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2/2014 europa-union deutschland Aktuelles aus P olitik und Verbandsleben Europa mitbestimmen!

m 25. Mai können die Bürgerinnen und ABürger mitbestimmen, wer der nächs- te Präsident der Europäischen Kommission wird. Sie können mitentscheiden, ob das Europäische Parlament zu stabilen Mehr- heiten fähig ist, die es brauchen wird, um Europa weiter zu reformieren und es de- mokratischer und krisenfester zu machen. Sie können abstimmen über ein auch in Zukunft europäisches oder ein sich auf sich selbst zurückziehendes, wieder Sonderwege

beschreitendes Deutschland. stockWERK – Fotolia.com Die Europawahl wird auch eine Abstim- © mung über Europa und Deutschlands Platz Fahrplan zur Europawahl darin sein. Deshalb ruft die Europa-Union Deutschland die Bürgerinnen und Bür- 28. April Der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung ger auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch geht online. zu machen. Jede Stimme zählt. Denn Deutschland und Europa brauchen ein 4. Mai Ablauf der Frist für die Beantragung der Eintragung in ein kraftvolles und selbstbewusstes Europäi- Wählerverzeichnis für in Deutschland lebende EU-Bürger sches Parlament. Deutschland und Europa brauchen ein 8. Mai TV-Duell zwischen den Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker (konservative EVP) und (sozialdemokratische Parlament, das die Europäische Kommissi- SPE): on kontrolliert und die Entscheidungen der ZDF, 20.15 Uhr Staaten und ihrer Repräsentanten transpa- rent macht, ein Parlament, das mitentschei- 15. Mai TV-Debatte der europäischen Spitzenkandidatinnen und det und in der Gesetzgebung auf Augenhö- -kandidaten aus Brüssel: he mit der Staatenkammer agiert. Phoenix, 21.00 Uhr/Parlamentskanal: europarltv.europa.eu Europa hilft kein bürokratisches Klein- Klein. Europa ist angewiesen auf eine ge- 20. Mai TV-Duell mit Jean-Claude Juncker und Martin Schulz aus der meinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Hamburger „Wahlarena“: wenn es für China, Russland und andere ARD, 21.00 Uhr neue und alte Mächte ein verlässlicher, aber auch ein respektierter Partner sein 23. Mai Fristende für die Beantragung von Briefwahlunterlagen: soll. Europa muss geschlossen auftreten, 18.00 Uhr wenn es im Bündnis mit den USA geach- tet werden will. 25. Mai EUROPAWAHL Die Europäische Union benötigt eine 8.00 bis 18.00 Uhr gemeinsame Energie- und Umweltpolitik. Nur so können Klimaziele, Nachhaltigkeit Europa muss seine westlichen Werte von einem der Spitzenkandidaten der euro- und Versorgungssicherheit erreicht wer- gegenüber autoritären Versuchungen und päischen Parteienfamilien angeführt wer- den. Deutschlands Wirtschaft braucht die Zumutungen verteidigen. Allein so können den, den eine Mehrheit der Europaabgeord- EU als Heimatmarkt, um gemeinsam mit Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit neten unterstützt. den Industrien der europäischen Partner dauerhaft gesichert werden. Die Europa-Union ruft die Bürgerinnen global wettbewerbsfähig zu bleiben. Eu- All das kann nur gemeinsam gelingen. Für und Bürger dazu auf mitzubestimmen, wie ropa muss die Finanzkrise überwinden all das bedarf es einer starken Europäischen sie in Europa leben wollen, und den Kräften und die Währungsunion auf Dauer absi- Union, und die muss demokratisch besser der Verneinung mit ihrem Votum für Europa chern. Nur so lässt sich das europäische legitimiert sein. Darum wird in diesem Jahr ein klares Zeichen für mehr und nicht weniger Wohlfahrtsmodell bewahren. die neue Europäische Kommission erstmals europäische Zusammenarbeit zu setzen. ‡ Europa-Wahl 2014

„This time it’s different!“ Elefantenrunde vor der Europawahl beim 20. Europäischen Abend in Berlin

ie erste öffentliche Debatte der deut- der EU noch besitze. Christophe Leclercq denjenigen orientierte, die zur Wahl gin- Dschen Spitzenkandidaten zur Europa- kritisierte, dass die Bürger in Europa zu gen. Die Politiker müssten besser zuhören wahl lockte mehr als 400 Gäste und zahlrei- kurz kämen. Im 21. Jahrhundert, das im und das Gespräch mit den Menschen su- che Pressevertreter zum 20. Europäischen Zeichen des Internets und Kommunikation chen, statt bei Begegnungen mit den Bür- Abend ins dbb forum. Unter der Leitung stehe, erwarte er mehr Transparenz. Das gern einfach nur ihre Politik zu verkünden, von Harald Asel (rbb Inforadio) diskutierten Gesetzgebungsverfahren sei sehr langsam. mahnte Sippel. am 17. März der frühere niedersächsische Daher würden bei dringenden Angelegen- Ministerpräsident David McAllister (CDU) heiten wichtige Entscheidungen oft hinter kritisierte, dass es bei euro- und die Europaabgeordneten verschlossenen Türen über Nacht getrof- päischer Politik meist um die Frage nach (SPD), Ska Keller (Bündnis90/Die Grünen), fen. Die partizipative Demokratie müsse „mehr oder weniger Europa” ginge. Nie- Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sowie weiter gestärkt und neue Formen der Bür- mand käme hingegen in Deutschland auf Gabriele Zimmer (Die Linke) über ihre Vor- gerbeteiligung gefunden werden. die Idee, darüber zu diskutieren, ob die schläge für die künftige Ausrichtung der Bürger beispielsweise für oder gegen Bran- europäischen Politik. Bedeutung des EP denburg seien. „Es muss um Themen gehen, kontrovers diskutiert nicht um Europa”, forderte Keller. Sie sehe „This time it's different!” – Das Motto sich nicht als Teil einer deutschen Fankur- der Europawahl zog sich wie ein roter Fa- Angesichts der neuen Bedeutung, die ve im Europäischen Parlament, sondern als den durch den Europäischen Abend. „Die dem Europäischen Parlament 2014 zu- Politikerin der Europäischen Grünen Frak- Wahl der Spitzenkandidaten ist ein eu- kommt, diskutierten die Podiumsgäste tion, die für die Menschen in ganz Europa ropapolitischer Quantensprung”, urteil- kontrovers, wie diese Chance genutzt wer- Politik mache. Auch Gabi Zimmer hat die te , der als Präsident der den könne. Sorge bereitet nicht nur die Erfahrung gemacht, dass die Menschen Europa-Union Deutschland (EUD) den Wahlbeteiligung. Auch die Befürchtung, sehr gut verstünden, worum es ginge, so- Abend eröffnete. Es sei nicht nur die in- dass die Mitgliedstaaten am Ende keinen bald man Themen konkret diskutiere. nerparteiliche Demokratie innerhalb der der Spitzenkandidaten als Kommissions- europäischen Parteienfamilien gestärkt präsidenten vorschlagen könnten, wurde Menschen in den worden, der Auswahlprozess habe auch in thematisiert. Entscheidend sei in diesem Mittelpunkt stellen den Medien Resonanz gefunden, so der Vi- Fall, ob die Abgeordneten die Kraft hätten, zepräsident des Europäischen Parlaments „Nein“ zu sagen. Zimmer prangerte an, dass es noch (EP). Damit sei dieser Wahlkampf, bei dem immer zu viel Ungleichheit in Europa es erstmals um die Wahl des Kommissi- Wie die Menschen wieder für mehr Eu- gebe, und forderte mehr Solidarität: „Der onspräsidenten gehe, ein wichtiger Zwi- ropa und damit auch für die Europawahl deutsche Exportüberschuss könnte noch schenschritt auf dem Weg zu einer euro- gewonnen werden können, war einer der mehr minimiert werden, wenn Deutsch- päischen Öffentlichkeit. zentralen Punkte der Debatte. Dass die land seine Zurückhaltung bei Löhnen und Wahlbeteiligung gesteigert werden müsse, Renten aufgeben würde.” Grundsätzlich Wanderprediger für Europa stand für alle Podiumsgäste außer Frage. müssten die Lebensinteressen der Men- Alexander Graf Lambsdorff erinnerte aber schen in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Impulsvorträge von Hans-Peter Kei- daran, dass auch zahlreiche Bürgermeis- Auch die Wirtschaft müsse dies berück- tel, Vize-Präsident des BDI, und Christophe ter und sogar US-Präsidenten mit einer sichtigen. Ökologische, soziale und glo- Leclecq, Gründer des europäischen Nach- Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent ge- bale Themen gehörten ins Zentrum der richtenportals EurActiv.com, setzten die wählt wurden, ohne dass ihre Legitimität Politik. „Rechte von Frauen, Migranten Themen für die anschließende Debatte. Mit je in Frage gestellt worden sei. Auch Birgit und Kindern: genau darin liegt der Mehr- Wanderpredigern für Europa verglichen Sippel verwies darauf, dass die Wahlbeteili- wert der EU”, so Zimmer. sich beide, die als Interessenvertreter bzw. gung bei Kommunalwahlen teilweise noch unabhängiger Journalist jeweils auf ihre geringer ausfalle als bei der Europawahl. David McAllister folgte dem Motto „Eu- ganz eigene Weise seit Jahren für die euro- Dabei fühlten sich die Menschen auf dieser rope should be bigger on big things and päische Integration werben und sich für ein Ebene noch unmittelbarer betroffen. Eini- smaller on small things”. Er wünsche sich, besseres Verständnis für die europäische ge Bürgerinnen und Bürger seien offenbar dass der Fokus auf eine gemeinsame Au- Politik einsetzen. Keitel möchte wieder ein mit der Politik so zufrieden, dass sie nicht ßen- und Sicherheitspolitik und die Wett- „gemeinsames Europa der Begeisterung” von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten. bewerbsfähigkeit in den 28 EU-Staaten schaffen. Als Europa zum Alltag wurde, Andere hingegen beteiligten sich nicht, gelegt werde, und sich Europa nicht im habe es für viele EU-Bürger die Faszination weil sie resigniert hätten. Es sei jedoch ge- bürokratischen Klein-Klein verzettele. Sei- eingebüßt, die es für Menschen außerhalb fährlich, wenn sich die Politik nur noch an ner Meinung nach sei auch Freihandel im-

