Sonntag, 15. Februar 2015 / Nr. 7 Zentralschweiz am Sonntag 13 Kantone Fahrleitung ade: So wird der flexibel

Die Technologie der Zukunft

ENERGY-PACK red. Das Kompetenz- zentrum Effiziente Energiesysteme (CC IIEE) der Hochschule Luzern in forscht seit über 20 Jahren am Thema E-Mobilität. Im 2004 wurde nach sechs Jahren Entwick- lungszeit der Tohyco-Rider-Kleinbus zwischen Bahnhof Luzern und Ver- kehrshaus in den Betrieb genom- men. Es handelte sich um einen Elektrobus und stellte ein alterna- tives Betriebskonzept mit einem elektrischen Superkapazitätenspei- cher dar, der eine nahezu unendli­ che Lebensdauer hat. Er konnte je­ weils in kürzester Zeit mittels einer berührungslosen Ladeinsel wäh- rend des Ein- und Aussteigens der Passagiere nachgeladen werden. Teil der Energiestrategie Das jetzt aktuell entwickelte Energy-Pack stellt ein Nachfolge- projekt für einen Mischbetriebein- satz dar. Die heutigen Aktivitäten laufen im Einklang mit der Energie- strategie 2050 des Bundes und den damit etablierten nationalen Kompetenznetzwerken SCCER (Swiss Competence Center for Energy Research), in denen die Hochschule Luzern engagiert ist.

HINWEIS Weitere Informationen finden Sie unter Der «Einer»-Bus auf der Seebrücke unterwegs in Richtung Maihof: Auf der www.iiee.ch, www.hslu.ch oder ganzen Strecke bezieht er Strom aus den Fahrleitungen. www.sccer-mobility.ch Bild Dominik Wunderli

