied „I bin a alter Josef Vietz, Fleischselcherghilfe, geb. Draher“ wurde zu einer Art Hymne des wieneri- 1845 in Niklasdorf/ k. & k. Schlesien schen Leichtsinns. Sein Ehrengrab befindet sich (verwandt mit Maria Elisabeth Katharina am Zentralfriedhof. Vietz, Mutter von Franz Schubert) Hans Rott (1.08.1858-25.06.1884) war Sohn Elisabeth Rössler, geb. 1858, St. Ulrich des seinerzeit berühmten Wiener Schauspielers Karl Rott, der seine Karriere 1874 auf Grund ei- • Hochzeit der Eltern am 2. Oktober 1932 in nes Bühnenunfalls aufgeben musste. Hans wur- Reindorf, getraut von P. Hammerl CM: de in der Ortschaft Braunhirschen geboren. Er Viktor Vietz, Fleischselcher, geb. 1892 in war Komponist und Organist. Seine Sinfonie in Neulerchenfeld E-Dur ist ein erstaunlich modernes Werk und Helene Plansky, geb. 1900 in Meidling, nimmt viele Elemente der Sinfonien Gustav Mah- getauft in Reindorf lers vorweg. Er starb recht jung an Tuberkulose. Rudolf Prack (2.08.1905-2.12.1981) war einer • Hochzeit von Frau Hilda Pertl am 19. Mai 2001 der beliebtesten Schauspieler seiner Zeit und in Reindorf, getraut von Pfarrer P. Andreas wurde in unserer Pfarre in der Hollergasse 47 Schöffberger COp: geboren, getauft und verbrachte hier auch sei- Johann Pertl ne Kindheit. Er spielte Hauptrollen in mehr als Hilda Vietz 100 Filmen. Bekannt sind bis heute seine beiden „Mariandl“-Filme. Seine letzte Rolle spielte er im Frau Pertl schreibt über die lange Reindorf-Ge- Ringstraßenpalais (TV-Serie). Sein Sohn Michael schichte ihrer Familie: „Jedes Mal beim Betreten ist Redakteur eines Wochenblattes. 60 225 Jahre Pfarre Reindorf Paula Wessely (20.01.1907-11.05.2000) ent- (19.07.1876-2.08.1932) wurde in der Pfarrkirche stammte einer Sechshauser Fleischhauerfamilie Reindorf getauft. Sein Geburtshaus war in der und wurde im Hause Sechshauser Straße 13 ge- Märzstraße 48. Seine Eltern haben am 22.11.1874 boren und in der Salvatorkapelle nach altkatho- in Reindorf geheiratet. 1899 wurde er zum Pries- lischem Ritus getauft. Sie war als Theater- und ter geweiht und war danach Theologieprofessor Filmschauspielerin der Liebling von mehreren in Salzburg und Wien. Noch von Kaiser Karl Generationen und verheiratet mit Attila Hörbi- wurde er zum Minister für Arbeit und Soziales ger. Ihre Töchter Christiane Hörbiger, Elisabeth ernannt. Als solcher war er an der Textierung der Orth (Name der Großmutter) und Maresa Hör- Verzichtserklärung beteiligt, die der Kaiser am biger wurden auch Schauspielerinnen. 11. November 1918 unterzeichnete. Seipel wurde Alfons Petzold (24.09.1882-26.01.1923) wurde Obmann der Christlich Sozialen Partei und war in der Robert Hammerling-Gasse geboren. Nach von 1922-1924 und von 1926-1929 Bundeskanz- dem Tod der Mutter im Jahre 1902 machte er un- ler in einer Zeit, die vom aufkommenden Natio- ter dem Einfluss der Lektüre Tolstojs eine Phase nalsozialismus beherrscht worden ist und in der religiöser Begeisterung ein „Deutsches Reich“ durch. Später schloss er auch für Österreich sich der Sozialdemokra- immer spruchreifer tie an und wurde durch wurde. Seipel war ein 41 Bände seines Werkes guter Priester. Als Poli- zum Arbeiterdichter Ös- tiker blieb er in dieser terreichs. schweren Zeit umstrit- Die große Lyrikerin Chris- ten, auch nach seinem tine Busta (23.04.1915- frühen Tod, der eine 3.12.1987) wurde in der Spätfolge des zunächst Turnergasse 26 geboren. überstandenen At- Trotz ihrer Armut in der tentats von 1924 war. Kindheit und ihres Exis- Pfarrer August Hauser im Gespräch mit Bundeskanzler Seine erste Ruhestät- tenzkampfes nachdem sie Ignaz Seipel, einem gebürtigen Reindorfer te fand Seipel in der früh Kriegswitwe gewor- Christkönigskirche den war fand sie einen unerschütterlichen Glau- Neufünfhaus, die als Gedächtniskirche für ihn ben an Gott und die Liebe an seine Schöpfung. errichtet worden war, ab 1939 dann am Zentral- Ihre Dichtkunst spiegelt diese Lebenseinstellung friedhof. wieder. Viele ihrer Themen und Bilder bezog sie Auch der heutige Bezirksvorsteher Gerhard Zat- aus dem Evangelium. Ihre Gedichtsammlungen lokal (*21.01.1960) wohnte viele Jahre in der „Die Sternenmühle“ und „Die Zauberin Frau Reindorfgasse und kommt gerne zu den jährli- Zappelzeh“ erreichten viele Kinderherzen. chen Straßenfesten sowie auch zum Adventkon- Auch einer der wichtigsten Politiker in der Zeit zert nach Reindorf zurück. von der Monarchie zur Demokratie Ignaz Seipel Pfarrleben 61 Gegenwart und Zukunft

Bevölkerungsstruktur & Veränderung

