Der mehrgipflige „Windfelsen“ Roc du Vent über der Hoch- fläche ist Ziel für Klettersteiggeher und Bergwanderer.

44 DAV Panorama 3/2007 ArEches-Beaufort Unterwegs Be aufortain Vorzüglicher Käse, satte Almen, freundliche Berge.

Arêches-Beaufort in Savoyen verknüpft eine gute Portion französi- sches „Savoir vivre“ und „Laissez faire“ mit einer attraktiven, äußerst wanderbaren und familien- tauglichen Bergwelt.

E Text & fotos von Georg Hohenester

DAV Panorama 3/2007 45 ieht man einmal von der unvergleichlichen touren im Montblanc-Massiv einen Namen „Montagne des Gebirgsszenerie rund um Chamonix ab, machte und 1930 als erster Nicht-Einheimischer von den Gipfeln der Dauphiné und der in die „Compagnie des guides“, den Verein hommes“ – Vanoise, dann liegen die französischen der Bergführer von Chamonix aufgenommen das Beaufortain SAlpen nicht gerade im Fokus deutscher wurde. In vielen seiner erfolgreichen Bücher Bergsteiger und -wanderer. Doch in den Ber- zeichnet Frison-Roche ein sehr genaues Bild wirkt durch das gen der „Grande Nation“ gibt es viel mehr der Entwicklung wie der Gefahren des Alpinis- zu entdecken. Zum Beispiel das Beaufortain, mus, er beschreibt aber auch die Veränderungen Zusammenspiel eine hierzulande nahezu unbekannte kleine der bergbäuerlichen Kultur im Zug der zuneh- Region südwestlich des Montblanc. Zwischen menden Modernisierung. Letztere hat auch das von Natur und im Westen und Bourg-St-Maurice Beaufortain gehörig verändert, was aber den im Osten, dem Tal des Arly im Norden und Menschen dort mehr als je zuvor erlaubt, mit Mensch der Tarentaise im Süden gelegen, gehört das und von „ihren“ Bergen zu leben – „Montagne Beaufortain zum Departement und zur des hommes – Berge der Menschen“ eben. Region Rhône-Alpe, dem flächenmäßig dritt- größten französischen „Bundesland“, das vom Beaufortain Genfer See bis hinunter in die Provence reicht. „Montagne des hommes“ (Berge der Men- „Französisches Allgäu“ schen), so taufte der bekannte französische Reist man von Norden über den Col des Saisies Schriftsteller, Journalist und Alpinist Roger an, nimmt man spätestens bei der Abfahrt ins Frison-Roche (1906-1999) das Beaufortain. Tal des Doron die weiten grünen Matten jen- Während seiner Ferienaufenthalte in Beaufort seits des Tales wahr, über die eher freundliche entdeckte der in Paris geborene, aber aus dem als abweisende Gipfel aufragen. Unwillkürlich Beaufortain stammende Roger seine Liebe zur fühlt man sich an das Allgäu erinnert, zumal Bergwelt, zur Kultur der Bergbauern und zum das Beaufortain heute hauptsächlich wegen damals noch jungen Alpinismus. Mit 17 Jahren seines exquisiten Käses, des Beaufort bekannt übersiedelte der begeisterte Berggänger nach ist, den Käseliebhaber ob seines feinen Aromas Chamonix, wo er sich durch schwierige Berg- schätzen (siehe Kasten).

