Zukunft für die heimischen Wälder sichern

Der Wald ist ein wichtiger Teil unserer Heimat. unter der Dürre. Hinzu kommen neu auftretende Knapp ein Drittel der Fläche Deutschlands ist be- Krankheiten und holzschädigende Organismen. waldet. Für viele ist es selbstverständlich, sich bei Spaziergängen und Wanderungen im Wald zu erho- Der bereits heute besorgniserregende Waldzustand len. Wir genießen die Ruhe, die gute Luft und das zeigt die Notwendigkeit eines konsequenten Klima- Grün. Aber die Frage ist: Wie lange geht das noch? schutzes auf. Wird das Pariser Klimaziel einer Be- Während die Union gerne von Heimat spricht, stirbt grenzung der Erderhitzung auf deutlich unter zwei der heimische Wald vielerorts, ohne dass die Bun- Grad, möglichst 1,5 Grad, verfehlt, laufen die Wälder desregierung dieses Problem tatkräftig und kompe- Gefahr, mit der Anpassung an die neuen klimati- tent angeht. Die Bilder der Waldschäden im Harz, im schen Bedingungen überfordert zu werden. Zudem Sauerland und an vielen anderen Orten in Deutsch- wäre der Erfolg von Anpassungsmaßnahmen in land sind alarmierend, denn wir brauchen die Wäl- Wäldern an das heute bereits nicht mehr zu verhin- der. Sie sind wichtige Wasserspeicher, Luftfilter, und dernde Ausmaß der Klimakrise in Frage gestellt. Der Lebensraum für unzählige Pflanzen und Tiere. Sie Charakter typischer Waldlandschaften, geprägt etwa sind die Lungen unseres Planeten und wichtige Ver- durch Buchenwälder, würde sich drastisch wandeln. bündete beim Klimaschutz, denn sie können Koh- Schneller und umfassender Klimaschutz ist damit lenstoffdioxid (CO2) schlucken. Wälder schützen essenziell für einen langfristigen Waldschutz und vor Lawinen und können Hochwassergefahren min- die Sicherung unseres Naturerbes. dern. Und nicht zuletzt liefern Wälder den wichtigen nachwachsenden Rohstoff Holz. Wir sind daher auf Eine erfolgreiche Wiederbewaldung von Schadflä- gesunde und intakte Wälder angewiesen. chen und die flächendeckende Schaffung klima- resilienter Waldökosysteme sind die zentralen He- Nach mehreren Dürrejahren in Folge zeigt sich rausforderungen für die Waldbewirtschaftung der deutlich, dass unsere bestehenden Wälder vielerorts kommenden Jahrzehnte. Nur Wälder, die längeren nicht gewappnet sind für die Folgen der Klimakri- Trockenphasen, Stürmen und krankheitserregenden se. Nur noch ein Fünftel der Bäume in Deutschlands Organismen besser trotzen, können die vielfältigen Wäldern ist noch gesund. Die Waldverlustfläche in Ökosystemleistungen des Waldes auf Dauer sicher- Deutschland ist inzwischen größer als das Saarland. stellen. Wir müssen also unsere Wälder auf die be- In naturfernen Nadelmonokulturen aus Fichten und reits heute nicht mehr vermeidbaren Klimaverände- Kiefern sind die Folgen der Trockenheit anhand der rungen vorbereiten und anpassen. Waldbesitzende großflächigen Borkenkäferkalamitäten am stärks- und Förster*innen stehen angesichts dieser existen- ten sichtbar. Doch auch viele andere Baumarten ziellen Herausforderungen vor der Aufgabe, bishe- wie alte Buchen, besonders wenn sie aufgrund der rige Bewirtschaftungsstrategien auf den Prüfstand Durchforstung aufgelichtet worden waren, leiden zu stellen und auf diese Ziele hin neu auszurichten.

