Eingereicht von Wolfgang Raher, BSc. EINE RETROSPEKTIVE BSc.

KOHORTENSTUDIE ÜBER Angefertigt an der Klinik für Unfallchirurgie SAISONALE und Sporttraumatologie

EINFLUSSFAKTOREN FÜR Beurteiler / Betreuer Prim. MR Univ.-Prof. Dr. Oskar Kwasny DAS AUFTRETEN VON Beurteiler / Mitbetreuer POSTOPERTIVEN OA Dr. Stefan Mathias Froschauer INFEKTIONEN UND

WUNDHEILUNGSSTÖRUNGEN August 2020 BEI OPERATIONEN DES KARPALTUNNELSYNDROMS

Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Dr. med. univ. im Masterstudium Humanmedizin

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Ort, Datum

Linz, 13.8.2020

Unterschrift

13. August 2020 2/66

Danksagungen

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die mich bei dem Verfassen dieser Masterarbeit sowohl fachlich als auch moralisch unterstützt haben.

Großen Dank gebührt meinem Betreuer Dr. Froschauer, der stets ein offenes Ohr für meine Probleme hatte, mich während des gesamten Schaffensprozess fachlich unterstützte und mir viel Zeit und Handlungsspielraum gab, die im Rahmen dieser Masterarbeit durchgeführte Studie zu verwirklichen.

Weiters möchte ich Matthias Holzbauer, B.Sc. für sein großes Engagement und seine tatkräftige Unterstützung danken.

Zudem bedanke ich mich bei meiner Freundin Barbara für die stetige moralische Unterstützung.

Vor allem aber bin ich für die während meiner gesamten Studienzeit andauernde moralische und finanzielle Unterstützung meiner Eltern sehr dankbar.

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Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung ...... 6 Abstract ...... 8 1. Einleitung ...... 10 2. Relevantes Fachwissen ...... 12 2.1. Anatomie des Canalis carpi ...... 12 2.1.1. Inhalt des Karpalkanals ...... 12 2.1.2. Der Nervus medianus und seine Abgänge ...... 12 2.1.3. Begrenzungen des Karpalkanals ...... 14 2.2. Ursachen des Karpaltunnelsyndroms ...... 15 2.3. Pathogenese ...... 16 2.4. Epidemiologie ...... 16 2.5. Symptomatik...... 16 2.5.1. Das Karpaltunnelsyndrom im Initialstadium ...... 17 2.5.2. Das Karpaltunnelsyndrom im fortgeschrittenen Stadium ...... 17 2.5.3. Das Karpaltunnelsyndrom im Spätstadium ...... 17 2.5.4. Begleitsymptomatik...... 18 2.6. Diagnostik des Karpaltunnelsyndroms ...... 18 2.6.1. Anamnese ...... 18 2.6.2. Klinische Untersuchung ...... 18 2.6.3. Elektrophysiologische Diagnostik...... 20 2.6.4. Bildgebende Verfahren ...... 22 2.7. Differenzialdiagnosen des Karpaltunnelsyndroms ...... 23 2.8. Therapie ...... 23 2.8.1. Konservative Therapie ...... 23 2.8.2. Operation ...... 25 2.8.3. Biomechanische Konsequenzen der Retinakulumspaltung ...... 28 2.8.4. Nachbehandlung ...... 29 2.8.5. Komplikationen ...... 29 3. Studie ...... 39 3.1. Einleitung ...... 39 3.2. Ziel der Masterarbeit ...... 39 3.3. Fragestellung...... 40 3.3.1. Nullhypothese ...... 40 3.3.2. Alternativhypothese ...... 40

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3.3.3. Sekundärhypothese ...... 40 3.4. Aktueller Wissensstand ...... 41 3.4.1. Studienlage ...... 41 3.4.2. Julieffekt ...... 43 3.5. Methodik ...... 44 3.5.1. Patientenkollektiv ...... 44 3.5.2. Statistische Methoden ...... 45 3.5.3. Stellungnahme der Ethikkommission ...... 45 3.6. Ergebnisse ...... 45 3.6.1. Deskriptive Statistik ...... 46 3.6.2. Explorative Statistik ...... 49 3.6.3. Regressionsanalysen ...... 51 3.7. Diskussion ...... 54 3.8. Conclusio ...... 57 4. Abkürzungsverzeichnis ...... 58 5. Abbildungsverzeichnis ...... 59 6. Tabellenverzeichnis ...... 59 7. Darstellungsverzeichnis ...... 59 8. Literatur ...... 60

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Zusammenfassung

Eine retrospektive Kohortenstudie über saisonale Einflussfaktoren für das postoperative Auftreten von Infektionen und Wundheilungsstörungen bei Operationen des Karpaltunnelsyndroms.

Hintergrund: Das Karpaltunnelsyndrom stellt das häufigste Engpasssyndrom eines peripheren Nervs dar. Die primäre Therapie ist die operative Dekompression mittels einer offenen Retinakulumspaltung. Zu den Komplikationen dieses Eingriffs zählen unter anderem postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen. Einige Risikofaktoren für diese beiden Komplikationen wurden schon in zuvor durchgeführten Studien erörtert, ob es einen saisonalen Einfluss gibt, wurde jedoch nicht behandelt. Bereits in einigen anderen Fachbereichen wurden Untersuchungen angestellt, inwiefern höhere Temperaturen während der Sommermonate mit dem Risiko einer Infektion korrelieren, beim Karpaltunnelsyndrom gab es bisher noch keine vergleichbare Studie. Da es sich bei der Operation des Karpaltunnelsyndroms um einen elektiven Eingriff handelt, bei dem man den Operationstermin variabel ansetzen kann, könnte man bei Vorliegen eines saisonalen Einflusses auf die Rate postoperativer Infektionen und Wundheilungsstörungen den Operationszeitpunkt optimieren und dadurch die Häufigkeit dieser beiden Komplikationen reduzieren.

Methodik: In dieser retrospektiven Studie wurden alle offenen Operationen des Karpaltunnelsyndroms, welche in den Jahren von 2014 bis 2018 im Kepler Universitätsklinikum Linz Med Campus III durchgeführt wurden, analysiert und evaluiert, ob höhere Temperaturen (die durchschnittliche Temperatur am Tag der Operation und die durchschnittliche Monatstemperatur) bzw. die warme Jahreszeit (definiert als Zeitraum von 1.6.-15.9.) einen Einfluss auf die Rate postoperativer Infektionen und Wundheilungsstörungen haben. Weitere untersuchte Risikofaktoren waren die durchschnittliche relative Luftfeuchtigkeit, der Body-Mass- Index, das Alter der Patientinnen und Patienten zum Zeitpunkt der Operation, das Geschlecht, Alkohol- und Nikotinabusus, die Einnahme von thrombozytenaggregationshemmenden Medikamenten und Antikoagulantien, Diabetes Mellitus und die operierte Seite. Das Patientenkollektiv bestand aus insgesamt 1385 Personen, wodurch sich eine Fallzahl von 1639 Operationen ergab. Der Zusammenhang zwischen der Jahreszeit und dem Auftreten von postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen wurde mittels des Chi-Quadrat-Tests ermittelt. Ob die Jahreszeit mit dem Auftreten von infektionsbedingten Revisionsoperationen korreliert, wurde mittels des Exakten Tests nach Fisher beurteilt. Inwieweit sich die durchschnittliche Temperatur am Tag der Operation, die durchschnittliche Monatstemperatur und die übrigen, zuvor genannten Risikofaktoren auf die Rate postoperativer Infektionen, Wundheilungsstörungen und infektionsbedingter Revisionsoperationen auswirken, wurde mittels einer binären logistischen Regressionsanalyse evaluiert.

Resultate: Es besteht kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der warmen Jahreszeit und der Rate an postoperativen Infektionen. Auch schwere Infektionen, welche einer Revisionsoperation bedürfen, treten unabhängig von der Jahreszeit auf. Postoperative Wundheilungsstörungen zeigen jedoch eine Korrelation mit der warmen Jahreszeit (p=0,016), die Effektstärke fällt allerdings schwach aus. Verglichen mit der kalten Jahreszeit steigerte sich die Anzahl postoperativer Wundheilungsstörungen um 63%, was einem relativen Risiko von

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1,56 entspricht, bei einer Operation in der warmen Jahreszeit eine Wundheilungsstörung zu entwickeln. In den Regressionsanalysen zeigte sich kein Parameter, der prädisponierend für das Auftreten einer postoperativen Infektion war. Bei schwerwiegenden Infektionen mit nachfolgender Revisionsoperationen konnte man erkennen, dass höheres Patientenalter mit einer Odds Ratio von 1,101 (p=0,017; 95%-CI: 1,017-1,192) und eine höhere relative Luftfeuchtigkeit (OR=1,113; p=0,038; 95%-CI: 1,006-1,232) eine Risikoerhöhung mit sich bringen. Die durchschnittliche Monatstemperatur scheint einen direkten Zusammenhang auf die Rate postoperativer Wundheilungsstörungen zu haben (p=0,002; 95%-CI: 1,025-1,116; OR=1,07). Bei Männern bestand ein 1,526-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Wundheilungsstörung (p=0,041; CI=1,017-2,291).

Schlussfolgerung: In der Studie konnte gezeigt werden, dass es zu keinem erhöhten Risiko einer postoperativen Infektion kommt, wenn die Operation des Karpaltunnelsyndroms in der warmen Jahreszeit stattfindet. Es besteht keine Korrelation zu höheren Temperaturen. Daher scheint eine Anpassung des Operationstermins in Abhängigkeit der Jahreszeit als nicht notwendig. Steigende Temperaturen bzw. die warme Jahreszeit und männliches Geschlecht scheinen jedoch einen Einfluss auf die Inzidenz postoperativer Wundheilungsstörungen zu haben. Aufgrund des retrospektiven-explorativen Studiendesigns sind weitere Untersuchungen notwendig, um klinische Empfehlungen abzugeben.

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Abstract

Seasonal Impact on Surgical Site Infections and Wound Healing Disturbance in Carpal Tunnel Surgery: A Retrospective Cohort Study.

Background: The carpal tunnel syndrome is the most common entrapment syndrome of a peripheral nerve. The primary treatment is the open carpal tunnel release. Complications of this procedure are – among others – surgical site infections and postoperative wound healing disorders. Some risk factors for those complications already were investigated in previous studies. But in these surveys, it was not analysed if there is a seasonal influence. Studies have already been carried out in a lot of other medical disciplines to determine to what extent higher temperatures correlate with the risk of infection during the summer months, but no comparable study has yet been carried out for carpal tunnel syndrome. Since the surgery of the carpal tunnel syndrome is an elective procedure, in which the operating date can be set variably, it could be possible to optimize the timing of the surgery if there is a seasonal influence on the rate of surgical site infections and wound healing disturbances, in this way reducing the frequency of these two complications.

Methods: In this retrospective study, all open surgeries of the carpal tunnel syndrome, which were carried out at the Kepler Universitätsklinikum Linz Med Campus III from 2014 to 2018, were analysed and evaluated, whether higher temperatures (the average temperature on the day of the surgery and the average monthly temperature) or the warm season (defined as the period from 1st of June until 15th of September) have an influence on the rate of surgical site infections and wound healing disorders. Further risk factors, which were examined, were the average relative humidity, the body mass index, the age of the patients at the time of the surgery, the gender, alcohol and nicotine abuse, the use of anticoagulants and antiplatelet drugs, diabetes mellitus and the operated side. The patient population consisted of a total of 1385 people, resulting in 1639 cases. The correlation between the season and the occurrence of surgical site infections and wound healing disturbances was determined using the Chi-square test. Whether the season correlates with the occurrence of infection-related revision surgery was assessed using Fisher’s exact test. The extent to which the average temperature on the day of surgery, the average monthly temperature and the other risk factors mentioned above affect the rate of surgical site infections, wound healing disturbances and infection-related revision surgery was evaluated using a binary logistic regression analysis.

Results: There is no statistically significant correlation between the warm season and the rate of surgical site infections. Even serious infections that require revision surgery occur regardless of the season. However, postoperative wound healing disorders show a correlation with the warm season (p=0.016), but the effect size is weak. Compared to the cold season, the number of wound healing disorders increased by 63%, which corresponds to a relative risk of 1.56 to develop a wound healing disorder, when the surgery is carried out during the warm season. The regression analysis showed no parameter that predisposed to the occurrence of a surgical site infection. Regarding serious infections with subsequent revision surgery, it could be seen that higher patient age with an odds ratio of 1,101 (p=0,017; 95% CI: 1.017-1.192) and a higher relative humidity (OR=1.113; p=0.038; 95% CI: 1.006-1.232) increase the risk. The average monthly temperature seems to be directly related to the rate of postoperative wound healing

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disturbances (p=0.002; 95% CI: 1.025-1.116; OR=1.07). In men, there was a 1.526-fold increased risk of developing a wound healing disorder (p=0.041; 95% CI: 1.017-2.291).

Conclusion: The study showed that there is no increased risk of surgical site infection if the surgery of the carpal tunnel syndrome takes place during the warm season. There is no correlation to higher temperatures. Therefore, it does not seem necessary to adjust the surgery date depending on the season. Rising temperatures or the warm season and male gender seem to have an impact on the incidence of postoperative wound healing disorders. Due to the retrospective-explorative study, further examinations are necessary to make clinical recommendations.

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1. Einleitung

Das Karpaltunnelsyndrom (CTS) wurde erstmalig im Jahr 1854 beschrieben und 1930 das erste Mal mittels einer Retinakulumspaltung chirurgisch behandelt. Heute ist es eines der wichtigsten Krankheitsbilder in der Handchirurgie, stellt es doch das häufigste Kompressionssyndrom eines peripheren Nervs und die chirurgische Dekompression einen der häufigsten ambulanten Eingriffe dar. Das spontane „Einschlafen der Hände“ ist das Leitsymptom dieser von sensiblen und motorischen Ausfallserscheinungen geprägten, neurologischen Erkrankung. Die Ursache liegt in einem Missverhältnis zwischen Platzangebot und Platzbedarf im Karpalkanal, wodurch der Nervus (N) medianus bei seiner Passage durch diesen osteofibrösen Tunnel beengt wird. In den meisten Fällen kommt die Einengung des N. medianus durch degenerative-entzündliche Prozesse zustande, es gibt allerdings auch viele weitere ätiologische Faktoren wie zum Beispiel Traumata, anatomische Varianten, metabolische Erkrankungen oder Schwangerschaft (1, 2). Es gibt zwar konservative Behandlungsoptionen, die chirurgische Versorgung hat sich allerdings aufgrund ihrer großen Effizienz und gleichzeitig niedrigem Risiko für Komplikationen bewährt. Mit der offenen und endoskopischen Operation wurden unterschiedliche chirurgische Verfahren entwickelt (1–3). Die offene Retinakulumspaltung ist seit vielen Jahren ein etabliertes Verfahren, seit Kurzem wird in einigen Kliniken das Karpaltunnelsyndrom mittels des endoskopischen Verfahrens operiert, den wenigen Vorteilen stehen allerdings höhere Kosten und eine höhere Komplikationsrate gegenüber (4–6). Aus diesen Gründen erfolgt am Kepler Universitätsklinikum (KUK) Med Campus III (MC III) die Operation in Form einer offenen Retinakulumspaltung. Die Komplikationsrate ist sehr gering, sie liegt bei etwa 5,6% bei endoskopischen und 2,8% bei offenen Verfahren (6). Komplikationen der offenen Retinakulumspaltung sind meist durch eine inkomplette Retinakulumspaltung verursachte Symptome, wie etwa persistierende Schmerzen, Parästhesien oder Taubheitsgefühl, auch iatrogene Nervenläsionen können eine Ursache für postoperative Beschwerden sein (7). Neben selten vorkommenden Sehnen- und Gefäßverletzungen, meist durch kleine Neurome verursachte Narbenschmerzen und einem Complex Regional Pain Syndrome (CRPS) kann es infolge des Eingriffs zu Infektionen und Wundheilungsstörungen kommen (2). In einer von Werner et al. publizierten Studie wurden bereits einige Risikofaktoren für das Vorkommen postoperativer Infektionen erhoben (8). In dieser Arbeit wurde jedoch nicht erörtert, ob es einen saisonalen Einfluss auf die Rate postoperativer Infektionen und Wundheilungsstörungen gibt. Bereits in einigen anderen medizinischen Fachgebieten wurde der Frage nachgegangen, ob die warme Jahreszeit bzw. hohe Temperaturen einen Einfluss auf die Rate postoperativer und systemischer Infektionen hat, in vielen zeigte sich ein Zusammenhang (9–24). Beim CTS wurde dieser Sachverhalt allerdings in bisher noch keiner Studie untersucht. Bei der Operation des CTS handelt es sich um eine elektive Operation, bei der man den Operationszeitpunkt flexibel gestalten kann. Zudem wird die Operation in den meisten Fällen tagesklinisch durchgeführt, möglicherweise kommt bei diesem Vorgehen zu einem vermehrten Einfluss hoher Temperaturen während der Sommermonate? Aufgrund dieser Überlegungen ist es von großem Interesse, ob es einen saisonalen Einfluss auf die Inzidenz postoperativer Infektionen und Wundheilungsstörungen gibt. Wenn es einen Zusammenhang gibt, könnte man möglicherweise durch eine Optimierung des Operationszeitpunkts die Infektions- und Wundheilungsstörungsrate reduzieren, was nicht nur für die Patientinnen und Patienten einen großen Vorteil bedeuten würde, sondern auch für das Gesundheitssystem, da diese Komplikationen hohe Kosten verursachen (25).

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In der Studie, die im Rahmen dieser Masterarbeit durchgeführt worden ist, werden alle primären Karpaltunnelsyndrome, die im Zeitraum von 2014-2018 im KUK MC III mittels einer offenen Retinakulumspaltung operiert worden sind, analysiert. Das Ziel der Studie ist es, Risikofaktoren zu finden, die für eine höhere Rate an postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen prädisponieren. Dabei wird insbesondere darauf eingegangen, ob ein höheres Risiko bei einer Operation in der warmen Jahreszeit, definiert als der Zeitraum von 1.6.-15.9. des jeweiligen Jahres, besteht und ob höhere Infektions- und Wundheilungsstörungsraten direkt mit höheren Temperaturen korrelieren. Im ersten Teil dieser Masterarbeit werden zunächst Grundlagen zur Anatomie des Karpalkanals, zum Krankheitsbild des Karpaltunnelsyndroms, dessen Diagnose und Therapie erläutert. Im zweiten Teil werden Methodik und Ergebnisse der Studie präsentiert.

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2. Relevantes Fachwissen

In den folgenden Seiten wird das Krankheitsbild des Karpaltunnelsyndroms genauer dargelegt, insbesondere wird auf die Anatomie des Karpaltunnels, die Ursachen für die Kompression des N. medianus im Karpalkanal, die Pathogenese des CTS, die Epidemiologie und Klinik sowie auf die therapeutische Versorgung des CTS näher eingegangen.

2.1. Anatomie des Canalis carpi

Der Karpalkanal ist ein osteofibröser Kanal im Bereich des Handgelenks, der eine Vielzahl anatomischer Strukturen beheimatet und daher eine physiologische Engstelle für den Nervus Medianus darstellt.

2.1.1. Inhalt des Karpalkanals Neben dem N. Medianus treten auch alle Sehnen der langen Fingerflexoren durch den Canalis carpi. Dabei handelt es sich insgesamt um 9 Sehnen, nämlich jene des Musculus (M) flexor digitorum superficialis, des Musculus flexor digitorum profundus und des Musculus flexor pollicis longus, wobei letzterer durch ein Septum von den beiden anderen getrennt ist. Aufgrund der Enge dieses Kanals kommt der N Medianus stark abgeflacht palmar der Sehnenscheide der Flexoren zu liegen.

2.1.2. Der Nervus medianus und seine Abgänge Der Nervus medianus wird aus den medialen und lateralen Faszikeln des Armplexus gebildet und verläuft dann durch die Axilla, zieht weiter nach distal, wo er unter den Lacertus fibrosus im Bereich der Ellenbeuge läuft und auch einige motorische Äste abgibt. Eine mögliche Kompressionsstelle ist der Durchtritt durch die beiden Köpfe des M. pronator teres, welche der N. medianus auch innerviert. Anschließend verläuft er in der Muskulatur des Unterarms weiter nach distal und kommt knapp vor dem Karpaltunnel radial der Sehne des Musculus palmaris longus und ulnar der Sehne des Musculus flexor carpi radialis zu liegen. Auf Höhe der Rascetta tritt der N. medianus in den Karpaltunnel ein, häufig wird er an dieser Engstelle komprimiert. Nach dem Karpaltunnel teilt er sich in seine Endäste auf. Seine Endaufzweigungen sind die motorischen Nn. digitales palmares communes, welche sich ihrerseits dann noch in die Nn. digitales palmares proprii (sensible Innervation der 3 ½ radialen ) und dem Ramus thenaris aufzweigen. Auf den Ramus thenaris wird später aufgrund seiner großen klinischen Bedeutung noch weiter eingegangen. Der N. medianus zeigt viele anatomische Varianten, zum Beispiel hohe Teilungen proximal des Canalis carpi. Bei dieser Variante kommt auch häufig eine Arteria mediana vor, die zwischen den beiden Nervenästen liegt. Außerdem kommen auch Anastomosen zum N. ulnaris vor, sowohl am Oberarm, als auch am Unterarm (=Martin-Gruber-Anastomose), und im Bereich der Hohlhand. Diese Anastomose wird als Riche-Cannieu Anastomose oder auch als Ansa thenaris bezeichnet und stellt eine Verbindung zwischen dem Ramus thenaris nervi mediani und dem Ramus profundus nervi ulnaris dar. Diese Anastomose ist der Grund, warum es selbst bei einer starken Kompression des N. medianus zu keinen schwerwiegenden motorischen Beeinträchtigungen kommen muss.