46 DAV Panorama 3/2007 ArEches-Beaufort Unterwegs

Weite grüne Alpmat- ten und dichte Wälder bestimmen das Land- schaftsbild um Arêches CH (l. Seite); die „Tour du EI R Beaufortain“ führt auch K über das Plateau de Cuvy N Genf A an den Nordausläufern A rêches-Beaufort R des Grand Mont (l.); bis F Hier wie dort, im Allgäu wie im Berg“. Dessen weite Almhänge, hierher ist der „Große Beaufortain, bestimmt die Wech- die direkt an den Ort anschlie- Berg“ auch im Sommer selbeziehung zwischen Bergen und ßen, müssen sich seit Beginn der mit einer Sesselbahn er- Menschen das Bild der Region: Die 1950er Jahre gefallen lassen, von schlossen (o.); Tradition Bergwelt wirkt über weite Strecken eher wie Menschen mit mechanischer Hilfe überwun- wird großgeschrieben ein hochalpiner Garten denn wie eine Ödland- den zu werden – allerdings in durchaus beschei- – Sommerfest mit Erinne- schaft, während die Menschen die Ressourcen denem Maße: Im Sommer hievt der Sessellift rung an die Anfänge des ihrer Umgebung nach ihrer Art nutzen und pfle- von Arêches aus einmal pro Woche fußfaule Tourismus in den 1930er gen. Hier scheinen Mensch und Natur eine noch bzw. fußkranke Touristen hinauf nach Cuvy Jahren (kl. Bild l.). intakte Mischung zu bilden. Nach der Abfahrt (1700 m), von wo aus sich dann immer noch vom Col des Saisies im Doron-Tal angekommen, ausgedehnte Touren unternehmen lassen. Will fährt man zunächst durch das kleine Städtchen man gar dem Großen Berg über die Tête de Beaufort, das zusammen mit dem höher gele- Cuvy (1991 m) und Le Grand Rognoux (2364 genen Arêches den Hauptort des Beaufortain m) aufs Haupt steigen, so muss man früh los, bildet. Arêches wie Beaufort bieten einige nette konditionell wie bergsteigerisch fit sein und kleine Gassen und Winkel, ansonsten geben sich auch sparsam markiertes Terrain mögen. die Ortsbilder unaufgeregt und nicht besonders Im Winter sieht das nicht viel anders aus. einprägsam. Umso sehenswerter ist das Umfeld, Zwar gab es schon 1933 das erste internatio- die Bergwelt mit dichten Wäldern, weiten Alm- nale Skirennen und schon Anfang der 1950er flächen und Gipfeln, die bis knapp an die Drei- Jahre den ersten Skilift auf der Nordseite des tausend-Meter-Grenze reichen und die Arêches- Grand Mont, aber bis heute ist das Skigebiet Beaufort von vier Seiten umgeben. überschaubar klein geblieben. Und der Gipfel  selbst ist nach wie vor nur für Skibergsteiger zu grand mont erreichen. Einmal im Jahr allerdings geschieht dies in großem Umfang. Im März, wenn hier Der Große Berg mit der Pierra Menta eines der drei ganz groß- Südlich von Arêches (1009 m) ist da zunächst en internationalen Skibergsteigerrennen statt- „Le Grand Mont“ (2686 m), der „Große findet. In vier Tagesetappen sind dann insge-

DAV Panorama 3/2007 47 :info: Beaufortain

Ein Urlaub zum Bergwandern im Beaufortain empfiehlt sich Genießern, Familien, Entdeckungs- lustigen — und allen anderen, die der franzö- sischen Sprache zumindest rudimentär mächtig sind. Denn Deutschkenntnisse trifft man vor Ort kaum an, und auch Englisch ist nicht gerade die Lieblingssprache der Savoyarden. Überhaupt wird man wenige ausländische Gäste antreffen, Franzosen hingegen schon. Sie reisen innerhalb ihres schönen Landes leidenschaftlich gerne.

