Research Article

Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit Warum die Flüchtlingskrise einen Pfadwechsel in der deutschen Politik der Inneren Sicherheit eingeleitet haben könnte

Helge Staff, Georg Wenzelburger

Fachbereich Sozialwissenschaften, TU Kaiserslautern [email protected], [email protected]

Zusammenfassung Die Ankunft hunderttausender Flüchtlinge im Herbst 2015 stellte ungeahnte Herausforderungen an die Akteure im Politikfeld der Inneren Sicherheit in vielen europäischen Staaten. Dieser Artikel fragt daher – bezogen auf den Fall Deutschland – welche sicherheitspolitischen Reaktionen die Flüchtlingskrise hervorgerufen hat und inwieweit diese einen Pfadbruch darstellen. Um die Frage zu beantworten, prüfen wir entlang des Konzepts der „critical juncture“ zunächst die Entwicklung verschiedener Indikatoren für Policy-Wandel in der Inneren Sicherheit. In einem zweiten Schritt und auf der Grundlage einer Befragung der deutschen Aufsichtsbehörden zuständig für die Erstaufnahme von Flüchtlingen identifizieren wir dann Mechanismen der Bildung eines neuen Pfades: Ein personell robuster und marktorientierter Policy-Pfad, der ein Zurück in die sicherheitspolitische Zeit vor der Flüchtlingskrise als unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Schlüsselwörter Flüchtlingskrise, Innere Sicherheit, Private Sicherheit, Pfadabhängigkeit, Deutschland

More State, More Market, More Security Why the refugee crisis might have induced a change of paths in German law & order policy

Abstract The arrival of hundreds of thousands of refugees in the fall of 2015 posed a major challenge to policymakers in the field of domestic security across Europe. This article thus asks – focusing on the case of – which policy reactions the refugee crisis produced and in how far they amount to a new policy path. Employing the concept of a “critical juncture” we answer this question, first, by looking at a range of indicators of security policy change in Germany. Second, and based on a survey among German agencies responsible for the preliminary accommodation of refugees, we are able to identify mechanisms which could bring about a new path: A policy path characterized by a surge in security personnel and a more market-oriented approach toward law and order, which makes a return to Germany’s law and order policy before the refugee crisis very unlikely.

Keywords Refugee Crisis, Law & Order, Private Security, Path Dependence, Germany

The authors have declared that no competing interests exist.­

February 28, 2019 I innsbruck university press, Innsbruck OZP – Austrian Journal of Political Science I ISSN 2313-5433 I http://oezp.at/ Vol. 47, issue 4 I DOI 10.15203/ozp.2510.vol47iss4 OPEN ACCESS 46 H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4

1. Einleitung1 auch in vielen kleinen Entscheidungen im Zusammen- hang mit praktischen Problemen der Sicherheitsge- Das Jahr 2015 war in vielen europäischen Ländern, ganz währleistung in den Aufnahmeeinrichtungen selbst. besonders aber in Österreich und Deutschland, dadurch Damit, so das Ergebnis unserer Untersuchung, wurde gekennzeichnet, dass immer mehr geflüchtete Men- das Politikfeld der Inneren Sicherheit nachhaltig verän- schen Zuflucht in den sicheren Staaten Westeuropas dert, nachdem es in den vergangenen Jahren eher durch suchten. So stieg die Zahl der Asylanträge in Österreich inkrementellen Wandel gekennzeichnet war (Glaeßner von rund 28.000 im Jahr 2014 auf mehr als 89.000 im 2010; Staff/Wenzelburger 2017; Wenzelburger/Staff Jahr 2015 an (Bundesministerium für Inneres 2016) – ein 2016). Einige Indizien sprechen sogar in der Tat dafür, ähnlich starker Aufwuchs ist in Deutschland zu beob- dass ein Pfadbruch stattgefunden und ein neuer Policy- achten mit einem Anstieg von rund 203.000 im Jahr Pfad begonnen hat. 2014 auf etwa 477.000 in 2015 bzw. rund 746.000 in Dabei ist die Frage der wachsenden Rolle privater 2016 (BAMF 2017). Die notwendige schnelle Inbetrieb- Sicherheitsunternehmen in der Sicherheitsproduktion nahme von Aufnahmeeinrichtungen war jedoch nicht nicht neu. In Folge des allgemeinen Diskurses über die nur eine humanitäre und integrationspolitische Heraus- Privatisierung staatlicher Aufgaben entwickelte sich in forderung für Bund, Länder und Kommunen in beiden den 1990er und frühen 2000er Jahren in Deutschland Staaten (Der Standard 2015; Die Presse 2014), sondern eine Debatte über die rechtlichen Möglichkeiten und vor brachte auch enorme sicherheitspolitische Herausfor- allen Dingen Grenzen einer weitergehenden Verlage- derungen2 mit sich – und zwar in dreifacher Hinsicht: rung staatlicher Sicherheitsaufgaben auf private Anbie- Zum ersten galt es, die innere Ordnung der Flücht- ter (Kötter 2007, 249-255; siehe z.B. Pitschas 2002; Prä- lingsunterkünfte zu gewährleisten, was sich angesichts torius 2002). In Fortführung dieser Debatten beschrei- beengter Verhältnisse und traumatisierter Bewohner ben Autoren bereits seit einigen Jahren den Wandel der unterschiedlicher ethnischer Herkunft und Religion als Sicherheitsproduktion in Deutschland (siehe z.B. Beste große Aufgabe erwies. Zum zweiten mussten die Men- 2009; Frevel u. Wendekamm 2017). Der vorliegende Bei- schen in den Einrichtungen vor Angriffen von außen ge- trag geht jedoch über diese bestehenden Arbeiten hin- schützt werden, die sich nach Angaben des Bundeskri- aus, in dem er explizit auf theoretische Mechanismen minalamts (BKA) in Deutschland im Verlauf des Jahres der Pfadabhängigkeit zurückgreift, um auf der Grund- mehr als vervierfachten (BKA 2016; Jäckle/König 2017). lage neuer und vielfältiger Daten das Argument eines Und drittens ging es auch darum, das Sicherheitsgefühl speziellen Effekts der Flüchtlingskrise pointiert darzu- der Bevölkerung angesichts der außergewöhnlichen si- stellen. cherheitspolitischen Lage zu adressieren, wie politisier- Der weitere Beitrag ist in vier Teile gegliedert. Im te Diskussionen der Kriminalitätsstatistik oder etwa die nächsten Abschnitt diskutieren wir die Theorie der Pfad- jüngsten Wahlen in Österreich zeigen. Angesichts dieser abhängigkeit und setzen dabei einen Schwerpunkt auf sicherheitspolitischen Herausforderungen der Flücht- die Mechanismen, welche pfadabhängige Prozesse er- lingskrise und unter Heranziehung des Konzepts der cri- möglichen bzw. brechen. Darauf aufbauend betrachten tical juncture (Collier/Collier 1991), mit dem ein Ereignis wir sowohl den allgemeinen Policy-Wandel in Deutsch- gemeint ist, in dessen Folge in einem Politikfeld ein neu- land, den wir mit Hilfe verschiedener aggregierter Indi- er Policy-Pfad entstehen kann, lautet die Forschungsfra- katoren nachzeichnen, als auch den speziellen Fall der ge dieses Artikels: Welche sicherheitspolitischen Reaktionen Erstunterbringung von Flüchtlingen, um potentielle hat die Flüchtlingskrise hervorgerufen und inwieweit stellen diese pfadbildende Mechanismen identifizieren zu können. einen Pfadbruch dar? Schließlich diskutieren wir die empirischen Erkenntnis- Zur Klärung der Frage fokussiert dieser Beitrag auf se vor dem Hintergrund der theoretischen Annahmen die Bundesrepublik Deutschland und nimmt dabei so- und wagen einen Blick über die deutsche Fallstudie hin- wohl die Bundes- als auch die Länderebene, sowie staat- aus. Ein Fazit schließt diesen Beitrag. liche Sicherheitsakteure und die private Sicherheits- branche in den Blick. In Deutschland wurde im Kontext der Flüchtlingskrise eine Serie sicherheitspolitischer 2. Theoretischer Rahmen Entscheidungen getroffen – in Form von Gesetzesent- würfen, durch Abkommen zwischen den Organen, aber Die Frage des vorliegenden Beitrages, inwiefern es in Deutschland im Politikfeld der Inneren Sicherheit zu ei- 1 Wir danken den Herausgeber*innen und Gutachter*innen für ihre kritischen und sehr hilfreichen Kommentare zum Manuskript. nem Policy-Wandel gekommen ist, der nicht mehr mit 2 Diese Herausforderungen entstanden im Feld der Migrationspoli- dem bisherigen „mittleren Weg“ (Schmidt 1987; Wen- tik führten aber auch zu Policy-Wandel in der Inneren Sicherheit – zelburger/Staff 2016) vereinbar ist, lässt sich nur dann auch wenn grundsätzlich von zwei getrennten Politikfeldern auszu- gehen ist, die oftmals politisch verknüpft werden (Huysmans 2000, plausibel beantworten, wenn vorher klare Erwartungen Boswell 2007). dahingehend gebildet werden, welche Mechanismen H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4 47

