Rote Liste gefährdeter Wegwespen (: Pompilidae) Bayerns

Bearbeitet von Klaus Weber, Johannes Voith, Klaus Mandery, Karl-Heinz Wickl und Manfred Kraus unter Mitarbeit von Dieter Bausenwein und Manfred Blösch.

Einführung Gefährdungssituation, Gefährdungsfaktoren

Die Wegwespen erbeuten zur Ernährung ihrer Die Hauptgefährdung der Wegwespen ist im Le- Larven ausschließlich Spinnen verschiedenster bensraumverlust zu suchen. Viele der Wegwes- Familien. Pro Brutzelle wird nur eine gelähmte penarten sind Besiedler trockenwarmer Offenha- Spinne eingetragen. Die Gattungen Ceropales bitate (z. B. Sandlebensräume, Halbtrocken- und und sind Brutschmarotzer bei anderen Trockenrasen, Magerwiesen, Trockenhänge, Bra- Wegwespenarten. Alle Imagines besuchen zur ei- chen) und sie sind z. T. an besondere Habitatstruk- genen Ernährung Blüten von Pflanzen mit offen- turen (z. B. Weinbergsmauern, Lockersande, liegenden Nektarien, an denen sie saugen. Außer- Schilf) gebunden. Diese Lebensräume und Habi- dem nehmen sie Honigtau in Blattlauskolonien tate werden durch den Menschen stark verän- auf und kneten mit ihren Mandibeln die erbeute- dert. Die Flächen werden überbaut (Industrie, ten Spinnen und lecken austretende Körpersäfte. Siedlungen, Verkehrswege etc.) oder die Nutzung Wegwespen nisten in vorhandenen Bodenöffnun- wird intensiviert oder extensive Nutzungen wer- gen oder graben z. T. selbst Nester. Auch ober- den aufgegeben, was zu einer Verbuschung und irdische Hohlräume wie beispielsweise Käfer- schließlich zur Bewaldung führt. Eine extensive bohrlöcher in Totholz oder hohle Stängel werden Nutzung kann oft nut durch die Förderprogramme genutzt. Die Gattung Auplopus fertigt Mörtelnes- des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, ter aus Ton und die Arten der Gattung Eoferreola Gesundheit und Verbraucherschutz, nämlich durch und Homonotus erbeuten Spinnen in deren Erd- die Landschaftspflegerichtlinien und das VNP ge- röhren und nutzen diese als Brutzellen für ihre währleistet werden. Nur durch die Bereitstellung Larven. finanzieller Mittel durch die Bayerische Regierung, Die Wegwespen besiedeln bevorzugt trockenwar- die oftmals durch die EU cofinanziert werden, me Lebensräume, wie Sandmagerrasen, Halbtro- kann ein weiteres Artensterben verhindert wer- cken- und Trockenrasen, sind aber auch in Feucht- den. lebensräumen (Schilfnister), an Waldrändern und Natürlich muss auch ein entsprechendes Nah- im Gebirge zu finden. rungsangebot für die Imagines und die Larven zur Verfügung stehen. Jedoch bestehen nach derzei- tigem Kenntnisstand kaum spezifischen Zusam- Faunistischer Kenntnisstand menhänge zwischen Wegwespenart und Pflanzen bzw. Spinnenarten, wie sie z. B. teilweise bei Bie- Nach OEHLKE et al. (2001) gibt es in Deutschland nen und deren spezifischen Pollenquellen be- 100 Wegwespenarten. In der ersten Roten Liste kannt sind. Bayerns (WEBER 1992) werden 79 Arten genannt. Inzwischen gibt es Nachweise von 85 Arten aus Von den 85 heimischen Arten mussten 55 Arten Bayern, da zum einen Nachweise von Arten aus in die Gefährdungskategorien der Roten Liste früherer Zeit bekannt wurden und zum anderen Bayerns aufgenommen werden, dies entspricht Arten erstmals in Bayern gefunden werden konn- einem Anteil von knapp 65 %. ten. Neu sind hinzugekommen (mit Quellen): Ein Vergleich zur Vorgängerliste ist nicht sinnvoll, Agenioideus ciliatus (SCHMID-EGGER & WOLF da 1992 andere Kriterien für die Einstufung in die 1992), Anoplius alpinobalticus (MANDERY 2001), jeweiligen Kategorien gegeben waren und der Aporinellus sexmaculatus (WEBER 2000), Arachno- Kenntnisstand sowie die zugrunde liegende Da- spila rhaetabnormis (SMISSEN 1996), Arachnospila tenlage nur unbefriedigend war. Die Liste wurde westerlundi (WEBER 1998), Episyron arrogans deshalb auch nur als erste Diskussionsgrundlage (SCHMID-EGGER & WOLF 1992) und Poecilagenia bezeichnet. Dies hat sich inzwischen geändert 1 rubricans (SCHMIEDEKNECHT 1930, SCHNEID 1954, und es liegen umfangreiche Kenntnisse und Da- MANDERY 2001). ten zur Wegwespenfauna Bayerns vor. Evagetes subnudus muss gestrichen werden, da Erfreulich ist, dass Cryptocheilus fabricii, Evage- dieses Taxon ein jüngeres Synonym zu E. sub- tes littoralis, Homonotus sanguinolentus und Pri- glaber ist. ocnemis hankoi wieder in Bayern nachgewiesen Die Nomenklatur richtet sich nach OEHLKE et al. werden konnten. Die Art Evagetes alamannicus (2001). kam auch 1992 in Bayern vor, wurde jedoch auf- grund taxonomischer Probleme mit E. proximus 1 Die Art wurde in der ersten Roten Liste Bayerns nicht berücksichtigt, da vermengt und galt deshalb als verschollen. nur ein Nachweis von Funk existierte und seine Nachweise aufgrund sei- ner Etikettierung nicht immer eindeutig waren. Aufgrund eines Neunach- weises von MANDERY (2001) ist das alte Vorkommen nun jedoch wahr- scheinlich.