Grünes Autor*innenpapier von , Harald Ebner, Bettina Hoffmann, , und 08.08.2021 1 Ansätze dafür sind eine Risikostreuung und höhere Verfehlte Waldförderpolitik Ökosystemstabilität, die durch eine größere struk- turelle Naturnähe und mehr Vielfalt an vorrangig bringt klimafesten Wald heimischen Baumarten erreicht wird, wobei auch bisherige Nebenbaumarten eine größere Rolle spie- nicht voran len werden. Die Anfälligkeit gegenüber Trockenheits- und Hitzephasen kann durch Förderung eines kühlen Verbreitete Kalamitäten und der damit verbundene Waldinnenklimas und einer verbesserten Wasser- enorme Arbeitsaufwand haben viele Waldbetriebe speicherkapazität sowie über eine Mehrschichtig- in Existenznot gebracht, da der starke Verfall der keit mit möglichst dichter Krone, einem hohen Laub- Nadelholzpreise massive Verluste zur Folge hatte. baumanteil, deutlich mehr Altbäumen und einem Rund 1,5 Milliarden Euro haben Bund und Länder hohen Totholzanteil verringert werden. Zudem sind zur Unterstützung der Waldbesitzer*innen mobili- Maßnahmen nötig, welche die Wälder gezielt von siert und sind so dem Ruf der großen Waldbesitzer- Stressfaktoren entlasten, die zusätzlich zur Klimakri- verbände gefolgt. Aber Scheckbuchpolitik ist keine se die Vitalität des Waldes schwächen. Dazu zählen Antwort auf die ökologischen Ursachen und Zusam- u.a. Stickstoffeinträge, Bodenverdichtungen und star- menhänge der Waldkrise. Die Fördergelder setzen ker Wildverbiss. Langfristig sind naturnah strukturier- bislang kaum wirksame Anreize für Klimaresilienz, te, artenreiche Wälder die beste Versicherung gegen Naturnähe oder mehr Biodiversität. Solche klaren Dürreschäden, Stürme, Brände und Schädlingsprob- Impulse sind aber nötig, um beim Waldumbau vo- leme. Das bringt nicht nur Vorteile für die biologische ranzukommen und Fehlentscheidungen bei Pflan- Vielfalt, sondern auch Ertragssicherheit und Planbar- zungen zu vermeiden. Hochrisikostrategien zuguns- keit für die heimische Holzwirtschaft. ten eines Maximalholzertrags, an deren Ende der Wald zum Dauersanierungsfall für die öffentliche Niemand kann heute die exakten klimatischen Hand werden könnte, müssen vermieden werden. Verhältnisse und deren Auswirkungen an einem Waldstandort in 50 oder 100 Jahren vorhersagen, Ein Beispiel für eine verfehlte Förderpolitik ist die trotz großer Fortschritte bei der Klimamodellie- Prämie zur Schadholzberäumung, die vielerorts rung. Sicher ist: Vielfalt und Naturnähe sind wich- Fehlanreize für eine Totalberäumung von Schad- tige Eigenschaften resilienter Ökosysteme, die eine flächen gesetzt hat. Diese führt zu verminderter breite genetische Variabilität aufweisen und damit Humusbildung und verschärft Austrocknungspro- eine potenziell bessere Anpassungsfähigkeit ge- zesse, die das Aufkommen von Jungbäumen massiv währleisten. Dagegen bergen vermeintlich einfa- erschweren. Kahl geräumte Flächen sind zudem oft che Lösungen wie die massenhafte Pflanzung nicht mit schweren Bodenschäden durch flächigen -Ma heimischer Baumarten aus anderen Erdregionen schineneinsatz verbunden, was gerade bei Starkre- erhebliche Risiken neuer flächiger Kalamitäten. genereignissen an Hängen zu Erosion und starkem Neuauflagen naturferner Forste auf Basis- weni Wasserabfluss führt und so Hochwasserereignisse ger, vermeintlich trockenheitsresistenten „Wunder- verschärfen kann. Darüber hinaus ist der Nutzen der baumarten“ bringen keine bessere Ökosystemsta- Räumung für die Borkenkäferbekämpfung bei Groß- bilität und würden daher die Waldwirtschaft im kalamitäten in der Praxis oft fraglich, weil viele Be- Umgang mit der Klimakrise auf einen sprichwört- triebe aufgrund begrenzter Kapazitäten erst dann lichen Holzweg führen. Zudem stellt die Ansiedlung räumen, wenn die nächste Käfergeneration die be- solcher Exoten im großen Stil eine Gefährdung der fallenen Bäume bereits verlassen hat. heimischen Waldbiodiversität dar, die auf heimische Bäume als Teil ihres Lebensraumes angewiesen ist. Sehr fragwürdig ist auch die Bundeswaldprämie, welche pauschal nach Fläche gezahlt wird (ledig- lich gedeckelt durch eine „De minimis“-Vorgabe der EU). Zwar wird eine Zertifizierung wie PEFC verlangt, aber ökologische Vorgaben sind bei diesem Stan- dard nur sehr vage formuliert bzw. schwach aus-

