RIVER ROAD ENTERTAINMENT UND PRÄSENTIEREN EINE RIVER ROAD, PLAN B UND NEW REGENCY PRODUKTION IN ZUSAMMENARBEIT MIT FILM4

Ein Film von Steve McQueen mit CHIWETEL EJIOFOR, MICHAEL FASSBENDER, BENEDICT CUMBERBATCH, PAUL DANO, PAUL GIAMATTI, LUPITA NYONG’O, SARAH PAULSON, ALFRE WOODARD, BRAD PITT u.v.a.

USA 2013 * 135 Minuten * Cinemascope * Dolby SRD

BESETZUNG

Rolle Darsteller Synchronsprecher

Solomon Northup Chiwetel Ejiofor Torben Liebrecht Edwin Epps Michael Fassbender Norman Matt Patsey Lupita Nyong’o Rubina Kuraoka Eliza Adepero Oduye Sanam Afrashteh Theophilus Freeman Paul Giamatti Lutz Schnell William Ford Benedict Cumberbatch Sascha Rotermund John Tibeats Paul Dano Timmo Niesner Mary Epps Sarah Paulson Claudia Lössl Harriet Shaw Alfre Woodard Sabina Trooger Samuel Bass Brad Pitt Tobias Meister u.v.a.

STAB

Regie Steve McQueen Drehbuch John Ridley

Nach dem Roman Twelve Years a Slave von Solomon Northup

Produktion Brad Pitt Dede Gardner Jeremy Kleiner Steve McQueen Arnon Milchan Anthony Katagas Ausführende Produktion Tessa Rosa John Ridley Kamera Sean Bobbitt, BSC Produktionsdesign Adam Stockhausen Schnitt Joe Walker Kostüme Patricia Norris Musik Hans Zimmer Casting Francine Maisler, CSA

Synchronstudio FFS Film- & Fernseh-Synchron GmbH Übersetzung Margit Webb Deutsches Dialogbuch Benedikt Rabanus Synchronregie Benedikt Rabanus u.v.a.

PRESSEZITATE

„Dieser Film verändert alles! 12 YEARS A SLAVE gibt uns den Glauben an die rohe Kraft des Kinos zurück.“ Rolling Stone

„12 YEARS A SLAVE ist nicht nur ein großartiger, erbarmungsloser Film – er ist auch notwendig und unumgänglich!“ The Guardian

„Starkes Schauspiel, virtuose Regie und eine fesselnde Geschichte.“ Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

„Ein starker Film mit einer grandiosen Besetzung.“ Hollywood Reporter

„Erschüttert sein Publikum mit einer Nachhaltigkeit und Intensität, wie man sie im Kino nicht alle Tage erlebt.“ Der Tagesspiegel

„Man spürt die Bilder am ganzen Körper.“ Neon

KURZINHALT

Saratoga/New York, wenige Jahre vor Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861 – 1864). Der Afro-Amerikaner Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor) lebt mit seiner Frau und zwei Kindern ein einfaches aber glückliches Leben als freier Mann. Als zwei Fremde den virtuosen Geigenspieler für einen gut bezahlten Auftritt engagieren und danach noch zu einem Restaurantbesuch einladen, schöpft Solomon keinerlei Verdacht. Umso größer ist sein Entsetzen, als er sich am nächsten Morgen in Ketten gelegt auf einem Sklavenschiff Richtung Louisiana wiederfindet! Alle Proteste und Hinweise auf seine verbrieften Freiheitsrechte verhallen ungehört: Northup wird verkauft und muss unter schlimmsten Bedingungen Fronarbeit leisten. Zwölf lange Jahre sucht er, der Willkür und dem Sadismus des Sklavenhalters Edwin Epps (Michael Fassbender) ausgesetzt, nach einem Weg, sich aus der Gefangenschaft zu befreien. Sein Ziel heißt überleben – nur so bleibt ihm die Hoffnung, seine geliebte Familie wieder zu sehen...

PRESSENOTIZ

Nach seinen gefeierten, vielfach prämierten Meisterwerken SHAME und HUNGER verfilmte der Künstler, Fotograf und Ausnahmeregisseur Steve McQueen, Träger des renommierten Turner Preises, nun mit 12 YEARS A SLAVE die wahre und mitreißende Geschichte des Afro-Amerikaners Solomon Northup, der als freier Mann im US-Staat New York lebte und von skrupellosen Geschäftemachern gekidnappt, in die Südstaaten verschleppt und als Sklave verkauft wurde. Auf dem 38. Toronto International Film Festival in wurde 12 YEARS A SLAVE mit dem Publikumspreis ausgezeichnet und die Kritiker waren sich einig, dass der Film die Favoritenrolle für die anstehende Award Season, insbesondere für die kommende Oscar- Verleihung übernehmen wird. Sie verglichen den Film sogar mit Steven Spielbergs preisgekrönten SCHINDLERS LISTE. Neben den herausragenden Hauptdarstellern Chiwetel Ejiofor (CHILDREN OF MEN) und Michael Fassbender (HUNGER, SHAME) sind u.a. Newcomerin Lupita Nyong’o, der höchst angesagte Benedict Cumberbatch (INSIDE WIKILEAKS, „Sherlock Holmes“), Charakterdarsteller Paul Giamiatti (SIDEWAYS), der vielseitige Paul Dano (PRISONERS) und Publikumsliebling Brad Pitt (WORLD WAR Z) in weiteren Rollen zu sehen. Das stimmige Drehbuch schrieb John Ridley (U-TURN, THREE KINGS) nach den Memoiren Twelve Years a Slave von Solomon Northup. Das Buch erschien 1853, kurz nach Harriet Beecher Stowes themenverwandten Klassiker Onkel Toms Hütte und entwickelte sich für damalige Zeiten mit sensationellen 30.000 verkauften Exemplaren zum veritablen Bestseller. Für Kameramann Sean Bobbitt (THE PLACE BEYOND THE PINES) ist 12 YEARS A SLAVE nach HUNGER und SHAME nun die dritte Zusammenarbeit mit Steve McQueen. Das sorgfältige, bestechend authentische Produktionsdesign besorgte Adam Stockhausen (MOONRISE KINGDOM), das Kostümbild die Hollywood-Veteranin Patricia Norris (DIE ERMORDUNG DES JESSE JAMES DURCH DEN FEIGLING ROBERT FORD) und die innovative, aufwühlende Filmmusik komponierte Oscar-Preisträger Hans Zimmer (KÖNIG DER LÖWEN). Als Produzenten firmieren Brad Pitt, Dede Gardner, Jeremy Kleiner, Bill Pohlad, Steve McQueen, Arnon Milchan und Anthony Katagas. Als Ausführende Produzenten zeichnen Tessa Rosa und John Ridley verantwortlich.

