Árbediehtu – Traditionelles Wissen Samische Kultur als Eigentum: Eine diskurs- analytische Betrachtung Juliane Luttmann CP101 Concepts and Institutions in Cultural Property 3/2012 A Working Paper of the Göttingen Interdisciplinary Research Unit on Cultural Property

DFG Forschergruppe Cultural Property Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemein- Georg-August-Universität Göttingen schaft (DFG). Heinrich-Düker-Weg 14 This work is licensed under the Creative Commons Li- 37073 Göttingen cense 3.0 “by-nd”, allowing you to download, distribute TEL +49 (551) 39-29459 and print the document in a few copies for private or FAX +49 (551) 39-21241 educational use, given that the document stays un- changed and the creator is mentioned. EMAIL [email protected] WEB http://www..cultural-property.org/ ISSN 2191-7051

CULTURAL PROPERTY ! DFG RESEARCH GROUP Juliane Luttmann ([email protected]) Árbediehtu – Traditionelles Wissen. Samische Kultur als Eigentum: Eine diskursanalytische Betrachtung.

1 EINLEITUNG 1.1 Fragestellung und Forschungsgegenstand Begeben wir uns in der Rolle des Touristen1 auf eine kurze Reise ins “Create your own culture. Stop Jahr 2009: ist März, in Helsinki liegt an einigen Stellen noch messing with Sámi'.” Schnee, während der Schneematsch der viel genutzten Straßen und Gehwege die Nässe durch unsere nicht-wetterfesten Schuhe dringen lässt. Wir schlendern von der Esplanade über das Kopfsteinpaster der Soankatu – bzw. Soegatan, denn an einer der Häuserwände hängt ein dreisprachiges Straßenschild (schwedisch, nnisch und russisch) – Richtung Domkirche. Die Soankatu dürfte eine der häuger von Tou- risten frequentierten Straßen der nnischen Hauptstadt sein, da sie als eine der ältesten Straßen Helsinkis augezeichnet ist und zwei weitere touristische Ziele der Stadt verbindet. Eingerahmt durch die Straßen- ucht zeichnet sich die Domkirche mit der verschneiten Treppe heute weiß gegenüber den gelbgestrichenen Häusern am Ende der Soanka- tu ab. Während uns linkerhand, in der Soankatu 4, das Stadtmuseum ■ Juliane Luttmann studierte kostenlosen Eintritt gewährt, fällt unser Blick auf rekonstruierte und von 2004–2012 am Institut für originäre Details der Museumsstraße. Kulturanthropologie/Europäi- Doch etwas stört unseren Blick. Er wird durch ein Ensemble ange- sche Ethnologie und am Seminar zogen, das vor einem kleinen Souvenirladen steht. Souvenirladen und für Finnisch-Ugrische Philologie Ensemble stören wiederum unseren Eindruck, wir würden uns in einer der Georg-August-Universität authentisch nnischen Straße zu Beginn des 20. Jahrhunderts be- Göttingen. Das vorliegende den. Vor der gelben Wand des Lädchens, unter einem Fenster mit Working Paper wurde im Som- Matrjoshkas und anderen Püppchen, steht ein ausgestopftes Rentier, mersemester 2012 von der Philo- den stumpfen Blick Richtung Senatsplatz und Domkirche gewandt. Das sophischen Fakultät als Magis- Fell sieht borstig aus. Das Tier wird durch einen illustrierten Jägerzaun terarbeit angenommen.

1 INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung ...... 1 1.1 Fragestellung und Forschungsgegenstand ...... 1 1.2 Aufbau des Papers ...... 3 1.3 Forschungsstand ...... 4

2 Methodische Grundlagen ...... 6 2.1 Der Diskurs: Von der Foucaultschen Werkzeugkiste zur Methode ...... 6 2.2 Diskurstheorien ...... 7 2.3 Diskursanalyse als empirische Methode ...... 8 2.4 Analyseschritte ...... 9 2.5 Methodenreexion ...... 10

3 Kulturelles Eigentum und Kulturerbe ...... 12 3.1 Kultur als Eigentum ...... 13 3.2 Inwertsetzung von Kultur ...... 15 3.3 Cultural Heritage und Cultural Property ...... 16

4 Kontextualisierung ...... 19 4.1 Identitäten: Auf der Suche nach Denitionen ...... 19 4.2 Repräsentationen: „Die Sámi“ ...... 21 4.3 Politiken: Geschichtliche Situation und heutige Kulturpolitik ...... 24

5 Árbediehtu – Traditionelles Wissen. Der Kultureigentumsdiskurs und die Konstituierung von Cultural Property ...... 25 5.1 Eigentum an samischer Kultur – Der Diskurs ...... 26 5.2 Diskursstrang 1: Exklusives Eigentum an samischer Kultur? ...... 28 5.3 Diskursstrang 2: Kulturtechniken: Sammeln, Bewahren und Schützen ...... 35 5.4 Diskursstrang 3: Samisches traditionelles Wissen als indigene Expertise ...... 39 5.5 Akteure, Positionen, Strategien ...... 40

6 Fazit ...... 42 eingerahmt, auf dem ein mit Acryl gemaltes Ei- roten, serifenlosen Lettern lesen wir dort „Please chhörnchen sitzt. Vor dem Zaun sind vier Nadel- do not touch“. bäume und eine Wiese durch die Farbführung plas- Warum nutze ich diese Beobachtung, um in die tisch hervorgehoben. Das Hinterteil des Rentiers Thematik dieses Papers einzuführen? Und wie verdeckt ein Trio aus Sperrholz: In eine blaue Sa- hängt sie mit dem Zitat zusammen, das das Kapitel 2 mentracht (Gákti) und eine sogenannte Vierwin- erönet? demütze gekleidet, entblößt die Figur auf der rech- Die Grundannahme dieses Papers ist, dass sich ten Seite breit lächelnd die Zähne und hält in der zurzeit ein samisches Cultural Property, also die linken Hand ein Schild mit der Aufschrift „Welco- „commodication of culture as a form of property“ me“. Zu ihrer Linken steht eine weibliche Figur mit (Kasten 2004: 1), konstituiert. Ich versuche den Dis- langen blonden Haaren, weißer Bluse, grüner Wes- kurs, der die Regeln für diese Konstituierung setzt, te und blauweiß gestreiftem bodenlangen Rock. nachzuvollziehen. Die Soankatu ist ein Ort, an Zwischen den beiden Figuren sehen wir den Rich- dem Vieles von dem, was im Diskurs um Eigentum tung Esplanade weisenden Kopf eines weiteren, an Kultur zur Sprache kommt, vergegenständlicht allerdings hölzernen und eindimensionalen Ren- wird. Hier tritt in kondensierter, objektivierter tieres. Es trägt ein rotes Halsband mit der Auf- Form das auf, woran sich der Diskurs abarbeitet. schrift „Finnish Souvenirs“, während der Hals des ausgestopften Rentier von einem Band geziert Zunächst gehen wir durch eine Straße, die uns wird, das an die samische Webkunst erinnert. An suggerieren könnte, das „Prädikat 'Heritage'“ (Ben- der Flanke des ausgestopften Tieres ist mit Klebe- dix et al. 2007) zu tragen oder zumindest Denk- band ein kleiner, rechteckiger Zettel befestigt. In malstatus zu besitzen. Doch: „Kulturerbe ist nicht – es wird gemacht“ (ebd.: 8) und die „Heritage-i-

2 zierung“ (ebd.: 10) ist ein komplexer Prozess, den worden sei, die einerseits das Eigentum einer die Soankatu nicht durchlaufen hat. Was unsere Gruppe darstelle (their own culture) und anderer- Wahrnehmung der Historizität dieser Straße seits tatsächlich kommerziell genutzt wird (Brown schließlich stört, ist etwas, das uns durch einen 2003: 4). Neben ökonomischen Einwänden würden Anachronismus unvermittelt in die Postmoderne indigene Akteure vor allem von der Furcht getrie- zurückreißt. Uns wurde eine Authentizität imagi- ben, dass „elemental understandings are coming niert, die das Ensemble vor dem Souvenirladen under the control of others, so that native people infragestellt. Das ausgestopfte Rentier wirkt de- are no longer masters of their own traditions, their platziert; die Dekontextualisierung und Museali- own identities“ (ebd.: 5). sierung werden uns zudem durch die Eigentums- „Create your own culture. Stop messing with marker (Zaun, Aufkleber), die die Distanz zum Bet- Sámi's“ ist an die nnische Tourismusindustrie ge- rachter betonen, bewusst gemacht. richtet, die in einigen der von mir analysierten Helsinki liegt nicht im Kerngebiet Sápmis3, nicht Quellen als nebulöser Antagonist auftritt, der sa- einmal in dessen Peripherie. Für die Touristen, die mische Kultur kommerzialisiert und vermarktet: im März 2009 durch die Soankatu gingen, wurde „We have long lived in the belief that in our samische Kultur an dieser Stelle lediglich vor und earlier spiritual culture, outsiders would in dem Souvenirlädchen als „Finnish Souvenir“ probably not nd anything that could be sichtbar. transformed into a marketable product. We Warum werden als samisch assoziierte kulturel- suddenly awoke from our dreams when we le Symbole unter dem Label nnischer Andenken saw in what way the Finnish tourist industry genutzt? Was bedeutet dies für die Repräsentation was marketing the country's northernmost einer ethnischen Minderheit und das Machtgefüge area, Sápmi, how they presented and actu- zwischen Minderheit und Mehrheit? Ist die Dekon- ally sold the country's indigenous people for textualisierung samischer kultureller Embleme in adventure-hungry tourists“ (Solbakk 2007: 7). diesem Beispiel als kulturelle Aneignung (Cultural Vor allem dass samisch inspirierte Kleidung dem Appropriation) zu deuten? Wieso ist die Umnutzung Markt zugeführt wird, führt seit einigen Jahren kultureller Elemente in dem einen Fall legitim, immer wieder zu medial vermittelten Kontrover- während sie in anderen Beispielen als „misappro- sen. Die Spannungen führten einerseits dazu, dass priation“ oder „Diebstahl“ bezeichnet wird? Wie auf transnationaler Ebene Schutz- und Kontroll- kommt es zu einer Konstituierung eines Eigentums mechanismen für Eigentumsrechte an Kultur ge- an Kultur? Was ist Cultural Property? Wie wird ein schaen wurden. Andererseits wird derzeit auf na- Eigentum an (samischer) Kultur diskursiv verhan- tionaler bzw. pansamischer Ebene politisch, wis- delt? Konstituiert sich ein samisches Cultural Pro- senschaftlich und medial ausgehandelt, wie es sich perty über die Inwertsetzung von Objekten? Oder am besten mit kultureller Aneignung und Kommo- über die Machtverhältnisse, die durch den Diskurs dizierung von Kultur umgehen lässt. Im Laufe des konstant auszubalancieren versucht werden? Forschungsprozesses bildete sich die Erkenntnis Das ausgehende 20. und beginnende 21. Jahr- heraus, dass die Rhetoriken pansamisch agierender hundert, in dem kulturelle Elemente als Ausdruck Akteure sowohl in lokale als auch nationale und der Abgrenzung zwischen Individuen und Gruppen globale Diskurse eingebunden sind. ein umkämpftes Terrain sind, bilden die Kulisse für Der Hauptfokus dieses Papers liegt auf dem Ein- diesen Diskurs. Forderungen durch (indigene) Ak- uss globaler und transnationaler Diskurse auf den teure nach kulturellen Rechten verweisen darauf, samischen Cultural Property-Diskurs. Zudem werde dass Kultur aneigbar, ausbeutbar und besitzbar ist. ich der Frage nachgehen, ob und wie Machtver- Ein Zitat Linda Tuhiwai Smith' macht deutlich, wel- hältnisse durch Diskurse zu Forderungen eines ches Spannungsfeld die Dekontextualisierung und (exklusiven) Eigentums an samischer Kultur, Stra- Kommodizierung indigener Kultur erzeugt: tegien der Revitalisierung und Bewahrung sami- „It appals us that the West can desire, extract schen traditionellen Wissens und der Dekoloniali- and claim ownership of our ways of know- sierung der Wissenschaft hinterfragt, umgekehrt ing, our imagery, the things we create and oder bestätigt werden. produce, and then simultaneously reject the people who created and developed those ideas and seek to deny them further oppor- 1.2 Aufbau des Papers tunities to be creators of their own culture Im Zusammenhang mit der Forderung eines kol- and own nations“ (Smith 1999: 1). lektiven Eigentumsrechts an Kultur (nachfolgend unter dem Begri Cultural Property gefasst) über- Der Anthropologe Michael . Brown betont, dass nehmen soziale Akteure die Rhetoriken und teil- Kultur im öentlichen Diskurs zur Ressource ge- 3 weise auch Performanzen internationaler Organi- Ich gehe davon aus, dass die vorhandenen Kon- sationen (Noyes 2010, Groth 2010a, 2010b), um ihr struktionen „samischer Wirklichkeiten“ vielfältiger Handeln zu legitimieren, Identitäten zu stabilisie- sind als die von mir rezipierten und wiedergegebe- ren (Åhrén 2010a) oder dominante Diskurse zu kri- nen Repräsentationen und Denitionen es herge- tisieren (Smith 2006). Dabei können sie auf unter- ben. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass ich mit der schiedlichste lokale, nationale und globale Res- Auswahl und Auswertung der Literatur wiederum sourcen und Netzwerke zurückgreifen (Minde ein Bild „samischer Wirklichkeit“ (re)konstruiere. 1996) und bewegen sich innerhalb institutionali- Um dies zumindest stückweise aufzubrechen, nut- sierter Strukturen. Stein . Mathisen geht davon ze ich in diesem und anderen Kapiteln sowohl Se- aus, dass sie aufgrund der historisch bedingten kundärliteratur von Sámi als auch von Nicht-Sámi. Machtstrukturen zwischen ethnischer Minorität In Kapitel 4.1 und 4.2 stelle ich die Frage, wie histo- und Majorität mit der Stimme der Mehrheitsgesell- rische und gegenwärtige Fremdbeschreibungen schaft sprechen müssten, um gehört zu werden und Selbstzuschreibungen die Empndung einer (Mathisen 2004: 29). „samischen Homogenität“ geformt haben und for- Dieses Paper eruiert die Regeln und Sinnsyste- men können. Im samischen Cultural Property-Dis- me, die die textuellen und performativen Hand- kurs wird häu die samische Gemeinschaft betont, lungen der Akteure im Bezug auf Eigentumsrechte die im Gegensatz zu Nicht-Sámi steht. Zudem ha- an Kultur bestimmen. Hierzu nutze ich die Metho- ben Fremd- und Selbstkonzepte Einuss auf die den der Diskursanalyse, deren theoretische Kon- Darstellung von samischer Kultur, Tradition und zeptionen und praktische Ansätze ich in Kapitel 2 Folklore. Kapitel 4.3 setzt sich skizzenhaft mit dem referieren werde. Als Orientierungspunkt für die geschichtlichen und politischen Hintergrund seit hermeneutische Analyse von Medienberichten und Beginn des 20. Jahrhunderts auseinander, der zur anderen Quellen zum Thema „Eigentum an sami- Entstehung des samischen Cultural Property-Dis- scher Kultur“ dient Siegfried Jägers Modell der Kri- kurses geführt hat. tischen Diskursanalyse, die ich im Kontext ihrer Anschließend werde ich anhand exemplarischer diskurstheoretischen Fundierung vorstellen und Text-, Bild- und audiovisueller Quellen herausar- als empirische Methode verorten werde. Schließ- beiten, wie die Konzepte des kulturellen Eigen- lich wird die darauf aufbauende, modizierte me- tums und des Kulturerbes in den Rhetoriken und thodische Vorgehensweise im Anschluss vorgestellt Narrativen samischer wie nicht-samischer Akteure und reektiert. zutage treten bzw. inwiefern sie ihre Praxen und In Kapitel 3 führe ich in das Themenfeld Eigen- Denkmuster bestimmen. Hiermit möchte ich nach- tum und Kultur ein und stelle die Konzepte der vollziehbar machen, innerhalb welcher Diskurse Institutionen UNESCO, CBD und WIPO vor. Ihre Im- sie sich bewegen. Ich stelle die These auf, dass sich plikationen für nationale und lokale Praktiken in der Cultural Property-Diskurs vor allem auf die An- Norwegen, Schweden und Finnland wirken sich nahme ungleicher Machtverteilung auf unter- (z.. durch Forschungsaufträge und andere Geld- schiedlichen Ebenen stützt. Dies kommt meines mittel) direkt und indirekt auf das Handeln sami- Erachtens in zahlreichen Dichotomisierungen zum scher Akteure aus (und vice versa), das in Kapitel 4 Ausdruck. in den Kontext historischer und aktueller Reprä- sentationen eingebettet wird. 1.3 Forschungsstand Kapitel 4 setzt sich sowohl synchron als auch Sowohl international als auch im deutschsprachi- diachron deskriptiv mit dem diskursiven Kontext gen Raum hat sich in den letzten Jahren eine mul- auseinander. Diese Kontextualisierung kann und tidisziplinäre Cultural Property-Forschung heraus- will kein vollständiges oder holistisches Bild ver- gebildet, die das Konzept eines Eigentums an Kul- mitteln, sondern lediglich einge Aspekte anschnei- tur je nach disziplinärer Einbettung unter unter- den, die Einuss auf den samischen Cultural Pro- schiedlichen Gesichtspunkten beleuchtet. Für die- perty-Diskurs hatten und haben. Die Wissenschaft- ses Paper sind dabei vor allem kultur- und sozi- lerin Jelena Porsanger schrieb 2010: alanthropologische Forschungen zu Erbe und Ei- „Most of the outsider anthro-pologists [sic!] gentum an Kultur relevant. Als wegweisend für die will certainly argue that they know our cul- Cultural Property-Forschung können unter ande- ture in detail and understand our internal rem die Arbeiten folgender Forschender angese- diversity; there is nothing new or too ad- hen werden: In zahlreichen Artikeln und in ihrem vanced for them in our explanations“ (Por- Buch The Cultural Life of Intellectual Properties. sanger 2010: 437). Authorship, Appropriation, and the Law (1998) ver- knüpft Rosemary Coombe, die in beiden Diszipli-

4 nen verankert ist, die kulturwissenschaftliche mit gemacht werden, lässt sich der Cultural Property- der juristischen Sichtweise auf Geistiges Eigentum. Diskurs nachvollziehen. Narrative Praxen sami- Barbara Kirshenblatt-Gimblett widmet sich in ihren scher Akteure können Aufschluss über unter- Arbeiten dem Kulturerberegime und Kulturerbe schiedliche Forschungsgegenstände geben. Z.B. als „metacultural operation“ aus der Perspektive untersucht Lina Gaski mittels Diskursanalyse Zei- der Peformance Studies, während Laurajane Smith tungsinhalte der norwegischen Regionalzeitung (2006) Heritage als kulturellen Prozess und Diskurs Finnmarken und der samischen, auf norwegisch versteht. Seit Ende der 1990er setzt sich Michael F. erscheinenden Zeitung Ságat. Sie legt den Fokus Brown dezidiert mit dem Phänomen Cultural Pro- auf die Konstruktion einer nationalen Identität perty auseinander. In seinen Arbeiten liegt der Fo- durch narrative Praxen samischer Politiker. Stein R. kus vor allem auf dem Hintergrund von Eigentums- Mathisen wiederum analysiert Narrative zu sami- forderungen an indigener Kultur und der wissen- schen heiligen Steinen (sieidis), um Diskurse zur schaftlichen Auseinandersetzung mit diesem The- Heritage-izierung sichtbar zu machen. Er greift ma. Der Titel seiner 2003 erschienenen Monogra- dabei auf texthafte Repräsentationen zu Beginn phie Who Owns Native Culture? wurde zu einer viel des 20. Jahrhunderts (z.B. Folkloresammlungen, zitierten Frage. Im Rahmen der Sibirien Projekt- Ethnographien, Berichte von Missionaren) und gruppe am Max Planck Institut für Sozialanthropo- zeitgenössische Quellen (Dokumente) zurück. Wie logie in Halle erschien 2004 zudem der Sammel- Gaski kommt auch Mathisen zu dem Schluss, dass band Properties of Culture – Culture as Property. soziale Akteure, obwohl sie in spezische Diskurse Pathways to Reform in Post-Soviet Siberia. Die Arti- eingebunden sind, bestimmte Strategien nutzen – kel setzen sich mit der Kommodizierung von Kul- in diesem Fall „to represent and reproduce herita- tur und kulturellen Eigentumsansprüche durch ge in various projects designated for specic purpo- Indigene auseinander. 2006 erschien der Artikel ses“ (Mathisen 2009: 23). Davon ausgehend, dass The Judgement of Solomon: Global Protections for Touristen vor allem durch visualisierte Repräsenta- Tradition and the Problem of Community Owner- tionen mit einem Bild samischer Kultur in Berüh- ship, in dem sich die Folkloristin Dorothee Noyes rung kommen, analysiert Kjell Olsen in seinem der Debatte über eine Fallstudie nähert. Am Bei- Artikel The Touristic Construction of the 'Emblema- spiel des Patumfestivals von Berga verweist Noyes tic' Sámi Darstellungen in Broschüren und durch auf die Probleme, die entstehen können, wenn Souvenirstände entlang der Hauptstraßen in der transnationale Instrumente auf lokaler Ebene wir- nordnorwegischen Finnmark. Abseits von Touris- ken und in lokalen Politiken implementiert wer- tenattraktionen und Souvenirlädchen bleiben sa- den. mische Kultur und Sápmi für Außenstehende un- Die Konstituierung eines samischen Kulturerbes sichtbar. Olsen geht davon aus, dass der Tourismus bzw. eines Eigentums an samischer Kultur wurde als „common way of consumption“ dazu beitrage, bereits aus verschiedenen methodischen und theo- dass das Ethnische ein Gegenkonzept zum Mode- retischen Herangehensweisen beleuchtet. In ihrer rnen werde. „As counterconcepts, the ethnic and Dissertation Managing Laponia arbeitet Carina indigenous rely heavily on the cultural representa- Green heraus, inwiefern die Heritage-izierung tion of signs adapted by tourism“ (Olsen 2004: 301). Laponias als Arena für den samischen ethnopoliti- Dadurch werde samische Kultur zu einem Objekt, schen Kampf für Autonomie und Selbstregierung das bewahrt und vor der Moderne geschützt wer- gelten kann. Green analysiert die Machtverhältnis- den müsse (ebd.). Sie werden zu „ethnic markers“, se zwischen samischen und nicht-samischen Akteu- durch die die Zugehörigkeit zu einer Ethnie ausge- ren während des Aushandlungsprozesses. Obwohl drückt wird (Thuen 2004a: 88). Trond Thuen geht auch die handelnden Akteure in den von mir ana- davon aus, dass diese „ethnic markers“ in einem lysierten Quellen mit den Begrien norw. kultur- Prozess der symbolischen Manipulation durch Au- arv 'Kulturerbe' und Cultural Heritage operieren, ßenstehende angeeignet, für kommerzielle Zwecke sind Kulturerbepraxen nicht das Thema dieses Pa- ausgebeutet oder dazu genutzt werden können, pers. Die Begri sind in diesem Kontext als Syno- Andere zu karrikieren (ebd.). In seinem Artikel Cul- nyme zu der von mir verwendeten Bezeichnung ture as Property? Some Saami Dilemmas setzt sich Cultural Property zu verstehen. Dieses Paper setzt Thuen metaphorisch mit dem Konzept eines Cultu- sich nicht mit konkreten Weltkulturerbestätten ral Property aus Sicht der Sámi auseinander. Ob- auseinander, sondern betrachtet den Aushand- wohl sich die Art der Aussagen innerhalb des Cultu- lungs- und Konstituierungsprozess eines Eigen- ral Property-Diskurses in Norwegen, Schweden und tums an samischer Kultur aus diskursanalytischer Finnland seit Thuens Artikel nicht großartig verän- Perspektive. Durch die Aussagen samischer Akteu- dert haben, so lässt sich in den letzten Jahren doch re, die durch direkte und indirekte Zitation in News eine Häufung dieser Aussagen erkennen. Ich wid- Stories, durch Artikel und Dokumente zugänglich me mich in diesem Paper dem „sicht- und spürba-

5 re(n) Anstieg kultureller Wertschöpfungsprozesse len Debatte“ verwendet (Keller 2007: 13). Im heuti- und deren ökonomische(r) Relevanz“ (Bendix 2009: gen akademischen Gebrauch ist die Denition des 5) am Beispiel des samischen Cultural Property-Dis- Begris weniger eindeutig, wie der Soziologe Rei- kurses. Es entsteht zurzeit eine samische wissen- ner Keller in seiner Beschreibung der „wissen- schaftliche und politische Expertise, die sich inten- schaftlichen Karriere des Diskursbegris“ deutlich siv mit dem Themenkomplex Cultural Property macht (Keller 2007: 13-19, vgl. auch Mills 1997: 6). auseinandersetzt. Ich möchte den Fokus vor allem Aufbauend auf die Überlegungen des Struktur- auf deren diskursive Strategien richten. Aus indi- alismus und Poststrukturalismus entstand zu- gener Perspektive beschäftigt sich z.B. der Völker- nächst in Frankreich eine wissenschaftliche Ausei- rechtler Mattias Åhrén in seiner 2010 erschienenen nandersetzung mit Diskursen, die Sprache als ein Dissertation The Saami Traditional Dress & Beauty System begreift. In Folge der Arbeiten Michel Pageants: Indigenous Peoples' Rights of Ownership Foucaults bildeten sich ganz unterschiedliche Dis- and Selfdetermination over Their Cultures mit der kursdenitionen, -theorien und -methoden he- kulturellen Aneignung samischer Kleidung. Seine raus. Am fruchtbarsten für den Ansatz dieses Pa- Argumentation folgt dem Aufbau, den Brown für pers ist vielleicht die Denition Kellers selbst, der Artikel, die sich aus der Rechtsperspektive mit Cul- Diskurse als „Versuche … Bedeutungszuschreibun- tural Property auseinandersetzen, herausgearbei- gen und Sinn-Ordnungen zumindest auf Zeit zu tet hat (Brown 2005: 44 f.): In den vergangenen stabilisieren und dadurch eine kollektiv verbindli- Jahren sind mehrere nnische Kandidatinnen bei che Wissensordnung in einem sozialen Ensemble den internationalen Misswahlen in samischer Klei- zu institutionalisieren“ beschreibt (Keller 2007: 7). dung aufgetreten. Åhrén leitet seine Arbeit mit Diese Versuche werden in der zwischenmenschli- diesem Fallbeispiel ein, um die negativen Folgen chen Kommunikation durch unterschiedliche der Kommodizierung und Dekontextualisierung Techniken der Diskursproduktion sichtbar. Dabei samischer Kultur aufzuzeigen. Danach setzt er sich ist zwischen einmaligen, mitunter zufällig gemach- damit auseinander, “to what extent international ten, Äußerungen und sich wiederholenden und law awards indigenous peoples the right to own dadurch den Diskurs formenden Aussagen zu un- and/or determine over their respective distinct col- terscheiden, die sowohl textförmig (schriftlich und lective creativity“ (Åhrén 2010a: 7) und analysiert, mündlich) als auch audiovisuell (Bilder, Videos, welche Schutzmechanismen andere Rechtsinstru- Tonaufnahmen usw.) oder symbolisch (durch mente (z.B. das Recht auf Selbstbestimmung, kol- Handlungen) gemacht werden können. Mit den lektive Menschenrechte, indigene Rechte) und die Worten des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link Instrumente transnationaler Organisationen bie- stellt ein Diskurs „'ein institutionalisiertes Spezial- ten können. Dieses Paper wird sich dem Thema aus wissen, einschließlich der entsprechenden rituali- kulturwissenschaftlicher Perspektive nähern. Da- sierten Redeformen, Handlungsweise und Machtef- bei wird der Fokus nicht auf die Rechtsinstrumente fekte'“ (Link 1988: 48, zit. n. Keller 2007: 31, Her- gerichtet, die Indigenen zur Verfügung stehen, um vorhebungen im Original) bzw. mit anderen Wor- Rechte an Kultur einzufordern, sondern auf lokale, ten „'eine institutionell verfestigte redeweise, inso- nationale wie globale Diskurse zu Eigentum an fern eine solche redeweise schon handeln be- Kultur. Es werden Fallbeispiele aus den samischen stimmt und verfestigt und also auch schon macht Medien betrachtet, in denen das Tragen nicht „au- ausübt und verfestigt.' [sic!]“ (Link 1983: 60, zit. n. thentischer“ bzw. „kopierter“ samischer Kleidung Jäger und Jäger 2007: 19) dar. in interkulturellen Situationen zu Konikten ge- Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Diskur- führt hat. Zudem greife ich auf Dokumente und se eine Analysekategorie darstellen. Sie werden (wissenschaftliche) Publikationen zurück. aus thematisch einheitlichen Handlungs-, „Denk- und Argumentationssysteme(n)“ (Hartmann 1991:20) erschlossen. Diese sind innerhalb eines 2 METHODISCHE GRUNDLAGEN kommunikativen Rahmens (ebd.: 21) bestimmten Regeln und Verknappungsmechanismen unterwor- 2.1 Der Diskurs: Von der Foucaultschen Werk- fen, institutionalisiert und vermachtet (u.a. Jäger zeugkiste zur Methode und Jäger 2007). Dadurch konstituieren und kon- Der Begri Diskurs bezeichnet im Deutschen im struieren sie Bedeutung und Sinn (Keller 2007). einfachen Wortsinn zunächst eine „Abhandlung, Diskurse können miteinander verschränkt sein Unterhaltung, Erklärung“ und stellt eine Entleh- (und sind dies auch meistens), sich thematisch nung aus dem Lateinischen („Erörterung, Mittei- durchdringen oder aufeinander verweisen. Sie ge- 4 lung“) dar (Kluge 2002: 204), in der Umgangs- und ben Aufschluss über das zu einer bestimmten Zeit Mediensprache wird er oft zur Umschreibung eines Sagbare und im Umkehrschluss auch auf das, was „öentlich diskutierten Themas … in einer aktuel-

6 aus diversen Gründen nicht artikulierbar ist oder und bedingen diesen gleichermaßen (Mills 1997: 11, unartikuliert bleibt. Foucault 1981: 50). Für die Aufrechterhaltung von Diskursen sind dabei als Vermittlungsinstanzen die 2.2 Diskurstheorien 1991 von Hartmann im Zusammenhang mit einer volkskundlichen Diskursanalyse eingeführten Ka- Die eigentliche Rolle des Begründers der Dis- tegorien „Stimme der Institutionen“, „Stimme der 5 kurstheorie wird Michel Foucault zugeschrieben. Disziplinen“, Auassungen von „Vernunft“ und Er setzte die Diskurstheorie 1966 in seiner Schrift „Wahrheit“ sowie „Rituale und der Habitus des Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Hu- Sprechens und Schreibens“ (Hartmann 1991: 21) manwissenschaften zur Dekonstruktion der He- von besonderer Bedeutung. rausbildung der (Human-)Wissenschaften ein. Auch Durch und in diese(n) Kategorien wird Macht in Die Geburt der Klinik und in Wahnsinn und Gesell- zum Thema der Diskursanalyse (Hartmann 1991: schaft habe er seinen „Plan umrissen“ (Foucault 22). Macht ist nicht. Sie kommt als Machtbeziehung 1981: 27). 1969 lieferte er mit seiner Archäologie des in sozialen Interaktionen zum Ausdruck. In der Wissens schließlich ein methodologisches Werk Diskursproduktion werden Machtbeziehungen un- nach. In diesem wollte er unter anderem darlegen, ter anderem durch Verknappungsmechanismen „wie es möglich sei, dass Menschen innerhalb einer deutlich. Das Sprechen über einen Gegenstand ist diskursiven Praxis von verschiedenen Gegenstän- stark reglementiert. Die Analyse des Kultureigen- den sprechen, entgegengesetzte Meinungen ha- tumsdiskurses verlangt daher auch eine Betrach- ben, eine sich widersprechende Wahl treen“ und tung der sprachlichen und performativen Reprä- „worin die diskursiven Praktiken sich voneinander sentationen. Wer spricht in welchem Kontext wie unterscheiden“ (Foucault 1981: 285). Er habe dabei und nach welchen Regeln von einem Gegenstand? „die Positionen und Funktionen denieren wollen, Wie, nach welchen Regeln und in welchem Kontext die das Subjekt in der Verschiedenheit der Diskurse wird der Gegenstand (re)präsentiert? Und vor al- einnehmen konnte“ (ebd.). lem: Was bleibt ungesagt? Die von Jürgen Habermas in den 1980er Jahren Die theoretische Bestimmung eines Mediums ist entwickelte Diskursethik unterscheidet sich deut- die Vermittlung von Informationen. In der Praxis lich von der Diskurstheorie Foucaults. Sie ist weni- ist eine – im besten Fall angestrebte – Neutralität ger „Forschungsprogramm“, sondern rmiert unter jedoch nicht gegeben. Dies gilt im besonderen Ma- einem normativen Modell (Keller 2007: 18) oder ße für die Darstellung von Minderheiten in Mas- auch einer „optimistischen“ Perspektive auf Dis- senmedien sowie für Minderheitenmedien. Ob und kurse (Kaschuba 2003: 240). Weder Foucault noch wie Minderheiten im Mediendiskurs repräsentiert Habermas entwerfen dabei ein methodisches Ver- werden, trägt zu dem Konstrukt eines Fremd- und fahren, jeder scha vielmehr ein theoretisches Selbstbildes bei, das in einer Gesellschaft vor- Paradigma, dem sich im Nachhinein zahlreiche herrscht. Durch ethnische Repräsentationen kann Diskurstheorien anschlossen und immer noch an- sowohl ein positives (Vielfalt und Solidarität) als schließen. Foucault selbst bezeichnete seine Bü- auch ein negatives (Kontroversen und Ab-/Aus- cher als „kleine Werkzeugkisten“, denen man Sät- grenzung) Bild bestätigt und verstärkt werden (Pie- ze, Ideen oder Analysen entnehmen könne tikäinen 2003: 586). Daher ist es im Rahmen einer (Foucault 2003). Der Begri des Diskurses gilt also Diskursanalyse wichtig zu verstehen, auf welchen als „Analyseinstrument“ (Landwehr 2009: 20), das Ebenen Macht ausgeübt wird, und somit die Um- in den unterschiedlichen wissenschaftlichen Dis- stände der Diskursproduktion in die Analyse ein- ziplinen in modizierter Art und Weise genutzt zubeziehen. Dies bedeutet, die Rolle des Diskur- wird. sproduzierenden als sozial Handelnden zu hinter- Die Grundannahme jeder Diskurstheorie ist die, fragen. Kaschuba plädiert dafür, „das Treiben der dass soziale Wirklichkeit durch Sprache (im weiten Menschen an den Schreibtischen und den Schreib- Sinn) konstruiert wird (Landwehr 2009), wobei der geräten zu betrachten“ (Kaschuba 2003: 243). Ganz Sprecher oder die Sprecherin „als Mitglied einer im Sinne der Writing Culture-Debatte schließt dies Diskursgesellschaft“ (Hartmann 1991: 19) bestimm- die wissenschaftliche Diskursproduktion mit ein. ten Regeln unterworfen ist. Diese Wirklichkeit lässt Den von Hartmann erwähnten „Stimmen“ können sich somit durch die Analyse der „Formen und Re- sich weder Journalisten noch Kulturanthropologen geln öentlichen Denkens, Argumentierens und wiedersetzen. Neben den der Sprache als System begründungsnotwendigen Handelns als Grund- inhärenten Einschränkungen (Grammatik, Syntax prinzipien von Gesellschaftlichkeit“ (Kaschuba und Wortschatz), die nur ein eingschränktes Spiel 2003: 235), die im Diskurs zum Ausdruck kommen, mit der Sprache erlauben, müssen daher ebenso dekonstruieren. Diskurse sind folglich von dem die „instrumentellen und technischen Bedingun- sozialen Kontext abhängig, in dem sie stattnden

