Stadt

an der

Integriertes Stadt entwick lungskonzept für die Stadt Weilburg an der Lahn Fortschreibung des Masterplans aus dem Jahr 2009

Bearbeitet von der NH ProjektStadt im Auftrag der Stadt Weilburg an der Lahn

Frankfurt, 03.04.2017

AUFTRAGGEBER AUFTRAGNEHMER PROJEKTLEITUNG

Stadt Weilburg NH | ProjektStadt NH | ProjektStadt a. d. Lahn Gregor Voss Birgit Gröning Bürgermeister Fachbereichsleitung Tel. 069/ 60 69 – 1479 Hans -Peter Schick Stadtentwicklung Hessen Fax 069/ 60 69 – 51479 Mauerstraße 6/8 Email [email protected] 35781 Weilburg Alte Mainzer Gasse 37 60311 am Main PROJEKTTEAM

Tel. 069/ 60 69 – 14 78 Fax 069/ 60 69 – 514 78 Philipp Anton Email [email protected] NH | ProjektStadt

Mareike Böckly NH | ProjektStadt

Felix Dambach NH | ProjektStadt

Die Inhalte des Integrierten Handlungskonzepts stellen eine Fortschreibung bestehender Konzepte dar. Hierunter fallen insbesondere der Masterplan 2009 des Planungsbüros Koch sowie das Energie und Klimaschutzkonzept der KEEA aus dem Jahr 2014.

Aufgrund von besserer Lesbarkeit wird auf den Gebrauch geschlechtsneutraler Endungen verzichtet, der Inhalt trifft aber auf beide Geschlechter zu.

Gefördert durch:

I

Inhaltsverzeichnis

1 Anlass und Vorgehensweise ...... 1

2 Allgemeine Grundlagen ...... 3 2.1 Geografische Lage ...... 3 2.1.1 Zentralörtliche Lage ...... 4 2.1.2 Verkehrliche Anbindung ...... 5 2.2 Bevölkerungsstruktur und Prognosen ...... 6 2.2.1 Einwohnerzahlen ...... 6 2.2.2 Altersstruktur ...... 8 2.3 Beschäftigung und soziale Situation ...... 10 2.4 Entwicklungsmöglichkeiten ...... 12 2.4.1 Flächennutzungsplan...... 13 2.4.2 Lahnschleifenkonzept ...... 14

3 Leitlinien ...... 16

4 Handlungsfelder ...... 18 4.1 Handlungsfeld 1: Baustruktur, Stadtbild und Wohnen ...... 18 4.1.1 Baustruktur und Stadtbild ...... 18 4.1.2 Wohnen ...... 30 4.1.3 Maßnahmen/Projekte ...... 32 4.2 Handlungsfeld 2: Wirtschaft ...... 35 4.2.1 Einzelhandel ...... 35 4.2.2 Dienstleistungen und freie Berufe ...... 43 4.2.3 Tourismus und Gastgewerbe...... 44 4.2.4 Leerstand ...... 47 4.2.5 Maßnahmen ...... 49 4.3 Handlungsfeld 3: Soziales, Bildung und Kultur ...... 56 4.3.1 Kinder und Jugendliche ...... 56 4.3.2 Senioren und Behinderte ...... 60 4.3.3 Bildungseinrichtungen in der Gesamtstadt/ in der Innenstadt ...... 63 4.3.4 Soziales/ Miteinander ...... 65 4.3.5 Kultur/Freizeit ...... 66

II

4.4 Handlungsfeld 4: Klima ...... 69 4.4.1 Klimaanpassung und Grünstrukturen ...... 70 4.4.2 Energie und Klimaschutz ...... 78 4.4.3 Exkurs: Luftkurort Weilburg ...... 87 4.5 Handlungsfeld 5: Verkehr und Mobilität ...... 88 4.5.1 Motorisierter Individualverkehr (MIV) ...... 88 4.5.2 Parken in der Innenstadt ...... 90 4.5.3 Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ...... 93 4.5.4 Radverkehr ...... 95 4.5.5 Fußgängerverkehr...... 97 4.5.6 E-Mobilität...... 98 4.5.7 Maßnahmen/Projekte ...... 99

5 Maßnahmenübersicht mit Prioritäten ...... 102

6 Literaturverzeichnis ...... 112

III

Abkürzungsverzeichnis

BMVI Bundesministerium für Verkehr; bau und Stadtentwicklung

EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz

GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung

GVFG Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

GWh Gigawattstunde

HW Hauptwohnsitz

KEEA Klima und Effizienz Agentur kWh Kilowattstunde

KWKG Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz

NW Nebenwohnsitz

ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr

OSM OpenStreetMap

PV Photovoltaik

SGB II Sozialgesetzbuch Zweites Buch

VDI Verein Deutscher Ingenieure

VGLDW Verkehrsgesellschaft Lahn-Dill-Weil

WFG Wirtschaftsförderung Limburg-Weilburg-Diez

WWW Wirtschafts-Werbung Weilburg

IV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Kernstadt Weilburg ...... 2 Abbildung 2: Weilburg mit seinen Stadtteilen ...... 3 Abbildung 3: Weilburg und umliegende Stadtteile mit zentralörtlicher Funktion ...... 4 Abbildung 4: Prognose der Altersstruktur für die Jahre 2012 bis 2030 ...... 9 Abbildung 5: Lahnufer zwischen der Alten Brücke und dem Bootsverleih ...... 14 Abbildung 6: Lahnufer im Bereich des Parkdecks am Lahn-schleifenhotel ...... 15 Abbildung 7: Kirchhofsmühle an der Straße Im Bangert ...... 15 Abbildung 8: Luftbildaufnahme der Weilburgs von 2009...... 19 Abbildung 9: Hochschloss und barockes Postgebäude am Postplatz sowie Landtor und Wehrturm...... 20 Abbildung 10: Leerstände der z.T. sanierungsbedürftigen Erdgeschosszonen in der Innenstadt...... 21 Abbildung 11: Aufdringliche Werbung in der Neugasse und Rathaus-Parkhaus ...... 21 Abbildung 12: Bahnhofsstraße. Foto: Koch 2009 ...... 22 Abbildung 13: Stadtvillen in der Adolfstraße und störender Flachbau in der Limburger Straße 27, Sparkassengebäude vor und nach dem Umbau ...... 23 Abbildung 14: Eigenheime am Kirmesplatz und in der oberen Kruppstraße ...... 23 Abbildung 15: Mietwohnungen in der Mozartstraße und am Kirmesplatz ...... 24 Abbildung 16: Entwurf des Hallenbad-Neubaus ...... 25 Abbildung 17: Renovierungsbedürftige Kirchhofsmühle in der Straße Im Bangert ...... 25 Abbildung 18: Baustruktur Weilburgs ...... 26 Abbildung 19: Ensemble Untere Frankfurter Straße und Tunnelensemble ...... 27 Abbildung 20: Gesamtanlagen und Einzeldenkmäler Denkmalschutz ...... 27 Abbildung 21: Kirmesplatz und Festplatz ...... 28 Abbildung 22: König-Konrad-Platz ...... 29 Abbildung 23: Postplatz und Berliner Pankgrafenplatz sowie Freifläche vor dem Komödienbau und Marktplatz ...... 30 Abbildung 24: Kirchweg ...... 31 Abbildung 25: Marktanteilsentwicklung nach Betriebsform 2003 bis 2014 (IFH) ...... 36 Abbildung 26: Einzelhandelsschwerpunkte in Weilburg nach Angebotsschwerpunkten...... 38 Abbildung 27: Flächennutzungen in der Weilburger Altstadt ...... 40 Abbildung 28: Zentren- und Standortstruktur in Weilburg ...... 41

V

Abbildung 29: Vergleich der Gesamtzahl der Übernachtungen mit der Gesamtzahl der Besucher von Sehenswürdigkeiten ...... 45 Abbildung 30: Leerstände in der Neugasse und Marktstraße ...... 47 Abbildung 31: Ladenleerstände in der Weilburger Innenstadt (Erdgeschossnutzung), Stand Oktober 2016 ...... 48 Abbildung 32: Einziger Spielplatz in der Altstadt ...... 56 Abbildung 33: Bildungseinrichtungen in Weilburg ...... 63 Abbildung 34: Bestuhlung des Platzes für ein musikalisches Event in der Altstadt ...... 66 Abbildung 35: Teil des Freizeitangebots, der Modellbau- Park am Lahnufer ...... 67 Abbildung 36: „Rollschiff“ als Verbindung zur anderen Lahnseite ...... 67 Abbildung 37: Potentialflächen an den Uferbereichen bspw. für Sitzstufen mit Blick auf das Schloss ...... 67 Abbildung 38: Landschaftsschutzgebiete in Weilburg und Umgebung ...... 71 Abbildung 39: Das Gebück vor dem Schlossgarten, Blick auf das Gebück mit Schlossanlage 72 Abbildung 40: Hauseley-Tempelchen...... 73 Abbildung 41: Früherer Friedhof, nun Parkanlage ...... 73 Abbildung 42: Baumallee der Limburger Straße, angelegte Terrassengärten „Im Bangert“ .. 73 Abbildung 43: Karte mit Standorten der Begrünung ...... 75 Abbildung 44: Fotos zu Abbildung 43 ...... 76 Abbildung 45: Anteil erneuerbarer Energie am Strom und Wärmeverbrauch im Jahr 2011 .. 81 Abbildung 46: Räumliche Verortung der Erneuerbaren-Energien-Anlagen im Stadtgebiet .... 82 Abbildung 47: Teilortsumgehung mit Oberlahnbrücke ...... 89 Abbildung 48: Von Sckell-Platz...... 90 Abbildung 49: Übersicht Parkmöglichkeiten in der Innenstadt ...... 91 Abbildung 50: Parkplatzübersicht Innenstadt Weilburg, Parkdeck Rathaus, Parkhaus Innenstadt, Parkscheinregelung am Marktplatz sowie gebührenfreies Parken im Bangert ...... 92 Abbildung 51: Liniennetzplan des Landkreises Limburg-Weilburg ...... 93 Abbildung 52: Citybus an der behindertengerecht gestalteten Haltestelle am Rathaus, Weilburger Bahnhof und ZOB ...... 94 Abbildung 53: Verlauf und Ausschilderung des Lahntalradweges R7 sowie Hinweise auf innerstädtische Radrouten („Altstadtroute“, „Flussroute“) ...... 95 Abbildung 54: Entwurf der geplanten „Radstätten“ des Radwegs Deutsche Einheit ...... 96 Abbildung 55: Kopfsteinpflaster in der Altstadt ...... 97 Abbildung 56: Rollschiff und Ernst-Dienstbach-Steg zur Querung der Lahn ...... 97 VI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einwohnerentwicklung Weilburgs (Haupt- und Nebenwohnsitze je Ortsteil) ...... 6 Tabelle 2: Bevölkerung nach Alter in den Stadtteilen...... 8 Tabelle 3: Anstieg des Durchschnittsalters zwischen den Jahren 2000 und 2030 ...... 9 Tabelle 4: Arbeitsmarktsituation im Kreis Limburg-Weilburg im Juli 2016 und Veränderungen zum Vorjahresmonat ...... 11 Tabelle 5: Jahresdurchschnittswerte zur Arbeitsmarktsituation im Kreis Limburg-Weilburg von 2011-2015 ...... 11 Tabelle 6: Jahresdurchschnittswerte zur Arbeitsmarktsituation in der Stadt Weilburg von 2011-2015 ...... 11 Tabelle 7: Flächennutzung nach Branchen 2009 ...... 39 Tabelle 8: Sortimentstypen nach Empfehlungen der GMA 2009 ...... 42 Tabelle 9: Verteilung des Energieverbrauchs im Jahr 2011 ...... 80 Tabelle 10: Parkmöglichkeiten in der Innenstadt ...... 92

VII

1 Anlass und Vorgehensweise

Die Stadt Weilburg befindet sich im Landkreis Limburg-Weilburg und hat aktuell knapp 13.600 Einwohner 1. Weilburg hat einige besondere Attraktionen aufzuweisen. Hierunter fallen bei- spielsweise das Schloss mit seinem malerischen Schlossgarten, ein einzigartiges Tunnelensem- ble aus Eisenbahn-, Schiffs- und Straßentunnel, eine Kristallhöhle sowie ein Tiergarten. Die gesamte Altstadt steht unter Denkmalschutz und bietet reizvolle Orte. Aufgrund seiner Lage an der Lahn ist die Stadt bei Rad- und Kanutouristen bekannt.

Die Stadt Weilburg hat in den letzten Jahrzehnten vielfältige Maßnahmen durchgeführt, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Altstadt wurde im Rahmen des För- derprogramms „Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen“ umfassend saniert. Die umliegenden Innenstadtbereiche sind seit 2002 ebenfalls mit Unterstützung von Städtebauförderungsmit- teln als Sanierungsgebiet ausgewiesen, so dass hier ebenfalls zahlreiche Projekte zur städte- baulichen Aufwertung und zur Beseitigung von Leerständen ehemaliger durch Behörden ge- nutzter Gebäude umgesetzt wurden.

Als Vorbereitung für den Hessentag 2005 erfolgten bedeutende verkehrliche Maßnahmen. Die Bundesstraße B 456 verläuft seitdem nicht mehr um die Altstadt, sondern tangiert diese jetzt nur noch als Umgehungsstraße. Außerdem wurde in Zusammenhang mit der Umgehungs- straße ein weiteres Parkdeck für die Altstadt eingerichtet.

Trotz der Potentiale, die die Stadt aufzuweisen hat, und der Anstrengungen, die in den letzten Jahrzehnten vorgenommen wurden, weist insbesondere die Altstadt funktionale Missstände auf. Hier steht eine drastische Zahl der Geschäfte leer, so dass die Innenstadt für die Einwoh- ner, abgesehen vom gastronomischen Angebot, kaum Anziehungspunkte bietet.

Um Abhilfe zu schaffen, möchte die Stadt Weilburg einen Antrag auf Aufnahme in das Pro- gramm „Lokale Ökonomie“ stellen. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass ein inte- griertes Stadtentwicklungskonzept vorliegt. Die Stadt Weilburg hat in den vergangenen Jahren verschiedene Konzepte und Gutachten erarbeiten lassen, um die weitere Stadtentwicklung zu steuern. Hierbei handelt es sich um folgende Berichte:

° Stadt Leben - Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; bearbeitet durch Planungsbüro Koch, Aßlar; Dezember 2009

° Gutachten zum kommunalen Einzelhandelskonzept für die Stadt Weilburg an der Lahn; bearbeitet durch GMA; September 2009

° Energie- und Klimaschutzkonzept für die Stadt Weilburg an der Lahn; bearbeitet durch Klima und Energieeffizienz Agentur (KEEA), Kassel; Mai 2014

° Leerstandserhebungen für die Innenstadt aus den Jahren 2009 und 2016, bearbeitet durch NH ProjektStadt

1 Einwohner mit Erstwohnsitz, Stand 13.07.16 1

Ziel des hiermit vorgelegten Werkes ist es, die verschiedenen vorhandenen Berichte und Gut- achten zu einem Handlungskonzept zusammenzuführen und auf die aktuelle Sachlage anzu- passen. Somit ist das Integrierte Stadtentwicklungskonzept eine Fortführung des Masterplans, der um die noch nicht einbezogenen Inhalte der anderen Berichte ergänzt wird.

Da die strukturellen Probleme insbesondere die Kernstadt betreffen, bezieht sich das Inte- grierte Stadtentwicklungskonzept – ebenso wie der Masterplan 2009 – mit seinen Handlungs- empfehlungen auf die Kernstadt Weilburgs und nicht auf die umliegenden Stadtteile. Dieses ist auch damit zu begründen, dass hier der maßgebliche Handlungsbedarf vorhanden ist.

Der Masterplan aus dem Jahr 2009 wurde unter Einbeziehung eines Arbeitskreises, der sich aus verschiedenen Gruppen des öffentlichen Lebens in Weilburg zusammensetzte, erarbeitet. Im Rahmen der Erstellung des integrierten Stadtentwicklungskonzept wurden Gespräche mit dem Bürgermeister der Stadt Weilburg sowie Mitarbeitern der Stadtverwaltung geführt, um die Aktualität der im Masterplan benannten Maßnahmen zu überprüfen.

Abbildung 1: Abgrenzung des Untersuchungsgebietes Kernstadt Weilburg. Quelle: www.hessenviewer.de

2

2 Allgemeine Grundlagen

2.1 Geografische Lage

Die Stadt Weilburg liegt im Lahntal zwischen und . Sie befindet sich damit im Landkreis Limburg-Weilburg, welcher dem Gießen zugeordnet ist.

Weilburg liegt an der Lahn und der Weil, welche unweit der Kernstadt in die Lahn mündet. Innerhalb der Gemeindegrenzen Weilburgs sind die Mäander der Lahn besonders stark ausge- prägt. Die sogenannte Lahnschleife sowie die auf einem Plateau liegende Altstadt mit seinem prächtigen Schloss sind prägend für die Gestalt und das Image Weilburgs.

Die Stadt Weilburg gliedert sich in elf Stadtteile, die in der nachfolgenden Karte dargestellt sind. Die Stadtteile Waldhausen und Kubach sind siedlungsräumlich mit der Kernstadt verbun- den, während die übrigen Stadtteile räumlich getrennt und zudem eher ländlich geprägt sind.

Abbildung 2: Weilburg mit seinen Stadtteilen. Quelle: Hessisches Landesamt für Bodenmanagement und Geoin- formation (2016)

3

2.1.1 Zentralörtliche Lage

Weilburg ist im Landesentwicklungsplan dem ländlichen Raum zugeordnet. In der raumstruk- turellen Gliederung des Regionalplans ist Weilburg als Mittelzentrum ausgewiesen, obwohl seine Kernstadt mit ca. 4.900 Einwohnern nicht die für diese Einstufung eigentlich erforderli- chen 7.000 Bewohner aufweist. Wegen seiner Bedeutung im ländlichen Raum und im Verflech- tungsbereich wurde die Stadt dennoch als Mittelzentrum aufgenommen. 2 Mittelzentren verfü- gen über Einrichtungen des gehobenen Bedarfs, die über das Angebot in den sogenannten Grundzentren hinausgehen. Sie bieten Waren, Dienstleistungen und Infrastrukturangebote, die in den umliegenden kleineren Städten und Gemeinden nicht vorgehalten werden können, wie z. B. Krankenhaus, weiterführende Schulen, Kino oder Schwimmbad. Weilburg kommt da- bei mit 29 Schulen und Bildungseinrichtungen sowie zahlreichen kulturellen Einrichtungen auch eine große Bedeutung als Bildungs- und Kulturstandort zu.

Abbildung 3: Weilburg und umliegende Stadtteile mit zentralörtlicher Funktion. Quelle: Kartengrundlage OSM, Be- arbeitung durch NH ProjektStadt

2 vgl. Regionalplan 2010, S. 34 4

Die Stadt Weilburg ist aufgrund ihrer Funktion als Mittelzentrum Sitz diverser öffentlicher Ämter und Behörden. Am Standort Weilburg befinden sich zum Beispiel eine Außenstelle der Kreis- verwaltung Limburg-Weilburg, das staatliche Schulamt, eine Verwaltungsstelle des Finanzam- tes, die Bundesknappschaft, das Forstamt sowie das Amtsgericht Weilburg. Weilburg nimmt dadurch eine nicht unbedeutende Rolle in der Verwaltungsstruktur des Kreises ein.

Die Stadt Weilburg konkurriert mit den umliegenden Städten. Limburg an der Lahn als Mittel- zentrum mit Teilfunktionen eines Oberzentrums liegt ca. 22 km entfernt. Weitere Mittelzentren in ähnlicher Entfernung sind Herborn (20 km), /Hachenburg (20 km) und Usingen (25 km). Östlich von Weilburg liegen (20 km) und Gießen (30 km), welche gemeinsam in Funktionsverbindung ein Oberzentrum bilden. Die Abbildung 3 verdeutlicht die regionale Lage der Stadt Weilburg.

2.1.2 Verkehrliche Anbindung

Eine wichtige Straßenverbindung stellt die B 456 dar, die im Süden bis Oberursel (Anschluss an A 661 Richtung Frankfurt) und im Norden bis zur B 49 führt. Die B 49 bietet schnelle Verbindungen nach Limburg an der Lahn (A 3) und Wetzlar (A 45).

Zudem liegt die Stadt an der Lahntalbahn, wodurch eine direkte Anbindung an den Regional- verkehr vorhanden ist. Eine direkte Bahnverbindung nach Frankfurt am Main ist jedoch nicht gegeben. Trotz dieser Anbindungen an das Straßen- und Schienennetz ist die verkehrliche Erreichbarkeit „insgesamt als suboptimal zu bezeichnen“ 3. In Kapitel 4.5 wird auf das Hand- lungsfeld Verkehr detaillierter eingegangen.

3 vgl. GMA, Gutachten zum Kommunalen Einzelhandelskonzept für die Stadt Weilburg an der Lahn, 2009, S. 17 5

2.2 Bevölkerungsstruktur und Prognosen

2.2.1 Einwohnerzahlen

Die Stadt Weilburg weist in ihrer aktuellen Einwohnerstatistik am Stichtag 13.07.2016 eine Gesamteinwohnerzahl von 14.173 auf 4. Diese setzen sich zusammen aus 13.608 Hauptwohn- sitzen und 547 Nebenwohnsitzen. Da die Statistiken des Landes nur Hauptwohnsitze berück- sichtigen, werden in den folgenden textlichen Ausführungen auch nur die Anmeldungen am Hauptwohnort Weilburg betrachtet, wenn von Einwohnern oder der Bevölkerung gesprochen wird.

Die Einwohner verteilen sich auf insgesamt elf Stadtteile. Die Kernstadt Weilburg stellt mit 4.919 Bewohnern den Siedlungsschwerpunkt dar. Die nächstgrößeren Ortsteile mit jeweils über 1.000 Einwohnern sind Waldhausen, Kubach und Odersbach.

Insgesamt verläuft die Bevölkerungsentwicklung Weilburgs seit dem Jahr 1995 relativ stabil, wie folgende Tabelle verdeutlicht. Innerhalb der Ortsteile änderte sich die Gesamtbevölkerung zum Teil jedoch sehr stark.

Einwohnerentwicklung Weilburgs (Haupt- und Nebenwohnsitze je Ortsteil) 1995 2000 2005 2010 2015 2016 HW NW HW NW HW NW HW NW HW NW HW NW

Weilburg 5374 524 5157 533 5004 415 4760 380 4879 334 4919 317

Ahausen 849 38 738 53 712 24 672 22 649 17 644 15

Bermbach 305 22 401 19 398 16 391 11 367 8 368 9

Drommershausen 548 26 517 26 513 6 494 12 511 7 513 7

Gaudernbach 838 29 885 30 871 20 831 21 834 16 834 19

Hasselbach 471 17 500 13 450 12 387 10 399 10 383 7

Hirschhausen 664 50 731 49 735 39 683 27 707 22 708 24

Kirschhofen 743 19 741 27 728 13 741 13 697 13 697 14

Kubach 1121 54 1352 57 1625 53 1614 50 1533 55 1539 50

Odersbach 1097 95 1121 101 1085 56 1020 42 1071 39 1024 39

Waldhausen 1257 48 1361 56 1412 52 1330 48 1925 48 1979 46

Gesamt 13267 922 13504 964 13533 706 12923 636 13572 569 13608 547

Gesamt HW und NW 14189 14468 14239 13559 14141 14155

Tabelle 1: Einwohnerentwicklung Weilburgs (Haupt- und Nebenwohnsitze je Ortsteil). Quelle: Daten der Stadt Weilburg, Juli 2016

4 Quelle: Stadt Weilburg, 2016 6

Bemerkenswert ist insbesondere die Abnahme der Bevölkerung in der Kernstadt mit der zeit- gleichen Zunahme in den an die Kernstadt angrenzenden Stadtteilen Kubach und Waldhausen. In der Kernstadt waren im Jahr 1995 noch 5.374 Einwohner mit Hauptsitz gemeldet. In 2016 sind es nur noch 4.919 Einwohner und damit 455 Personen bzw. etwa 8,5 % weniger. Gleich- zeitig ist die Summe der Einwohner in der Gesamtstadt in diesen Vergleichsjahren so gut wie gleich geblieben.

Die Abnahme in der Kernstadt lässt sich hauptsächlich durch eine sogenannte natürliche Be- völkerungsentwicklung und damit Sterbefälle, aber auch durch Fortzüge (insbesondere von jungen Erwachsenen) erklären. Zudem erfolgte in diesem Zeitraum kein Wohnungsbau in der Kernstadt.

Die Zuwächse erfolgten an anderer Stelle. In Kubach waren 1995 noch 1.121 Einwohner ge- meldet. In 2016 waren es bereits 1.539, welches einer Steigerung um 418 Personen bzw. 37 % entspricht. Dieses ist darauf zurückzuführen, dass hier Neubaugebiete ausgewiesen wur- den. 5

In Waldhausen stieg die Bevölkerungszahl von 1.257 auf 1.979 und nahm damit um 722 Per- sonen (davon ca. 600 Flüchtlinge) bzw. über 57% zu. Der starke Anstieg der Einwohner Wald- hausens hing damit zusammen, dass sich dort ein Erstaufnahmelager für Flüchtlinge befand. Da das Erstaufnahmelager inzwischen wieder geschlossen wurde, gehen die Zahlen in den nächsten Jahren wieder zurück.

Der Stadtteil Ahausen hatte in diesem Zeitvergleich Rückgänge von etwa einem Viertel der Bevölkerung zu verzeichnen. Auch dieses ist auf Sterbefälle und Fortzüge zurückzuführen. Die übrigen Stadtteile weisen geringere Zugänge oder Abgänge aus.

Insgesamt liegt in Weilburg eine negative natürliche Bevölkerungsentwicklung vor. Gemäß Auswertungen der Bertelsmann-Stiftung gab es im Jahr 2014 7,6 Geburten pro 1.000 Einwoh- ner, während die Zahl der Sterbefälle bei 11,9 pro 1.000 Einwohner lag. Daraus ergibt sich ein negativer Saldo von -4,3. 6

Bevölkerungsprognose

Für die Zukunft sagen Prognosen für die Stadt Weilburg eine rückläufige Bevölkerungsentwick- lung voraus. Die Bertelsmann-Stiftung prognostiziert für die Gesamtstadt zwischen 2012 bis 2030 einen Bevölkerungsrückgang um fast 1.000 Personen und damit eine Abnahme um 7,9% von 12.660 auf 11.670 Einwohner 7.

Auch die Prognose der Hessen Agentur GmbH benennt für den gesamten Landkreis Limburg- Weilburg Bevölkerungsrückgänge im Zeitraum von 2013 bis 2030, hier sind es im Kreisdurch- schnitt jedoch nur etwa 4,2 Prozent.8

5 gemäß Aussage Stadtbüro Weilburg, September 2016 6 vgl. www.wegweiser-kommune.de 7 ebd. 8 vgl. Hessen Agentur, Bevölkerungsvorausschätzung, 2015, S. 10 7

Die Prognosen für Weilburg und den Landkreis sind damit symptomatisch für ganz Mittelhes- sen. Denn bis auf wenige Ausnahmen, muss in fast allen Gemeinden Mittelhessens mit Bevöl- kerungsrückgang gerechnet werden. Diese Entwicklungen gehen einher mit einer zunehmen- den Alterung der Bevölkerung sowie Abwanderungen insbesondere aus ländlichen Gemeinden. Die Zahl von Kindern, Schülern, Studierenden und Steuerzahlern nimmt ab, während gleich- zeitig die Zahl von pflegebedürftigen alten Menschen steigt. Bei größerem Ausmaß können

sich daraus Bedarfsverschiebungen in der kommunalen Nutzungsstruktur, eine Unterauslas- tung des ÖPNV sowie ein Wohnungsüberangebot und Leerstände in bestimmten Gebieten er- geben.

2.2.2 Altersstruktur

Das Durchschnittsalter im Jahr 2014 betrug in Weilburg laut Daten der Bertelsmann-Stiftung 45,1 Jahre. Im Landkreis Limburg-Weilburg lag es zum selben Zeitpunkt etwas darunter bei 44,3 Jahre und im Land Hessen bei 43,8 Jahre. Das bedeutet, dass die Bevölkerung in der Stadt Weilburg im Betrachtungsjahr im Durchschnitt geringfügig älter war als im Landkreis und in Hessen.

In der Stadt Weilburg gibt es Stadtteile mit höheren Anteilen von jungen oder älteren Perso- nen. Tabelle 2 zeigt die Altersstruktur in den Stadtteilen im Juli 2016; hierbei handelt es sich um Personen mit Haupt- oder Nebenwohnsitz:

Jahr 2016 bis 6 J. 6 bis 15 J. 15 bis 18 J. 18 bis 25 J. 25 bis 65 J. 65 bis 75 J. 75 J. u. älter Gesamt Weilburg 285 397 158 529 2.766 482 616 5.233 Ahausen 21 46 8 53 352 93 85 658 Bermbach 19 39 14 25 214 32 34 377 Drommershausen 27 46 17 39 286 53 52 520 Gaudernbach 43 75 31 81 487 76 60 853 Hasselbach 14 23 13 32 212 43 53 390 Hirschhausen 47 63 33 47 379 75 88 732 Kirschhofen 25 56 25 55 390 65 95 711 Kubach 73 139 62 143 885 147 140 1.589 Odersbach 41 57 25 108 545 109 177 1.062 Waldhausen 129 166 59 318 1.057 155 141 2.025 Gesamt 724 1.107 445 1.430 7.573 1.330 1.541 14.150

Tabelle 2: Bevölkerung nach Alter in den Stadtteilen.

8

Den im Verhältnis zur Einwohnerzahl höchsten Anteil von älteren Bewohnern haben die Stadt- teile Ahausen, Hasselbach und Odersbach. Die prozentual meisten Kinder und Jugendlichen bis 15 Jahre leben in den Stadtteilen Bermbach, Drommershausen, Gaudernbach, Hirschhau- sen und Kubach.

Nach der Prognose der Bertelsmann-Stiftung wird sich die Alterstruktur der Einwohner Weil- burgs zwischen den Jahren 2012 und 2030 jedoch deutlich ändern, wie die Abbildung 4 ver- deutlicht. Die Anzahl der Kinder, Jugendlichen und Menschen im erwerbsfähigen Alter wird sinken, während der Anteil der über 65-Jährigen stark steigen wird. Allein für die Gruppe der 65 bis 79-Jährigen soll eine Zunahme um 30% erfolgen. Eine weitere Überalterung und insge- samt noch stärkere Bevölkerungsverluste werden bis 2050 prognostiziert.