LANGINHALT

Saratoga, New York, im Jahr 1841. Der Afro-Amerikaner Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor), von Beruf Tischler, ist ein freier Mann und führt mit seiner Frau und zwei Kindern ein zufriedenes Leben. Als ihm eines Tages von zwei Männern eines Wanderzirkus‘ ein kurzfristiger, gut bezahlter Musikerjob angeboten wird, – Solomon ist ein guter Geigenspieler – willigt er kurzerhand ein. Ohne seine Familie zu informieren, begibt er sich mit den Fremden direkt auf den Weg nach Washington, DC. Nach dem Engagement, Solomon hält sein Geld schon in den Händen, wird er von den beiden Männern noch zum Essen in ein Restaurant eingeladen. Eine überaus freundliche Geste denkt der gutgläubige Northup – umso größer ist sein Entsetzen, als er sich am nächsten Morgen in Ketten gelegt auf einem Sklavenschiff nach Louisiana wiederfindet. Er ist unter Drogen gesetzt und entführt worden. Alle Proteste und Hinweise auf seine verbrieften Freiheitsrechte verhallen ungehört. Unter Schlägen wird ihm angedroht, sein Leben in Freiheit nie wieder zu erwähnen. Ein Mitgefangener rät ihm, wenn er überleben will, so wenig wie möglich von sich preiszugeben. Er solle auch verschweigen, dass er Lesen und Schreiben kann. Solomon ist empört: „Ich will nicht überleben, ich will leben!“

Kurze Zeit später findet er sich in New Orleans im Haus ders Sklavenhändlers Theophilus Freeman (Paul Giamatti) wieder. Hier geht es wie auf einem orientalischen Basar zu. In den verschiedenen Zimmern werden Sklaven zum Verkauf angeboten. Die „Ware“ wird von den interessierten Plantagebesitzern gemustert und auf ihren Gesundheitszustand überprüft. Es wird gefeilscht und gescherzt. Solomon Northup wird an den Plantagenbesitzer William Ford (Benedict Cumberbatch) verkauft.

Ford zeigt sich beeindruckt und profitiert von Solomons handwerklichem Geschick. Er behandelt ihn anständig. Eines Tages schenkt er ihm sogar eine Geige. Durch diese bevorzugte Behandlung wird Vorarbeiter John Tibeats (Paul Dano) auf Solomon aufmerksam. In regelmäßigen Abständen tyrannisiert und erniedrigt er Solomon bis dieser sich wehrt. Zur Strafe hängt ihn der vor Wut rasende Tibeats mit einem Strick an einen Baum auf. Die anderen Sklaven müssen zusehen, wie Solomon über Stunden versucht, auf Zehenspitzen tippelnd, einem qualvollen Erstickungstod zu entgehen. Endlich wird er von Fords Aufseher losgemacht und Tibeats zum Teufel gejagt. Da Ford Solomon nun nicht mehr vor Tibeats Rache schützen kann, muss er ihn verkaufen.

Und so landet Solomon beim Plantagenbesitzer Edwin Epps (Michael Fassbender), einem Despoten, der seine Sklaven ausbeutet, quält und züchtigt, wann immer es ihm beliebt. Bald freundet sich Solomon mit Patsey (Lupita Nyong’o) an. Patsey ist nicht nur Epps tüchtigste Baumwollpflückerin, sie ist auch das Objekt seiner Begierde. Sie erduldet die sexuellen Übergriffe Epps schweigend und muss auch noch die Wutausbrüche seiner eifersüchtigen Gattin Mary Epps (Sarah Paulson) hinnehmen. Irgendwann steht Solomon zwischen diesen Fronten. Er schweigt, duldet, leidet: Unter der harten körperlichen Arbeit auf dem Feld, der schwülen Hitze, den Insekten, dem schlechten Essen, der erbärmlichen Unterkunft – vor allem aber unter der Willkür seines Masters.

Aber Solomon kann und will sich nicht in sein Sklavendasein fügen. Er träumt davon, seine Freiheit wiederzuerlangen und seine Familie wiederzusehen. Verzweifelt sucht er immer wieder nach einem Weg aus der Sklaverei. Der erste Versuch einen rettenden Brief nach New York zu schicken, ist kläglich gescheitert. Der Mann, den er gebeten hatte, das Schreiben für ihn auf den Weg zu bringen, hat ihn bei Epps verraten. Solomon entkommt nur knapp einer Bestrafung, steht nun aber mehr als schon zuvor unter der Beobachtung Epps.

Eines Tages kommt der kanadische Zimmermann Samuel Bass (Brad Pitt), mit dem Auftrag einen Gartenpavillon zu bauen, auf die Plantage. Solomon soll ihm dabei zur Hand gehen. Die Männer lernen sich während der Arbeit besser kennen und Solomon erfährt, dass Bass ein überzeugter Gegner der Sklaverei ist. Vielleicht ist er derjenige, der ihn aus seiner misslichen Lage befreien kann? Aber kann er ihm auch wirklich vertrauen? Er setzt alles auf eine Karte und entschließt sich dazu, dem Zimmermann seine tragische Geschichte zu erzählen. Bass verspricht zu helfen. Zu diesem Zeitpunkt ist Solomon Northup schon 12 Jahre ein Sklave.

PRODUKTIONSNOTIZEN

„Mehr als 30 Jahre genoss ich als freier Mann in einem freien Staat die Segnung des Freiseins, ehe ich gekidnappt und in die Sklaverei verkauft wurde. 12 Jahre lang war ich ein Sklave, bis ich im Januar 1853 endlich wieder aus meiner Knechtschaft befreit wurde. Dieses Schicksal, so sagte man mir, wäre gewiss von öffentlichem Interesse.“ – Solomon Northup

Steve McQueen, seit seinen packenden, provokanten und formal bestechenden Filmen HUNGER und SHAME eine feste Größe im internationalen Filmgeschäft, beschäftigte das Thema Sklaverei bereits seit einiger Zeit. Schon bevor er das Buch entdeckte, kreisten seine Gedanken um die Verfilmung einer Geschichte wie sie in 12 YEARS A SLAVE beschrieben wird. Er wollte über die Sklaverei und deren Schrecken erzählen – und zwar so wie dies noch niemand zuvor getan hatte: Aus der Perspektive eines Mannes, der sowohl das Hochgefühl der Freiheit als auch die Inhumanität der Sklaverei kannte. McQueen wusste, dass es Sklaven gegeben hatte, die in den Nordstaaten als freie Bürger lebten und von dort entführt worden waren, um im Süden auf Baumwollplantagen Fronarbeit zu leisten. Ihm war aber nicht klar, dass es ein Buch gab, das genauso eine Story erzählte.