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mer sinnvoll, da er Chan- cen für die exportorien- tierte Wirtschaft eröffne. Beim Freihandelsabkom- men mit den USA gebe es jedoch noch offene Fragen in den Bereichen Verbraucherschutz, Da- tenschutz und kulturelle Identität. Viel hänge da- von ab, „dass wir unsere bewährten europäischen Standards klug verhan- delt durchsetzen”, zeigte sich McAllister überzeugt. Birgit Sippel unterstrich, dass es bei Wettbewerbs- politik zu sehr um einen Wettbewerb um niedri- ge Löhne und Standards ginge. Stattdessen müsse der Wettbewerb um Qua- lität in den Fokus gerückt werden.

Reges Treiben an Infoständen und viele Gespräche am Rande des 20. Europäischen Abends Bilder: Jan Brenner/dbb Vertiefung und Konsolidierung

Was die institutionelle Architektur der EU angeht, sprach sich Graf Lambs- dorff klar für ein Europa der zwei Geschwindigkei- ten aus, bei dem die Eu- rozone vorangeht. McAl- lister äußerte sich ähnlich und warb für ein Eurozo- nenparlament. Die nächs- ten Jahre sollten dafür genutzt werden, die EU zu festigen und zu vertiefen. Die EU mit 28 Mitglied- staaten verlange zwar ein höheres Maß an Flexibili- tät. Einzellösungen müss- Diskutierten kontrovers über Gegenwärtiges und die Zukunft der EU: (v. l. n. r.) Alexander Graf Lambsdorf, Birgit Sippel, Moderator ten aber die Ausnahme Harald Asel, Ska Keller, Gabi Zimmer, David McAllister bleiben. „Denn wenn die Ausnahme zur Regel wird, hat die Regel haben die Wahl. Das ist ein hohes Gut und auch die Autonomie in den sogenannten keine Zukunft mehr”, sagte McAllister. In bedeutet Freiheit.” Transnational wählen Hinterzimmern. diesem Sinne müsse auch die Gemein- zu können sei eine große Errungenschaft. schaftsmethode erhalten bleiben. Wer aber seine Freiheitsrechte nicht be- Der Europäische Abend ist eine gemeinsa- anspruche, sich nicht für sie einsetze, der me Veranstaltungsreihe von Europa-Union Der Europäische Abend endete mit ei- setze sie langfristig aufs Spiel, so Dauder- Deutschland, dbb beamtenbund & tarifuni- nem engagierten Plädoyer vom dbb Bun- städt. Wer von seiner Wahlfreiheit nicht on, dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches desvorsitzenden Klaus Dauderstädt für Gebrauch mache, der schwäche nicht nur Engagement und der Vertretung der Europä- eine hohe Wahlbeteiligung: „Wir in Europa das Europäische Parlament, der stärke ischen Kommission in Deutschland. W

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„Auf in den Endspurt!“ Jede Menge weiterer Anregungen gab Wolfgang Nafroth anschließend in einem Gemeinsamer Bundesausschuss von JEF und EUD von vier Workshops. Ob man Zettel oder im Zeichen der Europawahl geschmückte Fahrräder zufällig liegen bzw. stehen lässt oder einen aussagekräf- nnovative Projekte, Austausch über gute ren Akzent legte Daniel Matteo auf die Er- tigen Karton auf seinem Autodach vor IErfahrungen, Tipps für erfolgreiche Kam- wartungen der jungen Generation an diese dem Supermarkt vergisst, im Workshop pagnenarbeit und Training für Argumenta- Wahl, gewürzt mit einer Einlage der „Euro- „Europawahl 2014 – Mit neuen Aktions- tion und Diskussion standen Mitte März im paretter“, einer Gruppe von JEF-Aktiven, die formen viele Menschen (fast) ohne Budget Mittelpunkt des gemeinsamen Bundesaus- in farbenfroher Verkleidung ihre Kampagne erreichen” war für jeden etwas dabei. Naf- schusses (BA) von Europa-Union und ihrem zur Europawahl darboten. roth zeigte viele Alternativen zu dem so Jugendverband Junge Europäische Födera- geliebten, aber nur leidlich erfolgreichen listen (JEF). So viele Delegierte aus beiden Es muss Spass machen Infostand auf. Folgende Merksätze gab Verbänden wie nie zuvor waren aus allen er seinen Zuhörern für die Aktions- und Teilen Deutschlands zusammengekommen, Außergewöhnlich, aber vor allem außer- Kampagnenplanung mit auf den Weg: um sich nachhaltig auf den Endspurt zur ordentlich motivierend, war der launisch Personen mit Inhalten ins Gespräch brin- Europawahl vorzubereiten. präsentierte Vortrag von PR & Kommuni- gen; nicht sich selbst (als Organisation) kationsberater Wolfgang Nafroth, der un- präsentieren, sondern sich von anderen Kollegial eröffneten die beiden Bundes- ter dem Titel „Erfolgreiche Öffentlichkeits- präsentieren lassen; Leute emotional an- ausschussvorsitzenden Franz-Josef Klein arbeit mit einfachsten Mitteln” vielfältige sprechen und Interaktion herstellen. Er (EUD) und Martin Luckert (JEF) die Plenar- Methoden für eine originelle Kampagnen- demonstrierte das an einer ganzen Reihe sitzung. EUD-Präsident Rainer Wieland und arbeit vorstellte. Der „Vater der Bodenzei- praktischer Beipiele, die ohne viel Arbeit JEF-Bundesvorsitzender Daniel Matteo hie- tung” zeigte die Schwachstellen herkömm- und Mühe, aber mit großer Wirkungskraft ßen die über 100 Teilnehmer willkommen. licher Infostände auf und bot einfach zu umgesetzt werden können. Es wurde viel Rainer Wieland unterstrich die besondere realisierende alternative Konzepte an. Die gefragt und an bestehenden Aktionen ge- Bedeutung der Europawahl 2014. Der dies- von der Europa-Union auf allen Ebenen im feilt, so dass die Besucher viele gute Tipps jährige Wahlkampf führe dank der von den Rahmen der Reihe „Europa mitbeSTIMMEN” und Ideen für ihre eigene Arbeit mitneh- europäischen Parteifamilien gekürten Spit- erfolgreich getestete Bodenzeitung ist nur men konnten. zenkandidaten zu anderen Debatten und eine der Ideen, die er mit viel Augenzwin- werde sowohl Auswirkungen auf die in- kern den Zuhörern ans Herz legte. Zentra- Argumente und nerparteiliche Demokratie als auch auf die le Botschaft Nafroths: „Das Engagement Kommunikationstechnik politische Kultur in Europa haben. Besonde- muss Spaß machen!” Der Workshop „Im Dialog mit den Bür- gern: Argumente und Kommunikationstech- niken” bereitete auf den kritischen Diskurs 1000 gute Gründe für Europa mit den Bürgern auf der Straße vor und gab praktische Hilfen zur erfolgreichen Argumentation an die Hand. Nach einem Einstiegsvortrag über die Wirkungsprinzi- „Europa 1914 – Europa 2014: pien von Kommunikation durch die Refe- rentin Gwendolin Jungblut ging die Grup- ein großer Unterschied. Stellen wir jetzt pe direkt zur praktischen Anwendung über: die Weichen, damit das auch so bleibt! Was sind die besten Wege, auf Menschen Ich wähle Europa und damit Zukunft!“ zuzugehen und ein Gespräch optimal auf- zubauen? Welche Argumente eignen sich, Florian Ziegenbalg, um Bürger zur Teilnahme an der Europa- Stellvertretender Landesvorsitzender der Europa-Union Baden-Württemberg wahl zu bewegen? Und wie kann man auf Gegenargumente schlagfertig und sachlich reagieren? Dazu wurde lebhaft debattiert und Gesprächssituationen simuliert. In zwei spannenden Stunden gemeinsamen Eine gemeinsame Kampagne der Mitgliedsorganisationen im Netzwerk EBD: www.netzwerk-ebd.de/ep2014 Diskutierens und sich Austauschens erhiel- ten die Teilnehmer das nötige Handwerks- zeug, um bei der nächsten Straßenaktion 25. Mai: Europawahl Mitbürger zu überzeugen, am 25. Mai ihre Stimme abzugeben.