Für die seelsorgliche Entwicklung der ersten Jahrzehnte war prägend, dass die im Pfarrgebiet ansässige Oberschicht, d.h. die Adelsfamilien und der Geldadel, vorerst noch nicht in die „neue“ Kirche wechselten, sondern noch in ihren ange- stammten Gemeinden in Gumpendorf und Pen- zing oder bei verschiedenen Klöstern blieben. So entstand in Reindorf eine Gemeinde, die primär durch Handwerker, Arbeiter und Tagelöhner ge- prägt war und sich die Pfarre zu einer Bürger- und Arbeiterpfarre entwickelte, in der die soziale Betreuung mindestens so wichtig wie die geistli- che Betreuung wurde. Um 1850 hatte sich das vormals ländliche Rein- dorf immer mehr zu einem Industrieviertel ent- wickelt. 1863 wurden die drei Gemeinden Rein- dorf, Rustendorf und Braunhirschengrund zum Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (re) bei der Maibaum- Ort Rudolfsheim zusammengelegt (nach dem segnung mit IG Kaufleute-Obmann Hans Hatzl (li) und Thronfolger Kronprinz Rudolf). Pfarrer P. Andreas Schöffberger COp, 2010 Von 1831 bis 1870, also in 39 Jahren, stieg die Be- völkerung von 16.000 auf 63.000 an. Die Pfarre In der Reindorfgasse wohnte einige Jahre lang zählte 59 992 Katholiken und 3315 Andersgläu- Willi Resetarits (*21.12.1948), der mehrere Auf- bige. tritte in der Reindorfgasse hatte und seine letz- Selbst nunmehr sechs Geistliche (der Pfarrer be- te „Ostbahn Kurti“-CD 2003 im Gasthaus Quell kam einen fünften Kaplan) waren für eine funkti- aufnahm. onierende Pfarrseelsorge einfach zu wenig. 1874 Der Pionier des Austropop Georg Danzer war der absolute Höhepunkt in der Bevölke- (7.10.1946-21.06.2007), der im Gymnasium rungsentwicklung: 3011 Taufen, 754 Trauungen Diefenbachgasse maturierte, beschreibt in sei- und 2550 Begräbnisse. ner Biographie die vom Religionsprofessor Dr. Erst 1875 wurden die Grenzen der Großpfarre zu Herbert Madinger initiierten monatlichen Herz- Penzing und zu Fünfhaus hin verändert und das Jesu-Schülergottesdienste, die in der Pfarrkirche Pfarrleben für die Seelsorge etwas erträglicher. Reindorf stattgefunden haben. Am 17. Oktober 1875 wurde die Kirche „Maria 62 225 Jahre Pfarre Reindorf vom Siege“ geweiht, am 1. Jänner 1876 die neue Gelöbnisses des damaligen Erzbischofs Kardinal Pfarre Fünfhaus errichtet. Dr. Theodor Innitzer, nach Kriegsende eine neue 1885 wurde die Klosterkirche der Armen Schul- Kirche zu erbauen. Es entstand die Herz Mariae- schwestern in der Fünfhausgasse eingeweiht. „Notkirche“, errichtet unter großen Opfern und 1889 wurde die Kalasantinerkirche in der heu- unter tätiger Mithilfe der Bevölkerung und des tigen P. Schwartz-Gasse konsekriert und am 24. Kaplans (Ehrenname „Schuttkaplan“), 1949 ein- November wurde P. Schwartz mit den ersten fünf geweiht und 1955 zur Pfarre erhoben. Brüdern eingekleidet. Da ab den 1970er Jahren die Zahl der katholi- Aber auch noch 1890 wurde die Leistungskraft schen Gläubigen wienweit kontinuierlich abge- der Pfarrgeistlichkeit mit 2301 Taufen, 840 Trau- nommen hatte, gab es um die Jahrtausendwende ungen und 2066 Begräbnissen auf eine harte Pro- erste diözesane Bemühungen, Pfarrgrenzen flexi- be gestellt. Pfarrer Peppert klagte, dass der eine bler werden zu lassen. So gab es von September Kaplan überhaupt nicht mehr vom Friedhof zu- 1999 (offiziell 2000) bis August 2008 den Pfarr- rückkomme, da so viele Einsegnungen zu halten verband Reindorf und Schönbrunn-Vorpark, der waren. Weitere Pfarrneugründungen waren not- dann wieder aufgelöst worden ist. wendig und wurden ins Auge gefasst. Im Jahr 2000 hatte die Stadt Wien das letzte Mal Am 27. September 1892 erfolgte die Grundstein- mehr als 50% Katholiken. Bis 2013 fiel die Katho- legung der Pfarrkirche Rudolfsheim durch Kar- likenzahl auf 37,1% (654.223). Reindorf hat in dinal A. Josef Gruscha unter der Teilnahme von den letzten 25 Jahren einen Rückgang von 7.101 Kaiser Franz Josef I. Die neue Pfarre wurde dann (1988) auf 3.477 (2013) Katholiken. 1899 errichtet und somit veränderten sich wieder In Folge dieser massiven Veränderungen ent- die Pfarrgrenzen. stand in einem mehrjährigen Struktur- und Er- Im Jahr 1890 wurde auch die Eingemeindung der neuerungsprozess ein neues Zukunftsmodell Vororte außerhalb des Linienwalls in das Stadt- der Kirche für das Dekanat des 15. Bezirks, das gebiet von Wien beschlossen. Im Bereich des 15. künftighin aus wirtschaftlichen und seelsorgli- Bezirks war die Einteilung anders als jetzt: Die chen Gründen nur mehr aus zwei große Pfarren Gemeinden Rudolfsheim (mit Reindorf) und bestehen soll. Eine Pfarre mit fünf Pfarrgemein- Sechshaus bildeten gemeinsam den 14. Bezirk den wird oberhalb der Westbahn beheimatet sein Rudolfsheim, die Gemeinde Fünfhaus wurde (Pfarre „Hildegard Burjan“). Die Zusammen- zum 15. Bezirk. führung der unterhalb der Westbahn gelegenen 1919 wurden die Pfarrgrenzen von der Schmelz- Pfarren Reindorf mit Fünfhaus (Maria vom Sie- brücke bis zur Schönbrunner Hofallee neu be- ge) zur Pfarre „Reindorf-Fünfhaus“ soll in den stimmt. 