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Auf zwei Abgänge möchte ich genauer eingehen, dem Ramus palmaris n. mediani und dem Ramus thenaris n. mediani. Etwa 4-6 cm proximal der Rascetta gibt der Nervus Medianus den Ramus palmaris ab (2, 26). Der Ramus palmaris innerviert die radiale Seite des Handgelenks sowie der Hohlhand und die Haut über dem Daumen sensibel. Er kann hinsichtlich seiner Abzweigungen einige Varianten aufweisen und daher bei der offenen Karpaldachspaltung gefährdet sein. Der Ramus palmaris geht wie zuvor erwähnt etwa 4-6 cm proximal des Eintritts des N. medianus in den Karpaltunnel ab, verläuft zunächst zwischen der Sehne des M. palmaris longus und jener des M. flexor carpi radialis und tritt in seinem weiteren Verlauf proximal des Handgelenks aus der Tiefe durch die Faszie, kommt dann ulnar der Sehne des M. flexor carpi radialis zu liegen und gibt Äste nach ulnar ab. Wird der Ramus palmaris im Zuge der Operation durchtrennt, wird empfohlen, ihn mikrochirurgisch zu nähen, wird ein größerer Ast durchtrennt, soll er aus dem Narbenbereich zur Neuromprophylaxe entfernt werden, kleine Äste können vernachlässigt werden (27, 28). Nicht nur der Ramus palmaris, auch der Ramus thenaris n. mediani, ein weiterer Abgang des N. medianus im Bereich des Canalis carpi, ist von besonderer Bedeutung für die Handchirurgie. Der Abgang des Ramus thenaris befindet sich in den meisten Fällen distal des Karpalkanals, anschließend zieht er nach radial, indem er einen distal konvexen Bogen zieht, danach teilt er sich in drei weitere motorische Äste auf. Beachtet werden müssen allerdings die zahlreich vorliegenden Variationen des Ramus thenaris, vor allem der frühe Abgang des Ramus thenaris im Karpalkanal, da der Nerv bei dieser Variante durch einen eigenen kleinen Kanal durch das Retinaculum flexorum ziehen kann, wodurch er bei der Spaltung des Karpaldaches im Rahmen der Operation des Karpaltunnelsyndroms gefährdet sein kann. Auch bei einem ulnarseitigen Abgang oder bei einem Verlauf um atpyische Muskulatur am Ende des Kanals besteht eine höhere Gefahr für die Verletzung des motorischen Asts. Der normale Verlauf des Ramus thenaris ist ein extraligamentärer Verlauf, der in 46 % der Fälle auftritt (Abbildung 1). Varianten sind wie ein Abbildung 2 dargestellt ein subligamentärer Verlauf, der in 31 % der Fälle auftritt , sowie ein transligamentärer Verlauf (Abbildung 3) und hohe Teilungen des Nervus Medianus (Abbildung 4), wobei bei dieser Variante der Ramus thenaris schon bereits vor Eintritt in den Canalis carpi abgegangen sein kann (26, 28).

Abbildung 1 Abbildung 2 Früher Abgang Abbildung 3 Abbildung 4

Extraligemntärer Abgang des Ramus thenaris (28) Transligamentärer Abgang Subligamentärer Abgang des Ramus thenaris (28) des Ramus thenaris (28) des Ramus thenaris (28)

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Das Versorgungsgebiet des N. medianus sind am Unterarm der Großteil der Flexoren und einige Pronatoren. Vor dem Durchtritt durch den Karpalkanal werden folgende Muskeln innerviert:

• M. palmaris longus • M. flexor carpi radialis • M. flexor digitorum superficialis • M. flexor digitorum profundus (radialer Anteil) • M. flexor pollicis longus • M. pronator teres • M. Pronator quadratus

Da somit die Innervation des Fingerbeuger bereits am Unterarm erfolgt, kann beim CTS nicht die sogenannte „Schwurhand“, die bei einer weiter proximal gelegenen Läsion des N. medianus auftritt, vorkommen.

Nach der Passage des Karpalkanals werden folgende Muskeln des Daumenballens über den Ramus thenaris n. mediani innerviert:

• M. opponens pollicis • M. flexor pollicis brevis • M. abductor pollicis brevis

Folgende Hautareale sind sensible Innervationsgebiete des Ramus palmaris n. mediani, der schon vor dem Eintritt in den Canalis carpi abgeht:

• Haut im Bereich der radialen 2/3 der Hohlhand • Haut im Bereich des Daumenballens

Aufgrund des frühen Abgangs bleibt beim CTS in diesen Arealen die Sensibilität bestehen.

Nachdem der N. medianus den Karpalkanal durchtreten hat, teilt er sich in seine Endaufzweigungen auf. Die sensiblen Nn. digitales palmares proprii innervieren folgende Areale:

• Palmaren Anteile der Finger 1-3, den radialen Anteil des Ringfingers • Dorsalen Anteile der Finger 1-4

Aufgrund dieser anatomischen Gegebenheit ist beim CTS in diesen Hautbereichen die Sensibilität eingeschränkt, wodurch es zu Par- und Dysästhesien kommt (26, 29).

2.1.3. Begrenzungen des Karpalkanals Die Länge und Breite dieser anatomischen Passage kann durch die Größe des Ligamentum carpi transversum (=Retinaculum flexorum) angegeben werden. Das Ligamentum carpi transversum und damit der Karpaltunnel zeigt eine durchschnittliche Länge von ca. 2,15 cm und eine Breite von durchschnittlich 2,6 cm (27). Der Karpaltunnel hat von frontal gesehen eine Sanduhrform mit der engsten Stelle auf Höhe des Hamulus ossis hamati mit einer Weite von nur

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20 x 10 mm. Diese distal gelegene Engstelle ergibt sich durch die Dicke des Retinaculum flexorum an dieser Position, sowie durch die physiologische Form des Os hamatum und des Os scaphoideum. An dieser Stelle zeigt sich besonders oft die sogenannte Sanduhr-Deformität des Nervus medianus im Rahmen des CTS (3). Der Karpaltunnel bzw. die in ihm verlaufenden Strukturen, wird von der einen Seite knöchern, von der anderen Seite bindegewebig begrenzt. Die knöcherne Begrenzung und damit den Boden des Canalis carpi stellt ulnar das Os pisiforme und der Hamulus ossis hamati, radial das Tuberculum ossis navicularis und das Tuberculum ossis trapezii dar. Den fibrösen Anteil und damit das Dach des Karpalkanals bildet ein dreischichtiges Bandsystem, das sich aus dem Ligamentum transversum carpi, dem Ligamentum collaterale carpi radiale, den radiocarpalen Bandstrukturen und kurzen interossären Bändern zusammensetzt. Das Retinaculum flexorum ist ein starker Faserzug, der sich zwischen der Eminentia carpi radialis und ulnaris spannt. Er wird gebildet, indem die Fascia antebrachii proximal und palmar der Handwurzel kontinuierlich in das querverlaufende Ligamentum carpi palmare und etwas tiefer in das Ligamentum carpi transversum übergeht (27).

2.2. Ursachen des Karpaltunnelsyndroms

Dem CTS liegt ein anatomischer Engpass zugrunde, wodurch der Nervus medianus in seinem Verlauf durch den Karpalkanal eingeengt wird. Äthiopathogenetisch kann das Missverhältnis zwischen dem Platzbedarf der durch diesen osteofibrösen Kanal ziehenden Strukturen und dem Platzangebot auf viele unterschiedliche Faktoren zurückzuführen sein, eine anatomische Prädisposition scheint jedoch eine entscheidende Rolle zu spielen. So zeigt das CTS eine familiäre Häufung, die wohl durch eine konstitutionelle knöcherne Enge des Karpalkanals bedingt ist (2, 30). Auch anatomische Varianten wie zum Beispiel eine Arteria mediana können das Platzangebot im Canalis carpi reduzieren und dadurch zum CTS führen (31). Genetische Ursachen können auch systemische Erbkrankheiten, wie zum Beispiel Mucopolysacharidose oder Hurler-Syndrom sein. Viel häufiger sind aber degenerativ bedingte Karpaltunnelsyndrome, zum Beispiel eine Volumenzunahme im Karpalkanal durch Schwellungszustände in Folge einer rheumatischen Synovialitis der Sehnen der Flexoren, welche oft im Rahmen beruflicher Über- und Fehlbelastungen auftreten (2, 30). In etwa 50 % aller Patientinnen und Patienten mit rheumatoiden Arthritis wird im Laufe der Erkrankung die Diagnose CTS gestellt, nicht selten ist es die Erstmanifestation einer rheumatoiden Arthritis (31). Nicht selten tritt das CTS bei Handgelenksarthrosen sowie nach Traumata, wie zum Beispiel nach Radiusfrakturen, vor allem der Colle-Fraktur, nach Dislokationen von Handwurzelknochen, Handgelenksluxationen etc. auf. Jegliche tumoröse Prozesse können eine Ursache darstellen, wie zum Beispiel Ganglien, Lipome, Osteophyten oder Haemangiome. Auch Fremdkörper, Gichttophi und Einblutungen müssen in Betracht gezogen werden. Zudem kommt das CTS auch bei hormonellen Störungen gehäuft vor, bei Diabetikern kommt es um bis zu 10 – 15 % häufiger vor, auch bei Akromegalie, Hypothyreose und während der Schwangerschaft steigt die Inzidenz (2, 30). Vor allem im dritten Trimenon kommt es durch Flüssigkeitsretentionen zum CTS (31). Auch bei Amyloidosen und bei Dialysepatientinnen und -patienten (durch beta-2-Mikroglobulinablagerungen) kommt das CTS häufiger vor (2, 30). Etwa ein Drittel aller Patientinnen und Patienten, die von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffen sind, entwickeln ein CTS (31).

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2.3. Pathogenese

Durch die Druckerhöhung im Karpalkanal kommt es zu einer Kompression der Venolen, im Anschluss werden auch die Arteriolen und Kapillaren des Epi- und Perineuriums komprimiert, was eine verminderte Perfusion des N. Medianus zur Folge hat. Durch die entstehende Ischämie kommt es zu einem intraneuralen Ödem und anschließend zu fokalen Demyelinisierungen. Die Läsionen der Nervenfasern sind im frühen Stadium reversibel und betreffen zunächst die dicken markhaltigen Fasern. Je stärker die Kompression des Nervs ausfällt und je länger sie anhält, desto stärker degenerieren die Axone, da es bei diesem chronischen Reizzustand zu einer Proliferation von Fibroblasten in den ödematös geschwollenen Nerven und damit zur Vermehrung von Bindegewebe kommt. Dadurch kommt es zu einer immer weiter fortschreitenden Schädigung der Nervenfasern (2).

2.4. Epidemiologie

Das Karpaltunnelsyndrom ist das häufigste Kompressionssyndrom eines peripheren Nervs. Es macht in etwa 45 % aller nicht traumatisch bedingten Nervenläsionen aus (4, 31). Atroshi et al. untersuchten im Jahr 1999 in einem Kollektiv von rund 3000 erwachsenen Personen die Prävalenz des Karpaltunnelsyndroms. Die Studie ergab eine Prävalenz von 4,9 % für klinisch und elektroneurographisch verifizierte CTS. Symptome wie zum Beispiel Schmerzen, Taubheitsgefühl oder Parästhesien im Bereich des Versorgungsgebietes des N. medianus gab es sogar bei 14 % aller Studienteilnehmer (32). Bezüglich der Inzidenz gibt es unterschiedliche Ergebnisse mehrerer Studien, so ergab die von Stevens et al. im Jahr 1988 publizierte Studie eine Inzidenz von 99/100 000 pro Jahr (33). In einer weiteren, 1998 veröffentlichten, Studie wurde sogar eine jährliche Inzidenz von 346/100 000 ermittelt. Die Inzidenz des CTS scheint seit mehreren Jahren stark anzusteigen, die Ursachen dafür sind wahrscheinlich in einer erhöhten Aufmerksamkeit, einer besseren Diagnostik oder einer tatsächlich steigenden Inzidenz zu finden (30, 34). Gehäuft kommt das CTS bei übergewichtigen Patientinnen und Patienten und bei Frauen vor (1, 30). Frauen sind ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer (31). In 80 % tritt es bilateral auf, die dominierende ist jedoch häufiger betroffen. Die meisten Krankheitsfälle treten im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf, sehr selten können aber auch sogar Kinder betroffen sein (1, 30). In der Schwangerschaft werden von Häufigkeiten von ca. 17 %, während einer Hämodialyse von 32 % berichtet (35, 36).

2.5. Symptomatik

Das Karpaltunnelsyndrom kann bezüglich seiner Symptome unterschiedliche Verläufe nehmen. So sind chronisch progrediente, aber auch rezidivierende Verlaufsformen möglich, bei denen es auch zu beschwerdefreien Intervallen kommen kann. Häufig sind es manuelle Überlastung, Traumata oder Schwangerschaft, durch die die Symptome wieder auftreten oder stärker werden. Meist aber nimmt das CTS schleichenden Verlauf, der sich über Jahre erstrecken kann. Zunächst kommt es zu Reizsymptomen, die sich auf die Kompression des N. medianus zurückführen lassen, in späteren Stadien sind es vor allem motorische und sensible

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Einschränkungen, die den Patientinnen und Patienten Probleme bereiten (1, 37). In den folgenden Zeilen wird genauer auf die Symptome sowie deren zeitliche Abfolge eingegangen.

2.5.1. Das Karpaltunnelsyndrom im Initialstadium Die typische Erstsymptomatik des CTS sind vor allem nächtliche, aber auch morgendliche Par- und schmerzhafte Dysästhesien, welche vor allem den Mittelfinger betreffen, im weiteren Verlauf sind auch Daumen und Zeigefinger betroffen. Die Problematik ist aber oft nicht nur auf jene Bereiche der Hand begrenzt, die der Nervus medianus sensibel innerviert, in vielen Fällen haben die Patientinnen und Patienten auch in ulnaren Bereichen der Hand, proximal des Handgelenks und ausstrahlend bis zur Schulter, Missempfindungen und „nadelstichartige“ Schmerzen. Meist beschreiben die Patientinnen und Patienten die Symptome als ein „Einschlafen“ der Hände. Die, durch die Reizung des N. medianus verursachten, nächtlichen, meist schmerzhaften Missempfindungen und Kribbelparästhesien werden als Brachialgia paraesthica nocturna bezeichnet und sind sehr charakteristisch für CTS. Die Brachialgia paraesthetica nocturna kann so beeinträchtigend sein, dass die Betroffenen mehrmals in der Nacht aufwachen. Jedoch nicht nur nachts, auch bei bestimmten manuellen Tätigkeiten und Haltungen der Hände bzw. Stellungen des Handgelenks treten diese Par- und Dysästhesien auf, vor allem bei Stellungen, bei denen es zusätzlich zu einer Kompression des Karpalkanals kommt. Das sind vor allem Flexionsstellungen des Handgelenks. Bei den meisten Patientinnen und Patienten treten beim Fahrrad- und Motorradfahren, aber auch bei jeglichen anderen repetitiven Flexions- und Extensionsbewegungen, sogar beim Telefonieren, Stricken, dem Auswringen eines Handtuchs oder beim Halten eines Buches die Symptome auf. Bei einem noch nicht so stark ausgeprägten CTS kann ein „Ausschütteln“, eine Pumpbewegung oder eine Stellungsänderung der Hände Abhilfe schaffen. Auch kaltes Wasser, das man über die Hände laufen lässt, kann eine Besserung bewirken. Die nächtlichen Parästhesien können im Initialstadium sehr gut mit einer Nachtlagerungsschiene behandelt werden. Die Symptome des Initialstadium bestehen nicht selten über mehrere Jahre, sensomotorische Defizite fehlen zumeist. Ältere Männer hingegen leiden häufiger unter einem langsamen, progredienten Verlust des Feingefühls in den Fingern (1, 37).

2.5.2. Das Karpaltunnelsyndrom im fortgeschrittenen Stadium Im weiteren Verlauf des CTS kommt es zu elektrisierenden Sensibilitätsstörungen, zudem werden die zu Beginn vor allem nachts auftretenden Kribbelparästhesien zu einem permanenten Problem. Auch sensomotorische Ausfälle, in Form von Hypästhesien und Stereoagnosie, treten nun gehäuft auf, wodurch die Patientinnen und Patienten feinmotorische Beeinträchtigungen haben und Tätigkeiten, wie zum Beispiel das Zuknöpfen eines Hemdes, nur erschwert durchführen können (1, 37).

2.5.3. Das Karpaltunnelsyndrom im Spätstadium Im Spätstadium kann es zu einer Parese und in weiterer Folge zur Atrophie der lateralen Muskulatur des Daumenballens kommen. Betroffen sind hierbei der Musculus abductor pollicis brevis und der Musculus opponens pollicis, wodurch eine Abduktions- und Oppositionsschwäche resultieren kann. Da die Funktionalität des Daumens jedoch weitestgehend unbeeinträchtigt bleibt, bemerken Patientinnen und Patienten die Thenaratrophie häufig erst sehr spät oder gar nicht.

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Vegetative Störungen, wie zum Beispiel trophische Veränderungen der Haut und Nägel, Hyp- oder Anhidrose, kommen nur sehr selten bzw. auch erst sehr spät vor (1, 37). Defizite dieser Art treten erst viel später auf, da die dünnen (nicht myelinisierten) Nervenfasern des vegetativen Nervensystems nicht so stark durch die Druckzunahme im Karpalkanal geschädigt werden wie die dickeren (myelinisierten) sensiblen Fasern (2).

2.5.4. Begleitsymptomatik Eine sehr häufige Begleiterkrankung des Karpaltunnelsyndroms ist die Tendovaginitis stenosans der Beugesehnen, seltener auch jene der Strecksehnen (Tendovaginitis stenosans de Quervain). Bei der Tendovaginitis stenosans handelt es sich um eine synovialitische Schwellung der Beugesehnen im Bereich des Grundgelenks. Dadurch kann es zu einer Stenose am Ringband am Grundgelenk des jeweiligen kommen. Die Patientinnen und Patienten klagen über ein schmerzhaftes „Schnappen“ bei der Flexion der Finger, auch eine Steifigkeit der Finger kann auftreten. Meist wird die Tendovaginitis stenosans im Rahmen der Operation des Karpaltunnelsyndroms in derselben Sitzung behandelt, indem das Grundgelenksringband operativ gespalten wird (2).

2.6. Diagnostik des Karpaltunnelsyndroms

Die diagnostischen Schritte des CTS umfassen die Anamnese, die klinische Untersuchung bzw. klinische Tests sowie die apparative Diagnostik in Form von radiologischen Untersuchungen, elektrophysiologischen Untersuchungen und bei Bedarf von Laboruntersuchungen.

2.6.1. Anamnese In den meisten Fällen ist die Anamnese der Patientin/des Patienten wegweisend, da die Symptome sehr charakteristisch für dieses Krankheitsbild sind. Nichtsdestotrotz ist die klinische Untersuchung unausweichlich, da nur so die Diagnose gesichert werden und die Schwere der Erkrankung bestimmt werden können. Auch etwaige Differenzialdiagnosen können dadurch vom CTS abgegrenzt werden (1, 37).

2.6.2. Klinische Untersuchung Zu Beginn der klinischen Untersuchung werden eine Inspektion und Palpation durchgeführt. Diese beiden Methoden dienen vor allem dem Erkennen bzw. dem Ausschluss einer Atrophie der lateralen Daumenmuskulatur, wobei hier der Palpation, insbesondere im Seitvergleich, die größere Bedeutung zukommt. Beachtet werden muss, dass eine Rhizarthrose ein sehr ähnliches Erscheinungsbild wie die neurogene Muskelatrophie haben kann. Das Vorliegen einer verminderten Schweißsekretion ist sehr selten und kommt nur bei einem sehr schweren CTS vor (2). Zur Überprüfung der oberflächlichen Sensibilität wird die Patientin/der Patient mit einem Wattebausch berührt, anschließend soll sie/er darüber berichten, ob eine Berührung stattgefunden hat. Die Stereoästhesie wird überprüft, indem die Patientin/der Patient zwei knapp nebeneinander liegende Berührungspunkte als zwei einzelne erkennen kann, ebenso sollen zur Überprüfung der Feinmotorik kleine Gegenstände, wie zum Beispiel Münzen oder Büroklammern erkannt und aufgesammelt werden. Bestehen hierbei Beschwerden, liegt eine Stereoagnosie vor.

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Ausfallserscheinungen bezüglich der Motorik können erkannt werden, indem sich die Patientin/der Patient mit einer Schwäche der Thenarmuskulatur in Form einer Abduktions- und Oppositionsschwäche des Daumens präsentiert. Eine Abduktionsschwäche tritt häufiger auf als eine Daumen-Kleinfinger-Oppositionsschwäche, wenn bei der Patientin/dem Patienten eine Atrophie der lateralen Muskulatur des Daumenballens vorliegt (2). Ein positiver Befund des sogenannten „Flaschenzeichens“ spricht für eine Lähmung des M. abductor pollicis brevis. Bei einem positiven Flaschenzeichen ist es der Patientin/dem Patienten nicht möglich, eine Flasche zu umschließen, da die aktive Abduktionsfähigkeit des Daumens eingeschränkt ist (31). Das Hoffmann-Tinel-Zeichen und der Phalen-Test sind zwei klinische Test, die bei der Abklärung des CTS eine große Rolle spielen. Es handelt sich dabei um Provokationstest, mit denen vor allem im Frühstadium der Reizzustand des N. medianus abgeschätzt werden kann. Beim einem positiven Hoffmann-Tinel-Zeichen kommt es beim Beklopfen des Karpaltunnels zu einem elektrisierenden Gefühl im Versorgungsgebiet des N. medianus. Beim Phalen-Test wird werden die Handgelenke für 3-4 Minuten maximal flektiert aneinandergehalten, wodurch es ebenfalls zu Missempfindungen in den Fingern 1-4 kommt (1, 2).Diese beiden Test werden in der klinischen Praxis sehr oft durchgeführt, jedoch gibt es einen weiteren Test, der hinsichtlich seiner Sensitivität und Spezifität die beiden Erstgenannten übertrifft. Beim Durkan-Test wird mittels eines Manometers (alternativ auch durch Druck mit dem Daumen des Untersuchers auf den Karpalkanal) über 30 Sekunden der N. medianus komprimiert, wodurch es zu einer Druckerhöhung im Karpalkanal kommt. Während das Hoffmann-Tinel-Zeichen und der Phalen- Test Schwächen hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität aufzeigen, zeigt der Durkan-Test bezüglich dieser beiden Parameter deutliche Verbesserungen (38). Obwohl diese Provokationstests hinsichtlich ihrer diagnostischen Aussagekraft nicht überbewertet werden sollen, sind sie eine rasch durchführbare, einfache und günstige Screening Methode, um den Reizzustand des N. medianus, vor allem bei einem CTS im frühen Stadium abzuschätzen (2). Keiner dieser Tests ist jedoch dazu geeignet, die Diagnose zu sichern. In vielen Fällen sind sie positiv, wenn ausschließlich eine Tenosynovitis der Flexoren der Hand, aber kein CTS vorliegt (39). Entscheidend ist die Kombination vieler Faktoren, wie zum Beispiel Gefühlsstörungen im Versorgungsgebiet des N. medianus, nächltiches Aufwachen aufgrund der Schmerzhaftigkeit des CTS während der Nacht, Thenaratrophie, ein positiver Phalen-Test und ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen sowie der Verlust der Zweipunkte-Diskrimination, die im Rahmen der Überprüfung der Oberflächensensibilität evaluiert wird (40). Während Durkan in seiner 1991 veröffentlichten Studie beschrieben hat, dass bei einem positiven Durkan-Test keine weiteren Maßnahmen zur Diagnosesicherung und Festlegung der Therapieform notwendig sind, beschreiben Calandruccio und Thompson in ihrer 2018 veröffentlichten Publikation, dass die Notwendigkeit einer elektrophysiologischen Untersuchung bei einem eindeutig positiven klinischen Befund kontrovers diskutiert wird und es dazu keine eindeutige Meinung gibt (38, 40). Jedoch wird die elektrophysiologische Diagnostik sowohl in der S3 Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (2012), in den Publikationen von Assmus et al. (2007 und 2008), als auch von de Krom et al. (1990) stark empfohlen, da die elektrophysiologische Diagnostik aufgrund einer höheren Sensitivität und Spezifität deutlich zuverlässiger ist und dadurch zur endgültigen Diagnosestellung den zuvor genannten Verfahren überlegen ist (1, 2, 41, 42). Auch am KUK MC III ist erfolgt standardmäßig eine elektrophysiologische Diagnosesicherung, um den Schweregrad des CTS bestimmen zu können. Zudem ist sie zur weiteren Therapieplanung und als Basis zur Evaluierung des Therapieerfolgs notwendig.

