Plenarprotokoll 16/113 (neu)

Deutscher

Stenografischer Bericht

113. Sitzung

Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung): Schlussrunde a) Erste Beratung des von der Bundesregie- Haushaltsgesetz 2008 rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- Peer Steinbrück Bundesminister haushaltsplans für das Haushaltsjahr BMF ...... 11719 A 2008 (Haushaltsgesetz 2008) Dr. Hermann-Otto Solms (FDP) ...... 11722 C (Drucksache 16/6000) ...... 11699 A FDP ...... 11724 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2007 bis 2011 Peter Kampeter (CDU/CSU) ...... 11725 B (Drucksache 16/6001) ...... 11699 B Dr. (CDU/CSU) ...... 11727 D Joachim Poß (SPD) ...... 11729 B Einzelplan 09 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 11730 C Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 11731 D , Bundesminister BMWi ...... 11699 B (SPD) ...... 11734 A Rainer Brüderle (FDP) ...... 11703 A Dr. (DIE LINKE) ...... 11736 A (SPD) ...... 11705 A Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) ...... 11736 B (DIE LINKE) ...... 11707 B Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) ...... 11738 A (BÜNDNIS 90/ Otto Bernhard (CDU/CSU) ...... 11739 B DIE GRÜNEN) ...... 11708 C Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) ...... 11710 C Nächste Sitzung ...... 11740 C Ulrike Flach (FDP) ...... 11711 D Dr. (SPD) ...... 11712 D Anlage 1 Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) ...... 11713 D Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11741 A (SPD) ...... 11715 B Laurenz Meyer () (CDU/CSU) ...... 11716 C Anlage 2 Annette Faße (SPD) ...... 11718 A Amtliche Mitteilungen ...... 11741 D

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(A) (C) Redetext

113. Sitzung

Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Beginn: 9.00 Uhr

Vizepräsident Dr. : glaube, wir liegen immer noch gut und werden dies im Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Herbst präzisieren. Sitzung ist eröffnet. Allerdings gibt es Licht und Schatten. Licht haben wir Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tages- insofern, als wir 1 Million weniger Arbeitslose als vor ordnungspunkt 2 – fort: einem Jahr haben. Schatten besteht darin – das ist noch erstaunlicher –: Wir kämpfen mit einem Mangel an a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Facharbeitern. Ich bin dem Herrn Kollegen Müntefering gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die sehr dankbar, dass er die Initiative, die wir gemeinsam Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das gestartet haben, sehr rasch umgesetzt hat, nämlich dass Haushaltsjahr 2008 (Haushaltsgesetz 2008) jetzt Ingenieure, insbesondere Elektroingenieure und – Drucksache 16/6000 – Maschinenbauingenieure, aus den zwölf neuen EU-Staa- ten ohne Vorrangprüfung bei uns arbeiten können. Ich (B) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre- glaube, das ist ein ganz wichtiges Signal. (D) gierung (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Finanzplan des Bundes 2007 bis 2011 neten der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das ist – Drucksache 16/6001 – zu wenig!) Am Dienstag haben wir für die heutige Aussprache Wir müssen natürlich in allererster Linie immer wie- eine Redezeit von insgesamt drei Stunden beschlossen. der darum kämpfen – darin sind wir uns einig –, das in Deutschland vorhandene Potenzial auf dem Arbeits- Wir beginnen die heutige Haushaltsberatung mit dem markt auszuschöpfen. Dazu gehört – dafür bedanke ich Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirt- mich herzlich –, dass mehr ausgebildet wird als in der schaft und Technologie, Einzelplan 09. Vergangenheit. Wir haben Sonderprogramme aufgelegt, Als erster Redner hat das Wort der Bundesminister die auch denjenigen, die in den letzten Jahren nicht aus- Michael Glos. gebildet worden sind, eine Ausbildung ermöglichen. Gerade die Zukunft lehrt uns, dass wir noch mehr darum (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- kämpfen müssen, dass in Deutschland vor allem die neten der SPD) Ausbildung in den wichtigen technischen Berufen stär- ker ausgebaut und häufiger das Studium der Ingenieur- Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und wissenschaften aufgenommen wird. Technologie: (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einen schönen gu- Am Konjunkturhimmel ziehen Wolken auf; ich nenne ten Morgen! Wir haben allen Grund, fröhlich zu sein: nur das Stichwort „amerikanische Hypothekenkrise“. Wir haben in Deutschland einen Aufschwung. Das Wirt- Sie schlägt auf das gesamte Finanzsystem durch. Ich schaftswachstum hat im letzten Jahr um fast 3 Prozent persönlich bin der Meinung: Diese Turbulenzen sind zugelegt. Für dieses Jahr werden von meinem Haus noch lange nicht ausgestanden. Ich war in der letzten 2,3 Prozent vorausgeschätzt. Wir sind damit wieder auf Woche in New York und habe mich mit führenden In- der sicheren Seite. Schaut man sich die Veröffentlichun- vestmentbankern an der Wall Street unterhalten. Auch da gen an, so stellt man fest: Vorher gab es großen Optimis- spürt man die Unsicherheit, die auf unserem gesamten mus. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat alle über- Weltfinanzsystem lastet. Ich bin der Allerletzte, der zu boten und über 3 Prozent geschätzt. Jetzt sind alle Pessimismus aufruft; ich gebe auch keine Börsentipps. wieder dabei, ihre Schätzungen zurückzunehmen. Ich Als ich nach meiner Meinung gefragt worden bin, als der 11700 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Bundesminister Michael Glos (A) DAX bei 8 500 Punkten stand, habe ich gesagt: Meine können, insofern auch der private Konsum hier wieder (C) bescheidene Erfahrung als Kleinspekulant zunimmt. ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gebe dem Kollegen Steinbrück bzw. allen, die ihn Aha!) vertreten, recht – er muss selbstverständlich nicht per- sönlich da sein; ich bin ja sein engster Verbündeter – – hat mir gezeigt, dass von Gewinnmitnahmen noch nie- mand zugrunde gegangen ist. (Zuruf von der CDU/CSU: Er ist extra gekom- men!) (Heiterkeit bei der CDU/CSU) – Ist er extra gekommen? Ich finde, man muss die Gier an den Märkten etwas un- ter Kontrolle halten. Mir kommen diese Börsianer (Bundesminister Peer Steinbrück erhebt und manchmal wie Galeristen vor, die eine Zeit lang irgen- verbeugt sich – Heiterkeit und Beifall bei der detwas hochjubeln, ohne dass unbedingt große Substanz CDU/CSU, der SPD und der FDP) dahinter ist, um es dann wieder fallen zu lassen, wenn ein anderes Geschäft besser läuft. Lieber Herr Kollege Steinbrück, ich als Ihr engster Ver- bündeter, ( [FDP]: Das haben sie mit man- chem Politiker gemeinsam!) (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD) – Vielen Dank für den Zwischenruf. Sie sind ja ein er- insofern, als ich alles dafür tue, dass Ihre Steuereinnah- fahrener Liberaler. Ich wiederhole den Zwischenruf. Sie men weiter steigen, darf Sie hier begrüßen. haben gesagt: „Das haben sie mit den Politikern gemein- Ich freue mich über die jüngsten Rekordmeldungen. sam.“ Natürlich hat diese Medaille zwei Seiten: Einmal muss (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Martin die Wirtschaftspolitik so angelegt sein, dass die Steuern Zeil [FDP]: Mit „manchem“ Politiker!) sprudeln, also die Finanzpolitik unterstützt wird. Zum anderen ist Sparen angesagt. So ist die Steigerungsrate Ich bedanke mich herzlich für Ihr Outing. Ich glaube bei meinem Haushalt sehr gering. aber, dass das ein Stück weit für uns alle gilt. (Ulrike Flach [FDP]: Na ja, 2,1 Prozent!) Auch der hohe Ölpreis macht Sorgen. Wir sind jetzt wieder, um ein Beispiel zu bringen, Exportweltmeister Ich habe vorher in der Zeitung gelesen, wie sehr hoch sie im Bereich des Maschinenbaus. Das letzte Jahr war das sei. Hinterher ist das leider ein bisschen anders gewesen. Ich freue mich also, dass wir bei den öffentlichen Haus- (B) beste Jahr seit 20 Jahren. Zum Teil beruht das natürlich (D) auf Exporten gerade in die Staaten, die durch ihren Roh- halten einem ausgeglichenen Zustand entgegengehen. stoffreichtum sehr zahlungskräftig sind. Wir wissen aber (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- auch, wie konjunkturempfindlich dieses Geschäft ist. neten der SPD) Der hohe Ölpreis wird derzeit ein Stück weit durch den starken Euro kompensiert. Für die Exportwirtschaft be- Ich kann nur sagen: Auch das ist für die weitere Wirt- fürchte ich auf der einen Seite, dass der Euro so stark schaftsentwicklung sehr notwendig. Wenn ein ausgegli- bleibt und sich die Dollarschwäche möglicherweise noch chener Haushalt erreicht wird, müssen wir den Zustand ausbreitet. Auf der anderen Seite hilft uns das natürlich festnageln. bei unseren Energieimporten, die wir in Dollar bezahlen müssen. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr! Nicht nur einmal! – Gegenruf der Abg. Ulrike Es würde auch keinen Sinn machen, wenn wir Deut- Flach [FDP]: Das ist deine Aufgabe! – Gegen- sche nur nach Fehlern suchen würden, die andere in der ruf des Abg. Steffen Kampeter [CDU/CSU]: ganzen Welt machen, sondern wir hier in Deutschland Oder unsere!) müssen unsere Hausaufgaben machen. Das ist unsere Pflicht. Ich habe gelesen, was Sie, Herr Steinbrück, gestern in der Föderalismuskommission gesagt haben. Ich kann das (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der alles unterstreichen. Ich habe die gute Hoffnung, dass FDP) man gemeinsam einsieht, dass die Verankerung einer Schuldenbremse auf allen Ebenen gerade für ein Land, Wir müssen alles tun, damit die Turbulenzen an den dessen Bevölkerung älter wird und in dem immer weni- Finanzmärkten nicht auf die Realwirtschaft durchschla- ger Junge nachkommen, ungeheuer wichtig ist. Es macht gen. keinen Sinn, sich immer stärker zu verschulden. Deutschland hat sehr viel dazu beigetragen – wir möchten auch weiterhin dazu beitragen –, dass es eine (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) breite Schneise des Aufschwungs auch und vor allen Alles, was auf Pump finanziert wird, lehne ich natürlich Dingen in Europa gibt. ab. Das heißt natürlich zugleich, dass wir sehr stark auf- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gut!) passen müssen, in diesen wirtschaftlich guten Zeiten nicht wieder neue Ausgaben zu schaffen, die dauerhaft Wir haben auch erreicht, dass wir unsere Konjunktur wirken und uns, wenn die Konjunktur dann nicht mehr wieder ein Stück weit aus eigener Kraft beeinflussen so gut sein wird, sehr belasten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11701

Bundesminister Michael Glos (A) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ergibt sich die Konsolidierung eigentlich von selbst. (C) der FDP) Deswegen bin ich der Meinung, dass wir eine langfristig angelegte Politik machen müssen. Ich muss mich hier oftmals wundern: Einige verdam- men die Entlastung der Steuer- und Abgabenzahler als (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Teufelswerk und möchten eine immer höhere Staats- neten der SPD) quote. Gleichzeitig wollen sie aber konjunkturell be- Zu einer funktionierenden Wirtschaft gehört vor allen dingte Mehreinnahmen für dauerhaft konsumtive Staats- Dingen auch ein funktionierender Wettbewerb. Wir ausgaben verwenden. Das halte ich für den falschen dürfen nichts tun, was den Wettbewerb einschränkt. Weg. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der Aha!) FDP) Wir müssen uns Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ein- Zu unserem guten wirtschaftlichen Zustand, den die führung von staatlich verordneten Mindestlöhnen, sehr Große Koalition mit herbeigeführt hat, haben die Unter- sorgfältig überlegen. nehmensteuerreformen, wie ich meine, einen wichti- gen Beitrag geleistet. Denn das Vertrauen, das uns entge- (Dr. Rainer Wend [SPD]: Das stimmt! – Martin gengebracht wird, weil wir nun international Zeil [FDP]: Was ist mit der Post?) wettbewerbsfähige Steuersätze haben, hat uns dabei selbstverständlich geholfen. – Ich habe gerade im Zwischenruf das Stichwort „Post“ gehört. Wir sind auf der einen Seite in Europa bei der Wir müssen jetzt sehen, dass wir das, was wir bei der Liberalisierung unseres Postmarktes vorangegangen. Erbschaftsteuer versprochen haben, einlösen. Sonst Andere europäische Partner sind uns nicht gefolgt. Auf zerstören wir vorhandenes Vertrauen. der anderen Seite spüren wir aber schon die segensrei- chen Auswirkungen des Wettbewerbs, den es auf diesem (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Gebiet gibt. Dieser Wettbewerb hat dazu beigetragen, neten der SPD) dass sehr viele Dienstleistungen billiger geworden sind. Es geht ja in allererster Linie darum, Unternehmens- Die Lohnhöhe ist in allererster Linie Sache der Tarif- nachfolgen zu erleichtern. Das gilt gerade für die Hand- partner. Wenn quasi ein Mindestlohn verankert werden werksbetriebe und für die kleinen mittelständischen Be- soll, muss natürlich auch ein Tarifpartner vorhanden triebe. Aber es werden sich nicht alle Wünsche erfüllen sein, der die Monopolstrukturen nicht einseitig zemen- lassen, beispielsweise das Vermögen, das im Ausland tiert, sondern alle Wettbewerber müssen einbezogen angelegt wurde, auszunehmen. Ich bin sehr zuversicht- (B) werden. (D) lich, dass bei den Gesprächen mit der Bundeskanzlerin eine Lösung gefunden wird. Wenn die großen Wirt- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- schaftsbosse bei der Bundeskanzlerin sind, sind sie, wie neten der FDP) ich aus Erfahrung weiß, ein ganzes Stück kleiner, als wenn sie mit normalen Abgeordneten oder Ministern re- Wir sind daher gut beraten, wenn wir uns das alles sehr den. sorgfältig anschauen. (Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und Allein über das Thema Energie könnten wir stunden- der FDP) lang reden. Ich bin der Meinung, hier muss man auch den Geldbeutel der Leute im Blick haben. Die Bild-Zei- Frau Bundeskanzlerin, ich bin überzeugt, Sie kriegen das tung macht heute mit der Überschrift „Strom ist zu bil- selbstverständlich hin. lig“ auf. Herr Bernotat drückt es im Interview etwas dif- ferenzierter aus, als es auf der ersten Seite der Bild- (Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und Zeitung steht. Er hat nämlich „eigentlich zu billig“ ge- der FDP) sagt Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will (Lachen bei Abgeordneten der SPD) noch einmal sagen: Wir müssen die öffentlichen Haus- halte durch Wachstum konsolidieren. Ich bin der Mei- und dabei auf die segensreichen Wirkungen des Stroms nung, der beste Konsolidierungsfaktor besteht darin, verwiesen. Herr Bernotat hat auch gesagt, dass er und Wachstum zu fördern. Schuldenabbau um jeden Preis seine Familie nun ein Haus beziehen – ich muss ehrlich kann möglicherweise wachstumshemmend sein. Wir sagen, bei seinem Einkommen hätte er dies schon länger müssen also immer wieder Spielräume schaffen, damit machen können –, das 80 Prozent weniger Energie ver- neben den Investitionen, die wir anregen müssen, auch braucht. Wir müssen aber auch an die Leute denken, die privater Konsum stattfindet. nicht die gleiche Kaufkraft haben wie Herr Bernotat. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Regieren mit (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Perspektive!) bei Abgeordneten der FDP) Wenn es uns gelingt – das ist das Ziel der von mir ange- Wir werden zwar all das, was ich mit dem Kollegen stoßenen wachstumsfördernden Politik –, die Steige- Gabriel in Meseberg und in der Zeit davor vereinbart rungsraten der öffentlichen Haushalte unter den Steige- habe, durchziehen, aber dabei auch sehr sorgfältig die rungsraten des Bruttosozialproduktes zu halten, dann Wirkungen beachten. Wir müssen immer schauen, dass 11702 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Bundesminister Michael Glos (A) der Wettbewerb nicht nur in Europa und weltweit – es bedanke ich mich bei den Wirtschafts- und Haushalts- (C) gibt ja weltweit einen Kampf um die Energieressourcen – politikern der SPD, die meine Politik hier immer mit un- funktioniert, sondern auch bei uns funktioniert. Wenn er terstützt haben. so gut funktioniert wie in diesem Interview dargestellt, brauchen die großen Konzerne doch überhaupt keine (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Angst vor unserer Kartellgesetznovelle zu haben – ge- NEN]: Ach ja? – Zuruf von der FDP: Das ist ja nauso wenig wie jemand, der nie vorhat, einen Men- unglaublich! Wir können auch anders, Herr schen umzubringen, Angst davor haben muss, wenn die Minister!) Strafen für Mord verschärft werden. – Dass ich von den Abgeordneten dieser Seite ständig (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – unterstützt werde, ist selbstverständlich. Euch musste Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der alte man ja nicht zu einer vernünftigeren Wirtschaftspolitik Michael!) umschulen. Ich finde es also gut, wenn es entsprechende gesetzliche (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und Regelungen gibt. Deswegen bedanke ich mich hier für der FDP – Dr. [FDP]: Um- die Unterstützung. Ich habe das alles im Interesse der schulung ist schön!) Stromverbraucher auf den Weg gebracht – nicht etwa, Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie um die großen Konzerne, die sich jetzt gequält fühlen, zu mich noch einen allerletzten Punkt ansprechen: Ich bin ärgern. der Meinung, dass wir gerade den Wandel, den wir im- (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle mer wieder erleben, unterstützen müssen. Wir können [FDP]: Verbraucherschutz!) ihn nicht alleine gestalten. Wir behindern ihn vielleicht sogar. Wir müssen sehen, welche Dynamik dahinter- Wenn wir nun aber merken, dass – sogar mit staatli- steckt. cher Hilfe und Unterstützung – immer größere Energie- konzerne in Europa entstehen, müssen wir zusehen, Gestern hatte ich Gelegenheit, mit Vertretern der dass auch unsere leistungsfähigen Energiekonzerne die Kreativwirtschaft zu sprechen. gleichen Wettbewerbsbedingungen haben. Deswegen (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: bin ich gegen diese quasi zwangsweise Zerschlagung, Mit Ihrer Werbeagentur?) wie sie jetzt von der Europäischen Union beabsichtigt ist. Die EU soll sich erst einmal die Wettbewerbsverhält- – Sie sind nur kreativ in schlechten Zwischenrufen. nisse zum Beispiel in Frankreich genauer anschauen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU (B) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) und der FDP) (D) Auf dieser Basis werden wir sicher einen vernünftigen Sie sollten sich einmal mit etwas beschäftigen, was noch Weg finden. viel kreativer ist als Sie. – Die Kultur- und Kreativwirt- Ich komme zum letzten Kapitel beim Thema Energie; schaft hat zum Beispiel inzwischen zehn Mal so viel Be- ich habe leider sehr wenig Redezeit. schäftigte wie die Stahlindustrie. Das wird von uns aber gar nicht wahrgenommen, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist schade! – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/ (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Von uns CSU]: Die ist auch schon vorbei!) schon! Von der Regierung nicht!) Ich halte es für einen großen Fortschritt – das ist ein Zei- weil wir in unserem Denken zu viel an Altem festhalten chen, dass wir insgesamt nach vorne wirtschaften –, dass und zu wenig berücksichtigen, dass der Wandel zur wir gemeinsam einen Weg zu einem sozialverträglichen Dienstleistungsgesellschaft in Deutschland – trotz der Ausstieg aus dem subventionierten deutschen Stein- Tatsache, dass unsere Energiewirtschaft wieder gut funk- kohlebergbau gefunden haben. Es liegt zwar noch ein tioniert; sie schafft aber nicht mehr Arbeitsplätze in un- Stück Weg vor uns, bis das alles vollzogen ist. Aber es serem Land – immer weitergeht. So werden wir immer gibt jetzt Planungssicherheit. Ich bedanke mich bei allen, dafür Sorge tragen, dass wir Modernem gegenüber auf- die daran mitgewirkt haben. Zugleich erreichen wir da- geschlossen sind, und es unterstützen, wo immer es geht. mit, dass im Haushalt für Zukunftstechnologien nun Meines Erachtens müssen wir die gute Zeit, die wir mehr ausgegeben wird als für Vergangenheitstechnolo- derzeit haben, nutzen, um für wirtschaftlich schlechte gien. Die Steinkohleförderung in Deutschland ist nun Zeiten vorzusorgen, indem wir jetzt die nötigen Refor- einmal eine Vergangenheitstechnologie. men durchführen. Ich bedanke mich für Ihr Verständnis (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gut!) und Ihre Unterstützung dabei und hoffe auf wohlwol- lende Beratung meines Haushaltes im Haushaltsaus- Das zeigt auch, dass steter Wandel in die richtige Rich- schuss. Manche Notwendigkeit, die der Finanzminister tung erfolgreich ist. bislang nicht so gesehen hat – zum Beispiel in Bezug auf (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/ regionale Wirtschaftsförderung –, wird im Haushaltsaus- CSU: Inklusive Kreativwirtschaft!) schuss sicher noch umgesetzt. Ich bedanke mich ganz herzlich für die breite Unter- (Heiterkeit des Abg. Steffen Kampeter [CDU/ stützung, die es in diesem Hause gibt. Vor allen Dingen CSU]) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11703

Bundesminister Michael Glos (A) Als alter Haushälter weiß ich, dass kein Haushalt das für Arbeitsplätze sorgt. Wenn man dafür sorgt, betreibt (C) Parlament so verlässt, wie er dem Parlament zugeleitet man eine gerechtere Sozialpolitik, als wenn man auf worden ist. Transferleistungen und ABM-Maßnahmen setzt. Die beste Sozialpolitik ist ein Arbeitsplatz. Sozial ist die Herzlichen Dank. Markwirtschaft, weil sie Machtkonzentration und Aus- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) beutung verhindert. Das beste Entmachtungsinstrument ist der Markt. Sozial ist die Marktwirtschaft, weil sie Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Newcomern, neuen Ideen eine Chance gibt. Sozial ist die Das Wort hat der Kollege Rainer Brüderle von der Marktwirtschaft nicht zuletzt, weil durch die Ermögli- FDP-Fraktion. chung des wirtschaftlichen Erfolgs von Menschen ein Steueraufkommen entsteht, das die Möglichkeit bietet, (Beifall bei der FDP) Bedürftigen zu helfen.

Rainer Brüderle (FDP): Der Staat muss sich wieder stärker auf seine eigentli- chen Aufgaben konzentrieren: Er muss den Rahmen set- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr zen. Er darf keine Politik für Großkonzerne betreiben Minister Glos, Sie haben das Zitat gebracht, dass der und dabei den Mittelstand vergessen. Strom zu billig sei. Ich sage Ihnen: Der Staat macht den Strom zu teuer. Der Staat ist der größte Preistreiber beim (Beifall bei der FDP) Strom. Die Zusammenhänge sind genau andersherum, als Sie sie beschrieben haben. Sie haben zu Recht angesprochen, dass die OECD, die EU-Kommission und das Institut für Weltwirtschaft (Beifall bei der FDP) in Kiel ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigiert Vor 25 Jahren hat der damalige Wirtschaftsminister haben. Das ist nicht dramatisch. Wir wissen noch nicht, Otto Graf Lambsdorff mit seinem berühmten Papier ei- wie sich die Turbulenzen auf den Weltfinanzmärkten auf nen aufrüttelnden Weckruf für mehr Freiheit, weniger die deutsche Wirtschaft auswirken werden. Unser Land Staat und mehr Markt verfasst. Anders als damals haben muss aber auf Krisen in der Weltwirtschaft vorbereitet wir heute eine relativ stabile Weltkonjunktur. Heute geht sein. Deshalb müssen wir unser Land jetzt stärken, in- die Arbeitslosigkeit zurück. Damals gab es Gegenwind, dem wir für mehr Wettbewerb und international für Frei- heute Rückenwind durch die Konjunktur. handel kämpfen. Wir müssen die Chancen der Globali- sierung nutzen und dürfen sie nicht verspielen. Ja, wir Trotz der Freude über die derzeit gute Wirtschaftsent- brauchen mehr Transparenz auf den internationalen wicklung müssen wir feststellen: Die Strukturpro- Finanzmärkten. Wir brauchen internationale Wettbe- (B) bleme unseres Landes sind nicht kleiner geworden; viele werbsregeln, zum Beispiel unter dem Dach der WTO. (D) Hausaufgaben sind immer noch nicht erledigt; die Staatsquote liegt mit 45 Prozent immer noch viel zu Die soziale Marktwirtschaft war so erfolgreich, weil hoch; die Sozialversicherungsabgaben verharren trotz al- sie klare Wettbewerbsregeln und ein starkes Kartellamt, ler Ankündigungen bei mehr als 40 Prozent; der über- das auf die Einhaltung der Spielregeln achtet, vorsieht. bordende Sozialstaat wird nicht in seinen Fehlentwick- Das müssen wir auf die internationale Ebene übertragen. lungen zurückgestutzt, sondern weiter ausgebaut; keines Auch in der internationalen Politik brauchen wir eine unserer sozialen Sicherungssysteme ist wirklich zu- Ordnungspolitik. Wir müssen unsere soziale Marktwirt- kunftsfest. Zu einer Politik, die nicht verlässlich ist, kön- schaft exportieren. nen die Bürger kein Vertrauen haben. Deshalb kann es niemanden verwundern, dass die Bürger trotz der guten (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Steffen Wirtschaftsentwicklung ihr Geld zusammenhalten und Kampeter [CDU/CSU]) dass, laut Aussage von Professor Rürup vom Sachver- Unser Exportschlager Ordnungspolitik droht aber im ständigenrat, der Konsum flach wie ein Brett ist. Die eigenen Land unter die Räder zu kommen. Der starke strukturellen Probleme müssen endlich angegangen wer- Mittelstand war immer Garant für wirtschaftlichen Er- den. folg. Das Aufpäppeln nationaler Champions durch den (Beifall bei der FDP) Staat gehört nicht zum Instrumentenkasten einer sozia- len Marktwirtschaft. Herr Bundeswirtschaftsminister, diese Bundesregie- rung hätte einen markwirtschaftlichen Brandbrief drin- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Macht ja auch gend nötig. Ihre Forderung, Herr Minister Glos, die keiner!) Steuern und Abgaben zu senken, ist richtig. Sie sollten das aber nicht auf die nächste Legislaturperiode ver- Wollen wir jetzt Monopoly statt Mittelstand? Wollen wir schieben. Machen Sie es jetzt. Lassen Sie den Auf- dem Beispiel Frankreichs folgen und eine Politik für schwung endlich bei den Menschen in Deutschland an- Großkonzerne machen? kommen. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein!) (Beifall bei der FDP) In Europa ringen unterschiedliche Philosophien mit- Wir brauchen eine Rückbesinnung auf die Grund- einander: Neomerkantilismus in Frankreich und soziale elemente der sozialen Marktwirtschaft: Sozial ist die Marktwirtschaft in Deutschland. Hier gilt es, engagiert Marktwirtschaft, weil sie für wirtschaftliche Dynamik, aufzutreten und zu kämpfen. Das Wachstum in Frank- 11704 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Rainer Brüderle (A) reich ist übrigens kein Anlass zum Jubeln; Frankreich zu mehr Wachstum bei. Die neueste Idee der Regierung, (C) fällt dabei deutlich zurück. Kapitalsammelstellen zu initiieren, um Unternehmens- übernahmen durch strategische Investoren zu verhin- Zurück zu Deutschland. Der geplante Mindestlohn für dern, stellt keinen Beitrag für offene Wirtschaftsbezie- Postdienstleistungen ist eine Fortsetzung des Postmono- hungen dar. Das hat nichts mit einer Politik für pols mit anderen Mitteln. Die SPD versucht gar nicht, Wachstum zu tun. das zu verschleiern. In Branchen, in denen Wettbewerb herrscht, brauchen (Beifall bei der FDP) wir keine Angst vor ausländischen Staatsfonds zu ha- Das Elend bei der Privatisierung der Bahn zeigt, dass ben. Wo es keinen Wettbewerb gibt, müssen wir Wettbe- weite Teile der Bundesregierung keinen echten Wettbe- werb schaffen. Das ist der richtige Weg. werb wollen. Es geht ihnen nicht um bessere Produkte (Beifall bei der FDP) oder um günstige Preise für die Verbraucher. Einer der größten – möglicherweise der größte – Staats- Bei der Beteiligung der KfW an der Privatbank IKB fonds, der in Deutschland investiert ist, kommt aus Nor- kommt endlich ein Umdenken in Gang, wobei die Re- wegen, das seine Ölgelder zum Glück in Deutschland gierung und die KfW Getriebene der Entwicklung der anlegt. Wollen wir den Norwegern sagen, dass ihr Märkte sind. Es war immer fragwürdig, wenn sich eine Staatsfonds hier nicht mehr willkommen ist, sein Kapital staatliche Förderbank an einer privaten Bank beteiligt. aus Deutschland abziehen und nach Amerika umschich- Das ist nicht ihre Aufgabe. Sie ist für andere Dinge ge- ten solle? gründet worden. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es geht nicht (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten darum, Kapital zu beschränken!) der CDU/CSU) Wir sollten doch glücklich sein, dass sie das Geld in Um den Mittelstand zu stärken, hilft es nicht allein, Deutschland investieren und so Arbeitsplätze für die Zu- ein paar Förderprogrämmchen aufzulegen, so sinnvoll kunft sichern. sie vielleicht sind. Wir brauchen andere Veränderungen: betriebliche Bündnisse für Arbeit, mittelstandsfreundli- Protektionismus ist des Teufels. Fairer Handel ist bes- che Fortentwicklung und Modernisierung des Betriebs- ser als eine neue Beggar-my-Neighbour-Policy. Das verfassungsrechts sowie Bürokratieabbau. Amtlich wur- bringt unsinnige Folgen mit sich. den die Kosten der Bürokratie festgestellt: 40 Milliarden Euro. Die Fortschritte durch die schwarz-roten Mittel- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Alles richtig! (B) standsentlastungsgesetze bewegen sich also im Promille- Trifft aber auf den Fall nicht zu!) (D) bereich. Der eine fängt damit an, der nächste setzt es fort, und am (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ihr Taschenrech- Schluss sind alle ärmer. ner ist kaputt, Herr Kollege Brüderle!) (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Sie wollten mehr Freiheit wagen, Frau Bundeskanz- Sie sollten die elementaren Aussagen hierzu von Adam lerin. Weniger Arbeitsplätze als Ergebnis der Einführung Smith aus dem 18. Jahrhundert nachlesen. Die gelten von Mindestlöhnen bedeuten weniger Freiheit für Ar- auch heute noch. Nur einige in der Regierung wollen das beitssuchende. Betriebsaufgaben wegen hoher Erb- nicht wahrhaben und wollen zurück in die finsteren schaftsteuer bedeuten weniger Freiheit. Gläserne Bank- Schützengräben von vorgestern. Das ist nicht der Weg in konten, um die Bürger zu durchleuchten, sind das die Zukunft. Gegenteil von Freiheit. Sie müssen Ihren Kurs korrigie- ren. (Beifall bei der FDP) Jetzt kommt auch noch das Gespenst des Protektio- nismus zurück. Es ist richtig, in den Wirtschaftsbezie- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: hungen auf Gegenseitigkeit zu achten und ein Augen- Herr Kollege Brüderle, kommen Sie bitte zum maß bei der Öffnung der Märkte zu haben. Aber es darf Schluss. zu keinem Rückfall in Wirtschaftsnationalismus, zu kei- nem Rückfall in Abschottung kommen. Als Export- Rainer Brüderle (FDP): nation sind wir auf Freihandel angewiesen. Das hat unsere Stärke ausgemacht. Das dürfen wir nicht vernach- Letzter Satz, Herr Präsident! – Wir stehen an einer lässigen. Wegscheide. Wir müssen uns entscheiden, ob wir mehr Wettbewerb oder mehr Staatswirtschaft wollen. Ich (Beifall bei der FDP) fürchte, die Regierung neigt zu mehr Staatswirtschaft. Wir kämpfen für mehr Wettbewerb, weil wir das Land Ich warne ganz deutlich vor den Grenzschildern mit der stark machen, mehr Arbeitsplätze schaffen und den Aufschrift „Ausländische Investoren unerwünscht“. So Menschen eine Zukunft geben wollen. Mut und nicht weit darf es in Deutschland nicht kommen. Meldepflich- Angst hilft in die Zukunft hinein. ten für ausländische Investitionen tragen nicht zu mehr Wachstum bei. Mauern um sogenannte strategische Be- (Beifall bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle reiche wie Telekommunikation und Medien tragen nicht [FDP]: Jetzt wähle ich FDP!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11705