BayLfU/166/2003 Rote Liste gefährdeter Wegwespen (Hymenoptera: Pompilidae) Bayerns 191

Schutz Deutschlands. – Entomofauna Germanica Band 4. Entomologische Nachrichten und Zum Schutz der Wegwespen sind vor allem die Berichte (Dresden) Beiheft 7: 133–136. xerothermen Lebensräume zu erhalten. Dies SCHMID-EGGER, C. & H. WOLF (1992): Die Weg- kommt vor allem den Arten der Kategorie 1 zu- wespen Baden-Württembergs (Hymeno- gute, die allesamt auf solche Standorte ange- ptera, Pompilidae). – Veröff. Naturschutz wiesen sind. Arachnospila nivalabnormis und Landschaftspflege Bad.-Württ. 67: 267– Arachnospila rhaetabnormis kommen in Deutsch- 370. land ausschließlich in den bayerischen Alpen vor. SCHMIEDEKNECHT, O. (1930): Die Hymenopteren Nanoclavelia leucopterus wurde in Süddeutsch- Nord- und Mitteleuropas. – 2. Aufl.; land letztmalig in Bayern nachgewiesen. Dieser 1062 S.; Jena. Fundort ist jedoch beim Bau des Main-Donauka- SCHNEID, T. (1954): Die Wegwespen (Pompilidae) nals zerstört worden, so dass zu befürchten ist, und Goldwespen (Chrysididae) der Umge- dass die Art aus Süddeutschland verschwunden bung Bambergs. – Ber. naturf. Ges. Bam- ist. Dipogon vechti ist aktuell (letzter Nachweis berg 34: 29–46. 1983!) nur aus Bayern nachgewiesen. Neben den SMISSEN, J. V.D. (1996): Zur Kenntnis einzelner bayerischen Fundorten von Poecilagenia rubricans Arachnospila-Weibchen – mit Bestim- und Priocnemis mesobrometi sind derzeit nur mungsschlüssel für die geringbehaarten, noch wenige in Baden-Württemberg bzw. in Ba- kammdorntragenden Weibchen der Gat- den-Württemberg und Rheinland-Pfalz bekannt. tung Arachnospila KINCAID, 1900 (Hymeno- Für die letztgenannten Arten trägt somit Bayern ptera: Pompilidae). – Drosera ’96 (2): 73– eine besondere Verantwortung für deren Erhalt 102. auf Bundesebene. WEBER, K. (1992): Rote Liste gefährdeter Weg- wespen (Pompilidae) Bayerns. – In: BAYERI- SCHES LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ Literatur (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Bay- erns. – Schr.-R. Bayer. Landesamt f. Um- MANDERY, K. (2001): Die Bienen und Wespen Fran- weltschutz 111: 154–156. kens. – Bund Naturschutz Forschung WEBER, K. (1998): Revision der „Wespensamm- (Nürnberg) 5: 1–287. lung“ von T. Schneid im Naturkundemu- MANDERY, K., KRAUS, M., VOITH, J., WICKL, K.-H., seum Bamberg (Hymenoptera: „Scolioi- SCHEUCHL, E., SCHUBERTH, J. & K. WARNCKE dea“, Pompilidae, Vespidae, Sphecidae). – (†) (2003): Faunenliste der Bienen und LXXII. Bericht Naturf. Ges. Bamberg Wespen Bayerns mit Angaben zur Verbrei- (1997): 113–156. tung und Bestandssituation (Hymenoptera: WEBER, K. (2000): Aporinellus sexmaculatus Aculeata). – Beiträge zur bayerischen Ento- (Hymenoptera: Pompilidae) und Passaloe- mofaunistik 5: 47–98. cus pictus (Hymenoptera: Sphecidae) neu OEHLKE, J., SMISSEN, J. & H. WOLF (2001): Pompili- für Bayern. – LXXIV. Bericht Naturf. Ges. dae. – In: DATHE, H.H., TAEGER, A. & S.M. Bamberg (1999): 71–73. BLANK (Hrsg.): Verzeichnis der Hautflügler