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2.6.3. Elektrophysiologische Diagnostik Elektrophysiologische Untersuchungen sind die Elektroneurographie (ENG), mit der man die Impulsleitung untersuchen kann, die Elektromyographie (EMG), die Magnetstimulation und die Untersuchung somatosensibel evozierter Potenziale (SEP). Damit können Nervenkompressionssyndrome, zu denen auch das CTS zählt, objektiviert werden, wodurch eine sichere Diagnosestellung bzw. der Ausschluss anderer, differenzialdiagnostisch zu beachtender Störungen, gewährleistet ist (43). So können beispielsweise radikuläre, cervikale Läsionen, welche auch das Bild eines CTS vortäuschen können, Läsionen des Plexus brachialis, proximale Kompressionssyndrome des N. medianus oder Neuropathien sicher abgegrenzt werden (44). Möglichkeiten, das CTS elektrophysiologisch zu verifizieren, sind die sensible und motorische Elektroneurographie, die Elektromyographie und die Untersuchung somatosensibel evozierter Potenziale (2). Bei allen elektrophysiologischen Verfahren muss jedoch beachtet werden, dass immer zunächst ein klinischer Befund erhoben werden soll und erst anschließend dieser weitere Diagnoseschritt unternommen werden soll, da es sonst zu einer Fehlinterpretation der Befunde kommen kann (43).

2.6.3.1. Elektroneurographie Bei der ENG kann man abhängig davon, ob motorische oder sensible Nervenfasern stimuliert werden, die sensible von der motorischen ENG unterscheiden. Bei der sensiblen ENG wird die sensible Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und die Potenzialamplitude als Maß der stimulierbaren Nervenfasern gemessen. Bei der motorischen ENG werden die distal motorische Latenz (DML), die Amplituden der Muskelsummenaktionspotentiale (MSAP) und die NLG bestimmt (43). Eine reduzierte NLG resultiert in Folge der durch die Kompression des N. medianus bedingten Demyelinisierung. Erniedrigte Amplituden und eine reduzierte Reaktion auf die elektrische Stimulation sind im fortgeschrittenen Stadium aufgrund des Axonschadens zu finden (1). Bei der ENG werden Oberflächen- bzw. Ringelektroden auf der Haut angebracht. Eine Elektrode dient zur Stimulation des N. medianus, eine weitere dient zur Ableitung der Reizantwort. Die Stimulationsdauer soll zwischen 0,1 und 0,2 ms dauern. Ein längerer Reiz führt nicht nur zu Schmerzen, sondern auch zu einem höheren Risiko, dass Nerven in der Umgebung stimuliert werden. Die Reizstärke soll in einem Bereich liegen, bei der es zu einer Erregung aller Nervenfasern kommt, ist die Reizstärke zu niedrig, ist es möglich, dass die schnellst leitenden Nervenfasern nicht stimuliert werden. Dadurch kann es zu Fehlinterpretationen des Ergebnisses kommen, zum Beispiel zu einer falsch pathologischen NLG bzw. DML, zur fälschlichen Annahme eines Leitungsblocks oder einer axonalen Schädigung (43, 44). 2.6.3.1.a Die motorische Elektroneurographie Primär wird im Rahmen der elektrophysiologischen Abklärung des CTS die motorische Neurographie durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine sehr einfach durchzuführende, überaus empfindliche und zuverlässige diagnostische Methode (2). Mit dieser Untersuchung kann die motorische Nervenleitgeschwindigkeit bestimmt werden. Als Maß für diesen Parameter wird die distal motorische Latenz verwendet. Darunter versteht man die Zeitspanne zwischen der Stimulation des N. medianus im Bereich des Handgelenks (=Reizimpuls) und dem Beginn eines MSAP. Das MSAP entspricht der Reizantwort auf die elektrische Stimulation und wird am M. abductor pollicis brevis abgeleitet. Es definiert sich somit als die Summe aller Aktionspotentiale, die in verschiedenen Nerven- und Muskelfasern erzeugt werden können, wodurch es als Maß für die intakten Muskelfasern dient (44, 45). Die DML des N. medianus wird

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immer im Vergleich zur motorischen Latenz des N. ulnaris bestimmt. Die DML ist bei 90% aller Patientinnen und Patienten, die an einem Karpaltunnelsyndrom leiden, verlängert, pathologisch ist eine Verlängerung von mehr als 4,2 ms bzw. einer Distanz von 6,5 cm (43, 44). Aber nicht nur die NLG, sondern auch die Amplitude der Potenziale und die sogenannte F-Welle werden bestimmt. Während eine Reduktion der NLG für eine primär demyelinisierende Erkrankung, wie z.B. das CTS spricht, würde eine pathologische Veränderung der Amplitudenhöhe auf eine primär axonale Polyneuropathie hindeuten. Eine veränderte F-Welle wiederum weist auf eine radikuläre Nervenläsion hin (46). Zu beachten ist, dass bei einem CTS im fortgeschrittenen Stadium häufig hohe Reizstärken notwendig sind. Bei zu hohen Reizstärken kann es zu einer Mitstimulation des N. ulnaris kommen, wodurch es über den M. flexor pollicis brevis zu einer normalen Muskelantwort kommt und dadurch das CTS übersehen werden kann (2). Weiters beachtet werden müssen eine mögliche Polyneuropathie, insbesondere, wenn auch proximal des Karpalkanals die NLG pathologische Werte annimmt, oder eine simultane Kompression des N. ulnaris, weshalb bei einer pathologischen DML für den N. medianus zum Ausschluss einer systemischen Affektion des Nervensystems auch immer der ipsilaterale N. ulnaris und der kontralaterale N. medianus untersucht werden soll (43, 44). Weitere Umstände, die das Ergebnis verfälschen können, sind Innervationsanomalien wie zum Beispiel eine Martin-Gruber-Anastomose, aber auch Messfehler und Untersuchungsfehler (1). In manchen Fällen kann es auftreten, dass die DML des N. medianus pathologisch ist, jedoch die Patientin/der Patient keinerlei Symptome aufweist. Bei diesen latenten bzw. asymptomatischen CTS ist keine therapeutische Konsequenz indiziert. Besonders bei einer kurzen Krankheitsdauer ist es möglich, dass die DML wiederum normale Werte annimmt, obwohl der N. medianus beengt ist. Da aber nicht nur eine isolierte Läsion des N. medianus, sondern auch eine Polyneuropathie verlängerte Latenzzeiten hervorrufen kann, soll die Diagnose des Karpaltunnelsyndroms durch eine weitere Untersuchung, insbesondere bei nicht eindeutigen Ergebnissen der motorischen ENG, ergänzt werden: der sensiblen Neurographie (43, 44). 2.6.3.1.b Die sensible Elektroneurographie Bei der sensiblen ENG werden die sensible NLG, die im Rahmen demyelinisierender Prozesse beim CTS verlangsamt sein kann, und die Amplitude der Reizantwort, die als sensibles Nervenaktionspotential bezeichnet wird, bestimmt. Dazu wird bei der antidromen Stimulation ein Impuls proximal des Karpalkanals gesetzt und die Ableitung erfolgt an einem der Finger 1-4 (am besten jener Finger, der am längsten bzw. am stärksten betroffen ist). Dabei wird die sensible Nervenleitgeschwindigkeit entgegen der Nervenleitung bestimmt, wodurch höhere Amplituden erzielt werden können. Bei der orthodromen Stimulation wird der Nerv distal in seinem sensiblen Versorgungsgebiet gereizt, die Reizantwort wird proximal gemessen. Der Vorteil des orthodromen Verfahrens ist das reduzierte Vorkommen von Muskelartefakten im sensiblen Nervenaktionspotential. Zusätzlich zu den genannten Verfahren empfehlen sich Vergleichsmessungen der Potenzialamplitude zu benachbarten Nerven (N. ulnaris und N. radialis), insbesondere, wenn die sensible NLG einen pathologischen Wert annimmt (43, 44). Der Grenzwert für die sensible NLG des N. medianus beträgt bei einer Messung vom Handgelenk zum Mittelfinger 46,9 m/s, der Grenzwert für den N. ulnaris bei einer Messung zwischen dem Handgelenk und dem kleinen Finger liegt bei 44,6 m/s. Beträgt die Differenz zwischen diesen beiden Messungen mehr als 8 m/s, liegt die Sensitivität dieses diagnostischen Verfahrens bei 89% und die Spezifität bei 98% (47). Gemäß Zifko ist die sensible NLG pathologisch, wenn der N. medianus eine um mindestens 10 m/s langsamere Impulsleitung als der N. ulnaris aufweist (44) Im Fall, dass nach Durchführung dieser beiden Verfahren noch

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immer kein eindeutiger Befund erhebbar ist, können noch weitere Untersuchungen angeschlossen werden, bei denen unter anderem die ENG in kürzeren Nervensegmenten gegliedert durchgeführt wird (47). Auf diese speziellen Verfahren und die Untersuchung somatosensibel evozierter Potenziale möchte ich aufgrund der geringen klinischen Bedeutung nicht genauer eingehen.

2.6.3.2. Elektromyographie Die Elektromyographie des M. abductor pollicis brevis gehört nicht zur Standarddiagnostik beim Engpasssyndrom des Karpalkanals. Durch die Elektromyographie kann die elektrische Aktivität einzelner Muskeln mittels Nadelelektroden bestimmt werden. Indikationen für die Durchführung einer Elektromyographie im Rahmen der Abklärung eines CTS sind einerseits, wenn bei vorangegangenen Untersuchungen Probleme beispielsweise durch Innervationsanomalien aufgetreten sind, aber auch zum Ausschluss von Differentialdiagnosen wie zum Beispiel axonale Schädigungen des N. medianus (hierbei würde es zum Auftreten pathologischer Spontanaktivität kommen), radikuläre Läsionen, proximale Nervenläsionen und neuromuskuläre Erkrankungen wie zum Beispiel Polyneuropathien und Myopathien (2, 44).

2.6.4. Bildgebende Verfahren Bildgebende Verfahren sind in der Regel nicht notwendig, werden aber häufig standardmäßig zum Ausschluss von Differentialdiagnosen und zur Diagnostik von Begleiterkrankungen eingesetzt (1). Nativröntgenuntersuchungen des Handgelenks scheinen, ein nur sehr begrenztes Maß an nützlicher Zusatzinformation zu erbringen. Zwar können sie beim klinischen Verdacht auf Arthrose oder knöcherne Veränderungen im Bereich des Karpaltunnels einen Nutzen aufweisen, die routinemäßige Durchführung eines Handgelenksröntgen wird aber nicht empfohlen (48). Der Sonographie des Karpaltunnels könnte eine größere Rolle in Zukunft zukommen (49). So zeigte eine Studie von Yesildag et al., dass die sonographische Größenbestimmung der Querschnittsfläche des N. medianus eine sensitive und spezifische Methode zur Diagnose des CTS darstellt (50). Auch El Miedany et al. kamen zu der Conclusio, dass die sonographische Bestimmung der Nervenquerschnittsfläche einen hohen diagnostischen Wert hat, zudem kann die Ursache der Nervenkompression ausgemacht werden. Während El Miedany et al. die Sonographie als Alternative in der Diagnostik des CTS befürworten, empfehlen Wong et al. die Sonographie als initiale Untersuchung beim Verdacht auf ein CTS, da sie vergleichbare Ergebnisse im Vergleich zu elektrophysiologischen Verfahren liefert (51, 52). In einem Literature Review aus dem Jahr 2008 wird beschrieben, dass die ENG die Sonographie in ihrer diagnostischen Aussagekraft übertrifft, somit wird die ENG wohl auch weiterhin der Goldstandard in der Diagnostik des CTS bleiben (53). Die Magnetresonanztomographie erlaubt eine morphologische Darstellung des Karpaltunnels inklusive der Strukturen, die er beinhaltet. Eine Diagnosestellung des CTS über Magnetresonanzbildgebung scheint aber schwierig zu sein, vor allem eine niedrige Spezifität spricht gegen eine breite Anwendung (54, 55). So wird auch von Keith et al. eine routinemäßige Abklärung mittels MRT nicht empfohlen (56). Bei der Abklärung von postoperativen Rezidiv-CTS könnte allerdings die Magnetresonanztomographie von Nutzen sein, insbesondere deshalb, da nach einer Operation des CTS es zu keiner Regeneration der schnell-leitenden Nervenfasern kommt und daher die ENG postoperativ keine zuverlässigen Werte liefern kann und somit zur Diagnostik eines Rezidiv CTS nur sehr eingeschränkt brauchbar ist (2, 54).

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2.7. Differenzialdiagnosen des Karpaltunnelsyndroms

Die häufigsten Differenzialdiagnosen sind Polyneuropathien und degenerativ bedingte, zervikale Radikulopathien, wobei hier vor allem die Nervenwurzeln C6 und C7 betroffen sind. Häufig kommt es vor, dass beide Erkrankungen mit einem CTS kombiniert sind, in einem solchen Fall spricht man vom „double crush“. Das Zervikalsyndrom unterscheidet sich vom CTS dahingehend, dass die Sensibilitätsstörungen nicht nur in den vom N. medianus innervierten Bereichen der Hand auftreten, sondern auch beispielsweise am Unterarm. Außerdem treten radikuläre Beschwerden meist ohne Unterbrechung auf, lassen sich durch Husten oder Kopfbewegungen verstärken und die Parästhesien des Zervikalsyndroms lassen sich auch nicht wie beim CTS „ausschütteln“. Mittels einer elektroneurographischen oder elektromyographischen Untersuchung kann das CTS von Radikulopathien sicher abgegrenzt werden. Andere Differenzialdiagnosen können weitere Nervenkompressionssyndrome sein, wie zum Beispiel das Pronator-Syndrom oder das Skalenussyndrom, spinale Pathologien wie zum Beispiel eine zervikale Myelopathie, eine Syringomyelie oder spinale Muskelatrophien. Weiters können ein Raynaud-Syndrom, eine Borreliose, eine Polymyalgie oder ein Unterarm- Kompartment-Syndrom in differenzialdiagnostische Überlegungen miteinbezogen werden (2).

2.8. Therapie

Bei der Therapie des CTS kann man zwischen einer konservativen Behandlung, welche vor allem im Frühstadium der Erkrankung angewandt wird, von der operativen Therapie unterscheiden (2).

2.8.1. Konservative Therapie Bei eher mäßigen Symptomen, die sich vor allem auf eine Reizung des N. medianus zurückführen lassen, wie zum Beispiel nächtliche Parästhesien, kann ein konservativer Therapieversuch unternommen werden. Eine 2003 veröffentliche Übersichtsarbeit hat die bisherigen Möglichkeiten konservativer Therapien analysiert. Bisher untersuchte konservative Verfahren sind: Nachtlagerungsschienen, Ultraschallbehandlungen, medikamentöse Behandlungen mit Diuretika, Steroide, Insulin, Vitamin B6 Präparate oder Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), Yoga, Handwurzelmobilisation, neurodynamische Mobilisation, Nervengleitübungen, Lasertherapie und Magnettherapie (57). Nicht alle scheinen einen großen Behandlungserfolg zu haben, trotzdem sollen die bisherigen Anstrengungen, konservative Therapieoptionen zu erforschen, nicht unerwähnt bleiben. Nachtlagerungsschienen werden als initiale Therapieoptionen häufig eingesetzt. Werner et al. und Manente et al. konnten ihre (kurzfristige) Wirksamkeit beim symptomatischen CTS nachweisen (58, 59). Der Effekt beruht darauf, dass durch die Schienung das Abwinkeln des Handgelenks nach volar unterbunden wird, wodurch die nächtlichen Parästhesien weitestgehend verhindert werden können (2). Daher ist es wahrscheinlich gleich effektiv, wenn die Schiene nur in der Nacht, anstatt durchgehend getragen wird (57). Yoga kann im Vergleich zu Handgelenksschienen ähnliche Ergebnisse bezüglich kurzzeitiger Symptomverbesserungen aufweisen. Vor allem können durch Yoga die Griffstärke verbessert und Schmerzen reduziert werden (60).

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Laser- und Magnettherapien haben wahrscheinlich keinen signifikanten Einfluss auf eine Reduktion der nächtlichen Parästhesien und Schmerzen im Rahmen des Karpaltunnelsyndroms (57). Lokale Ultraschallbehandlungen zeigen im Vergleich zu Placebo keine unmittelbaren Verbesserungen, jedoch kann es nach einer mehrwöchigen Therapie von etwa 7 Wochen zu Verbesserungen kommen (61). Nerven- und Sehnengleitübungen in Kombination mit einer Handgelenksschiene zeigten in einer Publikation aus dem Jahr 2002 zwar leichte Vorteile im Vergleich zur Therapie mit Handgelenksschienen alleine, jedoch ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede (62). Neurodynamische Mobilisation und Handwurzelmobilisation zeigen kurzzeitige Symptomverbesserungen gegenüber Placebo, können jedoch keine langfristige Erfolge erzielen (63). Medikamentöse Therapieoptionen, die im Rahmen von Studien untersucht worden sind, sind die Anwendung von Diuretika, Steroiden, Vitamin B6 Präparaten oder NSAR, wobei wahrscheinlich Diuretika und NSAR keine Symptombesserung des CTS schaffen können, und auch die orale Gabe von Vitamin B6 führt lediglich zu einer Reduktion von Schwellungen der Fingern und stellt somit keine Empfehlung zur konservativen Behandlung des CTS dar. Die orale Gabe eines Kortikosteroids ist in Österreich nicht gebräuchlich, moderate Evidenz besteht jedoch, dass eine zweiwöchige Gabe eine Symptombesserung hervorrufen kann (57). Eine viel höhere Wirksamkeit weist hingegen die lokale Infiltration eines Kortikosteroids auf. Kurzfristig führt die lokale Applikation eines Steroids zu geringeren Raten an nächtlichen Parästhesien als die operative Versorgung. Jedoch langfristig scheint die offene Spaltung des Karpaldaches eine höhere Effektivität zu haben (64). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Graham et al., die in ihrer Studie mit 77 Personen und insgesamt 99 Fällen eines CTS bei nur ca. 10% aller Patientinnen und Patienten eine langfristige Besserung durch eine lokale Applikation von Kortikosteroiden in Kombination mit der Verwendung einer Schiene erreichen konnten (65). Zumeist ist die erste Injektion sehr effektiv, weitere Applikationen haben eine geringere Wirkung, weshalb auch von Mehrfachinjektionen abzusehen ist. Zudem birgt natürlich auch jede Injektion in den Karpalkanal das Risiko einer iatrogenen Schädigung eines Nervs oder einer Sehne (2). Eine 2001 durchgeführte Studie macht deutlich, dass schon unterschiedlichste Ansätze hinsichtlich eines konservativen Managements erforscht wurden. Die Studie zeigte, dass eine wöchentliche Infiltration des Karpalkanals mit Insulin (Insulin soll ähnliche neuroregenerative Eigenschaften wie der Nerve Growth Factor haben) für 8 Wochen nach einer Infiltration mit einem Steroid bei Patientinnen und Patienten mit nicht-Insulin-pflichtigem Diabetes Mellitus zu besseren Ergebnissen bezüglich der Symptombesserung und Nervenleitung kommt, als Steroide alleine (66).

Dieser Überblick über die konservativen Therapiemethoden zeigt, dass bereits viele Methoden erforscht wurden. Auch wenn die eben genannten konservativen Therapiemaßnahmen kurzfristige Besserung schaffen können, so kann durch diese Therapieoptionen bei einer großen Mehrheit der Patientinnen und Patienten keine anhaltende Beschwerdefreiheit erreicht werden (2, 65). Insbesondere die lokale Applikation von Steroiden kann kurzfristig Abhilfe schaffen und die Symptomatik stark verbessern, in einer von Berger et al. durchgeführten Studie war allerdings die Injektion eines Kortikosteroids bei nur einem Drittel aller Patientinnen und Patienten langfristig effektiv (67). Zudem konnte gezeigt werden, dass nur durch eine Operation langfristig elektrophysiologische Parameter (unabhängig von klinischen Parametern) verbessert

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werden können (68). Somit ist in den meisten Fällen nach einem konservativen Therapieversuch die Operation jene Therapieform, mit der langfristig Abhilfe geschaffen werden kann, wodurch die chirurgische Versorgung des CTS die definitive Versorgung des CTS darstellt (2, 65).

2.8.2. Operation Die Indikation zur Operation wird gestellt, wenn persistierende sensible bzw. motorische Defizite bestehen, wenn die Patientin/der Patient hinsichtlich seiner Oppositions- und Abduktionskraft des Daumens eingeschränkt ist sowie bei einer Stereoagnosie und Thenaratrophie. Ebenso ist die Operation indiziert, wenn belastende Parästhesien durch zuvor durchgeführte konservative Methoden nicht gebessert werden konnten (2). Cha et al. konnten in ihrer Studie erkennen, dass der postoperative Outcome sogar besser zu sein scheint, wenn direkt nach der Diagnosestellung primär die Operation, ohne zuvor eine konservative Therapie durchzuführen, vollzogen wird (69). Selbst in weit fortgeschrittenen Fällen des CTS zeigt die Operation zufriedenstellende Ergebnisse (70). Ebenso scheinen auch Patientinnen und Patienten mit einem Alter von über 70 Jahren von der operativen Behandlung zu profitieren (71).

