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"Hello, Mr. Tambourine Man" Roger McGuinn, die Byrds und der Summer of Love

Von Michael Marek und Sven Weniger

Sendung: Sonntag, 14. Februar 2016, 23.03 Uhr Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff Produktion: SWR 2016

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Ansage: „Hello, Mr. Tambourine Man“ Roger McGuin, die Byrds und der Summer of Love Eine Musikpassage von Michael Marek und Sven Weniger

Roger McGuinn ist eine lebende Legende im Kosmos der Popmusik. Mehr als ein halbes Jahrhundert dauert seine Karriere nun. McGuinn, der sich stets schwarz kleidet und meist mit Cowboyhut auftritt, ist inzwischen 73 Jahre alt. Für viele war und ist er "Mr. Tambourine Man".

Zusammen mit und , der später mit Crosby, Stills & Nash zu Weltruhm gelangen sollte, gründete McGuinn 1964 . Die drei Folkmusiker wandten sich schnell der aufstrebenden, vom E-Gitarren-Sound geprägten englischen Rockmusik der 1960er Jahre zu und fusionierten beide Musikstile zum . Unter dem Einfluss des fernöstlichen Spiritualismus der Hippiebewegung änderte McGuinn 1967 seinen Vornamen James in Roger, da dieser, wie sein Guru meinte, besser mit dem Universum schwinge.

Sven Weniger und Michael Marek haben Roger McGuinn getroffen, über den Sommer of Love gesprochen, Drogenprobleme, Reunions, die Rock and Roll Hall of Fame, seine Zusammenarbeit mit und seine Herzensangelegenheit: das Projekt "The Folk Den" - eine Sammlung traditioneller Volksmusik. Seit zwanzig Jahren stellt McGuinn dort jeden Monat einen neu eingespielten Folksong kostenlos zum Download ins Netz.

Sprecher: HELLO, Mr. TAMBOURINE MAN. Roger McGuinn, die Byrds und der Summer of Love Eine Sendung von Michael Marek und Sven Weniger.

O-Ton 1: Roger McGuinn 3.55–4.14 "Eartha Kitt was the headliner ... I wanna be in this."

V-O: Eartha Kitt war der Headliner in der Hollywood Bowl Arena. Wir, die Limeliters, waren die Vorgruppe. Und dann passierte es backstage, dass mir Eartha Kitt einen Klapps auf den Hintern gab und sagte: Gibs Ihnen, Kleiner! Das war der Moment, in dem ich dachte: Mann, das ist ein super Business, da will ich rein.

Musik 1: Limeliters "Hey Li Lee Li Lee"

Sprecher: Roger McGuinn sitzt im Lederfauteuil einer Privatlounge an Bord eines Kreuzfahrtschiffs. Draußen zieht der Atlantik vorbei, hier drinnen die Karrie- re eines Rockstars. McGuinn ist der Gründer der Byrds, einer der einfluss- reichsten Bands der 1960er Jahre.

Musik 2: Byrds ""

Sprecher: The Byrds waren die US-amerikanische Antwort auf die Beatles. Roger 3

McGuinn ist eine lebende Legende im Kosmos der Popmusik. Mehr als ein halbes Jahrhundert hält seine Karriere nun an. McGuinn, der sich stets schwarz kleidet und meist mit Cowboyhut auftritt, ist inzwischen 73 Jahre alt. Ein schlanker, mittelgroßer, stets höflicher Mann mit aschblondem Haar, dessen weiche, angenehm leise Stimme sofort auffällt. Als Mitte der 1950er Jahre alles begann, ging Roger McGuinn noch zur Schule. Zu seinem 14. Geburtstag bekam er seine erste Gitarre und wurde schon bald von einem neuen musikalischen Virus infiziert: der . Er schwärmte für Pete Seeger und hatte in Chicago, seiner Geburtsstadt, erste Auftritte in kleinen Clubs. Dort entdeckten ihn die Limeliters und engagierten den 17-jährigen Gitarristen vom Fleck weg.

O-Ton 2: Roger McGuinn 3.17 – 3.49 "Well, the Limeliters hired me ... an album called Tonight: In Person."

V-O: Nun, die Limeliters engagierten mich in Chicago. Sie wollten mich sofort, aber ich ging noch zur Highschool. OK, sagten sie, wir schicken Dir ein Flugticket nach LA, wenn Du die Schule abgeschlossen hast. Monate spä- ter, ich hatte das schon vergessen, kam dann das Ticket und ein Brief, den meine Eltern unterschreiben mussten, da ich ja noch 17 war. Ich flog also nach LA und nahm mit ihnen bei RCA Records ihre LP Tonight: In Person auf.