Grünes Autor*innenpapier von Robert Habeck, Harald Ebner, Bettina Hoffmann, Oliver Krischer, Steffi Lemke und Lisa Badum 08.08.2021 2 gestaltet. So wird schon eine Fläche, auf der eine faktoren jenseits der Klimakrise zu minimieren und einzige Baumart mit 90 Prozent Anteil extrem do- vor allem die Wälder so zu bewirtschaften, dass sie miniert, bereits als „gemischter Bestand“ gewertet. ihre biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungs- Statt Impulse für eine naturnahe Waldumwandlung fähigkeit und Vitalität erhalten. Unsere Waldgeset- mit mehr Baumartenvielfalt zu setzen, tendiert der ze müssen diesen Herausforderungen Rechnung ökologische Zugewinn dieser Förderung gegen Null, tragen. Dafür wollen wir gesetzliche Mindeststan- auch weil schon vor der Einführung der Bundes- dards über eine rechtssichere Definition der guten waldprämie ein Großteil der deutschen Waldfläche fachlichen Praxis im Waldgesetz festschreiben. Die nach PEFC zertifiziert war. Ein Anspruch auf Nach- „gute fachliche Praxis“ soll im Rahmen der Sozial- haltigkeit der Förderung wurde nicht eingelöst. pflichtigkeit des Eigentums als Mindestschwelle waldökologischer Anforderungen an die Forstwirt- Auf dem zweiten Waldgipfel der Bundesregierung schaft verstanden werden, die essenziell sind, um wurden nun auch Eckpunkte eines Honorierungsmo- die Waldfunktionen dauerhaft auch unter Klimakri- dells für die Klimaschutzleistung des Waldes skiz- senbedingungen möglichst umfassend zu erhalten. ziert. Es baut demnach ebenfalls auf bestehenden Diese Mindeststandards definieren gleichzeitig eine Zertifizierungen auf. Damit droht die Bundeswaldprä- notwendige Basislinie, um eine Förderung darüber mie zur Blaupause für eine Dauersubvention zu wer- hinausgehender besonderer Leistungen politisch den, die den Wald auf einen Kohlenstoffdioxidspei- legitimieren zu können. cher reduziert, dabei andere Waldfunktionen außer Acht lässt und das elementare Ziel der Klimakrisen- Zu diesen Mindeststandards gehört, dass aus dem resilienz von Waldökosystemen ausblendet. Wald ist Wald die Stämme einzeln geerntet werden, anstatt aber viel mehr als ein Holzlager und eine Klimasen- ganze Flächen auf einmal kahl zu schlagen. Wir ke. Bisherige Zertifizierungssysteme sind nicht - aus wollen Wälder mit viel Struktur, mit Bäumen unter- reichend in der Lage, die Ökosystemleistungsvielfalt schiedlichen Alters und mit angepassten Wildbe- des Waldes abzubilden. Daher können sie keine ge- ständen, sodass möglichst alle Arten von Jungbäu- eignete Grundlage für ein leistungsgerechtes Förder- men im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen vor system sein, das zugleich die nötigen Investitionen Verbiss nachwachsen können. Dieses Ziel wollen und Maßnahmen für den ökologischen Waldumbau wir für den Wirtschaftswald gesetzlich verankern vorantreibt. Eine Flächenförderung wäre aber auch und zur Ermittlung des Ausmaßes an Verbissschä- ungerecht, weil sie die Einnahmen aus der CO2-Be- den regelmäßige Vegetationsgutachten verbindlich preisung an die Großgrundbesitzer*innen umver- festschreiben. Wir wollen die Ernte im Wald so ge- teilen würde, statt sie als Bürgerenergiegeld an alle stalten, dass der Boden nicht durch tiefe Furchen Menschen unserer Gesellschaft zurück zu zahlen. oder Verdichtung geschädigt wird und die befah- rene Waldbodenfläche durch einen breiteren Rück- egassenabstand minimiert wird.