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Beispiele für gelungenes Engagement

Ungewöhnliche, kreative und bewährte Ideen stellten Aktive von JEF und EUD im Workshop „Projektrundschau: erfolgreiche Ideen aus EUD und JEF” vor. Die Bandbrei- te reichte von der Europawahl-Arena des Kreisverbandes Bocholt über die Mauer der Klischees der JEF Frankreich bis hin zur Eu- ropaspur in Syke. Mit viel Spaß diskutierten die Teilnehmenden die einzelnen Maßnah- men und trugen gemeinsam wertvolle Tipps für deren Umsetzung zusammen. Wie in einer Ausstellung wurden die Projekte an Stellwänden betrachtet und detailliert er- läutert, teilweise sogar nachgestellt, um die Methodik besser zu veranschaulichen.

Die Besucher des Workshops „Kom- munikation, Vernetzung und Identität für unsere Verbände” waren sich einig, dass Projektrundschau: wörtlich genommen! Bilder: Christian Weickhmann Europa-Union und JEF ihre Kreativität und Projektvielfalt noch effektiver nach Innen Zum Abschluss der Tagung wählten die De- Für den Heimweg konnten sich die Ta- und Außen kommunizieren müssen. Beste- legierten des EUD-Bundesausschusses einen gungsteilnehmer noch mit druckfrischen hende Kanäle wie die gemeinsame Websei- neuen Vorstand. Erneut wurde Franz-Josef Materialien zur Europawoche und Euro- te, der Online-Kalender Europatermine.de Klein, Leiter der Hamburger Landesvertretung pawahl versorgen. Materialhinweise und und die Facebook-Seite sollten noch akti- beim Bund, zum Vorsitzenden des Bundesaus- Bestellformulare können von Interessierten ver genutzt werden. Darüber hinaus müss- schusses gewählt. Ihm stehen als Stellvertreter auf der Webseite der Europa-Union abgeru- ten neue Wege gefunden werden, eine Rainer B. Giesel, ehemals Mitglied des Berliner fen werden. Zudem sind alle Informationen Gesamtschau der Veranstaltungen aller Abgeordnetenhauses, und Staatsminister a. D. zu den Workshops über das Generalsekreta- Gliederungsverbände zu erstellen. Die JEF Wolfram Kuschke zur Seite. riat erhältlich. W frage bereits regelmäßig einheitliche Be- richte ihrer Landesverbände ab. Dies würde sich auch für die Europa-Union anbieten. Auch die Gliederungsverbände selbst profi- tierten vom Austausch und der Verbreitung erfolgreicher Konzepte. Das Wiki-System der JEF, Projektbörsen wie bei diesem Bun- desausschuss oder das Organisationshand- buch der Europa-Union Hessen mit prak- tischen Hilfen für die Vereinsarbeit seien hilfreich und zu empfehlen.

Europa-Union wählt neuen BA-Vorstand

Im Plenum stellte Peter Heesen in seiner Funktion als Vorsitzender den jüngst ge- gründeten Verein zur Förderung der Euro- pa-Union Deutschland vor. Dieser soll dem Verband weitere finanzielle Spielräume er- öffnen und besondere Projekte fördern. Der Förderverein nimmt derzeit die Arbeit auf und wird in den kommenden Monaten po- tenzielle Sponsoren ansprechen. Gute Stimmung unter den Teilnehmern verbreiteten die „Europaretter“ der JEF.

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Von einer Versammlung zum Parlament Sechs Jahrzehnte der Entwicklung europäischer Demokratie

m Anfang waren es gerade einmal 78 1962 versuchte die Gemeinsame Ver- Aausgewählte Mitglieder einer Gemein- sammlung, sich den Namen „Europäi- samen Versammlung, die zur Kontrolle der sches Parlament“ zu geben. Dies scheiter- Hohen Behörde der Europäischen Gemein- te jedoch am Widerstand der damaligen schaft für Kohle und Stahl (EGKS) von den Mitgliedstaaten. Dennoch wurde die Be- jeweiligen nationalen Parlamenten als De- zeichnung „Europäisches Parlament“ in legierte entsandt wurden. 1952 war der den Folgejahren immer häufiger im allge- EGKS-Vertrag in Kraft getreten, nachdem meinen Sprachgebrauch verwendet. Als Frankreich, Italien, die BeNeLux-Staaten die Europäischen Gemeinschaften (EG) im und Deutschland 1950 den Schuman-Plan Jahr 1971 eigene finanzielle Mittel erhiel- aufgegriffen und am 1951 den EGKS-Ver- ten, wurde die Gemeinsame Versammlung trag unterzeichnet hatten. an der Vergabe der Haushaltsmittel betei- ligt. Dies galt jedoch nicht für die Aus- gaben der Gemein- samen Agrarpolitik, die damals rund 90 Prozent des Budgets ausmachten. Damit war die neue Funk- Simone Veil war die erste Präsidentin eines aus Direktwahlen hervorgegangenen Europäischen Par- tion der Versamm- laments. lung von Beginn an erheblich einge- lich wurde die Umbenennung der Ge- schränkt. meinsamen Versammlung in Europäisches Parlament (EP) beschlossen und von den Erste Direkt- Mitgliedstaaten akzeptiert. Mit der Umbe- wahlen 1979 nennung einher ging eine erhebliche Kom- petenzerweiterung des Europäischen Par- Schon der EGKS- laments durch die Einheitliche Europäische Vertrag sah Direkt- Akte (EEA), die 1987 in Kraft trat. Die EEA wahlen als Alterna- legte nicht nur die Verwirklichung des Bin- tive zur Entsendung nenmarktes als Ziel fest, sondern etablierte In Straßburg kam das Europäische Parlament in den 50er Jahren im Plenarsaal von nationalen Ab- auch das „Verfahren der Zusammenarbeit“. des Europarats zusammen. Bilder: EU-Kommission geordneten in die Das EP konnte nun Änderungsvorschläge Gemeinsame Ver- an Gesetzesentwürfen einbringen und war Neben einer reinen Konsultationsfunkti- sammlung vor. Aufgrund der Uneinigkeit somit an der allgemeinen Gesetzgebung on hatte diese Gemeinsame Versammlung der Mitgliedstaaten über die Sitzverteilung der EG beteiligt. Ebenfalls neu war das Zu- auch die Möglichkeit, die Hohe Behörde der und das Wahlrecht wurde von dieser Mög- stimmungsrecht zu Beitritts- und Assoziie- EGKS, das Exekutivorgan der Gemeinschaft, lichkeit jedoch lange Zeit kein Gebrauch ge- rungsverträgen. Jedoch verblieb die letzte durch ein Misstrauensvotum des Amtes zu macht. Erst im Jahr 1979 fanden die ersten Entscheidung bezüglich neuer Gesetze nach entheben. Im Prinzip kam man allerdings Wahlen der Gemeinsamen Versammlung wie vor beim Ministerrat. nur jährlich einmal zusammen, um den Jah- in den mittlerweile neun Mitgliedstaaten resbericht der Hohen Behörde zu diskutie- statt. Die Wahl erfolgte nach den jeweiligen Von Vertrag zu Vertrag ren. Die Zuständigkeiten der Gemeinsamen nationalen Wahlsystemen. Die Wahlbetei- mehr Macht Versammlung erweiterten sich mit dem In- ligung betrug immerhin rund 63 Prozent. krafttreten der Römischen Verträge im Jahr Die Französin Simone Veil wurde die erste Mit dem Vertrag von Maastricht im 1958 auf die neu gegründete Europäische Präsidentin der direkt von der europäischen Jahr 1992 wurde das so genannte Mitent- Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Bevölkerung gewählten Abgeordneten. scheidungsverfahren eingeführt, welches Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM). das EP in bestimmten Politikbereichen an Die Anzahl der Sitze wurde zwar verdoppelt, In den folgenden Jahren erhöhte sich so- der Gemeinschaftsgesetzgebung beteiligt. jedoch wurden die Kompetenzen der Ge- wohl die Zahl der Mitgliedstaaten als auch Zwar konnten Gesetzesentwürfe nach wie meinsamen Versammlung nicht erweitert. die Anzahl der Abgeordneten. 1986 schließ- vor nicht ohne die Zustimmung des Rates

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zwei national miteinander konkurrieren- de Parteien im EP in einer Fraktion zu- sammenarbeiten.