Musik 3: Limeliters "There´s a Meeting here tonight"

Sprecher: Die Limeliters mit "There´s a Meeting here tonight". Es ist Juli 1960, McGuinn zählt gerade einmal 18 Lenze und spielt schon Gitarre und Banjo für eine der Topbands der Folk-Szene. Wenig später trifft er bei einem ihrer Auftritte im legandären Club 47 in Cambridge, Massachusetts und spielt bald danach in New York für Paul Simon.

O-Ton 3: Roger McGuinn 4.34 – 5.29 / 6.04 – 6.46 "It was wonderful meeting her ... I hadn´t rembered that."

V-O: Es war toll sie zu treffen. Sie erinnerte sich später nicht mehr an das Tref- fen, sie war ja schon eine Berühmtheit und ich nur ein Junge. Sie machte da etwas, was sie der Südafrikanerin Miriam Makeba abgeschaut hatte, die Klicklaute der Xhosa-Sprache in ihre einbaute. - O-Ton 4.55 – 5.22 – Also Joan Baez imitierte das, und ich fragte sie ganz interessiert danach, aber sie sagte, sie habe diese Klicklaute einfach nur gut gefunden. In New York war ich dann Studiomusiker, und wir machten viele Sessions. Später erinnerte ich mich an eine für Tom & Jerry, so hießen Simon & Garfunkel damals. Doch erst als Paul Simon Jahrzehnte danach bei der Vorstellung seiner Autobiographie erzählte, dass er hinter der Glasscheibe an den Reg- lern stand, als ich mit einer 12-seitigen Gitarre das Demo von Sound of Si- 4

lence einspielte, wurde mir das wieder bewusst. Ich hatte das völlig verges- sen.

Sprecher: Nach seiner Zeit als Studiomusiker startet der Banjo-Spieler aus Chicago dann seine eigene Weltkarriere. 1964 gründet McGuinn mit David Crosby und Gene Clark The Byrds.

O-Ton 4: Roger McGuinn (8.40 – 9,20) "I found the name at the... came up with the B-Y-R-D-S."

V-O: Ich fand den Namen am Thanksgiving-Tisch. Wir aßen gerade Truthahn, jemand erwähnte den Dino Valenti- Birdses, und Gene Clark meinte, wir sollten uns so nennen. Nee, sagten wir anderen, das hört sich zu nied- lich an. Warum dann nicht The Birds, schlug jemand vor. Aber damals war `Birds´ - Vögel - Slang für `Mädchen´, und so wollten wir auch nicht heißen. Also meinte ich: Dann lass uns das I gegen ein Y tauschen, und so kam es dann zu B-Y-R-D-S.

Musik 2: The Byrds "All I really want to do "

Sprecher: Mit dem Bassisten und dem Drummer Michael Clarke kombi- nieren die drei Musiker Elemente der amerikanischen Folk Music von Pete Seeger bis Bob Dylan mit den elektrisch verstärkten Beats der neuen Su- perbands aus England, allen voran der Beatles. Ein neues Genre wird ge- boren: Folk Rock, dessen Kennzeichen klare Stimmen und Harmonien sind, dessen Sound aber nun E-Gitarren statt Akustikklampfen bestimmen. Eine weitere Besonderheit: Die Band spielt fast ausschließlich Titel anderer Künstler nach. Dennoch steigt das Debütalbum Mr. Tambourine Man 1965 sofort in die Charts auf. Die gleichnamige Single, eine Coverversion des von Bob Dylan geschriebenen Stücks, wird in der Byrds-Aufnahme sofort ein Nummer 1 Hit in den USA und Großbritannien.

Musik 4: The Byrds "Mr. Tambourine Man"

Sprecher: Hey, Mr. Tambourine, spiel mir ein Lied, ich bin noch nicht müde und muss nirgendwo anders hin. So beginnt der Song. Ein typischer Titel jener Zeit, geprägt von der Vorstellung, Folksänger seien immer auf Achse, die Gitarre auf den Rücken geschnallt. Und so geht es auch weiter: Nimm mich mit auf dein wirbelndes, magisches Schiff. Meine Sinne, Hände, Füße fühlen sich taub an, und die Zauberkraft deines Tanzes wird mir die Kraft geben weiterzuziehen. Es ist April 1965: Die Byrds veröffentlichen den Tambourine Man als ihre erste Single bei . Die Song- rechte hatte Byrds-Manager Jim Dickson schon im Jahr zuvor erworben. Nur einen Monat vor der Byrds-Veröffentlichung bringt Bob Dylan, schon damals ein berühmter Folkbarde, den Titel auf seinem fünften Studioalbum "Bringing It All Back Home" bei derselben Plattenfirma heraus. 5

