BSV BÜRO FÜR STADT- UND VERKEHRSPLANUNG DR.-ING. REINHOLD BAIER GMBH

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in Zusammenarbeit mit

energielenker Beratungs GmbH AirportCenter II Hüttruper Heide 90 48268 Greven

Klimafreundliches Mobilitätskonzept für den Kreis -Wittgenstein

Bearbeitung:

Dr.-Ing. Katja Engelen (BSV) Claudia Maximini, M. A. (BSV) Dipl.-Ing. Bauass. Anke Stick (BSV) Jenny Kamp M. Sc. (energielenker)

Aachen, im August 2018 N:\2017_17\170400_Mobilität Siegen- Wittgenstein\Texte\Berichte\Schlussbericht\final\170400_KSTK_Mobilität_Siegen- Wittgenstein_V32.docx

HRB 3329 AMTSGERICHT AACHEN GESCHÄFTSFÜHRER: DR.-ING. REINHOLD BAIER DIPL.-ING. AXEL C. SPRINGSFELD DR.-ING. MICHAEL M. BAIER BANKVERBINDUNG: IBAN: DE 16390500000016011116 BIC: AACSDE33 Förderprojekt

Die Erstellung des Klimaschutzteilkonzepts „Mobilität“ des Kreises Siegen-Wittgenstein mit dem Arbeitstitel „Erstellung eines Klimaschutzteilkonzepts Mobilität für den Kreis Siegen-Wittgenstein“ ist im Rahmen der Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), vertreten durch den Projektträger Jülich, gefördert worden.

Hinweis: Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird nicht ausdrücklich in geschlechtsspezifische Personenbezeich- nungen differenziert. Die gewählte männliche Form schließt eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 1

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis 3

1 Ausgangslage 5

2 Methodisches Vorgehen 7 2.1 Inhaltliche Bausteine 7 2.2 Akteursbeteiligung 8

3 Beschreibung des Kreisgebiets 10 3.1 Siedlungsstruktur 10 3.2 Bevölkerungsentwicklung 11 3.3 Verkehrsinfrastruktur 13 3.4 Verkehrliche Verflechtungen 14 3.5 Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung sowie Tourismus 18

4 Verkehrspolitische Zielsetzung 21 4.1 Strategischer Ansatz aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept 21 4.2 Strategischer Ansatz aus dem Regionalen Entwicklungskonzept 22 4.3 Strategischer Ansatz für das klimafreundliche Mobilitätskonzept 23

5 Bestandsanalyse 25 5.1 Ergebnisse der Mobilitätskonferenzen 25 5.2 Ergebnisse der Mobilitätsbefragung 30 5.3 Ergebnisse der kommunalen Datenabfrage 33 5.4 ÖPNV 41 5.5 Verknüpfte Mobilität 46 5.6 Radverkehr 47 5.7 Elektromobilität 51 5.8 Wirtschaftsverkehr 54 5.9 Vorhandene Klimaschutzmaßnahmen und Strategien 59

6 Energie- und THG-Bilanz des Verkehrssektors 62 6.1 Bilanzierung nach BISKO 62 6.2 Bilanz (Analyse 2016) 64 6.2.1 Endenergieverbrauch Sektor Verkehr 65 6.2.2 THG-Emissionen Sektor Verkehr 67

7 Potenzialanalyse 69 7.1 CO2-Minderungspotenziale im Verkehr (IKSK Kreis Siegen-Wittgenstein) 69 7.2 CO2-Minderungspotenziale von Einzelmaßnahmen (UBA) 70 7.3 Handlungspotenziale 74

8 Handlungskonzept 76

9 Verstetigungsstrategie 81 9.1 Status quo 82 9.2 Optimierungsmöglichkeiten 83

10 Controlling-Konzept 85 10.1 Organisatorische Verankerung 85 10.2 Kontrolle und Evaluierung der Klimaschutzaktivitäten des Kreises 86 10.3 Kontrolle und Evaluierung von Einzelmaßnahmen 87

11 Kommunikationsstrategie 89 11.1 Klimaschutz-/Mobilitätsmanager als Schnittstelle 89

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 2

11.2 Information 90 11.3 Marketing 93 11.4 Mitwirkung 96 11.5 Kundenbindung 97 11.6 Betriebliches Mobilitätsmanagement (BMM) 98 11.7 Schulisches Mobilitätsmanagement (SMM) 100 11.8 Mobilitätsmanagement für ältere Menschen und Senioren 102

12 Wirkungsanalyse 105 12.1 Referenzszenario (worst-case-Szenario) 105 12.1.1 Berücksichtigte Randbedingungen 105 12.1.2 Bilanz (Referenzszenario 2020 und 2030) 107 12.2 Klimaschutzszenario (best-case-Szenario) 112

13 Ausblick 118

Anhang 120

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 3

Abkürzungsverzeichnis

ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e. V. ADFC Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. AG Arbeitsgruppe AGFS Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundli- cher Städte, Gemeinden und Kreise AOK Allgemeine Ortskrankenkasse BISKO Bilanzierungs-Standard Kommunal BMM Betriebliches Mobilitätsmanagement BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nuk- leare Sicherheit BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra- struktur BVG Bundesversorgungsgesetz BVWP Bundesverkehrswegeplan DB Deutsche Bahn eea European Energy Award ELMO Elektromobile urbane Wirtschaftsverkehre EmoG Elektromobilitätsgesetz FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrs- wesen HTS Hüttentalstraße in Siegen IAO Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organi- sation ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung IHK Industrie- und Handelskammer IKEK Integriertes kommunales Entwicklungskonzept IKSK Integriertes Klimaschutzkonzept IML Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IPK Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Kon- struktionstechnik ISI Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsfor- schung KSW KSW Kreisbahn Siegen-Wittgenstein GmbH KV Kombinierter Verkehr LCA Life Cycle Analysis LEADER „Liaison entre actions de développement de l’économie rurale“ bzw. Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft (EU-Förderprogramm)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 4

LNF Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge MIV Motorisierter Individualverkehr MKS Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregie- rung MULNV Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen NKI Nationale Klimaschutzinitiative NVP Nahverkehrsplan NWL Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe ÖPFV Öffentlicher Personenfernverkehr ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr ÖPNVG Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr REK Regionales Entwicklungskonzept REMONET Regionales mobility Netzwerk SGB Sozialgesetzbuch SMM Schulisches Mobilitätsmanagement SPNV Schienenpersonennahverkehr SVZ Straßenverkehrszählung TEU „Twenty Foot Equivalent Unit“ bzw. 20-Fuß-Container (Einheit) THG Treibhausgas TREMOD Transport Emission Model UBA Umweltbundesamt VCD Verkehrsclub Deutschland e. V. VEP Verkehrsentwicklungsplan VGWS Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd VRS Verkehrsverbund Rhein-Sieg VWS Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd WB Westfalen Bus zGG zulässiges Gesamtgewicht ZWS Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 5

1 Ausgangslage

„Durch die aktuellen Entwicklungen und weltweit geführten Debat- ten bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels, das 2007 be- schlossene Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundes- regierung und die erweiterten gesetzlichen Rahmenbedingungen für Maßnahmen des Klimaschutzes hat auch der Klimaschutz auf lokaler Ebene einen weiteren Bedeutungszuwachs erfahren.“ 1 Der Kreis Siegen-Wittgenstein sowie die kreisangehörigen Kom- munen sind bereits seit vielen Jahren im Bereich des Klimaschut- zes sowie auch im Bereich der nachhaltigen Mobilität aktiv. Bei- spielsweise hat der Kreis Siegen-Wittgenstein zusammen mit den Kommunen Bad Berleburg, Bad Laasphe, Erndtebrück, Freuden- berg, Netphen, Neunkirchen, Siegen und Wilnsdorf in 2014 ein Integriertes Klimaschutzkonzept2 erarbeitet. Hier sind auch strate- gische Handlungsziele und Maßnahmen für das Handlungsfeld Mobilität und Verkehr benannt worden. Auch im Regionalen Ent- wicklungskonzept (2015)3 sind Zielformulierungen für das Hand- lungsfeld Mobilität und Verkehr aufgeführt. Seit 2016 wurden be- reits vier von der Kreisverwaltung organisierte Mobilitätskonferen- zen mit verschiedenen Schwerpunktthemen durchgeführt. Darüber hinaus engagiert sich der Kreis über Mitgliedschaften (Zukunftsnetz Mobilität NRW) und durch Teilnahme an Wettbe- werben (Förderprogramm Kommunales Mobilitätsmanagement, eea©-Prozess). Mit dem Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie die umweltschädlichen Emissionen landesweit auf ein Minimum zu reduzieren, müssen sich auch die verkehrlichen Rahmenbedin- gungen sukzessive verändern. Allumfassendes Ziel der Bundesre- gierung ist daher, die CO2- bzw. Treibhausgas (THG)-Emissionen im Verkehrssektor bis zum Jahr 2030 um 40 bis 42 % gegenüber 1990 zu reduzieren.4 Der Endenergieverbrauch des Verkehrssek- tors soll bis 2020 um 10 % und bis 2050 um 40 % gegenüber 2005 reduziert werden.5 Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat die Klimaschutzziele im Klimaschutzgesetz NRW formuliert: Bis 2020 sollen die CO2- bzw. THG-Emissionen in NRW um mindestens 25 % und bis 2050 um mindestens 80 % gegenüber 1990 sinken. Dazu sollen die CO2- bzw. THG-Emissionen im Verkehrssektor bis

1 Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH: Klimaschutz in Kommunen – Praxisleitfaden, 2011 2 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden 3 Kreis Siegen Wittgenstein, 2015: Regionales Entwicklungskonzept 4 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2015: Klimaschutzplan 2050. Klimapolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung 5 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 2010: Energiekon- zept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energie- versorgung; Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2013: Die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung (MKS). Energie auf neuen Wegen

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 6 zum Jahr 2020 um 8 %, bis 2030 um 31 % und bis 2050 um min- destens 60 % gegenüber 1990 reduziert werden. 6 Wie die Bilanzierungsergebnisse des Integrierten Klimaschutzkon- zepts des Kreises Siegen-Wittgenstein (IKSK 2014)7 zeigen, über- nimmt der Verkehrssektor einen Anteil von 29 % am gesamten Endenergieverbrauch (zweitgrößte Anteil nach dem Sektor Wirt- schaft mit 51 %). Ähnlich sieht die Verteilung bzgl. der THG- Emissionen aus. Hier ist der Verkehrssektor für rund 24 % der THG-Emissionen verantwortlich (zweitgrößter Anteil nach dem Sektor Wirtschaft mit 56 %). Im Vergleich zu 1990 sind sowohl die THG-Emissionen als auch der Endenergieverbrauch des Ver- kehrssektors im Kreis Siegen-Wittgenstein angestiegen (THG- Emissionen ca. +30 %, Endenergieverbrauch ca. +40 %). Um die Klimaziele der Bundes- und Landesregierung zu unterstützen, muss der Kreis Siegen-Wittgenstein handeln. Auf Grundlage der bisher vorliegenden Erkenntnisse (u. a. strate- gische Handlungsziele und Maßnahmen für das Handlungsfeld Mobilität und Verkehr aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept und dem Regionalen Entwicklungskonzept) möchte der Kreis Sie- gen-Wittgenstein nun die bisherigen Aktivitäten weiter fortsetzen und hat sich hierzu erfolgreich um Fördermittel für die Erstellung eines Klimaschutzteilkonzepts für den Bereich Verkehr beworben. Aufbauend auf einer kreisweiten Bestandsaufnahme möchte der Kreis Siegen-Wittgenstein nun gemeinsam mit den kreisangehöri- gen Kommunen ein ganzheitliches verkehrsbezogenes strategi- sches Handlungskonzept als Klimaschutzteilkonzept Mobilität ent- wickeln. Auch wenn der Kreis nicht der Aufgabenträger der Ver- kehrsentwicklungsplanung ist, sieht er sich hier in der Verantwor- tung die kreisangehörigen Kommunen zu unterstützen. Das Hand- lungskonzept wird daher den kreisangehörigen Kommunen als übergeordnete Grundlage für eine nachhaltige und zukunftsorien- tierte Verkehrsentwicklungsplanung zur Verfügung gestellt. Wesentliches Ziel des Teilkonzepts ist es, die THG-Emissionen zu reduzieren und die Mobilität aller Bevölkerungsgruppen zu sichern. Hierbei gilt es insbesondere den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu vermeiden bzw. möglichst effizient abzuwickeln sowie den ÖPNV, Radverkehr und Fußgängerverkehr als Umweltver- bund weiter zu fördern. Die gerade beschriebene Zielsetzung entspricht der Aufgabenstel- lung für die Erarbeitung des Klimaschutzteilkonzepts für den Be- reich Verkehr.

6 Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Ver- braucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, 2015: Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen. Klimaschutz und Klimafolgenanpassung 7 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 7

2 Methodisches Vorgehen

2.1 Inhaltliche Bausteine Die Erarbeitung des Klimaschutzteilkonzepts Mobilität für den Kreis Siegen-Wittgenstein gliedert sich in die typischen Bausteine der Förderrichtlinie, die mit einer Beteiligung relevanter Akteure inhaltlich erarbeitet werden (Bild 1).

Bild 1: Inhaltliche Bausteine eines Klimaschutzteilkonzepts Verkehr (Darstellung in Anlehnung an SK:KK-Infoblatt "Erstellung von Klima- schutzteilkonzepten")

Zur Darstellung, Beschreibung und Bewertung des Ist-Zustands (Status quo Analyse) wurde im ersten Baustein eine Bestands- aufnahme in Siegen-Wittgenstein zu den einzelnen Verkehrsberei- chen mit anschließender Analyse durchgeführt. Hierzu wurden vorliegende Daten und Materialien zusammengetragen und in Form von thematischen Übersichtskarten aufbereitet dargestellt. Darüber hinaus wurden die kreisangehörigen Kommunen zu aus- gewählten Themenstellungen befragt und relevante Akteure inter- viewt. Zur Bewertung des Status quo werden die identifizierten Mobilitätsmöglichkeiten mit den vorhandenen Strukturen des Krei- ses Siegen-Wittgensteins überlagert. Der erste Baustein beinhaltet zudem die Aufstellung einer fort- schreibbaren Energie- und THG-Bilanz für den Verkehrssektor, auf deren Grundlage zunächst die Bestandssituation klimatech- nisch beurteilt werden kann und die relevanten Verursacher der schädlichen THG-Emissionen identifiziert werden können. Auf Grundlage der Ergebnisse zur Bestandsanalyse wurden die Potenziale unter Berücksichtigung der Zuständigkeit des Kreises identifiziert (Potenzialanalyse). Damit wird aufgezeigt, welche Schwerpunktsetzung zur Erreichung einer klimafreundlichen Mobi- lität angestrebt werden soll. Der Maßnahmenkatalog als Handlungskonzept wurde im An- schluss unter Berücksichtigung der Potenziale, dem CO2- Minderungsziel sowie vorliegenden Maßnahmenvorschlägen und weiteren Mitteilungen entwickelt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 8

Für die spätere Umsetzungsphase wird aufgezeigt, wie das Thema „nachhaltige Mobilität“ im Kreis verankert (Verstetigungsstrate- gie), die Überprüfung der Umsetzung erfolgen (Controlling- Konzept) und die erarbeiteten Inhalte des Klimaschutzteilkonzepts öffentlich bekannt gemacht werden können (Kommunikations- strategie). Abschließend wird das THG-Minderungsziel des aufgestellten Handlungskonzepts bei vollständiger Umsetzung (inkl. Kommuni- kationsstrategie) abgeschätzt. Um die Wirkungen der allgemeinen Entwicklungen getrennt ausweisen zu können, werden zwei Sze- narien unterschieden. Während das Referenzszenario sich auf die allgemeinen bzw. übergeordneten Entwicklungen ohne weitere Klimaschutzanstrengungen konzentriert, zeigt das Klima- schutzszenario die mögliche Entwicklung mit dem aufgestellten Handlungskonzept auf.

2.2 Akteursbeteiligung „Für eine spätere erfolgreiche Umsetzung eines klimafreundlichen Mobilitätskonzepts ist es notwendig, frühzeitig die für die Umset- zung relevanten Akteure (z. B. Umwelt-, Stadt- und Verkehrspla- nungsämter, Verkehrsunternehmen, Umweltverbände, Beschäftig- te, Nutzer sowie politische Entscheidungsträger) bei der Konzep- terstellung einzubinden. So können frühzeitig eine breite Akzep- tanz der Maßnahmen erreicht und evtl. auftretende Hemmnisse identifiziert, sowie Lösungen zu ihrer Überwindung entwickelt wer- den.“ 8 Die Akteursbeteiligung fand projektbegleitend mit verschiedenen Beteiligungsformaten statt. Zu Beginn des Projekts wurde mit den kreisangehörigen Kommu- nen eine Auftaktveranstaltung durchgeführt (15.09.2017). In die- sem Termin wurde zum einen allgemein über die Projektinhalte des kreisweiten Mobilitätskonzepts informiert und zum anderen zur Unterstützung der kreisweiten Mobilitätsbefragung (siehe Kap. 5.2) sowie zur Teilnahme an der kommunalen Datenabfrage (siehe Kap. 5.3) aufgerufen. Die kommunale Datenabfrage wurde im Anschluss an die Auftakt- veranstaltung fragebogengestützt durchgeführt. Sie diente zum einen der Zusammenstellung von ausgewählten Informationen zum Thema Verkehr/Mobilität. Zum anderen sensibilisierten die gestellten Fragen die Kommunen über die „Vielfalt der Mobilität“ 9. Die Öffentlichkeit wurde über Pressemitteilungen (u. a. Pressekon- ferenz am 15.09.2017) auf die laufenden Arbeiten zum klima- freundlichen Mobilitätskonzept aufmerksam gemacht (v. a. Hinweis auf die Mobilitätsbefragung). Aber auch die Mobilitätsbefragung selbst, die im Zeitraum vom 15.09.2017 bis zum 20.10.2017 durchgeführt wurde, stellt eine Beteiligungsform im Rahmen des

8 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (2016): Merkblatt „Erstellung von Klimaschutzteilkonzepten – Hinweise zur Antragsstellung“ 9 Mobilität umfasst nicht allein die Verkehrsmittelwahl, sondern berührt auch andere Themenfelder wie beispielsweise die Verkehrsmittelver- knüpfung, Ladeinfrastruktur oder die kommunale Stellplatzsatzung. Hier- zu wurden entsprechende Fragen gestellt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 9

Mobilitätskonzepts dar (Informationserfassung und Sensibilisie- rung für das Thema).10 Auf Grund der großen Bedeutung des Themenfelds Radverkehr wurde mit einem Vertreter des ortsansässigen Allgemeinen Deut- schen Fahrradclubs e. V. (ADFC) ein leitfragengestütztes Interview durchgeführt (14.12.2017). Nach Aufstellung eines ersten Entwurfs des Handlungskonzepts wurden die Inhalte der erarbeiteten Maßnahmensteckbriefe the- menspezifisch mit den jeweils relevanten Akteuren diskutiert: - Handlungsfeld Umsetzung: abgestimmt mit der Kreisverwaltung am 14.05.2018, - Handlungsfeld ÖPNV und Multi-/Intermodalität: abgestimmt mit der Kreisverwaltung und dem ZWS am 14.06.2018; der übergeordnete strategische Planungsan- satz zu den Mobilstationen wurde zudem mit der kommu- nalen Arbeitsgruppe am 05.07.2018 diskutiert. - Handlungsfeld Fuß- und Radverkehr: abgestimmt mit der Kreisverwaltung und der kommunalen Arbeitsgruppen am 05.07.2018, - Handlungsfeld Elektromobilität und andere alternative An- triebe: abgestimmt mit der Kreisverwaltung am 14.05.2018; der übergeordnete strategische Planungsansatz zur Elektro- mobilität und anderen alternativen Antrieben wurde zudem mit der kommunalen Arbeitsgruppe am 05.07.2018 disku- tiert. - Handlungsfeld Mobilitätsmanagement: abgestimmt mit der Kreisverwaltung am 14.05.2018; die Handlungsempfehlung zum schulischen Mobilitäts- management wurde zudem mit der kommunalen Arbeits- gruppe am 05.07.2018 diskutiert. Nach Abstimmung der Inhalte des Handlungskonzepts und der daraus folgenden Anpassung wurde das Mobilitätskonzept der Politik vorgestellt (politische Gremien September 2018).

10 Eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit – z. B. in Form von Work- shops – war nicht vorgesehen, da dies bereits im Rahmen der vom Kreis durchgeführten Mobilitätskonferenzen erfolgt ist.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 10

3 Beschreibung des Kreisgebiets

3.1 Siedlungsstruktur Der Kreis Siegen-Wittgenstein liegt im „Drei-Länder-Eck“ der Bun- desländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie Hessen und umfasst eine Fläche von insgesamt rund 1.133 km² (Stand 12/2015). Das Kreisgebiet gliedert sich in insgesamt 11 Kommunen. Neben der Großstadt Siegen mit insgesamt 105.520 Einwohnern zählen die Städte Kreuztal und Netphen sowie die Gemeinde Wilnsdorf auf Grund ihrer Einwohnerzahl zum Stadt-/Gemeindetyp „Mittel- stadt“. Die verbleibenden Städte (Bad Berleburg, Freudenberg, Hilchenbach und Bad Laasphe) und Gemeinden (Burbach, Neunkirchen, Erndtebrück) sind Kleinstädte. (Tabelle 1)

Tabelle 1: Ausgewählte Kennwerte zur Beschreibung der Siedlungsstruktur (Kommunalprofil Kreis Siegen-Wittgenstein 2017) Einwohner- Stadt-/ Einwohnerzahl Fläche dichte Gemeinde- Kommune (Stand 09/2017) [km²]11 [Einwohner/km²] typen12 Zentrale Orte Stadt Siegen 105.520 115 918 Großstadt Oberzentrum Stadt Kreuztal 31.521 71 444 Mittelstadt Mittelzentrum Stadt Netphen 23.998 137 175 Mittelstadt Grundzentrum Gemeinde Wilnsdorf 20.670 72 287 Mittelstadt Grundzentrum Stadt Bad Berleburg 19.661 276 71 Kleinstadt Mittelzentrum Stadt Freudenberg 17.976 55 327 Kleinstadt Grundzentrum Stadt Hilchenbach 15.343 81 189 Kleinstadt Grundzentrum Stadt Bad Laasphe 13.775 136 101 Kleinstadt Mittelzentrum Gemeinde Burbach 14.417 80 180 Kleinstadt Grundzentrum Gemeinde Neunkirchen 13.609 40 340 Kleinstadt Mittelzentrum Gemeinde Erndtebrück 7.057 71 99 Kleinstadt Grundzentrum Kreis Siegen-Wittgenstein 283.547 1.133 250 ./. ./. (insg.)

Die Betrachtung der Bevölkerungsdichte zeigt auf, dass hier zwi- schen den einzelnen kreisangehörigen Kommunen deutliche Un- terschiede zu erkennen sind. Während die Stadt Siegen eine Be- völkerungsdichte von 918 Einwohner/km² aufweist, verfügen noch Kreuztal, Wilnsdorf, Freudenberg und Neunkirchen über Einwoh- nerdichten, die über dem durchschnittlichen Wert des gesamten Kreises von 250 Einwohner/km² liegen. Die Städte Bad Berleburg und Bad Laasphe sowie die Gemeinde Erndtebrück z. B. sind demgegenüber deutlich dünner besiedelt. (Tabelle 1) Darüber hinaus zeigt die Übersichtskarte zu den Siedlungsflächen (hier beschränkt auf Wohnbauflächen sowie Industrie- und Gewer- beflächen; Bild 2; bzw. Bild 32 im Anhang in DIN A3-Format) auf, dass sich die Siedlungsflächen vor allem im westlichen Teil des Kreisgebiets konzentrieren und bandartige Strukturen vor allem in Nord-Süd-Richtung aufweisen. Demgegenüber sind die Siedlungs- flächen im nordöstlichen Teil des Kreisgebiets disperser verteilt.

11 IT.NRW (2017): Kommunalprofil [der jeweiligen Städte und Gemein- den] 12 Großstadt: • 100.000 Einwohner; Mittelstadt • 20.000 und < 100.000 Einwohner; Kleinstadt: < 20.000 Einwohner

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 11

Bild 2: Siedlungs- und Gewerbeflächen im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

Das Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein ist topografisch bewegt (Mit- telgebirgslandschaft)13. Dies hat sich in Teilen auch auf die An- siedlungen ausgewirkt. Während beispielsweise die Industrie- und Gewerbeflächen der Städte Siegen und Kreuztal vor allem in der Talachse zu finden sind, befinden sich die größeren Wohngebiete der Stadt Siegen überwiegend in höheren Lagen.

3.2 Bevölkerungsentwicklung Bezogen auf die letzten 30 Jahre zeigt sich für die Jahre 1986 (278.895 Einwohner) bis 1995 (299.336 Einwohner) ein kontinuier- liche Bevölkerungszunahme, während danach die Bevölkerung bis zum Jahr 2013 (274.904 Einwohner) stetig abnimmt (Bild 3). Seit diesem Tiefstand zeigt die Bevölkerungsentwicklung keinen ein- heitlichen Verlauf. Bezogen auf den für 2015 verzeichneten Bevöl- kerungsstand von insgesamt 280.800 Einwohnern ist ein weiterer Bevölkerungsrückgang von -4,2 % (2025) bzw. -9,1 % (2040) prognostiziert.

13 Der höchste Punkt liegt bei 789 m ü. NN, der niedrigster Punkt bei 216 m ü. NN (Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutz- konzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemein- den).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 12

Bevölkerungsentwicklung 1986 - 2016, Kreis Siegen-Wittgenstein 305.000 299.336 300.000

295.000

290.000

285.000 280.800 280.000 274.904 275.000 Bevölkerungsstand

270.000

265.000

260.000

Bild 3: Bevölkerungsentwicklung 1986-2016, Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Daten IT.NRW; Datenabruf Juli 2018)

Der aktuelle Bevölkerungsstand sowie die zugehörige Altersvertei- lung im Kreisgebiet sind im Projektbericht zur Mobilitätsbefragung für den Stand September 2017 dargestellt. Auf Grund der Diffe- renzierung und der Vergleichbarkeit mit vorliegenden Prognose- werten wird an dieser Stelle auf die Daten des Kommunalprofils des Kreises Siegen-Wittgensteins mit Datenstand 2015 zurückge- griffen.14 (Bild 4)

Bevölkerungsentwicklung differenziert nach Altersklassen, Kreis Siegen-Wittgenstein 300.000

250.000

200.000

150.000

100.000 Stand Dez. 2015

Bevölkerungsstand Prognose 2025 50.000 Prognose 2040

0 6 bis 18 bis 25 bis 30 bis 40 bis 50 bis 60 bis 65 unter 6 unter unter unter unter unter unter unter Jahre gesamt Jahre 18 25 30 40 50 60 65 und Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre mehr Stand Dez. 2015 14.343 31.010 25.920 18.794 32.109 37.519 44.380 18.262 58.463 280.800 Prognose 2025 13.686 27.634 19.089 17.256 35.147 30.878 38.169 21.877 65.160 268.896 Prognose 2040 11.175 26.460 18.027 13.895 28.381 34.597 32.443 14.184 76.091 255.253

Bild 4: Bevölkerungsentwicklung differenziert nach Altersklassen, Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Kommunalprofil Kreis Siegen-Wittgenstein 2017)

Die Bevölkerungsentwicklung nach Altersklassen zeigt den für Deutschland typischen prognostizierten demografischen Wandel

14 IT.NRW 2017: Kommunalprofil Kreis Siegen-Wittgenstein

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 13 auf. Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen (unter 18 Jahre) ist rückläufig, während die ältere Bevölkerung (65 Jahre und mehr) zunimmt. Die daraus u. a. zu erwartenden rückläufigen Schüler- zahlen stellen vor allem den öffentlichen Personennahverkehr zu- künftig vor neue Herausforderungen.

3.3 Verkehrsinfrastruktur „Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist über die Bundesautobahn (BAB) 45 - Frankfurt sowie über die BAB 4 Köln - direkt an das europäische Autobahnnetz angeschlossen. Mehrere Bundesstraßen (B 54, B 62, B 480, B 508, B 517) stellen die Hauptschlagadern des […] Verkehrsnetzes dar.“15 Hierbei ist zu beachten, dass die gute Anbindung an das überregi- onale Verkehrsnetz (BAB 45 und BAB 4) nicht für Wittgenstein und das nördliche Siegerland gilt. Für eine bessere Anbindung Witt- gensteins an das Siegerland und damit auch an das Autobahnnetz hat der Kreis Siegen-Wittgenstein bei der Überarbeitung des Bun- desverkehrswegeplans 2030 (BVWP 2030)16 einen Antrag einge- reicht. Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts ist die „Route 57“ (Bild 5) erforderlich und im BVWP 2030 in den vordringlichen Be- darf hochgestuft. Es handelt sich hierbei um eine zügig befahrbare Querspange in West-Ost-/Ost-West-Richtung zwischen der Hüt- tentalstraße (HTS) in Siegen und dem Ortsteil Leimstruth der Ge- meinde Erndtebrück.17

Bild 5: Verlauf der „Route 57“ (www.route57.info; Datenabruf 20.07.2018)

Das vorhandene Schienennetz ermöglicht im öffentlichen Perso- nenverkehr Verbindungen in das Ruhrgebiet (Richtung Hagen – Essen), in das Rheinland (Richtung Köln) und in den Agglomerati- onsraum Rhein-Main (Richtung Gießen – Frankfurt). Neben dem

15 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden 16 „Der Bundeverkehrswegeplan stellt als wichtigstes Instrument der Ver- kehrsinfrastrukturplanung des Bundes die verkehrspolitischen Weichen für die kommenden 10 bis 15 Jahre. Er betrachtet dabei sowohl die Be- standsnetze als auch Aus- und Neubauprojekte auf Straße, Schiene und Wasserstraße.“ (www. bmvi.de; Datenabruf 20.07.2018) 17 Die Verbindung besteht aus einer Kette von mehreren Ortsumgehun- gen (Ferndorf, Kreuztal; Hilchenbach; Lützel, Hilchenbach; Schameder, Erndtebrück).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 14 schienengebundenen Personenverkehr existiert ein differenziertes straßengebundenes ÖPNV-Angebot bestehend aus Schnellbus, Regionalbus, UniExpressbus, Citybus, Lokalbus, TaxiBus, Ausbil- dungs-/Schulbus, Nachtbus und Bürgerbus. Der Kreis Siegen-Wittgenstein verfügt auch über einen Flughafen. Der als Verkehrsflughafen klassifizierte „Siegerland Flughafen“ liegt südwestlich im Kreisgebiet und wird für den Geschäftsreise- und Frachtverkehr sowie für Ambulanzflüge genutzt. Im Bereich des Radverkehrs liegt vor allem das Radverkehrsnetz NRW als übergeordnetes Radverkehrsnetz vor. Es wird ergänzt durch regionsweite Radthemenrouten. Punktuell sind auf Stadt-/ Gemeindeebene definierte kommunale Radverkehrsnetze vorhan- den. In der Bestandsanalyse (siehe Kap. 5) wird auf die verschiedenen Verkehrsinfrastrukturen näher eingegangen.

3.4 Verkehrliche Verflechtungen Die verkehrlichen Verflechtungen werden hier auf Grundlage der Pendlerdaten beschrieben. Nach aktuellem Stand (30.6.201618, Tabelle 2) weisen die Kom- munen des Kreises Siegen-Wittgenstein insgesamt 67.800 inner- gemeindliche Berufspendler und 159.544 Ein- und Auspendler auf. Die Anteile der Ein- und Auspendler sind dabei für das Kreisgebiet nahezu ausgeglichen (Einpendler: 81.620, 51 %; Auspendler: 77.924, 49 %). Die Differenzierung nach Quelle und Ziel zeigt auf, dass rund ein Drittel (36 %) der Berufsauspendler des Kreises Siegen-Wittgenstein über die Kreisgrenze hinausgehen. Wesentlicher Orientierungspunkt der Pendlerverflechtungen ist das Oberzentrum Siegen, welches mit 56.967 Ein- und Auspend- lern einen Pendleranteil von 36 % im gesamten Kreis übernimmt und mit 35.246 Einpendlern und 21.721 Auspendlern einen Ein- pendlerüberschuss aufzeigt. (Tabelle 2)

18 www.pendleratlas.nrw.de bzw. www.ldb.nrw.de; Datenabruf: Oktober 2017

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 15

Tabelle 2: Pendlerdaten des Kreises Siegen-Wittgenstein (www.ldb.nrw.de; Datenstand 30.06.2016) Erwerbstäti- ge (sozial- Sozialversi- versiche- cherungs- Innerge- rungspflich- pflichtig Be- meindliche tig) schäftigte Berufsein- Berufs- Berufspend- Auspendler- (Wohnort)1 (Arbeitsort)2 pendler auspendler ler3 quote4 Bad Berleburg 10.517 9.632 3.135 4.020 6.497 38 % Burbach 7.740 9.160 5.764 4.344 3.396 56 % Erndtebrück 4.047 4.968 3.056 2.135 1.912 53 % Freudenberg 9.576 7.778 4.753 6.551 3.025 68 % Hilchenbach 7.815 6.368 3.469 4.916 2.899 63 % Kreuztal 15.695 14.398 8.347 9.644 6.051 61 % Bad Laasphe 7.382 5.238 1.979 4.123 3.259 56 % Netphen 12.761 9.994 5.882 8.649 4.112 68 % Neunkirchen 6.861 7.592 4.827 4.096 2.765 60 % Siegen 52.396 65.921 35.246 21.721 30.675 41 % Wilnsdorf 10.934 8.371 5.162 7.725 3.209 71 % Summe 145.724 149.420 81.620 77.924 67.800 - 1 Erwerbstätige (sozialversicherungspflichtig) am Wohnort: berechnet sich aus Auspendler und innergemeindli- chen Pendlern 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort: berechnet sich aus Einpendlern und innergemeindli- chen Pendlern 3 Innergemeindliche Pendler: Wohn- und Arbeitsort liegen in derselben Kommune 4 Auspendlerquote: Anteil der Auspendler an den Erwerbstätigen am Wohnort Die Analyse der Quell-Ziel-Beziehung zeigt auf, dass der Großteil der Einpendler von Siegen aus dem Kreisgebiet Siegen- Wittgenstein kommt (20.876 von 35.246, 59 %) und auch der Großteil der Auspendler von Siegen innerhalb des Kreisgebiets Siegen-Wittgenstein bleibt (11.380 von 21.721, 52 %). Das heißt, dass ein Großteil der Pendlerverkehre der Stadt Siegen innerhalb von Siegen-Wittgenstein abgewickelt wird. Die grafische Darstellung der Pendlerverflechtungen zeigt auf, dass vor allem die um die Stadt Siegen liegenden Nachbarkom- munen eine starke Ausrichtung auf Siegen haben. (Bild 6 bzw. Bild 33 im Anhang in DIN A3-Format) Die Abbildung beschränkt sich auf diejenigen Pendlerverflechtun- gen, die ein Aufkommen von mindestens 1.000 Pendlern (Ein- und Auspendler, einfache Strecke) aufweisen. Neben dem Pendlerauf- kommen ist auch die Information über die Pendlerentfernung (Luft- linie) mit dargestellt. Es zeigt sich, dass ein Großteil der Verbin- dungen (13 von 16 Verbindungen) eine maximale Luftlinienentfer- nung von 15 km aufzeigt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 16

Bild 6: Pendlerverflechtungen im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Stand Pendlerdaten Juni 2016)

Aus der aktuellen Mobilitätsbefragung19 geht hervor, dass der MIV auf nahezu allen Relationen im Kreisgebiet dominant ist. Der ÖPNV ist vor allem auf den Relationen von und nach Siegen rela- tiv stark (über 10 % am Gesamtverkehr). Dies sind auch die Rela- tionen mit einem hohen Pendleraufkommen. Es ist zu beachten, dass über die Betrachtung der verkehrlichen Verflechtungen – sowohl die Pendlerverflechtungen, als auch die Verflechtungen aus der Mobilitätsbefragung – keine Aussagen zu streckenbezogenen Verkehrsbelastungen getätigt werden können. Die Kfz-Belastungen, die über Zählungen oder modellgestützte Verkehrssimulationen bestimmt werden, beschränken sich nicht auf den Verkehr der Einwohner (vgl. Mobilitätsbefragung), sondern schließen auch auswärtige Verkehre (Quell-/Ziel- und Durch- gangsverkehre) mit ein. Darüber hinaus stellen die verkehrlichen Verflechtungen einzelne Luftlinienverbindungen dar, die durch das vorhandene Straßennetz zum Teil gebündelt werden (Überlage- rung von mehreren Luftlinienverbindungen). „In 5-Jahres-Intervallen finden bundesweit sogenannte Straßen- verkehrszählungen (SVZ) auf Bundesfern- und Landesstraßen

19 Helmert, 2018: Mobilitätsbefragung zum werktäglichen Verkehrsverhal- ten der Bevölkerung im Kreis Siegen-Wittgenstein

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 17 statt, die in der Zuständigkeit von Kreisen und Gemeinden auch auf das nachgeordnete Straßennetz ausgedehnt werden können. Die zuletzt durchgeführte SVZ 2015 ist abgeschlossen; die Ergeb- nisse werden in Form einer Verkehrsstärkenkarte zugänglich ge- macht.“ 20 (Bild 7 bzw. Bild 34 im Anhang in DIN A3-Format)

Bild 7: Verkehrsstärken Kreis Siegen-Wittgenstein – Straßenverkehrszählung 2015 an den Straßen des übergeordneten Verkehrs (eigene Darstellung; Ausschnitt der Originalübersichtskarte)

20 http://www.vm.nrw.de/verkehr/strasse/Strassenverkehr/Verkehrszaehlung en/index.php; Datenabruf 18.07.2018

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 18

3.5 Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung sowie Touris- mus Wirtschaft „Siegen-Wittgenstein ist eine starke Industrieregion: Fast jeder zweite Arbeitsplatz ist in der Industrie angesiedelt. Die Region ist ein starkes Stück Südwestfalen, der stärksten Industrieregion in NRW.“21 Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Ar- beitsort hat sich im Kreis Siegen-Wittgenstein über viele Jahre stetig positiv entwickelt (Bild 8)22. Mit Stand Juni 2017 waren im Kreis Siegen-Wittgenstein insgesamt 114.321 Sozialversiche- rungspflichtige beschäftigt. Der größte Teil der Beschäftigten mit 41,5 % arbeitet im Produzie- renden Gewerbe, weitere 38,4 % in dem Bereich der sonstigen Dienstleistung, 19,8 % im Handel, Gastgewerbe, Verkehr und La- gerei und lediglich 0,3 % in der Land- und Forstwirtschaft.23

Bild 8: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kreis Siegen-Wittgenstein (Zahlenspiegel Kreis Siegen-Wittgenstein)

21 www.siegen-wittgenstein.de/Region/Wirtschaft/Leitbranchen; Datenab- ruf 18.06.2018 22 Daten zu der Entwicklung der Erwerbstätigen (sozialversicherungs- pflichtig) am Wohnort sind über die Landesdatenbank bzw. die Bunde- sagentur für Arbeit NRW nicht abrufbar. 23 Zahlenspiegel Kreis Siegen-Wittgenstein, Datenstand 30.06.2017

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 19

Die Industrie im Kreisgebiet ist geprägt durch Metall erzeugende und verarbeitende Unternehmen sowie dem Maschinenbau. Die drei großen Industriebereiche Metallerzeugung/-bearbeitung, Her- stellung von Metallerzeugnissen und Maschinenbau bilden bei der Anzahl der Betriebe (insgesamt, über alle Wirtschaftszweige 322 Betriebe), der Beschäftigten (insgesamt, über alle Wirtschafts- zweige 36.538 Beschäftigte) und des Umsatzes (insgesamt, über alle Wirtschaftszweige 9.651.270 €) die größten Anteile. (Tabelle 3)

Tabelle 3: Betriebe, Beschäftigte und Umsatz ausgewählter Industriebereiche (Kommunalprofil Kreis Siegen-Wittgenstein; Datenstand 31.06.2016) Umsatz* Betriebe* Beschäftigte* (1.000 €) Insgesamt (alle Wirtschaftszweige) 322 36.538 9.651.270 davon in den Wirtschaftszweigen … Metallerzeugung und -bearbeitung 35 (10,9 %) 6.227 (17,0 %) 1.952.257 (20,2 %) … Herstellung von Metallerzeugnissen 105 (32,6 %) 10.487 (28,7 %) 2.249.111 (23,3 %) … Maschinenbau 48 (14,9 %) 7.713 (21,1 %) 2.358.945 (24,4 %) …in Summe der genannten Wirtschaftszweige 188 (58,4 %) 24.427 (66,8 %) 6.560.313 (68,0 %) * bezogen auf Betriebe von Unternehmen mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten Seit 2013 sinkt die Arbeitslosenquote im Kreis Siegen-Wittgenstein leicht. Mit Stand Juni 2017 lag sie bei 5,1 %. Im Vergleich dazu lagen der NRW-Durchschnittswert bei 7,4 % und der deutschland- weite Durchschnittswert bei 5,7 %.

Bild 9: Entwicklung der Arbeitslosenquote im Kreis Siegen-Wittgenstein (Zahlenspiegel Kreis Siegen-Wittgenstein)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 20

Wissenschaft und Bildung Die Wissenschaft und Bildung im Kreis Siegen-Wittgenstein ist vor allem durch die ansässige Universität Siegen mit über 19.200 Stu- dierenden und rund 3.200 wissenschaftlichen und nichtwissen- schaftlichen Mitarbeitern geprägt. Der Universität sind zudem eine Business School (berufsbegleitendes Studieren und spezielle Workshops für Personen in Führungspositionen) sowie ein For- schungskolleg (FoKoS) angegliedert. Viele der Studierenden und Beschäftigten leben nicht innerhalb Siegens. „Ein Blick auf die Verkehrsverflechtungen (von-nach) zwischen den Zielen der Universität und dem Umland verdeutlicht den großen Zufluss aus den Kommunen im Kreis Siegen- Wittgenstein, aus dem Nachbarlandkreis Altenkirchen und weit darüber hinaus bis nach Olpe.“ 24 Darüber hinaus sind im Kreisgebiet vier Berufskollegs (Technik; Wirtschaft und Verwaltung; Allgemeingewerbe, Hauswirtschaft und Sozialpädagogik; Wittgenstein) mit insgesamt rund 10.000 Schü- lern sowie ein Hochschulzentrum der FOM Hochschule (berufsbe- gleitende, akademische Aus- und Weiterbildung für Ökonomie und Management) angesiedelt. Tourismus Der Kreis Siegen-Wittgenstein bietet mit einer Vielzahl an histori- schen Ortskernen mit gut erhaltenen Fachwerk- und Schieferge- bäuden sowie der vorhandenen Mittelgebirgstopografie und den im Kreisgebiet entspringenden Quellen Eder, Lahn und Sieg gute Voraussetzungen für den Tourismus. Im Kreisgebiet wird ein Wanderwegenetz von rund 4.750 km Länge gepflegt, wobei u. a. mit dem Rothaarsteig, dem Lahnwanderweg, einigen thematischen Rundwanderwegen sowie dem WaldSkulpturenWeg ausgezeich- nete Qualität geboten wird. Auch im Radbereich wurden mit der Installation eines Knotenpunktsystems regionale Lückenschlüsse im Radverkehrsnetz NRW vorgenommen und regionsweit The- menrouten ausgewiesen. Mitte 2016 wurde das Projekt „Radnetz Südwestfalen“ abgeschlossen. Das Radverkehrsnetz wurde um 140 km auf 524 km Netzrouten im Kreis Siegen-Wittgenstein ver- dichtet. Analog zu den Ergebnissen der Mobilitätsbefragung im Kreis Sie- gen-Wittgenstein (siehe Kap. 5.2) ist auch beim Fahrradtourismus das steigende Interesse an Elektromobilität zu erkennen. Bei- spielsweise können in nahezu allen kreisangehörigen Kommunen E-Bikes/Pedelecs ausgeliehen werden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an kulturellen Angeboten (u. a. Freilichtbühne in Freudenberg, Apollo-Theater und Sieger- landhalle in Siegen sowie diverse Museen).

24 Springsfeld, A. C.; Henninger, K. (2017): Mobilitätskonzept für den „Campus Siegen-Mitte“, Modul 1: Mobilitätsbefragung

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 21

4 Verkehrspolitische Zielsetzung

Das klimafreundliche Mobilitätskonzept des Kreises Siegen- Wittgenstein soll eine Strategie für eine nachhaltige Mobilitätsent- wicklung darstellen. Nachhaltige Entwicklung bedeutet, die heuti- gen, aber auch die zukünftigen Mobilitätsbedürfnisse zu befriedi- gen. Vor diesem Hintergrund müssen neben den sich verändern- den Rahmenbedingungen (u. a. Demografie, Lebensgewohnhei- ten, Klima, Ressourcen) ökologische, soziale sowie ökonomische Aspekte berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich, dass eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung - die Befriedigung der Grundbedürfnisse von Individuen, Un- ternehmen und der Gesellschaft sowie den Zugang sichert, - bezahlbar, fair und effizient ist, - klimafreundlich und ressourcenschonend ist, - in einem partizipatorischen Prozess unter Beteiligung aller relevanter Akteure gestaltet wird. Mobilität und Erreichbarkeit sind für die Attraktivität und Zukunfts- fähigkeit der ländlich geprägten Region als Wirtschafts- und Le- bensraum eine entscheidende Voraussetzung. Erreichbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge und von Arbeitsstätten für alle Bevölkerungsgruppen ist im Hinblick auf die Gewährung gleich- werter Lebensverhältnisse und gesellschaftlicher Teilhabe ein we- sentlicher Faktor. Die Vorgaben des Fördermittelgebers konkretisieren diese grund- legende Zielsetzung punktuell und fordern bei einer ganzheitlichen Betrachtung (alle Verkehrsträger und Nutzergruppen) ein Konzept zur Förderung des Umweltverbunds (ÖPNV, Rad, Fuß), um eine Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu erreichen.

4.1 Strategischer Ansatz aus dem Integrierten Klima- schutzkonzept Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat im Rahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts (IKSK, 2014) zusammen mit den acht betei- ligten kreisangehörigen Städten und Gemeinden eine Handlungs- strategie und Ziele zum Klimaschutz formuliert. Für den Verkehrs- bereich wurden neben dem Bedarf zur weiteren Reduzierung von CO2-Emissionen auch der Bedarf des Ausbaus einer klimafreund- lichen autofreien Mobilität sowie der Weiterentwicklung von be- darfsgerechten Angeboten des ÖPNV festgehalten. Diesen Bedar- fen soll wie folgt begegnet werden:

„Reduzierung von CO2-Emissionen Zentrale Erfordernisse liegen vor allem in einem stetigen Wandel des modal split im Kreisgebiet (Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, Ausweitung der Nutzung öffentlicher Ver- kehrsmittel und anderer autofreier Verkehrsformen).

Ausbau einer klimafreundlichen autofreien Mobilität sowie der Wei- terentwicklung von bedarfsgerechten Angeboten des ÖPNV Maßnahmen sind vor dem Hintergrund von in den zurückliegenden Jahren durchgeführten verkehrsplanerischen und -infrastrukturel- len Maßnahmen des Kreises und der kreisangehörigen Städte und Gemeinden entsprechend der Zielkaskade

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- Verkehr vermeiden, - Verkehr verlagern, - Verkehr nachhaltig und klimafreundlich gestalten umzusetzen. Dieser Ansatz bedingt eine enge Abstimmung mit den Zielen der Stadtentwicklungsplanung und der Verkehrsent- wicklungsplanung des Kreises und der kreisangehörigen Kommu- nen. Der Bedarf einer weiteren Förderung der Elektromobilität besteht, wobei es hinsichtlich der Entwicklung der Elektrofahrradmobilität im Kreisgebiet insbesondere auch gilt, das touristische Radwege- netz zu erhalten und leistungsgerecht zu verbessern.“ 25 Dieser strategische Ansatz in Bezug auf den Verkehrsbereich ent- spricht den Vorgaben des Fördergeldgebers und wurde im Rah- men der Erarbeitung des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts als Klimaschutzteilkonzept berücksichtigt.

4.2 Strategischer Ansatz aus dem Regionalen Entwick- lungskonzept Mit dem Regionalen Entwicklungskonzept (REK, 2015) hat der Kreis Siegen-Wittgenstein eine Handlungsgrundlage für die Pla- nungen und Aktivitäten im Kreisgebiet für verschiedene Bereiche – u. a. auch für den Bereich „Verkehr und Mobilität“ – aufgestellt. Es wurden Leitlinien entwickelt, auf deren Grundlage anschließend entsprechende Maßnahmen und Projekte erarbeitet wurden. Für den Bereich „Verkehr und Mobilität“ wurde folgende Leitlinie bzw. folgendes Leitbild formuliert: „Erhaltung und Verbesserung der Mobilität für die Menschen in der Region und für den Güterverkehr innerhalb der Region, in die Re- gion hinein und aus der Region hinaus“ 26 Darüber hinaus setzen andere Bereiche gute Mobilitätsmöglichkei- ten voraus. Beispielsweise wird im Bereich „Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung“ eine funktionierende und gut ausgebaute überregi- onale Verkehrsanbindung als Voraussetzung für die Wirtschaft – Transport von Gütern, Erfolg der Unternehmen etc. – genannt. Ähnliches kann auch für die Bereiche „Soziales, Jugend und Ge- sundheit“ (z. B. klimafreundliche Mobilität zur Stärkung der Le- bensqualität und Gesundheit), „Ländliche Entwicklung, Natur und Landschaft“ (z. B. den Mobilitätsbedürfnissen entsprechende ver- kehrliche Anbindung der ländlichen Räume) und „Tourismus, Kul- tur und Freizeit“ (z. B. überregionale Verkehrsanbindung zur Ge- währleistung der Erreichbarkeit, gut ausgebaute Rad- und Wan- derwege als Werbemerkmal) identifiziert werden. Vor diesem Hintergrund ist der Bereich „Verkehr und Mobilität“ nicht isoliert zu betrachten, sondern als Querschnittsaufgabe mit Schnittstellen zu einer Vielzahl von anderen Bereichen zu verste- hen.