Wissenschaftlicher Artname Deutscher Artname SL OG T/S Av/A RL D

0 Ausgestorben oder verschollen

Agenioideus ciliatus (LEPELETIER) 1 Arachnospila fuscomarginata (THOMSON) 3 Arachnospila westerlundi (MORAWITZ) 2 Batozonellus lacerticida (PALLAS) 0 Ceropales albicincta (ROSSI) 0 Ceropales variegata (FABRICIUS) 1 Eoferreola rhombica (CHRIST) 2 Episyron arrogans (SMITH) 3 Evagetes tumidosus (TOURNIER) 1 Ferreola diffinis (LEPELETIER) 1 Priocnemis enslini HAUPT G

1 Vom Aussterben bedroht

Aporinellus sexmaculatus (SPINOLA) 2 Arachnospila opinata (TOURNIER) 1 Arachnospila rufa (HAUPT) 2 Arachnospila sogdiana (MORAWITZ) 2 Arachnospila usurata BLÜTHGEN 1 Cryptocheilus fabricii (VANDER LINDEN) G

BayLfU/166/2003 192 Rote Liste gefährdeter Wegwespen (Hymenoptera: Pompilidae) Bayerns

Wissenschaftlicher Artname Deutscher Artname SL OG T/S Av/A RL D Evagetes littoralis (WESMAEL) G Evagetes proximus (DAHLBOM) D Evagetes subglaber (HAUPT) D Nanoclavelia leucopterus (DAHLBOM) 1 Poecilagenia rubricans (LEPELETIER) 1 Priocnemis mesobrometi WOLF 1

2 Stark gefährdet

Agenioideus nubecula (COSTA) 2 Agenioideus usurarius (TOURNIER) 3 Arachnospila wesmaeli (THOMSON) 3 Homonotus sanguinolentus (FABRICIUS) G Evagetes gibbulus (LEPELETIER) 3 Evagetes pectinipes (LINNÉ) Priocnemis gracilis HAUPT 3 Priocnemis hankoi MOCZAR G Priocnemis pellipleuris WAHIS 3 syn. P. minutalis WAHIS

3 Gefährdet

Arachnospila abnormis (DAHLBOM) 2G Arachnospila ausa (TOURNIER) 23 Arachnospila hedicke (HAUPT) G syn. A. pseudabnormis WOLF Auplopus albifrons (DALMAN) 3 Cryptocheilus versicolor (SCOPOLI) V3 Episyron albonotatum (VANDER LINDEN) Evagetes dubius (VANDER LINDEN) G Priocnemis agilis SHUCKARD V Priocnemis cordivalvata HAUPT Priocnemis minuta (VANDER LINDEN) 23 Priocnemis parvula (DAHLBOM) Priocnemis susterai HAUPT

G Gefährdung anzunehmen, aber Status unbekannt

Agenioideus sericeus (VANDER LINDEN) Anoplius alpinobalticus WOLF G Anoplius caviventris AURIVILLIUS 3 (DAHLBOM) G Arachnospila fumipennis (ZETTERSTEDT) G (FABRICIUS) Dipogon monticolum WAHIS G Dipogon vechti DAY G Evagetes sahlbergi (MORAWITZ) G

R Extrem seltene Arten und Arten mit geographischer Restriktion

Arachnospila nivalabnormis (WOLF) R Arachnospila rhaetabnormis (WOLF)

V Arten der Vorwarnliste

Anoplius tenuicornis (TOURNIER) G Aporus unicolor SPINOLA Episyron rufipes (LINNÉ) 2 Evagetes alamannicus (BLÜTHGEN) D Evagetes siculus (LEPELETIER) Pompilus cinereus (FABRICIUS) 3

BayLfU/166/2003