bestehende Pfade aus dem Gleichgewicht bringen und scheidung beeinflusst, da sich beide Entschei- neue Pfadabhängigkeiten schaffen (dazu: Beyer 2005). dungen komplementär zueinander verhalten Denn nicht jedes Ereignis qualifiziert sich alscritical junc- und der gemeinsame Nutzen höher liegt als die ture (Collier/Collier 1991) – also als ein herausragendes Summe der Nutzen beider Alternativen für sich Ereignis, das Policies tatsächlich von ihrem historischen genommen (z.B. sind im Varieties-of-Capita- Pfad abbringt und einen neuen Pfad beginnen lässt. lism-Ansatz (Hall/Soskice 2001) unterschiedli- Collier und Collier arbeiten in ihrem bahnbrechen- che Sphären zueinander komplementär, da sie den Aufsatz von 1991 zwei zentrale Kriterien heraus3, nur bei gleichem Koordinationsmodus zu opti- anhand derer critical junctures analysiert werden können. maler Performanz führen). Zum einen ist es erforderlich, die neu geschaffenen Poli- 3. Lerneffekte, die dadurch für Effizienzgewinne cies explizit mit dem vorherigen Status Quo zu verglei- sorgen, dass eine bestimmte Handlung wieder- chen (antecedant system) (Collier/Collier 1991, 34). Und zum holt wird und damit die Weiterverfolgung dieser anderen muss die legacy spezifiziert werden, d.h. es muss einmal erlernten Routinen wahrscheinlich ma- nachgewiesen werden, wie in einem kritischen Moment chen. Im Bereich der Policies sollten solche Ef- der Geschichte neue Pfadabhängigkeiten geschaffen fekte insbesondere bei der Implementation von werden, die tatsächlich einen neuen Policy-Pfad begrün- Maßnahmen vor Ort entstehen. den: „If the explanatory hypothesis – that is the hypo- 4. Effekte adaptiver Erwartungen, bei denen sich thesized critical juncture did not produce the legacy – is Handlungen an Erwartungen anderer ausrich- false, then one would assert that it was not, in fact, a criti- ten und sich in einem zirkulären Prozess ge- cal juncture” (Collier/Collier 1991, 30). Anders formuliert genseitig bestätigen (z.B. erwarten Manager, können herausragende externe Ereignisse Policies kurz- dass ihre Mitarbeiter sich an monetären Anrei- fristig von ihren historischen Pfaden abbringen – jedoch zen ausrichten, die Mitarbeiter verhalten sich zeigt erst die Analyse der Mechanismen, die ihrerseits entsprechend der Erwartungen und bestätigen neue Pfadabhängigkeiten schaffen, ob sich tatsächlich damit die Erwartungen der Manager (McGre- tiefgreifender Wandel vollzogen hat, der in einen neuen gor 1960)). Wenn Policies über ihre Regelungen Policy-Pfad mündet (Pierson 2004, 135). solche Erwartungsbildungen ermöglichen, sind Welche Mechanismen der Pfadabhängigkeit sind auch solche Effekte zu erwarten. nun in der Phase einer critical juncture theoretisch zu er- warten? Sydow et al. (2009) haben sich in ihrem Ansatz Die Forschungsfrage dieses Beitrags steht und fällt also en détail mit dieser formation phase befasst, in der Me- mit dem Nachweis dieser vier Effekte sowie mit dem chanismen auftreten, die neue pfadabhängige Prozesse Vergleich des neuen mit dem alten Status Quo. Der schaffen – die also durch ihre Struktur zu einem lock-in nächste Abschnitt präsentiert die empirische Evidenz führen. Nach Sydow et al. lassen sich vier Mechanismen zu unserem Fall entlang der Empfehlungen von Collier unterscheiden, welche die Formation neuer pfadabhän- und Collier (1991). giger Prozesse begünstigen:

1. Koordinationseffekte, bei denen einmal festge- 3. Empirische Evidenz legte Regeln (z.B. Rechtsfahren im Straßenver- kehr) die Koordinationskosten für alle Teilneh- Im Kontext der Flüchtlingskrise wurden viele sicher- mer spürbar senken und daher zum lock-in des heitspolitische Entscheidungen auf unterschiedlichen Pfades führen. Im Bereich staatlicher Policies Verwaltungsebenen des deutschen Staates getroffen, die entstehen solche Koordinationseffekte regel- sich nur schwer zur Gänze analysieren lassen. Um ei- mäßig, wenn über neugeschaffene Institutionen nerseits die Gesamtentwicklung (antecedent system) dar- oder Gesetze neue Spielregeln für alle festgelegt zustellen, andererseits auch die Mechanismen (legacy) werden, die für Klarheit über Prozesse und Ver- zu untersuchen, geht dieser Abschnitt in zwei Schritten fahren sorgen. vor. Zunächst stellen wir die Entwicklungen verschiede- 2. Komplementaritäten, bei denen die Entschei- ner aggregierter Maßzahlen über die Zeit mit einem be- dung für eine bestimmte Alternative das Kos- sonderen Fokus auf die Entwicklung seit dem Sommer ten-Nutzen-Verhältnis für eine andere Wahlent- 2015 dar. Dabei unterscheiden wir zwischen Verände- rungen, die die staatliche Bereitstellung von Sicherheit betreffen, und Entwicklungen im Markt privater Si- 3 In ihrem Aufsatz stellen Collier und Collier insgesamt zehn Punkte vor, die bei der Analyse von critical junctures zu beachten sind. Bei cherheitsdienstleister. Um einen näheren Blick auf die gründlicher Lektüre lassen sich die zehn Punkte jedoch in die ge- möglicherweise pfadprägenden Mechanismen werfen nannten zwei Kategorien einordnen (Punkte 1-5 behandeln Fragen zu können, fokussieren wir sodann in einem zweiten der legacy, Punkte 5-10 Fragen des Vergleichs mit dem „antecedant system“ sowie alternativer Erklärungen). Schritt detailliert auf die Frage, wie „Sicherheit“ im Feld 48 H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4