(A) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: men „herauswachsen“ wollen. Dass das gelingt, ist kein (C) Das Wort hat der Kollege Ludwig Stiegler von der Glück, sondern der Erfolg des Mutes und der Tüchtig- SPD-Fraktion. keit in der Haushaltspolitik und in der Investitionspoli- tik; darüber können wir froh sein. Diesen Ansatz haben (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wir immer verfolgt. der CDU/CSU) Er scheint zu gelingen. Die Wirtschaft wächst. Die Ludwig Stiegler (SPD): Arbeitslosigkeit geht zurück. Die öffentlichen Finanzen Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kol- gesunden. Die Arbeitseinkommen steigen. Die Renten- lege Brüderle ist ein Meister im Aufbau von Pappkame- einkommen werden im nächsten Jahr ebenfalls steigen. raden. Er baut wunderbare Kulissen auf, rennt wie ein Die Entstehungsseite des Sozialprodukts ist in Ordnung. Ritter in die Pappe hinein und lässt sich dann als Held Seine Verteilungsseite ist allerdings noch nicht in Ord- feiern. Herzlichen Glückwunsch! nung. Denn noch hat der Anteil, den die Arbeitnehmer- einkommen am Volkseinkommen haben, nicht das Ni- (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – veau erreicht, das wir gerne erreichen würden. Aber Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wie ein Feld- auch das wird besser. herr, nicht wie ein Ritter! Machen Sie ihn nicht so klein! Von wegen „Ritter“! Wie ein Gene- Dazu gehört auch das Thema Mindestlöhne. Seit ral!) dem 1. Juli dieses Jahres gelten Mindestlöhne für Ge- bäudereiniger, für fast 1 Million Menschen, die nun Insgesamt hat Herr Brüderle aber die falsche Rolle keine Schrottlöhne mehr erhalten. Auch bei den Brief- angenommen. Er übt sich in Beckmesserei. diensten werden wir Mindestlöhne einführen. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das Wort Eigentlich wären sie schon heute fällig. Aber der „Beckmesserei“ von der SPD zu hören, das ist Bundeswirtschaftsminister – allerdings nicht nur Herr irgendwie doppeldeutig! – Fritz Kuhn Glos; das haben auch seine Vorgänger gemacht – schaut [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht immer nur dabei zu, wenn die Bundesnetzagentur bei der ihr doch schon selber!) Vergabe von Lizenzen nicht darauf achtet, ob die wich- tigsten Arbeitsbedingungen eingehalten werden; das ist Lassen Sie sich einmal von Frau Merkel über die Rolle der Fakt. Deshalb ist es wichtig, dass wir bei der Bun- des Herrn Beckmesser aufklären, Herr Brüderle. Er hat desnetzagentur eine Bestandserhebung durchführen und die Eva nämlich nicht gekriegt. Diese Rolle aus den tarifliche Mindestlöhne einführen. Ich warne Pin und an- Meistersingern passt nicht zu Ihnen. Daher sollten Sie dere davor, sich eine Schmutzgewerkschaft zu suchen sie nicht annehmen. Lassen Sie das lieber den Niebel, (B) und mit ihr Hungerlöhne zu vereinbaren, wie es im Be- (D) den Westerwelle oder den Koppelin machen. Sie sind für reich der Leiharbeit gelegentlich geschieht. diese Rolle besser geeignet, und Sie würden eher als Hans Sachs taugen. Er hat ja – ethisch hochstehend – (Beifall bei der SPD und der LINKEN) verzichtet und eine ordentliche Analyse abgeliefert. Also, Herr Brüderle, lassen Sie uns das in Zukunft an- Wir werden engagiert daran mitarbeiten, dass Franz ders angehen. Müntefering seine „Mia“ im Gesetz verewigt, und wir werden uns gemeinsam über die Mindestarbeitsbedin- (Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle gungen verständigen. Wenn es darum geht, für alle [FDP]: Können Sie mir das mit dem Beckmes- Menschen anständige Arbeitsbedingungen zu schaffen, ser noch einmal erklären?) ist auch die Fleischindustrie gefragt, die sich in letzter Zeit weiß Gott nicht ruhmvoll hervorgetan hat. Wir wol- Machen Sie es wie Michael Glos. Er hat eine Fortbil- len, wie es in Meseberg hieß, einen „Aufschwung für dung in Kreativwirtschaft gemacht; jetzt weiß er, was alle“. Allerdings gibt es einige Bevölkerungsgruppen, das ist. Herzlichen Glückwunsch! Dieser Bildungsgut- die noch den Anschluss an das Mittelfeld finden müssen. schein hat sich gelohnt. Meine Damen und Herren, dass sich die Situation ver- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zuruf) bessert hat, ist eine Gemeinschaftsleistung von Arbeit- – Das hast du davon, wenn du zu frech bist! – nehmern, Tarifpartnern, Arbeitgebern, Unternehmen, aber auch von der Politik. Zwar meinen manche, an ei- (Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU – nem Abschwung sei nur die Politik schuld, und an einem Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das nächste Mal Aufschwung seien nur die Manager schuld. Aber diese musst du da auch hingehen, wenn du so wei- „Arbeitsteilung“ lassen wir uns nicht gefallen. termachst! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Es herrscht ja so viel Liebe zwischen den Sozial- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten demokraten von Schwarz und Rot! Ach, ist das der CDU/CSU) schön!) Selbst das Institut der deutschen Wirtschaft war so gütig, Meine Damen und Herren, es gab in diesem Hause im zu sagen, zu einem Drittel seien wir immerhin ursäch- Hinblick auf den Bundeshaushalt schon schwierigere lich. Wenn selbst das Institut der deutschen Wirtschaft Ausgangssituationen. Zurzeit sind wir auf einem guten mit seinem bekannten Unterschätzungsfaktor das meint, Weg. Wir konsolidieren den Haushalt durch Wachstum. können wir uns durchaus die Hälfte zuschreiben. Diese Wir haben immer gesagt, dass wir aus unseren Proble- Anerkennung sollten wir auch einfordern. Es muss ein 11706 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Ludwig Stiegler (A) Ende haben, dass in der Wirtschaftspolitik der Staat im- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Erklären Sie (C) mer nur für das Schlechte verantwortlich gemacht wird doch einmal den Unterschied, Kollege und die anderen immer nur die Besten sein wollen. Stiegler!) Wenn es schlecht läuft, wollen nicht sie die Deppen ge- wesen sein, die spekuliert haben, sondern wir sollen die – Solide heißt, dass, wenn „AAA“ draufsteht, auch Schuldigen sein, weil wir sie haben spekulieren lassen. „AAA“ drin sein muss. Es gibt jetzt sogar Personen, die sagen: Hättet ihr uns nur (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist in die notwendigen Regeln gegeben! – Als wir ihnen aber Ordnung!) Regeln geben wollten, haben sie alle getobt. So kann man nicht miteinander umgehen. Beim Mittelstand war auch immer „AAA“ drin; bei an- deren war nicht „AAA“, sondern „DDD“ drin. Das ist (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) der Unterschied. Wir haben aber keinen Grund zur Selbstgefälligkeit Wir sind froh, dass die KfW erklärt hat, das IKB- und Entspannung. Abenteuer führe nicht zu einer Beeinträchtigung der (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Wohl wahr!) Wirtschaftsförderung durch ERP-Sondervermögen und die KfW. Das ist eine ganz wichtige Botschaft für die Am Horizont ziehen schwere Gewitterwolken auf. Man- kleinen und mittleren Unternehmen. Daran sollten wir che sagen, man sollte nicht darüber reden. Das wäre ähn- alle miteinander festhalten und mit dem ERP-Gesetz die lich wie die Schafe im Stall, die nicht darüber reden wol- notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die- len, ob das Tier vor der Stalltür ein Wolf oder ein ser Bereich, der bei sich ändernden Kreditkonditionen Schäferhund ist. – Nein, lasst uns darüber reden! jetzt immer wichtiger wird, auch funktioniert. (Ulrike Flach [FDP]: Dann tun Sie es mal!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Uns wird derzeit auf den Geld- und Finanzmärkten die Wir danken denjenigen, die das Krisenmanagement Rechnung für die Sünden der Vergangenheit präsentiert, gut hinbekommen haben: und zwar gewaltig. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrike (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Einführung von Flach [FDP]: Ja, das hätte aber deutlich besser Hedgefonds!) sein können!) Es hieß, es gäbe eine geringe Wahrscheinlichkeit für ein dem Finanzminister, dem Wirtschaftsminister, Frau solches Ereignis, wenn es aber eintreten sollte, dann mit (B) Matthäus-Maier, aber auch allen drei Säulen der deut- (D) hohem „impact“. Genau das erleben wir jetzt. Wir müs- schen Bankwirtschaft, die nicht aus Liebe zur IKB, son- sen uns nicht unbedingt wegen der Spekulanten die Au- dern aus Klugheit und um Schaden von ihren eigenen In- gen ausweinen. Aber die Folgen für die Realwirtschaft stituten und der Volkswirtschaft abzuwenden, gehandelt müssen uns wahrlich bekümmern. Wir müssen dafür sor- haben. Dafür ein herzlicher Dank an die Beteiligten! Die gen, dass das Pendel, das erst in Richtung vollkommener liberalen Beckmesser waren nicht dabei und nicht er- Risikovergessenheit ausgeschlagen ist, jetzt nicht in die reichbar, als es Beratungsbedarf gab. Aber das ist immer Richtung übergroßer Risikosensibilität zurückschlägt so bei Ihnen: Erst nicht dabei sein, nicht mitberaten und und damit wieder Zehntausende von mittelständischen hinterher motzen. Dabei sollten Sie, bitte schön, auch Existenzen gefährdet werden. Es kann nicht sein, dass bleiben! die Banken, die so risikofreudig diese Mist-Coupons ge- kauft haben, jetzt beim Mittelstand „die Laus um den (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrike Balg scheren“. Das müssen wir mit den Verbänden der Flach [FDP]: Immer bei der Wahrheit blei- Kreditwirtschaft besprechen. Das wird aber noch ge- ben!) raume Zeit dauern. Der Bundeshaushalt im Ganzen ist vielleicht nicht un- Dazu kommen die Öl- und Rohstoffpreise. Wir kön- bedingt besonders Aufschwung gebend, sondern eher nen also auf der Einnahme- wie auf der Ausgabenseite akkommodierend. betroffen sein. Wir haben dabei ein paar wichtige Ziele zu verfolgen: Die Kreditbedingungen für den Mittel- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Vertrauen stand dürfen sich nicht verschlechtern. Es gibt einige gibt der Aufschwung!) Hinweise, dass manche Banken aus Sorge um ihre Einiges aus dem 25-Milliarden-Euro-Programm ist noch Liquidität schon mit Kreditrestriktionen beginnen. Das darin enthalten. Aber es läuft zum Beispiel die Investi- wäre der Anfang vom Ende des Aufschwungs, und das tionsfinanzierung aus. Wir haben aufzupassen, dass die soll und darf so nicht sein! Haushälter hier herangehen, dass zumindest die Stellen (Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD) markiert werden. Dann kann man reagieren, falls es an- ders kommen sollte als erwartet. Es ist ganz wichtig, – Natürlich! dass wir die Bereitschaft, antizyklisch zu handeln, auf- rechterhalten. Wir brauchen auch in Zukunft ABS für den Mittel- stand, allerdings solide ABS und keine Schrott-ABS, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Keynes ist wie sie aus anderen Regionen der Welt gekommen sind. tot!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11707

Ludwig Stiegler (A) Dabei weise ich darauf hin, dass die GA-Förderung dra- Also muss ich den Job der CDU in Sachen Unterneh- (C) matisch unterfinanziert ist. mensförderung mit machen, und ich mache das natürlich gern. Ich habe gute Kontakte zu den meisten Unterneh- (Beifall des Abg. Roland Claus [DIE LINKE]) men. Ich achte ihr Engagement für die Region. Ich stelle Es liegen unglaublich viele Anträge vor, die bewilli- fest: Es gibt ein wiedergewonnenes Selbstbewusstsein gungsreif sind. Doch wir haben nicht einmal 20 Prozent im Osten. Die Unternehmen ringen hart um Arbeits- der Mittel, die für die Bedienung der Anträge erforder- plätze und Marktanteile, und ich freue mich mit ihnen lich wären. Deshalb, liebe Haushälter: Wann sollen wir über jeden Erfolg. Nur, eines würden diese Unternehmen in den Regionen etwas tun, wenn nicht jetzt, wo die An- nie unterschreiben, Herr Minister: Das ist Ihre platte Art träge und die Initiativen vorliegen? von Erfolgspropaganda. Denn für diese gibt es in der Tat keinen Anlass. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Ich fordere alle auf, dem bei den Beratungen Vorrang zu Ich will noch auf zwei Dinge eingehen: auf For- geben, damit wir nachhaltige öffentliche und private In- schung, Entwicklung und Innovation sowie auf die Lage vestitionen voranbringen. in den neuen Bundesländern. Ansonsten möchte ich sagen: Wir starten gut, das Auch Ihr Eigenlob in Sachen Innovationsförderung Wetter ist schön, und wir decken das Dach, bevor der ist unbegründet. Herr Minister, Sie haben sich hier als Regen kommt. So sind wir auch dann ordentlich beiei- Kleinspekulant geoutet – in Sachen Schönreden sind Sie nander. allerdings ein Megaspekulant; das müssen Sie sich ein- mal sagen lassen! Glückauf! (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Selbstverständlich ist es richtig, innovative Technolo- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: gien und Produkte zu fördern. Doch was Sie mit Ihren Programmen bieten, ist ein einziges kommunikatives Das Wort hat der Kollege Roland Claus von der Frak- Durcheinander der beteiligten Ministerien und Förder- tion Die Linke. programme. Wechselnde Titel – Genshagen, Innovations- (Beifall bei der LINKEN) programm –, unterschiedliche Förderhöhen – 25-Mil- liarden-Programm –, Eifersüchteleien zwischen den Ministerien – wer darf was? Wer hat welche Kompeten- Roland Claus (DIE LINKE): (D) (B) zen? Ist es nicht vielleicht wichtiger, das Ministerium Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und sauber zu halten, als jemanden zu fördern? – behindern Herren! Auch Minister Glos will uns erzählen, Deutsch- die Verwirklichung dieses Programms. Das alles wäre land habe allen Grund zur Zuversicht. Er setzt noch ei- nicht so schlimm, wenn sich damit nur die Bundesre- nen drauf und meint, wir sollten fröhlich sein. gierung blamierte. Aber das Problem ist, dass gerade (Ludwig Stiegler [SPD]: Ohne Fröhlichkeit Existenzgründer bzw. kleine und mittelständische Un- des Herzens ist alles nix!) ternehmen die Gekniffenen sind, weil sie keine Chance mehr haben, durch Ihren Förderdschungel durchzustei- Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen gen. und Existenzgründer – besonders im Osten, aber nicht nur im Osten – stellen fest: Wir können wohl nicht ge- Ein kleines Beispiel ist das Patentamt in München. meint sein, wir sind wohl nicht dieses Deutschland; denn (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Welches? wir haben es mit einer anderen Realität zu tun. Es gibt zwei!) (Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter Wegen Differenzen zwischen dem Justizministerium und [CDU/CSU]: Das ist völliger Blödsinn, Herr dem Wirtschaftsministerium ist das Wirtschaftsministe- Claus, und das wissen Sie auch! Reden Sie rium nicht bereit, dem Patentamt in München etwas Deutschland nicht schlecht!) mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Sie wissen wie Ihre Realitätsbeschreibung erinnert an den gigantischen ich: Jeder Euro, den wir dort investieren, kommt den Fauxpas von , der feststellte: Die Wirklich- Existenzgründern zugute, weil eine Erfindung nicht keit ist etwas anderes als die Realität. mehr nur geschützt wird, wie es jetzt der Fall ist, son- dern schneller zur Marktreife gebracht werden kann. Das (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) muss doch unser Ziel sein! In meinem Wahlkreis im südlichen Sachsen-Anhalt (Beifall bei der LINKEN) gibt es keine CDU-Abgeordneten; sie werden da auch nicht vermisst. Ich finde es schlimm genug, dass Ihnen das alles ein Sozialist erklären muss, weil Sie nicht selbst darauf (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN – kommen. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Was ist mit der SPD? Von der ist schon lange nicht mehr (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE die Rede!) LINKE] – Widerspruch bei der SPD) 11708 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Roland Claus (A) Ich will noch auf die Situation in den neuen Bundes- Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C) ländern eingehen. Herr Stiegler hat schon darauf hinge- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und wiesen. Sie reduzieren die Mittel zur Gemeinschaftsauf- Herren! Herr Wirtschaftsminister Glos, zu Ihrer Rede gabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. muss ich feststellen, dass an manchen Stellen ökonomi- scher Sachverstand und Seriosität fehlen. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das müssen Das Gegenteil wäre richtig, und zwar vor allem aus ausgerechnet Sie sagen! – Kurt J. Rossmanith einem Grund: Wir haben es inzwischen beileibe nicht [CDU/CSU]: Etwas gedämpfter, bitte!) nur im Osten mit strukturschwachen Regionen zu tun, Die Finanzmarktentwicklung derart auf die leichte sondern zunehmend auch im Westen. Gerade an dieser Schulter zu nehmen, wie Sie es gemacht haben, ist un- Stelle wäre es erforderlich, die gewonnenen Erfahrungen seriös. Nicht zu wissen, dass die Unternehmensteuer- auch zu nutzen. reform erst nächstes Jahr greift, sondern jetzt schon die Sie haben leider auch versäumt, unserem Vorschlag positiven Auswirkungen dieser Reform zu loben, zeugt zu folgen und einen Ausschuss für die neuen Bundeslän- nicht von ökonomischem Sachverstand. der und strukturschwachen Regionen im Westen zu bil- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den. Ich erinnere daran, dass nur 7 Prozent der Indus- trieforschung in den neuen Bundesländern angesiedelt Sie haben festgestellt, dass die Konjunktur gut ver- sind. So kann der Osten nicht auf die eigenen Füße kom- läuft, und das freut uns. Aber warum ist das der Fall? Ist men. das Ihr Verdienst? (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!) (Beifall bei der LINKEN) Wir sagen: Nein. Es ist nicht Ihr Verdienst. Sie könnten Nun schickt sich der Exportweltmeister an – vor den weltwirtschaftlichen Aufschwung nicht nutzen – er allem im Osten, aber nicht nur dort –, auch in puncto würde völlig verpuffen –, wenn Rot-Grün nicht heiße Ei- schlechtbezahlter Arbeit Weltmeister zu werden. In ei- sen angepackt und wichtige Strukturreformen auf dem nem Drittel der ostdeutschen Betriebe stellen die 1-Euro- Arbeitsmarkt, in der Energiepolitik und im Handwerk Jobber inzwischen die Mehrzahl der Beschäftigten. Ich durchgeführt hätte. finde, das ist ein Skandal, den man so nicht hinnehmen kann. (Iris Gleicke [SPD]: Wo sie recht hat, hat sie recht!) (B) (Beifall bei der LINKEN) (D) Ohne die rot-grünen Reformen könnte Schwarz-Rot Die Antwort des Bundesministers darauf lautet – ich heute keine wirtschaftspolitischen Erfolge feiern. zitiere –: „Zeitarbeit, befristete Verträge und andere fle- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN xible Arbeitsformen haben zum jüngsten Beschäfti- und bei der SPD) gungsaufbau beigetragen.“ Diese Strukturreformen waren notwendig; sie müssen (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt ja aber weitergehen. Und was macht die Große Koalition? auch!) Der Aufschwung kommt bei den Langzeitarbeitslosen und bei den Geringqualifizierten nicht an. Bereits in den Ich erinnere Sie daran, dass in der Zeitung stand, es gebe letzten Herbstferien gab es eine Urlaubssperre für viele 100 000 neue Jobs, und ein Betroffener dazu feststellt: Mitglieder der Großen Koalition, weil ein Konzept zur Ja, ich habe sechs davon. – Wo soll das denn hinführen? Förderung der geringqualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgearbeitet werden sollte. Bis heute Vernünftiger wäre es in der Tat, einen gesetzlichen liegt aber nichts vor. Mindestlohn einzuführen. Alle 20 EU-Staaten, in denen es bereits einen Mindestlohn gibt, werden diesen im Wir haben mit dem Progressivmodell einen Vorschlag Jahr 2007 erhöhen. In sechs dieser Staaten wird er auf zur Senkung der Lohnnebenkosten im unteren Einkom- über 8 Euro pro Stunde erhöht. mensbereich vorgelegt. Das nutzt den Geringqualifizier- ten. Es nutzt den Arbeitnehmern wie auch den Arbeitge- Das ist der Vorschlag der Linken im Bundestag. Des- bern. Solche Strukturreformen müssen Sie umsetzen. halb fordere ich Sie auf: Folgen Sie mit Ihrer Politik der wirtschaftspolitischen Vernunft der Linken! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Mit der Gesundheitsreform schaffen Sie ein bürokra- tisches Monster. Die strukturellen Probleme bleiben. Die Kosten werden steigen. Die Wirtschaft wird belastet. Die Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Reform der Pflegeversicherung kommt überhaupt nicht Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae vom voran. Diese Hypothek auf die Zukunft wird zunehmend Bündnis 90/Die Grünen. größer; dazu haben Sie gar nichts gesagt. Das belastet aber die Wirtschaft. Ein Wirtschaftsminister, der ange- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das kann sichts dieser drängenden Probleme und Zukunftsfragen jetzt eigentlich nur besser werden!) keine Antworten findet, hat seine Aufgabe nicht verstan- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11709

Kerstin Andreae (A) den. Sie müssen ökonomischer Vorreiter sein. Aus unse- frieden. Selbst mit der Messung der Bürokratiekosten (C) rer Sicht ist der Wirtschaftsminister hier ein Schweige- kommen Sie nicht planmäßig voran. Zum 30. Juni sollte minister. ein Bericht vorliegen. Er ist bis heute nicht fertiggestellt. Schweigen im Walde! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der Bundeshaushalt weist ein strukturelles Defizit Wir Grüne haben eine lange Liste mit Vorschlägen auf. In dieser Situation philosophieren Sie, Herr Minister zum Bürokratieabbau schon zum ersten Mittelstandsent- Glos, darüber, ob wir die Steuern senken können, mit der lastungsgesetz eingebracht. Sie haben aber alles abge- Begründung, dass Sie die Menschen am Aufschwung lehnt. Setzen Sie unsere Vorschläge um, dann betreiben beteiligen wollen. Aber es geht Ihnen nicht um die Men- Sie substanziellen Bürokratieabbau! Entwickeln Sie das schen, die dringend am Aufschwung beteiligt werden Teilzeit- und Befristungsgesetz weiter! Es kann doch müssen. Sie schlagen die Streichung der Erbschaftsteuer nicht sein, dass jemand, der befristet eingestellt war, und einen Spitzensteuersatz bei 40 Prozent vor. Wir noch zwei Jahre später in derselben Firma keine Stelle brauchen aber nicht mehr Geld für Menschen, die Geld bekommen kann. Legen Sie ein Arbeitsgesetzbuch vor, haben. Wir brauchen vielmehr eine Wirtschaftspolitik, mit dem Sie mehr Klarheit schaffen! Das geltende Ar- die die Teilhabe der Ausgegrenzten ermöglicht. Wir beitsrecht ist unübersichtlich. Führen Sie die Hand- brauchen eine Wirtschaftspolitik, die den Fokus auf die werksreform fort! Wir haben den Meisterzwang in vie- Langzeitarbeitslosen und die geringqualifizierten Be- len Handwerksberufen abgeschafft. schäftigten richtet. (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Wer wollte denn Finanzminister Steinbrück hat gestern deutlich ge- das AGG? Am allermeisten die Grünen!) sagt, dass er mit der von Ihnen vorgeschlagenen Ab- Dort gibt es die meisten Neugründungen. Aber noch im- schaffung des Solidaritätszuschlags überhaupt nicht ein- mer stehen 41 Berufe unter Meistervorbehalt. verstanden ist. Das hört sich vielleicht in Bayern gut an, kostet aber 12 Milliarden Euro. Sie entlarven sich doch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – selbst. Der Abbau der Verschuldung gehört nicht mehr Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wie haben Sie zu Ihrer Agenda. Sie wollen mit Steuersenkungsvor- denn beim AGG abgestimmt?) schlägen in den Wahlkampf ziehen. Das ist das gleiche Es ist ja nicht so, dass der Minister nicht tätig ist. populistische Niveau, das wir von der Linkspartei an an- Aber das führt dann zu mehr Bürokratie. derer Stelle kennen. Hier hätten Sie besser geschwiegen, Herr Minister. (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sind wir (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nun tätig oder nicht?) (B) (D) Nun haben Sie in einer hellen Stunde ein Gutachten Derzeit lassen Sie, Herr Minister Glos, für 20 000 Euro zum Fachkräftemangel in Auftrag gegeben. Die For- ein Gutachten über den Umgang mit Brötchentüten er- scher haben Ihnen einen schonungslosen Lagebericht ge- stellen. Es geht darum, wie Brötchentüten in Zukunft schrieben. Die Zahl der Stellen für Hochqualifizierte, die entsorgt werden. Ein solches Gutachten lassen Sie erstel- nicht oder nur verspätet besetzt werden können, liegt bei len, Herr Glos! Sie haben sich das ehrgeizige Ziel ge- über 100 000. Die Verluste für die Wirtschaft haben Sie setzt, bis 2011 die Bürokratielasten um 25 Prozent zu selbst auf 20 Milliarden Euro beziffert. Die Studie ist senken. Das könnte 20 Milliarden Euro bringen; das ha- gut. Aber was passiert? Sie legen kein Konzept vor. Vor- ben Sie uns selber vorgerechnet. Ich kann Ihnen als schläge zu Veränderungen wurden in einem anderen Mi- Schwäbin nur den guten Tipp geben: Fangen Sie einmal nisterium erarbeitet. Aber auch hier bleibt man auf hal- mit diesen 20 000 Euro an! Das rechnet sich auch. ber Strecke stehen. Wir brauchen ein Punktesystem für (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) qualifizierte Einwanderer, die Anerkennung ausländi- scher Abschlüsse und die Senkung der Einkommens- Ihnen fehlt auch eine klare ordnungspolitische Ziel- schwelle für Hochqualifizierte. Sie wissen genauso gut setzung. Die wirtschaftspolitische Strategie der Bundes- wie ich, dass ein Hochqualifizierter hier zwei neue Ar- regierung und damit auch von Ihnen ist durch eine Stra- beitsplätze schafft. Das alles müssen Sie anpacken. Aber tegie der nationalen Champions geprägt, und dies vor das tun Sie nicht. Sie bleiben auf halber Strecke stehen. allem im Energiesektor. Hier dominieren nach wie vor die großen Exmonopolisten. Sie verfügen über die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Netze, und damit verfügen sie über die Macht, Wettbe- sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP]) werber vom Markt fernzuhalten. Am 20. August hat der Der Bürokratieabbau ist das Lieblingsthema der Wirtschaftsminister verkündet – ich finde, er hat das zu Union vor allem im Wahlkampf. Bisher haben Sie nur Recht getan –: Institutionen zum Bürokratieabbau aufgebaut, aber in Die Preiserhöhungen zeigen: Wir brauchen drin- der Substanz keinen Bürokratieabbau erreicht. Sie for- gend mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt! ... mulieren nicht einmal den Anspruch, in dieser Wahlpe- Ich werde keine Strom- und Gaskartelle zulassen. riode einen substanziellen Bürokratieabbau zu erreichen. Die Preise dürfen nicht ungebremst weiter steigen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Der Minister hat wenige Tage später gemeinsam mit sei- Das reicht noch nicht einmal Ihrem Mittelstandsbeauf- nem französischen Amtskollegen laut Welt vom tragten. Herr Schauerte sagt selber, er sei damit nicht zu- 7. September Folgendes gesagt: 11710 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Kerstin Andreae (A) Wir sehen keine positive Verbindung zwischen den schaftspolitik betreiben, die wir für eine ökonomische (C) Strompreisen, den Investitionen und der Entflech- Entwicklung brauchen. tung. Vielen Dank. Das ist ein klarer Widerspruch zu dem, was Sie zwei Wochen zuvor gesagt haben. Sie haben keine ordnungs- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – politische Orientierung. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Geschichtsklitte- rung! Wer war denn gegen den Ausstieg?) (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Genau!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie haben uns vorhin gesagt, Sie wollten den Wettbe- Als nächster Redner hat der Kollege Kurt Rossmanith werb vor allem auf dem Energiemarkt fördern. Wissen von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. Sie, wo Sie das jetzt tun können, wo Sie jetzt Standfes- (Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk tigkeit beweisen können? Bei der Anreizregulierung. [CDU/CSU]: Jetzt steigt das Niveau der De- Zur Anreizregulierung hat der Wirtschaftsausschuss des batte wieder!) Bundesrates einen aus unserer Sicht verheerenden Be- schluss gefasst, einen Beschluss, der nicht dazu dient, den Wettbewerb auf den Energiemärkten voranzubrin- Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): gen. Wenn Sie wirklich für Wettbewerb einstehen wol- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und len, dann müssen Sie es schaffen, dass dieser Beschluss, Herren Kollegen! Wachstumsbedingungen in Deutsch- den der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates gefasst land weiter stärken – das ist die Politik, der wir uns ver- hat, nicht umgesetzt wird. Da können Sie Standfestigkeit schrieben haben. Diese wachstumsfreundliche Politik beweisen. Wenn Sie hier wieder schweigen, dann stimmt trägt Früchte, und diese Politik wird konsequent in der das, was Sie gesagt haben, nämlich dass Sie Wettbewerb Zukunft umgesetzt. Bundesminister Michael Glos, das auf den Energiemärkten schaffen wollen, nicht. Haus, die Bundesregierung und die sie tragenden Frak- tionen leisten eine ganz wichtige Arbeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hervorra- Wenn Sie eine gesunde ökonomische Entwicklung gende Arbeit!) wollen, die auch wir wollen, dann brauchen Sie heut- zutage auch eine gesunde ökologische Entwicklung. Ich möchte Ihnen, Herr Bundesminister, und allen Mitar- Spätestens seit dem Bericht von Nicholas Stern wissen beitern Ihres Hauses herzlich danken. Ich weiß, was Sie wir, was es uns kostet, wenn wir Klimaschutz betreiben, gerade in der jetzigen Zeit leisten, damit diese Politik in (B) nämlich ungefähr 1 Prozent des BIP. Wir wissen aber unserem Land fortgesetzt wird. Wir haben über (D) auch, was es uns kostet, wenn wir keinen Klimaschutz 1 Million neuer Arbeitsplätze geschaffen, damit 1 Mil- betreiben, nämlich ungefähr 20 Prozent des BIP. Das lion Familien neue Einkommensquellen erschlossen, sind klare ökonomische Zahlen, die deutlich machen, und wir haben ihnen damit auch Angst genommen. was passiert, wenn wir nicht gegensteuern. Es wundert Ich glaube, dass der Haushaltsentwurf 2008 für das doch nicht, dass die Ölpreise und andere Ressourcen- Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine preise ansteigen. Wir wissen doch nicht erst seit gestern, solide Basis darstellt, wenn auch – Sie, Herr Bundes- dass die Ressource Öl knapper wird, dass Angebot und minister, haben es gesagt – der Haushalt letztendlich an- Nachfrage den Preis bestimmen und wir mit steigenden ders aus dem Parlament herauskommt, als er hineinge- Preisen zu rechnen haben. Was aber tun wir? Wir haben gangen ist. Aber Sie brauchen nicht zu befürchten, dass die Kohlepartei SPD, wir haben die Atompartei CDU, wir Ihren Haushalt so stark kürzen werden, wie unsere aber es gibt keine Politik, die auf Energieeinsparung, Redezeit durch Ihre Vorgabe eingeschränkt worden ist. Energieeffizienz und erneuerbare Energien gerichtet und Meine Redezeit – eigentlich waren es acht Minuten – ist damit zukunftsfähig wäre. nun um 25 Prozent kürzer. Sie brauchen keine Kürzung (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wovon reden um 25 Prozent zu befürchten. Wir werden in den Haus- Sie überhaupt?) haltsberatungen angemessen vorgehen. Kohlekraftwerke, die größten Klimakiller, lassen Sie (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der weiter bis 2018 laufen. Der Ausstieg bis 2012 wäre mög- CDU/CSU) lich. Unser Wirtschaftswachstum lag zuletzt bei 2,5 Pro- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Rot-Grün hat da zent. Das Wachstum, das wir in diesem Jahr erreichen, nichts gemacht! Die Grünen haben da nichts wird ebenfalls in dieser Größenordnung liegen, auch reduziert!) wenn es vielleicht etwas bescheidener ausfällt. Man be- denke, dass es auch dann immer noch drei- oder viermal Die hohen Subventionen müssen in den Ausbau der so groß sein wird wie in den Jahren vor 2006. erneuerbaren Energien, in die Finanzierung von Zu- kunftstechnologien und in den Klimaschutz gesteckt The Economist hat Ende August geschrieben: werden. Zukunftsfähigkeit schreibt sich anders. Ich emp- Deutschlands Wirtschaft scheint wieder zur Loko- fehle Ihnen, das Papier Grüne Marktwirtschaft zu lesen. motive Europas zu werden. Dann kommen Sie auf andere Gedanken, und dann kön- nen Sie nach vorne blicken und eine ökologische Wirt- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11711

