Quellen für den Unterricht 57 Heike Bömicke

Das „Ortsstatut“ Freiburgs im von 1887 – Symbol des Sonderwegs einer Stadt?!

1. Einleitung 2. Das „Ortsstatut“ von 1887 ses legte fest, dass die Errichtung von neuen gewerblichen Anlagen […] in den Zunächst ist ein Rentnerheim, Freiburg wies aufgrund seiner Standort - Stadtteilen östlich des Hauptbahnkörpers die alldeutsche Pensionopolis. […] Frei - faktoren einige Nachteile für eine inten - und südlich der künftig nicht burg ist jedoch nicht nur Rentnerheim, sive Industrialisierung auf, insbesondere mehr zugelassen werde. Die Korrespon - sondern auch eine der hervorragendsten bezüglich der Infrastruktur und Energie - denz mit anderen deutschen Großstäd - Lebensstätten Deutschlands. […] Die Stu - gewinnung. So erreichte die Eisenbahn ten, darunter und , denten haben an Zahl gewaltig zugenom - in Gestalt der Nord-Süd-Strecke zwar aus den Jahren 1884 bis 1887, die in der men. Der Reichstagskandidat der Fort - bereits 1845 die Stadt, in Ost-West-Rich - Akte des Stadtrats der Stadt Freiburg zum schrittspartei, Dr. von Schulze-Gaever - tung konnte aber erst 1887 die Höllen - Ortsstatut enthalten ist, legt die Vermu - nitz, sah Freiburgs Zukunft in dieser talbahn eröffnet werden, die zudem auf - tung nahe, dass negative Folgen der In - vielbejubelten Rede von 1911 in seiner grund der starken Höhenunterschiede dustrialisierung gleichsam ausgelagert Attraktivität für vermögende Rentiers, des Schwarzwaldes teilweise Spezialloko - werden sollten. Das Bürgertum wollte Privatiers und Studenten (von Schulze- motiven mit Zahnradantrieb benötigte, von den Segnungen der Industrie profi - Gaevernitz, S. 3–5). Dieses Zitat steht für um über eine Zahnschiene die größten tieren, ohne die Schadstoffquellen sowie die Zusammenfassung einer Kommunal - Steigungen überwinden zu können. Vom politischen und sozialen Auswirkungen politik, die sich im 19. Jahrhundert be - Rhein lag Freiburg zu weit entfernt, um einer Arbeiterschaft zu spüren. Fabriken wusst von der Industrialisierung abge - den Bau eines schiffbaren Kanals letzt - und deren Klientel sollten weder sicht-, wandt und auf alternative Einkommens - lich lohnend erscheinen zu lassen. Die noch riech- oder fühlbar für die vermö - quellen gesetzt hatte. Freiburg hatte Wasserkraft aus dem Schwarzwald, die genden Bürger sein und sich möglichst damit nach einem eigenen, singulären seit dem Mittelalter mit dem Gewerbeka - nicht im nach außen wirksamen Stadt - Weg gesucht, für den die Stadt mit dem nal genutzt wurde, erwies sich als für in - bild widerspiegeln. Konsequenterweise Ortsstatut 1887 den Grundstein gelegt dustrielle Ansprüche ungeeignet, da der legte die Stadt zugleich mit dem Ortssta - hatte. Ausgehend vom Ortsstatut wurde Wasserstand je nach Jahreszeit und tut eine Bauordnung als städtebauliches das Beschreiten besonderer Wege wichtig Klima im Schwarzwald stark variierte. Steuerungsinstrument auf, mit dem Ziel, für das städtische Selbstverständnis, was Dennoch gab es erste Ansiedelungen von den Prozess sozialräumlicher Differenzie - exemplarisch anhand dreier Beispiele er - Industrien im 19. Jahrhundert, vor allem rung zu befördern. läutert werden wird: erstens mittels der östlich des Stadtzentrums in der soge - Der damit begonnene Prozess kann Amtszeit des Oberbürgermeisters Dr. nannten Oberau. Beispielsweise sind hier dem Selbstverständnis Freiburgs entspre - Otto Winterer von 1888 bis 1913, zwei - die Seidenzwirnerei Karl Mez oder die chend durchaus als Alternative bezeich - tens mit der Umsetzung der Gartenstadt - Porzellanknopffabrik Jeremias Risler zu net werden. Eine relativ unverschmutzte idee in Freiburg-Haslach und drittens in nennen. Später kamen industrielle Anla - Natur sowie angenehme Wohn- und Le - der Verwirklichung individualistischer gen im Stadtteil Im Grün südwestlich der bensverhältnisse konnten für die groß - Lebensformen im Stadtteil Vauban. Um Innenstadt dazu. bürgerliche Schicht – östlich der Bahn den Erfolg dieser alternativen Raumpla - Für ihre Produktion brauchen Fabriken wohnend – sicherlich erreicht werden. nung einzuschätzen, wäre es interessant Platz, sie stoßen Emissionen aus und Für die Arbeiterschaft bedeutete es hin - zu schauen, ob und inwiefern sich in der bringen Arbeiter mit sich. Diese Folgen gegen eine Verdrängung an den westli - Green City , wie Freiburg sich heute gerne entsprachen nicht wirklich dem Selbst - chen Stadtrand, was mit dem Bezirk nennt, die – um aktuelle Begriffe zu ver - bild Freiburgs, weshalb sich die städti - Stühlinger einen Namen bekam. Bereits wenden – Ziele der Lebensqualität und schen Behörden im ausgehenden 1875 war begonnen worden, das Gebiet Naturverbundenheit verwirklichen lie - 19. Jahrhundert nicht weiter um indu - westlich des Bahnhofs, bis dahin eine ßen. strielle Ansiedelungen bemühten und eher sumpfige, flache Brache, zu erschlie - 1887 das Ortsstatut (M 1) erließen. Die - ßen. Erst zehn Jahre später wurde der

Quellen für den Unterricht 57 Archivnachrichten 58 / 2019 51 Stadtteil mit dem Bau einer Eisenbrücke dehnten Sozialpolitik , weshalb hier von tivität und Lebensqualität stringent um, über die Bahngleise an die Innenstadt einer Vorreiter -Rolle gesprochen werden jedoch nur für das gehobene Bürgertum. angeschlossen und 1886 nach dem kann. Arbeiter und die damit verbundenen so - Adelsgeschlecht der Stühlinger benannt. Gemäß seinem stadtplanerischen Kon - zialen Probleme wurden möglichst ge - Mit dem Ortsstatut erhielt er nun 1887 zept wies Winterer den süd- und nörd - ringgehalten bzw. nur in Randbezirken seinen Ritterschlag. lich der gelegenen Vororten angesiedelt, was die im Ortsstatut 1887 Wiehre und (später) Herdern die (groß-) begonnene Segregation verstärkte. Daher 3a. Die Stadtplanung unter bürgerliche und gehobene Wohnbebau - galten die Kriterien der Lebensqualität Oberbürgermeister Dr. Otto ung zu. Bis zu seinem Ausscheiden 1913 und Naturverbundenheit weiterhin nur Winterer verfolgte er die Entwicklung Freiburgs zu für eine ausgewählte Bevölkerungs - einem Wahlwohnort vermögender Pri - schicht. Die planmäßige weitere Erschließung des vatiers konsequent weiter und sorgte für Stühlingers erfolgte unter dem für Frei - eine Verdoppelung der Einwohner- und 3b. Alternative Ideen – burg wegweisenden Oberbürgermeister Gebäudezahl. Dazu beauftragte der die Gartenstadt Dr. Otto Winterer ab 1888. Winterer ent - Oberbürgermeister die Erneuerung bzw. wickelte aus Ortsstatut und Bauordnung Neuerrichtung wichtiger Infrastruktur - Die Gründung der Gemeinnützigen Bau - ein zusammenhängendes stadtplaneri - einrichtungen wie Wasserversorgung, genossenschaft Gartenstadt Freiburg 1913 sches Konzept, welches den einzelnen Abwasserbeseitigung, Ausbau von Elek - gilt als Geburtsstunde der Gartenstadt Stadtbereichen unterschiedliche Funktio - trizität und Straßenbahn sowie Neu - im heutigen Freiburg-Haslach mit dem nen zu [wies], u. a. der Arbeiterschaft den gründung von Schulen. Um weitere rei - Ziel kostengünstigen Wohnraum [zu Stühlinger. Symbolisch dafür steht die che Neubürger anzulocken, baute Winte - schaffen …] , den [...] Mietskasernen ein Verlegung des städtischen Gaswerks aus rer das kulturelle Leben der Stadt konse - menschliches Maß entgegenzusetzen, hy - der