Grundsätzlich kann die chirurgische Behandlung des CTS auf zwei Arten erfolgen, in Form einer offenen und endoskopischen Retinakulumspaltung. Die endoskopische Variante wurde mit dem Ziel entwickelt, postoperative Wundschmerzen und die Zeit bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit zu reduzieren. Atroshi et al. verglichen die beiden Varianten. In der Studie konnten nur minimale Vorteile der endoskopischen Operationstechnik bezüglich der postoperativen Schmerzen, schmerzassoziierter Limitation von manuellen Tätigkeiten und Arbeitsunfähigkeit gezeigt werden. Bezüglich der postoperativen Griffstärke und Sensibilität ergaben sich keine Unterschiede. Aufgrund der sehr geringen Vorteile des endoskopischen Verfahrens und der höheren Kosten, die vor allem durch den größeren Bedarf an Instrumenten entstehen, schätzen Atroshi et al. den Benefit dieses Verfahrens als eher unsicher ein (4). Assmus et al. favorisieren ebenso weder die offene, noch die endoskopische Variante, jedoch zeigen sich Tendenzen, dass die endoskopische Technik schlechtere Langzeitergebnisse und höhere Komplikationsraten, insbesondere Nervenläsionen, aufweist (2). Auch in den Jahren 1999 und 2004 publizierten Metastudien wurde von einem erhöhten Risiko reversibler Nervenläsion bei der endoskopischen Retinakulumspaltung berichtet (5, 6). Die offene Spaltung des Karpaldaches ist eine vielfach erprobte und akzeptierte Methode, zeigt hohe Erfolgs-, niedrige Komplikationsraten und weist vorhersagbare postoperative Ergebnisse auf (69). Aus diesen Gründen wird im KUK das CTS mittels offener Retinakulumspaltung operiert, weshalb in den folgenden Zeilen auch ausschließlich auf diese Variante näher eingegangen wird.

2.8.2.1. Offene Retinakulumspaltung Bei der offenen Retinakulumspaltung erfolgen Durchtrennungen des Retinakulum flexorum und Anteile des Ligamentum carpi palmare mit dem Ziel, den darunter im Karpalkanal verlaufenden N. medianus zu dekomprimieren (2). Im folgenden Kapitel wird die Operationstechnik der offenen Retinakulumspaltung näher erläutert. Dabei handelt es sich um jene Technik, die im Kepler Universitätsklinikum der Stadt Linz bei Operationen des CTS angewandt wird. Anschließend möchte ich als Ergänzung einen Vergleich zu Beschreibungen von Operationsabläufen in der Literatur und einige Details zu den einzelnen Operationsschritten anführen.

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2.8.2.1.a Operationstechnik des Karpaltunnel Syndroms im Kepler Universitätsklinikum Als anästhesiologisches Verfahren wird eine Plexusanästhesie durchgeführt. Die Patientin/der Patient befindet sich in Rückenlage, der betroffene Arm ist auf einem Handtisch ausgelagert. Anschließend erfolgen die Reinigung und das sterile Abdecken des Operationsgebietes. Auch eine Oberarmmanschette wird angelegt, um anschließend die Operation in Esmarch’scher Blutleere durchzuführen. Die rund 3 cm lange Inzision (siehe Abbildung 5) erfolgt distal der Rascetta und verläuft ulnar der Linea vitalis in Richtung des Interdigitalraums 3/4. Anschließend wird nach dem Einsetzen von Zweizinkern das Subkutangewebe dargestellt, gleichzeitig erfolgt die Blutstillung mittels der bipolaren Pinzette. Nachdem die Palmarfaszie mit dem Skalpell unter Sicht präpariert und dann längs gespalten worden ist, kann das Retinaukulum flexorum freigelegt werden. Das Retinakulum flexorum wird mit dem Skalpell inzidiert und mit der Metzenbaumschere nach proximal und distal aufbougiert. Danach wird die Schmiedensonde eingebracht, wodurch nun das Retinakulum unter Sicht und Schmiedensondenschutz nach proximal und distal mit dem Skalpell gespalten werden kann. Komplettiert wird die Spaltung mit der Präparierschere, wodurch der N. medianus im Canalis carpi dargestellt wird. Der Nerv wird inspiziert. Häufig können makroskopische Druckschäden, wie zum Beispiel eine Sanduhrdeformität beobachtet werden, auf die unterschiedlichen morphologischen Befunde des N. medianus möchte ich aber erst später eingehen. Nach der Freilegung des Nervs wird die Blutsperre eröffnet und die Hyperämiephase abgewartet. Anschließend erfolgt eine manuelle Kompression des Operationsgebietes und eine Blutstillung mittlels bipolarer Pinzette, eine Spülung des Operationsgebietes und abschließend ein einschichtiger Wundverschluss mittels Rückstichnaht nach Donati. Postoperativ werden ein trockener, steriler Verband und eine elastische Bandage angelegt.

Abbildung 5 Markierung der etwa 3 cm Abbildung 6 Präparation des langen Inzision distal der Rascetta Retinakulum flexorum (eigene (eigene Aufnahme) Aufnahme)

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Abbildung 7 Darstellung des N. medianus (eigene Abbildung 8 Einschichtiger Wundverschluss mit Aufnahme) Rückstichnaht nach Donati (eigene Aufnahme)

2.8.2.1.b Ergänzungen Assmus et al. verwenden zur Anästhesie gemäß ihrer Erläuterungen zu Technik und Ablauf der offenen Retinakulumspaltung eine lokale Infiltration des Operationsgebiets mit 8 ml eines 1%igen Lokalanästhetikums in Gegensatz zur im KUK durchgeführten Plexusanäthesie (2). Die Hautinzision wird im KUK üblicherweise mit einer Schnittlänge von etwa 3 cm durchgeführt. In der Literatur werden auch Operationstechniken mit Mini-Inzisionen von ca. 1,5 cm erwähnt. In der von Mardanpour et al. durchgeführten Studie konnten mit dieser Variante sehr gute Ergebnisse hinsichtlich der postoperativen Symptomatik, der Komplikationsrate und der Funktionalität erreicht werden (72). Im Allgemeinen ist von diesen Inzisionstechniken jedoch eher abzuraten, da bei einer reduzierten Übersicht des Operationsgebietes das Risiko für nicht vollständige Durchtrennungen des Retinakulum flexorum, sowie Läsionen des N. medianus und seiner Äste steigt (2). Beim Durchtrennen des subkutanen Fettgewebes muss ein möglicherweise vorkommender epi- oder subfaszial verlaufender ulnarer Abgang des Ramus palmaris beachtet und möglichst geschont werden. In bis zu 30 % werden Seitenäste des Ramus palmaris intraoperativ beobachtet. Bei einer Durchtrennung eins großkalibrigen Seitenastes kann es postoperativ zu einem Neurom und damit zu stärkeren Narbenschmerzen kommen, zudem kann es zu elektrisierenden Parästhesien bei einer mechanischen Reizung der Narbe kommen. Neben dem sensiblen Ramus palmaris n. mediani gibt es noch einen weiteren Ast des N. medianus, der aufgrund seiner Verlaufsvarianten beachtet werden muss: der motorische Ramus thenaris n. mediani. So können beispielsweise dessen Äste verfrüht abgehen und intraligementär zur Thenarmuskulatur ziehen. Bei der Spaltung des Retinakulum flexorum muss deshalb besonders auf diese Äste geachtet werden. Eine Präparation Ramus thenaris, insbesondere, wenn er distal des Retinakulums zum Thenar verläuft, ist aber nicht notwendig, da isolierte Kompressionen des Astes im Grunde nicht vorkommen (2).

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Bei der Inspektion des N. medianus können sich unterschiedliche morphologische Gegebenheiten bieten. So kann es vorkommen, dass der Nerv makroskopisch einen völlig blanden Eindruck hinterlässt, es kann aber auch sein, dass der N. medianus eine Delle aufweist, die unter Umständen auch nach dem Eröffnen der Blutsperre eine verzögerte Revaskularisierung aufzeigt. Auch ein Farbunterschied im Vergleich zu den unbeeinträchtigten angrenzenden Anteilen kann sich nach der Revaskularisierung zeigen. Diese Veränderungen gehen mit Fibrosierungen einher, häufig kann es auch aufgrund eines gestauten Axoplasmaflusses zu einer proximalen Volumenszunahme des Nervs kommen. Diese Veränderungen sind hauptsächlich auf die Kompression des N. medianus zurückzuführen. Es finden sich aber auch Morphologien, bei denen die Ursache im Verlust der Gleitfunktion des N. medianus im Canalis carpi zu finden ist. Dazu zählen proximal und distal der Kompressionsstelle liegende Fibrosen, welche die Synovia, das Perineurium und möglicherweise auch das Epineurium betreffen. Durch die dadurch ausgebildete verminderte Gleitfähigkeit des Nervs kann der Eindruck eines geschlängelten Verlaufs im Karpalkanal entstehen. Zudem zeigt sich der Nerv aufgrund der zusätzlich bestehenden Kompression auch dünner (73). Ein weiterer intraoperativer Befund ist die sehr selten vorkommende Lipomatose des N. medianus. Der Nerv präsentiert sich gelblich-fettig und verdickt, eine Resektion dieser Missbildung ist aber riskant und sehr aufwändig, daher wenig sinnvoll. Zeigt sich bei der Inspektion des Karpalkanals ein raumfordernder Prozess, wie zum Beispiel ein Lipom, ein Ganglion, ein Riesenzelltumor oder ein Fibrom, so wird es empfohlen, diese zu resezieren (2). Zusätzliche chirurgische Verfahren im Rahmen der Operation des CTS sind die Epineurotomie, die Synovektomie und die interfaszikuläre Neurolyse. Unter Epineurotomie versteht man die Eröffnung der Bindegewebshülle um den N. medianus, sie ist allerdings bei Ersteingriffen nicht indiziert (74). Synovektomien werden vor allem bei pathologischen Veränderungen wie beispielsweise einer hypertrophen oder einer entzündlich-rheumatischen Synovialitis empfohlen. Auch Dialysepatientinnen und -patienten mit einer Amyloidose können von einer Synovektomie profitieren. Resektionen der Sehne des Musculus palmaris longus und von routinemäßigen interfaszikulären Neurolysen ist abzusehen (2). Bei der interfaszikulären Neurolyse wird das Perineurium inzidiert und anschließend kommt es zur Dissektion einzelner Faszikel, um intraneurale Fibrosierungen zu resezieren. Da diese Manipulation am Nerv zu noch stärkeren Fibrosierungen in der Folge und möglicherweise zu irreparablen Schäden am Nerv führen kann, soll die Entscheidung über eine interfaszikuläre Neurolyse einem erfahrenen Handchirurgen überlassen werden (75).

2.8.3. Biomechanische Konsequenzen der Retinakulumspaltung Bei der Durchtrennung des Retinakulum flexorum kommt es zu einer Vergrößerung der Weite des Karpalkanals und damit zu einer Volumenszunahme, wodurch der intraluminale Druck und somit die Symptome des CTS reduziert werden können (76). Auch wenn die größte Stabilität für den Karpalkanal von den intercarpalen Bändern der proximalen Handwurzelreihe ausgeht, so kommt es bei der Spaltung des Retinakulums zu einer leichten Reduktion der Steifheit des Karpalkanals (77). Dies führt zu einer leichten Abflachung des Karpaltunnels, wodurch es zu einer geringen Deviation der Karpalknochen nach radial kommt und in der Folge zu größeren Kontaktbelastungen der intercarpalen Gelenke. Weiters spielt das Retinakulum eine große Rolle für die Muskulatur der Flexoren, für die Thenar- und Hypothenarmuskulatur. So führt die Retinakulumspaltung zu einer Verkürzung dieser Muskelgruppen (76). Die Thenar- und Hypothenarmuskulatur haben ihren Ursprung unter anderem am Retinakulum flexorum, wodurch

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es bei einer Spaltung postoperativ zur Instabilität der Muskulatur kommen kann. Das ist neben der postoperativen Schwellung einer der Hauptgründe für postoperative Schmerzen im Bereich der Handfläche (3). Des Weiteren kommt es, vor allem ab einer Handgelenksflexion von 20°- 30°, zum sogenannten „Bowstring“-Phänomen der Sehnen der Flexoren. Bei der Flexion des Handgelenks verlagern sich die Sehnen nach volar, was gemeinsam mit der Muskelverkürzung die Ursachen einer reduzierten Griffkraft sein können (76).

2.8.4. Nachbehandlung Postoperativ wird ein steriler Verband angelegt. Der leicht komprimierende Verband verbleibt für wenige Tage über dem Operationsgebiet. Es ist äußerst wichtig, dass die Patientin/der Patient bereits am ersten Tag nach der Operation selbstständig Bewegungsübungen mit den Fingern durchführt. Die Finger sollen bis zum Faustschluss bewegt werden. Diese frühe funktionelle Behandlung kann einer Fingersteife und einem Handödem vorbeugen. Eine Ruhigstellung des Handgelenks durch eine Schienung wird daher nicht empfohlen. Der Verband darf nicht zu eng sein, da es sonst zur Ödembildung kommen kann. Zudem sollte die Hand für 2-3 Tage nach der Operation etwa auf Brusthöhe gehalten werden. Am ersten oder zweiten postoperativen Tag kann ein Pflaster anstatt des Verbands aufgebracht werden (2). Nach durchschnittlich 9 Tagen ist es den Patientinnen und Patienten wieder möglich Auto zu fahren, nach etwa 13 Tagen können Alltagsaktivitäten verrichtet werden und nach durchschnittlich 17 Tagen ist eine Rückkehr in den Beruf möglich (78).

2.8.5. Komplikationen Die Komplikationsrate bei der Operation des CTS ist sehr gering, es werden Komplikationsraten von 5,6% bei endoskopischen und 2,8% bei offenen Verfahren beschrieben (6). In den folgenden Seiten wird auf die einzelnen Komplikationen, vor allem aber auf postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen, näher eingegangen.

2.8.5.1. Persistierende Symptome Die häufigste Ursache für postoperativ andauernde Beschwerden ist eine inkomplette Spaltung des Retinakulums. Die zumeist am distalen Ende des Retinakulum flexorum auftretende inkomplette Durchtrennung stellt zudem den häufigsten Grund für Revisionseingriffe dar. Weitere Ursachen können sein, dass die Regenerationszeit des N. medianus noch nicht lang genug war bzw. die Regenerationsfähigkeit des Nervs eingeschränkt ist oder, dass der N. medianus intraoperativ geschädigt wurde. Anhand der Art der Symptome kann unterschieden werden, ob eine inkomplette Spaltung des Retinakulums den Beschwerden zugrunde liegt oder ob die Regenerationszeit bzw. die Regenerationsfähigkeit der entscheidende Faktor ist. Bei der inkompletten Retinakulumspaltung verkürzt sich die ursprünglich langstreckige Kompression auf ein kurzes Segment, wodurch es in diesem kurzen Bereich zu einer besonders starken Kompression des Nervs kommt, was hauptsächlich in Schmerz und Taubheitsgefühl im Versorgungsgebiet des N. medianus resultiert. Ist die postoperative Regenerationszeit des Nervs bis zur Reevaluierung zu kurz bzw. die Fähigkeit zur Regeneration aufgrund einer langandauernden Kompression eingeschränkt, so führt dies vor allem zu Taubheit, der Schmerz ist typischerweise stark reduziert (7). Besonders in Fällen, bei denen das CTS schon einige Jahre besteht, muss man damit rechnen, dass sich das Taubheitsgefühl für 6 Monate nicht verbessert und eventuell auch danach keine Besserung eintritt.

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Falls es nach initialer Besserung zu einem Rezidiv-CTS kommt, kommen vor allem zwei Ursachen infrage. Entsteht sehr früh nach der Operation ein Rezidiv, so ist die wahrscheinlichste Ursache eine inkomplette Retinakulumspaltung, wodurch die Reste des Retinakulums eine erneute Kompression verursachen. Treten erst spät neuerliche Symptome auf, so liegt das mutmaßlich an einer Narbenbildung an den Enden des regelrecht durchtrennten Retinakulums, wodurch es neben der erneuten Kompression zusätzlich zu einer reduzierten Gleitfähigkeit und Durchblutung des Nervs kommt. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, dass beide Gegebenheiten simultan auftreten (3). Eine falsche Diagnosestellung eines CTS aufgrund von Symptomen, die ein CTS vortäuschen, kann ebenfalls ein Grund sein, warum es nach einer Operation zu keiner Besserung kommt. Hier möchte ich auf die Differentialdiagnosen des CTS verweisen, die schon zuvor beschrieben wurden. Eine weitere Ursache für eine persistierende Symptomatik nach der Operation des CTS sind iatrogene Läsionen am N. medianus (7). Komplette Nervendurchtrennungen kommen allerdings nur in sehr seltenen Fällen (etwa 0,3%) vor (2). Schädigungen des N. medianus treten vor allem bei der Durchtrennung des Retinakulum flexorum auf. Da der Nerv sowohl sensible als auch motorische Fasern enthält, ist die klinische Manifestation einer intraoperativen Schädigung vielfältig (3). Wird aufgrund von Fibrosierungen eine interfaszikuläre Neurolyse durchgeführt, so kann das zu noch größeren Fibrosierungen in der Folge führen, weshalb davon abgeraten wird, dieses Verfahren routinemäßig durchzuführen (75). Neben dem N. medianus können auch seine in der Nähe des Karpalkanals abgehenden Äste, dem sensiblen Ramus palmaris und dem motorischen Ramus thenaris n. mediani intraoperativ geschädigt werden. Der Ramus palmaris n. mediani tritt aus einer Faszienlücke am Unterarm, zwischen den Sehnen des M. palmaris longus und M. flexor carpi radialis, an die Oberfläche und verläuft in weiterer Folge im subkutanen Gewebe. Der Durchtritt durch die Faszie variiert zwischen 1 cm bis 7 cm proximal der Handgelenksfalte, weshalb man sehr sorgfältig bei der Dissektion der Gewebsschichten vorgehen muss. Besonders bei nach proximal verlängerten Inzisionen, welche die Handgelenksfalte überschreiten, besteht die Gefahr, den Nerv in seinem Verlauf zwischen den beiden Sehnen zu verletzen. Auch beim Durchtrennen des proximalen Anteils des Retinakulum flexorum besteht die Gefahr für eine Läsion des sensiblen Astes. Auch Endaufzweigungen im Bereich des Thenars sind eine Prädilektionsstelle für iatrogene Schädigungen. In beiden Fällen kann es zu Sensibilitätsausfällen und zur Entstehung eines schmerzhaften Neuroms kommen. Die Therapie der Wahl ist die Resektion des Neuroms und das Verlegen des proximalen Nervenendes in lokales Muskelgewebe. Abhängig vom Ort der Nervenverletzung kann das proximale Nervenende beispielsweise in den M. pronator quadratus oder in die Thenarmuskulatur verlegt werden (3, 75). Der Ramus thenaris n. mediani geht normalerweise radialseitig distal des Retinakulum ab und innerviert die Thenarmuskulatur. Es gibt aber zahlreiche Varianten, so können auch ein ulnarseitiger Abgang oder sub- bzw. transligamentäre Verläufe vorliegen. Geschädigt wird der Ramus thenaris vor allem bei Dissektionen distal des Karpaltunnels, aber auch weiter proximal, vor allem wenn anatomische Varianten vorliegen. Bei einer Durchtrennung des Nervs kommt es zu einer Abduktions- und Oppositionsschwäche des Daumens, wodurch es zu einer stark reduzierten Griffstärke und zum Verlust der Handfunktion kommt. Daher ist es in einem solchen Fall erforderlich, den Nerv chirurgisch zu sanieren, um die Daumenfunktion wieder herzustellen (3, 75).

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2.8.5.2. Gefäßverletzungen Neben Schädigungen von Nerven sind auch Gefäßverletzungen bei der Operation des CTS möglich. In unmittelbarer Nähe zum Retinakulum flexorum liegt der Arcus palmaris superficialis. Zwar würde eine Verletzung dieses Gefäßes keine signifikante Ischämie verursachen, jedoch kann es zu einem Hämatom, zu Wundkomplikationen und zu einer verschlechterten Durchblutung der Hand kommen. Sollte es zu einer Verletzung des Arcus palmaris superficialis kommen, ist zwar keine Gefäßnaht, jedoch aber eine Blutungsstillung mittels Koagulation notwendig. Auch Verletzungen der in der Loge de Guyon verlaufenden A. ulnaris sind möglich. Insbesondere wenn jene anatomische Variante besteht, dass die A. radialis keine Verbindung zum Arcus palmaris superficialis hat, bedarf es im Falle einer Gefäßverletzung einer chirurgischen Sanierung, da es sonst zu einer Ischämie der Hand kommen kann (75).

2.8.5.3. Auswirkungen auf die Sehnen der Flexoren und Sehnenverletzungen Iatrogene Schädigungen von Sehen sind mit einer Häufigkeit von unter 0,1% extrem selten (6). Es kann jedoch im Rahmen der offenen Retinakulumspaltung zu postoperativen Entzündungen der Sehnen und zu Adhäsionen kommen, woraus als Konsequenz ein Schnappphänomen im Bereich des Handgelenks resultieren kann. Auch im Bereich der A1-Ringbänder kann es zum Digitus saltans aufgrund einer Tendovaginitis stenosans kommen, einerseits weil das Retinakulum flexorum als Hypomochlion dient, bei einer Spaltung kommt es in der Folge zu einer größeren Belastung der A1-Ringbänder, andererseits kann es auch zu einem, von der Retinakulumspaltung unabhängigen, Neuauftreten eines „schnellenden Fingers“ kommen, stellt es doch die häufigste Komorbidität des CTS dar (79, 80). Zudem kann es selten aufgrund der nun fehlenden Zugkraft des Retinakulum flexorum zu einer Subluxation der Sehnen der Flexoren kommen, insbesondere bei der Flexion des Handgelenks. Klinisch präsentiert sich dieses „Bowstring Phänomen“ als Flexionsschwäche des Handgelenks, zudem kommt es bei der Handgelenksflexion zu einem schmerzhaften Schnappphänomen und zu Parästhesien (7). Das Schnappen tritt vor allem im Bereich des Hamulus ossis hamati auf. Zwar scheinen die Beschwerden bei dieser Komplikation eher gering zu sein, sollte aber trotzdem ein Behandlungswunsch bestehen, empfiehlt sich eine Schienung des Handgelenks in einer Extensionsstellung von 10°-15°, wodurch im postoperativen Heilungsprozess erreicht werden kann, dass die Sehnen im Canalis carpi verbleiben (75).

2.8.5.4. Protrahierte Schmerzen der Narbe und der Handfläche Meist ausgelöst durch kleine Neurome von Seitenästen des Ramus palmaris kann es zu postoperativen Narbenschmerzen kommen (2). Diese bessern sich meist nach spätestens 6 Monaten (81). Es scheint aber auch, dass es aufgrund der veränderten Biomechanik bei der Durchtrennung des Retinakulum flexorum zu Schmerzen im Bereich der Narbe und der Handfläche kommen kann. Vor allem ist aber auch die Griffstärke von der veränderten Biomechanik betroffen (76).