Kurt J. Rossmanith (A) Grund dafür ist eine handwerklich gute und verlässliche Weltmärkten zu behaupten. Für mittelständische Unter- (C) Haushalts- und Wirtschaftspolitik. nehmer ist das heute das A und O. (Ulrike Flach [FDP]: Na!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Trotz dieser Daten sind Sie der Meinung, lieber Kol- Über die Gemeinschaftsaufgabe – sie wurde ange- lege Rainer Brüderle, wir befänden uns auf einer Fahrt in sprochen, auch vom Kollegen Stiegler – werden wir uns die Staatswirtschaft. Der Kollege Roland Claus will uns noch intensiv und in objektiver Art und Weise unterhal- ob dieser Daten gleich die Fröhlichkeit verbieten. Ich ten müssen. Es hilft überhaupt nichts, einfach plakativ halte es hier mit dem heiligen Don Bosco, der gesagt hat: darüber hinwegzuspringen. Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen. Lassen Sie mich einen letzten Bereich ansprechen: (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Don Bosco als die Luft- und Raumfahrt, die im vergangenen Jahr und wirtschaftspolitisches Ziel!) auch bis heute fast immer mit negativen Schlagzeilen be- haftet war und ist. Es handelt sich um eine Hochtechno- Lieber Herr Kollege Claus, wir werden weiter fröhlich logie, die notwendig und erforderlich ist und die ganz sein. Wir werden weiter Gutes tun, und wir lassen Sie wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur auch entsprechend pfeifen. Das wollen wir Ihnen nicht Wahrung der technischen Führungsstellung, die wir verbieten. weltweit innehaben, beiträgt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Aber, Herr Bundesminister Michael Glos, um eines der SPD) bitte ich Sie herzlich: Der letzte Bericht des Koordina- tors für Luft- und Raumfahrt stammt aus dem Jahre Der Plafond des Haushalts des Wirtschaftsministe- 2002, vom damaligen Koordinator und Parlamentari- riums für 2008 liegt bei – Frau Kollegin Andreae hat es schen Staatssekretär Siegmar Mosdorf. Es ist also angesprochen – 6,1 Milliarden Euro. Ein Drittel – über höchste Zeit für einen neuen Bericht. Ich weiß, dass die 2 Milliarden Euro – wird nach wie vor zur Subventionie- entsprechenden Vorbereitungen schon laufen, aber dieser rung des Steinkohlebergbaus verwendet. Ich hätte mir Bericht muss Ende dieses Jahres, spätestens zu Beginn schon gewünscht, dass Sie in dieser Hinsicht einmal des nächsten Jahres vorliegen. Es ist – aufgrund der Er- Vorschläge gemacht hätten; schließlich haben Sie im eignisse und aufgrund dessen, was wir auf diesem Felde Jahr 2005, vor zwei Jahren, also vor gar nicht so langer noch vor uns haben – zwingend notwendig, dass wir die- Zeit, noch Regierungsverantwortung getragen. Was den sem Bereich, einem ganz wichtigen Aspekt, weiterhin Abbau der Steinkohleförderung angeht, hatten und ha- Bedeutung zumessen. ben Sie nichts zu bieten. Aber jetzt stellen Sie sich hier- Was die Haushaltsberatungen anbelangt, bin ich zu- (B) (D) hin und jammern über unsere Politik. Ich bedaure das. versichtlich. Ich bedanke mich schon jetzt bei den Kolle- Frau Kollegin Andreae, Sie fallen in die Rhetorik der ginnen und Kollegen für das Miteinander und für das Anfangszeit der Grünen zurück, als man mit dem Argu- Verständnis, das wir im Sinne unseres Vaterlandes für ment, dass der Strom aus der Steckdose komme, gegen die zukünftige Entwicklung aufbringen werden. die Kernenergie protestierte. Kernenergie ist für Sie des Ich danke Ihnen. Teufels, Steinkohle ist für Sie des Teufels, alles ist für Sie des Teufels. Da der Strom aus der Steckdose komme, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- besteht Ihrer Auffassung nach keinerlei Notwendigkeit, neten der SPD) den von uns vertretenen Ansatz zu verfolgen. Ich hätte mir schon gewünscht, dass Sie sich von den sehr unklu- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: gen Äußerungen, Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Flach von der FDP-Fraktion. (Beifall des Abg. Dr. [DIE LINKE]) (Beifall bei der FDP) die Sie damals gemacht haben, hier etwas stärker distan- zieren. Ulrike Flach (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wie in der Vergangenheit setzt unsere Politik auch in Minister Glos, Sie haben uns heute wieder einmal in be- Zukunft einen Schwerpunkt auf Mittelstand, Forschung merkenswerter Weise gezeigt, wie gut Sie vor allen Din- und Entwicklung. Dafür sind in diesem Haushaltsent- gen rhetorisch in der Lage sind, die Welt etwas zu schö- wurf – ich glaube, wir sind uns einig, dass wir daran nen. keine allzu großen Änderungen vornehmen – rund eine (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Er hat sie ehrlich halbe Milliarde Euro veranschlagt. dargestellt! Keine Schlechtrederei hier!) Wir sind nach wie vor Exportweltmeister, und wir Heute haben Sie uns die Facette „Wir wollen dem Bür- wollen das auch bleiben. Die Außenwirtschaftsförde- ger alles zurückgeben“ vorgetragen. Noch vor wenigen rung ist daher ein ganz wichtiger Bereich. Wir müssen Tagen haben Sie über den „Tugendkreislauf“ gespro- dafür sorgen, dass die kleinen und mittleren Unterneh- chen. Ich zitiere Sie: men – um sie geht es bei der Außenwirtschaftsförde- rung; es geht doch nicht um die Konzerne; sie erhalten Zeitlichen Vorrang hat in jedem Fall der Defizit- diese Förderung nicht – in der Lage sind, sich auf den abbau. 11712 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Ulrike Flach (A) Nun frage ich mich natürlich: Womit werden wir leben? tan, was man als Haushälter immer mit großem Grauen (C) Weder das eine noch das andere ist bisher bei Ihnen zum betrachtet: Sie haben alles in einen Topf geschüttet. Das Tragen gekommen. heißt, wir werden im nächsten Jahr nicht mehr genau wissen, wo etwas abfließt und wo nichts abfließt. Unter (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Defizit- haushalterischer Wahrheit und Klarheit verstehe ich et- abbau geht doch vor!) was anderes, Herr Glos. Sie geben dem Bürger nichts zurück, die Steuern werden An dieser Stelle bitte ich darum, dass wir es in Zu- nicht gesenkt, und der Defizitabbau ist – das sieht man kunft wirklich detailscharf erkennen können, wenn Sie gerade auch an Ihrem Haushalt – alles andere als Reali- Programme durchführen, von denen der Mittelstand tät. nicht profitiert. Nur 8 Prozent des deutschen Mittel- (Beifall bei der FDP) stands lebt von der Förderung aus dem Bundeshaushalt. Diese Zahl hat vor wenigen Tagen das IW veröffentlicht. Der Einzelplan 09, der Haushalt des Wirtschafts- ministeriums, weist Ausgabensteigerungen um 2,1 Pro- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!) zent auf. Das verstehe ich nicht unbedingt unter tugendsa- Ich glaube nicht, dass man das als eine tolle Förderung mem Sparen. Gleichzeitig – das muss man als Haushälter des Mittelstands auf dem Technologiegebiet bezeichnen klar sehen – schieben Sie nicht unbeträchtliche Haus- kann. haltsrisiken vor sich her. (Beifall bei der FDP) Schauen Sie sich einmal das Beispiel Steinkohle an. Ich bin immer wieder entzückt, wenn die Grünen über Die Zeit der FDP hier ist leider viel zu kurz. Steinkohle reden. Sie hatten viele Jahre Gelegenheit – gerade auch in Nordrhein-Westfalen –, ihren Teil dazu (Dr. Rainer Wend [SPD]: Ist fast vorbei!) beizutragen. Lassen Sie mich deshalb zum Schluss kommen. Herr (Beifall bei der FDP – Carl-Ludwig Thiele Minister, Sie verstecken die Subventionen in diesem [FDP]: Das kann man wohl sagen!) Haushalt geschickt in Ihrem Topf. Es musste erst eine schwarz-gelbe Regierung geben, um (Ludwig Stiegler [SPD]: Topfgucker!) den Subventionsabbau endlich in trockene Tücher zu Sie wissen, dass wir als FDP ausgesprochen aggressiv an bringen. Dabei ist jedoch etwas passiert, was ich als die Subventionen herangehen werden. Wir werden in Haushälter des Bundes mit großer Sorge betrachte, Herr diesem Jahr beantragen, Subventionen im Umfang von Minister. Sie haben bei den sogenannten Ewigkeitslasten (B) ungefähr 1,4 Milliarden Euro, verteilt über alle Ressorts, (D) des Bundes einen Blankoscheck mit einer nach oben abzubauen. Ich wäre mehr als erfreut, wenn die Bundes- nicht begrenzten Gewährleistung ausgestellt, für den regierung uns dabei folgen würde. Ich setze in dem Fall Fall, dass das Börsenvermögen der RAG-Stiftung nicht natürlich vor allen Dingen auf die Unionshaushälter. Das ausreicht. Darin liegen erhebliche Risiken begründet. ist das Volumen, in dem wir die Subventionen abbauen Der Rechnungshof hat sich dazu geäußert. Ich bin ge- und um das wir das Defizit drücken können. So können spannt, wie sich die Bundesregierung in den nächsten wir den Menschen in diesem Land wirklich etwas zu- Tagen dazu äußern wird. Angesichts dessen kann ich rückgeben. Wenn Sie dem folgen würden, dann wären nicht gerade mit frohem Gesicht in die Zukunft schauen. wir mit Ihnen zufrieden. Zweiter Punkt: mangelnde Haushaltsdisziplin. Dies (Beifall bei der FDP) betrifft in besonderem Maße die mehr als wirren Pläne einer nationalen Mondmission, die wissenschaftlich aus Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sicht vieler Fachleute sicherlich mehr ein Wohlfühlpro- jekt ist. Nationale Alleingänge in der Raumfahrt ma- Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Rainer Wend von chen, wie wir alle wissen – ich sehe einmal in Richtung der SPD-Fraktion. von Frau Bulmahn –, wenig Sinn und werden uns auch kaum voranbringen. Was wir brauchen, ist eine Einbin- Dr. Rainer Wend (SPD): dung in die Europäische Union. Das jedoch bedeutet für Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- den Haushalt, dass Sie neben dem Projekt Galileo, bei ren! Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben völlig dem wir im Haushalt von Herrn Tiefensee Risiken von recht: Immer dann, wenn Sie eine kluge Wirtschaftspoli- mehr als 4 Milliarden Euro vermuten, ein weiteres Pro- tik formulieren, haben Sie die SPD-Fraktion ganz fest an jekt vor sich herschieben, das uns viel Geld kostet. Wir Ihrer Seite. brauchen mit Sicherheit nicht „Michels Mondfahrt“, wie es so schön genannt wird. Wir brauchen ein kluges Kon- (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zept auf der EU-Ebene. Vor allen Dingen brauchen wir NEN]: Das ist aber eine große Anstrengung! – endlich Pläne, die wir dann auch umsetzen können. Weitere Zurufe) (Beifall bei der FDP) – Ich habe nicht gesagt „nur dann“, sondern ich habe ge- sagt „immer dann“. – Das gilt insbesondere dann, Herr Tugendsamer sind Sie bei dem Thema Evaluierung Glos, wenn Sie der Konsolidierung des Bundeshaushalts geworden. Sie haben offensichtlich gelernt, dass man Vorrang geben und nicht schon Steuererleichterungen Programme evaluieren muss. Aber Sie haben etwas ge- und sonstige Geschenke ankündigen, bevor diese Auf- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11713

Dr. Rainer Wend (A) gabe bewältigt ist. Bei uns bleibt es bei der Priorität der (Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: (C) Haushaltskonsolidierung. Wer sagt das denn?) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Was sind unsere Möglichkeiten an dieser Stelle? Ich des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nenne zunächst das Stichwort Transparenz. Wir müssen beispielsweise wissen, in welche Risiken diese Hedge- Ich will eines doch noch sagen – die Kollegin Flach fonds investiert haben. Wir brauchen klare Transparenz- hat es bereits angedeutet –: Es ist Grundschulwissen, richtlinien auf der europäischen Ebene, um dort zu ver- dass wir nicht gleichzeitig den Haushalt konsolidieren, nünftigen Lösungen zu kommen. Wir müssen uns über Steuern senken und mehr Geld für Investitionen ausge- Ratingagenturen Gedanken machen, die teilweise ver- ben können. Wer den Menschen diesen Dreiklang ver- sagt haben. spricht, der macht ihnen etwas vor. Wir müssen Prioritä- ten setzen, und die Priorität heißt im Interesse künftiger (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Umfassend, Generationen: Haushaltskonsolidierung. nicht nur teilweise!) Wir müssen überlegen, ob wir auf europäischer Ebene (Beifall bei der SPD) eine Ratingagentur einrichten. Ich weiß, dass das schwer Ich möchte mich kurz dem Thema „internationale zu finanzieren ist. Ich finde übrigens, dass die Banken- Finanzsysteme“ widmen und mich noch einmal mit Ih- aufsicht so schlecht nicht funktioniert hat. Die Krisen- nen, Herr Kollege Brüderle, darüber auseinandersetzen, interventionen in den letzten Wochen sind gelungen. Ich da Sie in diesem Zusammenhang den Markt gepredigt bin allen dankbar, die an der Stelle geholfen haben. haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Eine kleine Sache vorweg – sie steht nicht im Zen- Einfache Rezepte sind leicht. Wir werden noch trum, sie ärgert mich nur –, und zwar zu Ihrer Kritik an schwierige Wege vor uns haben. Geben wir uns Mühe, der Beteiligung der KfW an der Mittelstandsbank IKB. nicht ritualisierte Antworten zu geben! Setzen wir uns Sie wissen, dass ich kein Befürworter solcher indirekter mit den neuen internationalen Realitäten auseinander! staatlicher Beteiligung bin und dass ich auch dafür bin, Keine staatliche Abschottung, aber auch keine freie Aus- dass wir sie schnell abstoßen. Die ganze Wahrheit aber lieferung an die Märkte! ist: Im Jahr 2001 wollten die Münchener Rück und die Vielen Dank. Allianz ihre Anteile an der IKB loswerden. Alle – der BDI, die BDA, die Finanzpolitiker aller Fraktionen – ha- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) ben darum gebeten, dass dieser Anteil nicht an interna- (B) tionale Investoren geht, sondern hier im Land bleibt, Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (D) weil es sich um eine Mittelstandsbank handelt. Darauf- Das Wort hat der Kollege Dr. Herbert Schui von der hin ist die KfW eingesprungen. Deshalb hat sie heute Fraktion Die Linke. nicht die Kritik verdient, die Sie hier üben. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der SPD) Zu den Fonds und dem internationalen Finanzsystem. Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Wir reden über Bedrohungen, wir reden über Schwierig- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr keiten; das ist richtig. Aber ich sage eines vorweg – da Wend, gut und schön: Stabilisieren wir die Finanz- sind wir uns, glaube ich, wieder einig, Herr Kollege märkte. Vielleicht können wir uns auf zwei Gesichts- Brüderle –: Internationale Investoren sind in Deutsch- punkte einigen: Wenn Finanzierung nicht die Finanzie- land erwünscht und willkommen. Wir wollen, dass bei rung von realen Investitionen und damit Produktion ist, uns im Land investiert wird. Wir wollen keinen Zaun um dann ist es Aufgabe der Politik, den Markt einzuengen unser Land, sondern sagen: Ihr seid uns willkommen. und die Transaktionen zu verteuern. Legt euer Geld in unserem Land an; dort ist es gut ange- (Beifall bei der LINKEN) legt! Alle Gesetzgebung muss sich darauf konzentrieren. Gleichzeitig müssen wir uns aber mit folgender Situa- Dann kommen wir ein Stückchen weiter. – Dabei würde tion auseinandersetzen. Wir haben zurzeit weltweit ich mich auch nicht von Zurufen wie „Die Märkte müs- Hedgefonds in einer Größenordnung von 1,8 Billionen sen offenbleiben“ einschüchtern lassen; denn es geht um Euro. Das ist etwa das Sechsfache des deutschen Bun- Produktion und nicht darum, durch das Hin- und Her- deshaushaltes. Wir haben darüber hinaus weltweit wenden von Geldvermögen zu Einkommen zu gelangen. Staatsfonds in einer Größenordnung von bis zu 3 Billio- (Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter nen Euro. Der IWF schätzt, dass wir in etwa sechs bis [CDU/CSU]: Herr Schui, wir brauchen funk- sieben Jahren eine Größenordnung von 12 Billionen tionsfähige Finanzmärkte! Das wissen Sie ei- Dollar Staatsfonds haben werden. Das ist eine gewaltige gentlich auch!) finanzielle, wirtschaftliche und damit auch politische Macht. Ich sage als Sozialdemokrat: Da nur den Markt Nun zu dem, was mich eigentlich beschäftigt. Die zu predigen und uns diesen Mächten auszuliefern, kann beiden Koalitionsparteien haben unter gegenseitigem nicht Perspektive bundesdeutscher Wirtschaftspolitik Schulterklopfen einen Aufschwung festgestellt, der, sein, Kollege Brüderle. nüchtern betrachtet, nichts weiter ist als ein höheres 11714 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Dr. Herbert Schui (A) Wirtschaftswachstum, das nicht andauern wird. Ich erin- Energieeffizienz des Hauses, in dem er wohnt, infor- (C) nere an die US-Konjunktur, mögliche Auswirkungen der miert wird. Ebenfalls wird das Wirtschaftsministerium Finanzkrise, normale Wirtschaftszyklen. Andauern aber einer Verschärfung der Energieanforderungen für Neu- werden bei dieser Regierung Hartz IV, niedrige Löhne bauten wahrscheinlich nicht zustimmen. Hier hat der und eine Rente mit 67. Infolgedessen kann von Auf- Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und bruch nicht die Rede sein. Grundeigentümer gesiegt. (Beifall bei der LINKEN) Ein anderes Beispiel ist die Kraft-Wärme-Koppe- lung. Die Arbeitsgruppe Energie will den Anteil dieser Frau Merkel hat uns vorgestern die Ursachen des Auf- Stromerzeugung von 12,5 auf 25 Prozent der Stromer- schwungs erklärt. Dieser Aufschwung ist, so sagt sie zeugung insgesamt steigern. Das schränkt natürlich das –Zitat – Geschäft der großen Stromversorger ein; deren Groß- der Lohn der Arbeit der Menschen in Deutschland: kraftwerke laufen ohne Wärmenutzung. Und schon der Lohn von wagemutigen Unternehmern und gut kündigt das Ministerium seinen Widerstand gegen eine ausgebildeten Arbeitnehmern, von engagierten Er- Förderung der Kraft-Wärme-Koppelung durch die Kre- ziehern, Lehrern und liebevollen Eltern, von inter- ditanstalt für Wiederaufbau an. Die Gruppe der Gewin- national renommierten Wissenschaftlern und kreati- ner wurde wohl von Eon angeführt; Eon ist ja bekannt- lich der Lieblingskonzern des Wirtschaftsministers und ven Ingenieuren. der Bundeskanzlerin. Fragen: Für viele ist der preisbereinigte Lohn in der letz- (Lachen des Abg. Dr. Rainer Wend [SPD] – ten Zeit gesunken, auch wenn sie hart gearbeitet haben. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So einen Haben sie nun weniger zum Aufschwung beigetragen als Blödsinn, den Sie da erzählen, hört man sel- die anderen? ten!) (Beifall bei der LINKEN) Meine Frage an Sie: Wer regiert denn hier eigentlich? Waren die Eltern vor zwei Jahren weniger liebevoll, als (Beifall bei der LINKEN) sie es jetzt sind? Es lässt sich erraten, was aus dem gemeinsamen Ener- (Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei gie- und Klimaprogramm werden wird: nicht viel. Wenn Abgeordneten der FDP) dieses Programm wirken soll – so viel ist sicher –, muss Waren die Ingenieure weniger kreativ, die Wissenschaft- mehr ressortübergreifende, planvolle Arbeit geleistet ler dümmer? Wenn ja, hat es eine Massenerweckung ge- werden. Es reicht nicht, über noch so raffinierte Rah- geben, menbedingungen nachzudenken. Im Rahmen einer sol- (B) chen Politik wird es nicht so kommen, dass der Markt (D) (Heiterkeit bei der LINKEN) und der Wettbewerb das besorgen, was man eigentlich ging als Folge von Schröders Agenda 2010 ein Ruck wünscht. Nein, man muss doch planen! durch das Land? All das ist Parapsychologie, Kitsch, (Gudrun Kopp [FDP]: Aha, Planwirtschaft!) Politkitsch, hat aber nichts mit seriöser Analyse und seriöser Politik zu tun. – Nein, Politik sollte immer planvoll sein. Eine Wirt- schaftspolitik, die nicht planvoll ist, kann man in der (Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/ Pfeife rauchen. CSU]: Sie haben doch keine Ahnung!) (Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken Den Titel „Dr. h. c.“ im Fach Psychologie bekommt die [CDU/CSU]: Aber nur planen ist zu wenig! Frau Bundeskanzlerin hinterher. Man muss auch handeln!) Wie in vielen anderen Ressorts wird auch im Wirt- – Nein, Politik muss Gegenpol des Marktes sein. Wenn schaftsministerium ein Mangel deutlich: Es fehlt an gu- der Markt alles besorgen würde, bräuchten wir gar keine ter Planung, Politik. Dann könnten wir uns hier abschaffen. Das ist doch einleuchtend. (Zuruf von der CDU/CSU: Genau, Planwirtschaft!) (Beifall bei der LINKEN) insbesondere was die Zusammenarbeit zwischen den Warum sind Sie denn so gegen Planung? Schließlich pla- Ressorts angeht. Ein Beispiel: Der Wirtschafts- und der nen doch auch Großkonzerne. Umweltminister haben gemeinsam für Dezember ein Energie- und Klimaprogramm angekündigt. Warum Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: nicht jetzt? Warum nicht schon längst? Die Ausgaben Herr Kollege Schui, bedenken Sie die Redezeit. des Wirtschaftsministeriums zur Förderung der Ener- gieforschung in Höhe von 160 Millionen Euro sind so gut wie nichts. Statt die brennende Frage des Klima- Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): schutzes und der Energieeinsparung anzupacken, verlegt Oh ja. sich das Wirtschaftsministerium bei diesem Programm Ich möchte in den mir verbleibenden 30 Sekunden ei- schon jetzt aufs Bremsen. Der Gebäudeenergiepass ist nen letzten Punkt ansprechen. nun auf Betreiben des Wirtschaftsministers so ausge- dünnt worden, dass der Mieter nur noch dürftig über die (Zuruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU]) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11715

Dr. Herbert Schui (A) – Lassen Sie die DDR in Frieden ruhen; die gibt es jetzt (Ulrike Flach [FDP]: Sie reden immer noch (C) nicht mehr. – Für die Erzeugung von mehr alternativer von etwas aus dem Jahr 2003!) Energie brauchen wir einen Markt. Der Markt wird sich dann öffnen, wenn die alternative Energie billig ist. Es Auf zwei Projekte möchte ich in diesem Zusammen- ist allerdings so, dass bei jeder Energieproduktion außer- hang noch einmal besonders eingehen: erstens auf das ordentlich viel Kapital fixiert werden muss, um eine Ein- Projekt Pro Inno, ein ganz wichtiges, wenn nicht sogar heit herzustellen. Wenn man eine marktübliche Rendite das wichtigste Kooperationsprojekt zwischen Wissen- haben will, dann muss der Preisaufschlag auf die Kosten, schaft und Wirtschaft, wodurch vor allem die Inno- der nötig ist, um einen Gewinn zu erzielen, enorm hoch vationsfähigkeit von kleinen und mittelständischen sein. Wenn wir die alternative Energie gemeinwirtschaft- Unternehmen und damit die Wettbewerbsfähigkeit auf lich produzieren würden, könnten wir auf einen solchen internationalen Märkten gestärkt werden sollen. Herr Preisaufschlag verzichten. Brüderle hat davon offenbar noch nichts gehört; sonst hätte er das, was er eben gesagt hat, nämlich dass sich (Ulrike Flach [FDP]: Aber wer zahlt es denn diese Regierung nicht um den Mittelstand kümmert, dann?) nicht sagen können. Sie wäre billig, – (Rainer Brüderle [FDP]: Der Mittelstand hat davon noch nichts gemerkt! – Ulrike Flach Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: [FDP]: Es wäre schön, wenn er davon etwas Herr Kollege Schui! merken würde!)

Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Insgesamt wurden durch Pro Inno in den letzten Jah- – konkurrenzfähig und könnte sich durchsetzen. ren 5 000 Projekte von Unternehmen gefördert. Der fünftausendste positive Bescheid wurde kürzlich erlas- Vielen Dank. sen, und zwar in Bayern. Ein Schelm, der Böses dabei (Beifall bei der LINKEN) denkt, Herr Minister. Rund 1,5 Milliarden Euro für FuE- Investitionen wurden dadurch angeregt. Die Mehrzahl der beteiligten Unternehmen hat Umsatz und Gewinn Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: gesteigert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Hier zeigt Das Wort hat die Kollegin Ute Berg von der SPD- sich noch einmal, wie wichtig es ist, dass Forschungsent- Fraktion. wicklungen sofort in den Markt integriert werden, nach- dem sie die Marktreife erlangt haben. Hierbei soll durch (B) Ute Berg (SPD): Pro Inno geholfen werden. (D) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat im Frühjahr dieses Zweitens möchte ich, obwohl das nicht zum klassi- Jahr daran erinnert, dass vor einigen Jahren Bücher mit schen Teil des Wirtschaftshaushaltes gehört, noch ein- Titeln wie Ist Deutschland noch zu retten? oder Abstieg mal das Projekt der Forschungsprämie ansprechen, das eines Superstars in Deutschland Konjunktur hatten. Er auch den kleinen und mittelständischen Unternehmen stellte zufrieden fest, dass sich die Stimmung und auch zugute kommt. Der Bund zahlt Hochschulen und For- die Lage im Land inzwischen geändert haben. Dieses schungseinrichtungen, die Forschungsaufträge von die- Land hat das Potenzial zum Wachstum. Das ist etwas sen Unternehmen ausführen, eine Prämie in Höhe von sehr Erfreuliches, hat er gesagt. Wo er recht hat, hat er 25 Prozent des Auftragsvolumens. Damit wird die wich- recht. tige Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und kleinen und mittelständischen Unternehmen gefördert. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Hier findet nicht nur Forschungsförderung, sondern auch der CDU/CSU) echte Wirtschaftsförderung statt. Ganz offensichtlich ist Deutschland also zur Dynamik fähig. Durch kluges politisches Handeln sind wir alle Bereits seit Jahresbeginn profitieren Universitäten aufgerufen, diese Dynamik zu unterstützen. Die Förde- und von Bund und Ländern geförderte Wirtschaftsein- rung von Forschung und Entwicklung ist dabei entschei- richtungen von dieser Prämie. Mit der Forschungsprä- dend. Zum wiederholten Mal: Durch einen Euro für mie II, wie wir sie genannt haben, sollen ab Januar 2008 Forschung und Entwicklung, vom Staat investiert, wer- auch gemeinnützige Forschungseinrichtungen unter- den zwei Euro aus der privaten Wirtschaft mobilisiert. stützt werden. Das ist insbesondere für die ostdeutschen Das war jedenfalls in der Vergangenheit so. Auch in Zu- Länder wichtig. kunft müssen Staat und Wirtschaft in dieser Form mit- Noch eine Bemerkung zu einer strukturellen Verände- einander kooperieren. Beide Partner dürfen nicht schwä- rung im Ministerium selbst. Dass es dort jetzt eine ei- cheln. gene Technologieabteilung gibt, in der die Innovations- Um es ganz deutlich zu sagen: Die immer wieder be- förderung für den Mittelstand konzentriert werden soll, schworenen zusätzlichen 6 Milliarden Euro bis 2010 rei- ist natürlich eine wichtige Maßnahme, um die Programme chen nicht mehr aus; denn das Bruttoinlandsprodukt nutzerfreundlicher und ihre Abwicklung effizienter zu wächst und damit auch der 3-Prozent-Anteil für For- machen. Ich gehe davon aus, dass sich Wirtschaftsminis- schung und Entwicklung, den wir gemeinsam verabredet ter Glos in Zukunft auch als Technologieminister profi- haben. liert. Unsere Unterstützung dafür hat er ganz bestimmt. 11716 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Ute Berg (A) Zum Schluss möchte ich aber noch ein Problem an- Zum Schluss noch einmal zu Peter Bofinger. Wir (C) sprechen, das uns nicht erst seit gestern begleitet – es müssen alles daran setzen, dass Bücher wie – ich habe wurde schon erwähnt –, nämlich den Fachkräfte- sie eingangs erwähnt – Ist Deutschland noch zu retten? mangel. Einiges von dem, was Frau Andreae eben ge- oder Abschied eines Superstars wegen fehlender Paralle- sagt hat, kann ich durchaus unterstützen. len zur Wirklichkeit keine Absatzmärkte mehr finden. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vielen Dank. NEN]: Sehr schön!) (Beifall bei der SPD) Bereits jetzt verlieren wir 20 Milliarden Euro an Kauf- kraft jährlich, weil uns qualifizierte Fachkräfte fehlen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Dass angesichts dieser Entwicklung Stimmen aus Politik Das Wort hat jetzt der Kollege Laurenz Meyer von und Wirtschaft lauter werden, die dieses Problem durch der CDU/CSU-Fraktion. Zuwanderung lösen wollen, ist natürlich bedenklich. (Beifall bei der CDU/CSU) (Ulrike Flach [FDP]: Warum? – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU): Wieso? Ist doch gut!) Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle- gen! Der Wirtschaftsminister hat heute Morgen in sehr – Frau Flach, Zuwanderung an sich ist nicht bedenklich. gelöster Stimmung vorgetragen. Das zeigt, wie gut die Das wollte ich damit auch nicht sagen. Natürlich brau- Wirtschaftslage ist. chen wir ausländische Fachkräfte, genauso wie von un- serer Seite Fachkräfte ins Ausland gehen sollen. Wir Die Inlandskonjunktur ist unser nächstes Thema; brauchen den Austausch. Aber wenn man ein Problem, auch das hat er angesprochen. Die andauernd gute wirt- das so deutlich zutage tritt, hauptsächlich dadurch lösen schaftliche Entwicklung führt jetzt dazu, dass über die will, dann ist das bedenklich. Dabei bleibe ich. Schaffung von Arbeitsplätzen und über die Lohnzu- wächse – damit verbunden ist auch das in starkem Maße Im Grunde war diese Entwicklung abzusehen. Des- gewachsene Vertrauen der Menschen in die Arbeitsplatz- halb wundert es mich, dass manche jetzt anfangen, zu sicherheit – eine gute Inlandskonjunktur herrscht. weinen. Kluge Unternehmer haben hier vorgebaut und Diese hilft uns Gott sei Dank, die von außen an uns he- entsprechend ausgebildet. rangetragenen Risiken in den Begriff zu bekommen. Der wichtigste Unterschied zu früher ist, dass die Menschen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wieder mehr Vertrauen in die wirtschaftliche Entwick- (B) der LINKEN) lung, in die Stabilität und in die Sicherheit ihres eigenen (D) Arbeitsplatzes haben. Aber es gibt eben auch andere. Ich appelliere an die Un- ternehmer, die ausbilden könnten, es aber nicht tun: Sor- Erstmalig haben wir wieder – ich bitte alle Kritiker, gen Sie im Interesse der jungen Generation, aber auch dies zu berücksichtigen, auch die von der Linken – im ureigenen ökonomischen Interesse mit dafür, dass (Zuruf von der CDU/CSU: Die verstehen das junge Menschen aus- und ältere Arbeitnehmer zu quali- nicht!) fizierten Fachkräften weitergebildet werden! Ihre Unter- nehmen und die Gesellschaft brauchen sie dringend. – einen Kamineffekt am Arbeitsmarkt. Die qualifizierten Unsere Zukunft liegt nicht in Billigprodukten. Wir punk- Kräfte, die als Erste wieder in den Arbeitsmarkt hinein- ten mit hochwertigen Artikeln, die von gut ausgebildeten gekommen sind, wechseln auf andere Positionen. Da- Frauen und Männern hergestellt werden. durch werden Stellen frei, die im verstärkten Maße von Leuten aus dem Arbeitslosengeld-II-Bereich besetzt Schließlich zum Haushalt insgesamt. Der vorliegende werden, die so aus der Langzeitarbeitslosigkeit heraus- Entwurf trägt dem Anspruch Rechnung, mit der Förde- kommen. Das ist genau die Entwicklung, die wir wollen rung von Innovationen Zukunftsbereiche zu erschlie- und die wir stärken müssen; denn diese Menschen bilden ßen. Dadurch wird es uns gelingen, die günstige Wirt- die Hauptproblemgruppe am Arbeitsmarkt. schaftsentwicklung zu unterstützen und zu verstetigen. Nur so bekommen wir weiteres Wachstum hin, das wir (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- auch brauchen, um eine nachhaltige Haushaltskonsoli- neten der SPD) dierung zu erreichen. Herr Müntefering, da haben wir schon Verschiedenes auf den Weg gebracht. Wir müssen daran arbeiten, dass Auf Dauer streben wir natürlich nicht nur einen aus- dieser Kamineffekt anhält. Deswegen müssen wir alle geglichenen Haushalt an; auf Dauer wollen wir auch den Prozesse, die dabei helfen, verstetigen. Schuldenberg, der sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, abbauen. Das ist finanz-, wirtschafts- und sozialpolitisch Viele kritische Äußerungen, die noch in letzter Zeit geboten. Ich möchte nämlich nicht, dass wir weiterhin so über die Zeitarbeit gemacht worden sind, kann ich über- viel Geld für Schuldzinsen aufbringen müssen, an dem haupt nicht nachvollziehen. Sehen Sie sich einmal die andere verdienen und das an anderen Stellen fehlt. Zahlen an! Hier wird nicht nur die Flexibilisierung, die Schulden sind bekanntermaßen die Steuererhöhungen in unserem Arbeitsmarkt teilweise nicht vorhanden ist, der Zukunft, und die können wir überhaupt nicht gebrau- von den Unternehmen in gewisser Weise genutzt. Zu- chen. sätzlich stellen wir jetzt einen Wechsel aus den Zeit- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11717

Laurenz Meyer (Hamm) (A) arbeitsunternehmen in reguläre Beschäftigung in den sind Anreize allemal besser als irgendwelche Vorgaben. (C) Unternehmen fest. Ein Drittel derer, die über die Zeit- Ich darf Sie nur an den Quatsch erinnern, den Ihre Kolle- arbeit einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben, ist laut gin Künast erzählt hat, die gesagt hat: Der einzige Weg Aussage der Bundesagentur inzwischen in den Unter- ist, dass wir japanische Autos kaufen. – Diese Position nehmen angekommen, und zwar entweder in den Unter- wurde noch vor kurzem geäußert. Da dachte man nur: nehmen, in denen sie zeitweilig beschäftigt waren, oder Was geht eigentlich in diesen Köpfen vor? Jetzt erleben in anderen Unternehmen. Deswegen müssen wir diesen wir, wie insbesondere aus Deutschland neue Lösungen Prozess weiterhin stützen und dürfen ihn nicht bremsen. angeboten werden, die uns auch international weiterhel- fen. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ganz klar sagen: Herr Müntefering, wir In diesem Zusammenhang müssen wir auch über das wollen gemeinsam auch nach Branchen differenzierte Thema Kernenergie diskutieren, das Sie vorhin ange- Sozialstandards schaffen, damit keine Verwerfungen sprochen haben, Frau Andreae. Wie wollen Sie die am Arbeitsmarkt entstehen. Zum Beispiel beim ausge- 150 Millionen Tonnen CO2, die durch den Wegfall der handelten Posttarifvertrag gibt es etliche kritische Fra- Kernenergie bis 2020 zusätzlich entstehen, vermeiden? gen, die sich alle unter einem Stichwort subsumieren las- Wie wollen Sie auf dem Weg der CO2-Reduktion voran- sen: Es darf nicht sein, dass die Diskussion über das kommen, wenn nur 30 Prozent Alternativenergien mög- Entsendegesetz und Branchenlösungen zu Wettbewerbs- lich sind? Da sind wir uns doch einig. Mehr stand auch verhinderung führt und die Arbeitgeber dieses Instru- nicht in Ihrem Konzept; sogar noch nicht einmal so viel, ment nutzen, um Wettbewerb auszuschalten. Diesen sondern nur 25 Prozent. Jetzt haben wir eine Größenord- Weg wollen wir nicht mitgehen. Dort wollen wir keinen nung von 30 Prozent. Woher sollen die restlichen Präzedenzfall schaffen; das sage ich hier in aller Klar- 70 Prozent kommen? Wenn die Kernenergie aufgegeben heit. wird, werden sie zum großen Teil aus dem Bereich Kohle kommen müssen. Dann werden wir die Klima- (Beifall bei der CDU/CSU) ziele kaum erreichen können. Deswegen bitte ich alle Das heute zum Beispiel von den Grünen zur Zuwan- Kollegen, noch einmal darüber nachzudenken. Kern- derung Gesagte kann ich nur begrüßen. In der Tat muss kraftwerke, die unsicher sind, müssen sofort geschlossen man auch schauen, welche Qualifikation jemand mit- werden, nicht erst in drei oder vier Jahren. bringt und was er bei uns beitragen kann. Das zeigt, dass (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) das Thema „Arbeitsplätze und Fachkräftemangel“ sehr viel breiter ist. In diesem Zusammenhang reden wir über Kernkraftwerke, die sicher sind, sollten wir aber doch Einwanderung, Qualifizierung und nicht zuletzt auch nicht abschalten, wenn wir gleichzeitig von Klimaver- (B) über Kinderbetreuung; denn es geht darum, dass die jun- besserung reden. (D) gen qualifizierten Frauen im Arbeitsmarkt bleiben kön- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- nen, wenn sie es denn wollen. Dies ist eine der wichtigen neten der FDP) Aufgaben, die wir vor uns haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: neten der SPD) Herr Kollege Meyer, denken Sie bitte an Ihre Rede- Lassen Sie mich auch noch auf das Thema Energie zeit. eingehen, zumal die Grünen es gerade angesprochen ha- ben. Die Energie- und Klimastrategie der Bundesregie- Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU): rung ist sehr umfassend. Wir werden uns in diesem Ja. Ich bin sofort fertig. Herbst intensiv mit den Vorschlägen zu beschäftigen ha- Ich möchte Ihnen noch eine Sache mit auf den Weg ben, die der Umweltminister und der Wirtschaftsminister geben und dafür sorgen, dass der Herr Wirtschaftsminis- auf den Tisch legen werden. Nachdem jetzt die Rahmen- ter mit seinem Gutachten zurechtkommt. Sie haben be- daten zur CO -Minderung und die Rahmendaten darüber 2 schlossen, dass ein Bäcker, der seine Brötchen in Bröt- festliegen, wie viele alternative, nachwachsende Ener- chentüten verkauft, an den Grünen Punkt zahlen muss, gien eingesetzt werden sollen, werden wir das Konzept weil das der Verpackungsverordnung entspricht. Das daran messen, dass die Lösung möglichst sozialverträg- halten wir, auch unter dem Stichwort Entbürokratisie- lich und effizient erfolgt. rung, für Quatsch. Kein Mensch kommt auf die Idee, Das Wort „sozialverträglich“ nenne ich ganz bewusst. eine Brötchentüte zum Bäcker zurückzubringen. Das ist An dieser Stelle geht es darum, auch in den energieinten- reine Schröpferei und kein Beitrag zum Umweltschutz. siven Bereichen Arbeitsplätze in Deutschland zu halten. Wenn die Brötchentüte im Hausmüll landet, wie das nor- Außerdem geht es darum, dass die Menschen das Ganze malerweise der Fall ist, dann sollten wir diesen Umstand noch bezahlen können, insbesondere diejenigen, die sich akzeptieren und das, was Sie beschlossen haben, ändern. möglicherweise ein so teures Haus, wie es eben ange- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) sprochen wurde, nicht leisten können. Das wäre ein Beitrag zum Bürokratieabbau, der eines „Effizient“ heißt, dass wir bei der Energieeinsparung der Hauptstichworte für diesen Herbst ist. und der Wärmeeinsparung auf vorhandenen Strukturen aufbauen. Es muss unser großes Ziel sein, dort Anreize Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. Die zu schaffen. Wie jetzt auch die Automobilindustrie zeigt, Erfolge zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. 11718 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Laurenz Meyer (Hamm) (A) Der Wirtschaftsminister hat bei seiner Politik unsere (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der (C) volle Unterstützung. CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Ohne sie hätten wir nicht so viele ausländische Gäste, neten der SPD) ohne sie hätten wir aber auch keine so erfolgreiche In- landswerbung. Deshalb freue ich mich besonders, dass Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: dieser Haushaltstitel um 500 000 Euro aufgestockt wurde, Das Wort hat die Kollegin Annette Faße von der SPD- und zwar nicht nur bezogen auf dieses Jahr. In der mit- Fraktion. telfristigen Finanzplanung ist vorgesehen, den Titel im- mer wieder um diesen Betrag aufzustocken. Es ist her- (Beifall bei der SPD) vorragend, dass das gelungen ist. (Beifall bei der SPD) Annette Faße (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tou- Ich fordere die Unternehmen und die Länder, die zur rismus ist eine innovative und wachstumsstarke Bran- Finanzierung der DZT beitragen, auf, das Handeln des che, die den wirtschaftlichen Aufschwung stärkt und Ar- Bundes als Vorbild zu nehmen und auch ein paar Euro beits- und Ausbildungsplätze schafft. mehr lockerzumachen. Sie sollten sagen: Da wird gute Arbeit geleistet; auch wir sind bereit, mehr Geld einzu- Lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Rede zu bringen. zwei Punkten ganz klar Position beziehen: Die Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähig- Erstens: Stichwort Ausbildungsplätze. Die SPD steht keit insbesondere im Weiterbildungsbereich wird durch zum Jugendarbeitsschutzgesetz. Wir wollen die Arbeits- die kontinuierliche Förderung unterstützt. Auch in die- zeit für unter 18-Jährige nicht verlängern. sem Bereich ist ein Aufwuchs zu verzeichnen, und zwar (Beifall bei der SPD) um 100 000 Euro. Zweiter Punkt. Auch für die Tourismusbranche, für Dem Tourismus helfen GA-Mittel. Darum unter- das Hotel- und Gaststättengewerbe muss gelten: Min- stütze ich die Forderung meines Kollegen Stiegler: Wir destlöhne statt Minilöhne. Bezüglich dieser Branche sollten im Rahmen der Haushaltsberatungen überlegen, müssen wir uns ernsthaft mit unserer Forderung nach ob wir hierfür nicht eine höhere Summe zur Verfügung Mindestlöhnen auseinandersetzen. stellen können. Auch die ERP-Förderung hilft dem Tourismus. Wenn wir uns als Querschnittsausschuss ver- (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Beim Haus- stehen und uns bei Haushaltsberatungen auch die ande- halt?) (B) ren Haushalte ansehen, dann stellen wir fest, dass wir (D) Bei den ausländischen Gästen steht das Reiseland hier Schwerpunkte unserer inhaltlichen Arbeit haben. Deutschland höher im Kurs denn je. Nach Angaben des Darum sage ich noch einmal deutlich: Wir finden die Statistischen Bundesamtes haben im ersten Quartal 2007 Familienerholungsstätten, den Jugendaustausch und die 9,9 Millionen ausländische Gäste in Deutschland über- Förderung der Jugendherbergen in einem entsprechen- nachtet. Das entspricht einem Gesamtplus von 7 Pro- den Haushalt. Es gibt den Urlaub auf dem Bauernhof, zent. Rechnet man die Übernachtungen im Zusammen- zahlreiche Projekte im Rahmen der Entwicklungshilfe hang mit der Fußball-WM im letzten Jahr heraus, bleibt und – das ist für mich ganz besonders wichtig – zahlrei- ein Plus von 5 Prozent. che Projekte im Bereich des Bundesministeriums für (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Umwelt. Wir als Touristiker müssen es uns zum Auftrag machen, die Anforderungen von Klimaschutz und Tou- Aber auch im Inland tut sich etwas. Professor Opaschowski rismus zusammenzubringen. Hier haben wir eine große sagt klar und deutlich: Aufgabe vor uns, die wir gern in Zusammenarbeit mit Die Deutschen wollen wieder mehr verreisen und diesem Ministerium in Angriff nehmen. Ich möchte auch die Krisenstimmung der letzten Jahre hinter sich darauf hinweisen, dass der Bereich Kultur – er ist nicht lassen. im Wirtschaftsministerium angesiedelt – sehr wichtig für unseren Tourismus ist. Das ist ein positives Zeichen für die Menschen in unse- rem Land. Wir werden uns ernsthaft mit weiteren Themen zu be- fassen haben: der Sicherheit des Reisens, den Naturka- Es gibt also einen Aufwärtstrend. Auch in diesem tastrophen in Entwicklungsländern und ihren Auswir- Jahr profitieren die Bundesländer von der steigenden kungen auf unsere Touristen. Ich sage ganz klar und Übernachtungszahl. Ganz besonders profitieren Berlin deutlich: Wir haben auch noch Hausaufgaben mit unse- – Städtetourismus – und Mecklenburg-Vorpommern. ren Bundesländern zu machen, was die Ausweitung der Diese beiden Bundesländer stehen an der Spitze der Sommerferienregelung betrifft. Die Umfrage bei den Übernachtungsstatistik. Ministerpräsidenten dazu war nicht sehr ermutigend. Arbeitnehmer, Unternehmer, Verbände und die Politik Aber hier müssen wir am Ball bleiben. haben gemeinsam zum Erfolg beigetragen. Im Rahmen Tourismus boomt. Wir sind daran beteiligt. Wir ma- von Haushaltsberatungen ist aber die hervorragende Ar- chen diese Arbeit konsequent weiter. beit der Deutschen Zentrale für Tourismus besonders hervorzuheben. Danke schön. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11719

Annette Faße (A) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (C) neten der SPD) der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Wer hat denn recht?) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: – Ich sage, dass Sie recht haben und dass Sie auf ande- Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen rem Wege die von Ihnen selbst geforderte schnellere Sa- nicht vor. nierung der öffentlichen Finanzen nicht hinbekommen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es wäre aber NEN]: Das haben Sie schon Dienstag alles er- noch viel zu sagen, Herr Präsident!) zählt! Was ist denn hier los? Warum bin ich Deshalb kommen wir jetzt zur Schlussrunde. Als ers- denn dann gekommen?) tem Redner erteile ich das Wort dem Bundesfinanzmi- Lassen Sie mich diese drei Punkte kurz aufgreifen. nister, Peer Steinbrück. Mit Blick auf die Frage, wann ein ausgeglichener Bun- deshaushalt möglich ist, sage ich: Nicht die Ankündi- Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: gung, sondern das Ergebnis ist wichtig. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Damen und Herren! Bei der Vorbereitung auf diese Schlussrunde im Rahmen der ersten Lesung habe ich Glaubwürdige Finanzpolitik ist von ihrer Zuverlässigkeit versucht, mir zu überlegen: Was sind in den Beiträgen abhängig. Deshalb werde ich mich an einem solchen der Opposition die Reibungspunkte, die mich zu guter Überbietungswettbewerb nicht beteiligen. Denn derje- Form auflaufen lassen könnten? Ich bin zu dem Ergebnis nige, der eines Tages für falsche Ankündigungen verant- gekommen, es gibt fast keine. Die Medien haben eben- wortlich gemacht werden kann, wird auch daran gemes- falls berichtet, dass es eher eine gemächliche und ruhige sen, wie glaubwürdig und zuverlässig er darin ist. Dies ist kein Oppositionspolitiker, sondern nach Lage der Haushaltsdebatte gewesen ist. Ich füge hinzu: Diejeni- Dinge der Bundesfinanzminister. gen, die eigentlich Würze und Alternativen in eine sol- che Haushaltsdebatte bringen müssen, sind die Opposi- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das war bei tionsfraktionen. Herrn Eichel auch so!) (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt!) – Daraus kann man vielleicht lernen; das ist gar nicht so abwegig. Das gilt übrigens unabhängig davon, dass die Wenn diese Debatte eines gezeigt hat, dann war es, dass Rahmenbedingungen, mit denen er es zu tun hatte, deut- (B) es diese Würze nicht gibt. Sie haben politisch und öko- lich schlechter waren als die, mit denen ich es erkennbar (D) nomisch keine besseren Antworten als die Große Koali- zu tun habe. Deshalb habe ich nach wie vor Respekt vor tion und die Bundesregierung. seiner Leistung. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Carl- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Ludwig Thiele [FDP]: Tunnelblick!) der CDU/CSU) Es sind im Wesentlichen drei Pferde, die Sie bis zur Der nächste Punkt hat mit dem alten Sprichwort „Vor- eigenen Erschöpfung reiten. Das ist erstens der Überbie- sicht ist die Mutter der Porzellankiste“ zu tun. Ich erin- tungswettbewerb: Wann kommen wir bei der Nettoneu- nere daran: Als die Bundesregierung im Juli dieses Jah- verschuldung auf null? Das ist zweitens die Frage: Darf res den Entwurf des Haushaltsplans 2008 verabschiedet man der Bundesregierung, der Großen Koalition das hat, ist sie von den dramatischen, zumindest aber sehr Verdienst zusprechen, dass sie auch ein wenig an der gu- ernstzunehmenden Nachrichten über Verwerfungen und ten Situation, die wir im Augenblick in Deutschland ha- krisenhafte Zuspitzungen auf den Finanzmärkten ben, beteiligt sind? Das wird natürlich mit dem Aus- noch nicht erreicht worden. Dass wir mit Blick auf die druck der Abscheu und der Empörung von Ihnen Währungsrelation insbesondere zwischen Euro und Dol- zurückgewiesen. Das ist drittens die Kombination der lar eventuell in eine Situation kommen könnten, die auf rasanten Geisterfahrt im vorhin genannten Überbie- jeden Fall ernster zu nehmen ist als die Situation bei den tungswettbewerb bei der Absenkung der Nettoneuver- uns bisher bekannten Wechselkursraten, was die Auswir- kungen auf die Exportaktivitäten angeht, ist auch nicht schuldung mit empörten Stimmen, wenn es um Subven- so geläufig gewesen. Das sind zwei sehr vorsichtige tionsabbau geht. So geschehen, wie ich fand, in einem Hinweise darauf, dass man besser aufgestellt ist, wenn bemerkenswerten Spannungsbogen zwischen Herrn man sich nicht der Euphorie hingibt und sich nicht an ei- Solms – entschuldigen Sie bitte, Herr Präsident –, der, nem Überbietungswettbewerb beteiligt. wenn ich es richtig verstanden habe, Subventionsabbau bei der Pendlerpauschale massiv in Zweifel gestellt hat, Im Übrigen hält die Große Koalition daran fest, bei- sich auf die Seite derer geschlagen hat, die über eine des gleichzeitig zu tun: zu konsolidieren und zu sanie- mögliche Abschaffung frohlocken und dabei spielend ren. Weil ich weiß, dass es hier einen Dissens gibt, kann 1,2 Milliarden Euro weniger für den Bundeshaushalt in ich nur immer wieder betonen: Auf der einen Seite müs- Kauf nimmt, und Herrn Fricke, der mich in derselben sen wir konsolidieren, auf der anderen Seite dürfen wir Woche auffordert, ich müsse mehr Subventionsabbau nicht warten, Zukunftsinvestitionen zu finanzieren, von betreiben, einschließlich Steuersubventionsabbau. denen der Wohlstand und die Wohlfahrt dieses Landes in 11720 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Bundesminister Peer Steinbrück (A) den nächsten Jahren abhängig sind. Wir müssen beides Es geht nicht allein um den relativ bescheidenen Satz, (C) gleichzeitig tun: Impulse für Wachstum und Beschäfti- darauf hinzuweisen, dass die richtigen Weichenstellun- gung geben und sanieren. Entscheidend ist – das ist der gen erfolgt sind. Zu meiner Freude sind relativ neutrale eigentliche Ehrgeiz, jedenfalls soweit ich ihn für mich und zumindest aus Sicht der SPD sehr unverdächtige definieren kann –, dass wir es endlich schaffen, die Neu- Stimmen wie das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln schuldung auf null zu fahren und einen Mechanismus oder die Initiative Neue soziale Marktwirtschaft sogar zu verfassungsrechtlich zu verankern, der eine Wiederho- dem Ergebnis gekommen: Ein Drittel dieses Auf- lung einer solchen Spiralbewegung in die Verschuldung schwungs geht auf das Konto politischer Reformen. Im- nach oben verbietet. merhin! So weit würde ich gar nicht gehen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie Aber es wäre eine glaubwürdigere Darstellung auch des Abg. Otto Fricke [FDP]) mancher Einlassungen aus der Opposition, wenn auch Sie die ungeheure Souveränität besitzen würden, einmal Es wird sehr stark darauf ankommen, dass wir unsere darauf hinzuweisen bzw. zuzugeben, dass das, was in gemeinsamen Beratungen über den Entwurf des Haus- den vergangenen fünf Jahren gemacht worden ist, nicht haltsplans für die Jahre 2008 und 2009 und über die mit- so verkehrt gewesen ist. telfristige Finanzplanung vernetzen und komplettieren, indem wir auch die Diskussionen aufgreifen, die im (Otto Fricke [FDP]: Ja, natürlich! Deswegen Rahmen der Föderalismuskommission II geführt wer- haben wir ja auch zugestimmt!) den und vornehmlich darauf gerichtet sind, in Deutsch- land eine Verschuldungsregel für Bund und Länder ver- Drittens will ich auf das zurückkommen, was ich in fassungsrechtlich zu verankern, damit wir im Sinne der meiner Einbringungsrede „strukturelle Doppelmoral“ Generationengerechtigkeit eines Tages das Tempo der nannte und was auch in meinen heutigen Eingangsbe- Verschuldung durchbrechen und endlich in die Tilgung merkungen schon eine Rolle spielte: Es ist immer wieder unserer wahnsinnigen 1,5 Billionen Euro Schulden ein- mit Erstaunen festzustellen, dass von vielen viel weiter- steigen können. gehende und im Sinne der Haushaltskonsolidierung schärfere Einschnitte erwartet werden, sie sich dann aber (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) auf die Seite derer schlagen, die opportunistisch die da- mit verbundenen Folgen beklagen. Das ist die struktu- Das zweite Thema, das ich ansprechen möchte, be- relle Doppelmoral, von der ich rede. trifft die Frage: Wem gehört der Aufschwung? Ich habe noch nie ein Mitglied der Koalitionsfraktionen oder der (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) Bundesregierung getroffen, das diesen Aufschwung als (B) politisches Verdienst für sich selbst reklamiert hat. Auf der einen Seite werden Bundesfinanzminister und (D) Bundesregierung aufgefordert, das müsste alles viel (Lachen der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE schneller gehen, eigentlich schon im letzten Jahr, und LINKE]) man könnte, wenn man das alles richtig machen würde, auch schon 2007 oder 2008 eine Neuverschuldung von Das ist ein Pappkamerad, den Sie aufbauen, damit Sie null erreichen. Aber dann wird in das Klagelied einge- wie Sir Lancelot auf den Turnierplatz reiten können, um stimmt: Sparen tut weh, bleibt nicht ohne Spuren, und irgendeine Strohpuppe aus dem Sattel zu heben. Nichts Haushaltskonsolidierung ist mit Anstrengungen verbun- anderes tun Sie. den. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir haben Frau Merkel (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) noch nie als Strohpuppe bezeichnet!) – Dann würde ich mir aber von der FDP – namentlich Das Einzige, worauf wir hinweisen, ist, dass die Poli- von der wichtigen Person, die hinter mir sitzt – wün- tik aufgrund der Reformen, die im Rahmen der schen, dass sie nicht einfach irgendwelche Listen auf- Agenda 2010 von der Vorgängerregierung eingeleitet stellt, in denen sie in statischer Weise alle Tatbestände wurden, und aufgrund einer Reihe sehr wichtiger Maß- zusammenpanscht und dann zu dem Ergebnis kommt, nahmen, die die jetzige Bundesregierung durchgeführt dass der Abbau von direkten Subventionen und Steuer- hat, an diesem Aufschwung in der Tat beteiligt ist. subventionen fatale Folgen für bestimmte Fallbeispiele von Haushalten hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Koppelin [FDP]: (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Keine Kritik sieht das anders!) am Präsidenten! – Beifall bei Abgeordneten der SPD) – Herr Koppelin, glauben Sie, dass ich vor Ehrfurcht er- starre, nur weil Ottmar Schreiner das anders sieht, oder was soll Ihr Zuruf? Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Bundesfinanzminister, Sie wissen, ich darf von (Jürgen Koppelin [FDP]: Ich würde das aber dieser Stelle aus nicht in die Sachdiskussion eingreifen. tun! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht bei Ihnen ja sowieso nicht! Eine Haltung wie Ehrfurcht kennt ihr ja Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: gar nicht!) Das nutze ich gerade gnadenlos aus. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11721