Abbildung 4: Prognose der Alter sstruktur für die Jahre 2012 bis 2030. Quelle: Bertelsmann -Stiftung, www.wegwei- ser-kommune.de

Eine ähnliche Entwicklung wird von der Hessen Agentur GmbH für den Landkreis Limburg- Weilburg vorhergesagt. So wird das Durchschnittsalter im Landkreis verglichen mit ganz Hes- sen bis 2030 überdurchschnittlich ansteigen.

Entwicklung des Durchschnittsalters (in Jahren) Landkreis Regierungsbezirk Gießen Hessen Limburg-Weilburg 2000 40,3 40,4 41,1

2013 44,1 43,7 43,7

2020 45,5 45,1 44,9

2030 47,6 47,0 46,6

Tabelle 3: Anstieg des Durchschnittsalters zwischen den Jahren 2000 und 2030. Quelle: Hessen Agentur 2015

9

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass langfristig aufgrund der rückläufigen Geburten- raten von einem Rückgang der Bevölkerungszahlen und einer verstärkten Alterung der Gesell- schaft auszugehen ist, sofern diese natürliche Bevölkerungsentwicklung nicht durch Wande- rungen ausgeglichen werden kann.

2.3 Beschäftigung und soziale Situation

Insgesamt zählte die Stadt Weilburg zum Stichtag am 30.06.2015 4.738 sozialver-sichungs- pflichtig Beschäftigte am Arbeitsort, davon 544 (knapp 12 %) junge Menschen unter 25 Jahren und 896 (knapp 19 %) ältere Arbeitnehmer über 55 Jahren. 289 (rund 6 %) der Beschäftigten besitzen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Darüber hinaus ist Weilburg auch Arbeitsort für 1.670 geringfügig Beschäftigte (sog. „Minijobber“). Von den sozialver-sicherungspflichtig Beschäftigten waren 2015 3.291, also knapp 70 %, Einpendler. 2011 hatte Weilburg zum Ver- gleich insgesamt noch 5.518 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und mehr als 73 % Ein- pendler zu verzeichnen. Die hohe Zahl an Einpendlern steht dem negativen Pendlersaldo des Kreises Limburg-Weilburg entgegen, der insgesamt deutlich mehr Aus- als Einpendler aus- weist. 9

Mit 2.193 Beschäftigten (46,29 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) ist das Dienstleistungsgewerbe in Weilburg eindeutig prägend, gefolgt vom Produzierenden Gewerbe mit 1.611 Beschäftigten (34,0 %) sowie Handel, Verkehr und Gastgewerbe (928 Beschäftigte; 19,59 %). Land-, Forstwirtschaft und Fischerei sind mit in lediglich sechs Beschäftigten (0,13%) weit abgeschlagen. 10

Die Zahl der Arbeitslosen lag im Juni 2015 bei 388 und damit um 8,37 % niedriger als noch im Vorjahr. Zu diesen Arbeitslosen zählten 159 Langzeitarbeitslose, 44 Personen unter 25 Jah- ren, 69 über 55 Jahren sowie 86 Ausländer. Seit 2011 lag die Arbeitslosenzahl bis dahin nie unter 400. Der jüngste Rückgang der Arbeitslosenzahl spiegelt auch den generellen Trend auf Kreisebene hin zu einer geringeren Arbeitslosenquote (Juli 2016 4,7 % im Vgl. zum Juli 2015 5,2 %) wider.11

Von den 4.786 Arbeitslosen im Kreis Limburg-Weilburg im Jahr 2015 fielen 3.211 Personen (etwa 67 %) unter SGB II (Arbeitslosengeld II/Hartz IV), 1.477 unter SGB III (Arbeitslosen- geld, Leistungen zur ARbeitsförderung). 12 In Weilburg selbst fielen 2015 279 der 388 Arbeits- losen (knapp 72 %) unter SGB II und 109 unter SGB III. 13

9 Bundesagentur für Arbeit 2016 10 ebd. 11 Weilburger Tageblatt 2016 12 Bundesagentur für Arbeit 2016 13 ebd. 10

Tabelle 4: Arbeitsmarktsituation im Kreis Limburg-Weilburg im Juli 2016 und Veränderungen zum Vorjahresmo- nat. Quelle: https://statistik.arbeitsagentur.de

Kreis Limburg-Weilburg 2011 2012 2013 2014 2015 Sozialversicherungspflichtig 46.175 46.478 46.999 48.360 49.731 Beschäftigte insg. Einpendler k.A. k.A. 16.256 16.481 17.372 Auspendler k.A. k.A. 27.527 27.521 28.548 Arbeitslose insg. 5.100 5.079 5.222 5.084 4.786 Arbeitslosenquote (in %) 5,8 5,7 5,8 5,6 5,3 SGB II-Empfänger 3.480 3.348 3.326 3.278 3.211

Tabelle 5: Jahresdurchschnittswerte zur Arbeitsmarktsituation im Kreis Limburg-Weilburg von 2011-2015. Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2016

Stadt Weilburg 2011 2012 2013 2014 2015

Sozialversicherungspflichtig 5.518 4.858 4.713 4.684 4.738 Beschäftigte insg.

Einpendler 4.040 3.382 3.271 3.267 3.291

Auspendler 2.679 2.740 2.807 2.847 2.915

Arbeitslose insg. 414 403 433 423 388

Arbeitslosenquote (in %) k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.

SGB II-Empfänger 288 278 288 285 279

Tabelle 6: Jahresdurchschnittswerte zur Arbeitsmarktsituation in der Stadt Weilburg von 2011-2015. Quelle: Bun- desagentur für Arbeit 2016

11

Unter den Mitte 2016 14.085 Einwohnern der Stadt Weilburg sind rund 11.555 Deutsche sowie 2.530 Ausländer, die sich wiederum auf 81 Nationalitäten verteilen. Die Ausländerquote liegt somit bei knapp 18 %. Die vier größten Gruppen der ausländischen Mitbürger sind Türken (474), Kasachen (233), Polen (187) und Russen (170).14 Der Ausländeranteil in Hessen lag im Vergleich dazu Ende 2014 bei rund 13 %, auf Kreisebene (Limburg-Weilburg) lag er zur selben Zeit bei 8,74 %.15 Die hohe Ausländerquote in Weilburg könnte nicht zuletzt auch damit zu- sammenhängen, dass im September 2015 eine Industriehalle im Stadtteil Waldhausen als Erst- aufnahmeeinrichtung für bis zu 600 Flüchtlinge ertüchtigt wurde.16

Im Allgemeinen ist die ausländische Bevölkerung relativ gut integriert. Probleme bereitet in diesem Zusammenhang nur die Integration von Teilen der russlanddeutschen Bevölkerung.

Das Angebot für hilfsbedürftige Menschen kann allgemein als gut angesehen werden. Hier sind das Sozialkaufhaus, die Jugend- und Drogenberatung, die Senioren- und Pflegeheime, die Le- benshilfe, integrative Einrichtungen wie die Walderbachschule, die Windhofschule, die Pestalozzischule, die Caritas, das Diakonische Werk oder das Streetwork-Angebot zu nennen. Auch ein reges kirchliches Leben ist zu verzeichnen.17

Die ärztliche Versorgungsituation (u.a. ist ein Kreiskrankenhaus vorhanden) kann generell als gut bewertet werden, auch wenn hier bereits erste Defizite zu erkennen sind. 18 Die Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes Hessen ergibt für Weilburg insgesamt ein Ange- bot an 43 Haus- und Fachärzten unterschiedlicher Fachrichtungen. 19

2.4 Entwicklungsmöglichkeiten

Ein wesentlicher Plan zur Steuerung der zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten in einer Stadt ist der Flächennutzungsplan. Hier wird beispielsweise festgelegt, wo zukünftige Baugebiete für Wohnbebauung oder Gewerbegebiete entstehen sollen. Weitere Entwicklungsmöglichkeiten bestehen auf Grundlage des Flächennutzungsplans auf einer viel kleinteiligeren Ebene. In Weil- burg bieten die innerstädtischen Flächen an der Lahn ungenutzte Potentiale, da sie bislang nur ansatzweise in die Stadt integriert sind. Ein sogenanntes „Lahnschleifenkonzept“ soll Maßnah- men für eine städtebauliche Aufwertung, weitere Nutzungsmöglichkeiten sowie eine bessere Anbindung zwischen Stadt und Lahn aufzeigen. Im Folgenden werden die wesentlichen Infor- mationen zu den Entwicklungsmöglichkeiten aus dem Flächennutzungsplan und dem Lahn- schleifenkonzept aufgeführt.

14 Nassauische Neue Presse 2016 15 Bundesagentur für Arbeit 2016 16 Nassauische Neue Presse 2015 17 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 70 f. 18 ebd., S. 71 19 Kassenärztliche Vereinigung Hessen 2013 12

2.4.1 Flächennutzungsplan

Der überarbeitete Flächennutzungsplan der Stadt Weilburg trat am 19.03.2016 in Kraft. Der neue Plan weist 14 Hektar zusätzliche Wohnbauflächen sowie 17 Hektar weitere Gewerbeflä- chen aus.

In der Kernstadt selbst sind die Entwicklungsmöglichkeiten sehr begrenzt und es gibt nur drei Grundstücke, die für neue Wohngebäude zur Verfügung stehen könnten. Zunächst bietet ein ca. 0,5 Hektar großes Areal, festgesetzt im Bebauungsplan „Vor dem Windhof“, Platz für sechs Bauplätze. Darüber hinaus soll eine derzeit als Parkplatz genutzte Fläche an der Straße Im Bangert (unterhalb des Parkhauses am Rathaus) zukünftig für betreutes Wohnen zur Verfü- gung stehen. Auch für den Kirmesplatz an der Limburger Straße ist eine Umnutzung für Woh- nen sowie ein Ärztehaus angedacht. Für die Realisierung ist allerdings noch ein Bebauungsplan erforderlich. Mit diesen drei Flächen sind die Potentiale für weitere Wohnbebauung in der Kernstadt bereits ausgeschöpft.

Im Stadtteil Kubach, der an die Kernstadt angrenzt, sind Wohnbauflächen für ca. 40 Bauplätze vorgesehen, die ab ca. 2018 bebaut werden könnten. In Waldhausen sollen weitere 50 Bau- plätze zeitlich gestaffelt umgesetzt werden. In Odersbach wird ein Baugebiet für ca. 15-20 Bauplätze geschaffen. Darüber hinaus sollen im Stadtteil Ahausen voraussichtlich ab 2025 etwa zwölf weitere Bauplätze zur Verfügung stehen. Im Stadtteil Bermbach ist ein Bebauungspo- tential für etwa 30 Bauplätze vorgesehen.

Nach den Festsetzungen des Flächennutzungsplans können insgesamt etwa 14 Hektar zusätz- liche Wohnbauflächen beziehungsweise circa 170 Wohnbauplätze entstehen. Da die Flächen abschnittsweise und in zeitlichen Etappen umgesetzt werden, dienen sie nach Einschätzung des Bauamtes in erster Linie zur Deckung des Eigenbedarfs der Stadt. Bevölkerungssteigerun- gen hierdurch sind daher höchstens in geringem Umfang zu erwarten.

Gewerbeflächen sind bislang schwerpunktmäßig in den Stadtteilen Kubach, Waldhausen und Gaudernbach vorhanden. In diesen drei Stadtteilen sind auch die zukünftigen Flächenpotenti- ale für Gewerbeansiedlungen vorgesehen. Insgesamt sind im Flächennutzungsplan ca. 17 Hek- tar weitere Gewerbeflächen ausgewiesen. Die Flächen bieten Potentiale zur Neuansiedlung von Gewerbebetrieben, wobei die Stadt bei der Ansiedlung darauf achtet, dass die Betriebe positive Impulse für die Stadt bewirken, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung von Ar- beitsplätzen. Darüber hinaus wurde von der Stadt eine Sortimentsliste beschlossen, die besagt, dass zentrenrelevante Betriebe in der Innenstadt angesiedelt werden sollen.

13

2.4.2 Lahnschleifenkonzept 20

Das Lahnschleifenkonzept wurde bereits im Masterplan aus dem Jahr 2009 als „Vision: Erleb- nisraum Lahnschleife“ aufgeführt. Während die Altstadt mit ihrem Schloss eine Attraktion dar- stellt, liegen die Flächen an der Lahn eher in einem „Dornröschenschlaf“. Zum einen hat die Bebauung entlang der Lahnschleife in Teilbereichen eher einen Hinterhofcharakter (an der Hainallee). Dieses gilt auch für den Bereich des Lahnschleifenhotels mit seinem Parkdeck. Die Lahn ist in der Regel durch Parkplätze oder heftigen Bewuchs abgetrennt und dadurch nicht erlebbar. Der Festplatz, der auch zum Parken genutzt wird, präsentiert sich in der Regel als große graue Fläche. Auch hier gibt es keinen Bezug zur Lahn. Die Straßen entlang der Lahn bieten für Radfahrer und Fußgänger wenig Auftenthaltsqualität.

Ziel des Lahnschleifenkonzepts ist es daher, die einzigartige topographische Situation der Lahnschleife mehr in den Blickpunkt zur rücken. Die Aufenthaltsqualität der Lahnaue soll ge- stärkt werden und somit die Erlebbarkeit des Flussraums aufgewertet werden. Die Lahnaue soll der zentrumsnahen Erholung sowie sportlichen und sonstigen Aktivitäten dienen.

Abbildung 5: Lahnufer zwischen der Alten Brücke und dem Bootsverleih. Foto: NH ProjektStadt

Wünschenswert wären Zugänge für die Bevölkerung oder Touristen, an denen das Wasser für sie erlebbar wird. Hierdurch ließe sich zum einen die Lebensqualität deutlich steigern und zum anderen würde die Weilburger Innenstadt städtebaulich und funktional aufgewertet. Bei der Umsetzung von Zugängen oder Aufenthaltsflächen an der Lahn sind allerdings die Vorgaben des Naturschutzes zu beachten.

20 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 118 ff.; Die Inhalte wur- den zum Teil hieraus übernommen, ergänzt und aktualisiert. 14

Die Stadt Weilburg hat im September 2016 die Erarbeitung eines Lahnschleifenkonzepts be- auftragt. Im Masterplan waren bereits verschiedene Maßnahmen benannt, die in einem sol- chen Konzept aufgenommen werden können. Hierunter fallen:

° die Herstellung eines Panoramawegs oberhalb der Lahn

° dauerhalte Pflege des im Sommer 2009 wieder hergestellten Weges auf der rechten Lahnseite zwischen Ernst-Dienstbach-Steg und dem Rollschiff

° Einrichten eines Biergartens oder eines Beachclubs an der Lahn

° Nutzung der Lahn für sportliche Aktivitäten (z. B. Regattastrecke oder Veranstaltungen)

° Aufwertung der Fassaden (Förderung mit Fassadenprogramm)

° Festplatz: Baumpflanzungen am Rand

° Einrichten eines Lahnparks im Norden der Altstadtinsel; Einbeziehen der durch den Mühlgraben getrennten Lahninsel über einen Steg

Abbildung 6: Lahnufer im Bereich des Parkdecks am Abbildung 7: Kirchhofsmühle an der Straße Im Bangert. Lahn-schleifenhotel. Foto: NH ProjektStadt Foto: NH ProjektStadt

15

3 Leitlinien 21

Im Masterplan 2009 wurden die folgenden, auch heute noch geltenden Leitlinien für die Ent- wicklung der Stadt Weilburg aufgestellt.

° Die Kernstadt Weilburg besteht aus den Lebensräumen Altstadt, Westerwaldseite und Taunusseite. Da sie in Wechselbeziehungen zueinander stehen, ist die Kernstadt in ihrer Gesamtheit zu stärken. Das angestrebte Stadtleben funktioniert nur, wenn alle Standorte intakt sind.

° Der historische Stadtgrundriss, die Stadtsilhouette, die historische, kulturbedeutsame Bausubstanz sowie die Quartierscharaktere sollen bewahrt werden. Die stadträumli- chen und stadtgestalterischen Defizite sind unter Beibehaltung der Maßstäblichkeit zu beheben.

° Die Positionen des Einzelhandelsgutachtens (GMA, 2009) sollen umgesetzt werden. Künftig ist die Weilburger Liste Grundlage für Ansiedlungsentscheidungen. Für den Er- halt des Einzelhandelsstandortes Altstadt ist ein Anziehungspunkt/Publikumsmagnet zu schaffen.

° Leerstände, insbesondere von Geschäften, sind abzubauen, da sie ein negatives Aus- hängeschild für das Stadtbild sind. Ihrer Entstehung soll von vorneherein entgegenge- wirkt werden. Ein Leerstandmanager ist befristet für 3 Jahre zu installieren.

° Der Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor ist auszubauen. Das touristische An- ge- bot soll abgerundet werden und die Verweildauer der Gäste soll erhöht werden. Ein Engagement für den Tourismus dient gleichzeitig der einheimischen Bevölkerung. Da- her soll das Flair Weilburgs durch sein Stadtbild und das Einzelhandelsangebot gestärkt werden und auch an den Belangen des Tourismus ausgerichtet werden.

° Die Teilnahme von Senioren/Behinderten am öffentlichen Leben soll möglichst unein- geschränkt stattfinden können. Die Altstadt soll ein Lebensort für Senioren werden. Alte und Junge sollen zusammengebracht werden.

° Angesichts des demographischen Wandels soll die Attraktivität Weilburgs für Familien mit Kindern gesteigert werden, so dass neue Familien zur Ansiedlung bewegt werden. Der Jugend soll ein Forum in der Innenstadt geschaffen werden. Der Bereich Lahn- schleife soll ein „Kinderland“ werden. Das Thema „Ökologie/Wald/Fluss“ soll zur Marke für Kinder und Jugendliche ausgebaut werden.

21 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 21 f. 16

° Weilburg als ausgewiesener Bildungsstandort gilt es zu bewahren und weiter zu entwi- ckeln. Die Identifizierung der Schüler und Lehrkräfte mit der Stadt Weilburg ist zu för- dern.

° Weilburg ist weltoffen, Menschen aus anderen Nationen sind hier willkommen. Die un- terschiedlichen Generationen, Bevölkerungsgruppen und Lebensformen sollen von ei- nem gemeinsamen „Wir-Gefühl“ zusammengehalten werden.

° Weilburg ist eine Kulturstadt. Ein attraktives und hochwertiges Kultur- und Freizeitpro- gramm ist auch in Zukunft anzustreben. Das vielfältige Vereinsleben soll gefördert wer- den, da Vereine in besonderer Weise als Träger und Rückgrat des Kultur- und Freizeit- angebotes fungieren.

° Die Mobilitätsbedürfnisse aller Bevölkerungsschichten sollen unter Einbeziehung und Verknüpfung aller Verkehrsträger besser berücksichtigt werden.

° Das Grün soll die Schönheiten der Stadt akzentuieren, aber auch die wichtigen Blick- beziehungen zulassen

° Der Anteil an erneuerbaren Energien soll bis zum Jahr 2020 auf 33 % gesteigert wer- den. Strom soll zu 100 % erneuerbar in der Region erzeugt werden. Neben der Ener- gieerzeugung sind auch Verbesserungen bei der Energieeinsparung und der Speiche- rung von Energie anzustreben.

° Die Altstadt ist als Mittelpunkt der Stadt der Ort der größten Vielfalt. Sie ist als historisch gewachsenes Gefüge zu erhalten, an die modernen Lebensbedingungen anzupassen und mit neuem Leben zu füllen. Die Altstadt soll in ihren zentralen Funktionen, insbe- sondere der Versorgungsfunktion, sowie als Lebensraum gestärkt werden.

° Die einzigartige topographische Situation der Lahnschleife ist prägend für das Gesicht Weilburgs und soll mehr in den Blickpunkt gerückt werden. Die Aufenthaltsqualität der Lahnaue soll gestärkt werden und somit die Erlebbarkeit des Flussraums aufgewertet werden. Die Lahnaue soll der zentrumsnahen Erholung sowie sportlichen und sonstigen Aktivitäten dienen.

17

4 Handlungsfelder

Für die Entwicklung der Stadt Weilburg und ihrer Kernstadt sind die folgenden Handlungsfelder von wesentlicher Bedeutung:

° Handlungsfeld 1: Baustruktur, Stadtbild und Wohnen

° Handlungsfeld 2: Wirtschaft

° Handlungsfeld 3: Soziales, Bildung und Kultur

° Handlungsfeld 4: Klima

° Handlungsfeld 5: Verkehr und Mobilität

Im Folgenden wird die derzeitige Ausgangslage für diese Handlungsbereiche geschildert, aus der Ziele und Maßnahmen abgeleitet werden. Die Maßnahmen der einzelnen Handlungsfelder werden in Kapitel 5 in einer Übersicht zusammengeführt.

4.1 Handlungsfeld 1: Baustruktur, Stadtbild und Wohnen 22

4.1.1 Baustruktur und Stadtbild

Die Stadt Weilburg verdankt ihren heutigen Stellenwert neben ihrer Geschichte und der Ent- wicklung über Jahrhunderte hinweg insbesondere ihrer einzigartigen Stadtgestalt, die wesent- lich von der Altstadt mit der barocken Schlossanlage auf einem von der Lahnschleife fast rund- herum umschlungenen Felsen geprägt ist. Die geologischen und natürlichen Voraussetzungen beeinflussten die Siedlungsentwicklung der Stadt entscheidend.

Die Baustrukturen im Untersuchungsbereich sind geprägt von der jeweiligen Epoche ihrer Ent- stehung. Sie sind auch heute noch gut ablesbar.

Historischer Altstadtkern mit Schlossanlage

Anstelle des 906 n. Chr. erstmals urkundlich erwähnten Kastells wurden Mitte des 14. Jahr- hunderts eine neue Burganlage auf dem Plateau des Bergrückens angelegt und eine Stadt- mauer um die sich entwickelnde Stadt errichtet. Von dieser Mauer ist heute noch der runde Wehrturm im Schlossgarten erhalten. Der Grundriss der heutigen Altstadt mit der Nord-Süd- Achse aus Langgasse und Marktstraße und die Teilung in eine herrschaftliche Ost- und eine bürgerliche Westhälfte gehen auf diese mittelalterliche Epoche zurück. Mitte bis Ende des 16.

22 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 23 ff.; Die Inhalte wurden zum Teil hieraus übernommen, ergänzt und aktualisiert 18

Jahrhunderts wurde im damaligen Renaissance-Stil die Vierseitanlage des Hochschlosses mit angrenzenden Gartenanlagen errichtet. Eine umfangreiche planmäßige Stadterneuerung fand zu Beginn des 18. Jahrhunderts statt. Das Schloss wurde zu einer Residenz in barockem Stil ausgebaut und umfangreich erweitert (Marstall, Viehhof, Rentkammer, Rathaus, Kirche, Gar- tenterrassen).

Abbildung 8: Luftbildaufnahme der Altstadt Weilburgs von 2009. Foto: Koch 2009

Dabei wurde die Fassadenstruktur an den Stil des Hochschlosses angepasst, um ein einheitli- ches Erscheinungsbild der Residenzanlagen aus sandfarbenem Verputz und sandsteinroten Elementen zu erzielen. Gleichzeitig mit der Schlosserweiterung vollzog sich die Anlage des Marktplatzes mit einer zweigeschossigen Neubebauung aus verputzten Bruchsteinbauten. Den Baumaßnahmen musste der in diesem Bereich seinerzeit vorhandene Gebäudebestand wei- chen; als Ersatz wurden Bürgerhäuser in der Vorstadt sowie in den Stadtrandzonen (u.a. Mau- erstraße) planmäßig neu errichtet. Die bürgerlichen Bauten der Altstadt spiegeln vielfach ba- rockes Fachwerk wieder. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die beiden Stadteingänge betont. Im Osten baute man die steinerne Brücke nebst Postplatz mit barockem Postgebäude und den beiden Zollhäusern. Im Süden wurde das frühklassizistische Landtor als repräsentativer Zu- gang zur Stadt von der Frankfurter Straße her erbaut. Im späten 18. und frühen 19. Jahrhun- dert wurde das Stadtbild der Altstadtsiedlung um repräsentative Bürgerhäuser und öffentliche Gebäude (Amtsgericht, , Komödienhaus, u.a.) im Stil des Klassizismus ergänzt. Diese finden sich vornehmlich im Bereich der Mauerstraße. 19

Das Baugefüge der Altstadt wird heute von den baulichen Großstrukturen des Hochschlosses der Renaissance mit barocken Erweiterungsbauten und den ausgedehnten Schlossgartenanla- gen im östlichen Teil sowie einer in klaren und zumeist regelmäßigen Straßenzügen angelegten dichten, geschlossenen und raumbildenden kleinteiligeren Bebauung mit Bürgerhäusern und Repräsentationsbauten in überwiegend zwei-, aber auch dreigeschossiger Fachwerk- oder Massivbauweise im nördlichen, westlichen und südlichen Teil geprägt.

Abbildung 9: Hochschloss (oben) und barockes Postgebäude am Postplatz sowie Landtor und Wehrturm (unten). Fotos: Koch 2009, NH ProjektStadt

Die vielfach erhaltenen Gebäude im Baustil der Stadterneuerung zu Beginn des 18. Jahrhun- derts geben der Altstadt ein insgesamt homogenes Erscheinungsbild, welches durch den Wechsel von stattlichen Bürgerhäusern mit kleineren Wohngebäuden und öffentlichen Bauten in unbestimmter Abfolge belebt wird. Einzelne Ersatzbauten im Altstadtkern passen sich räum- lich gut in das städtebauliche Gefüge ein. Die Altstadt ist geprägt von einer Nutzungsmischung aus Wohnen, Handel, Dienstleistungen, Gastronomie, Verwaltung, Kultur und Tourismus. Ge- rahmt werden die baulichen Strukturen im Osten durch die Gartenanlagen des Schlosses und die am südlichen Berghang gelegenen Gartenterrassen.

Moderne Verkehrsbauten wie Parkdecks in den am Hang gelegenen Randzonen der Innenstadt stören das bauliche Erscheinungsbild ebenso wie aufdringliche Werbeanlagen in den engen Altstadtgassen. Eine Gestaltungssatzung hierzu ist zwar vorhanden und in ihrer heutigen

20

Form 23 am 01.01.2015 in Kraft getreten, muss jedoch konsequenter umgesetzt werden. Auch die mitunter moderne Gestaltung der Erdgeschosszonen als Geschäftsbereich oder strukturelle Defizite wie zunehmende Leerstände von Geschäftsräumen, gerade in den blickwirksamen Erdgeschosszonen, beeinträchtigen stellenweise das historische Stadtbild.

Der bauliche Zustand der Altstadt ist insgesamt gut, jedoch bedürfen einzelne Gebäude, ins- besondere deren stadtbildwirksame Fassaden, einer Renovierung. Darüber hinaus weist bei vielen Gebäuden besonders der Sockelbereich Schäden auf (Feuchtestellen, schadhafter Putz), was das ansonsten positive Erscheinungsbild beeinträchtigt. Ansonsten sind es unterschiedli- che Baudetails, die stellenweise einer Renovierung bedürfen (z.B. Fenster, Schieferbehang).

Abbildung 11 : Aufdringliche Werbung in der Neugasse und Rathaus -Parkhaus. Fotos: NH ProjektStadt

Abbildung 10 : Leerstände der z.T. sanierungsbedürftigen Erdgeschosszonen in der Innenstadt. Fotos: NH ProjektStadt

23 Stadt Weilburg 2016 21

Stadtvillen der ersten Siedlungserweiterung

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts vollzogen sich erste Stadterweiterungen zur Behebung des Wohnraummangels jenseits des Inselberges entlang der bereits im vorigen Jahrhundert ange- legten Alleen Limburger Straße und Frankfurter Straße. Entlang der unteren Frankfurter Straße und Limburger Straße sowie durch Neuanlage der Bahnhofstraße wurden repräsentative Stadt- häuser und Villen- in Hof bildender Struktur mit rückwärtigen Nebengebäuden errichtet. Diese Bauten in Massiv- oder Pisé-Bauweise (Lehmstampf-Technik) umfassen in der Regel zwei bis drei Geschosse und stellen stadtbildwirksame Raumkanten dar.

Die Vielzahl der in dieser Phase in Pisé-Bau- weise errichteten Gebäude ist prägend für Weilburg und beschreibt ein Stück Architek- turgeschichte. Die klare und streng an der Straßenkante orientierte Bebauung wirkt durch die zumeist einseitige Grenzbebauung aufgelockerter als die geschlossene Altstadt- bebauung. Die überwiegende Wohnnutzung ist heutzutage durchsetzt von kleineren Lä- den, Dienstleistungen, Gastronomie und Bü- ronutzung. Der Erhaltungszustand der Ge- Abbildung 12: Bahnhofsstraße. Foto: Koch 2009 bäude ist bis auf wenige Ausnahmen mit Re- novierungsbedarf an der Fassade recht gut.

Stadtvillen und Bürgerhäuser in Einzelhausbebauung

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die bauliche Entwicklung, anknüpfend an die ersten Stadterweiterungen, fort. Im nördlichen Teil der Limburger Straße und deren Umfeld sowie in der von der Frankfurter Straße abzweigenden Bismarckstraße wurden prächtige Stadtvillen und Bürgerhäuser in nunmehr gelockerter Bauweise als Massivbauten errichtet. Bei den Bauten bis ins frühe 20. Jahrhundert sind zwei bis drei Geschosse sowie Erker, Türmchen, Gliederun- gen aus Werkstein und Klinker sowie ganze Klinkerbauten üblich. In den Randzonen sind Ge- bäude der jüngeren Bauphasen (1920 bis 1950) bestimmend.

Prägend ist eine Einzelhausbebauung in offener Struktur mit von der Straße abgerückten Fas- saden, eingebettet in Grünstrukturen aus Vorgartenzone und Garten. Der Wohncharakter die- ser Villenviertel wird stellenweise unterbrochen durch größere Verwaltungsbauten im Bereich der Wilhelm- und Kruppstraße (Knappschaft, Finanzamt, Katasteramt). Die Homogenität im Erscheinungsbild wird durch diese Bauten nicht beeinträchtigt. Andere Einzelobjekte hingegen stören das harmonische Siedlungsbild erheblich, so z.B. das neuzeitliche Sparkassengebäude am Odersbacher Weg, das momentan allerdings noch bis Ende des Jahres 2016 umgebaut und optisch aufgewertet wird, sowie ein Hallenflachbau in der Limburger Straße (Hausnum- mer. 27).