„Ich machte mir Gedanken darüber, wie ich so eine Geschichte erzählen könnte“, erinnert sich McQueen. „Ich suchte nach dem richtigen Ansatzpunkt. Ich wollte einen Helden, der ursprünglich ein freier Mann war, jemand mit dem sich das Publikum leicht identifizieren konnte. Einen Familienmenschen, der gekidnappt und zum Sklaven wird.“ Über diese Idee sprach McQueen mit seiner Frau Bianca, die schließlich auf Solomon Northups Memoiren stieß. Das Buch hatte damals in der amerikanischen Gesellschaft für große Aufregung gesorgt, war aber dann in Vergessenheit geraten. „In dem Moment, in dem ich mit dem Lesen anfing, konnte ich nicht mehr aufhören“, gesteht McQueen. „Es war einfach eine unglaubliche Geschichte, ein Märchen wie aus der Welt der Gebrüder Grimm. Ein Mann verliert alles – seine Familie, seine Freiheit, seine Würde. Und am Ende findet er all das wieder.“

McQueen bemerkte, wie viele Leser zuvor, dass Solomon Northup ein ausgezeichneter Beobachter gewesen sein muss. Er besaß einen präzisen Blick für die Menschen und Lebensumstände jener Zeit. Er macht in seinem Buch das Grauen der Sklaverei nicht nur begreifbar, sondern auch sicht- und spürbar. Seine Geschichte besitzt außerdem Bezüge zur Gegenwart. Es geht um physische und geistige Moral, um Überlebenswillen und Mut. Northup ist Zeitzeuge, einer der die Schrecken der Sklaverei am eigenen Leib erlebt hat, und gleichzeitig auch ein echter Literat. Er berichtet nicht nur darüber was ihm zugestoßen ist, sondern stellt dem Leser auch die Frage, was er an seiner Stelle getan hätte.

Als sich 2013 die Befreiung Northups zum 160. Mal jährte, war für McQueen der richtige Zeitpunkt gekommen, seine Geschichte für die Leinwand aufzubereiten. „Mich berührte dieses Buch mehr als alle anderen, die ich in jüngster Zeit gelesen hatte“, erzählt der Regisseur. „Ich konnte es kaum fassen, dass ich es nicht kannte. Und so ging es auch den meisten anderen Leuten, darunter auch Amerikaner, die ich darauf ansprach. Ich glaube, dass dieses Buch für die USA historisch genauso wichtig ist, wie das Tagebuch der Anne Frank für die europäische Geschichte. Jeder glaubt, alles über dieses dunkle Kapitel amerikanischer Geschichte zu wissen. Aber ich denke, die Zuschauer werden erkennen, dass sie bei weitem nicht alles über die Geschichte der Sklaverei wussten. Es ist mir eine große Ehre, dass ich dieses immens wichtige, fesselnde Buch zu einem Film verarbeiten durfte. Es ist eine erschütternde, schreckliche Geschichte, die mit viel Würde erzählt wird und zugleich Mut macht. Man muss kämpfen, darf sich nicht unterkriegen lassen. In ihrem Kern geht es um die Hoffnung eines Mannes, wieder nach Hause zu Frau und Kindern zurückkehren zu dürfen“.

DIE VORLAGE

„Die Auswirkungen der Sklaverei sind heute noch sichtbar. Wir haben dieses dunkle Kapitel der Geschichte noch nicht aufgearbeitet. Das Buch bietet uns die Möglichkeit, uns die Vergangenheit wieder ins Gedächtnis zu rufen und darüber nachzudenken, wie sie in unseren Tagen nachhallt. Jeder von uns könnte Solomon Northup sein. Man kann sich in Solomon wiederfinden und überlegen, ob man selbst so mutig und würdevoll gehandelt hätte.“ – Steve McQueen

1853 erschien Solomon Northups 12 Years a Slave, das sich schnell zu einem Bestseller jener Tage entwickelte. Das Buch, das Northup mit der Hilfe von Schriftsteller David Wilson verfasst hatte, sprach die Leser auf verschiedenen Ebenen an. Einerseits vermittelt es, was es hieß, einem „Master“ zu gehören, mag dieser nun grausam oder wohlwollend gewesen sein, andererseits zeigt es, welche moralischen, emotionalen und geistigen Auswirkungen die Sklaverei sowohl auf die Sklaven, als auch ihre Besitzer hatte. Vor allem aber zeugt es von der Unbeugsamkeit des menschlichen Willens.

Ein Jahr nachdem Northup seine Freiheit wiedererlangt hatte, wurde das Buch 1853, neun Jahre vor Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs, veröffentlicht. So wurde es zu einem wichtigen Bestandteil der nationalen Debatte über die Zukunft der Sklaverei, denn es widersprach den Aussagen vieler Plantagenbesitzer, die behaupteten, ihren Sklaven menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu gewähren. Northup selbst sagte über sein Buch, dass er es zu Papier gebracht hatte, „um die Institution Sklaverei zu porträtieren“ – und zwar so wie er sie „am eigenen Leib“ erfahren hatte.