Bundesminister Peer Steinbrück (A) (Heiterkeit bei der SPD, der CDU/CSU und Das alles wissen Sie, erwähnen es bei solchen Anlässen (C) der FDP) aber nicht. Bei der Postbeamtenversorgung werden wir ebenfalls wieder zur Kasse gebeten werden. Aber wir werden uns hinterher noch darüber unterhalten können, Herr Präsident, und ich weiß, dass das sehr kol- Wenn Sie diese drei Effekte herausrechnen, kommen legial geschehen wird. Sie auf eine Zuwachsrate von 1,9 Prozent. Diese liegt deutlich unter unserem Wirtschaftswachstum und den Nachdem wir die Einkommensteuersätze massiv ge- steuerlichen Mehreinnahmen. Deshalb halte ich einen senkt haben – übrigens auch zum Nutzen von Personen- solchen Zuwachs mit Blick auf die wichtigen Felder, die gesellschaften –, wir mit zusätzlichem Geld bedienen wollen – Forschung und Entwicklung, Hochschulpakt, Kinderbetreuung, (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Auch die Mehr- Verkehrsinfrastruktur oder Verpflichtungen im Rahmen wertsteuersätze?) der Entwicklungshilfe –, für absolut angemessen und ge- nachdem wir die Körperschaftsteuersätze gesenkt haben rechtfertigt. Das kommt in der Rede von Herrn Brüderle über die Unternehmensteuerreform dieser großen Bun- natürlich nicht vor. desregierung –, dieser Großen Koalition – groß ist sie (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der sonst auch – – CDU/CSU) (Heiterkeit bei der SPD) Ich will noch auf den Zeitplan für die Erbschaftsteu- erreform eingehen, – Das war ja nicht falsch. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da müssen Sie ( [CDU/CSU]: Nein, überhaupt nachsitzen!) nicht!) obwohl Herr Solms auch dazu im Augenblick keine – Eben. Zwischenfrage stellen kann. Aber er müsste sie auch nicht stellen. Der Zeitplan für die Verabschiedung dieser (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie hätten auch Erbschaftsteuerreform wird im Wesentlichen durch das „großartig“ sagen können!) Urteil des Bundesverfassungsgerichtes geprägt. Nachdem wir die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie haben bis Einkommensteuer verbessert haben, nachdem wir in un- Ende nächsten Jahres Zeit!) serer Festlegung unverbrüderlich sind, die Vererbung be- – Nein, wir wollen uns sehr viel schneller bewegen. trieblicher Vermögen zu erleichtern, gibt es auf abseh- (B) bare Zeit keine Steuersenkungen auf Pump. Wir werden (Widerspruch bei der FDP – Carl-Ludwig (D) keine kurzfristige Politik machen. Wir werden für eine Thiele [FDP]: Im Schweinsgalopp!) nachhaltige Finanzpolitik sorgen. Wir werden über die- sen Kurs dafür Sorge tragen, dass es eines Tages für – Das ist geradezu extrem. Jetzt wirft mir Herr Thiele kommende Generationen nicht zu Steuererhöhungen, Schweinsgalopp vor, nachdem mir zwei Tagen vorher sondern möglicherweise zu Steuersenkungen kommt. vorgeworfen wurde, wir seien zu langsam. Was ist denn nun richtig? Ich will auf einige wenige Einzelpunkte eingehen, dies aber nicht zu einem Zahlenfriedhof machen und (Otto Fricke [FDP]: Ein langsamer Schweins- auch nicht jedes Gegenargument aufgreifen. Herr galopp!) Brüderle hat sich natürlich wieder zu der Aussage ver- – Die Beliebigkeit des kritischen Standortes muss ir- stiegen, wir würden mit dem Geld aasen. gendwann einmal aufgelöst werden. Nehmen Sie doch einen ein, und stehen Sie dann dazu! (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da hat er recht!) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) – Nein, da hat er nicht recht. – Seine Darlegungen wären vollständig gewesen, wenn er gesagt hätte, dass in der Der Zeitplan ist geprägt durch das Urteil des Bundes- Ausgabensteigerung um 4,7 Prozent drei Einmaleffekte verfassungsgerichts zu den Bewertungsmaßstäben. Wir enthalten sind. Wenn er die Fairness gehabt hätte, dies werden diese Problematik ohne schuldhaftes Zögern mitzuerklären, hätte ich gesagt: Hut ab! Dies hat er aber – wie ich vermute, in der überschaubaren Zeit der nächs- nicht getan, weil er sonst seine Botschaft beschädigt ten vier bis sechs Wochen – lösen. Ich sage den Interes- hätte und mit dieser hier, vor dem Schaufenster der Öf- sierten in der Wirtschaft: Was Herr Koch und ich defini- fentlichkeit, nicht so durchgedrungen wäre. tiv nicht machen werden, ist, Ihnen hier im Parlament ein Modell zur Verabschiedung vorzulegen, das der Er hat verschwiegen, dass in den 4,7 Prozent drei ein- malige Effekte enthalten sind. Ein Jahr lang wird sich Großteil der Begünstigten selber nicht will. Es ist nicht das Erziehungsgeld mit dem Elterngeld überlappen. Die einsehbar, warum wir so etwas tun sollten. Durchreichung eines Prozentpunktes der Mehrwertsteu- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ererhöhung an die Bundesagentur für Arbeit hat automa- tisch einen Staubsaugereffekt zulasten des Bundeshaus- Wenn wichtige Stimmen derjenigen, die wir bei der Ver- haltes zur Folge. erbung der betrieblichen Vermögen begünstigen wol- len – die Wirtschaft, insbesondere die mittelständische (Otto Fricke [FDP]: Wer hat das denn be- Wirtschaft –, zu dem Ergebnis kommen, dass sie die der- schlossen?) zeitige Beschlusslage des Bundeskabinetts – Sie wissen, 11722 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Bundesminister Peer Steinbrück (A) das läuft unter der Überschrift des sogenannten Ab- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) schmelzmodells – ablehnen, dann sollen sie uns das sa- Genau. Wir machen das immer so. gen. Dann werden wir darauf aufbauend andere Modelle entwickeln. Dr. Hermann Otto Solms (FDP): (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die wollen Herr Minister, nach zwei Stunden ist der normale übermorgen wieder etwas anderes!) Wechsel im Vorsitz fällig, und er hat stattgefunden. Wir werden dabei an dem Grundsatz festhalten, dass die Vererbung betrieblicher Vermögen entlastet und erleich- Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: tert werden soll. Sie sind gerade noch schnell herübergegangen. Ich stelle ähnlich wie Herr Stiegler fest: Man hat es (Heiterkeit) am laufenden Band mit Pappkameraden zu tun. Herr Brüderle ist geradezu glänzend begabt darin, diese Papp- Dr. Hermann Otto Solms (FDP): kameraden aufzubauen, um dann dagegen anzukämpfen. Allein der Vorwurf, was die KfW mit der IKB gemacht Von dieser Stelle aus habe ich jetzt das Recht, eine habe! Wie sich viele erinnern werden, hat seinerzeit, ich Frage zu stellen – glaube, vor fünf oder sechs Jahren, die KfW die Anteile an der IKB gar nicht zwingend haben wollen. Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: Bitte sehr. (Zurufe von der FDP: Oh!)

– Diejenigen, die sich mit dieser Geschichte auskennen, Dr. Hermann Otto Solms (FDP): können Ihnen das bestätigen. Zwei große Versicherungs- – oder einen Kommentar in eine Frage einzubinden. unternehmen haben damals diese Anteile an einer Mit- telstandsfinanzierungsbank nicht mehr halten wollen. Es (Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der gab Kreditinstitute, die in ihrem Anlageverhalten mit FDP und der CDU/CSU) Mittelstandsfinanzierung nichts zu tun haben wollten; das darf man dabei einmal erwähnen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Auch der ständige Verweis auf das „gläserne Konto“ Aber Sie erinnern sich noch, dass es drei Minuten – Stichwort „Kontoabfrage“ – erübrigt sich mit dem, nicht überschreiten darf. was die Große Koalition mit der Abgeltungsteuer be- (B) schlossen hat. Das erwähnt Herr Brüderle ebenfalls (Heiterkeit) (D) nicht. Dr. Hermann Otto Solms (FDP): Oder die Steueridentifikationsnummer, die auch in einigen Beiträgen eine Rolle gespielt hat: Können Sie Ja. – Wenn ich dabei nicht unterbrochen werde, mir sagen, warum die Bundesrepublik Deutschland bei schaffe ich das auch. der Steueridentifikationsnummer etwas anderes machen (Heiterkeit) sollte als alle anderen OECD-Länder? Worin soll bei dieser Steueridentifikationsnummer das Problem beste- Ich wollte nur auf einen Punkt hinweisen und Sie an hen? Wir hinken in Deutschland im Hinblick auf Entbü- die Kurzrede erinnern, die ich in der Finanzdebatte zur rokratisierung, aber auch im Hinblick auf Steuerehrlich- Entfernungspauschale gehalten habe. Der Unterschied keit eher hinterher, so etwas einzuführen, wenn wir liegt nicht darin, dass ich kritisierte, dass Sie das Werk- sogar die TIN-Nummer auf die Zuständigkeiten der torprinzip eingeführt und damit die Entfernungspau- Steuerverwaltung beschränken, während andere OECD- schale abgeschafft haben; das hat die FDP schon vor der Länder diese Steueridentifikationsnummer längst auch Bundestagswahl gefordert, im Gegensatz zur SPD und für andere Zwecke nutzen, zum Beispiel im Gesund- zur CDU/CSU. Wir finden allerdings, dass die Abschaf- heitsbereich oder im Bereich von Sozialtransfers. Wa- fung dieser und anderer Steuerbegünstigungen in eine rum die Aufregung? Ich kann das nicht verstehen. Steuerreform eingebunden werden muss, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP]) der CDU/CSU) die zu einem vereinfachten Steuerrecht führt und bei der die Belastungen gleichzeitig durch eine Tarifabsenkung Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: wieder ausgeglichen werden. Herr Minister, der Kollege Hermann Otto Solms würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen. Der zweite Kommentar, den ich machen wollte, ist: Wir halten es für verfassungsrechtlich bedenklich, wenn als Schwelle eine völlig beliebige Entfernungszahl von Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: 20 Kilometern eingeführt wird. Denn das widerspricht Da hat Herr Solms aber rechtzeitig den Platz gewech- offenkundig dem Gleichheitsgrundsatz. selt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Heiterkeit) der LINKEN) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11723

(A) Peer Steinbrück, Bundesminister der Finanzen: nicht, wen in der Bundesregierung er damit meint. Man (C) Was das Letztere betrifft: Niemand kann Sie daran kann so nicht argumentieren, nur weil diese Bundes- hindern, das für bedenklich zu halten. Die Frage ist nur, regierung – übrigens mit einem starken Nachzugseffekt – ob ich in vorauseilendem Gehorsam gegenüber solchen genauso handelt, wie es seitens der amerikanischen, der Bedenken die jetzige Rechtslage ändern sollte. Das tue britischen und der französischen Regierung längst der ich nicht. Denn nach unserer Einschätzung, auch nach Fall ist, wenn es um die Frage geht, welche Risiken und Abwägung mit den anderen Ministerien, ist die verfas- Vorgehensweisen sich möglicherweise bei Kollision na- sungsrechtliche Konformität gegeben. Wir haben die tionalstaatlicher Interessen mit dem Anlegerverhalten Entfernungspauschale abgeschafft; insofern fallen keine von exponentiell dynamisch wachsenden Staatsfonds Werbungskosten mehr an. Es steht, wie ich glaube, dem aus anderen Ländern – es geht dabei nicht um Norwe- Gesetzgeber frei, darauf aufbauend eine Härtefallrege- gen – ergeben, deren gesellschaftliche oder politische lung für Fernpendler zu erlassen. Das ist die Rechts- Systeme uns nicht durchgängig sympathisch sind position, die wir haben. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das müssen Sie Wir sind zuletzt in Abstimmung mit den Ländern da- aber auch mal Herrn Schröder sagen!) ran gegangen, der Masse von Einsprüchen damit zu be- gegnen, dass die Freibeträge eingetragen werden kön- und von denen man sich vorstellen kann, dass mögli- nen. Das ist ein Service für die Bürgerinnen und Bürger, cherweise nicht nur Renditeinteressen, sondern ganz an- mit dem wir verhindern, dass wir im Verfahren unnötige dere Zielsetzungen dahinterstehen. Wenn es je dazu Komplikationen bekommen. Insofern noch einmal: Der kommen würde – beispielsweise zu Bemühungen um ei- Streit ist dort auszufechten, wo er hingehört: nen Technologieabzug aus Deutschland, zur Übernahme eines großen Medienunternehmens, um unternehmeri- Er ist nicht Sache des Bundesfinanzhofes, sondern ge- schen Einfluss in Deutschland zu gewinnen und die öf- hört vor das Bundesverfassungsgericht. Insofern habe fentliche Meinung zu beeinflussen, oder zum plötzlichen ich manche Wellen der Empörung in den letzten Tagen Abzug von Netzinfrastrukturen aus Deutschland auf- eher skeptisch gesehen. Aber ohne Zweifel sind Ihre ver- grund von Mitentscheidungsmöglichkeiten –, dann fassungsrechtlichen Bedenken – wie andere auch – er- würde doch die Opposition als erste fragen, warum sich laubt. die Regierung nie prophylaktisch mit diesem Thema be- (Zuruf von der FDP: Worin liegt denn der Wider- schäftigt hat. Das steht dahinter. spruch, den Sie behauptet haben?) Einen Spannungsbogen aufzubauen, wie es Herr – Der Widerspruch liegt darin, dass Herr Solms meines Brüderle heute getan hat, entbehrt meiner Ansicht nach Wissens – das geht auch aus Veröffentlichungen hervor – jeder Zugangsmöglichkeit. Wozu war es notwendig, (B) (D) zusätzlich dazu auch viele andere Auswirkungen von noch einmal sozusagen in großer Ritterrüstung wie Lan- Steuersubventionen in sehr statischen Fallbeispielen zu- celot auf den Turnierplatz zu reiten, um eine Strohpuppe sammenfasst und insinuierend suggeriert, welchen Tort aus dem Sattel zu heben? die Große Koalition den betroffenen Bürgerinnen und Auch die anderen Stichworte wie die Entwicklungs- Bürgern durch die Folgen dieser Einsparung angetan hat, hilfe an China wiederholen Sie in jeder Haushaltsde- während er mich gleichzeitig an anderer Stelle auffor- batte. dert, die Konsolidierung schneller voranzutreiben und generell Steuersubventionen abzuschaffen. Dann bitte (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich aber auch darum, in der Öffentlichkeit diesbezüglich NEN]: Aber Sie haben diese Rede doch auch konsistent zu argumentieren. schon einmal gehalten, Herr Steinbrück!) Dasselbe habe ich mit einer Boulevardzeitung erlebt, Vielleicht lassen Sie sich noch einmal von Frau die am vergangenen Freitag das Thema Entfernungspau- Wieczorek-Zeul erklären, dass es dabei auch um wirt- schale stark dramatisiert und mir am Montag auf Seite 2 schaftliche Zusammenarbeit und die Förderung von zu erkennen gegeben hat, dass ich mit einer Neuver- deutschen Exportinteressen geht. schuldung in Höhe von 13 Milliarden Euro nicht ehrgei- (Otto Fricke [FDP]: Dann gehört es zu Herrn zig genug sei. Glos!) (Jürgen Koppelin [FDP]: Das Letztere Das Thema ist ein Dauerbrenner, der immer wieder vor- stimmt!) gebracht wird. Das alles zeigt die Beliebigkeit, die ich angesprochen Das gilt auch für die Aussage, die Straßenbauinves- habe. Eine handlungsfähige Finanzpolitik kann aber titionen hätten abgenommen. Das war eine weitere Be- keine Beliebigkeit gebrauchen, sondern erfordert Steh- hauptung von Herrn Solms, mit der ich mich nicht länger vermögen. aufhalten will, weil es sonst uferlos wird. Die Behaup- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten tung stimmt aber nicht; die Straßenbauinvestitionen neh- der CDU/CSU) men im Jahresdurchschnitt sogar zu. Bevor Herr Solms seine Zwischenfrage gestellt hat, Es würde zur Qualitätssteigerung beitragen, sich gele- waren wir bei der Pappkameradenkonstruktion stehen gentlich etwas stärker an die Fakten zu halten und – das geblieben, die Herr Brüderle heute auch zum Thema gilt auch für eine Haushaltsdebatte – weniger auf den Ef- Protektionismus aufgebaut hat. Ich weiß überhaupt fekt zu achten. 11724 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Bundesminister Peer Steinbrück (A) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der und 2010 sieht zwar eine Reduzierung des Ausgaben- (C) CDU/CSU) wachstums vor. Aber welches ist denn der eigentliche Grund, warum die Ausgaben ständig wachsen? Es liegt Erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung an den von dieser Bundesregierung und diesen beiden – ich wiederhole mich –: Koalitionsfraktionen beschlossenen politischen Maßnah- (Jürgen Koppelin [FDP]: Das merkt man!) men. Diese Entscheidungen führen zu solchen Ausga- bensteigerungen. Wir haben jetzt die historische Chance, auch auf der Ba- sis des Haushaltsplanentwurfs 2008 und der mittelfristi- (Beifall bei der FDP) gen Finanzplanung, in Deutschland nach 40 Jahren die Neuverschuldung auf Null zu senken und dann zusam- Dazu gehört auch – das müssen sich die Grünen an men mit der Föderalismuskommission für ganz Deutsch- dieser Stelle anhören, weil dieser Sondereffekt vom land einen Mechanismus festzulegen, der eine Wieder- Finanzminister immer hervorgehoben wird – dieser ko- holung des früheren Tempos in die Verschuldung mische Deal mit den Postpensionskassen. In einem Jahr verhindert. Das ist meiner Ansicht nach eine verant- beschließt die Bundesregierung: Heute machen wir ein wortliche Finanzpolitik im Sinne von Nachhaltigkeit bisschen Gewinn. Das führt im Jahre 2008 aber zu enor- und Generationengerechtigkeit. Ich bin dankbar für die men Ausgabensteigerungen. Aber dann können Sie, Herr Unterstützung der beiden Koalitionsfraktionen. Minister, 2008 nicht sagen: Ich gehe einmal zur Seite; denn das war ich alles nicht. – Das ist dann die Regie- Vielen Dank. rung gewesen, aber auch Sie sind die Regierung. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP) Nun könnte man denken: Gut, die Ausgaben steigen, Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: aber vielleicht machen Sie es richtig, und die Ausgaben Jetzt gebe ich das Wort dem Kollegen Otto Fricke für steigen an der richtigen Stelle, nämlich bei den Investi- die FDP-Fraktion. tionen, was laut unserer Verfassung immer noch das (Beifall bei der FDP) Signal ist – ich gebe zu, dass es nicht das richtige ist –, das zeigt, wohin es in Zukunft geht. Es geht also um die Otto Fricke (FDP): Investitionsquote. Sie macht deutlich, wie viel Prozent Geschätzte Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegin- dessen, was der Steuerzahler an Steuern entrichtet, für nen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich Jürgen Investitionen in die Zukunft des Landes verwendet wer- Koppelin gratulieren, der als Schleswig-Holsteiner den. Aber diese Quote steigt nicht, sondern sinkt, auch in (B) selbst an seinem Geburtstag die Rede eines anderen der Planung. Es wird also mehr ausgegeben, allerdings (D) Schleswig-Holsteiners hier – so möchte ich es formulie- nicht für Investitionen; diese Ausgaben nehmen ab. Nun ren – hören durfte. behaupten Sie, das alles seien Einmaleffekte. Aber ich befürchte, dass dies die dauerhafte Einstellung dieser (Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: großen Kompromisskoalition ist. Eines Hamburgers!) (Beifall bei der FDP – Carl-Ludwig Thiele – Der politische Schwerpunkt dieses Mannes und die [FDP]: Leider wahr!) politische Menschwerdung lagen doch weitgehend in Schleswig-Holstein, denke ich. Herr Minister, verehrte Koalitionskollegen, ich habe manchmal das Gefühl, dass Sie sich in der angeblich ge- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir wollen jetzt ringen Neuverschuldung sonnen und dabei nicht mer- nicht von Nordrhein-Westfalen reden!) ken, wie Sie sich selber die Füße weghauen. Sie werden Ich habe gedacht, dass ich, wenn wir über den Haus- in den Debatten in den nächsten Wochen – ich habe hier halt 2008 reden, meine Rede nicht wieder damit anfan- viele Einzeldebatten verfolgen dürfen – erleben, wie Ihre gen muss, darauf hinzuweisen, dass der wesentliche An- Kollegen aus den Fachausschüssen zusammen mit der zeiger dessen, ob man spart oder nicht, wieder so insbesondere für einen Finanzminister gefährlichen ausgeschlagen ist, wie er es nun getan hat, nämlich mit zweiten Reihe dieser Bundesregierung Ausgabenerhö- den Ausgaben. Wir können uns vor der Bevölkerung hungen planen werden. Die von mir sehr geschätzten hundertmal drehen und wenden und sagen: Die Neuver- fachkundigen Kollegen Kampeter und Schneider haben schuldung ist nicht mehr so hoch. Das stimmt zwar, aber hier erklärt, entscheidend bei der Beantwortung der Frage, ob Politik (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Herr Kollege, spart oder nicht, sind allein die Ausgaben und die Aus- jetzt ist meine Karriere beendet!) gabensteigerungen, Herr Minister. sie sorgten für eine nochmalige Verbesserung der Ver- (Beifall bei der FDP) schuldungssituation. Ich darf die beiden Herren fragen, Wenn ich mir die Zahlen anschaue, stelle ich fest, dass ob das heißt, dass Sie bereit sind, die Ausgaben spürbar das Wachstum der Ausgaben doppelt so hoch ist wie das zu kürzen, oder ob Ihr sogenanntes Sparen nur darin be- des Bruttoinalndsprodukts. Angesichts dessen können steht – das kann man heute auch in der Zeitung lesen –, Sie noch so oft wiederholen, das seien Sondereffekte, dass Sie die erwarteten Steuermehreinnahmen zusätzlich das sei ausnahmsweise so. Es ist im Jahr 2007 so. Es ausgeben und damit möglicherweise die Erhöhung der wird im Jahr 2008 so sein. Die Finanzplanung für 2009 Ausgaben auf 5 Prozent treiben? Sie können hier gerne Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11725

Otto Fricke (A) widersprechen. Aber meine Befürchtung ist, dass dem so Bürgers ausgeweitet wird. Der Indikator dafür ist die (C) ist. Die FDP wird Sie jedenfalls daran messen, ob Sie in Staatsquote. der Lage sind, die Ausgaben herunterzufahren. (Beifall bei der FDP) Otto Fricke (FDP): Nein. Herr Minister, Sie versuchen ständig, den Kollegen Solms, den Doyen der Steuerpolitik, und mich, den klei- nen Haushaltsausschussvorsitzenden, als Hauser und Steffen Kampeter (CDU/CSU): Kienzle darzustellen. Das ist aber nicht der Fall. Herr Die Staatsquote, also die staatliche Inanspruchnahme Solms hat zwar einen Schnurrbart, aber mit Hauser habe des Bürgers, sinkt kontinuierlich. Das heißt, der Staats- ich keinerlei optische Ähnlichkeit. Was Sie bei alledem haushalt steigt langsamer – dass er steigt, will ich gar vergessen, ist – Herr Wend hat versucht, es so darzustel- nicht bestreiten – als die wirtschaftliche Leistung. Ich len –, dass der Dreiklang bei der FDP nicht nur aus all- weise deswegen darauf hin, weil es in der Geschichte der gemeinen Gesprächen über Steuern und Haushalt be- Bundesrepublik Deutschland auch dann, wenn die FDP steht. Wir machen noch etwas, was Sie ständig ärgert, Regierungsverantwortung trug, immer anders war. Es nämlich Einsparvorschläge. Wir zeigen auf, wo man gab nie ein FDP-geführtes Ministerium, beispielsweise sparen kann, und beziffern das Einsparvolumen. das Außenministerium, das sich in den letzten 50 Jahren (Beifall bei der FDP) durch besondere Sparanstrengungen ausgezeichnet hätte. Wir nehmen den Bürger weniger in Anspruch. Ich weiß, dass Sie sich schon auf unser neues Sparbuch freuen; Sie haben schon nachgefragt. Das ist der Unter- (Jürgen Koppelin [FDP]: Mehrwertsteuer- schied: Eine Partei kann nur dann die Ausgaben und die erhöhung um 3 Prozentpunkte!) Neuverschuldung senken und gleichzeitig das Steuersys- Wir geben ihm mehr Freiheit und mehr Handlungsmög- tem reformieren, wenn sie die Kraft hat – die haben Sie lichkeiten. Der enorme Konsolidierungserfolg zeigt sich leider nicht –, an die Ausgaben heranzugehen und zu sa- daran, dass wir relativ rasch zu ausgeglichenen Haushal- gen – Herr Minister, ich glaube, hier meinten Sie mehr ten kommen werden. Wenn ich diese Tatsachen auf den die eigenen Leute –, wo gespart werden soll. Tisch lege, dann werden die Bürgerinnen und Bürger in Diese Kritik – Stichwort Dummsparen – passt über- Deutschland wissen, dass wir die öffentlichen Finanzen haupt nicht. Es muss jetzt gespart werden. Wir sind jetzt konsolidieren. Das verhindern auch solche Falschdar- in der Phase, in der wir sparen müssen. Wenn die Kon- stellungen wie die, die Sie geliefert haben, nicht. junktur später einmal schlechter läuft, dann kommt (B) doch aus der Ecke, aus der immer entsprechende Argu- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (D) mente kommen, der Einwand, wir könnten doch nicht neten der SPD) jetzt noch mehr sparen und nicht jetzt unseren Sozial- staat umbauen. Das kann es nicht sein! Otto Fricke (FDP): (Beifall bei der FDP) Kommen wir zur Antwort auf die drei Punkte. Ers- tens. Ich glaube, Herr Kollege Kampeter, wir waren uns schon immer darin einig, dass in der Vergangenheit kei- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: ner ohne Schuld war, was den Aufbau der hohen Ver- Herr Fricke, möchten Sie eine Zwischenfrage des schuldung betrifft. Es hat niemand in dieser Bundestags- Kollegen Kampeter zulassen? fraktion der FDP jemals etwas anderes behauptet. Ich hoffe, dass auch Sie mit mir darin konform gehen, dass Otto Fricke (FDP): alle hier anwesenden Parteien zum hohen Schuldenstand Aber selbstverständlich. Ich hatte sie schon viel frü- beigetragen haben, wenn sie Verantwortung getragen ha- her erwartet. ben. Deswegen wollen wir alle die Schulden abbauen. Zweitens. Sie meinen, dass diese Koalition die Bürger Steffen Kampeter (CDU/CSU): weniger in Anspruch nimmt. Ich glaube nicht, dass Sie Herr Kollege Fricke, Sie erwecken den Eindruck, als einen Bürger finden, der angesichts der Erhöhung der sei der einzige Indikator für die Spar- und Konsolidie- Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte sagt, er könne sich rungsbereitschaft der Großen Koalition das Senken der nicht daran erinnern, dass der Staat ihm mehr aus der Ta- Ausgaben. sche nehme. Ich erinnere weiterhin an die Kürzung der Pendlerpauschale und die Einschnitte bei der steuerli- Otto Fricke (FDP): chen Absetzbarkeit der Kosten für ein Arbeitszimmer. Das habe ich zwar nicht, aber okay. Es gibt Kürzungen an allen möglichen Stellen. Es ist doch so, dass die Koalition schon zu Beginn von der Öf- fentlichkeit mit Recht deswegen kritisiert worden ist, Steffen Kampeter (CDU/CSU): weil sie dem Steuer- und Abgabenzahler immer weiter in Sind Sie bereit, einige Fakten zur Kenntnis zu neh- die Tasche gegriffen hat. men? Es geht bei der Haushaltskonsolidierung im Kern darum, dass der Anteil des Staates am volkswirtschaftli- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten chen Geschehen zurückgenommen und der Anteil des der LINKEN) 11726 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Otto Fricke (A) Drittens. Ich komme jetzt zu der volkswirtschaftli- (Beifall bei der FDP) (C) chen Frage. Ich weiß, dass die Beantwortung leicht in eine Vorlesung über volkswirtschaftliche Theorie ausar- Herr Minister, liebe Koalitionäre, ich erinnere mich ten kann. Herr Kollege Kampeter, ich glaube, wir könn- an die Debatten über die Zinsen; das sei alles kein Pro- ten lange mit dem Finanzminister, dem Kollegen blem; 40 Milliarden Euro und dabei bliebe es. Schneider und anderen Kollegen über die Staatsquote (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das hat nie reden. Ein Land wie unseres, das von der Globalisierung einer behauptet!) profitiert, bei dem Exporte und Importe zum Glück enorm steigen, was zeigt, wie sehr wir die Globalisie- Die Finanzplanung ist lange Zeit genau davon ausgegan- rung brauchen, um Arbeitsplätze in diesem Land zu si- gen, Herr Kollege Kampeter. Auf einmal – nach nur ei- chern, wird immer dafür sorgen, dass die Staatsquote et- nem Jahr – sind 3 Milliarden Euro mehr veranschlagt. was geringer ist. Frau Familienministerin, wenn Sie diese 3 Milliarden (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Als die FDP Euro für die Kinderbetreuung jetzt schon hätten, dann regiert hat, lag sie bei 50 Prozent!) wären Sie wahrscheinlich wahnsinnig glücklich. Aber leider haben sämtliche Zinsanstiege, mit denen wir es zu Im Übrigen habe ich das Gefühl, dass Ihr Koalitionspart- tun haben, Konsequenzen gehabt. Was können wir ma- ner mit der Staatsquote nicht so besonders glücklich ist. chen? Was kann die Große Koalition machen? Nichts kann sie dagegen machen. Sie kann noch nicht einmal Bei dem Vergleich von Staatsquoten müsste man übri- etwas anderes beschließen. gens alles einrechnen, was in einem Haushalt so ver- schwindet. Herr Kollege Thiele hat das einmal im Detail (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Was kann die nachgerechnet. So wird zum Beispiel das Kindergeld, große FDP machen?) das zur Staatsquote gehört, gar nicht in die Staatsquote für Deutschland eingerechnet. Wenn wir eine ehrliche – Auch die große FDP kann nichts dagegen machen. Staatsquote errechnen würden, dann erhielten wir ganz Und deswegen macht die große FDP was, Herr Kollege andere Zahlen. Kampeter? Sie plädiert für die Kürzung anderer Aus- gaben, bei denen dies politisch möglich ist. Die Große (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist nicht Koalition tut dies nicht. zutreffend, Herr Kollege!) (Beifall bei der FDP) Für mich als Haushälter – für Sie sollte das auch gelten – ist entscheidend, dass wir alle wissen: Je mehr der Staat Der Minister sagt: Keine weiteren Steuersenkun- ausgibt, desto mehr hat er den Wunsch, noch mehr aus- gen; das gehe 2008 und danach nicht mehr. Herr Minis- (B) zugeben. Wenn die Steuereinnahmen sprudeln, was ak- ter, die Unternehmensteuerreform – sie ist auch eine (D) tuell der Fall ist, werden noch mehr Ausgaben getätigt. Steuersenkung, auch wenn sie an vielen Stellen wirklich Das wollen wir beide doch sicherlich verhindern, Herr sehr schlecht gemacht worden ist – tritt im Jahre 2008 in Kollege Kampeter. Kraft. Das heißt, diese Regierung behauptet zwar, es gebe keine Steuersenkungen, gibt aber selber zu, Steuer- (Beifall bei der FDP) senkungen für das nächste Jahr beschlossen zu haben. Ich möchte die Koalition und vor allem die Bundes- Das Grundprinzip ist also nicht falsch. Sie sollten Ihre regierung aber auch ein wenig loben, was das formale Kraft deshalb darauf verwenden, im Lohn- und Einkom- Verfahren angeht. Ich spreche von dem Nachtragshaus- mensteuerbereich in genau dieselbe Richtung zu gehen. halt für das Sondervermögen für die Betreuung der unter (Beifall bei der FDP) Dreijährigen. Es wird zwar gesagt, man habe das schon immer vorgehabt, aber es wurde doch über Wochen und An dieser Stelle möchte ich auch einmal das Thema Monate gesagt, man würde das irgendwie auch so hin- Föderalismus kurz ansprechen. Die Föderalismusreform kriegen. hakt im Moment. Es kommen immer mehr Vorschläge, Herr Minister, ich sage ausdrücklich, dass ich es rich- auch vonseiten des Finanzministeriums. Ich begrüße tig finde, dass Sie dem Parlament diesen Nachtragshaus- ausdrücklich, dass man sich nicht festlegt; denn sobald halt vorlegen. Sie tun es natürlich deswegen gerne, weil die Regierung sich festlegt – Herr Struck, als Fraktions- Sie gleichzeitig noch einmal die Steuermehreinnahmen vorsitzender wissen Sie das –, stellt sich für die Mitglie- darstellen können. der der Koalitionsfraktionen sofort die Frage, ob sie die Regierung im Stich lassen oder nicht. Das System, in das dieses Sondervermögen eingebet- tet ist, halte ich allerdings für hoch riskant. Dahinter Mir fällt immer häufiger auf, dass diejenigen, die ge- steckt nichts anderes als Ihr Nachgeben gegenüber Ihrer sündigt haben, jetzt auf einmal daran zweifeln, dass Familienministerin, die gesagt hat: Mehr Geld für die diese oder jene Lösung richtig ist. Der einzige Lösungs- Kinder; von wem, weiß ich zwar nicht; ich bin auch vorschlag, den diejenigen machen, die viele Schulden nicht zuständig; aber ich möchte dieses Geld gern geben. haben, lautet im Moment: Na ja, gut, wenn ihr unsere Wenn man schon Geld gibt, dann wäre es besser gewe- Schulden übernehmt, dann können wir noch einmal da- sen, es den Kommunen zu geben und nicht irgendeinem rüber reden, aber mehr nicht. Auch im Lichte des Ver- Fonds, der schlecht kontrollierbar ist und in Bezug auf fahrens, das der Kollege Kampeter und ich vor dem Ver- den wir noch gar nicht genau wissen, wie wir den Ab- fassungsgericht geführt haben, sage ich: Egal was fluss der Mittel korrekt kontrollieren können. herauskommt, es müssen zwei Ziele erreicht werden: Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11727