7 gen“, „Gesichtspunkte des Habituellen“, der „sozi- Die in dem vorliegenden Paper genutzte Me- ale Status, der zur Beteiligung am Diskurs ermäch- thode stützt sich auf Analysemodelle, die sich tigt“, „die gelebten Selbstbilder und die gesell- durch die Rezeption Foucaults ab den 1990er Jah- schaftlichen Repräsentationen“, die mit dem Status ren herausgebildet haben. Die kritische Sicht des oder der Diskursproduzierenden einhergehen Foucaults auf Diskurse war ein geeigneter Nährbo- (Kaschuba 2003: 243), beachtet werden. Die Ver- den für die ebenso kritischen Ansätze der Dis- knüpfungen von Medien und Macht arbeitet der kursanalyse, die unter den Namen Critical Discour- Soziologe Peter Imbusch heraus. Demnach verfü- se Analysis und Kritische Diskursanalyse rmieren. gen Medien über Macht, sie kontrollieren Macht, In diesem Paper wird die Kritische Diskursanalyse bieten ein Forum für Macht, sind Teil eines gesell- Siegfried Jägers als Auswertungsmethode genutzt schaftlichen Machtsystems und selbst vermachtete und dabei durch Überlegungen aus der kul- Organisationen (Imbusch 2007: 403). turanthropologischen Grounded Theory erweitert. Obwohl theoretisch eine Vielzahl unterschiedli- Die Fragestellung wird hier während des For- cher Diskurse möglich wäre, kann sich als domi- schungsprozesses in reektierter Weise dem For- nanter Diskurs (Smith 2006) schließlich derjenige schungsgegenstand angepasst, ohne dabei die Rol- durchsetzen, der durch „Unterstützung“ und „Re- le der Forschenden außer Acht zu lassen (Tauschek spekt“ (Mills 1997: 19) aufrecht erhalten wird. Die 2009: 42-44). So betont auch Keller, die Verortung Frage, die sich hier für den weiteren Verlauf dieses der Diskursanalyse in der Hermeneutik verlange Papers stellt, ist, auf welcher Ebene dieser domi- vom Forschenden eine reektierte und systemati- nante Diskurs zum Vorschein kommt. sche Textinterpretation (Keller 2006: 140). Dies ist für die in diesem Paper gewählte Methodik beson- ders wichtig, da – wie bereits erwähnt – auch die 2.3 Diskursanalyse als empirische Methode Forschende sich innerhalb institutionalisierter Dis- Die Rezeption diskurstheoretischer Arbeiten wie kurse bewegt und selbst bei einer reinen Textana- der Foucaults, und im deutschsprachigen Raum lyse nicht vor Beeinussungen durch Feld und Dis- teilweise auch Habermas', führte dazu, dass eine ziplin gefeit ist. Ursprünglich auf die Analyse von Vielzahl theoretischer und methodischer Ansätze auf nordischer Ebene hervorgebrachten Quellen- in den Fachgebieten der Linguistik (Siegfried Jäger, materialien beschränkt, hat sich im Laufe des For- Norman Fairclough, Ruth Wodak), Sozialwissen- schungsprozesses ergeben, dass für dieses Paper schaften (Reiner Keller), Geschichte (Achim Land- auch transnational produzierte oder ausgerichtete wehr) und Literaturwissenschaften (Jürgen Link) Textquellen zur Analyse hinzugezogen werden entwickelt wurde – teilweise mit kulturwissen- müssen. Globale Diskurse zum Recht auf Kultur schaftlicher Ausprägung.6 Die Autoren dierenzie- bestimmen durch ihren Einuss auf nationale und ren die Diskursanalyse als Methode von der Dis- lokale Diskurse ebenso das Handeln der national kurstheorie. Während Keller in der Diskursanalyse bzw. regional agierenden Akteure wie nationale einen methodologisch-empirischen Zugri auf Dis- und lokale Diskurse in die globale Diskursproduk- kurse sieht (Keller 2007: 8), will Jäger die „Dis- tion einwirken. kursanalyse als angewandte Diskurstheorie“ ver- Letztlich stellt die Diskursanalyse, wird sie in standen wissen (Diaz-Bone 2006). Mit diesem Hin- der Kulturanthropologie angewandt, vor allem ein tergrund lassen sich die Methodenanleitungen der Mittel zur Dekonstruktion von gesellschaftlichen Diskursanalytiker denn auch lediglich als Vor- Diskurssystemen dar (Kaschuba 2003: 242). Die Dis- schläge bzw. „Werkzeugkisten“ zur qualitativen kurstheorie bezieht sich also auf „die Konstitution Analyse von Quellenmaterialien verwenden, die je und Konstruktion von Welt im konkreten Zeichen- nach der „disziplinären und theoretischen Einbet- gebrauch und auf zugrunde liegende Strukturmus- tung“ (Keller 2007: 8) und „im Zusammenhang von ter oder Regeln der Bedeutungs(re-)produktion“ Fragestellung und methodisch-praktischer Umset- (Keller 2007: 7), welche in ihre „Schichten und Ein- zung“ (ebd.: 8) exibel genutzt werden müssen. Es zelbestandteile“, „Strategien und Motive“ zerlegt gebe demnach „keinen Königsweg der Diskursana- werden müssten (Kaschuba 2003: 242). Die Konsti- 7 lyse“ (Diaz-Bone 2006). Hier lassen sich durchaus tution und Konstruktion nordsamischer Kultur als Parallelen zur soziologischen Grounded Theory Eigentum geschieht durch die textuelle Produktion ziehen, die Barney Glaser und Anselm Strauss in und Reproduktion (Schreiben, Sprechen, Handeln) den 1960er Jahren entwickelten. Diese auf „Praxis- von Sinnsystemen, die beteiligten Akteure und die bezug und Anwendbarkeit ausgerichtete methodo- Regeln der Diskursproduktion (Verknappungsme- logische Denkgur“ (Tauschek 2009: 43) hat Ein- chanismen, Habitus des Schreibens, Sprechens und gang in den Kanon der kulturanthropologischen Handelns) (vgl. Keller 2007: 7). Disziplin gefunden.

8 2.4 Analyseschritte schaft, Medien, Politik und Alltag ein.10 Zwischen diesen Diskursebenen lasse sich allerdings keine Innerhalb der Kritischen Diskursanalyse wurden eindeutige Grenzziehung vornehmen: So vermen- Analyseschritte herausgearbeitet, die als „Handrei- gen sich mitunter Wissenschafts-, Politik- und All- chung“ das methodische Vorgehen nachvollziehbar tagsdiskurse in medial vermittelten Diskursen. machen und erleichtern sollen. Im Folgenden sol- Wenn z.B. Politiker Wissenschaftler in den Medien len die von mir für das kulturanthropologische zu Wort kommen, ließe sich feststellen, dass sich Forschungsanliegen dieses Papers modizierten die jeweiligen Ebenen beeinussen oder miteinan- Analyseschritte entsprechend Tabelle 1 vorgestellt der vermischen. Da dieser institutionell festgesetz- werden. te Ort des Sprechens, Schreibens und Handelns Als ersten Schritt der Diskursanalyse stellt Sieg- sich auf den Habitus auswirkt, ist es wichtig, die fried Jäger die Verortung des Analysegegenstandes Diskursebene zu bestimmen.11 So soll in diesem voran, also die Themenndung und Fragestellung Paper – mit der Terminologie Jägers – der Diskurs- 8 sowie die Einordnung in den Fachdiskurs. Es folgt strang „Kultur als Eigentum“ auf den Diskursebe- die Bestimmung des Diskursstrangs, also eines nen Medien, Politik und Wissenschaft untersucht thematisch einheitlichen Diskursverlaufs, der aus werden. verschiedenen Diskursfragmenten (Texten) beste- Das Sprechen über und mit kulturellem Eigen- hen kann. tum ndet in den unterschiedlichsten Foren statt und erfährt verschiedene Verortungen im Raum – Tabelle 1: Analyseschritte von den Souvenirläden der Helsinkier Esplanade an die Wände eines Hotels in Rovaniemi und an 1 Themenndung und Fragestellung jene von sozialen Medien im Internet, von der Straße als Ort der öentlichen Meinungsäußerung 2 Bestimmung des Diskursstrangs in die Ausstellungen und Projekte von Museen in Lappland, aus dem Tagungsraum des Diehtosiida- 3 Korpusbildung gebäudes in das Alltagsleben auf den Tundren und in den Rentierweidegebieten, aus den Mündern von Regierungssprechern, Wissenschaftlern, Politi- 4 Charakterisierung der Diskursebene kern, Juristen, NGO-Vertretern usw. in die Online- präsenzen der Tagesmedien, aus den Publikationen 5 Auswahl der Quellen samischer und nicht-samischer Wissenschaftler in die Arbeit und informellen Gespräche hinter Büro- türen, bis hin zu der Kleidung am eigenen Körper 6 Kontextualisierung/Beschreibung des diskur- und den Thematiken internationaler Konferenzen. siven Kontextes Zu den Orten, an denen von Traditional Knowledge 7 Feinanalyse gesprochen wird, gehört auch das Setting, in dem der wissenschaftliche Tagungshabitus (situiert in 8 Interpretierende Gesamtanalyse einem Hörsaal, eingebettet in einen Rahmen mit Vorträgen, Plena, Debatte, Kaee- und Mittagspau- sen, Übersetzung in mehrere Sprachen, medialer 9 Standortbestimmung im Diskursuniversum Präsentationen, technischer Ausstattung sowie kul- turellem Programm) und samische Lebensstile (einleitende Joiks, Architektur des Gebäudes Dieh- tosiida, eingebettet in die nordnorwegische Land- Dieser Analyseschritt sieht die Vorstellung und Be- schaft Kautokeinos, Vorträge auf Nordsamisch, Vor- gründung des Themas vor. Für den Diskurs „Eigen- tragende in Gákti, Lávvu als Diskussionsort) in ei- tum an samischer Kultur“ lassen sich drei mitei- ner Performanz vereint werden, deren Form Auf- nander verschränkte Diskursstränge nachzeichnen, schluss über die inhaltliche Thematik geben soll: die auf unterschiedlichen Diskursebenen (re)pro- Bei einer im Internet übertragenen und somit in- duziert werden. Die Charakterisierung der Diskur- ternational erfahrbar gemachten Tagung zum sebene bzw. des Sektors, auf der das zu analysie- Thema Samisches traditionelles Wissen ging es vor rende Material gewonnen wurde, ist fester Best- allem um die Vereinbar- und Kombinierbarkeit von andteil der Diskursanalyse. Jäger ordnet die Dis- traditionellem Wissen und klassischer Wissen- kursstränge auf verschiedenen Diskursebenen an schaft. und meint damit die „sozialen Orte“, von denen aus gesprochen9 werde (Jäger und Jäger 2007: 28). Einige dieser diversen Diskursebenen, auf de- Konkret teilt er diese unter anderem in Wissen- nen sich der Cultural Property-Diskurs manifes-

9 tiert, sollen Grundlage für die Analyse in diesem häug als Trope auf, explizit diskursanalytische Paper sein. Um die Konstruktion des Forschungs- Zugänge sind jedoch eher Randerscheinungen. gegenstands so weit wie möglich aufzubrechen, Dabei ist mit Diskurs „eine durchaus systemati- wurden Quellenkorpus und Fragestellung wäh- sche Kategorie der Kommunikations- und Kultur- rend des Forschungsprozesses im Sinne der ein- analyse gemeint“, wie Kaschuba in seiner Einfüh- gangs erwähnten Grounded Theory konstant mit- rung in die Europäische Ethnologie konstatiert (Ka- einander abgestimmt. Die analysierten Diskurs- schuba 2003: 235). Er nimmt damit Bezug auf die fragmente liegen als texthaft, bildlich sowie audio- Überlegungen des Volkskundlers Andreas Hart- visuell aufbereitetes Material vor, das durch das mann, der sich 1991 für eine Verknüpfung von Dis- Internet zugänglich gemacht wurde. Für die Pro- kursanalyse und Volkskunde ausspricht. Diskurse duktion eines Großteils an verschriftlichtem Dis- seien Denk- und Argumentationssysteme, die für kursmaterial zeichnen die Medien in Norwegen, den volkskundlichen Gebrauch sowohl in der Be- die Samenparlamente in Norwegen, Schweden und trachtung von Diskursen „außerhalb der Disziplin“ Finnland, Nichtregierungsorganisationen wie der als auch der Beschäftigung mit der „Organisation Samenrat, Sámikopiija und Gáldu sowie führende des eigenen Fachdiskurses“ dienlich seien (Hart- Wissenschaftler verantwortlich. Medien-, Politik- mann 1991: 22). Der Fachdiskurs zu Diskursanalyse und Wissenschaftsdiskurs unterscheiden sich zwar als kulturanthropologische Methode entwickelt voneinander, durchdringen sich allerdings auch sich dennoch zögernd. Der Artikel „Über die Kul- z.B. innerhalb medial vermittelter Diskurse. Ein turanalyse des Diskurses“ von Andreas Hartmann besonderer Fokus wird auf der Darstellung des Dis- sowie der entsprechende Abschnitt in Wolfgang kurses auf der Diskursebene „Medien aus Norwe- Kaschubas „Einführung in die europäische Ethno- gen“ liegen. Als Hauptquellen dienen Artikel, die logie“ stellen bisher die einzigen ausdrücklichen für die Onlinepräsenz des Nachrichtenkanals NRK Plädoyers für eine Nutzung der Diskursanalyse als Sápmi im Zeitraum 2008-2010 verfasst wurden und Methode dar. Ein Methodenartikel Sabine Egg- 12 die auf dieser abrufbar sind. Durch eine Feinana- manns, die in mehreren Publikationen kulturanth- lyse des Materials soll einer der Diskursstränge e- ropologische Fachdiskurse diskursanalytisch unter- xemplarisch analysiert und anschließend in seiner sucht hat, ist angekündigt. Beziehung zu den anderen Gegenständen des Dis- Kaschuba geht davon aus, dass ein Diskurs min- kurses beschrieben werden. Dadurch wird eine Ge- destens vier Qualitäten beinhalte (Kaschuba 2003: samtanalyse des Diskurses möglich. Das weitere 236 f.): Quellenmaterial besteht aus Artikeln samischer Onlineredaktionen, wissenschaftlichen Publikati- onen bzw. Vorträgen, Regierungsmitteilungen, Tabelle 2: Vier Qualitäten des Diskurses Projektberichten und Veröentlichungen der Sa- (Kaschuba 2003: 263 f.) menparlamente. Die Mehrzahl der Quellen ist festes Argumentationssystem norwegisch- oder schwedischsprachig, ein Teil der Quellen liegt in nnischer, nordsamischer oder Regelsysteme englischer Sprache vor. Denksysteme 2.5 Methodenre!exion soziale Praxissysteme Dieses Paper verknüpft zwei in der deutschsprachi- gen Kulturanthropologie methodisch bisher kaum erschlossene und teilweise strittige Verfahrenswei- Diskurse treten immer in mindestens dialogischer sen: Die Analyse eines via Internet vermittelten Form auf (Pecheux, zit. n. Mills 1997: 11) und stel- Diskurses erfordert die kritische Auseinanderset- len daher einen zwischenmenschlichen Kommuni- zung mit der Diskursanalyse als kulturanthropolo- kationsakt dar. Welche sprachlichen und performa- gischer Methode einerseits und mit dem Internet tiven Äußerungen in Interaktionen legitim sind, als Archiv andererseits. was als sagbar oder unsagbar gilt und wer sich Als Methode hat sich die Diskursanalyse in ihren wann und wo wie äußern darf, wird durch diese zahlreichen Ausprägungen vor allem in den Systeme festgesetzt. Sprach-, Literatur-, Geschichts- und Sozialwissen- Mit Bezug auf Hartmann führt Kaschuba zudem schaften etabliert. In diesen Gebieten ist, wie be- einen zusätzlichen Analyseschritt an, der die Dis- reits angemerkt, auch eine Vielzahl der Methoden- kursanalyse gleichzeitig im Universum des kul- literatur anzusiedeln. In der kulturanthropologi- turanthropologischen Methodenkanons verankern schen Disziplin taucht der Begri Diskurs zwar soll: „die eigene Standortbestimmung im Diskur- suniversum“ (Kaschuba 2003: 243). Die Frage nach

10 den „Bedingungen und den Prozeduren des eige- Beschäftigung mit Eigentumsansprüchen an sami- nen Schreibens und Argumentierens“, also die Re- scher Kultur um einen pansamisch geführten Dis- ektion darüber, wie der Forschende den For- kurs handelt, der sich gleichzeitig an globalen Dis- schungsgegenstand „im Kopf“ oder „am Schreib- kursen orientiert und partizipiert. Da sich der For- tisch“ konstruiert (Hartmann 1991: 21) und selbst in schungsgegenstand momentan im Aushandlungs- Diskurse eingebunden ist, ist unerlässlich für eine und Konstituierungsprozess bendet, musste eine kulturanthropologische Diskursanalyse, die sich Selektion des Quellenmaterials stattnden. Zur mit der diskursiven Konstruktion von Wirklichkeit zeitlichen Demarkierung und thematischen Glie- auseinandersetzt. Wie bereits angesprochen muss derung der Fragestellung dieses Papers dienen sich eine solche Analyse folglich mit der Rolle des zwei als „historisch“ bezeichnete Ereignisse. Die „1. Forschenden als Autor – auch im Sinne der Writing Samische Kulturerbewoche“, die die NGO Samenrat Culture-Debatte – auseinandersetzen und reek- vom 27.-31. Oktober 2008 im nnischen Rovaniemi tieren, inwiefern der Gegenstand durch den Pro- organisierte, und ein Seminar zu traditionellem zess des Schreibens konstruiert wird. Zu diesem Wissen, welches das norwegische Samenparlament Prozess gehört auch die forschende Tätigkeit: The- vom 22.-23. März 2011 in Kautokeino abhielt, stel- mensetzung, Fragestellung, Korpusbildung, Aus- len „'chronologische Fixpunkte'“ (Duby, zit. n. wahl der Methode und theoretische Einbettung. Hartmann 1991: 25) des zu analysierenden Quel- Eine der Äußerungen, die mir während des For- lenmaterials dar. Sie kennzeichnen weder den An- schungsprozesses begegnet ist, beschreibt an- fang noch das Ende des Diskurses, sondern markie- schaulich die Machtdierenzen, die im Diskurs um ren Ereignisse, zu denen der Diskurs sowohl quali- ein Eigentum an samischer Kultur kritisiert, hin- tativ als auch quantitativ intensiviert zu Tage trat. terfragt und stabilisiert werden: Diese Ereignisse dienten dem Wissens- und Erfah- rungsaustausch der Akteure, die sich im Feld des „If we ask a Western researcher, who is doing kulturellen Eigentums bewegen, führten zur Pro- her or his research on, for instance, Sami cul- duktion und Reproduktion von Informationen auch ture, whether she or he commands the Sami außerhalb dieses Feldes und ließen somit den Dis- language, most probably we will get the fol- kurs auf unterschiedlichen Diskursebenen sichtbar lowing answer: 'I' sorry, I don't speak Sami, werden. but my research can be complemented in the future by some other scholar in the eld who Eine dieser Diskursebenen ist das Medium NRK do command the language'“ (Porsanger 2010: Sápmi, das u.a. Artikel für das Internet produziert. 438). „Forschen im, mit dem und über das Internet“ (Hengartner 2001) ist bisher ein randständiges Mit dem Forschungsgegenstand dieses Papers be- Thema in der kulturanthropologischen Methodo- gebe ich mich also auf glattes Eis. Insbesondere an logie, das nur langsam zu einem Fachdiskurs führt. eine in der Kulturanthropologie verortete Arbeit Während z.B. Hengartner 2001 verschiedene Mög- über Cultural Property ließen sich einige Fragen lich- und Schwierigkeiten aufzeigte, die die Nut- stellen, die Überlegungen aus dem Cultural Pro- zung des Internets als 'Werkzeug' in der kul- perty-Diskurs selbst aufgreifen: Wem gehört das turanthropologischen Forschung mit sich bringen Wissen, das analysiert wird? Was legitimiert die For- kann, distanziert sich Schmidt-Lauber zehn Jahre schende dazu, aus etischer Perspektive, .. als später, vor allem vor dem Hintergrund ihrer Be- außenstehende Beobachterin, den Diskurs um ein obachtungen in der Lehre, von einer Ethnographie Eigentum an samischer Kultur zu analysieren? Wie im Internet. Sowohl Hengartner als auch Schmidt- wird Objektivität gewährleistet? Welchen Nutzen Lauber legen dar, dass in der Verknüpfung von hat die Fragestellung für wen? Wodurch wird die Ethnographie und Internet zwischen einem „For- Fragestellung relevant? Diese und ähnliche for- schen im, mit dem und über das Internet“ bzw. – schungsethische Fragen haben seit der Mitte des mit Verweis auf die von Ulf Hannerz für die Stadt- 20. Jahrhunderts ein weites Feld an kulturanthro- ethnographie vorgenommene Dierenzierung zwi- pologischen Fachdiskursen und wissenschaftlichen schen locus und focus13 – zwischen dem Internet als Debatten außerhalb der Disziplin erönet. Darauf dem Feld und dem Gegenstand der Forschung dierenzierter einzugehen, würde an dieser Stelle (Schmidt-Lauber 2011) unterschieden werden müs- jedoch zu weit vom Forschungsgegenstand fortfüh- se. ren. Eine Analyse der medialen Repräsentation von Der von mir analysierte Datenkorpus beinhaltet Diskursen zu Eigentum an samischer Kultur setzt Quellen in den Sprachen Englisch, Nordsamisch, sich zum einen mit dem Internet als Alltagsphä- Norwegisch, Schwedisch und Finnisch. Für die Ver- nomen auseinander, das Print- und audiovisuelle folgung des Diskurses war es nötig, auf Material in Medien, Regierungen, Parteien, Politiker, Hoch- diesen Sprachen zurückzugreifen, da es sich bei der

11 schulen, NGOs, Vereine, Jugendorganisationen, tion on the Rights of Indigenous Peoples und dem Kulturinstitute, Museen, Stiftungen, Kunst- und ILO Übereinkommen 169 bilden vor allem die Kon- Kulturschaende u.ä. vor die Herausforderung zepte Cultural Heritage und Cultural Property eine stellt, das Virtuelle in ihren Arbeitsalltag zu integ- Argumentationsgrundlage. Durch die Arbeit der rieren sowie sich und ihre Arbeit online zu (re)prä- Sonderorganisationen der Vereinten Nationen be- sentieren. Aktivisten und Privatpersonen bietet das einussen diese Konzepte Coombe zufolge sowohl Internet u.a. Möglichkeiten für politische Partizi- Regierungen als auch NGOs, Entwicklungsdienst, pation und Aktivismus, zur Selbstinszenierung, zur multilaterale Institutionen und letztlich auch indi- Bereitstellung, Archivierung und Beschaung von gene Ethnien und Gemeinschaften (Coombe 2009: Informationen, zur Weitergabe und Aneignung von 394). Dadurch werden in Sápmi nicht nur Spezial- Wissen, zur Meinungsmache, zum Knüpfen von diskurse geschaen. Denn durch die massenmedia- (sozialen) Netzwerken und zum Erzählen von Ge- le Vermittlung sowie durch lokale Kompetenzzen- schichte(n). Vor allem im Zusammenhang mit tren und Methodenbücher wird der Diskurs in mo- Sprach- und Kulturrevitalisierung durch Minder- dizierter Form einem breiteren Publikum zugäng- heiten wird das Medium Internet für eine wissen- lich gemacht. Die Akteure, die einerseits ein exklu- schaftliche Auseinandersetzung interessant: sives Recht an bzw. einen respektvollen Umgang „In the contemporary context of linguistic and mit samischer Kultur fordern und andererseits lo- cultural revitalization, we ought to investi- kale Initiativen gegen einen Rückgang samischer gate the eects and implications of the devel- Traditionen fördern, nutzen für ihre Argumentati- opment of digital places as scenes for a mi- on internationale oder nationale kulturpolitische und Rechtsinstrumente oder verweisen direkt auf nority’s cultural expressions.“ (Cocq .A.) die Bemühungen zwischenstaatlicher Instutionen Diskurse um samische kulturelle Rechte werden (vgl. auch Peselmann und Socha 2010: 68). nicht nur massenmedial vermittelt, sondern auch Die Fragen, die sich im Rahmen einer Dis- in sozialen Netzwerken und Blogs (z.B. tumblr) kursanalyse zu Forderungen nach Eigentumsrech- reproduziert und kontrolliert. Am 21. November ten an samischer Kultur stellen lassen, sind zahl- 2011 entfernte z.B. ein schwedischer Kommunikati- reich. Neben den grundsätzlichen Fragen, wie die onsdienst das „Sámi-Maskottchen“ von seiner In- Konzepte Eigentum und Kultur genutzt werden, ternetseite, nachdem die Darstellung in Kommen- um den Diskurs zu legitimieren und Machtverhält- taren auf der Homepage des Unternehmens und nisse zu stabilisieren oder zu hinterfragen, soll vor auf dessen Facebookpro u.a. als „rassistisch“, allem geklärt werden, auf welche Weise indigene „stereotyp“, „illegal“ und als Missbrauch samischer Akteure die Rhetoriken transnationaler Organisa- Symbole bezeichnet wurde (Jojka 2011).14 tionen übernehmen. Zum anderen nutzt dieses Paper das Medium Die völkerrechtliche Beschäftigung mit indige- Internet in seiner Funktion als Archiv digital zur ner Kultur, Folklore und Tradition hat in den letz- Verfügung gestellter Quellen. Durch die Aktuali- ten Dekaden zugenommen. Globale Veränderun- sierbarkeit des Mediums wird zum einen eine zeit- gen hatten sowohl negative als auch positive Aus- nahe Vergeschichtlichung von Ereignissen ermög- wirkungen auf indigene Ethnien. Güter, Kapital, licht, andererseits stellen sich einige praktische Personen, Informationen und Bilder passieren in Probleme wie die Flüchtigkeit der Quellen, die sich größerem Ausmaß und schneller als zuvor natio- stets neu produzieren und reproduzieren oder nalstaatliche Grenzen (Minde et al. 2008: 1). Seit nicht mehr zugänglich sind, und die Fülle des po- den 1980ern hat sich die Idee, dass immaterielle tentiell vorhandenen Materials, das demnach eine und materielle Kultur „eine Form von kollektivem reektierte Selektion erfordert. Eigentum“ darstellt, geformt und zu einer Welle von Rückführungen von Kulturgütern aus Museen 3 KULTURELLES EIGENTUM UND KULTURERBE in die Gemeinschaften geführt (Brown 2003: 3).15 Ich verstehe kulturelles Eigentum (Cultural Proper- Die Rechtswissenschaftlerin Silke von Lewinski ist ty) in diesem Paper im Sinne Arnika Peselmanns der Ansicht, dass durch die globalen Märkte die und Philipp Sochas als „diskursive Strategie und Ausbeutung indigener Kulturen größere Ausmaße kulturelle Praxis, bei der Akteure Zugehörigkeit angenommen habe. Zudem sei die Aufmerksam- und Eigentum an materiellen oder immateriellen keit indigener Akteure für völkerrechtliche The- 16 kulturellen Elementen ausdrücken“ (Peselmann men gestiegen (Lewinski 2004: 111). Infolge der und Socha 2010: 65). In ihren Forderungen nach Dekolonialisierung hat sich zudem die Wahrneh- kulturellen Rechten orientieren sich samische Ak- mung indigener Rechte verändert. teure und Angehörige anderer indigener Ethnien Die Verbindung der Begrie Kultur und Eigen- an Völkerrechtsinstrumenten. Neben der Declara- tum birgt ein dreifaches denitorisches Dilemma,