der Flüchtlingsunterbringung organisiert wurde, weil Die Ausgaben für das Bundesministerium des In- gerade dort besonders ertragreich die Auswirkungen der nern (BMI) und seinen Geschäftsbereich (Einzelplan 06) Flüchtlingskrise einerseits und die Veränderungen der sind von 2014 bis 2017 deutlich angestiegen (BMI 2017). Aufgabenteilung zwischen Staat und Markt analysiert Die absoluten Zahlen (2014: 5.898.816.000 € / 2017: werden können. 8.977.588.000 €) belegen diese Steigerung um mehr als Die folgende empirische Analyse basiert daher auf 3 Mrd. € deutlich. Damit erfährt das BMI ein überpro- unterschiedlichen Datenquellen. Erstens haben wir für portionales Wachstum seines Budgets im Vergleich zum die Aggregatdatenanalyse Haushaltspläne des Bundes, Gesamthaushalt und steigert seinen Anteil an diesem Daten zur Entwicklung des Polizeipersonals, die gesetz- von 1,99% im Jahr 2014 auf 2,73% im Jahr 2017. Durch geberischen Veränderungen des legislativen Status Quo diese zusätzlichen Mittel wachsen in diesem Zeitraum im Bereich des Strafrechts und der Inneren Sicherheit die Budgets von Sicherheitsbehörden wie dem Bundes- und Zahlen zur Entwicklung des privaten Sicherheitsge- amt für Verfassungsschutz (+66,40%), dem Bundeskri- werbes ausgewertet. Zweitens haben wir für die detail- minalamt (+38,10%) oder der Bundespolizei (+31,71%) lierte Analyse der sicherheitspolitischen Entscheidungen deutlich. Innerhalb des Einzelplans 06 nimmt die rela- im Bereich der Flüchtlingsunterbringung im Jahr 2016 tive Bedeutung dieser Sicherheitsorgane aber (mit Aus- einen Fragebogen an alle Stellen in den Bundesländern nahme des Bundesamts für Verfassungsschutz) trotz der verschickt, welche für die Gewährleistung von Sicherheit großen Ausgabensteigerungen ab. Diese Entwicklung in den Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) der Länder zu- steht im Zusammenhang mit dem Aufwuchs von Aus- ständig sind.4 Leider haben trotz intensiven Nachfassens gaben für zwei Sachbereiche, die einen unmittelbaren nur etwa zwei Drittel der angeschriebenen Behörden den Bezug zur Flüchtlingskrise aufweisen und dem Ge- Fragebogen beantwortet, weshalb in der empirischen schäftsbereich des BMI zugeordnet sind: So wächst der Auswertung für einige Länder keine weiteren Angaben Anteil des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gemacht werden können. Durch diesen breiten Ausgriff (BAMF) am Einzelplan 06 von 2,70% im Jahr 2014 auf in der Datengewinnung sind wir zuversichtlich, die wich- 8,71% im Jahr 2017. Zusätzlich steigert sich der Anteil des tigsten sicherheitspolitischen Policy-Reaktionen auf die Haushaltspostens „Integration und Migration, Minder- Flüchtlingskrise im Kernbereich der Unterbringung er- heiten und Vertriebene“ von 6,26% auf 9,99%. In abso- fasst zu haben. luten Zahlen entsprechen diese Mehrausgaben über vier Jahre in beiden Bereichen zusammen genommen knapp 3.1 Aggregatanalyse: Die Entwicklung des Politikfelds 1,15 Mrd. € und machen damit mehr als ein Drittel der über die Zeit Gesamtsteigerungen aus. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass im Zeitraum der Flüchtlings- Um die Entwicklungen im Politikfeld zu beschreiben, krise die Ausgaben für das Bundesministerium des In- unterscheiden wir in der folgenden Aggregatdatenana- nern deutlich wachsen, was auch den Sicherheitsorga- lyse zwischen staatlichen und privaten Akteuren. Eine nen zugute kommt. Allerdings muss diese Steigerung im Berücksichtigung von nur staatlicher Sicherheitsfür- BMI-Haushalt auch in Relation zum Wachstum des Ge- sorge wäre angesichts des starken Wachstums privater samthaushalts und vor allen Dingen mit Rücksicht auf Sicherheitsdienstleistungen wenig zielführend. Unsere die hohen Ausgaben für Aufgaben im Bereich der Asyl- Analyse bezieht sich dabei sowohl auf Entwicklungen und Integrationspolitik interpretiert werden. auf Länder- (z.B. hinsichtlich der Polizistenzahlen) als Relativ stabil entwickelten sich die Polizeistärken in auch auf Bundesebene. den deutschen Bundesländern (Abbildung 1). Grund- sätzlich sinkt die Anzahl der Polizeibeamten pro Ein- 3.1.1 Der Staat wohner leicht, insbesondere in den östlichen Bundes- ländern, oder sie stagniert. Dies weist auf die bekannte Drei Dimensionen des Politikfelds sind für die Darstel- Konstanz von Personalstärken hin, die in Deutschland lung von Veränderungen auf der Aggregatebene von durch den Beamtenstatus noch verstärkt wird.5 Größere besonderem Interesse: die Ausgaben für die allgemeine Abweichungen vom Durchschnitt ergeben sich naturge- Sicherheitsproduktion im Bund, die in der politischen mäß für die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Debatte zentrale Maßzahl der Polizeistärken (d.h. die Ein besonders prägnanter Effekt der Flüchtlingskrise Zahl der Polizisten) (Tepe/Vanhuysse 2013) und – um kann aus dieser Darstellung nicht abgeleitet werden – über Budgetdaten hinaus tatsächliche Policy-Outputs allerdings weisen 2016 elf von 16 Bundesländern eine in den Blick zu nehmen – die Bundesstraf- und Sicher- höhere Polizistenzahl auf als im Vorjahr. heitsgesetzgebung. 5 Tepe und Vanhuysse (2013) finden in ihrer Regressionsanalyse der Bestimmungsfaktoren von Polizeistärken einen hochsignifikanten 4 Für wertvolle Unterstützung bei der Fragebogenerstellung danken Effekt der Vorjahresbeschäftigung auf die Beschäftigung im Folge- wir Kathrin Hartmann. jahr. H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4 49

Abbildung 1: Entwicklungen der Polizistenzahlen in land mit direktem Verweis auf den „Objekt- Deutschland, 1998-2016 schutz“ also zur Bewachung von Aufnahmeein- richtungen) (Mitteldeutscher Rundfunk 2015).8 3. Die Herausforderungen der Flüchtlingskrise stellen einen dominanten oder gleichberechtig- ten Argumentationsstrang für die Begründung des Aufwuchses im Bereich der Polizei dar. Nur in zwei der 13 untersuchten Debatten werden die personellen Aufstockungen ausschließlich mit allgemeinen kriminalistischen Anforderungen und insbesondere der Gefahr durch Terrorismus begründet.

Auf Bundesebene ergeben die Haushaltsberatungen9 zum Einzelplan 06 (BMI) im Haushaltsplan 2016 ein ähnliches Bild, wobei insbesondere die Aufstockung des BKA um 317 und der Bundespolizei um 1.568 Stellen für 2016 (insgesamt 3.000 Stellen bis 2018) hervorstechen Anmerkungen: Quellen – Polizisten: Statistisches Bundesamt, Personal (Schuster 2015). Wie in den Ländern wird der personelle des öffentlichen Dienstes – Fachserie 14 Reihe 6, Tabellenblatt 7.5, Voll- zeitäquivalente – Beamte und Arbeitnehmer; Bevölkerung: Statistisches Zuwachs auf der Bundesebene vor allem mit den Anfor- Bundesamt Genesis, Abfrage, Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, derungen der Flüchtlingskrise10 aber auch mit Terrorge- Bevölkerung: Bundesländer, Stichtag [für 2016, Bevölkerungszahlen vom 11 31.12.2015]. fahren begründet. Die Entwicklung der Gesetzgebung im Straf- und Si- cherheitsrecht soll nun nach der Darstellung von Per- Ein etwas anderes Bild ergibt sich aus einer Analyse der sonal- und Budgetdaten eine dritte Dimension von parlamentarischen Haushaltsdebatten6 in den Ländern staatlicher Sicherheitsgestaltung darstellen. Wir folgen im Zeitraum Oktober 2015 bis Januar 2016. Sie lässt hier der Empfehlung von Knill und Tosun (2012, 229), sowohl Rückschlüsse auf quantitative Veränderungen die darauf hinweisen, dass die direkte Messung von als auch auf die politische Begründung dieser zu. Auch „policies“ eine genauere Analyse erlaubt als Outcome- wenn sich ein direkter Vergleich zwischen den Ländern Indikatoren (wie z.B. Gefangenenraten). Basierend auf alleine aufgrund der unterschiedlichen Haushaltsplan- der Messung und dem Kodierschema von Wenzelburger arten verbietet, ergibt die Auswertung der haushaltspo- und Staff (2016), dem alle Gesetzesentscheidungen des litischen Plenardebatten in den Ländern zu einer „Hoch- Bundes im Bereich des Straf- und Sicherheitsrechts seit Zeit“ der Flüchtlingskrise drei zentrale Ergebnisse: 1993 zugrunde liegen, können wir die monatliche Netto- veränderung in der Schärfe der Gesetzgebung darstellen 1. In fast allen Bundesländern sehen die Haus- (siehe Abbildung 2). haltspläne eine teilweise deutliche Erhöhung Der für uns in diesem Kontext interessante Zeitraum der Polizeistärken7 vor. der dritten Regierung Merkel von 2013 bis 2017 fällt im 2. Zusätzlich zu den Stellenschaffungen bei den Vergleich zu anderen Legislaturperioden sowohl durch Landespolizeien stocken verschiedene Länder einen massiven Ausschlag im ersten Halbjahr 2017 als sogenannte (geringer qualifizierte) Wachpoli- auch durch eine gewisse Masse und Dichte von verschär- zisten auf (Hessen, Berlin) bzw. führen diese ein fenden gesetzgeberischen Maßnahmen auf. Der Anfang (Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt; im Saar- dieses Zeitraumes, in dem mehr und eher verschärfende Gesetze beschlossen wurden, koinzidiert mit der Flücht- 6 In den Fällen, in denen ein direkter Rückschluss auf konkrete Zah- len aus dem Plenarprotokoll nicht möglich war, wurde auf sekun- lingskrise und ihrem weiteren Verlauf. Tatsächlich zeigt däre Quellen zurückgegriffen. Da nur im Fall Brandenburgs die sich in der Krise und nachfolgend eine weitgehende poli- Haushaltsdebatte im Januar 2016 stattfand und Haushaltspläne tische Verkopplung des Politikfelds der Inneren Sicher- einen längeren Vorlauf aufweisen, werden Effekte der Ereignisse der Silvesternacht 2015/2016 in Köln ausgeschlossen. In den Län- heit und des der Migration, sodass Gesetzesänderungen derparlamenten von Hamburg, Bremen und Sachsen wurden in die- im Feld der Asylpolitik mit sicherheitsbezogenen Rege- sem Zeitraum keine Haushaltsdebatten geführt, weshalb sie aus der lungen aufgeladen werden und andersherum dazu auch: Untersuchung ausgeklammert wurden. 7 Hier ausgeklammert aber dennoch erwähnenswert sind neben den Wenzelburger/Staff 2018. personellen Aufstockungen auch die zeitgleichen generellen finan- ziellen Anstrengungen der Länder im Sicherheitsbereich wie z.B. 8 Saarland, Landtagsplenarprotokoll 15/43: 3725. beim Verfassungsschutz (Baden-Württemberg), bei der Polizeiaus- 9 Bundestagsplenarprotokoll 18/138: 13540-13560. stattung (Bayern, Thüringen) oder in Form von Stellenhebungen 10 , Plenarprotokoll 18/138: 13555. (Hessen). 11 Bundestag, Plenarprotokoll 18/138: 13547. 50 H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4