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Abbildung 13 : Stadtvillen in der Adolfstraße und störender Flachbau in der Limburger Straße 27 (oben), Sparkas- sengebäude vor und nach dem Umbau (unten). Fotos: Koch et al. 2009, NH ProjektStadt

Neuzeitliche Eigenheime

Die neuzeitlichen Siedlungszuwächse charakterisieren sich durch eine offene Ein- und Zweifa- milienhausbebauung in ein- bis zweigeschossiger Bauweise. Ausnahme bildet die eingeschos- sige Reihenhausbebauung im Kirchweg. Diese Quartiere sind reine Wohnstandorte mit privaten Gärten. Die Garagenhofbebauung in der oberen Kruppstraße ist untypisch für den Gebietsch- arakter, ebenso das Bauvolumen des AOK-Gebäudes. Der bauliche Zustand dieser Stadtquar- tiere ist gut.

Abbildung 14: Eigenheime am Kirmesplatz und in der oberen Kruppstraße. Fotos: Koch et al. 2009, NH ProjektStadt

23

Neuzeitlicher Mietwohnungsbau

Neuzeitlicher Mietwohnungsbau findet sich im nördlichen Teil des Untersuchungsbereiches. Entlang der unteren Mozartstraße wurde eine Mehrfamilienhaussiedlung, bestehend aus zwei- geschossigen Gebäuden mit jeweils 5 bis 6 Wohneinheiten in offener Bauweise errichtet. Diese fügt sich gut in die Baustrukturen der Nachbarschaft ein; die traufständigen Gebäude folgen dem Straßenverlauf und bilden mit einer Unterbrechung, dort, wo ehemals drei Gebäude stan- den und abgebrochen wurden, homogene Raumkanten.

Der Geschossmietwohnungsbau oberhalb des Kirmesplatzes löst durch seine quer stehende dreigeschossige Zeilenbebauung die Straßenfront auf. Die Bauform und das Bauvolumen sprengen den Rahmen der benachbarten kleinteiligen Einfamilienhausbebauung und bilden somit eine Zäsur im Siedlungsbild. Durch die Gebäudeanordnung quer zur Straße und die vor- gelagerte Erschließungszone ist an dieser Stelle auch die bauliche Raumkante gestört. Im Ge- gensatz zu dem guten baulichen Zustand in der unteren Mozartstraße besteht an der Zeilen- bebauung oberhalb des Kirmesplatzes Renovierungsbedarf dahingehend, das äußere Erschei- nungsbild der Fassaden zu verbessern.

Abbildung 15 : Mietwohnungen in der Mozartstraße und am Kirmesplatz. Fotos: Koch 2009

Heterogene Baustrukturen

Von den o.g. Siedlungsbereichen in überwiegend homogener Baustruktur unterscheiden sich diejenigen Bereiche, in denen keine Bauform eindeutig vorherrscht. Sie charakterisieren sich durch heterogene Baustrukturen, z.B. als lockere Mischung aus Wohn-, Gewerbe- und öffent- lichen Bauten mit deutlichen Unterschieden in Baustil, Gebäudehöhe und Kubatur. Dazu zählen auch einzelne Uferbereiche der Lahn mit weiträumigen Flächen und einzelner, zweckgebunde- ner funktionaler Bebauung (z.B. Bahnhofsbereich, Bereich Hotel Lahnschleife bis Kino).

Durch die heterogene Bebauung mit z. T. großen Abständen der Gebäude untereinander sind die Raumkanten entlang der Straßen stellenweise gestört oder fehlen gänzlich (obere Limbur- ger und Frankfurter Straße). Auch treten hier häufiger stadtgestalterische Mängel auf. Insbe- sondere der moderne Bau des Hallenbades in der historischen Umgebung des Stadteingangs- bereiches beeinträchtigte durch seine Bauform das Stadtbild bislang erheblich. 24

Im Zuge des momentan in Angriff genommenen Neubaus (Abriss im Juli 2015) durch die Ar- chitekturbüros Ritz & Losacker (Weilburg) und Krieger (Velbert/) dürfte eine erhebliche optische Aufwertung des Funktionsgebäudes und damit einhergehend eine bessere Eingliede- rung in die Umgebung erreicht werden. Baubeginn ist im August 2016, die Fertigstellung ist für 2018 geplant.

Abbildung 16: Entwurf des Hallenbad-Neubaus. Quelle: Entwurf der Architekten Ritz & Losacker und Krieger unter http://www.kreishallenbad-weilburg.de/

In den hier zusammengefassten Bereichen besteht punktuell Renovierungsbedarf, welcher sich im Mühlbergviertel konzentriert. Um die historische Mühle herum gruppieren sich entlang der Straße „Im Bangert“ und „Mühlberg“ zumeist Wohngebäude in lockerer Anordnung und in unterschiedlichen Baustilen, teilweise durchsetzt von privaten Kleingärten am Lahnufer. Der Industriebau der Mühle mit ihren Nebengebäuden hebt sich deutlich hieraus ab. Dieses Quar- tier wirkt aufgrund seiner topografischen Lage unterhalb der Altstadt und der ungünstigen Erschließungsanbindung als Anhängsel des Kernsiedlungsbereiches und scheint ein gewisses Schattendasein zu führen.

Die alte Mühle ist sanierungsbedürftig und im jetzigen Zustand eine Beeinträchtigung für das Weilburger Stadtbild. Auch das direkte bauliche Umfeld weist bauliche und gestalterische Män- gel auf, zum Teil bedingt durch Gebäudeleerstand.

Abbildung 17: Renovierungsbedürftige Kirchhofsmühle in der Straße Im Bangert. Foto: NH ProjektStadt

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Abbildung 18 : Baustruktur Weilburgs. Quelle: Koch et al. 2009

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Ensembles und Denkmalschutz

Im Weilburger Stadtbild als Ensemble prägend sind zum einen das Residenzschloss mit der Schlosskirche sowie die historische Altstadt auf dem Inselberg, die für sich jeweils eine gestal- terisch geschlossen wirkende Einheit bilden. Darüber hinaus entfalten der barocke Postplatz sowie der einseitig bebaute Straßenzug der Bahnhofstraße wie auch die Gebäude der unteren Frankfurter Straße Ensemblewirkung. In einem Stadtbild außergewöhnlich, damit aber für Weilburg kennzeichnend, ist das Ensemble aus Eisenbahn-, Schiffs- und Straßentunnel als ein- zigartige bauliche Tunnelkonzentration.

Abbildung 19 : Ensemble Untere Frankfurter Straße und Tunnelensemble. Fotos: NH ProjektStadt, https://www.ace - online.de

Eine Vielzahl der Altstadthäuser sowie die Schlossanlage sind ausgewiesene Kulturdenkmäler. Ein Großteil des alten Weilburgs steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Die Abbildung 20 gibt einen Überblick über die Lage der Einzeldenkmäler und Gesamtanlagen.

B C

A A Gesamtanlage Altstadt B Gesamtanlage Odersbacher Weg

C Gesamtanlage Limburger Straße/ Bahnhofstraße

D D Gesamtanlage Frankfurter Straße Einzeldenkmäler

Abbildung 20: Gesamtanlagen und Einzeldenkmäler Denkmalschutz. Quelle: Landesamt für Denkmalpflege Hes- sen 2016; bearbeitet durch NH ProjektStadt

27

Plätze

Auffallend im Stadtbild sind die beiden großzügigen, unbebauten Freiflächen des Kirmesplatzes und des Festplatzes an der Lahn. Beide Flächen sind unbefestigt und dienen Stand heute die meiste Zeit als Park- und Abstellplätze. Dies könnte sich im Falle des Kirmesplatzes jedoch in absehbarer Zeit zugunsten einer geplanten Wohnnutzung ändern.

Während der Kirmesplatz entlang der umgebenden Straßenzüge mit Baumreihen optisch gut in das Stadtbild eingebunden ist, fehlt beim Festplatz eine entsprechende raumwirksame Be- grenzung. Der transparente Metallzaun entlang der Hainallee allein ist zur Schaffung einer städtebaulich qualitativ wirksamen Raumkante nicht ausreichend. Die Platzflächen selbst sind ungegliedert und präsentieren sich zumeist als graue Freiflächen ohne erkennbare Nutzung.

Abbildung 21 : Kirmesplatz (oben) und Festplatz (unten). Fotos: Koch et al. 2009, NH ProjektStadt

28

Der König-Konrad-Platz am östlichen Ein- gang zur Altstadt wurde erst kürzlich neu gestaltet, wird aber im Wesentlichen be- stimmt von den ihn umgebenden Ver- kehrs- und Maueranlagen. Am unteren Ende der Schlossgartenanlagen am Ein- gang zur Altstadt gelegen dient er als ver- bindendes Element für Fußgänger, die vom Parkhaus Oberlahnbrücke über den Aufzug die Altstadt zu erreichen suchen. Eine größere Aufenthaltsqualität kommt ihm nicht zu. Im seinem Randbereich liegt eine kleine Grünfläche mit dem König- Abbildung 22 : König -Konrad -Platz. Foto: NH ProjektStadt Konrad-Denkmals.

Anders verhält es sich beim Berliner Pankgrafenplatz, der ähnlich einem Balkon einen Ausblick auf die Lahn und die gegenüberliegenden Hänge eröffnet und durch seine Grünstrukturen, das Denkmal und die Sitzgelegenheiten zum Verweilen einlädt. Allerdings weist im Verlauf der Mauerstraße kein optisches Signal auf den sich seitlich öffnenden Platz, er könnte zunächst durchaus als Baulücke wahrgenommen werden. Eine merkliche Raumbegrenzung zur Straße hin ist, mit Ausnahme dreier Poller zum Schutz gegen ein Befahren, nicht vorhanden.

Schlossplatz, Schlosshof und Viehhof stellen die historischen Freiräume der Schlossanlage dar, ebenso die in strengem Stil angelegten Gartenanlagen des oberen und unteren Schlossgartens. Diese Freianlagen sind von herausragender Gestaltung und eine Attraktion für die Weilburger Bürger und Touristen.

Bei dem Marktplatz handelt es sich durch die ihn umgebenden baulichen Raumkanten um einen Platz mit städtischer Prägung, der als solcher gezielt angelegt wurde und eine zentrale Bedeutung im Siedlungsbild der Altstadt hat.

Seitlich der Langgasse öffnet sich der Vorplatz zur Stadthalle als innerstädtischer, baulich ge- rahmter Freiraum. Als kleiner Platz seitlich der Niedergasse wirkt auch die Freifläche vor dem Komödienbau, die als Gastronomiefreisitz genutzt wird und ebenfalls Blicke auf die gegenüber- liegende Lahnseite eröffnet.

Der Postplatz ist als Kreisverkehrsplatz mit einer durch einen Brunnen gestalteten Mittelinsel ausgebildet. In seinen Randbereichen befinden sich Außengastronomie und Grünflächen.

Die langgestreckte Freifläche vor der Bahnhofstraße wurde im Zuge der Umgestaltung der Teilortsumgehung als städtische Grünfläche mit zweireihiger Baumreihe angelegt. Sie entfaltet eine entsprechende optische Wirkung, hat aber keine Aufenthaltsqualität.

Der Von-Sckell-Platz am unteren Ende der Freystädter Straße präsentiert sich als kleinere Quartiersgrünanlage in Bauplatzgröße in Randlage des dortigen Verkehrsknotenpunktes, an dem fünf Erschließungsstraßen aufeinander treffen. Er ist mit Bäumen und Sträuchern be- pflanzt und mit Sitzbänken bestückt. Die Lage mit Blick auf den großzügigen Verkehrsraum vermittelt nur mittlere Aufenthaltsqualität (siehe auch Handlungsfeld Verkehr).

29

Abbildung 23: Postplatz und Berliner Pankgrafenplatz (oben) sowie Freifläche vor dem Komödienbau und Markt- platz (unten). Fotos: NH ProjektStadt

4.1.2 Wohnen

In der Altstadt ist eine Dominanz von Einwohnern der unteren Mittelschicht festzustellen. 24 Aufgrund der moderaten Mieten siedeln sich hier mehr und mehr einkommensschwächere Anwohner an. Daher sollte das Leben in der Innenstadt attraktiviert werden, um es für andere Bevölkerungsgruppen wie z.B. Studenten, junge Paare oder auch kleinere Familien interessant zu machen. In diesem Zusammenhang könnten auch bauliche Veränderungen an den oftmals doch recht kleinen und in die Jahre gekommenen Altstadtwohnungen einer langfristig positiven Entwicklung zuträglich sein.

Mittelfristig besteht in der Straße Kirchweg (ungerade Nummern) nördlich des Kirmesplatzes Handlungsbedarf. Die Gebäude unterscheiden sich vom umgebenden Gebiet deutlich durch einen schlechteren Bau- und Unterhaltungszustand, weisen aber überwiegend sehr anspre- chende, gepflegte Außenanlagen auf. Die eingeschossigen Bungalows befinden sich auf ver- gleichsweise kleinen Parzellen. Da die Bewohnerstruktur vermutlich älter ist, könnte hier, im Zuge des Generationenwechsels, mittelfristig Handlungsbedarf entstehen.

24 vgl. Daten Nexiga GmbH, Stand Oktober 2016 30

Dabei wäre zum Beispiel eine sukzessive Anpassung des Bestands an die sich verändernde Nachfrage nach kleinen, barrierefreien bzw. altengerechten Wohneinheiten denkbar, die als Einheit auch für häusliche Betreuung günstig beieinander liegen würden.

Die Stadt Weilburg plant weiterhin, den ca. 10.000 qm großen Kirmesplatz in der Limburger Straße künftig für Wohnungsbau zu nutzen. Auf dem Gelände soll ein Wohnbauprojekt für alle Gruppen und Anliegen der Gesellschaft geschaffen werden, das auch nachhaltigen Aspekten Rechnung trägt. Mit dem Projekt soll die Kernstadt gestärkt werden.

Generell stehen für zusätzliche Neubauwohnflächen in den kommenden Jahren laut Flächen- nutzungsplan insgesamt etwa 14 ha (rund 170 Wohnbauplätze) zur Verfügung, wovon jedoch nur ein kleiner Teil auf die Kernstadt entfällt (vgl. Kap. 2.4.1).

Abbildung 24: Kirchweg. Foto: Koch et al. 2009

31

4.1.3 Maßnahmen/Projekte

Zielvorstellung:

Der historische Stadtgrundriss, die Stadtsilhouette, die historische, kulturbedeutsame Bausub- stanz sowie die Quartierscharaktere sollen bewahrt werden. Die stadträumlichen und stadtge- stalterischen Defizite sind unter Beibehaltung der Maßstäblichkeit zu beheben. Die Innenstadt soll als Wohnstandort attraktiviert werden.

Projekte/Maßnahmen:

° Baulich stärkere Durchmischung fördern

Im Hinblick auf die soziale Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen in einigen Quartieren und Blocks sollte baulich eine stärkere Durchmischung gefördert werden, bei- spielsweise durch den Bau von Einfamilienhäusern neben Zeilenbebauung.

° Heterogenität innerhalb von Wohnblocks fördern

Auch innerhalb von Wohnblocks ist eine stärkere Durchmischung durch eine entspre- chende Vergabepraxis der Wohnungen zu fördern, um der Bildung von sozialen Brenn- punkten vorzubeugen.

° Steigerung von Wohnstandards und der Wohnumfeldqualität in der Altstadt

Aufwertung der Wohnqualität in der Innenstadt/Altstadt durch Verbesserung der Wohn- standards, Modernisierung von Wohnraum, Begrünung im Wohnumfeld

° Umnutzung des Kirmesplatzes

Die Stadt Weilburg strebt an, dieses Grundstück als allgemeines Wohngebiet, für medizi- nische Versorgung und Tagespflegeangebote zu nutzen.

32

° Behebung stadtgestalterischer Mängel

- Für die neuzeitliche Zeilenbebauung nördlich der Straße „Am Kirmesplatz“ sollte eine Fassadenrenovierung mit begleitenden Maßnahmen zur Wohnumfeld-Verbesserung durchgeführt werden, um den Quartierscharakter und das -image zu verbessern. Zu empfehlen sind: Maßnahmen zur Barrierefreiheit, Modernisierung der Balkone, freundlichere Farbgestaltung, Farbwechsel zwischen einzelnen Baukörpern zur Indi- vidualisierung der Baukörper sowie Umgestaltung der gemeinschaftlichen Grün- und Freiräume zu nutzbaren Aufenthaltsbereichen. Dadurch ließe sich eine bessere In- tegration ins städtebauliche Umfeld erzielen, die bauliche Zäsur durch gestalterische Anpassung und Aufwertung mildern.

- Aufwertung des Bereiches „Hainallee“ durch raumgliedernde Maßnahmen im Bereich der weitläufigen Verkehrsflächen und baugestalterische Anpassung einzelner Ge- bäude an das Ortsbild (Materialwahl, Bauform). Dieses Vorhaben könnte im Zuge der Umsetzung des Lahnschleifenkonzeptes angegangen werden.

- Städtebauliche Aufwertung des Mühlbergviertels - Sanierung der alten Mühle und des baulichen Umfelds auf der Basis eines neuen Nutzungskonzeptes für die Mühle und leerstehende Gebäude. Das Gebäude Mühlberg 4 wird derzeit vorbildlich modernisiert und kann in diesem Bereich als positives Beispiel herangezogen werden.

- Punktuelle ortsbildgerechte Renovierungsmaßnahmen an Einzelgebäuden in allen Quartieren.

- Gestörte bzw. fehlende Raumkanten durch Bebauung oder Raum gliedernde Ele- mente schließen/bzw. neu herstellen.

° Denkmalschutzverträgliche Werbung

- Vorschrift zur Verwendung einheitlicher Formate und zur filigranen Ausführung der Werbeschilder im Altstadtkern durch eine „Werbeanlagensatzung Altstadt“ (Material- bestimmung (z.B. Metall, Eisen), Formatvorgabe, Beleuchtung, Schriftgrößen, etc.).

- Rückbau großformatiger kastenförmiger moderner Werbeanlagen und großflächiger Bandenwerbung an der Fassade (keine Leuchttafeln).

- Beschränkung der Fähnchenwerbung (Eis, o.ä.) insbesondere in Langgasse und Neu- gasse.

- Reduzierung der aufgestellten Werbetafeln auf dem Gehweg.

- Zusammenfassung von Werbeanlagen auf gut gestalteten Tafeln.

- Eine Gestaltungssatzung ist zwar vorhanden (Stand 01.01.2015), jedoch muss sie konsequenter angewandt werden und Verständnis hierfür bei den Eigentümern ge- weckt werden.

33

° Pisé-Pfad Weilburg

- Der architekturgeschichtlichen Besonderheit Weilburgs mit seiner großen Anzahl an Pisé-Bauten, darunter das höchste Pisé-Gebäude in Deutschland (Hainallee 1, bzw. Niedergasse 22), sollte besonders Rechnung getragen werden. Ein dokumentierter Rundgang durch Weilburg zu den Bauten in Stampflehmbauweise verbunden mit ei- ner Dauerausstellung zur Pisé-Bautechnik sollte ausgearbeitet und touristisch aufbe- reitet werden.

- Neubauprojekte könnten als Modellvorhaben zur historischen, ökologischen Bauweise in Pisé-Bautechnik errichtet werden (Dokumentation, Besichtigung als „offene Bau- stelle“) – Integration in den Pisé-Pfad.

- Lehmbau am Modell im Modellbaupark – neue Miniaturgebäude in Pisé-Bauweise bauen als Schauobjekte (evtl. Modellbaukasten „Stampflehmbau“ entwickeln und ver- markten, z.B. für Hobbybastler, Großmodellbahnbauer).

- „Lehmbau-Werkstatt“ für Kinder und interessierte Erwachsene als Freizeit-Projekt.

° Sauberkeit/Ordnung

Für das Erscheinungsbild der Altstadt sind neben den baulichen Anlagen auch die Sauberkeit und Ordnung wichtig, z.B. bezüglich der Mülltonnenstandorte oder der Einhal- tung der Kehrpflicht.

34

4.2 Handlungsfeld 2: Wirtschaft

Die lokale Wirtschaft ist ein überaus wichtiger Standortfaktor. Es steigert die Attraktivität von Innenstädten und bietet der ansässigen Bevölkerung Arbeitsplätze. Es wird unterschieden zwi- schen Betrieben des primären Sektors (Urerzeugung, wie Landwirtschaft, Bergwerke, Fische- rei), des sekundären Sektors (Weiterverarbeitung, Industrie und Handwerk) und dem tertiären Sektor. Der tertiäre Sektor umfasst alle Berufe, die nicht zu den anderen beiden Gruppen zugeordnet werden können und damit Handelsbetriebe, Banken, Versicherungen, Gastge- werbe, Verwaltungen sowie freie Berufe wie Ärzte, Anwälte etc.

In Weilburg waren im Juli 2016 insgesamt ca. 1.070 Gewerbebetriebe gemeldet. Für die Stadt spielt der tertiäre Sektor eine wichtige Rolle. Neben dem Einzelhandel sind im Untersuchungs- raum viele Dienstleistungsbetriebe und öffentliche Verwaltungen angesiedelt. Allerdings be- steht vor allem im Einzelhandel ein Handlungsbedarf, da hier in der Altstadt eine Leerstand- quote der privaten Ladenlokale von rund 50 Prozent vorliegt. Daher wird im Folgenden aus- führlicher auf das Thema Einzelhandel eingegangen. Da die für Deutschland feststellbaren Tendenzen im Einzelhandel auch Bedeutung für Städte wie Weilburg haben, wird zunächst ein Überblick über die allgemeine Situation gegeben.

4.2.1 Einzelhandel

4.2.1.1 Die Situation des Einzelhandels und der Nahversorgung in Deutschland

Der Einzelhandel ist der drittgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland. Über 300.000 Unterneh- men an 410.000 Betriebsstätten erwirtschaften jährlich ca. 459,8 Milliarden Euro. Sie sind Ar- beitgeber für gut 3.000.000 Menschen. 25

Jedoch war der Einzelhandel in den letzten Jahren auch starken Strukturverschiebungen un- terworfen. Diese hatten insbesondere Auswirkungen auf den nicht filialisierten Einzelhandel, welcher Marktanteile verlor, während Fachmärkte sowie Discounter profitierten. Die Folge war, dass viele Einzelhändler ihre Unternehmen aufgeben mussten. Ebenso verwendet ein steigen- der Anteil der Verbraucher die finanziellen Mittel für Konsumausgaben im Bereich Wohnen, worin auch grundlegende Ausgaben für beispielsweise Wasser und Strom enthalten sind. 26

Diese Entwicklung wird sich in den folgenden Jahren weiter verschärfen. Der bevorstehende demographische Wandel wird, durch schrumpfende Bevölkerungszahlen und damit die einher- gehende, sich reduzierende Zahl potentieller Kunden, den Einzelhandel weiter belasten. Nur gering steigende und stagnierende Einkommen setzen zudem sehr enge Grenzen bei den zu erwartenden Umsätzen. 27

25 vgl. HDE (2014) 26 Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Institut (2013) 27 ebd. 35

Ferner drängen immer häufiger große Filialisten und Franchisenehmer in die bisher üblicher- weise vom kleinflächigen Einzelhandel belegten Innenstädte. Dies äußert sich unter anderem auch in dem stetigen Wachstum der Verkaufsflächen bei zurückgehenden Betriebszahlen. 28

Auch der florierende Internethandel wirkt sich negativ auf den klassischen Einzelhandel aus. Zum einen können kleinere Einzelhändler nicht mit den oftmals günstigeren Angeboten großer Onlineanbieter konkurrieren. Zum anderen bestehen oft nicht die Möglichkeiten, ein vergleich- bares Angebot für eine Kundschaft bereitzustellen, welche eine hohe Diversität bei ihren An- sprüchen zeigt.

Laut Aussagen der GMA erzielt der Onlinehandel jährlich zweistellige Wachstumsraten und hat inzwischen alle Warengruppen erfasst. Dabei ist aber auch zu beachten, dass es Einzelhändler gibt, die zusätzlich Onlinehandel betreiben. In einzelnen Sortimenten gewinnt der Onlinehandel besondere Bedeutung, leider unter anderem jene, die überwiegend in der Innenstadt vorkom- men (z. B. kleinteilige Elektroartikel, Spielwaren, Bücher, Bekleidung, Schuhe). 29

Abbildung 25: : Marktanteilsentwicklung nach Betriebsform 2003 bis 2014 (IFH). Quelle: HDE 2016

Die Reduzierung des Einzelhandels ist auch in der Nahversorgungssituation vieler Städte fest- stellbar. Die wohnortnahe Versorgung mit Waren des täglichen Gebrauchs, wie diverse Le- bensmittel, Zeitschriften und Schreibwaren oder Drogeriewaren ist nicht mehr ausreichend gegeben. Dies wirkt sich auch negativ auf konsumnahe Dienstleister, wie Friseure oder Banken aus, welche durch das Ausbleiben der Laufkundschaft belastet werden. 30

28 ebd. 29 vgl. GMA 2015, S. 2 30 GMA (2009). S. 7ff. 36

Idealtypisch lässt sich diese Entwicklung bestimmten Aspekten zuordnen. Zum einen ist der harte und steigende Kostendruck für Unternehmen zu nennen. Dieser zwingt Unternehmen, Standorte ständig neu zu bewerten und gegebenenfalls noch vor Ablauf des Mietvertrages aufzugeben. Zum anderen können die steigenden Ansprüche der Verbraucher verantwortlich gezeichnet werden. Der Wunsch nach immer mehr Auswahl unter einem Dach und die Bereit- schaft, dafür auch längere Wege zu nehmen, setzen die kleineren wohnortnahen Betriebe unter Druck, welche hauptsächlich für kleinere Besorgungen genutzt werden und so einen geringeren Umsatz erzielen. Dieses Mobilitätsverhalten ist dabei bei allen Altersgruppen zu beobachten und daher ein wichtiger Faktor bei der Standortbetrachtung. Bei der Wahl des Standorts konzentrieren Handelsunternehmen ihre Nachfrage auf wenige Optionen, in der Re- gel große Flächen von ca. 1.200 bis 1.500 m 2, die ihren Anforderungen gerecht werden. Dieses Vorgehen resultiert häufig in einer Abweichung von den ursprünglichen Planungen der Städte und Unternehmen können so die Gestaltung des Stadtbilds aktiv beeinflussen. 31

4.2.1.2 Der Einzelhandel in Weilburg

Der Einzelhandel in der Gesamtstadt Weilburg verteilt sich auf verschiedene Schwerpunkte. Hierbei handelt es sich zum einen um den traditionellen Standort in der Altstadt und damit dem Zentrum der Stadt. Im Gewerbegebiet Kubach befinden sich großflächige Anbieter vom Discounter bis zum Möbelgeschäften. Im Gewerbegebiet Waldhausen sind Supermärkte ange- siedelt. In Bahnhofsnähe am Löhnberger Weg befindet sich eine weitere Ansammlung von einzelnen Geschäften wie beispielsweise ein Getränkehändler, ein Baustoffladen, ein Landhan- del sowie Reitsportbedarf (vgl. Abbildung 26).

Weilburg hat im Kreis Limburg-Weilburg eine der höchsten Zentralitätsziffern aufzuweisen. Diese lag nach den Wirtschaftsdaten der Industrie- und Handelskammer Limburg bei 154,6 für das Jahr 2016, während sie bei den hinsichtlich der Einwohnerzahl vergleichbaren Städten und mit 99,9 und 45,2 deutlich niedriger lag. Lediglich die Kreisstadt Lim- burg mit ca. 34.000 Einwohnern hat eine deutlich höhere Zentralitätsziffer von 371.8. 32

Die Zentralitätsziffer zeigt, „dass im Weilburger Einzelhandel insgesamt mehr Umsätze getätigt werden als in der Stadt Kaufkraft vorhanden ist.“ 33 Das heißt, dass Einwohner aus den Um- landgemeinden in Weilburg einkaufen.

Gleichzeitig ist aber die Altstadt-Zentralität gering. Bereits das GMA-Gutachten stellte dar, dass lediglich 13,4 % des Einzelhandelsumsatzes in Weilburg in der Altstadt getätigt wurde.

Die für Deutschland geschilderte Situation spiegelt sich auch in Weilburg wider. Der Einzelhan- del befindet sich in der Weilburger Altstadt großflächig auf dem Rückzug. Im Rahmen eines Einzelhandelskonzeptes im Jahre 2009 hat die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) 115 in der Stadt ansässige Betriebe des Ladeneinzelhandels und Lebensmittel- handwerks ermittelt.

31 Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Institut (2013) 32 vgl. IHK Limburg, Wirtschaftsdaten IHK Limburg 2016, Faltblatt; Stand: August 2016 33 GMA 2009, S. 55 37

Dabei wurde zwischen folgenden Bedarfen unterschieden: • kurzfristiger Bedarf: Nahrungs- und Genussmittel, Gesundheit und Körperpflege, Blu- men, Pflanzen und zoologischer Bedarf • mittelfristiger Bedarf: Bücher-, Schreib-, Spielwaren, Bekleidung, Schuhe, Sport

• langfristiger Bedarf: Elektrowaren, Hausrat, Möbel, Bau- und Heimwerkerbedarf, Uh-

ren, Schmuck etc.

Abbildung 26: Einzelhandelsschwerpunkte in Weilburg nach Angebotsschwerpunkten. Quelle: NH ProjektStadt, Kar- tengrundlage aus Google Earth.

Laut dem GMA-Gutachten befanden sich insgesamt 115 Betriebe des Einzelhandels in Weil- burg, die sich folgendermaßen aufteilten:

• kurzfristiger Bedarf: 55 Läden (48 Prozent),

• mittelfristiger Bedarf: 26 Läden (23 Prozent),

• langfristiger Bedarf: 34 Läden (30 Prozent).

Im Hinblick auf die räumliche Verteilung waren diese 115 Betriebe wie folgt im Stadtgebiet angesiedelt: • 83 in der Kernstadt (davon 49 in der Altstadt 34 ), • 19 im Gewerbegebiet Kubach, • 8 im Gewerbegebiet Waldhausen und • 5 Betriebe in den sonstigen Stadtteilen.35

34 GMA 2009, S. 76 35 GMA, 2009 S. 43f. 38

Im Gewerbegebiet Waldhausen befinden sich Supermärkte wie ein großer Rewe-Markt oder ein Edeka (Herkules). Im Gewerbegebiet Kubach sind ein weiterer Rewe-Markt, ein Aldi und ein Lidl als Beispiele zu nennen. Gut 78 Prozent der auf den kurzfristigen Bedarf entfallenden Flächen befand sich laut Berechnungen der GMA in den Gewerbegebieten, während sich nur 8 % dieser Flächen in der Altstadt befanden. Für den Bereich Nahrungs- und Genussmittel entfielen stadtweit sogar nur 2% aller genutzten Flächen auf die Altstadt.