Das Buch bewegte die Gemüter, nicht nur weil Northup den Mut aufgebracht hatte, über das zu schreiben, was ihm widerfahren war, sondern dabei noch sehr ins Detail zu gehen. Frederick Douglass, Abolitionist und Schriftsteller, der 1845 eine wegweisende Autobiographie verfasst hatte – er war als Sklave geboren worden –, schrieb über Northup: „Das muss man sich erst einmal vorstellen! 30 Jahre lang führte dieser Mann ein ganz normales, durchschnittliches Leben. Er hatte eine treusorgende Frau und Kinder, die ihn liebten, ein bescheidenes Heim. Ein freier Mann mit normalen Wünschen und Hoffnungen. Und dann wachte er eines Morgens plötzlich als Sklave auf. Er steht auf einer Stufe mit Eseln und Pferden, wird sogar schlechter behandelt als diese. Das Blut gefriert einem in den Adern, wenn man hört, dass solche Dinge geschehen.“

Trotz des Einflusses, dass das Buch 12 Years a Slave nicht nur als historisches Dokument besaß, geriet es bald in Vergessenheit. Es wurde auch nicht wieder aufgelegt. Vielleicht wäre es sogar gänzlich in Vergessenheit geraten, hätte es die Historikerin Sue Eakin nicht 1968 wiederentdeckt und im Zuge der damals schwelenden Bürgerrechtsdebatte wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht. Eakin wertete das Buch sorgfältig aus, konnte bestätigen, dass Northup wirklich gelebt hatte und ihm all das widerfahren war, was er in seinen Memoiren schrieb. Seit jenen Tagen ist das Buch eine der bedeutendsten Schriften über die Sklaverei, hat sich aber trotzdem (noch) nicht im zeitgenössischen Bewusstsein festgesetzt.

VOM BUCH ZUM FILM

„Ich habe die Geschichte stets als Odyssee eines Mannes gesehen, der wieder nach Hause möchte. Heute springt man einfach ins Flugzeug und reist von New York nach Louisiana und wieder zurück. Damals war das bei weitem nicht so einfach. Und der Mann will ja nicht nur heim zu Frau und Kindern, er will zudem seine Freiheit, seine Würde und seine Rechte zurückhaben. Das ist physisch wie psychisch eine extreme Herausforderung. Unsere Reise führt tief hinein in das menschliche Bewusstsein. Solomon Northup erfährt am eigenen Leib, was es heißt ein ‚freier Amerikaner’ zu sein – etwas, das wir alle heute als gegeben hinnehmen.“ – John Ridley

Um seinem Film die entsprechende Authentizität zu verleihen, entschied sich McQueen mit dem renommierten Romancier und Drehbuchautor John Ridley, der gerade mit ALL IS BY MY SIDE ein faszinierendes Jimi-Hendrix-Biopic fertiggestellt hat, zusammenzuarbeiten. Ridley sah die Geschichte Solomon Northups als zeitlose Odyssee, die, obwohl in der Vergangenheit angesiedelt, noch heute Relevanz besitzt: „Große Geschichten zeichnen sich durch ihre Unmittelbarkeit aus – und Northup ist damals wie heute eine wirklich erstaunliche Persönlichkeit.“

Ridley und McQueen stürzten sich gemeinsam in die Recherche. Sie beschäftigten sich ausgiebig mit dem Thema Sklaverei, beispielsweise als Vorboten der globalen Wirtschaft und mit den Mechanismen, die über die Jahre immer perfekter und perfider wurden. Sie verschafften sich einen Überblick über die Baumwollindustrie und erfuhren von den brutalen Strukturen. Sie untersuchten wie der Wirtschaftszweig funktionierte und wie sie sich mit Eli Whitneys Erfindung der Entkörnungsmaschine alles veränderte, weil sie die Massenproduktion von Baumwolle ermöglichte und die Sklaverei zum Dreh- und Angelpunkt der Ökonomie wurde. Amerika wurde auf dem Rücken der Sklaven reich und mächtig. Der Bedarf an billigen, besser noch unbezahlten Arbeitskräften wuchs ständig. Den Plantagenbesitzern waren alle Mittel recht, um an Sklaven zu kommen. Rücksichtslos wurden Familien auseinandergerissen, man brauchte Arbeitskräfte, für den Profit wurde jegliche Moral vernachlässigt. Dies rief die Gegner der Sklaverei auf den Plan, die Abolitionisten. Das Land spaltete sich in zwei Lager: Die Südstaaten der USA befürworteten die Sklaverei, die Nordstaaten lehnten sie vehement ab.

„Es gab unzählige Dinge, die wir über die Sklaverei herausfanden“, erzählt Ridley. „Wenn man heute darüber spricht, geht man landläufig davon aus, dass Schwarze in den Baumwollfeldern unter besseren oder unter schlechteren Bedingungen schufteten. Fertig! Aber das ganze System war viel komplexer. Es zielte auf eine totale Entmenschlichung ab. Den Weißen gegenüber wurde behauptet, dass Schwarze dazu geboren waren, Sklaven zu sein. Sie wurden als minderwertige Rasse dargestellt, der von Geburt an überhaupt keine Rechte zustanden. Davon wollten Steve und ich erzählen – und gleichzeitig zeigen, welches Unrecht Solomon zugefügt wurde.“

Ridleys Intention ist es, den Zuschauern die amerikanische Vergangenheit wieder ins Gedächtnis zu rufen. „Ohne Vergangenheit gibt es keine Gegenwart und erst recht keine Zukunft“, so der Drehbuchautor. „Solomon Northup ist Teil unserer Geschichte. Sein Buch sollte in der Schule Pflichtlektüre sein. Man sollte nicht nur zufällig darauf stoßen, wie es Steve und mir passiert ist. Ich hoffe, dass wir es schaffen, mit unserer Leinwandversion von 12 YEARS A SLAVE, dieses wegweisende Buch wieder ins Gedächtnis der breiten Öffentlichkeit zurückzurufen“.

Dass der Film zustande kam, ist maßgeblich Brad Pitt und seiner Firma Plan B zu verdanken. Pitt war von dem Buch überwältigt, er sah die Notwendigkeit und auch das Potenzial einer Kinoadaption. „Ohne Brad Pitt wäre der Film wohl nie zustande gekommen“, berichtet Steve McQueen. „Er ist ein großartiger Produzent und stellt sich stets voll hinter seinen Regisseur. Und als Schauspieler lockt er die Zuschauer ins Kino. Er ist ein Zuschauermagnet und besitzt echte Starqualitäten. Ich bin ihm und Dede Gardner, seiner Partnerin bei Plan B, zu tiefstem Dank verpflichtet.“

CHIWETEL EJIOFOR SPIELT SOLOMON NORTHUP

„Es ist eine Geschichte darüber, wie schwierig es ist, den Willen eines Menschen zu brechen. Sie zeigt, welch unglaubliche Reserven Solomon Northup besitzt. Er war als Sklave den denkbar schlimmsten Bedingungen ausgesetzt – und doch hat er dank seines unerschütterlichen Willens überlebt. Es war mir eine Ehre und eine außergewöhnliche Erfahrung bei diesem Film mitzuwirken und die Rolle des Solomon Northup stellte eine der bisher größten Herausforderungen meiner Karriere dar.“ – Chiwetel Ejiofor

Steve McQueen war sich von Anfang an sicher, dass Ejiofor die richtige Besetzung für die Rolle des Solomon Northup war: „Ich habe seine Karriere schon lange verfolgt und war davon überzeugt, dass er der richtige Mann für die Rolle war. Er besitzt die notwendige Würde und Glaubwürdigkeit. Die Kamera liebt ihn und er versteht es, einen Film zu tragen. Er ist Mensch und Schauspieler zugleich. So erweckt er Solomon zum Leben“.

