Teil I: DIE Kirchen Der Panagia Und DES Erzengels Michael in Kakodiki
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TEIL I: DIE KIRCHEN DER PANAGIA UND DES ERZENGELS MICHAEL IN KAKODIKI 31 A. DIE KIRCHE DER PANAGIA IN KAKODIKI I. Forschungsstand und Fragestellung Die Kirche der Panagia befindet sich an einem Berghang am Rand des Dorfteils Beilitika der Ortschaft Kakodiki, in der Eparchie Selino des Nomos Chania (Karte 2). Das Alter des Gebäudes ist nicht bekannt, ihre Fresken sind durch die in der Stifterinschrift genannte „Erneuerung“ der Kirche auf 1331/2 datiert. Dabei wurde sie von Ioannes Pagomenos ausgemalt, dem nach Quantität und Qualität bestbelegten Maler Kretas. Da die Kirche das vorletzte signierte Werk von Ioannes Pagomenos ist, ist die Panagia-Kirche in Kakodi- ki relativ bekannt. Das Monument wurde jedoch bisher nicht monographisch behandelt. Die Kirche erscheint im topographischen Katalog G. Gerola’s von 1934/5 unter der Nr. 168, im Band II seines Monumentalwerks gibt Gerola die Stifterinschrift wieder und im Band IV erwähnt er die Stifterdar- stellungen.1 Kurze Erwähnung findet die Kirche bei K. Kalokyris in seinem Aufsatz über Ioannes Pagome- nos (1958), in dem er die Fresken unter den sicheren Pagomenos-Werken anführt und wenige Darstellungen nennt.2 In seiner Vorstellung der Kirchen der Eparchie Selino (1970) bespricht K.E. Lassithiotakis die Kirche unter den Kirchen von Kakodiki nicht, da er sie für eingestürzt hielt.3 Darüber hinaus wird die Kirche als eines der Pagomenos-Werke in vielen Publikationen und Beiträgen genannt, die sich mit dem Maler oder mit der Kunst Kretas beschäftigen.4 Die Stifterporträts der Kirche wurden von S. Maderakis im Rahmen seiner Arbeit über die kretischen Stifterporträts (1988) eingehender untersucht.5 Als erste hat sich A. Sucrow im Rahmen ihrer 1994 erschienenen Monographie über Ioannes Pagomenos ausführlicher mit dem Monument beschäftigt. Sie gibt die Stifterinschrift mit deutscher Übersetzung und mit einem kurzen Kommentar wie- der; ferner beschreibt sie die Architektur des Baus, bespricht das Bildprogramm und detailliert den Stil der Fresken und bietet einen Plan mit der Verteilung der erhaltenen Malereien auf die Fläche, der allerdings eini- ge Fehler enthält.6 Die Kirche wurde auch von I. Spatharakis in sein Corpus der datierten Wandmalereien Kretas (2001) aufgenommen.7 Dort werden eine Beschreibung des Bildprogramms und eine freie Wiederga- be der Stifterinschrift geboten wie auch Bemerkungen zu den außergewöhnlichen Darstellungen des Aus- stattungsprogramms. Zuletzt befasst sich A. Lymberopoulou im Rahmen ihrer Monographie über die Kirche des Erzengels Michael in Kavalariana (1327/8) mit der Panagia-Kirche in Kakodiki.8 Diese Arbeit enthält eine weitere Transkription der Stifterinschrift mit englischer Übersetzung und einem Kommentar, und ver- gleichende Bemerkungen zum Stil und bisweilen der Ikonographie der Malereien. In sehr seltenen Fällen findet die Kirche Erwähnung in allgemeineren Darstellungen der byzantinischen Kunst.9 Wie bereits erwähnt, fehlt eine monographische Behandlung der Kirche und ihrer Fresken. Während die Inschrift mehrmals publiziert wurde, fehlt ein eingehender Kommentar ihres Inhalts, und im Gegensatz zur stilistischen gibt es noch keine ikonographische Untersuchung der Wandmalereien. Die kunsthistorische Ein- 1 Gerola/Lassithiotakis, Elenco, Nr. 168; Gerola, Monumenti Veneti, II, 308, 330–31 (Stifterporträts); IV, 462–463, Nr. 41 (Stifter inschrift). In der griechischen Übersetzung des Katalogs von Gerola gibt Lassithiotakis irrtümlicherweise in einer Anmerkung an, dass die Kirche eingestürzt sei. 2 Kalokyris, Pagomenos, 351, 354–355. 