Otto Fricke (A) Erstens. Wir müssen eine Regelung finden, durch die Das kann ganz schnell kommen. Wir wollen das nicht, (C) dafür gesorgt wird, dass die Politik diese Grenzen nicht aber wir alle wissen ganz genau, auf welch dünnem Eis leicht umschiffen kann. wir uns im Moment bewegen. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig! – Steffen (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aber mit ei- Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!) nem solchen Gerede fördern Sie es!) Denn die Politik wird es immer wieder versuchen, egal – Nein, ich förderte es dann mit meiner Rede, wenn ich wer an der Regierung ist. sagen würde, es wird so kommen. Wenn wir jedoch wis- sen, dass wir vorsichtig sein müssen, müssen wir diese (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Vorsicht auch auf den Haushalt anwenden und dürfen LINKEN) nicht zusätzliche Ausgaben beschließen. Zweitens. Wir dürfen nicht mehr zulassen – ich (Beifall bei der FDP) glaube, da besteht zwischen dem Minister und mir Ein- klang –, dass diejenigen, die stets nur mehr Geld fordern, Ich will mit dem folgenden Bild enden. Herr Minister, vor dem Bürger immer als die Guten dastehen, während Sie haben eine einmalige Chance. Ich weiß, Sie streben diejenigen, die darauf hinweisen, dass man nur das Geld – zur Überraschung der eigenen Fraktion – die Nach- ausgeben sollte, das man auch hat, die Bösen sind. Es folge von Franz Josef Strauß an. muss so sein, dass diejenigen, die mehr ausgeben wol- (Peer Steinbrück, Bundesminister: Was?) len, klarmachen, aus wessen Tasche man das Geld neh- men will. – Ja, natürlich, nämlich in der Frage, wer einen ausgegli- chenen Haushalt vorlegen kann! (Beifall bei der FDP) Wenn Sie diese einmalige Chance jedoch nicht nutzen Ich komme deshalb immer mehr zu der Erkenntnis, und wenn die Bundesregierung die Chance nicht nutzt, dass ein Neuverschuldungsverbot – Ausnahmen wären die sie jetzt hat, nämlich in diesen guten Zeiten vorzu- nur angesichts besonderer Situationen erlaubt – letztlich sorgen, werden Sie, wenn das Absacken erst nach 2009 das richtige Ziel ist. beginnt, möglicherweise bis zur nächsten Wahl noch ei- nigermaßen gut überleben. Aber danach werden Sie in (Beifall bei Abgeordneten der FDP) den Geschichtsbüchern als jemand genannt werden, der Ich möchte noch etwas Grundsätzliches sagen. Dabei leider eine riesengroße Chance verpasst hat. Die FDP- wende ich mich eher dem linken Teil des Hauses zu. Fraktion wird Ihnen Vorschläge unterbreiten und Sie un- Wen trifft es eigentlich am meisten, wenn ein Staat über- terstützen, damit Sie diese Chance nicht verpassen. (B) (D) schuldet ist? Die Reichen trifft es nur minimal: Sie sind Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. schlimmstenfalls etwas weniger reich. Solange wir einen Sozialstaat haben, der nach einem möglichen Bankrott (Beifall bei der FDP) wieder funktioniert, sind von staatlicher Überschuldung auch nicht diejenigen betroffen, die allein von Transfer- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: zahlungen abhängig sind. Staatliche Überschuldung trifft Die Kollegin Dr. Barbara Höll hat jetzt für die Frak- am meisten die verlorene, vergessene Mitte, also diejeni- tion Die Linke das Wort. gen, die arbeiten, ansparen und versuchen, ihre Alters- vorsorge sicherzustellen. Das sind genau diejenigen, die (Widerspruch bei der CDU/CSU) diesen Staat stabilisieren. Aus genau diesem Grunde – Frau Höll, wollen Sie doch nicht sprechen? wendet sich die FDP dagegen, die Politik der Neuver- schuldung fortzuführen. Ich wiederhole: Durch diese Po- (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Nein, Frau litik werden insbesondere diejenigen geschädigt, die die Präsidentin, Herr Ramsauer spricht!) Mitte unserer Gesellschaft ausmachen und für ihre Sta- – Verzeihung, ich hatte Sie sozusagen schon optisch bilität entscheidend sind. wahrgenommen. (Beifall bei der FDP) (Zuruf von der CDU/CSU: Oh, Frau Präsiden- Herr Minister, der Haushalt, den Sie vorgelegt haben, tin! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Man ist ein Schönwetterhaushalt, weil Sie schön viele Ein- sollte niemals den Ramses unterschätzen!) nahmen haben. Wir könnten viel darüber reden, woher – Nein, auf keinen Fall. diese Einnahmen kommen und wer das alles zahlt. Aber Sie wissen, wir haben dunkle Wolken am Horizont. Je- Herr Dr. Ramsauer, bitte, Sie haben für die CDU/ des Institut schraubt gerade wieder – Institute sind nun CSU-Fraktion das Wort. einmal so – seine Prognose für das Wirtschaftswachstum (Beifall bei der CDU/CSU) Stück für Stück herunter. Wenn am Finanzmarkt keine Klärung erfolgt, werden wir in den zwei bis drei nächs- ten Monaten erleben, wie es Stück für Stück so weiter- Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): geht. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Wo mein Parlamentarischer Geschäfts- (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Reden Sie führer Hartmut Koschyk recht hat, da hat er recht. Man es doch nicht schlecht!) trifft bei Ihnen nicht immer auf das gleiche Maß an Ein- 11728 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Dr. Peter Ramsauer (A) sicht, Frau Präsidentin, aber in diesem Fall bedanke ich den ein Arbeitnehmer als Abgabe an die Sozialversiche- (C) mich ganz herzlich für die spontane Bereitschaft, mich rungen weniger zu leisten hat, eine ganz konkrete Frucht ans Pult treten zu lassen. des Aufschwungs im Geldbeutel unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger. (Heiterkeit bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Wir hatten in dieser Woche in der Tat eine eher ru- neten der FDP) hige, aber meiner Meinung nach ausgesprochen sachli- che Debatte, eine Debatte, die auch der Öffentlichkeit, Für mich ist jede mögliche mittel- und langfristige Steu- die uns genau beobachtet, sehr viel Transparenz ge- ersenkung, wie sie jetzt wieder denkbar ist, eine Frucht bracht hat. Insofern war es eine gute Debatte. Aber eines des Aufschwungs. Für mich ist beispielsweise auch das hat mich unglaublich geärgert, und das war die Art und Elterngeld – mit dem Grundbetrag von 300 Euro – und Weise, mit welcher Demagogie, mit welcher Hetze, mit möglicherweise später ein Betreuungsgeld eine Frucht welcher Diffamierung die Linke in diesem Hause in der des Aufschwungs. Darauf sollten wir alle stolz sein. Debatte aufgetreten ist, allen voran der Oberdemagoge, unser Kollege . (Beifall bei der CDU/CSU) (Zuruf von der CDU/CSU: Einen Kollegen Ebenso gilt das für die Kinderbetreuung. Es liegt auf würde ich ihn nicht nennen!) der Hand, dass ich dazu etwas sage. Ich bin unserer Fa- milienministerin – Ihnen, liebe Frau von der Leyen –, Leider ist er heute nicht da, aber Sie können es ihm sa- ausgesprochen dankbar dafür, dass sie in dieser Woche gen. Ich finde es zum Beispiel allerhand, wenn er unse- mehrmals, auch in ihrer Haushaltsrede, betont hat: Eines rer Bundeskanzlerin vorhält, dass sie das FDJ-Hemd ge- muss man dieser Debatte um Gottes willen vermeiden, tragen habe, er aber nicht. nämlich das Spalten. – Wir dürfen nicht spalten. In die- (Zuruf von der LINKEN: Da hat er doch ser Debatte gibt es nur eines: alles dafür tun, dass man recht!) zusammenführt – im Interesse unserer jungen Väter, un- serer jungen Mütter, unserer Kinder, unserer Familien. Ich finde das unglaublich. Es spalten diejenigen, die die einen als Rabenväter (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der oder -mütter brandmarken. Es spalten diejenigen, die die LINKEN: Das stimmt aber!) anderen als dumme Heimchen am Herd brandmarken. Es spalten auch diejenigen – ich sage das ganz deut- – Ja, Moment! Aber hat er das moralische Recht dazu, lich –, die das Elterngeld und ein Betreuungsgeld als wo er jetzt doch ausgerechnet bei denjenigen gelandet Herdprämie diffamieren. Das darf man nicht. Wer so re- ist, die, wie Wolf Biermann es schreibt, am liebsten das (B) det, der spaltet; er sollte sich seiner Verantwortung be- (D) klassenlose Paradies – wenn es sein muss, auch noch wusst sein. blutig – herbeigezwungen hätten? (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der LINKEN) Wir haben einen ganz klaren Fahrplan – ich darf das – Ja, ich weiß, Wolf Biermann hören Sie nicht gerne. Es noch einmal klarstellen, auch für meine Fraktion –: Erst gibt auch noch andere, aber er bringt es natürlich immer bauen wir das Angebot auf 750 000 Betreuungsplätze ganz besonders auf den Punkt. aus. Das steht bis 2013 im Vordergrund. Das ist prioritär, wie es die Bundeskanzlerin gesagt hat. Dann, im Jahr Nachdem ich mir heute Vormittag wieder angehört 2013, wenn das erledigt ist, kommen der Rechtsanspruch habe, was der Kollege Claus zu den wirtschaftspoliti- und das Betreuungsgeld, klipp und klar, und wir werden schen Konzepten gesagt hat, kann ich nur sagen: Nichts geeignete gesetzliche Formulierungen dafür finden. gelernt! Planen! Sie lassen die Rollladen vor dem welt- weiten Wettbewerb, vor den weltwirtschaftlichen Ver- (Beifall bei der CDU/CSU) flechtungen mit all ihren Chancen herunter. Ein Wort zur Steuerpolitik. Herr Minister Steinbrück, Wer das zum wirtschaftspolitischen Programm er- Sie haben in Ihrer Einbringungsrede gesagt – ich hoffe, hebt, der muss wieder eine Mauer bauen, aber diesmal ich habe es am Dienstag richtig mitgeschrieben –: Von um ganz Deutschland herum. Das wollen wir alle nicht. den zusätzlichen Steuermehreinnahmen werden wir ei- nen Teil in die Rückführung der Nettoneuverschuldung (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) geben, aber einen anderen Teil dem Gestaltungswillen der Koalition zur Verfügung stellen. – Ich verstehe das Man wird immer wieder gefragt: Kommen denn die nicht nur kurzfristig, sondern auch mittelfristig. Das Früchte des Aufschwungs bei den Menschen an? Ich heißt, dass wir den Spielraum, den wir sehen, in dieser sage klipp und klar: Für mich ist jeder neue Arbeitsplatz Legislaturperiode auch für das eine oder andere nutzen, für einen Arbeitslosen eine konkrete Frucht des Auf- und zwar klug nutzen. Einige Beispiele hat der Finanz- schwungs. minister in seiner Rede vorhin genannt: gerade im sozia- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- len Bereich, im Familienbereich, aber auch im investi- neten der SPD) ven Bereich. Für mich ist jede Investition, die zusätzlich getätigt wird, Wir sollten den Blick weiter nach vorn richten. Das eine Frucht des Aufschwungs. Für mich ist jeder Euro, sollten wir gerade im Hinblick auf junge Menschen tun, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11729

Dr. Peter Ramsauer (A) die ihre Zukunft planen. Viele junge Menschen, junge – Vielen Dank, Herr Westerwelle. Aber auch etwas von (C) und motivierte Leistungsträger, die verdienen wollen, Oscar Wilde kann zu deutschem Sprachgut werden. Das die etwas für ihre Leistung haben wollen, für die sich ist ja keine Schande für Oscar Wilde, den ich im Übrigen Leistung lohnen soll, überlegen sich: Bleibe ich in sehr schätze und dessen Werke ich in meiner Schulzeit Deutschland, oder gehe ich lieber woandershin? Meist teilweise auswendig lernen musste – ich meine, wollte. wurde auf Forschungsmöglichkeiten usw. verwiesen. Ein Aspekt in dieser Debatte wird aber immer vergessen, (Heiterkeit und Beifall bei der FDP) nämlich dass solche jungen Leistungsträger auch fragen: Und auch konnte! – Die Zwischenfrage war nicht be- Wie hoch ist die Belastung meines Einkommens durch stellt; aber ich hätte gerne öfter solche Fragen zum Ge- Abgaben in Deutschland, und wie hoch ist diese Belas- staltungswillen und zu investiven Aspekten von meinen tung in anderen Ländern? Solchen jungen Menschen, neuen Freunden von der SPD, den heute 25-, 30-Jährigen, sollten wir durchaus eine mittelfristige Perspektive geben. (Heiterkeit) Deswegen sage ich klipp und klar: Wenn wir einen meinen vorübergehenden Freunden. ausgeglichenen Haushalt haben, wenn es keine neuen (Heiterkeit – Jürgen Koppelin [FDP]: Ich hätte Schulden mehr gibt und die Unternehmensteuerreform jetzt noch gerne gewusst, wie lange!) wirkt, die zu Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten wird, dann sollten wir auf der Grundlage des Gestal- Ich wollte dem Kollegen Westerwelle verbal etwas Gu- tungswillens der Koalition und ihres Grundsatzes, Spiel- tes tun. räume zur Verfügung zu stellen, mit Blick auf die (Heiterkeit bei der FDP) nächste Legislaturperiode – vor 2011/2012 schafft man das nicht; das kann man erst nach der Bundestagswahl Wir haben mit den Verkehrsprojekten „Deutsche Ein- machen – überlegen, welche Gestaltungsmöglichkeiten heit“ ein Investitions- und Infrastrukturvolumen in den wir im Einkommensteuertarif haben und ob man den So- neuen Ländern geschaffen, auf das wir alle ausgespro- lidaritätszuschlag sozusagen darin aufgehen lassen kann. chen stolz sein können. Das war erforderlich und ist Das wäre ein gutes Signal an die Leistungsträger der Zu- weiterhin erforderlich. Ich habe in dieser Woche im Zu- kunft. sammenhang mit den steuerpolitischen Erwägungen klargestellt, dass es bis 2019 überhaupt kein Rütteln am (Beifall bei der CDU/CSU) Solidarpakt II gibt. Das ist die eine Seite der Medaille. So wollte ich meine Einlassungen zu Beginn dieser Wo- Die andere Seite der Medaille ist, dass eine Reihe von che verstanden wissen. (B) Ausbaudefiziten und Mängeln in der Bestandserhaltung (D) bei den Bundesfernstraßen in den alten Bundeslän- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: dern nicht zu leugnen sind. Herr Ramsauer, der Kollege Poß würde Ihnen gern (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu? Hier gibt es längst überfällige Ausbaumaßnahmen und Lückenschlüsse. Jeder kennt die maroden Fahrbahnbe- Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): läge, die zum Teil baufälligen Brücken, die dringend sa- Herr Kollege Poß, bitte schön. niert werden müssen, und vieles mehr. Deswegen gebe ich zu bedenken, ob wir nicht mittelfristig ein gezieltes (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der will wis- Programm zur Verbesserung der Bundesfernstraßen in sen, was Steuersenkungen sind!) den alten Bundesländern ins Leben rufen sollten, im Rahmen der Möglichkeiten, die wir haushalterisch ha- Joachim Poß (SPD): ben. Ich glaube, das würde uns allen in gesamtdeutscher Bezogen auf Ihre letzten Ausführungen habe ich die Hinsicht guttun. Frage, Herr Dr. Ramsauer, ob Sie bestätigen können, (Beifall bei der CDU/CSU) dass wir sowohl – isoliert betrachtet – mit unserer Steu- erquote als auch – insgesamt – mit der Steuer- und Ab- Ein weiteres Thema ist die Erbschaftsteuer. Dieses gabenquote unterhalb des europäischen Durchschnitts Thema hat auch der Bundesfinanzminister in seiner liegen. Rede angesprochen. Kollege Struck hat in seiner Rede dazu ebenfalls einen Aspekt eingebracht, den ich sehr in- Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): teressant finde. Er hat angeregt – das hat er dann zwar wieder verworfen, aber immerhin in die Debatte einge- Da antworte ich mit einem bekannten deutschen bracht –, im Rahmen der Föderalismusreform II zu erör- Grundsatz: Das Bessere ist der Feind des Guten. Ein bes- tern, ob wir nicht die Erbschaft- und Schenkungsteuer in serer Tarifverlauf ist der Feind eines guten Tarifverlaufs. – die Steuerhoheit der Länder geben sollten. Die Frage ist damit erschöpfend beantwortet; Sie können sich wieder setzen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Guido Ich gebe dies hier bewusst zu bedenken; man muss noch Westerwelle [FDP]: Das war Oscar keine abschließende Beurteilung vornehmen. Kollege Wilde!) Struck hat dann geschlussfolgert, dass das sehr zum 11730 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Dr. Peter Ramsauer (A) Schaden solcher Länder sein könnte, die schlecht bei Die erste Lesung des Entwurfs des Haushalts für das (C) Kasse sind. Jahr 2008 geht zu Ende. Wir gehen zu den Haushaltsbe- ratungen über. Wir müssen den Haushalt konsolidieren, (Otto Fricke [FDP]: Die haben gar keine Erb- schaftsteuereinnahmen!) (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir wollen!) – Genau, die haben wahrscheinlich keine Erbschaftsteu- damit wir Zukunftschancen und wieder mehr Spielräume ereinnahmen, wenn sich die Menschen in diesen Län- für Investitionen schaffen und das realisieren können, dern ökonomisch vernünftig verhalten. Das tun Gott sei was wir uns in der Präambel unseres Koalitionsvertrages Dank immer mehr. für diese Legislaturperiode vorgenommen haben: Sanie- ren, Reformieren und Investieren für eine gute Zukunft (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) in unserem Lande. Wenn es aber einem Land finanziell dreckig geht, (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Bei- dann liegt das garantiert nicht – zumindest nicht wesent- fall bei Abgeordneten der SPD) lich – an der Erbschaftsteuer. Wer stolz darauf ist, von sich sagen zu können, er sei zwar arm, aber sexy, dem Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: nützt das Erbschaftsteueraufkommen am Ende auch Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll für die nichts. Fraktion Die Linke. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos]) Wenn sich mögliche Erblasser von solchen Ländern ab- wenden und ihren Wohnsitz wechseln, dann habe ich da- für Verständnis. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Haus- Ein Wort zur berühmten Onlinedurchsuchung. In haltsberatungen zur Hälfte der Legislaturperiode: Die dieser Woche ist einige Male an den 11. September 2001 Kanzlerin strahlt, und der Minister droht mit einem – wir hatten in dieser Woche den Jahrestag – erinnert „Weiter so!“. Er hat Stehvermögen in einer Steuer- und worden. Ich kann mich gut daran erinnern, wie wir alle Finanzpolitik, die Reich und Schön belohnt und Arm hier am 11. September im Jahre 2001 gesessen sind. und Alt bestraft. Frau Präsidentin, ich hätte gerne die Auch an diesem Tag wurde eine Haushaltsdebatte ge- 15 Minuten Redezeit von Herrn Ramsauer genutzt, um führt. Wenn ich heute manche Stimmen zur Online- mich mit dieser Haushalts- und Finanzpolitik auseinan- (B) durchsuchung höre, dann kann ich nur sagen: Haben die derzusetzen. Da unterscheide ich mich wesentlich von (D) alles vergessen? Haben die keine Lehren daraus gezo- Ihnen, Herr Steinbrück; denn Sie weichen der inhaltli- gen, welche Einsichten wir damals hatten? Dies ist erst chen Auseinandersetzung mit unseren Vorschlägen aus. sechs Jahre her. Manche glauben offensichtlich, dass sol- che Terroristen wildgewordene, dumpfbackige Rauf- (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert bolde und Höhlenmenschen – so wie sich Bin Laden Winkelmeier [fraktionslos]) manchmal ablichten lässt – sind. Interessanterweise konnten wir am Dienstag von Es sind aber technologisch bestens ausgerüstete, zu Herrn Steinbrück hören, die alternativen Vorschläge der allem entschlossene Verbrecher, für die das Internet das Linken seien „Voodoo-Ökonomie“. wichtigste Kommunikationsmittel geworden ist. Zur Be- Herr Minister, als Atheistin möchte ich Ihnen sagen, kämpfung dieses Kommunikationsweges haben wir dass es gut wäre, seine Worte sorgsamer zu wählen. Der keine bundesgesetzliche Grundlage. Die Abwägung zwi- Voodoo-Glaube ist in einigen afrikanischen Ländern und schen den beiden Polen der individuellen Freiheit und auch in Nordamerika immerhin eine weit verbreitete Re- der Sicherheit – die Unionsparteien sind sowohl die Par- ligion. In Benin ist sie offiziell anerkannt. Achtung vor teien der individuellen Freiheit als auch die der Sicher- religiösen Anschauungen anderer sollte immer Grund- heit – geht eindeutig zugunsten eines Instruments: zu- satz unseres politischen Handelns sein. gunsten der Onlinedurchsuchung. Dieses Instrument brauchen wir. (Beifall bei der LINKEN) Ich bin dem Kollegen Struck dankbar, dass er klar ge- Wenn ich Sie jedoch richtig verstanden habe, geht es sagt hat: Wenn Onlinedurchsuchungen für die Bekämp- Ihnen um den Geist, um das, was unsere Anträge in ih- fung der terroristischen Aktivitäten in Deutschland er- rem Inneren zusammenhält. Das können wir uns doch forderlich sind, sind wir nicht dagegen. Dann hat er einmal anschauen: Wir sind für eine Rente ab 65 Jahren, gesagt, er wolle nur auf das Urteil aus Karlsruhe warten. durch die der Lebensstandard im Alter tatsächlich gesi- Dies ist zwar richtig; aber der Gesetzgeber sind wir. Wir chert werden kann. müssen die Normen setzen. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU) Wir sind für eine sofortige Anhebung des Arbeitslosen- geldes II auf 435 Euro. Wir entwerten uns selbst, wenn wir nach Karlsruhe schielen. (Beifall bei der LINKEN) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11731

Dr. Barbara Höll (A) Ja, wir sind für einen öffentlich geförderten Beschäfti- alle Staaten, weniger Geld zur Verfügung, um unser Le- (C) gungssektor und für einen ermäßigten Mehrwertsteuer- ben gemeinschaftlich zu gestalten. satz für apothekenpflichtige Medikamente und für Wa- ren und Dienstleistungen für Kinder. Herr Steinbrück, Sie mahnten am Dienstag Aufrich- tigkeit in der politischen Rede an. Gleichzeitig – einige (Beifall bei der LINKEN) Sätze später – haben Sie hier behauptet, dass wir mit der Umsetzung unseres Vorschlags zur Reform des Einkom- Wir sind auch für die Abschaffung der Praxisgebühr. mensteuertarifs den Mittelstand und die Facharbeiter Diese Vorschläge sind tatsächlich in einem Geist für mehr belasten würden. Das ist schlicht eine Unver- soziale Gerechtigkeit, für eine Umverteilung von oben schämtheit. nach unten und für reale Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande auf Teilhabe am gesell- (Beifall bei der LINKEN) schaftlichen Leben verfasst. Davon haben Sie sich als Wir könnten jetzt natürlich mit dem Durchschnittsteu- Finanzminister und anscheinend auch fast die gesamte ersatz und dem Grenzsteuersatz jonglieren. Schauen wir Führung der Sozialdemokratie verabschiedet. Wenn ich uns aber doch einmal die Zahlen an. Das interessiert die mich recht entsinne, habe ich gelesen, dass ein Drittel Facharbeiterin und den kleinen Unternehmer. Nach der Anhänger der SPD meint, der Herr Finanzminister unserem Vorschlag würde jeder und jede mit einem zu sei CDU-Mitglied. Spätestens das sollte Ihnen zu denken versteuernden Einkommen – also dem, was für die Steu- geben. erberechnung wirklich herangezogen wird – von bis zu (Beifall bei der LINKEN) 64 000 Euro weniger Einkommensteuer zahlen müssen. Das ist die Realität. Wir haben auch Vorschläge dafür, wie man das, was wir wollen, finanzieren kann. Wir sind für eine Wieder- Für eine aufrichtige Debatte wünsche ich mir, dass erhebung der Vermögensteuer. Wir sind für eine Reform Sie endlich den Mut haben, sich mit unseren Vorschlä- der Erbschaftsteuer, zu der nicht einfach gesagt wird, gen auseinanderzusetzen, und dass Sie dabei dann viel- dass man kein Geld mehr einnehmen wolle, sondern die leicht auch einmal richtig rechnen. Falls Sie das nicht bei den tatsächlich Reichen ansetzt. Herr Minister, am können: Wir helfen gerne. Dienstag haben Sie gesagt, die sogenannten Reichen seien eine Schimäre. Ich glaube, Herr Ackermann ist Danke. sehr konkret. 35 000 Euro Tageseinkommen – ich wie- (Beifall bei der LINKEN) derhole: Tageseinkommen – ist eine sehr konkrete Form von Reichtum. (B) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (D) (Beifall bei der LINKEN – Otto Fricke [FDP]: Wie viele Ackermanns gibt es denn?) Jetzt hat Anna Lührmann für Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Herr Minister, in dem Papier der SPD-Fraktion steht einfach: Das ist derzeit nicht realisierbar. – Dadurch ha- Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ben Sie sich wirklich von jeglichem Gedanken der Um- verteilung grundsätzlich verabschiedet. Das ist äußerst Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und bedauernswert. Kollegen! Der Haushalt einer Bundesregierung ist im- mer Ausdruck der politischen Schwerpunktsetzung einer (Beifall bei der LINKEN) Koalition. In der Sommerpause hat die Koalition sehr viel über das Thema Klimaschutz geredet. Aber was Es geht in dieser Debatte natürlich um die Grundaus- steckt wirklich dahinter? Was steht also wirklich im richtung der Ökonomie unseres Landes. Es geht darum, Bundeshaushalt und nicht nur in den Redemanuskripten ob es ein „Weiter so!“ geben kann, ob man also nur da- der Großen Koalition? rauf setzen kann, dass Deutschland eine starke Export- wirtschaft hat, während man die Binnenwirtschaft völlig In Meseberg haben Sie stolz verkündet, die Bundes- vernachlässigt. Vorhin wurde meinem Kollegen vorge- regierung werde ein Klimaschutzprogramm in Höhe worfen, wir würden uns mit unseren wirtschaftspoliti- von 2,6 Milliarden Euro auflegen. Das war Ergebnis schen Vorschlägen abschotten. Eine Abschottungspolitik – Sie erinnern sich – eines lang inszenierten Streites zwi- betreiben Sie. Wer schottet denn bei den Fragen zum schen Glos auf der einen und Gabriel auf der anderen Mindestlohn ab? Deutschland. Im Gegenteil: Sie beför- Seite. Ich habe mir von der Regierung aufschlüsseln las- dern eine Politik des Lohndumpings und betreiben eine sen, wie sich dieses 2,6-Milliarden-Programm genau zu- Politik des Steuerdumpings. sammensetzt. Das Ergebnis ist, dass sämtliche Mittel, (Beifall bei der LINKEN) die in diesen 2,6 Milliarden Euro enthalten sind, auch schon vorher, also vor Meseberg, im Juni im Entwurf des Dann verkünden Sie auch noch, dass Sie stolz darauf Bundeshaushalts enthalten waren. Worüber haben sich sind, dass die Steuer- und Abgabenquote bei uns als der die beiden Herren also gestritten? Vielleicht über den stärksten Wirtschaftskraft in Europa unterdurchschnitt- nächsten Tagungsort der Regierungsklausur, aber sicher- lich ist. Dadurch üben wir Druck auf die anderen Staaten lich nicht über zusätzliche Haushaltsmittel für den Kli- aus und drängen sie in einen Senkungswettbewerb. Im maschutz. Das Klimaschutzprogramm von Meseberg ist Ergebnis haben deshalb natürlich alle Gesellschaften, also nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen. 11732 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Anna Lührmann (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – schleudern in Zukunft nicht mehr vom Steuerzahler sub- (C) Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Alter ventioniert werden. Wein kann gut schmecken!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Außerdem muss man von diesen 2,6 Milliarden Euro Ihnen hingegen fehlt der Mut, diese Reformen anzupa- noch zwei Projekte ausnehmen. Das erste ist das Gebäu- cken. Die Regierung redet viel vom Klimaschutz, aber desanierungsprogramm. Wenn man sich die Summen der sie gibt immer noch Geld für Klimaverschmutzung aus. Regierung einmal ganz genau anschaut, dann sieht man, Das ist die Wahrheit an dieser Stelle. dass dort die Gelder, die in zukünftigen Haushaltsjahren ausgegeben werden sollen, zusammengerechnet wurden, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) als würde man sie schon im Haushalt 2008 ausgeben. Auch bei einem anderen Kernbereich der Nachhaltig- Dabei geht es um nicht zu vernachlässigende 600 Millio- keit ist bei der Bundesregierung mehr Schein als Sein zu nen Euro. Das zweite Projekt, das ich in Klammern set- finden – Stichwort: „die solide Haushaltspolitik“. Der zen muss, sind die Einnahmen aus dem Emissionshandel Schein ist, dass weniger Schulden gemacht werden. von 400 Millionen Euro. Wenn man diese Zahlen zu- sammenrechnet, dann kommt man nur noch auf 1,6 Mil- (Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: liarden Euro zusätzliche Steuergelder, die die Regierung Stimmt!) im Haushaltsjahr 2008 für Klimaschutz ausgeben wird. Es ist keine Kunst, weniger Schulden aufnehmen, wenn Da gibt es aber immer noch drei Vorbehalte: Erstens. die Steuereinnahmen sprudeln und die Konjunktur Die meisten Programme gab es auch schon in vorherigen brummt. Im Gegenteil: Es sollte für eine Regierung Haushaltsjahren, auch unter Rot-Grün. Zweitens. Es gibt selbstverständlich sein, weniger Schulden zu machen, einen Finanzierungsvorbehalt von Steinbrück. Drittens. wenn die Konjunktur gut läuft. Das ist kein Grund zum Minister Glos wird noch ein Kosten/Nutzen-Gutachten Jubeln. erstellen lassen. Ernstgemeinter Klimaschutz sieht an- Was bedeutet eine wirklich nachhaltige Haushalts- ders aus. politik in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einen ausgeglichenen Haushalt verabschieden oder so- gar einen Überschuss erwirtschaften, um für schlechte Ihr Verständnis von Klimaschutz ist: viel heiße Luft und Zeiten etwas zurücklegen zu können! wenig konkrete Taten. Die globale Erderwärmung wartet aber nicht auf den schwerfälligen Tanker der Großen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Koalition. Wir müssen jetzt handeln. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wir warten auf Ihre Vorschläge!) (B) (D) Deshalb wollen wir grüne Haushälter der Regierung Sie aber wollen erst 2011 einen ausgeglichenen Haushalt einmal zeigen, wie substanzieller Klimaschutz ganz kon- aufstellen. Warum eigentlich 2011 und nicht 2010, 2012 kret aussehen kann. Wir werden einen Klimaschutz- oder 2013? Das ist eine willkürliche Festlegung. haushalt aufstellen und mit konkreten Haushaltsanträ- gen belegen, wie man die Ausgaben für Klimaschutz (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Weil mehr als verdoppeln kann. Wir wollen 2 Milliarden Euro wir seriös kalkulieren und nicht nach dem zusätzlich für Klimaschutz ausgeben. Dabei geht es um Motto: „Wer bietet mehr?“!) Projekte wie einen Stromsparfonds für energieeffiziente – Wenn Sie schon so seriös kalkulieren: Wer sagt Ihnen Geräte, Klimaforschung, Ökobeschaffung, Plug-in- denn, dass die Konjunktur bis 2011 so weiterläuft wie Hybridfahrzeuge und vieles andere mehr, was wir mit jetzt? Sagt Ihnen das etwa Ihr Wirtschaftsminister? konkreten Anträgen belegen werden. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das Beste an unserem Klimaschutzhaushalt ist aber NEN]: Das haben die so im Gefühl!) – darauf bin ich als Haushälterin besonders stolz –, dass die Ausgaben für Klimaschutz mehr als gegenfinanziert Damit kann man meines Erachtens nicht kalkulieren. sind. Wir machen also konkrete Vorschläge für den Ab- Deshalb werden wir Ihnen in den Haushaltsberatungen bau von ökologisch schädlichen Subventionen in der mit Anträgen ganz konkret belegen, dass ein ausgegli- Finanzplanperiode in Höhe von mehr als 21 Milliarden chener Haushalt spätestens 2009 möglich ist. Wenn man Euro. nur will, kann man das machen. Dafür möchte ich drei Beispiele geben. Erstens. Der Herr Steinbrück, vielleicht schenken Sie mir für ein Abbau von Subventionen für die stromintensive Indus- paar Minuten Ihr geschätztes Gehör. Ich glaube nämlich, trie macht mehr als 1,2 Milliarden Euro allein im nächs- dass Sie gar nicht konsolidieren wollen. Ich kann Ihnen ten Haushaltsjahr aus. Zweitens. Die Streichung der das auch belegen. Sie sind der erste Finanzminister, der Subventionen für Kerosin und für die Luftfahrtindustrie öffentlich zugibt – vielleicht auch in dem Gespräch mit spart allein im nächsten Haushaltsjahr mehr als 900 Mil- Frau Merkel, das Sie im Moment führen –, dass Sie nicht lionen Euro ein. sparen wollen. Das wird in einem Zitat aus dem Han- delsblatt von letzter Woche deutlich. Dort steht: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Steinbrück will unter allen Umständen vermeiden, Drittens. Eine Reduzierung und ökologische Reform des dass die Nettokreditaufnahme in diesem Jahr unter Dienstwagenprivilegs bewirkt, dass dicke Chefdreck- die Planzahl von 12,9 Milliarden Euro für das Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11733