LUZERN 9 Millionen Franken soll die Verlängerung skeptisch. «Bei Reichweitenangaben von Elektrofahrzeugen ist immer sehr genau der Buslinie 1 bis zum Bahnhof kosten. zu hinterfragen, unter welchen Bedin- Eine neue Technologie würde sie überflüssig gungen diese erreicht werden», gibt Sprecher Christian Bertschi zu beden- machen – doch der Verkehrsverbund ist skeptisch. ken. Dazu würden Komfortfunktionen für Passagiere, die Häufigkeit der Fahr- ten, die Fahrzeuggrössen, die zu errei- LENA BERGER riezellen sowie aus 144 so genannten chende Fahrgastkapazität aufgrund des [email protected] Supercap-Hochleistungskondensatoren, Batteriegewichts, die Topografie und die die alle seriell geschaltet sind. Jede Li- Aufenthaltsdauer an Endhaltestellen ge- Fünf Jahre. So lange dauerte es, die thiumzelle hat eine Nennspannung von hören. «Zudem ist die Wirtschaftlichkeit Buslinie 6 um zwei Kilometer bis Büt- 3,2 Volt. Es ergibt sich ein Energieinhalt eines Batteriesystems über seine gesam- tenenhalde zu verlängern. Die Bau- von 34,5 Kilowattstunden. Ein Gelenk- te Lebensdauer ein weiterer wichtiger, arbeiten freilich beanspruchten nur ei- benötigt knapp 3 Kilowatt- zu berücksichtigender Aspekt.» nige Monate. Doch zwischen dem Ent- stunden Energie, um einen Kilometer Sowohl VBL als auch VVL bezweifeln, scheid des Grossen Stadtrates 2008 und zu fahren. dass mit dem Batteriensystem gespart der Eröffnung der neuen Verbindung Von der Grösse her ersetzt die Batte- werden könnte. Abschliessend beant- 2013 wurde jahrelang gestritten – über rie das bei neuen VBL-Bussen bereits worten lassen dürfte sich diese Frage Sicherheit, Lärm und die Auswirkungen eingesetzte elektronische Notstromaggre­ beim heutigen Kenntnisstand nicht. Die der baulichen Massnahmen auf die gat – im Gegensatz zu diesen steht jedoch Firma Hess gibt keine Auskünfte dazu, umliegenden Grundstücke. Anwohner die volle Leistung zur Beschleunigung wie viel ihre Busse kosten. Betreffend wehrten sich mit einer Volksmotion und zur Verfügung. Die Vorteile liegen auf der Beschaffungskosten schätzen Fach- Einsprachen. Letztlich kostete das Pro- der Hand: Das Fahrleitungsnetz wird leute allerdings, dass man für 9 Millio- jekt nicht wie ursprünglich budgetiert stabilisiert und – hier wirds interessant – nen Franken rund 45 Trolleybusse um- 5, sondern 7 Millionen Franken. das Fahrzeug kann eine beschränkte Zeit Dank des von der Hochschule Luzern entwickelten Energy-Packs rüsten könnte. Das sind weit mehr, als Nun steht erneut ohne Fahrleitung fah- können Busse längere Strecken ohne Fahrleitung zurücklegen. auf der Linie 1 verkehren. die Verlängerung ren. Das heisst auch: PD einer Trolleybuslinie Es besteht die Mög- Rasche Serienreife möglich an. Der «Einer» soll lichkeit einer fahr­ Die Hochschule Luzern forscht schon künftig nicht mehr leitungslosen Verlän- werden könnte. Der Testbus fährt bis an Bus eingesetzt, um eine Buslinie in die längere Zeit an Lösungen zur E-Mobili- nur bis Maihof, son- gerung des Trolley- die letzte Haltestelle vor dem Bahnhof Agglomeration zu verlängern, hätte ich tät und hat das Energy-Pack entwickelt dern bis zum Bahn- busnetzes. Teure mit Strom aus der Fahrleitung. Während null Bedenken.» (siehe Box). Zum Stand der Technik hof Ebikon fahren. Infrastruktur und Ein- des Fahrgastwechsels zieht der Fahrer Die Batterie erlaubt es gemäss den äussert sich Kompetenzzentrumsleiter Mit Kosten von 9 Mil- sprachen könnten so die Stromabnehmer automatisch ein und Verkehrsbetrieben St. Gallen, den Trol- Professor Vinzenz Härri wie folgt: «Alter- lionen Franken wird hinfällig werden. fährt dann mit Strom aus der Batterie leybus bis zu 20 Kilometer ohne Fahr- nativen zu auf Verbrennungsmotoren gerechnet. Das ist zum Bahnhof. An der ersten Haltestelle leitung zu bewegen. Die Strecke zwi- basierten Bussen liegen im Trend. Nebst kein Trinkgeld. Wohl «Durch den Batterie bewährt nach dem Bahnhof werden die Strom- schen Maihof und dem Ebikoner Bahn- , Trolleybussen und reinen Batte- sich in St. Gallen auch deswegen wur- Mehrfachnutzen ist abnehmer wieder automatisch aufgebü- hof beträgt rund 3,3 Kilometer. Dennoch riebussen gibt es viele Mischformen.» de der Ausbau, der Projektpartner der gelt, und der Bus fährt erneut mit Strom steht für den Verkehrsverbund Luzern Das Energy-Pack, wie es in Sankt dieses Jahr hätte star- die Lösung auch Hochschule Luzern aus der Fahrleitung. Dabei wird die (VVL) der Einsatz der neuen Batterien Gallen im Einsatz stehe, stelle eine der- ten sollen, im Rah- wirtschaftlich war der Busbauer Batterie für die nächste Durchfahrt am nicht zur Diskussion. «Es steht fest, dass artige Lösung dar: nebst dem reinen men des kantonalen zukunftsweisend.» AG Bahnhof wieder aufgeladen. die Verlängerung nach Ebikon mit den Ersatz als Notstromaggregat ermögliche Sparpakets verscho- in Bellach. Ebenso bewährten Fahrleitungen gebaut wird», es einen fahrdrahtunabhängigen Betrieb ben. Neu wird eine VINZENZ HÄRRI, waren der Verkehrs- VVL setzt auf Bewährtes sagt Sprecher Christoph Zurflüh. Das – zum Beispiel im Rontal. Zudem sei es Umsetzung nach HOCHSCHULE LUZERN verbund Luzern So weit die Theorie. «In der Praxis neue System sei noch nicht betriebs- möglich, Bremsenergie mit bestem Wir- 2018 ins Auge gefasst. (VVL) und die Ver- zeigen sich Schwierigkeiten beim Auf- erprobt und serienreif. Auch fehle eine kungsgrad wiederzuverwerten und die kehrsbetriebe Luzern und Abbügeln von der Fahrleitung», sagt konkrete Preisangabe, sodass die Wirt- Fahrleitung zu stabilisieren. «Durch die- Der Trolleybus ohne Fahrleitung (VBL) beteiligt. Getestet werden die Philipp Sutter, Leiter Infrastruktur/Pro- schaftlichkeit der neuen Technologie sen Mehrfachnutzen ist die Lösung auch Umso bestechender erscheint da eine neuen Busse allerdings von den Ver- jekte bei den VBSG. Die Chauffeure nicht errechnet werden könne. «Es kön- wirtschaftlich zukunftsweisend.» neue Technologie, welche die Hoch- kehrsbetrieben St. Gallen (VBSG) – also müssen ihr Fahrzeug an den Haltestel- nen zudem noch keine verlässlichen Die «zu Recht» erwähnten heutigen schule Luzern entwickelt hat. Ziel des nicht in der Region Luzern. len genau platzieren – sonst entgleist Angaben zur Reichweite gemacht wer- Hindernisse seien nicht prinzipiell tech- Projekts war die Verbesserung eines In St. Gallen steht aktuell eine Neu- der Stromabnehmer aus der Fahrleitung. den. Es wäre für den ÖV in Luzern ein nischer Natur. «Sie können durch eine innovativen Energiespeichers, einer Bat- gestaltung des Bahnhofplatzes an, was «Es kommt teils zu Verzögerungen, auf grosses Risiko, ein nicht bewährtes und gezielte Auslegung und eine geeignete terie, welche die Energie aufnimmt, die wegen des Baus neuer Fahrleitungen mit welche die Passagiere im Kern unseres nicht serienreifes System einzuführen.» Industrialisierung überwunden werden. der Bus beim Bremsen bisher verlor. Kosten von rund 4 Millionen Franken Busnetzes sehr empfindlich reagieren.» Die Technologie könnte in kurzer Zeit Das sogenannte Energy-Pack besteht verbunden wäre. Nun wird geprüft, ob Dennoch sagt Sutter: «Die Batterie sel- Frage nach der Kosteneffizienz serienreif für den Alltagseinsatz bereit- aus 108 Lithium-Eisenphosphat-Batte- dies dank der neuen Batterien umgangen ber funktioniert bestens. Würde dieser Auch die Verkehrsbetriebe Luzern sind gestellt werden», ist Härri überzeugt.