Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord Stresemannstraße 3-5 Postfach 20 03 61 I 56003 56068 Koblenz Telefon 0261 120-0 Verbandsgemeindeverwaltung Ransbach-Baumbach Telefax 0261 120-2200 Rheinstraße 50 [email protected] www.sgdnord.rlp.de 56235 Ransbach-Baumbach

Nachrichtlich: 01.06.2018

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Planungsgemeinschaft Mittelrhein- - Im Hause -

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Antrag der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach auf Abweichung von Zie- len des verbindlichen Landesentwicklungsprogramms Rheinland-Pfalz (LEP) IV gemäß § 6 Abs. 2 Raumordnungsgesetz (ROG) i.V.m. § 8 Abs. 3 Landespla- nungsgesetz (LPIG); Darstellung einer Sonderbaufläche für großflächigen Einzelhandel in der Stadt Ransbach-Baumbach, Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach, Westerwald- kreis

Sehr geehrte Damen und Herren, die antragstellende Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach beabsichtigt in der Stadt Ransbach-Baumbach die gewerbliche Baufläche in eine Sonderbaufläche für großflächigen Einzelhandel zu ändern. Die Stadt Ransbach-Baumbach beabsichtigt die entsprechende Aufstellung eines Bebauungsplanes.

Durch die Bauleitplanung sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die An- siedlung von zwei Einzelhandelsbetrieben geschaffen werden. Geplant sind die Verla- gerung und Erweiterung eines Lebensmittelvollsortimenters mit einer Verkaufsfläche von maximal 2.000 m² und die Errichtung eines Lebensmitteldiscounters mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 m².

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Nach Ziel 57 des LEP IV ist die Errichtung und Erweiterung von Vorhaben des groß- flächigen Einzelhandels nur in zentralen Orten zulässig (Zentralitätsgebot). Betriebe mit mehr als 2.000 m2 Verkaufsfläche kommen nur in Mittel- und Oberzentren in Be- tracht. Die Stadt Ransbach-Baumbach ist gemäß des Regionalen Raumordnungs- plans Mittelrhein-Westerwald als Grundzentrum klassifiziert. Das Vorhaben liegt mit einer Gesamtverkaufsfläche von 2.800 m² über der in Ziel Z 57 Satz 2 des LEP IV festgelegten Verkaufsflächenobergrenze für großflächige Einzel- handelsvorhaben in Grundzentren.

Die Bauleitpläne zur Umsetzung des Vorhabens können nur dann beschlossen wer- den, wenn die Abweichung von der verbindlichen Zielvorgabe der Raumordnung und Landesplanung zugelassen wird.

Nach den Vorschriften des ROG und LPlG kann die Obere Landesplanungsbehörde im Einvernehmen mit den fachlich berührten Stellen der oberen Verwaltungsebene die Abweichung von einem Ziel des Landesentwicklungsprogramms zulassen, wenn die- se aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse unter raumordnerischen Ge- sichtspunkten vertretbar ist und das Landesentwicklungsprogramm in seinen Grund- zügen nicht berührt wird.

Die Zielabweichung kann daher nur zugelassen werden, wenn – neben der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen – das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirt- schaft und Weinbau, die ADD und Referat 43 (Bauwesen) der SGD Nord ihr Einver- nehmen erteilen.

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau erteilt das Einvernehmen zur Zulassung einer Abweichung von den Zielen des Landesentwick- lungsprogramms (LEP) IV.