12 das in lokalen, nationalen wie globalen Diskursen sich nicht ohne Weiteres von einem kulturellen fast immer einer Klärung bedarf. Wie die Sozial- oder temporalen Kontext in einen anderen über- anthropologin Barbara Bodenhorn feststellt, sei setzen lässt (Hann 1997: 6). Dennoch ist Eigentum sowohl Kultur als auch Eigentum schwer beizu- ein Konzept, das nicht nur auf lokaler oder natio- kommen (Bodenhorn 2004: 41). Neben der Frage, naler, sondern auch auf globaler Ebene verhandelt welches Konzept von Eigentum greift, verlangt der wird. Begri Kultur aufgrund seiner Bedeutungsvielfalt Der Begri Eigentum ist nicht identisch mit dem stets einer Einordnung. Beide Denitionen haben ihm zugrunde liegenden sprachlichen Konzept,18 wiederum Auswirkungen darauf, wie Kulturelles welches ein weites Begrisfeld erönet – also Wör- Eigentum (Cultural Property) verstanden wird. Im ter, die als weitestgehend synonym zum Begri transnationalen Aushandlungsprozess um Eigen- Eigentum gesehen werden können. Durch das Kon- tumsrechte an Kultur kommt zudem die Heraus- zept Eigentum wird – vereinfacht gesagt – ein sozi- forderung einer Transferleistung hinzu, da Akteure ales Verhältnis zwischen mindestens zwei Men- aus „dierent temporal-spatial contexts and with schen ausgedrückt, das sich über die Beurteilung various professional and socio-cultural back- der Zugehörigkeit eines Objekts (materiell oder grounds“ (Groth 2010a: 8) mit „divergierende(n) immateriell) konstituiert. Eigentum lässt sich Konzepte(n)“ von Cultural Property (Bendix und demnach als das Recht eines Subjekts (Person oder Bizer 2010) zusammentreen. In einem Zitat aus Gruppe) über ein Objekt (eine Sache, ein Ding) de- einem Onlineartikel auf NRK Sápmi wird deutlich, nieren (Thuen 2004a: 93), von dem ein anderes dass auch auf nationaler Ebene und selbst inner- Subjekt (mindestens eine Person oder Gruppe) samisch unterschiedliche Auassungen über ein ausgeschlossen ist. Eigentum an samischer Kultur herrschen: Chris Hann erweitert diese (anthropologische) „Aili Keskitalo meint, dass es wichtig ist, he- Denition, dass Eigentumsverhältnisse soziale rauszunden, was man Missbrauch samischer sind, um ihr das „ethnocentric baggage“ zu neh- Symbole und samischer Kultur nennen kann men, das Denitionen von Eigentum, die einer und dies zu besprechen. westlichen Epistemologie entstammen, mit sich - Es kann nicht sein, dass ein einziger Sámi tragen: sagen kann, dass etwas in Ordnung ist, wäh- „The word 'property' is best seen as directing rend etwas Anderes nicht in Ordnung ist. Wir attention to a vast eld of cultural as well as brauchen eine gemeinsame Auassung darü- social relations, to the symbolic as well as the ber, wo die Grenze verläuft, und was voll- material contexts within which things are kommen inakzeptabel ist“17 (Aslaksen 2008). recognized and personal as well as collective – Übers. a. d. Norw. . L. identies made“ (Hann 1997: 5). Der Aushandlungsprozess ist noch nicht abge- Diese weite Denition Hanns soll als Grundlage für schlossen. Davon zeugen auch Unstimmigkeiten dieses Paper dienen. In den zwischenmenschlichen innerhalb des Diskurses. Kontexten, die durch Diskurse um ein Eigentum an Im Folgenden werde ich zunächst auf das Kon- samischer Kultur stabilisiert oder hinterfragt wer- zept Eigentum eingehen, bevor ich verschiedene den, existieren unterschiedliche Ansichten darü- Ausdeutungen der Cultural Property-Terminologie ber, was ein Recht auf Kultur bedeutet bzw. welche vorstelle. Nicht immer wird im Diskurs ein direkter Eigentumsansprüche an Kultur gestellt werden Bezug auf die Narrative und Terminologien trans- dürfen. Kulturelles Eigentum (Cultural Property) nationaler Organisationen hergestellt. Dement- taucht im Diskurs sowohl im metaphorischen Sinne sprechend vielfältig ist das semantische Feld, das (Thuen 2004a: 88) als auch in der Denition trans- im Diskurs zu einem Eigentum an samischer Kultur nationaler Organisationen auf. Verwendung ndet. Allen Aussagen ist jedoch die Im metaphorischen Sinn werden Eigentumsan- Komponente „Inwertsetzung von Kultur als Eigen- sprüche an Kultur z.B. in Slogans wie „This is our tum“ gemein – die Bedeutungszuschreibung an dress. This is our identity. Please don't take it.“ Kultur als etwas „Eigenem“, das innerhalb einer deutlich. Indem wir Dingen Bedeutung zuschrei- Gruppe geteilt und mitunter Anderen vorenthalten ben, werden sie für uns erst existent; sie besitzen wird. keinen sich der Beurteilung des Subjekts entzie- henden, ihnen als Dingen an sich inhärenten Wert 3.1 Kultur als Eigentum (Appadurai 2003: 3). Erst, indem sich Menschen mit Dingen umgeben, sie beurteilen und in Beziehung Was bedeutet Eigentum im 21. Jahrhundert? Für setzen, schreiben sie ihnen einen Wert zu. Dadurch den Sozialanthropologen Chris Hann steht fest, wird aus einem Stück Sto in dem einen Fall eine dass Eigentum ein analytischer Terminus ist, der

13 Gákti – „our dress“ – im anderen eine Touristen- lamente fördern Forschungsprojekte zu traditio- kofte. nellem samischen Wissen in Schweden und Finn- Über Prozesse der Inwertsetzung von Dingen land. In Artikel 8(j) der CBD wird unter anderem und Wissen wird die Konstruktion einer kollektiven ein Vorteilsausgleich der aus der Nutzung von Identität – eines „Wir als Sámi“ gegenüber einem „Wissen, Innovationen und Praktiken indigener „die Mehrheitsgesellschaft als die Anderen“ – vo- und lokaler Gemeinschaften“ resultierenden Ge- rangetrieben. Die Kleidung dient, wie in Kapitel 5 winne gefordert. Die Implementierung dieses Arti- herausgearbeitet wird, folglich der strategischen kels auf nationaler Ebene erfordert eine Bestim- Grenzziehung durch Dichotomisierung. Kulturelle mung dessen, was jeweils unter diese Kategorien Elemente würden somit als „ethnic marker“ dienen fällt. Einen anderen Zugang zu Eigentum an Kultur (Thuen 2004a: 88). „Our dress“ bedeutet für den vertreten UNESCO und die Weltorganisation für Sprecher „our identity“; semantisch wird damit geistiges Eigentum. eine gewisse Exklusivität einer Gruppe ausge- Welche Objekte sind es, an die kollektive Eigen- drückt. Diese deniert sich zum einen über eine tumsansprüche gestellt werden? Aufgrund welcher Bewertung der Objekte, mit denen sie sich umgibt, Kriterien werden bestimmte Objekte ausgewählt, zum anderen über die Abgrenzung zu Anderen andere jedoch nicht? Hann ist der Meinung, dass (vgl. auch Thuen 2004a: 88) – „More generally, it is Eigentums- und Besitzkonzepte je nach Kategorie evident that the ways in which people relate to the des Objekts variieren würden (Hann 1997: 3). Wäh- objects in their environment play a vital role in rend Dinge, die als „impersonal“ markiert sind, forming their social identity“ (Hann 1997: 2). Nicht ohne Weiteres als Waren auf dem Markt zirkulieren alle Objekte gelangen im Selektionsprozess in die können, ohne moralische Dilemmata hervorzuru- Sphäre der „ethnic marker“. Um die „Wiederer- fen (wie z.B. Jeans), sei die Zirkulation anderer, kennbarkeit“ einer Gruppe zu sichern sei es häug wertvoller oder vererbter Dinge, wie die samische nötig, Zeichen (Symbole) zu selektieren, die sie von Gákti, reglementiert (Hann 1997: 6). Die Missach- anderen unterscheiden würden, sogenannte tung dieser Reglementierung, z.B. durch eine ge- „'emblematic' signs“ (Olsen 2004).19 Die Selektion zielte Kommerzialisierung samischer Kleidung dieser „emblematischen Zeichen“ geschieht teil- durch die nnische Tourismusindustrie, wird dis- weise relativ willkürlich. Laut Hann sei der Aus- kursiv bisweilen einem „kriminellen Akt“ wahlprozess, in dem bestimmte Symbole oder gleichgestellt.21 Praktiken eine kulturelle Bedeutungszuschreibung Im Diskurs um kulturelle Aneignung samischer durch Akteure ethnischer Gruppen oder Nationen Kultur ndet sich nicht selten das Argument der erfahren und andere wiederum ignoriert würden, Hybridität, „the creative mixing of cultures“ (Brown der erste Schritt zur Objektivierung oder Verdingli- 2003: 5). Die Kritik an den Traditionalisten, die ein chung von Kultur (Hann 2004: 291). exklusives Eigentum an samischer Kultur fordern, Neben „konkrete(n) Verhandlungsräume(n)“ in lautet, dass samische Akteure auch „westliche“ kul- die die Frage nach einem Eigentum an Kultur ge- turelle Elemente nutzen würden (wie die Jeans) tragen werde (Bendix und Bizer 2010: 2), ndet ein und deshalb nicht das Recht hätten, sich zu be- transnationaler Aushandlungsprozess zu Cultural schweren, wenn nicht-samische Akteure samische Property statt, der eine Übersetzbarkeit der Kon- Kultur nutzen bzw. dekontextualisieren. Dem liegt zepte Kultur und Eigentum notwendig macht: Wo die Vorstellung zugrunde, dass in sich geschlosse- Akteure aus unterschiedlichen Kontexten zusam- ne, voneinander unbeeinusste Kulturen existie- mentreen, müsse es eine gemeinsame Termino- ren würden, die jeweils einer homogenen Gruppe logie, eine geteilte Auassung des Gegenstands gehörten. Die Forderung „This is our dress. … geben (Groth 2010a: 8). Die Auassungen von Ei- Please don't take it.“ transportiert diese Aussage. „If gentum variieren je nach dem institutionalen Kon- a thing is your property, it belongs to you. Others text, in dem Cultural Property bzw. Kulturerbe dis- cannot take it from you“ stellt Hann fest (Hann kursiv geformt wird. Die in diesen Arenen ausge- 1997: 2f.). Dies gilt für materielles Eigentum, doch handelten Terminologien ießen in lokale und wie steht es um kollektiv erzeugte Ideen, Traditio- nationale Diskurse zu kulturellen Rechten bzw. zur nen und Wissen, wenn Urheber und Eigentümer Aneignung von Kultur ethnischer, meist indigener nicht eindeutig zu bestimmen sind? Dieses Eigen- Gruppen hinein und vice versa.20 So werden z.B. tum ist unsicher. Åhrén zufolge hat das mehrere die Ausgestaltung der Kulturpolitik der nationalen Gründe. Zum einen bietet das „westliche“ Rechts- Samenparlamente sowie Forschungsaufträge da- system zu Geistigem Eigentum (IP) keine direkten durch beeinusst, dass Norwegen, Schweden und Schutzmechanismen anhand derer Akteure Eigen- Finnland das Übereinkommen über die Biologische tum an kollektiven kulturellen Elemente ausdrü- Vielfalt (CBD) unterzeichnet haben: Die Samenpar- cken können (Åhrén 2002: 65, von Lewinski 2004).

14 Das Urheberrechtssystem greift nur für „ownership 3.2 Inwertsetzung von Kultur of individual authors in their individual works“ Wie im vorigen Kapitel erläutert, konstituieren sich (von Lewinski 2004: 114). Als Hindernis arbeiten Eigentumsverhältnisse über soziale Beziehungen; Åhrén und von Lewinski heraus, dass IP-Schutzme- Wert ist die Beurteilung eines Objekts durch Sub- chanismen zeitlich begrenzt sind. Zudem würden jekte (Appadurai 2003: 3). Obwohl Akteure durch GR, TK und TCEs die Kriterien „novelty“ und „origi- die „Inwertsetzung und Nutzbarmachung von kol- nality“ abgesprochen (Åhrén 2002: 65). Kultur in lektiv generierten Wissensbeständen“ „Zugehörig- Form von Traditionen und Folklore wird im CP-Dis- keit und Eigentum an materiellen oder immate- kurs generell keinem individuellen Urheber, son- riellen kulturellen Elementen ausdrücken“ (Pe- dern einer Gemeinschaft22 zugeschrieben: selmann und Socha 2010: 65), drehen sich Diskurse „…TK is not the result of one or a group of in- um kulturelles Eigentum weniger um Cultural Pro- dividuals' endeavors. Rather, all members of a perty per se, sondern um die sozialen Beziehun- community contribute to such knowledge. TK gen, die sich auf ein Eigentum an Kultur gründen.23 is modied and enlarged over time, and Angehörige ethnischer Minderheiten wie der passed on from one generation to the next. Sámi nutzen den Faktor Kultur, um eine kollektive The motivation behind innovations derived Identität zu konstruieren, da sie nicht über natio- from TK is not individual gain but rather the nalstaatliche Institutionen oder andere Mittel der welfare and common good of the commu- Wertschöpfung verfügen (Olsen 2004: 292, Noyes nity. TK is vested in the collective“ (Åhrén 2010: 2). Kultur ist das, worüber sich das Samische 2002: 65). auch in interkulturellen Kontexten sichtbar ma- Chris Hann arbeitet zwei Grundprobleme heraus, chen lässt (Olsen 2004) und was Akteure in trans- die sich ergeben, wenn diese kollektiv erzeugten nationalen Settings auf der Suche nach Anerken- kulturellen Elemente kommerzialisiert werden: nung und politischen Chancen nutzen. „Marked by „dening the boundaries of the owning group“ und culture, they must make culture the lever to pull „dening exactly what should be protected“ (Hann themselves upward“ (Noyes 2010: 2). Noyes geht 2004: 269). davon aus, dass indigene Akteure die Rhetoriken Andererseits gebe es Fälle, in denen das IP-Sys- transnationaler Organisationen übernehmen tem theoretisch greife. Indirekt lassen sich Rechte müssten, um einen Platz am Tisch zu ergattern an immateriellen kulturellen Elementen von Le- (Noyes 2010: 2). winski zufolge unter anderem durch Trademarks, Kultur lässt sich als seltene Ressource begrei- Geographical Indications und durch Verweise auf fen, welche für unterschiedliche Zwecke nachge- unlauteren Wettbewerb schützen (von Lewinski fragt wird, von denen einer die Identitätsbildung 2004). ist (Bendix und Hafstein 2009: 7). Wie Kasten be- Die Gákti, die die Akteure am Leib tragen oder tont, sei es möglich, das Konzept Kulturelles Eigen- zuhause aufbewahren, lässt sich eindeutig als ihr tum „in a multitude of ways“ zu instrumentalisie- individuelles Eigentum festmachen. Doch wie sieht ren (Kasten 2004: 9). Es kann eine ideelle Wertzu- es mit dem Wissen aus, zu welchem Anlass die Gákti schreibung erfahren, um als Kennzeichen für Dis- wie, wo und von wem getragen wird bzw. werden tinktivität zu dienen (Thuen 2004a: 88) . Es kann darf? Wem gehört das Wissen, das nötig ist, diese als Legitimation für indigene Gebiets- oder Res- Kleidung herzustellen? Wer eignet Schnittmuster, sourcenforderungen dienen (Kasten 2004: 9) oder Farben, Verzierungen? In der Aussage „Please don't in eine ökonomische Ressource oder commodity take it“ werden diese Unsicherheiten durch Moda- transformiert werden (Kasten 2004: 9, Bendix und lität („please“) ausgedrückt, die den Imperativ Hafstein 2009: 7). Zu diesem Zweck werden kultu- („don't“) abschwächt. Selbstsicherer wirken essen- relle Elemente selektiert, dekontextualisiert und tialistische Äußerungen wie „Samische Kultur für inwertgesetzt (Peselmann und Socha 2010: 65). Sámi!“ (Sámi kultuvra sámiide!), mit denen Bezüge Kirshenblatt-Gimblett unterscheidet zwischen zum Assimilationsdiskurs gezogen werden. Die den Inwertsetzungsmechanismen Valorization und Furcht vor kultureller Assimilation bis hin zu Eth- Valuation. Valorization meint eine Zuschreibung nozid wird vor allem von Menschenrechtsaktivisten ideeller Werte, während Valuation als synonym zu strategisch genutzt, um Forderungen exklusiver Kommodizierung, also der Einschreibung öko- Eigentumsrechte zu untermauern. Dadurch kriti- nomischer Werte,24 gesehen werden kann. sieren sie zum einen Machtverhältnisse zwischen Indem z.B. die Tourismusbranche das Image Minorität und Majorität, stabilisieren andererseits „samischer Kultur“ vermarktet, muss sie zunächst Dichotomien, indem sie das Bild homogener Ethni- selektieren, was als „emblematic sign“ samischer en reproduzieren, und verstärken dadurch die Kultur marktfähig ist, dekontextualisiert jene künstliche Grenzziehung.

15 Symbole und versieht sie einerseits mit ideellen, turerbes der gesamten Menschheit gleichgesetzt, andererseits mit ökonomischen Werten - „based on da „jedes Volk seinen Beitrag zur Kultur der Welt what they [the people, Anm. J. L.] spend to consu- leistet“ (Haager Abkommen 2006 [1954]). Die völ- me them or to ensure that they exist even if they kerrechtliche Dimension betraf im Haager Ab- do not consume them“ (Kirshenblatt-Gimblett kommen von 1954, in dem der Begri Cultural Pro- 2006: 193). Gleichzeitig wird das Objekt so mit ei- perty zum ersten Mal „im internationalen juristi- nem (neuen) ideellen Wert versehen, indem es in schen Kontext genannt wurde“ (Bendix und Bizer einen anderen (neuen) Kontext gestellt wird. Valu- 2010: 4), zunächst nur bewegliche und unbewegli- ation und Valorization bedingen sich gegenseitig. che Kulturgüter mit „großer Bedeutung“ für das Oder mit Kirshenblatt-Gimbletts Worten: „kulturelle Erbe der Völker“. „... valorization (awards and plaques) tends to 1972 wurde dem Ziel der Erhaltung von Kultur- increase valuation, while valuation (discover- gütern der Naturschutzgedanke hinzugefügt. Das ing that an old table is worth real money) can Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Na- lead to valorization by calling attention to turerbes der Welt (Welterbekonvention) der UNESCO values other than economic ones. All heritage ist wie das Haager Übereinkommen von 1954 im is created, and economic arrangements are Licht der jeweils herrschenden Diskurse zu sehen. but one factor in shaping it.“ (Kirshenblatt- Sieht das Haager Übereinkommen nach dem Zwei- Gimblett 2006: 194 f.) ten Weltkrieg den Schutz von Kulturgütern im Fall bewaneter Konikte vor, so wird in der Welterbe- 3.3 Cultural Heritage und Cultural Property konvention in den 70er Jahren von einer Bedro- hung des Welterbes durch gesellschaftlichen Wan- Das begriliche Feld, das durch die Konzepte Kul- del ausgegangen. Durch die „Welterbeinitiativen“ turerbe (Cultural Heritage) und Kulturelles Eigen- (Kirshenblatt-Gimblett 2004a: 52) der UNESCO er- tum (Cultural Property) bzw. deren Entsprechun- hielten die Heritage-Praxen eine globale, völker- gen in anderen Sprachen abgedeckt wird, ist groß. rechtliche Dimension. Die Grenze zwischen Cultural Heritage und Cultural Seit den 1980ern hat sich der Diskurs gewan- Property ist ießend. Trotz ihrer unterschiedlichen delt. Mit dem Ende der kolonialen Politiken erfah- Bedeutungszuschreibung werden die Bezeichnun- ren die Begrie Cultural Property und Kulturerbe gen für zwei divergierende, „parallel“ existierende eine weitere Bedeutungserweiterung (Bendix und Konzepte heute teilweise synonym gebraucht Bizer 2010: 4). Auf der Agenda zwischenstaatlicher (Bendix und Hafstein 2009: 5). Die Unterscheidung Organisationen stehen seit kurzem der Schutz und zwischen einem exklusiven Cultural Property („be- die Bewahrung indigener und lokaler, traditionel- longs to a people“) und einem inklusiven Cultural ler Wissensbestände (Åhrén 2002, Coombe 2003, Heritage („to mankind“) hat seinen Ausgangspunkt Groth 2009a, Joks 2009). Zu dem inklusiven Welt- in transnationalen Übereinkommen (Bendix und erbe, das zum Wohle der gesamten Menschheit Hafstein 2009). bewahrt werden müsse, gesellte sich ein exklusi- Laurajane Smith geht davon aus, dass es einen ves, kollektives Eigentumsrecht an Kultur (und Na- europäischen „heritage“-Diskurs gebe, der seinen tur), das zum Wohl einer abgegrenzten, zumeist Ursprung im Aufkommen des Nationalismus und „indigenen“ Gruppe geschützt werden müsse. „Pre- der „liberalen Moderne“ im Europa des ausgehen- servation“ und „conservation“ waren die Schlag- den 19. Jahrhunderts habe (Smith 2006, 17). Im 21. worte auf der einen Seite, „repatriation“ und Jahrhundert dominiere dieser Diskurs als „'univer- „reclamation“ auf der anderen. Die Aneignung kul- salizing' discourse“. Er äußere sich in Heritage- tureller Elemente durch „westliche“ Außenstehen- Praxen, die „embedded with a sense of the pastoral de weitete sich von Wissenschaftlern und Museen care of the material past“ seien (ebd.). Nach dem auf die Pharma-, Agrar-, Tourismus- und Musikin- Zweiten Weltkrieg entstanden zunehmend trans- dustrien aus, die „indigenes Wissen“ dekontextua- nationale Initiativen zum Schutz von Natur und lisieren, daraus nanzielle Gewinne erzielen und materieller wie immaterieller Kultur, die sich zu- teilweise gar den ursprünglichen Wissenslieferan- nächst an diesem Diskurs orientierten. ten den Zugang durch Patentierung erschweren. Bendix und Hafstein sind der Meinung, dass die Die momentane Situation ist Brown zufolge die, Konzepte Cultural Property und Cultural Heritage in dass Kultur tatsächlich eine Ware ist (Brown 2003: ihrem heutigen Gebrauch dem Haager Abkommens 4). Die Reaktion der Gegenbewegung, unter der zum Schutz von Kulturgut bei bewaneten Konik- sich Globalisierungsgegner, Umweltschützer, Men- ten entstammen. In diesem wird eine Schädigung schenrechtler und Vertreter indigener Gruppen eines Kulturgutes (Cultural Property), das einem benden, spiegelt sich in ihren Rhetoriken wieder. beliebigen Volk gehöre, einer Schädigung des Kul- Diese haben sich zugespitzt (ebd.: 3) und sind be-

16 reits teilweise institutionalisiert. In unterschiedli- Auch die UNESCO setzt sich mit dem Schutz von chen Kontexten ist von Diebstahl und Raub kultu- Wissen und Fähigkeiten auseinander. Zu Denkmä- reller Elemente die Rede, von Erbe und Eigentum lern, Ensembles, Stätten, Naturgebilden, geologi- an Kultur, vom traditionellen ökologischen Wissen schen und physiographischen Erscheinungsformen Indigener, aber auch von Ethnozid und Biopirate- sowie Naturstätten, Naturgebieten und Biodiversi- rie. tät gesellt sich 2003 ein neues Themenfeld. Mit Auf völkerrechtlicher Ebene entstehen interdis- dem Übereinkommen zur Bewahrung des immate- ziplinäre Diskurse über Weltkulturerbe, Biodiversi- riellen Kulturerbes wird das Konzept des denito- tät und intellektuelle Eigentumsrechte an Kultur, risch weniger greifbaren sogenannten „immate- die unter anderem durch das Wissen von Ethnolo- riellen Kulturerbes“ eingeführt. Darunter werden gen, Kultur- und Sozialanthropologen und Folklo- „Bräuche, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wis- risten gespeist werden. Ähnlich dem Konzept Kul- sen und Fertigkeiten“ gefasst, die sich in „Instru- turerbe produziert auch Cultural Property etwas menten, Objekten, Artefakten und kulturellen Neues25: In Form von verbaler und verschriftlichter Räumen“ manifestierten. Diese seien zum Beispiel Informations- und Wissensvermittlung (Meetings, „mündlich überlieferte Traditionen und Aus- Konferenzen, Workshops, Capacity Building, in- drucksformen, einschliesslich der Sprache als Trä- formelle Gespräche, Beobachtungsstatus,Verträge, ger immateriellen Kulturerbes; darstellende Küns- Abkommen, Erklärungen, Berichte, Presseerklä- te; gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste; rungen, Newsletter) erreichen die Diskurse natio- Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das nale Regierungen, NGOs, Forscher und Medien, die Universum; traditionelle Handwerkstechniken“. wiederum Materialien produzieren, durch die Dis- Vertreter indigener Ethnien setzten jedoch eher kurse in Interdiskurse transformiert werden kön- Honungen in die Arbeit des CBD.26 Die Nichtregie- nen. Während die Richtlinien für den Umgang mit rungsorganisation Samenrat war Angaben Åhréns indigener Kultur auf globaler Ebene (Coombe zufolge seit 2004 unter anderem an der Ausarbei- 2003: 27) diskutiert und festgesetzt werden, sind tung des Nagoya Protocol on Access to Genetic Re- die Nationalstaaten für die Umsetzung verantwort- sources and the Fair and Equitable Sharing of Bene- lich. ts Arising from their Utilization (ABS) to the Con- Das bisher einzige für die Vertragspartner recht- vention on Biological Diversity beteiligt. Obwohl die lich bindende Regelwerk ist das Übereinkommen indigenen Vertreter nur limitierten Zugang zum 27 über die biologische Vielfalt (CBD). Es wurde 1992 Aushandlungsprozess gehabt hätten und die durch die Vereinten Nationen verabschiedet. In Formulierungen sprachlich uneindeutig seien, sei ihm wird der Natur- und Umweltschutzgedanke das Ergebnis des Protokolls (2010) aus indigener weitergeführt, indem traditionelles Wissen als Sicht als Erfolg zu verzeichnen. Denn hierdurch wertvoll für Biodiversität und Nachhaltigkeit er- werde anerkannt, dass Indigene Rechte auf geneti- achtet wird (Coombe 2003: 2). Biodiversität und die sche Ressourcen und traditionelles Wissen haben Rolle indigener und lokaler Wissenssysteme für (Beobachtungsprotokoll J. L.). Das Nagoya Proto- ihre Bewahrung werden mit der CBD ideelle Werte koll setzt den völkerrechtlichen Rahmen für den zugeschrieben. Das Übereinkommen verpichtet Zugang zu genetischen Ressourcen (GR) und tradi- die Vertragspartner dazu, nationale Maßnahmen tionellem Wissen (TK). Zudem werden Regeln für zur Umsetzung der Artikel zu erschließen. 1993 den Vorteilsausgleich bei wirtschaftlicher Nutzung wurde es von Norwegen und Schweden ratiziert, gesetzt. Vor allem in Bezug auf Rechte an traditio- Finnland akzeptierte es im darauf folgenden Jahr. nellem Wissen ist das Protokoll für indigene Ethni- In allen drei Ländern gibt es mittlerweile Bemü- en wichtig: Åhrén betont, dass es keinen Artikel hungen, die Regelungen zu implementieren. Vor gebe, der Staaten diese Rechte zusichere. Stattdes- allem die Umsetzung von Artikel 8 (j) ist für die sen werde traditionelles Wissen als Eigentum Indi- Auseinandersetzung mit einem Eigentum an sami- gener deniert (ebd.). scher Kultur relevant. In diesem werden die Natio- Mattias Åhrén ist der Meinung, dass derzeit eine nalstaaten verpichtet, traditionelles Wissen indi- Verlagerung der Thematik von der CBD zu der Ar- gener und lokaler Gemeinschaften zu respektie- beit der Weltorganisation für geistiges Eigentum ren, zu schützen und aufrecht zu erhalten, sofern (WIPO) stattnde. Durch das Übereinkommen seien dieses relevant für die Erhaltung der Biodiversität die Grundprinzipien zu indigenen Rechten über ist. Zudem werden indigene und lokale Gemein- traditionelles Wissen herausgearbeitet worden, schaften als Inhaber traditionellen Wissens charak- WIPO hingegen werde die Details erarbeiten. Die terisiert und die Vertragspartner angehalten, nati- Partizipation indigener Ethnien und im Besonde- onale Maßnahmen des Vorteilsausgleichs zu im- ren der Samenparlamente am Aushandlungspro- plementieren. zess sei wichtig (Beobachtungsprotokoll J. L.).28

17 Wie die UNESCO und die CBD setzt sich WIPO mit Wissen (im Jargon der WIPO TK genannt) und Inno- immateriellen Kulturgütern auseinander. Zu- vationen zu erfassen. 2000 richtete die Organisati- gangsweisen und Denitionen sind allerdings nicht on schließlich auf Grundlage der Berichte der Fact- deckungsgleich. Die Weltorganisation für geistiges Finding Missions das Intergovernmental Commitee Eigentum (WIPO) wurde 1967 eingerichtet, um ein on Traditional Knowledge, Genetic Resources and internationales System für geistiges Eigentum zu Folklore (IGC) ein (Åhrén 2002: 65). schaen. Anders als der Konzeption der UNESCO Obwohl die samischen Gemeinschaften nicht liegt der Idee des Intellectual Property der Gedanke direkt durch die Fact-Finding Missions angespro- eines exklusiven Eigentums an zunächst individu- chen wurden, partizipieren seit der ersten Sitzung ell erzeugter Kultur zugrunde. Ausgehend von der 2001 samische Vertreter aktiv im IGC. Mattias Beschäftigung mit Intellectual Property Rights (IPR) Åhrén, samischer Jurist und Menschenrechtler, wurde ein zwischenstaatliches Komitee (WIPO-IGC) analysierte 2002 aus indigener Sicht die indigene eingerichtet, um Möglichkeiten zu eruieren, das Partizipation in den ersten zwei Sitzungen des IGC traditionelle Wissen (TK), traditionelle kulturelle und die Beziehung zwischen den WIPO-Konzepten Ausdrucksformen (TCE) und genetische Ressourcen Genetische Ressourcen (GR), Traditionelles Wissen (GR) indigener Ethnien und lokaler Gemeinschaf- (TK) und Folklore sowie traditionellen Geistigen ten vor der Aneignung durch Außenstehende zu Eigentumsrechten (IPR). Er stellt heraus, dass die schützen. Der Samenrat hatte im Juli 1998 die Be- indigene Gemeinschaft häug skeptisch sei, wenn schäftigung mit indigenen Rechten an intellektuel- transnationale Organisationen sich Themen wid- lem Eigentum gefordert. So wies der Vizepräsident meten, die für sie relevant seien.29 Dennoch hat des Samenrats, Lars Anders Baer, während eines das IGC auf ihn den Eindruck gemacht, dass es „in- Roundtables on Intellectual Property and Indige- digenous peoples' particular concerns“ bei der Aus- nous Peoples darauf hin, dass es wichtig sei, recht- arbeitung von Schutzmechanismen von GR, TK und lich bindende Instrumente zu schaen: TCEs in Erwägung ziehe (ebd.: 67). Die Aushand- „There is (…) an urgent need to develop bind- lungsprozesse ziehen sich hin. Die Sitzungen ver- ing legal instruments on indigenous intellec- liefen Groth zufolge nicht immer „reibungslos“ tual property rights, and WIPO has an impor- (Groth 2009a: 34). 2011 gaben die indigenen Dele- tant role to play in this regard. The Saami gationen, darunter ein Vertreter Sámikopiijas, ein Council strongly urges WIPO, as soon as pos- gemeinsames Statement ab, in dem sie betonen, sible, to initiate a standard setting process in dass ihre Sichtweise in der 18. Sitzung nicht berück- the eld of indigenous intellectual property sichtigt worden sei.30 Sie seien „merely spectators“ rights. … The Saami Council is of the opinion gewesen.31 Sie forderten, dass ihre Interessen in that WIPO should consider to undertake a den auszuhandelnden Rechtsinstrumenten der study on the concept and scope of indigenous WIPO berücksichtigt werden und stellten dazu ei- intellectual property rights“ (WIPO/INDIP/RT/ nige Grundprinzipien auf.32 98/4a). Die Konzepte des Cultural Property und des Cul- Zudem forderte der Samenrat die Einrichtung ei- tural Heritage sind miteinander verochten und ner Arbeitsgruppe oder eines Komittees: bezeichnen kollektive kulturelle Erzeugnisse, die als schützenswert angesehen werden. Sie unter- „(...) WIPO should establish a working group scheiden sich dennoch in ihrer Bedeutung. Bendix/ or committee on indigenous intellectual Bizer gehen davon aus, dass sich "die Erweiterung property rights with the full and eective par- des Verständnisses von 'kulturrelevantem' Eigen- ticipation of indigenous peoples.“ (ebd.) tum ... vor allem über zwei Bewegungen verfolgen" 1998 und 1999 entsandte die Weltorganisation für lasse: (1) "die Bemühungen um den Schutz von Kul- geistiges Eigentum (WIPO) neun sogenannte Fact- turgütern vor Zerstörung und Vergessen", (2) "die Finding Missions in 28 Länder mit indigener Bevöl- Versuche, kulturelles Eigentum mit Nutzungsrech- kerung. Dies sei eine Reaktion auf die Reichweite, ten zu versehen" (Bendix und Bizer 2010: 4). Wäh- die die Kommerzialisierung von kollektiv generier- rend Cultural Property das exklusive Eigentum ei- ten kulturellen Erzeugnissen angenommen hatte, ner Gruppe darstelle, das es vor Diebstahl und sowie auf die neuen Herausforderungen für das Zerstörung zu schützen gelte und „Technologien Geistige Eigentumssystem, die Veränderungen in der Souveränität“ nach sich ziehe, sei Cultural He- der globalen Marktwirtschaft, in den Informations- ritage das inklusive Erbe der gesamten Menschheit, und Transporttechnologien usw. mit sich gebracht das mit „Technologien der Gouvernmentalität“ be- haben, gewesen. Das Ziel der Fact-Finding Missions wahrt werden müsse (Bendix und Hafstein 2009). war es, den Bedarf der potentiellen Rechteinhaber Obwohl es seit 1954 zu einer Begriserweiterung an Geistigen Eigentumsrechten an traditionellem des Cultural Property gekommen sei (Peselmann

18 und Socha 2010: 68) und auch Cultural Heritage kulturarv 'Kulturerbe' genutzt. Während kultur- durch die Übereinkommen der UNESCO von 1972 minne (wörtlich übersetzt Kulturgedächtnis) mate- und 2003 speziziert wurde, ist beiden Konzepten rielles Kulturgut im Sinn des Haager Übereinkom- gemein, dass sie Strategien der selektiven Inwert- mens meint, fasst kulturarv unter anderem die WI- setzung von Kultur darstellen. In der Auseinander- PO-Kategorien TK, TCE und GR. Zudem haben sich setzung mit traditionellem (ökologischen) Wissen die Begrie Tradisjonell kunnskap (TK) und kultu- Indigener kommt eine weitere Komponente hinzu: ruttrykk (TCE) durchgesetzt. Im Nordsamischen (3) die Dekolonisierung der Wissenschaft mit der werden u.a. die Begrie árbediehtu 'traditionelles Forderung traditionelles Wissen als indigene Ex- Wissen' und árbevirolaš máhttu 'traditionelle Fä- pertise zu akzeptieren und der konventionellen higkeiten' genutzt. Wissenschaft gleichzustellen. Es zeichnen sich also drei Diskursstränge ab, die in der wissenschaftli- 4 KONTEXTUALISIERUNG chen Diskussion um samisches traditionelles Wissen erkennbar sind. Anlehnend an die Formulierung Wer ist ein Sámi? Dieser Frage gehe ich im folgen- des Juristen und Menschenrechtlers Mattias den Kapitel nach. „Es gibt kaum eine Minderheit in Åhrén33 nehme ich folgende Unterteilung vor: Europa, über die so viel geschrieben wurde wie über die Sámi,“ stellt Outi Tuomi-Nikula in ihrem Artikel „Identität zwischen Lokalität und Globaltät: Die nnischen Sámi“ fest (Tuomi-Nikula 2000: 185). Tabelle 3: Diskursstränge Durch die Beschreibungen von meist männlichen, 1 Kultur als identitätsstiftendes Element für in- nicht-samischen Autoren institutionalisierte sich digene Gruppen und deren Angehörige ein teils romantisierender Diskurs über die Le- bensweise und Folklore der Sámi (bzw. Lappen), 2 Schutz, Erhaltung und Konservierung der sich bis heute in Texten über samische Kultur samischen traditionellen Wissens nden lässt. Einige der Stereotypen wurden von 3 Die Wechselwirkungen zwischen traditionel- der ethnopolitischen Bewegung aufgegrien und lem Wissen und konventioneller Wissenschaft erfuhren einen Bedeutungswandel. Das Konzept des Kulturellen Eigentums wird genutzt, um kol- lektive Identitäten zu stabilisieren. Daher werde Die Konzepte Kulturerbe und Kultureigentum kon- ich zunächst herausarbeiten, welche Bedeutung struieren kollektive Subjekte, wie Bendix und Stereotype für samische Akteure bzw. die Reprä- Hafstein herausarbeiten. Während Cultural Heri- sentation samischer Kultur haben. Inwiefern wer- tage jedoch eher ein „inclusive subject, a collective den Konstrukte eines „Wir“-Bildes hinterfragt? Wie 'we' that is entreated to stand together to prevent wurden diese Stereotype durch Literatur und degradation and loss“ schae, sei Cultural Property schriftliche Repräsentationen konstruiert und „by default exclusive, subject to misappropriation transportiert? Wie werden Stereotypisierungen im and entitled to restitution“ (Bendix und Hafstein Tourismus sichtbar gemacht? Nachfolgend möchte 2009: 6). Hier stehe weniger die Bewahrung kultu- ich auf die Entwicklung der ethnopolitischen Be- reller Elemente zum Wohl der Menschheit im Fo- wegung sowie politischer Institutionen auf natio- kus, sondern „theft by others“ (ebd.). Der Sozial- nalem Level eingehen. Deren Angehörige verfügen anthropologe Thomas H. Eriksen arbeitet zwei ge- über die Möglichkeit, sich am Diskurs zu beteili- genteilige und konkurrierende Ansichten kulturel- gen. Um gehört zu werden, müssen samische Ak- len Eigentums heraus, die in den Diskurssträngen teure einerseits innerhalb der normativen Struktu- zum Greifen kommen: „it should be shared with as ren der Mehrheitsgesellschaft argumentieren und many as possible“ und „it should be protected“ (E- andererseits ihre Andersartigkeit betonen (Green riksen 2004: 274). Dies erschwert den Konstituie- 2009). Dabei bewegen sie sich auf einem schmalen rungsprozess. In diesem wird vielfach betont, dass Grat zwischen „'too dierent'“ und „'too similar'“ zur kein exklusives Eigentum an samischer Kultur an- Mehrheitsgesellschaft (ebd.: 23). gestrebt werden. Die Frage, wie Kultur dennoch vor unerwünschtem Gebrauch geschützt werden kann, 4.1 Identitäten: Auf der Suche nach De"nitionen beschäftigt diverse Akteure. „Touristen, die durch Nordnorwegen reisen, Für samisches traditionelles Wissen werden un- haben doch wenig Schwierigkeiten, einen terschiedliche Begrie verwendet, die sich teilwei- Sámi zu identizieren. Zuerst sieht man das se an der Terminologie der transnationalen Orga- Zelt (das Lavvo), dann die farbenreichen nisationen orientieren, teilweise aber auch nord- Trachten und manchmal ein Rentier oder samische Neologismen sind. Im Norwegischen zwei“ (Paine 2003: 291) – Übers. a. d. Norw. J. werden die Begrie kulturminne 'Kulturgut' und L.