Abbildung 2: Monatliche Nettoveränderung in der Schär- Abbildung 3: Mitarbeiter und Umsatz der privaten Sicher- fe der deutschen Straf- und Sicherheitsgesetzgebung, heitsbranche in Deutschland, 1998-2016 1993-2017

Anmerkungen: Quelle – BDSW/BDGW (2017).

Abbildung 4: Entwicklung der Beschäftigten und der frei- en Stellen bei privaten Wach- und Sicherheitsdiensten in Deutschland, 2013-2017

Anmerkungen: Quelle und Kodierschema – Wenzelburger/Staff (2016); Negative Werte entsprechen einer Liberalisierung, positive Werte einer Verschärfung.

Ausgeklammert aus dieser Betrachtung von Aggregat- daten öffentlicher Sicherheitsproduktion bleiben die deutschen Streitkräfte, die bis auf wenige Ausnahmen nicht im Inland eingesetzt werden dürfen (Art. 87a Abs. 2 GG). Eine dieser Ausnahmen ist die Amtshilfe, in de- ren Rahmen die Bundeswehr in der Flüchtlingskrise umfangreiche Unterstützungsleistungen in den Berei- chen Transport, Unterbringung, Versorgung und Per- Anmerkungen: Quellen – Bundesagentur für Arbeit, Reihe „Gemeldete Arbeitsstellen nach Wirtschaftszweigen“, Tabellenblatt 9, Kategorie 801 sonal für Länder, Kommunen und das Bundesamt für („Private Wach- und Sicherheitsdienste“) / Bundesagentur für Arbeit, Migration und Flüchtlinge (BAMF) erbrachte.12 Auch im Reihe „Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen“, Tabellenblätter 1 und 3, Unterschied zu Österreich, wo das Bundesheer nicht nur Kategorie 801 („Private Wach- und Sicherheitsdienste“). unterstützende, sondern auch sichernde bzw. ordnende Aufgaben wahrgenommen hat (Bundesheer 2016), ha- Flüchtlingskrise durch einen Boom bei Bewachungsauf- ben die deutschen Streitkräfte damit aber keine direkten trägen für Aufnahmeeinrichtung ist sehr wahrschein- sicherheitsrelevanten Tätigkeiten übernommen. lich (siehe unten). Noch deutlicher zeigt sich dieser Zusammenhang 3.1.2 Der Markt in den monatlichen Zahlen der von den Sicherheitsun- ternehmen an die Arbeitsagenturen zur Vermittlung Nun wenden wir uns der privaten Sicherheit zu. Ein gemeldeten offenen Arbeitsstellen (siehe Abbildung 4). Blick auf die Entwicklung der Mitarbeiter- und Umsatz- Die offenen Stellen verdoppeln sich zwischen August zahlen der privaten Sicherheitsbranche in Deutschland 2014 und Januar 2016 und liegen damit deutlich über (siehe Abbildung 3) zeigt zunächst die grundsätzliche dem allgemeinen Wachstum im Dienstleistungssektor und gleichmäßige Tendenz eines stabilen Wachstums im selben Zeitraum. Dass die Flüchtlingskrise diese Ent- – mit einer gewissen Abflachung zwischen 2008 und wicklung erklären kann, liegt nicht nur wegen der zeit- 2010. Im internationalen Vergleich sind der Stand und lichen Koinzidenz und der direkten Abnahme offener die Entwicklung der Branche jedoch eher moderat (Van Stellen nach dem Höhepunkt der Zuwanderung auf der Steden/De Waard 2013; Van Steden/Sarre 2007). Hand: Denn die meisten offenen Stellen wurden in den In dem für uns besonders interessanten Jahr 2015 Ländern gemeldet, die nach dem Königsteiner Schlüssel zeigt sich jedoch ein deutlicher Wachstumsschub sowohl eine höhere Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen sollten im Hinblick auf die Mitarbeiter als auch die Umsätze der oder mehr Personen aufgenommen haben. Auch wenn Branche. Dieser setzt sich (insbesondere bzgl. des Um- gemeldete offene Stellen keinen direkten Schluss auf die satzes) im Jahr 2016 fort. Ein Zusammenhang mit der tatsächliche Größe der Industrie zulassen, so ergibt sich doch das klare Bild einer plötzlich wachsenden Industrie 12 Bundestag, Drucksache 18/9599. mit stark steigendem Personalbedarf. Der Rückgang der H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4 51