1938 wurden die Bezirke Rudolfsheim kommenden Jahren abgeschlossen werden. und Fünfhaus zum 15. Bezirk zusammengefasst. Die Pfarre Reindorf geht frohen Mutes in die 1947 übersiedelte Kaplan Georg Springer in die Zukunft. Zum einen verspricht eine im Sommer Winkelmannstraße, um dort für die noch immer 2014 veröffentlichte Statistik gute Bedingungen: recht große Pfarre Reindorf eine Seelsorgestation Der 15. Bezirk ist der Bezirk mit dem jüngsten aufzubauen. Dies war auch die Einlösung eines Altersdurchschnitt von ganz Wien (38,6 Jahre). Gegenwart und zukunft 63 Zum anderen befinden sich unter den jugendli- Von der Weltpfarre zur Ordenspfarre chen Zuwanderern sehr viele Menschen aus tra- ditionell katholischen Ländern (Kroatien, Polen, Die Gesetzgebung von Joseph II., die für hunder- Slowakei, …), die unserem Pfarrleben neue, le- te Klöster zur Stilllegung führte, war gleichzeitig bendige Impulse verleihen. Die Gesamtbevölke- die Geburtsstunde für die Pfarre Reindorf. Einige rung in Rudolfsheim-Fünfhaus ist zwischen 2005 der ehemaligen Ordensgeistlichen waren nun die und 2013 um 4.060 Einwohner gewachsen (auf ersten Seelsorger in unserer Pfarre, die somit in insgesamt 73.527), was auf relativ günstige Miet- den ersten Jahren nach der Gründung auch das preise aber auch auf eine verbesserte Lebensqua- Pfarrleben prägten. lität unserer Gegend hinweist, die dieses Gütesie- Erster Reindorfer Pfarrer (1789-1794) war Urban gel lange Zeit nicht getragen hat. Franz Mayer, ein ehemaliger Trinitarier (Orden der Heiligen Dreifaltigkeit), also sehr gut für die Am 31. Dezember 2013 zeigte sich für das Rein- neue Dreifaltigkeitskirche. Nach weiteren zwei dorfer Pfarrgebiet folgende Bevölkerungsstruk- Pfarrern, die aus Orden hervorgingen, wurde tur: 1800 der erste Weltpriester Reindorfer Pfarrer (Johann Dobler). Und so blieb es dann bis 1992, Katholikenzahl: 3.477 als P. Andreas Schöffberger COp erster Kalasanti- Ohne Bekenntnis: 2.723 ner-Pfarrer in Reindorf wurde. Schon 1984 nahm Taufen: 23 er gemeinsam mit P. Christian Oppitz unter Mit- Trauungen: 6 hilfe von Mitbrüdern und den „Schwestern der Begräbnisse: 41 Jüngersuche“ die Seelsorgearbeit in Reindorf auf, Kirchenaustritte: 74 um vor allem die Kinder- und Jugendarbeit neu Wiederaufnahme: 6 zu beleben. Kirchenbesucher im Advent: 315 Auch in den langen Jahren, in denen Weltpfarrer wirkten, gab es vereinzelt Kapläne und Seelsor- Für die Seelsorge bedeutsam sind folgende Tatsa- ger aus Ordensgemeinschaften, die in der Pfarre chen: Die weitaus meisten Menschen in unserem Reindorf tätig waren. So wirkte 1939/40 der Ka- Pfarrgebiet sind ledig (1.745), weitere 264 sind lasantiner-Kaplan Heinz Burk in Reindorf. verwitwet (davon 222 Frauen). Verheiratet sind Eine wichtige Funktion in der Pfarre hatten 1.033 Gläubige unserer Pfarre. Die größte Grup- ein dreiviertel Jahrhundert die Barmherzigen pe ist die der Pensionisten (819), 634 sind An- Schwestern durch die Führung des Sechshauser gestellte, 273 Arbeiter, 143 Selbständige und 89 Bezirksspitals (1857-1891) sowie durch die Lei- Beamte. Am stärksten ist die Gruppe der 21- bis tung des ersten Reindorfer Pfarrkindergartens 30jährigen vorhanden, das sind die jungen Er- (1868-1938). Die „Schulschwestern von Unserer wachsenen. 64 Studenten leben im Pfarrgebiet. Lieben Frau“ wiederum begannen ihre Tätigkeit Die Katholikenzahl setzt sich aus 1872 Frauen 1860 mit der Führung eines Waisenhauses. und 1605 Männern zusammen. Nach 1945 half Sr. Friedberta (ehem. Englisches Fräulein aus Bayern) in der Seelsorge mit. 64 225 Jahre Pfarre Reindorf Sr. Maria Dolorosa kam 1962 nach Reindorf, seit 1998 diözesan anerkannt ist. Seit 1984 ha- wirkte in der Kinderseelsorge und im Pfarrhaus. ben unter anderem Sr. Luise Pollanz, Sr. Helene Sie starb 1979 als Letzte ihrer „Kongregation der Brandstetter, Sr. Magdalena Holzmann, Sr. Beate Opferschwestern von Jesus“. Reichardt und Sr. Edith Sauschlager in Reindorf unzählige Gebetsgruppen aufgebaut, Hausbesu- che mit der Wandermuttergottes gemacht und wertvolle Seelsorgdienste geleistet. Unterstützt wurden die Schwestern in dieser Zeit auch durch mehrere Brüder der Kalasantiner- kongregation: Br. Gerhard Karrer, Br. Tamás Bati, Br. Stefan Pöll, Br. Ossi Hochstöger u.a.