2.8.5.5. Complex Regional Pain Syndrome Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (engl. Complex Regional Pain Syndrome, CRPS) kommt selten und ohne klar ersichtlich prädisponierende Faktoren vor (3). Die Pathogenese des CRPS ist multifaktoriell. Unter anderem kommt es zu Fehlregulationen der Nozizeptoren und des sympathischen Nervensystems, dies führt zu brennenden Schmerzen, Hyperalgesie, Allodynie, zu autonomen Störungen (Hyperhidrose, Durchblutungsstörungen, Ödeme), zu trophischen Störungen wie zum Beispiel Veränderung des Hautkolorits und Hautdicke und auch

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zu motorischen Störungen wie zum Beispiel Bewegungseinschränkungen. Es kann auch zu Knochenveränderungen und im Spätstadium zu Osteoporose kommen (82). Bevor jedoch bei Patientinnen und Patienten mit postoperativen Schmerzen, einem Erythem, einer Schwellung und einem Ödem die Diagnose des CRPS gestellt wird, müssen sämtliche andere Ursachen, wie zum Beispiel eine postoperative Infektion oder eine Arthritis ausgeschlossen werden. Das CRPS stellt somit eine Ausschlussdiagnose dar (7). Es darf nicht mit anderen Beschwerdebildern verwechselt werden, die sich sehr ähnlich wie das CRPS präsentieren, wie es zum Beispiel bei einem Ödem infolge eines zu engen Verbands der Fall sein kann (2). Da es beim CRPS durch Immobilisation zu einer Verschlechterung der Situation kommt, ist es wichtig Physiotherapie und Analgesie als primäre Behandlungsoptionen einzusetzen. Weitere Therapieoptionen sind unter anderem Psychopharmaka wie Amitriptylin, Gabapentin und Carbamazepin oder auch Capsaicin, das zu einer Desensibilisierung der peripheren Nervenfasern führt (82).

2.8.5.6. Postoperative Wundinfektionen 2.8.5.6.a Häufigkeit Die Häufigkeit von postoperativen Infektionen bei Operationen des Karpaltunnelsyndroms ist gering, so fanden beispielsweise Hanssen et al. im Jahre 1989 eine Rate von 0,47 % an tiefen Infektionen, Harness et al. fanden im Jahr 2010 gar nur eine Rate von 0,36 %, wobei hier den Großteil oberflächliche Infektionen ausmachten (83, 84). In einer von Werner et al. groß angelegten Studie mit über 450000 Teilnehmern betrug die Rate an Infektionen 0,32 % (8). Die Angaben in der Literatur haben allerdings eine sehr hohe Schwankungsbreite, da die Definitionskriterien, um von einer Infektion zu sprechen, meist nicht klar definiert sind und auch zumeist unklar ist, ob alle Infektionen erfasst werden konnten, oder ob sie woanders behandelt wurden (85, 86). So lässt sich auch erklären, dass es auch Studien gibt, welche viel höhere Infektionsraten aufweisen, wie zum Beispiel eine Rate von 10,7 % bei handchirurgischen Interventionen in der von Platt et al. im Jahr 1995 publizierten Studie (87). 2.8.5.6.b Risikofaktoren Risikofaktoren für die Entstehung einer postoperativen Infektion sind hohes Alter (älter als 65 Jahre), männliches Geschlecht, Adipositas (Body Mass Index über 30), Nikotin- und Alkoholkonsum, Diabetes Mellitus, rheumatoide Arthritis, periphere Gefäßerkrankungen, chronische Leber-, Nieren- und Lungenerkrankungen und Depression. Die erhobenen Risikofaktoren sind dadurch zu erklären, dass Diabetes, Depression, chronische Leber- und Nierenerkrankungen das Immunsystem supprimieren oder die Wundheilung verzögern, Adipositas, Nikotin- und Alkoholgenuss haben ähnliche Effekte auf das Immunsystem und auf die Wundheilung. Arterielle Durchblutungsstörungen können ebenfalls die Wundheilung verzögern und verursachen Entzündungen. Lungenerkrankungen könnten den Sauerstofftransport zur Operationsnarbe verschlechtern und dadurch die Kollagenbildung und Neutrophilenaktivität induzieren (8). Hanssen et al. identifizierten weiters die Verwendung einer Drainage, eine verlängerte Operationsdauer, eine intraoperative Instillation von Steroiden und eine Synovektomie der Sehnen der Flexoren als Risikofaktoren für das Entstehen einer postoperativen Infektion. Tenosynovectomien gehen mit einer größeren Invasivität einher. Aufgrund der größeren Dissektionsfläche und der verlängerten Operationsdauer kommt es zu einem erhöhten Risiko von Hämatomen. Diese Faktoren führen wahrscheinlich zu einem erhöhten Infektrisiko. Die intraoperative Instillation von Steroiden wurde durchgeführt, um nach einer Tenosynovectomie geringere Raten an Adhäsionen und Tendosynovitiden zu erreichen. Die Studie ergab durch diese Maßnahme ein erhöhtes Infektionsrisiko, heute ist dieses

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Verfahren obsolet (84). Kaye et al. konnten in ihrer Studie erkennen, dass neben der genannten Faktoren auch der sozioökonomische Status bei der Entstehung einer postoperativen Infektion eine Rolle zu spielen scheint (88). 2.8.5.6.c Klassifikation Man kann postoperative Infektionen in oberflächliche und tiefe Infektionen unterteilen. Oberflächliche Wundinfektionen treten meist bis 1 Woche postoperativ auf und betreffen nur die Haut und das subkutane Gewebe, werden daher auch als Cellulitis bezeichnet. Zu den oberflächlichen Infektionen zählen auch Stichkanalinfektionen. Dabei handelt es sich um oberflächliche Infektionen als Ausdruck der Fremdkörperreaktion auf die Hautnaht. Patientinnen und Patienten zeigen die typischen Infektionszeichen mit Schmerzen, Schwellungen, Ödemen und Erythemen (85). Die Mehrheit aller Wundinfektionen im Rahmen der Operation des CTS sind oberflächliche Infektionen. Während jene meist unkompliziert verlaufen, können tiefe Wundinfektionen schwerwiegende Verläufe nehmen. Sie betreffen oder überschreiten die Faszie und verursachen eine hohe Morbidität und können im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen (84). 2.8.5.6.d Diagnose Wenn im postoperativen Verlauf bei der Patientin/ dem Patienten Schmerzen, ein Ödem, eine Schwellung oder ein Erythem auftritt, so muss an eine Infektion gedacht werden. Im Rahmen der Infektion kann es zudem zu Fieber, Schüttelfrost und Kreislaufstörungen kommen. Ein erhöhtes Risiko auf Infektionen besteht bei Wunddehiszenzen und Wundheilungsstörungen. Die Diagnosestellung kann oft schwierig sein, da postoperative Schwellungen und Erytheme nicht pathologisch sind, sondern normale Reaktionen auf den Eingriff darstellen. Wenn der Verdacht besteht, soll neben der klinischen Begutachtung auch eine Laboruntersuchung angeschlossen werden. In dieser soll bestimmt werden, ob es Erhöhungen des C-reaktiven Proteins (CRP), der Leukozytenzahl und der Blutsenkungsgeschwindigkeit gibt. Bildgebende Verfahren, wie die Sonographie oder die Magnetresonanztomographie, können manchmal eine zusätzliche Hilfestellung bei der Suche nach Abszessen oder Flüssigkeitsansammlungen sein, wenn eine Infektion vermutet wird. Differentialdiagnostisch müssen andere entzündliche Erkrankungen, wie zum Beispiel Gicht oder eine rheumatoide Arthritis ausgeschlossen werden (7). 2.8.5.6.e Therapie Die Therapie ist abhängig vom Ausmaß der Infektion. Stichkanalinfektionen verschwinden meistens nachdem die Hautfäden gezogen worden sind, ohne dass die Gabe eines oralen Antibiotikums notwendig ist. Liegt eine ausgedehntere oberflächliche Infektion vor oder kommt es zu einer Verschlechterung von Symptomen und zeigt die Patientin/der Patient Symptome wie Fieber, eine Lymphangiitis oder eine hämodynamische Instabilität, so ist dasselbe Vorgehen notwendig wie bei einer tiefen Infektion. Diese behandelt man durch die Gabe eines intravenösen Antibiotikums und gegebenenfalls durch einen Revisionseingriff (85). In einer Publikation von Ostermann et al. wird die Gabe eines Antibiotikums sowohl für oberflächliche, als auch für tiefe Infektionen für eine Dauer von 7-10 Tagen empfohlen (89). 2.8.5.6.f Prophylaxe Eine antibiotische Prophylaxe wird nicht empfohlen. Bykowski et al. konnten keinen signifikanten Vorteil durch eine präoperative Gabe von Antibiotika nachweisen und auch Harness et al. kamen zu derselben Conclusio (83, 90). Auch Eberlin et al. empfehlen den Gebrauch von Antibiotika bei handchirurgischen Interventionen mit einer Länge von weniger als 2 Stunden nicht. Selbst wenn die Patientin/der Patient unter Diabetes Mellitus oder unter einer anderen Systemerkrankung wie zum Beispiel rheumatoider Arthritis leidet, wird keine Empfehlung ausgesprochen. Einen größeren Nutzen zur Reduktion von Infektionen bringen gründliches

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Waschen und Desinfizieren der Hände vor der Operation, ausführliches Reinigen des Operationsgebietes und steriles Arbeiten (85). Zudem kann das Infektionsrisiko reduziert werden, indem saubere Operationstechniken inklusive der Resektion von nekrotischem Gewebe angewandt werden (91). 2.8.5.6.g Pathogenese Postoperative Wundinfektionen entstehen, indem Keime, meistens sind es Bakterien, in das Operationsgebiet eindringen und sich dort lokal vermehren. Die Vermehrung der Erreger und damit auch die klinische Manifestation kann jedoch durch das körpereigene Immunsystem verhindert werden. Im Rahmen der Immunreaktion kommt es zur Einwanderung von Phagozyten, Mastzellen werden aktiviert und proinflammatorische Zytokine freigesetzt. Reicht die körpereigene Abwehrreaktion nicht aus, so kommt es zu den typischen Infektionszeichen. Wie kommen überhaupt Bakterien in den Operationssitus? In den meisten Fällen handelt es sich um endogene Infektionen, das heißt, dass die Infektion über die patienteneigene Hautflora erfolgt. Das ist möglich, da potenziell alle chirurgischen Hautinzisionen mit Bakterien verunreinigt sind. In seltenen Fällen kommt es zu einer exogenen Infektion (durch Keime der im OP anwesenden Mitarbeiter). Man nimmt an, dass zum Großteil jene Mikroorganismen, welche letztlich zur Infektion führen, zum Zeitpunkt der Operation das Operationsgebiet befallen, da die Wunde wahrscheinlich zwischen 24-48 Stunden nach der Operation schon soweit geschlossen ist, dass eine Infektion durch exogene Quellen unwahrscheinlich ist. Die Besiedelung mit Mikroorganismen kann unterschiedliche Folgen annehmen. So ist es möglich, dass die eingedrungenen Erreger durch die körpereigene lokale Immunantwort sofort abgetötet werden und es zu einem asymptomatischen Verlauf kommt, ebenso ist es aber auch möglich, dass es Hautrötungen, zu abszedierenden Weichteilinfektionen bis hin zur Sepsis kommt (91). Die wichtigsten Faktoren für das Entstehen einer postoperativen Infektion sind: • Ausmaß des bakteriellen Inokulums: Je größer die Menge und Konzentration der Mikroorganismen, desto eher kommt es zur Infektion. • Virulenz der Erreger: je größer die Virulenz der infektionsverursachenden Keime ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Infektion symptomatisch wird. • Lokale Wundsituation: Im Wundbereich befindliches Hämoglobin wird zu eisenhältigen Stoffwechselprodukten, die einen guten Nährboden für Bakterienwachstum darstellen, abgebaut. Befinden sich Flüssigkeitsansammlungen und Ödeme im Bereich des Operationsgebietes, ist die Phagozytose behindert. Ebenso wird das Bakterienwachstum durch nekrotisches Gewebe und Fremdkörper wie beispielsweise Nahtmaterial gefördert. • Immunsystem: Das lokale Immunabwehr ist ein entscheidender Faktor für die Entstehung einer postoperativen Infektion. Ein erhöhtes Risiko dafür besteht bei kongenitalen oder erworbenen Immundefizienzen, aber auch bei Diabetes Mellitus, Hypalbuminämie, Unterernährung, kardiopulmonalen Bypässen und Bluttransfusionen (91). Die häufigsten Erreger sind Keime der Hautflora, insbesondere Staphylokokkus aureus und koagulasenegative Staphylokokken. Ebenso gehören Enterobakterien und Enterokokken dem Erregerspektrum für postoperative Wundinfektionen an (91). Infektionen können auch durch Streptokokken oder mehrere unterschiedliche Erreger verursacht werden, der häufigste Erreger ist aber Staphylokokkus aureus. Möglich ist auch eine Infektion mit dem Methicillinin-resistenten Staphylokokkus aureus (MRSA). Eine Infektion mit MRSA kann schwerwiegende Folgen haben, da seine Toxine gewebeschädlicher als jene des Staphylokokkus aureus sind. Kommt es zu

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einer nekrotisierenden Fasciitis, ist meistens kein einzelner Keim verantwortlich, zumeist handelt es sich hierbei um polymikrobielle Infektionen (85). Das klinische Bild ist abhängig von der Art des Erregers, der die Infektion verursacht. Die Erreger weisen eine unterschiedlich hohe Virulenz auf, so haben beispielsweise Streptokokken der Gruppe A, worunter auch Streptokokkus pyogenes fällt, der Exotoxin-bildende Staphylokokkus aureus sowie Escherichia coli und andere gramnegative Bakterien, die Endotoxine bilden, eine hohe Virulenz. Koagulasenegative Staphylokokken und Enterokokken weisen eine eher niedrige Virulenz auf. Deshalb kommt es meist nur zu einer Infektion, wenn eine schwache lokale Immunabwehr vorliegt oder ein Zusammenwirken mit anderen Bakterien zustande kommt (91). 2.8.5.6.h Sozioökonomische Konsequenzen Postoperative Wundinfektionen gehören zu den häufigsten nosokomialen Infektionen. Sie haben große finanzielle Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, da es zu großen Zusatzkosten aufgrund eines verlängerten Krankenhausaufenthalts und zu zusätzlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen kommt. Hinzu kommt die Gefahr von Antibiotikaresistenzen. Auch ein volkswirtschaftlicher Schaden kommt zu tragen, da Infektionen zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führen. Daher ist es von großer klinischer und ökonomischer Bedeutung, nosokomiale Infektionen, worunter auch postoperative Infektionen zu zählen sind, effektiv vorzubeugen (25).

2.8.5.7. Wundheilungsstörungen Wundheilungsstörungen sind eine weitere mögliche postoperative Komplikation bei der Operation des CTS. Liegen kleinere Wunddeshiszenzen oder eine geringe Sekretion vor, so sollen sie zunächst mittels einer sorgfältigen Wundpflege behandelt werden. Wenn sich die lokalen Wundverhältnisse nicht bessern sollten, darf man aufgrund der Infektionsgefahr nicht all‘ zu lange zögern, einen Abstrich zu nehmen und die Wunde operativ zu korrigieren, indem man die Wunde spült und eine Revisionsnaht vornimmt (7). 2.8.5.7.a Pathophysiologie Die Wundheilung besteht aus den folgenden Phasen: 1) Hämostase: Im Rahmen der Hämostase kommt es zur Vasokonstriktion, Thrombozytenaggregation und Thrombusbildung. 2) Entzündung: Die Wunde wird von neutrophilen Granulozyten, Monozyten (differenzieren sich zu Makrophagen in weiterer Folge) und Lymphozyten infiltriert. Neutrophile Granulozyten haben die Funktion, Mikroorganismen abzuwehren und Zelltrümmer abzubauen, wobei es jedoch zur Bildung von Proteasen und reaktiven Sauerstoffspezies kommt, die zur Gewebsschädigung führen können. Makrophagen haben in der frühen Entzündungsreaktion die Funktion, proinflammatorische Zytokine zu produzieren, welche zusätzliche Leukozyten rekrutieren und aktivieren sollen. In der späten Entzündungsreaktion phagozytieren sie apoptotische Zellen, sind an der Beendigung der Entzündungsreaktion maßgeblich beteiligt und leiten somit den Übergang zur proliferativen Phase der Wundheilung ein. Die Rolle der Lymphozyten ist noch nicht vollständig geklärt. 3) Proliferative Phase: Es kommt zur mesenchymalen Zelldifferenzierung, -proliferation und -migration zur Wunde. Dabei bildet sich Granulationsgewebe, in dem Fibroblasten und die kollagenreiche Extrazellulärmatrix enthalten sind und Kapillaren einsprossen.

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4) Remodellierungsphase: Es kommt zur Synthese und Vernetzung von Kollagen, die Anzahl der Blutgefäße reduziert sich. Letztlich kommt es zur Narbenbildung und Reepithelialisierung (92).

Bei einer Wundheilungsstörung kommt es in einer oder mehrerer dieser Phasen zu Abweichungen. Es gibt viele sowohl systemische als auch lokale Faktoren, welche zu einer gestörten Wundheilung führen können (92).

Folgende lokale Faktoren können zu Wundheilungsstörungen führen: • Hypoxie: Viele systemische Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes, können eine reduzierte Gewebsperfusion und damit eine unzureichende Versorgung mit Sauerstoff verursachen. Sauerstoff ist in allen Phasen der Wundheilung ein entscheidender Parameter, er ist unter anderem wichtig für den Zellmetabolismus, die Proliferation, die Differenzierung und für die Neoangiogenese. Darüber hinaus ist Sauerstoff protektiv hinsichtlich Infektionen. Entscheidend ist allerdings das richtige Maß an Sauerstoff, so induziert in der frühen Wundheilung Hypoxie die Angiogenese und Freisetzung von Wachstumsfaktoren, im weiteren Verlauf führt jedoch Hypoxie zu Verzögerungen im Heilungsprozess. • Infektionen: Es ist normal, dass es bei einer Operationswunde zu einer Kontaminierung mit Mikroorganismen kommt. Im Rahmen der physiologischen Entzündungsreaktion, welche Teil des Wundheilungsprozesses ist, werden diese Erreger abgetötet. Ist diese Immunreaktion allerdings insuffizient und nicht alle Mikroorganismen werden abgetötet, kann es zu einer prolongierten Entzündungsreaktion mit einer verstärkten Freisetzung von Zytokinen wie zum Beispiel Interleukin-1 oder Tumornekrosefaktor alpha kommen, wodurch es zu einer gestörten Wundheilung kommen kann (92).

Folgende systemische Faktoren können zu Wundheilungsstörungen führen: • Alter: Gehobenes Alter ist ein großer Risikofaktor für die Entstehung einer Wundheilungsstörung. Sämtliche Aspekte der Wundheilung sind im Alter verändert, unter anderem kommt es zu einer verzögerten Reepithelialisierung und Neoangiogense und zu einem reduzierten Remodeling des Kollagens. • Stress: Durch psychologischen Stress kommt es zu einer gestörten Freisetzung von hypophysären und adrenalen Hormonen. Glucocorticoide supprimieren die Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen, auch Interleukin-1 und Interleukin-8 liegen in einer geringeren Konzentration im Bereich der Wunde vor, sie sind aber wichtige Faktoren für die frühe Entzündungsphase im Rahmen der Wundheilung. Glucocorticoide haben zudem negative Effekte auf Immunzellen, indem sie unter anderen deren Proliferation und Differenzierung hemmen und die Gentranskription beeinflussen. Adrenalin und Noradrenalin, Hormone der Nebenniere, führen zudem zu einer Hyperglykämie, die den Wundheilungsprozess stört. Außerdem neigen Patientinnen und Patienten, welche unter psychologischem Stress leiden, zu ungesunden Verhaltensmustern, wie zum Beispiel Nikotin- und Alkoholabusus, schlechte Ernährung, Schlafstörungen und wenig Sport, welche alle zu einer gestörten Wundheilung beitragen. Zudem kann Stress zu Depressionen und Angstzuständen führen, welche ihrerseits wiederum den Cortisolspiegel steigern (92). • Sexualhormone: Östrogene, Androgene und das Vorläuferhormon Dehydroepiandrosteron (DHEA) scheinen insbesondere bei älteren Patientinnen und

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Patienten einen großen Einfluss auf die Regulierung der Wundheilung zu haben. Östrogene beeinflussen sowohl bei Frauen als auch bei Männern, die Wundheilung positiv, indem sie die lokale Entzündung hemmen, die Zytokinausschüttung und Matrixbildung regulieren, die Reepithelialisierung, die Vaskularisation und die Wundkontraktion fördern. Auch DHEA scheint ähnliche Effekte hinsichtlich einer verminderten Entzündungsreaktion wie Östrogene zu haben. Androgene sollen hingegen gegenteilige Effekte haben, so sollen hohe Androgenspiegel sowohl bei akuten als auch bei chronischen Wunden zu einer verzögerten Wundheilung durch verstärkte Entzündungsreaktionen führen, zusätzlich scheinen Androgene auch Effekte auf Fibroblasten und Keratinozyten zu haben (93). • Diabetes: Diabetiker weisen einen gestörten Heilungsprozess von akuten Wunden auf. Viele Faktoren sind dafür ursächlich, so kommt es unter anderem zu einer Hypoxie, bedingt durch die verminderte Angiogenese und Gewebsperfusion, zu einer Hyperglykämie und damit zu einer gesteigerten Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies und Advanced Glycation End Products (AGE). Weiters kommt es zu zellulären Dysfunktionen, vor allem von Fibroblasten und Zellen der Epidermis, zu einem eingeschränkten Immunsystem und zu einer diabetischen Neuropathie. • Medikamente: Besonders die systemische Gabe von Glucocorticoiden hat negative Effekte auf die Wundheilung, da es dadurch zu einer inadäquaten Bildung von Granulationsgewebe und einer reduzierten Wundkontraktion kommt. Zudem hemmen Glucocorticoide die Produktion des Hypoxia Inducible Factor – 1, welcher einen entscheidenden Einfluss auf die Wundheilung hat. Zudem ist durch die immunsupprimierende Wirkung von Glucocorticoiden das Risiko für Wundinfektionen erhöht. Die kurzzeitige Gabe von NSAR scheint auch die Wundheilung negativ zu beeinflussen. Der Effekt niedrig dosierter Acetylsalicylsäure ist unklar, sollte jedoch vor einer Operation pausiert werden (92). • Adipositas: Eine Ursache für eine gestörte Wundheilung bei Patientinnen und Patienten mit Adipositas (Body-Mass-Index (BMI) >30) ist die schlechte Versorgung des Wundareals mit Sauerstoff. So muss das Herz bei adipösen Patienten eine gesteigerte Leistung erbringen, um das zusätzliche Fettgewebe ausreichend zu perfundieren. Das kann zu Ischämien und Nekrosen führen, vor allem auch, da Fettgewebe gefäßarm und intoleranter als die Epidermis gegenüber Ischämie und Hypoxie ist. Weiters neigen adipöse Patientinnen und Patienten zu Hyperventilation, da es aufgrund des erhöhten intraabdominellen Drucks und dem resultierenden Zwerchfellhochstand sowie der reduzierten Ausdehnung des Thorax zu einer eingeschränkten Vitalkapazität der Lunge kommt. Dieser Umstand hat seine Konsequenz in einer reduzierten Oxygenierung des Blutes und des Gewebes. Weitere Ursachen für höhere Wundheilungsstörungsraten bei adipösen Patientinnen und Patienten ist das höhere Risiko für Infektionen, das durch die schlechte Durchblutung und einer folglich schlechten Immunabwehr zustande kommt. Zusätzlich ist auch meist die Operation länger, aufwändiger und technisch schwieriger bzw. traumatischer, wenn eine Adipositas vorliegt. Ein weiterer Faktor ist die gesteigerte Wundspannung, wodurch es zu Wunddeshiszenzen kommen kann. Bedingt durch eine gesteigerte Wundspannung kann es auch zu einem erhöhten Druck auf das Gewebe und folglich zu einer Minderperfusion kommen. Außerdem ist bei adipösen Patientinnen und Patienten das Hämatomrisiko erhöht. Hämatome führen zu einem erhöhten Druck und einer gesteigerten Wundspannung, was die Durchblutung und somit die Oxygenierung des Wundareals verschlechtert (94).