Auch wenn Straßburg immer noch als der Hauptsitz des Europäischen Parlamen- tes gilt, so liegt doch der Schwerpunkt der Parlamentsarbeit mit den Ausschüssen, Fraktionen und Arbeitsgruppen sowie kur- zen Plenartagungen in Brüssel, wo auch die meisten anderen Institutionen der Eu- ropäischen Union ihren Sitz haben. Teile des Generalsekretariats des EP befinden sich in Luxemburg. Aktuell ist der Deut- sche Sozialdemokrat Martin Schulz Präsi- dent des Europäischen Parlaments. Einer Heute kommen die EU-Parlamentarier zehn Mal im Jahr zu Plenartagungen in einem hochmodernen eigenen der Vizepräsidenten ist der Christdemokrat Parlamentsgebäude in Straßburg zusammen. Rainer Wieland, der auch Präsident der durchgesetzt werden, jedoch war auch der Wahlen max. 751) Abgeordnete aus den Europa-Union Deutschland ist. Rat nun auf die Zustimmung der EP-Mit- 28 Mitgliedstaaten an. Diese teilen sich glieder angewiesen. Durch das Recht, ei- auf sieben Fraktionen und eine geringe Das Europäische Parlament ist heu- genständig Untersuchungsausschüsse ein- Zahl von Fraktionslosen auf. Die stärkste te die demokratisch gewählte Vertretung setzen zu dürfen, erweiterte sich außerdem Fraktion bildet die Europäische Volkspar- von über 500 Millionen Unionsbürgerin- die Kontrollfunktion des Parlaments. tei (Christdemokraten und Konservative), nen und -bürgern und nimmt durch die gefolgt von Sozialdemokraten, Liberalen EU-Gesetzgebung (z. B. durch Richtlinien, Jeweils mit den Verträgen von Amster- und Grünen. Die Parteien und Fraktionen Verordnungen, Entscheidungen und Emp- dam (1997) und Nizza (2001) wurden die auf europäischer Ebene sind jedoch nicht fehlungen) Einfluss auf die Gesellschaft, Politikbereiche, in denen das Mitentschei- mit denen auf den nationalen Ebenen Wirtschaft und Politik in den 28 Mitglied- dungsverfahren angewandt wurde, erwei- gleichzusetzen. Es handelt sich vielmehr staaten der Europäischen Union. W tert. Allerdings gibt es auch heute immer um Zusammenschlüsse von nationalen noch Ausnahmen, wo Bereiche der EU- Parteien mit ähnlicher politischer Rich- Politik vom Mitentscheidungsverfahren tung. So kann es beispielsweise sein, dass ausgenommen sind. Hier muss das Euro- päische Parlament zu Entscheidungen le- diglich angehört werden. Jedoch sieht der Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft trat, 1000 gute Gründe für Europa eine Stärkung und Verbesserung der EP- Kompetenzen vor (siehe Beitrag S. 10 /11 in diesem Heft).

Das Europäische Parlament erfüllt also drei wesentliche Funktionen: die Gesetzge- bungsfunktion, wobei allerdings nach wie „Europa kann nur mit uns! – vor keine eigenen Entwürfe eingebracht Ich gehe wählen.“ werden dürfen, die Budgetfunktion, die dem Europäischen Parlament gemeinsam Carolin Dunkelberg, Vorsitzende Europa-Union Freiburg e. V. mit dem Rat die Entscheidung über die Haushaltsmittel erlaubt, und eine Kontroll- funktion, die beispielsweise über Untersu- chungsausschüsse oder mündliche Anfra- gen erfüllt wird. Eine gemeinsame Kampagne der Mitgliedsorganisationen im Netzwerk EBD: www.netzwerk-ebd.de/ep2014 Das EP vor der 8. Direktwahl Derzeit gehören dem Europäischen 25. Mai: Europawahl Parlament 766 (nach den kommenden

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Im Interesse aller Europäerinnen und Europäer Das Europäische Parlament hat viel erreicht

ft schon wurde das Europäische Par- sich in verschiedenen Themenbereichen, Olament als Papiertiger und bürokrati- in denen die Europäischen Union eine sche Quasselbude kritisiert, das gegen die Zuständigkeit von ihren Mitgliedstaaten Interessen der Mitgliedstaaten und deren erhalten hat, viele Erfolge und Ergebnisse Regierungen nichts oder nur wenig errei- herausfiltern, die das Europäische Parla- chen könne. Bei näherem Hinsehen lassen ment vorweisen kann:

Für ein soziales Europa

• Maßnahmen des EU-Globalisierungsfonds für den Kampf gegen Arbeitslosigkeit, z.B. durch die Bereitstellung von Geldern bei Massenentlassungen, in Deutschland z. B. so geschehen bei BenQ 2007 und First Solar 2013

• Stärkung der Rechte von Arbeitnehmern bei Arbeitnehmer- entsendung, z. B. durch Festlegung von Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, Anspruch auf Mindesturlaub, Erleichterung des Klagewegs

• Verbesserung beim Arbeitsschutz In der Innen- und Rechtspolitik • Mitnahmemöglichkeit von Rentenansprüchen bei Arbeit in mehreren EU-Staaten • Stärkung des Datenschutzes der Unionsbürger, z. B. das Recht auf Einsicht, Korrektur und ggf. Löschung • Verbesserung der Chancengleichheit, von erhobenen Daten im Rahmen des SWIFT-Abkommens z. B. für Frauen in Führungspositionen und Aufsichtsräten mit den USA

• Gewährleistung des individuellen Rechts aller EU-Bürger • Verbesserung bei der europaweiten Bekämpfung der auf ein Basis-Girokonto organisierten Kriminalität, z. B. eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die einfachere Beschlagnahmung von Vermögenswerten von Kriminellen

• Einsatz für Unionsbürgerrechte, Zur Überwindung der Finanzkrise z. B. Unterstützung von einheitlichen Regeln bei bi-nationalen Eheschließungen und deren Auflösung • Maßnahmen zur Realisierung der europäischen Banken- union, um künftig Risiken durch eine stärkere Kontrolle • Einsatz für eine europäisches Asylsystem, um einen und Aufsicht von Banken zu vermindern und die fairen Lastenausgleich zwischen den Mitgliedstaaten zu Geldeinlagen der EU-Bürger sicherer zu machen ermöglichen

• Absenkung der Banker-Boni

• höhere Strafen für Finanzmarktbetrüger

• Einsatz für europäische Regelungen zur Verhinderung von Mit jeder Stimme am 25. Mai stärken wir Steuerbetrug und -flucht, z.B. schwarze Liste von Steuer- oasen, Aufforderung an die Mitgliedstaaten zur Schließung das Europäische Parlament, damit es nationaler Steuerlücken unsere Rechte stärken kann!

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Lösungen für den Alltag

• europaweite Einführung der Notrufnummer 112

• Ablehnung des Kommissionsvorschlags einer jährlichen Kfz-TÜV-Prüfung

• sinkende Preise für mobile Internetnutzung und grenzüberschreitendes Telefonieren (Roaming), ab 2016 sogar Abschaffung

• einheitliche Handyladegeräte in der EU ab 2017

• Stärkung der Rechte von Reisenden, z. B. bei Bahnverspätungen oder Flugausfällen

• 14-tägiges Widerrufsrecht beim grenzüberschreitenden Aus vielen unterschiedlichen Interessen Online-Shopping bündelt das Europäische Parlament eine Lö- sung für alle Europäerinnen und Europäer! • strenge Standards und Kontrolle von Medizinprodukten, Bild: EU-Kommission z. B. vereinheitlichte Beipackzettel, EU-weite Information, wenn ein Medikament in einem Land vom Markt genom- men wird

• strengere Regeln für Energieverbrauch, z. B. die Ausweitung des EU-Energie-Labels auf weitere Haushaltsgeräte (Fernseher), Einführung der Energieklassen A+++, A++

• Regelungen zur Verhinderung von Lebensmittelbetrug, Die Bildung und Jugend im Fokus z. B. EU-weite Mindestsicherheitsstandards, EU-Biosiegel, verbindliche Mengen- und Preisangabe pro 100 g auf • bessere Finanzausstattung von Austauschprogrammen für Verpackungen Schüler, Auszubildende, Studierende und junge Arbeitneh- mer im Rahmen des Programms „Erasmus+“ • Verschärfung der Tabakrichtlinie zur Stärkung des Jugend- und Gesundheitsschutzes, z. B. Verbot von Aromastoffen, • Unterstützung der europäischen Jugendgarantie, um Warnhinweise auf 65 Prozent der Verpackung arbeitslose Jugendliche in Ausbildung und Beruf zu bringen

• Verbesserung der sozialen Absicherung von Praktika im Rahmen der Initiative „Jugend in Bewegung“ Als Sprachrohr für Demokratie

• erfolgreicher Einsatz für mehr Bürgerbeteiligung, z. B. Unterstützung der Europäischen Bürgerinitiative

• deutliche Kritik an Verletzungen der Grundrechte, Mit jeder Stimme am 25. Mai stärken wir z. B. im Falle Ungarns und Rumäniens das Europäische Parlament, damit es • Einsatz für Menschenrechte, unsere Rechte stärken kann! z. B. durch die Verleihung des Sacharow-Preises