Ejiofor merkt an, dass er sich sofort mit Solomon verbunden fühlte. Er verstand, was ihn antrieb und am Leben hielt: „Es brach mir fast das Herz als ich das Buch zum ersten Mal las. Noch nie hatte ich etwas Ähnliches gelesen. Natürlich wusste ich um die Sklaverei – aber nur sehr allgemein. In „12 Years a Slave“ aber liest man eine erlebte, ganz persönliche Geschichte. Man begreift was es heißt, ein Sklave zu sein. Und man spürt welchen unmenschlichen Bedingungen Northup ausgesetzt war. Man leidet mit ihm. Es ist wirklich unglaublich.“

Akribisch bereitete er sich auf die Rolle vor. Ejiofor reiste nach Louisiana, besuchte alte Plantagen, die noch existierten. Er sah sich in den Herrenhäusern und in den ehemaligen Sklavenquartieren um. Er machte sich ein Bild, wie und unter welchen Umständen die Sklaven und ihre Herren gelebt hatten.

Außerdem setzte er sich mit Person und Persönlichkeit Solomon Northups auseinander. Northup, ein freier, gebildeter Mann und talentierter Musiker, war überall beliebt. Nie hätte er sich vorstellen können, ein Sklave zu sein. Und dann plötzlich, von einem Tag auf den anderen, wird sein Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Ejiofor dazu: „Solomon begreift zunächst gar nicht was ihm widerfährt. Er denkt, dass hier ein Irrtum vorliegt. Selbst nachdem er in New Orleans angekommen ist, wo er verkauft wird, glaubte er noch, dass es einen Ausweg für ihn gibt.“ Aber da täuscht er sich – obwohl das Recht auf seiner Seite war.

Wie Vieh, wie Ware, wird er behandelt und verkauft. Solomon gerät an drei völlig unterschiedliche Besitzer: William Ford, Edward Epps und Richter Turner. Ford ist fair. Epps ist unberechenbar und gewalttätig, Richter Turner bleibt menschlich. Doch ein Charakterzug eint, laut Ejiofor, alle drei: „Sie wollen Solomons Willen brechen. Sie haben alle Angst vor ihm, nicht vor seinen Taten, sondern vor seiner Persönlichkeit, seiner Haltung. Sie glauben, dass von ihm eine Gefahr ausgeht.“

MICHAEL FASSBENDER SPIELT EDWIN EPPS

„Ich lege mein Rollenstudium immer auf dieselbe Art und Weise an. Ich lese meine Szenen und versuche herauszufinden, welche Teile der Geschichte etwas über den Charakter aussagen, den ich spiele. Hier habe ich versucht herauszufinden, wo die Wurzeln der Grausamkeit zu finden sind, die Edwin Epps ausmachen.“ – Michael Fassbender

Mit 12 YEARS A SLAVE setzen Michael Fassbender und Steve McQueen nach HUNGER und SHAME ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort. Fassbender spielt einen despotischen Plantagenbesitzer und Trinker, den Soloman Northup wegen seines unbeugsamen Geistes in Rage versetzt. Der echte Epps war, wie aus Überlieferungen bekannt ist, ein vulgärer, ungebildeter, jähzorniger und gewalttätiger Mann. Bis zum heutigen Tag tadeln Leute in Louisiana schlechtes Benehmen gerne mit dem Satz: „Sei kein Epps!“

Fassbender studierte seine Filmfigur genau, porträtiert sie in all ihrer Bosheit. Sehr zur Freude von Steve McQueen: „Michael ist es wieder einmal gelungen, die Essenz seines Charakters herauszuarbeiten. Erneut ist ihm eine darstellerische Tour de Force geglückt“. Nicht weniger begeistert gibt sich Chiwetel Ejiofor: „Michael hat mit zuverlässigem Instinkt erkannt, was seine Figur ausmacht. Er spielt Epps nicht einfach als heimtückischen, unbedarften Bösewicht – das wäre zu einfach gewesen. Nein, er zeigt vielmehr, wie Epps an der Welt leidet. Er glaubt, dass die Menschen, besonders Solomon, gegen ihn sind. Also versucht er diese ‚Gemeinheit’, diese ‚Aufsässigkeit’ aus seinem Eigentum, seinen Sklaven, heraus zu peitschen.“

Aber es war weniger seine Rolle, als vielmehr die Story, die Fassbender reizte, bei dem Film mitzuwirken: „Es ist eine unglaublich wichtige Geschichte, die hier erzählt wird. Wir werfen einen Blick zurück und zeigen wozu Menschen fähig sind.“ Und genau das war auch der Punkt des Films, der Steve McQueen reizte. Fassbender dazu: „Steve versteht die Menschen. Er interessiert sich vorbehaltlos für sie. Er zeigt sie in seinen Filmen wie sie sind, er beurteilt und verurteilt sie nicht. Und genau diese Haltung erwartet er auch von den Leuten, die mit ihm zusammenarbeiten.“

LUPITA NYONG’O SPIELT PATSEY

„Um mich auf meine Rolle vorzubereiten, besuchte ich auch das Wachsmuseum in Baltimore. Dort steht eine begehbare Nachbildung eines Sklavenschiffs. Diese dreidimensionale Erfahrung jagte mir Angstschauer über den Rücken. Noch nie hatte ich mich so hautnah mit Sklaverei auseinandergesetzt.“ – Lupita Nyong’o

Zwischen Edwin Epps und Solomon Northup steht die Sklavin Patsey, die der Plantagenbesitzer, sehr zum Ärger seiner Frau, sexuell begehrt und nötigt. Epps begreift nicht, warum er von Patsey geradezu besessen ist. Deshalb ist er der jungen Frau gegenüber besonders streng und unbarmherzig. Eine unerträgliche Situation für Patsey, denn auch die eifersüchtige Mary Epps lässt keine Gelegenheit aus, ihre Nebenbuhlerin zu bestrafen.