Zahl der offenen Stellen gegen Ende der Beobachtungs- sammenhang mit Erstaufnahmeeinrichtungen mittels periode weist indes keinesfalls auf ein Schrumpfen eines Fragebogens, welche sicherheitspolitischen Ent- des privaten Sektors hin, sondern zeigt allenfalls, dass scheidungen im Kontext der Flüchtlingsunterbringung durch die in Gang gesetzten Maßnahmen im Bereich der gefallen sind und identifizieren auf Basis dieser Evidenz Ausbildung die Überschussnachfrage im Markt zumin- pfadformierende Mechanismen. dest teilweise gedeckt werden konnte. Neben Schritten zur Reform der grundsätzlichen Re- Den steigenden Trend der Beschäftigung in diesem gulierung des Bewachungsgewerbes auf Bundesebene, Sektor weisen auch die Quartalszahlen der Beschäfti- wurden in den Bundesländern eigene Regelungen zur gungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (2017) nach. Vergabe von Aufträgen, zur Ausgestaltung dieser Auf- So waren im März 2015 etwa 200.000 Beschäftigte (so- träge und zur Kontrolle der zu erbringenden Dienstleis- zialversicherungspflichtig und geringfügig) bei „priva- tungen geschaffen (Tabelle 1). Die schiere Zahl der unter- ten Wach- und Sicherheitsdiensten“ tätig, ein Jahr spä- zubringenden Flüchtlinge und Berichte über Qualitäts- ter waren es rund 40.000 Beschäftigte mehr. Besondere mängel beim eingesetzten privaten Bewachungsperso- Beachtung verdient dabei der Aspekt, dass die Beschäfti- nal setzten dabei die Behörden der Länder unter starken gungszahlen trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen Druck, neue – zumeist verschärfte – Standards für den bis in den September 2016 weiterhin wuchsen. Eine Be- Einsatz privater Sicherheitsdienstleister zu formulieren. obachtung, die auch den Branchenverband BDSW (2017) Dabei gleicht der aktuelle Regulierungsstand einem Fli- überrascht, der ein anhaltendes „Schutzbedürfnis“ bei ckenteppich, der sich durch die schnelle und an der kon- „Wirtschaft, Staat, Kommunen und – zu einem kleinen kreten Situation orientierte Reaktion der für den Einsatz Teil – auch [bei] privaten Haushalten“ feststellt. Erst im privater Sicherheitskräfte zuständigen Landesbehörden Dezember 2016 gehen die Zahlen etwas zurück, bleiben ergibt. Denn im Bereich der Vergabe von Aufträgen an jedoch weiterhin auf hohem Niveau und deutlich über private Sicherheitsdienstleister müssen sich die Behör- dem Vorkrisenstand. den in den Ländern zwar am allgemeinen Vergaberecht Insgesamt bestätigen die Zahlen dieser Aggregatana- orientieren, setzen aber durchaus eigene Schwerpunkte. lyse also den Befund, dass während und nach der Flücht- So erließ etwa Nordrhein-Westfalen bereits 2014 eigene lingskrise ein doppelter Sicherheitsaufwuchs stattge- Standards zur Vergabe als direkte Reaktion auf eine Rei- funden hat. Zum einen gibt der Staat mehr Geld im Po- he von Skandalen in Aufnahmeeinrichtungen des Lan- litikfeld aus, beabsichtigt bei Bund und Ländern mehr des. Andere Länder gingen dazu über, von den Firmen Personaleinstellungen und verschärft deutlich die Straf- bestimmte Konzepte einzufordern, die sich mit Quali- und Sicherheitsgesetzgebung. Darüber hinaus liegt, zum tätsmanagement und Fortbildung (Brandenburg), Per- anderen, aber auch ein Zusammenhang zwischen der sonalqualität und Dienstleistungsqualität (Schleswig- Flüchtlingskrise und dem starken Wachstum der priva- Holstein) oder Personaleinsatz, Personalkompetenz und ten Sicherheitsbranche im gleichen Zeitraum nahe. Die Reaktionen auf Belegungszahlen (Regierungspräsidium Zahlen belegen deutlich, wie Umsätze und Mitarbeiter- Freiburg) beschäftigen.13 Die Laufzeiten der Verträge mit zahlen wachsen und jedenfalls bis ins Frühjahr 2017 nicht den zur Bewachung eingesetzten Sicherheitsfirmen sind auf ein Vorkrisenniveau zurückfallen. Was diese Zahlen in den Ländern unterschiedlich und liegen zwischen ein aber nicht darstellen können, ist, inwieweit der gezeigte bis sieben Jahren. Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Zusammenhang auch von den eingangs theoretisierten das Regierungspräsidium Tübingen (Baden-Württem- kausalen Mechanismen und Wechselwirkungen der Pfad- berg) berichteten Ausstiegsklauseln bei Schließung der abhängigkeit nachhaltig gestützt wird. Dieses soll im EAE, bzw. dass grundsätzlich die Laufzeit an den Betrieb Folgenden mit Blick auf einen speziellen Fall von Sicher- der EAE gekoppelt ist. Auch die Aufsicht der Länder über heitsorganisation in der Flüchtlingskrise geschehen. die in den EAEs eingesetzten privaten Sicherheitsfirmen wurde in Reaktion auf Berichte über Qualitätsmängel 3.2 Pfadformierende Mechanismen in der Flücht- diskutiert. Einige Länder, etwa die Regierungspräsidien lingsunterbringung Freiburg und Tübingen (Baden-Württemberg) verlan- gen daher die Vorlage von Führungszeugnissen oder die Der Fall der Flüchtlingsunterbringung eignet sich be- Überprüfung durch die Einrichtungsleitung und bestell- sonders gut für die Untersuchung von möglichen pfad- te Sicherheitsberater. Die Kontrolle des eingesetzten formierenden Mechanismen, da die Frage der Unter- Sicherheitspersonals durch Abfrage bei Sicherheitsbe- bringung der Geflüchteten ganz konkrete sicherheits- hörden spielt ebenfalls eine zentrale Rolle und nahm die politische Herausforderungen mit sich brachte, die von den politisch Verantwortlichen adressiert werden muss- 13 Schleswig-Holstein schreibt zudem vor der Prüfung dieser Unterla- ten. Im Folgenden zeigen wir anhand der Ergebnisse aus gen als formale Voraussetzung eine Sachkundeprüfung, eine Erste- Hilfe- und Brandschutzhelferausbildung, ein Jahr Berufserfahrung einer qualitativen Befragung der Aufsichtsbehörden sowie die Überprüfung durch das Landeskriminalamt vor – ein im der Länder zu den operativen Entscheidungen im Zu- Vergleich außergewöhnlich hoher Qualitätsanspruch. 52 H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4

Tabelle 1: Regulierung privater Sicherheitskräfte in EAEs

Land Vergabekonzept Laufzeit Weiterführende Aufsicht

BW Fr Qualitätskonzepte 1 Jahr (+ optional 1 Jahr) Keine (40% Preis, 60 % Konzept) BW Ka Keines 1-3 Jahre Keine BW St Keines 2 Jahre k.A.

BW Tü k.A. Abhängig von EAE (optionale Kontrollen vor Ort (Sicherheitsberater) Kündigung bei Schließung der EAE)

BB Qualitätskonzepte 3 Jahre (+ optional 2 Jahre) Kontrollen vor Ort, Personalabfragen bei Sicherheitsbehörde

MV Keines 2-3 Jahre (+ optional 1 Jahr) Kontrollen vor Ort

NI In Überarbeitung 1-7 Jahre k.A.

NW Personelle Anforderungen Abhängig von Laufzeit der Kontrollen vor Ort, Personalabfragen bei EAE Sicherheitsbehörde

RP Keine 1 Jahr (im Durchschnitt) Personalabfragen bei Sicherheitsbehörde

SH Qualitätskonzepte, Abhängig von EAE Kontrollen vor Ort, Personalabfragen bei personelle Anforderungen (Mietdauer) Sicherheitsbehörde (60% Preis, 40% Konzept)

SL k.A. k.A. k.A.

SN Personelle Anforderungen 1 Jahr (optionale Kündigung Kontrollen vor Ort bei Schließung der EAE)

Anmerkungen: Abkürzungen: BW Fr: Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Freiburg; BW Ka: Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Karlsruhe; BW St: Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Stuttgart; BW Tü: Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Tübingen; k.A.: keine Angabe. Stand 2016. oben angeführten Änderungen im Bewachungsrecht auf Flüchtlingsunterbringung betrifft das Verhältnis- zwi Bundesebene vorweg. So berichten Rheinland-Pfalz und schen privaten und staatlichen Akteuren. Denn wenn Lan- Schleswig-Holstein von Überprüfungen durch das Lan- desbehörden (und auch Kommunen) – wie geschehen – deskriminalamt sowie Brandenburg durch den Verfas- stark auf private Sicherheitsdienstleister zurückgreifen,14 sungsschutz. Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein- stellt sich die Frage, wie diese privaten Akteure mit staat- Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen erwähnen lichen Akteuren zusammenarbeiten. Aus den Antworten ferner direkte Kontrollen in der EAE durch die aufsicht- in den Fragebögen wird eine klare Aufgabenteilung zwi- führende Stelle. Insgesamt zeigen die Antworten der schen einfachen Sicherheitsaufgaben, die von privaten Länderbehörden, dass eine Sensibilisierung für die Re- Dienstleistern durchgeführt werden, und umfangreiche- gulierung und Qualitätssicherung der privaten Sicher- ren Aufgaben deutlich, die von der Polizei übernommen heitsdienstleister nach den Skandalen in einigen EAEs werden (Tabelle 2). Rückmeldungen aus dem Saarland, erfolgte. In vielen Ländern führten diese zur Ausarbei- dem Regierungspräsidium Karlsruhe (Baden-Württem- tung einheitlicher Standards und Qualitätskonzepte, die berg) und Schleswig-Holstein illustrieren die permanente sowohl bei der Ausschreibung von Verträgen als auch im Präsenz der Landespolizei in den EAEs: In Schleswig-Hol- Betrieb selbst zum Einsatz kommen. stein sieht etwa ein landesweites Konzept die Präsenz von Unter dem Strich lassen die Auskünfte aus den Lan- fünf Beamten ab ca. 500 Flüchtlingen vor, wobei in größe- desbehörden darauf schließen, dass Fragen der Vergabe, Aufsicht oder Kontrolle privater Sicherheitsdienstleis- 14 Der Aufwuchs im Bereich der privaten Sicherheit in den EAEs ist in manchen Ländern außerordentlich stark. Nordrhein-Westfalen ter in den Ländern anscheinend häufig erstmalig im – das Bundesland mit dem höchsten Aufnahmeschlüssel – beschäf- Zuge der Flüchtlingsunterbringung umfassend geregelt tigte mittelbar im vierten Quartal 2014 ca. 200 private Sicherheits- worden sind. kräfte in den Flüchtlingseinrichtungen in Landeszuständigkeit. Diese Zahl verdoppelte sich im ersten Quartal 2015 und stieg bis Eine weitere zentrale Herausforderung im Zusammen- zum vierten Quartal desselben Jahres auf 5.500 an. Im Sommer 2016 hang mit der Gewährleistung von Sicherheit bei der lag die Zahl bei ca. 6.600. H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4 53