Im vorliegenden Fall liegen Tatsachen und Erkenntnisse vor, die unter raumordneri- schen Gesichtspunkten eine Abweichungszulassung vertretbar erscheinen lassen. Außerdem wird das Landesentwicklungsprogramm nicht in seinen Grundzügen be- rührt. Der Zulassung einer Zielabweichung in Rheinland-Pfalz unterliegt

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drei Kriterien, die zu erfüllen sind: 1.) Das Vorliegen veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse 2.) Die raumordnerische Vertretbarkeit 3.) Das Nicht-Berührtsein der Grundzüge der Planung

Zu 1.) Aufgrund des sozio-strukturellen Wandels sehen sich Städte und Gemeinde einer dauernden Standortkonkurrenz ausgesetzt. Zudem kommen steigende Anforde- rungen zur Attraktivierung der gewerblichen Standorte und Bedarfe zur Sicherstellung und Anpassung der Bedürfnisse der Bevölkerung in der Nahversorgung durch den Lebensmitteleinzelhandel. Die veränderten Bedingungen im Handel aufgrund der ne- gativen demografischen Entwicklung der Bevölkerung, dem Trend zur Urbanität, der Digitalisierung und des Strukturwandel im Handel sind gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 4 ROG angemessen zu berücksichtigen. Bei dem geplanten Vorhaben handelt es sich um eine Verlagerung, bzw. Erneuerung und Ausweitung bestehender Strukturen und nicht um eine Neuansiedlung, was eine Abweichungszulassung raumordnerisch ver- tretbar erscheinen lässt. Der Dynamik der Handelsentwicklung geschuldet, wird der Edeka-Markt aus wirtschaftlichen Gründen bis zur Neuansiedlung ab Sommer 2018 geschlossen, da am Altstandort die konzeptionell-erforderlichen Präsentationsflächen für den Lebensmittelsortimenter nicht gegeben sind.

Zu 2.) Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 ROG ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu si- chern. Der Begründung der KARST Ingenieure GmbH vom 24. November 2017 fol- gend, liegt das Plangebiet in zentraler Lage innerhalb des einzigen abgegrenzten zentralen Versorgungsbereichs des Grundzentrums, das zudem über eine sehr gute innerörtliche verkehrliche Erreichbarkeit verfüge. Zudem scheint die Planung mit Ziel 57 des LEP IV vereinbar, wonach die vorrangige Zuordnung von großflächigen Ein- zelhandelsbetrieben nur in zentralen Orten zulässig ist und die Deckung der Grund- versorgung möglichst wohnungsnah und barrierefrei erfolgen soll. Eine direkte Anbin- dung an den ÖPNV ist ebenfalls vorhanden.

Die Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach, mit elf eigenständigen, ländlich struktu- rierten Ortsgemeinden, wird im LEP IV Rheinland-Pfalz als „verdichteter Raum mit disperser Siedlungsstruktur“ eingestuft. Die Stadt Ransbach-Baumbach verfügt über 7.561 Einwohner und ist gemäß RROP Mittelrhein-Westerwald der einzige zentrale

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Ort im Verbandsgemeindegebiet. Die Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsbe- trieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten ist nur in städtebaulich integrierten Be- reichen zulässig. Unter Berücksichtigung von Ziel 58 (städtebauliche Integrationsge- bot) und Ziel 61 (Agglomerationsverbot) des LEP IV vom 14. Oktober 2008 sieht die Maßnahmenträgerin die Festsetzung eines Sondergebiets § 11 (3) BauNVO vor. In vorliegender Begründung zur Abweichung von den Zielen des Landesentwicklungs- programs IV verweist das beauftragte Ingenieurbüro ergänzend auf den modernen Standortverbund der bereits bestehenden und nun zur Ergänzung stehenden Fach- märkte. Dem Aspekt wird demnach unter Berücksichtigung der eingeholten Auswir- kungsanalyse der BBE Handelsberatung vom Dezember 2016 dem Grundsatz G 41 zum Regionalen Raumordnungsplan Mittelrhein-Westerwald Rechnung getragen.