Patsey wird von Lupita Nyong’o gespielt, die in 12 YEARSA SLAVE ihr Kinodebüt gibt. Steve McQueen hatte lange nach der geeigneten Darstellerin für diese schwierige Rolle gesucht: „Ich sah mir in den diversen Castings und auf Demobändern über 1000 Frauen für die Rolle an und Lupita stach mir sofort ins Auge. Sie vermittelt einem dieses Gefühl von Verletzbarkeit, aber gleichzeitig merkt man, dass sie ungeheuer stark ist. Sie war für diesen komplexen Part einfach prädestiniert“.

Um sich auf ihre Rolle vorzubereiten, begann Nyong’o sich mit dem Sklavenalltag auseinanderzusetzen: „Ich las Bücher über jene Zeit und eignete mir Fähigkeiten an, die die Sklavinnen besaßen. So lernte ich beispielsweise Puppen aus Maisblättern zu basteln, eines der wenigen Spielzeuge, die Sklavenkinder auf Plantagen besaßen. Ich bin inzwischen recht gut darin, diese Puppen zu fertigen. Sie halfen mir auch, mich in Patseys Welt hineinzufinden“.

Eine weitere Schwierigkeit war herauszufinden, wie Patsey wohl geklungen hat. Es gibt aus jenen Tagen keine Tonaufzeichnungen, man weiß nicht genau wie man im 19. Jahrhundert in den Südstaaten gesprochen hat. „Unser Sprachcoach Michael Buster zeigte uns eine höchst ungewöhnliche Dokumentation mit dem Titel „The Quilts of Gees Bend“, in der es um eine isolierte afroamerikanische Gemeinde in Alabama geht. An der Sprache, die wir da hörten, orientierten wir uns in Sachen Tonalität, Dialekt und Duktus.“, erinnert sich Nyong’o.

Je tiefer sich Lupita Nyong’o in die Rolle der Patsey einfand, desto erschreckender empfand sie die Gewalt, der sie durch ihren Besitzer Edwin Epps ausgesetzt war. Gleichzeitig versuchte sie, ihn zu begreifen: „Epps ist ein Produkt jener Zeit, in denen Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen verboten waren. Seine Leidenschaft für Patsey ist insofern grotesk, weil er sich mit Leib und Seele dagegen sträubt. Er begehrt sie und hasst sich dafür. Er misshandelt sie, weil er seinen Selbsthass auf Patsey projiziert.“

KAMERA, AUSSTATTUNG, KOSTÜME UND DIE PLANTAGEN LOUISIANAS

„Ich habe hier mit harten Bandagen gekämpft. Ich wollte alles, was Solomon widerfuhr, so realistisch wie möglich darstellen.“ – Steve McQueen

12 YEARS A SLAVE soll dem Zuschauer Realität vermitteln und ihm das Gefühl geben, dass er sich selbst auf einer dieser Plantagen in Louisiana befindet – die Hitze spürt, das Summen der Insekten hört, die Feuchtigkeit der Sümpfe wahrnimmt und endlos lange Nächte in den Sklavenquartieren verbringt. Wie bereits Solomon Northup in seinem Buch, zeigt auch McQueen sehr beeindruckend, wie das Leben auf den Plantagen in den Südstaaten aussah – sowohl das der Sklaven, als auch das ihrer Herren.

„Wir drehten auf echten Plantagen und tanzten mit den Gespenstern“, beschreibt der Regisseur die Atmosphäre. „Ich weiß nicht, ob Solomon, Eliza oder Patsey genau an diesem Ort waren, aber wir wussten, dass wir dieselbe Luft wie sie damals atmeten.“

Das knapp terminierte und in 35 Drehtagen realisierte Filmprojekt begann auf der Felicity Plantation in Vacherie, Louisiana. Nur wenige Meilen von dem Ort entfernt, wo Northup jahrelang als Sklave Fronarbeit leisten musste. Dort versammelte McQueen sein eingespieltes Team, zu dem unter anderem sein bewährter Kameramann Sean Bobbitt, der Produktionsdesigner Adam Stockhausen und die fünffach für einen Oscar nominierte Kostümbildnerin Patricia Norris zählten.

Bobbitt saugt den Zuschauer mit Nahaufnahmen oder langen Einstellungen förmlich ins Geschehen hinein. McQueen dazu: „Der Film ist generell schnell geschnitten, aber wir bremsen das Tempo immer wieder durch lange Sequenzen, um die Gräuel der Sklaverei spürbar zu machen. Wir wollten zeigen, wie die Sklaven sich gefühlt haben, welches Leid sie erdulden mussten.“ Bobbitt und McQueen wussten, dass sie mit ihrem Film bekanntes Terrain betraten, denn das Publikum ist mit dem Thema durch Kino- und Fernsehfilme wie „Roots“ vertraut. Aber der Unterschied zu Solomon Northups Geschichte liegt darin, dass all diese Vorgängerfilme fiktiv gewesen waren. „Hier haben wir es mit erlebter Geschichte zu tun. Der Mann von dem wir erzählen, hat all das, was der Film zeigt, am eigenen Leib erfahren. Er war Teil dieser Entmenschlichung“, sagt Bobbitt, „wir wollten also weder Romantisierung noch Spekulation. Wir suchten nach den ‚wahren’ Bildern.“

So kam es auch, dass sich Bobbitt für seine Bilder nicht von anderen Filmen, sondern primär von der Malerei und alten Fotografien beeinflussen ließ. „Wir sahen uns keine Sklavenfilme an“, erzählt Bobbitt, „Steve und ich gingen hier so vor, wie wir es bei der Vorbereitung zu unseren Filmen immer tun: Wir lesen, fühlen und denken uns tief in unsere Story ein. Machen uns unser eigenes Bild. In diesem Fall war Produktionsdesigner Adam Stockhausen von großer Hilfe, der eine Vielzahl alter Fotografien besorgte, die wir unserem Look dann zu Grunde legten.“