Musik 5: Bob Dylan "Mr. Tambourine Man"

Sprecher: Doch Byrds-Frontmann McGuinn, ein cleverer Arrangeur mit einem Gespür für den Puls der Zeit, spielt den eher bieder daherkommenden Volksmusik- titel nun im Sound der E-Gitarren-Band aus Liverpool:

O-Ton 5: Roger McGuinn "The Beatle-Beat is something ... the Byrds Mr. Tambourine Man work."

V-O: Der Beatle-Beat, das muss man fairerweise sagen, wurde vom Musikpro- duzenten Phil Spector kreiert. Sein Wall of Sound, den man von den Ronettes kannte, von Darlene Love, The Crystals und Bob B. Soxx & the Blue Jeans, dieser Beat war einfach ansteckend.

Musik 6: The Crystals "Da Doo Run Run" – nur im Hintergrund

V-O: Den Spector-Sound haben die Beatles übernommen, die Beach Boys und all die anderen Bands. Aber nur mit den Beatles wurde er dann assoziiert. Das wurde ein derart populärer Beat, dass jeder, der damit einen Titel ein- spielte, automatisch einen Hit landete - weil er so cool war. Achtung: hier den nächsten O-Ton anhängen Das war ein Synkopen-Beat, der war so ungewöhnlich. Den hatte es bis dahin nicht gegeben. Die meisten Beats sind 4/4 oder 2/4 Rhythmen – Bob Dylan hat das oft so gemacht auf 3/4 – also der Beatle-Beat, ich nenn ihn so, obwohl er eigentlich ein Phil Spector- Beat ist - armer Kerl, er sitzt jetzt im Knast wegen Tot-schlags – der sorgte dafür, dass die Byrds-Version von Mr. Tambourine Man hinhaute.

Sprecher: Der 22-jährige McGuinn haucht dem Tambourine Man mit dem Beatle-Beat also neuen Drive ein. Dazu erzeugt seine 12-saitige Rickenbacker E- Gitarre den später für Roger McGuinn typischen, klirrenden Sound:

O-Ton 6: Roger McGuinn "Well, I applied that Phil Spector ... 2 minutes and 30 seconds."

V-O: Ich wandte also den Phil Spector-Beat darauf an, kürzte den Song von fünf Minuten runter, baute eine Reihenfolge aus Strophe, Refrain, Strophe und spielte auf meiner Gitarre als Intro einen kleinen Lauf dazu, der von Bachs Kantate „Jesus bleibet meine Freude“ inspiriert war. Ich übernahm zwar keine Noten daraus, aber doch den Geist - und kürzte alles runter auf 2 Mi- nuten und 16 Sekunden. Das war damals fürs Mittelwellenradio akzeptabel, da die keine Titel länger als 2’30’’ spielten.

Sprecher: Der von McGuinn aufpolierte Tambourine Man hat einen durchschlagenden Erfolg. Obwohl er kurz nach der Originalfassung von Bob Dylan auf den Markt kommt, zieht er in den Charts rasant an jenem vorbei. Innerhalb kur- zer Zeit stürmt er auf Platz 1 der Top Ten Single Charts in England und den 6

USA. Kein anderer von Dylan geschriebene Song wird jemals diese Positi- on erreichen. Welche Ironie: Die einzige Number One des Folkgotts wird von einer anderen Band eingespielt, The Byrds. Es heißt, Dylan sei genervt gewesen, als die Byrds-Version deutlich erfolgreicher wurde als seine eige- ne. Roger McGuinn:

O-Ton 7: Roger McGuinn "I wouldn’t say there was envy ... like the Beatles"

V-O: Ich denke nicht, dass Bob neidisch war. Aber vielleicht öffnete ihm das die Augen dafür, dass seine Songs auch etwas zeitgemäßer arrangiert werden konnten, so wie bei den Beatles.

Sprecher: Für die Byrds wird Mr. Tambourine Man, ihr erster Hit, auch gleich ihr größ- ter. Konsequent folgen Gene Clark, David Crosby, Michael Clarke und Chris Hillman daher der musikalischen Linie ihres Frontmanns McGuinn. Der Byrds-Sound ist jetzt von dem der Beatles kaum noch zu unterschei- den.