Wiehre in den Stadtteil hinter dem quent aus, beispielsweise mittels eines gienisches und gesundes Wohnen zu er - Bahnhof , an dessen alter Stelle die monu - Neubaus des Stadttheaters, welcher 1910 möglichen und mit Gärten und Ställen mentale Johanneskirche gebaut wurde. fertiggestellt wurde. In seine Amtszeit [… die] Möglichkeit der Selbstversorgung Geplant wurde dieser Bezirk mit ortho - fallen die Gründung der Städtischen insbesondere für Arbeiter zu bieten. Den gonal zueinander liegenden Straßenzü - Sammlungen, der Umbau des Neuen Bewohnern der Gartenstadt sollte ein gen und geschlossener Bauweise ohne Rathauses sowie der Bau des heutigen Ausgleich zur monotonen Lohnarbeit ge - Vorgärten als gewerbliches Mischgebiet , Kollegiengebäudes I der Albert-Ludwigs- boten und das Gefühl vermittelt werden dessen Bebauung neben eher kleinen, Universität. Winterer lockte Studenten, mitten in der Natur zu leben . Ein Bebau - handwerklichen Betrieben im Erdge - Gelehrte und Offiziere an, bewarb neben ungsplan sollte maximale Besonnung und schoss die dazu gehörigen Arbeiter im Universität und Garnison die landschaft - Durchlüftung der Häuser sowie der gro - oberen Stockwerk wohnend aufnehmen lich reizvolle Lage sowie das prachtvolle ßen Gärten erreichen, mittels stilistischer sollte. Größere Betriebe waren nur ver - Münster und suchte für Freiburg als Architekturelemente und ganzheitlicher einzelt vorhanden, wie beispielsweise die Fremdenstadt den Tourismus zu erschlie - Raumordnung wurde das Viertel berei - Orchestrionfabrik Welte. Einzige Auflok - ßen. Frühzeitig sorgte er für den An - chert und bewusst gestaltet. Ursprüng - kerung fand das Rechteckmuster durch schluss des Stadtteils Günterstal an das lich waren öffentliche Gebäude auf die ursprünglich nicht vorgesehene Straßenbahnnetz, um den Besuchern einem zentralen, gartenähnlich gestalte - Herz-Jesu-Kirche auf dem heutigen den Zugang zum Freiburger , ten Platz vorgesehen, darum Wohnbe - Stühlinger Kirchplatz. Dieser Bau er - dem , zu erleichtern. Dane - bauung und erst außerhalb davon Indu - folgte von 1892–1897 und wurde durch ben wurden Panoramawege im Stadt - strie- und Gewerbeansiedlungen, die ggf. zwei Schulgebäude hinter dem Chor er - wald und um den Waldsee angelegt. durch eine Eisenbahn mit der Stadt ver - gänzt. Die dadurch erfolgte Aufwertung Zwecks weiterer Steigerung der Attrakti - bunden werden sollten. Ziel war die trug u. a. dazu bei, fast bürgerlich anmu - vität Freiburgs gestaltete Winterer das Kombination der Vorteile eines ländli - tende Häuserzeilen entstehen zu lassen, Stadtbild planmäßig zur mittelalterlichen chen Lebens mit städtischer Infrastruk - in denen die Wohnverhältnisse zwar Stadt um. So initiierte er nicht nur den tur. Das Modell planmäßiger Stadtent - auch eng und unhygienisch waren, aber Freiburger Münsterbauverein und setzte wicklung dazu hatte der Brite Ebenezer nicht wie in den Mietskasernen und sich leidenschaftlich für den Erhalt des Howard bereits 1898 entwickelt. Seine Hinterhöfen anderer Städte. Ein weiterer Münsters ein, sondern sorgte auch für Idee ging über das reine Wohnen hinaus, Grund mag die quantitative Entzerrung die Erhaltung von Schwaben- und Mar - indem sozialreformerische Ziele mit ihr der Arbeiterschaft gewesen sein. Zum tinstor trotz Komplikationen mit dem verbunden wurden, wie lebenslanges einen verfügte Freiburg über relativ Straßenbahnbau und ließ diese gemäß Mietrecht oder Mitbestimmungsrechte wenig industrielle Großbetriebe, zum seiner Mittelaltervorstellung umgestalten der Bewohner. anderen gab es frühe Bestrebungen eines und aufstocken. Berühmt ist sein