Informationen zur Region e Tourismusbüro Arêches-Beaufort, 73270 Beau- fort, Informationen unter Tel.: 0033/(0)479/38 15 33, Fax: 0033/(0)479/38 16 70 (Arêches), Tel.: 0033/(0)479/38 37 57 (Beaufort), E-Mail: info@ areches-beaufort.com, www.areches-beaufort.com e Les Accompagnateurs du Beaufortain, Tel.: 0033/(0)623/47 05 93, E-Mail: randobeaufortain @free.fr, www.randobeaufortain.fr.tc e www.rhonealpes-tourismus.de e www.pierramenta.com

Besuchenswert e Coopérative Laitière du Beaufortain, www.co- operative-de-beaufort.com e Tyrol Aventure (Hochseilgarten im Freizeitge- Tel.: 0033/(0)479/0033/(0)7 05 28 (Hütte), lände bei Beaufort), Tel.: 0033/(0)607/46 96 63, 0033/(0)299/88 49 15 (Hüttenwirt T. Guyon) Anregende E-Mail: [email protected] Karten Bergtouren, Unterkünfte e IGN/Éditions Didier Richard 8: Massifs du Reservierungsmöglichkeiten für Ferienwoh- – Beaufortain – Aravis – Val d’Arly. abwechslungs- nungen unter Arêches-Beaufort Réservation, Haute-Savoie, Savoie. 350 Itinéraires de Ran- reiche Freizeit- Tel.: 0033/(0)479/38 12 90, Fax: 0033/(0)479/38 données pédestres et à ski, 1:50.000 16 70, www.areches-beaufort.com e IGN (Institut Geographique National) 3531 OT: vergnügen – Carte de Randonnée, Megève – Col des Aravis, Hütten 1:25.000 das gefällt e Refuge L’Alpage (2000 m, Grand-Mont, pri- e IGN (Institut Geographique National) 3532 vat), bewirtschaftet 17. Juni bis 17. September OT: Carte de Randonnée, Massif du Beaufortain Groß und Klein (23 Betten) und 15. Dezember bis 20. April (12 – Moûtiers – , 1:25.000 Betten), Tel.: 0033/(0)479/38 18 46 e Refuge de la Coire (2059 m, Cormet d’Arêches, Literatur Commune de Granier), bewartet 15. Juni bis 15. e Jean-Marie Jeudy: 30 Balades en famille dans September, 40 Betten, Tel.: 0033/(0)479/09 70 le Beaufortain. Arêches, Beaufort, Les Saisies. 92 (Hüttenwirt), 0033/(0)682/12 40 42 (mobil) Editions Didier Richard, Grenoble 2005, ISBN 2- e Refuge du Plan de la Lai (1822 m, Cormet 7234-5049-X de Roselend, CAF Albertville), bewirtschaf- e Philippe Gachet: Beaufortain – Le Guide Rando. tet 15. Juni bis 15. September, 28 Betten, Tel.: Rando Éditions, Ibos 2005, ISBN 2-84182-257-5 0033/(0)479/89 07 78 (Hütte), 0033/(0)479/38 e Roger Frison-Roche: Premier de Cordee (Ers- 72 25 (Hüttenwirt P. Letard) ter am Seil). Verlag GeraNova Bruckmann, 1988 e Refuge du Bonhomme (2443 m, Col de la sowie viele weitere Berg- und Abenteuerromane. Croix du Bonhomme, CAV Albertville), bewirt- Informationen auf Französisch unter www.frison- schaftet 15. Juni bis 15. September, 118 Betten, roche.com