19 Dieses touristische Konstrukt des stereotypen Sámi ihrer Ethnie erzeugen würden. Hierdurch würden bzw. eines „emblematischen Bildes“ (Olsen 2004) die Kriterien, die die Kategorie „Minderheit“ mit ist vielerorts – nicht nur in Nordnorwegen, son- sich bringt, erst erfüllt werden können. Durch na- dern auch in Finnland und Schweden – sichtbar. tionale Symbole (Flagge, Hymne, Feiertag),36 die in Die eigentliche Diversität der samischen Gesell- der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschaen schaft bleibt für Außenstehende verborgen. Einige wurden, werde „die innere Struktur der Minderheit Angehörige der samischen Minderheit in Schwe- umgedeutet, so daß aus der gegebenen Vielfalt den, Norwegen und Finnland erfahren einen ekla- eine homogene Gruppe, eine Einheit, eine Nation tanten Unterschied zwischen der ihnen von außen konstruiert werden kann“ (Toivanen 2001: 122). Toi- zugeschriebenen kollektiven Identität, die sich vor vanen spricht von einem „nationalisierenden Dis- allem über kulturelle Symbole wie das Lavvo, die kurs“ (ebd.).37 An der Institutionalisierung dieses Kleidung oder die Rentiere konstituiert und sie Diskurses hatten die ethnopolitische Bewegung objektiviert, und dem eigenen Selbstbild, das da- und Samenparlamente einen entscheidenden Part. mit nicht übereinstimmt. Olsen geht davon aus, dass die Herausbildung der Thuen arbeitet drei Typen von lokalen Diskur- ethnopolitischen Bewegung samische Identität sen zu samischer Ethnizität heraus: den Ort als Zu- symbolisch manifestiert habe (Olsen 2007: 77). Zum gehörigkeitsparameter (stedet som tilhøringspara- einen sei durch die Bewegung die Rentierwirtschaft 38 meter), Familie/Verwandtschaft als Basis für Identi- betont worden, zum anderen habe sie dazu ge- tätszuschreibung (slekten som basis for identites- führt, dass Ethnizität zum primären Ordnungsprin- tilskrivning) und einen sogenannten impliziten zip werden konnte (ebd.). Diskurs (den implisite diskursen), der eine Metabot- Die drei Samenparlamente in Norwegen, schaft über das Samische vermittele (Thuen 2003). Schweden und Finnland haben größtenteils de- Durch diese drei Diskurse werde auf lokaler Ebene ckungsgleich in einem Act on the Sami Parliament ausgehandelt, was es bedeutet samisch zu sein. oiziell deniert, wer als Sámi zur Wahl des sami- Gleichzeitig werden diese Diskurse durch globale schen Parlaments berechtigt ist. In Finnland z.B. Diskurse beeinusst. Das oizielle Identikati- gilt eine Person als Sámi, die sich selbst als Sámi onsangebot wiederum wird der Diversität der sami- deniert und 1. Samisch als erste Sprache gelernt schen Bevölkerung nicht gerecht. hat oder ein Eltern- oder Großelternteil hat, des- Die Frage nach Legitimität und Repräsentativi- sen erste Sprache Samisch ist, 2. Nachkomme einer tät ist die grundlegendste im Diskurs um Eigentum Person ist, die als Berg-, Wald- oder Seelappe in das an samischer Kultur. „Man soll eine deutliche Ver- Grundbuch, Steuer- oder Einwohnerregister einge- bindung zu der samischen Kultur haben. Duodji34 tragen ist, oder 3. bei dem wenigstens eines seiner soll in der samischen Gesellschaft bewahrt werden Elternteile als Wähler für die Wahl einer samischen und Sámi vorbehalten sein“35 (Laestadius 2010) – in Delegation oder des Samenparlamentes registriert traditionalistischen Kommentaren wie diesen wird worden ist oder worden sein könnte. Somit wird die samische Kultur ethnisiert. Womit wiederum ganz samische Identität oiziell über Sprache und Ab- andere Problemfelder erönet werden: Was ist sa- stammung deniert. Diese oizielle Denition wird mische Kultur? Wer deniert samische Kultur? Wie durch kulturelle Symbole wie den Joik, die Gákti, soll Kultur bewahrt werden? Durch Praxis? Durch Rentierzucht und Duodji komplettiert. Kasten ist Archivierung? Wird die Kultur dadurch nicht de- der Ansicht, dass Selbstkonzepte und zugeschrie- kontextualisiert und statisch? Wenn samische Kul- bene Identitäten nicht als gegenteilig und vonei- tur exklusiv sein soll – kann es dann Inspiration nander isoliert gesehen werden dürften, sondern von außen geben? Wer ist legitimiert sie zu bewah- in Beziehung miteinander stehen (Kasten 2005). ren? Die samische Gesellschaft im Ganzen? Wer re- Die Geschichte der Sámi ist von Fremdbestimmun- präsentiert die samische Gesellschaft? Wer de- gen und -zuschreibungen durchzogen. Einerseits niert, wer zu dieser Gesellschaft gehört? Wer ist ein haben Assimilierungspolitiken, europäische Ro- Sámi? mantisierungen und ethnographische Erndung „den Sámi“ eine passive Rolle zugeschrieben, an- Eine homogene samische Gemeinschaft ist ein dererseits trugen und tragen auch Sámi selbst zum soziales wie auch kulturelles Konstrukt, das sowohl Konstrukt ihrer Ethnie bei. Während Harald Ei- innerhalb der samischen als auch der Mehrheitsge- dheim 1969 in seinem Artikel When Ethnic Identity sellschaft diskursiv geformt wird. Reetta Toivanen is a Social Stigma zu der Erkenntnis komme, dass in kommt in ihrer Dissertation mit dem Titel Minder- den 1960er Jahren Sámi der Küstenregionen der heitenrechte als Identitätsressource. Die Sorben in Finnmark ihre ethnische Identität nur in „closed Deutschland und die Saamen in Finnland (2001) zu mono-ethnic Sámi spheres“ gezeigt und vor Nor- dem Ergebnis, dass Sámi trotz dieser faktischen wegern versteckt hätten (Eidheim 1969, zit. n. Ol- Heterogenität ein homogenes Erscheinungsbild sen 2007), zeigt Christina Åhrén in ihrer ethnologi-

20 schen Studie Är jag en riktig same? (2008), dass es Pia steht stellvertretend für junge Menschen, auch zwischen Menschen samischer Herkunft zu die auf der Suche nach einer samischen Zugehörig- Stigmatisierungen kommt. keit sind. Obwohl sie einen samischen Vater hat, In der so durch eine samische Elite konstruier- sei sie bisher nur sporadisch mit dem in Berührung ten und durch Diskurse institutionalisierten Iden- gekommen, was als das Bild eines „'emblematic tikationsäche ndet sich nur ein Teil der hetero- Sámi'“ (Olsen 2004) bezeichnet werden könnte. Sie genen samischen Minderheit wieder. Christina passt wie viele andere Sámi nicht in dieses konstru- Åhrén beschreibt, wie eine ihrer Interviewpartne- ierte kulturelle Bild: Sie besitze z.B. keine Gákti rinnen zum ersten Mal eine samische Jugendorga- und sei als Tierrechtlerin verwundert über die Ein- nisation besucht und sich währenddessen ausge- dringlichkeit, mit der die Jugendlichen über die schlossen (utanför) fühlte – zum einen, da sich auf Rentierzucht reden (Åhrén 2008). dem Treen alle zu kennen schienen, zum ande- ren, da fast alle Anwesenden eine Gákti trugen: 4.2 Repräsentationen: „Die Sámi“ „Pia fühlte sich während des Treens aus- Im Folgenden soll dargestellt werden, wie Reprä- geschlossen. Die meisten anderen Jugendli- sentationen – von Fremdzuschreibungen bis zu chen kannten einander bereits. Es stellte sich Selbstbildern – das Konstrukt einer homogenen heraus, dass sie zum Teil Kindheitsfreunde Ethnie der „Sámi“ beeinusst haben. Dieser Dis- waren. Außerdem trugen fast alle Gákti. Pia kurs spielt eine wichtige Rolle in der Konstituie- hatte keine solche und dies unterstrich ihr rung eines samischen Cultural Property.41 Außenvorsein. Es fühlte sich seltsam an, sagt Die Wissensproduktion über Sámi ist bis ins 20. sie, in ein Forum einzudringen, in dem nor- Jahrhundert hinein überwiegend durch Repräsen- male Jugendliche ihre moderne Kleidung ab- tationen Außenstehender und deren heterostereo- gelegt und sich in eine traditionelle Bek- type Zuschreibungen gekennzeichnet. In den Er- leidung gekleidet hatten. Sie hatte nicht ge- zählungen von Missionaren, Schriftstellern, Wis- dacht, dass es so sein würde, sondern hatte senschaftlern, Medien, Tourismusunternehmen, erwartet, dass die Jugendlichen ihre nor- Menschenrechts- und Umweltorganisationen wur- malen Kleider tragen wollen würden. Nun de und wird die samische Kultur häug verzerrt fühlte sie sich ausgeschlossen, weil sie keine dargestellt. Ob Stigmatisierungen oder Romanti- Samentracht hatte. Es hätte sich besser sierungen – die stereotype Darstellung von Min- angefühlt, wenn sie eine Gákti besessen hätte derheiten ist bis in die Gegenwart hinein in Reprä- und sich dann selbst entschlossen hätte, sie sentationen zu nden und beeinusst sowohl die nicht zu tragen. Deshalb hat sie ihren Papa Fremd- als auch die Selbstwahrnehmung einer kol- darum gebeten zu fragen, ob ihr jemand eine lektiven Identität als „Sámi“. Samentracht nähen kann. Das, glaubt sie, Samisches traditionelles Wissen wurde durch wird dazu beitragen, dass sie sich beim etliche Autoren thematisiert, jedoch vornehmlich nächsten Ereignis besser fühlt.“ (Åhrén 2008, durch Außenstehende. Zwar erschienen bereits im 151f. – Übersetzung aus dem Schwedischen 17. Jahrhundert erste Texte in samischer Sprache – J.L)39 1619 z.B. eine samischsprachige Fibel – doch der Wie Åhrén feststellt, dient die samische Kleidung, Schritt aus der Marginalisierung in der Literatur insbesondere die Gákti, als ein Symbol, um Ge- durch (verschriftlichte) Selbstrepräsentation hat meinschaft zu erzeugen (Åhrén 2008, 152). Durch seinen Beginn erst im Verlauf der ersten Jahrzehn- sie wird eine scheinbare Homogenität nach außen te des 20. Jahrhunderts. Vorreiterrollen fallen hier transportiert. Auch, dass die Rentierzucht für die Johan Turi und Elsa Laula Renberg sowie den ers- Jugendlichen ein wichtiges Thema gewesen sei, ten samischen Printmedien zu. Sowohl Fremd- als habe Pia irritiert. Rentierzucht und Gákti scheinen, auch Selbstbeschreibungen leben von der Di- unreektiert von außen betrachtet, wichtige, die chotomisierung, der Abgrenzung zu einem „An- samische Zusammengehörigkeit konstituierende deren“ - „Terminology is used to construct a na- Elemente. Olsen 2004 bezeichnet dieses Phäno- tional identity that refers to the past to externalise men als „'emblematic' signs“, Zeichen, die ausge- dierence: (national) unity is possible because the wählt worden seien, um für eine bestimmte soziale negative pole of the dichotomy is someone or Gruppe zu stehen. Dies geschehe oftmals in der something else“ (Groth 2010a: 18). Das „Othering“ Kontrastierung mit anderen Gruppen (Olsen 2004: und die präjudizierende Beschreibung des „Volks 292). Insbesondere ethnische Minderheiten wie die der Samen“ spielen eine bedeutende Rolle im Cul- Sámi müssten sich verstärkt auf das „cultural i- tural Property-Diskurs.42 mage of the group“ verlassen können.40

21 Johan Turi wird die Rolle des ersten samischen den Volksgeist der sogenannten „rohen Lapplän- Schriftstellers zugeschrieben.43 Sein Buch Muittalus der“ zu zeigen (Herder, zit. n. Gaskill 2001, DuBois samiid birra [Erzählung von dem Leben der Lap- 2006).45 Aus dem Deutschen gelangte durch die pen, 1912], erschien 1910 und wird als die erste um- Übersetzung des Finnlandschweden Johan Ludvig fassende ethnographische Repräsentation der Sámi Runeberg das Lied wiederum erneut ins Schwedi- aus der Sicht eines Samen auf Samisch bezeichnet. sche. Doch obwohl Runeberg die Herdersche Fas- Die Publikation wurde in Redaktion mit Emilie De- sung des Brautlieds unter dem Titel Färden till den mant-Hatt erstellt, der nachgesagt wird, dass sie älskade (Lappsk sång) [Die Fahrt zur Geliebten] ins einen entscheidenden Part im Schreibprozess Schwedische übersetzte, blieb Scheers Lapponia spielte (Kuutma 2008, Cocq 2008). Kuutma be- für die schwedisch- und nnischsprachige Bevölke- zeichnet das Werk als „collaborative ethnography rung bis zu ihrer publizierten Übersetzung in ihrer before its time“ (Kuutma 2003). Diesem Werk Turis, verschriftlichten Form unzugänglich. So beein- dessen hundertjähriges Jubiläum 2010 mit einer usste dieses Werk grundlegend vor allem die Neuveröentlichung auf Samisch gefeiert wurde, Fremdwahrnehmung der Sámi durch die europäi- gingen Jahrhunderte von Fremdbeschreibungen schen „Gelehrten“ der Zeit und wirkt bis heute in durch Außenstehende wie Missionare, Ethnogra- der Repräsentation der Sámi nach. Obwohl sami- phen, Anthropologen, Sprachwissenschaftler, schen Erzählern durch die Veröentlichung von Geistliche u. a. voraus (Helander und Kailo 1999: Folklore gewissermaßen eine Stimme gegeben 14). Sowohl Autoren als auch Rezipienten dieser wurde, waren diese Werke lediglich Publikationen ersten Beschreibungen der Sámi und ihrer Le- durch außenstehende, meist männliche Autoren, bensweise werden vor allem Männer gewesen sein. die wiederum ein verzerrtes Bild (re)produzierten. Dies gilt, wie Linda T. Smith konstatiert, für die Re- Das Publikationswesen beginnt sich erst all- präsentation vieler indigener Gesellschaften: mählich für samische Schriftsteller und Autorin- „Travellers' stories were generally the experi- nen zu önen. Auch im 21. Jahrhundert ist der ences of white men whose interactions with Buchhandel von Machtverhältnissen durchzogen, indigenous 'societies' or 'peoples' were con- die Angehörigkeiten von Minderheiten die Veröf- structed around their own cultural views of fentlichung von Literatur in ihrer Sprache erschwe- gender and sexuality.“ (Linda T. Smith 1999: ren: 8). „For every Sámi word I have published, I have Zudem seien Folklore und traditionelles Wissen, so been forced to beg for money from the repre- Coppelie Cocq, vielfach instrumentalisiert worden sentatives of the government“ (Paltto und – „in order to establish an authority or for political Kuokkanen 2010: 42). purposes“ (Cocq 2011). Die Schwierigkeiten der nanziellen Förderung Zu denen, deren Schriften maßgeblich für die samischer Literatur, die Paltto hier anspricht, der Wahrnehmung der Sámi durch Außenstehende wa- kleine Umsatzmarkt sowohl für originäre als auch ren, gehörten der katholische Erzbischof Olaus für in andere europäische Sprachen übersetzte Magnus, der als Reisender im 16. Jahrhundert mit Minderheitenliteratur sowie für Übersetzungen seiner Carta Marina und der „Beschreibung der von Weltliteratur ins Samische machen deutlich, Völker des Nordens“ das Bild eines „wilden Nor- dass die Machtstrukturen der Repräsentation un- dens Europas“ zeichnete, sowie Johannes Schee- gleich verteilt sind. Nicht jede/r verfügt über die rus, der 1673 mit seiner auf Latein erschienen Lap- gleichen Möglichkeiten „to write or be written a- ponia eine Art Ethnographie schuf. Kurz nach Er- bout, to speak or be spoken for“ (Coombe 1998: scheinen folgten Übersetzungen der Lapponia ins 212). Die Bemühungen heutiger samischer Schrifts- Englische, Deutsche, Französische und Niederlän- tellerinnen, Wissenschaftler, Politikerinnen, Men- dische. Vor allem die zwei darin enthaltenen Lie- schenrechtler, Künstlerinnen, Photografen, Musi- der bzw. Joiks von Olaus Sirma, Moarsi fávrrot kerinnen, Tourismusbetreibende, duojarit und [Brautlied] und Guldnasaš, sind im deutsch-, fran- Medienmacher, sich selbst kulturell und politisch zösisch- und englischsprachigen Raum mit Begeis- zu repräsentieren, werden zudem durch Repräsen- terung rezipiert worden (Winkler 1996),44 beein- tationen durch Nicht-Sámi konterkariert. Die Dar- ussten die Lyrik Goethes (DuBois 2006) und fan- stellung eines Samischseins und samischer Kultur, den durch Rezitation („wenigstens aus der dritten Folklore und traditionellen Wissens war also lange Hand, denn ich habe Scheer nicht bei mir“) Ein- Zeit fremdbestimmt. klang in die Volkslieder Herders (Gaskill 2001). Die Die internationale Aufmerksamkeit für die Rezeption und Rezitation des Liedes transportierte Sámi, die, wie bereits erwähnt, ihren Beginn in die Vorstellungen und das Gedankengebäude der sprachwissenschaftlich, missionarisch und ethno- Romantik und diente unter anderem Herder dazu, graphisch motivierten Beschreibungen fand, wan-

22 delte sich zu einer Popularisierung des ethnogra- ratur – weniger entwickelt seien als die Medien der phischen Wissens um Sámi, das seine Gestalt in den Mehrheitsgesellschaften. Völkerschauen und der Musealisierung von Objek- Die Entstehungsgeschichte der samischen Me- ten annahm. Darin wurde das Bild des „exotischen dien ist eng mit politischen Interessen verknüpft. Lappländers“, das bis heute z.B. im Tourismus prä- Als 1904 die ersten Ausgaben der Zeitung Sagai sent geblieben ist, verfestigt. So stellten die Ha- Muittalægje erschienen, war dies entscheidend für genbeckschen Völkerschauen eine erste direkte das Selbstverständnis der Sámi. Das Medium, he- Vermarktung samischer Menschen und ihrer Kul- rausgegeben von Anders Larsen, fungierte zum tur durch Dritte im Ausland dar, während die einen als „Bindeglied zwischen den Sámi“ (Bjerkli schriftlichen Fixierungen die samische Kultur be- und Selle 2003), zum anderen unterstützte es in reits indirekt kommerzialisierten.1926 erteilte Lo- einer Zeit, da sich die ersten Sámi politisch organi- renz Hagenbeck seinem Mitarbeiter Jacobsen den sierten, das samenpolitische Programm Isak Sabas. Auftrag, "8-9 Lappländer, einschl. 1 oder 2 Kindern, Dieser war 1906 als erster Same in das norwegische 8-10 eingefahrene große schöne Renntiere, welche Parlament, Storting, gewählt worden. Im selben wohl am besten in Mittelschweden zu holen sind, Jahr veröentlichte Sagai Muittalægje Sabas Ge- 2-3 Schlitten, 2-3 Zelte, 1-2 Hunde, sowie das nötige dicht Sámi soga lávlla, das achtzig Jahre später als Kleider- und Ausrüstungsmaterial, welches die samische Hymne zum identitätspolitischen Symbol Leute gebrauchen“ (Thode-Arora 1989: 83) zu be- wurde. Obwohl alle Versuche scheiterten, die Zei- sorgen. Zur Identizierung der Leute als „Lapplän- tungen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ge- der“ dienten nicht etwa die heute geltenden Krite- gründet wurden, langfristig zu etablieren, hatten rien Selbstidentikation, Sprache oder Verwandt- sie Eingang in das kollektive Gedächtnis der Sámi schaft, sondern die Physiognomie und die „authen- und bereiteten so mit den Weg für die ethnopoliti- tische“ Kleidung und Ausrüstung der Ausgestell- sche Bewegung, die nach dem Zweiten Weltkrieg ten. Für das Gelingen der Performance und das entstand. Nachdem sich zu Beginn des 20. Jahr- Empnden einer „authentischen“ Szenerie durch hunderts die Debatte gegen die Assimilierungspoli- das Publikum war das Aussehen der „Ausstellungs- tiken der Regierungen noch auf lokaler sowie nati- objekte“ wichtig. Diese Anforderungen stellten onaler Ebene bewegte, wurde sie nun zunehmend Jacobsen jedoch vor einige Schwierigkeiten. In auf die pansamischen, indigenen und internatio- Rørøs z.B. seien die Trachten, so schreibt Thode- nalen Ebenen ausgeweitet. Die Voraussetzungen Arora, nicht mehr von den Bewohnern getragen hierfür wurden durch die ethnopolitische Bewe- worden. Die noch vorhandenen Trachtenteile seien gung der Sámi geschaen, die im Zuge des soge- unveräußerlich gewesen. Aus diesem Grund seien nannten Alta-Konikts erstarkte und Netzwerke zu einige der benötigten Trachten eigens für die Völ- Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kerschauen genäht worden. Werbeplakate des Li- schuf. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den thographen Adolph Friedländer begleiteten die Medien wieder, welche zusehends zu einer Mi- Völkerschauen. schung aus indigenem Medium, Medium ethni- Als eine der weltweit größten Exportindustrien scher Minderheiten und Minderheitensprachen- importiere die Tourismusindustrie heute „visitors medium wurden (Pietikäinen 2008). to consume goods and services locally“ (Kirshen- Wie bereits angesprochen, wird durch Medien- blatt-Gimblett 1998: 153). Jährlich reisen ungefähr inhalte die soziale Wirklichkeit, in der Minderhei- 3,5 Millionen Touristen nach Finnland, darunter ten wahrgenommen werden, konstruiert und ver- vor allem Deutsche, Schweden und Russen. Diese festigt. Dies gilt im gleichen Maße für negative, machten 2007, der nnischen Tourismusbehörde positive sowie fehlende Repräsentationen in den MEK zufolge, 12,6 % der Besucher sogenannter „At- sogenannten „Mainstream-Medien“ (Pietikäinen traktionen“ aus. Der Tourismus habe sich vor allem 2008) wie auch in den Minderheitenmedien. Sami- auf die großen Städten sowie das nördliche Lapp- sche Nachrichten, Informationen und Programme land konzentriert. machen quantitativ nur einen geringen Teil der Einen nicht unerheblichen Anteil an den Reprä- Medieninhalte in Norwegen, Schweden und Finn- sentationen der Sámi und der Konstruktion der land aus. Auagenstarke überregionale Tageszei- Wirklichkeit haben die (nordischen) Medien. In den tungen wie Helsingin Sanomat (Finnland) und Ver- letzten zwei Jahrzehnten wurde die gegenwärtige dens Gang (Norwegen) nehmen nur selten sami- samische Medienlandschaft durch einige Forscher sche Themen in ihre Berichterstattung auf. Ledig- und Forscherinnen porträtiert. Sari Pietikäinen lich auf regionaler und lokaler Ebene erreichen (2008) charakterisierte die samischen Medien un- samenpolitische Fragen eine breitere Öentlich- ter dem Begri „ethnic minority media“, welche keit. Eli Skogerbø kam durch eine Inhaltsanalyse aufgrund fehlender Ressourcen – ähnlich der Lite- norwegischer Medien zu dem Ergebnis, dass die

23 samenpolitische Debatte vor allem in samischen in der norwegischen Schriftsprache Bokmål47 sowie Medien (NRK Sápmi, Ságat und Ávvir),46 Internetfo- auf Nordsamisch und stellen ein täglich aktuali- ren sowie in den Lokal- und Regionalzeitungen der siertes Periodikum dar. Teilweise erscheinen die Fylken mit samischer Bevölkerung (Finnmark, Berichte parallel als Radiobeitrag, werden als Troms, ) stattnde (Skogerbø 2003: 361 f.). Nachrichten des grenzüberschreitenden Nachrich- In den letzten Jahren wird die mediale Öentlich- tenprogramms Ođđasat audiovisuell aufbereitet keit zudem verstärkt durch samenpolitische Dis- oder durch eine Photogalerie dokumentarisch be- kussionen in der Bloggosphäre und den sozialen gleitet. Durch Querverweise zu früheren Berichten Medien (Facebook, Twitter) erweitert. oder externen Internetseiten werden die Nachrich- Da insbesondere NRK Sápmi mit seinem vielsei- ten intertextuell verknüpft. Das so aufbereitete tigen Medienangebot die samenpolitische Debatte Material wird wiederum in sozialen Medien (Face- transportiert, werde ich im Sinne der Kritischen book und Twitter) verlinkt und dient zudem als Diskursanalyse eine Charakterisierung dieses Me- Quelle für andere Medien. diums vornehmen. Dessen redaktionelle Nachrich- tenbeiträge auf NRK.no/Sapmi sind Grundlage für 4.3 Politiken: Geschichtliche Situation und die Feinanalyse. heutige Kulturpolitik NRK (Norsk Rikskringkasting) bendet sich zu Während samische Kultur in der Literatur roman- hundert Prozent im Besitz des norwegischen Staa- tisch verklärt wurde, diente sie auf politischer Ebe- tes und wird bis zu 96 % aus Rundfunkgebühren ne der Herausbildung eines Nationalbewusstseins nanziert. Der Nationalstaat bildet demnach hier – in Norwegen, wie auch in Finnland und Schwe- einen der Rahmen, in denen Samenpolitik sichtbar den, wurde durch Zwangschristianierungen, ge- gemacht wird (Broderstad 2003). Der Sendeauftrag zielte Besiedlung der nördlichen Gebiete sowie die der Rundfunkgesellschaft wird durch das norwegi- mit kultur- und sozialdarwinistischen Überlegun- sche Parlament (Storting) festgesetzt und ist in dem gen begründeten Assimilationspolitiken versucht, sogenannten NRK-plakat festgehalten. Dadurch eine nationale Einheit zu schaen. Dies geschah verpichtet NRK sich unter anderem, das Ideal der entweder durch Nivellierung oder Betonung der Demokratie sowie die norwegische und samische Unterschiede zwischen der Majoritätsbevölkerung Sprache, „Identität“ und „Kultur“ durch sein Pro- und der Minorität. Laut Tuomi-Nikula stellte die gramm zu stärken. Um dies zu erreichen, sollen „gezielte Kolonisierung Lapplands durch die Majo- sowohl die geographische als auch die gesellschaft- ritätsbevölkerung“, die erfolgte, nachdem Lapp- liche Vielfalt sowie das „Kulturerbe“ in Norwegen land zum Staatseigentum erklärt worden sei, die durch das Programm vermittelt und die „norwegi- erste einer dreifachen Bedrohung für die samische sche Wirklichkeit“ gespiegelt werden. Als Kontroll- Gesellschaft dar (Tuomi-Nikula 2000: 187 f.). Die instanz für die Einhaltung der Rahmenbedingun- zweite Bedrohung sieht Tuomi-Nikula im Rassis- gen dient die Medienaufsicht medietilsynet. NRK ist mus. Erst die dritte von Tuomi-Nikula ausgemachte zudem der Einhaltung des Rundfunkgesetzes (LOV Bedrohung für das Samische, der Eingri in die 1991-12-04 nr 127) verpichtet. Umwelt durch Konzerne, habe zu einer Protestbe- Eine Abteilung des Rundfunksenders ist NRK wegung samischer Aktivisten geführt. Minde hin- Sámi Radio, das 2010 in NRK Sápmi umbenannt gegen macht für die ersten drei Jahrzehnte des 20. wurde. Sie verfügt über zwei Redaktionen: die Pro- Jahrhunderts eine erste Phase der ethnopoliti- grammredaktion und die Nachrichtenredaktion. schen Bewegung aus. Diese sei allerdings erfolglos Seit 1946 sendet NRK Radioprogramme auf Sa- geblieben (Minde 1996). Erste Anstrengungen sich misch. Nachdem NRK Sámi Radio eine eigene gegen die Assimilationspolitiken der Staaten zu Rundfunkstation in Karasjok erhielt und NRK zu- organisieren fanden zu Beginn des Jahrhunderts nehmend auch samische Sendungen in sein Fern- unter der südsamischen Bevölkerungen Schwedens sehprogramm aufnahm, erscheinen seit 1999 und Norwegens statt. 1904 erschien das schwe- Nachrichten und Neuigkeiten auch in der Inter- dischsprachige Pamphlet Inför Lif eller Död? – San- netzeitung. 2001 wurde die pansamisch produzier- ningsord i de Lappska Förhållanderna [Im Angesicht te Nachrichtensendung Ođđasat in das Fernseh- von Leben oder Tod? – Worte der Wahrheit zur Lap- programm aufgenommen. Diese wird den Zu- pischen Situation, meine Übersetzung aus dem schauern auch über das Internet zugänglich ge- Schwedischen] der als „Pionierin“ (Hirvonen 2002) macht. Weitere Formate folgten. 2007 wurde das und „erste politische Samenkriegerin“ (Somby Internetangebot NRKs zur „Hauptplattform für den 2011) titulierten Südsamin Elsa Laula Renberg, in Nachrichtendienst“ ergänzt, NRK Sápmi produzier- dem sie Landrechte für die Sámi gefordert und die te nun auch Nachrichteninhalte für die „neuen kulturelle Assimilationspolitik zur Sprache ge- Medien“. Die Artikel auf NRK.no/Sapmi erscheinen bracht habe. Renberg hatte 1917 auch die erste