Der zulässige Holzeinschlag soll sich nicht allein am Grüne Vorschläge zur Vorratszuwachs, sondern gleichrangig am langfristi- gen Erhalt der Ökosystemstabilität orientieren. Wir Neuausrichtung der wollen den Vorrang für standortheimische Baumar- Waldpolitik ten und ein Verbot von gentechnisch veränderten Bäumen. Pestizideinsätze in Wäldern müssen Ulti- ma Ratio für streng begrenzte außergewöhnliche 1) GESETZLICHE MINDESTSTANDARDS Notfälle bleiben. Für die Biodiversität besonders (GUTE FACHLICHE PRAXIS) FÜR DIE gefährliche Pestizide, insbesondere Breitbandinsek- tizide, haben im Waldökosystem nichts zu suchen. WALDBEWIRTSCHAFTUNG FESTLEGEN Die Entwässerung von Wäldern muss beendet wer- Die Herausforderungen der Klimakrise erfordern so- den, um mehr Wasser in der Landschaft zu halten. wohl eine Anpassung als auch eine Neudefinition Wälder der öffentlichen Hand sollen zusätzlich und Präzisierung der gesetzlichen Grundsätze für nach FSC oder Naturland-Standard bewirtschaftet die Waldbewirtschaftung. Ziel muss es sein, Stress- werden.

Grünes Autor*innenpapier von Robert Habeck, Harald Ebner, Bettina Hoffmann, Oliver Krischer, Steffi Lemke und Lisa Badum 08.08.2021 3 2) DAS GRÜNE KLIMAWALDPROGRAMM – Schritt mindestens fünf Prozent der Waldfläche aus MEHR WALD FÜR BESSERES KLIMA der Holznutzung nehmen und in einen Biotopver- bund einbinden, wobei die öffentliche Hand Vor- Der Erhalt und Ausbau des Waldreichtums in bildfunktion hat. Ökologisch besonders wertvolle Deutschland ist im Interesse der gesamten Gesell- Waldflächen bzw. seltene Waldtypen sollen über schaft. Wir wollen private und körperschaftliche einen Wildnisfonds für den Naturschutz gesichert Waldbesitzer*innen mit einem Klimawaldförderpro- werden. Waldnaturschutzleistungen in Wirtschafts- gramm dabei unterstützen, naturnahe Laubmisch- wäldern über die gute fachliche Praxis hinaus, wie wälder aufwachsen zu lassen. Dafür soll auf Schad- etwa ein höherer Anteil an Alt- und Totholzbäumen flächen unter vollständiger Belassung des Totholzes und spezielle Artenschutzmaßnahmen, sollen durch Wald natürlich wachsen können. Der Verzicht auf das attraktivere Vertragsnaturschutzprogramme geför- Beräumen dient dem Schutz der Böden, dem Aufbau dert werden. von Humus und bietet eine Schutzbeschirmung für aufkommende Jungbäume. Gleichzeitig erzielt die damit verbundene Nutzung der Naturverjüngung 4) FÖRDERUNG VON ZUKUNFTSWÄLDERN: ZU- eine höhere Kosteneffizienz und reduziert das Aus- KUNFTSWALDPRÄMIE EINFÜHREN fallrisiko gegenüber gepflanzten Jungbäumen. Der Verzicht auf die Holznutzung auf diesen Flächen Die gezielte Waldumwandlung hin zu naturnahen wird durch eine Regenerationsprämie kompensiert. klimaresilienten Waldökosystemen und die dauer- hafte Bewahrung ihrer vielfältigen Leistungen ist Im Rahmen der UN-Dekade der Wiederherstellung eine enorme Aufgabe für die kommenden Jahrzehn- von Ökosystemen sollen standortgerechte natur- te, für die Waldbewirtschafter*innen Unterstützung nahe Wälder wieder neu