Die größten Herausforderungen waren die beiden Szenen, in denen Northup bzw. Patsey ausgepeitscht werden. „Die wollten wir so realistisch wie nur möglich darstellen“, erinnert sich Bobbitt. „Hier musste dem Publikum begreifbar gemacht werden, dass die beiden nur ‚Ware’, nur ‚Besitz’ sind. Der ‚Master’ kann mit ihnen machen was er will. Die Kamera musste ganz nah bei ihnen bleiben, den Schmerz und die Qual, die sie erduldeten, spürbar machen. Bei Solomon verwendeten wir verschiedene Einstellungen, gingen manchmal ganz nah an ihn heran, zeigten dann wieder in der Totale wie er an seinen Armen aufgehängt ist, gerade noch auf Zehenspitzen stehen kann – sein Leben hängt im Wortsinn an einem seidenen Faden. Wir schneiden auch nie von der Szene weg – der Zuschauer ist einfach gezwungen, dieser Tortur beizuwohnen. Bei Patsey gingen wir anders vor. Da nahmen wir die Szene in einer einzigen langen Einstellung auf.“ Bobbitt, der jahrelang auch als Nachrichtenkameramann gearbeitet hat, führte in dieser und den meisten anderen Szenen die Kamera selbst, was in Hollywood eher unüblich ist.

Bobbitt arbeitete eng mit Stockhausen zusammen, um Louisianas üppige und stimmungsvolle Landschaft einzufangen. „Louisiana ist ein wirklich herrlicher Bundesstaat mit einer unverwechselbaren Landschaft. Unsere Herausforderung bestand darin, die Schönheit einzufangen, sie aber nicht als zu idyllisch oder gar pathetisch zu zeigen. Menschen litten hier unsägliche Qualen. Es musste die richtige Balance gefunden werden“, weiß Bobbitt zu berichten.

Stockhausens Aufgabe war es, die Lebensumstände im Louisiana der 1840er Jahre wirklichkeitsnah darzustellen. McQueen war es wichtig, dass die historischen Details stimmten. Er wollte zeigen, wie die Menschen lebten, wohnten und arbeiteten. „Wie sah es in den Herrenhäusern und wie in den Sklavenquartieren aus? Das waren nur einige der Fragen, die wir uns stellten“, erzählt Stockhausen. „Wir sahen uns unzählige Bilder, Fotografien, Radierungen und Stiche an, um den korrekten Look zu finden.“

Es wurde auf vier verschiedenen Plantagen in Louisiana gedreht. Die Felicity Plantation in Vacherie diente als das Anwesen von Edwin Epps. Sie wurde 1846 vom Großgrundbesitzer und Farmer Gabriel Valcour Aimé gebaut. „Hier fühlt sich alles grau, erdig und grob an“, erzählt Stockhausen. „Es ist eine imposante Plantage, sie wirkt aber viel düsterer und unheimlicher als die von William Ford.” Die Ford-Plantage-Aufnahmen drehte man auf der 1858 errichteten Magnolia Plantation in Schriever, Louisiana. Sie ist von mächtigen Eichen und Magnolienbäumen, in denen Dschungelmoos wuchert, umgeben. Die Familie des ursprünglichen Besitzers wohnt noch hier und noch immer wird Zuckerrohr angebaut. „Seit jener Tage hat sich bis auf Instandhaltungsarbeiten und wenigen Modernisierungen nicht viel geändert“, berichtet Stockhausen.

Die Shaw-Farm, die Patsey sonntags aufsucht, um sich mit Mistress Harriet Shaw zum Plausch zu treffen, ist die Bocage Plantation in Darrow, Louisiana. Sie stammt aus dem Jahr 1837 und gilt als Paradebeispiel für die neugriechische Architektur amerikanischer Prägung. Das Gebäude erinnert ein wenig an eine üppige Hochzeitstorte. Hier verbringt Patsey Momente der Ruhe und Fröhlichkeit. Als vierte und letzte Plantage diente Destrahan. 1787 gebaut, ist sie die älteste (dokumentierte) Plantage im südlichen Teil Mississippis. Hier stand Epps’ Entkörnungsmaschine und der riesige Schuppen, in dem die Baumwolle gelagert wurde.

Stockhausen hat auch den lebhaften Hafen von New Orleans der 1840er Jahre sowie Saratoga, New York, die Heimatstadt Solomon Northups mit ihren Häusern und Straßen nachgebaut. Ein visuell sehr beeindruckender und nicht ungefährlicher Drehort war der Sarpy Sumpf. Hier lag der Weg, der zum Sägewerk von Ford führte. An drei heißen, schwülen Tagen wurde gedreht, die Insekten waren eine Plage, Schlangen und Alligatoren stellten eine Gefahr fürs Team dar.

Außerdem wurden zwei altbekannte Locations in New Orleans für die Dreharbeiten umgestaltet: Das berühmte Columns Hotel im Garden District wurde zum Gadsby Hotel in Washington D.C., jenem Ort von dem Northup entführt wird. Das berühmte Bauensemble Madam John’s Legacy im French Quarter wurde zum Wohnsitz des Sklavenhändlers Theophilus Freeman – hier werden Solomon und seine Leidensgenossen an ihre neuen Eigentümer verkauft.

„Während des Bürgerkriegs fotografierten Soldaten der Nordstaaten ein Sklavenhaus. Diese Fotografien waren für uns während der Recherche von großer Hilfe“, erzählt Stockhausen. „Sie waren für uns in ihrer Detailrecherche unabdingbar. So konnten wir etwa die Türen exakt nachbauen, die ins Sklavenquartier führten. Die Ketten sowie Fuß- und Handfesseln der Sklaven wiederum liehen wir uns von verschiedenen Museen aus – so authentisch wie bei 12 YEARS A SLAVE hat man die damalige Sklavenwelt noch nie auf der Leinwand gesehen.“

Patricia Norris verantwortete das Kostümbild. Die Hollywood-Veteranin ist bekannt dafür, dass sie viel Wert auf die historische Genauigkeit legt. Somit war sie die Person, die McQueen für diesen Job brauchte. Ihre Detailversessenheit ging sogar soweit, dass sie die Säume der Kleider vor dem Dreh mit dem Staub und Matsch der Plantage beschmutzte, auf der am jeweiligen Tag gedreht wurde.