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• Alkohol: Der Konsum von Alkohol führt durch eine gestörte frühe Entzündungsreaktion, eine gestörte Kollagenbildung, eine verminderte Neoangiogenese und einem insuffizienten Wundschluss zu Wundheilungsstörungen. • Rauchen: Der Konsum von Zigaretten hat einen negativen Einfluss, da unter anderem Nikotin vasokonstriktorische Effekte hat, Kohlenstoffmonoxid zu einer Hypoxie im Wundareal führen kann und es zu systemischen Folgen wie zum Beispiel Atherosklerose und Lungenerkrankungen kommen kann, welche sich wiederum schlecht auf den Heilungsverlauf auswirken, indem auch sie die Sauerstoffversorgung einschränken. • Ernährung: Malnutrition bzw. ein Mangel an bestimmten Nährstoffen können den Heilungsverlauf verzögern (92).

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3. Studie

3.1. Einleitung

In den vorangegangenen Kapiteln wurden viele Risikofaktoren, Ursachen und pathophysiologische Mechanismen erläutert, wie es zu postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen kommen kann. Es gibt jedoch einen weiteren Faktor, der noch näher untersucht werden soll – der saisonale Einfluss. Wie kann die Jahreszeit in einem Zusammenhang mit der Rate an postoperativen Wundinfektionen stehen? Mögliche Erklärungen sind die wärmeren Temperaturen und die höhere Luftfeuchtigkeit während der Sommermonate, da es sich dabei um bessere Umgebungsbedingungen für Bakterien handelt und es dadurch zu einer gesteigerten Kolonisation der Haut kommt. Auch wenn Krankenhäuser normalerweise klimatisiert sind, kann es auch dort durch die Hautflora von Patientinnen/Patienten und dem Personal zu einer Verschleppung von Bakterien von außen in das Krankenhaus zu einer höheren Belastung an Mikroorganismen kommen (18). Durch eine erhöhte Feuchtigkeit auf der Haut, zum Beispiel durch Schwitzen, werden ebenfalls bessere Bedingungen geschaffen, um das Bakterienwachstum zu steigern (95). Weitere Ursachen können veränderte Verhaltensmuster von Patientinnen und Patienten während der Sommermonate, mögliche Verschmutzung von Operationswunden aufgrund des vermehrten Betreibens von Outdooraktivitäten und dem sogenannten „Julieffekt“ sein, auf den später noch näher eingegangen wird (18). Auch für gesteigerte Raten an Wunddeshiszenzen in den Sommermonaten werden eine gesteigerte Keimlast, der „Julieffekt“ und ein verändertes Patientenverhalten verantwortlich gemacht (20). Während bereits bei einigen anderen Fachgebieten der saisonale Einfluss für ein vermehrtes Aufkommen von postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen analysiert worden war, wurde dieser beim Karpaltunnelsyndrom bislang weder bezüglich der Rate an postoperativen Wundinfektionen, noch bezüglich postoperativer Wundheilungsstörungen untersucht (11–15, 18, 19, 96). Die Operation des Karpaltunnels stellt keinen Notfalleingriff dar, vielmehr ist es ein elektiver, sehr häufig durchgeführter Eingriff und kann bezüglich des Operationszeitpunktes flexibel gestaltet werden. Daher kann eine Analyse, ob die warme Jahreszeit eine höhere Rate an Infektionen bzw. Wundheilungsstörungen mit sich bringt, von großer Zusatzinformation sein, weil durch eine Optimierung des Operationszeitpunktes die Rate an diesen postoperativen Komplikationen, reduziert werden könnte. Dies wäre nicht nur ein Vorteil für künftige Patientinnen und Patienten, da postoperative Wundinfektionen eine hohe Morbidität und eine lange Rehabilitationszeit mit sich bringen und damit die Lebensqualität mindern, sondern auch für das gesamte Gesundheitssystem, da die Behandlung von Komplikationen wie postoperative Infektionen sehr kostenintensiv ist und die notwendige Gabe von Antibiotika zu höheren Resistenzraten beiträgt (83, 86).

3.2. Ziel der Masterarbeit

In dieser Masterarbeit wird evaluiert, ob es einen Unterschied in der Rate an Infektionen im Rahmen der Operation des Karpaltunnelsyndroms gibt, in Abhängigkeit, ob der Eingriff in der warmen Jahreszeit, definiert als der Zeitraum von 1.6. bis 15.9. oder in der kalten Jahreszeit , definiert als der Zeitraum von 16.9.-31.5. des jeweiligen Jahres, durchgeführt worden ist. Als

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Nebenzielparameter wird auch die Rate an postoperativen Wundheilungsstörungen in der warmen und kalten Jahreszeit bestimmt und analysiert, ob sich warme Temperaturen negativ auswirken. Allerdings wird nicht nur die Jahreszeit als möglicher Risikofaktor für ein häufigeres Auftreten von postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen untersucht, sondern auch das Patientenalter, das Geschlecht, der BMI, die Einnahme von thrombozytenaggregationshemmenden Medikamente oder oralen Antikoagulantien, Diabetes Mellitus, Nikotin- und Alkoholabusus, die Operationsseite und die Luftfeuchtigkeit. Dadurch ist es möglich, bestimmte Risikofaktoren auszumachen und sie gegeneinander abzuwägen mit dem Zweck bestimmte Patientengruppen zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko haben, eine der beiden Komplikationen zu bekommen. Somit besteht das Ziel dieser Studie, den jahreszeitlichen Einfluss zu analysieren, um künftig bei Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen höheren Lufttemperaturen bzw. der Jahreszeit und der Infektions- und Wundheilungsstörungsrate, durch eine individualisierte Planung des Operationszeitpunktes die Häufigkeit dieser beiden Komplikationen zu reduzieren. Ein weiteres Ziel der Studie ist es auszumachen, wie hoch das Risiko für eine Infektion/Wundheilungsstörung bei hohen Lufttemperaturen im Vergleich zu den anderen erwähnten Risikofaktoren ist, um so das Komplikationsrisiko für eine Operation in der warmen Jahreszeit abzuschätzen bzw. um bestimmte Risikogruppen auszumachen.

3.3. Fragestellung

Die Hauptzielgröße der Studie ist das postoperative Infektionsrisiko, die Nebenzielgröße ist das postoperative Risiko für Wundheilungsstörungen.

Die Forschungsfragen der Studie sind folgende:

• Kommt es zu höheren Raten an postoperativen Infektionen bei Operationen des Karpaltunnelsyndroms, wenn der Eingriff in der warmen Jahreszeit durchgeführt wird? • Kommt es zu höheren Raten an postoperativen Wundheilungsstörungen in der warmen Jahreszeit? • Welche weiteren Risikofaktoren gibt es für postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen bei der offenen Retinakulumspaltung? Welcher ist der größte Risikofaktor?

3.3.1. Nullhypothese Es gibt keinen jahreszeitlichen Einfluss für das Auftreten von postoperativen Wundinfektionen. 3.3.2. Alternativhypothese Es gibt einen jahreszeitlichen Einfluss für das Auftreten von postoperativen Wundinfektionen. 3.3.3. Sekundärhypothese Es gibt einen jahreszeitlichen Einfluss für das Auftreten von postoperativen Wundheilungsstörungen.

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3.4. Aktueller Wissensstand

In den folgenden Seiten soll ein kurzer Überblick über die bisherigen Untersuchungen bezüglich des saisonalen Einflusses auf die Infektions- und Wundheilungsstörungsrate gegeben werden. Dazu werden Studien aus unterschiedlichen Fachbereichen präsentiert. Inwieweit sich die Jahreszeit auf die postoperative Infektions- und Wundheilungsstörungsrate beim CTS auswirkt, gibt es meiner Recherche zufolge keine Studienergebnisse. Anschließend wird der bereits zuvor erwähnte, in einigen Studien aufgegriffene, „Julieffekt“ näher erklärt.

3.4.1. Studienlage Bisher wurden einige Studien zum saisonalen Einfluss auf Infektionen veröffentlicht, auf eine möchte ich aber genauer eingehen. Sie ist von besonderem Interesse für die in dieser Arbeit präsentierten Studie, da es sich um eine Analyse handelt, die ebenfalls am Linzer KUK MC III durchgeführt wurde. Die von Duscher et al. im Jahre 2018 veröffentlichte Studie untersuchte den saisonalen Einfluss auf die Infektionsrate nach unterschiedlichen plastischen bzw. ästhetischen Operationen, wie zum Beispiel Abdominoplastiken oder Mastopexien. Es wurden Daten von 602 Patientinnen und Patienten retrospektiv für den Zeitraum von 2009 bis 2015 ausgewertet. Von den 602 operierten Patientinnen und Patienten kam es bei 33 zu postoperativen Wundinfektionen, was einer Infektionsrate von 5,48% entspricht. Die Studie konnte ein signifikant höheres Infektionsrisiko während der Sommermonate (Juni-August) aufzeigen. Es kam es zu einem signifikanten Anstieg der Infektionsrate während der warmen Jahreszeit von 4,08% auf 10,29% (p=0.0071) und es konnte ein direkter Zusammenhang zwischen höheren Temperaturen und der postoperativen Infektionsrisiko dargelegt werden. Die Regressionsanalyse ergab ein 2,693-fach erhöhtes Risiko für eine Infektion, wenn die Operation in den warmen Sommermonaten durchgeführt wird, wodurch die Jahreszeit einen größeren Risikofaktor darstellt als Nikotinabusus, die Dauer des Krankenhausaufenthalts, die Operationszeit und dem BMI (15).

Neben der plastischen Chirurgie wurden auch in anderen Bereichen ähnliche Untersuchungen angestellt. So fanden Anthony et al. signifikant höhere Infektionszahlen während der Sommermonate bei der Implantation von Hüft- und Knietotalendoprothesen. Es konnte in der über 760 000 Fälle umfassenden Studie aufgezeigt werden, dass es unabhängig davon, ob die Patientin/der Patient Diabetes, Adipositas oder eine andere Komorbidität hatte, es in der warmen Jahreszeit zu signifikant höheren Infektionsraten nach diesen orthopädischen Operationen kommt (12). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Kane et al. In deren retrospektiven Studie zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Monaten Juli, August und September und der Inzidenz an Infektionen (sowohl oberflächliche Infektionen im Sinne einer Cellulitis als auch tiefe Infektionen) nach Implantationen von Knie- und Hüfttotalendoprothesen. Während in den Sommermonaten die Infektionsrate bei durchschnittlich 4,7% lag, so betrug sie im Herbst 2,4%, im Winter 1,5% und im Frühling 0,5% (19). Gruskay et al. untersuchten die postoperative Infektionsrate bei Operationen der Wirbelsäule und konnten einen signifikanten Anstieg (p=0,03) von Frühling auf Sommer feststellen, ähnliche Ergebnisse fanden auch Durkin et al., da sich auch in dieser Studie (Operationen der Wirbelsäule wurden aus einer großen Anzahl von Infektionen nach anderen Eingriff gesondert analysiert) ein signifikanter Zusammenhang (p=0,004) zwischen den warmen Sommermonaten und der Infektionsrate zeigen konnte (14).

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In der Pädiatrie bzw. der pädiatrischen Chirurgie weisen bereits vorliegende Untersuchungen ebenfalls auf einen saisonalen Einfluss hin. Wang et al. untersuchten die Rate an Haut- und Weichteilinfektionen mit MRSA in der warmen Jahreszeit bei Kindern und Jugendlichen, stellten einen Vergleich zum Rest des Jahres an und konnten höhere Infektionsraten mit einem Höhepunkt im frühen September feststellen (97). Die Evaluierung der Infektionsraten nach Implantation eines Liquorshunts bei 737 Kindern ergab zwar keine signifikant höheren Werte für postoperative Wundinfektionen (p=0,08), jedoch für postoperative Wundheilungsstörungen (p=0,05) (20).

Es wurden auch Studien, die nicht einem bestimmten Fachbereich zugeordnet sind, zu der Frage nach dem saisonalen Einfluss durchgeführt. Diese groß angelegten Studien mit einer Fallzahl von mehreren Tausend Operationen analysierten alle aufgetretenen postoperativen Wundinfektionen unterschiedlicher Fachgebiete. Die drei Studien, auf die ich mich hiermit beziehen will, zeigten signifikante Ergebnisse bezüglich einer höheren postoperativen Infektionsrate während der Sommermonate im Vergleich zum Rest des Jahres (11, 14, 16). Als Beispiel möchte ich an dieser Stelle die Studie von Anthony et al. aus dem Jahr 2017 anführen. Es konnte in dieser multizentrischen Studie mit über 200 000 Infektionsfällen der Monat August unabhängig von der geografischen Region, Alter und Geschlecht als Höhepunkt ausgemacht werden, so kamen im August 26,2% mehr postoperative Infektionen vor als im Jänner, welcher jenen Monat darstellte, in dem die wenigsten Infektionen auftraten (11).

Da in der Studie dieser Masterarbeit auch oberflächliche Infektionen miteinbezogen werden, möchte ich auch auf bisherige wissenschaftliche Untersuchungen bezüglich einer Cellulitis, also Infektionen der Kutis und Subkutis, näher eingehen. Sie werden vorwiegend von Gram-positiven Kokken, vor allem durch Staphylokokkus aureus, verursacht. Peterson et al. erkannten, je höher die Temperatur war, desto eher kam es zu einer oberflächlichen Infektion. Es kam es zu einem Risikoanstieg von 3,55%, wenn die Temperatur um 2,8°Celsius (C) anstieg. In einem heißen Juli mit einer Durchschnittstemperatur von mehr als 32°C würde somit das Risiko für eine Cellulitis sogar um 66,63% steigen gegenüber einem kalten Februar mit einer Durchschnittstemperatur von unter 4,4°C (24).

In der Literatur ist nicht nur ein saisonaler Einfluss auf postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen beschrieben, sondern auch auf systemische Infektionen, weshalb hier einige Studien beispielhaft genannt werden sollen. Al-Hasan et al. zeigen eine in den Monaten Juni bis September um 35% höhere Anzahl an systemischen Infektionen mit Escherichia coli als im restlichen Jahr, das Risiko stieg bei einer Zunahme der durchschnittlichen Monatstemperatur von 5,5°C um 7%. In 80% der Fälle gingen die Infektionen vom Urogenitaltrakt aus. Während Freeman et al. die Gründe für diesen saisonalen Anstieg eher multifaktoriell einschätzen, unter anderem durch verändertes menschliches Verhalten in den Sommermonaten, saisonale Veränderungen der bakteriellen Virulenz und der Immunfunktion bedingt, erklären sich Al-Hasan et al. dieses Ergebnis hauptsächlich über die höheren Temperaturen, da die Verdopplungsrate von Escherichia coli mit zunehmender Wärme steigt und seine optimale Umgebungstemperatur bei 35-36°C hat. Ähnliche Wachstumseigenschaften weist auch das Bakterium Klebsiella pneumoniae auf (9, 17). Um den jahreszeitlichen Einfluss auf Infektionen mit Klebsiella pneumoniae zu untersuchen, führten Anderson et al. eine Studie an Krankenhäusern in vier unterschiedlichen Kontinenten durch. Die Studie ergab eine 1,5-fach erhöhte Inzidenz (p=0,03)

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für Infektionen mit Klebsiella pneumoniae in den Monaten Juni bis September. Temperatur und Luftfeuchtigkeit stehen in einem linearen Verhältnis zu den Infektionszahlen (10). MacDonald et al. untersuchten den Zusammenhang der Jahreszeit und systemischen Infektionen und Pneumonien bei nosokomialen Infektionen mit dem Gram-negativen Bakterium Acinetobacter und auch hier wurden eindeutige Ergebnisse hinsichtlich eines Zusammenhangs präsentiert (22). Perencevich et al. kamen zu dem Ergebnis, dass es in den Sommermonaten zu signifikant höheren Raten an systemischen Infektionen mit den Gram-negativen Bakterien Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumanii, Enterobacter cloacae und Escherichia coli kommt, nicht jedoch mit Gram-positiven Bakterien wie Enterokokken und Staphylokokkus aureus (23). Da Staphylokokkus aureus der häufigste Erreger für postoperative Wundinfektionen ist (91), und Studien eine Häufung der postoperativen Wundinfektionen in den warmen Sommermonaten präsentieren (11–15, 18, 19), zeigt sich somit ein Unterschied hinsichtlich des jahreszeitlichen Zusammenhangs zwischen systemischen Infektionen und postoperativen Wundinfektionen. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass es sich bei Staphylokokkus aureus um ein Bakterium der physiologischen Hautflora handelt und es hauptsächlich zu einer lokalen Infektion kommt, wenn die Hautbarriere gestört ist, was auch bei Operationswunden der Fall ist. Durch die lokale Störung der Hautbarriere kommt es zu einer Freilegung von Fibronectin-Rezeptoren, welche diese Bakteriengattung neben Teichonsäure zur Adhäsion und letztlich zur Invasion und damit zur Infektion benötigt (21, 98). Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch in einem Review wider, in dem ein Zusammenhang zwischen hohen Temperaturen und der Rate an Infektionen der Haut und Subkutis, verursacht durch Staphylokokkus aureus, belegt wird. Leekha et al. untersuchten sämtliche Studien zum Thema des saisonalen Einflusses auf die Infektionsrate mit Staphylokokkus aureus und bei allen 10 Studien, die Infektionen der Kutis und Subkutis untersucht hatten, fand man einen saisonalen Einfluss (21). Somit scheint Staphylokokkus aureus zwar keinen saisonalen Einfluss auf systemische Infektionen, jedoch auf postoperative Infektionen zu haben.

3.4.2. Julieffekt Ein weiterer saisonaler Faktor ist neben der höheren Lufttemperatur der personelle Wechsel, insbesondere in Lehrkrankenhäusern während der Sommermonate. In dieser Zeit kommt es häufig zu großen personellen Rochaden, da vermehrt Famulaturen und Praktika stattfinden und neue Mitarbeiter aufgrund deren Studienabschlüssen ihren Dienst antreten. Aufgrund des unerfahrenen Personals kann es daher dazu kommen, dass sich Operationszeiten verlängern, es zu größeren Blutverlusten kommt, sterile Arbeitsbedingungen nicht adäquat eingehalten werden etc. und es dadurch zu höheren Komplikationsraten kommt (13, 18). Durch die zuvor erwähnte größere Anzahl an Famulaturen und Praktika erhöht sich auch die Anzahl an Personen, die sich im Operationssaal befinden. Dieser Faktor wurde bei orthopädischen Operationen untersucht und scheint eine Rolle spielen (99). Die Hypothese, dass es in den Sommermonaten aufgrund des neuen Personals zu mehr postoperativen Wundinfektionen kommt, auch bezeichnet als „Julieffekt“, wurde bereits in mehreren Studien untersucht. Während Gruskay et al. in ihrer Studie signifikante Ergebnisse für höhere Infektionsraten im Sommer und Herbst publizierten und dafür sowohl den „Julieffekt“, aber auch die wärmeren Temperaturen und höheren Werte für die Luftfeuchtigkeit während dieser Jahreszeit verantwortlich machen, konnten Banco et al. die Hypothese, dass es einen „Julieffekt“ bei Operationen von Rückenmarksverletzungen gibt, nicht verifizieren (13, 18). Auch

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Bakaeen et al. konnten keinen Anhaltspunkt zur Bestätigung dieser These aufzeigen (96). Da auch Anthony et al. diesen Umstand als sehr unwahrscheinlich ansehen, ist der „Julieffekt“ wohl eher zu hinterfragen (11).

3.5. Methodik

Bei der in dieser Masterarbeit präsentierten Studie handelt sich um eine retrospektive Kohortenstudie, bei der alle offenen Retinakulumspaltungen, welche infolge eines primären Karpaltunnelsyndroms im Zeitraum von 5 Jahren (2014-2018) in der Klinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie des Kepler Universitätsklinikums Linz Med Campus III durchgeführt worden waren, analysiert wurden. Alle Patientendaten wurden dem Krankenhausinformationssystem (KIS) entnommen. Anhand der Nachbehandlungsberichte konnte erhoben werden, ob postoperativ Wundinfektionen oder Wundheilungsstörungen aufgetreten sind. Infektionen wurden definiert durch klinische Parameter wie Rötung, Schwellung, Schmerz, Überwärmung, Fieber, purulente Exsudation, laborchemische Indikatoren wie Leukozytose, Erhöhung des CRP, wenn eine antibiotische Therapie eingeleitet wurde und gegebenenfalls durch ein kulturell verifiziertes Bakterienwachstum nach einem durchgeführten Wundabstrich. Als Wundheilungsstörung wurden alle Fälle definiert, bei denen es zu Wunddeshiszenzen aufgrund eines inadäquaten Heilungsprozesses kam, insbesondere auch bei Wundsekretion und Mazerationen. Durch Aufklärungsbögen und andere im KIS gespeicherten Dokumente wie zum Beispiel Operationsberichte und Arztbriefe konnten die übrigen Daten (Alter, Operationsseite, Größe, Gewicht, Einnahme von thrombozytenaggregationshemmenden Medikamente oder oralen Antikoagulantien, Diabetes Mellitus, Nikotin- und Alkoholabusus) ermittelt werden. Die durchschnittliche Lufttemperatur an den einzelnen Tagen und die relative Luftfeuchtigkeit um 14 Uhr für den Standort Linz konnten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) entnommen werden.