25 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden; S. 130 26 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2015: Regionales Entwicklungskonzept; S. 8/35

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 23

4.3 Strategischer Ansatz für das klimafreundliche Mobili- tätskonzept Auf Grundlage der vorliegenden strategischen Ansätze wurden die nachfolgenden Ziele für das klimafreundliche Mobilitätskonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein abgeleitet. Sie sind als strategi- sche Leitziele für eine nachhaltige Mobilität zu verstehen, die im Rahmen der Stadt- und Verkehrsplanung vom Kreis und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden berücksichtigt werden sollten. 1. Leitbild „Stadt der kurzen Wege“ Eine kompakte Siedlungsstruktur, Nutzungsmischung sowie ei- ne attraktive Gestaltung der öffentlichen Räume bilden die Vo- raussetzungen, alltägliche Wege in kurzer Zeit und möglichst ohne Pkw zu bewältigen. Dies erfordert eine komfortable, siche- re und möglichst direkte Wegeführung für den Fuß- und Rad- verkehr. 2. Förderung des Fußverkehrs Wie bereits hinsichtlich des Leitbilds „Stadt der kurzen Wege“ aufgezeigt, ist für den Fußgängerverkehr ein kleinräumiges, komfortables, sicheres und möglichst direktes Fußwegenetz von Bedeutung. Dabei ist auf die Nutzbarkeit für alle, d. h. die Barrierefreiheit, zu achten. 3. Förderung des Radverkehr Analog ist auch beim Radverkehr ein komfortables, sicheres und möglichst direktes Radverkehrsnetz von Bedeutung. Hier- bei sollten die Netze jedoch nicht nur kleinräumig, sondern auch großräumig – zur Vernetzung der Kommunen untereinan- der – angelegt und für den alltagstauglichen und touristischen Radverkehr ausgebaut sein. Neben dem Radverkehrsnetz sind sichere Fahrradabstellanlagen und – zur Förderung der Elekt- romobilität – Lademöglichkeiten von Bedeutung. 4. Förderung des ÖPNV In Abstimmung mit den kreisangehörigen Kommunen sind unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit Optimierungsansätze (Angebot und Bedienungsqualität) stets zu prüfen und nach Möglichkeit umzusetzen (Berücksichtigung bei der zukünftigen Fortschreibung des Nahverkehrsplans). Zur Förderung der In- termodalität sollten verkehrsbedeutende ÖPNV-Haltepunkte/ -stellen zu verkehrsmittelübergreifenden Mobilstationen ausge- baut werden. 5. Verträgliche Abwicklung des Kfz-Verkehrs Der Kfz-Verkehr, der nicht auf den Umweltverbund verlagert werden kann, ist so verträglich wie möglich abzuwickeln. Dies erfordert eine Optimierung des Verkehrsflusses (Vermeidung von „stop and go“) sowie eine Förderung von alternativen Kfz- Antrieben. 6. Verträgliche Abwicklung des Wirtschaftsverkehrs Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Siegen-Wittgenstein ist ein leistungsfähiges, gut ausgebautes überregionales Ver- kehrsnetz erforderlich (Gütertransport, Erreichbarkeit des Ar- beitsraums). Um die Lebensqualität der Anwohner so wenig wie

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möglich zu beeinträchtigen, sind hinsichtlich der Lkw-Führung sensible Bereiche zu meiden. Zur Verlagerung des Güterver- kehrs auf die Schiene ist mit dem Container-Terminal in Kreuz- tal eine besondere Infrastruktur vorhanden. 7. Mobilitätsmanagement Das Mobilitätsmanagement wird als Querschnittsaufgabe gese- hen. Es ist eine gegenseitige Abstimmung mit den Zielvorgaben der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung sowie der Bauleitpla- nung erforderlich, so dass diese bei neuen Planungen frühzeitig berücksichtigt werden können. In Bezug auf ein betriebliches Mobilitätsmanagement übernehmen die Verwaltungen (Kreis, Stadt, Gemeinde) eine Vorbildfunktion. 8. Koordinierung und Information Der Kreis übernimmt mit Unterstützung der kreisangehörigen Kommunen und mit weiteren relevanten Akteuren eine koordi- nierende und informierende Rolle bezüglich der Öffentlichkeits- arbeit (Kommunikation, Information, Koordination und Motivati- on). Er ist ein zentraler Ansprechpartner für verkehrliche Fragen und Themenstellungen. Mit Hilfe dieser Leitziele und den zugehörigen Maßnahmen (siehe Kap. 8) soll eine Änderung des Modal Split zugunsten des Um- weltverbunds bewirkt werden, so dass sich die verkehrsbedingten CO2-Emissionen mittel- bis langfristig reduzieren. Ein Leitziel in Form eines für die Zukunft anzustrebenden Modal Split wird an dieser Stelle noch nicht formuliert. Ein anzustreben- der zukünftiger Modal Split wird im Rahmen der Wirkungsanalyse des Klimaschutzszenarios als best-case-Szenario bestimmt (siehe Kap. 12.2).

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5 Bestandsanalyse

In der Bestandsaufnahme wurden eine Vielzahl an vorliegenden Daten und Materialien zusammengetragen. Die Aufbereitung der Informationen erfolgte in Form von thematischen Übersichtskarten. Eingearbeitet wurden zusätzlich die Ergebnisse aus der Datenab- frage der Kommunen sowie die der Mobilitätsbefragung. Ziel der Analyse ist, die Trends und Herausforderungen im Kreis Siegen-Wittgenstein zu identifizieren, bereits angegangene Hand- lungsstrategien zu nennen und weitergehenden Handlungsbedarf zu erkennen.

5.1 Ergebnisse der Mobilitätskonferenzen Um Bürgern, Unternehmen und Verbänden die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung bei der Ausgestaltung der zukünftigen Mobilität zu geben, wurde vom Kreistag die Durchführung von vier Mobili- tätskonferenzen beschlossen. Die Konferenzen wurden themen- bezogen mit nachfolgenden Ergebnissen durchgeführt: 1. Mobilitätskonferenz „Mobil sein – mobil bleiben in Siegen- Wittgenstein“ (22.11.2016 in Siegen) In der Auftaktveranstaltung haben sich ca. 70 Teilnehmer im Rah- men eines World Cafés insbesondere für - bessere Busverbindungen in den Abendstunden sowie - eine Mobilitäts-App für die Nutzung der ÖPNV-Angebote, - eine sichere und eine gut ausgebaute Infrastruktur für den Radverkehr sowie - öffentliche Ladestationen und Abstellmöglichkeiten für E- Bikes/Pedelecs ausgesprochen. Aber auch Visionen wie eine Rolltreppe oder eine Seilbahn zum Haardter Berg oder einen Aufzug in die Oberstadt waren formulierte Wünsche. (Tabelle 4)

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Tabelle 4: Ergebnisse aus dem World Café (1. Mobilitätskonferenz in Siegen)

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2. Mobilitätskonferenz am: „Mobilität – echt elektrisch in Sie- gen-Wittgenstein?!“ (05.04.2017 in Siegen) In der zweiten Mobilitätskonferenz haben sich ca. 80 Teilnehmer mit der Elektromobilität befasst. Elektroautos werden auf Grund fallender Anschaffungskosten und steigender Reichweiten zukünftig mehr Menschen dazu bewegen, die Anschaffung eines Elektroautos in Betracht zu ziehen. Für den prognostizierten Trend der Elektromobilität ist die Schaffung einer Ladeinfrastruktur notwendig. Auch der wachsende Anteil an Elekt- rofahrzeugen im Dienstleistungssektor (Post- und Paketdienste etc.) muss durch eine ausreichende E-Netz-Versorgung zukunfts- fähig gestaltet werden. Als Best-Practice-Beispiele wurden das RUHRAUTOe und eCar- sharing Innogy für die Ansiedlung von Carsharing-Systemen ge- nannt. Diese Beispiele zeigen, wie die gemeinsame Nutzung von Elektroautos durch Kommunen und Bürger funktionieren kann. Der Rhein-Sieg-Kreis bietet mit seinem Pilotprojekt „Ein Rad für alle Fälle“ Pendlern das Ausprobieren von Elektrofahrrädern auf dem Arbeitsweg an. Autofahrer haben so die Möglichkeit, das ge- sunde und umweltschonende Fortbewegen mit einem Elektrofahr- rad über einen längeren Zeitraum zu testen. Das Elektrofahrrad hat den Durchbruch im Radverkehr bereits vollzogen und bietet vor allem in Topografien, wie sie auch im Kreis Siegen- Wittgenstein anzutreffen sind, neue Möglichkeiten der Fortbewe- gung mit ganz anderen Reichweiten. Auch Initiativen wie die südwestfälische Praxisstudie „Dorf ist Energie(klug)“ sorgen für eine verbesserte Mobilität im ländlichen Raum und führen dazu, dass sich erste Ansätze für ein Umdenken bei der Bevölkerung zeigen. Als konkretes Beispiel im Kreis Siegen-Wittgenstein ist hier die Schaffung eines Angebots für ein Dorfauto und die Gründung ei- nes entsprechenden Vereins in Hilchenbach-Grund zu nennen. Darüber hinaus wurde im Projekt „Dörfer mobil“ aus Freudenberg- Oberfischbach der Einsatz eines Elektrobusses zur Anbindung von sieben Dörfern getestet. 3. Mobilitätskonferenz „Car- und Bikesharing – gemeinsam nutzen statt besitzen?“ (23.05.2017 in Siegen) Die dritte Mobilitätskonferenz hat sich mit ca. 60 Teilnehmern dem Thema Car- und Bikesharing gewidmet. Ein Evaluationsprojekt des Bundesverbands Carsharing Berlin hat gezeigt, dass der Ein- satz eines Carsharing-Fahrzeugs im Mittel 15,3 private Pkw er- setzt.27 Um Carsharing an einem Standort zu etablieren, sind auch Kommunen und Politik gefordert. Die kommunalen Dienstwagen- flotten könnten auf Carsharing zurückgreifen und damit für einen definierten Zeitraum eine Starthilfe zur Etablierung des Sharing- Anbieters leisten. Für eine Steigerung der Multimodalität in der Bevölkerung ist eine Verstärkung der Verkehrs- und Mobilitätsan- gebote unerlässlich.

27 Willi Loose (2017): CarSharing im ländlichen Raum – Rahmenbedin- gungen und Erfolgsaussichten für startende Angebote in neuen Orten!; Präsentation zur 3. Mobilitätskonferenz in Siegen

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Darüber hinaus wurde das Fahrradverleihsystem Velocity vorge- stellt. Mit dem Fahrradverleihsystem Velocity Aachen haben Stu- denten ein E-Bike-Verleihsystem entwickelt, das die unterschiedli- chen Universitätsstandorte in der Stadt Aachen durch 15 Stationen verbindet. Die Nutzung der Pedelecs soll auf bis zu 100 Stationen ausgeweitet und in der gesamten Stadt verteilt werden. 4. Mobilitätskonferenz „Grünes Licht für den Fuß- und Rad- Verkehr: Null-CO2 auf Kurzstrecken?!“ (05.07.2017 in Siegen) Die vierte Mobilitätskonferenz mit ca. 50 Teilnehmern hat sich mit dem Thema Fuß- und Radverkehr befasst. Es wurde in zwei the- matisch getrennten Workshops („Fahrradfahren in Siegen- Wittgenstein“, „Sichere und lebenswerte Mobilität in der Stadt und auf dem Land“) gearbeitet. Der Workshop zum Thema „Sichere und lebenswerte Mobilität in der Stadt und auf dem Land“ ergab unter anderem, dass das Ver- kehrsmittel Auto auf Schulwegen von Kindern einen großen Anteil ausmacht und damit die Sicherheit der Schulkinder gefährdet. El- ternhaltestellen sowie Hol- und Bringzonen in einem Mindestab- stand von 300 Metern zum Schulgebäude könnten zu weniger Verkehr und mehr Sicherheit führen. Grundsätzlich sollten Fuß- und Radwege bei der Planung neuer Baugebiete oder Straßen- bauten berücksichtigt werden. (Tabelle 5)

Tabelle 5: Ergebnisse aus dem Workshop „Sichere und lebenswerte Mobilität in der Stadt und auf dem Land“ (4. Mobilitätskonferenz in Siegen)

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Der Workshop zum Thema „Fahrradfahren in Siegen-Wittgenstein“ hat ergeben, dass das vorhandene Radverkehrsnetz nicht alltags- tauglich ist. Elementare Voraussetzung für das Fahrradfahren ist eine entsprechende Infrastruktur. E-Bike/Pedelec bieten auch für lange Distanzen eine neue Mobilität, insbesondere in ländlich ge- prägten Mittelgebirgsregionen, für die jedoch eine verbesserte Infrastruktur, u. a. auch zügig befahrbare Rad(pendler)routen, er- forderlich ist. Politik und Straßenbaulastträger sollten diese Her- ausforderung für die Gestaltung der zukünftigen Mobilität in der Planung berücksichtigen.

Tabelle 6: Ergebnisse aus dem Workshop „Fahrradfahren in Siegen-Wittgenstein“ (4. Mobilitätskonferenz in Siegen)

Die Ergebnisse aus den vier Mobilitätskonferenzen fließen in das Kommunale Mobilitätskonzept mit ein.

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5.2 Ergebnisse der Mobilitätsbefragung Im Zuge der Erarbeitung des Klimaschutzteilkonzepts beauftragte der Kreis Siegen-Wittgenstein im Frühjahr 2017 das Ingenieurbüro Helmert mit der Durchführung und Auswertung einer Mobilitätsbe- fragung zum werktäglichen Verkehrsverhalten. Mit der Mobilitäts- befragung wurde das Verkehrsverhalten der Bevölkerung des Kreises Siegen-Wittgenstein an einem Normalwerktag empirisch erfasst. Auf diese Weise erhält der Kreis im Ergebnis belastbares Zahlenmaterial zum aktuellen, werktäglichen Verkehrsverhalten der Bevölkerung. Nachfolgend wird nur auf die wesentlichen Er- gebnisse der Mobilitätsbefragung eingegangen.28

Mobilität An einem normalen Werktag verlassen 83 % der Bevölkerung das Haus. Es werden am Tag durchschnittlich 2,7 Wege und Fahrten pro Person unternommen. Jeder Weg dauert im Mittel etwas län- ger als 19 Minuten; dabei werden 10 km zurückgelegt. Pro Tag werden insgesamt etwa 55 Minuten für Ortsveränderungen aufge- wendet.

Kfz als Mobilitätsvoraussetzung Um die werktäglichen Wege zu bewerkstelligen, setzen die meis- ten Haushalte auf ein eigenes Kfz. Jeder Haushalt besitzt durch- schnittlich 1,5 Kfz (liegt über NRW-Durchschnittswert von 1,2 Pkw pro Haushalt), in Haushalten mit mindestens drei Personen (Fami- lien) sind sogar durchschnittlich 2,2 Kfz vorhanden. Es lassen sich Unterschiede zwischen der Stadt Siegen und dem restlichen Kreisgebiet erkennen (Siegen: 1,4 Pkw pro Haushalt; restliches Kreisgebiet: 1,6 Pkw pro Haushalt).

Dominanz des Kfz-Verkehrs 77 % aller Wege entfallen auf den Kfz-Verkehr. Die Länge eines normalwerktäglichen Weges liegt bei durchschnittlich 10,3 km, einer Entfernung, die zwar nicht für den Fußverkehr von Bedeu- tung ist, aber durchaus auch per Rad zurückgelegt werden könnte. Auch auf kurzen Distanzen unter 4 km wird in 31 % der Fälle das Kfz genutzt.

ÖPNV und Fuß – Träger des Umweltverbundes Nur 23 % aller Wege der Bürger im Kreis Siegen-Wittgenstein werden mit den Verkehrsmitteln des Umweltverbundes (zu Fuß, Fahrrad, ÖPNV) zurückgelegt. Der Anteil des Radverkehrs fällt dabei mit 4 % im Vergleich zu den anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbunds (ÖPNV 9 %, zu Fuß 10 %) sehr gering aus. Die wenigen Radwege werden hauptsächlich im Freizeitverkehr zu- rückgelegt. Der ÖPNV wird hauptsächlich im Ausbildungsverkehr von Schülern, Auszubildenden und Studierenden genutzt.

28 Helmert, 2018: Mobilitätsbefragung zum werktäglichen Verkehrsverhal- ten der Bevölkerung im Kreis Siegen-Wittgenstein Die Ergebnisse der Mobilitätsbefragung sind auf Grund der Stichproben- größe für den Gesamtkreis, aber – abgesehen von der Stadt Siegen, die sich an der Mobilitätserhebung beteiligt hat – nicht für die einzelnen kreisangehörigen Kommunen repräsentativ.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 31

Gewohnheiten wirken bis ins hohe Alter Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) unternehmen 37 % aller Wege mit Bus und Bahn, 18 % zu Fuß und 4 % mit dem Rad. Mit Erreichen der Volljährigkeit steigt die Bedeutung des Kfz sprung- haft an (von 41 % auf 76 %). Im mittleren Alter zwischen 30 und 64 Jahren ist das Auto das dominierende Verkehrsmittel (86 %). Im Rentenalter, nach über 30 Jahren Individualverkehr, bleibt das Auto Verkehrsmittel Nr. 1. Der Anteil der Fußgänger steigt leicht von 7 % auf 13 %. Erst bei hochbetagten Personen über 80 Jahre nimmt – wahrscheinlich altersbedingt – der Kfz-Anteil leicht ab.

Modal Split im Vergleich zu anderen Kommunen Im Vergleich zum nordrhein-westfälischen Durchschnitt ist vor al- lem der niedrige Anteil des Radverkehrs von 4 % auffällig (NRW- Durchschnitt 10 % Radverkehrsanteil am Modal Split). Ein direkter Vergleich mit anderen Kreisen ist nicht ohne weiteres möglich, da die räumlichen Strukturen (z. B. Einwohnerdichten und Zentrenbe- deutung) und Bedingungen (z. B. Topografie) nicht immer ver- gleichbar sind.29

Verkehrsverflechtungen30 91 % der werktäglichen Wege werden innerhalb des Kreisgebiets zurückgelegt. Dabei zeigen sich starke Verkehrsverflechtungen zwischen benachbarten Kommunen. Insbesondere für Siegen be- stehen sehr starke Verflechtungen zu den Nachbarkommunen.31 Die Differenzierung der Verkehrsverflechtungen nach motorisier- tem Individualverkehr (Kfz) und ÖPNV zeigt die Dominanz des Kfz auf nahezu allen Relationen im Kreisgebiet. Sie zeigt aber auch, dass der ÖPNV auf Relationen von und nach Siegen relativ stark ist.

29 Der Kreis Düren weist eine zum Kreis Siegen-Wittgenstein ähnliche räumliche Struktur auf (Vergleichbare Einwohnerzahl, zum Teil dünn besiedelte Gebiete, Düren sticht – zusammen mit Jülich – vergleichbar zu Siegen als Zentrum heraus). Durch die Nähe zur ist die Topografie zumindest im Südkreis bewegt. Aus der Mobilitätsbefragung aus dem Jahre 2014 geht für den Kreis Düren ein Radverkehrsanteil am Modal Split von 10 % hervor. 30 Es ist zu beachten, dass über die Betrachtung der verkehrlichen Ver- flechtungen keine Aussagen zu streckenbezogenen Verkehrsbelastun- gen getätigt werden können. Die Kfz-Belastungen, die über Zählungen oder modellgestützte Verkehrssimulationen bestimmt werden, beschrän- ken sich nicht auf den Verkehr der Einwohner (vgl. Mobilitätsbefragung), sondern schließen auch auswärtige Verkehre (Quell-/Ziel- und Durch- gangsverkehre) mit ein. Darüber hinaus stellen die verkehrlichen Ver- flechtungen einzelne Luftlinienverbindungen dar, die durch das vorhan- dene Straßennetz zum Teil gebündelt werden (Überlagerung von mehre- ren Luftlinienverbindungen). 31 Die in Kap. 3.4 dargestellten verkehrlichen Verflechtungen beziehen sich ausschließlich auf den werktäglichen Berufs- und Ausbildungsver- kehr. Im Gegensatz dazu beschränken sich die aus der Mobilitätsbefra- gung abgeleiteten Verkehrsverflechtungen auf die werktäglichen Wege der Einwohner des Kreises Siegen-Wittgensteins, wobei hier alle Wege- zwecke eingeschlossen sind. Die grundlegende Aussage, dass vor allem Verflechtungen zwischen der Stadt Siegen und den benachbarten Kom- munen bestehen, ist über beide Analysen (Pendlerverflechtungen, Mobili- tätsbefragung) ableitbar.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 32

Elektromobilität In 15 % der Haushalte im Kreis Siegen-Wittgenstein sind bereits ein oder mehrere E-Bikes oder Pedelecs32 vorhanden. Dies ist bereits ein höherer Anteilswert als die durchschnittliche Ausstat- tung an E-Bikes in Deutschland (8,3 %33)34. Das Entwicklungspo- tential ist groß: der mittlere Besitz eines E-Bikes in Deutschland verdoppelte sich in den vergangenen drei Jahren. Die Weiterent- wicklung der Elektromobilität kann in der bewegten Topografie im Kreisgebiet einen Aufschwung für die Radverkehrsnutzung bedeu- ten.

Bewertung der Verkehrsangebote Das Angebot für den Radverkehr wird mit der Durchschnittsnote 3,6 am schlechtesten bewertet. 24 % der Befragten bewerten das Angebot mit mangelhaft bzw. ungenügend. Als Verbesserungs- möglichkeiten werden von den Radfahrern ein besseres Radver- kehrsnetz und bessere Radwege benannt. Nicht-Radfahrer nen- nen hier ebenfalls bessere Radwege und zudem die Notwendigkeit von E-Bikes/Pedelecs. Das ÖPNV-Angebot wird nicht viel besser bewertet (Durch- schnittsnote 3,4). 23 % der Befragten bewerten das Angebot mit mangelhaft bzw. ungenügend. Als Verbesserungsmöglichkeiten benennen ÖPNV-Stammkunden eine Taktverdichtung (rund 25 %). Im Gegensatz dazu sind für den Nicht-Stammkunden güns- tigere Tarife und eine Taktverdichtung von Bedeutung.35 Das Angebot für den Fußverkehr schneidet mit einer Durch- schnittsnote von 2,7 besser ab. Der Anteil „mangelhaft bzw. unge- nügend“ fällt deutlich kleiner aus (9 %). Daraus lässt sich auf ein größeres Potenzial für den ÖPNV und den Radverkehr schließen.

32 „Pedal Electric Cycle“ (Pedelec) ist ein Fahrrad, bei dem der Fahrer beim Treten von einem Elektroantrieb unterstützt wird. Dazu gehört eine elektronische Steuerung, die automatisch verhindert, dass der Motor auch ohne in die Pedale zu treten und oberhalb einer gesetzlich festge- legten Geschwindigkeit von in der Regel 25 km/h Leistung abgibt. Das Pedelec ist somit versicherungs- und zulassungsfrei und zählt weiterhin als Fahrrad. Davon abgegrenzt werden E-Bikes, bei denen sich die Fahrgeschwindig- keit auch unabhängig vom Treten (über Drehgriff oder Schaltknopf) regu- lieren lässt. Wird die Motorleistung von 1000 Watt und eine Höchstge- schwindigkeit von maximal 25 km/h nicht überschritten, gelten diese Fahrzeuge als Kleinkraftrad. Sie sind mit einem Elektromofa zu verglei- chen und damit versicherungs- und zulassungspflichtig. 33 Statistisches Bundesamt (2017): Wirtschaftsrechnungen – Laufende Wirtschaftsrechnungen – Ausstattung privater Haushalte mit ausgewähl- ten Gebrauchsgütern Ein NRW-Durchschnittswert über die Anteile an Haushalten mit E-Bikes ist nicht veröffentlicht und kann an dieser Stelle nicht benannt werden. 34 Im Gegensatz dazu fällt der allgemeine Fahrradbesitz mit 1,7 Fahrrä- der pro Haushalt geringer als der NRW-Durchschnittswert (1,9) aus. 35 Hierbei ist zu beachten, dass Nicht-Stammkunden ggf. auf Grund der geringen Nutzungshäufigkeit nicht immer gut informiert sind und es damit zu Fehleinschätzungen kommen kann.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 33

5.3 Ergebnisse der kommunalen Datenabfrage Zur kreisweiten Datenerfassung wurde eine schriftliche Datenab- frage in Form eines Fragebogens bei den kreisangehörigen Kom- munen durchgeführt (Fragebogen ist im Anhang aufgeführt). Ziel dieser Abfrage ist es, alle verkehrsrelevanten Informationen zu Daten und Materialien, aber auch zu Strategien und Zielsetzungen zusammenzutragen.

Verkehrsbezogene Konzepte (Frage 1-3) Auf kommunaler Ebene sind folgende Konzepte mit Verkehrsbe- zug typisch: - Verkehrsentwicklungsplan, - Radverkehrskonzept, - Fußverkehrskonzept, - Nahmobilitätskonzept und - Klimaschutzteilkonzepte Verkehr/Mobilität. Die Datenabfrage zeigt auf, dass von den elf kreisangehörigen Kommunen nur fünf Kommunen mindestens eins dieser Konzepte erstellt haben (drei Verkehrsentwicklungspläne, drei Radverkehrs- konzepte, ein Klimaschutzteilkonzept), wobei von keiner Kommune ein Fußverkehrskonzept oder ein Nahmobilitätskonzept aufgestellt wurde. Neben den Konzepten mit Schwerpunkt Verkehr/Mobilität gibt es thematisch übergreifende Konzepte, die das Thema Ver- kehr/Mobilität mit aufgreifen (z. B. Einzelhandelskonzept, Stadt- entwicklungskonzept, Dorfentwicklungskonzept). Bis auf eine Kommune weisen die anderen Kommunen mindestens eins – oft- mals auch mehrere – dieser übergreifenden Konzepte auf. Aus diesem Ergebnis lässt sich ablesen, dass das Thema Ver- kehr/Mobilität nicht unbeachtet bleibt, sondern oftmals in übergrei- fenden Konzepten mitgedacht wird. In Bezug auf den ÖPNV obliegt dem Kreis Siegen-Wittgenstein die Aufgabenträgerfunktion (gemäß §3 Abs. 1 ÖPNVG). Er ist als zu- ständige Behörde verantwortlich für die Aufstellung und Be- schlussfassung des Nahverkehrsplans im Kreisgebiet. Mit der Auf- gabenwahrnehmung der Planung und Organisation des ÖPNV hat der Kreis Siegen-Wittgenstein den Zweckverband Personennah- verkehr Westfalen-Süd (ZWS) beauftragt. Am 27.03.2015 hat der Kreistag des Kreises Siegen-Wittgenstein die Fortschreibung des Nahverkehrsplans 2006 beschlossen, so dass nun mit dem Nahverkehrsplan 2016 ein aktuelles ÖPNV- Konzept vorliegt. Mit dem neuen Nahverkehrsplan 2016 wurde ein neuer, finanziell realistischer Handlungsrahmen für die nächsten Jahre entwickelt. „Der Nahverkehrsplan soll dazu beitragen, den täglichen Verkehr möglichst sozial- und umweltverträglich zu ge- stalten. Hierbei soll die Mobilität der Bevölkerung zum Erhalt der Lebensqualität und die Attraktivität der Wirtschaftsstandorte im Kreis Siegen-Wittgenstein sichergestellt werden.“ (NVP 2016). Für die zukünftige Gestaltung des ÖPNV werden im Wesentlichen drei Leitziele verfolgt: - Sicherung der ÖPNV-Mobilität, - Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV und - Steigerung der Wirtschaftlichkeit des ÖPNV.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 34

Verkehrsbezogene Strategien und Ziele (Frage 4) Strategien und Ziele sollen die Ausrichtung der Planungsaktivitä- ten festlegen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen auf, dass im Allgemeinen das Vorhandensein einer Strategie oder von Zielen im Zusam- menhang mit der Aufstellung von Konzepten steht. Wie bei den verkehrsbezogenen Konzepten verfügen sechs der elf Kommunen über keine Strategie. Diejenigen Kommunen, die über aktuelle verkehrsbezogene Konzepte verfügen (fünf Kommunen), haben auch eine Strategie bzw. Ziele entwickelt. Nur zwei von elf Kommunen haben zum Fußverkehr eine Strategie bzw. Ziele formuliert. Diese geringe Anzahl korrespondiert mit den fehlenden Konzepten zum Fußverkehr. Damit liegt der Schwer- punkt beim nichtmotorisiertem Verkehr auf dem Radverkehr (fünf von elf Kommunen mit einer Strategie bzw. mit Zielen zum Rad- verkehr). Folgende Ziele zum Fußverkehr wurden genannt: - Aufstellung eines gesamtstädtischen Wegenetzkonzepts, - kurze Wege durch Verdichtung der Ortskerne, - Reduzierung des MIV. Folgende Ziele zum Radverkehr wurden genannt: - Aufstellung eines gesamtstädtischen Radverkehrsnetzkon- zepts, - verbesserte Anbindung der Ortsteile mit Hilfe von durchge- henden Radwegen, - Netzausbau und Anbindung an das überregionale Netz, - Lückenschlüsse Radwege, - Stärkung des Radverkehr, - E-Bikes. Positiv zu bewerten ist, dass drei der fünf Kommunen mit einer aufgestellten Strategie oder mit Zielen zum Fuß- und/oder Radver- kehr, diese auch politisch beschlossen haben. Dennoch zeigt die Befragung auch auf, dass sechs von elf Kommunen weder eine Strategie aufgestellt, noch diese beschlossen haben.

Netzplanung für Fuß- und Radverkehr (Frage 5) Ähnlich zum Zusammenhang zwischen den verkehrsbezogenen Konzepten und einer Strategie lässt sich auch ein Zusammenhang zwischen den verkehrsbezogenen Konzepten und der Netzpla- nung im Fuß- und Radverkehr erkennen. Die Kommunen, die über keine verkehrsbezogenen Konzepte verfügen, geben an, dass sie keine Netzplanung für den Fuß- und Radverkehr haben (sechs Kommunen). Ebenfalls ist der Schwerpunkt bzgl. des Radverkehrs zu erkennen. Während fünf Kommunen eine Netzplanung für den Radverkehr angezeigt haben, trifft dies nur für eine Kommune bzgl. des Fußverkehrs zu. Hinsichtlich Netzplanung für den Radverkehr ist anzumerken, dass eine Kommune auf das landesweite Radverkehrsnetz NRW und das zugehörige Knotenpunktsystem verwiesen hat. Das Radver- kehrsnetz NRW berücksichtigt insbesondere den Bedarf im All- tagsverkehr durch die Verbindung der Zentren von Kommunen sowie der Bahnhöfe und wird durch touristische Routen ergänzt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 35

Somit ist das Radverkehrsnetz NRW eher als übergeordnetes Radverkehrsnetz – z. B. auf Kreis- und Regionsebene – zu verste- hen und weniger als Radverkehrsnetz auf Stadt- oder Gemeinde- ebene. Falls sich auch die anderen vier Kommunen mit einer Netzplanung für den Radverkehr auf das Radverkehrsnetz NRW beziehen, liegt gegebenenfalls gar kein Radverkehrsnetz auf Stadt- oder Gemeindeebene im Kreisgebiet von Siegen- Wittgenstein vor.36

Mängelmeldung und -verwaltung (Frage 6 und 7) Zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs sind Qualität und Funk- tionsfähigkeit der Infrastruktur von großer Bedeutung. Von daher ist es wichtig, dass vorhandene Mängel erfasst werden und Ver- kehrsteilnehmer Mängel direkt melden können, so dass diese zeit- nah begutachtet und behoben werden können (Mängelkataster). Dies haben auch die kreisangehörigen Kommunen erkannt. Alle Kommunen bieten ihren Bürgern die Möglichkeit an, Mängel anzu- zeigen. In der Regel ist hierfür der Bürgerservice zuständig. Mittei- lungen können via Telefon, Email oder Internet getätigt werden. Hinsichtlich des Mängelkatasters zeigt sich eine Prioritätenreihung bei den Verkehrsarten: - Fußverkehr: 2 Kommunen, - Radverkehr: 4 Kommunen, - Straßenverkehr: 6 Kommunen (davon einmal in Bearbeitung).

Kommunale Stellplatzsatzung (Frage 8) Mit dem Wissen, dass Stellplätze Kfz-Verkehr anziehen, stellt eine kommunale Stellplatzsatzung heute ein kommunales Steuerungs- instrumentarium der Stadt- und Verkehrsplanung dar. Sie bietet „verschiedene Möglichkeiten, den Bau von Stellplätzen zu be- schränken bzw. zu untersagen, wenn städtebauliche oder verkehr- liche Gründe es erfordern, oder den Bau von Stellplätzen durch Maßnahmen des Bauherren zu ersetzen, die den Kfz-Verkehr ver- ringern. Mit dem Ziel, den Radverkehr zu fördern, wird seit den 1990er Jahren zunehmend auch die Vorhaltung von Fahrradab- stellanlagen geregelt.“37 Mit der am 15. Dezember 2016 im Landtag NRW beschlossenen Novelle der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen erhalten die nordrhein-westfälischen Kommunen erstmals die Möglichkeit, ei- gene kommunale Stellplatzsatzungen aufzustellen. „Sie ermögli- chen es, die Stellplatzregelungen differenziert auf örtliche Gege- benheiten und kommunale Entwicklungsstrategien auszurichten. Die Stellplatzsatzung kann so als Baustein der kommunalen Ver-

36 Zum Thema Radverkehrsnetz wurde im Rahmen der Erarbeitung des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts ein Workshop mit den kreisangehö- rigen Kommunen durchgeführt. Die Ergebnisse sind auf Grund des De- taillierungsgrads im Anhang dargestellt. 37 Zukunftsnetz Mobilität NRW, o. J.: Kommunale Stellplatzsatzungen - Leitfaden zur Musterstellplatzsatzung NRW

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 36 kehrsentwicklung und des Mobilitätsmanagements genutzt wer- den.“ 38 Damit kann eine Stellplatzsatzung im Rahmen des Parkraumma- nagement als Fördermöglichkeit für Nahmobilität39 eingesetzt wer- den. Die Befragungsergebnisse zeigen jedoch auf, dass bis auf die Kreisstadt Siegen keine andere Kommune im Kreis Siegen- Wittgenstein eine kommunale Stellplatzsatzung hat.

Verkehrliche Verknüpfungspunkte (Frage 9) Zur Förderung des ÖPNV sind Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen Verkehrsmitteln anzubieten wie zum Beispiel Park & Ride und Bike & Ride. Eine Sonderform der Verknüpfungsmöglichkeiten bilden die Mobilstationen. Je nach räumlicher Lage (z. B. ländli- cher/städtischer Raum; Verkehrsknotenpunkt/Quartier) erfüllen sie unterschiedliche Aufgaben, wodurch sich unterschiedliche Anfor- derungen für die Ausstattung ergeben. Dabei ist die Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsangebote in allen Bereichen die Kern- aufgabe, jedoch variiert die Anzahl bzw. die Art der verknüpften Verkehrsangebote mit der Lage. In der geringsten Stufe sollten mindestens zwei Verkehrsmittel verknüpfbar sein (schienenge- bundener ÖPNV, straßengebundener ÖPNV, Pkw, Fahrrad, Taxi, Carsharing, Bikesharing, Lastenfahrräder oder Fernbusse). Im Gegensatz zu einfachen Park & Ride- und Bike & Ride-Anlagen sollten an Mobilstationen weitere Serviceangebote (Ladestationen für Pkw und Fahrräder, Gepäckschließfächer, Gastronomie, Ser- vicepunkte, Verkaufsautomaten, W-LAN), Aufenthaltselemente (Witterungsschutz, Aufenthaltsraum, Sitzgelegenheiten) sowie Informationsangebote (Informationen zum Angebot der Mobilstati- on, Übersichts-/Stadtplan, Dynamische Fahrgastinformation des ÖPNV, Notruf-/Informationssprechstelle) eingerichtet sein. Im Kreisgebiet steht die Verknüpfung des ÖPNV mit anderen Ver- kehrsmitteln im Vordergrund, dabei dominiert die Verknüpfung mit dem Kfz (Park & Ride). In insgesamt sieben der elf Kommunen sind Park & Ride-Anlagen vorhanden, zwei weitere Kommunen planen eine Anlage einzurichten. Der Großteil der Park & Ride- Anlagen liegt an Bahnhöfen und Bahnhaltepunkten. Bike & Ride- Anlagen sind in drei Kommunen vorhanden, zwei weitere Kommu- nen planen eine Anlage einzurichten. Die Kreisstadt Siegen gibt an, dass es sich beim Hauptbahnhof um eine Mobilstation handelt. Weitere Kommunen zeigen bisher keine Mobilstation an. Zwei Kommunen weisen jedoch darauf hin, dass sie die Einrichtung einer Mobilstation planen. Positiv zu bewerten ist dabei, dass es sich hierbei nicht ausschließlich um große Kommunen handelt, sondern dass auch eine kleinere Kommune (” 15.000 Einwohner) hier aktiv werden will.

38 Zukunftsnetz Mobilität NRW, o. J.: Kommunale Stellplatzsatzungen - Leitfaden zur Musterstellplatzsatzung NRW Es ist zu beachten, dass sowohl die Musterstellplatzsatzung NRW als auch der Leitfaden auf der am 15. Dezember 2016 im Landtag NRW beschlossenen Novelle der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen beruhen. Nach der NRW-Landtagswahl hat die neue Landesregierung beschlossen, die Landesbauordnung noch einmal zu überarbeiten. Die- ser neue Gesetzentwurf wurde nun am 19. März 2018 in den Landtag NRW eingebracht. Der Beschluss steht zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. 39 Nahmobilität bezeichnet die kleinräumige nichtmotorisierte Mobilität.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 37

Zwei der kreisangehörigen Kommunen nennen zudem die vorhan- denen Mitfahrerparkplätze (Park & Drive) an der Autobahn.

Elektromobilität (Frage 10) Auf Grund von technischen Entwicklungen ergeben sich neue Möglichkeiten in Bezug auf das Themenfeld Verkehr/Mobilität. Dazu gehört auch die Elektromobilität, durch die auf der einen Sei- te Kfz-Fahrten klimafreundlicher und auf der anderen Seite Fahr- rad-Fahrten schneller und mit mehr Komfort durchgeführt werden können. Dadurch lassen sich im Radverkehr nun auch längere und steigungsreichere Strecken zurücklegen. Nahezu alle kreisangehörigen Kommunen fördern die Elektromobi- lität durch öffentliche Ladestationen: - Pkw: 11 Kommunen (davon zweimal ausschließlich Planungen), - Pedelec: 9 Kommunen (davon einmal ausschließlich Planungen). Auffällig ist, dass nur wenige Kommunen Informationen (Über- sichtkarten oder Hinweistafeln) zur vorhandenen Ladeinfrastruktur anbieten (Pkw: drei Kommunen; Pedelec: zwei Kommunen).

Verkehrszähldaten (Frage 11) Verkehrszähldaten ermöglichen die Analyse des Verkehrsauf- kommens (z. B. Verkehrsentwicklung). Sie sind aber beispielswei- se auch als Informationsgrundlage zur Ausrichtung der Verkehrsin- frastruktur notwendig. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass nur wenige der kreisan- gehörigen Kommunen eigene Verkehrszählungen durchführen bzw. durchführen lassen. Im Kfz-Verkehr beruft sich ein Großteil der Kommunen (sechs von elf Kommunen) konkret auf die Daten der bundesweiten Straßenverkehrszählung (SVZ), die alle fünf Jahre durchgeführt wird (zuletzt 2015). Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine Zählung primär auf Bundesfernstra- ßen handelt. Länder, Kreise und Kommunen haben darüber hin- aus Gelegenheit, die Zählung auf das nachgeordnete Netz in ih- rem jeweiligen Zuständigkeitsbereich auszudehnen und eine Aus- wertung im bundesweit einheitlichen Maßstab vornehmen zu las- sen. Im nichtmotorisierten Verkehr (Fuß- und Radverkehr) werden so gut wie keine Verkehrszählungen durchgeführt (Zählungen im Radverkehr wurden zweimal genannt, Zählungen im Fußverkehr keinmal).

Informationen mit Bezug zum Thema „Mobilität“ (Frage 12) Wie auch später im Kap. 11 bzw. Kap. 11.2 dargestellt wird, spielt die Information zusammen mit Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligung eine zentrale Rolle in Bezug auf das Mobilitätsverhalten der Ein- wohner. Um die Potenziale der Öffentlichkeit als Verursacher von Mobilität bzw. Nutzer von Mobilitätsangeboten zu aktivieren, muss sie sachlich über Projektergebnisse und verkehrsrelevante The- men informiert, aber auch emotional zur Nutzung umweltfreundli- cher Mobilitätsangebote motiviert werden.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 38

Die Bedeutung von Informationen ist nur wenigen Kommunen im Kreisgebiet bewusst. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass sechs der elf kreisangehörigen Kommunen keinerlei Informationen mit Bezug zum Thema „Mobilität“ bereitstellen, weder über Flyer oder Kartenmaterial noch über die kommunale Homepage bzw. das Internet. Nur eine Kommune hat angegeben, sich an Aktions- tagen zu beteiligen bzw. Aktionstage durchzuführen (Anradeln, Elektromobilität).

Maßnahmen zur Förderung des Umweltverbunds (Frage 13-15) Da die kommunalen Strukturen nicht überall gleich sind, wurde auch nach innovativen/besonderen Maßnahmen zur Förderung des Umweltverbunds gefragt. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass hier der Schwerpunkt deutlich auf dem ÖPNV liegt. Folgende Maßnahmen wurden be- nannt: - MobilitätsCard40, - Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB), - Bürgerbus, - Maßnahmen zur ÖPNV-Beschleunigung (Planung), - Radabstellanlagen an Haltestellen. Hierbei ist auffällig, dass das kostenlose SchülerTicket (siehe Kap. 5.4) gar nicht und die MobilitätsCard nur von zwei Kommu- nen genannt wurden. Diese beiden Maßnahmen werden demnach vermutlich von den maßgeblichen Entscheidern nicht hinreichend als Fördermaßnahme des ÖPNV erkannt (siehe Steckbrief Ö 7). Hinsichtlich des Fußverkehrs wurden von zwei Kommunen folgen- de Maßnahmen genannt: - Bänke im Stadtgebiet, - reine Fußwege als Verbindungswege, - Freiraum/-platz als Begegnungsstätte (geplant). Eine weitere Kommune hat angegeben, Maßnahmen in Planung zu haben (ohne Nennung der konkreten Maßnahmen). Zum Radverkehr haben zwei Kommunen folgende Maßnahmen genannt: - Öffentlich zugängliche Ladestationen für Pedelecs, - Knotenpunktsystem mit Wegweisung (Radverkehr). Insgesamt ist festzustellen, dass Maßnahmen nicht hinreichend als Fördermaßnahme bekannt sind. Hier kann mit Hilfe einer ent- sprechenden Information und Kommunikation (siehe Kap. 11) nachgearbeitet werden. Um den Sachstand zum Klimaschutz im Verkehr zu erfassen, wur- de zudem nach neuen, über das integrierte Klimaschutzkonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein41 hinausgehende Maßnahmen mit Bezug zu Verkehr/Mobilität gefragt. Lediglich die Kreisstadt Siegen hat hier Neuerungen angegeben (Aufstellung eines Ver-

40 kostengünstige Monatskarte für Empfänger von Sozialleistungen für die Nutzung von Bus und Bahn im gesamten Binnennetz der Verkehrs- gemeinschaft Westfalen-Süd (VGWS), siehe Kap. 5.4 41 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 39 kehrsentwicklungsplans sowie die Förderung des Radverkehrs). Der politische Beschluss dieser Vorhaben sei in Vorbereitung, aber noch nicht beschlossen.

Wünsche und Anregungen von Bürgern (Frage 16) Oftmals werden konkrete Wünsche bzw. Anregungen direkt von den Bürgern selbst oder über die Politik an die Verwaltung heran- getragen. Dies zeigen auch die Befragungsergebnisse. Lediglich drei kreisangehörige Kommunen haben angegeben, dass keine Wünsche bzw. Anregungen vorliegen.42 Von den anderen Kom- munen wurden folgende Themen benannt: - Verbesserung der Infrastruktur (ohne weitere Konkretisie- rung), - Verbesserung der Anbindung von Ortsteilen (ohne weitere Konkretisierung). - mehr Radwege (ohne weitere Konkretisierung), - mehr Radweg-Anbindungen an das Oberzentrum Siegen, - Verbesserung der Radwegführung (ohne weitere Konkreti- sierung), - Verbesserung des ÖPNV-Angebots (mehrmals benannt, aber ohne weitere Konkretisierung), - Verbesserung der Verkehrssicherheit. Aus den Antworten lässt sich ein Handlungsbedarf im ÖPNV sowie im Radverkehr erkennen.

Sonstige Aktivitäten der kreisangehörigen Kommunen Im Rahmen des Beteiligungsprozesses wurde an verschiedenen Stellen auf die Netzwerk-Aktivitäten und Teilnahmen an Förder- programmen hingewiesen. Nachfolgend sind diese zusammenfas- send dargestellt. Die Stadt Siegen ist seit dem Frühjahr 2016 zusammen mit fünf anderen Städten Mitglied im bundesweiten Städte-Netzwerk „Re- giopole“. Ziel des Netzwerkes ist, „kleine Großstädte“ außerhalb der Metropolregionen zu verbünden, um zukünftig die Bedeutung von ihnen und ihren Interessen als wirtschaftsstarke Oberzentren – z. B. im Zusammenhang mit Infrastrukturentscheidungen im Be- reich Straße und Schiene – auf den übergeordneten Ebenen (EU, Bund, Land) zu vertreten. Davon wird auch der Kreis Siegen- Wittgenstein profitieren. LEADER43 ist ein Förderprogramm der Europäischen Union, mit dem lokale Aktionsgruppen im ländlichen Raum bei der Entwick- lung, Ausarbeitung und Umsetzung von innovativen Projekten un- terstützt werden. Mit Hilfe der Unterstützung sollen sich die ländli- chen Räume eigenständig entwickeln und festigen können. Im Kreis Siegen-Wittgenstein gibt es zwei LEADER-Regionen. Zum einen die LEADER-Region Wittgenstein mit Bad Laasphe, Bad

42 Hier ist anzunehmen, dass auch in den drei Kommunen mit negativer Antwort Wünsche und Anregungen aus der Bürgerschaft vorliegen, diese jedoch ggf. intern nicht ausreichend kommuniziert wurden. 43 LEADER ist die Abkürzung von „Liaison entre actions de développe- ment de l’économie rurale“ (Verbindung zwischen Aktionen zur Entwick- lung der ländlichen Wirtschaft). In NRW unterstützt das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MULNV) die LEADER-Regionen.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 40

Berleburg und Erndtebrück und zum anderen die LEADER-Region 3-Länder-Eck mit Burbach, Neunkirchen und Wilnsdorf. Durch eine intensive Bürgerbeteiligung und Vernetzung der lokalen Akteure sollen Ideen, Aktivitäten und Engagement in Wittgenstein sowie im Drei-Länder-Eck angeregt und vorangebracht werden. Neben den LEADER-Regionen hat das Integrierte kommunale Entwicklungskonzept (IKEK) im Kreis Siegen-Wittgenstein eine große Bedeutung. Nahezu alle kreisangehörigen Kommunen (Ausnahme Stadt Siegen und Stadt Berleburg) haben ein IKEK mit externer Unterstützung erarbeiten lassen. Mit breiter Mitwirkung der Bürger und weiteren relevanten Akteuren werden gesamt- kommunale strategische Aussagen über künftige Schwerpunkte, Ziele und (Leit-)Projekte getroffen. Damit soll zum einen die Aus- richtung der zukünftigen Dorfentwicklung festgelegt und zum ande- ren eine fundierte Fördergrundlage geschaffen werden. Die angedachten Projektansätze und entwickelten Projekte aus den LEADER-Regionen und den IKEK-Kommunen sind vielfältig. Das Themenfeld Verkehr/Mobilität wird mitbehandelt (z. B. E- Bürgerauto Hickengrund Burbach oder Pedelec-Verleihsystem als Projektidee in Wittgenstein). Da es sich hierbei in beiden Fällen um Projektansätze aus der Bürgerschaft handelt, sollten diese bei den zukünftigen Mobilitätsaktivitäten Berücksichtigung finden.