Norris erzählt, dass dieser Film sie vor weit größere Schwierigkeiten stellte, als viele andere Filme zuvor. Auch sie war mit dem Problem konfrontiert, dass es kaum Informationen, Aufzeichnungen oder Fotografien von Sklaven und deren Lebensumfeld gibt. Wie waren die Sklaven damals gekleidet? „Es gibt selten Fotografien und nur wenige Radierungen aus jener Zeit. Und die zeigen meist Weiße aus dem Norden und keine Südstaatler, geschweige denn Sklaven. Selbst in den Sklavenmuseen finden sich nur wenige Bekleidungsstücke aus jenen Tagen. Also musste ich mich in das Thema einlesen, mich auf mein historisches Wissen über Kostüme verlassen und mit Materialen arbeiten, die damals wohl zu Kleidung verarbeitet worden waren.“

McQueen vertraute vollkommen auf Norris’ Instinkt und deren Kenntnisse. Norris dazu: „Ich hatte weitgehend freie Hand. Meine Grundüberlegung war folgende: Die Sklaven auf den Schiffen waren meist nackt. Woher bekamen sie dann ihre Kleidung? Von ihren Besitzern – und die würden ihnen sicherlich kein teures neues Gewand kaufen, sondern sie mit abgelegten Kleidungsstücken versorgen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, machte ich mich an die Arbeit.“

Obwohl die „Master“ ihre Sklaven ihrer früheren Identität beraubten, war sich Norris ziemlich sicher, dass in deren Kleidung dennoch ein gewisser afrikanischer Einfluss spürbar war. „Die Sklavenhalter taten alles, um ihren Sklaven Geist und Seele zu rauben, aber ich glaube, dass sie sich trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – immer noch ihrer afrikanischen Wurzeln besannen. Und so schlichen sich afrikanische Elemente in ihre Kleidung ein. Ein bisschen Farbe hier, ein etwas anderer Stoff dort...“.

Auch Chiwetel Ejiofors Kostüm erforderte viel Sorgfalt. Es galt seinen Weg vom freien Bürger in die Sklaverei auch in seiner Kleidung nachzuzeichnen. Zunächst trägt er das, was situierte New Yorker des 19. Jahrhunderts getragen haben, bescheidene, von einem Schneider gefertigte Anzüge. Dann wird er seiner Kleidung beraubt. Er kommt als Gefangener in Louisiana an und im Verlauf seiner 12-jährigen Gefangenschaft werden die wenigen Kleidungsstücke, die er besitzt, immer schäbiger. „An ihnen klebten das Blut, der Schweiß und die Tränen“, so Norris. „Ich diskutierte stundenlang mit Chiwetel, wie wohl seine Kleidung ausgesehen hat. Er wird sich in den Sachen, die wir für ihn genäht oder ausgesucht haben, nicht sonderlich wohl gefühlt haben – aber sie haben ihm sicherlich sehr geholfen, sich als Solomon zu fühlen”.

Die Gewänder für Mr. und Mrs. Epps mussten edler sein. „Die Kleider für Mrs. Epps besorgen wir uns aus England oder nähten sie selbst“, führt Norris aus. „Sie sollten zeigen, was für eine Art von Frau sie war. Sarah Paulson wusste sie zu tragen. Sie offenbarten ihren Charakter und sie sah darin auch toll aus. Genauso wie auch Mr. Epps, ihr Mann. Wir entschieden uns auch ihn eleganter auszustatten – ein bisschen zu schick fast. Seine Hemden haben sogar Rüschen. Diese Idee gefiel McQueen, denn dieses leicht feminine Element steht im harten Kontrast zu seinem gewalttätigen Charakter.“

HANS ZIMMER UND DER SOUNDTRACK

„Seine Musik parfümiert den Film.“ – Steve McQueen

Für den Soundtrack zu 12 YEARS A SLAVE orientierte sich der Oscar-Preisträger Hans Zimmer an den Tönen, die Solomon Northup in den Sümpfen und auf den Feldern Louisianas umgeben haben müssen. „Man hört Wasser plätschern und den Gesang der Grillen. Die Geräusche sind ganz anders als die, die Solomon aus seiner Heimat, der Großstadt kennt“, führt Zimmer aus. „Diese Töne reflektieren die Welt, in der er sich plötzlich wiederfindet. Für mich waren sie von großer Wichtigkeit und ich habe versucht, sie mit dem Tondesign zu synchronisieren.”

Steve McQueen hatte von Anfang an das Gefühl, dass Zimmer der richtige Mann war, um den Score zu komponieren: „Und das, obwohl man ihn eher für seine zahlreichen, überaus populären Soundtracks für Action- und Animationsfilme kennt.“ Aber Zimmer, der seinen Durchbruch 1988 mit seiner Musik für Chris Menges’ Apartheitsfilm ZWEI WELTEN und RAIN MAN schaffte und die Scores zu Hits wie MISS DAISY UND IHR CHAUFFEUR oder THELMA & LOUISE komponierte, trifft auch bei Dramen stets die richtigen Töne.

„Wir diskutierten stundenlang, ehe Hans sich das erste Mal ans Klavier setzte“, erinnert sich McQueen. „Darüber war ich sehr erleichtert, denn so konnte ich ihm meine Vision vom Film vermitteln. Er hat einen einfachen, wunderschönen, aber auch komplexen Soundtrack komponiert. Er klingt bescheiden, ist aber auch wuchtig, emotional und einfühlsam. Er gibt die Stimmung des Films exakt wieder.“

Während er sich Gedanken über die Musik machte, hatte Hans Zimmer sowohl Northups Schicksal vor Augen als auch die Epoche, in der der Film spielt. „Ich wollte die Zeitlosigkeit der Geschichte herausarbeiten, sie lebendig werden lassen und dabei auf jegliche Sentimentalitäten verzichten“, führt Zimmer aus. „Ich arbeite oft mit radikalen Tönen, setze auf Elektronik und Computer, probiere neue Techniken aus. Dieses Mal nicht. Mir war es wichtig, dass hier traditionelle Instrumente zu hören sind. Mein Soundtrack baut klassisch auf Streicher, Holzbläser und ein paar Schlaginstrumente. Man kann diese Musik keiner bestimmte Kultur zuordnen – ich suchte hier nach einem allgemeingültigen humanen Score.“

Hans Zimmer schuf für Solomon Northup ein Thema, das sich wie dessen Figur im Film ständig verändert und wächst: „Dieses Leitthema,“ führt er aus, „ist immer wieder zu hören. Alles was passiert, was Solomon widerfährt, wird von diesem Thema in verschiedenen Variationen aufgegriffen. Dabei wechseln die Klangfarben und die Stimmungen genauso wie Northup. Und wie die Story selbst, besitzt auch die Musik einen zynischen Grundton.”