Musik 7: The Byrds "It won´t be wrong"

Sprecher: Noch im selben Jahr erscheint bei Columbia Records das zweite Byrds- Album: Turn!Turn!Turn!. Der Pete Seeger-Titel, die Adaption eines Bibel- textes und wieder die Coverversion eines Folksongs, wird von den Byrds als Single ausgekoppelt und schießt ebenfalls auf 1 der US-Charts. Mit den Riffs seiner Rickenbacker hat McGuinn den unverwechselbaren Sound des Folk Rock kreiert, der stilbildend für das Genre wird.

Musik 8: The Byrds "Turn!Turn!Turn!"

O-Ton 8: Roger McGuinn 10.54 – 11,51 "I recorded with Judy Collins ... in the States it was a number 1 hit."

V-O: Ich hatte ihn mit Judy Collins im Studio in New York für ihr drittes Album bei Elektra Records eingespielt. Später holte ich meine Gitarre raus und spielte ihn für die Byrds mit einem Phil Spector Beatle-Beat und veränderte dabei unabsichtlich die Akkorde, fügte welche dazu, die vorher nicht da waren. Unserem Produzenten gefiel das so gut, dass er damit die Westcoast Kaliforniens hoch- und runtertourte, ihn den DJs vorspielte und ihn so dort sehr erfolgreich machte. Unser Manager, Jim Dixon, wollte aber für die LP einen Dylan-Titel als Single-Auskopplung, da er dachte, ein Bi- beltext werde das Rockpublikum abtörnen. Aber das passierte dann nicht, sondern hier in den Staaten wurde Turn!Turn!Turn! ein Nr. 1 Hit.

Sprecher: Mitte der 1960er Jahre ändert die Popmusik ihre Richtung. Die Haare wer- den länger, die Klamotten bunter, die Songs experimenteller; lange Gitar- 7

rensoli kümmeren sich nicht um die 2 Minuten 30 Limits der Radiosender. Wieder sind die Byrds mit dabei. Psychedelic Rock heißt der neue Sound, und die Byrds gehören 1966 mit ihrem dritten Album, 5th Dimension, zu seinen Protagonisten. Wer genau hinhört, der entdeckt in "I see you" be- reits den typischen Groove von Bandmitglied David Crosby. 1968 wird er aus den Byrds aussteigen und eine eigene Weltkarriere starten wird – als Crosby, Stills & Nash:

Musik 9: The Byrds "I see you"

Sprecher: Die Beatles und viele ihrer Epigonen suchen nun in Indien Erleuchtung. Und James Joseph McGuinn, seit den Limeliters nur als Jim bekannt, än- dert seinen Namen. Er wendet sich, wie viele aus der Hippiebewegung, dem fernöstlichen Spiritualismus zu und sucht nach Identität. Roger, seinen neuen Vornamen, erhält er 1967 von einem Guru, der meint, dieser `schwinge besser mit dem Universum´. Ein Jahr zuvor haben die Byrds auf 5th Dimension auch den größten selbst geschriebenen Hit ihrer Karriere veröffentlicht - "":

Musik 10: The Byrds "Eight Miles High"-Studio Version

Sprecher: "Eight Miles High" wird zur Hymne des Psychedelic Rock. Experimentelle Soundcollagen verbindet McGuinn mit Elementen des Jazz, den er so sehr liebt. Das kommt aber in der aufkommenden Ära, mit Rauchwaren, Pillen und Pilzen aller Art das Bewusstsein zu erweitern, in den prüden USA zu- nächst gar nicht gut an. "Eight Miles High" landet schnurstracks auf dem Radio-Index, da man dort in der Namensgebung Anspielungen auf den Drogenkonsum der Band vermutet, besonders als später zehnminütige Gi- tarrenimprovisationen, live und nur instrumental gespielt, kaum noch die Studioversion des Titels lassen.

Musik 11: The Byrds "Eight Miles High" Live Version

Sprecher: Dass er mit "Eight Miles High" racks auf den Drogenkonsum der Byrds an- gespielt habe, hat Roger McGuinn stets verneint. Und versichert bis heute, dass es sich dabei von Anfang an um ein Missverständis gehandelt hat:

O-Ton 9: Roger McGuinn 12.02 – 12,26 / 12.45 – 13.14 "We were flying back from ... not understanding that it was Jazz."