Resümee Über die kommunale Datenabfrage zeigt sich, dass bisher nur zwei der insgesamt elf kreisangehörigen Kommunen einen Ver- kehrsentwicklungsplan (VEP) aufgestellt haben. Einer der beiden VEP ist älter als 20 Jahre und erfordert eine Fortschreibung. Eine weitere Kommune plant die Aufstellung eines VEP für das nächste Jahr. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, dass die Ziele des kreisweiten Mobilitätskonzepts in einem nächsten Schritt mit Hilfe eines Verkehrsentwicklungsplans auf die Stadt- und Gemeinde- ebene heruntergebrochen wird. Arbeitsinhalte sind beispielsweise: - Festlegung eines Fuß- und Radverkehrsnetzes (Haupt- und Nebenrouten) auf Stadt-/Gemeindeebene (unter Be- rücksichtigung von Schnittstellen zum übergeordneten kreisweiten Radverkehrsnetz), - Bestandsanalyse für das festgelegte Fuß- und Radver- kehrsnetz, - Handlungskonzept zur Optimierung der Verträglichkeit des nichtmotorisierten Verkehrs (Fuß- und Radverkehr) mit dem Kfz-Verkehr, - Bestandsanalyse hinsichtlich des ruhenden Kfz-Verkehrs (Angebot, d. h. Anzahl und Bewirtschaftungsform; ggf. Nachfrage), - Aufstellung einer kommunalen Stellplatzsatzung, - Identifizierung geeigneter Standorte für Ladeinfrastruktur (Pkw, Pedelec) – falls noch nicht festgelegt, - Handlungskonzept zur Unterstützung des ÖPNV (u. a. Identifizierung geeigneter Standorte für Mobilstationen). Falls kleinere Kommunen sich nicht in der Lage sehen, solch ein Projekt durchzuführen, ist auch ein Zusammenschluss von mehre-

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 41 ren benachbarten Kommunen für eine gemeinsame Aufstellung eines VEP denkbar.

5.4 ÖPNV Dem Kreis Siegen-Wittgenstein obliegt die Aufgabenträgerfunktion für den ÖPNV (gemäß §3 Abs. 1 ÖPNVG). Er ist als zuständige Behörde für die Aufstellung und Beschlussfassung des Nahver- kehrsplans im Kreisgebiet verantwortlich. Mit der Aufgabenwahrnehmung der Planung und Organisation des ÖPNV hat der Kreis Siegen-Wittgenstein den Zweckverband Per- sonennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) beauftragt. Die unterneh- mensneutrale Regieebene, die für die Ausgestaltung rechtskon- former Strukturen verantwortlich ist, übernimmt die Verkehrsge- meinschaft Westfalen-Süd (VGWS)44 in Zusammenarbeit mit dem ZWS. „Zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung in der Planung, Orga- nisation und Ausgestaltung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) haben die westfälischen Zweckverbände […] [– darunter auch der ZWS –], die bis zum 31.12.2007 Aufgabenträger für den SPNV waren, den neuen Zweckverband Nahverkehr Westfalen- Lippe (NWL) gegründet.“ Seit dem 01.01.2008 liegt die Aufgaben- trägerschaft für den SPNV in Westfalen-Lippe beim NWL.45 Wie bereits im Grundlagenkapitel „Beschreibung des Kreisgebiets“ (Kap. 3) dargestellt, sind die räumlichen Strukturen im Kreisgebiet nicht einheitlich. Während sich die Siedlungsflächen vor allem im westlichen Teil des Kreisgebiets konzentrieren und bandartige Strukturen aufweisen, ist das nordöstliche Kreisgebiet dünner und disperser besiedelt. Diese Strukturen stellen die ÖPNV-Planung für den gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein im Zusammenhang mit dem Ziel, die Eigenwirtschaftlichkeit des straßengebundenen ÖPNV möglichst weitgehend zu erhalten bzw. herzustellen, schon heute vor große Herausforderungen. Während die bandartige und dichte Siedlungsstruktur im Siegerland gut zu bedienen ist, erge- ben sich durch die dünn besiedelten und dispers verteilten Sied- lungsflächen im Wittgensteiner Land eine geringe Fahrgastnach- frage verbunden mit weiten Strecken. Zukünftig kommen noch die prognostizierten rückläufigen Schülerzahlen hinzu, so dass die Herausforderungen noch größer werden.

Schienengebundener ÖPNV (SPNV) Im ersten Nahverkehrsplan Westfalen-Lippe sind ein Leitbild und die zugehörigen Ziele des SPNV beschrieben. Nach dem Leitbild soll eine den Bedürfnissen entsprechende Mobilität ermöglicht werden, die durch adäquate SPNV-Dienstleistungen unter Beach- tung der Wirtschaftlichkeit und Sicherung der Qualität gewährleis- tet wird. Ziele zur Erfüllung des Leitbildes sind: - Mobilität für alle, - integriertes und zukunftsorientiertes System,

44 In der VGWS sind die in der Region Westfalen-Süd eigenwirtschaftlich agierenden Verkehrsunternehmen (zuständig für die des ÖPNV nach den vom Aufgabenträger vorgegebenen Bedingungen) sowie der ZWS zu- sammengeschlossen. 45 NWL (2011): Nahverkehrsplan Westfalen-Lippe - Erster Nahverkehrs- plan für den SPNV im NWL

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- hohe Qualität und Zuverlässigkeit, - Wirtschaftlichkeit durch effizienten Mitteleinsatz, - Sicherung und zielgerichteter Ausbau der Infrastruktur, - transparente und verständliche Tarif- und Vertriebssyste- me, - Einbringung der westfälischen Positionen und Anforderun- gen in NRW, - Kompetenzen der NWL-Mitgliedsverbände effektiv einset- zen. Der Kreis verfügt über ein Schienennetz, das mit 9 regionalen Zug- linien46 Verbindungen ins Ruhrgebiet, ins Rheinland und in den Großraum Rhein-Main ermöglicht. Die IC-Verbindung (EC/IC 62), die Siegen Hbf abends angefahren hat und morgens von dort ab- gefahren ist, wurde eingestellt, so dass der Kreis Siegen- Wittgenstein derzeitig über keine Fernverkehrslinie mehr verfügt. Die DB Fernverkehr AG und der NWL entwickeln aktuell im Korri- dor Frankfurt – Siegen – Dortmund – Münster ein zwischen dem SPNV und dem Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) abgestimm- tes Fahrplankonzept auf Basis des „Intercity-Systems“ (Arbeitstitel IC 34). Hierbei soll der Fernverkehr in einem zwei-Stunden-Takt verkehren, wobei einzelne Zugleistungen von und nach Norddeich verkehren sollen. Zwischen Siegen und Letmathe soll der IC 34 dann eine Trasse der RegionalExpresslinie (RE 16) ersetzen. Ein entscheidender Faktor für die Umsetzung des Projektes ist die Anerkennung der NahverkehrsTickets zwischen Dillenburg und Dortmund in den IC 34-Zügen, die europaweit auszuschreiben ist, sowie die finanzielle Tragfähigkeit des Projektes – sowohl für die DB Fernverkehr AG als auch für den NWL. Die Umsetzung des Projekts ist derzeitig zum Fahrplanwechsel Dezember 2020 ge- plant. Im Rahmen der Erstaufstellung des Nahverkehrsplans Westfalen- Lippe sind detaillierte Analysen durchgeführt worden (u. a. Verbin- dungen, Bedienungshäufigkeit/Taktfolge, Bedienungszeiten, Ver- knüpfung Bahn und Bus). Da sich die Auswertungen jedoch auf überholte Daten beziehen (Fahrgastnachfragedaten aus dem Jahr 2008, Fahrplandaten 2011) und inzwischen zum Teil wesentliche Änderungen durchgeführt wurden (z. B. Wegfall der IC-Verbindung Siegen Hbf), werden an dieser Stelle keine Analyseergebnisse wiedergegeben. Derzeitig wird der Nahverkehrsplan Westfalen-Lippe fortgeschrie- ben. Ergebnisse liegen noch nicht vor, es wird jedoch mit keinen gravierenden Änderungen für das Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein gerechnet.47 Zum kommenden Fahrplanwechsel im Dezember 2018 gibt es zur Verbesserung des Angebots in den Tagesrandlagen und am Wo- chenende eine leichte Verbesserung des Zugangebots auf der RB 93 (Rothaar-Bahn) und auf der RB 96 (Hellertal-Bahn).

46 Rhein-Sieg-Express (RE 9), Ruhr-Sieg-Express (RE 16), Main-Sieg- Express (RE 99), Westerwald-Sieg-Bahn (RB 90), Ruhr-Sieg-Bahn (RB 91), Rothaar-Bahn (RB 93), Obere Lahntalbahn (RB 94), Sieg-Dill- Bahn (RB 95), Hellertal-Bahn (RB 96) 47 Der Kreis Siegen-Wittgenstein nimmt eine Randlage ein und ist auf den Hauptachsen Richtung Hagen, Frankfurt und Köln auf die Partner in den anderen Räumen angewiesen.

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Straßengebundener ÖPNV Im aktuellen Nahverkehrsplan des Kreises Siegen-Wittgenstein von 2016 ist dargestellt, dass das oberste Ziel der durchgeführten Fortschreibung die Entwicklung und Sicherstellung einer bedarfs- gerechten ÖPNV-Angebotsstruktur war. Unter Berücksichtigung des eigenwirtschaftlichen Betriebs „hat das Ziel, die Attraktivität des ÖPNV auf den Hauptverkehrsachsen zu erhöhen Vorrang gegenüber dem Ziel einer qualitativ verbesserten ÖPNV- Grundversorgung.“ 48 Im straßengebundenen ÖPNV existieren verschiedene Betriebs- formen (Schnellbus, Regionalbus, UniExpressbus, Citybus, Lokal- bus, TaxiBus, Ausbildungs-/Schulbus, Nachtbus, Bürgerbus)49, die mit jeweils mehreren Buslinien50 ein gutes Angebot – auch in ver- kehrsschwachen Räumen und Zeiten – des Kreisgebiets ermögli- chen sollen. In verkehrsschwachen Räumen und in Zeiten geringer Nachfrage existieren bedarfsorientierte Angebotsformen. Sie sind unter dem Begriff „TaxiBus“ zusammengefasst und telefonisch oder per In- ternet bestellbar. Angebotslücken schließen die Bürgerbusverbin- dungen im Kreis (27 Linien in sieben kreisangehörigen Kommu- nen, Stand Dezember 2017). Zu beachten ist dabei, dass neben den Bürgerbussen auch die Nachtbusse von örtlichen Initiativen und Vereinen organisiert werden.51 (Bild 10 bzw. Bild 35 im An- hang in DIN A3-Format)

48 Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS), 2016: Nahverkehrsplan 2016 für den Kreis Siegen-Wittgenstein 49 Die inhaltliche Ausrichtung der Betriebsformen ist im Nahverkehrsplan (NVP 2016) beschrieben. 50 3 Schnellbuslinien, 26 Regionalbuslinien, 6 UniExpressbuslinien, 20 Citybuslinien, 24 Lokalbuslinien, 6 Nachtbuslinien sowie 27 Bürgerbusli- nien (Fahrplandaten 2017) 51 Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS), 2016: Nahverkehrsplan 2016 für den Kreis Siegen-Wittgenstein

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Bild 10: Schienengebundener und straßengebundener ÖPNV im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

Im Jahr 1997 beauftragte der ZWS die Erstellung einer detaillierten Qualitätsanalyse zum damals vorliegenden ÖPNV-Angebot. Auf dieser Grundlage wurde unter Berücksichtigung der Eigenwirt- schaftlichkeit im Nahverkehrsplan 1997 eine Angebotsstruktur ausgearbeitet, die als ausreichend definiert wurde. Die damals festgestellten Siedlungs- und Nachfragestrukturen sind bis heute nahezu unverändert geblieben. Es gibt verschiedene (Tarif)angebote der VGWS und des ZWS: - JobTicket: Hierbei gibt es verschiedene Varianten, die sich nach Geltungsbereich, Nutzungsmöglichkeiten in der Frei- zeit und Tarif unterscheiden (JobTicket, JobTicket Plus, JobTicket Westfalen, JobTicket Westfalen plus), die einen Preisvorteil von mindestens 30 % ermöglichen. Unterneh- men mit weniger als 20 Angestellten können sich ohne Aufpreis mit anderen Unternehmen zu einer Bezugsge- meinschaft zusammenschließen und gemeinsam JobTickets beziehen. - 60plusAbo: Mit dem 60plusAbo ist eine kostenreduzierte Nutzung von Bus und Bahn im gesamten Binnennetz der VGWS von montags bis freitags ab 8 Uhr sowie samstags, sonn- und feiertags ohne zeitliche Einschränkung für der-

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zeitig 42,30 € monatlich statt 180,20 € (Monatskarte; Tarif- stand 10.12.2017) möglich. - UrlauberTicket Sauer- und Siegerland: Das Ticket ist für 3 oder 10 Tage gültig. - Kostenloses Bahn & Bike: In der diesjährigen Fahrradsai- son können Fahrräder kostenlos in den Nahverkehrszügen in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein mitgenom- men werden. Der ZWS erhofft sich hierdurch, den ÖPNV attraktiver und kostengünstiger zu gestalten und auf diese Weise den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu unterstützen. Die Fahrradmitnahme ist nicht nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche möglich. Sollte sich die kostenlose Fahrradbeförderung als praktika- bel und finanzierbar erweisen, sollte diese auch in den kommenden Jahren fortgeführt werden. Neben diesen (Tarif)angeboten gibt es zwei Besonderheiten im ÖPNV des Kreises Siegen-Wittgenstein: - SchülerTicket: Es wird allen Schülern (Grundschule, weiter- führende Schule, Vollzeitschüler des Berufskollegs) im Kreisgebiet – sowie im Kreis Olpe – kostenlos zur Verfü- gung gestellt.52 Das Ticket kann sowohl für den Weg zur Schule, als auch für die Ferien- und Freizeit genutzt wer- den und gilt im Gesamtnetz der Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe in Bus und Bahn (Binnennetz der Verkehrsge- meinschaft Westfalen-Süd VGWS). Der Kreis Siegen- Wittgenstein möchte damit Familien in der Region fördern, aber zeitgleich auch den ÖPNV stärken. - MobilitätsCard: Diese vergünstigte Monatskarte ermöglicht Personen, die Sozialleistungen53 beziehen, den ÖPNV kos- tengünstig zu nutzen (die Kosten für den Nutzer liegen der- zeitig bei 29,90 € statt 180,20 €; Tarifstand 10.12.2017). Genau wie das SchülerTicket gilt sie im Gesamtnetz der Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe in Bus und Bahn. Damit stellen sowohl das SchülerTicket als auch die Mobilitäts- Card im Rahmen der Eigenwirtschaftlichkeit eine zielgruppenspe- zifische Sonderlösung dar. Es ist zu prüfen, ob mit weiteren preis- lichen Maßnahmen für ausgewählte Zielgruppen weitere Neukun- den gewonnen werden können (z. B. Auszubildende, Schüler des Berufskollegs, Senioren) (siehe hierzu auch Steckbrief Ö 3). Unzureichende Anbindungen und Taktfrequenzen im ÖPNV führen im Allgemeinen dazu, dass die Nutzung des Pkw gegenüber dem ÖPNV in den Vordergrund rückt. Um dem entgegenzuwirken, müssen u. a. die nachfolgend aufgeführten Potenziale zur Förde- rung des ÖPNV genutzt werden. - Ausweitung von Takten auch in den Abend- und Nacht- stunden (auf Basis von bedarfsgesteuerten Systemen), - Fokussierung auf alternative Bedienformen (Taxibus, Ruf- bus) in einwohnerschwächeren Siedlungsgebieten, - barrierefreie Gestaltung von Haltestellen,

52 Der Wohnort muss in einem der beiden genannten Kreise liegen. 53 Bezieher von Arbeitslosengeld II nach SGB II, Sozialgeld nach SGB II, Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII, Grundsicherung im Alter nach SGB XII, Hilfe zum Lebensunterhalt nach BVG, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

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- Schaffung schneller Übergänge zwischen den Verkehrs- verbünden und Gestaltung einfacher Ticketpreise, - Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel (z. B. Kom- bination von Radverkehr und ÖPNV; siehe hierzu auch Kap. 5.5), - Abstimmung des Bus- und Bahnangebots auf die Nachfra- ge des Pendlerverkehrs. Diese Punkte wurden im Rahmen der Aufstellung der beiden aktu- ellen Nahverkehrspläne (SPNV und straßengebundener ÖPNV) berücksichtigt.

5.5 Verknüpfte Mobilität Wie bereits im vorangegangenen Kapitel zum ÖPNV (vgl. Kap. 5.4) erwähnt, bietet die Verkehrsmittelverknüpfung eine Mög- lichkeit zur Stärkung des ÖPNV. Dies gilt vor allem für ländliche Räume, da Park & Ride- sowie Bike & Ride-Anlagen die Einzugs- bereiche der ÖPNV-Haltestellen vergrößern. Während die fußläufigen Einzugsbereiche von Haltestellen in Ab- hängigkeit von der Gebundenheit des ÖPNV (Schiene/Straße) und der räumlichen Lage (Ortsteilgröße) laut dem aktuellen Nahver- kehrsplan54 zwischen 250 und 1.000 m liegen, können für Bike & Ride-Anlagen ca. 2,5 km und für Park & Ride-Anlagen ca. 5,0 km angesetzt werden. Diese Werte lassen sich auf Grundlage einer angesetzten Durchschnittsgeschwindigkeit (Fahrrad: 15 km/h; Pkw: 30 km/h) und einem Zeitbedarf von maximal 10 min berechnen. (Bild 11)

Bild 11: Veranschaulichung von Einzugsradien (eigene Darstellung)

Das Vorhandensein von Park & Ride- sowie Bike & Ride-Anlagen im Kreisgebiet wurde im Rahmen der kommunalen Datenabfrage mit erfasst (vgl. Kap. 5.2). Nachfolgend sind diese Angaben im Zusammenhang mit dem Straßen- und ÖPNV-Netz (Regional- und Schnellbusse sowie Schienennetz) grafisch dargestellt (Bild 12 bzw. Bild 36 im Anhang in DIN A3-Format). Um das Potenzial der verknüpften Mobilität aufzuzeigen, sind exemplarisch für die aufge- führten Bike & Ride-Anlagen die Einzugsbereiche von 2,5 km (Luftlinienradius) mit dargestellt. Hier zeigen sich – beispielsweise entlang des Schienennetzes – deutliche Lücken (Bahnhöfe/ -haltepunkte ohne Bike & Ride-Anlagen).

54 Die Einzugsbereiche sind als Zielwerte für die Raumerschließung defi- niert (Quelle: ZWS (2016): Nahverkehrsplan 2016 für den Kreis Siegen- Wittgenstein).

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Bild 12: Verknüpfte Mobilität im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

5.6 Radverkehr Das Infrastrukturangebot – und damit auch die Bestandsanalyse – des Radverkehrs steht im Allgemeinen in engem Zusammenhang mit dem Fußverkehr bzw. der Nahmobilität55. Da im Rahmen des hier ausgearbeiteten Klimaschutzteilkonzepts Verkehr/Mobilität eine kreisweite Betrachtung durchgeführt wird, Fußverkehr und Nahmobilität aber vor allem auf Ebene der Ortskerne von Bedeu- tung ist, wird an dieser Stelle ausschließlich der Radverkehr be- trachtet. Die Ergebnisse der durchgeführten Mobilitätsbefragung56 haben aufgezeigt, dass der Anteil des Radverkehrs im Modal Split mit lediglich 4 % im Vergleich zu den anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbunds (ÖPNV 9 %, Fußverkehr 10 %) gering ist. Dieser Anteil ist zudem deutlich geringer als der nordrhein-westfälische Durchschnitt von 10 % bzw. als der Radverkehrsanteil vom ver-

55 Nahmobilität bezeichnet die kleinräumige nichtmotorisierte Mobilität. 56 Helmert, 2018: Mobilitätsbefragung zum werktäglichen Verkehrsverhal- ten der Bevölkerung im Kreis Siegen-Wittgenstein

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 48 gleichbaren Kreis Düren (ebenfalls 10 %)57. Erste Potenziale für den Radverkehr zeigen sich über die durchschnittliche Reiseweite im Kfz-Verkehr (10,3 km) bzw. über den Anteil kurzer Distanzen im Kfz-Verkehr (31 % der Kfz-Wege sind kürzer als 4 km). Mögliche Gründe für den bislang geringen Radverkehrsanteil sind die anspruchsvollen topografischen Gegebenheiten im Kreisge- biet, aber vor allem auch eine unzureichende Radverkehrsinfra- struktur. Dies lässt sich durch verschiedene Quellen belegen (Wünsche/Anregungen aus der 1. und 4. Mobilitätskonferenz, Ver- besserungswünsche zum Radverkehr aus der Mobilitätsbefragung, Wünsche/Anregungen aus der kommunalen Datenabfrage, Mittei- lungen im kommunalen Arbeitskreis58). Während die Topografie auf Grund der zunehmenden Anzahl an Pedelecs nach und nach an Bedeutung verlieren wird, ist ein ausreichend dichtes Radver- kehrsnetz mit einer verkehrssicheren und regelwerkskonformen Radverkehrsführung sowie einer möglichst hohen Kontinuität bzgl. der Führungsform auch in Zukunft weiter relevant. Aus den Ergebnissen der Akteursbeteiligung geht hervor, dass das Radverkehrsnetz NRW als alltagstaugliches Radverkehrsnetz nicht ausreichend ist. Bereits in der 4. Mobilitätskonferenz wurde darauf hingewiesen, dass auf Grund der unterschiedlichen An- sprüche der Radfahrer – z. B. erfahrene und unerfahrene Radfah- rer, Alltagsradfahrer und touristische Radfahrer – hier verschiede- ne Netze (Hauptrouten- und Nebenroutennetz) notwendig sind. Während Hauptrouten als kürzeste Verbindung überwiegend im Hauptverkehrsstraßennetz mit höheren Kfz-Belastungen geführt werden, verläuft das Nebenroutennetz durch verkehrsruhige Stra- ßen und Wege, wodurch der Radverkehr im Alltagsbild jedoch weniger sichtbar ist. Hinsichtlich der Netzplanung gilt es beide Va- rianten gleichermaßen zu bedienen, so dass sowohl zügige Rad- fahrer als auch unsichere Radfahrer eine für sie adäquate Route wählen können. In der nachfolgenden Karte (Bild 13 bzw. Bild 37 im Anhang in DIN A3-Format) sind die digital erfassten Radverkehrsnetze (im Wesentlichen Radverkehrsnetz NRW) und Radrouten (touristische Themenrouten) dargestellt. Es zeigt sich, dass zu den Radver- kehrsnetzen auf Stadt-/Gemeindeebene derzeitig nur wenige In- formationen vorliegen (fünf Kommunen haben eine Netzplanung für den Radverkehr angegeben, vgl. Kap. 5.3). Sollen Übersichts- karten (für die Internetseite oder als Druckmedium) erstellt werden, besteht hier Nacharbeitungsbedarf.

57 Der Kreis Düren weist eine zum Kreis Siegen-Wittgenstein ähnliche räumliche Struktur auf (Vergleichbare Einwohnerzahl, zum Teil dünn besiedelte Gebiete, Düren sticht – zusammen mit Jülich – vergleichbar zu Siegen als Zentrum heraus). Durch die Nähe zur Eifel ist die Topografie zumindest im Südkreis bewegt. 58 Vor allem die Ortsdurchfahrten erscheinen derzeitig für den Radver- kehr problematisch zu sein (z. B. Bad Berleburg, Freudenberg, Erndte- brück, Kreuztal). Es fehlt aber auch an Verbindungen zwischen den Orts- teilen und den Ortsteilzentren sowie zwischen benachbarten Kommunen.

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Bild 13: Radverkehrsnetze im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

Neben der Führung des Radverkehrs im Straßen- und Wegenetz gehören auch Fahrradabstellanlagen (inkl. Bike & Ride), Wegwei- sung (vor allem zur Führung von Ortsunkundigen von Bedeutung) und – im Zuge der weiteren Verbreitung von Pedelecs – Ladesäu- len zur Radverkehrsinfrastruktur (siehe Kap. 5.7). Auch hier zeigen die zusammengetragenen Ergebnisse Verbesserungswünsche auf (vgl. Mitteilungen aus der 1. Mobilitätskonferenz, Mitteilungen aus dem kommunalen Arbeitskreis, Mitteilungen des ADFC). Da der Radverkehr auch zunehmend im Tourismusbereich von Bedeutung ist, sind Verbesserungen nicht nur dem alltäglichen Radverkehr dienlich, sondern auch dem Tourismus. Neben der durchschnittlichen Reiseweite im Kfz-Verkehr (10,3 km) und dem Anteil kurzer Distanzen im Kfz-Verkehr (31 % der Kfz- Wege sind kürzer als 4 km) ergeben sich Potenziale aus den be- reits erwähnten Pendlerverflechtungen im Kreisgebiet (vgl. Kap. 3.4). Sie weisen zum Teil fahrradtaugliche Entfernungen auf (siehe Kap. 5.7). Durch einen sinnvollen und lückenlosen Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur – auch unter Berücksichtigung von zügig befahrbaren Radpendlerrouten – kann der Anteil des Rad- verkehrs gesteigert werden. Durch eine verbesserte Verknüpfung mit dem ÖPNV ergeben sich zudem auch Steigerungspotenziale für den ÖPNV.

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Zügig befahrbare Radpendlerrouten sollten möglichst komfortabel, kreuzungs- und konfliktfrei sein, so dass ein zügiges Vorankom- men gesichert wird. Aus den Pendlerverflechtungen lassen sich vor allem die nachfolgenden Verflechtungen auf Grund ihrer Stär- ke als bedeutend und damit als potenzielle Radpendlerachsen ablesen: - Siegen – Wilnsdorf, - Siegen – Netphen, - Siegen – Kreuztal. Im kommunalen Arbeitskreis wurden zudem noch die Verbindun- gen - Erndtebrück – Bad Berleburg (über Eder-Radweg) und - Kreuztal – Hilchenbach – Erndtebrück benannt. Auf Grund möglicher Konflikte mit dem touristischen Radverkehr (Eder-Radweg) und der geringeren Pendlerbedeutung werden diese Vorhaben in einer zweiten Ausbaustufe gesehen. Damit wäre dann für Wittgenstein neben der Kfz-Anbindung („Rou- te 57“) und der Schienenanbindung (Rothaar-Bahn) auch eine entsprechende Radverkehrsanbindung geschaffen. Zur zielgerichteten Unterstützung des Radverkehrs in Kommunen definiert der Nationale Radverkehrsplan die drei Entwicklungssta- dien „Einsteiger“, „Aufsteiger“ und „Vorreiter“. Ermittelt wird die Gruppenzugehörigkeit auf Grundlage des Radverkehrsanteils am Verkehrsaufkommen und auf Basis des vorhandenen, institutionel- len Radverkehrsniveaus. Gemäß den genannten Einstufungskrite- rien ist der Kreis Siegen-Wittgenstein der Gruppe der „Einsteiger“ zuzuordnen. Die Radfahrbedingungen und -anlagen sind auf Grundlage der gesammelten Anmerkungen als unzureichend zu bewerten, die organisatorischen Strukturen der Radverkehrsförde- rung sind nur schwach ausgebaut. Der Radverkehrsanteil am Mo- dal Split liegt mit 4 % klar unter den als Grenzwert definierten 10 %. Folglich sind die Potentiale für den Radverkehr im Untersu- chungsgebiet noch nicht ausgeschöpft. Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat die Potenziale des Radverkehrs schon erkannt und erste Projekte gestartet bzw. umgesetzt. Die 2016 gestartete Fahrrad-Image-Kampagne "Siegen zu neuen Rad- lern" unterstützt beispielsweise den innerstädtischen Radverkehr. Im Rahmen dieser wurden Fahrrad-Schutzstreifen an Bergetappen (u. a. Giersbergstraße) angelegt und die Freigabe der Busspuren an Koblenzer Straße und Kölner Tor für Radfahrer veranlasst. Zu- dem wurde die App „SiRad Melder“ ins Leben gerufen, mit deren Hilfe Verbesserungsvorschläge und Mängel im innerstädtischen Radverkehrsnetz direkt an die zuständigen Mitarbeiter der Stra- ßen- und Verkehrsabteilung weitergeleitet werden können59 (siehe Kap. 11). Mitte 2016 wurde das Projekt „Radnetz Südwestfalen“ abgeschlossen. Das Radverkehrsnetz NRW wurde aus touristi- scher Sicht nachverdichtet, so dass inzwischen ein Radverkehrs- netz mit insgesamt 524 km im Kreis Siegen-Wittgenstein vorliegt. Für die nahe Zukunft sollte an die genannten Maßnahmen ange- knüpft und die Attraktivität des Radverkehrs damit deutlich verbes-

59 ADFC Kreisverband Siegen-Wittgenstein 2017: Blitzventil. Radtourenpro- gramm 2017, S.9 u.14).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 51 sert werden. Anzustrebende Maßnahmen für den alltäglichen Radverkehr können unter anderem sein: - ein geschlossenes, gut befahrbares Rad(wege)netz, - die Ausweisung von Fahrradstraßen, - die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung, - die Inbetrachtziehung alter Bahntrassen als mögliche Rad- verkehrsverbindungen, - die Errichtung von geeigneten Fahrradabstellanlagen, - der Bau von zügig befahrbaren Radpendlerrouten, - die Sicherstellung der Barrierefreiheit an allen Bahnhöfen, - sowie die Eröffnung einer Radstation am Siegener Bahn- hof.

5.7 Elektromobilität Im Verkehrsbereich kann mit Hilfe von Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung, aber auch durch Nutzung technischer Inno- vationen (Effizienzsteigerung, alternative Antriebe) THG- Emissionen eingespart werden. Mit dem in Kraft getretenen Elektromobilitätsgesetz (EmoG, in- kraftgetreten am 12.06.2015) wird vor allem den Kommunen die Förderung der Elektromobilität zugewiesen. Dabei ist zu beachten, dass Elektromobilität sich nicht auf ein Verkehrsmittel beschränkt, sondern der elektrische Antrieb sowohl im MIV, als auch im ÖPNV, im Wirtschaftsverkehr sowie im Radverkehr zum Einsatz kommt. Des Weiteren beschränkt sich Elektromobilität nicht auf rein batte- rieelektrisch angetriebene Fahrzeuge, sondern umfasst auch Hyb- rid- und Brennstoffzellenfahrzeuge. Momentan zeigt sich ein gestiegener Umschwung im Bereich der Elektromobilität. Zu erkennen ist dies u. a. an dem gewachsenen Anteil der E-Bikes am Gesamtmarkt, welcher von 12,5 % im Jahr 2015 auf 15 % im Jahr 2016 gestiegen ist. So waren zum Jahres- anfang 2017 laut ZIV (Zweirad-Industrie-Verband) 3 Millionen E- Bikes in Deutschland unterwegs.60 Die Ergebnisse der Mobilitäts- befragung zeigen auf, dass der Kreis Siegen-Wittgenstein eine überdurchschnittlich hohe Pedelec-Verfügbarkeit in den Haushal- ten aufweist (15 % der Haushalte im Kreis Siegen-Wittgenstein verfügen über mindestens ein Pedelec; deutschlandweiter Durch- schnitt liegt bei 8 %; vgl. Kap. 5.2). Mit Hilfe der kommunalen Datenabfrage (vgl. Kap. 5.2) wurde der aktuelle Stand zur Ladeinfrastruktur festgehalten. Es zeigt sich, dass nahezu alle kreisangehörigen Kommunen über öffentliche Ladeangebote für Pkw und Pedelecs verfügen. Diese befinden sich in der Regel an zentralen Punkten im Stadt- bzw. Gemeinde- gebiet (Bild 14 bzw. Bild 38 im Anhang in DIN A3-Format).

60 www.e-bikeinfo.de; Datenabruf 20.07.2018

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Bild 14: Ladeinfrastruktur Elektromobilität (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

So sind im Kreisgebiet bereits an 20 Standorten Pkw- Ladestationen (zum Teil mit mehreren Ladepunkten) vorhanden. Weitere Ladestationen sind geplant (33 Stationen bzw. Standorte, darüber hinaus ggf. drei weitere Stationen bzw. Standorte)61. Das vorhandene Ladeinfrastrukturangebot für Pedelecs ist deutlich kleiner. Bisher sind im Kreisgebiet an elf Standorten Pedelec- Ladestationen (zum Teil mit mehreren Ladepunkten) vorhandenen. Zwei weitere Ladestationen sind geplant. Hinzu kommen noch private Ladestationen, die hier nicht mit aufgeführt sind (z. B. von Hotels). Mit den nachfolgend aufgeführten Vorteilen von Pedelecs lassen sich u. a. auch die Unterschiede zwischen der Angebotsgröße von Pedelec- und Pkw-Ladeinfrastruktur begründen. + Im Gegensatz zu E-Pkw ist für Pedelecs eine flächendeckende Ladeinfrastruktur auf Grund der ausreichenden Reiseweiten für alltägliche Fahrradwege sowie der einfachen und schnellen

61 Aus den Angaben der Kommunen im Rahmen der Befragung ist eine Unterscheidung zwischen Standort und Station nicht immer möglich.

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Aufladung über eine konventionelle Steckdose (u. a. Zuhause oder am Arbeitsplatz) nicht zwingend notwendig.62 + Im Gegensatz zu E-Pkw ist der Anschaffungspreis für ein Pede- lec vergleichsweise gering. Grundsätzlich hängt der Preis von der jeweiligen Nutzung und den eigenen Ansprüchen an Aus- stattung und Komfort ab. Eine gute Maßgabe als Untergrenze für ein gutes Pedelec sind rund 1.700 €.63 + Auf Grund der elektrischen Tretunterstützung lassen sich länge- re Distanzen und größere Steigungen ohne großen Kraftauf- wand zurücklegen. Schwitzen kann vermieden werden. Auch größere Lasten können so – mit entsprechender Vorrichtung (z. B. Lastenanhänger bzw. Lastenkorb) – bequemer transpor- tiert werden. Die Fachliteratur64 identifiziert die Potenziale von Pedelecs vor allem für Strecken von bis zu 20 km. + Auf Strecken ohne Kreuzungspunkte (z. B. zügig befahrbare Radpendlerverbindungen) sind höhere Geschwindigkeiten und damit auch reduzierte Reisezeiten möglich. + Analog zum konventionellen Fahrrad fördern auch Pedelecs trotz der elektrischen Tretunterstützung durch die Bewegung die Gesundheit. + Die Verkaufszahlen von Pedelecs steigen in den letzten Jahren kontinuierlich an und auch die Vielfalt der Modelle und Pro- duktkategorien nimmt zu. Die Zielgruppe beschränkt sich damit nicht mehr auf die Älteren und Freizeitfahrer, sondern bezieht inzwischen auch die Jüngeren und Sportler mit ein. Demgegenüber stehen die Nachteile, die bei Planungen berück- sichtigt werden sollten: - Pedelecs sind auf Grund der Elektromotoren und der notwendi- gen Rahmenstabilität schwerer als die meisten konventionellen Fahrräder. Dies erschwert das Tragen (z. B. bei fehlender Bar- rierefreiheit, bei Mitnahme im Zug/Bus). - Auf Grund des höheren Anschaffungspreises gegenüber vielen konventionellen Fahrrädern ist bei Fahrradabstellanlagen – vor allem bei langen Standzeiten wie z. B. an Bahnhöfen – auf er- höhte Sicherheit zu achten (z. B. abschließbare Fahrradboxen). - Um sich an die neue Technik und das neue Fahrgefühl (z. B. höhere Geschwindigkeit, schnelleres Beschleunigen) zu ge- wöhnen, sind für Neulinge Fahrtrainings von Vorteil. Zudem können die höheren Geschwindigkeiten der Pedelecs von an- deren Verkehrsteilnehmern unterschätzt werden, wodurch es zu kritischen Situationen kommen kann. Auch möglichst kreu- zungsfreie Verbindungen sowie ausreichend Überholmöglich- keiten sind von großem Interesse, so dass der Vorteil der Ver- ringerung der Reisezeit auch tatsächlich zum Tragen kommen kann.

62 Im Hinblick auf den Freizeiteinsatz von Pedelecs (z. B. Tourismus wie beispielsweise Fahrradreisen) können öffentliche Ladepunkte dennoch sinnvoll und förderlich sein. 63 www.e-bikeinfo.de 64 u. a. Praxisleitfaden „Pendeln mit Rückenwind (difu 2016) und Hinter- grundinformationen „E-Rad macht mobil“ (UBA 2014).

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Die Analyse der Pendlerverflechtungen zeigt auf, dass ein Großteil der Verbindungen (13 von 16 Verbindungen) eine maximale Luftli- nienentfernung von 15 km aufzeigt (vgl. Bild 6 bzw. Kap. 3.4). Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit für ein konventionelles Fahrrad von 15 km/h würde sich hier eine Reisezeit von ca. 60 min erge- ben, d. h. für Radpendler nicht unbedingt attraktiv. Unter Berück- sichtigung einer zunehmenden Verbreitung von Pedelecs und ei- ner damit verbundenen höheren Durchschnittsgeschwindigkeit (22 km/h) reduziert sich die Reisezeit für Pedelec-Nutzer auf ca. 40 min. Damit stellt das Pedelec für einen Großteil der Berufs- und Ausbildungspendler ein potenzielles Verkehrsmittel für den Ar- beitsweg dar. Dazu muss jedoch eine attraktive Radverkehrsinfra- struktur geschaffen werden (u. a. zügig befahrbare Radpendlerrou- ten sowie sichere Fahrradabstellanlagen; vgl. Kap. 5.6). Da die Akzeptanz von Elektromobilität durch eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur gestützt wird, hat der Kreis beschlossen, zwar nicht selbst in diesem Bereich aktiv zu werden, aber Betreiber öffentlicher Ladesäulen beim Ausbau durch Bereitstellung von Standflächen zu unterstützen.65 Neben der Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Fahrzeuge ist auch das Thema Wasserstoff im Kreisgebiet von Interesse. Die Stadt Siegen hat hier die Initiative ergriffen und sich erfolgreich um den Bau einer Wasserstofftankstelle beworben.66 Diese wird voraussichtlich bis Ende 2018 als erste Wasserstofftankstelle in Südwestfalen im Industriegebiet Oberes Leimbachtal errichtet. Auch in Bezug auf die Integration von Elektromobilität in den kommunalen Fuhrpark sind Aktivitäten zu verzeichnen. Seit 2012 befindet sich ein Elektro-Pkw im Fuhrpark der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein. Die Stadt Siegen hat 2016 das erste Elektro- Nutzfahrzeug (kleines Lastfahrzeug) für den Einsatz in der städtischen Grünflächenabteilung angeschafft. Ein Ausbau der Elektromobilität in Form von weiteren 12 städtischen Elektrofahrzeugen und jeweils 2 Ladestationen pro Fahrzeug ist geplant. Die Einführung von Elektromobilität im ÖPNV – Hybridbusse, Elektrobusse oder Brennstoffzellenbusse – ist derzeitig nicht in Planung. Es wird aber stetig geprüft, wie die bestehenden Antriebssyteme mit Hilfe von Fördermitteln verbessert werden können. Elektromobilität im Wirtschaftsverkehr ist im nachfolgenden Kap. 5.8 dargestellt.

5.8 Wirtschaftsverkehr Wie bereits im Grundlagenkapitel „Beschreibung des Kreisgebiets“ (vgl. Kap. 3) dargestellt, gehört der Kreis Siegen-Wittgenstein zur stärksten Industrieregion in NRW (Region Südwestfalen). Seit 2009 steigt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

65 Hierzu überlässt der Kreis kreiseigene öffentlich zugängliche Stellplät- ze einem interessierten Betreiber von öffentlicher Ladeinfrastruktur im Rahmen eines Pachtvertrages, auch ohne Zahlung eines Pachtentgeltes, zur Nutzung. 66 Für die Bewerbung wurde die Initiative „H2 Siegerland“ mit Stadt Siegen, Kreis Siegen, Universität Siegen und weiteren ortsansässigen Unternehmen gegründet.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 55 am Arbeitsort stetig an und die Arbeitslosenquote liegt dauerhaft unter dem NRW- bzw. Deutschland-Durchschnitt, seit 2011 liegt sie im Kreis Siegen-Wittgenstein unter 6 %. Vor diesem Hinter- grund ist der Wirtschaftsstandort Siegen-Wittgenstein ökonomisch gut aufgestellt. Analog zu den Siedlungsflächen konzentrieren sich die Industrie- und Gewerbeflächen bandartig im westlichen Kreisgebiet. Demge- genüber sind im östlichen Kreisgebiet punktuelle Industrie- und Gewerbeflächen zu erkennen. (Bild 15 bzw. Bild 39 im Anhang in DIN A3-Format)

Bild 15: Industrie- und Gewerbeflächen im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

Für den Wirtschaftsverkehr – insbesondere dem Güterwirtschafts- verkehr – ist die verkehrliche Erschließung von großer Bedeutung. Wie bereits bei der grundlegenden Beschreibung des Kreisgebiets dargestellt, ist die Anbindung an das überregionale Straßenver- kehrsnetz im Kreisgebiet nicht flächendeckend ausreichend (vgl. Kap. 3.3). Vor allem für Wittgenstein und das nördliche Siegerland bestehen diesbezüglich Defizite. Mit der in den Bundesverkehrs-

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 56 wegeplan 2030 (BVWP 2030)67 eingebrachten und in den vor- dringlichen Bedarf hochgestuften „Route 57“68 soll die Anbindung Wittgensteins an das Siegerland und damit an das Autobahnnetz verbessert werden. Diese Maßnahme dient der Sicherung des Wirtschaftsstandorts. In Bezug auf den Schienengüterverkehr verfügen insgesamt 32 Unternehmen im Kreisgebiet über einen direkten Gleisanschluss (zum Teil stillgelegt; teilweise können diese mit geringem Aufwand wieder reaktiviert werden). Aber auch Unternehmen ohne direkten Gleisanschluss können mit Hilfe von Dienstleistern regionale und überregionale Schienengütertransporte tätigen. Sowohl die DB Cargo AG als auch die lokal ansässige KSW Kreisbahn Siegen- Wittgenstein GmbH bietet hierzu Dienstleistungen an. (Bild 16)

Bild 16: Schieneninfrastruktur der KSW Kreisbahn Siegen-Wittgenstein GmbH (Quelle: www.ksw-siegen.de/infrastruktur)

Im Zusammenhang mit dem Schienengüterverkehr ist das von der kreiseigenen KSW Kreisbahn Siegen-Wittgenstein GmbH (KSW) betriebene Terminal für den Kombinierten Verkehr (KV-Terminal) in Kreuztal von Bedeutung. Mit dem derzeitig laufenden Ausbau des KV-Terminals (Fertigstellung voraussichtlich Herbst 2018)

67 „Der Bundesverkehrswegeplan stellt als wichtigstes Instrument der Verkehrsinfrastrukturplanung des Bundes die verkehrspolitischen Wei- chen für die kommenden 10 bis 15 Jahre. Er betrachtet dabei sowohl die Bestandsnetze als auch Aus- und Neubauprojekte auf Straße, Schiene und Wasserstraße.“ (www. bmvi.de; Datenabruf 20.07.2018) 68 Detaillierte Informationen zur „Route 57“ sind in Kap. 3.3 aufgeführt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 57 sollen die Bedingungen optimiert werden, so dass das KV- Terminal zu einer zukunftsfähigen modernen Güter- Umschlaganlage Straße/Schiene mit regionaler Bedeutung wird. Vor diesem Hintergrund werden dem KV-Terminal in Kreuztal überdurchschnittliche Wachstumschancen prognostiziert69. Damit bietet das KV-Terminal die Chance, den Markt für den kombinier- ten Verkehr in der Region auf Kreuztal zu konzentrieren. Zeitgleich ergeben sich Potenziale zur Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, die im Zusammenhang mit der Elektri- fizierung des Schienennetzes70 auch positive Effekte für den Kli- maschutz haben. Aus dem Regionalen Entwicklungskonzept (REK 2015) geht fol- gende Zielsetzung für den Wirtschaftsverkehr hervor: „Die Güter- verkehrsinfrastruktur auf der Schiene ist für den konventionellen Wagenladungsverkehr zu erneuern und auszubauen. Dem neuen KV-Terminal (Kombinierter Verkehr) in Kreuztal kommt eine hohe Bedeutung für den kombinierten Verkehr in Südwestfalen sowie dem Drei-Länder-Eck NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen zu. Des- halb ist eine Verbesserung der Straßenanbindung für die Vor- und Nachlaufverkehre via Straßengüterverkehr, insbesondere aus und in Richtung Wittgenstein, anzustreben.“ 71 Ähnlich zum Straßenverkehrsnetz hat auch die Schienenverbin- dung zwischen dem Siegerland und Wittgenstein eine hohe Be- deutung. Die Schienenstrecken von Hilchenbach über Erndtebrück nach Bad Berleburg und von Erndtebrück über Bad Laasphe in Richtung Marburg werden derzeitig für die Personenbeförderung72 im Rahmen des SPNV-Angebotes des NWL und – primär durch die KSW – für den Gütertransport genutzt. Auf Grund der hohen Bedeutung der Schienenverbindung muss diese zur Standortsi- cherung der Wirtschaftsunternehmen auch zukünftig erhalten wer- den. Zumal der Ausbau der Straßenverkehrsnetzes auf dieser Verbindung („Route 57“) nicht kurzfristig erfolgen wird. Auch über den südwestlich im Kreisgebiet liegenden „Siegerland Flughafen“ werden zunehmend Frachten transportiert. Um zeitli- che Verzögerungen zu reduzieren, betreibt der Flughafen hierzu seit 2014 eine eigene Luftfrachtkontrollstelle. Vor allem die flexible „just in time“ Lieferung wird von Unternehmen nachgefragt.73 Einen Beitrag zum klimafreundlichen Wirtschaftsverkehr kann zu- nehmend die Elektromobilität leisten. Hierzu liefen und laufen ver-

69 Nach einer Studie aus dem Jahr 2010 würde das Potenzial des KV- Aufkommens in der Region bei ca. 35.500 TEU69 pro Jahr liegen. Dies entspricht zwei Güterzügen pro Tag (je einer im Wareneingang und im Warenausgang), die mit Containern, Wechselbehältern oder Sattelauf- liegern beladen werden könnten. (Koch 2010: Ausbau der Container- Umschlaganlage in Kreuztal – Gutachten der Railistics GmbH) 70 Derzeitig sind die Ruhr-Sieg-Strecke (durchgängig zweigleisig), die Dillstrecke (bis auf Abschnitt zwischen Siegen Hbf und Siegen Ost zwei- gleisig) sowie die Siegstrecke (bis auf zwei Abschnitte im Bereich des VRS zweigleisig) elektrifiziert. 71 Kreis Siegen-Wittgenstein 2015: Regionales Entwicklungskonzept; S. 37 72 Hier verkehrt die Rothaar Bahn (RB 93) täglich stündlich in beide Rich- tungen. In Erndtebrück besteht ein zweistündiger Anschluss an die Obere Lahntalbahn (RB 94) nach Bad Laasphe und weiter nach Marburg. 73 www.siegerland-airport.de/de/frachten/; Datenabruf 20.07.2018

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 58 schiedene Forschungsprojekte, die die Einsatzmöglichkeiten von elektrisch angetriebenen Lkw untersuchen (z. B. Schaufenster- Projekt „Urbaner Logistischer Wirtschaftsverkehr“, das vom Fraun- hofer IAO geleitet wurde; Projekt „ELMO – Elektromobile urbane Wirtschaftsverkehrs“ vom Fraunhofer IML und anderen Partnern). Der Schwerpunkt liegt dabei oftmals auf den leichten Nutzfahrzeu- gen (unter 3,5 t zGG) und leichten Lkw (unter 7,5 t zGG) sowie auf dem urbanen bzw. regionalen Wirtschaftsverkehr. „Diese Schwer- punktsetzung resultiert dabei aus der generellen Annahme, dass schwere Lkw überwiegend auf der Langstrecke zum Einsatz kom- men und dass für dieses Anwendungsfeld kurz- und mittelfristig keine rein batteriebasierten tragfähigen Elektro-Lkw-Konzepte ver- fügbar sind bzw. sein werden.“ 74 Das Schaufenster-Projekt hat jedoch aufgezeigt, dass schwere Lkw in beträchtlichem Umfang auch im Nah- und Regionalverkehr zum Einsatz kommen und be- reits heute schon 25 bis 75 % des Schwerverkehrs von Logistikun- ternehmen mit elektrisch betriebenen Lkw abgewickelt werden könnten. Bisher verhalten sich die Unternehmen mit Schwerver- kehr jedoch zurückhaltend, da sie derzeitig die Finanzierbarkeit sowie die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von E-Lkw noch kritisch hinterfragen (Fahrzeuganschaffungskosten, Fahrzeugeinsatzkos- ten). Aus dem Schaufenster-Projekt geht der Vorschlag hervor, „im Rahmen einer Unternehmenskooperation pilothaft eine „E- Spedition“ aufzubauen, welche von Logistikunternehmen zu gän- gigen Marktpreisen beauftragt werden kann. Auf diese Art könnten sich E-Lkw in der Praxis bewähren und gleichzeitig potenzielle Nutzer von der Technologie überzeugen. Zudem würde das Risiko hoher Anschaffungs- und Betriebskosten sowie Planungsunsi- cherheiten für die beteiligten Unternehmen besser kalkulierbar. Im Rahmen dieser Unternehmenskooperation kann auch die Techno- logieentwicklung weiter vorangetrieben werden.“ 75 Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist als Industriestandort durch schwere Lkw geprägt. Da rein batteriebasierte Lkw für schwere Lasten und lange Strecken kurz- bis mittelfristig nicht verfügbar sein werden, sind hier zunächst die weiteren technologischen Entwicklungen abzuwarten. Lokal ansässige Firmen forschen hier- zu (z. B. arbeitet die Castellan AG in Kreuztal zusammen mit Fraunhofer IPK derzeitig an der Entwicklung „intelligenter“ Lade- säulen für gesteuertes DC-Laden im Wirtschaftsverkehr). Langfris- tig kann der Kreis in Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren die Initiierung ein „E-Spedition“ anstoßen. Aus den zuvor genann- ten Gründen sieht der Kreis hier zum jetzigen Zeitpunkt nicht das größte Handlungspotenzial. Um die Verkehre der Beschäftigten in den Industrie- und Gewer- begebieten nachhaltiger abzuwickeln, sind qualitativ gute Angebo- te im Umweltverbund notwendig (u. a. Regional- und Schnellbus- Anbindung der Industrie- und Gewerbegebiete zu den Betriebszei-

74 Fraunhofer IAO (2014): Elektrischer Schwerlastverkehr im urbanen Raum – Potenzialanalyse am Fallbeispiel des Wirtschaftsraums Mann- heim; S. 6 75 Fraunhofer IAO (2014): Elektrischer Schwerlastverkehr im urbanen Raum – Potenzialanalyse am Fallbeispiel des Wirtschaftsraums Mann- heim; S. 119

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 59 ten, attraktive Radrouten, intermodale Verknüpfungspunkte)76. Mit Hilfe von betrieblichem Mobilitätsmanagement kann dann – ggf. durch finanzielle Anreize (z. B. subventioniertes Jobticket) – für die Nutzung des Umweltverbunds geworben werden. Dadurch können auch für den Arbeitgeber Kostenersparnisse erzielt werden (z. B. geringerer Flächenverbrauch für den ruhenden Verkehr, geringere Anzahl von Krankheitstagen durch vermehrtes Radfahren). Die Kreisverwaltung geht hier mit gutem Beispiel voran. Sie hat am Förderprogramm „Kommunales Mobilitätsmanagement“ teilge- nommen und möchte nun sukzessive das Mobilitätsmanagement ausbauen. Analog zur Kreisverwaltung ist die Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements auch für andere Betriebe im Kreisgebiet denkbar. Diesbezüglich erfolgt derzeit noch keine aktive Anspra- che der Betriebe. Der Kreis kann hier mit Hilfe weiterer relevanter Akteure (z. B. Industrie- und Handelskammer, Wirtschaftsförde- rung) erste Gespräche initiieren (siehe auch Steckbriefe M 1 und M 2).