24 länderübergreifende samische Konferenz in durch Polizeikräfte) wurde eine überregionale und Trondheim organisiert (Bjerkli und Selle 2003, Hir- internationale Aufmerksamkeit für die Belange der vonen 2002, Borgen 1997), auf die vor Ausbruch des Sámi geschaen (Tuomi-Nikula 2000: 193). Die eth- Krieges drei weitere folgten.48 Bereits zu dieser Zeit nopolitische Bewegung erstarkte im Zuge dieses sei der Fokus vorrangig auf kulturelle Fragen ge- Ereignisses. Sie trug maßgeblich zu der Entstehung richtet gewesen (Minde 1996: 227): eines neuen Selbstbildes bei, das zunächst noch „As time passed, however, both the Northern nicht mit dem Schlagwort „indigen“ verknüpft war. and Southern Sami became most concerned Das Wasserkraftwerk wurde schließlich gebaut. with creating respect for Sami cultural expres- Doch die nationalen wie internationalen Diskussi- sion in both the past and the present“ (Minde onen um die Rechte der Sámi begannen. So kön- 1996: 228). nen die Ereignisse um den Bau des Staudamms als Antriebskraft des kulturellen Eigentumsdiskurses Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte das bei den Sámi gesehen werden. Zudem schufen sie politische Engagement für samische Rechte, das die institutionellen Voraussetzungen für die Be- Elsa Laula Renberg und andere gezeigt hatten, zu- schäftigung mit der samischen Kulturpolitik: Die nächst zum Erliegen (Eidheim 1997). Doch in der Samenparlamente. Nachkriegszeit, als „humanistische Ideale Men- schenrechte und politische Rechte ethnische Min- Mit dem Sámi Act von 1987 hatte das Storting die derheiten betreend“ international ins Blickfeld Einrichtung eines zu wählenden Samenparlaments rückten (ebd.: 31), war das die Chance eine Samen- beschlossen. Zwei Jahre später, am 9. Oktober 1989 politik zu etablieren. Eidheim konstatiert, die wurde das Samenparlament in Karasjok erönet. skandinavischen Länder hätten zu jenen gehört, 1993 folgte das schwedische Samenparlament. In die die „advocates of new and moral liberal princi- Finnland ging das Samenparlament schließlich pals and regulations“ zu werden wünschten (ebd.). 1996 aus der Samischen Delegation, einem seit 1972 Die erste Samenkonferenz fand 1953 mit Teilneh- demokratisch gewählten Organ, hervor. Die Sa- mern aus Finnland, Schweden und Norwegen statt. menparlamente ermöglichen bis zu einem gewis- Auf der 2. Samenkonferenz, die 1956 in Karasjok sen Grad die Selbstregierung auf nationaler Ebene, abgehalten wurde, wurde die Gründung eines Nor- ihre demokratische Macht ist jedoch eingeschränkt dischen Samenrates beschlossen. Eidheim be- – sie stellen keine gesetzgebende Gewalt dar und zeichnet diese erste pansamische Organisation, aus haben lediglich beratende Funktion. Der Samische der später die heutige Nichtregierungsorganisation Parlamentarische Rat sichert die pansamische Zu- Samenrat49 hervorging, als wichtiges Instrument sammenarbeit. Nicht nur die Samenparlamente, für die Mobilisierung der ethnopolitisch aktiven sondern auch die Rhetoriken von Nichtregierungs- Sami. Es herrscht wissenschaftlicher Konsens darü- organisationen haben einen nicht geringen Ein- ber, dass die 1960er Jahre einen „Umbruch“ dar- uss auf indigene Diskurse bzw. Diskurse über In- stellten. Die ethnopolitische Bewegung erstarkte digene. Einerseits verfestigen sie bestehende Ste- jedoch erst in Folge des Alta-Kautokeino-Konikts, reotype, andererseits nutzen sie ihre Ressourcen, der gemeinhin als Wendepunkt in der politischen um bestehende Hegemonien aufzudecken und zu Partizipation bezeichnet wird. kritisieren. Die Reaktion auf die industrielle Ausnutzung 50 natürlicher Ressourcen im Norden Norwegens 5 ÁRBEDIEHTU – TRADITIONELLES WISSEN. DER durch die im Süden des Landes situierte Regierung KULTUREIGENTUMSDISKURS UND DIE KONSTITU- spitzte sich in den 1970ern zu. Zwischen Alta und IERUNG VON CULTURAL PROPERTY Kautokeino/Guovdageaidnu verläuft der Altaelv, „Árbediehtu ist ein immaterielles Eigentum, ein Fluss, dessen Energie durch die Konstruktion das uns Sámi gehört, da keine andere Volks- eines Staudamms für ein Wasserkraftwerk genutzt gruppe dieses spezische Wissen, das mit dem werden sollte. In den 1970ern wurden die Pläne Begri Árbediehtu gemeint ist, innehat“ (Sa- des Norwegischen Wasserressourcen- und Energie- metingets Policydokument 2010: 17).51 – amtes (NVE) publik. Diese beinhalteten die Flutung Übersetzung a. d. Schwed. J.L. des kleinen Ortes Masi/Máze, durch den der Altaelv In Norwegen sind samische Kultur, traditionelles ießt. Die zu dem Zeitpunkt fast ausschließlich sa- Wissen und Urheberrecht integrale Bestandteile mischsprachige Bevölkerung (Paine 1982: 2) des des samenpolitischen Programms.52 Doch erst in Ortes hätte umgesiedelt werden müssen, was Paine den letzten Jahren haben sich samische Politik und zufolge Konsequenzen für die samische Kultur ge- Wissenschaft eingehend mit der Thematik „Traditi- habt hätte. Infolge medienwirksamer Aktionen onelles Wissen“ befasst. 2007 veröentlichte Sámi- (Hungerstreik einiger Aktivisten vor dem norwegi- kopiija einen dreisprachigen Aufsatzband zu Tradi- schen Parlament und Auösung der Protestaktion

25 tional Knowledge and Copyright. Dieser kann als Assimilationspolitiken Schwedens, Norwegens und die erste dierenzierte Auseinandersetzung mit Finnlands wurden samische Kultur und Sprache dem Thema Cultural Property auf samischer Ebene stigmatisiert, in die private Sphäre verlagert und gesehen werden. Darin kritisierte die Juristin Láilá dadurch für Außenstehende unsichtbar gemacht Susanne Vars, dass samisches traditionelles Wissen (Minde 2005, Olsen 2004). Die Norwegisierung bisher nicht auf der rechtswissenschaftlichen und (fornorsking) habe Minde zufolge von 1850-1980 politischen Agenda stünde. Sie forderte eine gedauert, der Alta-Kautokeino-Konikt habe diese größere Sichtbarkeit für dieses Thema: Entwicklung umgekehrt (Minde 2005, Olsen 2004: „The most important step has to be to make 293). In diese Zeit fallen die ersten Versuche einer traditional knowledge visible and describe it ethnopolitischen Mobilisierung mit Betonung kul- from a Sami standpoint. Sami and Nordic tureller Rechte. politicians must become more aware of the Bis heute ndet außerdem eine Romantisierung political challenges. At the same time, it is samischer Kultur durch verschriftlichte und visua- important that the Samis themselves priori- lisierte Repräsentationen statt. Die so erzeugten tize the work to preserve the immaterial Sami Fremdzuschreibungen werden heute unter ande- cultural heritage“ (Vars 2007: 147). rem in touristischen Konstruktionen des „emble- matischen Sámi“ reproduziert und erlangen da- Spätestens seit 2008 bendet sich ein samisches durch Sichtbarkeit. Dieses Bild, das teilweise als Cultural Property im Konstituierungsprozess. Mit objektive Wirklichkeit unreektiert bleibt, stimmt, einem Policydokument hat z.B. das schwedische wie bereits erwähnt, nicht mit dem Selbstbild vie- Samenparlament Richtlinien zu Weitervermitt- ler Sámi überein. Dennoch muss es im Cultural lung, Verwaltung, Bewahrung und Dokumentation Property-Diskurs teilweise reaktiviert werden, um samischen traditionellen Wissens aufgestellt, die Rechte an Kultur zu legitimieren. Sámi als Inspirationsquelle dienen und Nicht-Sámi über den Umgang mit Árbediehtu aufklären soll. Mit Bezug auf die Überlegungen, die Linda Tu- In dem Dokument wird Árbediehtu als „immate- hiwai Smith in ihrem Buch Decolonizing Methodo- rielles Eigentum“ der Sámi bezeichnet. Eigentum logies. Research and Indigenous Peoples anstellt, ist wird hier damit begründet, dass samisches traditi- die Geisteswissenschaftlerin Jelena Porsanger der onelles Wissen etwas „Eigenes“, „Besonderes“ sei, Ansicht, dass Forschung als Werkzeug zur Kolonia- das Sámi von anderen Ethnien dierenziere. Thuen lisierung indigener Ethnien gedient habe (Porsan- bezeichnet diese Perspektive als „cultivation of ger 2004). Vor allem anthropologische Zugänge cultural uniqueness“ bzw. „claim to protection of werden daher immer wieder kritisiert. Wissen wur- cultural distinctiveness“, die sich auf ein Konzept de durch das Sammeln von Informationen dekon- von Kultur als „bounded, distinctive and internally textualisiert bzw. „gestohlen“ (Porsanger 2004: homogenous entity“ bezieht, wie es u.a. durch WI- 108): „It is research which from indigenous per- PO transportiert werde (Thuen 2004a: 98). Es wird spectives 'steals' knowledge from others and then zudem ein direkter Bezug zur Arbeit von UNESCO, uses it to benet the people who 'stole' it.“ (Smith WIPO und CBD hergestellt. In deren Fokus stehen 1999: 56). Kulturelle Objekte wie traditionelles unter anderem die Konzepte traditional knowledge Wissen und Folklore wurden rekontextualisiert. Sie (TK) und traditional cultural expressions (TCE). Im wurden z.B. in Museen und Folkloresammlungen Folgenden soll herausgearbeitet werden, wie diese in einen neuen Kontext gestellt und erhielten so- Konzepte auf lokaler und nationaler Ebene den mit eine andere Wertzuschreibung (Mathisen samischen Kultureigentumsdiskurs beeinussen. 2009). Inwiefern kann der Diskurs als Versuch der Stabili- Nach dem Ende der Assimilation (in Narrativen sierung von „Bedeutungszuschreibungen und mitunter mit Kolonisation gleichgesetzt) wurden Sinn-Ordnungen“ und der Institutionalisierung dekontextualisierte kulturelle Elemente durch einer „kollektiv verbindlichen Wissensordnung“ Rückführung abermals in einen neuen Kontext (Keller 2007: 7) innerhalb der samischen Gesell- gestellt (ebd.). Weltweit wurden Kulturgüter indi- schaft und in interkulturellen Kontexten betrach- gener Ethnien rückgeführt, was Mathisen zufolge tet werden? erneut mit einer Bedeutungsänderung der Objekte einherging (ebd.: 22). Durch die ethnopolitische 5.1 Eigentum an samischer Kultur – Der Diskurs Bewegung kam es zudem zu einer kulturellen Re- vitalisierung (Olsen 2004: 293), die mit einem Die diskursive Karriere eines Eigentums an sami- „grand narrative of a cultural loss caused by the scher Kultur lässt sich diachron durch die unter- policy of assimilation“ gearbeitet habe (Thuen schiedlichen Stationen der Bewertung von Kultur, 2004a: 99). Samische Kultur wurde zusehends wie- Traditionen und Wissen nachvollziehen. Durch die der in die öentliche Sphäre getragen und sichtbar

26 gemacht. Dabei wurden die Unterschiede zur Kul- zwischen Indigenen und Nicht-Indigenen betont. tur der Mehrheitsgesellschaft betont (Olsen 2004, Der Satz nimmt zudem mit dem Transitiv „regard Thuen 2004a). themselves“ implizit Bezug auf das Konzept der Gegenwärtig lässt sich ein Phänomen erkennen, Selbstbestimmung. Åhrén (2002) beanstandet in das Brown „heritage trouble“ nennt: Die Furcht, dieser Äußerung, dass Kultur als Eigentum bzw. dass „languages, traditional practices, and values Ware aufgefasst werde. Er argumentiert als sami- are being subverted by cultural inuences origina- scher Völkerrechtler innerhalb indigener Diskurse ting elsewhere, mostly in the developed West“ und nutzt die Rhetorik transnationaler Organisati- (Brown 2005: 43). Einerseits ndet ein kreativer onen. Umgang mit kulturellen Elementen statt, es ent- Im Folgenden werde ich einen synchronen stehen hybride Formen samischer Kultur, anderer- Schnitt durch den Diskurs im Zeitraum 2008-2011 seits herrsche eine „diuse global anxiety about ziehen. Ferner arbeite ich mithilfe der Analyseka- the movement of information among dierent cul- tegorie der Diskursstränge Aussagen und Diskur- tures“ (ebd.: 42). spositionen heraus. Dabei werden nicht immer ex- Brown geht davon aus, dass sich die Rhetorik plizit der Begri Cultural Property oder dessen Ent- indigener Aktivisten zwischen Verweisen auf das sprechungen (kulturarv, árbediehtu, TK, TCE & GR) Urheberrecht und Geistigen Eigentumsrechten verwendet, deren Bedeutung variiert. Zum einen sowie Vorstellungen der Blasphemie und falscher lässt sich der Cultural Property-Diskurs über die Repräsentation bewege (Brown 2003: 27). Auch die metaphorische Bedeutung von Eigentum (Thuen Rhetorik samischer Akteure besteht aus einem wei- 2004a: 88) nachvollziehen. Zum anderen muss er ten Feld von Verweisen auf völkerrechtliche In- meiner Meinung nach auch im Licht der zwi- strumente, Selbstbestimmung, Ethik, Respekt, schenstaatlichen wie nationalen Bemühungen um Verantwortlichkeit, Wissensvermittlung und (fal- Intellectual Property u.ä. gesehen werden, da das scher) Repräsentation. Meine Annahme ist, dass Eigentumskonzept mittlerweile auch eine sami- samische Akteure unterschiedliche narrative Stra- sche juristische Expertise beschäftigt und auf der tegien nutzen, um einerseits auf die Dekontextua- poltischen sowie (kultur)wissenschaftlichen Agen- lisierung samischer Kultur bzw. samischen Wissens da einer samischen, norwegischen, schwedischen aufmerksam zu machen und diese andererseits zu und nnischen Elite steht. Nachfolgend möchte ich sanktionieren oder innerhalb transnationaler und daher zeigen, wie Spezial- und Interdiskurse den globaler Diskurse Schutzmechanismen auszuarbei- Gegenstand eines Eigentums an samischer Kultur ten. formen und wie sich diese Diskurse in der schrift- lich xierten Vermittlung durchdringen. „Indigenous peoples generally regard them- selves as the custodians, not the owners, of Hierzu habe ich, wie bereits erwähnt, drei Dis- their GR, TK and folklore, and do not look kursstränge zu samischer Kultur festgemacht. Dis- upon their resources and knowledge as a kursstränge sind eine Analysekategorie; sie dürfen commodity.“ (Åhrén 2002: 65) nicht als statische, voneinander unabhängige Ge- gebenheiten gesehen werden. Tatsächlich durch- Dieses Zitat Mattias Åhréns macht deutlich, in wel- dringen sich die nachfolgend untersuchten Dis- chem diskursiven Spannungsfeld sich die Akteure kursstränge, beeinussen sich gegenseitig und bewegen, die den Diskurs reproduzieren. Die nehmen aufeinander Bezug. So wird die Dokumen- Konstituierung kulturellen Eigentums bezieht sich tation samischen traditionellen Wissens und Capa- auf kollektive kulturelle Erzeugnisse, die von city Building zum Beispiel als Voraussetzung für Åhrén hier mit dem WIPO-Vokabular als GR (gene- das Schaen von rechtlichen Schutzmechanismen tische Ressourcen), TK (traditionelles Wissen) und gesehen (z.B. Solbakk 2007). Folklore bzw. als Ressourcen und Wissen bezeich- Diskurse konstruieren das, was zu einer be- net werden. Åhrén kritisiert die Kommodizierung stimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort sag- dieser Erzeugnisse, welche er im konträren Gegen- bar ist bzw. als wahr und wirklich angesehen wird. satz zu der Auassung indigener Ethnien sieht. Diskursanalyse müsse eine Beschreibung der „Be- Dies wird in der Gegenüberstellung custodian – ziehungen zwischen Aussagen“ (Foucault 1981: 48) owner deutlich. Die Werte, die Sámi als „custodi- sein, die die Überlegung anstelle, wieso gerade ans“ Objekten zuschreiben, sind – dem Diskurs diese Aussagen getroen worden seien und keine nach – grundsätzlich andere als die, mit denen anderen (Foucault 1981: 42f.). Was bedeutet es, „westliche Akteure“ sie versehen. Dadurch wird wenn ein Minderheitenmedium berichtet, dass ein zum einen das Konstrukt einer ökonomisch desin- Akteur, der der samischen Elite zuzuordnen ist und teressierten Gemeinschaft (Noyes 2006: 31) vermit- in wissenschaftliche, Menschen- und Völkerrechts-, telt. Zum anderen werden durch die Dichotomisie- indigene sowie transnationale Netzwerke einge- rung Grenzziehungen und somit Machtverhältnisse

27 bunden ist, eine Parallele zur Assimilationspolitik nen rein ideellen, ästhetischen Wert ersetzt: „even zieht, diese gar „fürchtet“? among the Sami handcrafted items are more and more often becoming objects for display instead of 5.2 Diskursstrang 1: Exklusives Eigentum an for practical use“ (ebd.). Das gilt sowohl für Duodji, samischer Kultur? das als Gebrauchsgegenstand gedacht ist, als auch für jenes, das als Kunstobjekt hergestellt wurde. „Ich bin kein Weihnachtswichtel“ lässt sich in nord- Welche Prozesse der Inwertsetzung greifen bei samischer Sprache auf einem der Photos lesen, die Duodji? die Journalistin Liv Inger Somby während einer Demonstration in Rovaniemi geschossen hat. Diese „Das Wissen unserer Vorfahren ist in den Äußerung kritisiert Objektivation und Exotisierung Duodji-Objekten dieser Tage enthalten. … Dies der Sámi, für die „die Tourismusindustrie“ verant- ist mein Handwerk, so wie Anderen ihre 56 wortlich gemacht wird. Die samische Zeitung Ávvir selbst produzierten Gegenstände gehören.“ zitiert einen der Organisatoren der Demonstration: (Guttorm 2007: 62) – Übers. a. d. Norw. J. L. „... die Tourismusindustrie benutzt samische Mit diesen beiden Sätzen führt Guttorm in ihren Kultur und die Gákti als Köder und kleidet ihre Artikel zu Eigentumsrechten an samischem Hand- Reiseleiter oder Guides in Kunstgákti.“53 (He- werk ein. Guttorm ist der Meinung, dass sich daran lander 2008) – Übers. a. d. Nordsam. J.L. zwei unterschiedliche Auassungen des Eigen- tumsrechts ablesen lassen. Zum einen sei Duodji Anhand der medialen Repräsentation der Kritik an das Produkt eines Individuums, zum anderen stelle „der Tourismusindustrie“ arbeite ich nachfolgend es ein kollektiv generiertes Erzeugnis dar (Guttorm heraus, wie Eigentum an samischer Kultur konsti- 2007: 62). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass tuiert wird. Hierzu möchte ich zunächst einige Ü- mit dem kritischen Blick des Duojár57 zahlreiche berlegungen zur Inwertsetzung samischer Kultur unsichtbare Augen auf das zu bearbeitende Mate- am Beispiel samischen Kunsthandwerks anstellen. rial schauen; unter den geschickten Händen des Danach werde ich den Kontext der Demonstration Duojár ein Objekt entsteht, an dem viele unsicht- referieren und schließlich die Ergebnisse der Dis- bare Hände mitgewirkt haben; die Ideen des kursanalyse präsentieren. Duojár aus einem Fundus tradierten, verinnerlich- 2011 wurde ein Seminar zu traditionellem Wis- ten Wissens schöpfen, aus persönlichen, ganz indi- sen von NRK Sápmi zum Anlass genommen, das viduellen Erinnerungen und sinnlichen Erfahrun- Duodji-Gewerbe in Finnland zu kritisieren. Frykter gen sowie einem 'kollektiven Gedächtnis'; dass der for assimilering [Fürchtet Assimilierung] titelte die Duojár in dem Objekt das (intellektuelle) Wissen Onlineredaktion. „Finnland ist dabei, das samische materialisiert, das er sich angeeignet hat – sei es Duodji zu übernehmen, fürchtet Mattias Åhrén“ durch klassische Tradierung oder durch den Erwerb lautete der Untertitel.54 Anlass zur Sorge bereite der Fähigkeiten in Bildungseinrichtungen. Durch dem Menschenrechtler, dass immer mehr Finnen den kreativen Akt und das handwerkliche Geschick eine Duodji-Ausbildung erhielten. Das Medium eignet sich der Duojár das Objekt an, versieht es lässt außerdem den amtierenden Präsidenten des mit einem ideellen Wert. Ohne das Wissen Anderer nnischen Samenparlaments, Klemetti Näk- wäre der Schöpfungsakt jedoch nicht möglich ge- käläjärvi, als Experten zu Wort kommen: wesen und somit gehört das Objekt nicht nur dem „Aber es ist unsere eigene Aufgabe, dafür zu Duojár, sondern einem Kollektiv: der Familie, den sorgen, Duodji innerhalb des Samischen zu Vorfahren, der lokalen samischen Gemeinschaft beschützen, es ist ein Teil des Herzens unserer oder einer (konstruierten) Ethnie der Sámi. Das Kultur“55 (Manndal, Ballovara und Nystad Objekt wird somit zum Ausdruck von (1) individuel- 2011). – Übers. a. d. Norw. J. L. len Fähigkeiten, (2) kollektivem, traditionellem Wissen, (3) einer individuellen „Identität“, (4) einer Warum führt die Produktion und Nutzung sami- Gruppenzugehörigkeit, (5) individuellem Eigentum scher Handwerkskunst durch Nicht-Sámi in den und (6) kollektivem Eigentum. Diese diskursiven letzten Jahren verstärkt zu Protest und Kritik? Oder Aussagen, nden sich auch in einem Artikel der mit anderen Worten: Duodji – Commodity oder nnischen Zeitung Kaleva wieder, in welchem An- Commons? ne-Kirste Aikio zu Wort kommt: Duodji, samische Handarbeit oder Kunsthand- „Die Kleidung hat eine eigene Kodierung, die werk, wird zugeschrieben, dass es mit der prakti- nur versteht, wer die Kultur kennt. Zum Beis- schen Funktion des Objekts verbunden ist und in piel kann man aus den kleinsten Fäden da- Dichotomie zu dáidda 'Kunst' steht (Gaski 1997: 10). rauf schließen, woher jemand stammt. In der Allerdings wird der Gebrauchswert samischen Kleidung stecken so viele von diesen Informa- Handwerks mittlerweile mehr und mehr durch ei- tionen, welche in den Touristenjacken nicht

28 sind.'“58 (Ronkainen 2008) – Übers. a. d. Finn. rung auf dem Gebiet samischer Handwerkskunst J. L. nachweisen können. Das Warenzeichen soll die Aikio führt den Gedankengang somit konsequent „Authentizität“ des Produktes garantieren, wobei weiter. (1) bis (6) sind unabdingbar, um Duodji-Ob- sich „Echtheit“ in diesem Zusammenhang aus der 61 jekte herzustellen. Nur „wer die Kultur kennt“, also ethnischen Herkunft des Herstellers, dessen Aus- Zugang zu dem Kulturellen Erbe ((2), (4) und (6)) bildung und Wissen sowie dem verwendeten „tradi- hat, kann schließlich das Ergebnis (z.B. „die Klei- tionellen“ Material speist. Diese authentischen dung“) deuten und die mit dem Gegenstand ver- Objekte stehen den touristischen Produkten, die ochtenen Werte verstehen. Mit „die Kultur“ ist von der Auszeichnung ausgeschlossen sind, gegen- Sámi vuohki gemeint – „which is best translated über. Die Rechteinhaber eines Warenzeichens ha- 62 'Sami ways', that is, way of being, way of living, ben ein Exklusivrecht über die Auszeichnung, es mentality and values“ (Gaski 1997).59 schützt jedoch nicht vor der Vervielfältigung von kulturellen Elementen (ebd.). Das Zeichen dient Handwerkliches Geschick und Inspiration durch also vor allem einem Zweck: samisches Kunsthandwerk genügen nicht, um ei- nen Designer in den Rang eines legitimisierten „(it) serves the authenticity interest and al- Duojár zu heben oder einen Gegenstand mit dem lows the consumer to distinguish authentic Wert eines „authentischen“ Duodji-Objekts zu ver- products from similar ones that are mere imi- sehen. Får vem som helst göra duodji? [Darf jeder, tations or otherwise made outside the in- der will, Duodji herstellen?] fragt das samische Ju- digenous communities.“ (ebd.: 116 f.) gendmagazin Nuorat in dem Titel einer seiner Arti- Vor allem das Kopieren und die dekontextualisie- kel und stellt damit die Frage nach der Legitimität rende Nutzung samischer Kleidung durch Außen- des Duojár. Legitimität ist eine der Aussagen, die stehende hat in den letzten Jahren zu Unmut bei sich innerhalb des samischen CP-Diskurses wieder- samischen Akteuren geführt. So kritisiert z.B. John holen. So wird Åhrén im oben erwähnten Artikel T. Solbakk in einem Artikel für Sámikopiija, dass auf NRK Sápmi (Frykter for assimilering) zitiert: „companies outside Sápmi“ samische Produkte „Wo verläuft die Grenze, und wann beginnt es massenproduzieren, kommerzialisieren und als [Duodji, Anm. J. L.] eigentlich nnisches „original Sámi“ vermarkten würden, ohne sich zu- Handwerk zu sein?“60 (Manndal, Ballovara vor an Sámi oder samische Organisationen zu wen- und Nystad 2011) – Übers. a. d. Norw. J. L. den (Solbakk 2007: 8). Die Dekontextualisierung samischer Kultur wird auf unterschiedlichen Dis- Cliord macht zwei Kategorien aus, die das westli- kursebenen thematisiert. che bzw. europäische „art-culture-system“ hevor- gebracht habe. Den „'authentischen Kunstwerken'“, Vom 27.-31. Oktober 2008 fand ein „historisches die durch Individuen geschaen wurden, stehen Ereignis“ (Feodoro und Aikio 2008) in der nni- die kollektiv geschaenen „'authentischen Artefak- schen Stadt Rovaniemi statt. Alle vier Jahre organi- te'“ gegenüber (Cliord 1988, zit. n. Coombe 1998). siert der Samenrat, eine pansamische Nichtregie- Während einige Dinge mit dem Wert eines „authen- rungsorganisation, die Samenkonferenz, die jedes tischen Artefakts“, eines Kulturerbes bzw. Cultural Mal Anlass für einen brisanten Themenschwer- Property versehen werden, bleibt dieser anderen punkt bietet. 2008 lud Pauliina Feodoro zur 19. vorenthalten. Die Grenze zwischen samischem und Samenkonferenz ein. In diesem Jahr hatte es das 63 nnschem Handwerk ist schwerer zu erkennen, samische Kulturerbe in den Fokus der Veranstal- wenn der Duojár ein ausgebildeter Nicht-Sámi ist, tung geschat, die Mitglieder der samischen Ge- der Wissen inkorporiert hat. Wenn Außenstehende meinschaft aus Finnland, Schweden, Norwegen kulturelle Elemente, in diesem Fall Duodji, kopie- und Russland nach Rovaniemi zog. Das Anliegen ren, so wird Thuen zufolge der Anspruch auf Au- war, samisches Kulturerbe und dessen gegenwärti- thentizität unterminiert (Thuen 2004a: 96). ge Situation zu beleuchten. Auf der Agenda stan- den Möglichkeiten des Schutzes des samischen Kul- Eine der Möglichkeiten, traditionelles Wissen turerbes. Die Vorträge beschäftigten sich zunächst indirekt schützen zu lassen, sind Warenzeichen, zum einen generell mit Schutzmechanismen in- die „identity and the commercial origin“ eines kul- nerhalb des Menschenrechtssystems und den Akti- turellen Elements anzeigen (von Lewinski 2004: vitäten transnationaler Organisationen (u.a. CBD 116). Die Auszeichnung mit Warenzeichen kann von und WIPO), zum anderen wurde ein spezischer Lewinski zufolge zu Wettbewerbsvorteilen führen Fokus auf das Kulturerbe der Sámi und die (ebd.). Um Transparenz für die Konsumenten sami- „(mis?)appropriation“ samischer Kultur durch die scher Kultur zu schaen, wurde das Warenzeichen nnische Tourismusindustrie gelegt. Am 28.10. Sámi duodji eingeführt. Dessen Verwendung ist sollte sich das Seminar dem vorläugen Programm Sámi vorbehalten, die eine Ausbildung oder Erfah-

29 zufolge mit grundlegenden Fragen im Cultural intensiven Debatten im Internet. Im Fall der „Te- Property-Diskurs auseinandersetzen (Tabelle 4). xas-Kofte“ wurde die Diskussion um mögliche rechtliche Schutzmechanismen wieder aufgenom- men. Während der Präsident des Samenparlaments Tabelle 4: „Practical means to protect the Saami sich zurückhielt, konkrete Rechtsmittel zu nennen, people's cultural heritage“ (Samenrat 2008) schlug die Direktorin des Duodji-Instituts in Kauto- „Should a Saami cultural heritage foundation be keino vor: established? With the foundation, traditional „'Man hätte die Gákti ja auch beschützen Saami symbols, dresses, joiks etc. could be regis- können, indem man sie an eine Region ge- tered, in addition to the already existing duodji bunden hätte. Das wäre in jedem Fall ein An- trademar [sic!], which could, however be ex- fang gewesen.'“64 (Granlien und Erlingsen panded. The foundation would presumably also 2012) – Übers. a. d. Norw. J. L. seek to enforce that no non-Saami persons or in- stitutions utilize traditional elements of the Die hier angesprochenen sogenannten Geographi- Saami culture.“ cal Indications sind eine Möglichkeit, kulturelle Elemente indirekt schützen zu lassen. Sie würden Duodji bzw. Gákti an die Region Sápmi binden, wo- „Should Saami traditional knowledge be docu- durch sich der geographische Ursprung der Pro- mented with the aim to prevent non-authorized dukte identizieren ließe (von Lewinski 2004: 117). use by non-Saami? Can intellectual property tools Weitere Möglichkeiten, die diskutiert wurden, wa- be used to manage such a register? Who manages ren die Ausweitung des Duodji-Warenzeichens und the register and how can it be accessed?“ die Einrichtung einer „Saami cultural heritage foundation“. Bisher existiert keine Institution, die „How to establish the status of traditional knowl- über Eigentumsrechte an samischer Kultur verfügt edge within the western knowledge system? How und somit eine oizielle Verwalterrolle einnimmt. to legitimize traditional knowledge as an evi- Würde eine solche Institution eingerichtet werden, dence for instance in trials?“ so müsste die Frage gestellt werden, wer als reprä- sentativ hierfür gelten könnte. Denn diese Institu- tion „will speak in one voice and act as one entity“ Die Sámi sind als indigene Ethnie anerkannt. Als (Noyes 2006: 34). Da die Sámi jedoch keine homo- solche müssten sich „die Sámi“, folgt man Åhrén, gene Gemeinschaft sind, könnte dieser „Deniti- nicht in der Rolle der Besitzer oder Eigentümer ons- und Demarkationsprozess“ (Hafstein im Inter- 65 ihrer Kultur, sondern in der der Verwalter sehen view mit Groth 2009b) ein Problem darstellen. (Åhrén 2002: 65). Diese Verwalterrolle sah man vor Eine weitere Möglichkeit, samisches traditionel- allem in Finnland zunehmend in Frage gestellt, als les Wissen indirekt schützen zu lassen, ist die die samische Kultur von „der Tourismusindustrie“ Sammlung und Dokumentation dieses Wissens. mehrfach dekontextualisiert und kommodiziert Datenbanken, Tonbandaufzeichnungen, Filme und wurde. Kultur wurde zur Ware, deren Besitz um- Photograen lassen sich durch das Urheberrecht kämpft ist - dies ist eine der möglichen Ausdeutun- schützen. Derzeit werden Methoden zur Dokumen- gen im Diskurs. Die Frage nach konkreten Schutz- tation samischen Wissens erprobt, um die Kultur möglichkeiten „samischen Kulturerbes“ innerhalb vor dem „Verschwinden“ zu bewahren. Auch hier des Urheberrechtssystems ist nur dann nötig, wenn stellt sich die Frage nach der Repräsentativität. samische Kultur bereits kommodiziert wurde. Während sich die Konferenz mit konkreten Eine Dekontextualisierung von kulturellen Schutzmechanismen samischer Kultur durch das Elementen geht stets mit einer Bedeutungsver- Rechtssystem auseinandersetzte, galt die Aufmerk- schiebung einher: „Such items are thereby emptied samkeit der Medien während der Kulturerbewoche of their distinction-making value and made to vor allem einer Protestkundgebung. Im Oktober serve other interests on a delocalized level of 2007 fand zum ersten Mal eine nationenübergrei- meaning production“ (Thuen 2004a: 96). Ein Bei- fende Jugendkonferenz, Gávnnadeapmi, im nni- spiel hierfür ist die „Texas-Kofte“. Im Februar 2012 schen Teil der Stadt Karesuando statt. Die Konfe- berichteten samische und norwegische Medien, renz sollte die Netzwerke volljähriger samischer dass eine Firma in Austin (Texas) Gákti-Imitate als Jugendlicher über die Staatsgrenzen hinaus stär- Halloweenkostüme über das Internet verkaufe. Es ken. Während dieser Konferenz seien erste Gedan- wurde eine Parallele zur „Kiwi-Kofte“ gezogen – ken zu dem Projekt Gákti Miellačájáhus [Gákti-De- 2010 hatte die norwegische Supermarktkette Kiwi monstration] geäußert worden. Ein Jahr später, am seine Angestellten anlässlich eines Jahresfestes in 30. Oktober 2008, realisierte eine Arbeitsgruppe, grüne Gákti gekleidet. Beide Ereignisse führten zu die sich aus Vertretern der Organisationen Suoma