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EU-Parlament mit mehr Einfluss muss bei der Wahl des Kommissionspräsi- denten das Ergebnis der Parlamentswahl be- Die Europawahl im Lichte des Lissabon-Vertrages rücksichtigt werden. Das EP wählt den vom Europäischen Rat dann vorgeschlagenen urchaus Anlass und Grund für eine er- Unterschiedliche Wahlverfahren Kandidaten mit Mehrheit – oder lehnt ihn ab. Dneute Betrachtung einzelner Bestim- Bereits im Vorfeld der Europawahl haben die mungen des Lissabon-Vertrages sind die Über die Ausgestaltung des Wahlverfahrens Parteien dazu erstmals europaweit Spitzen- anstehenden Europawahlen. Abgesehen entscheidet jeder Mitgliedstaat selbst. Nach kandidaten für das Amt des Kommissionsprä- davon, dass der Europäische Rat und die Eu- der in Deutschland geltenden Verhältniswahl sidenten benannt. Über die EP-Wahl nehmen ropäische Zentralbank (EZB) seit dem Vertrag werden die Kandidaten über die von den Par- die EU-Bürger damit Einfluss auf die Ent- von Lissabon zu den EU-Organen zählen, hat teien aufgestellten Bundes- oder Landeslisten scheidung, wer in den kommenden 5 Jahren der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene gewählt. Bislang wurden keine Mandate zu- das Kommissions-Kollegium leitet. Nach Art. Lissabon-Vertrag die institutionelle Struk- geteilt, wenn eine Partei nicht mindestens 3 17 Abs. 8 EU-Vertrag ist die Kommission zu- tur der Europäischen Union nicht grundle- Prozent (zuvor 5 Prozent) der abgegebenen dem dem Parlament gegenüber verantwort- gend geändert. Für Unionsbürgerinnen und Stimmen erreichte. Diese sog. Sperrklausel hat lich. Das von den Unionsbürgern gewählte EP -bürger selbst brachte er allerdings einige das BVerfG jüngst (Urteil v. 26.02.2014, 2 BvE kann nach Art. 234 AEUV einen Misstrauens- überaus begrüßenswerte und heute bereits 2/13) „unter den gegenwärtigen rechtlichen antrag gegen die Kommission annehmen mit genutzte Neuerungen wie die Europäische und tatsächlichen Verhältnissen“ für ver- der Folge, dass die Mitglieder der Kommission Bürgerinitiative (Art. 11 Abs. 4 EU-Vertrag). fassungswidrig erklärt. Sperrklauseln dienen geschlossen ihr Amt niederlegen müssen. Weitere Bestimmungen bekommen erstmals der Funktionsfähigkeit des Parlaments und im Europawahljahr 2014 Bedeutung. verhindern dessen Zersplitterung. Es gibt sie Parlament neu strukturiert in fast allen EU-Mitgliedstaaten. Daher bleibt Neuerungen beim es auch nach der Europawahl 2014 Ziel und Modifizierungen hinsichtlich der Zu- Europäischen Parlament Aufgabe des EP, ein einheitliches europäisches sammensetzung des Parlaments: Ab der Wahlrecht zu schaffen. kommenden Europawahl darf die Zahl der Das Europäische Parlament (EP) ist das unmittelbar die europäische Bevölkerung einzige direkt gewählte Organ der EU. Die Eu- Mehr Macht repräsentierenden Abgeordneten 751 (750 ropawahlen finden vom 22. bis 25. Mai 2014 für die Parlamentarier plus Präsident) nicht übersteigen (aktu- statt. EU-Bürgerinnen und -bürger wählen ell 766). Jeder EU-Mitgliedstaat wird dann die Abgeordneten in allgemeiner, unmittel- Der Einfluss des EP auf die Kommission durch mindestens 6 und höchstens 96 barer, freier und geheimer Wahl und für eine ist gestiegen: Nach Art. 17 Abs.7 EU-Vertrag Abgeordnete im EP repräsentiert. Um die Amtszeit von 5 Jahren. Insoweit hat der Ver- trag von Lissabon nichts geändert. Allerdings wurden die Befugnisse des Parla- ments in den Bereichen Rechtsetzung, Haus- halt und internationale Vereinbarungen ausge- weitet. Nach Art. 14 Abs. 1 EU-Vertrag ist das EP (gemeinsam mit dem Rat) als Gesetzgeber tätig. Seine Rechte umfassen auch Politikbe- reiche wie die gemeinsame Agrarpolitik oder die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen. Die Erweitung der Kompeten- zen beim Haushalt zeigt sich v. a. im Agrar- bereich, der fast die Hälfte des Gesamtetats ausmacht. Die bisher vom regulären Haushalt separierte Agrarpolitik wird seit Lissabon vom Budgetrecht des Parlaments erfasst (obgleich die Einnahmen weiterhin entscheidend vom Rat bestimmt werden). Mit dieser Ausweitung der gesetzgeberischen Zuständigkeiten und der weitgehenden Gleichstellung mit dem Rat der Europäischen Union in wichtigen Politik- bereichen wurde ein bedeutsamer Schritt für die Stärkung der demokratischen Legitimation Egal aus welchem EU-Land man stammt, Unionsbürger können in ihrem Residenzland, sofern dieses ein EU-Staat ist, nach den dortigen Bestimmungen das Europäische Parlament wählen. In Deutschland müssen der EU getan. Die anstehenden Wahlen sind EU-Bürger bis zum 4. Mai den Eintrag in das Wählerverzeichnis bei ihrer kommunalen Heimatbehörde bean- folglich keinesfalls „Makulatur“. tragen, um am 25. Mai wählen zu können. © Rozol – Fotolia.com

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Obergrenze trotz der in den vergangenen Zahl der Mitgliedstaaten entspricht, d. h. 19 aktiv Jahren hinzugekommenen neuen Mitglied- statt 28 Kommissare wie bisher. Sie werden Europa staaten beizubehalten, werden die Sitze neu nach einem System der gleichberechtigten Europa aktiv verteilt. Nach dem Grundsatz der degressi- Rotation der Mitgliedstaaten ausgewählt. ven Proportionalität erhalten bevölkerungs- Es bleibt zu hoffen, dass diese zahlenmäßi- Europa aktiv reichere Staaten grundsätzlich mehr Sitze ge Verringerung, die der Arbeitsfähigkeit der im Parlament als bevölkerungsärmere, be- Kommission dient, beibehalten wird. Zur Än- Europa aktiv völkerungsärmere Staaten jedoch mehr Sit- derung wäre immerhin die Einstimmigkeit im ze pro Einwohner als bevölkerungsreichere. Europäischen Rat erforderlich, Art. 244 AEUV, Europa aktiv Mit dem Auslaufen der Ausnahmeregelung Art. 17 Abs. 5 EU-Vertrag. Europa aktiv lesen! zu Art. 14 Abs. 2 EU-Vertrag wird die Anzahl der deutschen Abgeordneten im Parlament Der Kandidat für das Amt des Kommis- Europa aktiv damit etwas reduziert, nämlich von 99 auf sionspräsidenten muss nun der Parteirich- 96. Auch Rumänien, Griechenland, Belgien, tung angehören, die bei den Wahlen zum Europa aktiv Portugal, Ungarn, Bulgarien, Irland, Kroati- EP die meisten Sitze errungen hat. Nach der Europa en, Litauen, Lettland und die Tschechische Nominierung durch den Europäischen Rat aktiv Republik verlieren jeweils einen Sitz. wird er offiziell vom EP (und damit indirekt Europa aktiv durch die EU-Bürger) gewählt. Erhält der „Doppelte Mehrheit“ oder die Kandidat/in nicht die Zustimmung Europa aktiv bei Ratsentscheidungen der Mehrheit der Abgeordneten, hat der Rat binnen einem Monat einen neuen Kandida- Der Ministerrat teilt seine Aufgaben in ten zu nominieren. Der gewählte Präsident den Bereichen Rechtsetzung und Haushalt wählt anschließend die Kommissare (und den Mitgliedern des Kollegiums nicht nur fast uneingeschränkt mit dem EP. Das bereits ihre politischen Zuständigkeitsbereiche) aus Aufgabenbereiche zuweisen, sondern Mit- durch den Maastrichter Vertrag eingeführte den von den EU-Ländern vorgeschlagenen glieder ihres Amtes entheben, Art. 17 Abs. Mitentscheidungsverfahren ist als „ordentli- Kandidaten. Diese Liste der Kommissare 6 EU-Vertrag. ches Gesetzgebungsverfahren“ der Regelfall, wird zunächst dem Ministerrat, anschlie- Art. 294 AEUV. Der Rat entscheidet generell ßend dem EP zur Abstimmung mit qualifi- mit qualifizierter Mehrheit, nur in wenigen zierter Mehrheit vorgelegt. Dr. Claudia Conen Fällen noch einstimmig. Die qualifizierte Mitglied des Präsidiums und Mehrheit wurde bereits mit Inkrafttreten des Auch die Rolle des Kommissionspräsi- stellv. Vorsitzende des Landesverbandes Vertrags von Lissabon auf zahlreiche Bereiche denten selbst wurde gestärkt: Er / Sie kann Thüringen der Europa-Union Deutschland (wie Zuwanderung oder Kultur) ausgeweitet. Eine neue Abstimmungsregel zur Berechnung der Stimm-Mehrheiten im Rat gilt jedoch erst ab dem 1. November 2014 mit dem Prinzip 1000 gute Gründe für Europa der doppelten Mehrheit: Für Entscheidungen müssen (1.) 55 Prozent der Mitgliedstaaten zustimmen, die (2.) mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Diese „Zeus wusste, was er tat, als er Europa, Veränderung soll das Zustandekommen von die Schöne, wählte. Denn nur wer wählt, Mehrheiten einfacher und v. a. verständlicher machen. Übergangsbestimmungen bis zum bestimmt, wohin die Reise geht.“ 31.03.2017 und Ausnahmen nach dem „Kom- Sven Kielgas, promiss von Ioannina“ (Erklärung Nr. 7 zum Gründungsmitglied des Fördervereins der Europa-Union Deutschland, Lissabon-Vertrag) werden Einflussverschie- Marketingstratege bungen zu Gunsten der großen und der sehr kleinen Staaten abfedern.