entstehen dürfen. In eini- benötigen. gen Retentionsgebieten, Auen, Niederungen und auf Industriebrachen können Wälder wie z.B. Au- und Pauschale Flächenprämien, die per Gießkanne nach Bruchwälder in Auen neubegründet werden. Für die Kohlenstoffdioxidparametern oder bestehender an- Wiederherstellung von Ökosystemen, die gleichzei- spruchsloser Zertifizierung ausgeschüttet werden, tig auch Klimasenken sind, sehen wir eine Finan- sind dabei nicht zielführend. Eine Dauersubven- zierung aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) vor. tionierung von reinem Waldbesitz ist nicht Aufga- Wir wollen zehn Prozent der Gelder im EKF für den be einer gemeinwohlorientierten zukunftsfähigen natürlichen Klimaschutz bereitstellen. Waldpolitik. Auch im Wald muss eine Ausreichung öffentlicher Gelder an klar formulierte Anforderun- gen und Kriterien gebunden sein, die wirksam auf 3) MEHR RAUM FÜR NATUR – WILDNISFONDS breiter Fläche die Transformation zu klimastabilen FÜR NATURWALD naturnahen Wäldern beschleunigen. Der Grundsatz „öffentliches Geld für Gemeinwohlnutzen“ muss Waldflächen, beispielsweise im Nationalpark- Bay auch hier greifen. Förderprogramme sind auf der erischer Wald, die sich dauerhaft ohne Eingriffe Basis konkret erbrachter Leistungen und gezielter des Menschen entwickeln, weisen eine erstaunlich Maßnahmen zur Stärkung von Waldökosystemen positive Entwicklungsdynamik auch nach extremen in Bezug auf Klimaresilienz, Naturnähe und Bio- Kalamitätsereignissen, etwa durch flächigen Bor- diversität zu gestalten, wobei diese Leistungen kenkäferbefall, auf. Solche Flächen können daher und Maßnahmen über den gesetzlichen Mindest- als Reallabor wichtige Erkenntnisse zu robusteren standard der guten fachlichen Praxis hinausgehen und anpassungsfähigen Waldökosystemen liefern sollen. Bestehende Waldbauförderinstrumente im und damit auch zu neuen Ansätzen für eine natur- Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur nahe Waldbewirtschaftung beitragen. Zugleich sind und Küstenschutz (GAK) müssen entsprechend auf Wildniswälder wichtige Rückzugsräume für selte- den Prüfstand gestellt und schnellstmöglich an kla- ne Arten, die auf sehr alte Bäume und Totholz an- re ökologische Anforderungen geknüpft werden in gewiesen sind. Daher wollen wir in einem ersten Bezug auf Vielfalt an heimischen Baumarten, Min-

Grünes Autor*innenpapier von Robert Habeck, Harald Ebner, Bettina Hoffmann, Oliver Krischer, Steffi Lemke und Lisa Badum 08.08.2021 4 destmengen an Alt- und Totholz, Begrenzung des nutzen und insbesondere die Kaskadennutzung Rückegassennetzes und weitere Anforderungen an zu stärken. Weder die energetische Nutzung noch die Bewirtschaftungspraxis. kurzlebige stoffliche Holzverwendungen, etwa für Papier, Versandverpackungen und Einwegartikel Zur leistungsorientierten Förderung von vitalen entsprechen diesem Ziel. Potenziale zur möglichst Waldökosystemen mit einem breiten Spektrum an langlebigen stofflichen Nutzung von Laubholz müs- Waldfunktionen