Das Pfarrcafé

Eine nicht unwichti- ge Einrichtung ist das Pfarrcafé, das in der heutigen Form seit etwa 2008 existiert. Nach der Familien- Helga Herzan beim Pfarrcafe messe findet man sich für etwa eine Stunde bei Café und Kuchen im Fo- Sr. Maria Dolorosa wirkte von 1962-1979 als yer des Pfarrzentrums ein. Frau Angelika Derfler Seelsorgeschwester in Reindorf. hat über die „Gemeinschaft im Pfarrcafé“ eine 36seitige Studienarbeit in Kultur- und Sozialan- Die Gemeinschaft der „Schwestern der Jünger- thropologie verfasst und dazu im Frühjahr 2013 suche“ hat ihre eigentlichen Wurzeln in Rein- zehn Wochen das Reindorfer Pfarrcafé besucht. dorf. Sie ist aus den Gruppen der Katholischen Sie schreibt abschließend: „Das Pfarrcafé lässt Glaubensinformation hervorgegangen. Einige sich als ein wichtiger Faktor zur Aufrechterhal- der hauptberuflichen Mitarbeiterinnen von Dr. tung einer bestehenden Gemeinschaft bezeichnen. Herbert Madinger, der die KGI im Reindorfer Es kann als Drehpunkt der Kommunikation in der Pfarrgebiet gründete und leitete, hatten sich 1979 Pfarre interpretiert werden, da hier die meisten zu einer Schwesterngemeinschaft zusammenge- Mitglieder zusammen treffen. Vor allem die Inte- schlossen. Von Anfang an war das Wirken der gration in die Pfarre funktioniert über das Pfarr- „Schwestern der Jüngersuche“ mit dem Kalasan- café, sei es nun durch anfängliche Gespräche, aber tinerorden verbunden. Aus dieser Zusammenar- auch durch die prozesshafte Einbindung in den beit entwickelte sich die Jüngergemeinschaft, die Pfarralltag durch kleinere Aufgaben.“ Gegenwart und zukunft 65 Das Werk von P. Anton Maria Schwartz ger in Reindorf, ehe er dann durch die Kontakte und Msgr. Dr. Herbert Madinger zum Knabeninstitut in der heutigen Gebrüder- Lang-Gasse (damals Tellgasse), das ebenfalls den Lange Zeit in Vergessenheit geraten ist die Tatsa- Barmherzigen Schwestern gehörte, seine Beru- che, dass der Gründer der Kalasantiner, der sel. fung zum Lehrlingsapostolat verspürte. Am 31. Pater Anton Maria Schwartz (1852-1929) einst Mai 1886 war sein offizielles Ausscheiden als auch im Reindorfer Pfarrgebiet als Seelsorger ge- Spitals-Seelsorger. Knapp drei Monate zuvor war wirkt hat: der Beginn seiner intensiven Lehrlingsseelsorge. Schon in seiner Studienzeit half der Priester- Wenige Zeit später wurde das „Sechshauserspi- kandidat Anton Schwartz in Neulerchenfeld, Alt tal“ niedergerissen und die Mädchenhauptschule Ottakring, Währing und Reindorf aus. Johannes Heinickegasse an seiner Stelle errichtet, die bis Bruckner berichtet in seinem biographischen heute als Pflichtschule in Funktion ist. Roman über Anton Schwartz von dessen langem Der am 21. Juni 1998 von Papst Johannes Paul Gespräch mit dem Mesner von Reindorf. Dabei II. selig gesprochene P. Anton Maria Schwartz wird auch über die große Bautätigkeit in den baute bei seinen Lehrlingen auf den Grundsätze 1870er Jahren berichtet, als immer mehr Zins- der Liebe, des Respektierens und des friedlichen häuser und Fabriken in den Vororten entstanden. Miteinanders auf, damit diese neben der religiö- Auf der Ecke Heinickegasse/ Sechshauser Straße sen Formung eine allumfassende wertbezogene stand auf dem damaligen Reindorfer Pfarrge- (Berufs-)Ausbildung für ihre Zukunft erhielten. biet von 1857 bis 1891 das Bezirkskrankenhaus P. Schwartz errichtete mehrere Tagesheimstätten, „Sechshaus“, genannt „Sechshauserspital“. Am 22. September 1879 wurde P. Schwartz, der vorher Kaplan in Marchegg war, zum Spiritu- al und Spitalseelsorger bei den Barmherzigen Schwestern ernannt und so begann - eigentlich in Reindorf - sein priesterlich-apostolisches Wir- ken im 15. Wiener Gemeindebezirk. - Nach an- fänglichen Anpassungsschwierigkeiten wurde P. Schwartz als Spitalseelsorger bald sehr beliebt und es heißt, dass er „so manchen armen Patien- ten unterstützte und beim Verlassen des Spitals ei- nen neuen Anzug bei einem eigenen Maßschneider machen ließ. Gleichzeitig lag das Spital nun einmal in einem Handwerksviertel, wodurch er deren Mi- lieu gut kennenlernte, das ihm bald für seine ei- gentliche Berufung von großem Nutzen sein sollte.“ (P. Dr. Josef Kerbler COp). P. Schwartz mit seinen Lehrlingen Einige Jahre wirkte P. Schwartz als Spitalseelsor- (P. Schwartz-Museum der Kalasantiner) 66 225 Jahre Pfarre Reindorf setzte sich für einen arbeitsfreien Sonntag, den nahme gefreut hatten. Selbst ein konfessionsloser Acht-Stunden-Tag, Lehrlingsurlaub, Gewerk- Mitschüler besuchte den Unterricht. schaften, menschliche Behandlung und Sozial- Der Frühgottesdienst am Herz-Jesu-Freitag in versicherung ein. Er nahm auch an mehreren der Pfarre Reindorf war für die meisten Schüler Streiks teil. Der Orden der Kalasantiner machte ein persönlicher Pflichttermin. Gottesbeweise wa- die Lehrlingsbetreuung in seinen Anfangsjahren ren ihm wichtig. Nicht ohne Grund schrieben wir zu den Hauptaufgaben. in der Scherz-Bücherecke unserer Maturazeitung Viele Jahrzehnte später war es der Weltpriester 1961: Dr. H. Madinger: Meine hundert schönsten Dr. Herbert Madinger (1922-2010), der 1961 Gottesbeweise. als Kaplan nach Reindorf kam und im Gebet Seine Berufung zum Priester traf ihn in der Kriegs- und Apostolat die beiden Schwerpunkte seines gefangenschaft, nachdem er als Kampfflieger mit priesterlichen Lebens sah. Dabei fand auch er seiner Maschine in eine Hochspannungsleitung ge- – wie P. Schwartz – durch seine Begegnung mit raten war und dabei fast erblindet ist.