ren EAEs aber auch lageangepasst bis zu 20 Polizisten vor dienste eingesetzt wurden, sich also eine Art Komple- Ort sein können. Die Aufgabenbereiche der eingesetzten mentarität der Aufgaben zwischen staatlichen und pri- Polizisten, wie sie zum Beispiel für den Fall Schleswig- vaten Sicherheitsakteuren einstellte. Holsteins geschildert wurden, decken sich nur teilweise mit den Dienstleistungen des privaten Personals; ins- besondere besitzt die Polizei eine Ermittlungsfunktion 4. Diskussion: Die Flüchtlingskrise als critical und -kompetenz, die den privaten Wachleuten fehlt. Ins- juncture? gesamt bestätigt sich das Bild der Literatur zum Einsatz privater Sicherheitskräfte (Kirsch 2003; Wakefield 2003, In diesem abschließenden Kapitel diskutieren wir nun, 165-192; Van Steden 2007; Löfstrand et al. 2016): Sie wer- wie auf Basis der hier präsentierten Evidenz die ein- den vor allen Dingen zur Einlasskontrolle und zu Ord- gangs gestellte Frage beantwortet werden kann, in- nungszwecken eingesetzt und dienen durch ihre Präsenz wiefern die im Kontext der Flüchtlingsaufnahme be- der direkten Weiterleitung von Informationen an andere schriebenen Veränderungen in der Sicherheitspolitik in Stellen, die dann letztendlich die Lage bearbeiten. Ferner Deutschland den bestehenden Policy-Pfad im Politik- übernimmt das Wachpersonal auch sicherheitsferne und feld der Inneren Sicherheit durchbrochen haben. Hierzu eher allgemeine Hausmeister-, Ansprech- und Informati- greifen wir auf die oben dargestellten Überlegungen von onsfunktionen. Collier und Collier (1991) zur Feststellung von critical junc- Zusammenfassend lässt sich also für die Entschei- tures sowie von Sydow et al. (2009) zu Mechanismen der dungen auf Ebene der Landesbehörden festhalten, dass Pfadabhängigkeit zurück. die Herausforderungen der Flüchtlingskrise dazu führ- Collier und Collier (1991, 34) nennen als erstes Krite- ten, dass häufig zum ersten Mal umfassend Fragen der rium zur Identifikation einer critical juncture, dass für ei- Vertragsgestaltung, Aufsicht und Kontrolle von priva- nen Pfadbruch eine Differenz zwischen antecedent system ten Sicherheitsunternehmen geregelt wurden. Daneben und dem Status Quo sichtbar sein muss. Die Beschrei- kam es auch zu einer Abgrenzung der Aufgaben privater bung des Politikfelds der Inneren Sicherheit im Schatten Akteure von denen staatlicher Akteure, wobei die pri- der „Flüchtlingskrise“ hat die deutlichen Veränderungen vaten Dienstleister häufig für „einfachere“ Sicherheits- in den vergangenen drei Jahren nachgewiesen. Kenn-

Tabelle 2: Aufgaben privater und öffentlicher Sicherheitskräfte in EAE

Land Dienstleistungen Sonst. Dienstleistungen Rolle der Polizei

BW Fr Sicherheit, Ordnung Keine k.A. BW Ka Sicherheit, Ordnung, Kernbetrieb, Hausmeister Feste Präsenz (3-9 Beamte) Gefahrenabwehr BW St k.A. k.A. k.A.

BW Tü Sicherheit, Ordnung, Hausmeister Nur vereinzelte feste Präsenz Gefahrenabwehr, Präsenz

BB Sicherheit, Ordnung, Kernbetrieb Zeitliche Präsenz (2 Beamte) Gefahrenabwehr

MV Sicherheit, Ordnung Keine Keine feste Präsenz

NI In Überarbeitung Hausmeister, Kernbetrieb k.A.

NW Sicherheit, Ordnung, Keine Keine feste aber zeitliche Präsenz Gefahrenabwehr

RP Sicherheit, Ordnung Keine Personalabfragen bei Sicherheitsbehörde

SH Sicherheit, Ordnung, Hausmeister, Kernbetrieb Räumliche Präsenz (5-20 Beamte) Präsenz

SL Sicherheit, Ordnung Keine Räumliche Präsenz (2 Beamte)

SN Sicherheit, Ordnung Kernbetrieb Keine feste aber zeitliche Präsenz

Anmerkungen: siehe Tab. 1. 54 H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4

zeichnend ist ein doppelter Aufwuchs beim Sicherheits- ckenden Anstellung privater Sicherheitsdienste personal: Sowohl Bundes-, Länder- und Hilfspolizeien für die Bewachung von EAEs in allen untersuch- wie auch – ganz besonders – die privaten Wachdienste ten Ländern ergibt. Dieser operative Konsens wurden stark aufgestockt. Darüber hinaus reagierte verringert für die Länder die zu befürchtenden der Bund mit Ausgabensteigerungen und einer deutlich politischen Kosten, die sich aus einer größeren verschärften Sicherheits- und Strafgesetzgebung so- politischen Diskussion um die Rolle privater Si- wie Regelungen, um die Qualität des Einsatzes privater cherheitsdienste sowie den damit verbundenen Sicherheitsdienste in Flüchtlingsheimen zu gewähr- Skandalen (z.B. Misshandlungen von Flüchtlin- leisten. Auf Bundesebene ist hierzu 2016 auch ein ent- gen durch Sicherheitskräfte) ergeben könnten. sprechendes Gesetz (Gesetz zur Änderung bewachungs- Zudem werden die Koordinationskosten über rechtlicher Vorschriften) beschlossen worden. Insge- neue bundesgesetzliche Regelungen reduziert, samt zeichnet unsere Analyse also das Bild eines sich im die für Klarheit über Prozesse und Verfahren Wandel befindlichen Politikfelds, das sowohl von einem sorgen – etwa mit Blick auf die Kontrolle des starken Ausbau des Sicherheitsapparates (staatlich und eingesetzten privaten Sicherheitspersonals. Die privat) als auch von lebhaften legislativen Aktivitäten Behörden der Länder können durch die wäh- gekennzeichnet ist. rend der Flüchtlingskrise entwickelten Regeln Grundsätzliche – und in der kriminologischen Lite- für die Einbindung privater Dienstleister auch ratur bereits seit den 1980er Jahren bekannte – Treiber in Zukunft mit sehr viel geringeren Koordina- der Privatisierung von Sicherheit wie die Zunahme pri- tionskosten auf private Sicherheitsdienstleister vatisierter öffentlicher Räume (Shearing/Stenning 1981) zugreifen. Denn sowohl die rechtlichen Rah- oder ein erhöhtes gesellschaftliches Sicherheitsbedürf- menbedingungen auf Bundesebene als auch die nis in Zeiten knapper öffentlicher Mittel (Bowden 1978; Prozesse in den Landesbehörden sind neu gere- Forst 1999) ließen aber auch die deutsche Sicherheits- gelt. Konkreter: Sollte in Zukunft für eine Groß- branche vor 2015 wachsen. So nimmt die Branche be- veranstaltung oder eine unvorhergesehene Ein- reits seit Jahrzehnten eine immer wichtigere Rolle in der satzlage privates Sicherheitspersonal notwendig Inneren Sicherheit ein. Jedoch lässt sich mit Ausnahme sein, können Landesverwaltungen auf die nun von Wiedervereinigungseffekten in den frühen 1990er festgelegten Vergabe- und Qualitätsstandards Jahren kein vergleichbar sprunghaftes Wachstum nach- zurückgreifen und so ein höheres Vertrauen in weisen (Hirschmann 2016, 135). „Selbst solch kritische die eingesetzten Mitarbeiter setzen, was die Ko- Ereignisse wie der [sic!] des 11. Septembers 2001 haben ordinationskosten senkt und die Chance eines im bundesdeutschen Raum keine großen quantitativen Einsatzes privater Sicherheitsdienste erhöht. Bewegungen ausgelöst“ (Hirschmann 2016, 135). Mit 2. Im Hinblick auf Komplementaritäten dürfte die Blick auf die These der critical juncture scheint damit zu- zumindest in einigen Bundesländern prakti- mindest die Grundvoraussetzung erfüllt, dass ab 2015 zierte engere Verknüpfung von privatem und eine Krise (oder alternativ eine „cleavage“ (Collier/Col- staatlichem Sicherheitspersonal zum Schutz lier 1991, 30)) vorliegt, die sich stark vom vorherigen Sta- desselben Objektes Synergieeffekte erzeugen, tus Quo unterscheidet und Policy-Wandel ermöglicht. die sich aus den unterschiedlichen Qualifika- Die zweite notwendige Bedingung, um von einer tionsgraden ergeben. Arbeitsteilung im Bereich critical juncture sprechen zu können, ist jedoch die For- der Sicherheit – zwischen Landespolizeien, mierung eines neuen Policy-Pfades, einer distinct legacy Hilfspolizeien und privaten Sicherheitsfirmen (Collier/Collier 1991, 24), welche zukünftige Policy- – wurde während der Flüchtlingskrise in vielen Entscheidungen beeinflusst. Entsprechend ist die- ent Ländern in viel größerem Ausmaß umgesetzt. scheidende Frage, welche Mechanismen sich in den Es ist zu erwarten, dass die einmal gemachten dargestellten Entwicklungen verbergen, die eine solche Erfahrungen und die sich daraus ergebenden pfadformierende Wirkung entfalten können. Freilich ist Komplementaritäten zu einem lock-in dieses die abschließende Klärung dieser Frage – wie so häufig Policy-Pfads führen werden, der sich durch eine in der Forschung zu Pfadabhängigkeit nur mit weiterem stärkere Arbeitsteilung im Bereich der Herstel- zeitlichen Abstand möglich; jedoch geben die bereits ge- lung von Sicherheit auszeichnet. troffenen Entscheidungen einen Hinweis auf zukünftige 3. Hinsichtlich regulativer Entscheidungen ist legacies, die mit Hilfe der von Sydow et al. (2009) freige- ferner von Lerneffekten auszugehen, die sich legten Mechanismen auf ihre pfadformierende Wirkung durch die konkrete Einbindung von privaten hin eingeschätzt werden können. Sicherheitsdiensten in den EAEs und in der Zusammenarbeit zwischen Polizei und priva- 1. So kann von einem starken Koordinationseffekt ten Dienstleistern ergeben. Die Ergebnisse der ausgegangen werden, der sich aus der flächende- Umfrage in den Länderbehörden lassen darauf H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4 55