Tabelle 7: Flächennutzung nach Branchen 2009. Quelle: GMA 2009, S. 45

Zum Zeitpunkt Juli 2016 waren laut Daten der Stadt Weilburg 47 Betriebe des Ladeneinzel- handels und Lebensmittelhandwerks in der Altstadt angesiedelt (vgl. Erhebungsgebiet in Ab- bildung 27) angesiedelt. Davon entfallen 13 Geschäfte auf den kurzfristigen Bedarf. Hierbei handelt es sich um zwei Apotheken und vier Geschäfte aus dem Bereich Kosmetik. Der Branche der Lebens- und Genussmittel sind 6 Läden sowie 2 Tabakläden zuzuordnen. Zu diesen Läden zählen unter anderem 3 Weinhändler. Grundnahrungsmittel sind nur in einer Metzgerei sowie im Altstadtladen, der vom „Weilburger Altstadtverein“ betriebenen wird, erhältlich. Der Verein wurde gegründet, um die Attraktivität der Altstadt zu steigern und sein Hauptaugenmerk liegt darin, eine Grundversorgung mit Backwaren und Lebensmitteln, die vorher nicht mehr in der Altstadt erhältlich waren, sicherzustellen.

Weitere 17 Läden sind dem mittelfristigen Bedarf und hier vor allem der Bekleidung zuzuord- nen. Darüber hinaus gibt es ein Schuhgeschäft sowie einen gut sortierten Buchladen. Unter die Bekleidungsanbieter fallen auch Filialen der Ketten Ernstings Family, NKD und KiK, die preisgünstige Waren anbieten. Bereits im Einzelhandelskonzept wurde festgestellt, dass gerin- gere Verkaufsflächenanteile des mittelfristigen Bedarfs auf die Altstadt entfallen, obwohl ge- rade diese Sortimente prägend für innerstädtische Einkaufslagen sind. 36 Hier steht Weilburg vor allem in Konkurrenz zu den Städten Wetzlar und Limburg. 37

36 GMA 2009, S. 46 37 GMA 2009, S. 32 39

Abbildung 27: Flächennutzungen in der Weilburger Altstadt. Quelle: NH ProjektStadt

40

Auf den langfristigen Bedarf entfallen 17 Geschäfte der Branchen Elektrogeräte, Augenoptik, Fotoladen/Fotographie, Uhren und Schmuck, Hausrat/Geschenkartikel, Bettwaren und sogar eine Kunstgalerie. Der größte Teil des Einzelhandels und anderer Gewerbe fokussiert sich auf den zentralen Bereich der Altstadt, welcher aus Neugasse, Langgasse, Marktplatz, Marktstraße und eines Stücks der Mauerstraße besteht.

Entlang dieses Karrees sind vor allem Betriebe des mittelfristigen (Neugasse) und langfristigen Bedarfs (Langgasse), aber auch mehrere Dienstleister und Gastronomien (Marktplatz und Neu- gasse) angesiedelt. Betriebe des kurzfristigen Bedarfs sind ebenfalls vertreten, jedoch in der Unterzahl. Im nördlichen Teil der Altstadt befinden sich zudem die als Hotel genutzten Räum- lichkeiten des Schlosses sowie das Hotel Lahnschleife. Die räumliche Verteilung der Läden in der Altstadt ist in der Abbildung 27 dargestellt.

Es sind Trading-down-Tendenzen festzustellen, die sich anhand von Leerständen, minderwer- tigen Nutzungen und Umnutzungen in einzelhandelsfremde Angebote ablesen lassen. 38

4.2.1.3 Ansiedlungspolitik der Stadt Weilburg

Im Gutachten der GMA wurde eine Zentren- und Standortstruktur für Weilburg empfohlen. Neben dem zentralen Versorgungsbereich, der im Wesentlichen die Altstadt umfasst, gibt es zwei Sonderstandorte in den Gewerbegebieten Waldhausen und Kubach. Die Abbildung 28 verdeutlicht die Lage der Standorte im Stadtgebiet.

Abbildung 28 : Zentren - und Standortstruktur in Weilburg. Quelle: GMA 2009

38 GMA 2009, S. 74 41

Im Masterplan aus dem Jahr 2009 wurde als Ziel formuliert, dass die Empfehlungen des Ein- zelhandelskonzepts konsequent und zeitnah umgesetzt werden sollten. 39 In der Folge hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Weilburg Grundsätze zur Ansiedlung von Einzelhan- delsbetrieben in Weilburg beschlossen. Diese basieren zum einen auf dem oben genannten Standortkonzept und zum anderem auf dem Sortimentskonzept, welches auf Grundlage der „Weilburger Sortimentsliste“ zuordnet, welche Branchen zentrenrelevant sind und daher in der Innenstadt bzw. dem zentralen Versorgungsbereich angesiedelt werden sollen (vgl. Tabelle 8).

Tabelle 8: Sortimentstypen nach Empfehlungen der GMA 2009. Quelle: GMA, 2009

39 Koch et. al., 2009, S. 87 42

Die Grundsätze zur Einzelhandelsentwicklung der Gesamtstadt unterscheiden zwischen An- siedlungen von Betrieben über und unter 800 m² Verkaufsfläche.

Folgende Grundsätze gelten für Betriebe über 800 m² Verkaufsfläche 40 :

° Die Neuansiedlung von zentrenrelevantem Einzelhandel soll auf die Altstadt beschränkt werden. Zu diesen Sortimenten zählen z. B. Bücher und Spielwaren oder Sportartikel.

° Die Neuansiedlung von nahversorgungsrelevantem Einzelhandel soll auf die Altstadt konzentriert werden. Hierunter fallen beispielsweise Nahrungs- und Genussmittel, Re- formwaren, Drogeriewaren, Schnittblumen sowie Papier- und Schreibwaren. Sofern in der Altstadt kein geeigneter Standort vorhanden ist, kann auch eine Ansiedlung an siedlungsräumlich integrierten Lagen erfolgen.

° Großflächiger, nicht zentrenrelevanter Einzelhandel soll auf die Sonderstandorte in Ku- bach und Waldhausen verteilt werden.

Folgende Grundsätze gelten für Betriebe unter 800 m² Verkaufsfläche 41 :

° Kleinflächiger Einzelhandel ist grundsätzlich auch außerhalb des zentralen Versor- gungsbereiches möglich.

Mit diesen Grundsätzen soll die Altstadt als Einzelhandelsstandort im gesamtstädtischen Standortgefüge gestärkt sowie die Versorgungsbedeutung und Attraktivität der Altstadt bzw. der Gesamtstadt Weilburg als Mittelzentrum erhöht werden.

4.2.2 Dienstleistungen und freie Berufe

Die Stadt Weilburg ist über den Handel hinaus Standort für eine Vielzahl von Betrieben des tertiären Sektors. Hierunter fallen unter anderem Dienstleistungsbetriebe und freie Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Therapeuten, Versicherungen oder Banken. Auch öffentliche Ver- waltungen wie die Stadtverwaltung oder eine Stelle der Kreisverwaltung sind vorhanden.

Im Juli 2016 waren 97 Dienstleistungsbetriebe in der Altstadt gemeldet. Damit lag die Anzahl dieser Betriebe knapp über den dort zum gleichen Zeitpunkt ansässigen 48 Betrieben des La- deneinzelhandels und Lebensmittelhandwerks.

40 GMA, 2009, S. 84f. 41 GMA, 2009, S. 86 43

4.2.3 Tourismus und Gastgewerbe

Der Tourismus stellt für Weilburg einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Für das Jahr 2015 ermittelte die Stadt Weilburg rund 25 Millionen Euro Umsatz, welcher direkt aus dem Touris- mus resultierte. 42

Insbesondere die Altstadt mit ihrer über die Jahrhunderte hinweg erhaltenen Baustruktur und der Einbettung in eine sehr naturnahe Umgebung ist ein beliebtes touristisches Ziel in der Region. Das Schloss und dessen Parkanlage, mehrere Museen und Ausstellungen sowie die sportlichen Möglichkeiten zum Radfahren und Kanufahren, die die Lahn bietet, sind besondere Tourismusattraktionen. Auch verschiedene Veranstaltungen wie Schlosskonzerte, Open-Air-

Konzerte oder Stadtführungen wie beispielsweise die nächtliche Laternenführung durch die Weilburger Altstadt zur Weihnachtszeit oder die Bürgermeister-Stadtführungen, sind Teil der kulturellen und touristischen Außendarstellung.

In Weilburg sind Übernachtungen in Betrieben mit über zehn Betten meldepflichtig (bis 2011 waren es Betriebe mit mehr als neun Betten). Innerhalb des Stadtgebiets gab es im Jahr 2015 zehn Betriebe in dieser Größenordnung. Zusätzlich ermittelt die Stadtverwaltung Übernach- tungszahlen für nicht meldepflichtige Einrichtungen wie Privatpensionen, den Jugendzeltplatz oder das Tipidorf.

2011 standen in den meldepflichtigen elf Betrieben 797 Betten zur Verfügung. 2015 konnten 728 Betten gezählt werden, welche auf zehn Betriebe verteilt waren. Der Rückgang in 2015 ist unter anderem mit der Aufnahme von Flüchtlingen in der Jugendherberge zu erklären, da die hierfür genutzten Betten nicht in der Statistik des Landesamts erfasst wurden. Im Jahr 2016 stieg die Zahl der erfassten Betten für die Jugendherberge wieder auf den vorherigen Stand an.

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer stieg von 1,8 Tagen im Jahre 2011 auf 2,2 in 2015. Ebenso erhöhte sich die Zahl der Übernachtungen. Belief sich die Zahl der Gesamtübernach- tungen 43 in 2009 noch auf gut 131.327, lag deren Zahl 2015 bereits bei 148.034 Übernach- tungen. Ein Großteil der Gäste entschied sich dabei für einen Aufenthalt in Betrieben mit mehr als zehn Betten (49.980) und auf dem Campingplatz in Odersbach (insgesamt 45.400 Über- nachtungen, davon 30.800 von Dauercampern).

Auf Privatquartiere entfielen ca. 15.000 Übernachtungen. Die Zahl der Übernachtungen ist dabei überdurchschnittlich, sowohl deutschlandweit als auch relativ zu der Zahl der Übernach- tungen im gesamten Kreis, wie folgende Zahlen verdeutlichen.

42 Tourismusbericht der Stadt Weilburg, 2016 43 „Gesamtzahl“ bezieht sich auf alle von der Stadt Weilburg erfassten Zahlen. Diese sind höher als die vom Hessischen Landesamt erfassten Zahlen, da beispielsweise Privatquartiere vom Land nicht einbezogen werden. 44

Übernachtungen für das Jahr 2015 im Vergleich

Deutschland 531 Übernachtungen je 100 Einwohner 44

Hessen 521 Übernachtungen je 100 Einwohner 45

Kreis Limburg-Weilburg 341 Übernachtungen je 100 Einwohner 46

Weilburg 669 Übernachtungen je 100 Einwohner 47

Zusätzlich werden die Besucher der Sehenswürdigkeiten statistisch erfasst. Die Zahl der Ge- samtbesucher verläuft seit 2009 relativ stabil. Sie lag in der Regel zwischen 280.000 und 295.000 Besuchern. Bis 2012 gab es in Weilburg eine Terrakotta-Armee, die jährlich ca. 15.000 Besucher anzog. In 2015 war ein Rückgang der Besucherzahl auf ca. 260.000 feststellbar, welcher durch die Schließung des Hallenbads ausgelöst wurde. Das Hallenbad wurde inzwi- schen abgerissen und wird derzeit neu gebaut.

Gesamtzahlen des Weilburg nach Jahren 350.000

300.000

250.000

200.000

150.000

100.000

50.000

- 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Gesamt Übernachtungen Gesamt Besucher Sehenswürdigkeiten etc.

Abbildung 29: Vergleich der Gesamtzahl der Übernachtungen mit der Gesamtzahl der Besucher von Sehenswür- digkeiten. Quelle: Stadt Weilburg 2016

44 Die Übernachtungen betrugen gemäß DESTATIS 436.233.000.000. Die Einwohnerzahl lag bei 82,18 Mio. 45 Übernachtungen gemäß DESTATIS: 32.168.000.000; Einwohner: 6.176.170 46 Übernachtungen gemäß IHK: 585.652; Einwohner: 171.922 47 Berechnet anhand der offiziellen Zahlen des Statistischen Landesamtes. Lokale Einrichtungen, wie Camping- plätze oder Jugendherbergen werden nicht berücksichtigt. Übernachtungen: 90.855; Einwohner mit Haupt- wohnsitz: 13.572. 45

Zwischen 1991 und 2012 war in erster Linie die Fremdenverkehrsmarketing GmbH für die Vermarktung Weilburgs im touristischen Bereich verantwortlich. Im Jahr 2012 wurde diese in die Stadtverwaltung integriert. Das Aufgabenspektrum umfasste unter anderem die Planung von Veranstaltungen und Events, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing, Touristeninforma- tion, Boots- und Kanuvermietung, Ticketverkäufe oder Gruppenangebote. 48

Weiterhin ist der Lahntal-Tourismus-Verband in der Förderung des Tourismus tätig. Dieser ist ein regionaler Zusammenschluss von Kreisen, Städten sowie weiteren Tourismusverbänden entlang der Lahn zur Vermarktung und Stärkung des touristischen Angebots. Hierzu gehört auch der ehrenamtliche Kur- und Verkehrsverein e. V. Vereinszweck besteht beispielsweise in der Pflege- und Verschönerung des Stadtbildes, der Förderung von Kultur und Brauchtum. Der Verein bietet Angebote zum Bootsverleih und Wasserwandern an. 49

Der Schwerpunkt des Tourismus in Weilburg liegt einerseits auf Tagestourismus und Busreisen für Touristengruppen, andererseits auch auf Wanderangeboten, inklusive Rad- und Kanufahr- ten für einzelne Personen oder Familien, die individuellen Tourismus suchen.

Für Wanderer wird beispielsweise der Lahnwanderweg angeboten. Hierbei handelt es sich um einen 290 km langen, in mehrere Etappen aufgeteilten Wanderweg, der sich von der Quelle der Lahn bis zu deren Mündung erstreckt und dabei auch an Weilburg entlangführt.

Auch der „Nationale GEOPARK Westerwald-Lahn-Taunus“ bietet diverse Wandermöglichkeiten. Trotz der vorhandenen Angebote wurde bereits im Masterplan 2009 festgestellt, dass für die Zielgruppe der Wanderer ein „Defizit an attraktiven, gut gepflegten und gut ausgeschilderten Rundwanderwegen“ festzustellen ist. Solche Rundwanderwege würden die Stadt als Standort für einen mehrtägigen Aufenthalt interessanter machen. Somit ist die für 2017 geplante Anlage eines geologischen Lehrpfades um und in der Weilburger Innenstadt ein Schritt zur Ergänzung des Wanderangebotes um attraktive Rundwege.

Weilburg ist zudem ein anerkannter Luftkurort. Verschiedene Faktoren, wie beispielsweise die hohe Luftreinheit oder ausgedehnte Waldgebiete tragen zu einem gesundheitserhaltenden und -fördernden Klima bei. Auch dieses wäre ein Aspekt, mit dem bei Wandertouristen geworben werden könnte.

Die Tourist-Information befindet sich derzeit im Rathaus, Mauerstraße 6, bzw. 8. Im Januar 2017 wird diese in das Bergbau- und Stadtmuseum verlagert, so dass längere Öffnungszeiten angeboten werden können und die Tourist-Information eine zentralere Lage erhält.

Im Juli 2016 waren 25 Gastronomiebetriebe in der Altstadt ansässig. Speziell in der unmittel- baren Umgebung des Markt- und Schlossplatzes, in der Mitte der Altstadt, befindet sich ein Großteil der Cafés und Restaurants, zum Teil mit Außengastronomie. Der größte Teil der Gast- stätten bietet bürgerliche Speisen. Obwohl Weilburg ein beliebtes Ausflugsziel für Bustouren ist, gibt es laut Aussage der Stadtverwaltung derzeit nur ein Restaurant, das ausreichend Platz eine Busreisegruppe bietet.

48 vgl. Koch et al., 2009, S. 39 49 vgl. Koch et al., 2009, S. 39 46

4.2.4 Leerstand

Im Jahre 2009 hat die NH ProjektStadt im Auftrag der Stadt Weilburg eine Leerstands- und Nutzungserhebung durchgeführt. Dabei wurden 27 Leerstände von Ladenflächen in der Innen- stadt ermittelt.

Zu Beginn des Jahres 2016 wurde erneut eine Leerstandserhebung für den Bereich der Altstadt sowie im Bereich Postplatz, Bahnhofstraße, Limburger Straße und Wilhelmstraße durch die NH ProjektStadt durchgeführt. Das Ergebnis zeigte, dass die Leerstände seit 2009 stark zugenom- men haben. Es wurden insgesamt 41 Leerstände ermittelt. Demgegenüber stehen 47 Laden- lokale, die derzeit gewerblich genutzt werden. Damit sind fast 50 % der privaten Ladenlokale ungenutzt. Darunter fallen auch gastronomische Betriebe, wie beispielsweise der Weilburger Hof. Lediglich sechs der bereits im Jahr 2009 leerstehenden Geschäfte wurden 2016 wieder gewerblich genutzt. Einen Überblick über die Leerstände und deren Verteilung in der Innen- stadt gibt die Karte Abbildung 30.

Insbesondere von Ladenleerständen betroffen ist dabei der nördliche Teil der Langgasse, die Niedergasse, die Straße Vorstadt und der südliche Teil der Marktstraße. Hierbei handelt es sich in der Regel um die Randbereiche der Altstadt.

Die recht hohe Leerstandsquote liegt in verschiedenen Faktoren begründet. Zunächst hat die Attraktivität der Altstadt aufgrund der Leerstände gelitten. Das Angebot an Waren ist deutlich zurückgegangen, so dass die Anziehungskraft ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen ist. Dadurch werden Existenzgründungen erschwert.

Darüber hinaus sind die Ladenflächen in der Altstadt in der Regel kleinflächig. Nur wenige Gebäude bieten genug Raum für die heutigen Ansprüche vieler Einzelhändler. Auch die bauli- chen Standards, die Raumaufteilung oder die Einrichtung zahlreicher Ladenlokale werden den heutigen Anforderungen nicht gerecht. Zum Teil wurden inhabergeführte Geschäfte aus Al- tersgründen und weil keine Nachfolge gefunden werden konnte aufgegeben. Ein weiterer Grund sind nicht marktgerechte Mietpreisvorstellungen der Eigentümer.

Abbildung 30: Leerstände in der Neugasse und Marktstraße. Quelle: NH ProjektStadt

47

Abbildung 31: Ladenleerstände in der Weilburger Innenstadt (Erdgeschossnutzung), Stand Oktober 2016. Quelle: NH ProjektStadt

48

4.2.5 Maßnahmen

Zielvorstellung:

Die Leerstände in der Altstadt sollen reduziert werden. Der bestehende Einzelhandel soll ge- stärkt und die Ansiedlung von Existenzgründern unterstützt werden. Zur Attraktivierung der Altstadt ist ein Anziehungspunkt bzw. Publikumsmagnet zu schaffen. Da der Einzelhandel nicht mehr als Schwerpunkt für die Innenstadt ausreicht, sollen neue „Themen“ in der Altstadt an- gesiedelt werden.

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das touristische Angebot soll abgerundet und die Verweildauer der Gäste erhöht werden.

Projekte/Maßnahmen:50

Einige Maßnahmen, die auf die Nachnutzung von Ladenlokalen zielen, sind auch in anderen Kapiteln enthalten (vgl. Kapitel Soziales).

° Ausbau des Einzelhandelsangebotes in der Altstadt

- Ansiedlung bisher nicht in der Altstadt vorhandener Anbieter mit Magnetwirkung.

- Entwicklungspotenzial bzw. -bedarf ist insbesondere in den Branchen Beklei- dung/Schuhe/Sport und Lebensmittel, aber auch bei Gesundheit/ Körperpflege, Schreib-/Spielwaren vorhanden. Beispielsweise könnte ein Modeschmuckgeschäft nicht nur das Angebot erweitern, sondern auch neue Zielgruppen in der Altstadt erschließen.

° Kirchenladen

Die Katholische Kirche prüft derzeit, einen Kirchenladen zu eröffnen, der neben Kirchen- bedarf aller Art auch Bücher und Kerzen anbietet. Dieser soll nach bisherigen Überlegun- gen auch als Begegnungsstätte dienen. Ein solcher Laden würde das Einzelhandelsange- bot um eine bisher nicht vertretene Sparte erweitern.

° Geschäft für Musikerbedarf ansiedeln

Aufgrund der Musikschule könnte ein Bedarf an Instrumenten und Musiker-Zubehör be- stehen. Eine Ansiedlung eines derartigen Ladens dürfte außerdem zur Belebung der In- nenstadt beitragen.

50 Die folgenden Maßnahmen stammen zum Teil aus dem Masterplan 2009 49

° Ansiedlung eines Rewe-Citymarktes

In der Altstadt soll ein kleiner Lebensmittelmarkt angesiedelt werden, der die Versor- gungslücke im Lebensmittelbereich schließen oder zumindest verkleinern soll.

° Regionalladen (z. B. als Markthalle)

Durch einen Regionalladen soll einerseits die Nahversorgung der in der Innenstadt woh- nenden Bürger verbessert werden, andererseits passt der Vertrieb regionaler Produkte in das Bild der historischen Weilburger Altstadt. Der Regionalladen soll sich durch den Betrieb von regionalen Produkten, insbesondere landwirtschaftlicher Art, auszeichnen. Über regi- onale Spezialitäten und innovative Produkte kann sich der Regionalladen von der Konkur- renz der Supermarktketten abheben. Beispiele für solche Regionalläden gibt es in der französischen Partnerstadt Privas, die dort auch gut laufen.

Die Nachfrage nach regionalen Produkten und Spezialitäten steigt nicht nur bei den Bür- gern einer Stadt, sondern auch bei Besuchern und Touristen. Neben den Bewohnern der Innenstadt ist genau diese Zielgruppe relevant, wenn es um den Vertrieb regionaler Pro- dukte geht.

Ein qualifizierter Standort wird in der Altstadt gesucht. In dem vorgesehenen Laden sollen zunächst Produkte der nachstehend aufgeführten Produzenten angeboten werden:

° Pilzfarm Noll, Kleinweinbach Pilze und verwandte Produkte ° Schafzucht Schliffer, Edelsberg Schaffleisch, Felle und weitere Produkte ° Imkerei Bernhardt Honig und Imkereiprodukte ° Geflügelhof Michel, Ahausen Eier, Nudel, Eierlikör ° ev. Pfarramt Essershausen Marmelade ° Landfrauen Backesbrot ° Elisabethenhof, Probbach Käse ° Brauerei Helbig Bier und Nebenprodukte, Gläser ° Kelterei Heil Säfte und dergl. ° direktvermarktender Bauernhof Kartoffeln, Gemüse, Wurstwaren ° Tourist-Information/Stadt Weilburg Touristische Produkte ° Bacchus, Weilburg regionale Brände ° Jägervereinigung Oberlahn saisonal Wild ° Metzgerei Bleul Wurstspezialitäten Weitere Anbieter sind willkommen. Neben dem Verkauf soll der Laden als Bestell- und Abholzentrale regionaler Anbieter (z.B. Geflügelhof Thome) fungieren. Geprüft wird das weitere Angebot von Backwaren.

Personal soll mit Unterstützung der ARGE zunächst mit Förderung von zwei Arbeitsplätzen rekrutiert werden. Die Übergabe in private Hand kann bei Erfolg in Aussicht gestellt wer- den.

50

° „Jedermann Laden“: Fläche für mehrere Aussteller oder Privatpersonen

Ein Ladenleerstand soll zu einem Ausstellungs- und Verkaufsraum für „Jedermann“ ge- nutzt werden. Hier kann Jeder selbst für kurze Zeit einmal Einzelhändler sein und Waren verkaufen – sei es dass man seine Flohmarktartikel, selbst gestrickte Socken oder auch eigenen Honig zum Kauf anbietet. Zielgruppe können Privatpersonen oder Kreative sein. Für eine begrenzte Zeit könnte der gesamte Laden oder nur Teilflächen angemietet wer- den. Dabei sollen auch sehr kurze Mietdauern von beispielsweise nur einem Tag möglich sein um die Zugangsschwelle zu senken.

° Unterstützung von Künstlern und Verknüpfung mit Einzelhandel und Handwerk

Weilburg bietet mit seiner Geschichte, seinem Stadtbild, den vielfältigen Veranstaltungen und vorhandenen Initiativen, wie der Künstlerkolonie, Chancen für die Ansiedlung kreati- ven Handwerks. Hierin könnte ein neues Thema für die Altstadt liegen. In einem leerste- henden Gebäude könnte eine öffentliche Kunstwerkstatt für wechseln- de Künstler und Kunsthandwerker eingerichtet werden. Bei diesem Konzept produziert ein Künstler bzw. Kunsthandwerker in den bereitgestellten Räumlichkeiten, die gleich- zeitig Schauwerk- statt wie auch Ausstellungs- und Verkaufsraum sind. Nach einigen Wochen findet ein Wechsel statt und der nächste Künstler kommt.

° Ausbau des Wochenmarktes

Der Wochenmarkt auf dem Marktplatz findet zurzeit mittwochs statt und besteht aus drei Ständen. Dieser sollte um einige Stände mit ausdifferenzierten Angeboten erweitert wer- den. An anderen Standorten beispielsweise führt die Ergänzung durch einen Weinstand mit Ausschank zu deutlichen Steigerungen der Besucherzahlen. Außerdem sollte erwogen werden den Markt auch samstags zu öffnen.

° Neue Medien

Die Altstadt und der Marktplatz waren immer schon ein Ort, an dem Informationen aus- getauscht wurden. Daher bietet sich auch die Altstadt an bei der Ansiedlung von Unter- nehmen der neuen Medien und der Informations- und Kommunikationstechnologien.

° Einstellen eines Leerstands- bzw. Altstadtmanagers

Zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation in der Innenstadt soll voraussichtlich im Dezember 2016 ein Leerstands- bzw. Altstadtmanager eingesetzt werden, welcher bei- spielsweise zwischen den Eigentümern und Existenzgründern vermittelt.

Andere Aufgabengebiete wären das Organisieren von Informationsveranstaltungen zu be- stimmten Themen. Außerdem soll er Initiativen wie die Wirtschafts-Werbung Weilburg (WWW) 51 und andere Akteuren vernetzen. Für die Erfolge des Altstadtmanagers wäre es

51 Die WWW ist ein Verbund mehrerer Gewerbetreibenden, die sich für die Stadt und Region Weilburg engagie- ren. Ihre Mitglieder organisieren sich untereinander und stimmen beispielsweise die Gestaltung ihrer Schau- fenster ab oder organisieren Feste. 51

sehr hilfreich, wenn die Stadt in das Förderprogramm „Lokale Ökonomie“ aufgenommen werden würde. Dann könnten bspw. Existenzgründer durch Zuschüsse unterstützt wer- den.

° Erstellen eines Leerstandskatasters (Immobilienbörse)

Es sollte ein Leerstandskataster aufgebaut werden auf dessen Grundlage eine internetba- sierte Immobilienbörse entwickelt werden soll. Eigentümer und Makler können ihre Ange- bote dort kostenlos einstellen. Über eine integrierte Suchfunktion können diese nach Be- darf gezielt gesucht werden. Bei der Erfassung der Leerstände könnte der Leerstandsma- nager behilflich sein.

° Runder Tisch zum gemeinsamen Treffen der Akteure

Es sollte ein regelmäßiges Treffen, beispielsweise ein „Runder Tisch“, mit den für den Einzelhandel und die Innenstadtentwicklung relevanten Akteuren eingerichtet werden. Zu besprechende Themen wären dabei z. B. Ladenöffnungszeiten oder Schaufenstergestal- tung. Ergänzende Themen könnten sich an die Vermieter richten und sich auf verlässliche Mieten und die Qualität von Räumen beziehen.

° Einführung eines organisierten Flächenmanagements; leerstehende Geschäfte in Randla- gen umnutzen

Die Leerstandsflächen sollten strukturiert auf ihre (Nach-) Nutzungsmöglichkeiten hin ge- prüft werden; dies umfasst insbesondere die Bewertung der Eignung für Einzelhandels- nutzungen oder alternative Nachnutzungen, wenn die Anforderungen an Einzelhandelsflä- chen nicht erfüllt werden. Die Randlagen der Weilburger Altstadt zeichnen sich durch Tra- ding-Down-Prozesse und strukturellen Leerstand aus. Eine Revitalisierung dieser Lagen und die Rückkehr von Einzelhandel in die ehemaligen Ladenflächen sind in vielen Fällen illusorisch. Deshalb sollten alternative Nutzungen – und dabei insbesondere Wohnen – in diesen Randlagen generell unterstützt werden.

° Nachbelegung bestehender Ladenleerstände und Ermöglichung eines Kundenrundlaufes

Neben den o. g. mittel- bis großflächigen Angebotsergänzungen sollten Anstrengungen unternommen werden, bestehende Ladenleerstände mit attraktiven Nachnutzungen zu belegen, ggf. durch Verlagerung bestehender Betriebe aus Randlagen in Kernbereiche. Durch die Schaffung einer durchgehenden Einkaufslage kann ein Kundenrundlauf inner- halb der Altstadt initiiert werden. Ein solcher Kundenrundlauf sollte sich in der derzeitigen Situation über die Neugasse, den oberen Abschnitt der Langgasse, den Marktplatz, die Marktstraße sowie die Mauerstraße erstrecken. Daher sollten diese in den Überlegungen favorisiert werden.

° Unterstützung bei Umbau- und Renovierungsmaßnahmen

Die leerstehenden Ladenlokale weisen in der Regel Renovierungs- oder auch Umbaube- darf auf. Das bedeutet, dass der Eigentümer oder der zukünftige Mieter zunächst Kosten 52

für bauliche Maßnahmen aufwenden muss. Um hier bei der Neubelegung oder der Erwei- terung von Läden zu unterstützen, könnten Zuschüsse aus einem speziellen Förderpro- gramm („Lokale Ökonomie“) gewährt werden. Beispielsweise könnten neben den bauli- chen Maßnahmen auch benötigte Materialien, wie Farbe oder Fußbodenbeläge gefördert werden.

