Angelika Plum Die Karikatur Im Spannungsfeld Von
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Kunstgeschichte Angelika Plum Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen Shaker Verlag DIE KARIKATUR IM SPANNUNGSFELD VON KUNSTGESCHICHTE UND POLITIKWISSENSCHAFT EINE IKONOLOGISCHE UNTERSUCHUNG ZU FEINDBILDERN IN KARIKATUREN Von der Philosophischen Fakultät der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades einer Doktorin der Philosophie genehmigte Dissertation vorgelegt von Plum, Angelika, MA aus Setterich, Kreis Aachen Referent: Universitätsprofessor Dr. Hans Holländer Korreferent: Universitätsprofessor Dr. Helmut König Tag der mündlichen Prüfung: 12. Dezember 1997 D 82 (Diss. RWTH Aachen) Berichte aus der Kunstgeschichte Angelika Plum Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen D 82 (Diss. RWTH Aachen) Shaker Verlag Aachen 1998 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Plum, Angelika: Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft: Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen/ Angelika Plum. –Als Ms. gedr.- Aachen: Shaker, 1998 (Berichte aus der Kunstgeschichte) Zugl.: Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 1998 ISBN 3-8265-4159-6 Copyright Shaker Verlag 1998 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungs- anlagen und der Übersetzung, vorbehalten. Als Manuskript gedruckt. Printed in Germany. ISBN 3-8265-4159-6 ISBN 0946-395X Shaker Verlag GmbH • Postfach 1290 • 52013 Aachen Telefon: 02407 / 95 96 - 0 • Telefax: 02407 / 95 96 - 9 Internet: www.shaker.de • eMail: [email protected] Inhalt 0 Einleitung: Der Mythos vom kritischen und aufklärerischen „Wesen“ der Karikatur 7 1 Die Karikatur und ihre Rezeption in der Wissenschaft 27 1.1 Begriffsbestimmung 27 1.2 Die Karikatur in Ästhetik und Kunstwissenschaft vom Klassizismus bis zum 20. Jahrhundert 33 1.3 Psychologische Forschungsansätze 40 1.4 Geistesgeschichtliche Forschungsansätze 42 1.5 Karikatur und Kunstgeschichte: Weiterhin ein schwieriges Verhältnis 49 1.5.1 Funktion contra Kunst 58 1.5.2 Karikatur, Kunst und Können 60 1.5.3 Die Karikatur als Wegbereiterin moderner Kunststile 61 1.5.4 Die Karikatur als Pressezeichnung 62 1.5.5 Der Karikaturist als Künstler 65 1.5.6 Karikatur und Stil 68 1.5.7 Die Karikatur als "auf die Gasse übertragene Kunst" 72 2 Zum Zusammenhang zwischen Karikaturen, Stereotypen und Feindbildern 77 2.1 Stereotyp: Begriff und Theorie 78 2.2 Stereotype in Karikaturen 81 2.2.1 Übertreibung oder Hyperbel 83 2.2.2 Reduktion 89 2.2.3 Metapher 91 2.2.4 Synekdoche, Allegorie, Typisierung und Klischee 95 2.3 Feindbild: Begriff und Theorie 104 2.3.1 Wahrnehmungsstrukturierende Funktion von Feindbildern 105 2.3.2 Feindbild und Selbstbild 107 2.3.3 Identifikation und Systemstabilisierung 109 2.3.4 Handlungskonsequenzen 111 5 3 Die Archetypen der Feindbildkarikaturen 113 3.1 Der Feind als Witzfigur: Humor in der Karikatur 114 EXKURS 1: Feindbildkarikaturen in Napoleonischer Zeit 115-116 3.2 Der Feind als Bestie: Grauen in der Karikatur 121 EXKURS 2: Feindbildkarikaturen im Ersten Weltkrieg 123-125 3.3 Der Feind als Negativ-Bild: Antithetische Kampfbilder 130 EXKURS 3: Feindbildkarikaturen im Nationalsozialismus 133-144 3.4 Der Feind in bedrohlicher Perspektive 145 EXKURS 4: Feindbildkarikaturen im Kalten Krieg 148-153 3.5 Der Feind als Plutokrat: Kapital in der Karikatur 155 EXKURS 5: Feindbildkarikaturen im Kommunismus 156-162 3.6 Der Feind als Tod: (Un)Sterblichkeit in der Karikatur 164 3.7 Der Feind als apokalyptischer Reiter: Endzeitliches in der Karikatur 168 3.8 Der Feind als Spieler: Risiko in der Karikatur 170 EXKURS 6: Nach dem Kalten Krieg: Das Feindbild "Süd" 177-183 3.9 Orientalismen in der Karikatur 184 3.10 Der Feind als Fanatiker: Wahnsinn und Chaos in der Karikatur 187 4 Analytische Karikaturen 201 5 Zur Wirksamkeit und zum aufklärerischen Potential von Karikaturen 207 Anhang 221 Abbildungen 223 Abbildungsnachweise 359 Künstlerverzeichnis 363 Literaturverzeichnis 371 6 0 Einleitung: Der Mythos vom kritischen und aufklärerischen „Wesen“ der Karikatur Die Analyse von Karikaturen ist eine Domäne der KunsthistorikerInnen1, die sie (entsprechend ihrer Disziplin) unter ästhetischen oder eben kunstgeschichtlichen Gesichtspunkten begreifen und dabei eine Berücksichtigung der politischen Bezüge weitgehend vermissen lassen, während Sozialwissenschaftler das Potential der Karikaturen als Konkretisierung gesellschaftlicher und politischer Symptome nur unzureichend erkennen. Der Mangel einer gesellschafts- theoretisch fundierten Untersuchung von Karikaturen wird deutlich. So wie die Kunstgeschichte zuwenig Rücksicht auf die politischen Tendenzen nimmt, die sich in der Karikatur