schließen, dass in der täglichen Arbeit in den ihre Qualität, so deuten die Ergebnisse – im Sinne der EAEs die unterschiedlichen Akteure ständig zweiten Forschungsfrage – darauf hin, dass das Politik- zusammenarbeiten (müssen), sodass entspre- feld der Inneren Sicherheit im Kontext der Flüchtlings- chende Abläufe zu Routinen werden. Genau die- krise tatsächlich einen Pfadbruch und den Beginn eines se Lerneffekte führen jedoch dazu, dass einmal neuen Policy-Pfads erlebt hat. Den Ansätzen von Collier eingeschlagene Policy-Pfade – zum Beispiel die und Collier (1991) und Sydow et al. (2009) folgend haben massive Einbindung privater Sicherheitsdienst- wir herausgearbeitet, dass sowohl die Veränderungen leistern zur Herstellung von Sicherheit in EAEs in der Regulierung auf Bundesebene als auch die vielen – auch in Zukunft fortgeführt werden. kleinen Entscheidungen auf Landesebene zur Auftrags- 4. Daneben ist mit Blick auf adaptive Erwartungen vergabe, Qualitätskontrolle und Aufgabenbeschreibung davon auszugehen, dass das Auftreten des Staa- für private Dienstleister zu einer institutionellen Ver- tes als Großkunde privater Sicherheitsdienst- ankerung der privaten Sicherheit im Politikfeld geführt leistungen bei allen beteiligten Akteuren dazu haben, die zuvor in dieser Form nicht gegeben war. An- führt, dass sich Erwartungen an die Herstellung ders gewendet: Die gefällten Entscheidungen und die von Sicherheit verändern und einander an- implementierten Maßnahmen haben Koordinations- passen. Studien aus England (White 2010) und effekte, Komplementaritäten, Lerneffekte und Effekte Spanien (Gimenez-Salinas 2004) folgend dürfte adaptiver Erwartungen generiert, die es wahrscheinlich der Einsatz privater Sicherheitsunternehmen erscheinen lassen, dass der nun betretene Policy-Pfad durch den Staat sowie eine weiterführende Re- auch in den künftigen Jahren weiterverfolgt werden gulierung des Gewerbes auch zu einer größeren wird.16 allgemeinen gesellschaftlichen Akzeptanz -pri Die Diskussion des Wandels und möglicher Mecha- vater Sicherheitsdienstleistungen führen. Smith nismen der Pfadabhängigkeit lässt darauf schließen, und White (2014, 426) fassen diesen Effekt so dass die Flüchtlingskrise und die politische Reaktion zusammen: „So while on one side regulation is auf diese tatsächlich eine critical juncture für die Produk- used to ‘fix’ the market for security by imposing tion von Innerer Sicherheit in der Bundesrepublik dar- minimum standards on contractor operations gestellt hat. Auch wenn die unterschiedlichen von uns (public protection), on the other it is used to ‘ca- erhobenen Daten in der Flüchtlingskrise (mit besonde- mouflage’ the market by shrouding these opera- rer Rücksicht auf die Problematik der Unterbringung) tions with reassuring symbols and structures of ein gemischtes und noch nicht abgeschlossenes Bild von stateness (normative legitimation) (…) Regulati- potentiellem Policy-Wandel wie auch Gegentendenzen on equates to legitimacy, and legitimacy enables zeichnen, scheinen die freigelegten Veränderungen contractors to sell their products and services qualitativ doch von einer solchen Tiefe zu sein, dass more effectively”.15 sie eine nachhaltige Wirkung auf das gesamte Politik- feld der Inneren Sicherheit haben dürften – und zwar insbesondere mit Blick auf die zunehmend wichtigere 5. Zusammenfassung und Fazit Rolle privater Sicherheitsdienstleister. Dieses Ergebnis knüpft in dreierlei Hinsicht an die Literatur an: Zum Der vorliegende Beitrag hat die Fragen aufgeworfen, ersten bezeugt es eine abnehmende Rolle des Staates als 1) welche sicherheitspolitischen Reaktionen die Flücht- alleiniger Produzent von Sicherheit und die wachsende lingskrise in Deutschland hervorgerufen hat und 2) Bedeutung staatlicher Steuerungsfähigkeit im Sinne inwieweit diese einen Pfadbruch darstellen. Die hier von „nodal governance“ (Johnston/Shearing 2003). Zum präsentierten empirischen Befunde weisen – mit Blick zweiten untermauert es die Diagnose eines doppelten auf die erste Frage – darauf hin, dass ein doppelter Auf- Sicherheitsaufbaus in Deutschland, der weniger durch wuchs im Bereich des Sicherheitsapparates stattgefun- einen generellen Rückzug des Staates als durch eine den hat, der sowohl den Staat (die Polizeien) als auch verstärkte Kooperation geprägt ist (Beste 2009). Und den Markt (private Sicherheitsunternehmen) betrifft. zum dritten verweist es auf die Relevanz von Untersu- Analysiert man diese Veränderungen im Hinblick auf chungen zur Entgrenzung von Sicherheit (Huysmans 2014) und zur „Versicherheitlichung“ von Politikfeldern 15 Gegen einen solchen lock-in der Rolle von privatem Personal in der bzw. Problemlagen (Buzan/Waever/De Wilde 1998). staatlichen Sicherheitsvorsorge sprechen freilich die teilweise sehr geringen oder vom Betrieb der Einrichtungen abhängigen Lauf- zeiten der Verträge mit den Sicherheitsunternehmen. Allerdings 16 Daneben hat schließlich – ganz unabhängig von den genannten vier weisen aus unserer Sicht die dargestellten Mechanismen ebenso Sydow’schen Mechanismen – die Zunahme der Zahl der Polizistin- wie die weiterhin steigenden Beschäftigungszahlen der Branche nen und Polizisten pfadformierende Wirkung, da die Einstellungen darauf hin, dass private Sicherheit auch in Zukunft ein wichtigerer in den vergangenen 24 Monaten über das Beamtenrecht quasi Baustein in der Herstellung öffentlicher Sicherheit sein wird, als das funktionalistisch eine langfristige Veränderung der Polizeistärken bisher der Fall war. bei Bund und Ländern bedeuten. 56 H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4