48 DAV Panorama 3/2007 ArEches-Beaufort Unterwegs

„Tyrol Aventure“ im weitläufigen Freizeit- gelände bei Beaufort bietet Schwindelfreien ein Hochseilgarten-Ver- gnügen der Extraklasse (l. Seite); am Wandergipfel des Roc du Vent ist die Südflanke des Montblanc samt an die 10.000 Höhenmeter sowie 100 Sees zieht der charakteristische Felsklotz der Blickfang Nummer eins Kilometer Distanz zu überwinden – und am Pierra Menta (2714 m), Namensgeber für das (l.); zwischen dem Aus- Haupttag führt das Rennen gleich mehrmals Pierra-Menta-Rennen (s.o.) die Blicke auf sich, gangspunkt Refuge Plan auf den Grand Mont. 2007 zum 22. Mal ab- einer der wenigen unzugänglichen Gipfel, der de la Lai und dem Gipfel gehalten, lockt die auch als „Tour de Kletterern vorbehalten bleibt und um den sich des Roc du Vent liegen des Skialpinismus“ genannte Pierra Menta re- allerhand Sagen und Legenden ranken. 550 Höhenmeter und, je gelmäßig mehrere hundert Teilnehmer sowie Einigen weiteren Kehren folgt man hin- nach Gusto, eine gemüt- einige tausend Zuschauer in den Schnee am auf zur Hochfläche des Cormet de Roselend liche Wanderung oder ein Grand Mont. Und wenn man in Arêches und (1968 m), einer einsamen, mit Felsen über- anspruchsvoller Kletter- Umgebung den Wettbewerb anspricht, dann säten weiträumigen Weidelandschaft, auf der steig (o.). wird schnell klar, dass dieses Rennen zweifel- die schönen braunen Tarentaise-Kühe grasen, los den jährlichen Veranstaltungs-Höhepunkt deren fette Milch den wunderbaren Beaufort- darstellt, für dessen reibungslosen Ablauf keine Käse ergibt. Mühen gescheut werden. Direkt neben der Straße steht das kleine Refuge Plan de la Lai (1818 m) der Sektion Al- Roc du vent bertville des Französischen Alpenvereins CAF, kurz danach kann man links seinen Wagen par- Ein Felsen für Viele ken. Als Tourenziel lockt der Gipfel des Roc du Über viele enge Kehren führt ein kleines Sträß- Vent (2360 m), auf Karten auch Rocher du Vent chen von Arêches nach Osten auf den Col du benannt. Dieser „Windfels“ ist für Wanderer Pre (1703 m) und weiter zum Stausee Lac de wie Klettersteig-Geher gleich reizvoll. Letztere Roselend. Der riesige Staudamm, über den finden eine anspruchsvolle, ebenso originelle heute die Straße führt, wurde 1960 in Betrieb wie landschaftlich einnehmende Ferrata vor, genommen. Die Berghänge ringsum stehen in die eine Überschreitung der Roc du Vent-Gip- saftigem Grün, überall blühen Bergblumen und fel einschließt. Alte Jagdsteige wurden in den beim Blick über die weite Wasserfläche fragt Klettersteig integriert und neben den herrlichen man sich, wie viel Almfläche für den aufgestau- Panoramablicken auf die Savoyer Berge gibt es ten See aufgegeben werden musste. Jenseits des zwei Besonderheiten: eine 19 Meter lange ex-