ausdrücken, so ist die Politikwissenschaft zu wenig um den Bereich des Künstlerischen bzw. Ikonischen bemüht. Auch hier tun sich Defizite auf. Durch ihr Vermögen, komplexe Sachverhalte „auf den Punkt“ zu bringen, kann die Karikatur Tatbestände augenfällig darstellen und sie in prägnanter Weise dem Betrachter nahebringen. Sie kann politische Hintergründe „klar“ machen und damit Aufklärungsarbeit leisten. Dieses Potential hat ihr ein bestimmtes Image eingebracht. In Publikationen wird die Karikatur zumeist als ein politisch kritischer Ausdruck aufgefaßt, der Entlarvung betreibt und aufklärerische Ambitionen hat. Diese Auffassung von der Karikatur durchzieht die Fachliteratur wie ein roter Faden. Fast durchweg wird die Karikatur als Mittel der Aufklärung begriffen, progressiv, gegen überholte Konventionen kämpfend, stets bemüht, Mißstände zu benennen und ihre wahren Ursachen zu entlarven. Die Tradierung einer solchen Vorstellung von der Karikatur bis in die Gegenwart hinein läßt sich als Mythos bezeichnen. Die Karikatur wird mythologisiert, wenn es als ihr „Wesens“-merkmal gilt, daß sie grundsätzlich kritisch und unbestechlich ist. Die mythologisierte Karikatur wird in eine Sphäre entrückt, die sie bar jeder Trivialität oder interessen- und machtpolitischen Dependenz erscheinen läßt.2 1 Auf die Endung „Innen“ wird aufgrund der besseren Lesbarkeit des Textes im weiteren verzichtet. Begriffe wie „Kunsthistoriker“ oder „Karikaturist“ etc. werden in dieser Arbeit geschlechtsneutral verwandt. 2 Mythen dienen dazu, Abstrakta anschaulich zu machen und Mehrdeutiges zu konkretisieren. Dies geschieht, indem das entsprechende Phänomen auf ein „Bild“ (der anglikanische Terminus „Image“ ist treffender) festgelegt und die Vorstellungen so zementiert werden. 7 Als Problemaufriß soll anhand einer Montage von Zitaten gezeigt werden, daß in der Literatur die Losungen von der immer kompromißlosen, die Wahrheit ans Licht bringenden Karikatur geradezu klassisch sind (zur Betonung des subjektiven Charakters der jeweiligen Betrachtungsweise wird im folgenden hauptsächlich mit Zitaten gearbeitet). In dem Moment, in dem die Karikatur eine gewisse Aufmerksamkeit als künstlerisches oder journalistisches Medium erhält, wird sie bereits verklärt. Seit der Jahrhundertwende wird der Topos von der mutig für Wahrheit und Fortschritt streitenden Karikatur kolportiert - so in einem Zeitungsartikel von 1908, in dem es heißt: „Die Eigenschaften der Karikatur machen diese besonders wirkungsvoll in den Händen einer energischen, nach vorwärts drängenden Opposition. [...] Diese Voraussetzungen finden sich aber nur, wo um die Ideale der Zukunft gerungen wird. Andererseits sind die Hauptmächte und Haupt- bundesgenossen der Reaktion die festwurzelnden alten Vorurteile und die überwundenen Begriffe, mit denen sie ihre historisch nicht mehr gerechtfertigten Anschauungen und Vorrechte stützen und verteidigen - die dankbarsten Objekte jeder tiefgreifenden Kritik. [...] Ebenso folgerichtig ist freilich aus denselben Gründen, daß von den reaktionären Parteien die Satire höchst selten zu einer schneidenden Waffe gemacht worden ist.“3 Diese Vorstellung von der Karikatur wird ebenfalls deutlich, wenn der Kunsthistoriker und spätere Bundespräsident THEODOR HEUSS in einem zwei Jahre später erscheinenden Artikel von der Karikatur sagt, sie sei „überwiegend radikal, demokratisch, teils antimonarchisch, teils antiklerikal gefärbt. [...] Freilich nicht durchgehend, aber doch im Grund- charakter; denn dem Konservatismus fehlt seiner Natur nach die Stoßkraft positiver Kritik.“4 Solche Meinungen zur Karikatur sind kein euphorisches Produkt des noch jungen 20. Jahrhunderts. Auch ein halbes Jahrhundert später, nach den Erfahrungen zweier Weltkriege mitsamt ihrer verheerenden Propaganda, ist das 3 Ohne Verfasserangabe: Die Karikatur. Ihr Wesen, ihre historische Rolle, ihr internationaler Charakter. In: Vorwärts (Berlin) v. 26.11.1903. 4 Heuss, Theodor: Zur Ästhetik der Karikatur. In: Der Deutsche in seiner Karikatur. Hrsg. v. Friedrich Bohne. Stuttgart 1963, S. 169-190 (im folgenden: Heuss 1910/1963); hier: S. 181. Heuss veröffentlichte diesen Aufsatz 1910 in: Patria. Bücher für Kultur und Freiheit, Bd. 10. Hrsg. v. Friedrich Naumann. Berlin-Schöneberg 1910, S. 113-133. Ein Neudruck erschien 1954 anläßlich seines siebzigsten Geburtstages, hrsg. v. d. Gesell- schaft der Bibliophilen. Stuttgart 1954. 8 Positiv-Image der Karikatur weiterhin präsent. Gleichgültig, aus welcher Warte die Karikatur betrachtet wird, ihr wird das Prädikat „kritisch“ verliehen. Aus sozialistischer Sicht beschreibt JOACHIM UHLITZSCH 1953 in einem Aufsatz das seiner Meinung nach Besondere der Karikatur: „Sie ist nicht