30 Sámi Nuorat (SSN) und Sáminuorra zusammen- verständnis vieler Jugendlicher überein, die sich setzte, dieses Projekt schließlich in Rovaniemi. Drei als samisch identizieren. Mit der Demonstration junge samische Menschen der nnischen SSN und versuchten sie darauf aufmerksam zu machen. Die ein Vertreter der schwedischen Sáminuorra plan- Teilnehmer hatten die Möglichkeit, zunächst den ten die Demonstration im Vorfeld virtuell über In- Vorträgen, die anlässlich der Samenkonferenz ge- ternettelefonie und führten eine strategische Öf- halten wurden, zu folgen. Am frühen Nachmittag fentlichkeitsarbeit durch, um die Veranstaltung in wurden gemeinsam Banner und Plakate für die unterschiedlichen Medien zu bewerben. Dabei anschließende Demonstration entworfen. stellten sie zum einen die thematische Über- „Samische Kultur für Samen!“, „Create your own schneidung mit der Samenkonferenz und zum an- culture. Stop messing with Sámi's“, „Burn fake“ und deren die geographische Lage der Demonstration „This is our dress. This is our identity. Please don't heraus: Rovaniemi ist eine Stadt in Nordnnland take it“ war auf diesen zu lesen. Eine übergeordne- und die Hauptstadt der Provinz Lappland. Unweit te Rolle in diesem Konikt zwischen samischen Ju- des Polarkreises gelegen, dient der Slogan „The gendlichen und der nnischen Tourismusindustrie Oicial Hometown of Santa Claus®“ dazu, die Stadt spielt das Konzept der Authentizität: als Destination für den Winter- und Weihnachts- tourismus zu vermarkten. Einzelne Tourismusun- „the point is to secure the authenticity … 'One ternehmen nutzen außerdem den „Zauber Lapp- clear thing is that the Saamis ourselves must lands“ und spielen auf Rentierfarmen oder mit Mo- be involved in this: by employing Saami peo- torschlittenexpeditionen mit den Erwartungen der ple and by selling genuine Saami doudji [sic!] Touristen. Antonia Beckermann schreibt in einem - handicrafts, the industry benets from the Artikel für die Zeitung WELT über ihren Besuch auf genuine Saami products and the Saami them- einer Rentierfarm: selves will have control over their own culture again'“ (Barentsyouth 2008). „Normalerweise zieht sie [die Besitzerin der Rentierfarm, Anm. J. L.] für Besucher die tra- Authentizität – das genuin Samische – ist einer der ditionelle Tracht der Samen an, der Urein- Werte, der Kultur im Cultural Property-Diskurs zu- wohner Lapplands, die früher Lappen ge- geschrieben wird. Slogans wie „I like real things“ nannt wurden. Doch dafür hat die Zeit nicht und „One love, one peace, only real things please“ gereicht, und eigentlich stammt Kenttälä machten die Aussage während der Demonstration auch gar nicht von den Samen ab: 'Aber diese ebenso sichtbar, wie ein Flyer auf dem eine Touris- Kleidung gefällt den Touristen.'“ (Beckermann tenkofte einer Gákti mit der Unterscheidung in „fa- 2010). ke“ und „no fake“ und dem Schriftzug „say no to fake sami costumes“ gegenübergestellt wurde. Die Dieses Verhalten ist es, gegen das sich die De- Organisatoren nutzten zudem soziale Medien, um monstration in Rovaniemi richtete, wie in einem auf die Kundgebung und ihre Hintergründe auf- Artikel auf NRK.no deutlich wird: merksam zu machen. Die Facebookseite Daja II fake „'Teile der nnischen Tourismusindustrie samegárvvuide – Say NO to fake sámi costumes wird missbrauchen die samische Kultur dadurch, mittlerweile als Linkarchiv für Fälle des Miss- dass sie sagen, dass sie samische Kultur brauchs samischer Kultur genutzt. Dabei geht es präsentieren, während das, was sie zur Schau insbesondere darum, aufzuzeigen, was „fake“ ist. stellen, nicht von Sámi hergestellt wurde und Die Wertzuschreibung, die mit Authentizität nicht mit samischen Mustern und Traditionen einhergeht, kann sowohl eine Kommodizierung zusammenhängt … Gleichzeitig sind es Fin- eines kulturellen Elements („Once a cultural good nen, und keine Sámi, die sich in Touristenkof- has been declared authentic, the demand for it ten kleiden und sagen, dass sie Sámi sind'“66 rises, and it acquires a market value“ (Bendix 1997: (Måso et al. 2008) – Übers. a. d. Norw. J. L. 8)) als auch eine ideelle Inwertsetzung bedeuten. Die im Tourismusbereich Tätigen reektieren ihre Wie Erich Kasten in seinem Vorwort zum Aufsatz- Performances für den Tourismus und wissen, dass band Properties of Culture – Culture as Property sie für diese kulturelle Elemente nutzen, die mit feststellt, kann Authentizität dazu dienen, „to samischer Ethnizität verknüpft sind. In Finnland substantiate claims to (commodied) culture and sind die meisten Rentierzüchter Finnen, doch die as legitimization for exclusive practices“ (Kasten Touristen erwarten ein „authentisch“ samisches 2004: 2). Durch die diskursive oder performative Erlebnis. So bekommen sie den rentierzüchtenden Kennzeichnung von kulturellen Elementen, Tradi- Ureinwohner Lapplands präsentiert, der alle tionen und Wissen mit dem Label der Echtheit wird Merkmale des „emblematischen Lappen“ aufweist. gleichzeitig eine gegensätzliche Aussage getroen: Dieses Bild stimmt jedoch nicht mit dem Selbst- Dem Echten, Authentischen wird implizit oder ex- plizit das Unechte, Falsche, Verkehrte, ein Imitat

31 oder eine Kopie gegenübergestellt. Diese Dichoto- entschuldigte sich öentlich. Diese Handlung misierung mache das Konzept der Authentizität stellte die Korrektur eines Regelverstoßes dar, problematisch (Bendix 1997: 9). Für einige sami- durch die die Machtverhältnisse zwischen Sámi und sche Jugendlichen stellt die Kleidung das „kultu- Mehrheitsgesellschaft wieder umgekehrt werden. relles Erbe“ dar, mit dem sie sich identizieren: Als weniger verständnisvoll stellte die schwe- „das samische Kulturerbe ist die Zukunft der densamische Jugendzeitschrift Nuorat eine Stock- samischen Jugend“67 (Utsi 2009: 1) – Übers. a. holmer Designerin dar. Sie fertigt unter anderem d. Schwed. J. L. Armbänder aus eingefärbtem Leder, Zinndraht und Knöpfen aus Rentierhorn, die durch die samische Für die Tourismusbetriebe hingegen ist die „Tracht“ Kultur inspiriert seien. Auch der Aspekt der Legiti- eine Ressource, die es ihnen ermöglicht, im Wett- mität/Illegitimität und der Repräsentationshoheit bewerb mit der Konkurrenz zu bestehen. Der Klei- wird durch das Konstrukt Authentizität in den Dis- dung werden sowohl ideelle als auch ökonomische kurs getragen. Bendix (1997) zufolge könne durch Werte eingeschrieben. In Zusammenhang mit der die Etikettierung sowohl das authentizierte als Nutzung samischer Kleidung durch Nicht-Sámi auch das authentizierende Subjekt legitimisiert stehen die Ausdrücke „grober Missbrauch“, „unech- werden. Die Bezeichnung „inspired by the traditio- te Touristenkoften“, „falsches Bild“, „verkehrte Kof- nal sami culture“ (Littmarck 2012) schat beim un- ten“, „nachgemachte Lappentracht“, falscher Ge- kundigen Betrachter den Eindruck einer Legitima- brauch, Missbrauch, Ausnutzung und „stehlen“. tion. Wie bereits herausgestellt, ist ein ehrliches Durch die Adjektive unecht, falsch, verkehrt und Interesse an samischer Kultur jedoch kein Garant nachgemacht wird im Umkehrschluss impliziert, dafür, von den samischen Akteuren als Produzent dass es eine echte, authentische, richtige, originale oder Nutzer akzeptiert und legitimisiert zu wer- Gákti gebe. Den Touristen wird das Urteilsvermö- den. Wenn die Herstellung nicht transparent ge- gen abgesprochen, eine Performance von der Rea- macht wird, die „obligations to acknowledge its lität zu unterscheiden, denn sie verfügen nicht ü- origin“ (Eriksen 2004: 274) nicht erfüllt werden und ber das „traditionelle Wissen“, das nötig wäre, ech- die Massenproduktion evident ist, können Gerüch- te und falsche Gákti auseinanderzuhalten. te entstehen. Als eine norwegische Supermarktket- Eines der – neben der Rentierzucht – markan- te im September 2010 ihre Angestellten im Rah- testen und symbolbeladensten „emblematischen men eines Betriebsfestes in Tromsø in grüne Kof- Zeichen“ samischer Identität (Olsen 2004) ist die ten69 kleidete, die in ihrem Design an die Gákti er- 68 Gákti. Als solches ist sie Gegenstand zahlreicher innerten, munkelten die Medien, dass die Klei- interkultureller Konikte. Während der Demonst- dung in China hergestellt worden sei. Dieses Ge- ration ist „Dá lea Miss Sápmi“ 'Hier ist Miss Sápmi' rücht wurde dadurch genährt, dass einige Jahre auf einem Schild zu lesen, das eine junge Frau in zuvor tatsächlich Bunads und Koften in China her- der rechten Hand hält. „Miss Sápmi“ steht auch auf gestellt worden seien. Ein Element der News Sto- der roten Scherpe, die sie über ihrer blauen Gákti ries um die Dekontextualisierung samischer Klei- trägt. Sie nimmt damit auf die Auftritte der Miss dung ist das Motiv der Entschuldigung oder Recht- Finnland bei den Schönheitswettbewerben zur Miss fertigung. Die Akteure versuchen ihr Handeln da- Universe in den Jahren 2005 und 2007 Bezug. Wäh- durch zu legitimieren, dass sie sich an eine oder rend des Wettbewerbs präsentieren sich die Kandi- mehrere samische Bezugspersonen gewandt und datinnen der Jury unter anderem in ihren Landes- diese nichts zu beanstanden gehabt hätten. Für die trachten. 2007 entlieh die nnische Kandidatin Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft stehen sa- eine „Lappentracht“ (lapinpuku) bei der nnischen mische Individuen stellvertretend für die samische Volkstanztruppe Rimpparemmi, die einen Kostüm- Gemeinschaft. Allerdings sind Gemeinschaften verleih (pukuvuokraus) in Rovaniemi betreibt. An- keine „clearly bounded, objectively identiable ders als z.B. der Karneval von Oruro sind samische group of individuals“ (Noyes 2006: 32). Die Sámi Kulturelemente bisher nicht zum immateriellen sind de facto keine homogene Ethnie, die mit einer UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden. Zwar gab gemeinsamen Stimme spricht. Somit gilt die Mei- es vereinzelt Überlegungen, zum Beispiel den Joik nung einzelner Individuen nicht als repräsentativ. als Kulturerbe deklarieren zu lassen, doch wurden Solch gut gemeinter Dialog mit einigen willkürlich diese nicht konkretisiert. ausgewählten Sámi verstärkt die Wirkung, die die Stattdessen wurde Miss Finnland 2007 von zwei Dekontextualisierung samischer kultureller Ele- nnischen Sámi in einem von NRK Sápmi photo- mente hat. Samische Akteure fühlen sich falsch grasch dokumentierten Koftekurs erklärt, wie repräsentiert und ihrer Handlungsmacht beraubt. eine „originale“ Kofte auf „richtige“ und „ordentli- Die Frage der Repräsentativität ist eine Heraus- che Weise“ getragen werde. Der Fehler wurde kor- forderung, die die Konstituierung eines samischen rigiert, Miss Finnland zeigte sich einsichtig und

32 Cultural Property an die Akteure stellt. Das Pro- ed by the Saami ourselves. ...“ (The Rova- perty-Regime verlangt nach einer repräsentativen niemi Declaration 2008) Stimme, die stellvertretend für die samische Ge- Der Wortlaut dieses Artikels orientiert sich unter sellschaft spricht, nach einer Institution, an die anderem an Artikel 31 der UN Declaration on the sich Nicht-Sámi wenden können: Rights of Indigenous Peoples. In dieser wird indige- „Such legislation shall … direct any non-Saami nen Ethnien jedoch nicht „right to own“, sondern that wishes to utilize elements of the Saami „right to maintain“ zugesichert. In den Sitzungen culture to relevant Saami institutions identi- des WIPO-IGC werde die Erklärung der Vereinten ed by the Saami ourselves“ (The Rovaniemi Nationen, die nicht rechtsbindend ist, Groth zufol- Declaration 2008). ge kaum beachtet (Groth 2009a: 34). Auch die Ro- „Saami protocols for such use“ (ebd.: Art. 20) set- vaniemi Declaration stellt kein bindendes Rechtsin- zen ebenfalls das Schaen eines repräsentativen strument dar, macht jedoch deutlich, welche Er- Vertretungsorgans voraus. Der Samenrat fordert, wartungen der Samenrat an den Umgang mit sami- dass solch eine (potentielle) Institution nicht auf schem Cultural Property stellt. Artikel 20 setzt sich nationaler, sondern auf pansamischer Ebene tätig im Besonderen mit dem Umgang mit samischer sein solle (ebd.: Art. 18). Dies stellt die Akteure vor Kleidung auseinander. „Die Tourismusindustrie“ die Herausforderung, ein geeignetes Organ zu be- wird direkt aufgefordert, die „misappropriation“ zu stimmen oder eine neue Institution zu schaen. beenden: Können dies die Samenparlamente leisten? Oder „20. The Saami traditional dress – in its vari- sind für eine solche Aufgabe eher NGOs wie der ous forms – is an integral part of the Saami Samenrat oder Sámikopiija geeignet? Wie wird ge- people's collective identity as well as the iden- währleistet, dass solch eine Organisation die Inte- tity of Saami individuals. It must therefore ressen der samischen Gesellschaft vertritt? Werden never be worn by non-Saami in violation of die „best-placed local actors“ (Noyes 2006: 35) die Saami protocols for such use. The tourism Kontrolle über Eigentum und Nutzung samischer industry, in particular in Finland, must im- Kultur erhalten? Wie wird gewährleistet, dass sami- mediately stop any further misappropriation sche Kultur nicht bürokratisiert wird?70 of the Saami traditional dress“ . (The Rova- Die Arbeitsergebnisse der eingehenden Ausei- niemi Declaration 2008) nandersetzung mit dem Thema „Kulturerbe“ wäh- Sowohl in der Rovaniemi Declaration als auch im rend der Saami Cultural Heritage Week und der Projektbericht und den Medienberichten zur Gákti- Samenkonferenz sind in der Rovaniemi Declaration Demonstration wird betont, dass kein exklusives festgehalten. Diese wurde von einer Arbeitsgruppe Nutzungsrecht an samischer Kultur angestrebt erstellt, die während der 19. Samenkonferenz zu- wird: stande kam. Die Erklärung besteht aus zwei Teilen. „15. The intention is not to establish absolute Der erste Abschnitt (1.-12.) beschäftigt sich mit Ei- exclusivity to the Saami culture. The Saami gentums- und Nutzungsrechten an Land, Wasser are proud to share many elements of our cul- und natürlichen Ressourcen sowie mit dem Recht ture, provided that we have consented to auf Selbstbestimmung. Die Einbettung in indigene such sharing and that it is on our own terms“ Diskurse geschieht unter anderem durch die Ein- (The Rovaniemi Declaration 2008). leitung zu Punkt 1 „By using its traditional home- land since time immemorial …“ „'We would like to show our culture to tourists Im zweiten Abschnitt (13.-25.) werden Richt- and we are willing to share our knowledge linien zum Umgang mit einem samischem Kultur- with others. To show authentic Sami life is the erbe („cultural heritage“) aufgestellt. best experience for visitors and tourists'“ (Somby 2008). „13. The Saami people has the right to own, Trotz dieser Aussage stellen rechtliche Schutzme- control and develop its cultural heritage, both chanismen wie Trademarks „mechanisms of exclu- tangible and intangible, including its genetic sion“ (Tauschek 2009: 77) dar, die zu einer Grenz- resources, traditional knowledge and tradi- ziehung zwischen Sámi und Nicht-Sámi führen. Es tional cultural expressions. The states shall wird ein respektvoller Umgang mit dem samischen respect this right, and implement it through Kulturerbe nach den Prinzipien der freien, vorhe- national legislation and policies. Such legisla- rigen und informierten Zustimmung gefordert. tion shall demarcate the sphere of the Saami Dies setzt voraus, dass Bedingungen zur Nutzung cultural heritage, and direct any non-Saami samischer kultureller Elemente und Sanktions- that whishes to utilize elements of the Saami maßnahmen bei Missbrauch aufgestellt werden, culture to relevant Saami institutions identi- und dass die Angehörigen der Mehrheitsgesell-

33 schaft darüber informiert werden und über Kennt- Diese Äußerung lässt sich in den Authentizitätsdis- nisse der samischen Kulturpolitik verfügen. Denn kurs einordnen. Der symbolische Wert der Gákti ist eine Zustimmung ließe sich lediglich durch einen allgemein bekannt, der Unterschied zu einer Dialog mit repräsentativen samischen Institutionen Nachbildung sei jedoch nur innerhalb der Gemein- erlangen – und nicht durch die Erlaubnis sami- schaft erkennbar. Die „local anxiety about possible scher Individuen. imitations“ (Tauschek 2009: 71) wird durch die Das Projekt Gákti Miellačájáhus hatte sich die Wahrnehmung ungleicher Machtverhältnisse be- Aufklärung über das samische Kulturerbe zum Ziel gleitet: gesetzt. In dem Schlussbericht71 wurden folgende „Sie meint, dass die Tourismusindustrie ein Ziele formuliert: gutes Beispiel für einen Sektor ist, in dem Sámi keinen Einuss gehabt haben.“73 (Aslak- sen 2008) – Übers. a. d. Norweg. J. L. Tabelle 5: Ziele des Projekts Gák-Demonstra- on (Utsi 2009 - Übers. a. d. Schwed. J. L.) Coombe (1998: 212) stellt die Schwierigkeit für ge- wisse soziale Gruppen sich selbst zu repräsentieren „den Status samischer Kultur zu erhöhen und ein heraus. Die Art, wie samische Kultur touristisch Bewusstsein dafür zu schaen, was samische Kul- repräsentiert wird, stimmt nicht mit den diversen tur ist“ Selbstkonzepten überein. Obwohl es keinen inner- samischen Konsens darüber gibt, wie Samischsein „die Allgemeinheit über den Missbrauch nach außen dargestellt werden soll (Thuen 2004a: samischen Kulturerbes zu informieren“ 97), betonen samische Akteure wie Keskitalo die Wichtigkeit einer selbstbestimmten Repräsentati- „das Verständnis der samischen Jugendlichen für on: das samische Kulturerbe zu erweitern“ „'Ich glaube, es gibt genug Sámi, die sich selbst und samische Kultur auf eine echte Weise präsentieren können'“74 (Aslaksen 2008) – Übers. a. d. Norw. J. L. Eine intensive Öentlichkeitsarbeit führte dazu, dass auch außerhalb der üblichen samischen Me- „'Wir müssen das Recht haben, uns selbst zu dien über die Demonstration berichtet wurde. präsentieren, und zu denieren und selbst zu Während der Gákti-Demonstration wurde die Klei- erzählen, was samische Kultur ist. Das kann dung als Symbol für den Cultural Property-Konikt niemand anders an unserer Stelle tun.'“75 zwischen Sámi und Nicht-Sámi genutzt, um den (Måsø 2008) – Übers. a. d. Norw. J. L. Missbrauch samischen Kulturerbes sichtbar zu ma- Am 29.10.2008 beschloss der Samische Parlamen- chen. Im Vorfeld der Protestkundgebung wurde in tarische Rat einen Aktionsplan zu samischem tradi- einem Artikel auf NRK Sápmi der Gedanke geäu- tionellen Wissen.76 Im Rahmen dieses Aktionsplans ßert, Kopien samischer Kleidung zu verbrennen lud das norwegische Samenparlament im März 2011 (Nedredal 2008). Dies hätte ein klares Signal ge- zu einem Árbediehtu-Seminar ein, das wiederum setzt, das darauf aufmerksam gemacht hätte, dass Grundlage für eine weitere Beschäftigung mit dem den Touristenkoften nicht derselbe Wert zuge- Thema sein sollte. Vom 22.-24.3.2011 beschäftigten schrieben werde, wie der Gákti. Die Kopien hätten sich samische, nationale und internationale Exper- wiederum eine neue Bedeutungszuschreibung er- ten dort mit diversen Aspekten traditionellen fahren. Sie wären aus dem Kontext „Tourismus“ Wissens.77 Das Seminar war in die Erönung des herausgelöst und als Symbole des Widerstands re- Ealát-Instituts eingebettet, dessen Wichtigkeit a- kontextualisiert worden. Der Plan wurde jedoch bermals während des performativen Akts der Er- verworfen, da Außenstehende den Unterschied önung durch eine Historisierung herausgestellt zwischen einer Touristenkofte und einer Gákti wurde: „Historical days are days that change our nicht erkennen würden: lives. Today is a historical day“.78 Es fand in einem „'Es setzt ein falsches Zeichen, wenn wir Kof- wissenschaftlichen Setting statt, in dem zugleich ten verbrennen … Der Plan, Koften zu ver- ein normativer „westlicher“ akademischer Habitus brennen, ist über sich hinausgewachsen. Es und ein Konstrukt samischer Kultur performt wur- gab den Vorschlag, Touristenkoften zu ver- den: Das Programm in dem Hör- bzw. Sitzungssaal brennen, das heißt Kofte-Nachbildungen. des Gebäudes Diehtosiida79 der samischen Hoch- Einige haben das so verstanden, dass wir schule in Kautokeino bildete mit seinem wissen- normale Koften verbrennen wollten'“72 schaftlichen Tagungshabitus80 den Rahmen, in den (Aslaksen 2008) – Übers. a. d. Norweg. J. L. die Präsentation samischer Symbole81 eingebettet war. Diese Performanz unterstrich die Aussage des

34 Titels des Panels am 23.3.2011: „Indigenes traditio- hat (Beobachtungsprotokoll J. L.). Hier werden die nelles Wissen und akademische Wissensbildung – Kulturtechniken des Sammelns, Bewahrens und Was die indigene Gemeinschaft wünscht und was Schützens aus der Motivation heraus fortgeführt, die Akademie beitragen kann?“. Thematisch setzte Kultur, Traditionen und Folklore für die Nachwelt sich das Seminar mit den Herausforderungen aus- zu erhalten. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war das einander, die die Pege samischen traditionellen Sammeln von Folklore die Domäne von u.a. Anth- Wissens an die samische Gemeinschaft stellt. Die ropologen (Volkskundlern u.ä.), Sprachwissen- Aussagen formierten sich um die drei von mir he- schaftlern und Missionaren. Die gesammelten Ma- rausgearbeiteten Diskursstränge. So stellte Åhrén terialien wurden dekontextualisiert und zum Bei- fest, dass traditionelles Wissen aus drei verschie- spiel in Museen und Folkloresammlungen in einen denen Blickwinkeln betrachtet worden sei: neuen Zusammenhang gestellt. Ein Artikel zum Árbediehtu-Pilotprojekt in Norwegen, der im Sep- tember 2010 in der samischen Tageszeitung Ságat Tabelle 6: Perspekven auf tradionelles Wis- erschien, leitet mit folgenden Sätzen ein: sen „In den letzten 200 Jahren haben zahlreiche TK als Ressource, der ein ökonomischer Wert Sámi erlebt, wie Forscher in Ortsgemein- zugeschrieben wird (Joik, duodji, Tourismusin- schaft und Privatleben eindringen, die Ge- dustrie) meinschaft um Informationen und Einzelper- sonen um traditionelles Wissen anpumpen, TK als Wissen, das auf lokaler Ebene ein um zu verschwinden. selbstbestimmtes Leben der lokalen Gemein- Ständig sind neue Forscher von außen ge- schaften in und mit ihrer Umwelt ermögliche kommen und haben sich auf dieses tradi- tionelle Wissen gestürzt. Wenn sie gehen, wis- TK als Wissen, dem ein ideeller Wert zugeschrie- sen diejenigen, die ihr Wissen mit den For- ben wird und das zur Wissenschaft beitragen schern geteilt haben, nicht, wie das Wissen könne benutzt wird.“82 (Svala 2010a) – Übers. a. d. Norw. J. L. Die Zeitung appeliert damit an ein „kollektives Ge- Nachdem ich in Diskursstrang 1 den Fokus auf die dächtnis“, in dem Forschung von außen stark mit ökonomische Inwertsetzung traditionellen Wissens Assimilation und Fremdbestimmtheit assoziiert und die Reaktionen samischer Akteure auf un- wird (Porsanger 2004: 107), keinen ethischen authorisierte Nutzung im Tourismusbereich gelegt Grundsätzen folgt, sondern persönlichen Interes- habe, möchte ich nachfolgend auf Punkt 2 einge- sen und Zielen dient, Forschungsziele nicht kom- hen, der mit meinem Diskursstrang zum Sammeln, muniziert wurden und Ergebnisse nicht zurückge- Bewahren und Schützen samischer Kultur überein- ossen sind. Als Antagonist, der samische kulturel- stimmt. le Elemente kommodiziert, tritt hier nicht die Tourismusindustrie, sondern die Wissenschaft – insbesondere die Anthropologie – auf. Samische 5.3 Diskursstrang 2: Kulturtechniken: Sammeln, Akteure haben unterschiedliche diskursive Strate- Bewahren und Schützen gien entwickelt, um die Dekontextualisierung sa- „The issue of protection against misuse is cer- mischen Wissens zu thematisieren. Seit einigen tainly a challenging one. But even more chal- Jahren werden zudem Möglichkeiten eruiert, diese lenging, and in my opinion even more im- aufzubrechen. Vor allem im Zusammenhang mit portant today than the issues of misuse and Cultural Property entwickeln samische Forscher non-interference; is the challenge of docu- ethische Richtlinien, die zum einen im Kontext menting our traditional knowledge with the globaler indigener Diskurse gesehen werden kön- aim of transmitting this knowledge for future nen, zum anderen die Rhetoriken, Konzepte und generations of the Sámi“ (Vars 2008). Instrumente transnationaler Organisationen nut- „It is nevertheless most crucial now to docu- zen. Diese sind gleichzeitig in nationale und pan- ment Sámi traditional knowledge, something samische Diskurse zu einem Eigentum an sami- for which the Sámi themselves must be re- scher Kultur eingebunden. Sowohl die selbstbe- sponsible“ (Solbakk 2007: 12). stimmte Dokumentation samischen traditionellen Wissens als auch die Entwicklung einer indigenen Auf den ersten Blick kann dieser Diskursstrang als Methodologie, die die konventionelle Wissenschaft „anthropological approach“ bezeichnet werden, komplettieren soll, dienen als strategische Werk- wie Åhrén es im Rahmen des TK-Seminars getan

35 zeuge, die Dekontextualisierung samischer kultu- nachhaltig zu reagieren (Nordin 2008). Das traditi- reller Elemente zu verhindern. onelle Wissen stelle einerseits den „Schlüssel“ zur Mit der Dokumentation samischen traditionel- Lösung globaler Umweltprobleme dar und sei an- len Wissens geht eine Inwertsetzung einher. Die dererseits die Möglichkeit für Indigene auf politi- Akteure entwickeln diverse Inwertsetzungsmecha- scher Ebene erfolgreich zu sein (Nordin 2008: 2): nismen, die samischem traditionellen Wissen ide- „Zu betonen, dass man das Wissen besitzt, elle Werte zuschreiben. Bereits 1993 formulierte wie diese Probleme eventuell gelöst werden Elina Helander, dass hinter dieser Angst die Be- können, ist ein politisches Werkzeug“82 (ebd.: fürchtung vor den Folgen eines gesellschaftlichen 6). – Übers. a. d. Schwed. J. L. Wandels stehe: Das diskursive Konstrukt eines samischen traditio- „ ... there are widespread fears that the pace nellen Wissens steht in einem engen Dialog mit of change in modern society represents a se- dem indigenen Diskurs. Dies betont unter anderem rious threat to tradition, especially where the Åsa Nordin: identity of an ethnic minority is closely linked „Samische Wissen ist, mit anderen Worten, up with tradition“ (Helander 1993: 68f.). ein Teil des globalen indigenen Diskurses.“82 Die Moderne wird als Gegensatz und als Bedrohung (Nordin 2008: 2) – Übers. a. d. Schwed. J. L. einer samischen Tradition dargestellt, welche so- In diesem wird Indigenität mit „natural, authentic, wohl räumlich als auch zeitlich woanders verortet noble and creative“ verbunden und als Alternative wird. Samische Identität wird dadurch mit dem Lo- zu einem modernen Leben gesehen (Mathisen kalen und der Vergangenheit verknüpft (Conrad 2004: 17). Seit den 1980ern setzte sich das Attribut 2004: 165). Zu der Furcht vor Verlust von Traditio- „indigen“ für die Sámi durch, welche seit Ende des nen durch Assimilation (Thuen 2004a: 99), vor der 19. Jahrhunderts Objekt assimilatorischer Minder- Bewegung von Informationen (Brown 2005: 42) und heitenpolitiken waren, die sich vor allem auf die vor Nachahmung (Tauschek 2009: 71) gesellt sich in Idee des Sozialdarwinismus gründeten (Tuomi-Ni- diesem Diskursstrang die Angst, dass Wissen, das kula 2000, Minde 1996, Åhrén 2004). Das Aufkom- nicht tradiert wird, verloren geht (gå förlorad), ver- men der ethnopolitischen Bewegung auf nationa- gessen wird (glöms bort) oder verschwindet (förs- lem Level war mit der Entstehung einer internati- vinna) (Nordin 2008).82 Traditionelles Wissen sei zu onalen indigenen Bewegung verbunden (Minde wertvoll, vergessen zu werden (Nordin-Jonsson 1996). Während der ersten Phase der politischen 2010: 10). Einerseits wird hier davon ausgegangen, Organisation fand der indigene Diskurs jedoch dass Kultur sterblich sei, andererseits wird betont, noch keinen Eingang in die Diskussionen um die dass traditionelles Wissen an die äußeren Umstän- Rechte der samischen Gesellschaft, wie Minde mit de angepasst werde. Es ist diese dynamische Seite Verweis auf die samischen Zeitungen der Zeit he- von Kultur, die sowohl als ihre Schwäche als auch rausarbeitet (ebd.). Erst während der 1990er Jahre als ihre Stärke gesehen wird. Sie wird als Legitima- hätten die Sámi aktiv zu der Herausbildung einer tion für die Dokumentation traditionellen Wissens indigenen Bewegung beigetragen. In Norwegen genutzt. Werde Kultur als gefährdet erklärt, treibe wird der Status der Indigenität den dort lebenden dies die Suche nach „not yet discovered and hence Sámi seit 1990 durch die Ratizierung der rechtlich authentic folklore“ voran (Bendix 1997: 8). bindenden ILO Konvention Nr. 169 oiziell zuge- Es wird betont, dass samisches traditionelles sprochen. Finnland und Schweden lehnen die Ra- Wissen veränderlich und anpassbar sei. Dies birgt tizierung dieses Übereinkommens bisher ab. Zwar einerseits die Gefahr, dass das Wissen eine Adapti- haben neben Norwegen auch diese beiden Länder on erfährt, nicht in der gleichen Weise weiterver- 2007 für die Verabschiedung der UN Declaration on mittelt wird oder durch anderes Wissen ersetzt the Right of Indigenous Peoples gestimmt, doch die- wird. Dass Teile des traditionellen Wissens „ver- se stellt kein rechtlich bindendes Regelwerk dar. schwinden“ wird als „Verlust für die gesamte sami- Alle drei Staaten haben die CBD ratiziert und sich sche Gesellschaft“ (förlust för hela det samiska dadurch verpichtet, die Richtlinien – darunter samhället) bezeichnet (Nordin-Jonsson 2010: 21). Artikel 8 (j) – zu implementieren. Sowohl in Die Dokumentation samischen traditionellen Wis- Schweden als auch in Norwegen hat das transnati- sens wird mit der Wichtigkeit dieses Wissens für onale Übereinkommen über die Biologische Vielfalt „künftige Generationen“ begründet (ebd.). Ande- zur Entwicklung nationaler Programme geführt, rerseits wird dies durch indigene Akteure als politi- die sich mit der Erforschung traditionellen Wissens sche Strategie genutzt. Durch ihre Verbundenheit allgemein und der Umsetzung von Artikel 8 (j) im mit der Umwelt und die Anpassbarkeit ihrer Le- Besonderen befassen. In einer Rede zur Implemen- bensweise seien indigene Ethnien in der Lage Ver- änderungen in der Natur zu erkennen und darauf