5.9 Vorhandene Klimaschutzmaßnahmen und Strategien Im Rahmen der kommunalen Datenabfrage wurde nach neuen Klimaschutzmaßnahmen gefragt, die über die im Integrierten Kli- maschutzkonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein77 benannten Maßnahmen hinausgehen (vgl. Kap. 5.2). Lediglich die Stadt Sie- gen hat hier Neuerungen aufgeführt (Aufstellung eines Verkehrs- entwicklungsplans sowie die Förderung des Radverkehrs), wobei zu beachten ist, dass die Nennung „Förderung des Radverkehrs“ auf Grund von fehlenden Maßnahmennennungen sehr unkonkret ist. Somit ist der im Integrierten Klimaschutzkonzept dargestellte Stand zu den wesentlichen, bisher vom Kreis Siegen-Wittgenstein sowie der kreisangehörigen Kommunen bereits umgesetzten bzw. geplanten Maßnahmen mit Klimaschutzrelevanz weiterhin aktuell. Die bereits geplanten, umgesetzten oder laufenden Maßnahmen wurden im Zusammenhang mit den Handlungsempfehlungen do- kumentiert, soweit es sich um planungsrelevante Aktivitäten han- delte. Hierzu ist jedoch keine eigene Aufstellung bzw. Übersicht erstellt worden. Die Erkenntnisse sind vielmehr in die Ausarbeitung des Maßnahmenkatalogs eingeflossen (Tabelle 7).

76 Die Bestandssituation im ÖPNV und Radverkehr sowie hinsichtlich der verknüpften Mobilität ist in den vorangehenden Kapiteln 5.4 bis 5.6 be- schrieben und wird an dieser Stelle nicht wiederholt. 77 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 60

Tabelle 7: Übersicht Maßnahmenkatalog Integriertes Klimaschutzteilkonzept Kreis Siegen-Wittgenstein – hier: Bezug zum Themenfeld Verkehr/Mobilität (eigene Darstellung; Datengrundlage: Integriertes Kli- maschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden 2014) Maßnahmen Handlungsebene Umweltfreundliche Modernisierung des Fahrzeugparks bzw. Kreis Siegen-Wittgenstein, Energieverbrauchsoptimierung der Dienstfahrzeugflotte Stadt Bad Berleburg, Gemeinde Neuenkirchen, Gemeinde Wilnsdorf Umweltfreundliche Mobilität in der Verwaltung (Kreis, Stadt, Gemeinde) Kreis Siegen-Wittgenstein, Stadt Berleburg, Stadt Bad Laasphe, Gemeinde Erndtebrück, Stadt Freudenberg, Stadt Netphen, Gemeinde Neuenkirchen, Stadt Siegen, Gemeinde Wilnsdorf Nachhaltiges kreisgebietsweites Fahrradmobilitätskonzept mit Schwerpunkt Kreis Siegen-Wittgenstein, Elektromobilität Stadt Berleburg, Stadt Bad Laasphe, Gemeinde Erndtebrück, Stadt Freudenberg, Stadt Netphen, Gemeinde Neuenkirchen, Stadt Siegen, Gemeinde Wilnsdorf Ausbau der Vernetzung des Internetportals „SI-CO2“ für Siegen-Wittgenstein Kreis Siegen-Wittgenstein, mit Internetangeboten „Bürgerservice Klimaschutz“ der Städte und Gemeinden Stadt Berleburg, und weiteren Portalen Stadt Bad Laasphe, Gemeinde Erndtebrück, Stadt Freudenberg, Stadt Netphen, Gemeinde Neuenkirchen, Stadt Siegen, Gemeinde Wilnsdorf Unterstützung des Ausbaus der Mobilitätsinfrastruktur Stadt Bad Laasphe,

Unterstützung des Bürgerbusangebots im Stadt-/Gemeindegebiet Stadt Bad Laasphe, Gemeinde Erndtebrück, Stadt Netphen, Gemeinde Neuenkirchen Klimaschutzorientiertes Mobilitätsverhalten in der Verwaltung (z. B. Nutzer- Kreis Siegen-Wittgenstein schulungen für Mitarbeiter) Weiterhin Unterstützung von Fahrgemeinschaften durch Kreismitgliedschaft im Kreis Siegen-Wittgenstein Beteiligungsprojekt „Mitpendler“ Unterstützung weiterer Angebote für Fahrgemeinschaften Kreis Siegen-Wittgenstein, - z. B. „Bürgerservice Pendlernetz NRW“ (u. a. Verlinkung von Informations- Stadt Bad Berleburg, seite des Kreises Siegen-Wittgenstein mit städtischer/gemeindlicher Stadt Bad Laasphe, Homepage im Bereich Klimaschutz) Gemeinde Erndtebrück, - z. B. Informationsvermittlung über städtische/gemeindliche Homepage zu Stadt Freudenberg, Mitfahrmöglichkeiten am Pendlerparkplatz BAB A 45 (wenn relevant) Stadt Netphen, Stadt Siegen, Gemeinde Wilnsdorf

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 61

Maßnahmen Handlungsebene Weiterentwicklung von klimafreundlichen, bedarfsgerechten Angeboten des Kreis Siegen-Wittgenstein, Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV, SPNV) im Rahmen der Fortschrei- Stadt Bad Berleburg, bung des Nahverkehrsplans Stadt Bad Laasphe, Gemeinde Erndtebrück, Stadt Freudenberg, Stadt Netphen, Gemeinde Neuenkirchen, Stadt Siegen, Gemeinde Wilnsdorf Unterstützung benutzerfreundlicher und bedarfsgerechter ÖPNV-Angebote Stadt Freudenberg, Gemeinde Wilnsdorf Prüfung und ggf. weiterer Ausbau der Fahrradinfrastruktur im Stadt-/ Stadt Freudenberg, Gemeindegebiet Stadt Netphen, Stadt Siegen, Gemeinde Wilnsdorf Ausleihe von Elektrofahrrädern Stadt Siegen Überarbeitung des Parkleitsystems und Optimierung der Parkraumbewirtschaf- Stadt Siegen tung, mit Pendlerparkplätzen am Busbereitstellungsplatz (nahe Hbf) und am Bahnhof Weidenau Stärkere Vernetzung der Park & Ride-Anlagen mit dem ÖPNV Stadt Siegen Umsetzung emissionsmindernder Maßnahmen im Verkehrsbereich Gemeinde Wilnsdorf

Im Rahmen des Klimaschutzteilkonzepts Verkehr/Mobilität gilt es nun die hier aufgeführten Maßnahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bestandsanalyse sinnvoll zu ergänzen.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 62

6 Energie- und THG-Bilanz des Verkehrssektors

Zur Bilanzierung wurde die internetbasierte Plattform „ECOSPEED Region“ des Schweizer Unternehmens ECOSPEED AG verwen- det, die speziell zur Anwendung in Kommunen entwickelt wurde. Bei dieser Plattform handelt es sich um ein Instrument zur Bilan- zierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen. Ziel des Systems ist zum einen die Erhöhung der Transparenz energiepoli- tischer Maßnahmen und zum anderen, durch eine einheitliche Bi- lanzierungsmethodik, einen hohen Grad an Vergleichbarkeit zu schaffen. Zudem ermöglicht die Software durch die Nutzung von hinterlegten Datenbanken (für den Verkehrssektor sind beispiels- weise kommunenscharfe Verkehrsdaten hinterlegt) eine einfache- re Handhabung der Datenerhebung. Im Rahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts (2014) wurde eine erste Bilanz aufgestellt (Bezugszeitraum 2011). Im Rahmen des eea-Prozesses78 erfolgt derzeitig eine Aktualisierung. Während sich die Bilanzierung im Integrierten Klimaschutzkonzept und im eea-Prozess auf alle Sektoren (Wirtschaft, Haushalte, Kommune und Verkehr) bezieht, wird hier im Klimaschutzteilkon- zept Verkehr/Mobilität speziell der Sektor Verkehr betrachtet. Nachfolgend werden die Vorgehensweise der Bilanzierung im Rahmen des Klimaschutzteilkonzepts Verkehr/Mobilität beschrie- ben und die zugehörigen Ergebnisse dargestellt. Die Bilanzierung wurde so aufgestellt, dass nicht nur zusammengefasste Bilanzie- rungsergebnisse für den Kreis Siegen-Wittgenstein vorliegen, son- dern auch für die einzelnen kreisangehörigen Kommunen.

6.1 Bilanzierung nach BISKO

Im Rahmen der Bilanzierung der Energieverbräuche und Treib- hausgasemissionen (THG-Emissionen) für das Kreisgebiet, wird der vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) entwickel- te „Bilanzierungs-Standard Kommunal“ (BISKO) angewandt. Es handelt sich hierbei um eine standardisierte Methodik, welche die einheitliche Berechnung kommunaler THG-Emissionen ermöglicht und somit eine Vergleichbarkeit der Bilanzergebnisse zwischen den Kommunen erlaubt.79 Weitere Kriterien waren u. a. die Schaf- fung einer Konsistenz innerhalb der Methodik, um insbesondere Doppelbilanzierungen zu vermeiden sowie eine weitestgehende Konsistenz zu anderen Bilanzierungsebenen (regional, national) zu erreichen. Zur Erfassung des Verkehrs in kommunalen THG-Bilanzen findet das „Prinzip der endenergiebasierten Territorialbilanz“ Anwen- dung. Damit werden sämtliche motorisierten Verkehrsmittel im Personen- und Güterverkehr erfasst. Emissionen aus dem Flug- verkehr werden nach Anzahl der Starts und Landungen auf dem Territorium erfasst. Generell kann der Verkehr in die Bereiche „gut kommunal beein- flussbar“ und „kaum kommunal beeinflussbar“ unterteilt werden. Als „gut kommunal beeinflussbar“ werden Binnen- sowie Quell-

78 Der eea-Prozess ist in Kap. 10.2 beschrieben. 79 ifeu 2016: https://www.ifeu.de/energie/pdf/Bilanzierungs-Systematik _Kommunal_Kurzfassung.pdf, aufgerufen am 10.01.2018

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 63 und Zielverkehre im Straßenverkehr (MIV, Lkw, LNF80) sowie im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) eingestuft. Emissionen aus dem Straßendurchgangsverkehr, dem öffentlichen Personen- fernverkehr (ÖPFV, Bahn, Reisebus, Flug) sowie aus dem Schie- nen- und Binnenschiffsgüterverkehr werden als „kaum kommunal beeinflussbar“ eingestuft. Durch eine Einteilung in Straßenkatego- rien (innerorts, außerorts, Autobahn) kann der Verkehr differen- zierter betrachtet werden. So ist anzuraten die weniger beeinfluss- baren Verkehrs- bzw. Straßenkategorien herauszurechnen, um realistische Handlungsempfehlungen für den Verkehrsbereich zu definieren. Harmonisierte und aktualisierte Emissionsfaktoren für den Ver- kehrsbereich stehen in Deutschland durch das TREMOD-Modell zur Verfügung. Diese werden in Form von nationalen Kennwerten differenziert nach Verkehrsmittel, Energieträger und Straßenkate- gorie bereitgestellt. Wie bei den Emissionsfaktoren für den statio- nären Bereich, werden diese in Form von CO2-Äquivalenten inklu- sive Vorkette berechnet. Eine kommunenspezifische Anpassung der Emissionsfaktoren erfolgt nicht. Im Rahmen der Verkehrsbilanzierung des Kreises Siegen- Wittgenstein werden die nachfolgenden Verkehrskategorien ein- bezogen und hinsichtlich Ihrer Fahrleistung bilanziert: - Motorisierter Individualverkehr (Motorräder, Pkw), - Straßengüterverkehr (Lkw, leichte Nutzfahrzeuge), - Schienenpersonenverkehr, - Schienengüterverkehr, - Öffentlicher Personennahverkehr (Busse, Linienbusse). Die Datengrundlage zur vorliegenden Verkehrsbilanz des Kreises Siegen-Wittgenstein setzt sich aus zwei verschiedenen Bereichen zusammen. Für alle Fahrzeugkategorien stammen die Daten aus der Erhebung der „Gemeindespezifischen Fahrleistungen und Verkehrsenergieverbräuche 2017“ des ifeu Institutes. Durch die verwendete Quelle konnten Daten für eine ausführliche Verkehrs- bilanz gemäß dem Territorialprinzip erhoben werden. Die Bilanzie- rung der fünf Fahrzeugkategorien Pkw, Motorrad, Linienbus und Schienenzugverkehr erfolgt somit auf Basis der zurückgelegten Fahrleistung. Für den Bereich des Schienenverkehrs (sowohl Schienenpersonenverkehr als auch Schienengüterverkehr) stehen ebenfalls Daten des ifeu Institutes zur Verfügung, jedoch mit dem Unterschied, dass diese nicht die Fahrleistung, sondern die ver- wendete Energie (in MWh) widerspiegeln. Die Bilanzierung gemäß dem Territorialprinzip bleibt jedoch unverändert. Die Energieverbräuche werden als Endenergie angegeben. Als Endenergie wird die nach der Umwandlung von Primärenergie verbleibende Energie, die an den Endenergieverbraucher geliefert wird, bezeichnet. Dagegen erfolgt die Emissionsberechnung auf Basis der Primärenergien. Der Energieträger Strom beispielsweise wird mit den Emissionen verwendeter fossiler Brennstoffe (Öl, Kohle, Gas) und den Umwandlungsprozessen (Sonne, Wind, Kernenergie, Wasser Erdwärme, Biomasse) bei der Stromerzeu- gung belastet. Diese Berechnung der Primärenergie geschieht unter der Verwendung zweier verschiedener Parameter, welche

80 Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 64 sich zum einen im Life Cycle Analysis-Parameter (LCA) und zum anderen im CO2-Emissionsparameter darstellen. Life Cycle Analysis-Parameter (LCA) LCA-Parameter sind energieträgerspezifische Konversionsfaktoren und dienen als Unterstützung bei der eigentlichen Umrechnung aller Verbrauchsdaten der jeweiligen Kommunen in Primärenergie. Über die LCA-Parameter werden die relevanten Vorkettenanteile berechnet, die die gesamten Energieaufwendungen der Vorketten beinhalten, z. B. Erzeugung und Verteilung der Energie.

CO2-Emissionsparameter

Die Grundlage zur Berechnung der CO2-Emission aus dem kom- munalen Energieverbrauch bildet der CO2-Emissionsparameter. Dieser gibt an, wie viel CO2 bei der Erzeugung einer Energieein- heit genau entsteht. Spezifischer Verbrauch pro Fahrzeug Zur Bilanzierung des Transportsektors bedient sich die Methodik des spezifischen Energieverbrauchs der Fahrzeuge. Hierbei wird der unterschiedliche Verbrauch verschiedener Fahrzeuge nach Energieträgern dargestellt. Treibstoff-Mix

Zur Bilanzierung der CO2-Emissionen des Treibstoff-Verbrauchs in den verschiedenen Verkehrskategorien werden für die Startbilanz die Daten des bundeseinheitlichen Treibstoff-Mixes verwendet. Strom-Mix

Für eine exakte Aussage bezüglich der CO2-Emission in der Pri- märenergiebilanz ist der Strom-Mix entscheidend. In der Startbi- lanz werden die Emissionen anhand des deutschen Strom-Mixes bilanziert. Der Strom-Mix gibt an, zu welchen Anteilen der Strom aus welchen Energieträgern stammt. Energieträger können hierbei fossile Rohstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas sein, aber zudem auch Kernenergie und erneuerbare Energien. Die Daten des Strom-Mixes entstehen unabhängig von der geografischen Lage der Kraftwerke.

6.2 Bilanz (Analyse 2016) Der gesamte Bereich der Fahrleistung setzt sich aus folgenden vier Kategorien zusammen: - Motorisierter Individualverkehr, bei der die gesamte Fahr- leistung von Motorrädern und Pkw, Buslinienverkehr und Regionalbahn in der Einheit Personenkilometer dargestellt wird; - Personenfernverkehr (Schienenfernverkehr und Flugver- kehr), welcher unter Zuhilfenahme der durchschnittlichen Personenkilometer pro Einwohner berechnet wird; - Straßengüterverkehr, welcher die eigentliche Transportleis- tung von Nutzfahrzeugen berechnet und diese in der Ein- heit Fahrzeugkilometer darstellt; - Übriger Güterverkehr, welcher die Transportleistung von Schienen- und Schiffsgüterverkehr in der Einheit Tonnenki- lometer darstellt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 65

Durch Eingabe der zurückgelegten Fahrleistung im Kreis lassen sich die Treibstoffverbräuche für ausgewählte Fahrzeugkategorien spezifizieren. Dabei werden die zugelassenen Fahrzeuge der ge- nannten vier Kategorien bilanziert. Die jeweiligen Faktoren für den spezifischen Verbrauch und den Treibstoff-Mix entsprechen dem Landesdurchschnitt. Zur Bilanzierung des Personenfernverkehrs und des übrigen Gü- terverkehrs ist besonders zu erwähnen, dass sie mit dem Territori- al- und Verursacherprinzip zwei Optionen zur Bilanzierung anbie- tet. Die beiden Optionen werden am Beispiel Flugverkehr erläutert. - Option 1: Territorialprinzip Die Verkehrsleistung des Flugverkehrs wird auf Null ge- setzt. - Option 2: Verursacherprinzip Die Einwohner nehmen den Flugverkehr für Reisen in An- spruch. In diesem Fall wird ein prozentualer Anteil, der durch den Flugverkehr verursachten Emissionen, auf den Betrachtungsraum aufgeschlagen. In der vorliegenden Bilanz wurde das Territorialprinzip angewen- det. Im Gegensatz zur Bilanz auf Grundlage der Kfz-Zulassungszahlen (vgl. IKSK 2014) werden bei der hier erstellten Territorialbilanz der Energieverbrauch und die THG-Emissionen im Kreisgebiet aufge- zeigt. Da ein Großteil des Verkehrsaufkommens im Kreisgebiet durch die Einwohner selbst und durch im kreisgebiet liegende Zie- le (z. B. Arbeitgeber) resultiert, sind dies auch die Ansatzpunkte hinsichtlich der Reduzierung des Endenergieverbrauchs und der THG-Emissionen. Von daher sind die Handlungsmöglichkeit des Kreises zum Klimaschutz im Verkehrsbereich in Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren sind als hoch einzustufen.

6.2.1 Endenergieverbrauch Sektor Verkehr

Im Bilanzjahr 2016 waren im Kreis Siegen-Wittgenstein insgesamt 204.769 Fahrzeuge zugelassen. Seit 2010 ist diese Zahl um rund 11 % gestiegen (Bild 17).

Bild 17: Zugelassene Kraftfahrzeuge im Kreis Siegen-Wittgenstein (2010- 2016) (eigene Darstellung; Kraftfahrtbundesamt)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 66

Insgesamt sind im Jahr 2016 2.188.784 MWh Endenergie im Sek- tor Verkehr verbraucht worden. Das entspricht einem Verbrauch von 7,7 MWh pro Einwohner. Bild 18 zeigt den Endenergiever- brauch des Sektors Verkehr aufgeteilt auf die einzelnen Treibstoff- arten im Jahr 2016. Der Treibstoff Diesel hat den größten Anteil am Treibstoffver- brauch (rund 59 % und 1.287.338 MWh) vor Benzin (rund 35 % und 756.711 MWh). Neben Diesel und Benzin fließen die Treib- stoffe Erdgas, Strom, Flüssiggas, Biodiesel und Biobenzin mit in die Bilanzierung ein. Mit dem Einbezug dieser Energieträger wer- den u. a. die Verbräuche und CO2-Emissionen der für die Zukunft an Bedeutung gewinnenden Elektromobilität erfasst. Diese Ener- gieträger bilden zusammen einen Anteil in Höhe von rund 6 % (144.768 MWh/a).

Bild 18: Endenergieverbrauch des Verkehrssektors des Kreises Siegen- Wittgenstein nach Treibstoffarten (eigene Darstellung; Berechnungs- stand August 2018)

Bild 19 und Bild 20 zeigen die Energieverbräuche für die Katego- rien Straße und Schiene. Im Bereich Straßenverkehr bilden die Endenergieverbräuche der Pkw mit 77 % und der Lkw mit 14 % die größten Anteile. Motorrädern, Linienbussen sowie leichte Nutz- fahrzeuge sind zusammen für 9 % des gesamten Endenergiever- brauchs im Straßenverkehr verantwortlich. Insgesamt beträgt der Endenergieverbrauch der Kategorie Straße 1.568.388 MWh. Im Bereich des Schienenverkehrs wird zum einen der Energiever- brauch des Schienenpersonenverkehrs, unterteilt in Nah- und Fernverkehr, und zum anderen der Energieverbrauch im Güterver- kehr betrachtet. Die Bilanzierung zeigt auf, dass im Kreis Siegen- Wittgenstein der Güterverkehr mit 58 % der größte Energiever- braucher ist. Der Schienenpersonenverkehr umfasst 42 %.

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Bild 19: Endenergieverbrauch des Straßenverkehrs des Bild 20: Endenergieverbrauch des Schienenverkehrs Kreises Siegen-Wittgenstein des Kreises Siegen-Wittgensteins (eigene Darstellung; Berechnungsstand August (eigene Darstellung; Berechnungsstand August 2018) 2018)

6.2.2 THG-Emissionen Sektor Verkehr

Im Jahr 2016 sind durch den Sektor Verkehr 688.084 t Treibhaus- gase (Treibhausgase: THG oder CO2-Äquivalente: CO2e) emittiert worden. Pro Einwohner sind 2,4 t THG-Emissionen verursacht worden. In Bild 21 ist die Aufteilung der THG-Emissionen pro Einwohner nach Treibstoffart dargestellt. Sie entspricht in etwa der Aufteilung der Endenergieverbräuche nach Treibstoffart. Die beiden Energie- träger Benzin und Diesel bilden mit 35 % bzw. 61 % die größten Anteile. Alle weiteren Energieträger stellen mit zusammen 4 % einen verhältnismäßig geringen Anteil dar (Bild 21).

Bild 21: THG-Emissionen des Sektors Verkehr des Kreises Siegen- Wittgenstein nach Treibstoffarten (eigene Darstellung; Berechnungs- stand August 2018)

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Nachfolgend werden, wie auch bei den Endenergieverbräuchen, die THG-Emissionen der beiden Verkehrskategorien Straßenver- kehr und Schienenverkehr dargestellt. Analog zur Betrachtung des Endenergieverbrauchs der einzelnen Fahrzeugkategorien im Bereich Straßenverkehr, ist auch bei den THG-Emissionen der Pkw mit 77 % für einen wesentlichen Teil der THG-Emissionen verantwortlich (Bild 22). Den zweitgrößten Anteil stellen mit 14 % die Lkw dar. Die weiteren Fahrzeuge bilden zu- sammen einen Anteil in Höhe von 9 %. Im Bereich des Schienenverkehrs bildet der Güterverkehr mit 55 % den größeren Anteil an den THG-Emissionen (Bild 23).

Bild 22: THG-Emissionen des Straßenverkehrs des Bild 23: THG-Emissionen des Schienenverkehrs des Kreises Siegen-Wittgenstein Kreises Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Berechnungsstand August (eigene Darstellung; Berechnungsstand August 2018) 2018)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 69

7 Potenzialanalyse

Im Verkehrssektor ergeben sich Minderungspotenziale für den Endenergieverbrauch und die THG-Emission aus - der Vermeidung von Verkehren, - der Verlagerung von Verkehren, - einer effizienten Verkehrsabwicklung sowie - dem Einsatz technischer Innovationen.

7.1 CO2-Minderungspotenziale im Verkehr (IKSK Kreis Siegen-Wittgenstein) Im Integrierten Klimaschutzkonzept des Kreises Siegen- Wittgenstein (2014) wurden basierend auf einer für das Jahr 2011 vorliegenden Analyse im Rahmen der Potenzialanalyse für den Verkehrssektor zwei Varianten betrachtet: - Variante 1: Die Variante 1 stellt die voraussichtliche Entwicklung unter Berücksichtigung der auf überregionaler Ebene veranlass- ten Maßnahmen zum Klimaschutz (gesetzliche Vorgaben). Die Variante 1 stellt damit ein Referenzszenario dar. - Variante 2: In Variante 2 werden zusätzlich zu den gesetzlichen Vor- gaben ambitionierte Maßnahmen zum Klimaschutz auf lo- kaler Ebene der Kommunen bzw. des Kreises Siegen- Wittgenstein berücksichtigt (Handlungskonzept). Die Variante 2 stellt damit ein Klimaschutzszenario dar. Im Handlungskonzept des Integrierten Klimaschutzkonzepts wur- den für den Verkehrssektor folgende Maßnahmen benannt und in Variante 2 berücksichtigt: - Reduzierung des MIV-Anteils, - Ausweitung der Nutzung des ÖPNV und des nichtmotori- sierten Verkehrs, - Förderung der Elektromobilität, - Erhalt und leistungsgerechte Verbesserung des alltags- tauglichen und touristischen Radverkehrsnetzes. Darüber hinaus wurde in der „Variante 2 als weitergehendes Ziel von einer Zunahme des Anteils Erneuerbarer Energien an der De- ckung des Energiebedarfs ausgegangen.81 Durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen, die mit regenerativ erzeugtem Strom betrieben werden, ist hier eine Steigerung möglich. Für den Schienenverkehr […] [wurde] den regionalen Wirkungsmöglichkeiten entsprechend nicht von einer Zunahme des Anteils Erneuerbarer Energien aus- gegangen.“ 82

81 „Die Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energiequellen im Kreis Siegen-Wittgenstein betrug im Jahr 2011 insgesamt rund 134.000 MWh. Die Stromerzeugung aus Windenergie hat dabei mit ca. 53 % den größ- ten Anteil. Der prozentuale Deckungsanteil der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch des Kreises Siegen- Wittgenstein beträgt für das Jahr 2011 rund 6,0 %.“ (IKSK 2014; S. 88) 82 Kreis Siegen-Wittgenstein, 2014: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und acht Städte und Gemeinden; S. 135

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Die Bilanzierungsergebnisse für den Verkehrssektor sind in der nachfolgenden Tabelle als Orientierungswerte aufgeführt (Tabelle 8).

Tabelle 8: Endenergieverbrauch und CO2-Emissionen im Verkehrssektor (Gegenüberstellung von Analyse, Referenzszenario und Klimaschutzszenario) (eigene Darstellung nach den Daten aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein) Integriertes Klimaschutzkonzept Kreis Siegen-Wittgenstein (2014) Analyse Variante 1 Variante 2 Bilanzierungs- (Referenzszenario) (Klimaschutzszenario) ergebnisse (Verkehrssektor, ge- Veränderung Veränderung samt) 2011 2020 gegenüber 2020 gegenüber 2011 2011 Endenergieverbrauch ~ 2.793,6 ~2.416,46 - 377,14 ~2.290,75 - 502,85 [GWh] (28,8 % von ~9.700) (- 13,5 %) (- 18,0 %)

CO2-Emissionen ~829,6 ~779,82 - 49,78 ~754,94 - 74,66 [1000 t] (24,4 % von ~3.400) (- 6 %) (- 9 %)

Die Bilanzierungsergebnisse aus dem Integrierten Klimaschutz- konzept verdeutlichen die Einsparpotenziale im gesamten Ver- kehrssektor für den Kreis Siegen-Wittgenstein, lassen aber keine Ableitung von Einzelmaßnahmen zu.

7.2 CO2-Minderungspotenziale von Einzelmaßnahmen (UBA) Das Umweltbundesamt (UBA)83 hat in einem Sachstandsbericht verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor inhaltlich und hinsichtlich ihrer Wirkungen be- schrieben. Nachfolgend sind die als relevant erachteten Hand- lungsansätze aus der UBA-Studie und ihre Wirkungen zusam- mengefasst dargestellt.

Verkehrsvermeidende Siedlungs- und Verkehrsplanung Eine verkehrsvermeidende Siedlungs- und Verkehrsplanung (Schaffung einer verkehrsarmen Siedlungsstruktur, d. h. „Stadt der kurzen Wege“) wurde in den Leitzielen festgehalten. Von daher ist dieser Ansatz weniger als Einzelmaßnahme, sondern vielmehr als übergeordnete Strategie zu verstehen, die bei allen weiteren Pla- nungen berücksichtigt werden soll. Eine verkehrsvermeidende Siedlungs- und Verkehrsplanung be- wirkt auf der einen Seite eine Verlagerung von Kfz-Verkehr zu Gunsten des Umweltverbunds und auf der anderen Seite eine Re- duzierung der Verkehrsleistung (Personen- oder Fahrzeugkilome- ter), da die anfallenden Wege kürzer werden. Im UBA-Sachstandsbericht wird darauf hingewiesen, dass die Quantifizierung der Wirkungen auf Grund von fehlenden Untersu- chungen sowie der Komplexität (u. a. Wechselwirkungen und in- haltliche Gestaltung) nur schwer bzw. gar nicht möglich ist.

83 Umweltbundesamt (UBA), 2010: CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland, Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale – Ein Sachstandsbericht des Umweltbundesamtes

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Förderung des Schienenpersonenverkehrs (Nah- und Fernver- kehr) und des straßengebundenen öffentlichen Personennahver- kehrs (ÖPNV) Deutschlandweit zeigt sich in den vergangenen Jahren ein positi- ver Trend beim öffentlichen Personenverkehr (Bahn und Bus) (Tabelle 9). Die Maßnahmen zur Förderung des öffentlichen Personenverkehrs (Bahn und Bus) zielen im Wesentlichen auf eine Steigerung der Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel ab, die zu einer stärke- ren Nutzung beitragen kann.

Tabelle 9: Entwicklung des Aufkommens im öffentlichen Personenverkehr in Deutschland84 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Beförderte Personen in Mio. Schienennahverkehr 2.305 2.358 2.419 2.482 2.564 2.576 Schienenfernverkehr 126 125 131 131 129 131 Schienengebundener ÖPNV 2.431 2.483 2.550 2.613 2.693 2.707 Linienverkehr 9.201 9.278 9.254 9.306 9.364 9.379 Gelegenheitsverkehr 79 77 74 74 76 82 Straßengebundener ÖPNV 9.280 9.355 9.329 9.380 9.440 9.461 ÖPNV gesamt 11.711 11.838 11.879 11.993 12.133 12.168 Personenkilometer in Mrd. Schienennahverkehr 47,8 49,9 51,4 52,8 54,9 54,8 Schienenfernverkehr 36,1 35,5 37,3 36,8 36,1 36,9 Schienengebundener ÖPNV 83,9 85,4 88,8 89,6 91,0 91,7 Linienverkehr 56,5 56,9 56,2 57,7 60,5 62,2 Gelegenheitsverkehr 21,6 21,0 19,8 19,4 18,3 19,6 Straßengebundener ÖPNV 78,1 78,0 76,0 77,1 78,8 81,8 ÖPNV gesamt 162,0 163,4 164,8 166,7 169,8 173,5

Das UBA unterscheidet bei seiner Wirkungsabschätzung zwischen - Schienenpersonenverkehr (Nah- und Fernverkehr) und - straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr. Folgende Maßnahmen werden in den beiden Bereichen angesetzt: Schienenpersonenverkehr: - Stärkerer Ausbau des Schienennetzes / Erhöhung der spe- zifischen Trassenkapazität, - Verbesserung des Fahrplanangebots im schienengebun- denen Personenverkehr, - Verstärkter Einsatz von Telematik im schienengebundenen Personenverkehr und - übergeordnete bundesweite Maßnahmen (Abbau von Netzzugangsbeschränkungen, Förderung der europawei- ten betrieblichen und technischen Interoperabilität). straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV): - Verbesserung der Infrastruktur und des Services im stra- ßengebundenen ÖPNV, - Vorrang des straßengebundenen ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr,

84 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2017: Verkehr in Zahlen 2017/2018

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 72

- Übergeordnete bundesweite Maßnahmen (Neuordnung der ÖPNV-Finanzierung zwischen Bund, Länder und Kommu- nen). Mit diesem Maßnahmenset geht das UBA davon aus, dass der Anteil der Bahn (Nah- und Fernverkehr) am Modal Split des Per- sonenverkehrs bis 2020 auf 11 % und bis 2030 auf 15 % steigt (2006 lag der Anteil der Bahn am Modal Split des Personenver- kehrs bei 7,3 %)85. Für den straßengebundenen ÖPNV wird ange- nommen, dass 10 % der innerörtlichen Pkw-Fahrten auf den ÖPNV verlagert werden. Eine Darstellung der Wirkung aller Maß- nahmen zur Förderung des ÖPNV auf dem Modal Split im Ge- samtverkehr liegt nicht vor.

Förderung des Fuß- und Radverkehrs „Pro Tag werden in Deutschland 272 Mio. Wege mit über 3 Mrd. Personenkilometern zurückgelegt. Davon entfallen auf die Fortbe- wegung mit dem Rad etwa 9 % und zu Fuß etwa 23 % bezogen auf das Verkehrsaufkommen, d. h. die Zahl der Wege. Bezogen auf die Personenkilometerleistung (Pkm) machen die Fortbewe- gungsmittel jedoch jeweils nur etwa 3 % (2,6 % Rad; 3,3 % Fuß) aus.“ 86 Im Hinblick auf den Radverkehrsanteil bestehen große regionale Unterschiede, die jedoch nicht von der Siedlungsdichte abhängig sind. Es lässt sich auch nachweisen, dass die Topografie bei der Nutzung des Rades eine geringere Rolle einnimmt als allgemein angenommen. In Bezug auf den Radverkehr bieten vor allem die kurzen Pkw-Fahrten (< 5 km) ein Potenzial für eine Verlagerung. Es ist zu beachten, „dass ein hoher ÖPNV-Anteil häufig mit einem geringen Radverkehrsanteil einhergeht und umgekehrt.“ 87 Zum Fußverkehr liegen keine bzw. nur wenige Untersuchungser- gebnisse vor, so dass hier keine spezifischen Aussagen getroffen werden können. Das UBA geht aber davon aus, dass für den Fuß- verkehr ähnliche Grundannahmen wie beim Radverkehr angesetzt werden können. Das UBA setzt bei seiner Wirkungsabschätzung vor allem die nachfolgenden Maßnahmen an: - Infrastruktur- und Serviceverbesserungen, - Verankerung einer neuen Kultur des Radfahrens und Zu- fußgehens im Alltag, - Einbeziehung des Fahrrads in das betriebliche Mobilitäts- management.

85 An dieser Stelle muss beachtet werden, dass sich der hier dargestellte Modal Split auf die Verkehrsleistung (Pers.-km) und nicht auf das Ver- kehrsaufkommen (Anzahl Wege) bezieht. Nach MID 2008 lag der Modal Split-Anteil des ÖPNV (Schiene und Straße) im Jahr 2008 bei 8,5 %. Eine Differenzierung nach Schiene und Straße ist nicht angegeben. 86 Umweltbundesamt (UBA), 2010: CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland, Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale – Ein Sachstandsbericht des Umweltbundesamtes; S. 33 87 Umweltbundesamt (UBA), 2010: CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland, Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale – Ein Sachstandsbericht des Umweltbundesamtes; S. 34

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Mit diesem Maßnahmenset geht das UBA davon aus, dass 50 % der innerörtlichen Pkw-Fahrten kürzer als 5 km auf den nichtmoto- risierten Verkehr verlagert werden können (25 % bis 2020).

Carsharing In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass durch den Einsatz von Carsharing Einspareffekte beim Fahrzeug- und Park- raumbedarf zwischen 4 bis 15 Privat-Pkw je Carsharing-Fahrzeug erzielt werden.88 Wenn ein Pkw nicht mehr per se zur Verfügung steht und für jede einzelne Fahrt die vollen betrieblichen Kosten der Fahrzeugnutzung bezahlt werden müssen, ist davon auszuge- hen, dass sich das Verkehrsmittelwahlverhalten ändert. Der „ge- teilte“ Pkw wird von seinen Nutzern weniger gefahren als ein stän- dig zur Verfügung stehender privater Pkw. Im UBA-Sachstandsbericht wird darauf hingewiesen, dass die Quantifizierung der Wirkungen auf Grund der Abhängigkeit zum Nutzerverhalten und den Verkehrsmitteln des Umweltverbunds nur schwer bzw. gar nicht möglich ist. Die Maßnahme Carsharing trägt eher dazu bei, die Wirkungspotenziale der anderen Maßnahmen zu unterstützen, so dass diese möglichst vollständig ausgeschöpft werden können. Von daher erfolgt an dieser Stelle keine Wir- kungsabschätzung.

Fazit

Die UBA-Studie zeigt auf, dass nicht alle Maßnahmen ein CO2- Reduzierungspotenzial aufweisen, sondern zum Teil auch die an- deren Maßnahmenwirkungen stärken. Des Weiteren ist zu beach- ten, dass die Wirkungen auf Grund unterschiedlicher Ausgangsla- gen regional unterschiedlich sind und nicht als Pauschale ange- setzt werden können. Dennoch geben die Ergebnisse des Sach- standsberichts erste Hinweise auf mögliche Wirkungspotenziale. Nachfolgend sind die zuvor beschriebenen Maßnahmen und ihre Wirkungen hier nochmals in einer Übersichtstabelle zusammenge- fasst (Tabelle 10).

Tabelle 10: Minderung der Emissionen nach Maßnahmen in 2030 gegenüber dem Trend (eigene Darstellung nach UBA-Sachbericht)

CO2-Reduzierungspotenzial 2030 (gegenüber dem Trend) Maßnahme [gerundete %-Werte] Verkehrsvermeidende Sieglungs- und Verkehrsplanung Planungskonzept „Stadt der kurzen Wege“ und Integration von Verkehrs- 10 % und Siedlungsplanung (Kombinierte Betrachtung) Förderung umweltgerechter Verkehrsträger Schienenpersonenverkehr 2 % Öffentlicher Personennahverkehr (straßengebundener ÖPNV) 1 % Fuß- und Radverkehr 3 % Carsharing ./.

88 https://carsharing.de/alles-uber-carsharing/studien/carsharing- fahrzeug-ersetzt-zu-10-private-pkw; Datenabruf: 24.04.2018; f/21 Büro für Zukunftsfragen, 2012: Peak Car – Das Auto erfindet sich neu; Willi Loose (2017): CarSharing im ländlichen Raum – Rahmenbedingun- gen und Erfolgsaussichten für startende Angebote in neuen Orten!; Prä- sentation zur 3. Mobilitätskonferenz in Siegen

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 74

7.3 Handlungspotenziale Wie bereits zu Anfang des Kapitels aufgeführt, ergeben sich im Verkehrssektor die Minderungspotenziale für den Endenergiever- brauch und die THG-Emission aus - der Vermeidung von Verkehren, - der Verlagerung von Verkehren, - einer effizienten Verkehrsabwicklung sowie - dem Einsatz technischer Innovationen. Im Hinblick auf die Handlungsmöglichkeiten des Kreises steht die Stärkung des Umweltverbunds zur Reduzierung des Kfz- Verkehrsaufkommens – und damit zur Erreichung der Klima- schutzziele – im Vordergrund (Verlagerung von Verkehr).89 Die Ergebnisse der Bestandsanalyse zeigen auf, dass zu ver- schiedenen Themenfeldern, die im Wesentlichen die verschiede- nen Verkehrsarten widerspiegeln, Potenziale zu erkennen sind, und daher grundsätzlich als Handlungsfeld definiert werden kön- nen:

ÖPNV und verknüpfte Mobilität - Die Finanzierung des ÖPNV hat eine besondere Bedeu- tung (Eigenwirtschaftlichkeit, rückläufige Schülerzahlen). - Die vorhandene ÖPNV-Qualität muss kommuniziert wer- den (Maßnahmen wie z. B. SchülerTicket und Mobilitäts- Card sind nach den Ergebnissen der kommunalen Daten- abfrage (vgl. Kap. 5.3) vermutlich den maßgeblichen Ent- scheidungsträgern nicht hinreichend als Fördermaßnah- men bekannt; heutiger ÖPNV hat eine schlechtere Außen- wirkung, als es der vorhandenen Angebotsqualität ent- spricht). - Nach der Mobilitätsbefragung verändert sich die Bedeutung des ÖPNV mit den Alter der Nutzer (hohe Bedeutung bei Kindern und Jugendlichen, mittlere Bedeutung bei Auszu- bildenden und jungen Erwachsenen; geringe Bedeutung bei älteren Menschen). - Die Bewertung des bestehenden ÖPNV-Angebots in der Mobilitätsbefragung zeigt ein Verbesserungspotenzial auf (Ø-Note 3,4; 23 % der Befragten bewerten das ÖPNV- Angebot mit Note 5 oder 6). - Die von den Befragten (Mobilitätsbefragung) benannten Verbesserungsmöglichkeiten sind vor allem „Taktverdich- tung“ (Stammkunden und Nicht-Stammkunden) und „güns- tigere Tarife“ (Nicht-Stammkunden). - Die in der ersten Mobilitätskonferenz gesammelten Wün- sche/Anregungen sind: bessere Busverbindungen in den Abendstunden sowie eine Mobilitäts-App für die Nutzung der ÖPNV-Angebote. - Verkehrsmittelverknüpfungen (Mobilstationen) bieten all- gemein Potenziale für den Umweltverbund; in Siegen- Wittgenstein zeigen sich Lücken bzgl. Bike & Ride (Bahn-

89 Weitere relevante, aber maßnahmenunabhängige Entwicklungen (z. B. Pkw-Bestand, Zusammensetzung des Fahrzeugkollektivs, Fahrzeuge- missionswerte und technische Kraftstoffeinsparungen) bleiben nicht un- berücksichtigt, sondern werden sowohl im Referenzszenario als auch im Klimaschutzszenario berücksichtigt (siehe Kap. 12).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 75

haltepunkte ohne Bike & Ride-Anlagen); ein einheitliche Strategie zu Mobilstationen liegt noch nicht vor.

Fuß- und Radverkehr - Bisher hat keine kreisangehörige Kommune ein Fuß- oder Nahmobilitätskonzept erstellt. - Starke Pendlerverflechtungen mit radfahrtauglichen Entfer- nungen sind zu erkennen. - Aus der Mobilitätsbefragung ergeben sich Potenziale für den Radverkehr (Radverkehrsanteil von Kreis Siegen- Wittgenstein im Vergleich zu NRW und vergleichbaren Kreisen deutlich geringer; Kfz wird auch auf kurzen Distan- zen oftmals genutzt). - Radfahren und auch die Nutzung von Pedelecs liegt allge- mein im Trend (Kreis Siegen-Wittgenstein zeigt überdurch- schnittlichen Anteil an Haushalten mit mindestens einem Pedelec). - Die Bewertung des bestehenden Radverkehrsangebots in der Mobilitätsbefragung zeigt ein Verbesserungspotenzial auf (Ø-Note 3,6; 24 % der Befragten bewerten das Radver- kehrsangebot mit Note 5 oder 6). - Die von den Befragten (Mobilitätsbefragung) benannten Verbesserungsmöglichkeiten sind vor allem „besseres Radverkehrsnetz“ und „bessere Radwege“. - Die in der ersten Mobilitätskonferenz gesammelten Wün- sche/Anregungen sind: sichere und gut ausgebaute Infra- struktur für den Radverkehr sowie öffentliche Ladestatio- nen und Abstellmöglichkeiten für E-Bikes/Pedelecs

Elektromobilität und andere alternative Antriebe - Emissionsarme/-freie Fahrzeugtechnik zeigt direkte Um- weltwirkungen – vor allem bei Nutzung von erneuerbaren Energien. - Derzeitig besteht auf Bundes-/Landesebene ein hohes In- teresse am Themenfeld Elektromobilität und alternativer Antriebe (gute Fördermöglichkeiten). - Erste Ansätze sind im kommunalen Fuhrpark zu erkennen, sie sind aber weiter ausbaufähig. Die Nutzung von alterna- tiven Antrieben in kommunalen Fuhrparken sollte wegen der damit verbundenen positiven Vorzeigewirkung weiter gestärkt werden. - Eine einheitliche Strategie zur Förderung der Elektromobili- tät und anderen alternativen Antrieben liegt noch nicht vor.

Mobilitätsmanagement - Im Rahmen der Mobilitätskonferenzen wurde ein Interesse an Elternhaltestellen sowie Hol- und Bringzonen benannt (schulisches Mobilitätsmanagement). - Die Kreisverwaltung geht beim betrieblichen Mobilitätsma- nagement mit gutem Beispiel voran, andere Betriebe wer- den hinsichtlich eines betrieblichen Mobilitätsmanagements bisher nicht aktiv angesprochen.

Auf Grundlage der hier aufgeführten Potenziale wurden im weite- ren Projektverlauf konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet (siehe Kap. 8).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 76

8 Handlungskonzept

Aufbauend auf den zuvor dargestellten Handlungspotenzialen (vgl. Kap. 7.3) wurden aus fachgutachterlicher Sicht Maßnahmenemp- fehlungen unter Berücksichtigung bereits vorhandener Maßnah- menvorschläge aus vorliegenden Konzepten mit Verkehrsbezug erarbeitet. Im Hinblick auf die Handlungsmöglichkeiten des Kreises stand bei der Maßnahmenentwicklung die Stärkung des Umwelt- verbunds zur Reduzierung des Kfz-Verkehrsaufkommens im Vor- dergrund. Um einen ersten Gesamtüberblick über die ausgearbeiteten Maß- nahmenempfehlungen zu erhalten, sind hier die abgeleiteten Maßnahmen und ihre jeweiligen Ansatzpunkte in tabellarischer Form dargestellt (Tabelle 11 bis Tabelle 15).

Tabelle 11: Handlungsfeld Umsetzung – Übersicht über die Maßnahmenempfehlungen und ihre jeweiligen Ansatzpunkte Handlungsfeld Umsetzung (U) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Allgemein für das Handlungsfeld: Hinweis: Das aufgestellte Mobilitätskonzept erfordert eine Um- Zu jeder Maßnahmenempfehlung wurde ein Steck- setzung. Die wiederum erfordert eine Finanzierung. brief ausgearbeitet. Diese befinden sich gesammelt im Anhang. Die beiden Themenfelder Klimaschutz und Mobilität U 1 Einrichtung einer Personalstelle zur Umset- sind komplex und unterliegen einem stetigen Wandel. zung des Handlungskonzepts Die Aufgabe der Verankerung des Themenfeld der nachhaltigen Mobilität in der Verwaltung muss besetzt werden. Die Umsetzung des aufgestellten Mobilitätskonzepts muss in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, um kurzfristig ggf. notwendige Anpassungen vorneh- men zu können. Im Hinblick auf die Finanzierung der Umsetzung kön- U 2 REGIONALE Südwestfalen 2025 „Mobilität nen verschiedene Fördermöglichkeiten genutzt wer- fürs echte Leben“ den.

Tabelle 12: Handlungsfeld ÖPNV und Multi-/Intermodalität – Übersicht über die Maßnahmenempfehlungen und ihre jewei- ligen Ansatzpunkte Handlungsfeld ÖPNV und Multi-/Intermodalität (Ö) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Allgemein für das Handlungsfeld: Hinweis: Die Finanzierung des ÖPNV hat eine besondere Be- Zu jeder Maßnahmenempfehlung wurde ein Steck- deutung (Eigenwirtschaftlichkeit, rückläufige Schüler- brief ausgearbeitet. Diese befinden sich gesammelt zahlen). im Anhang. Nach der Mobilitätsbefragung verändert sich die Be- deutung des ÖPNV mit den Alter der Nutzer (hohe Bedeutung bei Kindern und Jugendlichen, mittlere Bedeutung bei Auszubildenden und jungen Erwach- senen; geringe Bedeutung bei älteren Menschen). Die Bewertung des bestehenden ÖPNV-Angebots in der Mobilitätsbefragung zeigt ein Verbesserungspo- tenzial auf (Ø-Note 3,4; 23 % der Befragten bewerten das ÖPNV-Angebot mit Note 5 oder 6).