“ der Jugend seine eigentliche Es entstanden viele Aktionen Lebensberufung. Als Religi- für das Gebet und das Apos- onsprofessor unterrichtete er tolat, neue Impulse zur Mit- 15 Jahre am Gymnasium in arbeit, Ideen und Wege, um der Diefenbachgasse, das im den Glauben in den Menschen Reindorfer Pfarrgebiet liegt. zu wecken und zum Brennen Für die fragenden Schüler zu bringen. Die Hausbesuche und alle suchenden Men- mit der Wander-Muttergottes schen begann er seine ersten und das Verteilen der selbst- Glaubensbriefe zu schreiben. geknüpften Rosenkränze ge- Als Spätberufener, der erst hörten wie die Spruchplakate, spät zum tiefen Glauben ge- die selbst in österreichischen funden hatte, wollte er denen Dr. Herbert Madinger Fernsehfilmen an Hausein- helfen, die ähnliche Fragen gängen zu sehen waren, zum hatten. „Ist Dir Gott ein Rätsel?“ lautete der erste regelmäßigen Missionsprogramm der KGI. Abreißblock mit Bestellkarten für die Glaubens- Für die Jugend gab es „Tage des Gesprächs und briefe. Und diese gibt es seit 1965 als „Briefe der der Begegnung“ (TGB) am Wochenende, die sich Kath. Glaubensinformation der Erzdiözese Wien“ in den 1970er Jahren großer Beliebtheit erfreuten bis zum heutigen Tag. und auch heute in ähnlicher Form stattfinden. Ein Schüler Dr. Madingers, Herr Dkfm. Erich Pe- Gleichzeitig kam es zu einer immer stär- karek sagt über seinen Religionsprofessor: ken Beziehung zu den Kalasantinern (P. „Erwähnt werden muss, dass Dr. Madinger eine Peter Lier COp und P. Johannes Jam- außergewöhnlich charismatische und mitreißende mernegg COp) und auch zu den späteren Persönlichkeit war. Seine Religionsstunden waren Schwestern der Jüngersuche (Sr. Maria Herndler). derart gestaltet, dass wir uns auf diese ohne Aus- P. schwartz & Dr. Madinger 67 Ab 1984 kam es dann in Reindorf zu einer visorisch geführten Pfarrgeschäfte übernommen schrittweisen Übernahme der Pfarrseelsorge. und am 1. Jänner 1802 mit seinem Nachfolger die durch die Kalasantiner und die Schwestern. Bis Pfarre Auerstal getauscht. 2006 lebte der Gründer der KGI zunächst im 4. Johann DOBLER, Weltpriester, (1802-1810). Pfarrhof, dann im Salettl der Pfarre Reindorf. Er kam von Auerstal, starb hier am 4. Juni 1810 Das Werk von P. Schwartz erfuhr durch Dr. Ma- und wurde am 6. Juni auf der Schmelz begraben. dinger in Reindorf einen neuen Anfang. Beide 5. Karl Eduard HAUSMANNINGER (1810- Priester hinterließen ein reiches Erbe an geist- 1829), f.e. Konsistorialrat und Vizedechant, ge- licher Vision und hilfreichen seelsorglichen boren in Pressburg. Er kam von Deutsch-Wa- Werkzeugen, mit denen schon Generationen gram im November 1810. Er starb an Schlagfluss von Menschen in ihrer Suche nach Gott und ei- (=Schlaganfall) im Alter von 45 Jahren am 10. nem erfüllten Leben geholfen werden konnte. August 1829 und wurde am 11. August auf der Dr. Madingers Vision von einem „Reindorf, das Schmelz beigesetzt. blühendes Land werden soll“, ist noch lange nicht 6. Johann SKERLE (1829-1833), geboren in Sab- vollkommen erreicht, aber gemeinsam ist man lat in Böhmen, kam von Schwarzau im Steinfeld diesem „himmlischen Ort“ ein großes Stück nä- im Dezember 1829 und wirkte hier bis 1. April her gekommen. 1833, wo er als Schlosskaplan nach Schönbrunn kam. Er verstarb am 2. Februar 1870 in Linz. 7. Anton LEHNER (1833-1849), geboren in Chronik Kautendorf. Er war Anstaltsgeistlicher am k.k. Arbeitshaus in Wien, kam am 22. Juni 1833 und Die Reindorfer Pfarrherrn verblieb bis zu seiner Resignation am 16. Oktober 1849. 1. Urban Franz MAYER, Extrinitarier, (1789- 8. Ferdinand KÜNSTLER (1849-1857), geboren 1794). Er kam von Breitenfurt und hatte schon zu Iglau in Mähren. Er kam von Inzersdorf am während der Erbauung der Kirche die Expositur Wienerberge, wo er 25 Jahre Pfarrer war. Die- inne, wurde schon am 7. Dezember 1786 zum ser eifrige Seelsorger setzte sich für die bessere Pfarrer der noch nicht bestehenden Pfarre er- Schulausbildung der Jugendlichen ein und hin- nannt, um den Bau der Kirche und des Pfarrhofs terließ auch sein Privatvermögen für arme Bur- zu leiten. Er verblieb als erster Pfarrer bis März schen und Mädchen. Er verstarb hier am 19. Ok- 1794, er verstarb in Wien 1826. tober 1857 und wurde auf der Schmelz begraben. 2. Karl HUTTERER, Ecclesiasticus, (1794- Nach ihm wurde auch die Künstlergasse im 15. 1800). Er kam von St. Veit an der Triesting im Ap- Bezirk benannt. Nach Auflassung des Schmelzer ril 1794, wurde auf dem Kohlmarkt in Wien vom Friedhofes wurde sein Leichnam exhumiert und Schlage getroffen und am 14. April 1800 auf der in einem Ehrengrab auf dem Baumgartner Fried- Schmelz beigesetzt. hof beigesetzt. 3. Leopold PUTZ, Franziskaner, (1801-1802). 