schlagen wir mittelfristig das Ins- sen daher, auch um den notwendigen Waldumbau trument einer zeitlich befristeten Zukunftswald- zu fördern, noch besser erforscht und erschlossen prämie vor. Ausgewählte Indikatoren, welche Zu- werden. Hürden und Hemmnisse für die Holzver- stand und Entwicklung von Waldökosystemen und wendung in Gebäuden wollen wir durch eine um- damit die Qualität von Ökosystemleistungen einer fassende Holzbaustrategie gezielt beseitigen und Waldfläche gut abbilden, könnten Grundlage für die auf eine verlässliche Holzversorgung für den Ge- Berechnung der Förderhöhe sein. Die benötigten bäudebereich hinwirken. Eine Verfeuerung von Holz Parameter können automatisiert und bürokratie- in Kohlekraftwerken ist dagegen klima- und res- arm durch jährlich überprüfbare Fernerkundungs- sourcenpolitischer Irrsinn, der keine Förderung ver- daten, etwa über Satelliten, erhoben werden. So dient. Denn die Holzverbrennung setzt in kurzer Zeit lassen sich tatsächlich erbrachte und gemessene frei, was in vielen Jahrzehnten an Kohlenstoffdioxid Leistungen ohne aufwändige Erhebung vor Ort er- im Wald gespeichert wurde. mitteln und zugleich ein umfangreiches Monitoring der Waldentwicklung erreichen. Eckpunkte eines Die Waldkrise erfordert eine klare und umfassende solchen Modells zur Förderung der Funktionen und Neuausrichtung der Waldpolitik, um Waldökosyste- Leistungen von Waldökosystemen hat das Centre me für die Folgen der Klimakrise zu wappnen. Kon- for Econics and Ecosystem Management (CEEM) zeptionslose Verteilung von Steuergeld nach dem erarbeitet. Es liefert wichtige Impulse zur Debatte Gießkannenprinzip ohne Lenkungswirkung hin zu über wirksame gemeinwohlorientierte Förderins- einer naturnahen vielfältige Waldentwicklung wird trumente für klimaresiliente Waldökosysteme und den Herausforderungen nicht gerecht. Die kommen- deren Ökosystemleistungen. Die detaillierte Ausar- de Bundesregierung hat die Aufgabe, die Weichen beitung des Modells und die Schaffung der nötigen für die notwendige Waldwende zu stellen. Voraussetzungen zur Umsetzung sollen innerhalb der nächsten Legislaturperiode erfolgen.

5) DEN WERTVOLLEN ROHSTOFF HOLZ EFFIZIENT UND KLIMAFREUNDLICH NUTZEN

Die aktuellen drastischen Preisentwicklungen bei Bauholz zeigen: Holz ist ein begrenzt nachwachsen- der Rohstoff, dessen globale Nachfrage steigt. Sei- ne Verfügbarkeit droht aufgrund der Auswirkungen der Klimakrise künftig abzunehmen. Bereits heute wird der heimische Holzvorratszuwachs zum größ- ten Teil genutzt. In den letzten Jahren ist die ener- getische Holznutzung in Deutschland und der EU stark angewachsen. Künftig wird Holz auch bei der Substituierung von fossilen Chemiegrundstoffen und im klimafreundlichen Bau zunehmend in den Fokus geraten. Eine Übernutzung und Ausbeutung der Wälder ist deshalb eine reale Gefahr, der ent- gegengesteuert werden muss. Gerade deshalb gilt es, den wertvollen Rohstoff möglichst effizient zu

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