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Handlungsfeld ÖPNV und Multi-/Intermodalität (Ö) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Zur Kundenbindung und Kundengewinnung muss die Ö 1 Modellhafte Entwicklung einer Qualitätssiche- Angebotsqualität gesichert und erhöht werden. rungsvereinbarung für eigenwirtschaftliche Während Qualitätssicherungsvereinbarungen bei ge- Busverkehre meinwirtschaftlichen Verkehren Teil des Öffentlichen Dienstleistungsauftrages werden können, gestaltet sich eine Qualitätssicherungsvereinbarung mit einem eigenwirtschaftlichen Konzessionär ungleich schwieri- ger (fehlende Durchsetzbarkeit von Sanktionen). Das Thema der Multi- und Intermodalität wird bei der Ö 2 Einrichtung einer Mobilitätszentrale Verkehrsplanung im Ansatz mitgedacht (u. a. Park & Ride- sowie Bike & Ride-Anlagen). Dieser Ansatz muss mit „harten“ Maßnahmen (Infrastruktur, siehe Ö 5) und „weichen“ Maßnahmen (intermodale Informa- tions- und Beratungsangebote) weiter ausgebaut wer- den. In der ersten Mobilitätskonferenz wurde u. a. der Wunsch nach einer Mobilitäts-App geäußert. „Attraktivitätssteigerung durch günstigere Tarife“ wur- Ö 3 Zielgruppenspezifische kostengünstige Tarif- den von den Nicht-Stammkunden bei der Mobilitätsbe- angebote fragung als Verbesserungsmöglichkeit benannt. Zielgruppenspezifische Tariflösungen stellen im Rah- men der Eigenwirtschaftlichkeit eine besondere För- dermöglichkeit dar. Die vorhandene Siedlungsstruktur stellt den ÖPNV vor Ö 4 Alternative Mobilitätsangebote in Ergänzung besondere Herausforderungen. zum ÖPNV Für verkehrsschwache Räume/Zeiten sollten alternati- ve Mobilitätsangebote in Ergänzung zum ÖPNV ge- funden werden. Im Hinblick auf den demografischen Wandel ist es Ö 5 Konzeption und Modellprojekt „ÖPNV durch angezeigt, den Taxibus konzeptionell weiter zu entwi- On-Demand-Ridepooling“ ckeln. Hierzu bedarf es einer speziellen Konzeption und eines modellhaften Testbetriebes in einem abge- grenzten Raum, um abschätzen zu können, in welcher Weise das Produkt Taxibus entwickelt werden soll. Verkehrsmittelverknüpfungen (Mobilstationen) bieten Ö 6 Aufstellung einer kreisweiten strategischen Potenziale für den Umweltverbund. In Siegen- Planung zu Mobilstationen. Wittgenstein zeigen sich Lücken bzgl. Bike & Ride an Bahnhaltepunkten. Eine einheitliche Strategie zu Mobilstationen liegt noch nicht vor. Die vorhandene ÖPNV-Qualität muss kommuniziert Ö 7 Ausweitung und Verstetigung des ÖPNV- werden (Maßnahmen wie z. B. SchülerTicket und Mo- Marketings bilitätsCard sind nach den Ergebnissen der kommuna- len Datenabfrage (vgl. Kap. 5.3) vermutlich den maß- geblichen Entscheidungsträgern nicht hinreichend als Fördermaßnahmen bekannt; heutiger ÖPNV hat eine schlechtere Außenwirkung, als es der vorhandenen Angebotsqualität entspricht).

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Tabelle 13: Handlungsfeld Fuß- und Radverkehr – Übersicht über die Maßnahmenempfehlungen und ihre jeweiligen An- satzpunkte Handlungsfeld Fuß- und Radverkehr (FR) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Allgemein für das Handlungsfeld: Hinweis: Aus der Mobilitätsbefragung ergeben sich Potenziale Zu jeder Maßnahmenempfehlung wurde ein Steck- für den Radverkehr (Radverkehrsanteil von Kreis Sie- brief ausgearbeitet. Diese befinden sich gesammelt gen-Wittgenstein im Vergleich zu NRW und vergleich- im Anhang. baren Kreisen deutlich geringer; Kfz wird auch auf kurzen Distanzen oftmals genutzt). Radfahren und auch die Nutzung von Pedelecs liegt allgemein im Trend (Kreis Siegen-Wittgenstein zeigt überdurchschnittlichen Anteil an Haushalten mit min- destens einem Pedelec). Die Bewertung des bestehenden Radverkehrsange- bots in der Mobilitätsbefragung zeigt ein Verbesse- rungspotenzial auf (Ø-Note 3,6; 24 % der Befragten bewerten das Radverkehrsangebot mit Note 5 oder 6). Bisher hat keine kreisangehörige Kommune ein Fuß- FR 1 Aufstellung einer kreisweiten strategischen oder Nahmobilitätskonzept erstellt. Planung zur Förderung von Nahmobilität Die von den Befragten (Mobilitätsbefragung) benann- FR 2 Überprüfung des Radverkehrsnetzes NRW in ten Verbesserungsmöglichkeiten sind vor allem „bes- der Funktion eines kreisweiten Radverkehrs- seres Radverkehrsnetz“ und „bessere Radwege“. netzes (inkl. zügig befahrbarer Radpendler- Starke Pendlerverflechtungen mit radfahrtauglichen routen) Entfernungen sind zu erkennen. Die in der ersten Mobilitätskonferenz gesammelten Wünsche/Anregungen sind: sichere und gut ausge- baute Infrastruktur für den Radverkehr sowie öffentli- che Ladestationen und Abstellmöglichkeiten für E- Bikes/Pedelecs Erste Ansätze von Fahrradverleihsystemen sind im FR 3 Aufbau eines Pedelec-Verleihnetzes Kreis Siegen-Wittgenstein vorhanden (z. B. Stadt Sie- gen, Stadt Hilchenbach, Stadt Netphen). Ein einheitli- ches kreisweites System gibt es noch nicht. Im Elektromobilitätsforschungsprojekt REMONET wurde ein digitales "E-Bike-Verleihsystem" im Stadt- gebiet Siegen über einen Zeitraum von zwei Monaten getestet. Die Auswertung der Potenziale liegt derzeitig noch nicht vor.

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Tabelle 14: Handlungsfeld Elektromobilität und andere alternative Antriebe – Übersicht über die Maßnahmenempfehlun- gen und ihre jeweiligen Ansatzpunkte Handlungsfeld Elektromobilität und andere alternative Antriebe (E) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Allgemein für das Handlungsfeld: Hinweis: Emissionsarme/freie Fahrzeugtechnik zeigt direkte Zu jeder Maßnahmenempfehlung wurde ein Steck- Umweltwirkungen – vor allem bei Nutzung von erneu- brief ausgearbeitet. Diese befinden sich gesammelt erbaren Energien. im Anhang. Derzeitig besteht auf Bundes-/Landesebene ein hohes Interesse am Themenfeld Elektromobilität und alterna- tiver Antriebe (gute Fördermöglichkeiten). Eine einheitliche Strategie zur Förderung der Elektro- E 1 Aufstellung einer kreisweiten strategischen mobilität und anderen alternativen Antrieben liegt noch Planung zur Elektromobilität und anderen nicht vor. alternativen Antrieben Erste Ansätze sind im kommunalen Fuhrpark zu er- E 2 Integration von Carsharing und Elektrofahr- kennen, sie sind aber weiter ausbaufähig. Die Nutzung zeugen sowie anderen alternativen Antrieben von alternativen Antrieben in kommunalen Fuhrparken in kommunale Fahrzeugflotten sollte wegen der damit verbundenen positiven Vorzei- gewirkung weiter gestärkt werden.

Tabelle 15: Handlungsfeld Mobilitätsmanagement – Übersicht über die Maßnahmenempfehlungen und ihre jeweiligen Ansatzpunkte Handlungsfeld Mobilitätsmanagement (M) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Allgemein für das Handlungsfeld: Hinweis: „Mobilitätsmanagement ist die zielorientierte und ziel- Zu jeder Maßnahmenempfehlung wurde ein Steck- gruppenspezifische Beeinflussung des Mobilitätsver- brief ausgearbeitet. Diese befinden sich gesammelt haltens mit koordinierenden, informatorischen, organi- im Anhang. satorischen und beratenden Maßnahmen, in der Regel unter Einbeziehung weiterer Akteure über die Ver- kehrsplanung hinaus.“ 90 Typische konkrete Zielsetzung des Mobilitätsmana- gements ist die Stärkung des Umweltverbunds und die Reduzierung des Kfz-Verkehrsaufkommens. Die Kreisverwaltung geht beim betrieblichen Mobili- M 1 Betriebliches Mobilitätsmanagement tätsmanagement mit gutem Beispiel voran, andere Betriebe werden hinsichtlich eines betrieblichen Mobi- litätsmanagements bisher nicht aktiv angesprochen. Gewerbe-/Industriestandorte sind Verkehrserzeuger M 2 Mobilität an Gewerbe-/Industriestandorten mit besonderen Rahmenbedingungen (u. a. Liefer- und Besucherverkehre sowie Schwerverkehre, Schichtbetrieb, Lage abseits des Zentrums). Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist ein Wirtschafts- standort, der stark durch Industrie geprägt ist. Die Erfahrungen aus einem Pilotprojekt können auf weitere Gewerbe-/Industriestandorte übertragen wer- den.

90 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) 2018: Empfehlungen zur Anwendung von Mobilitätsmanagement (EAM); S. 5

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Handlungsfeld Mobilitätsmanagement (M) Handlungsansatz Maßnahmenempfehlungen Im Rahmen der Mobilitätskonferenzen wurde ein Inte- M 3 Schulisches Mobilitätsmanagement resse an Elternhaltestellen sowie Hol- und Bringzonen benannt (schulisches Mobilitätsmanagement).

Die hier dargestellten Maßnahmenempfehlungen wurden steck- briefartig ausgearbeitet. Ein Steckbrief enthält folgende Inhalte: - Ausgangslage (Beschreibung der identifizierten Problemlage), - Maßnahme (Beschreibung der Maßnahmeninhalte), - Zielsetzung (Beschreibung der Zielsetzung der Maßnahme), - Bausteine (Benennung von Arbeitsschritten), - Akteure (Benennung der relevanten Akteure), - Quelle (Entstehungsgrundlage der Maßnahmenempfehlung), - CO2-Minderungspotenzial (grobe Wirkungsabschätzung), - Kostenaufwand (erste grobe Kostenschätzung). Im Hinblick auf die Handhabbarkeit des Berichts sind die ausgear- beiteten Steckbriefe gesammelt im Anhang aufgeführt. Da das klimafreundliche Mobilitätskonzept auf Kreisebene erarbei- tet wurde und der Kreis hinsichtlich des Verkehrssektors eine be- stimmte Zuständigkeit hat, wurde bei den Maßnahmenvorschlägen stets die Rolle des Kreises beschrieben. Im Allgemeinen soll der Kreis die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität motivieren und dabei durch Organisa- tion, Koordination, Beratung und Information eine unterstützende Rolle einnehmen. Dazu gehört auch die Initiierung von neuen (Pi- lot-)Projekten, die bei Erfolg nach und nach ausgeweitet werden. Hinsichtlich der betrieblichen Mobilität der Kreisverwaltung soll der Kreis Vorreiter und Vorbild für andere kreisangehörige kommunale Verwaltungen und Betriebe sein.

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9 Verstetigungsstrategie

Die bestehenden sowie die im Prozess der Konzepterstellung ins Leben gerufenen Aktivitäten und Maßnahmen rund um das Thema einer klimafreundlichen und nachhaltigen Mobilität sollen im Rah- men der Verstetigungsstrategie dauerhaft im Kreis Siegen- Wittgenstein verankert werden. Dazu bildet das kommunale Mobilitätsmanagement eine gute Grundlage. Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist Teilnehmer am För- derprogramm „Kommunales Mobilitätsmanagement“ des Ministeri- ums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Lan- des NRW. Die Kommunen werden dabei unterstützt, das Thema Mobilität als fachübergreifende Herausforderung anzugehen und den Blick für die Belange einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung zu schärfen. Im Kreis Siegen-Wittgenstein liegt die Federführung beim „Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung“. Ent- sprechend der Themenstellung und je nach Betroffenheit werden die relevanten Akteure im Sinne „temporärer Teilhabe“ zu einem spezifischen Projektteam zusammengestellt. Der fachliche Aus- tausch erfolgt innerhalb dieser Projektteams. Neben der Kreisverwaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein und den Verwaltungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden als Bereitsteller der kommunalen Verkehrsinfrastrukturen sind au- ßerdem die folgenden Akteure für den Austausch von Wissen und Erfahrungen und zur Motivation für eine nachhaltige Mobilität ein- zubinden: - Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Stra- ßen.NRW) als Bereitsteller von Verkehrsinfrastrukturen auf Bundes- und Landesebene (Autobahnen, Bundes-, Lan- des- und Kreisstraßen); - Die verschiedenen Verkehrsdienstleister als Partner für die Umsetzung der Mobilitätsangebote. Dazu gehören u. a. o Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) als Akteure des öffentlichen Personennahver- kehrs, o Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd (VGWS) sowie der lokalen Verkehrsbetriebe (z. B. VWS Westfalen- Süd GmbH, WB Westfalen Bus GmbH, …); o Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL); - Die Polizei NRW als zuständiges Organ für die Verkehrssi- cherheit; - Die in Mobilitätsfragen aktiven Verbände und Ver- kehrsclubs als Vertreter der Interessen verschiedener Nut- zergruppen sowie als Vermittler der Nahmobilitätsstrategie. Dazu gehören u. a. o Allgemeiner Deutscher Automobil-Club (ADAC e. V.), o Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC e. V.) Kreisverband Siegen-Wittgenstein; o Verkehrsclub Deutschland (VCD) Kreisverband Sie- gen-Wittgenstein und Olpe; - Gremien des Kreises und der Städte und Gemeinden; - Vertreter der Interessen der schwächeren Verkehrsteil- nehmer, also der Kinder, Senioren und Menschen mit Mo- bilitätseinschränkungen. Dazu gehören u. a. o Grund- und weiterführende Schulen,

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o Seniorenverbände, o Behindertenverbände; - Vertreter der Wirtschaftsunternehmen. Dazu gehören u. a. o Industrie- und Handelskammer (IHK), o Handwerkskammer, o Gewerkschaften.

Die Interessen der gesamten Bürgerschaft als Nutzer der Mobili- tätsangebote werden im Allgemeinen über die verschiedenen Inte- ressensvertreter eingebunden.

9.1 Status quo Verankerung des Themas „Nachhaltige Mobilität“ in der Verwal- tung Die Verwaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein setzt sich aus dem Landrat, dem Kreisdirektor, den Dezernaten sowie verschie- denen Fachämtern und Abteilungen zusammen. Die Themen Mo- bilität und Klimaschutz sind dem Dezernat IV „Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung“ zugeordnet. Das durch den Kreistag beschlossene Integrierte Klimaschutzkon- zept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sieht eine deutliche Senkung der CO2- Emissionen in Siegen-Wittgenstein vor. Hierfür wurde ein inter- kommunaler Handlungsplan entwickelt, der Schritt für Schritt um- gesetzt werden soll. Dieser behandelt die Bereiche Wirtschaft, Haushalt, Verkehr, Bildung sowie die Kommunalverwaltungen. Zur Umsetzung des Handlungsplans wurde mit Hilfe von Fördergel- dern des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nuklea- re Sicherheit (BMU) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitia- tive (NKI) die Stelle eines Klimaschutzmanagers geschaffen. Dieser übernimmt die zentrale Steuerungsfunktion des Klima- schutzprozesses und dient verwaltungsintern und nach außen als zentraler Ansprechpartner. Vorhandene Netzwerkstrukturen und -aktivitäten für das Hand- lungsfeld nachhaltige Mobilität Neben den fachlichen Netzwerken ist auch eine Kooperation in der Region sinnvoll, da gemeinschaftliche Projekte oftmals mehr Erfolg versprechen. Zu diesem Zweck arbeiten die Städte und Gemein- den des Kreises Siegen-Wittgenstein in einer Arbeitsgruppe Kli- maschutz zusammen. An dieser sind Fachvertreter aus allen Kommunen beteiligt. Die Arbeitsgruppe soll die gemeinsame Ent- wicklung und Vorbereitung von Projekten unterstützen und den fachlich gestützten Know-how-Austausch voranbringen. In der Zusammenarbeit werden die Chancen gesehen, Kosten zu sen- ken, gemeinsam mehr Wirkung zu erzielen, mehr Unterstützung auf überregionaler Ebene zu erlangen und einen Imagegewinn für die gesamte Region zu erreichen. Die Arbeitsgruppe „Verkehr und Mobilität“ (REK-Arbeitsgruppe „Verkehr und Mobilität“) aus dem Regionalen Entwicklungskon- zept (REK) hat sich u. a. auch mit dem Thema Mobilität befasst. Es wurden Ziele aufgestellt, die zukünftig auch fortgeschrieben werden sollen. Hierzu tagt die Arbeitsgruppe regelmäßig. Da alle wesentlichen Entscheidungsträger – Vertreter der Politik und rele- vanten Unternehmen/Institutionen (z. B. IHK, Straßen.NRW, Bahn,

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ZWS) – in der REK-Arbeitsgruppe mitarbeiten, ist ihre Einbindung vor allem für die Umsetzung des Mobilitätskonzepts von Bedeu- tung. Zusätzlich zur REK-Arbeitsgruppe wurde für die Erarbeitung des Mobilitätskonzepts eine kommunale Arbeitsgruppe Mobilität mit relevanten Vertretern der kreisangehörigen Kommunen ins Leben gerufen. Diese Arbeitsgruppe wurde in die Aufstellung des Mobili- tätskonzepts eingebunden, um einen möglichst großen Konsens über die im Konzept enthaltenen Handlungsempfehlungen zu ge- währleisten. Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist zudem Mitglied im Zukunftsnetz Mobilität NRW, welches durch das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen initiiert wurde. Dieses unterstützt Kreise und Kommunen dabei, Wissen auszutauschen, Projekte zu vernetzen, das kommunale Mobilitätsmanagement voranzutreiben und auf diese Weise vielfältige Ziele auf dem Weg zu einer nach- haltigen Mobilitätsentwicklung zu erreichen. Dabei stehen regiona- le Koordinierungsstellen beratend zur Seite. Darüber hinaus ist der Kreis Siegen-Wittgenstein im klima- netz.südwestfalen aktiv. Ziel dieses Netzwerkes ist es, den inter- kommunalen Erfahrungsaustausch auf Ebene der Stadt- und Kreisverwaltungen sowohl vertikal als auch horizontal zu verbes- sern, die Zusammenarbeit zu verstetigen und den Zugang zu ex- ternem Wissen (Best-Practice-Beispiele) zu ermöglichen. Weitere Netzwerke im Bereich Klimaschutz sind der Energiever- ein Siegen-Wittgenstein e. V., in welchem auch der Kreis Sie- gen-Wittgenstein sowie verschiedene Städte des Kreises Mitglied sind, und das Klima-Bündnis, welchem die Stadt Siegen ange- hört. Des Weiteren sind mehrere Städte des Kreises Siegen- Wittgenstein sowie der Kreis Siegen-Wittgenstein selber Teilneh- mer am European Energy Award (eea)91 bzw. bereits mit dem eea ausgezeichnet. Darüber hinaus soll ein Klima.Netzwerker im Regierungsbezirk dabei helfen, die Kommunen, Verwal- tungen, Unternehmen und sonstigen Akteure in Sachen Klima- schutz, Klimafolgenanpassung und Energieeffizienz zu vernetzen. Auch die EnergieAgentur.NRW, die vom Land NRW initiiert und finanziert wird und als unabhängiges Kompetenzzentrum des Lan- des NRW für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klima- schutz fungiert, ist ein maßgeblicher Partner im Bereich Klima- schutz und eea. Hier findet eine enge Zusammenarbeit statt.

9.2 Optimierungsmöglichkeiten Im Rahmen des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts wurden Handlungsfelder festgelegt, in denen zukünftig verstärkt Maßnah- men zum lokalen Klimaschutz umgesetzt werden sollen. Bereits im Integrierten Klimaschutzkonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein wird auf die Bedeutung eines Netzwerkmanagements für die Um- setzungsphase hingewiesen. Daher sollten für jedes Handlungs- feld regelmäßig tagende Arbeitsgruppen aus Verwaltung und wei- teren relevanten Akteuren gebildet werden, welche die Verantwor- tung für die Umsetzung der zugehörigen Maßnahmen tragen („Runder Tisch“). Diese sollten sich mindestens einmal im Jahr

91 Der eea-Prozess ist in Kap. 10.2 beschrieben.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 84 treffen, um den Umsetzungsstand der verkehrlichen Klimaschutz- konzepte zu überprüfen. „Für die erfolgreiche Umsetzung des kommunalen Mobilitätsma- nagements braucht es eine zentrale Gesamtkoordination, die Pro- zesse anstößt, zwischen den verschiedenen Fachbereichen ver- mittelt und bei gemeinsamen Projekten die Teilschritte ab- stimmt.“92 Diese Funktion erfüllt im Allgemeinen ein Mobilitätsma- nager. Er begleitet die Umsetzung des vorliegenden Mobilitätskon- zepts und ist über alle relevanten Aktivitäten informiert. Er kann das Controlling durchführen und hat damit die notwendige Einsicht in alle Prozesse, um Hemmnisse frühzeitig zu erkennen und ge- gebenenfalls Handlungsfelder zu priorisieren. Damit bildet er die zentrale Schnittstelle zwischen den Fachbereichen, ist Ansprech- partner und Berater der einzelnen Akteure und koordiniert den Erfahrungsaustausch unter den Akteuren. Im Kreis Siegen-Wittgenstein sind derzeitig zwei Personen mit den Aufgaben zu den Themenfeldern Klimaschutz und Mobilität be- traut, ein Klimaschutzmanager sowie ein Mobilitätsmanager. Die Förderung der Stelle des Klimaschutzmanagers läuft im Frühjahr 2019 aus. Im Kreis Siegen-Wittgenstein ist man einheitlich der Meinung, dass eine Fortführung der Stelle des Klimaschutzmana- gers sinnvoll ist. Man bemüht sich daher derzeitig um eine Verlän- gerung der Förderung. Auf Grund der Komplexität der beiden Themenfelder Klimaschutz und Mobilität sowie dem stetigen Wan- del ist zu prüfen, ob neben der Stelle des Klimaschutzmanager eine separate Stelle für einen Mobilitätsmanager – im Idealfall bei- de Positionen als Dauerstellen– geschaffen werden kann (siehe auch Steckbrief U 1 „Einrichtung einer Personalstelle zur Umset- zung des Handlungskonzepts“). Eine weitere Möglichkeit, die Mobilität mit dem Fahrrad und zu Fuß zu stärken, stellt eine Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen (AGFS) dar. Diese berät sich in einer jährlichen Mitgliederversammlung mit 80 Mitgliedskommunen (zusammengesetzt aus Kreisen, Städte und Gemeinden) in Fra- gen der Förderung der Nahmobilität. Der Kreis Siegen- Wittgenstein sowie seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind bislang nicht Mitglieder der AGFS. Es ist zu prüfen, ob eine solche Mitgliedschaft vom Kreis selbst oder von den kreisangehö- rigen Kommunen zum Ausbau der Netzwerkaktivitäten angestrebt werden kann (siehe auch Steckbrief FR 1 „Aufstellung einer kreis- weiten strategischen Planung zur Förderung der Nahmobilität“). 93

92 Zukunftsnetz Mobilität NRW, o.J.: Mobilität für Menschen. Chefsache Mobilitätsmanagement – ein entscheidender Zukunftsfaktor für Kommu- nen, S. 9. 93 http://www.agfs-nrw.de/mitglieder.html; Datenabruf 20.07.2018

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10 Controlling-Konzept

Voraussetzung für eine wirksame Umsetzung des Mobilitätskon- zepts ist der Aufbau eines Klimaschutz-Controllings. Das Control- ling umfasst den gesamten Prozess der Messung, Steuerung und Kommunikation der Aktivitäten des klimafreundlichen Mobilitäts- konzepts. Ziel ist es, frühzeitig zu erkennen, ob der Prozessablauf auf Grund fehlender Wirkungen angepasst werden muss und wel- che Maßnahmen dafür geeignet sind. Das Controlling-Konzept umfasst die folgenden Punkte: - Organisatorische Verankerung, - Kontrolle und Evaluierung der Klimaschutzaktivitäten des Kreises, - Kontrolle von Einzelmaßnahmen durch Erfolgsindikatoren.

10.1 Organisatorische Verankerung Wesentlich für die Umsetzung des Controllings ist die Regelung der Zuständigkeiten innerhalb des Kreises. Dazu ist ein Verant- wortlicher zu benennen, der das Controlling plant, durchführt und dokumentiert. Dies schließt eine zeitliche Ablaufplanung mit fest- gelegten Meilensteinen sowie die Veröffentlichung von Klima- schutzberichten ein. In den Klimaschutzberichten werden der Um- setzungsfortschritt der einzelnen Maßnahmen sowie die daraus resultierenden Entwicklungen der verkehrsbedingten Treibhaus- gasemissionen und weiterer Indikatoren festgehalten (Wirkungs- analyse). Hierbei lassen sich zwei Möglichkeiten unterschieden: 1. Die kreisangehörigen Kommunen erstellen die Klima- schutzberichte eigenständig: Die berichte werden z. B. vom Klimaschutzmanager der Kommune mit Hilfe des internetfähigen Monitoring- und Be- ratungs-Tools „Benchmark-Kommunaler Klimaschutz“ 94 erstellt. Der Kreis sollte dann die Ergebnisse der Wir- kungsanalysen in regelmäßigen Abständen bei den Kom- munen abfragen und in Form eines Statusberichtes zu- sammenführen. 2. Der Kreis übernimmt die Erstellung der Klimaschutzberich- te für die Kommunen: Da nicht in jeder Kommune ein Klimaschutzmanager vor- handen ist, könnte der Kreis mit entsprechender Unterstüt- zung der kreisangehörigen Kommunen einen zentralen Klimaschutzbericht als Statusbericht erstellen. In beiden Fällen wird zur Verstetigung des Prozesses empfohlen, den Klimaschutzbericht als jährlich erscheinenden Kurzbericht (vergleichbar mit einem Sachstandsbericht; ca. 1-2 Seiten) sowie in 5-jährigen Abstand als ausführlichen Bericht (einschließlich Wir- kungsanalyse) den Entscheidungsträgern sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

94 www.benchmark-kommunaler-klimaschutz.de

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10.2 Kontrolle und Evaluierung der Klimaschutzaktivitäten des Kreises Im Rahmen der Erfolgskontrolle besteht die Möglichkeit, auf be- reits vorhandene Netzwerke und Controlling-Instrumente zurück- zugreifen. Neben der Fortschreibung der Energie- und CO2-Bilanz mittels des Bilanzierungstools „ECOSPEED Region“ ist an dieser Stelle außerdem der European Energy Award zu nennen.

Fortschreibung der Energie- und CO2-Bilanz des Verkehrssektors (ECOSPEED Region)

Die CO2-Bilanz ist das zentrale Element der Evaluierung und des Controllings und muss in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden. Im Mobilitätskonzept wurde bereits aufgezeigt, welchen verkehrs- bedingten Endenergieverbrauch und welche Treibhausgasemissi- onen der Kreis Siegen-Wittgenstein auf Grundlage der heutigen Verkehrsleistung verursacht (vgl. Kap. 6). Darauf aufbauend wurde prognostiziert, wie sich die Werte bis zum Jahr 2030 entwickeln, wenn der Kreis keine weiteren Maßnahmen unternimmt (Refe- renzszenario als worst-case-Szenario) (siehe Kap. 12.1) bzw. wenn der Kreis das aufgestellte Mobilitätskonzept umsetzt (Klima- schutzszenario als best-case-Szenario, siehe Kap. 12.2). Die Ge- genüberstellung dieser Szenarien bildet damit das maximal mögli- che Einsparungspotential ab (theoretisches Einsparpotenzial), nicht jedoch die tatsächliche Einsparung von verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen. Erst durch die Fortschreibung der Bilanz im Controlling wird deutlich, welche Auswirkungen die eingeleite- ten Maßnahmen tatsächlich haben und wo ggf. Maßnahmen – z. B. auf Grund fehlender Wirkungen – angepasst werden müssen. Die Bilanzierung für das Mobilitätskonzept wurde mit dem Bilanzie- rungstool „ECOSPEED Region“ der Firma ECOSPEED erstellt. Es ist beabsichtigt, dieses Tool auch im Rahmen des eea-Prozesses weiter zu verwenden. Vor diesem Hintergrund ist auch für das Controlling zunächst die Beibehaltung des bereits verwendeten Bilanzierungstools zu empfehlen. Das Institut für Energie- und Umweltforschung empfiehlt alle drei bis fünf Jahre die Energie- und THG-Bilanzen fortzuschreiben95. Der 5-Jahres-Rhythmus deckt sich mit dem zeitlichen Rhythmus der Aufstellung eines detaillierten Klimaberichts. Mit dem Ziel, die erreichte Reduktion des Endenergieverbrauchs und der Emissio- nen zu überprüfen, stellt die Fortschreibung der Energie- und CO2- Bilanz ein übergeordnetes Steuerungsinstrument dar. European Energy Award Der European Energy Award (eea) ist ein Qualitätsmanagement- system und Zertifizierungsverfahren für die Klimaschutz- und Energieeffizienzpolitik einer Kommune oder eines Kreises. Als umsetzungsorientiertes Steuerungs- und Controlling-Instrument vereint und koordiniert der eea-Prozess alle für das Controlling notwendigen Elemente.

95 ifeu, 2014: BISKO - Bilanzierungs-Systematik Kommunal (https://www.ifeu.de/wp-content/uploads/Bilanzierungs- Systematik_Kommunal_Kurzfassung.pdf)

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Zu Beginn werden die Energie- und Klimaschutzaktivitäten des Kreises von einem Energieteam und einem begleitenden externen Fachexperten analysiert und bewertet. Aufbauend wird ein Maß- nahmenplan erstellt, der kontinuierlich umgesetzt und überprüft werden muss. Neben dem Themenfeld Mobilität werden noch fünf weitere Maßnahmenbereiche96 betrachtet. Alle vier Jahre wird zu- dem ein externes Audit gefordert, als Grundlage für die Zertifizie- rung und Auszeichnung der Kommunen oder Kreise.97 Der Kreis Siegen-Wittgenstein nimmt seit 2016 am eea-Prozess teil. Dieser stellt für den Kreis eine Möglichkeit dar, die bisherigen Aktivitäten im Bereich Klimaschutz bzw. den benannten sechs Maßnahmenbereichen – u. a. auch Maßnahmenbereich Mobilität – strukturiert analysieren und zertifizieren zu lassen. Eine Zusam- menführung der eea-Aktivitäten mit dem für das Mobilitätskonzept erforderlichen Controlling ist sinnvoll.

10.3 Kontrolle und Evaluierung von Einzelmaßnahmen Der Maßnahmenkatalog stellt eine breite Auswahl an Handlungs- empfehlungen vor, um den motorisierten Verkehr zukünftig weiter auf den Umweltverbund zu verlagern. Im Rahmen der Umset- zungsphase ist es sinnvoll, Maßnahmenziele zu definieren, zeitlich festzusetzen und deren Erreichung mittels geeigneter Indikatoren zu kontrollieren. Diese individuellen Zielformulierungen sind not- wendig, da die einzelnen Maßnahmen nicht immer miteinander vergleichbar sind. Zudem kann die Erreichung dieser Einzelziele an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger vermittelt werden, um über den Fortschritt zu informieren und die Akzeptanz für die weitere Durchführung des Klimaschutzteilkonzepts zu erhöhen. Zur Wirkungsabschätzung der verkehrlichen Maßnahmen dienen insbesondere das Kfz-Verkehrsaufkommen (aus Verkehrszählun- gen), Fahrgastzahlen des ÖPNV (aus Fahrgastzählungen), Rad- und Fußverkehrsaufkommen (aus Nutzerzählungen) sowie Verän- derungen im Modal Split (aus Haushaltsbefragungen). Bei der Auswahl der Indikatoren ist darauf zu achten, dass die Erhebung mit geringem Aufwand und überschaubaren Kosten möglich ist. Darüber hinaus soll auch auf vorhandene Daten aus Verkehrszählungen oder Befragungen zurückgegriffen werden. Bspw. finden im Abstand von fünf Jahren bundesweit sogenannte Straßenverkehrszählungen (SVZ) auf Bundesfern- und Landes- straßen statt. Die erhobenen Daten können der Verkehrsstärken- karte sowie der nordrhein-westfälischen Straßeninformationsbank (NWSIB) entnommen werden. Mobilitätsbefragungen sollen in regelmäßigen Abständen wieder- holt und die Ergebnisse verglichen werden. Neben reinen Fragen zum Mobilitätsverhalten können ergänzende Fragen zur Beurtei- lung der vorhandenen Verkehrssituation eingebunden werden. Solche Mobilitätsbefragungen sind auf Grund der notwendigen Repräsentativität kostenintensiv, werden aber beispielsweise von der AGFS finanziell gefördert (Zuschuss von i. d. R. 70 %; Voraus-

96 Entwicklungsplanung und Raumordnung; Kommunale Gebäude und Anlagen; Versorgung, Entsorgung; Interne Organisation; Kommunikation, Kooperation 97 Bundesgeschäftsstelle eea, 2017: Der European Energy Award (http://www.european-energy-award.de/european-energy-award/)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 88 setzung zur Förderung ist die Einhaltung von Landesstandards zur Erhebung des Modal Splits). Im Rahmen dieses Klimaschutzteil- konzepts wurde eine kreisweite Mobilitätsbefragung durchgeführt. Es ist zu empfehlen, diese in fünf bis zehn Jahren zu wiederholen. Um ein grobes Meinungs- bzw. Stimmungsbild einzufangen, kön- nen auch kostengünstigere Befragungen durchgeführt werden, bei denen der Anspruch der Repräsentativität nicht gefordert ist. Ein Beispiel hierfür ist der ADFC-Fahrradklimatest, der als Zufrieden- heits-Index der Radfahrer in Deutschland fungieren soll. Er ist die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit und fand im Herbst 2016 zum siebten Mal statt.98 Im Jahr 2016 haben mehr als 120.000 Bürger aus 539 Städten mitgemacht und die Situation für Radfahrer per Fragebogen beurteilt (u. a. ob das Radfahren Spaß oder Stress bedeutet, ob die Radwege im Winter geräumt werden und ob sie sich sicher fühlen, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind). Das Ergebnis des ADFC-Fahrradklimatests stellt für Politik und Verwaltung eine wichtige Informationsquelle dar, und zwar aus Sicht der „Alltagsexperten“. Auch ein Vergleich zwischen den Städten und Gemeinden ist möglich. Während der geringe Auf- wand für solch eine Befragung positiv zu bewerten ist, sind die fehlende Vorgabe einer Mindeststichprobengröße und damit auch die fehlende Repräsentativität nachteilig. Es erschwert die Inter- pretation der Ergebnisse, so dass dies im Rahmen der Ergeb- nisanalyse in jedem Fall berücksichtigt werden muss. In Anlehnung an den ADFC-Fahrradklimatest ist die Durchführung einer eigenen Befragung zur Zufriedenheit mit den Mobilitäts- bzw. Nahmobilitätsmöglichkeiten denkbar. Hierzu kann bspw. über die Internetseite des Kreises Siegen-Wittgenstein in regelmäßigen Abständen ein standardisierter Fragebogen bereitgestellt werden. BSV hat im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung die Unterlagen zur stan- dardisierten Durchführung eines Nahmobilitäts-Checks erarbei- tet99. Dazu gehört auch ein Erfassungsbogen zur Bewertung der Bestandssituation. Mit Hilfe von Schulnoten sollen die relevanten verkehrlichen Angebote (Fragen zu den verkehrlichen Schwer- punkten Fußverkehr, Radverkehr, Schulwege, Verkehrssicherheit, ÖPNV, Barrierefreiheit und der Stadtraumgestaltung; Fragen zu den Themen Kommunikation und Information, Akteure und Pro- zesse, Recht und Organisation sowie strategische Verankerung) bewertet werden. Die Unterlagen zum hessischen Förderpro- gramm Nahmobilität stehen zum Download100 zur Verfügung. Der Erfassungsbogen kann auf die Rahmenbedingungen des Kreises Siegen-Wittgenstein angepasst und dann verwendet werden. Posi- tiv zu bewerten ist in diesem Zusammenhang, dass über eine sol- che Befragung auch für das Thema Nahmobilität sensibilisiert wird, da z. B. über die enthaltenen Fragen die große Bandbreite des Themenfelds aufgezeigt wird.

98 Die nächste Befragung läuft im Herbst 2018 (1. September bis zum 30. November). 99 Ähnlich zum Nahmobilitäts-Check arbeitet auch der in Baden- Württemberg eingeführte Fußverkehrs-Check. 100 https://www.mobileshessen2020.de/mm/105_64_AGNH_Handbuch _180405_online_1.pdf

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11 Kommunikationsstrategie

Im Rahmen der Umsetzung eines klimafreundlichen Mobilitätskon- zepts für den Kreis Siegen-Wittgenstein spielen Öffentlichkeitsar- beit, Information und Beteiligung der Bürger eine zentrale Rolle. Dabei stellt eine gezielte Kommunikationsstrategie ein Zusam- menspiel zwischen sachlicher Wissensvermittlung und emotionaler Überzeugung dar. Die Bürger sollen sachlich über Projektergeb- nisse und verkehrsrelevante Themen informiert, aber auch emoti- onal zur Nutzung umweltfreundlicher Mobilitätsangebote motiviert werden. Die Kommunikationsstrategie soll somit dazu dienen, die Potenziale der Öffentlichkeit als Verursacher von Mobilität bzw. Nutzer von Mobilitätsangeboten zu aktivieren. Öffentlichkeitsarbeit und Öffentlichkeitsbeteiligung sollen dazu beitragen, eine mög- lichst hohe Akzeptanz für das Thema der umweltfreundlichen Mo- bilität hervorzurufen. Öffentlichkeitsarbeit basiert auf einem Zu- sammenspiel von Information, Mitwirkung, Werbung und Kunden- bindung. Dies wird durch ein kommunales Mobilitätsmanagement (betriebliches/schulisches Mobilitätsmanagement, Mobilitätsma- nagement für Senioren) ergänzt. Mit der gerade beschriebenen Zielsetzung wurde bereits im Inte- grierten Klimaschutzkonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein ein Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit dargestellt. In diesem Konzept sind hierzu entsprechende Aktivitäten in den konkreten Maßnah- menempfehlungen benannt. Zur Organisation der Öffentlichkeits- arbeit sind nochmals separat einzelne Aufgabenfelder (Informa- tions- und Kontaktstelle, Initiierung kreisweiter Aktivitäten, Ziel- gruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit, Internetportal Klimaschutz) kurz beleuchtet. Das Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit bildet für das klimafreundliche Mobilitätskonzept eine gute Ausgangslage, wird an dieser Stelle jedoch nochmals spezifisch im Hinblick auf das Themenfeld der nachhaltigen Mobilität dargestellt.

11.1 Klimaschutz-/Mobilitätsmanager als Schnittstelle Bereits im Integrierten Klimaschutzkonzept wird dem Klima- schutzmanager eine Resort übergreifende Funktion zugeordnet. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit bildet er die zentrale Anlauf- und Kontaktstelle. Seine zentrale Aufgabe ist die gemeinsame Umsetzung des interkommunalen Handlungsplans aus dem Inte- grierten Klimaschutzkonzept mit den neun Kommunen. Er nimmt daher am bestehenden Arbeitskreis der kommunalen Energie- und Klimaschutzbeauftragen Teil, welcher der Vernetzung der lokalen Akteure sowie der Förderung der interkommunalen Zusammenar- beit dient, und die umzusetzenden Maßnahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts begleitet. Daneben sind aber auch die Netzwerkarbeit, Kommunikation und Informationsweitergabe innerhalb des Kreises ein wichtiger Teil seiner Tätigkeit, um die lokale und regionale Weitergabe von In- formationen zu gewährleisten und die parallele Bearbeitung eines Themengebiets („doppelte Arbeit“) zu vermeiden. Der Klima- schutzmanager beschäftigt sich außerdem mit der Vorbereitung, Aufbereitung und Umsetzung themenspezifischer Kampagnen und öffentlichkeitswirksamer Strategien, was in der Regel in Zusam- menarbeit mit den lokalen Interessensverbänden und Akteuren geschieht.

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Die Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich des Mobilitätskonzepts hat stärker den Bezug zum Themenfeld Mobilität als zum Themenfeld Klimaschutz. Von daher ist die konzeptionelle Entwicklung von Strategien und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Mobilität dem Mobilitätsmanager zuzuordnen (siehe auch Steckbrief U 1). Grundsätzlich liegt die Gesamtverantwortung und Federführung für jegliche Art von Öffentlichkeitsarbeit des Kreises Siegen- Wittgenstein beim Referat des Landrates (Pressestel- le/Regionalmarketing). Das Referat des Landrates koordiniert die Öffentlichkeitsarbeit und setzt die entsprechenden Maßnahmen um. Damit ist auch sichergestellt, dass Synergien genutzt und pa- rallele Arbeiten an ähnlichen Konzepten und Themenfeldern ver- mieden werden.

11.2 Information In der Umsetzungsphase wird die Öffentlichkeit kontinuierlich über den Fortschritt des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts des Krei- ses Siegen-Wittgenstein informiert. Darüber hinaus ist es sinnvoll, den Bürgern Informationen über weitere klimaschutzrelevante Pro- jekte in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie im gesamten Kreis zugänglich zu machen. Darüber hinaus sind all- gemeine Informationen über klimafreundliche Formen der Mobili- tät, wie Intermodalität, Sharing, Bürgerbusse etc. sinnvoll. Die Informationen richten sich grundsätzlich an alle Menschen in Siegen-Wittgenstein, weil jeder in irgendeiner Form mit Verkehr in Berührung kommt. Daher ist die Verbreitung über die etablierten Massenmedien (Tageszeitungen, Wochenblätter, Radio und Fern- sehen) sowie über die sozialen Medien (Facebook, Instagram, WhatsApp, Twitter, YouTube etc.) sinnvoll. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass alle Zielgruppen angesprochen und erreicht werden. Dies ermöglicht zudem eine mehrfache Ansprache ein- zelner Personen auf unterschiedlichen Wegen, was ggf. zu einer verstärkten Übernahme der Informationen in die eigenen Verhal- tensweisen beiträgt. Klassische Pressearbeit Zur Information der Öffentlichkeit über Sachthemen eignet sich zunächst die klassische Pressearbeit. Pressemitteilungen, Radio- beiträge und TV-Berichte, die immer häufiger auch im Internet be- reitgestellt werden, geben Auskunft über aktuelle Entwicklungen, Veranstaltungen, realisierte Maßnahmen und Neuigkeiten (bspw. Eröffnung einer neuen Ladesäule für Elektro-Pkw, Einführung von Carsharing-Angeboten oder barrierefreie Umgestaltung von Halte- stellen im ÖPNV). Darüber hinaus bietet die Vorstellung von Best-Practice-Beispielen (z. B. zu einem erfolgreich durchgeführten betrieblichen Mobili- tätsmanagement, der Nutzung des kostenlosen SchülerTickets für Exkursionen oder der Nutzung des künftigen Carsharing-Angebots mit dem Kreis als Ankermieter) eine Möglichkeit, gute Umset- zungsbeispiele in der Öffentlichkeit zu kommunizieren und Anre- gungen für eigene Aktivitäten der Mediennutzer zu geben. Für den Kreis Siegen-Wittgenstein stehen den Nutzern folgende lokale bzw. regionale Medien – auch mit ihren Online-Portalen

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(zum Teil für Abonnenten hinter „Bezahlschranken“) – zur Verfü- gung: • Siegener Zeitung Ausgaben Siegerland und Wittgenstein • Westfalenpost/Westfälische Rundschau Ausgaben Siegerland und Wittgenstein • Radio Siegen • Siegerlandkurier • Wittgensteiner Wochenpost • WDR Studio Siegen Regelmäßige regionale Hörfunkbeiträge im Rahmen von WDR 2 und die „Lokalzeit Südwestfalen“ im WDR Fernse- hen.

Grundsätzlich zeigt die Erfahrung, dass Themen aus den Berei- chen Klimaschutz und Mobilität auf großes Interesse in der Öffent- lichkeit stoßen und Entwicklungen in diesen Bereichen von den Medien interessiert begleitet und kommentiert werden. Internetbasierte Angebote: Homepage Zur Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter gehören darüber hinaus auch internetbasierte Angebote – von der Homepage über Facebook, Twitter, Instagram und YouTube bis zum WhatsApp- Kanal. Zu diesem Zweck hat der Kreis Siegen-Wittgenstein im Rahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts auf seiner Homepage www.siegen-wittgenstein.de bereits einen Bereich zum Thema „Klimaschutz“ eingerichtet. Dieser ist auch direkt über die Domain www.si-co2.de zu erreichen. Aktuell wird dieses Portal überarbei- tet. Es kann künftig auch als Landingpage für alle Themen rund um Mobilität dienen. Projektergebnisse sowie weitere relevante regionale und überregionale Informationen können hier gebündelt den Bürgern vorgestellt werden (bspw. Klimaschutz und Klima- wandel, Energieeffizienz, klimafreundliche Mobilität). Veranstal- tungen zum Thema Mobilität werden darüber hinaus in den Veran- staltungskalender des Kreises aufgenommen. Als weiteres Beispiel für eine internetbasierte Öffentlichkeitsarbeit kann der Klimaschutzplan der Stadt Siegen genannt werden. Er stellt den Bürgern in einer interaktiven Karte viele Themen rund um Energie und Klimaschutz, darunter auch viele Dienstleistungs- angebote, vor. Hinsichtlich Mobilität enthält er bspw. die Standorte von E-Bike-/Fahrradverleihstationen, Elektroladestationen, Erdgas- tankstellen sowie Freifunkstandorte. 101 Das Internet stellt für den Kreis eine kostengünstige und gleichzei- tig für Bürger aktuelle und einfach zugängliche Informationsquelle dar. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass eine Internetseite aktiv aufgerufen bzw. eine Internetrecherche aktiv gestartet werden muss und dies in der Regel nur bei einem entsprechenden Infor- mationsbedürfnis durchgeführt wird. Um auch Personen zu erreichen, die von sich aus bisher noch kein Interesse an Klimaschutz- bzw. Mobilitätsfragen gezeigt haben, ist eine Internetseite nicht das geeignete Medium. Hier muss aktiv auf

101 http://www.klima-siegen.de/index.html; Datenabruf 20.07.2018

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 92 diese Personen zugegangen werden. Dies kann beispielsweise mit Hilfe von Social-Media-Angeboten erfolgen. Internetbasierte Angebote: Soziale Medien Soziale Medien stützen sich auf digital-basierte Kommunikations- kanäle und weisen im Allgemeinen relativ geringe Eintrittsbarrieren (z. B. Kosten, Zugänglichkeit, Teilnahmemöglichkeit) auf. Vor al- lem die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram, aber auch WhatsApp bieten sich als Kanäle für Öffentlichkeitsarbeit an. Allerdings darf der finanzielle und personelle Aufwand, Nutzer für solche Angebote zu generieren, nicht unterschätzt werden. Dies ist nie kurzfristig möglich, sondern nur mittel- bis langfristig. Der Kreis Siegen-Wittgenstein betreibt derzeitig einen eigenen Facebook-Auftritt, ein Instagram-Profil, einen Twitter-Account, ei- nen YouTube-Kanal und einen WhatsApp-Broadcast-Dienst. Der Schwerpunkt liegt aber vor allem auf dem Facebook-Profil und dem WhatsApp-Broadcastdienst. Über all diese Kanäle veröffent- licht der Kreis aktuelle Informationen, die in der Regel mit einem Link zu weiterführenden (Hintergrund-)Informationen auf der Homepage des Kreises verbunden sind. Grundsätzlich können mit Informationen auf Social-Media- Plattformen viele tausend Nutzer in Siegen-Wittgenstein erreicht werden. Es muss aber beachtet werden, dass eine Anmeldung für die Angebote erforderlich ist (Facebookseite „gelikt“ bzw. Messen- ger-Service abonniert). Außerdem hat Facebook seine Anzeige- Algorithmen so verändert, dass den Nutzern Posts von „Seiten“ deutlich seltener als bisher angezeigt werden. Um die Bekanntheit der Posts auf Facebook zu erhöhen, bietet es sich an, Posts bei Facebook kostenpflichtig zu bewerben. Damit lässt sich die Reichweite vergrößern und Personen werden (über die entsprechenden Links zu Informationen auf der Homepage) ggf. erstmals auf Themen aufmerksam, mit denen sie sich bis dato noch nicht beschäftigt haben. Diese erprobte Vorgehensweise bietet sich auch für Themen rund um Mobilität an. Infoflyer/Broschüren Ergänzend kann die Erstellung und Bereitstellung von themen- und zielgruppenspezifischen Informationsmaterialien oder auch die Schaffung von Informations- und Beratungsangeboten sinnvoll sein, z. B. Infoflyer und Broschüren zu einschlägigen Themen, die auch digital im Internet bereitgestellt werden. Da Druckwerke zu erstellen und zu verteilen die kostenintensivste Art der Informationsbereitstellung darstellen, ist eine Entscheidung mit Hilfe einer Kosten/Nutzen-Analyse zu treffen. Im Zuge der Ana- lyse müssen auch die folgenden Fragen geklärt werden: - Welche Zielgruppe soll angesprochen werden? - Welche Botschaft soll übermittelt werden? - Über welches Medium (hier: Flyer oder Broschüre) wird die Zielgruppe am besten erreicht? - Wie erfolgt die Verbreitung des Flyers oder der Broschüre am besten?