Aus - Das weitere Ziel der Kostenreduktion sozialen Wohnungsbaus, beispielsweise spruch: Das Dorf hat Dächer – die Stadt wurde mittels verschiedener Maßnah - in den Stadtteilen Beurbarung und hat Türme (Müller, S. 123 und S. 16f.). men umgesetzt, um die Gartenstadt für Freiau, den die Stadt ab 1886 selbst in die Otto Winterer setzte seine klaren Vor - einkommensschwache Schichten attrak - Hand nahm. Das soziale Engagement stellungen über eine (mittelalterliche) tiv zu machen. So nutzte man in Frei - von Fabrikanten, Bürgern und der Stadt Identität Freiburgs und sein ganzheitli - burg sieben standardisierte Haustypen entwickelte sich zu einer bewusst ausge - ches Konzept zur Steigerung von Attrak - zur Verringerung der Baukosten. Die

52 Archivnachrichten 58 / 2019 Quellen für den Unterricht 57 Baugenossenschaft kaufte beim erst 1890 Streitkräfte im damaligen Stadtteil Frei - entstanden ein Kinderabenteuerhof am eingemeindeten noch recht dörflichen burg-St. Georgen nach deren Abzug das Dorfbach und ein Grünareal mit Wei - Haslach billiges Ackerland, um dieses in Quartier Vauban , benannt nach dem dendom sowie Möglichkeiten des urba - wertvolleres Bauland umzuwandeln. Der französischen Festungsbaumeister Séba - nen Gärtnerns. Die nahen Schönberg - dabei entstehende Spekulationsgewinn stien Le Prestre de Vauban. Engagierte wiesen und eingeplante Grünspangen sollte einen Teil der Baukosten tragen. Bewohner suchten ihre städteplanerische tragen viel zur hohen Lebensqualität des Das Land selbst wurde über Erbpacht Vision eines neuen Stadtteils mit konse - Stadtteils bei . vergeben und blieb damit genossen - quent nachhaltiger Umweltpolitik unter Auffällig sind die sehr dichte Besiede - schaftliches Gemeinschaftseigentum. Die Einsatz von erneuerbaren Energien, bür - lung des Stadtteils und das im Durch - Mieter sollten Genossenschaftsmitglieder gerschaftlicher Zusammenarbeit, sozia - schnitt junge Alter der Bewohner. Letzte - werden und neben einem Dauermiet - lem Miteinander sowie lebendiger Nach - res lässt darauf schließen, dass das Quar - recht auch von niedrigen Mieten profi - barschaft umzusetzen. Der Stadtteil tier vor allem von Familien mit (kleinen) tieren, die lediglich nach dem Kosten - sollte zum Modellprojekt für eine nach - Kindern bewohnt wird. Zusammen mit deckungsprinzip erhoben werden soll - haltige und an ökologischen Zielen ausge - der niedrigen Arbeitslosenrate, dem ten. richtete Stadtentwicklung werden. Zur hohen Akademikeranteil und dem gerin - Zwar siedelte auch die Gartenstadtidee Umsetzung dieser Ideen gründete sich gen Anteil von Bewohnern mit Migrati - die Arbeiterschaft vor der Stadt an und 1994 das Forum Vauban , dem 2005 der onshintergrund lässt das auf eine relativ trug so zu einer Segregation bei, wie sie Stadtteilverein Vauban e. V. folgte. große Homogenität der Bevölkerung auch das Ortsstatut 1887 vorsah. Jedoch Das Ziel der ökologischen Verantwor - schließen. Die meisten Einwohner schei - herrschte hier das hehre Ziel eines ge - tung und Nachhaltigkeit wurde einer - nen sich in einer ähnlichen Lebenssitua - sunden Lebens im Grünen, von Lebens - seits mittels eines autoreduzierten Ver - tion mit einem vergleichbaren Hinter - qualität und Naturnähe für die Arbeiter, kehrskonzept [es] realisiert, für das sehr grund und einer übereinstimmenden womit die Gartenstadt gleichsam als Ge - gute Straßenbahn- und Busverbindun - Sozialisation zu befinden. Sie interessie - genentwurf zum Stühlinger gelten kann. gen sowie kurze Versorgungswege ge - ren sich für Umwelt, Nachhaltigkeit und Das Ziel der lebenswerten Stadt sollte den plant wurden. Andererseits