36 tierung des Artikels in Norwegen äußerte der auch „nicht-samischer“ Akteure, im globalen wie Staatssekretär Raimo Valle: lokalen Kontext (vgl. Groth 2010a: 16f.). Die Be- „They [die nordischen Staaten, Anm. J. L.] zeichnung des „indigenen Sámi“ sowie der Diskurs have undertaken to protect and maintain des „ökologischen Sámi“ (Mathisen 2004) konstitu- indigenous people's traditional knowledge ieren sich in Relation zu dem Konstrukt einer ko- which is relevant for conservation and sus- lonialisierenden, modernen Mehrheitsgesellschaft tainable use, so that this knowledge can be und nationalen Umweltgruppen (Mathisen 2004) passed on to future generations“ (Valle 2011). sowie innerhalb indigener Netzwerke (Minde 1996). Im Sinne der CBD wird auch auf schwedischer Seite Unter dem Titel Traditionell kunskap och hervorgehoben, dass das traditionelle Wissen Indi- sedvänjor inom den samiska kulturen – relaterat till gener wichtig für Biodiversität und Nachhaltigkeit bevarande och hållbart nyttjande av biologisk sei (Nordin 2008: 2, Sametingets Policydokument mångfald [Traditionelles Wissen und 'Brauchtum'88 2010: 15). Im Cultural Property-Diskurs wird sami- in der samischen Kultur – in Bezug auf Bewahrung sches traditionelles Wissen an ein Leben in und mit und nachhaltige Nutzung biologischer Vielfalt] der Natur gekoppelt. Der Diskurs der „ökologi- veröentlichte Per Mikael Utsi 2007 eine vom Zen- schen“ Sámi, die in enger Verbindung mit ihrer trum für biologische Vielfalt (CBM) und dem Umwelt, der Natur und ihren Ressourcen leben, schwedischen Samenparlament in Auftrag gegebe- lässt sich im Zusammenhang mit einer globalen ne Studie. Utsi erschließt darin Quellenmaterialien Romantisierung indigener Lebensweisen sehen. zu samischem traditionellen Wissen. Durch eine Dieser globale Diskurs habe seinen Ursprung in Kartierung von Quellen seit dem 16. Jahrhundert frühen romantisierenden Repräsentationen ge- (ältere schriftliche Quellen, Erzählungen und Be- habt, sei in den 1980ern als „moral cure“ für die schreibungen durch samische Verfasser, archivierte Ungerechtigkeiten während des Kolonialismus und Aufzeichnungen und Aufnahmen) und die Doku- Imperialismus mit dem Rechtsdiskurs verknüpft mentation von noch aktivem, ausgeübtem und be- worden und werde für gegenwärtige identitätspoli- wahrtem Wissen sollte die Grundlage für ein natio- tische Strategien und zur Konstruktion von Kultur- nales Programm mit Fokus auf traditionelles und erbe genutzt (Mathisen 2004). Obwohl sich der Dis- lokales Wissen, das mit der samischen Kultur ver- kurs der „ökologischen“ Sámi bis in historische Re- knüpft sei, geschaen werden (Utsi 2007). In Kon- präsentationen zurückverfolgen lässt, erhält er sequenz dieser Studie wurden in Schweden eine seine Gestalt, in der er durch das transnationale übergreifende Initiative und einige lokale, partizi- Übereinkommen und die nationalen Programme patorisch ausgelegte Projekte geschaen, die sich zu Biodiversität transportiert wird, vor allem in den mit der Dokumentation traditionellen Wissens aus- späten 1990ern. In Norwegen hing dies Mathisen einandersetzen. zufolge unter anderem mit einer Veröentlichung der Sámi Rights Commission zusammen (Mathisen Auf die Erkenntnisse dieser Initiative baut das 2004: 24 f.). In den Empfehlungen an das Norwegi- vom norwegischen Samenparlament nanzierte sche Parlament (NOU 1997: 4 Naturgrunnlaget for Árbediehtu-Pilotprojekt auf, das als Forschungs- samisk kultur) wurden bereits die Schlagworte „in- und Capacity Building-Projekt ausgelegt ist. Aus- digene Kultur“ (urfolkskultur), „ökologisch verant- gehend von dem Gedanken, dass samisches traditi- wortungsvolle Nutzung der Natur“ (økologisk fors- onelles Wissen wertvoll und wichtig ist, entstand varlig bruk av naturen) und traditionelles Wissen das Projekt, das eine Kooperation zwischen der sa- (tradisjonell kunnskap) verknüpft: mischen Hochschule in Kautokeino und lokalen samischen Institutionen darstellt (Østmo 2008). „das traditionelle Wissen, das diese Völker Ziel des Projekts ist es, eine Methodologie zu erar- über Zusammenhänge in der Natur haben, beiten, durch die Árbediehtu dokumentiert, be- 86 und … ihr ökologischer Lebensstil“ (NOU wahrt und beschützt werden kann. Hierfür muss- 1997: 4: 89) – Übers. a. d. Norw. J. L. ten zwei Grundvoraussetzungen erfüllt werden: Mathisen geht davon aus, dass die Beziehung der Der Gegenstand der Dokumentation, Árbediehtu, Sámi zur Natur immer wieder betont werden müs- wurde deniert. Zudem wurden methodischen und se, um Gültigkeit zu erhalten. Durch Artikel 8 (j) ethische Überlegungen angestellt. der CBD und die Implementierung nationaler Pro- In ihrem Artikel Tvetydigheten i begreppet tradi- gramme wird der Diskurs des „ökologischen“ Sámi tionell kunskap [Die Zweideutigkeit des Begries 87 oiziell anerkannt. Die Zuschreibungen „indi- Traditionelles Wissen] setzt sich Åsa Nordin mit lo- gen“ und „ökologisch“ können somit zur Legitima- kalen, nationalen und globalen Auassungen des tion des Kultureigentums- bzw. Kulturerbediskur- Begris und Konzepts Traditionelles Wissen ausei- ses dienen – sowohl auf Seiten „samischer“ als nander. Darin deniert sie samisches traditionelles

37 Wissen, Árbediehtu, und grenzt dieses denitorisch lassen (Østmo 2008). Die Árbečeahpit sind als Indi- von anderen Wissensformen ab. Árbediehtu ist ei- viduen jedoch nicht die Eigentümer dieses Wissens: ner der nordsamischen Neologismen, die durch die „The Sámi knowledge is considered collective Projekte in Schweden und Finnland in Verbindung to the community or to groups within it, not mit traditionellem Wissen geschaen worden sind: to private businesses or Sámi individuals“ „The concept traditional knowledge is a new (Vars 2008). concept in Sami context. We conceptualise our Diese Vorstellung deckt sich mit der auf transnati- meanings in new ways, therefore we are onaler Ebene gemachten Aussage, dass traditionel- challenged to critically evaluate new concepts les Wissen kollektiv sei.90 Da sich die Konstituie- to ensure that we do not stretch our mean- rung eines Cultural Property auf transnationaler ings to t the concepts of others“ (Østmo wie auf samischer Ebene in der Aushandlung be- 2008: 2) ndet, gibt es „noch keine konsensuale und ver- Árbediehtu ist ein Kompositum, das durch die bindliche Denition der Begrie 'traditional know- Wortbestandteile árbi- 'Erbe-' und -diehtu 'Wissen' ledge' und 'traditional cultural expressions'“ (Groth als Oberbegri für sowohl theoretisch als auch 2010b: 183). Die Denitionen samischer Akteure praktisch vermitteltes samisches traditionelles Wis- können daher als Versuche gesehen werden, sich sen eingeführt wurde. Die Denition dieses Wissens dem Konzept anzunähern. lehnt sich an die Denitionen, die die transnatio- Mathisen weist darauf hin, dass das Sammeln nalen Organisationen bereit halten an. Die von Elementen der Kommunikation, darunter Rechtswissenschaftlerin Láilá Susanne Vars nimmt kann auch Árbediehtu gefasst werden, eine Dekon- eine enge Begrisbestimmung vor: textualisierung dieser Elemente bedeutet. Sie wer- „Sámi traditional knowledge encompasses den oftmals in einen neuen Kontext gestellt (Ar- the beliefs, practices, innovations, arts, mu- chiv, Museum, Buch, Film und Photograe, Ton- sic, livelihoods, spirituality, and other forms bandaufnahmen). Durch die Rekontextualisierung of cultural experience and expression that be- änderten sich häug nicht nur das Medium, son- long to the Sámi.“ (Vars 2008) dern auch die Bedeutung und die Eigentumsver- hältnisse (Mathisen 2009: 11 f.). Die Akteure der Nordin hingegen fasst Árbediehtu weiter. Traditio- Árbediehtu-Projekte haben versucht, diese Prob- nelles Wissen werde von Generation zu Generation lematik zu reektieren.91 Nicht nur der kollektive mündlich tradiert, es sei dynamisch, holistisch, Charakter des Eigentums an traditionellem Wissen untrennbar mit den Wissensträgern verbunden, an wirft Fragen auf, denen sich die sozialen Akteure eine bestimmte geographische Umgebung oder an stellen müssen: ökologische Nischen gekoppelt, regle die Nutzung der Natur, schae Verhaltensregeln, Normen und „Jede Dokumentation traditionellen Wissens Werte, sei anpassbar und adaptiv. Árbediehtu ist birgt das Risiko, dass Wissen isoliert, doku- folglich ein diskursives Konstrukt, durch das sami- mentiert und aufbewahrt wird, das bedeutet, sches traditionelles Wissen inwertgesetzt wird. Es dass der Forschende das traditionelle Wissen wird nicht nur an Personen, sondern auch an die in Zeit und Raum einfriert“92 (Nordin 2008: 5) Kategorien Raum und Zeit gebunden. Durch dieses – Übers. a. d. Schwed. J. L. Konstrukt werden Vergangenheit, Gegenwart und Um die Ossizierung traditionellen Wissens93 zu Zukunft verknüpft: verhindern und den ethischen Herausforderungen „Árbediehtu gibt uns die Voraussetzungen des free, prior and informed consent94 gerecht zu dafür, dass wir ein so gutes Leben wie werden, wurde in den Projekten ein partizipatori- möglich führen können … Für uns Sámi ist scher Zugang gewählt. Der Prozess des Sammelns, Árbediehtu kein altes oder altertümliches Wis- Bewahrens und Schützens sollte in situ durchge- sen, sondern es beinhaltet ebenso Wissen, das führt werden, d.h. in dem ursprünglichen Kontext heute angewendet wird und das auch weiter- des Wissens und in enger Beteiligung der Árbeeah- entwickelt wird“89 (Sametingets Policydoku- pit. Der Konstituierungsprozess fordert dennoch ment 2010: 8). – Übers. a. d. Schwed. J. L. die Ausbildung einer Expertise in dem Feld, da die Kulturtechniken des Sammelns, Bewahrens und Traditionelles Wissen ist ein abstraktes Objekt, das Schützens von Kultur andere Herausforderungen außerdem eine Bindung an unterschiedliche Sub- an die Akteure stellen, als ihre Anwendung: jekte erfährt. Von dem Begri Árbediehtu wurde die Bezeichnung Árbečeahpit abgeleitet – „those „There is a dierence between doing the prac- who are skilled and clever within traditional know- tice and doing something about it, between ledge“. Dieser soll berücksichtigen, dass sich Wis- performing a song and recording it. Safe- sensträger in allen generationalen Ebenen nden guarding eorts produce heritage workers,

38 who may or may not also be heritage prac- research“ und „All indigenous peoples know from tioners" (Kirshenblatt-Gimblett 2004b). their philosophies as well as from their experiences Die Konstituierung eines samischen Cultural Pro- of colonization that knowledge is power“ (Porsan- perty beschäftigt zahlreiche samische und nicht- ger 2010: 437). Die Macht der Forschung sei bis heu- samische Akteure, die auf globaler, nationaler, te ungleich verteilt und liege hauptsächlich bei samischer und lokaler Ebene agieren. In dem Maße „traditional Western researchers“ (ebd.). Traditio- wie die Diskursstränge miteinander verknüpft sind, nelles Wissen bewegt sich außerhalb der Grenzen ist es auch das Netzwerk dieser Akteure zueinan- des dominanten Diskurses konventioneller Wissen- der. schaft. Indigene Wissenschaftler hätten diese He- gemonien zu durchbrechen versucht. Doch obwohl sich in den letzten Jahrzehnten eine „indigenous 5.4 Diskursstrang 3: Samisches traditionelles academy“ und eine samische Wissenschaft heraus- Wissen als indigene Expertise bilden, würden sich indigene Wissenschaftlerinnen „The Sami conception of resource manage- immer wieder vor die Herausforderung gestellt ment could be a benecial complement to sehen, sich und ihren Hintergrund erklären zu scientic knowledge, when management müssen (ebd.). Diese Rhetorik kann im Zusammen- plans for the Northern Regions are to be de- hang einer globalen „postkolonialen Wende“ cided and to the ongoing research on the an- (Bachmann-Medick 2009) in den Kulturwissen- ticipated climate changes in the Arctic that schaften gesehen werden. Diese habe sich u.a. originate from global warming“ (Vars 2007: durch die „Einsicht, dass koloniale Macht nicht nur 147). ökonomisch, sondern auch diskursiv über das Von den beiden zuvor analysierten Diskurssträn- (westliche) Wissenssystem ausgeübt wurde und gen lässt sich ein weiterer, dritter dierenzieren, noch immer wird“ herausgebildet (ebd.: 187). der eng mit den ersten beiden verknüpft ist. So- In den relativ neuen samischen Wissenschaften wohl Diskursstrang 1 als auch Diskursstrang 2 beto- ist die „postkoloniale Wende“ als Paradigmenwech- nen die Wichtigkeit samischen traditionellen Wis- sel in der Erforschung samischer Kultur nachvoll- sens für die Gemeinschaftsbildung. Während For- ziehbar. Samische literatur- und kulturwissen- derungen, die sich der Rhetorik des WIPO-IGC be- schaftlich orientierte Disziplinen greifen auf diese dienen, eine exklusive samische Gemeinschaft in „diskurskritische Kulturtheorie“ (Bachmann-Me- Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft betonen, dick 2009: 184), die „eurozentrische Wissensord- wird in den Árbediehtu-Projekten die inkludieren- nungen und Repräsentationssysteme“ (ebd.) hin- de Wirkung beschrieben. terfragt, zurück. Dadurch wird auf die Dierenz Diskursstrang 3 lässt sich über die Inwertset- zwischen Wissenschaft und samischem traditionel- zung samischen traditionellen Wissens erschlie- lem Wissen hingewiesen. Wissenschaftlerinnen wie ßen. Die Aussagen formieren sich um den Wert die- Jelena Porsanger und Rauna Kuokkanen gehen von ses Wissens sowohl für die Wissenschaft an sich als einer Dichotomie zwischen indigenen Wissenssys- auch für das Wohl der gesamten Menschheit: temen und einer eurozentrischen konventionellen Wissenschaft aus. Traditionelles Wissen wird von „10. State's climate change adaptation strate- samischen Akteuren anderen Arten von Wissen als gies must also be based on the traditional divergierendes Epistem gegenübergestellt. Wäh- knowledge of the Saami, recognizing its equal rend indigenes Wissen „erfahrungsbasiert“ (Gaski value with other forms of science“ (The Rova- 1997: 20) bzw. „empirisch“ sei, würden sich „Wes- niemi Declaration 2008: 5). tern theories of knowledge“ grundlegend von die- Teilweise lassen sich die Aussagen als Adaption der sem unterscheiden (Porsanger 2010: 436). Theorien des Postkolonialismus begreifen. Diese Wie die Forderung nach einer Dekolonisation gehen davon aus, dass sich kolonialistische Struk- der Wissenschaft mit Eigentumsansprüchen ver- turen „in anderen Formen“ fortsetzen (Bachmann- knüpft ist, zeigt sich in den folgenden Punkten, die Medick 2009: 185). Unter anderem in den Berei- Porsanger 2004 bzw. 2010 formulierte. Demnach chen Kultur und Wirtschaft sei dies der Fall. Die solle aus folgenden Gründen eine indigene Metho- Kritik an kultureller Aneignung beruft sich häug dologie ausgearbeitet werden (Tabelle 7). auf die Aussage, dass Assimilationspolitiken auf In diesen Punkten greift Porsanger die wesentli- kultureller Ebene weitergeführt würden. Diese chen Aussagen, die im samischen Cultural Proper- Aussage wird auch in der samischen Forschung ty-Diskurs gemacht werden, auf. Porsanger betont, virulent. Die Wissenschaftlerin Jelena Porsanger dass eine indigene Methodologie als Expertise im bemerkt: „Research processes nowadays show very Feld Cultural Property genutzt werden könne. Dies clearly that colonization is not over in the eld of ist zum einen innerhalb des transnationalen Cultu-

39 ral Property-Regimes und im politischen Dialog mit schen Realität näher kommt – oder kommen sollte den Regierungen der Nationalstaaten nötig. Láilá – als das Bild, das die konventionelle Wissenschaft Susanne Vars stellt heraus, dass sich Sámi sich in gezeichnet hat. Die Geschichte der Sámi mit der drei unterschiedlichen Wissenssystemen bewegen: Stimme der Sámi erzählen zu wollen, basiert auf das traditionelle Wissen ihrer Ethnie, Wissen und der Überlegung, das Machtverhältnis zwischen Normen der Mehrheitsgesellschaft und das Wissen Forschenden und Erforschten aufzubrechen, das um andere (indigene) Ethnien und internationales Wissen über Sámi zu entmystizieren und Stimmen Recht. Um samisches traditionelles Wissen zu si- sichtbar zu machen, die andernfalls ungehört blei- chern, bedarf es also des Wissens darüber, was als ben94 und dadurch eine Objektivation zu verhin- Árbediehtu gelten kann, wie es in der nationalen dern. Gesetzgebung (nicht) verankert ist, wie andere in- digene Ethnien mit ihrem traditionellen Wissen 5.5 Akteure, Positionen, Strategien umgehen und welche völkerrechtlichen Instru- mente als Schutzmechanismen für Árbediehtu ge- „Globale Ideen, wie traditionelles Wissen sind nutzt werden können (Vars 2008). Zum anderen jedoch nicht immer einfach in der lokalen dient die Ausarbeitung einer indigenen Methodo- Wirklichkeit zu implementieren, viele 94 logie dazu, ethische Richtlinien für die Forschung Fragezeichen und Probleme entstehen.“ in, über und mit samischen Gemeinschaften fest- (Nordin 2008: 1) – Übers. a. d. Schwed. J. L. zusetzen. Richtlinien erleichtern die Kontrolle ü- Globale Entwicklungen und transnationale Diskur- ber die wissenschaftliche (Aus)Nutzung indigenen se haben Auswirkungen auf lokale Rhetoriken und Wissens. Sie erschweren die unerwünschte Dekon- kulturpolitische Entscheidungen zu samischem textualisierung dieses Wissens. traditionellen Wissen und der Forderung nach ex- klusiven kulturellen Rechten. Sie stellen die sozia- len Akteure vor die Herausforderung, Konzepte zu Tabelle 7: Indigenous methodology (Porsanger übersetzen und metakulturelle Operationen (Kirs- 2010: 443) henblatt-Gimblett 2006) durchzuführen. Die „to ensure that the intellectual property rights of Konstituierung eines samischen Cultural Property indigenous peoples will be observed;“ bendet sich derzeit „in the making“. Insbesondere „to protect indigenous knowledge from misinter- in diesem Aushandlungsprozess greifen Akteure pretation and misuse;“ auf transnationale, globale und indigene Diskurse und Instrumente zurück. Teilweise reektieren die „to demystify knowledge about indigenous Akteure, dass ihre Narrative einen globalen Ur- peoples;“ sprung haben. Dies hat die Analyse der drei Dis- „to tell indigenous peoples' stories in their kursstränge gezeigt. voices;“ In der Archäologie des Wissens fragte Foucault „to give credit to the true owners of indigenous sich, warum Menschen „innerhalb einer diskursi- knowledge;“ ven Praxis von verschiedenen Gegenständen spre- „to communicate the results of research back to chen, entgegengesetzte Meinungen haben, eine the owners of this knowledge, in order to support sich widersprechende Wahl treen“ (Foucault 1981: them in their desire to be subjects rather than 285). Theoretisch stellt Sprache ein System dar, an- objects of research, to decide about their present hand dessen unendlich viele Aussagen getroen and future, and to determine their place in the werden könnten (Landwehr 2009: 71), in der Praxis world“ wird allerdings nur eine endliche Menge Aussagen zu einer bestimmten Zeit zugelassen. Coombe weist darauf hin, dass kulturelle Praxen um Cultu- Das Wissen, das über die Sámi zirkuliert, ist wie- ral Property einerseits die Kontrolle über Objekte derum stark durch stigmatisierende Repräsentati- betreen und sich andererseits auf soziale Bezie- onen durch Nicht-Sámi geprägt. Diese äußern sich hungen und die Konstruktion, Anerkennung und sowohl in positiven als auch in negativen Vorurtei- Akzeptanz sozialer Gruppen und kollektiver Identi- len. Häug sind es romantisierende Vorstellungen, täten beziehen (Coombe 2009: 396). Nicht jeder ist die in Finnland z.B. durch die Tourismusindustrie bevollmächtigt, am Diskurs teilzuhaben. Zur Teil- genutzt werden, aber auch in der Wissenschaft habe am Diskurs bevollmächtigen sozialer Status, vorhanden sind. Aus samischer Sicht sind viele der gelebte Selbstbilder und gesellschaftliche Reprä- Informationen, die über sie zirkulieren, Fehlinter- sentationen. Dies gilt sowohl für Akteursgruppen pretationen. Diese gilt es durch eine indigene Wis- als auch für Individuen. Die Subjekte, denen die senschaft aufzubrechen, da durch sie eine Wirk- Möglichkeit eingeräumt wird, sich in den samische lichkeit konstruiert werden kann, die der sami- Medien zu den Diskursgegenständen zu äußern,

40 gehören hauptsächlich der samischen Elite an. to decide according to its own values and as- Obwohl innerhalb dieser Elite Brüche wahrnehm- sumptions, whether to accept or reject such bar sind (z.B. zwischen Samenparlamenten und claims.“ (Thuen 2004a: 91) Samenrat), sprechen sie mit einer Stimme, die die Transnationale Diskurse um Cultural Property be- Nutzung samischer Kultur durch Außenstehende einussen nationale und lokale Diskurse vor allem dann verurteilt, wenn sie ein grundlegendes Prin- durch die Vermittlung von Politiken und durch zip missachtet: den respektvollen Umgang mit sa- Forschungsprojekte. Die samischen Akteure, die mischer Kultur. sich auf diesen Diskursebenen bewegen, verfügen Die Stimme der Elite lässt andere verstummen. lediglich über einen begrenzten Artikulations- So wird gewährleistet, dass der dominante Diskurs spielraum. Sie bewegen sich innerhalb der Struk- zu einem samischen Cultural Property aufrecht er- turen, die ihnen sowohl ein samisches Umfeld als halten wird. In ihrer Analyse samischer Narrative auch das System der Mehrheitsgesellschaft und geht Coppélie Cocq aufbauend auf Norman Fair- teilweise die Rhetoriken transnationaler Organisa- cloughs Gedanken zur Critical Discourse Analysis tionen und indigener Netzwerke auferlegen. Indi- davon aus, dass soziale Akteure die Macht haben, gene müssen sich und ihre Anliegen in die Rhetori- diskursive Praktiken zu formen (Cocq 2008: 25). Sie ken des Rechtssystems übersetzen und vice versa.98 treten als “social subjects as shaped by discursive Durch die Notwendigkeit, zwischen diesen Ebenen practices, yet also capable of reshaping and re- zu übersetzen, stehen sie vor einem Balanceakt structuring those practices” (Fairclough 1992: 45, zwischen „'too similar'“ und „'too dierent'“ (Green zit. n. Cocq 2008: 25) auf. Einige Sámi haben die 2009: 23). Ihnen sind wissenschaftliche, indigene samenpolitische Netzdebatte als zu einseitig emp- und transnationale Diskurse, aber auch nationale funden. Sie gründeten daher die selbstorganisier- und lokale Diskurse vertraut. Sie sind den Regeln te, parteipolitisch unabhängige Organisation Jurd- dieser Diskurse unterworfen. „Außerhalb dieser dabeassi, die alternative Meinungen in der samen- Regeln ist es kaum möglich, gehört zu werden“ politischen Diskussion sichtbar machen soll. Infol- (Landwehr 2009: 73). Um einen „Platz am Tisch“ ge der Medienberichte um die „Texas-Kofte“ wurde ergattern zu können, müssen sie die Rhetoriken auf der Homepage von Jurddabeassi ein Artikel mit transnationaler Organisationen übernehmen. dem Titel Kiwi-kofte og Palestinaskjerf [Kiwi-Kofte Gleichzeitig stehen sie vor der Verantwortung, die und Palästinenserschal] veröentlicht. In diesem in ihr samisches Umfeld rückießen lassen zu müs- kritisierte Ingemund Skålnes die Art der Auseinan- sen: dersetzung mit der Kommodizierung samischer „Here, the Sámi representing our people in- Kleidung: ternationally have a specic responsibility for „Anstatt Ressourcen dafür zu nutzen, Organe bringing back information and helping our und Instrumente zu etablieren, die die own people in their struggles“ (Vars 2008). Nutzung der Kofte außerhalb Sápmis regu- Medial vermittelt werden diese Diskurse nur im lieren, sollten wir diese Ressourcen vielleicht Zusammenhang mit einer News Story. Im Zeitraum besser nutzen, um die Nutzung der Kofte in 2008-2012 gab es einige dieser News Stories, die Sápmi zu stärken!“97 (Skålnes 2012) – Übers. vornehmlich von Fällen erzählen, in denen sami- a. d. Norw. J. L. sche Kultur durch Nicht-Sámi genutzt wurde. Ins- Im dominanten Diskurs dienen die Äußerungen besondere NRK Sápmi dient als Vermittlungs- samischer Akteure durch die Wiederholung dazu, instanz. In den Artikeln dieses Mediums treten Per- den Diskurs zu formen und die normativen Sinn- sonen des samischen öentlichen Lebens (Sprecher strukturen samischen Kulturschaens zu stabilisie- des Samenrats, Politiker und Wissenschaftler, mit- ren, indem auf verschiedenen Diskursebenen auf unter auch Künstler) als Experten für den Umgang Regelverstöße aufmerksam gemacht wird. Im sami- mit samischer Kultur auf. Als Antagonisten treten schen Cultural Property-Diskurs handelt ein breites „die nnische Tourismusindustrie“ und Folklore- Set an Akteuren, das sich auf zwei Seiten einer Ach- gruppen, nationale Großkonzerne und Kleinstun- se einordnen lässt: ternehmen, ausländische Unternehmen, und die „On one side is a group that claims to be enti- Nation im Ausland repräsentierende Künstler auf, tled to 'reclaim its culture' on the basis of a set die allesamt samische Kultur kommerzialisieren of overarching and internationally sanctioned und/oder präsentieren. Konsumenten, wie z.B. moral principles of fairness and respect. Touristen, werden als passiv und unwissend cha- Standing in juxtaposition is another, and usu- rakterisiert. ally more powerful, entity such as a state or Raum und Zeit sind rekurrierende Aspekte an international corporation, that has power im Cultural Property-Diskurs, die nicht nur durch die Verschränkung des Globalen mit dem Nationa-

41 len und Lokalen in internationalen Arenen (Groth tischen Anstrengungen zu Beginn des 20. Jahr- 2010b: 179) artikuliert werden. Die Verortung einer hunderts existiert, konnte ich zeigen, dass es im samischen Ethnie in Sápmi, „its traditional home- beginnenden 21. Jahrhundert zu einer Nuancen- land“, durch dessen „immemorial use“ sie eine verschiebung des Diskurses hin zu einem Cultural „rich, living and constantly evolving culture, dis- Property-Diskurs kommt. tinct to the Saami people“ entwickelt hätte (The Rovaniemi Declaration 2008), bindet Kultur an Tabelle 8: Dichotomien Raum- und Zeitkategorien, verweist auf Dierenz- en99 und macht Ethnizität zu einem relevanten Sámi Nicht-Sámi Thema (Gaski 2008: 233). Eines der räumlichen Gemeinschaft Individuum Konstrukte ist Lappland/Sápmi. Während das Kon- strukt Lapplands für den Tourismus aufrecht erhal- Lokale Bevölkerung Regierung ten wird, dient Sápmi als samisches Kerngebiet zur Norden bzw. Sápmi Süden Konstruktion einer samischen Nation. Dieses ist eng mit dem Bild des „ökologischen“ Sámi verbun- Zentrum bzw. Peripherie vs. Zentrum den und steht in Dichotomie zu weiteren Raum- Peripherie konzepten. Lokal Global Durch ihre diskursiven Strategien schreiben die Akteure im Cultural Property-Diskurs zum einen Rest Westen den kulturellen Objekten diverse Werte zu, zum Indigenität Kolonialismus anderen (re)aktivieren und (re)produzieren sie Grenzen und Dierenzen zwischen unterschiedli- Objekt Subjekt chen sozialen Gruppen. Der „Andere“ wird im Dis- Assimiliert Assimilierend kurs konstant konstruiert. Dies geschieht z.B. durch Dichotomisierung. In Anlehnung an Gaski Entmachtet Ermächtigt, (2008) und Mathisen (2004) lassen sich u.a. die in selbstbestimmt Tabelle 8 aufgeführten diskursiven Dichotomien Traditionell, authen- Modern, unecht erkennen. tisch Dies sind jedoch keine starren Dichotomien oh- Kultur, Tradition, Ohne Kultur, Tradition, ne Zwischenräume, die die Akteure auf einer Seite Folklore Folklore verorten, sondern diskursiv geformte Zuschrei- Natur, Umwelt, Nach- Globalisierung, Indus- bungskategorien, deren Grenzen in der Realität haltigkeit, Verbunden- trialisierung, Modernis- dius sind. Sie können, müssen aber nicht, eth- heit ierung, Entfremdung nisch begründete Kategorien sein. Trotz der diskur- siven Konstruktion eines jeweils „Anderen“ bewe- Ökologie Ökonomie gen sich die Akteure in den Zwischenräumen dieser Holistisch Theoriegeleitet Kategorien. In den von mir analysierten Quellen werden jedoch eher Dierenzen statt hybrider Träger traditionellen Diebe Räume betont. Dadurch wird einerseits versucht, Wissens bestehende Machtverhältnisse zwischen Minder- Traditionelles Wissen Konventionelle Wissen- heit und Mehrheitsbevölkerung oenzulegen, zu schaft kritisieren und zu hinterfragen. Andererseits wer- den diese Machtverhältnisse verfestigt und stabili- siert. Dieser bedient sich globaler Rhetoriken um auf nordischer bzw. lokaler Ebene Rechte durchzuset- zen. Wie Markus Tauschek betont, gibt es einen 6 FAZIT Unterschied zwischen juristischen und wissen- Die Konstituierung eines Cultural Property auf sa- schaftlichen Konzepten zu Cultural Property und mischer Ebene ist ein Prozess, der Teil eines globa- Cultural Heritage auf der einen Seite und Cultural len Phänomens der Betonung von Grenzen und Property als lokaler diskursiver Strategie und Pra- Dierenzen ist (Thuen 2004: 104). Dies wurde im xis auf der anderen (Tauschek 2009: 69). vorhergehenden Kapitel herausgestellt. Der funk- Die sozialen Akteure, die zu Wort kommen, nut- tionale Charakter des Diskurses ist das Schaen zen je nach Einbettung in institutionelle Zusam- und Festigen von Normen für eine Gesellschaft, in menhänge unterschiedliche Strategien und Prakti- der unterschiedliche Wertzuschreibungen an sami- ken. Sie fungieren als Erzähler, die durch ihre Nar- sche Kultur existieren. Obwohl der Diskurs zu kul- rative und Performanzen auf lokaler, nationaler turellen Rechten bereits seit den ersten ethnopoli-