V-O: Wir waren auf dem Rückflug von England und wollten einen Song über die Tour schreiben, die wir gerade beendet hatten. Gene Clark und ich hatten vor, über den Flug selbst zu schreiben, wir quatschten über die Flughöhe, und ich vermutete, wir seien wohl über sieben Meilen hoch. Aber da die Beatles gerade einen Song geschrieben hatten, der Eight Days a Week hieß, meinte ich, acht höre sich sowieso besser an, also nannten wir ihn 8

Eight Miles High - Acht Meilen Hoch. Mit Drogen hatte das also nichts zu tun, auch nichts mit Psychedelic Rock. / Was wirklich los war, war, dass wir den Jazz-Saxophonisten John Coltrane liebten und ihm mit Eight Miles High nacheifern wollten. Der hatte auf seinem Album `Impressions´ mit dem Titel `India´ dem Subkontinent musikalisch seine Referenz erwiesen. Unser Album war also eher Jazz-orientiert. Wir hofften, die Leute würden das er- kennen; aber sie klebten ihm das Etikett Psychedelic auf und verstanden nicht, dass es sich um Jazz handelte.

Sprecher: "Eight Miles High" ist das von anderen Künstlern am meisten gecoverte Stück der Byrds. Innerhalb von weniger als zwei Jahren hat die Band drei LPs herausgebracht. Doch trotz des Erfolgs wird 1966 kein gutes Jahr für die Byrds. Gene Clark, der bisher die meisten Songs geschrieben hat, ver- lässt die Band. Die besten Jahre scheinen vorbei. Doch 1969 ist sie wieder in aller Munde. Denn McGuinn, nun als Roger nach seiner spirituellen Me- tamorphose, hat den Titelsong für den Kultfilm geschrieben, dem es gelungen war, das Lebensgefühl einer ganzen Generation auszu- drücken.

Musik 12: The Byrds "Ballad of Easy Rider"

Sprecher: Das Line-up der Band hat seit dem Abgang von Gene Clark häufig ge- wechselt. Auf dem Album "Ballad of Easy Rider", dem achten der Byrds, ist von der Originalbesetzung nur noch McGuinn selbst übrig. Er ist der Erbe der Band und spielt die Platte mit drei anderen Musikern ein. McGuinn ist jetzt ganz klar der Boss der Byrds. Neben den Country-Tracks, die die LP dominieren, veröffentlicht er auch einen Gospelsong - einen Titel, den man eher nach dem Sonntagsgebet einer evangelikalen Erweckungskirche er- warten würde als im Repertoire einer Rockband - " with me":

O-Ton 10: Roger McGuinn 14.08 – 14,24 "We were trying to get out of the box ... until dissolved."

V-O: Wir versuchten immer, in keiner der Schubladen zu bleiben, in die man uns steckte, ja. Sie steckten uns in den Folk Rock, und wir versuchten, da wie- der rauszukommen. Wir machten Jazz, sie nannten es Psychedelic. Und wir brachen daraus aus. Wir machten Country, und sie nannten es . Ich weiß nicht mal genau, ob wir da wieder rauskamen bis zu dem Zeitpunkt, als die Band sich auflöste.

Musik 13: The Byrds "Jesus is just alright with me"

Sprecher: In knapp zehn Jahren Karriere haben Roger McGuinn und die Byrds Folk, Country, Rock, Psychedelic und Filmmusiken gemacht, ein langer, wech- selvoller Weg mit Höhen und Tiefen. Vier Studioalben wird die Band noch 9

herausbringen, das letzte 1973 mit dem schon fast wie ein Epilog wirken- den Titel "Byrds". Alle Gründungsmitglieder der Band haben sich dafür noch einmal aufgerafft und wirken mit, wenn auch nicht bei allen 11 Songs. Und mit dem Titel "Hello Cowgirl in the Sand" des Superstars Neil Young, der pikanterweise mit David Crosby als Crosby, Stills, Nash & Young längst den Olymp der Rockmusik erreicht hat, gelingt auch den Byrds nochmal ei- ne starke Coverversion, deren klare Harmonien an die beste Zeit der Ur- Byrds erinnern, als sie mit dem Covern von Bob Dylan groß geworden wa- ren.

Musik 14: The Byrds "Hello cowgirl in the sand"

Sprecher: 1991 werden The Byrds in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Es ist wie das letzte Familientreffen auf der Bühne des Waldorf Astoria in New York. Gene Clark, Roger McGuinn, David Crosby, Chris Hillman und Michael Clarke – alle Mitglieder der Originalbesetzung sind anwesend und spielen noch einmal Mr. Tambourine Man. Drei Monate später stirbt Gene Clark, zwei Jahre danach auch Michael Clarke, beide an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Die Byrds sind nun Rockgeschichte. Und McGuinn ruft ein neues Projekt ins Leben – The Folk Den.