gibt es einen die politische Ausrichtung ist eher grün- menschenunwürdigen Lebensbedingungen weitreichenden Einsatz von Solarenergie alternativ. Bestätigung findet diese An - in den Mietskasernen der Städte entge - und Passivhaus- bzw. Niedrigenergie - nahme in der im Stadtteil sehr gebräuch - gengesetzt werden. Leider meinte es die bauweise sowie die Nutzung nachwach - lichen Formulierung des Wohnens auf Realität nicht gut mit der Gartenstadt. sender Rohstoffe zur Wärmegewinnung Vauban , die den Vergleich mit einer Insel U. a. der Erste Weltkrieg sorgte dafür, mittels eines Blockheizkraftwerkes, wel - suggeriert, auf der man lebt im Gegen - dass unter Mithilfe der Bewohner mög - ches mit Holz bzw. Erdgas betrieben satz zum Wohnen in einem Bezirk oder lichst billiger Wohnraum gebaut werden wird und neben einigen Photovoltaikan - einer Stadt. Ist dadurch ein Rückschluss musste, der den Menschen die Möglich - lagen auch für die Stromversorgung zu - auf eine besondere Geschlossenheit des keit zur Selbstversorgung bot, weshalb ständig ist. Mit dem Green-City-Hotel Viertels möglich? Tatsache ist, dass im die Gartengrundstücke prioritär dem entstand eine Herberge mit Passivhaus- Vauban viele Ideen der Nachhaltigkeit, Obst- und Gemüseanbau sowie der Standard als Inklusionsunternehmen, des Umweltschutzes und der Naturnähe Kleintierhaltung dienten. Bemängelt was zum selbstgewählten Anspruch des umgesetzt wurden. Die Lebensqualität wurden neben der schlechten Bausub - sozialen Engagements führt. Dieser An - scheint relativ hoch zu sein. Die Anlage stanz kleine Küchen und fehlende Bäder. spruch fand seinen Niederschlag u. a. im von solidarisch zu nutzenden Angeboten Dennoch wurde der Wohnraum in der Vorrang privater Baugruppen und genos - stärkt den kommunalen Zusammenhalt Freiburger Gartenstadt schnell für den senschaftlicher Wohn-Projekte . Zu nennen im Stadtteil. Inwiefern das zu einer einfachen Arbeiter zu teuer, sodass letzt - wäre hier beispielsweise die sozialinte - selbstgewählten Segregation führt, lässt endlich mit niedrigen Angestellten zwar grative Baugruppe GENOVA , das genera - sich nur vermuten. Interessant wäre die - immer noch kleinbürgerliche Schichten tionenübergreifende Wohnprojekt Son - ses in Bezug auf eine Umkehrung des davon profitierten, aber nicht die ur - nenhof oder der Erhalt einiger Kasernen - Ortsstatutes , welches die Industrie und sprüngliche Zielgruppe. Auch wurden gebäude im Rahmen der Selbstorgani - Arbeiterschaft absondern wollte, wäh - Mitbestimmung und freie Entfaltung sierte Unabhängige Siedlungsinitiative rend sich hier das Bürgertum selbst ab- beispielsweise durch eine strenge Haus - (Projekt – für günstigen Wohnraum), und eingrenzen würde. In jedem Fall er - ordnung, die die Tierhaltung und ge - des Studentenwerks bzw. als Veranstal - scheint das Vauban als ein besonderes naue Nutzung der Gärten regelte, die tungszentrum im Haus 037 , einem selbst - Quartier, das sich vor allem aus bürger - einen ordentlichen Eindruck zu machen verwalteten Stadtteilzentrum oder der schaftlichem Engagement entwickelte, hatten, eingeschränkt, sodass sich die Dienstleistungs-, Kunst- und Handwerks - aber vielleicht die Atmosphäre einer Umsetzung insgesamt vom eigentlichen haus . Zur Unterstützung von nachbar - Stadt wie Freiburg brauchte, um auf Ideal einer Gartenstadt entfernt zeigte. schaftlicher Zusammenarbeit wurde ein fruchtbaren Boden zu fallen. genossenschaftlich organisierter Quar - 3c. Alternative Ideen – tiersladen gegründet, es gibt Second - 4. Fazit das Vauban handläden, einen gemeinsam zu nutzen - den Backofen und vieles mehr zur För - Interessant ist abschließend ein kurzer Seit 1991 entstand auf dem ehemaligen derung von Gemeinschaftssinn und of - Vergleich der exemplarisch betrachteten Kasernengelände der französischen fene [r] Lebenskultur . Nahe bei Freiburger Stadtteile, um mit einem