Zusammensetzung

der Europäischen Kommission Eine gemeinsame Kampagne der Mitgliedsorganisationen im Netzwerk EBD: www.netzwerk-ebd.de/ep2014 Nach dem Vertrag von Lissabon wird sich das Kommissions-Kollegium ab 1. November 2014 aus einer Anzahl von Mitgliedern zu- 25. Mai: Europawahl sammensetzen, die nur noch zwei Drittel der

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Leuchtfeuer für Europa heute. Und noch niemals so gute Aussich- ten für europaskeptische und extremisti- Vor einer besonderen Wahl sche Parteien, die Wahlen erfolgreich zu bestreiten und mit signifikanter Stärke ins eit 1979 haben wir die Direktwahlen lichen Stärkung des EPs geführt. Das Par- Parlament einzuziehen. Szum Europäischen Parlament (EP). Nie lament steht seither in der Gesetzgebung zuvor fanden sie in einem so bewegten mehr oder minder auf Augenhöhe mit dem Keine Sperrklausel mehr Umfeld statt. Nie zuvor stellten sich zum Rat der Europäischen Union. Dass das Par- in Deutschland Wahltag so viele Schicksalsfragen für Euro- lament de facto gleichwohl an Einfluss ver- pa. Lange schon nicht mehr waren so viele loren hat, ist einer seit Jahren anhaltenden Für Deutschland ist diese Wahl eine be- Stressoren in der Welt. Ausnahmesituation geschuldet, mit der bei sondere Wahl wegen des Bundesverfas- der Verabschiedung des Vertrags von Lis- sungsgerichtsurteils, das die Sperrklausel Wir Europäer haben die Wahl sabon im Jahr 2007 noch nicht zu rechnen abgeschafft hat. Das Bundesverfassungs- war. Diese Ausnahmesituation, das ist die gericht hat leider in einer Reihe jüngerer Was wollen wir sein? Ein alternder, in nicht enden wollende Krise. europarechtlicher Entscheidungen zu er- sich zerstrittener, über keine gemeinsamen Eine besondere Wahl wird diese neunte kennen gegeben, dass es dem Europäischen Zukunftsentwürfe verfügender Kontinent? Wahl seit 1979, der ersten Direktwahl zum Parlament nicht die Bedeutung beimisst, die Oder eine regionale es nach unserem Macht, die Stabilität Dafürhalten heute projiziert, ein inter- ganz unstrittig hat. nationaler Akteur Die Freude über mit global wettbe- eine Europawahl, werbsfähigen Ideen? die uns Europäi- Wird Europa sein sche Föderalisten Freiheits- und Wohl- normalerweise fahrtsmodell in den erfüllt, ist inzwi- Stürmen der Inter- schen einer tiefen nationalisierung und Sorge gewichen. angesichts der zu- Denn am 25. Mai nehmenden globa- droht abgerechnet len Instabilitäten be- zu werden. Abge- wahren können? Das rechnet nicht nur sind entscheidende im Sinne der Stim- Fragen, die am 25. menauszahl. Abge- Mai zur Wahl stehen rechnet womöglich – oder zumindest zur auch mit Europa. Wahl stehen sollten. Abgerechnet mit © stockWERK – Fotolia.com Wir sehen aus einer Europapoli- mehreren Gründen einer besonderen Eu- Europäischen Parlament, dementsprechend tik, die es in den vergangenen Jahren nicht ropawahl entgegen. Erstmals treten die auch deshalb, weil es die erste Wahl ist, die oder nur unzureichend vermocht hat, den europäischen Parteienfamilien mit Spitzen- seit Beginn der europäischen Schuldenkrise Menschen überzeugende Wege aus der kandidaten an. Die Bürger unseres Landes stattfindet. Die Wahl 2009 erfolgte inmit- Krise aufzuzeigen. wie aller EU-Staaten werden nicht nur über ten der Weltfinanzkrise. Von einer spezifisch Wenn die Prognosen zutreffen und die die künftige Zusammensetzung des Parla- europäischen Krise war aber wohl zu diesem europafeindlichen Parteien schneiden so ments abstimmen, sondern also auch über Zeitpunkt noch nicht die Rede. Die Schwä- gut ab wie vorhergesagt, dann liegt das die Frage, wer die Nachfolge José Manuel chen der Währungsunion, ihre Konstruk- nicht nur an der Stärke dieser Demagogen Barrosos antritt. tionsfehler, waren noch nicht offengelegt. und Populisten. Das ist dann auch das Er- Die Euro-Staaten galten noch ausnahmslos gebnis einer richtungslosen oder zumindest Erste Wahl nach Schuldenkrise als gute Schuldner. in ihrer Richtung kaum erkennbaren Euro- und Lissabon-Vertrag Fünf Jahre einschneidender Strukturre- papolitik. Eine solche Europapolitik verunsi- formen, drastischer Einsparmaßnahmen chert, reißt offene Flanken. Darüber hinaus ist diese Wahl die erste und mehrere Millionen Arbeitslose später seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon. ist die Lage im Vorfeld der Europawahl eine Europa braucht eine starke Vision Die neue primärrechtliche Grundlage, auf andere. Die Wahl ist eine besondere, weil der die europäischen Institutionen seit Ende es noch niemals so wenig Vertrauen in die Eine überzeugende, Richtung gebende 2009 arbeiten, hat de jure zu einer erheb- europäischen Institutionen gegeben hat wie Europapolitik verlangt mehr als nur das

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Nachjustieren der Stellschrauben einer in keiten gibt, klare politische Alternativen, die Nach der Wahl geht’s richtig los Bedrängnis geratenen Wirtschafts- und sich an Parteiangeboten auf europäischer Währungsunion. Die Leute wollen wissen, Ebene festmachen lassen. Wenn heute eine Vielleicht können wir Europäischen Fö- wohin die Reise geht. Sie wollen nicht weiter Generaldirektion etwas gebiert, das mal deralisten mit unserer Kampagne „Europa im Nebel fahren. zu Recht, mal zu Unrecht als in der quasi- mitbeStimmen“ und den vielfältigen Akti- Mit Blick auf den 25. Mai ist klar: Euro- föderalen Ordnung der EU übergriffig ver- onen unserer Landes- und Kreisverbände pa braucht eine neue Vision. In Zeiten des standen oder missverstanden wird, dann einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten Überflusses, scheinbar unbegrenzter Zu- ist niemand da, diese Vorhaben politisch zu für eine am 25. Mai nicht weiter sinkende wächse und vermeintlich unendlicher Ver- begründen und zu verteidigen. Wahlbeteiligung. Vielleicht können wir den teilungsspielräume, für die freilich in erster Der Status quo ist eine offene Flanke in ein oder anderen Bürger überzeugen, dass Linie die Mitgliedstaaten verantwortlich der demokratischen Legitimation der EU, der Ausweg aus der Krise in mehr europä- waren, mochte die Politik ohne Visionen die es zu schließen gilt. Diese offene Flanke ischer Zusammenarbeit zu suchen ist und auskommen. Europa reduzierte sich, das ist natürlich ein Einfallstor für all die Geis- nicht in weniger. Gründungsmotiv des Friedenserhalts er- ter und Ungeister, die Europa nicht erst seit Und nach der Wahl geht es erst rich- schien vielen Menschen nicht mehr zeitge- 2014 heimsuchen und nach der Wahl des tig los. Da werden wir uns mächtig ins mäß, auf sein Wohlstandsversprechen. Parlaments dort zu spuken drohen. Zeug legen müssen, um die Politik davon Die Krise hat aber das allgemeine Wohl- zu überzeugen, dass es ganz dringend ei- standsversprechen der EU erheblich in Fra- Wir sind überparteilich, nes neuen Wurfs für Europa bedarf, einer ge gestellt. In Zeiten des beschleunigten aber nicht unparteiisch neuen Idee, die den Menschen Licht am Wandels, der spürbaren Veränderung, vor Ende des Tunnels zeigt und Ihnen Mut allem aber, wenn die Knappheit verfügbarer Wir ergreifen Partei für Europa. Und Euro- macht, den Weg mitzugehen, sich nicht Ressourcen ins Bewusstsein tritt und die pas Feinde sind unsere Gegner. In praktisch von Europa abzuwenden, sondern an ihm Verteilungsspielräume eng werden, mehr allen EU-Staaten haben antieuropäische mitzubauen. noch, es sogar um die Aufteilung von Be- Kräfte derzeit starken Rückenwind, „Kräfte Wenn Europa sich 2014 in schwerer See lastungen, von Einschnitten und Kürzun- der Verneinung“, wie der Präsident der Union befindet und düstere Gewitterwolken die gen geht, in solchen Zeiten braucht die Europäischer Föderalisten (UEF), , Sicht nehmen, dann lassen Sie uns Europä- Politik Visionen. gesagt hat. Kräfte, deren Politik nicht darin ische Föderalisten Leuchtfeuer entzünden, Die Europapolitik braucht eine starke Vi- besteht, Lösungen für Probleme zu suchen die den Weg weisen! sion des Lebens und Überlebens im 21. Jahr- und zu finden, sondern Ängste zu schüren, hundert. Dass es auch ums Überleben geht, aus Verunsicherung Kapital zu schlagen. Christian Moos dass der europäische Friedensgedanke kei- Hierzulande ist die Alternative für Deutsch- Generalsekretär der neswegs überholt ist, zeigt die uns alle in land (AfD) eine solche „Kraft der Verneinung“. Europa-Union Deutschland diesen Tagen beunruhigende ost-westliche Krise, die vor allem unsere baltischen Part- ner, aber auch Polen, stark verunsichert und die dazu führt, dass Truppenmassierungen 1000 gute Gründe für Europa in Europa wahrscheinlich werden, die wir bis vor wenigen Monaten für unmöglich erachtet hätten.

