Deutscher – 17. Wahlperiode – 94. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2011 10753

(A)Vizepräsident Dr. : [FDP]: Die Grünen haben doch ein ganz ande- (C) Das Wort hat die Kollegin von res Modell!) Bündnis 90/Die Grünen. Sie können sich gern aus unseren Vorlagen bedienen. Im Mai wird im Rechtsausschuss eine Anhörung stattfin- Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den. An dieser Anhörung werden auch die Mitglieder Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Ju- Herr Buschmann, das letzte Zitat ist sehr interessant. gend teilnehmen. Wir werden einmal sehen, was die Vielleicht können Sie bei sich und Ihrer Fraktion anfan- Sachverständigen sagen. Ich hoffe wirklich sehr, dass gen. wir hier in den nächsten Jahren vorankommen. Man kann es wirklich nicht oft genug betonen: Auf die Frei- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, willigkeit zu setzen, hat doch nichts genutzt; seit 2001 ist bei der SPD und der LINKEN – Marco nichts passiert. Buschmann [FDP]: Wir haben eine Fraktions- vorsitzende!) (Marco Buschmann [FDP]: Das ist keine Frei- willigkeit! Comply or explain! – Gegenruf der Wenn Sie Frau Köcher ausführlicher zitiert hätten, Abg. Elke Ferner [SPD]: Wir sind hier im dann hätte man auch erfahren, dass es – genauso wie in Deutschen Bundestag! Denken Sie an Ihren vielen anderen Bereichen – Unterschiede zwischen Ost Parteivorsitzenden!) und West gibt. Ich weiß nicht, ob die Frauen und Männer in Ostdeutschland so viel anders sind. Vielleicht sind sie Die Unternehmen waren gehalten, etwas zu machen. durch den Sozialismus tiefgeschädigt. Was ist denn das für ein Instrument? Die Ministerin hat auf den Stufenplan verwiesen; allerdings ist zwischen (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 2001 und 2013 nur eine einzige Stufe in Angriff genom- NEN und bei der SPD – Christel Humme men worden. So etwas kann man doch nicht Stufenplan [SPD]: Sozialistisch bevormundet!) nennen. Wir müssen jetzt wirklich Nägel mit Köpfen Aber wir sind nicht alle geschädigt herausgekommen. machen, damit wir vorankommen. Bei uns ist es völlig normal und selbstverständlich, dass Ich möchte noch einige Ausführungen zu den heute Frauen arbeiten. Das ist auch für die Männer kein Pro- vorliegenden Anträgen machen. blem mehr. Es wäre mir lieb, wenn Sie vollständig zitier- ten. Auch die westdeutsche Gesellschaft sollte sich von Zum SPD-Antrag. Sie fordern, dass die 40-Prozent- einigen Barrieren befreien. Quote schon ab 2015 gilt. Wir weichen von dieser For- derung geringfügig ab. Das ist jetzt aber nicht das Pro- (B) Wir haben in den letzten Wochen auch hier im Ple- blem. Auch bezüglich der Forderungen sind wir einver- (D) num so häufig wie fast noch nie über das Thema „Frau- standen. Ich finde es ein bisschen schade, dass Sie in enpolitik/Frauen in Führungspositionen“ diskutiert. Man vielen Punkten so unkonkret bleiben. Sie wollen Festle- könnte fast die Hoffnung haben: Wenn wir so weiterma- gungen auch für die Arbeitnehmerseite. Der Anteil der chen, kommen wir in dieser Wahlperiode wirklich noch weiblichen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten voran. ist bereits relativ hoch; sonst würde der Gesamtanteil von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft noch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN niedriger sein. Daher wäre es mir lieber, wenn das, was sowie bei Abgeordneten der SPD) geplant ist, etwas ausgewogener ist. Frau Winkelmeier-Becker, ich höre Ihnen sehr gerne Auch sind Sie etwas unkonkret, was die Sanktionen zu. Vielleicht sollten Sie Herrn Buschmann und die FDP betrifft. Im Antrag steht, dass die Nichteinhaltung der einmal zu einer Sitzung der Gruppe der Frauen in der Quote im Ergebnis zur Nichtigkeit der Beschlüsse der Unionsfraktion einladen. Wenn Herr Buschmann von Gesellschaft führen könnte. Wir sind diesbezüglich kon- uns schon nichts lernen will, dann klappt es vielleicht bei kreter und haben Vorschläge gemacht, wie Fehlentwick- Ihnen. lungen entgegengewirkt werden kann. Ich hätte mir ge- (Marco Buschmann [FDP]: Wenn Sie was hät- wünscht, dass wir uns bezüglich der einzelnen Stufen ten, wovon man lernen könnte!) annähern. Dass das nicht bereits geschehen ist, fand ich etwas schade. Laden Sie zu dieser Sitzung auch die Ministerin ein. Ich habe nämlich den Eindruck: Die Ministerin (Christel Humme [SPD]: Wir haben ja noch eine Anhörung am 11. Mai, Frau Lazar! Da (Elke Ferner [SPD]: Braucht auch noch Nach- können wir uns annähern!) hilfe! Bildungspaket für die Ministerin!) – Ja, genau. Ich habe ja auf diese Anhörung verwiesen. vertritt rückständigere Positionen als Sie. Jetzt liegen Ich hoffe, wir alle werden dann schlauer. Vorschläge aller Oppositionsfraktionen vor. Diese Vor- schläge unterscheiden sich in Details. Wir warten jetzt Ich möchte noch etwas zum Antrag der Linksfraktion auf Ihre Vorschläge. sagen. Auch im Vergleich zu den Forderungen der Lin- ken unterscheiden wir uns etwas, was Zeitraum und (Lachen der Abg. [SPD] – Ekin Höhe der Quote angeht. Das ist aber kein großes Pro- Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da blem. Was ich in ihrem Antrag allerdings nicht so ganz wird nichts kommen! – Marco Buschmann nachvollziehen kann, ist die Forderung, dass Unterneh- 10754 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 94. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2011