° Hilfestellung bei Einrichtung und Ausstattung (Programm „Lokale Ökonomien“)

- Ergänzend zu o.g. Maßnahme könnte die Stadt Existenzgründern und vorhandene Ein- zelhändlern bei der Betriebsausstattung ihrer Läden finanziell unterstützen. Diese kann von einer Grundausstattung wie Möbel oder Maschinen bis hin zur Anschaffung von Software und Bürobedarf reichen.

- Übernahme von Werbekosten beim Markteintritt

- Kosten für Werbung und den Markteintritt bei Existenzgründungen könnten gefördert werden. In Frage kämen beispielsweise die einmalige Einrichtung einer Internetseite, Anzeigen oder Werbeflyer.

° Hilfeleistungen bei Existenzgründungen

Personen, welche Ideen für neue Ladenkonzepte haben und diese auch umsetzen möch- ten, könnten gefördert werden, indem man ihnen die Möglichkeit gibt, mit verminderten finanziellen Druck ihr Unternehmen zu etablieren. Dies könnte beispielsweise durch För- dermittel realisiert werden, welche unter anderem die Mietzahlungen für einen bestimm- ten Zeitraum vollständig oder zumindest teilweise abdecken.

° Flächenzusammenlegungen

Im Rahmen des Flächenmanagements sollte zudem die Möglichkeit zu Neu- und Umstruk- turierungen bzw. Flächenzusammenlegungen sondiert werden, um die Einzelhandel- Standortattraktivität für Anbieter mit dem Erfordernis größerer Verkaufsflächen zu erhö- hen und so Ergänzungen zu den weitgehend kleinteiligen Angeboten in der Altstadt zu schaffen. Organisatorisch sind hier gemeinsame Aktionen von Einzelhändler bzw. Investor, Immobilieneigentümer und Stadt (sog. Public-Private-Partnership) denkbar.

° Einheitliche Öffnungszeiten

Die Altstadtgeschäfte sollten durch einheitliche Öffnungszeiten kundenfreundlicher wer- den. Wichtig ist dabei gar nicht so sehr die tatsächliche Länge der Öffnungszeiten, son- dern die Einheitlichkeit und klare Kommunikation der Öffnungszeiten.

° Hochschulseminar „Ideen für Weilburgs Altstadt“ und Kreativwettbewerb

Durch das Anbieten eines Seminars an einer hessischen Hochschule könnten weitere Ideen zur Revitalisierung der Weilburger Altstadt gesammelt werden. Den Studierenden könnte, im Rahmen eines regionalen Wettbewerbs, aufgetragen werden, innovative Kon- zepte für Weilburgs Altstadt und deren Einzelhandelsflächen zu entwickeln. 53

Im Masterplan aus 2009 waren auch für den Bereich Tourismus eine Zahl Maßnahmen auf- gestellt worden, welche den Tourismus in Weilburg verbessern und das Spektrum der Ange- bote erweitern sollten. Einige dieser Maßnahmen befinden sich in der Umsetzung oder wurden bereits verwirklicht. Andere wiederum erwiesen sich als nicht umsetzbar. Der Großteil aller Handlungsempfehlungen fokussiert sich auf die touristische Nutzung der unmittelbaren Um- gebung und die Natur der Region. Für den Bereich Tourismus sind folgende Maßnahmen vor- gesehen:

° Weitere Gastronomieangebote schaffen

Zur stärkeren Ausnutzung des touristischen Potentials sind zwei bis drei Restaurants in der Altstadt erforderlich, auch mit ausreichend Platz für eine Busreisegruppe.

° Günstige Unterkünfte für Radfahrer und Wanderer

Es gibt einen Bedarf an günstigen Pensionen für Radfahrer, Wanderer und Wasserwande- rer. Die Unterkünfte für Radfahrer sollten in der Nähe der Radfernwege liegen und auf den Bedarf von Radfahrern eingehen (z. B. Bed- and Bike-Angebote).

° Weilburg als Wanderzentrum

Bei den Wanderern ist in den letzten Jahren der stärkste Zuwachs in der Altersgruppe der 40- bis 59-Jährigen erfolgt. Diese Altersgruppe ist bei den Besuchern Weilburgs vergleichs- weise schwach vertreten. Daher kann durch die Aktivierung des Wandertourismus ein Zu- wachs in dieser Altersgruppe bei den Weilburgtouristen erreicht werden. Hierzu ist neben der Werbung in der Zielgruppe vor allem eine bessere Ausschilderung der Wanderwege und eine regelmäßige Pflege der Ausschilderung und der Wege notwendig. Die Umgebung Weilburgs bietet genug Potential für reizvolle Wandertouren, wie z.B. den geologischen Lehrpfad. Hierzu ist es notwendig, klare Verantwortlichkeiten für die Erstausschilderung, Kontrolle und Instandhaltung der Wanderwege (sowohl lokal, regional als auch überregi- onal) festzulegen, z.B. durch den Kur- und Verkehrsverein.

° ÖPNV-Anbindung der gesamten touristischen Angebotes

Da einige Sehenswürdigkeiten außerhalb der Innenstadt im Gewerbegebiet Kubach gele- gen sind, soll die Erreichbarkeit durch ein besseres ÖPNV-Angebot sichergestellt werden (z.B. der Tiergarten oder die Kubacher Kristallhöhle).

° Netzwerk Lahntaltourismus ausbauen

Gemeinsam mit anderen Städten an der Lahn ist das bestehende Netzwerk des Lahntal- tourismus auszubauen. Beispielsweise können Pauschalangebote für Dreitagestouren in verschiedene Städte der Region ausgearbeitet und vermarktet werden. Weilburg kann dadurch von den Angeboten der benachbarten Städte mitprofitieren, diese wiederum ebenso von Weilburg. Bereits jetzt gibt es regionale und kommunale Kooperationen wie den Lahntal-Tourismus-Verband, das Ferienland Westerwald-Lahn-Taunus und das Ro- mantische Mittellahn. Diese sind auch in Zukunft fortzuführen und noch zu intensivieren.

54

° Schautafel mit Hinweis auf Sehenswürdigkeiten außerhalb

In der Altstadt soll eine Schautafel mit Hinweisen auf die weiter außerhalb liegenden At- traktionen (z.B. Kubacher Kristallhöhle, Tierpark, Pavillion Hauseley,…) angebracht wer- den und so eine bessere Verzahnung aller Sehenswürdigkeiten erreicht werden.

° Zeitungskiosk mit Auskunftsfunktion auf Marktplatz

Auf dem Marktplatz soll ein Zeitungskiosk installiert werden, dessen Betreiber wichtige Auskunftsfunktionen übernehmen kann. Als Kenner der Innenstadt kann er viele Fragen (wo gibt es denn hier…?) informell beantworten. Die Hemmschwelle, einen Kioskbetreiber anzusprechen, ist relativ klein. Darüber hinaus sollte die Tourist-Information in die Nähe des Marktplatzes verlegt werden. Hierzu ist bereits vorgesehen, die Touristinformation im Januar 2017 in das Bergbau- und Stadtmuseum zu verlagern.

° Biergarten an der Lahn

Flusswanderer per Rad oder Kanu, die zumeist an Weilburg vorbeifahren, ohne die Stadt zu besuchen, können durch einen Biergarten an der Lahn zu einem Aufenthalt innerhalb der Grenzen Weilburgs und zu einer Nutzung der Gastronomie animiert werden.

In Wetzlar beispielsweise gibt es seit einigen Jahren einen Biergarten an der Lahn, der von dem Betreiber einer Altstadt-Gaststätte mitbetrieben wird und im Sommer sehr gut angenommen wird. Als ein für Kanufahrer geeigneter Standort in Weilburg würde sich das Lahnufer unterhalb des Schwimmbads anbieten. Eher auf Radfahrer ausgerichtet und auch von der Altstadt besser zu erreichen wäre ein Standort am Festplatz bzw. Wohnmo- bilstellplatz gegenüber der Hainkaserne. Auch wäre eine gastronomische Nutzung in der Kirchhofsmühle (Im Bangert) denkbar.

° Werbung mit der Auszeichnung Luftkurort Weilburg

Weilburg hat, wie erst jüngst von amtlicher Seite bestätigt und weiter oben bereits ge- schildert, eine gute Luft und darf das Prädikat „Luftkurort“ weiterführen. Bisher wird damit kaum geworben. Dieses Potential kann in Richtung Kur – Wellness – Reha genutzt werden. Der Titel Luftkurort ermöglicht auch Sonntagsöffnungszeiten im tourismusorientieren Ein- zelhandel.

55

4.3 Handlungsfeld 3: Soziales, Bildung und Kultur

In diesem Handlungsfeld wird zum einen auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen und deren Anforderungen eingegangen. Zum anderen wird die Bedeutung der Stadt Weilburg als Standort für Bildung und Kultur thematisiert.

4.3.1 Kinder und Jugendliche

Ausgangslage:

Auch Weilburg unterliegt wie andere Ortschaften Deutschlands dem demografischen Wandel. Demnach wird nach Berechnungen die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Zeitraum von 2012 bis 2030 um über 10 % sinken. 52

Um diesem Trend entgegen zu wirken, ist es förderlich ein vielfältiges Angebot an Betreuung für Kinder und Jugendliche vorzuweisen, um damit Familien an den Ort zu binden. Dies ist in Weilburg gegeben. Es gibt ausreichend Kindertagestätten und eine Vielzahl an Angeboten von Vereinen und der Kirchen. Verbesserungsfähig hingegen ist das Freizeitangebot für Kinder und

Jugendliche, vor allem die Altstadt Weilburgs hat für Kinder und Jugendliche wenig Aufent- haltsqualität, sodass kaum Identifikation mit der Innenstadt stattfindet 53 . So fehlt es bisher vor allem in der Altstadt an Spielplätzen. Die Abbildung 1 zeigt den einzigen Spielplatz der Altstadt. Ebenso bieten die Flächen an der Lahn unterhalb der Innenstadt kaum Möglich- keiten für Freizeitaktivitäten. An vielen Stellen ist der Uferbereich in Privatbesitz oder ist durch dichten Bewuchs unzugänglich.

Abbildung 32 : Einziger Spielplatz in der Altstadt. Foto: NH ProjektStadt Zielvorstellung:

Angesichts des demographischen Wandels soll die Attraktivität Weilburgs für Familien mit Kin- dern gesteigert werden, sodass sich Familien für den Zuzug entscheiden. Für die Jugend wer- den mehr Bereiche in der Innenstadt geschaffen. Der Bereich Schloss/Rathaus/Marktplatz soll kinderfreundlicher werden. Das Thema „Ökologie/Wald/Fluss“ soll für Kinder und Jugendliche ausgebaut werden.

52 vgl. Statistische Ämter der Länder, Deenst GmbH, Bertelsmann Stiftung 53 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 52

56

Projekte/Maßnahmen:54

° Identifizierung mit Weilburg schon im Kindergartenalter

Das Aktivitätsprogramm aller Kindergärten der Stadt Weilburg bezieht sich auf ausge- wählte Orte in der Stadt Weilburg. Ebenso wie bei dem Punkt Grundschulen ist die früh- zeitige Identifizierung mit der Stadt Weilburg und die ehrliche und liebevolle Vermittlung der wunderschönen barocken Residenzstadt wichtig.

° Thema „Heimat Weilburg“

Zur Förderung der Identifizierung mit Weilburg soll in Grundschulen in Kooperation mit der Stadt frühzeitig ein pädagogisches Lernkonzept, welches im Klassenraum „Kernstadt“ stattfindet, aufgeboten werden, ab Beginn Klasse 1.

° Führungen für Kinder

Führungen speziell für Kinder sind gerade für Kindergärten und Schulklassen ein interes- santes Angebot.

° Patenschaften

Unter Aufsicht von Mitarbeitern der Stadt Weilburg können Patenschaften für gewisse Bereiche in der Kernstadt vergeben werden, z.B. Parkpflege, Baumpflege oder auch Pflege der öffentlichen Anlagen. Interessant könnten diese Patenschaften auch für die Schulen sein, z.B. Wochenprojekte etc., aber auch zur weiteren Qualifizierung von Hauptschülern ist dieses ein ideales Projekt.

° Virtuelle Stadtführer

Für jugendliche Weilburger und auch jugendliche Touristen können spannend produzierte Stadtführungen zum Highlight werden. An unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten in der Stadt könnten virtuelle Bildschirme mit TouchScreen-Funktion angeschafft werden. Kurz- filme und Fragen über die entsprechenden Sehenswürdigkeiten können dann an jedem wichtigen Ort in der Stadt genutzt werden. Ein Quiz kann des Weiteren die Geschichte der Stadt attraktiver machen und führt so Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, von Ort zu Ort. Allerdings sollten die TouchScreen-Displays nur an Punkten aufgestellt werden, die entweder kameraüberwacht bzw. sicher sind vor Vandalismus. Um einem Sättigungseffekt aus dem Weg zu gehen, könnte das Quiz jedes Mal neu nach Zufallsprin- zip geändert werden, außerdem könnte der virtuelle Stadtführer nach dem erfolgreichen Absolvieren aller Punkte einen Code ausgeben, den man in einem Geschäft in Weilburg, zwecks Ermäßigung beim Einkauf, abgeben kann.

54 einige Textteile aus „Masterplan Weilburg“ (teilweise leicht verändert) übernommen 57

° GPS für Bildung, Kultur, Handel, Wirtschaft und Tourismus

Geocaching ist die moderne Art der Schnitzeljagd. Mit einem einfachen GPS Gerät könnte man viele Kinder und Jugendliche, aber auch Familien und Touristen für die Stadt Weilburg begeistern. Anhand von Koordinaten, die in das GPS eingegeben werden, können die Per- sonen anhand eines Pfeils auf dem GPS, dem sie folgen müssen, durch die Stadt geführt werden. Am Ziel könnten die Teilnehmer durch die Stadt Weilburg ein Zertifikat erhalten, mit dem man dann z.B. beim nächsten Besuch einen Gutschein in jedem Geschäft be- kommt. Außerdem wird die GPS-Suche mit jedem Monat verändert, so dass immer wieder die Suche für alle von Neuen beginnen kann. Um den Tourismus weltweit anzukurbeln, lohnt sich die Ausweitung auf die großen und bekannten Internetorganisationen wie www.geo- caching.com. Schatzsucher aus der ganzen Welt würden dann den Weg nach Weilburg finden, mit dem Ziel (und das ist Zweck bei Geocaching weltweit), so viele Schätze wie möglich zu sammeln.

° Geologischer Lehrpfad für Kinder

Ein geologischer Lehrpfad ist in Planung und soll 2017 verwirklicht werden. Dieser kann zukünftig in den Schulunterricht eingebunden werden.

° Events auf dem Marktplatz

Trendgerechte Events für Kinder und Jugendliche müssen einen weiteren Schwerpunkt in der Kernstadt darstellen. Wichtig ist hierbei, dass es keine reinen „Stell-Dich-hin“- Veran- staltungen sind, sondern Aktionen für alle Generationen. Viele Vereine und Geschäftsleute könnten hier integriert werden. Kinder- oder Jugendolympiaden, Familienolympiaden und Familientage können hier stattfinden. Ein Brunnenwettrennen (wer am schnellsten 10 Runden im Wasser des Brunnens macht) und viele weitere zur Stadt gehörende Highlights könnten eingebunden werden. Wichtig ist letztlich: Familientage auf dem Marktplatz zu veranstalten, denn Familien sind es, die nach Aktionen suchen und froh sind, gemeinsam etwas zu unternehmen.

° Treffpunkte für Jugendliche in der Altstadt

Da die Altstadt bisher wenig Aufenthaltsqualität für Jugendliche bietet, sind Treffpunkte für Jugendliche wichtig, z.B. ein Jugendraum oder Jugendcafé, oder auch Nachmittagsbe- treuung in der Stadt (Hausaufgaben usw.). Die Stadt plant, für das Kinder- und Jugend- parlament ein leerstehendes Ladenlokal in der Altstadt anzumieten. Da aber auch ein al- tersentsprechender Konsum für Jugendliche eine wichtige Bedeutung hat, sind auch ent- sprechende Geschäfte (z.B. mit aktueller Mode, Modeschmuck, Schulbedarf) von beson- derer Bedeutung, um Jugendliche in die Stadt zu holen. Ein kleiner Schritt in diese Rich- tung sind ab März 2017 vorhandene WLAN Punkte in der gesamten Innenstadt, welche kostenloses Internet bieten und neben Touristen auch Jugendliche in die Altstadt locken sollen.

58

° Spiel- und Sportplätze sowie Spielpunkte für Kinder und Jugendliche

In verschiedenen Ecken und Plätzen der Altstadt sollen Einzelspielgeräte installiert werden, um die Altstadt zu einem beliebten Aufenthaltsort für Kinder zu machen.

Außerdem sollen für Kinder und Jugendliche sollen als Treffpunkte Spiel- und Sportplätze eingerichtet werden, die zur Bewegung motivieren, möglichst nahe der Innenstadt oder an der Lahn. Beispiele:

- Wasserspielplatz an der Lahn - Basket-/Streetballfeld - Skatebahn - Bowling- und Billiardcenter - Kletterpark

° Förderprogramm zur Ansiedlung von Familien mit Kindern in der Altstadt

Die Altstadt ist verglichen mit der Westerwaldseite und der Taunusseite ein relativ kinder- armer Bereich. Durch eine gezielte Förderung geeigneter Wohnungen und der Gestaltung des Wohnumfeldes kann der Bereich attraktiver für die Ansiedlung von Familien gemacht werden.

° Jugendfreizeiteinrichtungen außerhalb stärker an Altstadt binden

Außerhalb der Kernstadt liegen die Jugendfreizeiteinrichtungen:

- Jugendherberge - Jugendwaldheim - Jugendzeltplatz

Die beiden erstgenannten befinden sich oberhalb von Odersbach, der Jugendzeltplatz be- findet sich an der Lahn, in etwa gegenüber dem unteren Ende des Schiffstunnels. Hier kann durch eine Fußgänger- und Fahrradbrücke über die Lahn die Erreichbarkeit der Alt- stadt entscheidend verbessert werden (vgl. Kap 4.5.7). Für das Jugendwaldheim und die Jugendherberge ist die Anbindung an die Altstadt über bessere Busverbindungen zu schaf- fen. Zur Bindung der Jugendeinrichtungen an die Altstadt ist auch eine attraktive Präsen- tation der Altstadt vor Ort hilfreich.

59

4.3.2 Senioren und Behinderte

Ausgangslage:

Wie im Kapitel „Bevölkerungsstruktur und Prognosen“ bereits erwähnt wurde, wird es zu einem Anstieg der älteren und pflegebedürftigen Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten kommen. Für Weilburg allein wird zwischen 2012 und 2030 eine Zunahme der über 65 Jährigen von mehr als 30 Prozent prognostiziert. 55 Hierdurch entstehen veränderte Nachfragestrukturen, auf die es zu reagieren gilt. So sollte vor allem ein Fokus auf Themen wie Barrierefreiheit und Pflegeangebote gelegt werden.

In Weilburg herrscht ein ausreichendes Angebot für die Pflege von Senioren. So ist es möglich, aus verschiedenen Betreuungsmöglichkeiten zu wählen. Es gibt sowohl Einrichtungen für be- treutes Wohnen, Tagespflege als auch für die stationäre Pflege. Daneben besteht ein umfang- reiches Unterhaltungsangebot für Senioren wie Gymnastik, Tanznachmittage und Bastelstun- den, die von der Stadt und Kirchengemeinden veranstaltet werden.

Für Menschen mit Behinderung gibt es die Wohnhäuser der Lebenshilfe Wetzlar- Weilburg. Auch diese bieten verschiedene Formen der Betreuung an.

Durch die Topographie der Innenstadt Weilburgs ist es sowohl für Senioren als auch für be- hinderte Menschen schwierig, sich in der Altstadt fortzubewegen. Personen mit Mobilitätsein- schränkung fehlt es an ebenen Flächen in den Straßen (durch die durchgehende Kopfstein- pflasterung) und an barrierefreien Gebäuden, sodass Einkaufsmöglichkeiten nur unter Schwie- rigkeiten betreten werden können. Wichtige öffentliche Einrichtungen sind aber bereits barri- erefrei zugänglich, wie z. B. das Rathaus, die Stadthalle, der Komödienbau und die Schlosskir- che.

Zielvorstellung:

Die Teilnahme von Senioren/Behinderten am öffentlichen Leben soll möglichst uneinge- schränkt stattfinden können. Die Altstadt soll ein Lebensort für Senioren werden. Alte und junge Menschen zusammengebracht werden.

55 vgl. Statistische Ämter der Länder, Deenst GmbH, Bertelsmann Stiftung 60

Projekte/Maßnahmen:56

° Barrierefreie Wohnungen

Mit der steigenden Zahl alter und damit oft mobilitätseingeschränkter Personen steigt auch der Bedarf nach einer entsprechenden Wohnraumversorgung. Bislang erstreckt sich das Angebot an altengerechten Wohnungen hauptsächlich auf die o.g. Bereiche auf der Taunusseite, während in der Altstadt ein Mangel herrscht. Um die Altstadt zum Wohnort auch für Senioren und Behinderte zu machen, ist dort ein Angebot an barrierefreien Woh- nungen zu schaffen. Um eine Mischung aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu er- reichen, sollten verschiedene Segmente von günstigen bis höherwertigen Wohnungen an- geboten werden.

° Barrierefreie öffentliche Einrichtungen

Sämtliche öffentliche Einrichtungen sind barrierefrei zugänglich zu machen, um eine Nut- zung durch alle Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Vordringlicher Bedarf wird vor allem bei der Schlosskirche und dem Schlossgarten (auch untere Ebene) gesehen (Umbau zur barrierefreien Zugänglichkeit von Museum und Schlosskirche wird im September 2016 angegangen). Auch bei Gaststätten ist ein barrierefreier Zugang anzustreben.

° Präsentation der Schlossanlage für alte/behinderte Menschen

Für alte und behinderte Besucher und Einwohner Weilburgs, denen eine Führung durch die Schlossanlage zu beschwerlich oder unmöglich ist, soll die Schlossanlage durch eine Videopräsentation in einem speziell dafür hergerichteten Raum zugänglich gemacht wer- den. Dieses Projekt ist bereits begonnen worden.

° Veranstaltungsbezogener ÖPNV

Viele Menschen, aber insbesondere Alte und Behinderte, sind auf den öffentlichen Perso- nen-Nahverkehr (ÖPNV) angewiesen, um Veranstaltungen zu erreichen und somit am öf- fentlichen Leben teilzunehmen. Daher ist ein veranstaltungsbezogener ÖPNV einzurichten, der wichtige Veranstaltungen über das normale ÖPNV-Angebot hinaus bedient. Dieser sollte sowohl die Stadt als auch die Region Weilburg abdecken.

56 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; einige Textteile leicht verän- dert übernommen 61

° Öffentliche behindertengerechte Toiletten

Die Anzahl und Lage der öffentlichen Toiletten ist derzeit unbefriedigend. Dort, wo die meisten Besucherströme sind, insbesondere in der Nähe der Ein- und Ausstiegsstelle für Touristenbusse, ist eine ausreichende Versorgung mit öffentlichen Toiletten zu gewähr- leisten. Diese sind behindertengerecht anzulegen.

° Ärztliche Versorgung gewährleisten

Eine gute Versorgung mit Ärzten, insbesondere gut erreichbaren Hausärzten, die sich auf die Veränderung der Patientenstruktur eingestellt haben und bei Bedarf regelmäßige Hausbesuche anbieten, ist zu gewährleisten. Zukünftig soll es ein Ärztehaus in der Innen- stadt geben.

° Aufbau einer Ehrenamts-Agentur

Bei vielen Mitbürgern, insbesondere auch im Rentenalter, besteht eine grundsätzliche Be- reitschaft für ehrenamtliches Engagement in der Gemeinschaft, welches bislang noch nicht aktiviert wurde. Eine Ehrenamtsagentur kann helfen, dieses Potential zu nutzen und die Freiwilligenarbeit zu koordinieren. Inhalt der Freiwilligenarbeit kann wiederum vieles sein, was auch Senioren zugutekommt, z.B. Hol- und Bringdienste, Besuchsdienste, Dienstleis- tungen im und am Haus. Die Stadt Weilburg kann eine solche Agentur durch die Bereit- stellung von Raum-, Sach- und Personalkosten sowie die Übernahme des Versicherungs- schutzes der freiwilligen Kräfte fördern. Dadurch kann gleichzeitig das Gemeinwohl als auch die Partizipation älterer Mitbürger gefördert werden.

° Aufbau einer Seniorenuniversität

Es soll eine Seniorenuniversität aufgebaut werden, bei der dem Prinzip des „lebenslangen Lernens“ Rechnung getragen wird. Hier können speziell auf Senioren zugeschnittene Vor- lesungen und Kurse angeboten werden. Als Träger wären die Technikerschule und die Wilhelm-Knapp-Schule denkbar. Erste Ansätze hin zu einer „Seniorenuniversität“ sind be- reits zu verzeichnen.

° Bewegungspark für ältere Menschen

Im zukünftigen neuen Hallenbad von Weilburg findet der Bewegungspark Platz. Solche „Seniorenspielplätze“ oder „Mehrgenerationenplätze“ sind in den letzten Jahren bereits in mehreren Städten entstanden, diese tragen zur Fitness und Beweglichkeit der Senioren bei.

° Tagespflege

Es sollen ganztägige Tagespflegeangebote geschaffen werden.

62

4.3.3 Bildungseinrichtungen in der Gesamtstadt/ in der Innenstadt

Ausgangslage:

Weilburg hat ein überdurchschnittlich hohes Angebot an Bildungseinrichtungen (siehe Abbil- dung 32) und leistet einen wichtigen Beitrag zur Bildung im Landkreis Limburg-Weilburg. In der Stadt befinden sich zwei Grundschulen (auf der Westerwald und Taunusseite), eine inte- grierte Gesamtschule, eine Haupt- und Realschule mit zusätzlicher Bildungsmöglichkeit für Menschen mit speziellen Förderbedarf oder körperlichen Einschränkungen sowie ein Gymna- sium. Außerdem gibt es eine Schule für praktisch Bildbare, das Berufsschulzentrum Wilhelm- Knapp-Schule (mit ca. 1.300 Schülern), eine Tagungsstätte des Amtes für Lehrerbildung, ein Forstliches Bildungszentrum, eine Dachdeckerschule, eine Krankenpflegeschule, eine renom- mierte Musikschule sowie eine Hauptstelle der Volkshochschule Limburg-Weilburg. Die Staat- liche Technikakademie ist mit über 500 Studienplätzen eine der größten Fachschulen für Tech- nik in der gesamten Bundesrepublik. Zur Schule gehört auch das Wohnheim im ehemaligen Jagdschloss „Windhof“.

Abbildung 33: Bildungseinrichtungen in Weilburg. Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage von Daten aus Mas- terplan Weilburg 2009 und http://www.geoportal.hessen.de/portal/karten.html

63

Als Nachteil für den Stadtkern sind die Standorte der Bildungseinrichtungen zu sehen, da alle Einrichtungen seit den 1970er Jahren außerhalb der Altstadt liegen. Lediglich die Musikschule und die Krankenpflegeschule sind in den letzten Jahren mit ihrem Standort in der Altstadt angesiedelt worden.

Hierdurch bleibt die Altstadt speziell unter der Woche eher unbelebt und es entsteht bei vielen Einwohnern und gerade bei Kindern und Jugendlichen keine Bindung zur Innenstadt. 57

Zielvorstellung:

Es gilt, Weilburg als ausgewiesenen Bildungsstandort zu bewahren und auch in der Altstadt weiterzuentwickeln. Die Identifizierung der Schüler und Lehrkräfte mit der Stadt Weilburg ist zu fördern.

Projekte/Maßnahmen: 58

° Stadtführungen für Neubürger, Schulen, Lehrkräfte

Als zusätzliches Bildungsangebot soll es spezielle Stadtführungen für Neubürger, Schulen und Lehrkräfte geben. Hierdurch kann die Identifizierung mit Weilburg gefördert werden.

° Außergewöhnliche Bildungsstätte akquirieren

Um Weilburg als Bildungsstandort zu profilieren, soll versucht werden, eine außergewöhn- liche Bildungsstätte zu akquirieren, die einen größeren Einzugsbereich in einer speziellen Gruppe hat, z.B. ein besonderes Internat als Privatschule oder eine „European Business School“ für Management wie in Oestrich-Winkel. Auch das Hochschulzentrum für Weiter- bildung der Fachhochschule Gießen-Friedberg wäre eine Bildungseinrichtung, die gut zu Weilburg passen würde.

° Außenstellen von Schulen in der Altstadt schaffen

Da Weilburg ein verhältnismäßig breites Angebot an Schulen und Schulformen bietet, sollte erwogen werden innerhalb der Altstadt Flächen für spezielle Bildungsangebote oder Außenstellen von Schulen zu nutzen. Dieses sollte auf Angebote für ältere Schüler, Seni- oren oder Auszubildende zielen. Diese werden so in die Altstadt gelenkt und tragen hier zu einer Belebung bei.

57 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 65 58 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; einige Textteile leicht verän- dert übernommen 64

4.3.4 Soziales/ Miteinander

Ausgangslage:

Viele Dinge zum sozialen Miteinander wurden schon in den vorangegangenen Kapiteln er- wähnt. Aus dem Masterplan der Stadt Weilburg von 2009 geht noch hervor, dass es ein gutes Angebot für hilfsbedürftige Menschen gibt. So sind beispielsweise das Sozialkaufhaus, die Ju- gend- und Drogenberatung, das Diakonische Werk, die Streetwork-Angebote, der Weltladen, die Weilburger Tafel, Caritas und Lebenshilfe oder die Hilfe für Flüchtlinge zu nennen.

Daneben sind in Weilburg die Kirchengemeinden sehr aktiv. Über das Gottesdienstangebot hinaus wird ein Großteil des sozialen Angebots von den kirchlichen Einrichtungen und Gemein- den geleistet. Die evangelische, katholische, die freie evangelische Gemeinde sowie die tür- kisch-islamische Gemeinde befinden sich in der Kernstadt von Weilburg.

Aktuell leben Menschen aus 83 verschiedenen Nationen in Weilburg. 59

Zielvorstellung:

Weilburg ist weltoffen, Menschen aus anderen Nationen sind hier willkommen. Die unter- schiedlichen Generationen, Bevölkerungsgruppen und Lebensformen sollen von einem ge- meinsamen „Wir-Gefühl“ zusammengehalten werden.