3.5.1. Patientenkollektiv 1385 Patientinnen und Patienten erfüllten die Einschlusskriterien in die Studie. 254 Patientinnen und Patienten wurden zweimal operiert, wodurch sich eine Gesamtzahl von 1639 Fällen ergibt. 1066 (65%) sind davon weiblich, 573 (35%) sind davon männlich. Zur Studie wurden ausschließlich Patientinnen und Patienten zugelassen, bei denen aufgrund eines klinisch und elektroneurographisch gesicherten, primären Karpaltunnelsyndroms die Indikation zur offenen Dekompression des Karpalkanals gestellt wurde, ausreichend Informationen über den Behandlungsverlauf im KIS vorzufinden war, sowie keine der folgenden Ausschlusskriterien bestand. Ausschlusskriterien für die Studie waren Rezidivoperationen, da bei erneuten Eingriffen aufgrund von Verwachsungen die Operationsdauer ansteigt und der Eingriff technisch anspruchsvoller und traumatischer ablaufen kann. Da deshalb das Infektions- bzw. Wundheilungsstörungsrisiko steigen kann, wurden Rezidivoperationen in der Studie nicht berücksichtigt. Auch posttraumatisch bedingte Karpaltunnelsyndrome wurden nicht in die Studie aufgenommen, da in diesen Fällen weitere Gewebsverletzungen und verschmutzte Wunden vorkommen können, welche das Risiko einer Infektion erhöhen, und möglicherweise sind auch größere Zugänge zum Operationssitus notwendig. Größere Wundflächen weisen ein erhöhtes

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Infektionsrisiko auf, weshalb posttraumatisch bedingte Karpaltunnelsyndrome nicht berücksichtigt wurden, um so einer Verfälschung des Ergebnisses vorzubeugen. Weiters wurden Patientinnen und Patienten nicht in der Studie aufgenommen, wenn zeitgleich ein anderer Eingriff (wie z.B. Ringbandspaltungen, Ganglionexstirpationen, Granulomentfernungen) durchgeführt wurde, da auch in diesem Fall die Operationsdauer ansteigt und zudem größere Wundflächen entstehen. Ein weiterer Ausschlussgrund waren fehlende Informationen bzw. wenn es nicht möglich war, die notwendigen Daten zu erheben, beispielsweise wenn in der Patientenakte kein Operationsbericht oder Aufklärungsbogen vorzufinden war.

3.5.2. Statistische Methoden Alle statistischen Verfahren wurden mittels IBM® SPSS Statistics Version 24 durchgeführt. Demographische Daten wurden durch Standardverfahren der deskriptiven Statistik ausgewertet. Metrische Variablen wurden auf Normalverteilung getestet. Normalverteilte Daten werden als Mittelwert (+/- Standardabweichung), nicht normalverteilte Daten werden als Median (Interquartilabstand Q1 – Q3) dargestellt. Zur Überprüfung der Hypothese, d.h. ob ein Zusammenhang zwischen Jahreszeit und Infektionsrisiko besteht, wurde ein Chi-Quadrat-Test angewandt, ebenso wurde ein Chi-Quadrat- Test zur Überprüfung der sekundären Hypothese, des Zusammenhangs zwischen Jahreszeit und Wundheilungsstörung, verwendet. Der Zusammenhang zwischen tiefen Infektionen mit nachfolgender Revisionsoperation und der Jahreszeit wird aufgrund der geringen Fallzahl anstatt des Chi-Quadrat-Tests mittels des exakten Tests nach Fisher durchgeführt. Inwieweit die weiteren Faktoren (durchschnittliche Monatstemperatur, durchschnittliche Tagestemperatur, durchschnittliche monatliche Luftfeuchtigkeit, Diabetes Mellitus, BMI, Einnahme von thrombozytenaggregationshemmenden Medikamenten und oralen Antikoagulantien, Alkoholabusus, Nikotinabusus, Alter, Operationsseite, Geschlecht) die Häufigkeit von postoperativen Infektionen bzw. Wundheilungsstörungen beeinflussen, wurde mittels einer binären logistischen Regressionsanalyse bestimmt und anschließend als Odds Ratio angegeben.

Alle ermittelten p-Werte sind zweiseitig, kleinere p-Werte als 0,05 zeigen aufgrund des retrospektiv-explorativen Charakter der Studie nur Tendenzen auf.

3.5.3. Stellungnahme der Ethikkommission

Alle in dieser Studie durchgeführten Methoden erfüllen ethische Standards und sind im Einklang mit den Anforderungen der Ethikkommission des Landes Oberösterreich (Studiennummer 1230/2019).

3.6. Ergebnisse

In den folgenden Seiten wird zunächst die deskriptive Statistik erläutert. Anschließend werden auch die Ergebnisse aus der explorativen Datenanalyse dargelegt.

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3.6.1. Deskriptive Statistik Das Patientenkollektiv, das retrospektiv untersucht worden war, bestand aus insgesamt 1385 Personen. Davon wurden 254 Patientinnen und Patienten zweimal operiert, was eine Gesamtzahl von 1639 Fällen ergibt. Daraus sind 1066 (65%) weiblich, 573 (35%) sind davon männlich. Wie auch in Tabelle 1 ersichtlich fanden in der warmen Jahreszeit 429 Operationen statt, was 26,2% aller Eingriffe ausmacht, in der kalten Jahreszeit fanden 1210 Operationen statt (73,8%). Die warme Jahreszeit wurde anhand der vom ZAMG bereitgestellten Wetterdaten definiert als der Zeitraum von 1.6. bis 15.9, der Zeitraum von 16.9. bis 31.5. des jeweiligen Jahres stellt demnach die kalte Jahreszeit dar.

Geschlecht Warme Jahreszeit Kalte Jahreszeit Gesamt Männlich 144 (33,6%) 429 (35,5%) 575 (35%) Weiblich 285 (66,4%) 781 (64,5%) 1067 (65%) Gesamtzahl pro 429 (100%) 1210 (100%) Jahreszeit

Tabelle 1 Geschlechterverteilung in den einzelnen Kohorten

Sowohl das Alter zum Zeitpunkt der Operation als auch der BMI des Patientenkollektivs war gemäß des Shapiro-Wilk-Tests nicht normalverteilt, weshalb an dieser Stelle neben dem Durchschnittswert (und Standardabweichung) auch der Median (und Interquartilabstand) angegeben wird.

Alter: Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Operation betrug 61,9 Jahre (±15,3), der Median war 60,9 Jahre (51,3-75,1). Die Spannweite ist mit 75,6 Jahren groß, so war der älteste Patient zum Operationszeitpunkt 94 Jahre alt, die der jüngste Patient 18 Jahre. Das durchschnittliche Alter bei der Operation in der warmen Jahreszeit betrug 63,7 Jahre (±15,8), der Median lag bei 64,81 Jahre (51,8-76,9). In der kalten Jahreszeit lag das durchschnittliche Alter bei der Operation bei 61,28 Jahre (±15,2), der Median lag bei 59,5 Jahren (51,2-74,6). Tabelle 2 zeigt eine Kategorisierung des Patientenalters bei der Operation (<50/>50 Jahre).

Alter bei der <50 Jahre >50 Jahre Gesamtzahl pro Operation Geschlecht Männlich 106 (28,6%) 467 (36,8%) 573 (35%) Weiblich 264 (71,4%) 802 (63,2%) 1066 (65%) Gesamtzahl pro 370 (100%) 1269 (100%) Altersgruppe

Tabelle 2 Patientenalter bei der Operation

BMI: Der durchschnittliche BMI zum Zeitpunkt der Operation betrug 28,87 (±5,6), der Median war 28,04 (25-31,88). Der BMI betrug in der warmen Jahreszeit durchschnittlich 29,18 Jahre (±6,2), der Median lag bei 28 (25-32,3). In der warmen Jahreszeit lag der durchschnittliche BMI zum Zeitpunkt der Operation bei 29,17 (±6,2), der Median lag bei 28,04 (25-32,3). Der BMI lag in der kalten Jahreszeit bei durchschnittlich 28,7 (±5,4), der Median lag bei 28 (25-31,6).

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In Tabelle 3 ist eine Kategorisierung des BMI (<30/>30) dargestellt.

BMI BMI <30 BMI >30 Gesamtzahl pro Geschlecht Männlich 363 (34,4%) 210 (36%) 573 (35%) Weiblich 692 (65,6%) 374 (64%) 1066 (65%) Gesamtzahl 1055 (100%) 584 (100%)

Tabelle 3 BMI der Patientinnen und Patienten

Infektionen: Insgesamt kam es in 1639 Operationen zu 39 (2,4%) Infektionen, wobei hier alle Schweregrade miteingerechnet sind, d.h. sowohl oberflächliche als auch tiefe Infektionen und jene, bei denen anschließend eine infektionsbedingte Revisionsoperation erforderlich war. Es gab 20 oberflächliche Infektionen, was einer Rate von 1,2% von der Gesamtzahl an durchgeführten Operationen entspricht. Zudem wurden 11 (0,7%) tiefe Infektionen und 8 (0,5%) Revisionen aufgrund von postoperativen Infektionen verzeichnet. Somit machen oberflächliche Infektionen etwas mehr als die Hälfte aller registrierten Infektionen aus. In der warmen Jahreszeit gab es insgesamt 14 Infektionen, was bei 429 Operationen eine Infektionsrate von 3,3% ausmacht. Von diesen 14 Infektionen waren 9 oberflächlich, 4 tief und eine mit nachfolgender Revisionsoperation. In der kalten Jahreszeit gab es somit bei insgesamt 1210 Operationen 25 Infektionen, was einer Rate von 2,1% entspricht. Die 25 Infektionen setzen sich aus 11 oberflächlichen und 7 tiefen Infektionen und 7 Revisionen zusammen. Die untenstehende Tabelle gibt eine Übersicht über die aufgetretenen Infektionen und ihre relativen Häufigkeiten.

Infektion Warme Jahreszeit Kalte Jahreszeit Gesamt Oberflächliche 9 (64,3%) 11 (44%) 20 (51,2%) Infektion Tiefe Infektion 4 (28,6%) 7 (28%) 11 (28,2%) Revision 1 (7,1%) 7 (28%) 8 (20,5%) Infektion gesamt 14 (100%) 25 (100%) 39 (100%)

Tabelle 4 Übersicht über die erfassten Infektionen

Wundheilungsstörungen: Insgesamt wurden 115 Wundheilungsstörungen beobachtet, was einer Rate von 7% entspricht. Von diesen 115 Wundheilungsstörungen kamen 41 in der warmen Jahreszeit vor, was einer Wundheilungsstörungsrate von 9,6% entspricht. In der kalten Jahreszeit kam es zu 74 Wundheilungsstörungen, was einer Rate von 6,1% entspricht.

Operationsseite: Bei 911 Operationen (55,6%) wurde die rechte, in 728 Fällen (44,4%) die linke Seite operiert. Tabelle 5 zeigt eine Auflistung nach Operationsseite und zusätzlich nach Jahreszeit.

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Operationsseite Warme Jahreszeit Kalte Jahreszeit Gesamt Rechts 233 (54,3%) 678 (56,0%) 911 (55,6%) Links 196 (45,7%) 532 (44,0%) 728 (44,4%)

Tabelle 5 Überblick über die Häufigkeit der Operationsseiten

Alkoholabusus: Insgesamt wurde in 115 Fällen (entspricht 7% aller Fälle), in der warmen Jahreszeit in 25 (5,8% aller Fälle in der warmen Jahreszeit), in der kalten Jahreszeit in 90 (7,4% aller Fälle in der kalten Jahreszeit) Fälle ein Alkoholabusus verzeichnet.

Nikotinabusus: Insgesamt waren 313 (19,1%) Fälle, in der warmen Jahreszeit 88 (20,5%) und in der kalten Jahreszeit 225 (18,6%) Raucher.

Einnahme von thrombozytenaggregationshemmenden Medikamenten oder Antikoagulantien: Insgesamt wurde diese Medikation in 363 (22,1%), in den Sommermonaten in 109 (25,4%) und in den kalten Monaten in 254 (21%) Fällen eingenommen.

Diabetes Mellitus: Insgesamt gab es 195 (11,9%), in den Sommermonaten 59 (13,8%) und in der kalten Jahreszeit 136 (11,2%) Fälle von Diabetes Mellitus.

Lufttemperatur: Die durchschnittliche Lufttemperatur am Standort Linz für den Zeitraum von 2014 bis 2018 betrug 11,58°C (±8,05). Hinsichtlich der durchschnittlichen Tagestemperatur betrug die Spannweite 36,6°C, die Minimaltemperatur wurde am 28. Februar 2018 mit -7,8°C gemessen, die Maximaltemperatur am 22. Juli 2015 mit 28,8°C. In der warmen Jahreszeit betrug der Mittelwert 20,86°C (±3,81), in der kalten Jahreszeit 8,28°C (±6,42).

Luftfeuchtigkeit: Die durchschnittliche Luftfeuchtigkeit um 14 Uhr am Standort Linz, wurde katgeorisiert für Tage mit einer Luftfeuchtigkeit von über bzw. unter 50%, sowohl für die warme als auch für die kalte Jahreszeit und auf den gesamten Zeitraum gesehen. In Tabelle 6 ist ein Überblick dargestellt, an wie vielen Tagen der jeweiligen Jahreszeit es über bzw. unter 50% Luftfeuchtigkeit hatte, in Klammer sind die relativen Werte angegeben. Tabelle 7 und Darstellung 1 zeigen einen Überblick über die durchschnittliche Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit am Standort Linz in den jeweiligen Monaten für den Zeitraum von 2014-2018 und die dazugehörige Anzahl an Infektionen und Wundheilungsstörungen.

Luftfeuchtigkeit Warme Jahreszeit Kalte Jahreszeit Gesamt Über 50% 167 (38,9%) 893 (73,8%) 1060 (64,7%) Unter 50% 262 (61,1%) 317 (26,2%) 579 (35,3%) Gesamt 429 (100%) 1210 (100%) 1639 (100%)

Tabelle 6 Überblick über die Luftfeuchtigkeit in der warmen und kalten Jahreszeit

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Monat Durchschnittliche Durchschnittliche Anzahl Anzahl Wund- Temperatur in °C Luftfeuchtigkeit Infektionen heilungsstörungen in % Jänner 1,34 76,97 2 9 Februar 3,45 66,72 3 6 März 7,49 54,32 5 8 April 12,29 49,19 0 11 Mai 16,33 54,24 3 5 Juni 20,24 48,33 4 15 Juli 21,99 48,44 4 13 August 21,67 50,55 4 7 September 16,69 59,15 2 16 Oktober 11,85 67,58 4 12 November 6,06 74,52 6 10 Dezember 3,03 78,20 2 3

Tabelle 7 Durchschnittliche Temperatur und Luftfeuchtigkeit der einzelnen Monate über den Zeitraum von 2014-2018 mit der Gesamtzahl von Infektionen und Wundheilungsstörungen in den jeweiligen Monaten

Saisonaler Einfluss auf die Infektions und Wundheilungsstörungsrate 25

20

15

10

5

0

Infektionen Wundheilungsstörungen Temperatur

Figure 1 Rate an postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen im Vergleich zur monatlichen Durchschnittstemperatur (in Grad Celsius)

3.6.2. Explorative Statistik Im Rahmen der explorativen Datenanalyse wurde zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Jahreszeit und der postoperativen Infektionsrate nach Operationen des Karpaltunnelsyndroms sowie zur Analyse der Korrelation der Jahreszeit und der Wundheilungsstörungsrate ein Chi-Quadrat-Test eingesetzt. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen warmer bzw. kalter Jahreszeit und der Rate an infektionsbedingter Revisionsoperationen wurde aufgrund der geringen Anzahl an Revisionen der Exakte Test nach

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Fisher verwendet. Alle angegebenen p-Werte sind 2-seitig. Wie schon weiter oben erwähnt definiert sich die warme Jahreszeit als der Zeitraum von 1.6. bis zum 15.9. des jeweiligen Jahres.

3.6.2.1. Zusammenhang zwischen der Jahreszeit und der postoperativen Infektionsrate Bei insgesamt 39 postoperativen Infektionen im Zeitraum von 2014 bis 2018 gab es 25 in der kalten und 14 Infektionen der warmen Jahreszeit. Somit kamen 64,1% aller Infektionen in der kalten und 35,9% in der warmen Jahreszeit vor. Über den gesamten Zeitraum betrachtet ergeben 39 Infektionen bei 1639 Operationen eine Infektionsrate von 2,4%, wobei hier sowohl oberflächliche als auch tiefe Infektionen miteingerechnet sind. Innerhalb der kalten Jahreszeit liegt die Infektionsrate bei 2,1%, in der warmen Jahreszeit bei 3,3%. Das entspricht einer Zunahme der Infektionsrate um 63,6% und einem Relativen Risiko von 1,6 (p=0,162) bei einer Operation im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. September.

3.6.2.2. Zusammenhang zwischen der Jahreszeit und der Rate an infektionsbedingten Revisionsoperationen In 8 Fällen war es erforderlich, eine Revisionsoperation aufgrund einer schweren postoperativen Infektion durchzuführen, was insgesamt einer Rate von 0,5% entspricht. Davon waren 7 Revisionen in der kalten Jahreszeit und 1 Revision in der warmen Jahreszeit, wodurch sich für die kalte Jahreszeit eine Rate von 0,6% und für die warme Jahreszeit von 0,2% ergibt. Somit beträgt das Relative Risiko bei einer Operation in der warmen Jahreszeit 0,4 (p=0,689).

3.6.2.3. Zusammenhang zwischen der Jahreszeit und der postoperativen Rate an Wundheilungsstörungen Im Zeitraum von 2014 bis 2018 traten von den insgesamt 115 beobachteten Wundheilungsstörungen 41 in der warmen Jahreszeit auf, wodurch sich innerhalb der warmen Jahreszeit eine Wundheilungsstörungsrate von 9,6% ergibt. Innerhalb der kalten Jahreszeit kam es zu 74 Wundheilungsstörungen, was aufgrund der größeren Fallzahl in der kalten Jahreszeit jedoch nur zu einer relativen Häufigkeit von 6,1% führt (siehe Tabelle 8). In der warmen Jahreszeit traten somit relativ gesehen 63% mehr Wundheilungsstörungen auf, bei einer Operation in der warmen Jahreszeit besteht ein Relatives Risiko von 1,56. Ein p-Wert von 0,016 zeigt, dass es zwar einen Zusammenhang gibt, er fällt aber mit einer Effektstärke von 0,059 nach Cramer-V eher schwach aus.

Wundheilungsstörung Warme Jahreszeit Kalte Jahreszeit Gesamt 2014- 2018 Wundheilungsstörung 41 (35,65% aller 74 (64,34% aller 115 Wundheilungsstörungen/9,6% Wundheilungsstörungen/ (100%) aller Wundheilungsstörungen 6,1% aller in der warmen Jahreszeit) Wundheilungsstörungen in der kalten Jahreszeit) Keine 388 (25,5%/90,4%) 1136 (74,5%/93,9%) 1524 Wundheilungsstörung (100%)

Tabelle 8 Zusammenhang zwischen Jahreszeit und der Rate an postoperativen Wundinfektionen

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3.6.3. Regressionsanalysen Es wurden binäre logistische Regressionsanalysen für die Variablen Infektion, infektionsbedingte Revisionsoperation (folgend nur noch als Revision bezeichnet) und Wundheilungsstörung durchgeführt. Während schon zuvor in den Chi-Quadrat-Tests bzw. dem Exakten Test nach Fisher der Zusammenhang zwischen der warmen Jahreszeit und dem Auftreten von postoperativen Infektionen, Wundheilungsstörungen und Revisionen analysiert wurde, wird in den folgenden Analysen unter anderem untersucht, ob die Temperatur einen direkten Einfluss hat. Für die Variablen Infektion und Wundheilungsstörung wurden für folgende Kovariablen der p- Wert, die Odds Ratio (OR) und das 95%-Konfidenzintervall bestimmt:

• Durchschnittliche Monatstemperatur: Um den Effekt der Temperatur auf die Rate von postoperativen Infektionen, Wundheilungsstörungen und Revisionen unabhängig von tagesabhängigen Schwankungen beurteilen zu können, werden die einzelnen Werte der täglichen Durchschnittstemperaturen zu einer Monatstemperatur gemittelt und anhand dieser Analysen angestellt. • Durchschnittliche Temperatur am Operationstag: Dabei handelt es sich um die durchschnittliche Temperatur in Grad Celsius am Standort Linz über 24 Stunden. • Durchschnittliche monatliche Luftfeuchtigkeit: Es werden die Werte der relativen Luftfeuchtigkeit am Standort Linz zum Zeitpunkt 14 Uhr zu einem monatlichen Durchschnittswert zusammengefasst, damit die Analyse gegen tagesabhängige Schwankungen stabiler ist. • Patientenalter bei der Operation • BMI der Patientin/des Patienten zum Zeitpunkt der Operation • Geschlecht: Die p-Werte, OR und 95%-Konfidenzintervalle werden für das männliche Geschlecht angegeben. • Operationsseite: Hier wurden die Werte bzw. die Risikoerhöhung für den Fall berechnet, dass die rechte Hand der Patientin/des Patienten operiert worden war. • Alkoholabusus • Nikotinabusus • Einnahme von oralen Antikoagulantien oder thrombozytenaggregationshemmenden Medikamenten (weiters als OAK/TASS bezeichnet) • Diabetes Mellitus

Für die Variable Revision wurden dieselben Kovariablen analysiert, jedoch mit einer Ausnahme. Die Kovariable Alkoholabusus wurde nicht in die Regressionsanalyse miteinbezogen, da der Regressor zu klein ist.

Eine OR mit einem Wert um 1 bedeutet, dass das Vorliegen des jeweiligen Faktors keinen Einfluss hat, eine OR > 1 zeigt einen negativen Einfluss, eine OR < 1 zeigt einen positiven (präventiven) Einfluss. Um beurteilen zu können, ob der Effekt tatsächlich eine statistische Signifikanz aufweist, bzw. man ausschließen kann, dass der Effekt zufällig zustande gekommen ist, müssen der p-Wert und das Konfidenzintervall beurteilt werden. Nimmt einer der p-Werte einen Wert von <0,05 an, spricht dies für eine statistische Signifikanz, das Konfidenzintervall zeigt die Variabilität (100). Da diese Studie einen rein explorativen, retrospektiven Charakter aufweist, darf jedoch nicht von Signifikanz gesprochen werden, viel eher werden Tendenzen

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bzw. ein Trend aufgezeigt, dass bestimmte Kovariablen einen Effekt auf die Zielvariable haben könnten. 3.6.3.1. Postoperative Infektion Die binäre logistische Regressionsanalyse für die Zielvariable Infektion zeigte keine Ergebnisse, aus denen man eine Erhöhung des Risikos für postoperative Infektionen ableiten könnte, wenn einer der Faktoren vorliegt. Eventuell könnte das männliche Geschlecht mit einem höheren Risiko assoziiert sein, da die OR 1,953 beträgt, das Ergebnis aber statistisch nicht signifikant ist (p=0,052). In der folgenden Tabelle sind die p-Werte, 95%-Konfidenzintervalle und OR für die einzelnen Regressoren angegeben.