O-Ton 11: Roger McGuinn 15.37 – 17.21 "I was listening to a Smithsonian Folkways ... in the Folk Den section."

V-O: Ich hörte mir ein Folkways Album des Smithsonian Instituts an, das Kultur- güter schützt, und bemerkte, wie wenig traditionelle Songs darauf waren. Neuere Folksänger wie Joni Mitchell und Bob Dylan sind ja alles Singer- , die eigene Musik schreiben. Alte Cowboysongs nachzuspielen, Blues oder Seashantys, war nicht cool. Also fragte ich mich, was wird pas- sieren, wenn die Bluessängerin stirbt und Pete Seeger? Das war vor zwanzig Jahren, und beide sind ja inzwischen tot. Das ist jetzt zwanzig Jahre her. Also dachte ich: ich liebe Folk Music und kenne aus meiner Zeit viele Folksänger und Hunderte Songs. Also fragte ich meine Frau Camilla, ob sie etwas dagegen habe, wenn ich Folksongs aufnehmen und kostenlos im Internet zur Verfügung stellen würde. Und sie sagte, das sei eine super Idee. Ich begann mit einem Cowboy-Song – es ist ja interessant, dass die Jugend heute keine Vorstellung mehr davon hat, was ein Cowboy eigent- lich ist – und veröffentliche seitdem jeden Monat ein Lied, über zweihundert mp3s mittlerweile, auf meiner website mcguinn.com in der Folk Den Abtei- lung.

Sprecher: Und auch wenn es vor allem The Byrds waren, eine Rockband der 60er, deren E-Gitarren-Riffs im kollektiven Gedächtnis der Popmusik in Erinne- rung bleiben werden, Roger McGuinns eigener Lieblingstitel hat alles ande- re als Hitpotential. Er vertonte ein altes keltisches Volkslied neu. 10

O-Ton 12: Roger McGuinn 20.28 – 21.54 "Of songs I´ve written ... I´ve ever been involved with."

V-O: Von den Songs, die ich geschrieben habe, ist wohl `May the road rise to meet You´ mein liebster. Meine frühere Agentin reiste of nach Irland und sagte immer, Gott muss dort gelebt haben und nirgendwo anders. Sie schickte mir einmal ein Plakette mit diesem Segensspruch für Reisende: Möge die Straße sich dir zuwenden, möge der Wind dir von hinten wehen... und so weiter. Mein Freund Tom Petty schickte mir mal den Gitarrengurt, den er im Video des Titels `Free fallin´ getragen hatte. Da waren so aller- hand spanische Muster drauf, und ich wollte sehen, wie der an meiner Gi- tarre aussah. Also ging ich ins Bad vor den Spiegel, und da lag die Plaket- te. Und ich dachte, hm, ich könnte dazu ja mal eine Melodie schreiben – O- Ton 21.28 – 21.35 – und schrieb das auf. Als dann meine Frau kam, er- zählte ich ihr davon. Sie meinte: ach, das ist nett, aber wir sollten eine Ge- schichte darum herum erzählen. Also packte ich das in ein kleines Liebes- lied. Und jetzt ist es einer meiner Lieblingssongs.

Musik 15: Roger McGuinn "May the road rise to meet you"

Sprecher: Nach über fünfzig Jahren on the road ist der Musiker Roger McGuinn also wieder zu seinen Folk-Wurzeln zurückgekehrt. Eine One-Man-Show, mit der er durch die USA und Europa tourt, wenn es ihm Spaß macht. Ein Mann, eine Gitarre.

O-Ton 14: Roger McGuinn 19.31 – 19.51 "What I do now is a one-man play ... and it´s the story of my life."

V-O: Ja, was ich heute mache, ist eine Art Einpersonenstück. Es ist autobiogra- phisch, mit Song der Byrds, Songs aus meiner Solokarriere und auch ein paar neuen Liedern, und dazwischen erzähle ich Geschichten, Geschich- ten, die zusammen eine große Geschichte ergeben – die Geschichte mei- nes Lebens.

Musik 16: " "

Absage: Das war „Hello, Mr. Tambourine Man“ Roger McGuin, die Byrds und der Summer of Love Eine Musikpassage von Michael Marek und Sven Weniger