Projekte/Maßnahmen: 60

° Internationale Feste feiern

Ein Fest der Kulturen auf dem Marktplatz, bei dem sich alle unterschiedlichen Kulturen in Weilburg präsentieren und miteinander feiern, ist als feste Einrichtung zu etablieren und fortzuführen. Auch internationale Straßenfeste an Orten mit hohem Ausländeranteil (Ost- preußenstraße, Kirmesplatz etc.) sind geeignet zur Integration der ausländischen Mitbür- ger.

° Aktivitäten für Behinderte

Ebenso sind geistig und körperlich behinderte Menschen durch Aktivitäten und Programme in der Kernstadt zu integrieren, beispielsweise mit einem Fest für Behinderte und Nicht- behinderte auf dem Marktplatz.

59 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 70 60 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; einige Textteile leicht verän- dert übernommen 65

° Zielgruppencafés

Betreiber eines Bistros oder Cafés in der Innenstadt können Gruppen der Lebenshilfe, der Jugend- oder Seniorenarbeit sein. Hierdurch werden die verschiedensten Bevölkerungs- gruppen angesprochen und in die Innenstadt gelockt.

4.3.5 Kultur/Freizeit

Ausgangslage:

Das Kultur- und Freizeitangebot ist in Weilburg sehr vielfältig; vor allem das Musikalische. Besonders bekannt ist die Stadt für die jährlich im Sommer stattfindenden „Schlosskonzerte“. Hier wird Weilburg zur internationalen Bühne und lockt mit über 40 Konzerten rund 30.000 Besucher an. Daneben gibt es die sogenannten „Brunnenkonzerte“, die Open-Air Konzerte der Reihe „Pop am Fluss“ oder das Kindertheater im Schloss.

Abbildung 34: Bestuhlung des Platzes für ein musikali- sches Event in der Altstadt. Foto: NH ProjektStadt

Des Weiteren gibt es ein umfangreiches Programm an Märkten und Stadtfesten über das ganze Jahr verteilt, welche u.a. auf dem Marktplatz oder auf dem Schlossgelände stattfinden.

Eine große Auswahl an Attraktionen bereichert ebenfalls das Freizeitangebot. Neben der voll- ständig erhaltenen Schlossanlage, gibt es u.a. ein Bergbau- und Stadtmuseum, einen Modell- baupark (Abbildung 34), den Wildpark „Tiergarten“ oder die Kubacher Kristallhöhle. 61

Im Masterplan 2009 war noch die Einrichtung eines Märchenhauses als Maßnahme benannt. Die Eröffnung des Märchenhauses in der Pfarrgasse 4 fand im März 2016 statt. Hier soll die Märchenliteratur Kindern und Schulklassen näher gebracht werden. Damit wurde eine zusätz- liche kulturelle Einrichtung in der Innenstadt geschaffen. Regelmäßige Öffnungszeiten können angeboten werden, sobald die letzten Auflagen des Brandschutzes erfüllt sind.

Alle Stadtteile verfügen über eigene Bürgerhäuser oder Vereinsräume für Sportaktivitäten, Fa- milienfeiern, Vereinsfeste und auch für Firmenveranstaltungen, Schulungen oder Tagungen. Die Stadthalle befindet sich in der Altstadt, ist in privater Trägerschaft und dem Schlosshotel

61 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 75 66

angeschlossen. In der Kernstadt stehen die Aula im Komödienbau sowie die Aulen der Schulen als öffentliche Veranstaltungsräume zur Verfügung. Die Stadthalle ist damit der einzige Bür- gersaal in Weilburg, der sich in privater Hand befindet.

Durch die Lage Weilburgs und die Nähe zur Lahn können sich die Bewohner und Touristen auch sportlich betätigen. Neben Wassersportarten wie Kanu oder Kajakfahren kann man auch in einem gut ausgebauten Wegenetz wandern und Rad fahren. Das „Rollschiff“, eine seit 300

Jahren bestehende Fährverbindung über die Lahn (an der Straße Im Bangert), ist eine Weil- burger Besonderheit und steht derzeit ausschließlich an Samstagen und Sonntagen in den Monaten April bis Anfang Oktober zur Verfügung (Abbildung 35).

Abbildung 35 : Teil des Freizeitangebots, der Modellbau - Abbildung 36 : „Rollschiff“ als Verbindung zur anderen Park am Lahnufer. Foto: NH ProjektStadt Lahnseite. Foto: NH ProjektStadt

Neben dem Freibad Odersbach und Bermbach wird es zukünftig im Kreishallenbad Weilburg, das derzeit neu gebaut wird, auch einen Außenbereich zum Schwimmen geben. Das bisherige Hallenbad wurde in 2015 abgerissen.

Ein unausgeschöpftes Potential stellt allerdings ein großer Bereich des Lahnufers auf der Weil- burger Seite dar. Die wie in einem Märchen- schlaf liegenden Flächen rund um die Altstadt könnten weiterentwickelt (z.B. Sitzstufen am Uferbereich zwischen Steinerner Brücke und der Straße „Am Postplatz“) das Freizeitangebot bereichern (Abbildung 36). Diesbezüglich ist bereits das „Lahnschleifenkonzept“ beauftragt worden und in Bearbeitung (siehe auch Kapitel 2.4 Entwicklungsmöglichkeiten), sodass zu- künftig mit einer Attraktivitätssteigerung des Abbildung 37 : Potentialflächen an den Uferbereichen Umfelds zu rechnen ist. bspw. für Sitzstufen mit Blick auf das Schloss. Foto: NH Projekt-Stadt

67

Zielvorstellung:

Weilburg ist eine Kulturstadt. Ein attraktives und hochwertiges Kultur- und Freizeitprogramm ist auch in Zukunft anzustreben. Das vielfältige Vereinsleben soll gefördert werden, da Vereine in besonderer Weise als Träger des Kultur- und Freizeitangebotes fungieren. Potentiale vor allem an den Uferbereichen sollen genutzt werden.

Projekte/ Maßnahmen: 62

° Kunst und Kultur fördern

Kunst und Kultur soll zu einem Schwerpunkt in der Altstadt werden. Kunst soll besonders gefördert werden. Hierzu zählen die Ansiedlung von Galerien und Künstlern (siehe Projekt „Kunstwerkstatt“ im gleichen Kapitel) oder auch die Ausstellung von Kunst im öffentlichen Raum

° Förderung der Vereine

Viele Vereine befinden sich in Krisensituationen bezüglich Nachwuchs und Führungsarbeit. Eine Förderung seitens der Stadt ist daher notwendig, um Vereine als Träger des kultu- rellen und gesellschaftlichen Lebens zu erhalten.

° Haus des Parlaments

In einem Haus des Parlaments sollen alle fünf im Rathaus vertretenen Parteien Räume, insbesondere ein Bürgerbüro, bekommen und so für eine bürgernahe Präsentation der Politik sorgen. Dies kann evtl. von der Landeszentrale für politische Bildung gefördert wer- den.

° Theaterkurse für Kinder mit Aufführungen

Ein kulturelles Angebot, welches seitens des Arbeitskreises Masterplan sehr befürwortet wurde, sind Theaterkurse speziell für Kinder, um spielerisch die Phantasie anzuregen und Kreativität zu fördern. Diese sollten öffentliche Aufführungen beinhalten.

° Nutzung der Potentiale des Uferbereichs

Durch eine Entwicklung der Uferbereiche beispielsweise durch den Bau von Sitzstufen neben der Steinernen Brücke, welche das Areal aufwerten und Besucher zum Verweilen am Wasser anregen oder durch Maßnahmen des Lahnschleifen Konzepts, wird die Innen- stadt zum Erholungspunkt und Freizeitort der Bevölkerung. Die Identität der Bewohner zu

62 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; einige Textteile leicht verän- dert übernommen 68

ihrer Stadt kann dadurch gesteigert werden. Auch für Besucher bzw. Touristen wäre die- ses eine Attraktion, da es ansonsten keine attraktiven öffentlichen Aufenthaltsräume an der Lahn in Weilburg gibt.

° Jugendherberge an heutige Anforderungen anpassen

Die Jugendherberge Weilburg muss sich den heutigen Anforderungen anpassen, um at- traktiv zu bleiben. Durch ein modernes Angebot an Aktivitäten und Unterbringungsmög- lichkeiten (z.B. Familienquartiere, Bäder auf dem Zimmer) kann die Jugendherberge auch zukünftig eine Anlaufstelle für die Freizeitgestaltung sein.

° Veranstaltungsuhr

Auf dem Marktplatz ist eine Uhr, die auf Veranstaltungen hinweist (ähnlich wie die Hes- sentagsuhr) anzubringen. Vor jeder Veranstaltung wird sie neu gestellt. Alternativ: Mobile Veranstaltungshinweise.

° Kulturprogramm Oktober bis März

In den Sommermonaten findet mit den Schlosskonzerten, Märkten, der Kirchweih und vielen anderen Aktionen ein reichhaltiges Kulturprogramm in Weilburg statt. In den Win- termonaten ist das Angebot deutlich dünner, auch wenn es bereits den Weihnachtsmarkt, eine Krippenausstellung, Sonderstadtführungen, Konzerte und ein Weihnachtszeitpro- gramm gibt. Zwar ist dies in vielen Städten so, aber gerade dies bietet die Chance, eine „Marktlücke“ zu füllen.

4.4 Handlungsfeld 4: Klima

Der immer weiter fortschreitende Klimawandel ist seit Jahren Thema auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen und auch Kommunen sind veranlasst, über mögliche Gegenmaß- nahmen und die Bewältigung seiner Folgen nachzudenken. So entstehen mit der Zeit Strate- gien zum Klimaschutz und Möglichkeiten zur Klimaanpassung in den Städten. Der Klimaschutz umfasst Maßnahmen zur Vermeidung oder Abschwächung des Klimawandels durch Reduzie- rung der CO 2-Emissionen (z.B. durch energieeffizientes Bauen, Nutzung erneuerbarer Ener- gien, Reduzierung des Stromverbrauches in Privathaushalten).

Strategien zur Klimaanpassung nehmen zur Kenntnis, dass nicht mehr alle negativen Folgen des Klimawandels verhindert werden können und dass es notwendig ist, sich auf die erwarte- ten Veränderungen vorzubereiten. In den folgenden Kapiteln wird beschrieben, wie Weilburg mit beiden Themenfeldern umgeht, insbesondere welche Maßnahmen noch nötig sind bzw. schon durchgeführt wurden, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.

69

4.4.1 Klimaanpassung und Grünstrukturen

Ausgangslage:

Durch den Klimawandel werden umfangreiche Grünstrukturen in und um Städte immer wich- tiger, denn sie fördern den Ausgleich von negativen Folgewirkungen von sommerlichen Hitze- und Trockenperioden und sind somit eine Strategie zur Klimaanpassung. So können flächige Grünbereiche als thermische Entlastungsgebiete dienen oder leicht erreichbare, wohnortnahe „Klimaoasen“ in Form von schattenspendenden Bäumen den klimatischen Komfort der Bevöl- kerung erhalten. Auch Zugänge zum Wasser wie Brunnen oder Flussufer, wie die Lahn in Weilburg, können zur Kühlung genutzt werden. Die Stadt Weilburg besitzt im Umland und innerhalb des Stadtgebiets ein Netz aus verschiedensten Grünstrukturen, welche wie folgt be- schrieben werden.

Umgebung Weilburg:

Die Landschaft um Weilburg ist sehr bedeutend für den gesamten Kreis Limburg-Weilburg, denn südöstlich des Ortes erstreckt sich das größte FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat-Gebiet) innerhalb des Kreises. Als Teil eines Natura-2000-Gebiets bilden sie ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten innerhalb der EU. Sie dienen zum länderübergreifenden Schutz ge- fährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebens- räume. 63

Große Teile des Flusses zwischen Lollar, Weilburg und Limburg gehören zum Landschafts- schutzgebiet „Auenverbund Lahn-Dill“. Hier dürfen Boote nur an bestimmten, gekennzeichne- ten Stellen zu Wasser gelassen werden und anlanden. Dadurch möchte man den Pflanzen- und Tierbestand der Auenlandschaften schützen und den typischen Auencharakter an der Lahn erhalten. Auf der Strecke zwischen Weilburg und Limburg befindet sich an der Lahn das Na- turschutzgebiet „Runkeler Laach“, wo am linken Ufer generelles Anlandeverbot herrscht.

63 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit 2016 70

Abbildung 38: Landschaftsschutzgebiete in Weilburg und Umgebung. Quelle: Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Bearbeitung durch NH ProjektStadt

71

Grün im Innenbereich:

Innenstadt Weilburg:

Die Lahn ist eines der wichtigsten landschafts- und stadtbildprägenden Elemente in Weilburg. Auch die Grünstrukturen am äußeren Rand der Innenstadt werden von ihr beeinflusst, denn sie ist entlang ihres gesamten Laufs durch die Kernstadt beiderseits mit standortgerechten Ufergehölzen bewachsen. Auf der Höhe der Altstadt befindet sich zwischen Schloss und Lahn das sogenannte Gebück. Der Steilhang, welcher früher als eine natürliche Verteidigungsanlage aus ineinander verflochtenen Hainbuchen diente, wurde im Jahr 2008 wieder für Touristen und Spaziergänger zugänglich gemacht.

Abbildung 39 : Das Gebück vor dem Schlossgarten (links), Blick auf das Gebück mit Schlossanlage (rechts). Fotos NH ProjektStadt

Die Schlossanlage dahinter überragt, auch durch seine von weit her sichtbaren Rotbuchen, das Gebück. Die für unsere Gefilde typischen Laubbäume sind Bestandteil des Schlossgartens, der sich über mehrere Geländestufen hinweg auf künstlich geschaffenen Plateaus südlich des Hochschlosses hinzieht. Dieser Bereich bildet einen beliebten Rückzugspunkt für hitzegeplagte Bewohner und Touristen an heißen Sommertagen und ist ein wichtiges Element für die Altstadt in Bezug zur Klimaanpassungsstrategie.

Beim Rundblick um die Lahnschleife wird das Stadtbild geprägt von dem Steilhang mit Baum- bestand zwischen dem Odersbacher Weg entlang der Lahn und der den Hang abschließenden Straßen Adolfstraße und Spielmannstraße. Diese parkähnlichen Gehölze gehen fließend über in den Wald zwischen der Steinbühlstraße und der Lahn. Beim Türmchen am Canapee und am Hauseley-Tempelchen wird der Blick durch zu starken Bewuchs häufig verdeckt. Hier ist es wichtig, die Blickbezüge durch Rückschnitt des Bewuchses zu erhalten. Auch der Landschafts- plan der Stadt Weilburg (Planungsgruppe Seifert) empfiehlt, den Hauseley-Felsen als Felsbio- top durch Pflegemaßnahmen vor Verbuschung zu schützen.

72

Abbildung 41 : Früherer Friedhof, nun Parkanlage. Abbildung 40 : Hauseley -Tempelchen. Foto: NH Projekt- Foto: NH ProjektStadt Stadt

Stadtbildprägende Grünanlagen sind außerdem die alten Lindenalleen Frankfurter Straße und Limburger Straße, die Hainallee mit den noch jungen Alleebäumen sowie die bepflanzten Steil- hang-Terrassengärten des Obst- und Gartenbauvereins östlich der Straße „Im Bangert“. Des Weiteren befindet sich ein stadtbildwirksamer Baumbestand am Karlsberg und am steilen Hang östlich des Ahäuser Weges.

Abbildung 42 : Baumallee der Limburger Straße (links), angelegte Terrassengärten „Im Bangert“ (rechts). Fotos: NH ProjektStadt

Eine ganz andere ungewöhnliche Grünanlage, die versteckt hinter Mauern liegt und daher eher wenig das Stadtbild beeinflusst, jedoch auch eine „Klimaoase“ darstellt, ist der Alte Friedhof. Dieser wurde Anfang der 1980er Jahre in eine Parkanlage umgestaltet und befindet sich süd- lich der unteren Frankfurter Straße.

In diesem Park stehen auch die Heilig-Grab-Kapelle und das Heilige Kreuz. Es ist das älteste in Weilburg noch erhaltene Bau-Ensemble und ist um das Jahr 1500 errichtet worden.

Das Villengebiet südlich der Frankfurter Straße trägt mit seinem alten Baumbestand ebenfalls zur Durchgrünung Weilburgs bei. 64

64 vgl. Masterplan Weilburg 2009, S. 102 73

Altstadtbegrünung:

Auffällig ist, dass, mit Ausnahme des Schlossgartens, wenig Grün in der Altstadt vorhanden ist. Wie auf der Abbildung 42 (Karte) zu erkennen, überwiegt der Anteil der dichten Bebauung. Die wenigen grünen Punkte bilden, die oft für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen, Hinterhöfe der Häuser. Gerade Altstädte haben das Problem, dass sie aufgrund der Enge der Gassen und beschränkten Platzverhältnisse eine schlechtere Durchlüftung der Straßenräume und wenig Platz für Grün haben. Im Folgenden wird das deutlich.

Beginnt man bei der Vorstadt am Altstadteingang erhält der Besucher als Erstes einen Blick auf das terrassenförmig angelegte Schlossgrün. Dagegen besitzt der daneben liegende König- Konrad-Platz eher wenig Bepflanzung (Nr. 1). Der Straße folgend trifft man bei der Mauer- straße auf den zur Lahn gewandten Berliner Pankgrafen-Platz (Nr. 2). Der etwas unscheinbar und undefiniert wirkende Platz lockt nur wenige Besucher an. Ebenso ist die Sichtachse auf die Lahn durch das zu hohe Blätterdach gestört. Des Weiteren wird die unmittelbare Nähe der Altstadt zur Lahn bisher nicht ausgenutzt. Dies soll sich aber mit der Umsetzung des „Erleb- nisraums Lahnschleife“, bei welchem neue und vereinfachte Zugänge zur Lahn geschaffen werden (vgl. Kapitel 2.4 Entwicklungsmöglichkeiten), ändern.

Beim Betreten von Straßen wie der Neu-, Lang- und Bogengasse (Nr. 3, 4, 5 und 6) fällt auf, dass eine Begrünung fast völlig fehlt. Die wenigen aufgestellten Pflanztröge von Geschäftsin- habern vermitteln ein uneinheitliches Bild. Die vielen kleinen Gassen Weilburgs wecken die Neugierde der Besucher für eine Erkundungstour, diese wird jedoch getrübt durch die teilweise ungepflegten Grünräume und ungestalteten Hinterhöfe (Nr. 7 und 8).

Auf dem Schlossplatz spiegelt sich das Thema der Baumreihen aus der barocken Parkanlage wieder (Nr. 9). Sie laden zum Verweilen ein und vermitteln ein harmonisches Stadtbild. Der Marktplatz hingegen ist als städtischer Platz ausgeführt und aufgrund des Denkmalschutzes nur sehr wenig begrünt. Es wäre aber möglich, bewegliche Kübel aufzustellen (Nr. 10 und 11). Der Brunnen als Gestaltungs- und Kühlungselement auf dem Marktplatz könnte in Kombination mit Begrünung an Attraktivität gewinnen.

Insgesamt gibt es vor allem Potentiale zur Begrünung im Bereich der Hinterhöfe aber auch in den Bereichen von breiteren Gassen sowie an den Fassaden der Häuser.

74

Abbildung 43: Karte mit Standorten der Begrünung. (Fotos zu Nummern vgl. Abbildung 44) Kartengrundlage: Google Earth, Bearbeitung durch NH ProjektStadt

75

Blick auf König-Konrad-Platz Berliner Pankgrafen -Platz Neugasse und Schlossgarten

Langgasse Beispiel uneinheitlicher Begrü- Beispiel uneinheitlicher Begrü- nung in der Langgasse nung in der Bogengasse

Ungepflegter Grünraum am Unscheinbare Hinterhöfe Harmonisches Gestaltungs- Anfang der Turmgasse bspw. in der Schwanengasse bild am Schlossplatz

Wenig Grün auf dem Markt- Blick auf die einzigen Bäume platz des Marktplatzes Abbildung 44: Fotos zu Abbildung 43. Fotos und Bearbeitung: NH ProjektStadt

76

Zielvorstellung:

In der Altstadt soll zusätzliches Grün geschaffen werden. Gleichzeitig soll das Grün die Schön- heit der Stadt hervorheben und wichtige Blickbeziehungen zulassen. Durch die Begrünung soll die Wohnumfeldqualität gesteigert werden. Die Lahn als „blaue Infrastruktur“ soll besser er- lebbar werden.

Projekte/Maßnahmen: 65

° Vielfalt der Baumarten erweitern

Die Linde dominiert als Straßenbaum, weil Weilburg Stadt der Linden ist. Im Hinblick auf den Klimawandel ungeeignete Baumarten sollten gegen Bäume ausgewechselt werden, welche gut mit Stadtklima zurechtkommen (siehe auch GALK-Straßenbaumliste).

° Blumengestaltung der Stadteingänge und der Kreisverkehrsplätze

An den Stadteingängen sollten die Besucher der Stadt durch eine ansprechende Blumen- gestaltung freundlicher empfangen werden. Gute Gelegenheiten zur Verschönerung des Stadtbildes mit Blumenpflanzungen sind auch die Kreisverkehrsplätze.

° Förderung der Fassadenbegrünung

Eine gut angelegte Fassadenbegrünung dient der Verschönerung des Stadtbildes, aber auch der Verbesserung des Hausklimas (Windschutz). Die Belange des Denkmalschutzs sind hierbei zu beachten. Zur Unterstützung von Fassadenbegrünung an privaten Gebäu- den, sollte eine fachliche Beratung und gegebenenfalls auch eine Förderung erfolgen. Auch öffentliche Gebäude bieten Möglichkeiten zur Fassadenbegrünung. So soll z. B. das Rankgitter des Parkhauses an der Mauerstraße mit blühenden Pflanzen angelegt werden, um der Massivität der Betonteile entgegenzuwirken.

° Grün für die Altstadt

Mit einheitlicherem Grün in den Altstadtgassen kann im Sommer mehr Aufenthaltsqualität geschaffen werden, z.B. durch attraktive Pflanzkübel oder Pflanzbeete.

° Baumpatenschaften für Kinder/Jugendliche, Projekte mit Schulen und Kindergärten

Mit Baumpatenschaften sollen Beziehungen der Kinder und Jugendlichen zu den Bäumen hergestellt werden. Entsprechende Projekte sollen das Interesse an Bäumen wecken (vgl. auch Kapitel 4.3.1).

65 einige Textteile aus „Masterplan Weilburg“ (teilweise leicht verändert) übernommen 77

° Lahnpark (aus dem Konzept „Erlebnisraum Lahnschleife“)

Die Grünfläche im Norden des inneren Bereichs der Lahnschleife soll zu einem Park mit Aufenthaltsqualität und Zugang zum Ufer ausgebaut werden. Dabei ist auch die vom Mühl- graben getrennte Lahninsel über einen Steg mit einzubeziehen.

° Wasser sichtbar machen

Wasser ist ein belebendes Gestaltungselement für Straßen und vor allem für Plätze. Durch seine Kühlfunktion ist es ein Bestandteil der Klimaanpassungsmaßnahmen. Es sollten da- her vermehrt Brunnen in Betrieb gehalten werden (auch die Lahnfontäne in der Nähe der Steinernen Brücke).

° Platzgestaltungsmaßnahmen

Eine stadträumliche Betonung des Berliner Pankgrafen-Platzes im Eingangsbereich zur Mauerstraße durch ein niedriges Baumtor als optisches Signal und ein einheitliches Bild der Platzmöblierung ist zu empfehlen.

4.4.2 Energie und Klimaschutz

Ausgangslage:

Schon seit langem spielt das Thema Energieerzeugung in Weilburg eine große Rolle. So wurde bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowohl ein Gaskraftwerk installiert, wie auch die regenerative Energiequelle Wasser (Wasserkraftwerke) erschlossen. Dem globalen Prob- lem des Klimaschutzes wirkt die Stadt Weilburg mit lokalen Lösungsansätzen entgegen und nutzt ihr Potenzial zur Steigerung der Lebensqualität vor Ort. Damit ein möglichst hoher Anteil an regionalem Kapital eingesetzt werden kann, ist die Beteiligung der Bevölkerung zielführend, um mit Erneuerbaren-Energien-Anlagen neben der regionalen Energieerzeugung auch die lo- kale und regionale Wertschöpfung zu erhöhen.

Ebenso sind die Stadt und die Stadtwerke Weilburg bemüht, die Weilburger Bürger partizipie- ren zu lassen, da hier durch die Einbindung der Bürgerschaft in den Planungs- und Umset- zungsprozess, Akzeptanzdefizite vermieden werden können. Überdies wird der Klimaschutz auch in Weilburg stetig von den folgenden Fragen geleitet:

o Welche regenerativen Energiequellen können noch besser genutzt werden?

o Wie kann die vorhandene Energie effizienter genutzt werden?

o Wo kann Energie gespart werden?

o Was brauchen Stadt, Bürger und Unternehmen, um besser ins Handeln zu kommen?

78

Im Mai 2014 wurde ein Energie- und Klimaschutzkonzept fertiggestellt, in dessen Rahmen Strategien entwickelt wurden, um die verfügbaren Potenziale auszuschöpfen und die gesetzten Ziele zu erreichen. Neben technischen tragen auch begleitende Maßnahmen wie Sensibilisie- rung und Änderung des Konsum- und Nutzerverhaltens zur Reduktion der CO 2-Emissionen bei, weshalb auch auf diesen nicht technischen Aspekten ein wichtiger Schwerpunkt des integrier- ten Energie- und Klimaschutzkonzeptes bzw. der Maßnahmenentwicklung gelegt wurde. 66

Außerdem hat die Stadt Weilburg im Sommer 2016 Fördermittel für ein Klimaschutzmanage- ment beantragt, in welchem u.a. Maßnahmen in den Themenfeldern Energetische Gebäude- modernisierung und Beratungsdienstleistungen begleitet werden.

Energieverbrauch der Stadt Weilburg:

Die Tabelle 9 zeigt den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen der Stadt Weilburg für die Handlungsfelder Wohnen (Wohngebäude), öffentliche Einrichtungen und Unternehmen (In- dustrie/Gewerbe/Handel/Dienstleistungen). Hierbei ergibt sich ein Gesamtenergieverbrauch 67 von knapp 355 GWh mit CO 2-Emissionen in Höhe von 116.600 Tonnen für das Jahr 2011.

Zu erkennen ist, dass das Handlungsfeld Wohnen mit 167 GWh der größte Energieverbraucher ist. Ein erheblicher Anteil mit weit über 80%, entfällt dabei auf die Wärmebereitstellung. Es wird somit deutlich, dass vor allem in diesem Handlungsfeld besonderer Bedarf zur Erhöhung der Energieeffizienz und Realisierung von Energieeinsparungen besteht. Im Bereich der Unter- nehmen werden 66 GWh aufgewendet, wobei hier die Verteilung nach Strom und Wärme im Verhältnis 1/3 zu 2/3 besteht.

Der Energieverbrauch der öffentlichen Einrichtungen liegt aufgrund der verhältnismäßig gerin- gen Anzahl der zu betrachtenden Gebäude und Infrastrukturen bei unter 1 % am Gesamte- nergieverbrauch. Der Handlungsbereich Mobilität verbraucht jährlich 117 GWh, davon entfal- len 66 % auf den Personenverkehr und 34 % auf den Güterverkehr. 68

Die Verteilung der CO 2-Emissionen zeigt ein leicht verschobenes Bild. Während das Handlungs- feld Wohnen, welches auch hier ein großer Emittent ist und 39 % zum CO2-Ausstoß beiträgt, beläuft sich der Wert bei Mobilität mit 41% auf einen deutlich höheren Anteil im Vergleich zum Energieverbrauch. An dieser Stelle wird ersichtlich, dass der Verkehr durch einen höheren

Emissionsfaktor einen bedeutenden Anteil an den CO 2-Emissionen in der Stadt hat. Die Unter- nehmen haben mit etwa 21.000 t, einen Anteil von 18 % an der CO2-Bilanz. Die öffentlichen Einrichtungen der Stadt sind mit unter 1 % kaum am CO2- Ausstoß beteiligt, haben aber eine nicht zu vernachlässigende Vorbildfunktion. 69

66 Vorhabenbeschreibung Klimaschutzmanagement Weilburg a. d. Lahn, S. 8, Stand: 2016 67 Klima und Energieeffizienz Agentur (KEEA) 2014, S. 18 68 a. a. O. 69 KEEA, S.18 ff., Stand: 2014 79

Tabelle 9: Verteilung des Energieverbrauchs im Jahr 2011. Quelle: KEEA, Energie- und Klimaschutzkonzept, 2014, S. 19

Anteil der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch: 70

In Weilburg wurden im Jahr 2011 rund 11 GWh Strom lokal durch erneuerbare Energien er- zeugt (Wasserkraft, Biomasse und PV-Anlagen). Der Anteil erneuerbarer Energien am Strom- verbrauch betrug 23 %, und damit mussten insgesamt ca. 37 GWh von außerhalb bezogen werden, um den Stromverbrauch der Stadt in Höhe von 48 GWh zu decken (Tabelle 9). Durch die Lage an der Lahn gibt es im Weilburger Stadtgebiet drei Wasserkraftwerke. Außerdem nennt das Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2014 bereits über 200 private Photovoltaikanla- gen. Zudem gibt es eine Biogasanlage, deren Anlagenleistung im Jahr 2011 von 250 kw auf 500 kw erweitert wurde. 71

70 einige Textteile aus „Energie- und Klimaschutzkonzept für die Stadt Weilburg an der Lahn„ (teilweise leicht verändert) übernommen 71 vgl. www.walter-hof.de/biogasanlage 80

Der Stromverbrauch in Weilburg stieg von 2011 auf 2015 von 48 GWh auf 51,9 GWh an (Zu- nahme von 8,1 Prozent). Gleichzeitig stiegen aber auch die Stromgewinnung durch Wasser- kraft von 3,3 auf 3,9 GWh sowie durch PV-Anlagen von 2,1 auf 3,4 GWh. 72

Im Bereich der Wärmeversorgung wurden in 2011 in der Stadt Weilburg rund 14 GWh durch erneuerbare Energien erzeugt. Bei einem Wärmeverbrauch von 204 GWh mussten somit rund 190 GWh importiert werden. Daraus ergab sich im Wärmebereich ein Anteil von 6,7 % rege- nerativer Energien. 73

Abbildung 45: Anteil erneuerbarer Energie am Strom und Wärmeverbrauch im Jahr 2011. Quelle: KEEA, 2014, S. 22

Darüber hinaus beziehen zahlreiche Haushalte in Weilburg erneuerbaren Strom und Gas aus überörtlichen Netzen. Innerhalb des bundesdeutschen Strommixes im Jahr 2011 waren 20 % erneuerbare Energien. 74 Dieser Anteil stieg bis zum Jahr 2015 auf 31,8 %. 75

In Abbildung 46 sind die Erneuerbaren Energien, die im Stadtgebiet von Weilburg Strom über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einspeisen, räumlich verortet dargestellt.