9. Johann PASCHER (1857-1867), geistl. Rat und Er hat die vom Kooperator Salesius Gruber pro- Dechant, geboren 1811 in Buggaus in Böhmen, 68 225 Jahre Pfarre Reindorf war Anstaltsgeistlicher in Stein, kam am 30. April April 1875 in Landshut in Bayern. Er kam aus 1857 hierher. Im Alter von 56 Jahren verstarb er Schwechat am 1. April 1928. Am 30. Sept. 1938 und wurde auf der Schmelz begraben. trat er in den Ruhestand. Da das damalige NS- 10. Josef REISLEITHNER (1867-1874), geistl. Regime mit seinem Nachfolger nicht einverstan- Rat, geboren 1810 in Enzersfeld, kam von Je- den war, verblieb er als Provisor bis zum 31. März denspeigen am 14. August 1867. Er starb hier am 1942. Sein Nachfolger Monsignore Dr. Josef Schu- 2. Juli 1874 und wurde am 4. Juli auf dem Schmel- lenberg war 1938 zum Pfarrer ernannt worden, zer Friedhof bestattet. diese Ernennung wurde vom Gauleiter Bürckel 11. Franz PEPPERT (1874-1896), geistl. Rat und nicht bestätigt. 1945 verzichtete Dr. Schulenberg Dechant, geboren 1812 in Wien, kam von Him- auf die Pfarre. Der sehr beliebte Pfarrer Aiden berg am 15. Okt. 1874. Er starb im hohen Alter ging 1942 endgültig in Pension. Er verstarb am von 84 Jahren am 11. April 1896 und wurde in 29. Sept. 1948 und wurde am Zentralfriedhof be- Lainz begraben. stattet. 12. Franz ROTH (1896-1914), 16. Karl NOWOTNY (1942- Ehrenkanonikus, geboren 1840 1945 Provisor, 1946-1970, in Wien, er kam am 3. August längstdiendender Pfarrer). Ge- 1896 aus Jedenspeigen. Er boren am 5. Dezember 1901 in starb hier am 19. Jänner 1914 Gallneukirchen, OÖ, kam im im Alter von 73 Jahren. Am 22. April 1942 aus Salzburg, wo er Jänner 1914 wurde er in einer Sekretär des Erzbischofs Waitz Gruft auf dem Baumgartner war, nach Reindorf. Er leitete Friedhof beigesetzt. die Pfarre in schwerster Kriegs- 13. Augustin SEHER (1914- und Nachkriegszeit. Am 31. 1922), geboren 1852 in Retz, März 1970 ging er in Pension kam am 24. April 1914 aus und zog sich nach Perchtolds- Röschitz in NÖ. Im Jahre 1914 dorf zurück, wo er noch in der begleitete er als erster Rein- Marienpfarre aushalf. Er ver- dorfer Pfarrer die Wallfahrt starb nach kurzer Krankheit in des Mariazeller Vereins nach seinem Heimatort Gallneukir- Mariazell. Er starb am 22. oben: Pfarrer Nowotny (li) mit dem Neu- chen und wurde am dortigen März 1922 im Krankenhaus priester Franz Zach; unten: Pfarrer katolischen Ortsfriedhof be- der Barmherzigen Brüder und Teuschl (li) mit Kaplan Fischbach graben. wurde auf dem Baumgartner Friedhof bestattet. 17. Wilhelm TEUSCHL, Konsistorialrat (1970- 14. August HAUSER (1922-1928), Monsignore, 1992), geboren am 6. Juli 1917 in Großen- geboren 1874 in Wien, kam von Berndorf am 1. gersdorf. Er kam am 1. September 1951 von Okt. 1922. Er verstarb hier am 2. Februar 1928 St. Stefan in Baden als Kaplan nach Reindorf. und wurde amMeidlinger Friedhof beerdigt. Durch große Frömmigkeit, naturkundliches 15. Georg AIDEN, (1928-1942), geboren am 20. Fachwissen und viel Verständnis für die Jugend Chronik 69 hat er viele Menschen der Nachkriegszeit geprägt, dorf am 29. Mai 2000, danach Kaplan in Reindorf die dann auch oftmals bei den regelmäßigen Wall- sowie Schönbrunn-Vorpark bis 2008, anschlie- fahrten und Wanderungen zusammen kamen. ßend in der Pfarre Fünfhaus (Maria vom Siege) Am 1. April 1970 wurde er als erster Reindorfer bis 2010. Gleich zu Beginn seiner Zeit als Pfarrer Kaplan auch Pfarrer, von 1981-1992 Dechant. stellte die diözesane Strukturreform auf die „Pfar- In seine Zeit fiel die, nach dem II. Vatikanischen re Neu“ eine große Herausforderung dar. Die Zu- Konzil erforderliche, Umgestaltung des Altar- sammenführung mit der Pfarre Fünfhaus (Maria raums mit Errichtung des heutigen Volksaltars vom Siege) konnte 2016 abgeschlossen werden. sowie der mit vielen Schwierigkeiten verbunde- Eine finanzielle Herausforderung war die kom- ne Neubau des Pfarrzentrums. Auch nach seiner plette Dacherneuerung, deren Abzahlung noch Pensionierung stand der geschätzte Priester dem einige Jahre dauern wird. Besonders am Herzen Reindorfer Mariazeller Verein als geistlicher Lei- liegt ihm die Jugend, mit der er mit viel Elan La- ter bis zuletzt vor. Er starb am 9. April 2001, Pries- ger, Wochenenden und andere religiöse Aktionen tergrab am Zentralfriedhof. durchführt. Mit ihm begingen wir die Feier des 18. Pater Mag. Andreas SCHÖFFBERGER COp 225-Jahr-Jubiläums unserer Pfarre. Mit Juni 2017 (1992-2010), geboren am 10. Juli 1959 in Wien. scheidet er aus dem Seelsorgedienst aus und wid- Mit ihm wurde Reindorf erstmals Ordenspfarre met sich anderen Ordensaufgaben. und nach einer Pause von 192 Jahren stand wie- 20. Pater Mag. Markus FLEISCHMANN COp, der ein Ordensmann der Pfarre vor. Schon zuvor (siehe Foto) ab Juni 2017 Pfarrprovisor. Geb. am wirkte er ab 1984 als Kinder- und Jugendseelsor- 20. Okt. 1972 (Schweiz), ist seit 2008 im Kollegi- ger und als Kaplan in der Pfarre. In seine Zeit als um Reindorf, wurde hier zum Diakon geweiht Pfarrer fielen umfangreiche Renovierungsarbei- und war danach von 2014 (Pries- ten der gesamten Kirche und des Pfarrhofs sowie terweihe) bis 2017 Kaplan. Er ein Neubeginn der Seelsorge in Zusammenarbeit wirkte bei Firmvorbereitungen mit seinen Mitbrüdern aus der Kalasantinerkon- und der