Zu 3.) Durch die Ansiedlung und Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsbetrie- ben dürfen weder die Versorgungsfunktion der städtebaulich integrierten Bereiche der Standortgemeinde, noch der Versorgungsbereiche benachbarter Zentraler Orte we- sentlich beeinträchtigt werden. Begründet wird dies durch die Maßnahmenträgerin mit der hohen Zentrenerreichbarkeit. Die Verbandsgemeinde liegt in einem Verdichtungs- raum mit disperser Siedlungsstruktur. Das Einzugsgebiet des Planvorhabens ist na- hezu deckungsgleich mit dem landesplanerisch zugewiesenen Verflechtungsbereich. Es umfasst ein Bevölkerungspotenzial von rd. 16.550 Einwohnern (siehe: BBE Han- delsberatung, Seite 31 ff), wovon rd. 14.750 direkt im Bereich der VG Ransbach- Baumbach leben. Das nahversorgungsrelevante Kaufkraftvolumen wird auf rund 37 Mio. € geschätzt.

Da der bestehende Edeka-Markt am Altstandort bereits langjährig Umsätze generiert und der Netto-Markt den Leerstand des Norma-Marktes aufgreift, werden keine nega- tiven Auswirkungen auf benachbarte zentrale Versorgungsbereiche erwartet. Auch wird das Landesentwicklungsprogramm in seinen Grundzügen nicht berührt. Verlet- zungen weiterer Grundsätze und Ziele des Landesentwicklungsprogramms sind nicht gegeben. Die Sicherung der qualitativen Versorgung der Bevölkerung insbesondere im ländlichen Raum mit Produkten und Dienstleistungen des alltäglichen Bedarfs ent- spricht insbesondere dieser Zielsetzung.

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Infolgedessen erteilt das Ministerium das Einvernehmen zur Zulassung einer Abwei- chung von den Zielen des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV.

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau empfiehlt dem Maßnahmenträger aufzugeben, eine angemessene fußläufige Erreichbarkeit des neu- en Standortes im Rahmen der Neuaufstellung des Bebauungsplans sicherzustellen. Zudem sollte der Altstandort des Edeka-Marktes überplant und einer städtebaulich- integrierten Nutzung zugeführt werden.

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Außenstelle Koblenz teilt mit, dass gegen die geplante Errichtung bzw. Verlagerung von zwei Einzelhandelsbetrieben bis zu einer maximalen Gesamtverkaufsfläche von 2.800 m² für nahversorgungsrelevante Sortimente in der Stadt Ransbach-Baumbach aus städtebaulicher Sicht keine Beden- ken bestehen. Vor diesem Hintergrund wird das Einvernehmen zu der beantragten Zielabweichungszulassung erteilt.

Die Verbandsgemeindeverwaltung Höhr-Grenzhausen erkennt, dass die Neuaus- weisung sich an den Marktveränderungen der Anbieter, aber auch am Käuferverhal- ten, das durch die Weiterentwicklung der Anbieter gesteuert wird, orientiert. Das Zu- sammenspiel des Einzelhandels auf der südlichen Seite der Pleurtuit-Straße (Penny- Markt, DM Drogerie-Markt, Deichmann, Takko-Fashion, Tedi und Action) kann sicher- lich als Agglomeration angesehen werden.

Aus Sicht der Verbandsgemeinde ist die Erweiterung und damit die Umsiedlung des EDEKA-Marktes eine Fortentwicklung, die mit dem Grundsatz 38 des Regionalen Raumordnungsplanes vereinbar ist. Bezüglich der Erweiterung kommt es zu einer weiteren Versiegelung von Flächen. Sie weisen bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf die notwendige Regenrückhaltung hin.

Das Nichtbeeinträchtigungsgebot (Z 60) des LEP IV der geplanten Erweiterung wird unter der Maßgabe gesehen, dass es zu einer wirklichen Verlagerung kommt, daher sollte die Fläche des bisherigen Standorts von EDEKA nicht mehr für den Lebensmit-

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teleinzelhandel zur Verfügung stehen bzw. dies ist rechtlich verbindlich auszuschlie- ßen. Dies kann nur erfolgen durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen in der verbindlichen Bauleitplanung bzw. ergänzend durch vertragliche Regelungen.