72 Zahlen der Stadtwerke Weilburg vom 04.11.2016; zur Biogasanlage liegen keine Daten vor 73 KEEA, 2014, S. 22 74 ebd. 75 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (bdew), Datenerhebung 2015 – Bundesmix 2015 (Stand 29.08.2016) 81

Abbildung 46: Räumliche Verortung der Erneuerbaren-Energien-Anlagen im Stadtgebiet von Weilburg. Quelle: Kar- tengrundlage Stadtwerke, Bearbeitung durch NH ProjektStadt

Aktuelle Entwicklungen:

In der Stadt Weilburg bestehen einige Initiativen und Maßnahmen im Bereich Energie und Klimaschutz. In der Region engagiert sich eine große Zahl unterschiedlicher Akteure in ver- schiedenen Themenfeldern. Die folgende Auflistung gibt einen nicht abschließenden Überblick über aktuelle Entwicklungen: 76

o Installation von zwei Stromtankstellen in Weilburg. Hier gehört Weilburg zu den Vor- reitern der Elektromobilität Limburg-Weilburg. Bereits im Jahr 2004 wurde eine Strom- tankstelle installiert, mittlerweile steht eine Zweite am Rathaus.

o Die Planungen für den interkommunalen Windpark wurden, unter Beteiligung der Öf- fentlichkeit und weitreichenden Protesten, eingestellt.

o In den 1990er Jahren wurde auf dem Dach des Gymnasiums Philippinum und der Hein- rich-von-Gagern-Schule eine Photovoltaik-Anlage zu Forschungszwecken errichtet. Darüber hinaus haben Schüler des Gymnasiums Philippinum in einer Projektarbeit die Idee zur Installation eines Pumpspeicherkraftwerks in Weilburg untersucht. Die Stadt Weilburg weist durch ihre topographische Lage das Potenzial zur Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerks auf. Mit 4-6 MW Leistung und einem Volumenstrom von 2-

76 einige Textteile aus „Vorhabenbeschreibung Klimaschutzmanagement Weilburg a. d. Lahn, (teilweise leicht verändert) übernommen, vgl. KEEA, 2014 82

3m³/s könnten über ein solches Pumpspeicherkraftwerk tageszeitliche Schwankungen der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien ausgeglichen werden.

o Die Einwohner der Stadt Weilburg produzieren teilweise ihre Energie durch über 200 private Photovoltaikanlagen selbst. Aber auch Bürger ohne geeignetes Dach können gemeinsam mit der Stadt an der Energieproduktion des Bürgersonnenkraftwerks auf der Hessentagshalle (städtische Sporthalle 77 ) partizipieren. Hierbei hat die Stadt PV- Anlagen auf die Sporthalle des Hessentags, die sehr gut zur Sonnenstromproduktion geeignet ist, bauen lassen, welche in Teilen vermietet werden. In einem dafür entwi- ckelten Modell setzt der Verein Sonneninitiative e.V. den Bürgerteil um und die Stadt- werke Weilburg GmbH als Dachmieter besitzt den Rest der Anlage.

o Der Energieverbrauch der Straßenbeleuchtung wurde in den letzten Jahren kontinuier- lich von 400 kWh/a auf rund 280 kWh/a pro Lichtpunkt gesenkt, wodurch Energie und Kosten gespart werden.

o Umweltbildung, Energieeffizienz und Klimaschutz sind Themen, mit denen sich schon viele Jahre die Schulen Weilburgs beschäftigen. Dies äußert sich in vielen Projekten und Vorhaben, die den Schülerinnen und Schülern angeboten werden. Bereits reali- sierte Projekte der Wilhelm-Knapp-Schule werden durch ein von den Schülern entwi- ckeltes Marketingkonzept anderen nahegebracht. Für dieses Engagement wurde das Projekt „Schüler leben Umweltschutz“ im Schuljahr 2010/2011 mit dem NATURpur A- ward Schulsonderpreis „ Klimaschutz an Schulen“ ausgezeichnet.

o Rund 15% des vor Ort genutzten Stroms wird auch vor Ort gewonnen. Im Einzelnen wurden bereits viele Projekte auf den Weg gebracht bzw. durchgeführt: Wasserkraft, eigene Erneuerbaren-Energien- und Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen, Energieeffizienz- maßnahmen, Mikro-KWKG-Pilotprojekt, Kompaktkleinwindkraftanlagen-Pilotprojekt.

o Für die städtischen Liegenschaften gibt es Energiestatistiken der letzten 10 Jahre. Viele kommunale Gebäude wurden bereits energetisch saniert, mit neuen Heizungen ausge- rüstet und wo es möglich war von den Stadtwerken mit PV-Anlagen belegt.

o Die Elektroanlagen werden im Rathaus im Zeitraum von 2018 bis 2020, insbesondere auch im Hinblick auf die Steigerung der Energieeffizienz, erneuert.

o Die Energetische Gebäudemodernisierung der Bürgerhäuser wird weiter voran-getrie- ben. Für die Jahre 2017/2018 ist die Modernisierung des Bürgerhauses Gaudernbach geplant. Ebenso wird eine PV-Anlage auf dem Dach des Bürgerhauses Ahausen instal- liert. 78

77 Adresse: Lessingstraße 31, 35781 Weilburg 78 Vorhabenbeschreibung Klimaschutzmanagement Weilburg a. d. Lahn, S. 8 ff., Stand: 2016 83

Zielvorstellung:

Das Ziel der Stadt Weilburg ist es, mindestens einen Anteil von 33 % erneuerbarer Energie im Jahr 2020 zu erreichen (entspricht dem Ziel der Regionalversammlung Mittelhessen). Außer- dem soll es ein Ziel sein, im Einklang mit Natur, Landschaft und Stadtbild durch Energieeffizienz und neue Projekte der Energieproduktion diesen Anteil zu erhöhen und somit den Energieim- port auch über Einsparung deutlich zu verringern und unabhängiger zu werden. Überdies gibt es Bestrebungen, den Weilburger Bürgern einen „100% Weilburg-Tarif“ anzubieten.

Hierbei soll der Strom zu 100 % erneuerbar in der Region erzeugt werden. Neben der Erzeu- gung von Energie sind aber auch die Energieeinsparung (durch Vermeidung und Effizienz) sowie die Speicherung von Energie wichtige Themen.

Projekte/Maßnahmen: 79

° Energetische Erneuerung der Städtischen Liegenschaften

Ziel ist die Identifikation von Potenzialen und Möglichkeiten für Energieeinsparungen im Gebäudebestand in Trägerschaft der Stadt Weilburg. Bei kommunalen Gebäuden sollten die Wärmeverluste durch Dämmen und Dichten sowie durch den Einsatz effizienter Ge- bäudetechnik soweit umsetzbar auf ein aktuelles energetisches Niveau gesenkt werden. Bereits bestehende Aktivitäten und durchgeführte energetische Baumaßnahmen zeugen von den Bestrebungen der Stadt im Klimaschutz, diese Maßnahmen gilt es fortzuführen und abzuschließen. Durch die Gebäudesanierung erfahren die Gebäude und die einge- setzte Gebäudetechnik hinsichtlich Energieverbrauch und Effizienz eine nachhaltige Auf- wertung.

° Stromeffizienz in Städtischen Liegenschaften

Ziel ist die Einsparung von Energie durch Nutzung energiesparender technischer Vorrich- tungen und Geräte sowie Berücksichtigung der Energieeffizienz bei der Anschaffung neuer strombetriebener Geräte. Durch den Einsatz von effizienten Elektrogeräten und Leucht- mitteln, kann der Bedarf an Elektroenergie in den Liegenschaften deutlich reduziert wer- den. Vorgeschlagen wird ein Richtwert zwischen 10 und 15 kWh/m²/a oder eine Orientie- rung an der VDI 3807. Der Einsatz effizienter Elektrogeräte erfolgt bereits vielfach im Rahmen des Austausches bzw. Ersatzes (u.a. durch den Einsatz energiesparender Geräte (energieeffiziente Beleuchtung und Geräte, Green-IT, abschaltbare Steckerleisten). Unter- stützend sollten weiterhin Projekte zur Sensibilisierung und Energieeinsparung (Hausmeis- ter- und Nutzerschulungen) durchgeführt werden.

° Installation von PV-Anlagen auf Gebäuden und Freiflächen (Installationsrate 20%)

79 einige Textteile aus „Vorhabenbeschreibung Klimaschutzmanagement Weilburg a. d. Lahn, (teilweise leicht verändert) übernommen, vgl. KEEA, 2014 84

Bisher wird nur ein Bruchteil der potenziell nutzbaren Solarenergie durch Photovoltaikan- lagen für die Erzeugung elektrischer Energie genutzt. Über die Installation von PV-Anlagen an Gebäuden und auf Freiflächen kann weitere Sonnenenergie in elektrische Energie um- gewandelt werden. 2014 ist eine 2-ha-Freiflächen-Photovoltaik-Anlage in Ahausen ans Netz gegangen. Im Sinne der Qualifikation von Nachwuchskräften kann den Studierenden der Techniker Akademie Weilburg die Möglichkeit gegeben werden, ihr Know-how in Sa- chen Planung von erneuerbaren Energien-Anlagen (Ausrichtung, Ertrag, Genehmigung) einzubringen. Als Beispiel können das Potenzial und die Wirtschaftlichkeit einer Fläche bei Waldhausen für die Nutzung von Freiflächen-PV in einer Projekt- oder Studienarbeit un- tersucht werden.

° Installation solarthermischer Anlagen (Ziel: Installationsrate 10%)

Über die Installation solarthermischer Anlagen für Warmwasser und Heizungsunterstüt- zung kann die Solarenergie im Gebäude in nutzbare Wärme umgewandelt werden.

° Repowering Wasserkraftwerke

Die seit 100 Jahren in Weilburg und Kirschhofen betriebenen Wasserkraftanlagen können in ihrer Effizienz gesteigert werden. Beispielsweise ist die Kirchhofsmühle gegenwärtig komplett technisch erneuert worden. Im Zuge dieser Maßnahme wurden die beiden alten Francis-Turbinen gegen eine vollautomatische, doppeltgesteuerte Kaplanturbine ausge- tauscht. Diese erhöht die Leistung an diesem Standort auf 140 KW. Dadurch sollen dann allein an diesem Standort etwa 1,1 Mio. KWh Strom p. a. erzeugt werden.

Gleichzeitig wurde durch die Anlage eines Fischaufstiegs, eines Fischabstiegs sowie die Installation eines fischschonenden Rechens der ökologische Zustand maßgeblich verbes- sert. Die Brückenmühle soll 2016/2017 modernisiert werden (98 KW-Anlage).

° Austausch alter Öl- und Gasfeuerungsstätten

Durch den Austausch alter ineffizienter Öl- und Gaskessel wird der Jahresnutzungsgrad der Wärmeerzeugung erhöht. Dafür sollen 207 Öl- und 921 Gaskessel bis 2030 (Aus- tauschrate von 4%) ausgetauscht werden. Für den verstärkten Einsatz regenerativer Ener- gien sollen 225 Festbrennstoffkessel (Ausbaurate von 20 %) und 270 Wärmepumpen (Ausbaurate von 10 %) bis 2030 eingesetzt werden.

° Stromeffizienz im Wohngebäudebereich

Über den Austausch und Ersatz von Elektrogeräten in den Haushalten wird der Einsatz von elektrischer Energie reduziert. Grundlegend hierfür ist die Verbreitung von Informati- onen über die Möglichkeiten zur Reduktion des elektrischen Verbrauchs; beispielsweise, dass moderne Heizungspumpen eine deutlich bessere Effizienz aufweisen. Daher sollten begleitend Maßnahmen zur Sensibilisierung angeregt werden, um das Nutzerverhalten zu beeinflussen.

85

° Energetische Sanierung des Wohngebäudebestandes

Die Wärmeverluste der Gebäude können durch Dämmen und Dichten im Mittel um ein Viertel auf ein aktuelles energetisches Niveau nach EnEV gesenkt werden. Angestrebt werden sollte eine durchschnittliche Sanierungsrate von 2,5 % im Wohngebäudebereich in Richtung auf einen durchschnittlichen Heizwärmeverbrauch von 70 kWh/m²/a. Dieser Wert stellt einen mittleren Zielwert für die Wohngebäude in Weilburg dar. Bei denkmalge- schützten Gebäuden wird sich dieser Wert nur schwer erreichen lassen, bei Gebäuden der 1970er und 1980er Jahre ist durchaus ein Wert von 50 – 70 kWh/m²/a mit wirtschaftli- chem Aufwand erreichbar.

Um die Sanierungsrate zu erreichen, müssten rund 15.800 m² pro Jahr energetisch saniert werden. Begleitende Projekte sind maßgeblich, um Sanierungsziele zu erreichen. Im Rah- men der Öffentlichkeitsarbeit sollte das Klimaschutzmanagement für die Vermittlung von Kontakten und die Erstellung von Übersichten über zur Verfügung stehende Fördermög- lichkeiten sorgen und den Prozess begleiten. Um die Sanierung zu fördern, ist eine ent- sprechende Qualifikation und umfassende Nachwuchsförderung des Handwerks mit ver- stärkten Beratungsaktionen notwendig, daher sollten bestehende Aktivitäten unterstützt und verstärkt werden.

Im Fokus stehen hier insbesondere die jeweiligen Ortskerne (Altstadtbereich) der Ortsteile mit einem großen Anteil an historischer Bausubstanz. Hier ist vor allem zu beachten, dass viele der Gebäude in der Altstadt denkmalgeschützt sind und es deswegen Einschränkun- gen bezüglich der energetischen Ertüchtigung gibt, sodass beispielsweise eine Außendäm- mung nicht möglich ist. Denkmalgeschützte Häuser lassen sich z.B. durch Innendämmung, Dachdämmung, Kellerdämmung (Höhe der Geschosse ist zu beachten) oder Hydropho- bierung der Außenwände (bei Backsteinfassade) energetisch sanieren, wobei der höchste Einspareffekt durch eine Erneuerung der Heizungsanlage erreicht werden kann.

° Vermeidung und Verlagerung von Verkehren

Durch gezielte Wegekombinationen kann die Verkehrsleistung im MIV verringert werden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Wegekombinationen wie die Verbindung des Einkaufens mit dem Rückweg der Arbeitsstätte. Weitere Vermeidungspotenziale stecken beispielsweise im Verzicht unnötiger Wege mit einem Fahrzeug (Bäcker, Briefkasten, Kleinbesorgungen u.a.). Um eine Reduzierung der CO2-Emissionen durch die Vermeidung von Wegen zu erreichen, bedarf es einer Sensibilisierung der Menschen. Insbesondere der Ansatz, auf die Mobilitätskosten hinzuweisen, lenkt die Aufmerksamkeit der Weilburger Bürger auf dieses Thema. Das Verkehrsaufkommen des motorisierten Individualverkehrs in der Stadt Weilburg kann durch gezielte Maßnahmen zur Verlagerung von Verkehr z.B. auf E-Bikes verringert werden. Somit würden sich Potenziale zur Reduzierung des Ener- gieeinsatzes sowie der CO2-Emissionen nutzen lassen. Hierfür bedarf es einer entspre- chenden Förderung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes sowie einer Optimierung der Streckenführung und Taktung des ÖPNV. Der Bau der Oberlahnbrücke und des Mühlberg- tunnels haben bereits zu einer spürbaren und messbaren Verbesserung des Klimas ge- führt.

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° Effizientere Antriebstechniken nutzen

Neben Vermeidungs- und Verlagerungsprozessen können die CO2-Emissionen durch die Nutzung effizienterer bzw. alternativer Antriebe reduziert werden. Daher besteht das Ziel dieser Maßnahme in der Förderung des Einsatzes alternativer Antriebstechniken und Kraft- stoffe (Bio- bzw. Erdgas, LPG (Liquefied Petroleum Gas) und Strom aus erneuerbaren Energien, Hybridtechnologie) sowohl in den kommunalen und unternehmerischen Fuhr- parks, wie auch im privaten Bereich. Eine weitere Effizienzsteigerung kann durch eine spritsparende Fahrweise erreicht werden.

° Reduktion des Wärmeverbrauchs bei Unternehmen

Angestrebt wird eine durchschnittliche Sanierungsrate von 2,5 % im Nicht-Wohngebäu- debereich bei einem mittleren Endenergiebedarf von 97,0 kWh/m²/a. Dazu müssen rund 6.350 m² pro Jahr energetisch saniert werden. Die Wärmeverluste der Gebäude können im Mittel durch Dämmen und Dichten auf ein aktuelles energetisches Niveau um ein Viertel gesenkt werden.

° Stromeffizienz in Unternehmen

Durch den hohen Verbrauch an elektrischer Energie in den Unternehmen im Bereich der Stadt Weilburg ist die Stromeffizienz von großer Bedeutung. Daher wird von einer Effizi- enzrate von 1 % ausgegangen. Neben Effizienzmaßnahmen ergänzen Beratungsangebote das Handlungsfeld.

° Zukunftswerkstatt Energie

In diesem Projekt sollen Kinder und Jugendliche in einem Workshop in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken gemeinsam nach kreativen Lösungen und Umsetzungsmöglichkeiten zum Thema Energie, aber auch anderen Umweltthemen wie z.B. Müll suchen und daraus entwickelte Aktionen umsetzen.

4.4.3 Exkurs: Luftkurort Weilburg

Weilburg hat den Titel „Luftkurort“ inne, sodass Energie und Klimaschutz, aber auch die großen Waldflächen hier wichtige Themen darstellen. Die Auszeichnung zeigt aber auch, dass Weil- burg ein Standort ist, der mit der Strategie einer „sauberen Luft“ gut gegen die Folgen des Klimawandels gewappnet ist.

Zwischen 2008 und 2009, wurden in Weilburg vom Deutschen Wetterdienst (DWD) Messungen nach den Richtlinien des Deutschen Heilbäderverbandes durchgeführt. In dem auf dieser Mess- reihe basierenden amtlichen Gutachten wird bestätigt, dass die lufthygienischen Vorausset- zungen für das Prädikat "Luftkurort" weiterhin erfüllt sind. Ballungsgebiete besitzen häufig Belastungen durch Emissionen, z.B. durch Industrie, Verkehr oder Heizungen, deshalb sollen

87

Orte wie Weilburg mit staatlich anerkannten Prädikaten einem Gast die Gewähr bieten, güns- tige bioklimatische und lufthygienische Bedingungen vorzufinden.

Die Messungen durch den DWD wurden am „Tempelchen" (Kurgebiet) in der "Langgasse" (Ortszentrum) und "Niedergasse" (Verkehrszentrum) durchgeführt. Das Ergebnis der Messun- gen besagt, dass an allen drei Standorten die Kurzzeit-Richtwerte bei allen untersuchten Luft- beimengungen ohne eine einzige Ausnahme eingehalten wurden.

In einem weiteren amtlichen Gutachten des DWD von 2009 als Kontrollanalyse für den Para- meter "Wärmebelastung" wurde festgestellt, dass die für Kurorte geltende Obergrenze von 20 Tagen mit Wärmebelastung unterschritten wurden. Auch sind im Frühjahr, Herbst und Winter vermehrt Kältereize festzustellen. Diese klimatischen Verhältnisse im Luftkurort Weilburg be- sonders in Verbindung mit der durch Wanderwege erschlossenen Umgebung und dem vorhan- denen Wechsel zwischen Waldbereichen und offenen Flächen der Lahnauen bieten Möglich- keiten, die Reize für eine Kältetherapie zu nutzen und abgestimmt einzusetzen. 80

4.5 Handlungsfeld 5: Verkehr und Mobilität 81

Mobilität zählt zu den wesentlichen menschlichen Grundbedürfnissen. Wie mobil ein Mensch ist, hängt davon ab, welche Verkehrsmittel ihm zur Verfügung stehen und in welcher Zeit er seine Ziele erreichen kann. Die Ansprüche an ein hohes und effizientes Maß an Mobilität sind in den vergangenen Jahrzehnten enorm angestiegen. Im Folgenden werden die Verkehrsver- hältnisse in Bezug auf den Autoverkehr, das Parken in der Stadt, öffentliche Verkehrsmittel sowie Rad- und Fußverkehr betrachtet. Außerdem werden die Weilburger Aktivitäten zur Elekt- romobilität dargestellt.

4.5.1 Motorisierter Individualverkehr (MIV) 82

In Weilburg beschränkten sich die Wege im Mittelalter und der frühen Neuzeit neben einigen überregionalen Handelswegen im Wesentlichen auf den von der Lahnschleife umschlossenen Hügel, die heutige Altstadt. Größere Fahrzeuge gab es nicht, so dass die heute noch vorhan- denen engen Gassen und Wege völlig ausreichten. Im 18. Jahrhundert begann die Stadt, sich auf die Hänge des Taunus und des Westerwaldes auszudehnen. Es entstanden die Hauptver- kehrsachsen: die Frankfurter Straße auf der Taunusseite, die Bahnhofstraße und die Limburger

80 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg, S. 19 81 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; einige Textteile leicht verän- dert übernommen 82 Koch et al. (2009): Masterplan für wesentliche Bereiche der Kernstadt Weilburg; einige Textteile leicht verän- dert übernommen 88

Straße auf der Westerwaldseite. Eine Verbindung dieser Magistralen gab es nur über die engen Straßen der Altstadt und die Steinerne Brücke.

Im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert wurden große Wohnsiedlungen und öffentliche Ein- richtungen mit Erschließungsstraßen beiderseits der Hauptverkehrsachsen gebaut. Der moto- risierte Individualverkehr entstand und nahm in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in einem nicht vorhersehbaren Tempo zu. Die Verkehrssituation in der Altstadt wurde damit immer schwieriger.

Abbildung 47: Teilortsumgehung mit Oberlahnbrücke. Quelle: Google Maps

Schon in den 1960er Jahren wurde ein dringender Handlungsbedarf erkannt und nach Lösun- gen gesucht. Die Planungsphase gestaltete sich aber sehr schwierig. Immer neue Hürden, unter anderem auch denkmalpflegerischer Art, mussten überwunden werden, bis um die Jahr- tausendwende die neue Verkehrsführung gebaut werden konnte, mit einer neuen Brücke über die Lahn und einem Straßentunnel parallel zu dem Schifffahrtstunnel und dem Eisenbahntun- nel. Die Fertigstellung erfolgte 2004. Diese straßenbautechnische Großmaßnahme hat sich in den vergangenen Jahren bewährt, die Altstadt wird vom Durchgangsverkehr weitgehend ent- lastet. Folglich ergibt sich diesbezüglich in den nächsten Jahren kein dringender Handlungsbe- darf.

Ende Juli bis Mitte September 2016 leitete die Stadt eine siebenwöchige Testphase für das bereits seit längerer Zeit bestehende Vorhaben einer auf lange Sicht autofreien Innenstadt ein.

89

Dazu wurde die Neugasse ab Hausnummer 14 bzw. 15 vorübergehend für den MIV gesperrt. Zudem wird über eine elektrische Polleranlage gesteuert, dass jeden Abend ab 22 Uhr nur noch Anwohner in die Innenstadt einfahren können. In 2017 soll eine zweite Testphase von Mitte Juni bis Mitte September durchgeführt werden.

Abseits der Altstadt und der Hauptverkehrsadern ist die Verkehrssituation nördlich der Frank- furter Straße nicht unproblematisch. Der Braunfelser Weg als Wohnsammelstraße und die Straße „Karlsberg“ als Zufahrt zum Ahäuser Weg treffen sich mit den Straßen „Schmittbach- weg“, „Am Sieggraben“ und der Freystädter Straße in einem fünfarmigen Knoten, dem Von- Sckell-Platz. Seit dem Bau dieser Straßen hat nicht nur der Anliegerverkehr aus den Wohnge- bieten, sondern auch der Verkehr zu und vom in den sechziger Jahren gebauten Gymnasium Philippinum stark zugenommen, so dass es zeitweise zu Komplikationen an diesem Verkehrs- knoten kommt. Eine Entlastung soll dadurch geschaffen werden, dass am Jagdschloss Windhof eine neue Bushaltestelle mit einem Fußweg zum Gymnasium eingerichtet werden soll.

Abbildung 48 : Von Sckell -Platz. Foto/Quelle: NH ProjektStadt, Google Maps

Aufgrund der Topographie weisen viele Straßen, auch die Hauptverkehrsadern, ein starkes Gefälle auf. Dieses ist jedoch unvermeidbar und kann durch bauliche Maßnahmen nicht beho- ben werden. Insgesamt jedoch ist auch laut des „Arbeitskreises Masterplan Weilburg“ die Er- reichbarkeit für Autofahrer in Weilburg als sehr gut zu bezeichnen.

4.5.2 Parken in der Innenstadt

Am Hang westlich der Mauerstraße befindet sich das zur Altstadt günstig gelegene mehrstö- ckige Parkdeck „Rathaus“. Im Zuge des Ausbaus der überörtlichen Straßen wurde zwischen der neuen Oberlahnbrücke und dem Ahäuser Weg das neue Parkhaus „Innenstadt“ mit zwei Parkebenen für 193 Stellplätze errichtet. Die Auslastung ist trotz geringer Parkgebühren nied- riger als im Parkdeck „Rathaus“, da es weniger günstig zur Altstadt gelegen ist und bisher auch nicht deutlich genug ausgeschildert ist. Studierende zahlen hier beispielsweise nur 12 Euro pro Jahr für einen Parkplatz.

90

Ein zusätzliches Parkdeck befindet sich in der Hainallee. Hier befinden sich auch der Festplatz sowie ein Parkplatz für Wohnmobile. Weitere Altstadt-Parkplätze in nennenswerter Zahl befin- den sich straßenbegleitend entlang der Mauerstraße sowie der Vorstadt, auf dem Marktplatz, wo sie aufgrund der Ausdehnung der Gastronomie heute allerdings nicht mehr so zahlreich wie früher angeboten werden, sowie an der Hainallee und Im Bangert.

Letztere werden jedoch wegen der Entfernung und des Höhenunterschiedes weniger von den Kunden der Altstadt-Geschäfte genutzt als von Touristen. Parkmöglichkeiten existieren ferner am Bahnhof (Park+Ride) Insgesamt weist die Stadt Weilburg außerdem 20 Behindertenpark- plätze in der Innenstadt aus. Verhandlungen über die Zukunft des Parkdecks am Odersbacher Weg wird es nach der Fertigstellung des Kreissparkassen-Gebäudes geben.

Die Parkgebühren haben sich in den vergangenen Jahren nach Angaben der Stadt insgesamt leicht erhöht. Je zentraler die Parkplätze gelegen sind, desto höher sind die Gebühren. Der Ring um die Innenstadt ist gebührenfrei. Pendler, Senioren, Studierende und behinderte Men- schen bekommen teilweise bemerkenswerte Rabatte für die Nutzung von Dauerparkplatzen, z.B. am Bahnhof (vgl. Übersicht Tabelle 10).

Abbildung 49 : Übersicht Parkmöglichkeiten in der Innenstadt. Quelle: Stadt Weilburg 2015

91

Parkmöglichkeit Stellplätze Gebühren Parkdeck Rathaus 285 0,50 € / 60 Min.; max. 5 € / 24 h Parkhaus Innenstadt 193 2 h gebührenfrei, danach 1 € / 24 h Parkdeck Hainallee 86 1 € / 24 h Park+Ride Bahnhof 50 1 € / 24 h Marktplatz k. A. Parkscheinautomat: 0,50 € / 15 Min., max. 60 Min. Parkdauer Niedergasse k. A. Parkscheinautomat: 0,50 € / 15 Min., max. 120 Min. Parkdauer Vorstadt -, Mauerstraße k. A. Parkscheibenregelung: gebührenfrei, max. 60 Min. Parkdauer Parkplatz Kirmesplatz 170 gebührenfrei Festplatz, Hainallee, k. A. gebührenfrei Im Bangert Behindertenparklätze 20 k. A.

Tabelle 10: Parkmöglichkeiten in der Innenstadt. Quelle: NH ProjektStadt

Abbildung 50 : Parkplatzübersicht Innenstadt Weilburg (oben links) Parkdeck Rathaus (oben rechts), Parkhaus Innenstadt, Parkscheinregelung am Marktplatz (unten links) sowie gebührenfreies Parken im Bangert (unten rechts). Fotos: NH ProjektStadt

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4.5.3 Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)

Als wichtige Zugverbindung für Weilburg ist die Lahntalbahn Gießen-Limburg(-Koblenz), die ehemalige Nassauische Lahnbahn, zu nennen. Diese wird seit dem Fahrplanwechsel 2011/2012 nicht mehr von der Deutschen Bahn AG, sondern von der Hessischen Landesbahn GmbH betrieben. Der Zugverkehr beginnt werktags um 05:20 Uhr, fährt als Regionalbahn meist im Stundentakt und endet um kurz nach 22:00 Uhr, am Wochenende um 23:00 Uhr. Dafür verkehrt die Bahn am Wochenende jedoch in einer deutlich geringeren Taktung. Zwi- schendurch hält in Weilburg im Zweistundentakt ein Regionalexpresszug. Ziel ist ein Ausbau der Zugverbindungen in den Abend- und frühen Nachtstunden.

Das Linienbusnetz der Verkehrsgesellschaft Mittelhessen GmbH überdeckt das gesamte Weil- burger Umland. Die Linienbusse sind auch für den Schülerverkehr zuständig. An den schul- freien Tagen fahren viele der Linienbusse deshalb nicht. Die meisten Busse fahren abends nur bis 20:00 Uhr, samstags nur selten und sonntags gar nicht.

Abbildung 51: Liniennetzplan des Landkreises Limburg-Weilburg. Quelle: Verkehrsgesellschaft Lahn-Dill-Weil 2016

93

Der Linienbusverkehr wird in der Kernstadt und den nächstgelegenen Stadtteilen Waldhausen (LM 62) und Odersbach (LM 61) durch den Citybusverkehr ergänzt. Es stehen mehrere Ci- tybusse mit 30 Sitz- und Stehplätzen zur Verfügung. Mit den vorhandenen Haltestellen wird das Stadtgebiet gut abgedeckt. Allerdings sind längst nicht alle Haltestellen nach dem Vorbild derjenigen am Rathaus behindertengerecht ausgebaut. Dies soll jedoch nach und nach in An- griff genommen werden und kann mit Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) beziehungsweise zu einem geringeren Teil des Finanz-Ausgleichs-Gesetzes (FAG) ge- fördert werden. Der Umbau wurde bereits durch die Stadt beantragt. Die Citybusse verkehren im Stundentakt von Montag bis Samstag auf der Linie LM 61 von 6:24 Uhr bis 20:13 Uhr, an Samstagen bis 16:13 Uhr und auf der Linie LM 62 montags bis samstags von 6:40 Uhr bis 19:54 Uhr, samstags bis 16:17 Uhr. Seit kurzem fahren die Citybusse von Mai bis Oktober auch sonntags. Damit kann dem touristischen Bedarf Genüge getan werden. Problematisch bleibt jedoch weiterhin die Taktung ab dem späten Samstagnachmittag sowie generell in den Abend- stunden. Auch eine Ausweitung der Sonntagsfahrten über den Sommerzeitraum hinaus wäre wünschenswert.