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 93

Mobilitätszentrale Neben den digitalen Medien und Druckmedien ist unter Umstän- den auch eine persönliche Beratung hilfreich. Hierzu sollte eine zentral gelegene verkehrsträgerübergreifende Anlaufstelle als Ko- ordinierungs- und Informationsstelle geschaffen werden (siehe auch Steckbrief Ö 2). Die Mobilitätszentrale soll Fragen der Kunden zu - Fahrplänen, Fahrzeiten und Tarifen, - aktuellen Änderungen im Liniennetz (z. B. Umleitungen oder Haltestellenverlegungen), - Angeboten für Carsharing, Leihfahrräder und Elektro- fahrzeugen sowie - ggf. weiteren zukünftigen Angeboten (z. B. eTicket, QR-Codes auf Aushangfahrplänen, Touch&Travel-Service) klären. Die Schaffung einer Mobilitätszentrale als verkehrsträgerübergrei- fende Einrichtung bietet große Chancen, die Betreuung der Kun- den zu optimieren und gleichzeitig die Verkehrsunternehmen zu entlasten. Klimaschutz-/Statusberichte Ein weiterer Baustein der Öffentlichkeitsarbeit kann der jährliche Klimaschutz-/Statusbericht darstellen. In ihm können geplante und/oder bereits umgesetzte Klimaschutzaktivitäten sowie deren Ergebnisse vorgestellt werden (siehe auch Kapitel 10.1). Während der Bericht an sich mehr für ein Fachpublikum gedacht ist, können die Inhalte als Grundlage für weitere Aktivitäten im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit dienen.

11.3 Marketing Marketing und werbliche Maßnahmen richten sich im Rahmen der Kommunikationsstrategie im Vergleich zur Information (vgl. Kap. 11.2) und Mitwirkung (siehe Kap. 11.4) an die emotionale Seite der Bürger. Neben sachlich-richtigen Informationen sollen Marketingmaßnahmen vor allem die Botschaft transportieren, dass umweltfreundliche Mobilität Spaß macht und sinnvoll ist. Dachbegriff, Logo, Slogan Für die projektübergreifende Kommunikation stellt es sich als sinn- voll dar, alle Werbemaßnahmen unter einem Dachbegriff zusam- menzufassen. Hierzu bieten sich ein Leitbild bzw. Logo an, um einen Wiedererkennungswert zu schaffen und damit die Breiten- wirkung des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts und seiner Maßnahmen zu unterstützen. Dieses sollte bei jeglicher Öffentlich- keitsarbeit, auf der Website, auf Printprodukten, Flyern, Briefen usw. Verwendung finden. Für Siegen-Wittgenstein wurde in den Jahren 2015/2016 die neue Marke „Siegen-Wittgenstein – Echt vielfältig.“ entwickelt. Sie hebt darauf ab, dass Siegen-Wittgenstein einer der wenigen Kreise in Deutschland ist, der auch eine Großstadt als kreisangehörige Stadt besitzt. Der besondere Kontrast zwischen der Großstadt Siegen und den zehn eher ländlich geprägten Umlandkommunen steht im Mittelpunkt des Claims. Was dies inhaltlich bedeutet, wur- de anhand von Kampagnenmotiven erläutert, die jeweils Gegen-

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 94 satzpaare in den Mittelpunkt stellen – z.B. „Naturbursche und Shoppingqueen“, „Wisent-Wildnis und Großstadtdschungel“ oder „Früher Vogel und Nachteule“.

Bild 24: Wort/Bild-Marke „Echt vielfältig“ des Kreises Siegen-Wittgenstein (Urheber: Kreis Siegen-Wittgenstein)

Im Rahmen des Marketings zum Mobilitätskonzept könnte(n) ein oder mehrere Kampagnen oder Aktionsmotive zur Mobilität erstellt werden. Diese können dann eigenständig auf Postkarten oder Pla- katen für die Inhalte des Mobilitätskonzeptes werben, bzw. auf der Website, auf Printprodukten, in Flyern oder z. B. als Facebook- Header etc. verwendet werden. Informations- und Werbekampagnen Eine weitere Strategie der Öffentlichkeitsarbeit stellen gezielte Informations- und Werbekampagnen dar, die über mehrere Jahre hinweg angelegt werden können. Sie müssen zielgruppenspezi- fisch ausgerichtet sein und sich je nach Zielgruppe in der Sprache und der Gestaltung unterscheiden. Ziele solcher Kampagnen sind die Aufwertung des Images des ÖPNV, die Bestärkung der Fuß- gänger und Radfahrer in ihrem Verhalten und die Verlagerung des Kurzstreckenverkehrs vom Auto auf den Fuß- und Radverkehr. Die grundlegende Zielsetzung besteht in der Verringerung des CO2- Ausstoßes. Mitmachaktionen Einen bekannten Wettbewerb stellt die Kampagne „STADTRA- DELN“ des Klima-Bündnisses dar. Ziel der Kampagne ist es, Bür- ger für die Nutzung des Fahrrads im Alltag zu sensibilisieren. Dar- über hinaus sollen die Themen Fahrradnutzung und Radverkehrs- planung verstärkt in die kommunalen Parlamente eingebracht werden. Im Zuge des Wettbewerbs sollen die Mitglieder der kom- munalen Parlamente, aber auch Schulklassen, Vereine, Organisa- tionen, Unternehmen, Bürger möglichst große Strecken mit dem Rad zurücklegen. Dabei soll die Politik als positives Vorbild für die vermehrte Fahrradnutzung vorangehen und erleben, wie das Fahr- radfahren in der eigenen Kommune oder ihrem Kreis funktioniert oder ob ggf. Maßnahmen zur Verbesserung angestoßen werden müssen. STADTRADELN kann zusätzlich durch flankierende Maßnahmen begleitet und beworben werden. Ähnlich gestaltet sich die Mitmachaktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ von AOK und ADFC, die u. a. der Gesundheitsförderung der Mit- arbeiter eines Betriebes dient und auf diese Weise mehr Men- schen ggf. dauerhaft zum Fahrradfahren motivieren soll. Im Kreis

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 95

Siegen-Wittgenstein beteiligten sich bspw. bereits Mitarbeiter der Kreisverwaltung sowie der Stadtverwaltung Netphen und ver- schiedener Firmen an der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ und gehen somit mit gutem Beispiel voran. Der Kreis Siegen- Wittgenstein bzw. die einzelnen Stadtverwaltungen sollten durch die aktive Teilnahme an Wettbewerben wie „STADTRADELN“ oder „Mit dem Rad zur Arbeit“ weiter öffentlichkeitswirksam für umwelt- freundliche Mobilität werben und ein werbewirksames Rahmen- programm schaffen (z. B. Aktionstag als Startschuss, Pressemittei- lung, lokale Vertreter als Werbeträger oder Prämierung des besten Ergebnisses). Gleichzeitig kann der Kreis auch eigene Wettbewer- be zum Modal Shift anbieten, an dem sich Bürger, Betriebe und Schulen beteiligen können. An diesen Aktionen können sich wie- derum die kreisangehörigen Städte und Gemeinden beteiligen. Zur Wahrnehmung im öffentlichen Raum können die Kampagnen mit Hilfe von (Großflächen-)Plakaten, Straßenbannern oder auch dem Gebrauch von Ambient Media102 (z. B. Werbung auf Ein- kaufswagen, Gratispostkarten, Treppen, Promotionsfahrrädern) bestärkt werden. Vorteilhaft ist hier auch die Einbindung lokaler Persönlichkeiten und Sympathieträger, die die Aktionen unterstüt- zen. Ähnlich zu den Druckmedien Flyer/Broschüre ist hier wieder eine Kosten/Nutzen-Analyse durchzuführen. Solche Werbemaß- nahmen werden in der Regel nur finanzierbar sein, wenn sich Partner (Unternehmen, Mobilitätsdienstleister bzw. -anbieter etc.) finanziell daran beteiligen. Weitere Werbemaßnahmen zur Erzeugung von Aufmerksamkeit stellen bspw. die Verteilung von kleinen Geschenken mit Aufschrif- ten und Logo der Kampagne (z. B. Verteilung von Sattelhüllen für Fahrräder oder Regenponchos mit entsprechendem Aufdruck), anlassbezogene Werbemaßnahmen (z. B. Inbetriebnahme einer neuen Ladestation, Einführung von Sharing-Angeboten) oder In- formations- und Werbestände auf Stadtfesten etc. dar. (Europäische) Klimawoche(n) und Aktionstage Weiterhin besteht die Möglichkeit der Einführung von Klimawochen oder Aktionstagen als Plattform für Aktionen, Erlebnisse und In- formationen. Als Beispiele sind hier die Aktionen der Stadt Aachen zu nennen. Hierzu gehört die breit angelegte Kampagne „FahrRad in Aachen“, wozu u. a. der „Aachener Fahrradsommer“ sowie die Aktionstage „Aachener Fahrradtag“, „Fahrrad wieder flott …mit Teilen vom Schrott“ sowie der Lichtaktionstag „FahrRad in Aachen, aber Helle!“ gehören. Darüber hinaus fand im Juli 2017 der Aktionstag „Aachen goes electro“ in Kooperation mit lokalen Anbietern von Elektrofahrzeugen und in Verbindung mit Vorträgen statt. Eine Möglichkeit, sich auf europäischer Ebene am Klimaschutz im Bereich Mobilität zu beteiligen, bietet die Europäische Mobilitäts- woche, die jedes Jahr vom 16. bis 22. September stattfindet. Im Rahmen dieser Aktionswoche werden innovative Verkehrslösun- gen ausprobiert oder für eine nachhaltige Mobilität in den Kommu- nen geworben. Das Programm reicht von der Einweihung neuer Fuß- und Radwege über Testfahrten mit Elektro-Fahrzeugen bis hin zu Schulwettbewerben sowie weiteren Aktionen für mehr Kli-

102 Werbemittel, die als Außenwerbung im direkten Lebensumfeld einer Zielgruppe eingesetzt werden

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 96 maschutz im Verkehr. Auf diese Weise zeigen Kommunen/Kreise und ihre Bürger ihr Engagement hinsichtlich nachhaltiger Mobilität. Teilnehmen kann jede Kommune, die sich für nachhaltige Mobilität einsetzen möchte, egal welche Größe sie hat. Für dieses Jahr ist die Teilnahme an der Europäischen Mobilitätswoche zu kurzfristig. Es sollte aber geprüft werden, ob eine Beteiligung im kommenden Jahr (2019) möglich bzw. sinnvoll ist. Neubürgerpaket/-marketing Insbesondere zielgruppenspezifische Kampagnen versprechen eine hohe Wirksamkeit. Hierfür eignen sich in besonderer Weise Neubürger, da sich diese hinsichtlich ihrer Mobilität neu orientieren müssen. Der Kreis Siegen-Wittgenstein verfügt bisher über kein Neubür- gerpaket. Um die Orientierung neuer Einwohner im Kreis Siegen- Wittgenstein mit Blick auf die Mobilität zu fördern, könnte daher gemeinsam mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden unter Berücksichtigung der aufgestellten strategischen Leitziele und des Handlungskonzepts ein kreisweites Neubürgerpaket ge- schaffen werden. Dieses könnte u. a. personalisierte ÖPNV- Fahrplaninformationen des Wohnstandorts, einen Gutschein zur Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel über einen festgelegten Zeitraum (bspw. eine Woche), Standorte von Elektroladestationen oder Informationen zum Radverkehr wie Radwegepläne, Fahr- radabstellanlagen oder Gutscheine einer Fahrradwerkstatt enthal- ten.

11.4 Mitwirkung Die Bürger des Kreises Siegen-Wittgenstein sollen nicht nur über klimafreundliche Mobilität informiert und dafür sensibilisiert, son- dern auch aktiv zum Handeln bewegt werden. Insbesondere im Rahmen der Planung und Umsetzung des Mobilitätskonzepts sol- len daher alle interessierten Bürger die Möglichkeit erhalten, sich aktiv am Prozess zu beteiligen. Hierzu gibt es verschiedene Mit- wirkungsformate. (Planungs-)Workshops mit Bürgerbeteiligung (direkte Beteili- gung) In erster Linie sorgen (Planungs-)Workshops mit Beteiligungsmög- lichkeiten für eine Erhöhung der Akzeptanz bei Bürgern. Es wer- den zum einen Informationen für Interessenvertreter und Bürger vermittelt. Zum anderen können auf der Mitbestimmungsebene zusätzlich Vorschläge, Ideen und Meinungen mit eingebracht wer- den. So kann die Planung explizit auf die Bedürfnisse der Bürger eingehen und dazu beitragen, das Handlungskonzept optimal auf die entsprechenden Zielgruppen auszurichten. (Planungs-)Workshops mit Bürgerbeteiligung eignen sich vorwie- gend auf Ebene der Städte und Gemeinden, weniger auf Ebene des Kreises, da die Bürger vorwiegend auf Ebene ihres näheren Umfeldes ansprechbar sind. Mobilitätskonferenzen Um Bürgern, Unternehmen und Verbänden die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung bei der Ausgestaltung der zukünftigen Mobilität zu geben, wurde vom Kreistag die Durchführung von vier Mobili- tätskonferenzen beschlossen. Diese wurden im Zeitraum von No-

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 97 vember 2016 bis Juli 2017 zu verschiedenen Schwerpunktthemen durchgeführt (vgl. Kap. 5.1). Die Ergebnisse der Mobilitätskonfe- renzen sind in die Erarbeitung des kreisweiten Mobilitätskonzepts eingeflossen. Zum jetzigen Zeitpunkt plant der Kreis zur Vorstel- lung des ausformulierten Mobilitätskonzepts die Durchführung ei- ner weiteren Mobilitätskonferenz. (Mobilitäts)befragungen und/oder internetbasierte Beteili- gungsplattform (direkte Beteiligung) Um die Zufriedenheit der Bürger mit den Mobilitätsangeboten zu erfassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das Instrument der Befragung (repräsentative Mobilitätsbefragung oder nichtrepräsentative Kurzbefragungen) wurde bereits als Kon- troll- und Evaluierungsinstrument im Rahmen des Controllings (vgl. Kap. 10.3) vorgestellt. Auf eine Wiederholung wird an dieser Stelle verzichtet. Des Weiteren besteht die Möglichkeit der Erstellung einer Beteili- gungsplattform im Internet ähnlich eines Mängelmelders, welche ein kontinuierliches Feedback (Anmerkungen, Wünsche, Anregun- gen) zu Planungen, aber auch zu realisierten Maßnahmen ermög- licht. Die Aufnahme der Meldungen könnte über eine interaktive Karte, ein bereitgestelltes Ausfüllformular, formlos per Mail oder Telefon möglich sein. Die Meldungen sollten zeitnah nach Eingang geprüft und priorisiert werden. Eine Möglichkeit stellt die Nutzung der bundesweiten Plattform „www.mängelmelder.de“ dar. Hier können Bürger aktiv Anregungen, Beschwerden und Ideen ein- bringen, die dann an die jeweiligen Kommunen weitergeleitet wer- den. Es ist auch möglich, den Mängelmelder an die persönlichen Bedarfe einer Kommune anzupassen. In sehr allgemeiner Form ist ein Feedback der Bürger bereits heute auf der Informationsplatt- form www.si-co2.de unter der Rubrik „Ihre Meinung“ möglich, wo über ein Kontaktformular Fragen, Anregungen und Kritik hinterlas- sen werden können. Hinsichtlich des Radverkehrs gibt es darüber hinaus bspw. die Meldeplattform RADar!. Diese stellt ein onlinebasiertes Planungs- und Bürgerbeteiligungsinstrument dar, bei welchem Fahrradfahrer durch Setzen eines Pins die Kommune auf störende oder gefährli- che Stellen im Straßenverlauf aufmerksam machen können. Akteursbeteiligung (indirekte Beteiligung) Sollte eine direkte Beteiligung der Bürger aus verschiedenen Gründen nicht möglich bzw. sinnvoll sein, werden diese über die Einbindung aller relevanten Akteure (z. B. politische Parteien, Ver- bände, Vereine und sonstige Organisationen) auch indirekt in den Prozess eingebunden und auf diese Weise ihre Interessen vertre- ten.

11.5 Kundenbindung Während Maßnahmen zur Verbesserung des bestehenden Ver- kehrsangebots103 („harte Maßnahmen“) verstärkt auf die Kunden- gewinnung abzielen, können mit Hilfe von „weichen Maßnahmen“

103 Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur ist in der Bestandsanalyse be- schrieben (vgl. Kap. 5).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 98

Nutzer von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln in ihrer Verkehrs- mittelwahl bestärkt werden. Anerkennung in Form von Präsenten oder symbolischen Dankesaktionen Eine Anerkennung von Fußgängern, ÖPNV- oder Fahrradnutzern könnte bspw. durch ein öffentlich ausgesprochenes Lob wie „Dan- ke“-Plakate vom Landrat, Kreisdirektor, Bürgermeister oder weite- ren lokalen Persönlichkeiten, das Ausrollen eines symbolischen „roten Teppichs“ oder die Verteilung von Präsenten (z. B. Sattel- hülle mit Aufdruck „Danke für Ihre Hilfe!“ etc.) bspw. an Haltestel- len des ÖPNV oder Fahrradabstellanlagen erfolgen. Fahrrad- und Fußgängerzähler Eine weitere Möglichkeit der Kundenbindung stellen Fahrrad- oder Fußgängerzähler dar, wie sie bspw. bereits in Köln und Bonn zum Einsatz kommen. Hierbei handelt es sich um Zählgeräte, die per Induktionsschleife oder Sensor passierende Radfahrer oder Fuß- gänger erfassen. Die Summe kann als täglicher und kumulierter Jahreswert in Echtzeit auf einem Display angezeigt werden. Gleichzeitig kann bspw. die Einsparung von CO2 errechnet und ebenfalls angezeigt werden. Fußgänger- oder Fahrradbarometer stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl, indem man sich als Teil der stetig wachsenden Zahl erkennt. Darüber hinaus liefern die Geräte zuverlässige Zähldaten, die für eine bedarfsgerechte Ver- kehrsplanung sinnvoll und hilfreich sind.

11.6 Betriebliches Mobilitätsmanagement (BMM) Das betriebliche Mobilitätsmanagement dient der Stärkung der Nahmobilität in Unternehmen. Im Allgemeinen geht es um die Mo- tivation von bisher nicht aktiven Unternehmen für ein Engagement im verkehrsbezogenen Klimaschutz, die Unterstützung aktiver Un- ternehmen bei ihren Aktivitäten und die Kommunikation von er- reichten Erfolgen. Grundlegendes Ziel ist es, die Dienst- und Ar- beitswege der Mitarbeiter zu optimieren und dadurch die Kosten und die verursachten Emissionen für das Unternehmen sowie die Arbeitnehmer zu verringern. Dies kann bspw. durch das Angebot alternativer Verkehrsmittel zum eigenen Pkw oder aber auch zu Dienstfahrzeugen erfolgen. Betriebliche Mobilitätsmanagement- maßnahmen sind vielfältig und den jeweiligen Gegebenheiten des Betriebes anzupassen. Umweltfreundliche Mobilität in der Kreisverwaltung Der Kreis Siegen-Wittgenstein beteiligt sich zum 14. Mal an der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“104. Dadurch haben die Kreisver- waltung sowie weitere Akteure im Kreis Siegen-Wittgenstein ge- genüber ihren Bürgern sowie den dort ansässigen Unternehmen bereits eine besondere Vorbildfunktion eingenommen. Diese wird darüber hinaus durch die Teilnahme am Förderprogramm „Kom- munales Mobilitätsmanagement“ verstärkt, welches durch das Zu- kunftsnetzwerk Mobilität NRW intensiv begleitet wird. Der Kreis Siegen-Wittgenstein verfolgt im Rahmen des Programms das Ziel, die Mobilität als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung zu veran- kern, interne Kooperationsstrukturen zu stärken und die Einbin- dung von Ämtern zu ermöglichen, die sich nicht unmittelbar mit

104 Die Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ ist im Kap. 11.3 beschrieben.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 99

Mobilitätsfragen beschäftigen. Führungskräfte und Mitarbeiter sol- len darin geschult werden, Veränderungen gemeinsam, konse- quent und nachhaltig anzugehen. Hinsichtlich eines betrieblichen Mobilitätsmanagements sind in der Kreisverwaltung verschiedene Maßnahmen erfolgt. Hierzu gehört u. a. die Bereitstellung von Duschen, Umkleiden und Spinden so- wie Abstellanlagen für Fahrradfahrer in einer abschließbaren Tief- garage. Unterstützt wird ein klimaschutzorientiertes Mobilitätsver- halten zudem durch die Bereitstellung von JobTickets für die Mit- arbeiter der Verwaltung, die für Dienstfahrten nutzbar sind. Außer- dem dient die Einführung eines klimafreundlichen Fuhrparks des Kreises Siegen-Wittgenstein als geeignete Maßnahme. Hierzu gehört u. a. die Anschaffung von E-Bikes als Dienstfahrräder so- wie der Einsatz umweltfreundlicher und sparsamer Fahrzeuge im Fuhrpark. Laut einem Beschluss aus dem Jahr 2011 hat sich der Kreistag verpflichtet, umweltfreundliche Technologien einzuführen und verstärkt zu fördern und so eine Vorbildfunktion einzunehmen. Zu diesem Zweck sollte bis zum Beginn des Jahres 2015 die Hälf- te aller vom Kreis genutzten Fahrzeuge einen CO2-Ausstoß von weniger als 110 g/km haben. Dieses Ziel wurde im Jahr 2014 er- reicht, im Jahr 2016 lag die Quote bei ca. 87 %. Aktuell umfasst der Fuhrpark des Kreises Siegen-Wittgenstein u. a. zwei Hybrid- fahrzeuge sowie einen Renault Kangoo ZE mit Elektroantrieb. Um eine umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität der Mitarbei- ter der Kreisverwaltung weiter voranzutreiben, sollten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Hierzu wäre bspw. die verstärkte Einführung von Telearbeit oder einer „3 statt 5“-Tage-Woche für Halbtagskräfte denkbar. Dies würde zu einer Verringerung der Fahrten im Berufsverkehr führen und somit auch zu einer Reduzie- rung des motorisierten Fahrtenaufkommens. Darüber hinaus stellt eine Parkraumbewirtschaftung in Kombination mit der Bereitstel- lung eines JobTickets eine weitere Möglichkeit dar, die Nutzung des ÖPNV für Arbeitswege attraktiver zu gestalten (Vereinfachung des Zugangs zum ÖPNV). Diese Maßnahmen sollten vom Kreis Siegen-Wittgenstein diskutiert werden, um die eigene Vorbildfunk- tion weiter auszubauen. Im weiteren Verlauf sollten darüber hinaus weitere Betriebe aktiv angesprochen sowie Informationen zum betrieblichen Mobilitäts- management bereitgestellt werden. JobTicket Die VGWS bietet Arbeitgebern in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe verschiedene Varianten eines JobTickets an, die sich nach Geltungsbereich, Nutzungsmöglichkeiten in der Freizeit und Tarif unterscheiden (vgl. Kap. 5.4). Unternehmen mit weniger als 20 Angestellten können sich zu einer Bezugsgemeinschaft zu- sammenschließen. Die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein geht hinsichtlich JobTi- cket mit gutem Beispiel voran und bietet dieses ihren Mitarbeitern an. Es sollte geprüft werden, ob das JobTicket im Zuge einer Park- raumbewirtschaftung der Betriebsstellplätze ggf. subventioniert werden kann.

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Förderung von Fahrgemeinschaften über das Pendlerportal NRW Das Verkehrsaufkommen, insbesondere auch im Berufsverkehr, lässt sich u. a. durch die Förderung von Fahrgemeinschaften re- duzieren. Diese bieten sehr große Potenziale. auf Grund man- gelnder Bewerbung und daraus folgender mangelnder Bekannt- heit, werden bestehende Angebote für Berufspendler jedoch zur- zeit wenig angenommen. Unabhängig davon, ob öffentliche oder innerbetriebliche Potenziale genutzt werden sollen, ist daher eine regelmäßige Bewerbung für den Erfolg wichtig. Durch Bereitstellung entsprechender Informationen bspw. auf der Internetseite des Kreises Siegen-Wittgenstein (http://www.siegen- wittgenstein.de/) können interessierte Personen miteinander in Kontakt treten. Hierzu gehört bspw. die Verlinkung zum Pendler- portal NRW, in welchem der Kreis Siegen-Wittgenstein Mitglied ist. Hierbei handelt es sich um eine kostenlose Online-Plattform spe- ziell für Berufspendler, die im Sinne eines Bürgerservices für die Bürger Nordrhein-Westfalens angeboten wird. Dort werden regel- mäßige und einmalige Fahrgemeinschaften in NRW und darüber hinaus vermittelt. Die entsprechende Homepage ist u. a. bereits über die Internetseite des Kreises Siegen-Wittgenstein erreichbar. Darüber hinaus könnten auch betriebseigene Mitfahrportale sinn- voll sein. Einfache Formate wie bspw. ein schwarzes Brett, das Intranet oder informelle Abstimmungen unter Kollegen sollten da- bei nicht unterschätzt und gezielt beworben werden.

11.7 Schulisches Mobilitätsmanagement (SMM) Ein schulisches Mobilitätsmanagement soll den Verkehr von und zu Schulen sicherer, nachhaltiger und umweltfreundlicher gestal- ten sowie bei Kindern und Jugendlichen schon frühzeitig ein be- wusstes Mobilitätsverhalten fördern. Vorteilhaft ist hier auch die Wirkung der Schüler als Multiplikatoren, um auch die Eltern mit einzubeziehen. Das schulische Mobilitätsmanagement umfasst dabei verschiedene Maßnahmen. „Geh-Spaß statt Elterntaxi“ Ein Programm zur Förderung der sicheren und eigenständigen Mobilität von Kindern stellt das Programm „Geh-Spaß statt Eltern- taxi“ des Zukunftsnetzes Mobilität NRW dar. Das Programm ver- folgt u. a. die Ziele, Verkehrssicherheitsprobleme auf Schul- und Freizeitwegen sowie die Anzahl der Elterntaxis zu reduzieren, eine Änderung der Verkehrsmittelwahl zu bewirken, den Anteil an selb- ständig zurückgelegten Fußwegen zu steigern und die Bewe- gungskompetenz der Kinder zu fördern. Darüber hinaus sollen die Emissionen reduziert werden. Viele Grundschulen im Kreis beklagen das hohe Maß an Eltern- verkehr zu den Stoßzeiten und bitten um Unterstützung. Vor die- sem Hintergrund unterstützt der Kreis die Kommunen in Zusam- menarbeit mit dem Zukunftsnetz Mobilität NRW das Projekt „Geh- Spaß statt Elterntaxi“ in den Grundschulen zu platzieren. Die Maßnahme kommt im Allgemeinen ohne großes finanzielles Budget aus (Schilder und Abmarkierung der Elternhaltestellen bzw. der Hol- und Bringzonen). Da es sich hierbei um eine neue Maßnahme im Kreis Siegen-Wittgenstein handelt, sollte zunächst ein Pilotprojekt mit bis zu zwei Schulen gestartet werden. Auf

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Grundlage der gesammelten Erfahrungen an den Pilot-Schulen kann dann die Aktion auf weitere Schulen im Kreis Siegen- Wittgenstein ausgeweitet werden. Ziel ist es, den motorisierten Verkehr im Bereich der Schulen grundsätzlich einzudämmen und den „Geh-Spaß“ bei Kindern zu fördern (siehe auch Steckbrief M 3). Weitere Maßnahmen des schulischen Mobilitätsmanagements werden nachfolgend vorgestellt. Der Kreis Siegen-Wittgenstein sollte jeweils prüfen, ob die Maßnahmen für ihn relevant und um- setzbar sind, um das Ziel sicherer, nachhaltiger und umweltfreund- licher Mobilität von Kindern zu erreichen. Intensivierung der Verkehrssicherheitsarbeit Die Verkehrssicherheitsarbeit stellt insbesondere an Grundschulen eine wichtige Aufgabe dar, die in der Regel in Zusammenarbeit mit der Polizei erfolgt. Sie sollte über die Durchführung einer Fahrrad- prüfung hinausgehen und weiter intensiviert werden. Ein Beispiel hierfür bietet die Aktion „Schulweg-Detektive“ 105. Hier analysieren Schüler unter Anleitung ihr schulisches Umfeld. Sie ermitteln Ge- fahrenpunkte auf ihren Schul- und Freizeitwegen, erarbeiten ge- meinsam Lösungsvorschläge und leiten diese an die Kommune weiter. Dabei werden sie auch für das Thema Verkehrssicherheit und Mobilität sensibilisiert. Die Ergebnisse der „Schulweg- Detektive“ können anschließend bspw. in die Erstel- lung/Aktualisierung von Schulwegplänen einfließen (siehe hierzu auch nachfolgende Maßnahmenbeschreibung). Kinder können das Verhalten im Verkehr spielerisch in einem ge- schützten Raum üben. In Neunkirchen befindet sich ein Verkehrs- übungsplatz, der „in erster Linie Fahranfängern für die Vorberei- tung auf die Führerscheinprüfung sowie zur "Auffrischung" der Fahrpraxis“ 106 dient. Es ist zu prüfen, ob dieser Verkehrsübungs- platz auch für Grundschulklassen zum Üben des Verkehrsverhal- tens geeignet ist. Alternativ können auch aufgemalte Kreuzungen auf Schulhöfen einen ersten Ansatz zum Üben bieten.107 Erstellung/Aktualisierung von Schulwegplänen Viele Dinge im Straßenverkehr bergen für Kinder auf Grund ihres Entwicklungsstands spezielle Risiken. So ist bspw. die Motorik der Kinder noch nicht ausgereift, weshalb bestimmte Bewegungsab- läufe sich von Erwachsenen unterscheiden. Zudem haben Kinder eine andere Geschwindigkeitswahrnehmung und können so Ge- fahren häufig nicht richtig abschätzen. In Bezug auf die Nutzung des Fahrrads stellt die fehlende Fähigkeit der Perspektivenüber- nahme ein Problem dar. Aus diesem Grund ist die Erstellung von

105 Die „Schulweg-Detektive“ ist eine Aktion, die im Rahmen der Schulbe- ratung der Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS) angeboten wird. Der VRS arbeitet im Zukunftsnetz Mobilität NRW mit (Geschäftsstelle und Koordinierungsstelle des Rheinlands), so dass davon ausgegangen wird, dass die Materialien der Aktion dem Kreis Siegen-Wittgenstein bei Inte- resse zur Verfügung gestellt werden könnten. 106 www.neunkirchen-siegerland.de/Kultur-Freizeit/Verkehrsübungsplatz 107 Der vorhandene Verkehrsübungsplatz sowie eine auf einem Schulhof aufgemalte Kreuzung wurden im Rahmen des Workshops mit der kom- munalen Arbeitsgruppe thematisiert. Der Verkehrsübungsplatz war nicht allen Vertretern der kreisangehörigen Kommunen bekannt.

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Schulwegplänen und Weiterreichung an die Eltern und Schüler sinnvoll und hilfreich. Ein Schulwegplan zeigt den Kindern und ihren Eltern, welcher Schulweg am sichersten ist und wo man bspw. die Straße über- queren sollte. Gefahrenstellen werden deutlich gekennzeichnet. Dabei unterscheiden sich die Routen für Fußgänger und Radfahrer gegebenenfalls, da ein sicherer Weg für Fußgänger nicht unbe- dingt auch einen sicheren Weg für Radfahrer darstellt. Mit Hilfe eines Schulwegplans kann der Schulweg mit den Schülern geübt und einstudiert werden. Im Kreis Siegen-Wittgenstein liegen vereinzelt Schulwegpläne vor. Es sollte geprüft werden, ob die vorliegenden Schulwegpläne eine ausreichende Aktualität haben. Im Falle einer fehlenden Aktualität bzw. eines fehlenden Schulwegplans sollten neue Schulwegpläne in Zusammenarbeit mit den Schülern erstellt werden. Dies kann bspw. im Rahmen der Aktion „Schulweg-Detektive“ erfolgen (vgl. hierzu auch „Intensivierung der Verkehrssicherheitsarbeit“). Fachberater(in) Mobilität an Grundschulen Langfristig gehört auch die Benennung eines Fachberaters für das Themengebiet Mobilität an Grundschulen zu einem erfolgreichen schulischen Mobilitätsmanagement. Der Fachberater dient als An- sprechpartner und Initiator von Projekten rund um das Thema Mo- bilität. Die Stadt- und Gemeindeverwaltungen des Kreises Siegen- Wittgenstein sollten den Fachberatern dabei als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Mobilität und Klimaschutz im Schulunterricht Schüler sind Verkehrsteilnehmer, die sich mit Hilfe verständlicher Informationen und Erklärungen noch prägen lassen. Daher sollten die Themen „Mobilität“ und „Klimaschutz“ bspw. in Form von Pro- jektwochen verstärkt in den Unterricht integriert und die aktive Mo- bilitätserziehung ein fester Bestandteil im Lehrprogramm werden. Hierzu werden den Schulen vermehrt gut aufbereitete Unter- richtsmaterialien zur Verfügung gestellt. Sie bieten den Schulen eine aktive Unterstützung bei der Durchführung von Mobilitätser- ziehung und sollen die Kinder auf eine selbständiges Verkehrsver- halten (zu Fuß gehen, Fahrrad fahren sowie Bus und Bahn nut- zen) vorbereiten. Ein gutes Beispiel bietet der Leitfaden „Ver- kehrszähmer“, welcher vom Zukunftsnetz Mobilität NRW heraus- gegeben wird.

11.8 Mobilitätsmanagement für ältere Menschen und Seni- oren Die erwartete Altersverschiebung der Bevölkerung in Siegen- Wittgenstein macht auch neue Mobilitätskonzepte für Senioren erforderlich. Ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen stellen besondere Anforderungen an eine sichere Verkehrsinfrastruktur und attraktive Mobilitätsangebote. Sie sind bei der Nutzung öffent- licher Verkehrsmittel sowie des Fahrrads häufig unsicher und mei- den diese. Um die Nutzung des Umweltverbunds für Senioren zu erleichtern und ihnen auf diese Weise auch die (weitere) Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen, gibt es bereits heute ver- schiedene Mobilitätsmanagementmaßnahmen für Senioren.

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„Sicher mobil“ (Veranstaltungsprogramm des Deutschen Verkehrssicherheit- rats und seiner Mitglieder) „Sicher mobil“ ist ein vom Bundesministerium für Verkehr und digi- tale Infrastruktur (BMVI) unterstütztes Programm des Deutschen Verkehrssicherheitrats und seiner Mitglieder, an dem sich die Ver- kehrswacht Siegerland-Wittgenstein e. V. beteiligt. Das Programm wendet sich hauptsächlich an aktive Verkehrsteil- teilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer ab 65 Jahren. Ihnen soll im Rahmen von in Kleingruppen durchgeführten Veranstaltungen zu verschiedenen Themen (Leistungsfähigkeit und Gesundheit, Miteinander und Konflikte zwischen Verkehrsteilnehmenden, wei- tere Themen nach Interesse) Kenntnisse und Fähigkeiten vermit- telt werden, die ihnen dabei helfen, möglichst lange und sicher mobil zu bleiben. „Sicher unterwegs auf dem Elektrofahrrad!“108 (Schulungskonzept für ältere Pedelec-Fahrer des Zukunfts- netz Mobilität NRW) Das Zukunftsnetz Mobilität NRW und die Westfälische Provinzial Versicherung AG haben gemeinsam mit verschiedenen Partnern (u. a. Polizeibehörden und Verkehrswachten) ein einheitliches Schulungskonzept für ältere Pedelec-Fahrer (inkl. eines Schu- lungskoffers) erstellt. Konzept und Koffer stellen sie interessierten Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen kostenfrei zur Verfü- gung. Dieses Angebot wird vom Kreis Siegen-Wittgenstein und den kreisangehörigen Kommunen bereits genutzt. Insbesondere auf Grund der topografischen Bedingungen im Kreis bietet das Pedelec hier ein besonderes Potenzial, das mit Hilfe von Sicher- heitsschulungen für ältere Menschen weiter ausgeschöpft werden kann. Busbegleiter Verschiedene Verkehrsbetriebe bieten älteren und mobilitätsein- geschränkten Personen bereits einen Begleitservice an, um ihnen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu erleichtern. Der Service ist kostenlos und wird in der Regel durch ehrenamtliche Helfer abgedeckt. Je nach Verkehrsbetrieb unterscheiden sich die Ange- bote. So sollte bspw. der Bedarf je nach Verkehrsunternehmen vorher angemeldet werden. Die Hilfe beginnt teilweise bereits an der Haustür und umfasst Hilfe beim Ein- und Aussteigen bis hin zu Auskünften zu Fahrplänen und Tarifen. Der Kreis Siegen-Wittgenstein sollte mit den ansässigen Ver- kehrsbetrieben oder der Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd über die Möglichkeit der Einführung eines solchen Angebots für ältere und mobilitätseingeschränkte Personen verhandeln. Busschule für Senioren Ähnlich wie Busbegleiter bieten viele Verkehrsunternehmen auch bereits Verkehrssicherheitstrainings für Senioren an. Im Rahmen eines halb-/ganztägigen Kurses analysieren die Senioren gemein- sam die Gefahrenquellen rund um den Busverkehr. Dies betrifft die

108 Die Aktion „Mit dem E-Bike/Pedelec sicher unterwegs“ entspricht in- haltlich der hier aufgeführten Aktionsbezeichnung des Zukunftsnetz Mobi- lität NRW.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 104

Punkte Sicherheit während der Fahrt und an der Bushaltestelle, sicheres Ein- und Aussteigen, gefahrloses Überqueren der Straße sowie Übungen mit dem Rollator. Es werden Ängste angespro- chen und Lösungswege aufgezeigt. Als Ergebnis des Sicherheits- trainings sollen die Senioren sich im Bus und an den Haltestellen sicher fühlen, um (wieder) verstärkt den ÖPNV nutzen zu können. Radfahrsicherheitstraining für Senioren Ähnlich zur Busschule soll auch das Radfahrsicherheitstraining das Sicherheitsgefühl der Senioren im Straßenverkehr steigern. Dieses wird bereits von Städten wie Aachen und Köln kostenlos angeboten und richtet sich an Senioren, die Fahrrad fahren kön- nen, sich jedoch unsicher fühlen und ihre Fahrpraxis auffrischen möchten. Inhalte des Trainingsprogramms sind sicherheitstechni- sche Aspekte, verkehrssichere Verhaltensweise, Rücksichtnahme, toter Winkel und Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung. Ziel des Trainings ist es, das eigene Radfahrverhalten besser ein- schätzen zu können und sich die Freude am Fahrradfahren mög- lichst lange und sicher aufrecht zu erhalten. Das Radfahrsicher- heitstraining bietet auch für die Städte und Kommunen des Kreises Siegen-Wittgenstein eine gute Möglichkeit, Senioren als Radfahrer zu erhalten bzw. zurückzugewinnen. Fußgängercheck Eine weitere Möglichkeit des Mobilitätsmanagements für Senioren stellt die Durchführung von Fußgängerchecks dar. Senioren und mobilitätseingeschränkte Personen sind in ihren Alltagswegen häufig von fehlender Barrierefreiheit und Unsicherheiten im Stra- ßenraum betroffen. Daher ist es von Bedeutung, diese an den Planungen und der Gestaltung ihrer Alltagsmobilität frühzeitig zu beteiligen. Schwerpunkt der Checks stellen Stadtteilbegehungen dar, bei de- nen interessierte Senioren gemeinsam mit Verwaltungsmitarbei- tern ihre Alltagswege im Wohnumfeld abgehen. Dabei werden wichtige Alltagsziele aufgenommen und Gefahrenpunkte und Bar- rierefreiheit auf diesen Wegen untersucht. Im Ergebnis liegen dann die Schwachstellen des Fußwegenetzes vor, auf deren Basis Ver- besserungsvorschläge erarbeitet werden. Die Ergebnisse der Checks sowie die erarbeiteten Verbesserungsvorschläge können anschließend bspw. zu einem Seniorenstadtplan aufbereitet wer- den und dazu beitragen, dass sich Senioren sicherer zu Fuß im Stadtgebiet bewegen.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 105

12 Wirkungsanalyse

12.1 Referenzszenario (worst-case-Szenario) Wie in Kapitel 6.2 bereits dargestellt, belief sich die Anzahl der im Jahr 2016 im Kreis Siegen-Wittgenstein zugelassenen Fahrzeuge auf 204.769. Diese sind von 2010 bis 2016 um knapp 11 % ange- stiegen. Zu begründen ist dies vor allem durch die steigende An- zahl der Pkw allgemein. Deutschlandweit wurden 3,4 Millionen neu zugelassene Pkw für das Jahr dokumentiert. Dies entspricht einem Anstieg der Zulassungen in Höhe von 4,5 % im direkten Vergleich zum Vorjahr. Der Endenergieverbrauch des gesamten Verkehrssektors (Be- trachtung von MIV, ÖPNV, Straßengüterverkehr, Schienenperso- nenverkehr, Schienengüterverkehr, Schiff und weiterem Verkehr) betrug im Jahr 2016 2.188.784 MWh. Die fossilen Energieträger Diesel und Benzin machen dabei den Hauptanteil von insgesamt 94 % aus. Die THG-Emissionen des gesamten Verkehrssektors betrugen im Jahr 2016 688.084 t. (vgl. Kap. 6.2). Für die Berechnung der Potenziale wird ausschließlich der stra- ßengebundene Verkehr (inner- und außerörtlicher Verkehre ohne Verkehre auf der Autobahn) betrachtet109. Für das Analysejahr 2016 ergeben sich daraus 1.568.388 MWh Endenergieverbrauch und somit 489.779 t THG-Emissionen.

12.1.1 Berücksichtigte Randbedingungen Für die nachfolgenden Potenzialberechnungen werden vorhande- ne Daten, wie zurückgelegte Fahrzeugkilometer und spezifischer Kraftstoffverbrauch, verwendet. Des Weiteren werden für die Ver- kehrsmengenentwicklung und die Effizienzsteigerungen je Ver- kehrsmittel Faktoren aus der Studie „Klimaschutzszenario 2050“ vom Öko-Institut und Fraunhofer ISI herangezogen. Die Potenzialberechnungen erfolgen für ein Referenzszenario, bei dem die Faktoren aus dem „Aktuelle-Maßnahmen-Szenario“ ver- wendet werden110. Zum besseren Verständnis werden nachfol- gend die Randbedingungen für die straßengebundenen Ver- kehrsmittel zusammengefasst. Die Personenverkehrsnachfrage steigt in Summe bis 2050 im Ak- tuelle-Maßnahmen-Szenario an und wird durch zwei Aspekte be- stimmt: 1. Die Kraftstoffpreise für Benzin und Diesel steigen nur in ge- ringem Maße an (ca. 0,8 %/a) ĺ führt bei höherer Fahrzeugeffizienz und steigendem Wohlstand der Bevölkerung zu einer verbilligten individuel- len Mobilität. 2. Der Anteil an Personen mit einem Zugang zu einem Pkw nimmt zu, wodurch die Möglichkeit zur Wahrnehmung des verbilligten individuellen Mobilitätsangebotes steigt.

109 Die Autobahnverkehre wurde außer Acht gelassen, weil der Einfluss- bereich insbesondere für die Kategorie Autobahn außerhalb der städti- schen Steuerungsmöglichkeiten liegt. 110 Vgl. Öko-Institut e.V., Fraunhofer ISI (2015): Klimaschutzszenario 2050, 2. Endbericht; Berlin/Karlsruhe. S. 215 ff

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 106

ĺ führt zum Anstieg der täglichen Fahrten mit dem Pkw bis 2050. Für die Verkehrszwecke Freizeit und Beruf wird eine Zunahme der Fahrten mit Distanzen unter 100 km angenommen. Darüber hinaus wurden die folgenden prognostizierten Verände- rungen berücksichtigt (Tabelle 16 und Tabelle 17).

Tabelle 16: Angesetzte Entwicklungen im Referenzszenario (vgl. Öko-Institut e.V., Fraunhofer ISI, 2015) Entwicklungen der Fahrleistungen gegenüber 2016 Fahrzeugkategorie 2020 2030

MIV (Pkw, Zweiräder) + 1 % + 2 %

Bus - 2 % - 6 %

Leichte Nutzfahrzeuge + 4 % + 13 %

Lkw >3,5t + 3 % + 12 % Entwicklung des spezifischen Kraftstoffverbrauches bei verbren- nungsmotorischem Betrieb gegenüber 2016 Fahrzeugkategorie 2020 2030

Motorisierte Zweiräder - 1 % - 5 %

PKW - 11 % - 27 %

Bus - 2 % - 12 %

Leichte Nutzfahrzeuge + 2 % - 3 %

Lkw >3,5t - 5 % - 14 % Entwicklung der Fahrleistungsanteile mit Strom im Straßenverkehr gegenüber 2016 Fahrzeugkategorie 2020 2030

PKW + 1 % + 8 %

Bus 0 % + 1 %

Leichte Nutzfahrzeuge 0 % + 4 %

Lkw >3,5t 0 % + 1 % Entwicklung des spezifischen Stromverbrauches bei Elektrobetrieb gegenüber 2016 Fahrzeugkategorie 2020 2030

PKW 0 % - 6 %

Bus 0 % - 6 %

Leichte Nutzfahrzeuge 0 % - 5 %

Lkw >3,5t 0 % + 4 %

Tabelle 17: Entwicklung des Emissionsfaktors für Strom (vgl. Öko-Institut e.V., Fraunhofer ISI, 2015) Emissionsfaktor für Strom (LCA-Faktor) 2016 2020 2030

620 g CO2e/kWh 496 g CO2e/kWh 449 g CO2e/kWh

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 107

12.1.2 Bilanz (Referenzszenario 2020 und 2030) Nachfolgend sind die Fahrleistungen getrennt nach Verbrennungs- und Elektroantrieb als weitere Berechnungsgrundlage bis 2030 berechnet worden. Die Entwicklung der Fahrleistungen zeigt eine leichte Zunahme bis 2020 bei beiden Antriebsarten. Der anschlie- ßende Rückgang der Fahrleistung bis 2030 bei den Fahrzeugen mit Verbrennungsantrieb ist auf die zunehmende Verbreitung von E-Fahrzeugen zurück zu führen (Bild 25 und Bild 26).

Bild 25: Entwicklung der Fahrleistung für Verbrennungsantriebe

Bild 26: Entwicklung der Fahrleistung für E-Fahrzeuge

Bezüglich der Fahrleistungsanteile differenziert nach Fahrzeugka- tegorien zeigen sich bezüglich der Fahrzeuge mit Verbrennungs- antrieb leichte Unterschiede. Während Lkw und leichte Nutzfahr- zeuge minimal in ihrer Fahrleistung ansteigen, ist in den beiden Kategorien MIV (Pkw, Zweirad) und Bus ein Rückgang zu ver- zeichnen (Bild 27). Dies erklärt sich durch die stärkere Zunahme der Elektroantriebe in den Fahrzeugkategorien MIV und Bus. Dadurch zeigen sich auch für diese beiden Fahrzeugkategorien bezüglich der Fahrzeuge mit Elektroantrieb deutlich steigende Fahrleistungen (Bild 28).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 108

Bild 27: Fahrleistung nach Fahrzeugkategorien (Berechnungsstand März 2018)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 109

Bild 28: Fahrleistung nach Fahrzeugkategorien [E-Fahrzeuge] (Berechnungs- stand März 2018)

Endenergieverbrauch im straßengebundenen Verkehr Auf Grundlage der berechneten Fahrleistungen differenziert nach Antriebsart wird der Endenergieverbrauch für das Referenzszena- rio berechnet (Bild 29). Dieser geht im Referenzszenario bis 2030 auf 74,6 % zurück (-25,4 %).

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 110

Entwicklung des Endenergieverbrauchs für den straßengebundenen Verkehr 100%

90%

80%

70%

60%

50% Endenergiebedarf Referenzszenario 40%

30% (bezogen2016) auf 20% Endenergieverbrauch in % in % Endenergieverbrauch 10%

0% 2016 2020 2030 Bild 29: Entwicklung des Endenergieverbrauchs für den straßengebundenen Verkehrssektor (Berechnungsstand März 2018)

In Bild 30 ist die Entwicklung des Endenergieverbrauchs nach Energieträgern bis 2030 für das Referenzszenario dargestellt. Für das Basisjahr 2016 beträgt der Endenergieverbrauch im straßen- gebundenen Verkehr insgesamt 1.568.388 MWh. Bis zum Jahr 2030 nimmt dieser bis auf 1.170.017 MWh ab (-25,4 %). Die Ener- gieträger Diesel und Benzin haben weiterhin den höchsten Anteil am Endenergieverbrauch. Der Stromanteil steigt erst ab 2030 nennenswert an und beträgt 3 %. Es wird davon ausgegangen, dass die THG-Minderungen in erster Linie über Effizienzgewinne, Veränderungen der Fahrleistung und verändertes Nutzerverhalten erfolgen.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 111

Bild 30: Entwicklung der Energieverbräuche des straßengebundenen Verkehrs im Referenzszenario (Berechnungsstand März 2018)

THG-Emissionen im straßengebundenen Verkehr In Bild 31 wird die Entwicklung der THG-Emissionen im Referenz- szenario dargestellt. Für die Berechnung der Emissionen wird in 2030 ein LCA-Faktor für Strom von 449 g CO2e/kWh (vgl. Tabelle 17) angenommen, wie er von Öko-Institut und Fraunhofer ISI an- gegeben wird.111

111 Vgl. Öko-Institut e.V., Fraunhofer ISI (2015): Klimaschutzszenario 2050, 2. Endbericht; Berlin/Karlsruhe.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 112

Bild 31: Entwicklung der THG-Emissionen des straßengebundenen Verkehrs im Referenzszenario (Berechnungsstand März 2018)

Für das Basisjahr 2016 betrugen die THG-Emissionen 489.779 t. Insgesamt ergeben sich für das Jahr 2030 THG-Emissionen in Höhe von 369.263 t (-24,6 %). Hierbei haben weiterhin die Treib- stoffe Diesel und Benzin den größten Anteil.