Anna Lührmann (A) nächste Jahr rutscht. „Das wäre politisch problema- zusätzlichen Schulden dazu. Das ist nachhaltige Haus- (C) tisch. Die Neuverschuldung sollte besser Schritt für haltspolitik. Schritt abgebaut werden“, sagte Steinbrücks Spre- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) cher. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie keine nachhal- (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Kommt tige Haushaltspolitik betreiben, ist der geplante Börsen- darin das Wort „sparen“ vor? Das habe ich gang der Bahn. 130 – 37,5 – 4: Das sind die Zahlen, auf nicht gehört!) die es in dieser Debatte ankommt. 130 Milliarden Euro Herr Steinbrück, entweder sollten Sie Ihren Presse- hat der Bund seit der Bahnreform 1994 in das System sprecher rauswerfen, oder Sie sind der erste Finanz- Schiene gesteckt. 37,5 Milliarden Euro ist der Bund nach minister, dem es nicht so wichtig ist, weniger Schulden dem Börsengang verpflichtet, der Bahn allein in den zulasten der künftigen Generationen aufzunehmen. nächsten 15 Jahren zu zahlen. Ausbauzuschüsse und Re- gionalisierungsmittel kommen hinzu. Bei diesem krum- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) men Deal bleiben für den Bundeshaushalt erst einmal Mit dieser Äußerung des Finanzministeriums von nur 4 Milliarden Euro übrig, vorausgesetzt, Sie finden letzter Woche wird endlich klar, warum die Koalition ein bei dieser Art des Börsengangs überhaupt einen Käufer. Sondervermögen für die Kinderbetreuung auflegen Herr Steinbrück, der Bund hat in den letzten Jahren möchte, statt das Geld wie von der Bundeshaushaltsord- 130 Milliarden Euro bezahlt, verpflichtet sich, in Zu- nung vorgesehen Jahr für Jahr zu investieren. Sie wollen kunft mindestens weitere 37,5 Mil-liarden Euro auszu- sich künstlich arm rechnen, meine Damen und Herren. geben und unterm Strich bleiben 4 Milliarden Euro üb- Indem Sie 2,15 Milliarden Euro in einem Sondervermö- rig. Mit solider Haushaltsführung hat das nun wirklich gen parken, verpassen Sie die Chance, schon dieses Jahr nichts zu tun. ganz konkret die Schuldenaufnahme zu senken. Mit die- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sem optischen Trick verringern Sie außerdem den Druck, in den nächsten Jahren beim Schuldenabbau Auf lange Sicht bleibt es wahrscheinlich noch nicht schneller voranzukommen. einmal bei der Einnahme in Höhe von 4 Milliarden Euro. Wahrscheinlicher ist, dass der Bund noch etwas draufle- Auch der zweite Baustein Ihrer Krippenfinanzierung, gen muss. Das liegt an dem sehr komplizierten Eigen- nämlich der Punkt zur Umsatzsteuer, bringt zwei sehr tumssicherungsmodell. Wie immer, wenn Sie sich in große Probleme mit sich. der Großen Koalition nicht auf ein einfaches, transparen- Erstens. Wie wir alle wissen, haben die Länder kleb- tes und nachvollziehbares Modell einigen konnten, ist ein ganz fauler Kompromiss herausgekommen: Der (B) rige Hände. Wenn Sie versuchen, im Rahmen der Um- (D) satzsteuerverteilung über die Länder Geld an die Kinder Bund kann das Netz nach 18 Jahren zurücknehmen – das vor Ort weiterzugeben, ist es relativ wahrscheinlich, dass war der Wunsch der CDU/CSU –; dafür muss er aber in den Länderhaushalten etwas davon kleben bleibt. mindestens 7,5 Milliarden Euro als Wertausgleich auf den Tisch legen. Herr Steinbrück, das wäre so, als wenn Zweitens. Ihr gesamtes Konzept zur Krippenfinanzie- Sie mir Ihr Haus leihen würden rung ist nicht gegenfinanziert. Das bedeutet, dass Sie den Kindern zwar einen Betreuungsplatz geben, aber auch (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir mehr Schulden bei ihrem Start ins Leben mitgeben. schon gestern gehört!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – das Beispiel wurde gestern schon gebracht; das ist ein sehr gutes Beispiel –, ich das wirtschaftliche Eigentum Wir Grüne haben hingegen ein Konzept vorgelegt, am Haus erhalten würde, keine Miete zahlen würde, Sie mit dem der notwendige Ausbau der Kinderbetreuungs- jedes Jahr für Ausbau und Renovierung zahlen würden plätze für unter Dreijährige auch nachhaltig finanziert und Sie mir am Ende Geld geben müssten, damit ich Ih- werden kann. nen das Haus zurückgebe, das Ihnen gehört hat. Das ist Im ersten Schritt wollen wir das Ehegattensplitting in wirklich keine solide Haushaltspolitik. eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchst- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – betrag umwandeln. Das wäre auch verfassungsfest. Da- Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit haben Bund und Länder insgesamt 5 Milliarden NEN]: Das machen wir so! Das hört sich gut Euro mehr für Kinderbetreuung zur Verfügung. Das an!) heißt unter dem Strich, dass 4 Milliarden Euro weniger Schulden aufgenommen werden. Herr Steinbrück, wenn Sie Ihr Amt als Finanzminister ernstnehmen würden, würden Sie diesem Deal, der zu- Der zweite Schritt ist, dass der Bund eine Kinderbe- lasten des Bundeshaushalts geht, nicht zustimmen, son- treuungskarte schafft, die dafür sorgt, dass Leistungen dern Sie würden ihn verhindern. Herr Steinbrück, Sie direkt an die Eltern gehen – nicht über den Umweg der haben in Ihrer Rede vorhin gesagt, dass eine handlungs- klebrigen Hände der Länder. Das funktioniert auch mit fähige Finanzpolitik Stehvermögen erfordert. Nun zei- einem Geldleistungsgesetz; diese Frage haben wir prü- gen Sie uns doch einmal Ihr Stehvermögen, Herr fen lassen. Steinbrück! Mit unserem Konzept würde jedes Kind unter drei (Volker Kauder [CDU/CSU]: Stehen Sie ein- Jahren einen Betreuungsplatz bekommen – und keine mal auf, bitte! – Bundesminister Peer 11734 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Anna Lührmann (A) Steinbrück erhebt sich – Heiterkeit und Beifall halte es für besser, wenn wir einen vernünftigen Weg be- (C) bei Abgeordneten der CDU/CSU und der schreiten. Sonst muss man hinterher womöglich einge- SPD) stehen, dass man sich hinsichtlich des Zeitfensters geirrt hat. Verhindern Sie den Börsengang in dieser Form! War- ten Sie mit dem Ausgleich des Bundeshaushaltes nicht Ich will zum Bundeshaushaltsplan 2008 Folgendes bis 2011! Beweisen Sie Mut beim Abbau der klima- feststellen: Um die deutsche Konjunktur steht es nach schädlichen Subventionen! Das würde von einer hand- wie vor gut. Die deutsche Wirtschaft hat in den letzten lungsfähigen Finanzpolitik zeugen. Jahren deutlich an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen. Die Vielen Dank. Arbeitslosigkeit geht Schritt für Schritt, von Monat zu Monat zurück. Sie ist innerhalb eines Jahres auf den (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) niedrigsten Stand seit 1999 gesunken. Das ist eine Ent- wicklung, über die wir uns durchaus freuen sollten und Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: auf die wir ein wenig stolz sein können. Ich will aber Jetzt spricht für die SPD-Fraktion der Kollege auch hinzufügen, dass wir noch lange nicht am Ziel sind. Bernhard Brinkmann. Daher sind weitere gewaltige Kraftanstrengungen aller an diesem Prozess Beteiligten von besonderer Bedeu- Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): tung. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich mit den aktuellen Zahlen der Bundesagentur Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte für Arbeit beschäftigt, der wird feststellen, dass das ein- zunächst bestätigen, dass wir von Dienstag bis heute, getreten ist, was noch vor Monaten von einigen bestrit- circa 12 Uhr – das wird sich auch nicht ändern –, eine ten wurde: Die Jugendarbeitslosigkeit in unserem Land durchaus sachorientierte Haushaltsdebatte geführt ha- geht massiv zurück, und die Beschäftigung älterer Men- ben. Das liegt unter anderem daran, dass diese Große schen nimmt zu. Das ist eine gute Entwicklung, die man Koalition der Opposition wenig Munition, wenig Zünd- bei Haushaltsberatungen in den Fokus der Öffentlichkeit stoff geliefert hat. stellen sollte. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Da haben Sie (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten nicht richtig zugehört!) der CDU/CSU) Der Bundeshaushalt 2008 und der Finanzplan des Bundes 2007 bis 2011 sind eine gute Grundlage für die Mit einer entsprechenden Benotung ist es so wie im in der nächsten Woche beginnenden Beratungen im täglichen Leben: Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, (B) ist die Politik schuld; geht es der Wirtschaft gut, hat sie (D) Haushaltsausschuss. Die eine oder andere Veränderung wird es natürlich noch geben; darauf ist schon hingewie- es alleine gemacht. sen worden. Der Kollege Fricke hat die haushaltspoliti- (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wie bei einer schen Sprecher von SPD und Union gelobt. Das war ein Fußballmannschaft!) gutes Signal und lässt hoffen, dass das dicke „Sparbuch“ mit 350 oder mehr Seiten – Genau, Herr Kollege Zöller, das ist wie bei einer Fuß- ballmannschaft. Das ist richtig. (Otto Fricke [FDP]: Mehr!) Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, schiebt man die Ver- etwas dünner gestaltet wird und der eine oder andere An- antwortung dem Arbeitsminister zu. Wenn sie sinkt, hat trag, der aus populistischen Gründen gestellt wird, letzt- er nichts dazu beigetragen. So sagte es jedenfalls gestern endlich nicht in die Beratungen einfließt. die von mir geschätzte Kollegin Frau Dr. Winterstein Als ich heute Morgen über meinen Redebeitrag nach- – sie sitzt gerade hinter mir –, die sich, ähnlich wie vor- gedacht habe, sagte ich mir: Das hat etwas mit Nettoneu- hin Herr Solms, in dieser Frage jetzt nicht rechtfertigen verschuldung und mit Verschuldungspolitik, das heißt, kann. mit dem, was sich in den letzten Jahren angehäuft hat, zu tun. Ich will eines deutlich machen: Bei der Reduzierung der Arbeitslosigkeit haben viele in unserem Land mitge- (Otto Fricke [FDP]: Nicht noch einmal die holfen. Ich möchte heute die Mitarbeiterinnen und Mit- Leier!) arbeiter der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter Mit der Kollegin Flach von den Freien Demokraten habe ausdrücklich loben. Sie haben nach vielem, was wir ih- ich mich abgestimmt und gesagt, dass ich mich neutral nen zugemutet haben, wertvolle Arbeit geleistet und zur verhalten werde. Wir sollten uns darauf einigen, dass wir Reduzierung der Arbeitslosigkeit beigetragen. alle beim Schuldenmachen dabei waren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) CSU und der FDP) Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass wir so schnell Eine weitere Tatsache ist, dass wir die Maastricht- wie möglich einen ausgeglichenen Haushalt haben. Wir Verschuldungskriterien weit unterschreiten. Wir wer- sollten nicht in einen Wettbewerb um den frühestmögli- den in diesem Jahr bei etwa einem halben Prozent liegen chen Zeitpunkt eintreten. Der Bundesfinanzminister hat und 2008 – die Chancen stehen jedenfalls gut – bei einer in vielen Ausführungen deutlich gemacht, warum. Ich schwarzen Null. Das ist in diesem Falle positiv. Wer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11735

Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (A) hätte vor Monaten gedacht, dass wir diese gute Entwick- (Ulrike Flach [FDP]: Ihr müsstet eure Ausga- (C) lung auch in diesem Bereich erreichen können? ben senken!) Ich habe mir die Redebeiträge einiger Kolleginnen Ich will noch etwas zu den sozialen Sicherungssyste- und Kollegen der Freien Demokraten angesehen, die in men sagen. Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt der Debatte gesprochen haben, als es darum ging, dass hat dazu beigetragen, dass der Druck, der auf den sozia- wir nicht ehrgeizig genug seien, die Nettoneuverschul- len Sicherungssystemen lastete, beträchtlich reduziert dung zu senken und einen ausgeglichenen Haushalt zu werden konnte. Bald werden wieder Überschüsse zu ver- erreichen. zeichnen sein. Das ist in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen. Das hat etwas mit der Agenda 2010 zu tun. (Otto Fricke [FDP]: Das ist immer gut!) (Otto Fricke [FDP]: Das stimmt!) – Herr Kollege Fricke, jetzt kommt etwas, das nicht mehr gut ist. – Das hat aber auch mit den finanz- und wirtschaftspoliti- schen Maßnahmen zu tun, die die neue Bundesregierung (Ulrike Flach [FDP]: Das kann nicht sein!) auf den Weg gebracht hat. Sie haben gesagt: Die wirtschaftliche Entwicklung wird (Otto Fricke [FDP]: Das stimmt weniger!) durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zunichtege- macht. Ich stelle fest: Fehlanzeige, wobei ich hinzufügen Jetzt will ich auf die Vorschläge eingehen, die von der will, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer eine Zumu- linken Seite dieses Hauses im Hinblick auf die gesetzli- tung war, die wir den Menschen in Deutschland abver- che Rentenversicherung gemacht worden sind. Als ich langen mussten. diese Vorschläge gehört habe, dachte ich zunächst, ich träume. Letztendlich habe ich sie aber doch als Realität (Ulrike Flach [FDP]: Das merkt man ja auch!) hinnehmen müssen. Das, was Sie prognostiziert haben, ist nicht eingetreten: (Heiterkeit des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]) (Otto Fricke [FDP]: Habe ich „zunichte“ ge- sagt?) Da spricht Ihr Chefökonom, der heute nicht hier ist, Das Konsumklima trübt sich ein – Fehlanzeige. (Otto Fricke [FDP]: Der ist schon wieder in Kuba!) (Otto Fricke [FDP]: Das tut es doch!) davon, dass es ohne Weiteres möglich wäre, den Bei- Die Verschuldung wird steigen – Fehlanzeige, sie sinkt. tragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung auf (B) Die Löcher in den öffentlichen Haushalten werden grö- 28 Prozent zu erhöhen. Liebe Kolleginnen und Kolle- (D) ßer – Fehlanzeige; die Bundesländer haben letztendlich gen, wer das vorschlägt und meint, er könne so dafür viel schneller als erwartet einen ausgeglichenen Haus- sorgen, dass die Wirtschaft einen größeren Beitrag dazu halt. leistet, dass die gesetzliche Rentenversicherung Einnah- (Ulrike Flach [FDP]: Aber der Bund nicht!) men erzielt, der irrt sich. Auch wir werden unsere konsequente Haushalts- und Man darf nicht vergessen, dass die Rentenversiche- Finanzpolitik fortführen. rung paritätisch finanziert wird. Nach Ihren Vorschlägen würde der Beitragssatz um roundabout 9 Prozentpunkte Obwohl das alles so eingetreten ist, kann man natür- steigen. Ich mache Ihnen an einem Beispiel deutlich, lich nicht erwarten, dass sich die Freien Demokraten welche Folgen das hätte: Jemand, der 2 500 Euro im hierhin stellen und das loben. Das verlange ich auch Monat verdient, hätte, wenn das, was Herr Lafontaine nicht. Aber Sie sollten es zumindest zur Kenntnis neh- vorgeschlagen hat, umgesetzt würde, Monat für Monat men oder selbstkritisch eingestehen, dass das, was Sie netto 125 Euro weniger in der Tasche. Eine solche Idee vor Monaten noch unters Volks gestreut haben, letztend- kann man nur zurückweisen. lich nicht so eingetreten ist. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Wenn die Zahlen gut sind, gibt es einen Wettlauf be- züglich weiterer Steuer- und Abgabensenkungen. Ich Das geht eindeutig zulasten der Beschäftigten. Daher ist will meine Meinung dazu deutlich sagen. Wir sollten mit dieser Vorschlag überhaupt nicht durchsetzbar und völlig weiteren Steuer- und Abgabensenkungen erst dann an- realitätsfremd. fangen und sie konkret werden lassen, wenn wir nicht An dieser Stelle muss man darauf hinweisen, dass die mehr auf Pump leben. Alterssicherung durch die staatliche Förderung der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Riester-Rente und aller anderen Systeme der betriebli- der CDU/CSU) chen Alterversorgung gewährleistet wird. Dass die Riester-Rente und alle anderen Maßnahmen, die dazuge- Der Haushalt 2008 hat noch eine Neuverschuldung zur hören, eine Erfolgsstory sind, wird dadurch bewiesen, Folge. Wer jetzt durchs Land zieht und den Bürgerinnen dass in Deutschland auch Einkommensschwache den und Bürger suggeriert, es könnte über das hinaus, was in vereinbarten Eigenbeitrag leisten können. Auch ein Ar- Meseberg beschlossen worden ist, zu weiteren Steuer- beitslosengeld-II-Empfänger, dessen Eigenanteil pro und Abgabensenkungen kommen, macht den Menschen Jahr 60 Euro, also 5 Euro pro Monat, beträgt, hat Zu- etwas vor. schüsse in einer Größenordnung von fast 600 Euro zu er- 11736 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (A) warten. Zum 1. Januar 2008 wird die Förderung der zu- heute bitter zu leiden. Das zeigt sich an den Steuern und (C) sätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge ausgeweitet. Beiträgen, die sie zu zahlen haben. Das ist genau der richtige Weg. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie Der Entwurf des Bundeshaushalts 2008 wird nun an bei Abgeordneten der SPD – Dr. Gregor Gysi den Haushaltsausschuss überwiesen. Ich freue mich auf [DIE LINKE]: Wer hat denn die Mehrwert- gute Beratungen und bedanke mich für Ihre Aufmerk- steuer erhöht?) samkeit. Das Wirtschaftswachstum ist sehr stabil. Es liegt weit (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten über dem Niveau, das wir lange Zeit für möglich gehal- der CDU/CSU) ten haben. Das ist wichtig; das müssen wir pflegen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir befinden uns in der zweiten Phase, der des Sanie- rens und Reformierens. Zu einer Kurzintervention rufe ich den Kollegen Gregor Gysi auf. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!) Man darf sich nicht darauf ausruhen – eine Schwalbe Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): macht noch keinen Sommer –, dass wir jetzt steigende Frau Präsidentin! Herr Brinkmann, ich möchte an Ih- Steuereinnahmen und eine geringere Nettoneuverschul- rer Rede nur eines richtigstellen: Wir fordern keinen dung haben. Beitragssatz in Höhe von 28 Prozent, sondern wir sagen: Es sollte langsam zu einer paritätischen Finanzierung (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Strukturelle kommen. Das heißt, 14 Prozent sollten die Unternehmen Defizite! – Otto Fricke [FDP]: Sehr gut!) finanzieren, 14 Prozent die Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer. Heute ist es so, dass die Arbeitnehmerinnen Es ist völlig falsch, sich auf die Nettoneuverschuldung und Arbeitnehmer 10 Prozent für die gesetzliche Ren- zu kaprizieren. Wir sind erst dann am Ziel angekommen, tenversicherung und 7 Prozent für die Riester-Rente zah- wenn wir mehr einnehmen, als wir ausgeben. Das ist len. Ihre Belastung beträgt also 17 Prozent. Käme es zu aber noch lange nicht der Fall. einer paritätischen Finanzierung, würde das eine Redu- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) zierung ihrer Belastung um 3 Prozentpunkte bedeuten. Seit 2006 haben wir uns Jahr für Jahr verbessert und (Beifall bei der LINKEN) mühsam vorwärtsgearbeitet. Wir haben aber in diesem Allerdings müsste die Belastung der Unternehmen dann Haushalt immer noch ein strukturelles Defizit von (B) um 4 Prozentpunkte steigen. Bis die SPD etwas von den 23 Milliarden Euro. Erst wenn das beseitigt ist und wir (D) Unternehmen verlangt, vergeht wahrscheinlich noch anfangen können, Schulden zu tilgen, haben wir den eine lange Zeit. Das ist das eigentliche Problem. angestrebten Zustand erreicht. Deshalb dürfen wir im Hinblick auf die Reformen nicht nachlassen. Wer den (Beifall bei der LINKEN – Otto Fricke [FDP]: Eindruck erzeugt, die Phase der Zumutungen sei vorbei Die Riester-Rente würden die Arbeitnehmer und man brauche nicht mehr zu reformieren, der handelt bei Ihnen doch gar nicht mehr kriegen!) populistisch. Denn wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern klarmachen, dass das Ziel noch längst nicht er- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: reicht ist. Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Jochen- Konrad Fromme für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU) Werner Finck hat einmal gesagt, dass der Staatshaus- halt ein Haushalt ist, in dem alle essen wollen, aber kei- Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): ner das Geschirr spülen will. Wir sind jetzt in der Phase, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! in der wir denjenigen finden müssen, der das Geschirr Das Konzept „Investieren, Sanieren, Reformieren“ ist spülen wird. voll aufgegangen, trotz aller Unkenrufe. (Beifall bei der CDU/CSU) Natürlich ist es das Recht der Opposition – auch wenn sie im Wesentlichen alles gutheißt –, mehr zu fordern. Dass die Steuereinnahmen steigen, ist ein Ausdruck des- sen. Der Abbau der Arbeitslosigkeit und insbesondere (Ulrike Flach [FDP]: Weniger!) der Anstieg der Zahl sozialversicherungspflichtiger Be- Wir hätten auch gern alles schöner, höher, größer und schäftigungsverhältnisse sind weitere wichtige Signale. besser. Aber dann muss man auch ganz klar sagen, für Im Rahmen dieser Haushaltsdebatte wurde deutlich, welche Posten das gelten soll. Sie haben gefordert: Spare dass eigentlich alle in diesem Hause bis auf eine Gruppe in der Zeit, dann hast du in der Not. diese Einschätzung teilen. Diese Gruppe wäre allerdings (Otto Fricke [FDP]: Sehr gut!) erst dann zufrieden, wenn die Leute am 1. jedes Monats ihr Gehalt abliefern und dann auf die Zuteilung warten In Bezug auf die Bundesagentur für Arbeit machen müssten. Nur, wohin das führt, das haben wir 1990 er- wir das. Sie haben gesagt: Was du heute kannst besor- lebt. Unter den Folgen haben viele Arbeitnehmer noch gen, das verschiebe nicht auf morgen! Für die Krippen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11737