Jugendarbeit sowie bei gregation und den Schwestern der Jüngersuche. vielen praktischen Arbeiten mit. Reindorf wurde zum „Zentrum des Gebetes und Treffpunkt bei Festen“. Nicht unerwähnt soll sei- ne zweifache große Liebe bleiben: die zu Jesus Reindorfs Kapläne und jene zum Fußball. Von 2000 bis 2008 leitete er den Pfarrverband Reindorf und Schönbrunn- Einige der etwa 130 Reindorfer Kapläne: Vorpark, der dann wieder aufgelöst worden ist. Franz Klimanek, 1928-34, beliebter Religi- Ab Herbst 2014 ist er Moderator der Pfarre St. onslehrer (Spitzname „Kaktus-Kit“), der in der Josef in der Reinlgasse, 1140 Wien. überfüllten Trauungskapelle „Christenlehre für 19. Pater Mag. Peter DOMANSKY COp, Pfar- Jugendliche“ abhielt. Erster Chronist des Maria- rer (Moderator) von 2010-2017, geboren am 24. zeller Vereins, auf seinen Entwurf geht auch der Mai 1966 in Berlin, schon als Frater ab 1996 in Mariazeller Altar zurück. der Pfarre, Priesterweihe in der Pfarrkirche Rein- Georg Springer, 1932-47, als „Schuttkaplan“ 70 225 Jahre Pfarre Reindorf baute er von 1947 bis 1949 aus Trümmern die Ernst Fischbach, 1974-91, Vikar, war viele Jahre provisorische „Notkirche“ der späteren Pfarre im Schuldienst und in der Kinderseelsorge tätig. Schönbrunn-Vorpark, deren 1. Pfarrer (1955- Nach seiner Pensionierung viele Jahre eifriger 1975) er wurde. Messeleser in der Pfarre. Lebt nun in seiner Hei- Albert Otteny, 1936-61, Erzbischöfl. Konsistori- matpfarre Sollenau. alrat, langjähriger Sonderschulfachinspektor und P. Christian Oppitz COp, 1987-88, vorher schon Heilpädagoge, verfasste den Entwurf „150 Jahre ab 1984 Seelsorger in der Pfarre. War danach als Reindorf“. geistl. Assistent der Katholischen Glaubensinfor- Johann Kubessa, 1941-56, verdienter Kinder- mation weiter in Reindorf tätig, seit 1990 Leiter seelsorger in schwerer Zeit. Starb 1972, in seiner des Missionszentrums Schwarzau. Seit 2007 Lei- Heimatgemeinde St. Georgen am Reith begraben. ter der KGI, die im Sommer 2008 von Reindorf Dr. Herbert Madinger, Msgr., ab 1961 Kaplan, nach Schwarzau am Steinfeld übersiedelte. wohnte und wirkte bis 2006 in der Pfarre, Grün- P. Hans Grafl COp, 1990-1993 und 1996-2002 der und Leiter der Katholischen Glaubensinfor- und ab 2017; wirkte während seines Theologie- mation, dadurch sehr viele Jahre seiner Kaplans- studiums ab 1984 als Seelsorgehelfer in Reindorf. aufgaben entbunden (Näheres siehe S. 66). P. Achim Bayer COp, 1992-1996 und 2008-2010, Dr. Paul Weß, 1963-65, mit ihm kam erstmals ein danach im Mutterhaus und ab Sept. 2014 am Neupriester als Kaplan nach Reindorf. Er war da- Neuaufbau des Standortes Eisenstadt tätig. nach 30 Jahre im Leitungsteam in Wien II, Mach- P. Ludwig Deyer COp, 1996-2001 und von straße. Von 1996 bis 2000 Dozent und Gastpro- 2010-2014. Er gehörte 1996 zu den ersten beiden fessor für Pastoraltheologie in Graz, Innsbruck Kalasantinern, die in unserer Pfarrkirche zum und Würzburg, seit 2000 Dozent am Institut für Priester geweiht worden sind. Seit 2001 auch Praktische Theologie der Universität Innsbruck. geistlicher Leiter des Mariazeller Vereins Rein- Dr. Peter Zitta, 1965-66, war vorher Kaplan in dorf, oft angefragter Beichtvater, ab Sept. 2014 Schönbrunn Vorpark und wechselte danach in wieder Generalökonom im Mutterhaus. das Leitungsteam der Pfarre in Wien II, Mach- P. Walter Klampfer COp, 2002-2005, war vorher straße. Später in Deutschland und in der Mission Pfarrer in Fünfhaus (Maria vom Siege). Nach ei- in Tansania tätig, seit 2008 Pfarrer in Weinhaus, nem Sabbat-Jahr wurde er Krankenhausseelsor- Wien Währing ger der Barmherzigen Brüder, Wien. Dr. Anton Millner, 1970-74, Msgr., wurde später P. Wilhelm Jaschke COp, 2006-2008, wechselte seelsorglicher Betreuer der Strafgefangenen in danach als Moderator nach Schönbrunn-Vor- österreichischen Gefängnissen. park, später Laisierung. Dragan Antunovic 1973-81, GR, Seniorenbe- P. Gottfried Großsteiner COp, seit Sept. 2014, treuer, vielsprachiger Beichtvater, nach seiner wirkte schon während seines Studiums von 1984 Pensionierung half er noch mehr als zwei Jahr- bis 1989 bei der Seelsorge in Reindorf mit, da- zehnte regelmäßig in der Pfarre aus. Am 4. Dez. nach in Blumau und Schwarzau in der Pfarrseel- 2015 im 94. Lebensjahr verstorben und am Pries- sorge tätig, Generalsuperior der Kalasantiner- tergrab des Zentralfriedhofs bestattet. kongregation von 2008-2014. Chronik 71 Kurzchronik der Pfarre Reindorf