Die Verbandsgemeindeverwaltung führt ebenfalls aus, dass in den Schlusssätzen zu Begründung des Antrags (Seite 19) ausgeführt wird, dass das Vorhaben keine negati- ven Auswirkungen auf die Standorte der Umlandkommunen hat. Im Gegensatz hierzu kommt die Auswirkungsanalyse der BBE Handelsberatung zum Ergebnis, dass die Gemeinden und Kammerforst (VG Höhr-Grenzhausen) dem Marktgebiet zuzu- ordnen sind. Von daher könnte mit einer Beeinträchtigung des Mittelzentrums Höhr- Grenzhausen gerechnet werden, denn dort besteht der Versorgungsauftrag für die Gemeinden Hilgert und Kammerforst. Die Kaufkraftzuflüsse aus benachbarten Kom- munen sehen auch die politischen Vertreter des Stadtrates, die die Fortentwicklung als „zukunftsweisend für die Region sehen und man den Nachbarkommunen eine Na- senlänge voraus sein muss“ (vgl. WW-Zeitung vom 29.06.2016).

Gefährdende oder wesentliche Beeinträchtigungen, über die bereits bestehenden, für das Mittelzentrum Höhr-Grenzhausen sind aufgrund der Veränderungen am Markt nicht zu befürchten.

Die Verbandsgemeindeverwaltung Montabaur führt im eigenen Namen, sowie im Namen der Stadt Montabaur aus, dass keine Bedenken gegen die Zulassung einer Zielabweichung zur Darstellung einer Sonderbaufläche für eine Verlagerung und Ver- größerung des bestehenden Edeka-Marktes bzw. die Neuansiedlung eines kleinflä- chigen Lebensmitteldiscounter bestehen.

Die Verbandsgemeindeverwaltung Selters bringt zusammen mit der Stadt Selters keine Bedenken hervor.

Die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald weist darauf hin, dass die im Umkreis von 50 m – 200 m bereits angesiedelten Nahversorger unberücksichtigt blei-

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ben und dass bei der Berechnung der Kaufkraftpotenziale ausschließlich der maßgeb- liche Nahbereich bzw. das Gebiet der Verbandsgemeinde zu Grunde gelegt werden. Demnach relativiert sich der Abstand zu einer 100 % Kaufkraftbindung im Bereich der Grundversorgung, welche, regionalplanerisch nicht erwünscht, fast vollständig durch das Grundzentrum wahrgenommen wird. Auch wird in der Auswirkungsanalyse aus- geführt, dass frei werdende Kaufkraftpotenziale auf Grund der Schließung des NOR- MA-Marktes durch den vorhandenen Besatz abgefangen würden. Demzufolge dürften keine vermehrten Kaufkraftabflüsse entstehen. Vielmehr wird auf eine Verschärfung der Konkurrenzsituation hingewiesen, insbesondere durch die Neuansiedlung eines NETTO-Marktes.

Im Übrigen verweist die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald auf die Stel- lungnahme vom 28.09.2017, welche sie im Rahmen des Verfahrens nach § 20 Lan- desplanungsgesetz abgegeben hat. Belastbare Argumente seien dem vorliegenden Antrag auf Abweichung von den Zie- len des LEP IV nicht zu entnehmen. Hinsichtlich des Hinweises des Planungsbüros zum RROP 2011 macht die Planungs- gemeinschaft Mittelrhein-Westerwald darauf aufmerksam, dass der aktuelle regionale Raumordnungsplan mit der Veröffentlichung im Staatsanzeiger am 11.12.2017 ver- bindlich wurde.

Von Seiten des Referats 43 – Bauwesen wird im Rahmen des o.g. Zielabweichungs- verfahrens zu Ziel Z 57 (Zentralitätsgebot) das Einvernehmen erteilt.

Die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises befürwortet in ihrem Vorlagebericht die Zulassung der beantragten Zielabweichung.