Europa braucht ein Gesicht „100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs bauen wir gemeinsam an Der Schlachtruf der amerikanischen Re- einem neuen, demokratischen Europa. volution, „No taxation without representa- tion“ – „Keine Besteuerung ohne Repräsen- Deshalb gehe ich am 25. Mai zur Wahl.“ tation“, lässt sich mangels eigener Steuer- Peter Heesen, hoheit noch nicht auf die EU beziehen, wohl Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Europa-Union Deutschland e.V. aber seine Abwandlung: „No regulation Ehrenvorsitzender des dbb beamtenbund und tarifunion without representation – Keine Regulierung ohne Repräsentation!” Europäische Politik wird automatisch Eine gemeinsame Kampagne der Mitgliedsorganisationen bürgernäher, wenn sie von Menschen ver- im Netzwerk EBD: www.netzwerk-ebd.de/ep2014 treten wird, die ihr ein Gesicht geben. Sie wird interessanter, wenn sie ausformuliert wird im Schlagabtausch von Regierung und 25. Mai: Europawahl Opposition, wenn es klare Verantwortlich-

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Die Qual der Wahl Die CDU tritt mit dem früheren nieder- sächsischen Ministerpräsidenten David Parteien, Programme, Kandidaten zur Europawahl McAllister als deutschem Spitzenkandida- ten an und setzt schwerpunktmäßig auf die m Vorfeld der Europawahl haben sich alle Demokratie durch Volksabstimmung“, die Themenbereiche Wirtschaft und Finanzen. IParteien europaweit inhaltlich wie perso- „Bayernpartei“, die „Christliche Mitte“, die Der Euro-Rettungsschirm ESM soll weiter- nell positioniert und uns, den Wählerinnen „Partei für Arbeit, Umwelt und Familie/ hin das Konzept „Hilfe zur Selbsthilfe” in und Wählern in den 28 Mitgliedstaaten, Christen für Deutschland“, die „Deutsche der Finanzkrise unterstützen, wohingegen bleibt am 25. Mai die berüchtigte „Qual der Kommunistische Partei“, die „Bürgerrechts- Eurobonds, also eine Vergemeinschaftung Wahl”. Europaweit betrachtet ist die Aus- bewegung Solidarität“, die „Partei für Sozi- von Schulden, abgelehnt werden. Zudem wahl mit mehreren hundert Parteien und ale Gleichheit – Sektion der Vierten Inter- sollen Armutswanderung in Sozialsysteme Gruppierungen und somit Tausenden von nationale“, die „Alternative für Deutsch- verhindert, Bürokratie für kleine und mitt- Kandidaten, die sich um die 751 Mandate land“, die „Bürgerbewegung pro NRW“, die lere Unternehmen abgebaut, Bürgernähe bewerben, eigentlich sehr groß, doch be- „Marxistisch-Leninistische Partei Deutsch- und eine vereinfachte EU-Gesetzgebung schränkt das Wahlrecht zum Europäischen lands“, die „Nationaldemokratische Partei geschaffen werden. Eine Vollmitgliedschaft Parlament die Auswahl auf eine nationale Deutschlands“ und die „Partei für Arbeit, der Türkei wird abgelehnt. Die CSU wird von und somit überschaubarere Ebene. Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung in die Europawahl geführt und basisdemokratische Initiative”. Alles in und setzt sich für die Rückgabe nationaler In Deutschland wurden durch den Be- allem bilden diese Parteien und Wählerver- Kompetenzen, Bürokratieabbau, die Verklei- schluss des Bundeswahlausschusses vom einigungen eine bunte Mischung zwischen nerung der Kommission und die Einführung 14. März 2014 insgesamt 25 Parteien für die klassischer Volkspartei und spezieller Inter- von Volksentscheiden in Deutschland über Europawahl zugelassen. Dies sind (in Rei- essengruppierung ab. wichtige Europafragen ein. CDU und CSU henfolge der Registrierung): die „Christliche gehören beide zur Europäischen Volkspartei. Demokratische Union“, die „Sozialdemokra- Neu bei der kommenden Wahl ist vor Gemeinsamer europäischer Spitzenkandidat tische Partei Deutschlands“, „Bündnis90/ allem, dass es aufgrund des jüngsten Bun- für das Amt des Kommissionspräsidenten Die Grünen“, die „Freie Demokratische Par- desverfassungsgerichtsurteils keine Sperr- ist der frühere Luxemburger Minsiterpräsi- tei“, „Die Linke“, die „Christliche Soziale Uni- klausel mehr geben wird und es somit dent Jean-Claude Juncker. on“, die „Freien Wähler“, die „Republikaner“, wahrscheinlich mehr Parteien als bisher in die „Tierschutzpartei“, die „Familienpartei Deutschland schaffen werden, einen Teil der Mit dem derzeitigen Präsidenten des Eu- Deutschlands“, die „Piraten“, die „Ökolo- 96 in Deutschland zu wählenden Mandate ropäischen Parlaments, Martin Schulz, geht gisch-Demokratische Partei“, die „Partei zu erringen. Die aussichtsreichsten sind die die SPD als Spitzenkandidaten in Deutsch- Bibeltreuer Christen“, die „Partei Ab jetzt … folgenden neun Parteien: land ins Rennen. Europaweit ist Schulz zudem der sozialdemokratische Kandidat für das Amt des Kommissionspräsiden- ten. Rechts- wie Linkspopulisten sagt die 1000 gute Gründe für Europa SPD den Kampf an. Ihre zentralen Ziele sind: strengere Haftungsregeln für Banken, Trennung von Investment- und Geschäfts- bankensystem und eine starke Kontrolle „Damit auch Ihr Kind in einem (Finanz-Check) für alle neuen Finanzpro- friedlichen und demokratischen Europa dukte, Entzug der Banklizenz bei Hilfe zum Steuerbetrug, europaweite Mindestlöhne, aufwächst – wählen Sie ein Europäisches weniger Bürokratie, mehr Mitsprache und Parlament, das für diese Werte eintritt.“ mehr Macht für das Europaparlament.

Dr. Ute Hartenberger, Europa-Union München Mit dem Programm „Europa geht anders. Sozial, friedlich, demokratisch“ spricht sich die Linke für eine grundlegende Neuaus- richtung der EU aus. Man wolle einen Poli- tikwechsel, damit die EU nicht vornehmlich Eliten an Reichtum und Macht ein Zuhause Eine gemeinsame Kampagne der Mitgliedsorganisationen im Netzwerk EBD: www.netzwerk-ebd.de/ep2014 biete, sondern sich solidarisch für alle ent- wickle. Konkrete Forderungen: Mindestlöh- ne und -renten in der gesamten EU, Neu- 25. Mai: Europawahl ausrichtung der Währungsunion, Vergesell- schaftung privater Großbanken, ein Verbot

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von Rüstungsexporten sowie die Auflösung zug in das Europäische Parlament werden der Nato. Spitzenkandidatin der Linken ist sich die AfD-Abgeordneten wahrscheinlich Gabi Zimmer. Der Grieche ist im Spektrum der Nationalisten bzw. Europa- der gemeinsame Spitzenkandidat der Euro- skeptiker eingruppieren, wenn sie nicht un- päischen Linken. ter den Fraktionslosen landen wollen.