12.2 Klimaschutzszenario (best-case-Szenario) Das Klimaschutzszenario als best-case-Szenario berücksichtigt neben den im Referenzszenario hinterlegten prognostizierten Ent- wicklungen die im Handlungskonzept vorgeschlagenen Maßnah- men (einschließlich Maßnahmen der Kommunikation). Durch akti- ve Förderung des Umweltverbunds, wird eine Änderung im Modal Split zu Lasten des MIV-Anteils erwartet. Dies wiederum bewirkt dann eine Reduzierung des Endenergieverbrauchs sowie der THG-Emissionen. Die Wirkungen können zum jetzigen Zeitpunkt nur grob abgeschätzt werden. Die tatsächlichen Wirkungen wer- den erst im Rahmen des Controlling-Konzepts (vgl. Kap. 10) sicht- bar. Durch die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Referenz- und des Klimaschutzszenarios werden daher an dieser Stelle die abgeschätzten maximalen Einsparmöglichkeiten aufgezeigt. Die zu erwartenden verkehrlichen Wirkungen der im Handlungs- konzept aufgeführten Einzelmaßnahmen sind in den Maßnahmen-

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 113 steckbriefen aufgeführt (vgl. Kap. 8). Die dort aufgeführten CO2- Minderungspotenziale fallen zum Teil gering aus, da es sich bei den Maßnahmenempfehlungen oftmals um die Entwicklung von kreisweiten Strategien handelt (z. B. Nahmobilität, Mobilstationen). Die Umsetzung der empfohlenen Strategien liegt nicht in der Ver- antwortung des Kreises. Hier ist der Kreis auf die Unterstützung der kreisangehörigen Kommunen und weiteren relevanten Akteure angewiesen. Um dennoch aufzuzeigen, welche Wirkung der Kreis Siegen- Wittgenstein nach Umsetzung des kreisweiten Mobilitätskonzepts – auch auf Ebene der kreisangehörigen Kommunen – voraussicht- lich erzielen kann, wird an dieser Stelle eine gesamtheitliche Wir- kungsabschätzung durchgeführt. Sie baut auf den in Kap. 7.2 dar- gestellten Modal-Split-Veränderungspotenzialen (UBA 2010112) auf. Um die dargestellten Wirkungen besser einschätzen zu kön- nen, wird stellenweise der Modal Split des Kreises Düren verglei- chend herangezogen.113

Tabelle 18: Modal Split des Kreises Siegen-Wittgenstein und des Kreises Düren Kreis Siegen- Kreis Düren Wittgenstein (2014) Verkehrsmittel (2017) MIV 77 % 68 % (Pkw-Fahrer/-in, Pkw-Mitfahrer/-in) ÖPNV (Bus, Bahn) 9 % 11 % Radverkehr 4 % 10 % Fußverkehr 10 % 10 %

Für den Kreis Siegen-Wittgenstein wurden zum UBA- Sachstandsbericht ähnliche Handlungsfelder identifiziert. Die in der UBA-Studie für die Handlungsfelder dargestellten Modal Split- Verlagerungspotenziale wurden unter Berücksichtigung der Aus- gangslage des Kreises Siegen-Wittgensteins mit Hilfe von Analo- gieschlüssen übertragen. Die Ergebnisse sind in der nachfolgen- den Tabelle 19 dargestellt.

112 Umweltbundesamt (UBA), 2010: CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland, Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale – Ein Sachstandsbericht des Umweltbundesamtes 113 Wie in Kap. 5.2 dargestellt, ist der Kreis Düren im Ansatz mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein vergleichbar. Der Kreis Düren weist eine ähnli- che räumliche Struktur auf (Vergleichbare Einwohnerzahl, zum Teil dünn besiedelte Gebiete, Düren sticht – zusammen mit Jülich – vergleichbar zu Siegen als Zentrum heraus). Durch die Nähe zur Eifel ist die Topografie zumindest im Südkreis bewegt.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 114

Tabelle 19: Modal Split-Verlagerungspotenziale von ausgewählten verkehrlichen Maßnahmen (Wirkungspotenzial Klimaschutzszenario) Deutschland Kreis Siegen-Wittgenstein (UBA 2010) Verlagerungs- Annahmen/ Verlagerungs- potenziale Entscheidungsgrundlage potenziale Handlungsfelder Modal Split (2030) Modal Split (2030) Verkehrsvermei- ./. analog UBA: ./. dende Siedlungs- (wird nicht einzeln Quantifizierung schwierig, auf Grund fehlen- (kann nicht einzeln und Verkehrspla- ausgewiesen, son- der Erhebungen und Komplexität der Wech- ausgewiesen, son- nung dern allgemein bei selwirkungen dern allgemein bei der Förderung des der Förderung des Umweltverbunds mit Umweltverbunds berücksichtigt) mit berücksichtigt) Förderung des Anteil der Bahn am Bezug Gesamtverkehr: Da es sich um eine Schienenperso- Modal-Split steigt bis Kreis S.-W. hat 2017 einen Bahn-Anteil von Abschätzung han- nenverkehrs 2030 auf 15 % 1,4 % (insg. 9 % ÖPNV). delt, wird nicht zwi- (Nah- und Fern- schen Bahn und (+4 % von 2020 bis Im Vergleich dazu hat Kreis Düren 2014 ei- verkehr) Bus differenziert. 2030) nen ÖPNV-Anteil von 11 % (Bahn-Anteil nicht bekannt) Schlussfolgerung: Eine Steigerung 15 % Bahn-Anteil erscheint zu hoch des ÖPNV-Anteils um bis zu 3 % für Förderung des 10 % der innerörtli- Annahme: beide Handlungs- straßengebunde- chen Pkw-Fahrten Es handelt sich hierbei ausschließlich um felder zusammen nen öffentlichen werden auf den Binnenverkehre auf Stadt-/Gemeindeebene. wird für realisierbar Personennahver- ÖPNV verlagert 10 % Verlagerung der MIV-Binnenfahrten auf erachtet. kehrs (ÖPNV) Stadt-/Gemeindeebene auf den ÖPNV würde 2030: für den Kreis S.-W. eine Steigerung des 12 % ÖPNV-Anteil ÖPNV-Anteils (Gesamtverkehr) um +4 % bedeuten. Schlussfolgerung: Verlagerungspotenzial erscheint geringfügig zu hoch (Düren hat starke Pendlerverflech- tungen nach Köln und verfügt über einen S- Bahn-Anschluss)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 115

Deutschland Kreis Siegen-Wittgenstein (UBA 2010) Verlagerungs- Annahmen/ Verlagerungs- potenziale Entscheidungsgrundlage potenziale Handlungsfelder Modal Split (2030) Modal Split (2030) Förderung des 50 % der innerörtli- Annahme: Eine Steigerung Fuß- und Rad- chen Pkw-Fahrten Es handelt sich hierbei ausschließlich um des Rad-Anteils um verkehrs kürzer als 5 km auf Binnenverkehre auf Stadt-/Gemeindeebene. bis zu 4 % und des den nichtmotorisier- Die Aufteilung der Verlagerung (50 % der Fuß-Anteils um 1 % ten Verkehr verlagert innerörtlichen Pkw-Fahrten kürzer als 5 km) wird für realisierbar erfolgt zu 90 % auf den Radverkehr und zu erachtet. 10 % auf den Fußverkehr. 2030: 50 % Verlagerung der MIV-Binnenfahrten < 5 8 % Rad-Anteil km auf Stadt-/Gemeindeebene würde für den 11 % Fuß-Anteil Kreis S.-W. eine Steigerung des Rad-Anteils (Gesamtverkehr) um +8 % und des Fuß- Anteils (Gesamtverkehr) um +1 % bedeuten. Kreis S.-W. hat 2017 einen Rad-Anteil von 4 % und einen Fuß-Anteil von 10 % (Ge- samtverkehr). Im Vergleich dazu hat Kreis Düren 2014 ei- nen Rad-Anteil von 10 % und einen Fuß- Anteil von 10 % (Gesamtverkehr). Schlussfolgerung: Verlagerungspotenzial erscheint für den Fußverkehr realisierbar, das Verlagerungspo- tenzial für den Radverkehr erscheint zu hoch (+8 % bedeutet eine Verdreifachung des heutigen Modal Split-Anteils im Radverkehr) Carsharing wird nicht einzeln analog UBA: ./. ausgewiesen, da die keine Einzelausweisung, da Carsharing im Maßnahme die voll- Kreis Siegen-Wittgenstein nicht als Einzel- ständige Ausschöp- maßnahme betrachtet wird fung der Wirkungs- potenziale der Förde- rung des Umweltver- bunds stützt Elektromobilität ./. Förderung der Elektromobilität ist bereits im ./. Referenzszenario enthalten Mobilitätsma- ./. Eine Quantifizierung ist schwierig, da i. d. R. ./. nagement (wird vom UBA nicht nur Aussagen zur standortspezifischen Ver- (kann nicht einzeln betrachtet) kehrsmittelwahl getroffen werden. ausgewiesen, son- Damit fehlen Erkenntnisse in Bezug auf den dern allgemein bei Modal Split im Gesamtverkehr. der Förderung des Umweltverbunds mit berücksichtigt)

Wird davon ausgegangen, dass die abgeschätzten Änderungen stets zu Lasten des MIV-Anteils gehen und evtl. vorhandene Wechselwirkungen zwischen den Maßnahmen keinen negativen Einfluss auf die Potenziale der vorgeschlagenen Maßnahmen ha-

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 116 ben, so kann im Klimaschutzszenario folgender Modal Split erzielt werden (Tabelle 20).

Tabelle 20: Modal Split (Gesamtverkehr) des Kreises Siegen-Wittgenstein an einem Werktag (Gegenüberstellung von Ist-Situation bzw. Referenzszenario und Klimaschutzszenario) Referenzszenario* Klimaschutzszenario Verkehrsmittel Veränderung Veränderung Modal Split gegenüber 2015 Modal Split gegenüber 2017 MIV 77 % 0 % 69 % - 8 % (Pkw-Fahrer/-in, Pkw-Mitfahrer/-in) ÖPNV (Bus, Bahn) 9 % 0 % 12 % + 3 % Radverkehr 4 % 0 % 8 % + 4 % Fußverkehr 10 % 0 % 11 % + 1 % *Annahme: ohne weitere Maßnahmen bleibt das Mobilitätsverhalten unverändert Der abgeschätzte Modal Split des Klimaschutzszenarios sollte für die zukünftige Verkehrsplanung im Kreis Siegen-Wittgenstein als Zielwert verfolgt werden. Unter Heranziehung der abgeschätzten Modal Split-Änderungen können aufbauend auf den Bilanzierungsergebnissen des Refe- renzszenarios (Endenergieverbrauch und THG-Emissionen für 2030) der Endenergieverbrauch und die THG-Emissionen für das Klimaschutzszenario bestimmt werden (Tabelle 21). Es ist dabei zu beachten, dass es sich hierbei um das maximale Einsparpoten- zial114 handelt.

Tabelle 21: Endenergieverbrauch und CO2-Emissionen im straßengebundenen Verkehr (Gegenüberstellung von Analyse, Referenzszenario und Klimaschutzszenario)115 Bilanzierungs- Analyse Referenzszenario Klimaschutzszenario ergebnisse Veränderung Veränderung (straßengebundener 2016 2030 gegenüber 2030 gegenüber Verkehr) 2016 2016 Endenergieverbrauch 1.568.388 1.170.017 -398.371 1.076.416 -491.972 [MWh] (-25,4 %) (-31,4 %)

CO2-Emissionen 489.779 369.263 -120.516 339.722 -150.057 [tCO2e] (-24,6 %) (-30,6 %)

Die vergleichende Gegenüberstellung der Bilanzierungsergebnisse zeigt auf, dass der Kreis Siegen-Wittgenstein den Endenergiever- brauch und die THG-Emissionen sowohl durch die allgemeinen Entwicklungen (Referenzszenario) als auch durch weitere Klima- schutzanstrengungen (Klimaschutzszenario) reduzieren kann. Im Vergleich zum Referenzszenario lassen sich im Klima- schutzszenario der Endenergieverbrauch sowie die THG- Emissionen jeweils um weitere 6 % (Bezug: Analyse 2016) redu- zieren. Die Einhaltung der übergeordneten Klimaschutzziele für den Verkehrssektor (vgl. Kap. 1) ist nachfolgend dargestellt.

114 Es wurde angenommen, dass die Modal Split-Änderungen aus- schließlich zu Lasten des MIV-Anteils gehen und evtl. vorhandene Wech- selwirkungen zwischen den Maßnahmen keinen negativen Einfluss auf die Potenziale haben. 115 Hinweis: Die Bilanzierungsergebnisse des Klimaschutzteilkonzepts sind nicht direkt mit den Bilanzierungsergebnissen des Integrierten Kli- maschutzkonzepts vergleichbar, da andere zeitliche Bezüge vorliegen und hier ausschließlich der straßengebundene Verkehr betrachtet wird und nicht der gesamte Verkehrssektor.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 117

Tabelle 22: Überprüfung der Einhaltung der übergeordneten Klimaschutzziele Bundesregierung Kreis Siegen-Wittgenstein Prognose 2030 Referenzwert Referenz- Klimaschutz- Bezug Zielsetzung (IKSK 2014) szenario szenario Endenergieverbrauch [MWh] 2020: -10 % 2005: 2030: 2030: (ggü. 2005) ca. 3.000.000* ca. 1.170.000 ca. 1.076.000 2050: -40 % (ggü. 2005) -61 % -64 % (ggü. 2005) (ggü. 2005)

CO2-Emissionen [tCO2e] 2030:-40-42 % 1990: 2030: 2030: (ggü. 1990) ca. 600.000* ca. 369.000 ca. 340.000

-38 % -43 % (ggü. 1990) (ggü. 1990) Nordrhein-Westfalen Kreis Siegen-Wittgenstein Prognose 2030 Referenzwert Referenz- Klimaschutz- Bezug Zielsetzung (IKSK 2014) szenario szenario Endenergieverbrauch 2020: -8 % 1990: 2030: 2030: [MWh] (ggü. 1990) ca. 2.000.000* ca. 1.170.000 ca. 1.076.000 2030: -31 % (ggü. 1990) -41 % -46 % 2050: -60 % (ggü. 1990) (ggü. 1990) (ggü. 1990) * Werte aus Diagramm im IKSK 2014 abgelesen (mit Ungenauigkeiten behaftet)

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13 Ausblick

Der Kreis Siegen-Wittgenstein sowie die kreisangehörigen Kom- munen sind bereits seit vielen Jahren im Bereich des Klimaschut- zes sowie auch im Bereich nachhaltige Mobilität aktiv. Eine Be- trachtung der Bilanzierungsergebnisse aus dem Integrierten Kli- maschutzkonzept des Kreises Siegen Wittgensteins (IKSK 2014) zeigt jedoch auf, dass die THG-Emissionen und der Endenergie- verbrauch im Vergleich zu 1990 angestiegen sind. Um die Klima- ziele der Bundes- und Landesregierung zu unterstützen, muss der Kreis Siegen-Wittgenstein handeln. Da der Verkehrssektor im Kreis Siegen-Wittgenstein nach der Wirtschaft die größten Anteile an den THG-Emissionen und dem Endenergieverbrauch trägt, bildet die nachhaltige Mobilität einen guten Ansatzpunkt. Um die bisherigen Aktivitäten weiter fortzusetzen hat sich der Kreis Siegen-Wittgenstein erfolgreich um Fördermittel für die Erstellung eines Klimaschutzteilkonzepts für den Bereich Verkehr und Mobili- tät beworben. In Zusammenarbeit mit den kreisangehörigen Kom- munen hat der Kreis Siegen-Wittgenstein nun ein ganzheitliches kreisweites nachhaltiges Mobilitätskonzept als Klimaschutzteilkon- zept erarbeitet. Der Kreis ist nicht alleiniger Aufgabenträger für Fragen der Verkehrsentwicklung, aber er sieht sich in der Verant- wortung, gemeinsam mit den anderen Aufgabenträgern zukunfts- orientierte Lösungen zu entwickeln. Das Handlungskonzept wird daher auch z. B. den kreisangehörigen Kommunen als übergeord- nete Grundlage für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Ver- kehrsentwicklungsplanung zur Verfügung gestellt. Wesentliches Ziel des Teilkonzepts ist es, die Treibhausgasemis- sionen zu reduzieren und die Mobilität aller Bevölkerungsgruppen zu sichern. Insbesondere gilt es hierbei den motorisierten Individu- alverkehr zu vermeiden bzw. möglichst effizient abzuwickeln sowie den ÖPNV, Radverkehr und Fußgängerverkehr weiter zu fördern. Um eine gute Datengrundlage für die nächsten Jahre zu haben, hat der Kreis Siegen-Wittgenstein im Rahmen des Klimaschutzteil- konzepts eine kreisweite Mobilitätsbefragung zur Identifizierung bedeutender Mobilitätskenngrößen (vor allem Modal Split) durch- führen lassen. Die Ergebnisse verdeutlichen die heutige Kfz- Dominanz im Kreis (77 % MIV-Anteil am Modal Split) und bestäti- gen damit die Handlungsnotwendigkeit. Im Rahmen der Bestandsanalyse wurde zudem aufgezeigt, dass die vorhandene Siedlungsstruktur im Kreisgebiet den ÖPNV zu- sammen mit den prognostizierten rückläufigen Schülerzahlen und der Eigenwirtschaftlichkeit zukünftig vor weiteren Herausforderun- gen stellen wird. Auch das Potenzial im Radverkehr ist auf Grund einer fehlenden Infrastruktur noch nicht ausgeschöpft. Die weiteren Analysen zeigen aber auch für verschiedene Hand- lungsfelder erste positive Ansätze auf: u. a. - SchülerTicket und MobilitätsCard als zielgruppenspezifi- sche Sonderlösung im Rahmen der Eigenwirtschaftlichkeit, - überdurchschnittliche Verfügbarkeit von Pedelecs im Kreisgebiet, - starke Pendlerverflechtungen mit radfahrtauglichen Entfer- nungen,

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- erste Elektrofahrzeuge im kommunalen Fuhrpark der Kreisverwaltung, - Kreisverwaltung geht hinsichtlich eines betrieblichen Mobili- tätsmanagement mit gutem Beispiel voran. In Zusammenarbeit von Kreis und Kommunen sowie weiteren re- levanten Akteuren wurden aufbauend auf den identifizierten Hand- lungspotenzialen Maßnahmen zur Fortsetzung der bisherigen Ak- tivitäten im Bereich verkehrsbezogener Klimaschutz identifiziert und ausgearbeitet. Sie bilden zusammen das Handlungskonzept zur Umsetzung der zuvor definierten verkehrlichen Ziele für die Erreichung einer nachhaltigen Mobilität im Kreisgebiet. Insgesamt wurden 17 Maßnahmen differenziert nach fünf Handlungsfeldern ausgearbeitet. Die Wirkungsabschätzung (Referenz- und Klimaschutzszenario) zeigt auf, dass mit Umsetzung des Handlungskonzepts eine deut- liche Verbesserung des Modal Splits zu Gunsten des Umweltver- bunds wahrscheinlich ist (-9 % MIV-Anteil). Damit können auch die THG-Emissionen und der Endenergieverbrauch weiter reduziert werden, so dass der Kreis Siegen-Wittgenstein die Einhaltung der Klimaschutzziele der Bundes- und Landesregierung unterstützt. Im Hinblick auf die nächsten Schritte der Umsetzung sollten nun Sofortmaßnahmen als erste Pilotprojekte identifiziert werden. Mit Hilfe der Erfahrungen aus den Pilotprojekten können diese bei positiven Erfolgen ausgeweitet werden und neue (Pilot-)Projekte initiiert werden.

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Anhang

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Fragebogen zur kommunalen Datenabfrage

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Bild 32: Siedlungs- und Gewerbeflächen im Kreis Siegen-Wittgenstein (eigene Darstellung; Datenstand Dezember 2017)

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Bild 33: Pendlerverflechtungen im Kreis Siegen-Wittgenstein (Stand Pendlerdaten Juni 2016)

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Bild 34: Verkehrsstärken Kreis Siegen-Wittgenstein – Straßenverkehrszählung 2015 an den Straßen des übergeordneten Verkehrs (eigene Darstellung; Ausschnitt der Originalübersichtskarte)

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Bild 35: Schienengebundener und straßengebundener ÖPNV im Kreis Siegen-Wittgenstein (Datenstand Dezember 2017)

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Bild 36: Verknüpfte Mobilität im Kreis Siegen-Wittgenstein

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Bild 37: Radverkehrsnetze im Kreis Siegen-Wittgenstein

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Bild 38: Ladeinfrastruktur Elektromobilität

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Bild 39: Industrie- und Gewerbeflächen im Kreis Siegen-Wittgenstein

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Maßnahmensteckbriefe

Handlungsfeld Umsetzung U 1: Einrichtung einer Personalstelle zur Umsetzung des Hand- lungskonzepts U 2: REGIONALE Südwestfalen 2025 „Mobilität fürs echte Le- ben“ Handlungsfeld ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 1: Modellhafte Entwicklung einer Qualitätssicherungsverein- barung für eigenwirtschaftliche Busverkehre Ö 2: Einrichtung einer Mobilitätszentrale Ö 3: Zielgruppenspezifische kostengünstige Tarifangebote Ö 4: Alternative Mobilitätsangebote in Ergänzung zum ÖPNV Ö 5: Konzeption und Modellprojekt „ÖPNV durch On-Demand- Ridepooling“ Ö 6: Aufstellung einer kreisweiten strategischen Planung zu Mobilstationen Ö 7: Ausweitung und Verstetigung des ÖPNV-Marketings Handlungsfeld Fuß- und Radverkehr FR 1: Aufstellung einer kreisweiten strategischen Planung zur Förderung von Nahmobilität FR 2: Überprüfung des Radverkehrsnetzes NRW in der Funktion eines kreisweiten Radverkehrsnetzes (inkl. zügig befahrba- rer Radpendlerrouten) FR 3: Aufbau eines Pedelec-Verleihnetzes Handlungsfeld Elektromobilität und andere alternative Antrie- be E 1: Aufstellung einer kreisweiten strategischen Planung zur Elektromobilität und anderen alternativen Antrieben E 2: Integration von Carsharing und Elektrofahrzeugen sowie anderen alternativen Antrieben in kommunale Fahrzeugflot- ten Handlungsfeld Mobilitätsmanagement M 1: Betriebliches Mobilitätsmanagement M 2: Mobilität an Gewerbe-/Industriestandorten M 3: Schulisches Mobilitätsmanagement

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Handlungsansatz Umsetzung U 1 Einrichtung einer Personalstelle zur Umsetzung des Handlungskonzepts Beschreibung Ausgangslage/Problem: Ähnlich zur Umsetzung eines kommunalen Mobilitätsmanagements erfordert die Umsetzung der aufgestellten Handlungsempfehlungen des klimafreundlichen Mobilitäts- konzepts eine zentrale Gesamtkoordination. Das vorhandene Verwaltungspersonal ist mit den bisherigen Aufgaben ausgelastet, so dass weiteres Personal erforderlich ist.

Maßnahme: Es wird empfohlen, eine neue Personalstelle in der Kreisverwaltung einzurichten, der die Umsetzung der aufgestellten Handlungsempfehlungen des klimafreundlichen Mobilitäts- konzepts zugeordnet ist. Die Person übernimmt die Gesamtkoordination, d. h. sie stößt die Projekte gemeinsam mit den benannten Akteuren an (z. B. Vorbereitung und Durchführung eines gemeinsamen Starttermins), koordiniert die relevanten Schnittstellen (z. B. Bereitstellung von Informationen zu den initiierten Projekten) und überwacht den Umsetzungsstand (Controlling). Die Person dient den kreisangehörigen Kommunen auch als Ansprechpartner für weitere Mobilitätsmaßnahmen, so dass bei ihr zentral alle Informationen und Anfragen auflaufen und eine koordinierte Weiterleitung erfolgen kann. Es ist zu empfehlen, dass die Person für die Aufgabe entsprechend ausgebildet ist bzw. ausgebildet wird (z. B. Landeslehrgang „Kommunales Mobilitätsmanagement“ über das Zukunftsnetz Mobilität NRW). Um das Wissen zum Themenfeld Verkehr/Mobilität stets möglichst aktuell zu halten, sind regelmäßige Fortbildungen sinnvoll.

Zielsetzung: - Zentrale Koordinierung der Umsetzung - Stetige (Erfolgs-)Kontrolle der Umsetzung - Zentrale Anlaufstelle für Akteure Bausteine - Beantragung von Fördergeldern (Bund) - Formulierung Stellenbeschreibung - Stellenausschreibung - Einstellung und Einarbeitung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein Quelle neuer Projektvorschlag Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial, sie stärk aber die Minderungspotenziale der anderen Maßnahmenvorschläge) Kostenaufwand Personalkosten (abhängig von der Stelleneinstufung; finanzielle Förderung möglich)

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Handlungsansatz Umsetzung U 2 REGIONALE Südwestfalen 2025 „Mobilität fürs echte Leben“ Beschreibung Ausgangslage/Problem: „REGIONALE ist ein […] Strukturförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen. Es bietet einer Region die Möglichkeit, sich gemeinsam mit den eigenen Stärken und Qualitäten, vor allem aber mit ihren Herausforderungen auseinander zu setzen. Ziel ist, Entwicklungspotenziale und Lösungen für die Probleme der Zukunft zu finden und zu präsentieren. Südwestfalen möchte sich mit der REGIONALE 2025 fit für die nächste Generation machen und dabei die Möglichkeiten der Digitalisierung auch für die regionale Entwicklung nutzen. Südwestfalen will mit Hilfe der Digitalisierung Antworten auf die Herausforderungen finden, die die Region bei aller wirtschaftlichen Stärke zu meistern hat: Umgang mit dem Demografischen Wandel, Mobilität, Zukunft der medizinischen Versorgung, Ausbau der IT- und Digitalisierungskompetenz in der Region, Zukunft der Stadt- und Dorfentwicklung u.a. Ganz zentral dabei ist, wie es gelingen kann, junge Menschen für die Region zu gewinnen. Es werden deshalb kluge, innovative Projekte gesucht, die den Dreiklang von "digital - nachhaltig - authentisch" - die "Südwestfalen-DNA" - in sich tragen und Lösungen für diese Herausforderungen bereithalten.“ 116 Ab 12. Oktober 2018 können Projektideen zur REGIONALE 2025 über eine digitale Plattform eingereicht werden. Danach durchläuft die Projektidee einen mehrstufigen Qualifizierungsprozess (Weg der Sterne), der Qualität und Nachhaltigkeit der Projekte sicherstellen soll. Wenn alle inhaltlichen und finanziellen Fragen geklärt sind, kann mit der Umsetzung begonnen werden. Über das Förderprogramm können ausgewählte Maßnahmenvorschläge aus dem klimafreundlichen Mobilitätskonzept als Pilotprojekte angegangen werden.

Maßnahme: Der Schwerpunkt der im Rahmen des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts entwickelten Maßnahmenvorschläge liegt auf der Realisierbarkeit. Punktuell sind innovative Ansätze aufgenommen bzw. skizziert (z. B. On-Demand-Ridepooling, siehe Steckbrief Ö 5), die für die Einreichung bei der REGIONALE 2025 als Projektidee geeignet sind. Es wird vorgeschlagen, diese ersten groben Ansätze für die Einreichung bei der REGIONALE weiter auszuarbeiten. Darüber hinaus könnten gemeinsam mit interessierten Akteuren (z. B. Uni Siegen und Kommunen) weitere innovative Projektansätze recherchiert, ausgearbeitet und eingereicht werden. Im Gegensatz zum klimafreundlichen Mobilitätskonzept sollten dabei den Ideen zunächst keine Grenzen gesetzt werden, so dass hier der Schwerpunkt verstärkt auf der Innovation liegen kann. Für die Recherche nach weiteren Projektideen ist die Durchführung eines Workshops sinnvoll, damit alle relevanten bzw. interessierten Akteure gemeinsam diskutieren und arbeiten können.

Zielsetzung: - Identifizierung qualifizierter Projektideen, die im Rahmen des Förderprogramms in ei- nem Testraum erprobt werden können - Sammlung von Erfahrungen, um darauf aufbauend die getesteten Projekte auf weitere Räume im Kreisgebiet auszuweiten (ggf. mit notwendigen Modifizierungen) oder bei negativem Testergebnis auch zu verwerfen

116 https://suedwestfalen-agentur.com/regionale-2025/der-ueberblick/; Datenabruf 20.07.2018

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Bausteine - Identifizierung eines innovativen Pilotprojekts aus den aufgestellten Handlungsempfeh- lungen des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts (z. B. On-Demand-Ridepooling, siehe Steckbrief Ö 5) - Entwicklung von weiteren innovativen Projektideen (gemeinsam mit Uni Siegen und Kommunen) - Erste Konzeptionierung des Pilotprojekts und der weiteren Projektideen - Einreichung der Projektideen - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein und in Abhängigkeit der Projektideen weitere Akteure Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Beteiligung an der REGIONALE Südwestfalen 2025 „Mobilität fürs echte Leben“ Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (abhängig von den identifizierten innovativen Projektideen; in der Testphase werden die CO2-Minderungspotenziale gering sein, da sich die Umsetzung in der Regel auf einen kleineren Testraum bezieht; bei Ausweitung des Projekts erhöhen sich die Minderungspotenziale) Kostenaufwand ./. (für die Ausarbeitung der Projektideen fallen selbst kein bzw. nur geringe Kosten an; die Umsetzung der eingereichten Projektideen wird über das Förderprogramm finanziell gefördert und teilen sich ggf. auf mehrere Kommunen auf; Umsetzungskosten abhängig von den identifizierten innovativen Projektideen sowie der Aufnahme in das Förderprogramm)

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Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Modellhafte Entwicklung einer Qualitätssicherungsvereinbarung für eigen- Ö 1 wirtschaftliche Busverkehre Beschreibung Ausgangslage/Problem: Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist planungspflichtiger Aufgabenträger für den ÖPNV (Bus) und bedient sich zur Erfüllung dieser Aufgaben des eigens hierzu gegründeten Zweckver- bandes Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS). Im Rahmen des Nahverkehrsplans 2016 wurde erstmals festgelegt, dass das als ausreichende Verkehrsbedienung definierte Angebot durch eine Vereinbarung mit dem Konzessionär qualitativ zu sichern ist. Während Qualitätssicherungsvereinbarungen bei gemeinwirtschaftlichen Verkehren Teil des Öffentlichen Dienstleistungsauftrages werden können, gestaltet sich eine Qualitätssi- cherungsvereinbarung mit einem eigenwirtschaftlichen Konzessionär ungleich schwieriger, da Sanktionen bei der Verletzung von Qualitätsstandards kaum durchsetzbar sein dürften. Es ist hier nicht bekannt, ob es hierfür bundesweit bereits tragfähige Lösungen gibt.

Maßnahme: Es wird empfohlen, ein Muster für eine Qualitätssicherungsvereinbarung zu erstellen, dass hinreichende Anreize für den Konzessionär enthält, damit dieser selbst und im Zusammenspiel mit seinen Subunternehmern einen nachhaltig qualitätsvollen ÖPNV nach Maßgabe des Nahverkehrsplans 2016 (NVP 2016) anbietet. Die Erstellung dieser Qualitätsvereinbarung, welche durch den ZWS gesteuert wird, wird auf Grund der geschilderten Ausgangslage durch externe juristische Beratung unterstützt.

Zielsetzung: - nachhaltige Gewährleistung eines qualitätsvollen ÖPNV, um hierdurch einen Beitrag zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV zu leisten - Stärkung des Umweltverbunds und damit Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz hin zum Umweltverbund – hier vor allem hin zum ÖPNV) Bausteine - Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Qualitätssicherungsvertrag - Prüfung von Sanktionsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der eigenwirtschaftlichen Verkehrsleistung - Konzeption eines Mediationsmodells für absehbare Konflikte - Umsetzung und Kommunikation Akteure ZWS, externe juristische Beratung, VWS GmbH Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Ergebnisse der Akteursbeteiligung Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (Die CO2-Minderungspotenziale durch die eigentliche Maßnahme sind nicht gegeben. Durch eine Attraktivierung des ÖPNV werden allerdings vermehrte Umstiege vom MIV in den ÖPNV erwartet.) Kostenaufwand Kosten zur Finanzierung der externen juristischen Expertise im Rahmen der zu erstellenden Konzeption

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Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 2 Einrichtung einer Mobilitätszentrale Beschreibung Ausgangslage/Problem: Die Ergebnisse der Bestandsanalyse verdeutlichen, dass jedes Verkehrsmittel für sich spe- zifische Stärken und Schwächen aufweist. Das Thema der Multi- und Intermodalität wird im Ansatz mitgedacht – im Wesentlichen über Park & Ride- sowie Bike & Ride-Anlagen. Die- ser Ansatz muss weiter ausgebaut werden. Zum einen sind intermodale Infrastrukturen (Mobilstationen, siehe Steckbrief Ö 6) aufzubauen, aber auch intermodale Informations- und Beratungsangebote anzubieten. Im aktuellen Nahverkehrsplan 2016 ist das derzeitige Angebot zu ÖPNV-Informationen dargestellt. Dort wird u. a. auf die steigende Bedeutung der online-Auskunftsmedien hinge- wiesen. Neben den online-Angeboten ist jedoch auch der persönliche Kontakt von Bedeu- tung. Eine zentrale Einrichtung, die die Bewohner zu allen Fragen rund um die Mobilität informiert oder berät, gibt es derzeitig im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht.

Maßnahme: Es wird empfohlen, eine verkehrsträgerübergreifende Mobilitätszentrale als Koordinierungs- und Informationsstelle einzurichten. Hierzu sollten an einem zentralen Punkt im Kreisgebiet entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden und eine Personalstelle – bzw. in Abhängigkeit des Aufgabenfelds und der Nachfrage mehrere Personalstellen – ge- schaffen werden. Die Mobilitätszentrale soll Fragen der Kunden zu - Fahrplänen, Fahrzeiten und Tarifen, - aktuellen Änderungen im Liniennetz (z. B. Umleitungen oder Haltestellenverlegungen), - Angeboten für Carsharing, Leihfahrräder und Elektrofahrzeugen sowie - ggf. weiteren zukünftigen Angeboten (z. B. eTicket, QR-Codes auf Aushangfahrplänen, Touch&Travel-Service) klären. Die Schaffung einer Mobilitätszentrale als verkehrsträgerübergreifende Einrichtung bietet große Chancen, die Betreuung der Kunden zu optimieren und gleichzeitig die Verkehrsun- ternehmen zu entlasten. Es ist zu empfehlen, dass das eingesetzte Personal für den persönlichen und telefonischen Kundenkontakt entsprechend geschult wird. Auch die Beantwortung von schriftlichen An- fragen per Post oder Email gehören zum Aufgabenfeld. Vorhandene Schnittstellen müssen definiert und die zugehörigen Prozesse organisiert werden (Was bearbeitet die Mobilitäts- zentrale komplett? Was leitet sie mit vorgegebenen Formularen an betroffene Verkehrsun- ternehmen oder dem ZWS weiter? Für was verweist sie an andere Stellen?). Für die zügige Bearbeitung ist eine sachgerechte Technik notwendig, so dass die Mitarbeiter schnell auf alle aktuellen Informationen zugreifen können. Zudem sollten trägerübergreifende Informationssysteme unter Nutzung neuer digitaler Mög- lichkeiten zukunftsorientiert gestaltet werden. Im aktuellen Nahverkehrsplan 2016 wird da- rauf verwiesen, dass die Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd (VGWS) eine App mit Fahr- plan- und Tarifauskünften, regionalen (Angeboten) und Live-Auskünften zu Bus und Bahn (Pünktlichkeit, Ausfälle) als umfassende, verkehrsmittelübergreifende Kundeninformation anbieten wird. Im Rahmen der Akteursbeteiligung im Projekt wurde angemerkt, dass auch der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) sowie der ZWS die Erstellung einer App planen. Solch eine App bietet die Basis in nachfolgenden Ausbaustufen weitere Mobilitätsangebote zu integrieren. Es wird vorgeschlagen, im Vorfeld alle beteiligten Verkehrsunternehmen einzubinden, so

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dass festgelegt werden kann, wie umfassend die Unterstützung durch die Mobilitätszentrale erfolgen kann bzw. soll. Zielsetzung: - Zentrale Koordinierung der Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung - Optimierte Kundenansprache durch Bereitstellung einer zentralen Anlaufstelle - Stärkung des Umweltverbunds und damit Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz hin zum Umweltverbund) Bausteine - Beantragung von Fördergeldern - Formulierung Stellenbeschreibung - Stellenausschreibung - Einstellung und Einarbeitung Akteure ZWS, NWL, VGWS, Verkehrsunternehmen Quelle Maßnahme ist auch im Regionalen Entwicklungskonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein (REK, 2015) unter dem Handlungsfeld „Verkehr und Mobilität“ (Punkt 14) benannt. Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial, sie stärk aber die Minderungspotenziale der anderen Maßnahmenvorschläge bzw. der Maßnahmen auf kommunaler Ebene) Kostenaufwand Personalkosten (abhängig von der Stellenanzahl und der Stelleneinstufung; in Zukunft sollen Mobilitätszentralen, zumindest deren Anfangsinvestitionen, explizit im Förderkatalog des GVFG erscheinen)

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Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 3 Zielgruppenspezifische kostengünstige Tarifangebote Beschreibung Ausgangslage/Problem: Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist planungspflichtiger Aufgabenträger für den ÖPNV (Bus) und bedient sich zur Erfüllung dieser Aufgaben des Zweckverbandes Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS). Im Rahmen des Nahverkehrsplans 2016 wurde erstmals festgelegt, dass das als ausreichende Verkehrsbedienung definierte Angebot durch eine Vereinbarung mit dem Konzessionär qualitativ zu sichern ist. Im Zusammenhang mit weiteren Optimierungsmöglichkeiten muss die Eigenwirtschaftlich- keit stets beachtet werden. Zielgruppenspezifische Tariflösungen stellen hier eine besonde- re Form der Fördermöglichkeit dar, mit der gleichzeitig die Attraktivität des ÖPNV gesteigert und neue Zielgruppen für einen Umstieg auf den Verkehrsverbund gewonnen werden kön- nen. Dazu zählen auch das SchülerTicket und die MobilitätsCard.

Maßnahme: Es wird vorgeschlagen, in Anlehnung an die vorliegenden zielgruppenspezifischen Tarifangebote (SchülerTicket, MobilitätsCard) zu prüfen, ob sich noch weitere bedeutende Zielgruppen identifizieren lassen, die ein Kundenpotenzial für den ÖPNV darstellen (z. B. Auszubildende, Schüler des Berufskolleg, Senioren). Hierzu müssen die vorliegenden Tarifangebote den verschiedenen Zielgruppen gegen- übergestellt werden und die Möglichkeiten geprüft werden, wie mit weiteren gezielten För- derungen für einzelne Tarife und Personengruppen die Attraktivität des ÖPNV weiter ver- bessert werden kann. Eine Entscheidung auf Grundlage einer differenzierten Kosten/Nutzen-Analyse wird emp- fohlen.

Zielsetzung: - Verbesserung der Mobilitätsmöglichkeiten für ausgewählte Zielgruppen - Steigerung der Attraktivität des ÖPNV für die ausgewählten Zielgruppen - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz hin zum ÖPNV) Bausteine - Identifizierung potenzieller Zielgruppen und Abschätzung deren Größe - Konzeptionierung der Tarifgestaltung für die identifizierten Zielgruppen - Durchführung einer Kosten/Nutzen-Analyse als Entscheidungsgrundlage Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, ZWS, NWL, VGWS Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Ergebnisse der Akteursbeteiligung Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial; erst mit Umsetzung eines weiteren zielgruppenspezifischen kostengünstigen Tarifangebots ergeben sich Minderungspotenziale) Kostenaufwand ./. (abhängig von der Zuschusshöhe)

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Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 4 Alternative Mobilitätsangebote in Ergänzung zum ÖPNV Beschreibung Ausgangslage/Problem: Auf Grund der derzeitig geltenden Wirtschaftlichkeitsprämisse liegt der Schwerpunkt bei der Entwicklung und Sicherstellung einer bedarfsgerechten ÖPNV-Angebotsstruktur auf der Optimierung der Attraktivität des ÖPNV auf den Hauptverkehrsachsen. In verkehrsschwa- chen Räumen und in Zeiten geringer Nachfrage existieren daher bereits heute bedarfs- orientierte Angebotsformen (TaxiBus sowie ehrenamtlich organisierte Bürgerbusse und Nachtbus). Vor dem Hintergrund des zu erwartenden demografischen Wandels und den damit verbun- denen sinkenden Schülerzahlen werden vor allem ländliche Räume zukünftig vor neuen Herausforderungen stehen, da hier der Schülerverkehr derzeitig die Basis bildet. Vor die- sem Hintergrund muss über weitere alternative Mobilitätsangebote nachgedacht werden.

Maßnahme: Es wird empfohlen, für die ländlichen Räume alternative Mobilitätsangebote zusammen- zutragen und deren Möglichkeiten zu analysieren. Mit Blick auf die REGIONALE 2025 sollte der innovative Ansatz (z. B. Elektromobilität und andere alternative Antriebe, autonom fahrende Fahrzeuge) mitgedacht werden (vgl. Steckbrief U 2). Es wird vorgeschlagen, die folgenden alternativen Mobilitätsangebote zu prüfen: - Nutzung von Leihfahrrädern für die „letzte Meile“: Um von Zuhause zur weiter entfernten Starthaltestelle oder von der Endhaltestelle zum Zielpunkt zu gelangen, ist der Einsatz von Leihfahrrädern möglich. Dazu muss ein ent- sprechendes Verleihnetz aufgebaut werden (siehe Steckbrief FR 4). Dieser Projektan- satz ist vor allem für ländliche Räume zur Ausweitung des Haltestelleneinzugsbereichs interessant. Auch für den Wirtschaftsverkehr ist der Einsatz von elektrisch angetriebenen Lasten- fahrrädern für die letzte Meile denkbar. Hierzu müssen zentrale Micro-Depots eingerich- tet werden, von denen aus die innerstädtische Verteilung mit den Lastenfahrrädern er- folgt. Dieser Projektansatz ist vor allem für (hoch-)verdichtete Räume interessant. - Autonom fahrende Kleinbusse: Das Thema der autonom fahrenden Fahrzeuge gewinnt zunehmend an Bedeutung. Auf ersten Teststrecken bzw. in ersten Pilotprojekten werden bereits Kleinbusse (bis zu 12 km/h und Platz für bis zu 11 Personen) eingesetzt (z. B. Berlin Charité-Campus, Route zwischen Ortskern und Therme in Bad Birnbach). Für diesen Projektansatz müs- sen geeignete Einsatzstrecken identifiziert werden. - Aufstellung von Mitfahrerbänken: Über die Bildung von Fahrgemeinschaften kann das Kfz-Verkehrsaufkommen reduziert werden. In der Eifel (Speichern) wurden als alternative zur online-gestützten Mitfahrerzentrale an den wichtigsten Ausfahrten sogenannte Mitfahrerbänke, auffällig und einheitlich gestaltete Bänke mit einer Klapptafel zur Anzeige der Wunschrichtung, aufgestellt. „So kann jeder, der an der Bank vorbei in die richtige Richtung fährt, spon- tan entscheiden, ob er heute einen Mitfahrer mitnehmen möchte, oder lieber nicht.“ (mit- fahrerbank.com). Nach diesem Vorbild wurde z. B. in Niederdielfen in der Dorfmitte eine erste Mitfahrerbank aufgestellt. Hierbei ist zu beachten, dass das System nur funktio- niert, wenn das soziale Gefüge stimmig ist (Bekanntheit untereinander). - Innovative Dienstleistungen: Kommt die Dienstleistung zum Kunden (z. B. rollende Dienstleistungsangebote wie Bank, Bürgerbüro oder Supermarkt; online-Dienstleistungen wie ärztliche Beratung), re- duziert sich die Verkehrsleistung (kürzere Wege) und im Idealfall auch das Kfz- Verkehrsaufkommen (Nutzung des Umweltverbunds für die kürzeren Wege).

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In Bezug auf die alternativen Mobilitätsangebote muss stets beachtet werden, dass diese das bestehende ÖPNV-Angebot sinnvoll ergänzen sollen, aber keinesfalls in Konkurrenz stehen darf (Schwächung des ÖPNV). Vor diesem Hintergrund sind die zu erwartenden Wirkungen der alternativen Mobilitätsangebote stets mitzudenken. Der Wirkungs- schwerpunkt soll auf der Verbesserung der Intermodalität liegen. Eine Verzahnung bzw. Abstimmung der alternativen Mobilitätsangebote mit den vorhandenen ÖPNV-Angeboten ist zwingend durchzuführen. Die dargestellten Projektansätze sollten für eine Entscheidung über die Weiterverfolgung weiter ausgearbeitet werden. Dies kann im Rahmen eines Workshops erfolgen, damit alle relevanten bzw. interessierten Akteure gemeinsam diskutieren und arbeiten können.

Zielsetzung: - Verbesserung der Mobilitätsmöglichkeiten – vor allem in ländlichen Räumen - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz hin zum Umweltverbund) - Sichtbarer und erlebbarer Einsatz von Innovation Bausteine - Recherche nach weiteren alternativen Mobilitätsangeboten (u. a. Ideenansatz, Erfah- rungsberichte) - Weitere Themenbearbeitung in der REK-Arbeitsgruppe „Verkehr und Mobilität“ (Denk- werkstatt und Diskussion zu alternativen Mobilitätsangeboten) - Entscheidung fällen, welche Ansätze weiter verfolgt werden sollen (z. B. im Rahmen der REGIONALE 2025) - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, kreisangehörige Städte und Gemeinden, ZWS, Energievereine, Bürgerbusvereine Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage des eea-Maßnahmenkatalogs sowie den Anmerkungen aus der Mobilitätskonferenz am 22.11.2016 Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial; erst mit Umsetzung eines alternativen Mobilitästangebots ergeben sich Minderungspotenziale) Kostenaufwand ./. (für die Bearbeitung des Themenfelds in der Arbeitgruppe fallen selbst kein bzw. nur geringe Kosten an; die Umsetzungskosten sind abhängig von den Projektinhalten; die Umsetzung kann über das Förderprogramm REGIONALE 2025 finanziell gefördert werden)

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Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 5 Konzeption und Modellprojekt „ÖPNV durch On-Demand-Ridepooling“ Beschreibung Ausgangslage/Problem: Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist geprägt vom Oberzentrum Siegen als Verdichtungsraum mit einer guten ÖPNV-Angebotsstruktur und einem ländlichen Umfeld, in dem insbesonde- re in Nebenverkehrszeiten lediglich eine ÖPNV-Grundversorgung angeboten werden kann. Für diese Bereiche wurde das Produkt „Taxibus“ erfolgreich etabliert. Im Hinblick auf den demografischen Wandel ist es angezeigt, den Taxibus konzeptionell weiter zu entwickeln. Hierzu bedarf es einer speziellen Konzeption und eines modellhaften Testbetriebes in einem abgegrenzten Raum, um abschätzen zu können, in welcher Weise das Produkt Taxibus entwickelt werden soll.

Maßnahme: Es wird vorgeschlagen, im Rahmen eines Modellprojekts eine Konzeption zu entwickeln, mit welcher konkreten Bedienform den hiesigen räumlichen Gegebenheiten Rechnung getragen werden kann. Hierbei wird es zur Herausforderung, die Integration in den bestehenden ÖPNV zu erreichen, in dem Anschlussverbindungen gesichert, Parallelverkehre vermieden und tarifarische Errungenschaften anwendbar bleiben. Die Interessen des ÖPNV-Konzessionärs und des Taxigewerbes müssen gewahrt bleiben. Durch Buchung per Kunden-App sollen die Anmeldezeiten für das Ridepooling entscheidend verkürzt werden. Insofern soll das Konzept die etablierten nachfragegesteuerten Verkehre mit Elementen des On-Demand-Ridepooling verbinden. Sodann soll ein Modellversuch in einem ausgewählten Teilraum des Kreisgebiets, vorzugsweise im Linienbündel Ost, entwickelt werden, der – in Abhängigkeit von der Konzeption – die Merkmale eines fahrplanlosen Flächenbetriebs tragen dürfte.

Zielsetzung: - detaillierte Untersuchung und der Erkenntnisgewinn aus dem Praxisbetrieb, um auch künftig in nachfrageschwachen Verkehrszeiten im ländlichen Raum Mobilitätsbedürfnis- se durch öffentlich gesteuerte Angebote zu decken Bausteine - Konzepterstellung „ÖPNV durch On-Demand-Ridepooling“ - Modellhafte Umsetzung - Auswertung und Wissenstransfer Akteure ZWS, Kreis Siegen-Wittgenstein, VWS GmbH, Taxiunternehmen Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Ergebnisse der Akteursbeteiligung Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (Die CO2-Minderungspotenziale werden im Testbetrieb gering sein. Im Falle einer Umsetzung in den Regelbetrieb werden vermehrte Umstiege vom MIV in den ÖPNV erwartet.) Kostenaufwand ca. 20.000-30.000 € zur Finanzierung einer extern zu erstellenden Konzeption (Die Kosten für den Testbetrieb können erst auf der Basis des Konzepts abgeschätzt werden.)