Mittelpunkt aller Buslinien ist der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) an der Bahnhofstraße süd- westlich des Eisenbahn-Haltepunktes. Der Standort ist günstig gelegen, jedoch ist die zur Ver- fügung stehende Fläche viel zu gering. So ist in Stoßzeiten mit 2000 – 3000 Schülern ein unübersehbares Chaos festzustellen. Hier bedarf es dringend einer Verbesserung, derer man sich nun aber von Seiten der Stadt auch annehmen will; der ZOB wird grundlegend umgestal- tet. Von 2017 bis 2020 werden 29 Haltestellen im Stadtgebiet barrierefrei ausgebaut.

In das schnell wachsende Fernbus-Liniennetz ist Weilburg bislang noch nicht integriert.

Abbildung 52: Citybus an der behindertengerecht gestalteten Haltestelle am Rathaus, Weilburger Bahnhof und ZOB. Fotos: Koch 2009, NH ProjektStadt 94

4.5.4 Radverkehr

Wichtige Voraussetzung für die Förderung des Alltags- und Freizeitradverkehrs sind sichere, komfortable und zusammenhängende Radverkehrsverbindungen. Als bedeutende überörtliche Radwanderstrecke in Weilburg ist der Lahnradweg R7 zu nennen, der künftig auch Teil des bundesweit bedeutsamen Radwegs „Deutsche Einheit“ von Bonn nach Berlin sein wird. Im Bereich Weilburg führt er von Norden kommend über Ahausen, die Ahäuser Lahnbrücke, am Bahnhof Weilburg vorbei über die Bahnhofstraße zum Postplatz, weiter über die Hainallee am Fuße der Altstadt entlang der Lahn Richtung Limburg83 .

Als überörtlicher Radweg wird der Verlauf des R7 von Hessen Mobil festgelegt. Im „Arbeitskreis Masterplan Weilburg“ wurde unter anderem bemängelt, dass die Beschilderung der Radwan- derwege oft nur schwer zu erfassen ist. Außerdem ist der R7 zwischen der Ahäuser Lahnbrücke und dem Bahnhof in Weilburg auf einem kurzen Stück von wenigen hundert Metern Länge unterbrochen. Diese Lücke gilt es künftig zu schließen.

Abbildung 53 : Verlauf und Ausschilderung des Lahntalradweges R7 sowie Hinweise auf innerstädtische Radrouten („Altstadtroute“, „Flussroute“). Fotos/Quelle: NH ProjektStadt, OSM

Ein weiterer überörtlicher Radwanderweg ist der Weiltalradweg, der 2001 auf der stillgelegten Eisenbahnstrecke „Weiltalbahn“ angelegt wurde und entlang der Weil nach Weilmünster ver- läuft.

83 vgl. http://www.fahrrad-stadtplan.eu 95

Auch der bereits 2015 erwähnte Radweg Deutsche Einheit, der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) initiiert wurde und bis 2018 fertiggestellt sein wird, wird durch Weilburg führen und womöglich zusätzliches touristisches Potenzial generieren. Die entsprechende Beschilderung ist bereits vorhanden. Auf rund 1100 km führt der Radweg durch sieben verschiedene Bundesländer und verbindet die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn mit der heutigen Hauptstadt Berlin.

Der Radweg nutzt bereits vorhandene Wege, die zum Teil jedoch saniert werden müssen. Etwa alle 20 km sollen besondere „Radstätten“ aufgebaut werden, an denen u.a. Elektrofahrräder aufgeladen werden können und ein öffentlicher WLAN-Zugang besteht. 84

Abbildung 54: Entwurf der geplanten „Radstätten“ des Radwegs Deutsche Einheit. Quelle: http://www.bmvi.de

Ausgebaute Radwege befinden sich außerdem an den Straßen nach Ahausen, Waldhausen, Kirschhofen/Odersbach und Kubach. Radfahrer mit Zielen außerhalb dieser Hauptwanderwege müssen entlang der Kraftfahrzeugstraßen fahren, die nur in Teilen entsprechend radfahrer- freundlich ausgebaut sind.

Aus Sicht eines wünschenswerten Altstadtbesuchs mit Besichtigung der Sehenswürdigkeiten und Verzehr in der Altstadtgastronomie ist es von Nachteil, dass die Radtouristen überwiegend im Lahntal bleiben und nicht den steilen Weg zu einem Abstecher in die Altstadt nehmen. Die Stadt ist jedoch seit geraumer Zeit in Begriff, die Ausschilderung in die Stadt zu verbessern. Anzeichen dafür finden sich z.B. in Form von Routen-Wegweisern auf der Fahrbahn. Darüber hinaus soll im Jahr 2018 ein Fahrradkonzept beauftragt und bearbeitet werden. Dabei sollen u. a. die städtischen Radwege besser an das überörtliche Radwegenetz angeschlossen werden. Auch abschließbare Parkplätze für Fahrräder inklusive Gepäckaufbewahrung sollten in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Topographie Weilburgs stellen auch E-Bikes eine geeignete Alternative zum Auto dar (vgl. Kap. 4.5.6).

84 Der Tagesspiegel 2015 96

4.5.5 Fußgängerverkehr

Für Fußgänger ist die Lage des Bahnhofs sowie des zentralen Omnibus-Bahnhofs in Beziehung zur Altstadt ungünstig. Man kann zwar über die Eisenbahnbrücke die Lahn überqueren und auf die Altstadt- und Taunusseite gelangen, dann aber sind beschwerliche Höhendifferenzen zu überwinden. Besonders schwierig ist die topographische Situation der Altstadt für ältere und behinderte Menschen. Der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe wird in Zukunft aufgrund des demographischen Wandels jedoch weiter zunehmen.

Eine Möglichkeit, die Fortbewegung in der Altstadt für mobilitätseingeschränkte Perso- nen zu erleichtern, wäre die Einrichtung von asphaltierten oder anderweitig befestigten „Fahrstreifen“ entlang des ansonsten für diese Personen nur schwer zu überwinden- den Kopfsteinpflasters.

Abbildung 55: Kopfsteinpflaster in der Altstadt. Foto: NH ProjektStadt

Ein attraktiver Spazierweg ist auf der rechten Lahnseite entlang der Lahnschleife vorhanden. Der Bereich südlich des Ernst-Dienstbach-Steges bis zum Rollschiff war lange Zeit in einem kaum begehbaren Zustand. Besonders die Auskragungen entlang der Felswände waren morsch und wegen Einsturzgefahr gesperrt. Im Sommer/Herbst 2009 wurde dieser wichtige Spazierweg wieder hergerichtet und freigegeben. Überwechseln auf die Altstadtseite kann man mit dem Rollschiff, das aber nur in den Sommermonaten an Wochenenden betrieben wird. Mit einer Fußgänger- und Radfahrerbrücke beim Jugendzeltplatz unterhalb des Wehres könnte man die Lahn in diesem Bereich ganzjährig überqueren.

Abbildung 56 : Rollschiff und Ernst -Dienstbach -Steg zur Querung der Lahn. Fotos: NH ProjektStadt

97

Die Stadt Weilburg plant aktuell zudem einen 2,5 bis 3,0 Meter breiten, barrierefreien bzw. behindertengerechten Fußgänger- und Radfahrersteg über die Lahn zwischen der Taunusseite (Ahäuser Weg, Felsenkeller) und der Westerwaldseite (Kreishallenbad und ZOB/Bahnhof) zu errichten. Dieses ist notwendig, da die bisherige Fußwegeverbindung über die Eisenbahnbrü- cke sich in einem desolaten Zustand befindet. Erforderlich ist dieser Steg insbesondere für die rund 4.000 Schüler auf ihrem Weg vom ZOB/Bahnhof zu den Schulen der Tanusseite sowie für rund 1.200 andere Fahrgäste, behinderte Menschen, Rollstuhlfahrer, Senioren, Familien mit Kinderwagen, Radfahrer und Fußgänger. Im Zuge dessen soll außerdem der Leinpfad, welcher in Ahausen bereits behindertengerecht ist, an seiner Einmündung Schiffstunnel/Ahäu- ser Weg barrierefrei umgebaut werden. Der Magistrat der Stadt Weilburg hat im Juli 2016 über das Vorhaben beraten.

Insgesamt wurde die Stadt Weilburg im Arbeitskreis des Masterplans 2009 als fußgänger- und radfahrerunfreundlich eingestuft. Das liegt jedoch zu einem großen Teil an den topographi- schen Verhältnissen, die als gegeben hingenommen werden müssen und nicht zu ändern sind.

Dass sich auf dem Gebiet der Fuß- und Fahrradverkehrs jedoch generell etwas tut, zeigt z.B. die Tatsache, dass Weilburg eine Art Gründungsmitglied der so genannten „Arbeitsgemein- schaft Nahmobilität“ des Landes Hessen ist, die sich seit Anfang 2016 mit der Mobilität über kurze Distanzen, also z.B. auf Quartiersebene oder im Einkaufsumfeld, auseinandersetzt. In der Regel wird Nahmobilität dabei mit Fuß- und Fahrradverkehr gleichgesetzt. Die AG fördert eine nachhaltige Verlagerung weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zu eben diesen Fortbewegungsarten. Außerdem wird eine Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln, insbe- sondere mit dem Bus- und Bahnverkehr, angestrebt. Nahmobilität muss folglich als integraler Bestandteil des gesamten Verkehrssystems begriffen werden. Konkret dient die AG dem Aus- tausch der Akteure sowie der Entwicklung neuartiger konzeptionellen Ansätze.85

4.5.6 E-Mobilität

Elektromobilität gewinnt gerade im Zuge des Klimawandels seit Jahren immer mehr an Bedeu- tung und ist für Kommunen ein keinesfalls zu vernachlässigendes Thema, dem es sich zu stellen gilt. Auch wenn Elektroautos im Gegensatz zu E-Bikes bislang deutlich geringere Ab- satzzahlen zu verzeichnen haben, müssen die Erfordernisse der Elektromobilität schon heute in die Überlegungen von Verkehrs- und Stadtplanern mit einbezogen werden. Dies betrifft beispielsweise die Parkraumgestaltung oder die Berücksichtigung einer entsprechenden Ener- gieversorgung bei der Planung neuer Quartiere, damit die Elektrofahrzeuge geladen und opti- mal eingesetzt werden können. Für eine Stadt wie Weilburg ist es nicht zuletzt auch aufgrund der Auszeichnung als Luftkurort unerlässlich, in dieser Richtung entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Eine potenziell autofreie Innenstadt ist unter anderem auch eine Möglichkeit, sich dem Thema Umwelt- und Klimaschutz anzunehmen. E-Mobilität ist eine weitere.

Die Weiterbildung von städtischen Mitarbeitern, beispielsweise als so genannte „eLotsen“, kann dabei auch in Weilburg nur ein Anfang sein. Mit dem Ausbildungsangebot des Landes

85 Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen 2016 98

Hessen werden die Kompetenzen der Kommunen auf dem Gebiet der Elektromobilität gestärkt. Ziel ist die Vermittlung einer umfassenden Wissensbasis, die es den Akteuren ermöglicht, als Elektromobilitäts-Erst-Ansprechpartner sowohl für die eigene Verwaltung, aber auch für Un- ternehmen und für Privathaushalte, zu fungieren. 86

Der Verleih von E-Bikes bietet sich in Weilburg schon allein aufgrund der Topographie an. Die Organisation des Verleihs übernimmt die Touristeninformation. Im Parkhaus Rathaus stehen seit 2010 drei E-Bikes für Mietpreise von 19 Euro am Tag bzw. 65 Euro für vier Tage zur Verfügung. Die Kaution beträgt 100 Euro. Die Nachfrage nach den E-Bikes ist jedoch eher gering, da von den meisten Radfahrern der Lahntalweg befahren wird, der kaum Steigungen aufweist. Pro Jahr werden etwa 40 E-Bikes ausgeliehen. Zukünftig ist geplant, mit der Firma Movelo zusammenzuarbeiten, um mit Hilfe des Landkreises und von Hotels auf lange Sicht ein entsprechendes Netzwerk aufzubauen. Die Einrichtung von öffentlichen Ladestationen für E- Bikes und Elektroautos könnte die Entwicklung zusätzlich forcieren.

4.5.7 Maßnahmen/Projekte

Zielvorstellung:

Die Mobilitätsbedürfnisse aller Bevölkerungsschichten sollen unter Einbeziehung und Verknüp- fung aller Verkehrsträger besser berücksichtigt werden.

Projekte/Maßnahmen: 87

° Einrichtung einer Sommer-/Winterlösung für den MIV: im Sommer weitgehend frei von Autos, im Winter Freiheit für Autos

Während der Sommermonate wird Weilburg von vielen Touristen besucht, die die Altstadt besichtigen möchten. Dabei stören parkende PKW auf dem Marktplatz und anderen Plät- zen. Im Winterhalbjahr könnte dort das Parken erlaubt werden, um die Altstadt als Ein- kaufsstandort attraktiver zu machen. Mit Testphasen (Teilsperrung der Neugasse) können Aufschlüsse über die Umsetzbarkeit des Konzepts gewonnen werden.

° Verbesserung der Hinweisbeschilderung zum Parkhaus Innenstadt

Das Parkhaus südlich der neuen Oberlahnbrücke ist zu ca. 50 % ausgelastet, da das Park- haus Rathaus zu einem attraktiver für Altstadtbesucher ist, zum anderen aber auch, weil die Hinweisschilder nicht deutlich genug zum neuen Parkhaus hinführen. Dies könnte mit relativ geringem Aufwand verbessert werden.

86 Hessen Agentur 2016 87 einige Textteile aus „Masterplan Weilburg“ (teilweise leicht verändert) übernommen 99

° Flächenmäßige Erweiterung des Zentralen Omnibusbahnhofes und vermehrte Einrichtung von Behinderten-Einstiegen

Die aufgrund der engen Platzverhältnisse zeitweise chaotischen Zustände auf dem ZOB könnten durch eine Erweiterung in südwestlicher Richtung deutlich verbessert werden. Zur Erleichterung des Einsteigens von Gehbehinderten in den Bus sind z.B. erhöhte Bord- steine und weitere Umbaumaßnahmen der Haltestellen in Weilburg, z.B. am ZOB, vonnö- ten. Diese können durch das GVFG und FAG gefördert werden. Die Entwicklung ist weiter voranzutreiben. Der Umbau wurde bereits beantragt.

° Einrichtung von „Fahrstreifen“ für Rollstühle, Kinderwagen und Rollatoren entlang des Kopfsteinpflasters in der Altstadt

Das Gehen bzw. Fahren auf dem Kopfsteinpflaster in der Altstadt ist beschwerlich für Personen mit Rollatoren, Rollstühlen oder Kinderwagen. Daher sollen in Abstimmung mit den Denkmalschutz Streifen in leichter begehbarem Pflaster auf den Straßen und Gassen angelegt werden (z. B. Zuwegung zum Bergbau- und Stadtmuseum).

° Erstellung von Themenrundwegen für Fußgänger im und um den Altstadtbereich

Es sollte ein Stadtplan mit Eintragungen zu den schönsten Fußwegen durch die Altstadt, entlang der Lahn, zu Aussichtspunkten oder Sehenswürdigkeiten erstellt werden. Dabei stellt die Einrichtung von Themenrundwegen eine interessante Möglichkeit dar.

° Herstellung eines Panoramaweges

Ein Panoramaweg soll die Aussichtspunkte Hauseley-Tempelchen, Kanapee und Ende der Adolfstraße miteinander verknüpfen, um die Lahnschleife und die Ausblicke auf die Alt- stadt besser erlebbar zu machen. Dies bedeutet neben einer entsprechenden Kennzeich- nung vor allem die Herstellung einer Stiege zwischen dem Odersbacher Weg und der Adolfstraße sowie vom Rollschiff-Gebäude zur Hochfläche mit dem Hauseley-Tempelchen. Die Sichtbeziehungen an den Aussichtspunkten müssten freigeschnitten und freigehalten werden.

° Errichtung einer weiteren Brücke über die Lahn beim Jugendzeltplatz

Zusätzlich zu dem bereits in Planung befindlichen Fußgänger- und Radfahrersteg über die Lahn auf Höhe des Kreishallenbades könnte eine weitere Lahnquerung auf Höhe des Ju- gendzeltplatzes ganzjährig eine Rundlaufmöglichkeit in Kombination mit dem Ernst- Dienstbach-Steg schaffen. Auch würde die Erreichbarkeit der Altstadt vom Jugendzeltplatz bzw. dem Zeltplatz Odersbach aus dadurch wesentlich verbessert.

° Schließung der Unterbrechung des Lahnradwegs R7

Die Schaffung einer durchgängigen Wegeführung des Lahnradweges R7 zwischen der Ahäuser Lahnbrücke und dem Bahnhof in Weilburg ist hinsichtlich des stetig wachsenden Radtourismus in Zukunft unbedingt anzustreben. 100

° Schaffen von Fahrradabstellanlagen

Sowohl zur Förderung des Alltags-Radverkehrs als auch des Radtourismus sind Fahrradab- stellanlagen, die es ermöglichen, den Rahmen mit anzuschließen, eine Grundvorausset- zung. An geeigneten Stellen in der Stadt sollen solche Fahrradabstellanlagen eingerichtet werden. Ideal für Radwanderer wäre zusätzlich eine bewachte Station, bei der auch das Gepäck mit abgegeben werden könnte. Nur so wäre es Radtouristen möglich, beispiels- weise das Schloss zu besichtigen.

° Qualifizierung von städtischen Mitarbeitern zur E-Mobilität

Als Luftkurort, Mitglied der „AG Nahmobilität“ und zum Schutze des Klimas sollte Weilburg ein Interesse daran haben, das Thema E-Mobilität weiter zu fördern. Der Ausbildung von städtischen Mitarbeitern als „eLotsen“ kann dabei eine Initiatorfunktion zugedacht wer- den.

° Einrichten von Ladestationen für Elektroautos und E-Bikes

Es sollen Elektro-Ladestationen für Autos und Fahrräder eingerichtet werden. Hierzu ist bereits vorgesehen, eine Ladestation an der Straße Im Bangert in Verbindung mit dem Radweg Deutsche Einheit zu erstellen. Diese können auch mit Ladestationen für Smart- phones kombiniert bzw. ergänzt werden.

° Parkgebühren Parkdeck Rathaus

Überprüfen der Parkgebühren mit der Zielsetzung, die Parkgebühren zu senken und somit an die kostenlosen Parkplätze in den Gewerbegebieten anzunähern, um die Akzeptanz zu erhöhen.

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5 Maßnahmenübersicht mit Prioritäten

Im Folgenden werden die in den vorangegangenen Handlungsfeldern benannten Maßnahmen tabellarisch aufgeführt, um einen Überblick über den Handlungsbedarf für die nächsten Jahre zu geben.

Handlungsfeld 1: Baustruktur, Stadtbild und Wohnen

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Baulich stärkere Durch- Gesamtstadt Stadt x mischung fördern Heterogenität innerhalb Wohnungsbauge- Gesamtstadt x von Wohnblocks fördern sellschaften Steigerung von Wohn- standards und der Woh- Stadt Altstadt x numfeldqualität in der Eigentümer Altstadt

Umnutzung Kirmesplatz Kernstadt Stadt x Behebung stadtgestalte- Eigentümer Gesamtstadt x rischer Mängel Stadt Stadt Denkmalschutzverträgli- Innenstadt Bauaufsicht x che Werbung Eigentümer Stadt Pisé-Pfad Weilburg Kernstadt Bürgerinitiative x „Alt-Weilburg“

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Handlungsfeld 2: Wirtschaft

Themenfeld 2.1: Einzelhandel

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Stadt Ausbau des Einzelhan- Altstadtmanager delsangebotes in der Alt- Altstadt x Einzelhandel stadt WWW Kath. Kirche Kirchenladen Altstadt x Stadt Geschäft für Musikerbe- Altstadtmanager Altstadt x darf ansiedeln Existenzgründer Ansiedlung eines Rewe- Stadt Altstadt x Citymarktes Rewe Stadt Regionalladen (z. B. als lokale Produzen- Altstadt x Markthalle) ten Altstadtmanager Stadt Altstadtmanager „Jedermann-Laden“ Altstadt x Bevölkerung WWW Stadt Unterstützung von Künst- Altstadtmanager lern und Verknüpfung mit Innenstadt Künstler x Einzelhandel und Hand- Einzelhandel werk WWW Stadt Ausbau des Wochen- Altstadt Altstadtmanager x marktes Markthändler Stadt Neue Medien Altstadt x Altstadtmanager Einstellen eines Leer- stands- bzw. Altstadtma- Innenstadt Stadt x nagers Erstellen eines Leer- Stadt standskatasters (Immobi- Innenstadt x Altstadtmanager lienbörse) Stadt Altstadtmanager Runder Tisch Innenstadt x Einzelhändler WWW

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Einführung eines organi- Stadt sierten Flächenmanage- Altstadtmanager Innenstadt x ments; Leerstände in Einzelhändler Randlagen umnutzen WWW Nachbelegung bestehen- Stadt der Ladenleerstände und Altstadtmanager Innenstadt x Ermöglichung eines Kun- Einzelhändler denrundlaufs WWW Stadt Unterstützung bei Um- Altstadtmanager bau- und Renovierungs- Innenstadt Existenzgründer x maßnahmen Einzelhändler Eigentümer Stadt Hilfestellung bei Einrich- Altstadtmanager Innenstadt x tung und Ausstattung Existenzgründer Einzelhändler Stadt Hilfeleistungen bei Exis- Innenstadt Altstadtmanager x tenzgründungen Existenzgründer Stadt Flächenzusammenlegun- Altstadt Altstadtmanager x gen Eigentümer Stadt Einheitliche Öffnungszei- Altstadtmanager Innenstadt x ten Einzelhändler WWW Hochschulseminar „Ideen Stadt für Weilburgs Altstadt“ Altstadt Altstadtmanager x und Kreativwettbewerb Hochschule

Themenfeld 2.2: Tourismus

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Stadt Weitere Gastronomiean- Altstadtmanager Altstadt x gebote schaffen Gastronomen WWW

Günstige Unterkünfte für x Radfahrer und Wanderer

Weilburg als Wander- Gesamtstadt Stadt x zentrum ÖPNV-Anbindung des ge- Stadt samten touristischen An- Gesamtstadt Nahverkehrs x gebots unternehmen

Netzwerk Lahntaltouris- Gesamtstadt Stadt x mus ausbauen 104

Schautafel mit Hinweisen auf Sehenswürdigkeiten Altstadt Stadt x außerhalb Zeitungskiosk mit Aus- kunftsfunktion auf Markt- Altstadt Stadt x platz Stadt Biergarten an der Lahn Lahnaue x Gastronomie Werbung mit der Aus- zeichnung Luftkurort Gesamtstadt Stadt x Weilburg

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Handlungsfeld 3: Soziales, Bildung und Kultur

Themenfeld 3.1: Kinder und Jugendliche

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Identifizierung mit Weil- Kindergärten burg schon im Kindergar- Gesamtstadt x Stadt tenalter Schulen Thema „Heimat Weil- Gesamtstadt BI Alt-Weilburg x burg“ Geschichtsverein

Führungen für Kinder Altstadt Stadt x Stadt Schulen Patenschaften Gesamtstadt x Vereine Bevölkerung Stadt Virtuelle Stadtführer Gesamtstadt Technikerschule x Stadtwerke Stadt GPS für Bildung, Kultur, WFG Handel, Wirtschaft und Gesamtstadt Technikerschule x Tourismus Wilhelm-Knapp- Schule Geologischer Lehrpfad Gesamtstadt Stadt x für Kinder Stadt Events auf dem Markt- Vereine Altstadt platz Schulen WWW Treffpunkte für Jugendli- Altstadt Stadt x che in der Altstadt Spiel- und Sportplätze Gesamtstadt, sowie Spielpunkte für Stadt x Innenstadt Kinder und Jugendliche Förderprogramm zur An- Stadt siedlung von Familien in Altstadt Altstadtmanager x der Altstadt Eigentümer Stadt Nahverkehrsun- Jugendfreizeiteinrichtun- ternehmen gen außerhalb stärker an Altstadt x Betreiber der Ju- Altstadt anbinden gendeinrichtun- gen

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Themenfeld 3.2: Senioren und Behinderte

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Präsentation der Schloss- Stadt anlage für alte/behinderte Altstadt Schlossverwal- x Menschen tung Stadt Veranstaltungsbezogener Gesamtstadt Nahverkehrsun- x ÖPNV ternehmen Eigentümer Barrierefreie Wohnungen Altstadt X Stadt Barrierefreie öffentliche Gesamtstadt Stadt x Einrichtungen Öffentliche behindertenge- Gesamtstadt Stadt x rechte Toiletten Stadt kassenärztliche Ärztliche Versorgung ge- Altstadt Vereinigung x währleisten Ärzte Krankenhaus Aufbau einer Ehrenamts- Gesamtstadt Stadt x Agentur Aufbau einer Seniorenuni- Altstadt Stadt x versität Bewegungspark für ältere Stadt Innenstadt x Menschen Kreis Stadt Tagespflege Gesamtstadt Soziale Organisa- x tionen

Themenfeld 3.3: Bildung

Stadtführungen Altstadt Stadt x Außergewöhnliche Bil- Gesamtstadt Stadt x dungsstätte akquirieren Außenstellen von Schulen Altstadt Stadt x in der Altstadt schaffen

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Themenfeld 3.4: Soziales/Miteinander

Stadt Internationale Feste feiern Gesamtstadt x Kulturverein Stadt Aktivitäten für Behinderte Gesamtstadt x Lebenshilfe Stadt Zielgruppencafés Altstadt x Lebenshilfe u.a.

Themenfeld 3.5: Kultur/Freizeit

Kunst und Kultur fördern Altstadt Stadt x Stadt Förderung der Vereine Gesamtstadt x Bevölkerung Stadt Haus des Parlaments Altstadt Parteien x Altstadtmanager Schulen Theaterkurse für Kinder Gesamtstadt VHS x Theatergemeinde Nutzung der Potentiale des Lahnufer Stadt x Uferbereiches Jugendherberge an heu- tige Anforderungen anpas- Gesamtstadt Jugendherberge x sen

Veranstaltungsuhr Altstadt Stadt x Vereine Kulturprogramm Oktober Gesamtstadt Institutionen x bis März Stadt

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Handlungsfeld 4: Klima

Themenfeld 4.1: Klimaanpassung und Grünstrukturen

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Vielfalt der Baumarten erwei- Gesamtstadt Stadt x tern Blumengestaltung der Stadtein- Gesamtstadt Stadt x gänge und Kreisverkehrsplätze Förderung der Fassadenbegrü- Gesamtstadt Stadt x nung Stadt Baumpatenschaften für Kinder/ Gesamtstadt Schulen x Jugendliche Kindergärten

Lahnpark Lahnaue Stadt x

Wasser sichtbar machen Gesamtstadt Stadt x

Platzgestaltungsmaßnahmen Altstadt Stadt x

Grün für die Altstadt Altstadt Stadt x

Themenfeld 4.2: Energie und Klimaschutz

Energetische Erneuerung der Gesamtstadt Stadt x Städtischen Liegenschaften Stromeffizienz in Städtischen Gesamtstadt Stadt x Liegenschaften Installation von PV-Anlagen auf Eigentümer Gebäuden und Freiflächen (In- Gesamtstadt x Klimamanager stallationsrate 20%) Installation solarthermischer Eigentümer Gesamtstadt x Anlagen (Installationsrate 10%) Klimamanager Eigentümer Repowering Wasserkraftwerke Gesamtstadt x Kraftwerke Austausch alter Öl- und Gasfeu- Eigentümer Gesamtstadt x erungsstätten Klimamanager Stromeffizienz im Wohngebäu- Eigentümer Gesamtstadt x debereich Klimamanager Energetische Sanierung des Eigentümer Gesamtstadt x Wohngebäudebestandes Klimamanager Bevölkerung Vermeidung und Verlagerung Gesamtstadt Klimamanager x von Verkehren Anbieter ÖPNV

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Bevölkerung Effizientere Antriebstechniken Gesamtstadt Unternehmen x nutzen Stadt Reduktion des Wärmever- Unternehmen Gesamtstadt x brauchs bei Unternehmen Klimamanager Unternehmen Stromeffizienz im Unternehmen Gesamtstadt x Klimamanager Stadtwerke Klimamanager Zukunftswerkstatt Energie Gesamtstadt x Kinder/Jugendli- che

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Handlungsfeld 5: Verkehr und Mobilität

vor- mittlere nach- Maßnahme Verortung Akteure rangig Priorität rangig

Einrichtung Sommer-, Winterlö- Altstadt Stadt x sung für den MIV Verbesserung der Hinweisbe- schilderung zum Parkhaus In- Gesamtstadt Stadt x nenstadt Flächenmäßige Erweiterung des Stadt ZOB; mehr Behinderten-Ein- Gesamtstadt Nahverkehrsunter- x stiege nehmen Einrichtung von „Fahrstreifen“ für Rollstühle etc. auf Kopf- Altstadt Stadt x steinpflaster Erstellung von Themenrundwe- gen für Fußgänger im und um Kernstadt Stadt x den Altstadtbereich Herstellung eines Panorama- Lahnaue Stadt x weges Einrichtung einer weiteren Brü- cke über die Lahn beim Jugend- Lahnaue Stadt x zeltplatz Schließung der Unterbrechung Stadt Gesamtstadt x des Lahnradwegs R7 Hessen Mobil Schaffen von Fahrradabstellan- Innenstadt Stadt x lagen Qualifizierung von städtischen Gesamtstadt Stadt x Mitarbeitern zur E-Mobilität Einrichten von Ladestationen Gesamtstadt Stadt x für Elektroautos und E-Bikes Qualifizierung von städtischen Gesamtstadt Stadt x Mitarbeitern zur E-Mobilität Parkgebühren Parkdeck Rat- Altstadt Stadt x haus

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