Die Grünen und ihre Spitzenkandidatin Die Freien Wähler treten mit der Spit- stellen den Klima- und Ver- zenkandidatin Ulrike Müller an. Mit ihrem braucherschutz, mehr Datensicherheit und Programm wollen sie die Bürokratie ver- Impressum 2/2014 Bürgerrechte in den Mittelpunkt. Sie wollen schlanken, die Regelungswut bremsen, den die EU weiterentwickeln, die Erweiterungs- Ausschuss der Regionen stärken und An- EUROPA AKTIV – politik der EU fortsetzen und ein Europa der wälte der Kommunen sein. Zu ihren Kern- Aktuelles aus Politik und Verbandsleben erneuerbaren Energien. Der Atomausstieg forderungen gehören auch Ziele wie Schutz soll in der gesamten EU vorangetrieben der europäischen Agrarlandschaft und der Herausgeber: werden. Lebensmittel sollen frei von Gen- Verbraucherschutzstandards vor der Auf- Europa-Union Deutschland e. V. technik und Antibiotika sein. EU-weit ver- weichung durch transatlantische Stan- Sophienstraße 28/29, 10178 Berlin pflichtende Herkunftsangaben sollen dabei dardabsenkungen, keine Gen- und Hormon- Tel.: (0 30) 3 03 62 01 30, Fax: (0 30) 3 03 62 01 39 Transparenz schaffen. Die Deutsche Ska nahrung aus den USA, Volksabstimmungen E-Mail: [email protected] Internet: www.europa-union.de Keller und der Franzose José Bové sind das in Europafragen, Schluss mit den Euro-Ret- europäische Spitzenduo der Grünen. tungsschirmen, Stopp von Trinkwasserpri- Redaktion: vatisierung und die Reduzierung der an die Heinz-Wilhelm Schaumann (v. i. S. d. P.) Alexander Graf Lambsdorff ist der Spit- EU abzuführenden Finanzmittel. Birgit Kößling zenkandidat der FDP, die nach der bitteren Bundestagswahl zu neuer Stärke kommen Die Forderungen der einzelnen Parteien Redaktionsanschrift: Hardtbergstraße 23 a, 53507 Dernau / Ahr möchte. Inhaltlich tritt sie für mehr Bür- sind teils deckungsgleich, teils völlig gegen- Tel.: (0 26 43) 90 16 04, Fax: (0 26 43) 90 25 52 gerrechte ein, die Vorratsdatenspeicherung sätzlich, was uns Wählern die Entscheidung E-Mail: [email protected] soll verhindert werden. Beim Euro soll der nicht einfach macht. Noch ist bis zum 25. Rettungsschirm ESM schrittweise reduziert, Mai ausreichend Zeit, sich sowohl über ein- Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 14.04.2014. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben zudem ein Austrittsmechanismus für Euro- zelne Kandidaten als auch über die detail- nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder Länder geschaffen werden. Guy Verhofstadt lierten Parteiprogramme zu informieren. des Verbandes sowie seiner Untergliederungen aus Belgien ist der liberale europaweite wieder. Für die inhaltliche und sprachliche Ge- Spitzenkandidat. Aus Sicht der Europa-Union bzw. der staltung der Berichte der Landesverbände sind unmittelbar diese selbst verantwortlich. Alle Europäischen Föderalisten sollte diese Ori- abgedruckten Texte und Abbildungen sind Mit einem klaren Bekenntnis zu Euro- entierung unter den Leitmotiven von Über- urheberrechtlich geschützt. pa hat die Piratenpartei ihre bundesweite schrift und Schlusssatz des Kieler Appells Kampagne für die Wahl des Europäischen der Europa-Union zur Europawahl stehen: Bei Adressänderungen wenden Sie sich bitte an den für Sie zuständigen Landesverband oder direkt Parlaments begonnen. Im Wahlprogramm an das Generalsekretariat der Europa-Union! wird ein „Europa ohne Grenzen” gefordert. „Mehr Europa wählen!“ Ziel sei eine Informationsgesellschaft, in Layout & Satz: der alle Menschen an Bildung, Kultur und „Europagegner können im Europa- Pegasos-Publikationen, Demokratie teilhaben könnten, unabhängig parlament nichts Positives bewirken!“ Hauptstr. 36, 53567 Buchholz / Ww. Tel. und Fax: (0 26 83) 94 39 08 von Herkunft und Einkommen. Mobil: (01 71) 5 07 69 32 ist die deutsche „Spitzenpiratin” für diese Allen eine gute Wahl! E-Mail: [email protected] Europawahl. Europaweit sind dies der Finne Peter Sunde und die Schwedin Amelia An- Druck: dersdotter. GÖRRES-DRUCKEREI UND VERLAG GMBH, Koblenz/Neuwied Internet: http//:www.goerres-druckerei.de Die Alternative für Deutschland (AfD) setzt mit ihrem Slogan „Mut zu D EU tschland” ein klares Zeichen: Erst geht es um Deutsch- land, dann um Europa. Ein Austritt aus dem Euro wird für die Krisenländer Südeuropas gefordert. Neue EU-Mitglieder soll es nicht geben, Kompetenzen sollen auf die nationa- le Ebene zurückverlagert werden. Parteichef ist auf Listenplatz eins. Bei Ein-

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Schleswig-Holstein Europabildung ist fester Bestandteil des pädagogischen Konzepts am Berufs- Junge Europäer aus bildungszentrum. Neben verschiedenen Comenius-Projekten ermöglichen Leonar- Norderstedt reden mit do-Mobilitätsprojekte den Schülern Berufs- praktika in England, Frankreich, Litauen oder Der Landesschulbeauftragte Joachim Finnland. Brunkhorst überreichte drei Schülern des Berufsbildungszentrums Norderstedt (BBZ) Joachim Brunkhorst gratulierte der einen Landespreis im Europäischen Wett- Schule zu ihren erfolgreichen Aktivitäten bewerb. Der Wettbewerb stand 2013 unter und betonte, das BBZ erscheine reif für die dem Motto „Wir sind Europa! Wir reden Verleihung des Titels „Europaschule“! Die mit!“. Die Europa-AG des BBZ veranstaltete Zusammenarbeit mit der Europa-Union soll hierzu eine Talkshow mit dem Titel „Europa künftig noch weiter ausgebaut werden. in der Krise – rettet uns ein europäischer Bundesstaat?“ und dokumentierte sie auf Joachim Brunkhorst einer DVD. Hier prallten Argumente und Gegenargumente aufeinander, und das Pu- blikum konnte sich eine eigene Meinung bil- Klage vor dem EuGH den. Genau dies ist auch der Sinn des Euro- päischen Wettbewerbs: Junge Leute sollen wegen Bürgerinitiative sich bewusst werden, dass sie Europäer sind und ihre Interessen im europäischen Rah- Ernst Johansson, Kieler Rechtsan- men vertreten müssen. walt und Vizepräsident der Europa-Union Deutschland, zieht im Auftrag der Födera- Auch am Tag der offenen Tür am BBZ tion der Europäischen Volksgruppen (FUEV) war die Europa-AG mit einer Ausstellung vor den Europäischen Gerichtshof. Dort vertreten. Fotografien, eigene Berichte wendet er sich gegen die Entscheidung der und Presseartikel über ihre Europa-Aktivi- Europäischen Kommission, die Europäische täten hatte die Arbeitsgruppe auf Schau- Bürgerinitiative (EBI) der FUEV aus Gründen tafeln zusammengestellt. Landestypische der Nichtzuständigkeit abzulehnen. Mitbringsel von den Auslandspraktika wa- ren zu bewundern und die Besucher konn- Die FUEV, welche die meisten Minderhei- ten ihr Europa-Wissen durch Quiz und ten in Europa vertritt, hatte auf ihrem Jah- Kartenspiel überprüfen. Die PowerPoint- reskongress 2013 in Brixen eine Europäische Präsentation über die Comenius-Reise Bürgerinitiative unter dem Titel „Minority nach Italien war schließlich Werbung in Safepack“ verabschiedet. Mit einer Milli- eigener Sache: Das aktuelle Comenius- on Unterschriften aus ganz Europa sollte Projekt beschäftigt sich mit „Handel und die Bürgerinitiative zur Stärkung der kul- Handwerk auf europäischen Märkten“. turellen Vielfalt in Europa beitragen. Dazu machte die EBI konkre- te Vorschläge. Die EU- Kommission lehnte die Registrierung der EBI ab. Die darin enthaltenen Vorschläge fielen nicht in die Zuständigkeit der Kommission, lautete die Begründung. Gegen die- se Entscheidung wird die um die erste Klage gegen die Ablehnung Minderheitenvertretung einer Registrierung einer Europäischen nun klagen. Bürgerinitiative seit deren Einführung im April 2013. Ernst Johansson zu- Fotolia.com © stockWERK folge handelt es sich Verantwortlich: Henrike Menze

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