Quellen für den Unterricht 57 Archivnachrichten 58 / 2019 53 Bezug zum Ortsstatut zu schließen. Allen Ausgangspunkt einer Suche Freiburgs Der Stühlinger – Festschrift zur 850- drei Bezirken gemeinsam sind ein kon - nach stadtplanerischen Alternativen zu - Jahrfeier der Stadt Freiburg i. B. Hg. vom struktiver Umgang mit örtlichen Beson - geschrieben werden, in der eine Atmo - Lokalverein Freiburg-Stühlinger e. V. derheiten bzw. die Suche nach regiona - sphäre entstand, die Innovationen Freiburg 1970. len Alternativen sowie eine daraus er - immer wieder zu- und entstehen ließ. Aktionskomitee 100 Jahre Gartenstadt; wachsene konsequente und holistische Geschichte und Geschichten – 100 Jahre Stadtplanung. Überall fand eine Art von Literatur Gartenstadt Freiburg-Haslach. Freiburg Segregation statt, ob erzwungen oder 22015. selbstgewählt, und in jedem Stadtteil ist Wolfgang Zamzow : Die Industrialisie - Infotafel Quartier Vauban die Suche nach einem ganzheitlichen rung im 19. und 20. Jh. am Beispiel Frei - https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/ Selbstkonzept zu finden, wobei immer burg. Dokumentationsarbeit R11 SSDL get/params_E1371700308/647912/Info - wieder die Ziele Lebensqualität und Na - BS Freiburg. tafeln_Vauban_de.pdf [aufgerufen am turnähe aufblitzen. Die raumplanerische Heinrich Müller : Oberbürgermeister 02.01.2019]. Umsetzung erscheint bisweilen fast diri - Dr. Otto Winterer – ein Vierteljahrhun - Gerhart von Schulze-Gaevernitz : gistisch und relativ geschlossen, oft visio - dert Entwicklungsgeschichte der Stadt Wovon lebt Freiburg? – Rede des Reichs - när, aber auch ein wenig dogmatisch. Freiburg. Freiburg 1916. tagskandidaten Dr. v. Schulze-Gaevernitz Städtebaulicher Wildwuchs wurde kaum John Mez : Freiburger Verkehrspro - in der Festhalle zu Freiburg i. B. am geduldet und wenig dem Zufall überlas - bleme. Freiburg 1913. 7. Dezember 1911. Freiburg 1911. sen. Geschichte der Stadt Freiburg i.B. – Von Aufgrund der Bereitschaft, Neues aus - der badischen Herrschaft bis zur Gegen - zuprobieren und umzusetzen, kann Frei - wart. Hg. von Heiko Haumann und burgs Weg seit der Industrialisierung zu - Hans Schadek . Bd. 3. 1992. sammenfassend zu Recht als Sonderweg 100 Jahre Stühlinger: 1885–1985. Hg. bezeichnet werden. Das Ortsstatut von vom Lokalverein Freiburg-Stühlinger 1887 hat sicherlich keine Auswirkungen e. V. Freiburg 1885. mehr auf die Raumplanungen des 20. M 1 Ortsstatut über Anlage gewerblicher Etablisse - und 21. Jahrhunderts, dennoch kann ments mit Stadtplan, 1884/87. ihm eine symbolische Bedeutung als Vorlage: Stadtarchiv Freiburg, Sign. C2/71/7.

54 Archivnachrichten 58 / 2019 Quellen für den Unterricht 57 Quellen für den Unterricht 57 Archivnachrichten 58 / 2019 55 56 Archivnachrichten 58 / 2019 Quellen für den Unterricht 57 M 2 „Vogelperspektive von Freiburg im Breisgau“, 1852, von Joseph Wilhelm Lerch (1817–1901). Vorlage: Augustinermuseum Freiburg, Inv.Nr. D 2875.

Heike Bömicke ist Landeskundebeauf - M 3 Freiburg im Breisgau um 1900, Photochrom - tragte des Kultusministeriums - druck. Württemberg und lehrt am Staatlichen Vorlage: Library of Congress, Prints and Photo - graphs Division, Photochrom Prints Collection, LC- Seminar für Didaktik und Lehrerbildung DIG-ppmsca-00298. (Berufliche Schulen) Freiburg.

Quellen für den Unterricht 57 Archivnachrichten 58 / 2019 57