DAV Panorama 3/2007 49 :info: Der „Prinz“ unter den Hartkäsen

Der Beaufort ist wichtigstes Produkt des Beau- Bergweiden grasen können. Nach etwa fünf bis fortain und weit über dessen Grenzen hinaus sechs Monaten Reifezeit kommen dann die Käse Aushängeschild berühmt und begehrt. Als geschütztes AOC-Pro- aus der Sommermilch in den Handel. Die beste dukt (Appellation d‘Origine Contrôlée) gehört der Zeit für den Beaufort-Verzehr ist also von Novem- und Qualitäts- Beaufort wie alle großen Hartkäse in Frankreich ber bis März. Zu erkennen ist der Käse aus Som- zur Familie der Gruyères-Käse — man darf ihn aber mermilch an seinem hellgelben Teig - im Vergleich produkt – der nicht mit dem Schweizer Gruyère bzw. Greyerzer zum weißen Teig bei Käse aus Wintermilch. verwechseln. Die Käselaibe reifen mindestens vier Monate in Beaufort zählt Als „Prinz der Gruyères“‚ bezeichnete der franzö- dunklen kühlen Kellern bei 15 Grad und einer Luft- sische Gastronom und Schriftsteller Jean Anthelme feuchtigkeit von 92 Prozent. Die Laibe werden zu den besten Brillat-Savarin im 19. Jahrhundert den ausschließ- zweimal wöchentlich mit Salzlake gewaschen und Käsesorten lich aus Rohmilch hergestellten Beaufort. Typisch gewendet. Beaufort ist besonders reich an Kalzi- für ihn ist sein glatter Teig und die feuchte, kleb- um und Proteinen und hat einen Fettgehalt von der Welt rige Rinde mit leicht nach innen gewölbtem Rand. mindestens 48 Prozent. Den Beaufort genießt Der Geschmack ist aromenreich, mit deutlichem man am besten pur mit einem Gläschen Weißwein Milchbestandteil, fruchtig-mild und umso würziger, aus der Savoie oder einem Côtes de Provence je älter. Zwischen 20 und 70 Kilo darf ein Beaufort rosé. Doch auch in einem Käsefondue oder gra- wiegen. Um einen durchschnittlich großen Käse mit tiniert über Quiches und Aufläufen macht er eine 45 Kilo herzustellen, wird die tägliche Milchleistung gute Figur. von 45 Kühen benötigt, also etwa 540 Liter. Wer mehr über die Herstellung des Beaufort wis- Die Milch stammt von einer mahagonibraunen sen möchte, der möge die Coopérative Laitière Kuhrasse, die Tarine oder Tarentaise genannt wird. in Beaufort besuchen: 130 Bauern aus der Umge- Im Frühjahr werden die Kühe auf die Hochalmen bung liefern der Genossenschaft die Milch ihrer des Beaufortain geführt, wo sie bis zum Herbst Kühe ab. In den Kellern lagern mehr als 10.000 bleiben. Die aromatischste Milch geben die Kühe Käselaibe. Die Coopérative Laitière kann man täg- von Juni bis September, wenn sie auf den saftigen lich bei freiem Eintritt besuchen.

50 DAV Panorama 3/2007 ArêchArEches-Beaufort Unterwegs

Beaufortkäse ist am leicht nach innen gewölbten Rand zu erkennen (l. Sei- te u.); vom Lac de Fées (l. Seite o.) geht es über den Cormet d’Arêches (r.o.) und ausgedehntes Weidegebiet mit zahllosen Tarentaise-Kühen (ganz trem luftige Nepal-Dreiseilbrücke (ein Seil zum schnitt zwischen dem östlichen und westlichen l.) hinauf zum Col du Gehen, zwei zum Festhalten) und einen etwa Roc du Vent-Gipfelaufbau. Hier klärt sich auch Coin mit Blick auf den 200 Meter langen dunklen Stollen quer durch der Name „Roc du Vent“: dass hier der Wind Felsklotz der Pierra Men- den Berg (Taschenlampe bzw. Stirnlampe erfor- oft kräftig durchpfeift, ist unschwer vorstell- ta (l.o.); der Rückweg er- derlich), der den Rundkurs der abwechslungs- bar. Kurz vor dem Einschnitt steigen von links folgt auf reizvollem Steig reichen Ferrata beschließt. (Osten) die Begeher des Klettersteigs herab, um über den Gipfel Croix de Klettersteiggeher wie Bergwanderer gehen zum zweiten Teil nach rechts (Westen) hinüber Berges (l.). vom Parkplatz (hier eine große Überblicksta- zu queren und dort den senkrechten, 60 Meter fel mit den Klettersteig-Varianten) zunächst hohen Aufschwung in Angriff zu nehmen, dem über die kleine Brücke und nach links zu den dann die Drahtseilbrücke folgt. Zum Gipfel- Almhütten von La Plate. Über ein ziemlich kreuz auf dem Wandergipfel geht es hingegen erodiertes Wegenetz – viele Kuhtritte, viele Ab- noch ein kurzes Stück über den Grat nach Nor- schneider – steigt man kurz rechterhand hinauf den – mit herrlichem Blick auf die Südflanke und bei der unbezeichneten Verzweigung wen- des Montblanc. Von hier aus sieht der Mon- den sich die Ferrata-Anwärter nach links, um arch wirklich beeindruckend gewaltig aus und über eine Geröllrinne zum Einstieg auf etwa man kann sich an seiner Kulisse gar nicht satt 1900 Meter zu gelangen. Bergwanderer hinge- sehen. Für den Aufstieg auf diesen Genussgip- gen marschieren Richtung Norden weiter und fel par excellence rechne man bequeme zwei steigen, im unteren Teil durch feuchtes Terrain, bis zweieinhalb Stunden. unterhalb der breiten Ostflanke des Roc du Vent querend, nach Norden hinauf zum Cha- Col du Coin let La Louze (2174 m), einem idealen Brotzeit- platz. Von hier lassen sich die Ferrata-Kletterer Wo der Käse herkommt hoch oben auf dem Grat bestens beobachten Von der Passstraße Richtung Col du Pre zweigt – ein Fernglas ist zu empfehlen. kurz nach Arêches ein enges Stichsträßchen Der weitere Steig führt hinauf zum nörd- nach Süden ab und führt über der Schlucht des lichen Ende des Roc du Vent und erreicht, von Torrent de Poncellament hinauf zum Lac de St- Norden kommend einen Canyon artigen Ein- Guérin (1559 m). An der Westseite des kleinen