Jochen-Konrad Fromme (A) legen wir Geld zur Seite, damit wir sie morgen finanzie- einmal mehr den Staub und die Asche dieser verrosteten (C) ren können. Genau das machen wir. Wagen sieht. Kollege Koppelin ist jetzt leider nicht da. ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der feiert Das sollten wir nicht mehr tun! Sehr gut!) Geburtstag!) Das muss sich ändern. Dafür müssen wir den Mut – Das sei ihm gegönnt; herzlichen Glückwunsch zum aufbringen. Wir brauchen ein anderes Denken und an- Geburtstag. – Kollege Koppelin hat gefordert, das Bun- dere Rechnungsstrukturen. Manche mögen vielleicht sa- despresseamt abzuschaffen. Ich habe noch nie gehört, gen, das sei nur Doping oder Technik. Aber es ist nicht dass in einer Regierung, in der die FDP mitregiert hat, nur Haushaltstechnik, sondern es bestimmt das Denken das Amt des stellvertretenden Regierungssprechers ab- der Politik, der Ministerien und der Administration, wie geschafft werden sollte oder dass in einer Landesregie- man mit diesen Dingen umzugehen hat. Genau deshalb rung die Pressestelle abgeschafft wird. müssen wir unseren Blick auf diese neuen Instrumente richten. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir das (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ändern müssen, um uns selbst ein Handlungskorsett an- der SPD sowie des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE zulegen. LINKE]) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Eines möchte ich ganz besonders hervorheben: Wir der SPD sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜND- geben mehr aus, als wir einnehmen. Das liegt daran, dass NIS 90/DIE GRÜNEN]) wir in der Vergangenheit riesige Staatsschulden ange- häuft haben. Ich spüre noch nicht im ganzen Haus die Bereitschaft, sich offen auf diese Dinge einzulassen. Viele wollen (Otto Fricke [FDP]: Ja!) keine großen Veränderungen, sondern lieber kleine Wenn nicht 43 Milliarden Euro an Zinsen den Haushalt Schritte. Man mag auch mit drei kleinen Schritten zum belasten würden, hätten wir einen Primärüberschuss von Ziel kommen; doch das kostet möglicherweise unnötig 18 Milliarden Euro, mit dem wir Politik machen könn- viel Geld. Wenn man erkannt hat, dass man etwas verän- ten. dern muss, dann muss man diese Veränderung vorneh- men und darf nicht zögerlich sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich will zu zwei Fragen, die in der Diskussion eine Weil das so ist, müssen wir uns anstrengen, endlich Rolle gespielt haben, etwas sagen. Da ist die Frage: Wol- einmal offenzulegen, wie es zu der Kreditaufnahme ge- (B) len wir Hartz IV erhöhen? Ich lasse diese Frage einmal (D) kommen ist. Zu der Kreditaufnahme konnte es nur kom- offen. Aber in diesem Zusammenhang wird immer ge- men, weil wir in Wahrheit ganz viele konsumtive Aus- sagt, wir müssten kontrollieren, dass das Geld auch bei gaben mit Krediten finanziert haben. Das hat uns das den Kindern ankommt. Meine Damen und Herren, ich System erlaubt. bin für den mündigen Bürger. (Otto Fricke [FDP]: Ja!) (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE Deswegen müssen wir in der Föderalismuskommission LINKE]) dafür sorgen, dass dieser Mechanismus verschwindet. Wir können doch nicht pauschal jedem Bürger gegen- (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) über misstrauisch sein. Wenn Sie das einmal zu Ende denken, dann bedeutet das, dass man, wenn man die Ver- Dafür müssen wir entsprechende Instrumente schaffen. mutung hat, das Geld kommt dort nicht an, dazu überge- Denn Politiker sind auch nur Menschen. Menschen sind hen müsste, bei allen Haushaltsposten zu kontrollieren, aber schwach und werden immer wieder versuchen, auf ob das Geld richtig eingesetzt wird. Diesen Schnüffel- den bequemsten Weg auszuweichen. staat will ich nicht. (Otto Fricke [FDP]: Genau so ist es!) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Deswegen brauchen wir ein entsprechendes Instrument. Jemand hat einmal gesagt, er will die Lufthoheit über Ich will Ihnen einmal schildern, wie es zu der Kredit- die Kinderbetten. Ich kann nur sagen: Die Lufthoheit aufnahme kommen konnte: Seit 1969 dürfen wir Investi- über die Kinderbetten gehört nicht der Politik – weder tionen mit Krediten finanzieren. Wir kaufen zum Bei- der SPD noch der CDU/CSU noch sonst wem –, sie ge- spiel seit 1972 Autos auf Kredit. Was heißt das aber? hört den Teddybären und den Mobiles. Wenn wir ein Auto kaufen, ändert sich die Vermögens- lage überhaupt nicht. Es entstehen nur ein paar mehr (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Schulden, und es kommt ein Vermögensgegenstand Steffen Kampeter [CDU/CSU]) hinzu. Wenn das Auto aber gebraucht wird, tritt ein Ich stelle mir vor, einige Politiker hätten nachts die Luft- Wertverlust ein, den wir im Staatshaushalt überhaupt hoheit über die Betten meiner Kinder gehabt – meine nicht erfassen. Dennoch findet konsumtives Ausgabe- Kinder hätten Albträume bekommen müssen! verhalten mit Krediten statt. Das ist genau der Mechanis- mus, den wir abschaffen müssen. Wir zahlen heute noch (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und für die Dienstwagen von 1972 Zinsen, obwohl man nicht der SPD) 11738 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Jochen-Konrad Fromme (A) Deswegen sollten wir auf den mündigen Bürger ver- Der Hauptvorwurf des Finanzministers gegen die (C) trauen. Natürlich müssen wir uns um die kümmern, bei Linke lautet, dass wir allen alles versprechen. Das, ver- denen etwas auszusetzen ist. Aber wir dürfen nicht pau- ehrter Kollege Steinbrück, ist natürlich grober Unfug, schal allen das Misstrauen aussprechen. Wenn wir mit um einmal bei Ihrer Wortwahl zu bleiben. Wir verspre- diesem Gedanken an die Haushaltsdebatte herangehen, chen der Allianz Versicherung gar nichts. haben wir eine gute Grundlage. Alle sind eingeladen, (Beifall bei der LINKEN) Vorschläge zu machen – was gut ist, kann noch besser werden –, aber bitte Vorschläge, die umsetzbar sind, Im Gegenteil: Wir fordern, dass die Unternehmensteu- nicht Vorschläge, die man, wie man genau weiß, nicht erreform, mit der Sie den Konzernen Milliarden Euros umsetzen muss, weil man nicht die Mehrheit hat und an Steuern erlassen wollen, gestoppt wird. Wir wollen, deshalb meint, Fantasieforderungen erheben zu können. dass die riesigen Gewinne, die die Versicherungen mit Das geht nicht. der Riester-Rente gemacht haben, besteuert werden. Sie sind herzlich eingeladen, mitzuberaten. Ich freue (Beifall bei der LINKEN – Bernhard mich auf eine konstruktive Beratung. Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Wer hat Ih- nen denn den Blödsinn aufgeschrieben?) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD) Wir versprechen auch Herrn Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, nichts. Im Gegenteil, wir als Linke wollen, dass er und die anderen Besserverdienenden in Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Zukunft einen Spitzensteuersatz von 50 Prozent zahlen. Jetzt spricht für die Fraktion Die Linke die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Wir versprechen auch Enron und Vattenfall nichts. Im Gegenteil, wir wollen eine Sondersteuer zur Abschöp- fung der leistungslos erzielten Gewinne aus dem Emis- Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): sionshandel. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Wenn Sie sich das Medien- (Beifall bei der LINKEN) echo dieser Haushaltswoche im Bundestag anschauen, Herr Steinbrück, den Teil der Gesellschaft, der von dann müssen Sie den Eindruck bekommen, dass es nur Ihnen nach allen Regeln der Kunst verwöhnt wird, den noch eine Oppositionspartei gibt: die Linke. Das ist zwar wollen wir wirklich fordern und fördern. Für diese Bun- bedauerlich; aber wir stehen das durch. (B) desregierung gilt die Formel „Fordern und Fördern“ da- (D) (Beifall bei der LINKEN – Bernhard gegen nur im Hinblick auf die Arbeitslosen, nicht im Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Das stand Hinblick auf die Unternehmen. Das ist eine Schieflage. wohl im Neuen Deutschland! – Otto Fricke (Beifall bei der LINKEN) [FDP]: Ein rotes Rumpelstilzchen, das ist die Linke!) Ich fand den Einwurf von Bundespräsident Köhler richtig, der von den Unternehmen gefordert hat, sie soll- Ich weiß jetzt, dass Herr Niebel mit Herrn Pofalla ten doch einmal selber Vorschläge machen, wie die Sub- Hirsch aß und dass die FDP jederzeit bereit ist – eigent- ventionen, die sie erhielten, gesenkt werden könnten. Ich lich schon seit 40 Jahren –, mit der CDU/CSU eine Ko- nahm das zum Anlass, im Wirtschaftsministerium, bei alition einzugehen. Herrn Glos, eine Anfrage zu stellen. (Otto Fricke [FDP]: Wir hatten in den letzten (Zuruf von der CDU/CSU: Hier ist er, in den 40 Jahren auch mit anderen eine Koalition! – Reihen der Abgeordneten!) Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie verlieren – Mein Lieblingsminister, ja. – mit den Sozialdemokraten! Seien Sie vorsich- tig da vorn!) (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN) Auch Herr Kuhn von den Grünen lobte die Kanzlerin so Ich habe ihn gefragt, ob ihm denn Vorschläge der Wirt- sehr, dass ich noch einmal nachgeschaut habe, wann die schaft zum Subventionsabbau vorliegen. Sie erinnern Bundestagwahl eigentlich stattfindet. Sie ist erst im sich sicherlich an Ihre Antwort, Herr Glos. Die Wirt- Jahre 2009; aber FDP und Grünen sind die Oppositions- schaft hat keine Vorschläge zum Abbau der Subventio- bänke offensichtlich schon jetzt zu hart. nen vorgelegt. Sie macht immer nur Vorschläge zulasten der sozial Schwachen. Das ist nicht in Ordnung. (Ulrike Flach [FDP]: Na, na!) (Beifall bei der LINKEN) Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf eine klare und kritische Opposition, und die bekommen sie Die Regierung vermittelt immer den Eindruck, dass von uns. nur wir als Linke Steuergelder umverteilen wollen. Das ist aber nicht richtig. Die rot-grüne und auch die (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: schwarz-rote Regierung haben ein gigantisches Umver- Ihr sitzt in Berlin ganz schön weich auf den teilungskarussell angeschoben. Herr Eichel, der Vorgän- Bänken!) ger von Herrn Steinbrück, nannte die Zahl von Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11739

Dr. Gesine Lötzsch (A) 60 Milliarden Euro Steuerausfall durch Umverteilung. die Haushalte der Kommunen und Länder im Durch- (C) Wir wollen dieses Karussell erst einmal anhalten und die schnitt einen leichten Überschuss aufweisen. Ohne die wieder aufnehmen, die aus der Bahn geworfen wurden. Mehrwertsteuererhöhung wäre dies aber nicht möglich Das bedeutet zum Beispiel die Verlängerung des gewesen. Deshalb entgegne ich allen – vor allem aufsei- Arbeitslosengeldes I, die Erhöhung des Arbeitslosen- ten der FDP –, die das Thema auch in dieser Debatte geldes II auf 435 Euro und ein gerechtes Elterngeld auch wieder erwähnt haben: Entweder können Sie nicht rech- für Menschen mit geringem Einkommen. nen, oder Sie sind in dieser Frage bösartig. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Doch es geht nicht nur um Umverteilung – wie immer Ulrike Flach [FDP]: Na, na!) behauptet wird –, sondern wir fordern auch mehr Geld Die Union hat sich vor Jahren unter dem Motto „Drei für öffentliche Investitionen. Ich wiederhole: Es ist ein mal 40 Prozent“ drei sehr ehrgeizige Ziele im Bereich Skandal, dass der Verteidigungshaushalt wesentlich grö- der Finanzpolitik gesetzt. Unser erstes Ziel war und ist, ßer ist als der Umfang der Mittel für die öffentlichen In- die Sozialabgaben auf 40 Prozent zu beschränken. Auch vestitionen. Auch diese Schieflage wollen wir beseiti- diesem Ziel sind wir ein ganzes Stück näher gekommen. gen. Die Sozialabgaben liegen derzeit bei knapp über (Beifall bei der LINKEN) 40 Prozent. Es geht aber nicht nur darum, Investitionen zu tätigen, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gut!) sondern auch darum, sie zu schützen. Es geht nicht an, Wir sehen noch Reserven bei der Arbeitslosenversiche- dass die Deutsche Bahn, die die Menschen jahrzehnte- rung und hoffen, noch im Laufe dieser Legislaturperiode lang mit ihren Steuern subventioniert haben, jetzt zu ei- das Ziel von 40 Prozent zu erreichen. nem Bruchteil ihres Wertes verscherbelt werden soll. Das ist Betrug an den Menschen. Dem stellen wir uns (Beifall bei der CDU/CSU) entgegen. Das zweite Ziel war, die Staatsquote auf 40 Prozent (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Anja zu senken. Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Projekt Wir wollen Schluss machen mit der Umverteilung Stoiber!) von unten nach oben, der Finanzierung von Kriegen und der Zerstörung der Umwelt. Es ist Zeit für eine haus- Wir haben immer gesagt, dass die Erreichung dieses Zie- (B) haltspolitische Wende. les viele Jahre dauern wird. Im Zusammenhang mit der (D) Vielen Dank. Staatsquote ist auch in dieser Debatte wiederholt mein Vorgänger im Wahlkreis, Gerhard Stoltenberg, erwähnt (Beifall bei der LINKEN) worden. Ihm ist es seinerzeit als Finanzminister gelun- gen, innerhalb von sechs Jahren die Staatsquote von Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: 47,5 Prozent auf 43 Prozent zu senken. Das war der Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege niedrigste Wert über Jahrzehnte. Im Rahmen der Wie- . dervereinigung hat sich die Staatsquote dann der 49-Pro- zent-Marke genähert; das war klar. Aber wir sind auch (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) hier auf dem richtigen Weg. Die Staatsquote liegt nun bei 45 Prozent, Tendenz sinkend. Der Minister hat recht, Otto Bernhardt (CDU/CSU): wenn er sagt: All das Gerede, der Staat werde immer fet- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und ter, ist nicht richtig. Der Maßstab ist die Staatsquote. Herren! Die Große Koalition hat sich in ihrer Finanz- Hier befinden wir uns auf dem richtigen Weg. politik von Anfang an zwei Ziele gesetzt, die sie gleich- 45 Prozent sind ein gutes Zwischenergebnis. Unser Ziel zeitig erreichen wollte: erstens die nachhaltige Sanie- sind aber 40 Prozent. rung der öffentlichen Finanzen und zweitens die Beim dritten Ziel sind wir in der ersten Hälfte dieser Stärkung der Wachstumskräfte der Wirtschaft. Bei bei- Legislaturperiode nicht weitergekommen. Mit der dritten den Aufgaben haben wir in der ersten Hälfte dieser Le- 40 haben wir gemeint, dass der Spitzensteuersatz bei gislaturperiode Enormes geleistet. Ich glaube, dass sich 40 Prozent liegen soll. Die 50 Prozent, die Sie, Frau Kol- die Leistungen in beiden Bereichen sehen lassen können. legin Lötzsch, eben nannten, haben wir heute praktisch. Es ist unser Ziel, in der zweiten Hälfte der Legislatur- Wenn man zu den 42 Prozent Spitzensteuersatz den Soli- periode weiter erfolgreich an beiden Aufgaben zu arbei- daritätszuschlag, die Kirchensteuer und die besonderen ten. Abgaben für hohe Einkommen hinzurechnet, dann stellt (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) man fest, dass wir uns hier der 50-Prozent-Marke nä- hern. Ich sage daher sehr deutlich: Eine zentrale Auf- Auch wenn es unpopulär ist, sage ich sehr deutlich: gabe in der nächsten Legislaturperiode ist für uns eine Ohne die Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre dies nicht Reform der Lohn- und Einkommensteuer mit dem Ziel, möglich gewesen. Das gilt insbesondere für die Sanie- eine deutliche Senkung herbeizuführen. rung der öffentlichen Finanzen. Es ist zwar richtig, dass im ersten Halbjahr die Sozialversicherungen wie auch (Beifall bei der CDU/CSU) 11740 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

Otto Bernhardt (A) Ich weiß, dass es hier im Hause eine Reihe von Kolle- die Große Koalition insgesamt –: Wir werden die bisher (C) gen gibt – bei der FDP, aber vereinzelt auch bei uns –, betriebene Finanzpolitik – nachhaltige Sanierung der die die Einkommensteuer gerne noch in dieser Legisla- Haushalte und Stärkung der Wachstumskräfte der Wirt- turperiode senken würden. Ich sage es sehr deutlich: Das schaft – auch in der zweiten Hälfte dieser Legislaturperi- geht nicht. Der Kollege Fromme hat eben darauf hinge- ode fortsetzen, um dann mit hervorragenden Ergebnissen wiesen: Wir haben noch ein strukturelles Defizit in Höhe vor die Wähler zu treten. von 23 Milliarden Euro. Wir haben eine Nettoneuver- Herzlichen Dank. schuldung in Höhe von 13 Milliarden Euro geplant. Ich glaube, in dieser Situation wäre es unverantwortlich, nun (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) durch weitere Steuersenkungen das Erreichen des Ziels, das wir schon vor Augen haben, nämlich endlich wieder Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, zu gefähr- Ich schließe die Aussprache. den. Interfraktionell wird Überweisung des Entwurfs des (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Haushaltsgesetzes 2008 und des Finanzplans des Bundes der SPD) 2007 bis 2011 auf den Drucksachen 16/6000 und 16/6001 an den Haushaltsausschuss vorgeschlagen. Sind Sie da- Deshalb sollte man zurzeit keine Aussagen in diese mit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Über- Richtung machen. weisung so beschlossen. Aus meiner Sicht hat die Haushaltsdebatte deutlich Wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung. gemacht, dass die Große Koalition mit ihrer Finanzpoli- tik auf dem richtigen Weg ist. Ich habe von den drei Op- Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- positionsfraktionen keine nachvollziehbaren Alternati- destages auf Mittwoch, den 19. September 2007, 13 Uhr, ven gehört. ein. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!) Nehmen Sie die gewonnenen Einsichten und genie- ßen Sie das Wochenende! Das ist wahrscheinlich eines der entscheidenden Ergeb- Die Sitzung ist geschlossen. nisse dieser Haushaltsberatungen. Deshalb sage ich sehr deutlich für die Union – ich denke, ich spreche hier für (Schluss: 12.33 Uhr)

(B) (D) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11741

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Dr. Addicks, Karl FDP 14.09.2007 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 14.09.2007

Dr. Akgün, Lale SPD 14.09.2007 Meckel, Markus SPD 14.09.2007

Altmaier, Peter CDU/CSU 14.09.2007 Müller-Sönksen, FDP 14.09.2007 Burkhardt Andres, Gerd SPD 14.09.2007 Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 14.09.2007 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 14.09.2007 Ortel, Holger SPD 14.09.2007 Bülow, Marco SPD 14.09.2007 Otte, Henning CDU/CSU 14.09.2007 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 14.09.2007 Philipp, Beatrix CDU/CSU 14.09.2007 Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 14.09.2007 DIE GRÜNEN Röring, Johannes CDU/CSU 14.09.2007

Dörflinger, Thomas CDU/CSU 14.09.2007 Roth (Heringen), SPD 14.09.2007 Michael Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 14.09.2007 Sager, Krista BÜNDNIS 90/ 14.09.2007 Friedhoff, Paul K. FDP 14.09.2007 DIE GRÜNEN (B) (D) Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 14.09.2007 Schäfer (Bochum), SPD 14.09.2007 Axel Gloser, Günter SPD 14.09.2007 Schily, Otto SPD 14.09.2007 Göbel, Ralf CDU/CSU 14.09.2007 Scholz, Olaf SPD 14.09.2007 Götz, Peter CDU/CSU 14.09.2007 Seehofer, Horst CDU/CSU 14.09.2007 Golze, Diana DIE LINKE 14.09.2007 Spieth, Frank DIE LINKE 14.09.2007 Griefahn, Monika SPD 14.09.2007 Dr. Stinner, Rainer FDP 14.09.2007 Haustein, Heinz-Peter FDP 14.09.2007 Strothmann, Lena CDU/CSU 14.09.2007 Hemker, Reinhold SPD 14.09.2007 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 14.09.2007 Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/ 14.09.2007 DIE GRÜNEN

Hirsch, Cornelia DIE LINKE 14.09.2007 Anlage 2 Dr. Hofreiter, Anton BÜNDNIS 90/ 14.09.2007 DIE GRÜNEN Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 835. Sitzung am 6. Juli Dr. Jung, Franz Josef CDU/CSU 14.09.2007 2007 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Jung (Karlsruhe), SPD 14.09.2007 Grundgesetzes nicht zu stellen: Johannes – Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passiv- Klug, Astrid SPD 14.09.2007 rauchens 11742 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

(A) – Drittes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungs- Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie- (C) rechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen ßung gefasst: Verfolgung in der ehemaligen DDR 1. Der Bundesrat begrüßt die mit dem Unternehmen- – … Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung steuerreformgesetz 2008 eingeleitete Entlastung der der Computerkriminalität (… StrÄndG) Unternehmen. Die Absenkung der nominalen Kör- perschaftsteuersätze stärkt die Wettbewerbsfähigkeit – Gesetz zur Einführung eines Alkoholverbots für vieler Unternehmen und damit den Wirtschafts- und Fahranfänger und Fahranfängerinnen Finanzstandort Deutschland. International wettbe- – Zweites Gesetz zum Abbau bürokratischer werbsfähige Steuersätze sichern Investitionen in Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Deutschland und leisten damit einen positiven Bei- Wirtschaft trag zur Entwicklung am Arbeitsmarkt. – Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Re- 2. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Zeitalter form berufsrechtlicher Regelungen in der Wirt- der Globalisierung diese international wettbewerbs- schaftsprüferordnung (Berufsaufsichtsreformge- fähigen Steuersätze mit steuerlichen Rahmenbedin- setz – BARefG) gungen kombiniert sein müssen, die international agierenden Unternehmen Anreize für eine Ansied- – Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom 8. Dezem- lung bzw. einen Verbleib in Deutschland bieten. In ber 2005 zum Übereinkommen über die Sicher- gleichem Maße müssen davon die nationalen kleinen heit von Personal der Vereinten Nationen und bei- und mittleren Unternehmen profitieren, die eigentli- geordnetem Personal cher Motor für die Schaffung von Arbeitsplätzen in – Gesetz zu dem Abkommen vom 15. Dezember Deutschland sind. Die Bundesregierung wird deshalb 2003 über Politischen Dialog und Zusammenar- gebeten, die Auswirkungen der Steuerreform im Jahr beit zwischen der Europäischen Gemeinschaft 2009 insbesondere unter folgenden Gesichtspunkten und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Re- zu überprüfen: publik Costa Rica, der Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, a) Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen der Republik Nicaragua und der Republik Pa- tragen durch die Verbreiterung der Bemessungs- nama andererseits grundlage, insbesondere durch die Beschränkung der Sofortabschreibung geringwertiger Wirt- – Gesetz zu dem Abkommen vom 25. Juni 2005 zur schaftsgüter und Abschaffung der degressiven Änderung des Partnerschaftsabkommens vom Abschreibung, maßgeblichen Anteil an der Ge- (B) 23. Juni 2000 zwischen den Mitgliedern der Gruppe genfinanzierung. Demgegenüber können nicht (D) der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im alle mittelständischen Personengesellschaften Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen von dem Investitionsabzugsbetrag oder der The- Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits saurierungsrücklage profitieren. Der Bundesrat (AKP-EG-Partnerschaftsabkommen) sieht mit Sorge, dass diese für die kleinen und mittleren Unternehmen insgesamt belastenden – Gesetz zu dem Abkommen vom 1. Juni 2006 zwi- Maßnahmen zu einer Benachteiligung des Mittel- schen der Bundesrepublik Deutschland und Ge- standes und zu mehr Bürokratie führen könnten. orgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und b) Investitionen in Deutschland zur Produktivitäts- vom Vermögen und Standortverbesserung auch über Fremdfinan- zierung müssen ohne steuerliche Sanktionen – Gesetz zu dem Abkommen vom 12. Oktober 2006 möglich bleiben. Die Zinsschranke muss aus zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Sicht des Bundesrates zielgenau auf missbräuch- der Französischen Republik zur Vermeidung der liche Steuergestaltungen ausgerichtet werden und Doppelbesteuerung der Nachlässe, Erbschaften darf langfristige Investitionen für Arbeitsplätze in und Schenkungen Deutschland nicht gefährden. – Gesetz zu den Internationalen Gesundheitsvor- schriften (2005) (IGV) vom 23. Mai 2005 c) Die Ausweitung der Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer durch die Hinzurechnung – Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung von sämtlicher Zinsen sowie der Finanzierungsanteile immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver- aus Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzen fahren darf bei Unternehmen, die Investitionen mit ho- hem Kreditbedarf durchführen, nicht zu einer – Gesetz zur Ablösung des Abfallverbringungsge- Substanzbesteuerung führen. Im Rahmen der Ge- setzes und zur Änderung weiterer Rechtsvor- werbesteuer muss das grundlegende Prinzip der schriften Gewinnbesteuerung erhalten bleiben. – Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungs- 3. Die neue gesetzliche Regelung zur Funktionsverlage- periode 2008 bis 2012 rung in § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) ist wegen der Vielgestaltigkeit möglicher Sachverhalte noch re- – Unternehmensteuerreformgesetz 2008 lativ unbestimmt. Sie bedarf daher noch der Präzisie- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11743

(A) rung durch eine entsprechende Rechtsverordnung. Der Bundesrat betont noch einmal seine Auffassung, (C) Der Bundesrat geht davon aus, dass bei dieser Durch- dass eine gezielte Zuwanderung von Hochqualifizierten führungsverordnung Regelungen gefunden werden, im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland er- die sicherstellen, dass Forschungs- und Entwick- leichtert werden muss. Er begrüßt dazu die Haltung der lungsinvestitionen im Inland oder der Wissenstransfer Bundesregierung, die Absenkung der Zugangsvorausset- innerhalb verbundener Unternehmen nicht erschwert zungen für Hochqualifizierte außerhalb des Gesetzge- werden. bungsverfahrens zu prüfen und Lösungen vorzuschla- gen. 4. Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass die Regelung beim sog. Mantelkauf zum Grundanliegen des Geset- Der Bundesrat weist darüber hinaus auf die Notwen- zes kontraproduktiv wirken kann. Insbesondere den digkeit hin, weitere Verbesserungen auch im Bereich vollständigen Untergang des Verlustvortragspotenti- selbstständiger Tätigkeit vorzunehmen. Auch hier ist im als bei jeder Übernahme von mehr als 50 % der An- Interesse des Wirtschafts- und Arbeitsplätzestandorts teile durch einen Investor sieht der Bundesrat kritisch, Deutschland eine weitere, über die im Gesetzesbeschluss da so vor allem jungen innovativen Unternehmen we- vorgenommene, Reduzierung der Mindestinvestitions- sentliche Teile des Kapitalmarkts bei der Suche nach summe geboten. neuen Investoren verschlossen bleiben. Der Bundes- Der Bundesrat wird zum Bereich der Arbeitsmigra- rat erwartet, dass die Bundesregierung diese Proble- tion sowie zu den weiteren in seiner Stellungnahme zu matik und Analyse der tatsächlichen Auswirkungen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung unterbreiteten im Rahmen des anstehenden Gesetzgebungsverfah- Bedenken und Anregungen die weitere Entwicklung in- rens zur Förderung von Wagniskapital aufgreift, um tensiv verfolgen und bei Bedarf geeignete Schritte er- so evtl. festgestellte unerwünschte Auswirkungen der greifen, um auf weitere Verbesserungen zu dringen. gesetzlichen Neuregelung zum Mantelkauf zu elimi- nieren. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben – Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschli- mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 chen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie- nachstehenden Vorlagen absieht: ßung gefasst: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Der Bundesrat begrüßt, dass zum Gewebegesetz letzt- Geschäftsordnung endlich ein vertretbarer Kompromiss zwischen den Län- (B) dern und der Bundesregierung zustande gekommen ist. – Unterrichtung durch die Bundesregierung (D) Bericht zur Änderung von Wahlrechtsvorschriften auf- Inhalt dieses Kompromisses ist unter anderem die nun- grund von gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeord- mehr vorgesehene Unterteilung in bekannte und neuartige neten des sechsten Europäischen Parlaments aus der Gewebe bzw. Gewebezubereitungen. Danach werden die Bundesrepublik Deutschland 2004 eingegangenen Wahl- Bestimmungen bezüglich der Be- und Verarbeitung von einsprüchen bekannten Geweben sowie deren Konservierung, Lage- – Drucksachen 16/536, 16/720 Nr. 2 – rung und Inverkehrbringen vereinfacht. Auswärtiger Ausschuss Um zu gewährleisten, dass auf diesem Weg tatsäch- lich das ursprüngliche Ziel einer praktikablen, unbüro- – Unterrichtung durch die Bundesregierung kratischen und trotzdem sicheren Regelung für bekannte Erster Bericht der Bundesregierung über die Umset- Gewebe erreicht wurde, wird die Bundesregierung gebe- zung des Aktionsplans zur zivilen Krisenprävention, ten, sobald als möglich, jedoch spätestens zwei Jahre Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung – Sicher- nach Inkrafttreten des Gewebegesetzes, dem Bundesrat heit und Stabilität durch Krisenprävention gemeinsam über die dann vorliegenden Erfahrungen zu berichten. stärken – Drucksache 16/1809 – – Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrecht- licher Richtlinien der Europäischen Union – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Zusammenarbeit zwi- Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie- schen der Bundesrepublik Deutschland und den Verein- ßung gefasst: ten Nationen in den Jahren 2004 und 2005 – Drucksachen 16/3800, 16/4101 Nr. 3 – Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Mai 2007 (Bundesratsdrucksache 224/07 Beschluss) Bedenken Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und Anregungen formuliert, die nach seiner Auffassung einer besseren Vollziehbarkeit und breiteren Akzeptanz – Unterrichtung durch die Bundesregierung des Gesetzes dienen. Er nimmt mit Bedauern zur Kennt- Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse- nis, dass in der Gegenäußerung der Bundesregierung rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für und dem Gesetzesbeschluss des Bundestages praktisch den Zeitraum 2006 bis 2009 keine seiner Anregungen übernommen worden sind. – Drucksachen 16/2522, 16/2813 Nr. 1.2 – 11744 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007

(A) – Unterrichtung durch die Bundesregierung Drucksache 16/5681 Nr. 1.33 (C) Bericht über die Überprüfung des Saatgutrechts 2006 Drucksache 16/5681 Nr. 1.34 Drucksache 16/5681 Nr. 1.35 – Drucksachen 16/3300, 16/3563 Nr. 1.5 – Drucksache 16/5681 Nr. 1.36 Drucksache 16/5681 Nr. 1.42 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Waldzustandsbericht 2005 – Ergebnisse des forstlichen Umweltmonitorings – Haushaltsausschuss – Drucksachen 16/493, 16/720 Nr. 1 – Drucksache 16/5505 Nr. 2.33 Drucksache 16/5505 Nr. 2.38 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse- rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2005 bis 2008 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Drucksache 15/5820 – Drucksache 16/629 Nr. 1.4 Drucksache 16/5681 Nr. 1.41 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Drucksache 16/5806 Nr. 1.2 Agrarpolitischer Bericht 2006 der Bundesregierung Drucksache 16/5806 Nr. 1.4 – Drucksache 16/640 –

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben Verbraucherschutz mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Drucksache 16/1748 Nr. 2.18 Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Drucksache 16/3060 Nr. 1.3 Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- Drucksache 16/3060 Nr. 1.16 Drucksache 16/3196 Nr. 1.3 tung abgesehen hat. Drucksache 16/3573 Nr. 2.27 Drucksache 16/4105 Nr. 2.20 Drucksache 16/4105 Nr. 2.30 Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/4258 Nr. 2.28 Drucksache 16/4258 Nr. 2.44 Drucksache 16/4635 Nr. 1.2 Drucksache 16/4258 Nr. 2.56 Drucksache 16/5329 Nr. 1.8 Drucksache 16/5681 Nr. 1.17 Drucksache 16/5505 Nr. 2.7 Drucksache 16/5681 Nr. 1.18 Drucksache 16/5505 Nr. 2.8 Drucksache 16/5681 Nr. 1.24 Drucksache 16/5505 Nr. 2.9 Drucksache 16/5505 Nr. 2.11 (B) Drucksache 16/5505 Nr. 2.30 (D) Drucksache 16/5505 Nr. 2.31 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/5505 Nr. 2.34 Drucksache 16/5505 Nr. 2.35 Drucksache 16/5329 Nr. 1.3 Drucksache 16/5505 Nr. 2.40 Drucksache 16/5505 Nr. 2.2 Drucksache 16/5681 Nr. 1.6 Drucksache 16/5505 Nr. 2.23 Drucksache 16/5505 Nr. 2.24 Drucksache 16/5505 Nr. 2.39 Drucksache 16/5681 Nr. 1.5 Innenausschuss Drucksache 16/5681 Nr. 1.7 Drucksache 16/4105 Nr. 2.37 Drucksache 16/4258 Nr. 2.1 Drucksache 16/4939 Nr. 2.2 Drucksache 16/5199 Nr. 1.9 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Drucksache 16/5199 Nr. 2.25 Reaktorsicherheit Drucksache 16/5505 Nr. 2.36 Drucksache 16/1207 Nr. 1.9 Drucksache 16/1207 Nr. 1.20 Drucksache 16/3196 Nr. 1.38 Rechtsausschuss Drucksache 16/4105 Nr. 2.32 Drucksache 16/4105 Nr. 2.76 Drucksache 16/150 Nr. 2.259 Drucksache 16/4501 Nr. 2.22

Ausschuss für Bildung, Forschung und Finanzausschuss Technikfolgenabschätzung Drucksache 16/5505 Nr. 2.17 Drucksache 16/3713 Nr. 1.15 Drucksache 16/5505 Nr. 2.25 Drucksache 16/3897 Nr. 1.1 Drucksache 16/5505 Nr. 2.32 Drucksache 16/5505 Nr. 2.1 Drucksache 16/5681 Nr. 1.8 Drucksache 16/5505 Nr. 2.4 Drucksache 16/5681 Nr. 1.14 Drucksache 16/5681 Nr. 1.15 Drucksache 16/5681 Nr. 1.19 Drucksache 16/5681 Nr. 1.20 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Drucksache 16/5681 Nr. 1.22 Entwicklung Drucksache 16/5681 Nr. 1.30 Drucksache 16/150 Nr. 2.137 Drucksache 16/5681 Nr. 1.31 Drucksache 16/150 Nr. 2.280 Drucksache 16/5681 Nr. 1.32 Drucksache 16/722 Nr. 1.16 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. September 2007 11745

(A) Drucksache 16/993 Nr. 1.9 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen (C) Drucksache 16/1101 Nr. 2.2 Union Drucksache 16/1101 Nr. 2.16 Drucksache 16/1475 Nr. 2.30 Drucksache 16/1475 Nr. 2.36 Drucksache 16/2555 Nr. 2.24 Drucksache 16/2555 Nr. 1.23 Drucksache 16/4501 Nr. 1.4 Drucksache 16/2555 Nr. 1.39 Drucksache 16/4501 Nr. 1.5 Drucksache 16/2555 Nr. 2.37 Drucksache 16/3196 Nr. 1.7 Drucksache 16/3382 Nr. 2.6 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 16/4105 Nr. 1.2 Drucksache 16/4105 Nr. 2.34 Drucksache 16/4258 Nr. 2.52 Drucksache 16/4105 Nr. 2.94 Drucksache 16/5329 Nr. 2.1

(B) (D)

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