Kovariable p-Wert Konfidenzintervall Odds Ratio Durchschnittliche 0,061 0,997-1,123 1,058 Monatstemperatur Durchschnittliche 0,39 0,997-1,123 0,971 Temperatur am Operationstag Durchschnittliche 0,49 0,976-1,052 1,013 monatliche Luftfeuchtigkeit Patientenalter 0,34 0,987-1,038 1,012 BMI 0,80 0,932-1,056 0,992 Männliches 0,052 0,995-3,836 1,953 Geschlecht Operationsseite 0,41 0,681-2,540 1,315 (rechte Hand) Alkoholabusus 0,39 0,565-4,254 1,551 Nikotinabusus 0,77 0,339-2,252 0,873 OAK/TASS 0,45 0,306-1,693 0,72 Diabetes Mellitus 0,43 0,183-2,084 0,617

Tabelle 9 Regressionsanalyse der Zielvariable Infektion

3.6.3.2. Infektionsbedingte Revisionsoperationen Anders als bei der Zielvariable Infektion konnte ein direkter kausaler Zusammenhang von infektionsbedingten Revisionsoperationen und dem Patientenalter gefunden werden. Zudem besteht Grund zur Annahme, dass auch die durchschnittliche monatliche Luftfeuchtigkeit einen Einfluss ausübt. Steigendes Alter der Patientin/des Patienten zum Zeitpunkt der Operation weist bei einem p- Wert von 0,017 eine OR von 1,101 (CI: 1,017-1,192) auf. Das bedeutet, dass es mit jedem Jahr, das die Patientin/der Patient zum Operationszeitpunkt älter ist, zu einem 1,101-fach erhöhten Risiko kommt, eine so schwerwiegende Infektion zu bekommen, die eine Revisionsoperation erfordert. Auch die relative, über das Monat gemittelte Luftfeuchtigkeit scheint eine Rolle zu spielen, so kommt es mit jedem Prozent zu einer 1,113-fach erhöhten Chance (p-Wert=0,038; 95%-CI: 1,006-1,232).

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Tabelle 10 zeigt einen Überblick über die p-Werte, Odds Ratios und 95%-Konfidenzintervalle.

Kovariable p-Wert Konfidenzintervall Odds Ratio Durchschnittliche 0,32 0,939-1,214 1,067 Monatstemperatur Durchschnittliche 0,71 0,826-1,139 0,97 Temperatur am Operationstag Durchschnittliche 0,038 1,006-1,232 1,113 monatliche Luftfeuchtigkeit Patientenalter 0,017 1,017-1,192 1,101 BMI 0,75 0,886-1,181 1,023 Männliches 0,98 0,230-4,515 1,019 Geschlecht Operationsseite 0,53 0,367-6,926 1,594 (rechte Hand) Nikotinabusus 0,58 0,197-17,717 1,87 OAK/TASS 0,58 0,342-6,641 1,506 Diabetes Mellitus 0,33 0,417-12,879 2,316

Tabelle 10 Regressionsanalyse der Zielvariable Revision

3.6.3.3. Postoperative Wundheilungsstörungen Als dritte Zielvariable wurde die Rate an postoperativen Wundheilungsstörungen untersucht. Auch hier konnten in der Regressionsanalyse Faktoren ausgemacht werden, die einen Einfluss haben. Die durchschnittliche Monatstemperatur weist einen p-Wert von 0,002 bei einem 95%- Konfidenzintervall von 1,025-1,116 auf. Die Odds Ratio von 1,07 bedeutet, dass sich das Risiko, eine postoperative Wundheilungsstörung zu entwickeln, bei einem Anstieg von 1°C hinsichtlich der Temperatur, die über das Monat durchschnittlich herrscht, um das 1,07-fache erhöht. Auch das Geschlecht übt offensichtlich einen Einfluss auf die Rate an postoperativen Wundheilungsstörungen aus. Bei Männern bestand eine 1,526-fache Risikoerhöhung für die Entwicklung einer Wundheilungsstörung (p-Wert=0,041; CI=1,017-2,291). In Tabelle 11 sind die p-Werte, 95%-Konfidenzintervalle und OR für die einzelnen Regressoren angegeben.

Kovariable p-Wert Konfidenzintervall Odds Ratio Durchschnittliche 0,002 1,025-1,116 1,07 Monatstemperatur Durchschnittliche 0,21 0,932-1,016 0,973 Temperatur am Operationstag Durchschnittliche 0,41 0,987-1,033 1,01 monatliche Luftfeuchtigkeit

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Patientenalter 0,95 0,986-1,015 1 BMI 0,55 0,977-1,045 1,01 Männliches 0,041 1,017-2,291 1,526 Geschlecht Operationsseite 0,96 0,674-1,459 0,992 (rechte Hand) Alkoholabusus 0,85 0,523-2,178 1,067 Nikotinabusus 0,11 0,912-2,409 1,482 OAK/TASS 0,25 0,431-1,246 0,733 Diabetes Mellitus 0,57 0,657-2,141 1,186

Tabelle 11 Regressionsanalyse der Zielvariable Wundheilungsstörung

3.7. Diskussion

Bereits einige Studien liegen zur Beschreibung des saisonalen Einflusses auf postoperative Infektionen (11, 12, 14–16, 19, 97) und systemische Infektionen (9, 10, 17, 22, 23) vor. Zwar wurden bereits etliche Risikofaktoren für das Auftreten postoperativer Infektionen bei der Operation des Karpaltunnelsyndroms ausgemacht, wie zum Beispiel Adipositas, hohes Alter, männliches Geschlecht, Nikotin- und Alkoholkonsum und Diabetes Mellitus (8). Ob ein saisonaler Einfluss besteht, wurde bisher allerdings noch nicht untersucht. Anhand der Studie, welche im Rahmen dieser Masterarbeit durchgeführt wurde, zeigte sich, dass das Risiko einer postoperativen Infektion im Rahmen der Operation des Karpaltunnelsyndroms wahrscheinlich in keinem Zusammenhang mit der Jahreszeit oder steigenden Temperaturen steht. Auch die weiteren untersuchten Parameter zeigten in dieser Studie keinen statistisch signifikanten Effekt auf die Rate von postoperativen Wundinfektionen. Bei der Analyse tiefer Infektionen mit nachfolgender infektionsbedingter Revisionsoperation offenbarte sich eine Risikogruppe – Patientinnen und Patienten höheren Alters. Es kommt zu einer OR von 1,101 bei einer Erhöhung des Alters um ein Jahr zum Zeitpunkt der Operation (p=0,017). Dieses Ergebnis mag zwar statistisch signifikant sein, die klinische Relevanz ist allerdings zu hinterfragen, da der Großteil der Patientinnen und Patienten mit einem Karpaltunnelsyndrom ein bereits fortgeschrittenes Lebensalter erreicht hat. Die statistische Analyse zeigte zudem, dass eine höhere relative Luftfeuchtigkeit einen negativen Effekt auf die Rate dieser Komplikation hat. Gruskay et al. beschrieben ebenfalls in ihrer Studie, dass eine höhere relative Luftfeuchtigkeit im Zusammenhang mit einer gesteigerten postoperativen Infektionsrate steht. Diese Studie wurde an der Thomas Jefferson University in Philadelphia, Pennsylvania, durchgeführt, wo im Sommer heißes Wetter mit hoher Luftfeuchtigkeit herrscht (18). In Österreich herrschen jedoch im Sommer heiße Temperaturen bei einer gleichzeitig niedrigen Luftfeuchtigkeit. Da es keinen Hinweis auf einen Zusammenhang mit der Temperatur gibt und auch kein Anstieg der Fallzahlen während der warmen Jahreszeit auszumachen war, besteht hier somit wohl keine Korrelation der Revisionsrate mit der Saison. Welche Rolle die Luftfeuchtigkeit bei der Entstehung von postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen einnimmt, scheint unklar, da beispielsweise Elegbe von einem höheren Infektionsrisiko ausgeht, wenn heiße Temperaturen mit einer niedrigen Luftfeuchtigkeit herrschen (101). Eine mögliche Erklärung für die Unabhängigkeit oberflächlicher und tiefer Infektionen von saisonalen Einflüssen könnte die kleine Wundfläche sein. Werden schwerwiegendere Eingriffe durchgeführt, die mit einer größeren Wunde einhergehen wie zum Beispiel in der plastischen

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Chirurgie (15) und der Orthopädie, insbesondere bei der Implantation von Knie- und Hüfttotalendoprothesen (11, 19), so zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Rate an postoperativen Infektionen und der Jahreszeit. Anthony et al. zeigten, dass eine Berücksichtigung des saisonalen Einflusses und eine Optimierung des Zeitpunktes von elektiven Operationen sinnvoll sein kann, nicht nur, um die Zahl an Infektionen und damit den Leidensdruck der Patientinnen und Patienten zu reduzieren, sondern auch, um dem Gesundheitssystem Kosten zu ersparen. In dieser Publikation wird beispielhaft genannt, dass es mit einer 25%igen Reduktion der Operationszahl in den risikoreichsten Monaten zu einer mindestens 20%igen Verringerung postoperativer Infektionen kommen kann (11). Kane et al. empfehlen zudem, in der warmen Jahreszeit noch mehr auf eine hygienische bzw. sterile Arbeitsweise zu achten und sehr aufmerksam in der postoperativen Nachbehandlung hinsichtlich Infektionssymptomen zu sein (19). Da sich aber in der Studie dieser Masterarbeit keine Anhaltspunkte finden lassen, dass eine Berücksichtigung der Jahreszeit einen klinischen Effekt in Form niedrigerer Infektionszahlen bei der Operation des Karpaltunnelsyndroms hervorbringen kann, kann man wohl davon absehen, deshalb Veränderungen hinsichtlich des Operationszeitpunkt vorzunehmen. Selbst wenn es einen Einfluss gäbe, wäre es zu hinterfragen, ob es auch klinisch relevant ist. Schließlich traten bei insgesamt 1639 Fällen nur 8 so schwerwiegende Infektionen auf, welche nur durch eine erneute Operation kontrolliert werden konnten. Welche Optionen gäbe es noch, um eine weitere Reduktion dieser bereits sehr niedrigen Infektionsrate zu erreichen? Derzeit wird im KUK MC III die offene Spaltung des Karpaldaches mittels einer etwa 3 cm langen Inzision durchgeführt. Mardanpour et al. publizierten im Jahr 2019 eine Studie, die die Effektivität und Sicherheit einer 1,5 cm langen Miniinzision evaluierte. In insgesamt 300 Fällen kam es zu keiner einzigen Infektion bei gleichzeitig guten funktionellen Ergebnissen. Ob diese weitere Reduktion der Invasivität dieses Eingriffs jedoch tatsächlich einen Vorteil bringt, müssen wahrscheinlich noch weitere Untersuchungen klären (72). Ob eine perioperative Antibiose bei Operationen des Karpaltunnelsyndroms eine Reduktion der Infektionszahlen bewirken kann, wurde bereits untersucht. Die antibiotische Abschirmung konnte die Infektionszahlen nicht reduzieren, weshalb sie bei der Operation des Karpaltunnelsyndroms nicht indiziert ist. Es besteht zudem der Verdacht, dass die prophylaktische Gabe von Antibiotika mehr Schaden anrichtet, als es Nutzen bringt, da es zu Nebenwirkungen kommen kann und Antibiotikaresistenzen begünstigt werden (83). Während bereits in vielen medizinischen Fachgebieten Studien zur Untersuchung des saisonalen Einflusses auf Infektionsraten angestellt wurden, wurde einem möglichen saisonalen Einfluss auf die Rate von postoperativen Wundheilungsstörungen bisher weniger Beachtung geschenkt, obwohl diese Komplikation ebenfalls einen erheblichen Leidensdruck für die Patientinnen und Patienten sowie eine Belastung für das Gesundheitssystem darstellt. Lediglich Kestle et al. gingen in den bisher in dieser Masterarbeit erwähnten Studien nicht nur auf den saisonalen Einfluss auf die Rate postoperativer Infektionen bzw. systemischer Infektionen ein, sondern auch auf postoperative Wundheilungsstörungen und konnten in ihrer Studie einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Jahreszeit und der Rate an postoperativen Wundheilungsstörungen zeigen (20). In Anbetracht dieses Studienergebnisses macht es Sinn, auch in anderen Fachgebieten den saisonalen Einfluss auf Wundheilungsstörungen zu evaluieren. Die in dieser Masterarbeit präsentierten Studie analysiert daher neben der postoperativen Infektions- auch die postoperative Wundheilungsstörungsrate. Zum ersten Mal konnte gezeigt werden, dass eine eindeutige Tendenz für eine höhere Rate an postoperativen Wundheilungsstörungen bei Operationen des Karpaltunnelsyndroms besteht,

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wenn der Eingriff in der warmen Jahreszeit durchgeführt wird. Es konnte nicht nur ein relativer Anstieg von 63% in der warmen Jahreszeit im Vergleich zur kalten Jahreszeit verzeichnet werden, es konnte auch ein direkter Zusammenhang mit steigenden Temperaturen ausgemacht werden. Der Zusammenhang besteht zwischen der durchschnittlichen Monatstemperatur und der Rate an Wundheilungsstörungen. Die OR der durchschnittlichen Monatstemperatur liegt bei 1,07 (p=0,002). Es ist daher naheliegend, dass nicht die Temperatur am Operationstag die entscheidende Rolle spielt, sondern eher, dass die Temperaturen in den Tagen und Wochen nach der Operation einen Einfluss auf den gesamten Heilungsverlauf haben. Diese Studienergebnisse spiegeln sich auch in vielen Nachbehandlungsberichten wider. In diesen wird oft davon berichtet, dass Patientinnen und Patienten, die unter einer Wundheilungsstörung litten, unter dem Verband über mehrere Tage geschwitzt hätten. In Österreich herrschen in den Sommermonaten heiße Temperaturen bei gleichzeitig niedriger relativer Luftfeuchtigkeit. In der schon zuvor angeführten Publikation Elegbes zufolge sind das jene beide Faktoren, die gute Bedingungen für das Wachstum von Staphylokokkus aureus darstellen, da es bei hohen Lufttemperaturen und niedriger Luftfeuchtigkeit zu einer vermehrten Schweißproduktion kommt (101). Die Kolonisation bzw. Infektion mit Staphylokokkus aureus stellen lokale Faktoren dar, die die Wundheilung stören (92). Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass auch in der Studie dieser Masterarbeit höhere Raten an Wundheilungsstörungen in jenen Monaten auftreten, in denen die Patientinnen und Patienten zu einer verstärkten Transpiration neigen. Patientinnen und Patienten, bei denen Wunddeshiszenzen, Wundheilungsstörungen oder Mazerationen in den Nachbehandlungsberichten dokumentiert wurden, berichteten ebenfalls häufig, dass der Verband nass geworden sei z.B. bei Haus- oder Gartenarbeiten (welche vorwiegend im Sommer stattfinden). Diese Tatsache macht deutlich, dass an der gesteigerten Rate an Wundheilungsstörungen im Sommer wohl nicht nur höhere Temperaturen verantwortlich gemacht werden können, sondern auch verändertes menschliches Verhalten während der Sommermonate in Betracht gezogen werden muss. Bezüglich der Rate postoperativer Wundheilungsstörungen konnte nicht nur ein Zusammenhang mit höheren durchschnittlichen monatlichen Temperaturen gefunden werden, sondern auch Männer hatten ein höheres Risiko für diese Komplikation. Es konnte eine Risikoerhöhung um das 1,526-fache aufgezeigt werden (p=0,041; CI=1,017-2,291). Diese Studienergebnisse lassen sich möglicherweise durch Verhaltensweisen erklären, welche vermehrt von Männern betrieben werden und schädlich für die Wundheilung sind, wie zum Beispiel der Konsum von Zigaretten und Alkohol. Zudem bestätigen die Studienergebnisse wissenschaftliche Untersuchungen, wonach Androgene einen negativen Einfluss auf die Wundheilung haben (93). Somit müssen zwar aufgrund des retrospektiv-explorativen Charakters noch weitere, prospektive Untersuchungen angestellt werden, es zeigen sich aber eindeutige Tendenzen, dass Wundheilungsstörungen saisonal beeinflusst sind und Männer eine Risikogruppe darstellen. Die Studie weist einige Limitation auf. Es ist aufgrund des retrospektiven Charakters möglich, dass im KIS Infektionen bzw. Wundheilungsstörungen nicht erfasst wurden, wenn die Patientin/der Patient im Falle einer Infektion bzw. Wundheilungsstörung nicht im Krankenhaus behandelt worden ist, sondern beim Hausarzt. Weiters ist es schwierig, in einem retrospektiven Studiendesign, d.h. ausschließlich durch die Dokumentation der Behandlungsverläufe im KIS zu beurteilen, ob es sich um Infektionen/Wundheilungsstörungen gehandelt hat, oder lediglich um eine Reaktion auf den Eingriff, z.B. in Form eines Lymphödems. Zudem wurden die Operationen nicht von einem einzelnen Chirurgen, sondern von vielen verschiedenen Chirurgen durchgeführt.

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Dass in anderen Studien bereits Risikofaktoren für die Entstehung von postoperativen Infektionen bei Operationen des Karpaltunnelsyndroms erkannt worden sind, in der Studie dieser Masterarbeit aber dieselben Faktoren keinen Einfluss auf die Infektionsrate aufweisen, lässt sich wahrscheinlich auf der vergleichsweise niedrigen Fallzahl zurückführen. So hat beispielsweise die Studie von Werner et al., welche sämtliche Risikofaktoren für das postoperative Auftreten von Infektionen bei Operationen des CTS aufzeigen konnte, mit einem Kollektiv von mehr als 450 000 Patientinnen und Patienten eine entsprechend höhere statistische Power.

3.8. Conclusio

Das Karpaltunnelsyndrom stellt das häufigste Engpasssyndrom eines peripheren Nervs dar. Aufgrund der hohen Effizienz und Sicherheit hat sich die chirurgische Dekompression als therapeutische Methode der Wahl etabliert (2). Die Operation des Karpaltunnelsyndroms ist ein elektiver Eingriff, bei dem der Operationszeitpunkt flexibel gestaltet werden kann. Im Rahmen der Studie dieser Masterarbeit wurden Risikofaktoren für das Auftreten postoperativer Infektionen und Wundheilungsstörungen analysiert, um bestimmte Risikogruppen für diese Komplikationen auszumachen. Zwar zeigte sich ein Einfluss des Patientenalters auf die Rate schwerwiegender Infektionen, es konnte jedoch kein saisonaler Einfluss auf die Rate postoperativer Infektionen nachgewiesen werden. In Anbetracht der Studienergebnisse ist es daher nicht notwendig, saisonale Einflüsse bei der Ansetzung des Operationszeitpunktes zu berücksichtigen. Bezüglich postoperativer Wundheilungsstörungen konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der warmen Jahreszeit bzw. höheren Temperaturen und der Rate an postoperativen Wundheilungsstörungen gefunden werden. Da sich hinsichtlich der Inzidenz postoperativer Wundheilungsstörungen auch das männliche Geschlecht als Risikofaktor präsentierte, könnte für Männer ein besonders hohes Risiko bestehen, in der warmen Jahreszeit von einer Wundheilungsstörung betroffen zu sein. Diese Überlegung könnte künftig in die Ansetzung des Operationstermins miteinbezogen werden. Aufgrund des retrospektiven Studiendesigns und der Limitationen dieser Studie wären noch weitere prospektive Aufarbeitungen dieses Themas notwendig, um daraus Empfehlungen für den klinischen Alltag abzugeben. Ob angesichts der ohnehin sehr geringen Komplikationsrate weitere Erkenntnisse klinische Relevanz aufweisen, bleibt Gegenstand zukünftiger Untersuchungen.

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4. Abkürzungsverzeichnis

CTS Karpaltunnelsyndrom N Nervus KUK Kepler Universitätsklinikum MC III Med Campus III CRPS Complex Regional Pain Syndrome M Musculus A Arteria KUK Kepler Universitätsklinikum MC III Med Campus III ENG Elektroneurographie EMG Elektromyographie SEP somatosensibel evozierte Potenziale DML distal motorische Latenz ms Millisekunden NLG Nervenleitgeschwindigkeit MSAP Muskelsummenaktionspotential MR Magnetresonanztomographie NSAR Nichtsteroidale Antirheumatika CRP C-reaktives Protein MRSA Methicillin-resistenter Staphylokokkus aureus DHEA Dehydroepiandrosteron BMI Body Mass Index AGE Advanced Glycation End Products KIS Krankenhausinformationssystem ZAMG Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik C Celsius OR Odds Ratio

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5. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Extraligemntärer Abgang des Ramus thenaris (28) ...... 13 Abbildung 4 Früher Abgang des Ramus thenaris (28) ...... 13 Abbildung 3 Transligamentärer Abgang des Ramus thenaris (28) ...... 13 Abbildung 2 Subligamentärer Abgang des Ramus thenaris (28) ...... 13 Abbildung 5 Markierung der etwa 3 cm langen Inzision distal der Rascetta (eigene Aufnahme) 26 Abbildung 6 Präparation des Retinakulum flexorum (eigene Aufnahme) ...... 26 Abbildung 7 Darstellung des N. medianus (eigene Aufnahme) ...... 27 Abbildung 8 Einschichtiger Wundverschluss mit Rückstichnaht nach Donati (eigene Aufnahme) ...... 27

6. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Geschlechterverteilung in den einzelnen Kohorten ...... 46 Tabelle 2 Patientenalter bei der Operation ...... 46 Tabelle 3 BMI der Patientinnen und Patienten ...... 47 Tabelle 4 Übersicht über die erfassten Infektionen...... 47 Tabelle 5 Überblick über die Häufigkeit der Operationsseiten ...... 48 Tabelle 6 Überblick über die Luftfeuchtigkeit in der warmen und kalten Jahreszeit ...... 48 Tabelle 7 Durchschnittliche Temperatur und Luftfeuchtigkeit der einzelnen Monate über den Zeitraum von 2014-2018 mit der Gesamtzahl von Infektionen und Wundheilungsstörungen in den jeweiligen Monaten ...... 49 Tabelle 8 Zusammenhang zwischen Jahreszeit und der Rate an postoperativen Wundinfektionen ...... 50 Tabelle 9 Regressionsanalyse der Zielvariable Infektion ...... 52 Tabelle 10 Regressionsanalyse der Zielvariable Revision...... 53 Tabelle 11 Regressionsanalyse der Zielvariable Wundheilungsstörung ...... 54

7. Darstellungsverzeichnis

Figure 1 Rate an postoperativen Infektionen und Wundheilungsstörungen im Vergleich zur monatlichen Durchschnittstemperatur (in Grad Celsius) ...... 49

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