3 Lassithiotakis, Selino, 189. 4 Antourakis, Tendenzen, 37–38; Gallas/Wessel/Borboudakis, Byzantinisches Kreta, 105–106; Borboudakis, Kreta, 573, 576–77; P. PIOMPINOS, Έλληνες αγιογράφοι μέχρι το 1821, Athen 1984, 305; Bissinger, Kreta, 99, Nr. 56. 5 Maderakis, Stifter, 44, 45, Abb. 5. 6 Sucrow, Pagomenos, 28–30, 37, 82–83, Plan 6, Abb. 94–105. 7 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 82–84, Abb. 72–73 mit Literatur. 8 Lymberopoulou, Kavalariana, 132, 145–146, 154–155, 165, 166–167, 177–178 und passim, Abb. 122–132. 9 Velmans, Peinture, 190. 33 Vasiliki TSAMAKDA ordnung der Malereien hängt ferner mit dem übrigen Werk des Ioannes Pagomenos zusammen, über dessen Umfang bislang große Verwirrung herrscht (vgl. Anhang).10 Außer der Panagia in Kakodiki erwähnen die folgenden Kirchen den Namen Ioannes Pagomenos in der jeweiligen Stifterinschrift: Hagios Georgios in Komitades (Sfakia, 1313/4),11 Hagios Nikolaos in Moni (Seli- no, 1315),12 Panagia in Alikampos (Apokoronas, 1315/6),13 Hagios Georgios in Anydroi (Selino, 1323),14 Hagios Nikolaos in Maza (Apokoronas, 1325/6).15 Die Stifterinschrift der Kirche des Erzengels Michael in Kavalariana (Selino, 1327/8),16 die als Werk des Pagomenos gilt, gibt nur Ioannes und danach ω an. Schließ- lich findet sich der Name des Malers zusammen mit dem Namen des Malers Nikolaos, eines Mitarbeiters der Werkstatt des Ioannes Pagomenos, in der nicht vollständig publizierten Stifterinschrift des Hagios Georgios in Prodromi (Selino, 1337/8).17 Obwohl Maderakis18 diese Inschrift in seinen Arbeiten erwähnt, wurde dies in der bisherigen Forschung nicht berücksichtigt bzw. kontrolliert, so dass bislang die Panagia-Kirche in Kakodiki als das letzte datierte und signierte Werk des Pagomenos angesehen wird.19 Sieben Kirchen sind also mit Sicherheit von Ioannes Pagomenos und seiner Werkstatt ausgeführt worden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Kirchen, die sehr enge Beziehungen zu den signierten Kirchen aufweisen und in der Literatur kontrovers diskutiert werden. Mit dem Bestand der Kirchen aus der Hand von Ioannes Pagomenos beschäftigte sich zuerst K. Kaloky- ris, der als sichere Werke die oben genannten, außer der Georgskirche in Prodromi, anführt und zudem auch die Erzengelkirche in Kavalariana und die Panagia-Kirche in Prodromi (Selino), die laut Stifterinschrift von einem Ioakeim 1347 ausgemalt wurde, dazu zählt.20 Als mögliche Pagomenos-Werke nennt er die Johannes- kirche in Trachiniakos (Selino, 1328/9), die Kirche des Hagios Panteleimon in Prodromi (Selino) und die Panagia in Kadros (Selino).21 In ihrer Arbeit über die Werkstatt des Pagomenos zählt Sucrow22 alle signierten Kirchen, außer der Georgskirche in Prodromi, zu den sicheren Pagomenos-Werken, wie auch die Erzengel- kirche in Kavalariana (1327/8). Die Arbeit von Sucrow behandelt die Architektur, die Inschriften, das