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Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 6 Aufstellung einer kreisweiten strategischen Planung zu Mobilstationen Beschreibung Ausgangslage/Problem: Die Ergebnisse der Bestandsanalyse verdeutlichen, dass jedes Verkehrsmittel für sich spe- zifische Stärken und Schwächen aufweist. Das Thema der Multi- und Intermodalität wird im Ansatz mitgedacht. Dieser Ansatz muss weiter ausgebaut werden. Zum einen sind inter- modale Informations- und Beratungsangebote (Mobilitätszentrale, vgl. Steckbrief Ö 2) an- zubieten, aber auch intermodale Infrastrukturen aufzubauen. Derzeitig wird die Multi- und Intermodalität im Wesentlichen über Park & Ride- sowie Bike & Ride-Anlagen ermöglicht. Eine Sonderform der Verknüpfungsmöglichkeiten bilden sogenannte Mobilstationen. Je nach räumlicher Lage (z. B. ländlicher/städtischer Raum; Verkehrsknotenpunkt/Quartier) erfüllen Mobilstationen unterschiedliche Aufgaben, wodurch sich unterschiedliche Anforderungen an die Ausstattung ergeben. Dabei ist die Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsangebote in allen Bereichen die Kernaufgabe, jedoch variiert die Anzahl bzw. die Art der verknüpften Verkehrsangebote mit der Lage. In der geringsten Stufe sollten mindestens zwei Verkehrsmittel verknüpfbar sein (schienengebundener ÖPNV, straßengebundener ÖPNV, Pkw, Fahrrad, Taxi, Carsharing, Bikesharing, Lastenfahrräder oder Fernbusse). Im Gegensatz zu einfachen Park & Ride- und Bike & Ride-Anlagen sollten an Mobilstationen weitere Serviceangebote (Ladestationen für Pkw und Fahrräder, Gepäckschließfächer, Gastronomie, Servicepunkte, Verkaufsautomaten, W-LAN), Aufenthaltselemente (Witterungsschutz, Aufenthaltsraum, Sitzgelegenheiten) sowie Informationsangebote (Informationen zum Angebot der Mobilstation, Übersichts-/Stadtplan, Dynamische Fahrgastinformation des ÖPNV, Notruf-/ Informationssprechstelle) eingerichtet sein. Bisher verfügt nur die Kreisstadt Siegen über eine Mobilstation, zwei weitere Kommunen planen die Einrichtung einer Mobilstation (Ergebnis der kommunalen Datenabfrage).

Maßnahme: Um den Wiedererkennungswert und damit auch die Akzeptanz von Mobilstationen im Kreisgebiet zu stärken, ist eine möglichst einheitliche Gestaltung empfehlenswert. Hierzu sollten verschiedene Stationsgrößen (z. B. klein, mittel, groß) und deren primäre Funktion (z. B. kleine Station zur Verknüpfung von mindestens 2 Verkehrsmittel, aber ansonsten wenig Ausstattung) festgelegt und hinsichtlich ihrer Ausstattungsmerkmale definiert werden (z. B. kleine Station mit einem einheitlichen Design, einem Witterungsschutz sowie einer Notruf-/Informationssprechstelle) (Festlegung von Mindeststandards). Mit Hilfe von ausgewählten räumlichen Merkmalen können die kreisangehörigen Kommunen bei der Standortwahl unterstützt werden. Neben Park & Ride und Bike & Ride stellt beispielsweise die Verknüpfung von Schnellbuslinien mit dem Radverkehr eine Möglichkeit für Mobilstationen dar. Es erscheint sinnvoll, dass der ZWS die initiierende und koordinierende Aufgabe übernimmt. Die Diskussionsergebnisse können in Form eines Leitfadens zusammengefasst werden. Dazu kann u. a. auf das vom Zukunftsnetz Mobilität NRW aufgestellte „Handbuch Mobilstationen“ (2015) zurück gegriffen werden.

Zielsetzung: - Ausbau der multi- und intermodalen Verkehrsangebote zur Förderung des Umweltver- bunds (insbesondere des ÖPNV) - Veränderung des Modal Splits zu Gunsten des Umweltverbunds infolge der Verkehrs- mittelverlagerung (verändertes Verkehrsmittelwahlverhalten)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 147

Bausteine - Entwicklung einer kreisweiten Strategie zu Mobilstationen in Zusammenarbeit mit der kommunalen Arbeitsgruppe Mobilität - Entwicklung eines übertragbaren Handlungsleitfadens für die kreisangehörige Städte und Gemeinden - Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung von Mobilstationen - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure ZWS, kreisangehörige Städte und Gemeinden Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Ergebnisse der Mobilitätskonferenz am 22.11.2016 (Mobil sein – mobil bleiben) Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial; sie stärkt den Ausbau von Mobilstationen im Kreisgebiet; Minderungspotenziale ergeben sich erst durch Umsetzung von Mobilstationen) Kostenaufwand ./. (für die Ausarbeitung der Strategie in der Arbeitgruppe fallen selbst kein bzw. nur geringe Kosten an; die Kosten für die Einrichtung von Mobilstationen ist abhängig von den vorhandenen Gegebenheiten sowie der vorgesehenen Ausstattungsmerkmale; Hinweise zu Kosten und Fördermöglichkeiten sindi m „Handbuch Mobilstationen“ dargestellt)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 148

Handlungsansatz ÖPNV und Multi-/Intermodalität Ö 7 Ausweitung und Verstetigung des ÖPNV-Marketings Beschreibung Ausgangslage/Problem: Die Ergebnisse der Mobilitätsbefragung haben aufgezeigt, dass zum jetzigen Zeitpunkt das Kfz bei der Verkehrsmittelwahl dominiert. Der ÖPNV umfasst derzeitig beim Modal Split einen Anteil von 9 %. Weiterhin ist für den Kreis Siegen-Wittgenstein zu erkennen, dass die Bedeutung des ÖPNV sich über das Alter verändert. Während Kinder und Jugendliche 37 % ihrer Wege mit dem ÖPNV zurücklegen, steigt mit Erreichen der Volljährigkeit die Bedeutung des Kfz sprunghaft von 41 % auf 76 %. Durch verschiedene Einflüsse (u. a. der wirtschaftlichen Lage) steigt der Anteil der „wahl- freien Verkehrsteilnehmer“ (Personen, die über mehrere Mobilitätsmöglichkeiten verfügen), so dass der Aufwand des ÖPNV Neukunden zu werben und Stammkunden zu halten über die Jahre größer geworden ist. Während Stammkunden das ÖPNV-Angebot in der Regel gut kennen, müssen Neukunden vom ÖPNV-Angebot überzeugt werden. Dabei spielen auch subjektive Einflussfaktoren eine bedeutende Rolle. Hier setzt das ÖPNV-Marketing an, das durch Information und Motivation für die Nutzung des ÖPNV werben soll. Im Rahmen der Akteursbeteiligung im Projekt wurde der Bedarf für Image-Kampagnen be- stätigt, da Dritte oftmals über negative Aspekte intensiv und über Positives weniger berich- ten. Vor diesem Hintergrund hat der heutige ÖPNV eine schlechtere Außenwirkung, als die vorhandene Angebotsqualität dies hergibt.

Maßnahme: Der ZWS führt im Rahmen seiner Aufgaben Maßnahmen des Verkehrsmarketings durch. Die Verkehrsgemeinschaft hat für diesen Bereich Eigenverantwortung, so dass der ZWS hier keine verbindlichen Vorschriften machen kann. Es wird empfohlen, dass der ZWS im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der VGWS auf eine Ausweitung und Verstetigung des ÖPNV-Marketings hinwirkt. In einem gemeinsamen Gespräch sollte zunächst der aktuelle Stand zu den Aktivitäten des Verkehrsmarketings erfasst werden, um darauf aufbauend evtl. vorhandene Defizite zu identifizeren bzw. Ansätze zur Ausweitung und Verstetigung abzuleiten. Dabei sollten zielgruppenspezifische Maßnahmenansätze unterschieden werden. Durch einen gemeinsamen Ansatz können Aufwände gebündelt werden, so dass sich die Belastung für jeden Einzelnen reduziert. Des Weiteren erhöht ein gemeinsames Auftreten bzw. die einheitliche Gestaltung den Wiedererkennungswert.

Zielsetzung: - Verbesserung der Außenwirkung des ÖPNV (Image) - Veränderung des Modal Splits zu Gunsten des Umweltverbunds infolge der Verkehrs- mittelverlagerung (verändertes Verkehrsmittelwahlverhalten) Bausteine - Entwicklung eines in Stufen aufgebauten Konzepts zur Ausweitung und Verstetigung des ÖPNV-Marketings - Unterstützung der Verkehrsgemeinschaft bei der Umsetzung des ÖPNV-Marketings Akteure ZWS, Verkehrsgemeinschaft Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Ergebnisse der Akteursbeteiligung

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 149

Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ca. 1 % Zuwachs im ÖPNV (Modal Split) (es ist zu beachten, dass sich CO2-Minderungspotenziale nur dann ergeben, wenn der ÖPNV-Zuwachs zu Lasten des Kfz-Verkehrs geht; auch ein erhöhter Fahrzeugeinsatz infolge des Zuwachses kann hinsichtlich des CO2-Minderungspotenzials kontraproduktiv sein) Kostenaufwand ./. (die Kosten sind abhängig vom Marketingumfang, sie können jedoch unter den beteiligten Akteuren geteilt werden)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 150

Handlungsansatz Fuß- und Radverkehr Aufstellung einer kreisweiten strategischen Planung zur Förderung der FR 1 Nahmobilität Beschreibung Ausgangslage/Problem: Nahmobilität finden auf Grund der Entfernungen vor allem in dicht(er) besiedelten Bereichen statt, d. h. in den Stadt- bzw. Ortsteilzentren. Zur Förderung der Nahmobilität ist grundlegend eine verkehrssichere Infrastruktur notwendig (u. a. ausreichend dimensionierte Geh- und Radwege, ausreichende Querungshilfen), aber auch die Barrierefreiheit, Aufenthaltsqualität sowie die soziale Sicherheit sind von Bedeutung. Die Rahmenbedingungen für die Nahmobilität wurden im Rahmen des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts auf Grund der kreisweiten Betrachtungsebene nicht analysiert. Von daher können hier keine Defizite aufgezeigt werden. Die kommunale Datenabfrage hat aber aufgezeigt, dass bisher keine der Kommunen ein Fußverkehrs- oder Nahmobilitätskonzept aufgestellt hat.

Maßnahme: Zur Förderung der Nahmobilität wird vorgeschlagen, gemeinsam mit den kreisangehörigen Kommunen eine strategische Planung zur Förderung der Nahmobilität zu erarbeiten. Analog zum Radverkehr (siehe Steckbrief FR 2) sollten Planungsleitlinien, die sich an den aktuellen Richtlinien und Regelwerken orientieren, aufgestellt werden. Beispielweise kann von den kreisangehörigen Kommunen die Stellplatzsatzung und das Parkraum- management als Steuerungsinstrument genutzt werden, um Flächen vom ruhenden Kfz- Verkehr freizuhalten und den nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern zur Verfügung zu stellen. Zielgruppenspezifische Planungsansätze (z. B. beSPIELbare Stadt zur Förderung der Kindermobilität oder beSITZbare Stadt zur Förderung der Seniorenmobilität) sind mitzudenken und ggf. in Testräumen pilothaft umzusetzen. Auch die Digitalisierung (Leitsysteme, W-LAN) zur Optimierung der Orientierung stellt hier einen möglichen Ansatzpunkt dar. Auf Grundlage der erarbeiteten strategischen Planung zur Förderung der Nahmobilität sollten die kreisangehörigen Kommunen entsprechende Konzepte für zentrale Bereiche erarbeiten und umsetzen. Der Kreis steht dabei stets als Ansprechpartner zur Unterstützung zur Verfügung.

Zielsetzung: - Vereinheitlichung der Planungen zur Nutzung von Synergien - Verbesserung der Angebote für die Nahmobilität auf Ortsteilebene - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz, hin zum Umweltverbund) - Belebung der Stadt- bzw. Ortsteilzentren und Förderung des sozialen Miteinanders - Förderung der Gesundheit durch mehr Bewegung Bausteine - Information der kreisangehörigen Kommunen über die Bedeutung der Nahmobilität - Mitgliedschaft AGFS prüfen (auch im Hinblick auf Unterstützung bei den weiteren Ar- beitsschritten) - Entwicklung einer kreisweiten Nahmobilitätsstrategie in Zusammenarbeit mit der kom- munalen Arbeitsgruppe Mobilität - Entwicklung eines übertragbaren Handlungsleitfadens für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden - Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung entsprechend ausgearbeiteter Kon- zepte (z. B. Fußverkehrskonzept, Nahmobilitätskonzept) - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 151

Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, kreisangehörige Städte und Gemeinden, ADFC Kreisverband, ggf. mit Unterstützung der AGFS (Mitgliedschaft erforderlich!) Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Ergebnisse der kommunalen Datenabfrage Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial; sie dient den kreisangehörigen Kommunen als Planungsgrundlage; Minderungs- potenziale ergeben sich erst durch Umsetzung der Planungsstrategie auf Ortsteilebene) Kostenaufwand ./. (für die Ausarbeitung der Strategie in der Arbeitgruppe fallen selbst kein bzw. nur geringe Kosten an; die Kosten für die Ausarbeitung eines Fußverkehrs-/Nahmobilitätskonzepts hängen von der Größe des Untersuchungsgebiets und der Datengrundlage bzw. den konkreten Arbeitsinhalten ab, sie liegen bei ca. 20.000 bis 30.000 €; die Umsetzungskosten hängen vom identifizierten Handlungsbedarf ab)

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Handlungsansatz Fuß- und Radverkehr Überprüfung des Radverkehrsnetzes NRW in der Funktion eines kreisweiten FR 2 Radverkehrsnetzes (inkl. zügig befahrbarer Radpendlerrouten) Beschreibung Ausgangslage/Problem: „Das [landesweite] Radverkehrsnetz NRW verbindet alle Städte und Gemeinden des Landes mit einer einheitlichen Wegweisung für den Radverkehr. Die Zentren der Kommunen sowie die Bahnhöfe werden auf möglichst kurzen und direkten Wegen miteinander verknüpft. Es handelt sich um ein Netz, das primär dem täglichen Bedarf dient, z. B. für Fahrten zur Arbeit oder zum Einkauf. Zusätzlich berücksichtigt es die Belange des Freitzeitradfahrens, indem dieses Netz um hochwertige und überregionale touristische Routen ergänzt wird.“ (www.radverkehrsnetz.nrw.de) Die kommunale Datenabfrage hat gezeigt, dass sich die kreisangehörigen Kommunen zum Teil auf das Radverkehrsnetz NRW als städtisches/gemeindliches Radverkehrsnetz beziehen. Dieses deckt mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch nicht die Bedürfnisse des Alltagsradverkehr in ausreichendem Maße ab. Es bedarf vielmehr einer Verdichtung des Radverkehrsnetzes NRW – zumindest in den Stadt-/Ortsteilzentren.

Maßnahme: Gemeinsam mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie weiteren relevanten Akteuren (z. B. ADFC Kreisverband Siegen-Wittgenstein) sollte geprüft werden, ob das landesweite Radverkehrsnetz NRW den Belangen des Alltagsradverkehr im Kreis Siegen- Wittgenstein als übergeordnetes kreisweites Radverkehrsnetz ausreicht oder ob ergänzende Routen definiert und hinsichtlich der Qualität der vorhandenen Infrastruktur überprüft werden müssen. Dabei sollte auch die steigende Anzahl an Pedelecs (höhere Fahrgeschwindigkeit und häufigere Überholvorgänge) berücksichtigt werden (z. B. Radpendlerrouten für ein zügiges Vorankommen; siehe Steckbrief FR 3). Um eine möglichst hohe Kontinuität bzgl. der Radverkehrsführung im Kreis Siegen- Wittgenstein zu erzielen, ist es sinnvoll, eine kreisweite Radverkehrsstrategie festzulegen, die auch Planungsleitlinien (z. B. innerorts – wenn möglich – Führung des Radverkehrs auf Schutzstreifen, ansonsten regelkonform im Seitenraum – möglichst getrennt vom Fußverkehr – oder im Mischverkehr auf der Fahrbahn – ggf. mit reduzierter Höchstgeschwindigkeit oder Fahrradpiktogrammen auf der Fahrbahn) enthält. Neben der Radverkehrsführung sollten diese auch die weiteren relevanten Bereiche des Radverkehrs festlegen (u. a. Führung in Knotenpunkten, Wegweisung, Fahrradparken, Barrierefreiheit, Verknüpfungsmöglichkeiten mit dem ÖPNV). Auf Grundlage dieser kreisweiten Planungsleitlinien sollten dann die Radverkehrsnetze auf städtischer und gemeindlicher Ebene als lokale Verdichtung des übergeordneten kreisweiten Radverkehrsnetzes in Zusammenarbeit zwischen Stadt/Gemeinde und Kreis unter Einbeziehung weiterer relevanter Akteure angegangen werden. Im Rahmen der im Projekt durchgeführten Akteursbeteiligung wurden folgende Bereiche identifiziert, die prioritär als zügig befahrbare Radpendlerrouten ertüchtigt werden sollten:117 - Siegen – Netphen - Siegen – Wilnsdorf - Eiserfeld – Siegen – Kreuztal – Littfeld

117 Die Mitteilungen im Rahmen des Workshops zum Thema Radverkehr mit der kommunalen Arbeitsgruppe waren zum Teil sehr detailliert. Sie werden daher hier im Bericht nicht aufgeführt, sie sind aber in einem separaten Protokoll zum Workshop festgehalten. Daraus lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit erste adhoc-Maßnahmen zu Verbesserung des alltagstauglichen Radverkehrsnetzes ablesen.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 153

- Kreuztal – Hilchenbach (als 2. Ausbaustufe) Zielsetzung: - Vereinheitlichung der Planungen zur Nutzung von Synergien - Verbesserung der Angebote für den Alltagsradverkehr (auf Ebene des Kreises sowie der Städte und Gemeinden) - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz, hin zum Radverkehr) - Förderung der Gesundheit durch mehr Bewegung - in Teilen Förderung des Tourismus Bausteine - Initiierung eines Workshops (kommunale Arbeitsgruppe Mobilität und weitere relevante Akteure) zur Überprüfung der räumlichen Abdeckung des Radverkehrsnetzes NRW in der Funktion eines kreisweiten Radverkehrsnetzes und zur Identifizierung geeigneter zügig befahrbaren Radpendlerrouten - Unterstützung der Kommunen bei der Ausarbeitung und anschließender Umsetzung eines Radverkehrsnetzes auf Stadt-/Gemeindeebene mit Anschluss an das kreisweite Radverkehrsnetz - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, kreisangehörige Städte und Gemeinden, ADFC Kreisverband Siegen-Wittgenstein Quelle Maßnahme ist auch im Integrierten Klimaschutzkonzept für den Kreis Siegen-Wittgenstein und die Städte und Gemeinden Bad Berleburg, Bad Laasphe, Erndtebrück, Freudenberg, Netphen, Neunkirchen, Siegen und Wilnsdorf (2014), im Regionalen Entwicklungskonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein (REK, 2015) unter dem Handlungsfeld „Verkehr und Mobilität“ (Punkt 15) sowie im eea-Katalog benannt. Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial; sie dient dem Kreis und den kreisangehörigen Kommunen als Planungsgrundlage; Minderungspotenziale ergeben sich erst durch Umsetzung der Planungsstrategie) Kostenaufwand ./. (für die Ausarbeitung der Strategie in der Arbeitgruppe fallen selbst kein bzw. nur geringe Kosten an; die Kosten für die Ausarbeitung eines Radverkehrskonzepts hängen von der größe des Untersuchungsgebiets und der Datengrundlage bzw. den konkreten Arbeitsinhalten ab, sie liegen bei ca. 20.000 bis 40.000 €; die Umsetzungskosten hängen vom identifizierten Handlungsbedarf ab)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 154

Handlungsansatz Fuß- und Radverkehr FR 3 Aufbau eines Pedelec-Verleihnetzes Beschreibung Ausgangslage/Problem: In den vergangenen Jahren ist die Zahl öffentlicher Fahrradverleihsysteme kontinuierlich auf über 600 gestiegen. Die Zielsetzungen sind dabei vielfälltig (Angebot für die letzte Meile zwischen ÖPNV-Haltestelle und Zielort, Kapazität des öffentlichen Verkehrs im Ganzen erhöhen, Umweltfolgekosten des Verkehrs senken, Lebensqualität der Bevölkerung steigern, Tourismus fördern, Jobmotor und wirtschaftliches Entwicklungswerkzeug). Im Hinblick auf den Erfolg eines Systems müssen dabei verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Relativ häufig scheitern öffentlicher Fahrradverleihsysteme an der fehlenden politischen Unterstützung, insbesondere in der Planungs- und Realisierungsphase. Zudem ist eine ausreichende Nutzung notwendig (4-8 Fahrten je Tag und Fahrrad und eine Fahrt je 20-40 Einwohner). Auch die Stationsdichte beeinflusst den Erfolg oder Misserfolg eines öffentlichen Verleihsystems relativ stark. Aus diesem Grund muss das Platzieren von Stati- onen gut durchdacht sein, um eine möglichst gute Verteilung von Fahrrädern in der gesam- ten Stadtfläche über den Tag hinweg zu bewirken und damit wiederum die Kosten für das Umverteilen von Fahrrädern zwischen den Stationen zu minimieren (flexibles Verleihsys- tem). Vor allem in topografisch schwierigen Räumen ist die Integration von batterieelektrischen Fahrrädern (Pedelecs)118 sinnvoll. Mit Hilfe des Elektromotors können auch ungeübten Radler mühelos vorankommen und Aufstiege im Rothaargebirge sind problemlos zu bewältigen. Erste Ansätze von Fahrradverleihsystemen sind im Kreis Siegen-Wittgenstein vorhanden (z. B. Stadt Siegen, Stadt Hilchenbach, Stadt Netphen). Besondere Bedeutung haben je- doch die Aktivitäten, die im Rahmen des Elektromobilitätsforschungsprojekt REMONET gelaufen sind. Hier wurde eine Sharingplattform für Elektromobilität unter dem Namen ECHT!ELEKTRISCH als Idee entwickelt. Mit der Dienstleistungsplattform sollen in Siegen erste Schritte hin zu einem öffentlichen und multimodalen Elektromobilitäts-Sharingsystem erfolgen können. Die Plattform macht es möglich, Elektro-Pkw, Elektrofahrräder bis hin zu Elektroscootern oder Elektrocargobikes zu leihen. Darüber hinaus wurde über einen Zeitraum von zwei Monaten ein digitales "E-Bike-Verleihsystem" im Stadtgebiet Siegen getestet. Der Feldversuch dient der Erforschung der Nutzung und der Ermittlung der Potentiale für solch ein Verleihsystem (stadtweites System oder betrieblicher Fuhrpark). Die Auswertungen dauern zur Zeit an.

Maßnahme: Es ist zu prüfen, ob das Potenzial für ein einheitliches kreisweites Pedelec-Verleihsystem (inkl. Lastenfahrräder) gegeben ist. Es muss herausgearbeitet werden, ob eine Vernetzung der vorhandenen Angebote als erste Stufe ausreichend ist (mit entsprechendem

118 „Pedal Electric Cycle“ (Pedelec) ist ein Fahrrad, bei dem der Fahrer beim Treten von einem Elektroantrieb unterstützt wird. Dazu gehört eine elektronische Steuerung, die automatisch verhindert, dass der Motor auch ohne in die Pedale zu treten und oberhalb einer gesetzlich festge- legten Geschwindigkeit von in der Regel 25 km/h Leistung abgibt. Das Pedelec ist somit versicherungs- und zulassungsfrei und zählt weiterhin als Fahrrad. Davon abgegrenzt werden E-Bikes, bei denen sich die Fahrgeschwindig- keit auch unabhängig vom Treten (über Drehgriff oder Schaltknopf) regu- lieren lässt. Wird die Motorleistung von 1000 Watt und eine Höchstge- schwindigkeit von maximal 25 km/h nicht überschritten, gelten diese Fahrzeuge als Kleinkraftrad. Sie sind mit einem Elektromofa zu verglei- chen und damit versicherungs- und zulassungspflichtig.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 155

einheitlichen Design) oder ob ein Neuaufbau eines zentral geführten Systems sinnvoller ist. Hierzu sind zum einen Gespräche mit den heutigen Pedelec-Verleihern zu führen (Erfahrungen hinsichtlich Nutzer, Nutzungsdauer etc.) und zum anderen die Aktivitäten zu bündeln. Die Einrichtung von Verleihstation ist beispielsweise im Zuge der Studentenverkehre zwischen Siegen Hbf undverschiedenenen Standorten der Universität denkbar (z. B. Uni Haardter Berg, Uni-Campus Mitte sowie Emmy-Noether-Campus). Hierbei ist es von Bedeutung, dass die Leihfahrräder nicht zwingend am Ausleihort zurückgegeben werden müssen, da die Studenten zwischenzeitlich längere Aufenthaltszeiten haben, in denen sie das Fahrrad selbst nicht nutzen.

Zielsetzung: - Identifizierung des Potenzials eines Pedelec-verleihnetzes unter Berücksichtigung von Lastenfahrrädern - Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen (Umsetzung ja oder nein) - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz, hin zum Umweltverbund) mit Hilfe des Pedelec- Verleihnetzes - Förderung der Gesundheit durch Stärkere Nutzung des Fahrrades - Förderung des Fahrradtourismus Bausteine - Gespräche mit heutigen Pedelec-Verleihern führen (Erfahrungen hinsichtlich Nutzer, Nutzungsdauer etc.) - Notwendigkeit einer Machbarkeitsstudie prüfen (ggf. reichen die Ergebnisse aus REMONET aus) - ggf. Machbarkeitsstudie zu einem Pedelec-Verleihnetz unter Berücksichtigung von Las- tenfahrrädern erarbeiten (lassen) - In Abhängigkeit der Ergebnisse eine kreisweite Strategie festlegen, die das weitere Handeln bzgl. des Aufbaus eines kreisweiten Pedelec-Verleihnetzes festlegen Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, kreisangehörige Städte und Gemeinden, ADFC, ggf. Vertreter des Tourismussektors Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Aktivitäten im Forschungsprojekt REMONET sowie der Ergebnisse der Mobilitätskonferenz am 22.11.2016 (Mobil sein – mobil bleiben) Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme selbst hat kein bzw. sehr geringe CO2- Minderungspotenzial; sie stärkt vielmehr die Förderung des Radverkehrs allgemein) Kostenaufwand ./. (für die Maßnahmen selbst fallen keine bzw. nur geringe Kosten an; die Kosten für die Machbarkeitsstudie hängen von der Datengrundlage bzw. der Arbeitsinhalte ab, sie liegen bei ca. 15.000 bis 30.000 €; die Umsetzungskosten sind abhängig vom Anbieter bzw. System und der Größe des Verleihnetzes)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 156

Handlungsansatz Elektromobilität und andere alternative Antriebe Aufstellung einer kreisweiten strategischen Planung zur Elektromobilität und E 1 andere alternative Antriebe Beschreibung Ausgangslage/Problem: Das Themenfeld der Elektromobilität ist sehr aktuell und gleichzeitig schnelllebig, das eine rasche Dynamik erfährt. Die Bestrebungen auf diesem Gebiet sollten daher eine kurz- bis mittelfristige Ausrichtung (bis zu 5 Jahre) haben. Um ein einhetliches Vorgehen zu erzielen und Synergien zu nutzen, sollte eine strategische Planung erarbeitet werden.

Maßnahme: Es wird vorgeschlagen, dass der Kreis Siegen-Wittgenstein die Aufstellung einer kreisweiten Elektromobilitätsstrategie initiiert, um zum einen die Herangehensweise zu vereinheitlichen und zum anderen die Zusammenarbeit zu stärken. Für die nächsten 5 Jahre sollte ein Wissenspool aus den bisher gestarteten Projekten und erarbeiteten Projektansätzen aufgebaut und gebündelt werden. Nicht zuletzt um daraus generelle Entwicklungsziele zur Etablierung der innovativen Mobilität von alternativen Antrieben (batterieelektrischen Fahrzeugen, Hybrid- Brennstoffzellenfahrzeuge) auf Kreisebene konzeptionell abzuleiten. Kreiszugehörige Städte und Kommunen sollten in die Erarbeitung der strategischen Zielsetzungen einbezogen werden und gleichzeitig über die Chancen und Potenziale innovativer Elektromobiltät und anderen alternativen Antrieben informiert werden. Es wird vorgeschlagen, folgende Handlungsbereiche in der Strategie zu thematisieren: - Aufbau eines bedarfsorientierten Ladeinfrastrukturnetzes (der Kreis übernimmt hier selbst keine aktive Rolle, unterstützt aber die Handlungen anderer), - Integration von Carsharing und Elektrofahrzeugen sowie anderen alternativen Antrieben in kommunale Fahrzeugflotten (siehe Steckbrief E 2), - Aufbau eines zügig befahrbaren Radpendlernetzes zur Förderung des Radverkehrs bzw. der Pedelecnutzung (vgl. Steckbrief FR 3), - Integration des Themenfelds Elektromobilität und andere alternative Antriebe in die allgemeine Verkehrsentwicklungsplanung.

Zielsetzung: - Vereinheitlichte Herangehensweise bzgl. der Förderung der Elektromobilität und ande- rer alternativer Antriebe - Stärkung der Zusammenarbeit Bausteine - Anlayse der regionalen Voraussetzungen und Infrastrukturen im Zukunftsfeld Elektromobilität und anderer alternativer Antriebe - Entwicklung einer kreisweiten Strategie zur Förderung der Elektromobilität und anderer alternativer Antriebe in Zusammenarbeit mit der kommunalen Arbeitsgruppe Mobilität - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, kreisangehörige Städte und Gemeinden, Versorgungs- unternehmen, Verkehrsunternehmen, Kfz-Händler, Vertreter des Kompentenzzentrums der städtischen Wirtschaftsförderung der Stadt Siegen Quelle neuer Projektvorschlag

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 157

Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme hat selbst kein CO2-Minderungspotenzial; sie dient dem Kreis und den kreisangehörigen Kommunen als Planungsgrundlage; Minderungspotenziale ergeben sich erst durch verstärktem Einsatz von Elektrofahrzeugen bzw. Fahrzeugen mit alternativen Antrieben) Kostenaufwand ./. (für die Ausarbeitung der Strategie fallen keine bzw. nur geringe Kosten an; die Umsetzungskosten hängen von der Anzahl und Art der Fahrzeuge sowie der Beschaffungsart, d. h. Kauf oder Leasing, ab)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 158

Handlungsansatz Elektromobilität und andere alternative Antriebe Integration von Carsharing und Elektrofahrzeugen sowie anderen alternati- E 2 ven Antrieben in kommunale Fahrzeugflotten Beschreibung Ausgangslage/Problem: Bei der Etablierung von Elektromobiltät sowie anderen alternativen Antriebstechniken und Carsharing kommt den Kreisen, Städten und Gemeinden eine vorbildhafte Funktion zu. Abgesehen von der Aufstellung übergreifender Maßnahmenkonzepte, wie Verkehrsentwicklungs-/Mobilitätspläne und dem Aufbau einer bedarfsgesteuerten Ladeinfrastruktur, ist die verwaltungsinterne Nutzung von Elektrofahrzeugen und alternativ angetriebenen Fahrzeugen sowie Carsharing von besonderer Bedeutung. Der Kreis Siegen-Wittgenstein verfügt – wie auch andere Kommunen – zur Abwicklung seiner hoheitlichen Aufgaben (z. B. Straßenreinigung, Mülltransport, Grünpflege) und Dienstreisen über eigene Fahrzeuge. Das Fuhrparkmanagement prüft bei Neuanschaffungen stets die Nutzbarkeit von emissionsärmeren Motoren bzw. Antriebstechniken. Um hier in Zukunft weitere THG-Emissionen einzusparen, wurde im Rahmen des Forschungsprojekts „REMONET“ beispielhaft die Bedarfe und Möglichkeiten zum Einsatz von Elektro-Pkw im kommunalen Fuhrpark der Kreisverwaltung ermittelt. Seit 2012 befindet sich ein Elektro-Pkw im Fuhrpark der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein. Die Stadt Siegen hat 2016 das erste Elektro-Nutzfahrzeug (kleines Lastfahrzeug) für den Einsatz in der städtischen Grünflächenabteilung angeschafft. Ein Ausbau der Elektromobilität in Form von weiteren 12 städtischen Elektrofahrzeugen und jeweils 2 Ladestationen pro Fahrzeug ist geplant. Hinsichtlich des Themenfelds „Elektromobilität in Kommunen“ hat der Kreistag aktuell (März 2018) die Teilnahme an zwei Förderaufrufen des Landes NRW beschlossen. Zum einen soll die Umsetzungsberatung zur Elektromobilität im hoheitlichen Bereich des Kreises in Bezug auf das Flottenmanagment, der Beschaffung von Elektrofahrzeugen und der diesbezüglichen Ladeinfrastrukturplanung beantragt werden. Und zum anderen soll ein Investitionszuschuss zur Beschaffung von Elektrofahrzeugen (auf Batterie- und Brennstoffzellenbasis) für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben der Kommunen beantragt werden. Zur Abwicklung von Dienstreisen kann neben eigenen kommunalen Fahrzeugen auch die Nutzung von Carsharing von Interesse sein.

Maßnahme: Um die Emissionen des kommunalen Fuhrparks weiter zu reduzieren, ist der weitere Aus- bau des Einsatzes von elektrisch bzw. alternativ angetriebenen Fahrzeugen zu empfehlen. Dabei sollte kritisch geprüft werden, ob ein Teil der kommunalen Fahrzeuge gänzlich durch Nutzung von Carsharing ersetzt werden können. Hierzu ist eine detaillierte Analyse der Fuhrparknutzung notwendig. Die praktischen Erfahrungen mit der Integration von Elektrofahrzeugen und anderen alternativen Antrieben sowie von Carsharing in den kommunalen Fuhrpark beim Kreis Siegen-Wittgenstein können an die anderen kreisangehörigen Städte und Gemeinden weitergegeben werden. Der Erfahrungsaustausch kann beispielsweise mit Hilfe eine Handlungsleitfadens erfolgen. Um solch einen Leitfaden spezifisch für den Kreis Siegen- Wittgenstein bzw. die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu entwickeln, kann auf den vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aufgestellten allgemeinen Leitfaden „Handlungsempfehlungen zur Integration von Elektromobilität in Flotten für Fuhrparkbetreiber“ (2015) zurück gegriffen werden.

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 159

Zielsetzung: - Erhöhung des Anteils an Elektrofahrzeugen und anderen alternativen Antrieben - Einführung von Carsharing mit dem Kreis als Großkunde - Motivation der Bürgerschaft durch sichtbare und erlebbare Vorbildfunktion hinsichtlich der Nutzung von Elektromobilität (einschließlich anderer alternativer Antriebe) und Carsharing Bausteine - Durchführung einer detaillierten Analyse der Fuhrparknutzung zur Identifizierung von weiteren Potenzialen für Elektrofahrzeuge, anderen alternativen Antrieben und Carsha- ring - Entwicklung eines übertragbaren Handlungsleitfadens für die kreisangehörige Städte und Gemeinden auf Grundlage der bisher vorhandenen Erfahrungen (kommunale Ar- beitsgruppe Mobilität) - Unterstützung der Kommunen bei der Integration von Elektrofahrzeugen, anderen alter- nativen Antrieben und Carsharing in den kommunalen Fuhrpark (z. B. Beratung bzgl. Fahrzeuge und Finanzierung) - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, kreisangehörige Städte und Gemeinden, ggf. Kfz-Händler Quelle Maßnahme ist auch im Regionalen Entwicklungskonzept des Kreises Siegen-Wittgenstein (2015) und im eaa-Maßnahmenkatalog benannt. Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (CO2-Minderungspotenzial ist abhängig von den identifizierten Potenzialen bzw. der geänderten Zusammensetzung des kommunalen Fuhrparks) Kostenaufwand ./. (eine detaillierte Fuhrparkanalyse kostet in Abhängigkeit der verfügbaren Datengrundlage und der konkreten Aufgabenstellung ca. 20.000-40.000 €; für die Ausarbeitung des übertragbaren Handlungsleitfadens fallen keine bzw. nur geringe Kosten an; die Umsetzungskosten hängen u. a. von der Anzahl und Art der Fahrzeuge sowie der Beschaffungsart, d. h. Kauf oder Leasing, und im Hinblick auf Carsharing vom gewählten Anbieter ab)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein 160

Handlungsansatz Mobilitätsmanagement M 1 Betriebliches Mobilitätsmanagement Beschreibung Ausgangslage/Problem: Das betriebliche Mobilitätsmanagement dient der Stärkung des Umweltverbunds in Bezug auf die Arbeitswege und Dienstwege, so dass Betriebskosten gesenkt und CO2-Emissionen reduziert werden können. Die konkrete Ausgestaltung ist dabei sehr vielfältig (u. a. Jobti- cket, Parkraumbewirtschaftung, Förderung von Fahrgemeinschaften, Fahrradabstellanla- gen, Duschen, Spinde, Dienstregelung hinsichtlich der Nutzung des privaten Pkw für Dienstwege, Möglichkeiten zum Arbeiten im Home-Office, Möglichkeiten für Telefon- und Videokonferenzen). (Hinweis: die Einführung von Elektrofahrzeugen und anderen alternati- ven Fahrzeugen in den Fuhrpark ist in einem eigenen Steckbrief E 2 aufgeführt, zählt aber als Maßnahme auch zum kommunalen bzw. betrieblichen Mobilitätsmanagement) Die Kreisverwaltung hat am Förderprogramm „Kommunales Mobilitätsmanagement“ teilge- nommen und möchte anderen Betrieben ein gutes Vorbild sein. Bisher erfolgt noch keine aktive Ansprache von Betrieben ein Mobilitätsmanagement durchzuführen.

Maßnahme: Es wird vorgeschlagen, dass in Zusammenarbeit mit der IHK und der Wirtschaftsförderung eine erste Grobanalyse der im Kreisgebiet vorhandenen Betriebe durchgeführt wird (u. a. Betriebsgröße, Betriebszeiten, verkehrliche Lage der Betriebe). Darüber kann das Potenzial der Betriebe für die Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements in der ersten Stufe abgeschätzt und eine Prioritätenreihung hinsichtlich der Ansprache abgeleitet werden. Die Aufgabe der aktiven Ansprache sollte personell verankert werden (Bestimmung, wer die Aufgabe übernehmen soll). Für diese neue Aufgabe sollte das Personal entsprechend geschult werden (u. a. persönlicher Konakt, motivierende Information). Es sollte ein „Beratungskoffer“ erstellt werden, in dem alle notwendigen Arbeitsinhalte (z. B. Informationsbroschüre, ppt) enthalten sind, so dass der Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung eines Beratungstermins möglichst gering ausfällt. Nach der ersten Kontaktaufnahme mit dem Betrieb sollte der Kontakt beibehalten werden (u. a. Rückfrage hinsichtlich der betrieblichen Analysen und des Umsetzungsstands), so dass der Betrieb sich gut betreut fühlt und nicht auf Grund von behebbaren Schwierigkeiten vom Vorhaben abspringt. Nachdem die aktive Ansprache sich etabliert hat kann der Anspracheaufwand ggf. über zentral organisierte Informations-/Motivations-/Beratungsveranstaltungen reduziert werden. Zudem könnten erfolgreich teilnehmende Betriebe über ihre Erfahrungen berichten.

Zielsetzung: - Motivation der kreisangehörigen Kommunen zur Einführung eines kommunalen Mobili- tätsmanagements - Motivation von Betrieben zur Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz, hin zum Umweltverbund) in Bezug auf die Arbeits- und Dienstwege - Verkehrsverlagerungen (weg vom Kfz, hin zum Umweltverbund) auch in Bezug auf Freizeitwege durch die erlebten Erfahrungen - Förderung der Gesundheit der Ewerbstätigen

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Bausteine - Aktive Information, Motivation und Beratung der kreisangehörigen Kommunen und Be- triebe - Unterstützung der Kommunen und Betriebe bei der Umsetzung eines kommunalen bzw. betrieblichen Mobilitätsmanagements - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, Betriebe im Kreisgebiet, ggf. IHK bzw. Wirtschaftsförderung Quelle Neue Projektidee auf Grundlage des kommunalen Mobilitätsmanagement in der Kreisverwaltung Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial ./. (die Maßnahme selbst hat kein CO2-Minderungspotenzial, da sich diese erst durch die Umsetzung selbst ergibt und diese obliegt den Betrieben) Kostenaufwand Personalkosten (Kosten für die Information, Motivation und Beratung sind ggf. schon über die Personalstelle „Umsetzung“ abgedeckt, wenn diese Aufgabe zum Arbeitsfeld gehört; die Umsetzungskosten fallen selbst nicht beim Kreis an, sondern obliegen den Betrieben selbst)

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Handlungsansatz Mobilitätsmanagement M 2 Mobilität an Gewerbe-/Industriestandorten Beschreibung Ausgangslage/Problem: Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist ein Wirtschaftsstandort, der stark durch Industrie geprägt ist. Da Gewerbe-/Industriestandorte Verkehrserzeuger mit besonderen Rahmenbedingun- gen sind (u. a. Liefer- und Besucherverkehre sowie Schwerverkehre, Schichtbetrieb, Lage abseits des Zentrums), ist eine gesonderte Betrachtung ratsam. Bereits im Integrierten Kli- maschutzkonzept wurde hierzu eine Maßnahme benannt („Innovatives Versorgungskon- zept für bestehende Gewerbe-/Industriestandorte“; Maßnahme G 1).

Maßnahme: Die Stadt Siegen hat in den vergangenen Monaten für den Bereich der Gewerbegebiete Martinshardt/Obere Leimbach Bestrebungen entwickelt, das Gewerbegebiet hinsichtlich seiner verkehrlichen Erreichbarkeit – auch im Zusammenhang mit einer möglichen Ver- knüpfung von E-Mobilität und unter Einbeziehung aller Verkehrsträger – weiter zu entwi- ckeln. Der Kreistag hat hierzu am 30.09.2017 die Beantragung von Fördergeldern (Klima- schutz in Industrie- und Gewerbegebieten) beschlossen. Auf Grundlage des vorliegenden Förderantrags wird vorgeschlagen, mit der Ausarbeitung eines Mobilitätskonzepts für die Gewerbegebiete Martinshardt/Obere Leimbach als Pilot- projekte zu starten. Die Ansätze einer Übertragbarkeit auf andere Gewerbegebiete sollten mitgedacht werden, so dass auf Grundlage der Erfahrungen zügig eine Ausweitung der Konzeptionierung durchgeführt werden kann.

Zielsetzung: - Ausarbeitung eines übertragbaren Mobilitätskonzepts für Gewerbe-/Industriegebiete anhand eines konkreten Pilotprojekts - Verkehrsverlagerung (weg vom Kfz, hin zum Umweltverbund) in Bezug auf die Verkehre des Gewerbe-/Indstriegebiets - Übertragung des Konzepts unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen auf andere Gewerbe-/Indstriegebiete Bausteine - Warten auf die Zusage der Förderung - Erarbeitung des Teilkonzept „Klimaschutz in Industrie- und Gewerbegebieten“ für das bestehende Gewerbegebiet Martinshardt/Obere Leimbach - Entscheidung über die weitere Umsetzung des erarbeiteten Konzepts - Übertragung des Konzepts unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen auf andere Kommunen Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, Stadt Siegen Quelle Projektidee ist auch im Integrierten Klimaschutzkonzept (Maßnahme G 1) benannt. Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial hoch (Einschätzung aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept) Kostenaufwand ca. 20.000 € (die Umsetzung kann über das Förderprogramm der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert werden; Förderung beträgt 50 %, höchstens 10.000 €; der Förderantrag wurde eingereicht; Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Siegen werden den anfallenden Eigenanteil in Höhe von voraussichtlich 10.000 € zu gleichen Teilen teilen)

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Handlungsansatz Mobilitätsmanagement M 3 Schulisches Mobilitätsmanagement Beschreibung Ausgangslage/Problem: Das Phänomen „Elterntaxi“ hat zugenommen. Ein Großteil der Schüler – vor allem Grund- schüler – wird von den Eltern aus Angst vor Unfällen und Übergriffen, aus Gewohnheit oder Bequemlichkeit mit dem Pkw zur Schule gebracht und wieder abgeholt. Dabei wird oftmals direkt vor dem Schultor gehalten. „Durch verbotswidriges Halten oder riskante Wendema- növer behindern sie dabei nicht nur andere Verkehrsteilnehmer, sondern gefährden auch die Kinder – ihre eigenen eingeschlossen. Für Kinder ist es besser, den kompletten Weg zur Grundschule zu Fuß zurückzulegen (erlernen der selbständigen Mobilität), sofern die Schulwege sicher sind und anhand von Schulwegplänen eingeübt wurden.“ 119 Ein schulisches Mobilitätsmanagement soll den Verkehr von und zu Schulen sicherer, nachhaltiger und umweltfreundlicher gestalten sowie bei Kindern und Jugendlichen schon frühzeitig ein bewusstes Mobilitätsverhalten fördern. Vorteilhaft ist hier auch die Wirkung der Schüler als Multiplikatoren, weshalb auch die Eltern mit einbezogen werden sollten. „Geh-Spaß statt Elterntaxi“ ist ein neues Angebot der Koordinierungsstelle Rheinland, die damit ihre Mitgliedskommunen bei der Umsetzung eines ganzheitlichen Schulwegkonzepts unterstützt. Ziel ist es, das Mobilitätsverhalten von Kindern hin zu einer sicheren und eigen- ständigen Teilnahme am Straßenverkehr zu fördern. Die klassischen Maßnahmen der Ver- kehrserziehung von Kindern und Jugendlichen werden hierbei ergänzt um die drei Baustei- ne Schul- und Freizeitwegeplanung, Umsetzung des Verkehrszähmerprogramms im Unter- richt und die Einrichtung von Hol-und Bringzonen.

Maßnahme: Es wird empfohlen, dass der Kreis Siegen-Wittgenstein gemeinsam mit dem Zukunftsnetz Mobilität NRW ein Pilotprojekt „Gehspaß-statt-Elterntaxi“ als eine Maßnahme des schuli- schen Mobilitätsmanagements angeht (z. B. gemeinsam mit der Stadt Siegen und der Grundschule Greisweid). Die inhaltlichen Bausteine sind bereits in der Ausgangslage be- schrieben. Gemeinsam mit den beteiligten Akteuren muss ein Zeit- und Arbeitsplan für das Pilotprojekt erarbeitet werden. Die Schule muss aktiv bei der Ausarbeitung der einzelnen Bausteine unterstützt werden (Aufgabe wird vom Zukunftsnetz Mobilität NRW übernommen). Der Kreis soll das Pilotprojekt von Anfang an begleiten, um so Erfahrungen zu sammeln, auf deren Grundlage eine strategische Ausweitung auf andere Grundschulen im Kreisgebiet erfolgen kann. Nach Abschluss des Pilotprojekts soll in der nächsten Erweiterung in jeder kreisangehörigen Kommune eine Schule als Pilotschule ausgewählt werden, die als nächs- tes eine Maßnahme aus dem schulischen Mobilitätsmanagement mit Unterstützung des Kreises umsetzt. Auch E-Cargo-Bikes zum Transport der Kinder können dazu beitragen den Kfz-Verkehr im Bereich von Schulen zu minimieren. Auf Grund der hohen Anschaffungskosten ist hier als Fördermaßnahme eine finanzielle Bezuschussung über den Kreis denkbar.

119 ADAC, 2015: Das „Elterntaxi” an Grundschulen. Ein Leitfaden für die Praxis

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Zielsetzung: - Reduzierung des Kfz-Aufkommens im Bereich von Grundschulen - Förderung der Bewegung und damit der Gesundheit von Schülern - Durchführung eines Pilotprojekts zur Sammlung von Erfahrungen - Motivation weiterer Grundschulen auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen Bausteine - Erarbeitung eines Zeit- und Arbeitsplans - Kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen den Akteuren - Zusammenfassung der gesammelten Erfahrungen in einer Strategie zur Ausweitung der Maßnahme auf andere Grundschulen im Kreisgebiet - Kreis steht den kreisangehörigen Kommunen als Ansprechpartner für Fördermöglichkei- ten zur Verfügung Akteure Kreis Siegen-Wittgenstein, Zukunftsnetz Mobilität NRW, Kommune und Grundschule des Pilotprojekts (z. B. Stadt Siegen und Grundschule Greisweid) Quelle neuer Projektvorschlag auf Grundlage der Aktivitäten des Kreises Siegen-Wittgensteins im Zukunftsnetz Mobilität NRW Kriterienbewertung

CO2-Minderungspotenzial bis zu 80 % Reduzierung der Kfz-basierten Hol- und Bring- verkehre an Grundschulen (zur konkreten Abschätzung der CO2-Minderungspotenziale sind Informa- tionen zum Aufkommen im Bring- und Holverkehr an Grundschulen erfor- derlich; das Minderungspotenzial in Bezug auf das erste Pilotprojekt wird gering sein; erst mit einer flächendeckenden Ausweitung der Maßnahme werden sich größere Minderungspotenziale ergeben) Kostenaufwand ./. (die Unterstützung durch das Zukunftsnetz Mobilität NRW ist kostenlos; es fallen geringe Kosten für die Umsetzung an wie beispielsweise Beschilderung bzw. Markierung der einzurichtenden Bring- und Holzonen)

Klimafreundliches Mobilitätskonzept, Kreis Siegen-Wittgenstein