1787-1789 Bau der Pfarrkirche und des Pfarrhofs unter Baumeister Adelpodinger und unter Aufsicht des ersten Pfarrers Josef Urban Mayer. 8. Nov. 1789 „Weihe“ der neuen Pfarrkirche durch Dechant Daßpeckgruber, Pfarrer zum Hl. Hieronymus, an einem Sonntag. 9. Nov. 1789 Der erste Gottesdienst wird gefeiert. 1805/1809 Franzosenkriege, Napoleon in Wien, Truppen in der Gemeinde Reindorf einquartiert, tödlicher Zwischenfall in der Kirche. März 1848 Revolutionsjahr, Tote in der heutigen Reindorfgasse, Bestattung am Schmelzer Friedhof (heute Märzpark). Mai 1857 Weihe und Inbetriebnahme des Sechshauser Bezirksspitals. 1861 Kirchenzubau des Seitenschiffes mit Oratorium und der größeren Sakristei sowie Ausbau des nunmehr zweistöckigen Pfarrhofs unter Baumeister Johann Frindl . 8. Dez. 1861 Weihe des Seitenschiffes durch Dechant Josef Weinkopf, Hütteldorf. 1876 Errichtung der Pfarre Fünfhaus, Änderung der Pfarrgrenzen. 1889 Dreitägige Feier zum 100. „Weihetag“ der Kirche mit dem Dechant von Meidling. In diesem Jahr wird die Kalasantinerkirche eingeweiht. 1890 Eingemeindung der Wiener Vororte, Reindorf (bisher in Niederösterreich) gehört nun zum 14. Bezirk Rudolfsheim. 1899 Errichtung der Pfarre Rudolfsheim, Änderung der Pfarrgrenzen. 1904 Weihe der noch heute funktionierenden Mauracher-Orgel. 1906 Der Hochaltartisch erhält sein heutiges Aussehen. Die mächtige Krippe von Leopold Kastner wird angeschafft. 1914-1918 1.Weltkrieg, Abnahme der Glocken und des Kupferdachs für Kriegszwecke. 4. Nov. 1918 Letzter Kaisergottesdienst in der Pfarrkirche (Ausrufung der 1. Republik am 12. November). 1923 Kauf des Hauses Oelweingasse 2 für pfarrliche Vereine. 1. Dez. 1929 Weihe des heutigen Mariazeller Altars. 1934/1938 „Sturmtage“ in Österreich, Februarrevolution und Bürgerkrieg. 1 938 Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, Reichskristallnacht (9./10. Nov.) mit Zerstörung der Synagogen in der Storchengasse und Turnergasse; Rudolfsheim (mit Reindorf) gehört ab nun zum 15. Bezirk. 1939-1945 2.Weltkrieg, Störaktionen beim Besuch von Kardinal Innitzer anlässlich der „Religiösen Woche“ (1944), Bombenteppich über das Pfarrgebiet (1945). 1946 Im hinteren Trakt des Grundstücks Oelweingasse wird der Spielplatz errichtet, im Hoftrakt werden Pfarrheim und Kindergartenräume eingerichtet. 72 225 Jahre Pfarre Reindorf 1955 Errichtung der Pfarre Schönbrunn Vorpark, Änderung der Pfarrgrenzen. 1962 - 1965 II. Vatikanisches Konzil mit große Auswirkungen auf die Liturgie, seit 7. März 1965 wird der Gottesdienst zum Volk gewendet zelebriert. 1972 Erste Pfarrgemeinderatswahl in Reindorf. 1. März 1981 Konsekration der Kirche (Kirchweihe und Altarweihe des Volksaltars) durch Erzbischof Koadjutor Dr. Franz Jachym. 1987 Weihe des neuen Pfarrzentrums und Kindergartens durch Weihbischof DDr. Helmut Krätzl. 1989 Mehrwöchige Feier zum 200. „Weihetag“ der Kirche, Segnung der neuen Dreifaltigkeitssäule am Kirchenplatz durch Kardinal Dr. H. Hermann Groër. 1992 Reindorf wird Ordenspfarre, Pater Andreas Schöffberger COp wird Pfarrer. 1993 Der renovierte und umgebaute Pfarrhof mit Sitz des Kalasantiner Kollegiums Reindorf wird gesegnet durch Generalsuperior P. Peter Lier COp. 8. April 1996 Erste Priesterweihen in Reindorf: P. Ludwig Deyer COp und P. Michael Lechner COp, geweiht von Erzbischof Dr. Christoph Schönborn. 29. Mai 2000 Priesterweihen in Reindorf: P. Peter Domansky COp und P. (Christian) Leitner COp, geweiht von Kardinal Joachim Meisner (Köln). 2000-2008 Am 1. Sept. 2000 (Probejahr schon ab Sept. 1999) Gründung des Pfarrver- bands Reindorf mit Schönbrunn-Vorpark, der bis zum 31. 8. 2008 bestand. Okt. 2006 Neu eingerichtete Oberkirche (mit abgetrennter oberer Sakristei) wird von Weihbischof Dr. Franz Scharl gesegnet. 2010-2015 Diözesanprozess zur Neugliederung des Dekanats. 2013 Neueindeckung des Kirchendachs. 2014 Mehrwöchige Feier zum 225. „Weihetag“ der Kirche.

Reindorf-Novene zum 225-Jahr-Jubiläum

Dreifaltiger Gott, wir danken Dir für unsere Pfarrkirche Reindorf, in der wir uns voll Zuversicht in all unseren Freuden und Nöten an Dich wenden dürfen. Reindorf möge immer mehr ein Zentrum des Gebets, der Ge- meinschaft und der Begegnung werden. Hilf uns immer besser, unsere große Berufung in Kirche und Welt zu erkennen und zu leben. Gib uns ein offenes Herz und Ohr für die Nöte unserer Mitmenschen und die Bereitschaft zu helfen, damit wir frohe und glaubwürdige Zeugen Jesu und des Evangeliums sind. Darum bitten wir dich auf Fürsprache der Gottesmutter Maria, des Hl. Josef und aller Heiligen, besonders jener, die wir in unserer Pfarre verehren. Amen. (Tägliches Gebet der Reindorf-Novene)

Chronik 73 Das Jubiläumsjahr 2014

oben li.: Jubiläums-Festgottesdienst mit Bischofsvikar Dariusz Schutzki CR, Kalasantinergeneral P. Clemens Pilar COp u. Pfarrer P. Peter (12. Okt. 2014); oben re.: Jubiläumsaussstellung in der Oberkirche (5. Okt.-9. Nov.); unten: Wallfahrt auf den Spuren von Papst Benedikt XVI. in seiner bayrischen Heimat mit Kaplan P. Ludwig Deyer COp (Marktl, Mai 2014) 74 225 Jahre Pfarre Reindorf Wir bedanken uns bei den Sponsoren dieser Festschrift

URBAN TOOL Shop Reindorfgasse 36 1150 Wien +43 (0) 1 892 03 03 E-Mail: [email protected]

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils Inh.: Dietmar Müller Reindorfgasse 22, 1150 Wien

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77 Die Pfarre Reindorf, Mutterpfarre des 15. Wiener Gemeindebezirks, feierte im Jahr 2014 ihr 225-jähriges Jubiläum. Der Maler Prof. Wolf- gang Erbens hat das Gebiet der Pfarre bis hin zum Gürtel (man er- kennt die Kuppel der Kirche Maria vom Siege und die beiden Türme der Kalasantinerkirche) von seinem Atelier in der Grimmgasse ge- malt. Es zeigt den östlichen Teil der ursprünglichen Großpfarre und ist gleichermaßen auch ein Blick in die Zukunft der „Pfarre Neu“.