Monika Lazar (A)men einen Nominierungsausschuss einrichten. Unseres Wir haben das in der Plenardebatte im Dezember und (C) Erachtens ist das ein unnötiges Gremium, mit dessen auch in der Aktuellen Stunde vor zwei Wochen getan. Einrichtung über das Ziel hinausgeschossen wird. Eine solche Forderung ist Wasser auf die Mühlen der FDP, die (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- immer wieder kritisiert – das wurde auch vorhin getan –, NEN]: Man kann darüber nicht oft genug re- dass alle Unternehmen unter die Knute der Erfüllung der den!) Frauenquote kommen könnten. Ich denke, die Linke Heute beraten wir über zwei Anträge, die in eine ähn- geht mit dieser Forderung an das Ganze etwas zu heftig liche Richtung gehen wie der Antrag der Grünen, den heran. wir Ende letzten Jahres diskutiert haben, die aber an ent- scheidenden Stellen weiter gehen. Ansonsten geht es bei der Regierung und bei der Ko- alition – wie meistens – ziemlich durcheinander. Die (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Justizministerin hat vor einigen Tagen in einem Inter- NEN]: Gesetzentwurf!) view eine deutliche Verbesserung angemahnt. Mittler- weile droht sie mit dem Damoklesschwert einer gesetzli- Die Grünen haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, den chen Frauenquote. Ich will einmal sehen, was die ich in der Sache nicht für richtig, wohl aber für diskuta- Frauenministerin dazu sagt. Sie findet die Lage ja immer bel halte. Sie sehen eine Quotenregelung erstens für mit- noch nicht allzu dramatisch. bestimmte Unternehmen und zweitens für börsennotierte Aktiengesellschaften vor. Ich möchte noch einmal auf den Gleichstellungsbe- Der Antrag, den die SPD vorgelegt hat, geht weit da- richt des Ministeriums für Familien, Senioren, Frauen rüber hinaus. Er enthält keine Einschränkung auf börsen- und Jugend verweisen. In diesem Bericht wird auf die notierte Aktiengesellschaften, sondern Sie wollen die Forderungen wirklich sehr deutlich eingegangen. Ich Quote für Aktiengesellschaften generell einführen. wünsche mir, dass dieser Bericht über die Homepage Wenn man sich die Realität der Aktiengesellschaften in dieses Ministeriums zugänglich ist. Deutschland anschaut, dann stellt man fest, dass mindes- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tens drei Viertel der Aktiengesellschaften in Deutschland typisch mittelständische Unternehmen sind. Ich möchte, an die FDP gerichtet, kurz Folgendes zi- tieren – es wurde in der Debatte gestern schon angespro- (Christel Humme [SPD]: Ja und? Was spricht chen –: Die Kosten des Nichtstuns übersteigen die Kos- denn dagegen? – Elke Ferner [SPD]: Gilt da ten einer vernünftigen Gleichstellungspolitik bei Art. 3 Grundgesetz nicht?) weitem. – Das, was Sie machen, ist also auch aus Kos- Nach dem Institut für Mittelstandsforschung in Bonn, (B) tengesichtspunkten einfach unsinnig. basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes, ha- (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ben 75 Prozent der Aktiengesellschaften in Deutschland sowie bei Abgeordneten der SPD) einen jährlich Umsatz von weniger als 10 Millionen Euro. Das ist der Mittelstand; das sind viele kleine Un- Wie gesagt: Wir haben in dieser Wahlperiode noch ei- ternehmen. nige Jahre. Ich hoffe, wir kommen zu einem guten (Marco Buschmann [FDP]: So ist es!) Schluss. Der nächste Höhepunkt wird sicherlich die An- hörung im Rechtsausschuss sein, aus der Herr Die Linkspartei geht in ihrem Antrag auch darüber Buschmann hoffentlich weitere Erkenntnisse im positi- noch hinaus. Die Linkspartei will eine Quotenregelung ven Sinn mitnehmen wird. nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern dies auch auf „aufsichtsratsfähige GmbHs“ ausdehnen. „Aufsichts- Danke schön. ratspflichtige GmbHs“ sagen Sie nicht; Sie sagen ganz (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bewusst „aufsichtsratsfähige GmbHs“. Aufsichtsratsfä- sowie bei Abgeordneten der SPD – Marco hige GmbHs sind in Deutschland alle. Buschmann [FDP]: Ich lerne immer gern!) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: In jeder GmbH besteht die Möglichkeit, einen Aufsichts- Das Wort hat der Kollege Dr. von rat einzurichten, wenn die Gesellschafter dies wollen. der CDU/CSU-Fraktion. Die Linkspartei möchte also die Quotenregelung nicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- nur für Großunternehmen, sondern auch für Kleinst- neten der FDP) unternehmen einführen. Sie möchte das für den örtlichen Handwerksmeister, der seinen Betrieb als GmbH organi- Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): siert, und für die örtliche Autowerkstatt, die als GmbH Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! organisiert ist, einführen. Der Handwerksmeister, der Wieder einmal debattieren wir heute über das Thema bisher als Geschäftsführer fungiert, muss dann eine Frauenquote in Aufsichtsräten und Vorständen. zweite Handwerksmeisterin einstellen. Das gilt übrigens auch für Vorstände. Damit verlangt man aber von den (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kleinstunternehmen etwas, was man, wenn man einen NEN]: Das ist auch sehr gut!) halbwegs gesunden Menschenverstand hat, von ihnen