DAV Panorama 3/2007 51 Stausees zieht ein Wanderweg entlang, auf dem gäu pur. Entsprechend zertreten und sumpfig Auf drei Seiten man über den Col de la Louze (2119 m) in ist der Weg zum Pass, der in einer knappen etwa drei Stunden bis zur idyllisch gelegenen Stunde erstiegen ist. Vom schmalen Gratein- von Bergen Seengruppe der Lacs de la Tempête direkt un- schnitt eröffnet sich der Blick hinüber ins karge ter der Südflanke des Grand Mont wandern Tal des Rau du Coin – und auf den Felsklotz umgeben, bie- kann. Fährt man hingegen am See links weiter, der Pierra Menta, diesmal mit dem Blickwin- tet Arêches gelangt man auf dem zunächst noch geteerten kel aus Südwest. Der Steig jenseits führt durch Sträßchen weit hinauf in das großzügige Wei- hochalpines Gelände hinab und dann oberhalb reichlich berg- degebiet unterhalb des Passübergangs Cormet des Lac de Roselend talauswärts bis zum Refu- d’Arêches (2109 m) und des Mont Coin (2539 ge du Plan de la Lai. steigerische m), der für heute das Tourenziel sein soll. Am Zum Mont Coin, einem formidablen Belve- Lac de Fées (1896 m) kann man den Wagen dere geht es vom Col du Coin links hinauf, am Abwechslung abstellen, um die letzten Kilometer der Alm- Grat entlang, Trittsicherheit und Orientierungs- straße hinauf zum Pass zu wandern – mit zu- vermögen vorausgesetzt. Alternativ kann man nehmend weitem Blick über die grünen Matten den Grat nach einigen Minuten rechts liegen bis hinunter zum Lac St-Guérin und hinüber lassen und unterhalb zur Südostflanke des Mont zur gewaltigen Ostflanke des Grand Mont. Coin auf gut sichtbarem Steiglein zum gelb Jenseits des Passes ein Stück bergab liegt das markierten Weg hinüberqueren, der vom Cor- einfach bewartete Refuge de Coire (2059 m), met d’Arêches über den Vorgipfel La Croix de das auch von der Tarentaise aus mit einer Berger heraufführt. Dieser abwechslungsreiche fahrbaren Almstraße erschlossen ist. Mit Kind Steig vermittelt auch den Weg zurück zum Refu- und Kegel, zu Fuß oder per Bike genießen hier ge de Coire bzw. zum Cormet d’Arêches. französische Familien ihr Wochenende, völlig unaufgeregt und entspannt – „laissez faire“. Mont Miratin Im Umkreis der Hütte und die südseitigen Hänge bis zum Col du Coin (2398 m) hinauf Der einsame Berg grasen wieder unzählige der kleinen, robusten Im Westen von Arêches erstreckt sich vom Col braunen Tarentaise-Kühe – französisches All- de la Bâthie (1889 m) bis zum grünen Gipfel