42 und globaler Ebene einerseits in einen Cultural das Thema „Missbrauch samischer Kultur“ auch Property-Diskurs eingebunden sind, diesen aller- außerhalb der samischen Elite Sichtbarkeit er- dings andererseits auch formen. Sie können ihre langt. Die Capacity Building-Projekte tragen den Wahl treen, sind aber an diskursive Strukturen Diskurs zudem in die lokalen Gemeinschaften: gebunden, welche die Regeln des Erzählens schaf- „A secondary objective is also to develop ca- fen. Diese Strukturen sind das Gerüst für die Ge- pacity to consider questions regarding protec- schichten über Cultural Property, die in einer be- tion, preservation or documentation of árbe- stimmten zeitlichen und räumlichen Umgebung in diehtu on dierent levels in the society, also einer gewissen Gruppe von einem individuellem, in the communities“ (Østmo 2008: 1). aber gleichzeitig an die Gruppe gebundenen Er- zähler für ein spezisches Publikum, mit Zeitbe- Wie entwickelt sich der Diskurs weiter? Derzeit schränkungen, eingeschränkten Requisiten und spricht Vieles dafür, dass hier ein „property regi- Fähigkeiten erzählt werden. Die Akteure valorisie- me“ entsteht, das als Strategie dafür genutzt wird, ren traditionelles Wissen, kritisieren wirtschaftli- „hierarchies of access and inclusion“ zu schaen che Zugrie auf Kultur und nutzen politische und (Tauschek 2009: 71). Dies geschieht zurzeit lediglich rechtliche Instrumente. durch die Sanktionsmöglichkeiten und In-/Exklusi- onsmechanismen des Diskurses. Welche Formen Wie in diesem Paper deutlich wurde, existiert nehmen diese an, wenn geeignete Schutzmecha- eine Kakophonie an Geschichten, welche sich in nismen für ein samisches Cultural Property gefun- einem weitreichenderem Diskurs vereinen. Aber den sind? Wie wirken sich Schutzmechanismen auf welche Geschichte(n) werden über Eigentum an die Machtverhältnisse zwischen Sámi und Nicht- samischer Kultur erzählt? Es existieren mindestens Sámi, aber auch auf innersamischem Level, aus? drei Szenarien – oder Diskursstränge. Sie greifen ineinander über und sind mit anderen Diskursen Der Cultural Property-Diskurs überschneidet verochten, so dass sie einen komplexeren Ge- sich stark mit dem Selbstbestimmungsdiskurs. Das samtdiskurs produzieren. Ich habe anhand dieser Recht auf Selbstbestimmung wird dabei als wesent- Diskursstränge verdeutlicht, dass diese sozialen lich für indigene Ethnien angesehen, um den eige- Akteure, die in globale Netzwerke eingebunden nen politischen Status und die selbstständige Re- sind, wiederum transnationale Rhetoriken in ihre präsentation relativ unabhängig von den Regie- nationale und lokale Umgebung zurücktragen. Die rungen der Nationalstaaten auszuhandeln (Minde Form, in der die Aussagen des Diskurses auf unter- et al. 2008: 14). Um diesem Grad an Selbstbestim- schiedlichen Diskursebenen sichtbar gemacht wer- mung näher zu kommen, soll auf der Ebene kol- den, variiert je nach institutionellem Kontext. lektiver Menschenrechte bis 2015 eine Nordische Dennoch sind die Aussagen, die in den News Stories Samenkonvention zwischen Finnland, Schweden, der Medien, in Forschungs- und Projektberichten Norwegen und den Sámi ausgehandelt werden. Die sowie in Dokumenten auftauchen, größtenteils Konvention wird Artikel beinhalten, die anlehnend identisch. Diese Aussagen drehen sich vor allem an die bisherige Beschäftigung mit Cultural Proper- um Authentizität, Legitimität, Repräsentationsho- ty dem „international trend“ folgen werden (Åhrén heit, Repräsentativität, Respekt und Ethik. Die In- 2007: 25 f.). Welche Auswirkungen wird die Konven- wertsetzung von Objekten (TK und TCEs) dient der tion auf den Cultural Property-Diskurs und die dis- Regulierung von zwischenmenschlichen Interakti- kursiven Strategien lokal, national und global onen, die sich über jene Objekte konstituieren. Es handelnder sozialer Akteure haben? werden Machtverhältnisse oengelegt, kritisiert, Es wurde mehrfach die Wichtigkeit der Doku- reproduziert und stabilisiert; samische Akteure mentation samischen traditionellen Wissens be- werden durch den Cultural Property-Diskurs er- tont. Wie werden sich die einzelnen Diskursstränge mächtigt. Eine „globale Renaissance indigener Völ- in den nächsten Jahren – auch mit Aussicht auf die ker“ (Hafstein im Interview mit Groth 2009b: 41) Nordische Samenkonvention und mögliche Ergeb- führt dazu, dass sich samische Akteure eingehen- nisse des WIPO-IGC – weiterentwickeln? Welche der mit kulturellen Rechten auseinandersetzen. In Strategien und Praxen werden auf lokaler Ebene allen Projekten, die sich mit Cultural Property be- genutzt, um ein Eigentum an samischer Kultur schäftigen, wurde betont, dass es eines der Haupt- auszudrücken? Wirken die globalen und nationa- anliegen sei, sowohl innerhalb der samischen Ge- len Diskurse, die durch unterschiedliche Medien sellschaft als auch bei Außenstehenden ein Be- vermittelt werden, auf lokaler Ebene? Ein Ziel der wusstsein für die rechtliche und politische Ausei- Projekte ist es, die Aufmerksamkeit der samischen nandersetzung mit samischer Kultur zu schaen. und nicht-samischen Bevölkerung auf die Themen Durch die Gákti-Demonstration und die Medienbe- „Missbrauch samischer Kultur“ bzw. „traditionelles richte zur „Kiwi-Kofte“ und zur „Texas-Kofte“ hat Wissen als Ressource“ zu lenken. Welche Auswir-

43 kungen haben metakulturelle Operationen (Kirs- Programme, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihr henblatt-Gimblett 2006), wie z.B. Medienberichter- traditionelles Wissen zu dokumentieren? Verän- stattung, Demonstrationen und lokale Capacity dern sich die Wertzuschreibungen, wenn traditio- Building-Projekte, auf lokale Inwertsetzungsme- nelles Wissen dekontextualisiert (dokumentiert, chanismen? archiviert, musealisiert) wird? Stellt die Lokalbe- Welche langfristigen Konsequenzen wird die völkerung Eigentumsansprüche an „ihr“ TK? Implemetierung der CBD zum einen auf die Wert- Da sich ein samisches Cultural Property derzeit zuschreibung zu traditionellem Wissen und zum im Aushandlungsprozess bendet, wäre es wichtig, anderen auf die sozialen Beziehungen, die sich ü- jenen mit diesen und ähnlichen Fragestellungen ber dieses traditionelle Wissen konstituieren, ha- weiterzuverfolgen. Eine kulturanthropologische ben? Wirkt sich das Biodiversitätsübereinkommen Auseinandersetzung mit der weiteren Konstituie- auf gesellschaftlicher Ebene aus? Wie wird es auf rung eines Eigentums an samischer Kultur ist des- lokaler Ebene implementiert? Wie werden die Prin- halb wichtig, da hier grundlegende Pfeiler der Dis- zipien der CBD in den lokalen Programmen vermit- ziplin strategisch genutzt werden: Kultur, Tradition telt? Wie gehen lokale Akteure mit diesen Rhetori- und Folklore. ken um? Wie reagiert die Lokalbevölkerung auf

ANMERKUNGEN

1 Lediglich zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Paper deren Auswirkungen auf die Kulturwissenschaften weitestgehend auf geschlechtergerechte Sprache ver- siehe daher Bachmann-Medick 2009: 33-48. zichtet. Für Personenbezeichnungen wird grundsätz- 7 Diesen Gedanken formulierte Siegfried Jäger im Inter- lich ein generisches Maskulinum gebraucht. Bei Auf- view mit Rainer Diaz-Bone. zählungen nutze ich zudem teilweise ein generisches Femininum. Soll betont werden, dass es sich explizit 8 Da dies ein integraler Bestandteil (kulturanthropologi- um weibliche oder männliche Akteure handelt, so wird schen) Forschens ist und sowohl die Entstehung der dies attributiv ausgedrückt. Fragestellung als auch die Einordnung des For- schungsgegenstands bereits in Kapitel 1 beschrieben 2 Ich nutze den Begri Sámi in diesem Paper als Sam- wurden, soll dieser Schritt hier nicht bis ins Detail aus- melbezeichnung für verschiedene samische Ethnien. geführt werden. Im Deutschen kursieren unterschiedliche Schreibwei- sen: Sámi, Saami, Saamen, Samen. Ich habe mich dafür 9 Sprechen in seiner breiten Denition schließt hier jeg- entschieden, die Schreibweise Sámi zu nutzen und in liche Form der Kommunikation mit ein. Komposita wie Samentracht, Samenparlament u.ä. und 10 bei Adjektivattributen (samisch) auf den Wortstamm Diese Auistung ließe sich weiterführen und dieren- sam- zurückzugreifen. Die päjorative Fremdbezeich- zieren. An dieser Stelle wird darauf jedoch verzichtet. nung Lappe taucht in diesem Paper lediglich in Zitaten 11 Die Diskursebenen sind sehr weit gefasst. Eine Diskur- auf. sebene lässt sich demnach weiter aufspalten in unter- 3 Sápmi ist wie die Nationalstaaten Norwegen, Schwe- schiedliche Sektoren, die verschiedene Diskurspositio- den, Finnland und Russland ein räumliches Konstrukt, nen einnehmen (können). So ließe sich die Diskurse- das sich über die Grenzen dieser Staaten deniert. Sie bene Medien z.B. in die Sektoren Zeitung, Zeitschrift, sind „abstract geographical concepts, given meaning Buch, Internet, Rundfunk usw. einteilen, welche sich through the cartographic process which confers the wiederum in weitere Sektoren zerlegen lassen. status of 'community' to those contained within the 12 Inhalte im Internet sind üchtig. Sie zu verändern, zu inscribed borders“ (Conrad 2004: 175). ergänzen, zu korrigieren, zu löschen, an anderer Stel- 4 Zur Verwendung des Begris Diskurs und seiner eng- le einzubetten oder gar zu manipulieren bedarf wenig lischsprachigen Entsprechung discourse siehe Keller Aufwand. Dem Leser bzw. Nutzer bleiben diese Opera- 2007: 13-19 bzw. Mills 1997: 1-8. tionen weitestgehend verborgen. Der letzte Zugri auf die jeweilige Quelle geht aus dem Quellenverzeichnis 5 Hartmann allerdings ist der Ansicht, dass Roland hervor, analysiert wurden die Druckversionen. Barthes 1966 die Analyse von Diskursen – verstanden 13 als „Erzeugnisse soziokulturell gebundener, menschli- Diese Analogie zur ethnographischen Stadtforschung cher Gedankentätigkeit“ – in den „Status eines ei- ist weniger auf eine tatsächliche Verortung des Inter- genständigen Forschungsgegenstandes“ erhoben habe nets in Raumkategorien zu verstehen, sondern ver- (Hartmann 1991: 20). weist lediglich auf den kulturanthropologisch-metho- dischen Zugri. 6 Die Entwicklung zahlreicher Diskursmodelle und ihre 14 Einbettung in den sog. linguistic turn muss allerdings Bereits Ende Oktober hatte das Unternehmen Kritik dierenzierter betrachtet werden. Da es vom eigtl. geerntet. Nach eigenen Angaben habe das Unterneh- Forschungsgegenstand dieses Papers fortführen wür- men daraufhin den Dialog zu „einigen Sámi“ gesucht de, kann dies im Rahmen dieses Papers nicht geleistet und schließlich Augen und Haarfarbe des Maskott- werden. Zur Genese der linguistischen Wende und chens geändert, damit es „weniger samisch“ aussehe.

44 In den Kommentaren wurden u.a. Parallelen zum Ko- comes of the CBD process rarely have any impact on lonialismus gezogen (Jojka 2011). WIPO or other international fora“ (Åhrén 2002: 68). Die Skepsis gegenüber dem WIPO-Regime ist scheinbar der 15 Auch in Norwegen, Schweden und Finnland bendet Honung gewichen, Schutzmechanismen für indigene sich eine Vielzahl samischer materieller Kulturgüter in Kultur erwirken zu können. nicht-samischen Museen. 2006-2007 wurde das muse- ale Projekt „Recalling Ancestral Voices. Repatriation of 29 Stefan Groth macht jedoch darauf aufmerksam, dass Sámi Cultural Heritage“ durchgeführt, das zum Ziel die Einrichtung des IGC einem „gesteigerte(n) Druck“ hatte, samisches Kulturerbe in Form einer Datenbank durch Indigene und Entwicklungsländer folgte (Groth rückzuführen. 2009a, 2010a, 2010b). Zudem setzt z.B. die samische Organisation für Vervielfältigungsrecht, Sámikopiija, 16 Für eine dierenziertere Auseinandersetzung siehe die Honung auf ein „international regime for the z.B. Brown 2003. protection of indigenous peoples' traditional knowled- 17 „Aili Keskitalo mener det er viktig å nne ut og drøfte ge“ (Solbakk 2007: 12). hva man kan kalle for misbruk av samiske symboler og 30 Für Gáldu, ein Ressourcenzentrum für die Rechte indi- samisk kultur. - Det kan ikke være slik at en enkelt gener Völker mit Sitz im norwegischen Kautokeino, same kan si at noe er greit, mens noe annet ikke er war dies eine Nachricht wert, die mit einer Photograe greit. Vi må ha en felles oppfatning av hvor grensen von der Gákti-Demonstration illustriert wurde. Nicht- går, og hva som er absolutt uakseptabelt.“ regierungsorganisationen haben häug nur ein be- 18 Vgl. hierzu auch Swenson 2007, die in ihrem Artikel grenztes Repertoire an Bildmaterialien, die sie ohne eine vgl-histor. Semantik von Heritage, Patrimoine Urheberrechtsverletzungen oder Aufwendung nan- und Kulturerbe liefert. zieller Mittel nutzen können. Daher werden texthafte Inhalte teilweise mit themenverwandten Photograen 19 Dabei selektiert die samische Elite Dinge, mit der sich aus dem eigenen Bildarchiv versehen. Dadurch ndet die Mehrheit der samischen Gesellschaft nur bis zu an dieser Stelle eine Verknüpfung eines pansamischen einem gewissen Grad identizieren kann. Und auch und eines globalen Ereignisses statt. innerhalb der Elite gibt es Brüche – z.B. je nach diszip- linärem Hintergrund und politischer Einstellung. 31 Es ist anzumerken, dass indigene Delegationen in den Sitzungen des IGC tatsächlich lediglich Beobachtersta- 20 Für eine dierenziertere Auseinandersetzung zur The- tus haben. Dennoch dürfen sie ihre Anliegen unter orie der Verechtung von Lokalem und Globalem im anderem in den Diskussionen äußern (Groth 2009a: 34, Kontext des Konstituierungsprozesses eines Cultural Groth 2010b: 182). Property siehe Groth 2010a und Groth 2010b. 32 Statement of Indigenous Peoples to the IGC 18, 21 Es handelt sich dabei um eine Missachtung von meta- http://www.docip.org/News.78+M5f3ad27d4b9.0.html, phorischen Eigentumsrechten, die im Einzelfall mit- letzter Zugri: 25.3.2012. unter als Diebstahl, in der Gesamtheit vereinzelt als Ethnozid durch Assimilierung bezeichnet wird. 33 Beobachtungsprotokoll J. L. 22 Zur Problematik des Begries community im Cultural 34 Samische Handwerkskunst. Property-Diskurs siehe Noyes 2006. 35 „Man ska ha en tydlig koppling til den samiska kul- 23 Siehe hierzu Bendix und Hafstein, die feststellen, dass turen. Duodji ska bevaras i det samiska samhället och unabhängig von den Praktiken rund um kulturelle förbehållas samerna.“ Artefakte und Elemente die Art der sozialen Beziehun- 36 Die samische Hymne Sámi soga lávlla und der 6. Feb- gen („between owners, thieves or potential buyers“) ruar als samischer Nationalfeiertag erinnern zudem an eher problematisiert werde als das Cultural Property die Anfänge der ethnopolitischen Bewegung zu Beginn an sich. Dies gelte im gleichen Maße für Kulturerbe, des 20. Jahrhunderts. dessen Wert „arises from the interests and desires of those who maneuver within the parameters of the pat- 37 Ánde Somby hingegen ist der Ansicht, dass das „Euro- rimonial regime“ (Bendix und Hafstein 2009: 8). pean concept of national states doesn't t“ (Somby 1999, 60). 24 Ökonomischer Wert sei Arjun Appadurai zufolge nicht Wert im Allgemeinen, sondern eine fest umrissene 38 Obwohl die Rentierzucht betreibenden Sámi stets am Summe an Wert (Appadurai 2003: 4). sichtbarsten waren, stellte die Rentierzucht nie die einzige Erwerbsquelle der Sámi dar. In keinem der 25 Kirshenblatt-Gimblett stellte fest, dass Kulturerbe Länder ist die Rentierzucht „repräsentativ“ (Thuen bzw. heritage etwas Neues in der Gegenwart produzie- 2004a: 90). So waren nach Angaben des Statistischen re, das sich auf die Vergangenheit beziehe (Kirshen- Zentralbüros Norwegen 2009 nur etwa 10 % der Sámi blatt-Gimblett 1995). in Norwegen aktive Rentierhirten (http://www.ssb.no 26 Siehe hierzu auch Coombe 2003. /samer/). Während Rentierzucht in Norwegen und Schweden ein exklusiv samisches Gewerbe darstellt, 27 Mit seiner Aussage, man habe sich ein Mikrophon tei- steht das Rentiergewerbe in Finnland theoretisch je- len müssen, weist Åhrén auf das Machtgefälle zwi- dem EU-Bürger oen. schen „Staaten“ und „Indigenen“ hin (Beobachtungs- protokoll J. L.). 39 „Pia kände sig utanför på mötet. De esta andra ung- domarna kände varandra redan. En del visade sig vara 28 Auällig ist an dieser Stelle ein Meinungswechsel. In barndomskompisar. Dessutom bar nästan alla kolt. Pia einer Publikation der International Work Group for hade ingen sådan och det underströk hennes Indigenous Aairs (IWGIA) von 2002 stellt Åhrén fest: utanförskap. Det kändes främmande, säger hon, att „It is, however, a widespread sentiment that the out-

45 kliva in i ett forum där vanliga ungdomar tog av sig den specika kunskapen som avses med begreppet sina moderiktiga kläder och iklädde sig en traditionell árbediehtu." beklädnad. Hon hade inte trott att det skulle vara så 52 Siehe St. meld. nr. 28 (2007-2008): Samepolitikken: 13 utan hade förväntat sig att ungdomarna skulle välja Samisk kultur, tradisjonell kunnskap og opphavsrett att bära sina vanliga kläder. Nu kände hon sig utanför [Samische Kultur, traditionelles Wissen und Urheber- då hon inte hade en samedräkt. Det hade känts bättre recht] om hon hade ägt en kolt och sedan självmant valt att inte bära den. Därför har hon bett sin pappa att fråga 53 „… turismaealáhus geavaha seaktin sámi kultuvrra ja om någon kan sy en samedräkt till henne. Det tror hon gávttiid, ja gárvvuhit iežaset ofelaččaid dahje guidaid kommer att medföra att hon känner sig bättre till goansta gávttiin.” mods vid nästa evenemang.“ 54 „Finland er i ferd med å overta den samiske duodjien, 40 Dieses Bild wird zum einen von samischen Institutio- frykter Mattias Åhrén.“ (Manndal, Ballovara und Nys- nen wie dem Samenparlament (re)produziert (Gaski tad 2011) 2008), zum anderen durch die Medien verstärkt. 55 „Men det et er vår egen oppgave å sørge for at beskytte 41 Die durch Repräsentationen verfestigten Stereotype duodjen innenfor det samiske, den er en del av hjertet nden sich unter anderem in Rassismen wieder, wie sie i vår kultur“ auch im Diskurs zu einem Eigentum an samischer Kul- 56 tur, vor allem in der Netzdebatte, wo die Akteure sich „Våre forforeldres kunnskap er samlet i dagens durch die Anonymität des Internets geschützt fühlen, duodjigjenstander. … Dette er mitt åndsverk, slik an- geäußert werden. Eine Feinanalyse dieser Leserkom- dre eier sine egne produserte gjenstander.“ mentare zu den untersuchten Artikeln kann dieses 57 Duojár ist die nordsamische Bezeichnung für eine Per- Paper aufgrund fehlender zeitlicher Ressourcen nicht son, die Duodji herstellt. leisten. 58 „'Puvussa on oma koodisto, jonka ymmärtää vain se, 42 Zur Rolle von Dierenzen im samischen heritage-Dis- joka tuntee kulttuurin. Pienistä langoista voi tulkita, kurs siehe Green 2009. vaikka mistä suvusta on kotoisin. Puvussa on niin pal- 43 Kuokkanen 2004 ist der Ansicht, dass samische Litera- jon sellaista tietoa, mitä turistitakeissa ei ole.'“ tur bereits zuvor in Form von Erzähltraditionen, 59 kultuvra 'Kultur' hingegen ist im Nordsamischen ein Schrift z.B. in Form der Zeichnungen auf den Scham- Lehnwort. anentrommeln existiert habe. 60 „Hvor går grensen, og når begynner det egentlig å bli 44 Eine ähnliche Rezeptionsgeschichte erlebte die durch nsk håndverk?“ Anders Fjellner im 19. Jahrhundert gesammelte und 61 übersetzte Folklore. Die ethnische Denition lehnt sich stark an die Kriteri- en für das Recht, das Samenparlament zu wählen, an. 45 Für Herder stellten die sogenannten Volkslieder, mit Der im Zusammenhang mit Duodji verwendeten De- Kaschubas Worten, ein „Zeugnis großer Seelentiefe 'im nition zufolge ist Sámi, wer sich selbst als Sámi fühlt Volk'“ und ein „Medium der Bewahrung und Übermitt- und entweder selbst Samisch als Muttersprache spricht lung eines naiven Geschichtsbewußtseins“ dar (Ka- oder ein Eltern- oder Großelternteil hat, das Samisch schuba 2003, 33). als erste Sprache spricht oder dessen Mutter oder Vater 46 NRK Sámi Radio benannte sich 2011 in NRK Sápmi um. dieses Kriterium erfüllt. Ávvir erscheint auf nordsamisch in Schweden, Finn- 62 John T. Solbakk merkt jedoch an, dass selbst das sami- land und Norwegen. Die samischen Zeitungen Min Áigi sche Warenzeichen bereits imitiert worden sei (Solbakk und Áššu gingen 2008 in ihr auf. Ságat erscheint auf 2007: 8). norwegisch. 63 Kulturerbe wird hier als Überbegri genutzt. 47 Das Norwegische verfügt über zwei Standardvarietä- 64 ten: Bokmål und . Bokmål entstand aus der „'Da burde man jo også kunne beskytte kofta ved å dänischen Schriftsprache heraus, Nynorsk ist eine im knytte den til regionen. Det hadde i hvert fall vært en 19. Jahrhundert konstruierte Varietät, die sich an begynnelse, mener Hætta.'“ mehreren Dialekten orientiert. 65 Für eine intensive Auseinandersetzung mit der Prob- 48 Das Erönungsdatum der Konferenz, der 6. Februar, lematik der Repräsentativität solcher Kontrollinstan- wurde später als Samischer Nationaltag Symbol für die zen siehe Noyes 2006. samische Nationenbildung. 66 „'Deler av den nske turistnæringa misbruker den 49 Der heutige Samenrat ist in drei thematische Abteilun- samiske kulturen ved at de sier at de presenterer gen gegliedert (Menschenrechte, Kultur sowie Arktis- samisk kultur, mens det de viser frem ikke er laget av und Umweltfragen) und setzt sich eigenen Angaben samer og ikke henger sammen med samiske mønster zufolge für die Interessen der Sámi ein. og tradisjoner ... Samtidig er det nner, og ikke samer, som kler seg ut i turistkofter og sier at de er samer'“ 50 árbediehtu ist ein nordsamischer Neologismus für tra- 67 ditionelles Wissen, der auf Gaski 2003 zurückgehen soll. „det samiska kulturarvet är den samiska ungdomens Es ist ein Kompositum aus árbi 'Erbe' und diehtu 'Wis- framtid“ sen'. Siehe Kapitel 5.3. 68 Norw. samekofte bzw. kofte, schwed. kolt oder (samisk) 51 "Árbediehtu är en immateriell egendom, som tillhör kofta, nn. saamenpuku 'Samentracht'. In den sami- oss samer, eftersom ingen annan folkgrupp innehar schen Sprachen existieren unterschiedliche Bezeich-

46 nungen. In dem von Nickel und Sammallahti 2006 und schaft und Administration, internationale Experten 2008 herausgegebenen zweibändigen deutsch-nord- usw. samisch-deutschen Wörterbuch nden sich für Gákti 81 Kleidungsstil und Vortragssprache einiger Vortragen- die Übersetzungen 'Saamenkittel', 'Saamenrock', 'Saa- der, teilweise Auösung der Raum- und Machtstruktu- mentracht', 'Lappentracht', 'Messgewand' und 'Jacke'. ren durch Diskussionen in einem oenen Lávvu, ein- Kofte hat sich im Norwegischen als Bezeichnung für leitende Joiks das samische Kleidungsstück Gákti durchgesetzt. Die norwegische Tracht hingegen wird als Bunad bezeich- 82 „De siste 200 år har tallosa samer opplevd at forskere net. invaderer lokalsamfunn og privatliv, pumper samfun- net for informasjon og enkeltpersoner for tradisjon- 69 Ein intensives Grün ist keine oizielle Farbe für Gákti. skunnskaper, for så å forsvinne. Die grüne Farbe symbolisiert die Zugehörigkeit der Träger zu der Lebensmittelkette, deren Farbe 'grün' sie Stadig har det kommet nye forskere untenfra og kastet äußerlich von anderen Ketten unterscheidbar machen seg over denne tradisjonskunnskapen. Når de drar, vet soll, also zur Corporate Identity des Unternehmens ikke de som har delt sine kunnskaper med forskerne, gehört. hvordan kunnskapen blir brukt.“ 70 Siehe hierzu Noyes 2006: 35 f. 83 Hierfür wird u.a. die Globalisierung verantwortlich gemacht, siehe z.B Tunón 2010: 30. 71 Um ihre Projekte nanzieren zu können, müssen Ju- gendorganisationen Fördergelder bei Stiftungen oder 84 „Att poängtera att man besitter kunskapen om hur anderen Einrichtungen beantragen. Durch das Erstel- dessa problem eventuellt kan lösas är ett politiskt len von Schlussberichten wird die zweckmäßige Ver- verktyg.“ wendung der Gelder bestätigt. Der vorliegende Bericht 85 (Utsi 2009) gibt Aufschluss über den Hintergrund des „Samisk kunskap är med andra ord en del av en global Projekts, die Organisation, Ziele und Resultate, Inhalt urbefolkningsdiskurs“ und Hauptpunkte sowie die Verwendung der Projekt- 86 „den tradisjonelle kunnskap disse folk har om sam- mittel. menhenger i naturen, og … deres økologiske livsform“ 72 „'Det blir feil i symbolikken hvis vi brenner kofter … 87 Es handelt sich hierbei um einen dominanten Diskurs, Planen om brenningen av kofter har vokst ut av sine der u.a. in den Medien teilweise sehr heftige Gegenre- proposjoner. Det var et forslag om å brenne tur- aktionen hervorbringt, in denen das Konstrukt des istkofter; det vil si kofte-etterligninger. Noen forsto „ökologischen“ Sámi vor allem im Zusammenhang mit det slik at vi skulle brenne vanlige kofter'“ der Rentierzucht angezweifelt wird (Mathisen 2004: 73 „Hun mener turistindustrien er et godt eksempel på en 25). sektor der samer ikke har hatt innyttelse.“ 88 Ich habe hier in der deutschen Übersetzung Brauch- 74 „'Jeg tror det nnes nok samer som kan presentere seg tum gewählt, möglich wären auch Sitte oder Gewohn- selv og samisk kultur på en ekte måte.'“ heit gewesen. Diese Begrie wecken beim deutschspra- chigen Leser unbeabsichtigte Assoziationen. Am ehes- 75 „'Vi må få lov til å presentere oss selv, og denere og ten lässt sich der schwedische Begri sedvänja in die- selv fortelle hva som er samisk kultur. Det kan ingen sem Zusammenhang daher mit der englischen Über- andre gjøre på våre vegne.“ setzung custom fassen. Einem weiten Begri, der auch an anderen Stellen im Diskurs auftaucht. 76 Gintal, Jon Petter: Bovdejupmi árbediehtoseminárii njukčamánu 22.-23. b. 2011 Guovdageainnus. 89 „Árbediehtu ger oss förutsättningar att kunna leva ett så bra liv som möjligt ... För oss samer är inte árbe- 77 Die Tagung wurde audiovisuell aufgezeichnet und live diehtu en gammal eller ålderstigen kunskap, utan den via Internet übertragen. Auf Grundlage dieser Live-Ü- inkluderar även kunskap som används idag och som bertragung basiert mein Beobachtungsprotokoll. också vidareutvecklas.“ 78 Beobachtungsprotokoll J. L. 90 Dennoch werde das Wissen durch Individuen verwaltet 79 Wörtlich übersetzt hieße das so viel wie 'Wissensge- und durch diese wiederum an Individuen weitergege- meinschaft'. Das Gebäude wurde 2009 erönet und ben (Østmo 2008: 2). beherbergt neben der Samischen Hochschule auch das 91 Siehe unter anderem Østmo 2008, die das „dilemma of International Centre for Reindeer Husbandry, das Sa- documentation“ für das Árbediehtu-Pilotprojekt for- mische Archiv, das Kompetenzzentrum für die Rechte muliert hat. Indigener (Gáldu) und Abteilungen des norwegischen Samenparlaments. 92 „Vid all dokumentation av traditionell kunskap före- ligger en risk att kunskapen isoleras, dokumenteras 80 Einleitende Worte, Verknappung der sprechenden och förvaras, det vill säga forskaren fryser den tradi- Subjekte durch einen inhaltlichen und zeitlichen tionella kunskapen i tid och rum.“ Rahmen, strukturierte Vorträge, Kaee- und Mittags- pausen, Rahmenprogramm, Hinweise auf Regeln wie 93 Im Sinne des WIPO-IGC würde die Dekontextualisie- Pünktlichkeit, Einhalten von Redezeiten und langsa- rung samischer Kultur bedeuten, dass diese nicht mes Sprechen durch die Wortführerin, räumliche mehr unter die - rechtliche - Denition eines tradi- Trennung des Vortragenden vom Publikum, Aufzeich- tionellen Wissens falle: „If the connection is broken, nung und Übertragung im Internet, Simultanüberset- the knowledge/expression no longer – per denition – zung, Vortragende aus den Bereichen Politik, Wissen- constitutes TK/TCE“ (Åhrén 2010b).

47 94 Für eine Auseinandersetzung mit diesem Prinzip siehe 97 „I stedet for å bruke ressurser på å etablere organer og z.B. Åhrén 2010b. redskap til å regulere koftebruk utenfor Sápmi, burde vi kanskje heller brukt disse ressursene på å styrke 95 Ein grenzüberschreitendes Projekt, das 2011 gestartet koftebruken i Sápmi!“ wurde, zeigt zurzeit, wie solche Stimmen auch durch Nicht-Sámi hörbar gemacht werden können. Mit 98 Siehe u.a. Hafstein im Interview mit Groth 2009b, „Queering Sápmi“ werden die Geschichten einer Min- Thuen 2004b. derheit in der Minderheit erzählt. 99 Zu Perspektiven der Dierenzierung und Angleichung 96 „Globala idéer, som traditionell kunskap är dock inte im WIPO-IGC siehe Groth 2010a bzw. Groth 2010b. alltid lätta att implementera i den lokala verklighe- ten, många frågetecken och problem uppstår.“

QUELLEN

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