Bild- programm und den Stil der von Pagomenos signierten Werke. Ferner erkennt Sucrow eine zweite Werkstatt um die Panagia-Kirche in Prodromi (1347), von der auch die Konstantinskirche in Voutas und die Johanneskirche in Asphentiles, beide in Selino, ausgeführt wur- den.23 Die Hagia Paraskevi in Anisaraki und die Panagia in Kadros wurden ihrer Meinung nach von Nach- folgern von Pagomenos ausgeführt,24 während die Johanneskirche in Trachiniakos (1328/9) enge Parallelen zum Werk des Pagomenos aufweist, aber nicht zu seinem Werk gehöre.25 Diese Freskenprogramme werden ausschließlich in stilistischer Hinsicht mit dem Werk des Pagomenos verglichen. 10 Vgl. Tsamakda, Trachiniakos, 129–133. 11 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 33–35, Abb. 26–27. 12 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 40–43. Nur die fast vollständig zerstörten Malereien des Narthex wurden von Ioannes Pago- menos ausgeführt. 13 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 48–50, Abb. 37–39. 14 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 63–66, Abb. 57–58. 15 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 70–72, Abb. 60–62. 16 Spatharakis, Dated Wall Paintings, 73–75, Abb. 63–65; Lymberopoulou, Kavalariana. 17 Gerola, Monumenti Veneti, IV, 447, Nr. 20 gibt nur den linken Teil und teilweise den rechten Teil der über der Eingangstür angebrachten Stifterinschrift wieder. Nach δεηὰ χηρὸς ἐμοῦ ἁμαρτολοῦ ist Ἰω(άννου) τοῦ Παγωμένου κὲ Νικολάου ἐν ἒτι ςωμε… zu ergänzen. Gerola gibt irrtümlicherweise an, dass die Kirche Johannes gewidmet war. 18 Maderakis, Pagomenos, 36; Maderakis, Lakonia, 53; Maderakis, Deesis B, Abb. 41 (Detail aus der Anastasis) bietet die einzige bisher publizierte Darstellung dieser Kirche. 19 Ich hatte selbst noch keine Möglichkeit, die Angaben Gerolas und Maderakis zu überprüfen und erwähnte die Kirche deshalb nicht unter den signierten Pagomenos-Kirchen; siehe Tsamakda, Trachiniakos, 131. S. Maderakis überlies mir freundlicherwei- se Abbildungen der Stifterinschrift, die tatsächlich den Namen des Ioannes Pagomenos nennt. 20 Kalokyris, Pagomenos, 351–355. 21 Kalokyris, Pagomenos, 355–357. 22 Sucrow, Pagomenos, 12–133. 23 Sucrow, Pagomenos, 138–144. 24 Sucrow, Pagomenos, 134–138. 25 Sucrow, Pagomenos, 145–146. 34 Die Kirche der Panagia in Kakodiki In seiner stilistischen Untersuchung der kretischen Kirchen schreibt M. Bissinger auch die Erzengelkir- che in Kavalariana dem Ioannes Pagomenos zu und nennt sie in einem Zug mit den signierten Werken.26 Die Hagia Paraskevi in Anisaraki und die Panagia in Kadros (beide in Selino) zählt er zu Werken im Umkreis des Pagomenos, während er für die Erzengelkirche in Sarakina (Selino), die Johanneskirche in Asphentiles (Selino), die Konstantinskirche in Voutas (Selino), die Kirche des Elias in Trachiniakos (Selino) und die Kir- che des Erzengels Michael in Vathi (Kissamos) einen Werkstattzusammenhang mit der von Ioakeim ausge- malten Kirche in Prodromi (1347) annimmt.27 Als einzige lehnt A. Lymberopoulou in ihrer vor kurzem erschienenen Monographie zur Kirche des Erz- engels Michael in Kavalariana (1327/8) die bis dahin als sicher geltende Zuschreibung der Fresken an Pago- menos ab. In dieser Arbeit werden die Fresken stilistisch mit denen der Panagia-Kirche