Inwieweit diese für den Fall Deutschland erkennbaren Bowden, Tom (1978), Beyond the Limits of Law. A Com- Tendenzen auch in anderen europäischen Ländern, die parative Study of the Police in Crisis Politics, Har- ähnlichen Situationen ausgesetzt waren, festgestellt mondsworth: Penguin Books. werden können, bleibt eine offene Frage. Insbesondere Bundesagentur für Arbeit (2017), Beschäftigungsstatistik: aber für diejenigen Staaten mit hohen Zahlen ankom- Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen - Deutsch- mender Flüchtlinge, wie etwa die Republik Österreich land, Länder, Internet: https://statistik.arbeitsagen- aber auch Schweden, dürften vergleichbare Mechanis- tur.de/nn_217696/Statischer-Content/Rubriken/ men zum Tragen kommen. Zumindest in Österreich Beschaeftigung/Beschaeftigte/Beschaeftigte-nach- deuten die in Folge der Flüchtlingskrise geführten De- Wirtschaftsabteilungen-Wirtschaftsgruppen.html batten über die Gewährleistung von Sicherheit und die (Zugriff: 22.05.2017). Notwendigkeit, mehr Polizisten einzustellen (Parlament Bundesheer (2016), Flüchtlinge: Das Bundesheer hilft, 2016), auf ähnliche Mechanismen hin, deren Auswir- Internet: http://www.bundesheer.at/archiv/a2015/ kungen bis hin zum sicherheitspolitischen Programm fluechtlingshilfe/index.shtml (Zugriff: 29.05.2018). der aktuellen Regierung reichen (Zeit-Online 2017). BMI (2017), Bundeshaushalt, Internet: https://www. bundeshaushalt-info.de/#/2017/soll/ausgaben/ein- zelplan/06.html (Zugriff: 10.01.2018). Literatur Bundesministerium für Inneres (2016), Asylstatistik 2015, Internet: http://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/ BAMF (2017), Schlüsselzahlen Asyl , 1. Halbjahr 2017, Jahresstatistiken/Asyl_Jahresstatistik_2015.pdf Internet: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/ (Zugriff: 12.12.2017). DE/Publikationen/Flyer/flyer-schluesselzahlen- Collier, Ruth Berins/David Collier (1991), Shaping the po- asyl-halbjahr-2017.pdf?__blob=publicationFile (Zu- litical arena. Princeton: Princeton University Press. griff: 10.01.2018). Der Standard (2015), Bund wegen Flüchtlingen unter Buzan, Barry/ Ole Waever / Jaap De Wilde (1998), Security: Druck, in: Der Standard, 16.12.2015, S.8. A New Framework for Analysis, Boulder: Lynne Ri- Die Presse (2014), Asyllösung perfekt, aber Landeschefs enner. stellen Bedingungen, Internet: https://diepresse. BDSW (2017), Sicherheitswirtschaft wächst um über 20 com/home/politik/innenpolitik/4598509/Asylloe- %. Pressemitteilung des BDSW 19 / 2017, Internet: sung-perfekt-aber-Landeschefs-stellen-Bedingun- https://www.bdsw.de/presse/bdsw-pressemitteilun- gen (Zugriff: 18.01.2018). gen/sicherheitswirtschaft-waechst-um-ueber-20 Forst, Brian (1999), Policing with Legitimacy, Equity, and (Zugriff: 22.05.2017). Efficiency, in:Forst , Brian/ Peter K. Manning (Hg.), The BDSW/BDGW (2017), Sicherheitswirtschaft in Deutsch- Privatization of Policing, Washington D.C.: George- land, Internet: https://www.bdsw.de/images/statis- town University Press, 1-48. tiksatz/Statistiksatz-BDSW-BDGW-2017-0124.pdf Frevel, Bernhard/Michaela Wendekamm (Hg.) (2017), Si- (Zugriff: 18.01.2018). cherheitsproduktion zwischen Staat, Markt und Zi- Beste, Hubert (2009), Zur Privatisierung verloren ge- vilgesellschaft, Wiesbaden: Springer VS. glaubter Sicherheit in der Kontrollgesellschaft, in Gimenez-Salinas, Andrea (2004), New approaches regar- Lange, Hans-Jürgen/Peter, H. Ohly/Jo Reicherts (Hg.), ding private/public security, in: Policing and Society, Auf der Suche nach neuer Sicherheit: Fakten, Theo- Vol. 14 (2), 158-174. rien und Folgen, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwis- Glaeßner, Gert-Joachim (2010), A Change of Paradigm: senschaften, 183-202. Law and Order, Anti-Terrorism Policies, and Civil Li- Beyer, Jürgen (2005), Pfadabhängigkeit ist nicht gleich berties in Germany, in: German Politics, Vol. 19 (3-4), Pfadabhängigkeit!: Wider den impliziten Konserva- 479-496. tismus eines gängigen Konzepts, in: Zeitschrift für So- Hall, Peter/David Soskice (Hg.) (2001), Varieties of Capita- ziologie, Vol. 34 (1), 5-21. lism, Oxford: Oxford University Press. BKA (2016), Kriminalität im Kontext von Zuwanderung: Hirschmann, Nathalie (2016), Sicherheit als professio- Kernaussagen, Internet: https://www.bmi.bund.de/ nelle Dienstleistung und Mythos. Eine soziologische SharedDocs/Downloads/DE/Kurzmeldungen/la- Analyse der gewerblichen Sicherheit, Wiesbaden: geuebersicht-kriminalitaet-kontext-zuwanderung. Springer VS. pdf?__blob=publicationFile (Zugriff: 30.06.2016). Huysmans, Jef (2014), Security Unbound. Enacting De- Boswell, Christina (2007), Migration Control in Europe mocratic Limits, Abingdon: Routledge. After 9/11: Explaining the Absence of Securitization, Huysmans, Jef (2000), The and the Secu- in: Journal of Common Market Studies, Vol. 45 (3), 589- ritization of Migration, in: Journal of Common Market 610. Studies, Vol. 38 (5), 751-777. H. Staff, G. Wenzelburger: Mehr Staat, mehr Markt, mehr Sicherheit I OZP Vol. 47, Issue 4 57

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Autoren

Helge Staff ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Policy-Analyse und Politische Ökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern, Deutsch- land. Neben seinen dissertationsbezogenen Forschun- gen zur Politischen Ökonomie der privaten Sicherheit beschäftigt er sich im Schwerpunkt mit Fragen der Policy-Analyse etwa zu Politiken der Inneren Sicher- heit oder zur Weiterentwicklung von Policy-Prozess- Theorien. Aktuelle Arbeiten wurden in Policy Studies (zu Parteieffekten durch Policy-Entrepreneure), imEuropean Journal of Political Research (zur Politik der Inneren Sicher- heit) und in Global Change, Peace & Security (zur privaten Sicherheit) veröffentlicht.

Helge Staff, M.A. Fachbereich Sozialwissenschaften, TU Kaiserslautern Erwin-Schroedinger-Str. 67653 Kaiserslautern Tel.: +49 (0)631-205-4970

Georg Wenzelburger ist Professor für Policy-Analyse und Politische Ökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern, Deutschland. Seine Hauptforschungs- interessen liegen im Feld der vergleichenden Policy- Forschung mit einem Schwerpunkt auf der Politik der Inneren Sicherheit, Wohlfahrtsstaatsreformen und der Finanzpolitik. Aktuelle Arbeiten wurden zum Beispiel im British Journal of Political Science (zu Wohlfahrtssta- atsreformen), im European Journal of Political Research (zur Politik der Inneren Sicherheit) und in Comparative Euro- pean Politics (zu Austeritätspolitik) veröffentlicht.

Prof. Dr. Georg Wenzelburger Fachbereich Sozialwissenschaften, TU Kaiserslautern Erwin-Schroedinger-Str. 67653 Kaiserslautern Tel.: +49 (0)631-205-3840