52 DAV Panorama 3/2007 ArEches-Beaufort Unterwegs

Hoch über dem Weiler Le Planey liegt der sat- telförmige alte Passüber- gang Pas de l’Ane mit dem Mont Miratin zur Rechten (l. Seite); der Aufstieg zum Aussichts- berg Mont Miratin mit seinem kleinen Holzkreuz des Roche Plane (2166 m) ein Bergmassiv mit teren Verlauf nimmt der Steig an Steilheit zu (l.o.) erfolgt vom Pass aus kaum besuchten Bergen, darunter Légette du und führt, teils über blockiges Gelände hinauf in leichter Gratkraxelei; Miratin (2353 m), Mont Miratin (2460 m) und zum Pas de l’Ane (2371 m), dem „Eselstritt“. zunächst aber heißt es Pointe de la Grande Journée (2460 m). Nur auf Dieser Passübergang zwischen dem Vallée de auf einer Almstraße (r.o.) den Mont Miratin führt ein markierter Steig, Doron und dem Vallée de l’Argentine wurde wandern, die bis zum der nach 1250 Höhenmetern und etwa vier bis in alten Zeiten für den Viehübertrieb und von Chalet du Lac führt (l.). viereinhalb Stunden Gehzeit ein einsames Gip- Händlern mit ihren Eseln genutzt, daher wohl felerlebnis verspricht – und einen grandiosen der Name. Rundblick. Zum kleinen Holzkreuz auf dem Mont Mi- Ausgangspunkt für die lohnende Wande- ratin fehlt vom Pas de l‘Ane nicht mehr viel. rung ist der Weiler Le Planey/La Dray (1239 Allerdings sollte man trittsicher und schwindel- m) mit kleinem Parkplatz direkt hinter der Ka- frei sein, um die leichte, aber bisweilen luftige pelle. Direkt gegenüber zweigt der Weg ab und Kletterei entlang des Südgrates zu unterneh- führt kerzengerade hinauf zur Almstraße nach men, die in einer Passage mit einem Drahtseil Plan Villard (1530 m), der man für zwei Keh- gesichert ist. Nach einer halben Stunde oben ren folgt. Dann geht es links und kurz darauf angekommen herrscht hoffentlich beste Sicht – rechts, dem Wegweiser „Pas de l’Ane/Miratin“ denn dann tut sich ein wirklich gewaltiges Pan- folgend, durch dichten Wald hinauf bis zum orama auf, das im Uhrzeigersinn von Norden Almdorf Plan Villard (bis hierher auch fahrbar, über Osten nach Süden die Massive des Ara- aber wenig Parkmöglichkeit). Nun wandert es vis, des Montblanc, des östlichen Beaufortain, sich in angenehmer Steigung über Almwiesen der Vanoise sowie des Écrins zeigt. Im Westen mit vielen Heidelbeeresträuchern. Weiter oben dagegen glänzen tief unten die Dächer von Al- erweitert sich der Weg wieder zur Almstraße bertville, der Olympiastadt von 1992, überragt und führt über eine ziemliche Strecke nur sanft von den Gipfeln des Massif des Bauges. Die ansteigend und durch zunehmend karges Ge- Gipfelrast auf dem Mont Miratin könnte man biet unterhalb der Südflanke des Légette du dazu nutzen, sich das nächste Reiseziel auszu- Miratin zum Chalet du Lac (2058 m), dem suchen in Frankreichs Alpen – die Auswahl ist höchstgelegenen Almgebäude im Tal. Im wei- énorme. f

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