Nach sorgfältiger Prüfung des Antrages und Auswertung der vorgelegten Unterlagen und eingegangenen Stellungnahmen sowie nach Abwägung aller für und gegen die Zulassung einer Abweichung sprechenden Gesichtspunkte ergeht im Einvernehmen

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mit dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie der ADD und dem Referat 43 der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord folgende Entscheidung:

Für die beabsichtigte Darstellung einer Sonderbaufläche „Großflächiger Einzel- handel“ und die entsprechende Bebauungsplanung in der Stadt Ransbach- Baumbach, Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach, wird die Abweichung von dem Zentralitätsgebot (Ziel 57 Satz 2) des Landesentwicklungsprogrammes IV 2008 zugelassen.

Die Zielabweichung umfasst einen Lebensmittelvollsortimenter mit max. 2.000 m2 Verkaufsfläche (VKF) und einen Lebensmitteldiscounter mit max. 800 m2 Verkaufsfläche (VKF).

Diese Entscheidung ergeht mit folgenden Nebenbestimmungen:

• Im Rahmen der Bauleitplanung ist die Prüfung von Standortalternativen für die Ansiedlung des kleinflächigen Lebensmitteldiscounters durchzu- führen (siehe Grundversorgungsstandorte laut Einzelhandelskonzept der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach).

• Im Flächennutzungsplan und im Bebauungsplan sind die entsprechenden Betriebstypen, Sortimentsgruppen und Verkaufsflächen darzustellen bzw. festzusetzen.

• An den Altstandorten Edeka und Norma sind Nachnutzungen durch Le- bensmittelvollsortimenter und Lebensmitteldiscounter auszuschließen.

• Über die Bauleitplanung ist eine sichere fußläufige Anbindung des Vor- habenbereichs innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches umzuset- zen. Die Entwicklung eines Fußwegenetzes (über die straßenbegleitenden Fußwege hinaus) einschließlich Querungshilfen zur Verbindung der ein-

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zelnen Standortverbünde des zentralen Versorgungsbereichs untereinan- der (Vorhabenbereich, Haselstraße, Marktplatz, Citycenter) ist zu prüfen.

Dem Zielabweichungsantrag der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach konnte stattgegeben werden, da die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Ab- weichung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 8 Abs. 3 LPlG erfüllt sind. Die Abweichung kann danach zugelassen werden, wenn diese aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und das LEP IV nicht in seinen Grundzügen berührt wird.

Zur ersten Voraussetzung ist festzustellen, dass sich seit dem Verbindlichwerden des LEP IV Erkenntnisse verändert haben.

Der noch bestehende Lebensmittelmarkt am Marktplatz, mit derzeit rund 1.000 m² Verkaufsfläche, ist nach den Angaben aus den Antragsunterlagen einer intensiven Überprüfung und Bewertung des Betreibers unterzogen worden. Dabei habe sich her- ausgestellt, dass der Standort in seiner jetzigen Form in Anbetracht des Strukturwan- dels im Einzelhandel als nicht zukunftsfähig und damit nicht haltbar einzustufen sei. Der Strukturwandel im Einzelhandel wird damit begründet, dass vielfach durch die Flächenvergrößerung der sinkenden Flächenproduktivität entgegengewirkt werden soll. Die Verkaufsflächen im Lebensmittelhandel nehmen bundesweit nach wie vor zu. Hierbei werde sowohl bei der Realisierung von neuen Märkten, aber auch bei der Mo- dernisierung bestehender Standorte die Grenze zur Großflächigkeit regelmäßig über- schritten. Die Antragstellerin verdeutlicht in den Antragsunterlagen, dass der momentane Standort des Lebensmittelvollsortimenters aufgrund einer schlecht einsehbaren Lage und der geringen Anzahl an Stellplätzen deutliche Erreichbarkeitsdefizite aufweist. Zudem sei eine Erweiterung an diesem Standort nicht möglich.

Die damit für Sommer 2018 geplante Schließung des Lebensmittelmarktes im Grund- zentrum Ransbach-Baumbach ist eine veränderte Erkenntnis, die die Errichtung von neuen Lebensmittelmärkten erforderlich erscheinen lässt, um die Versorgung der Be- völkerung im Verflechtungsbereich mit Produkten des alltäglichen Bedarfs in der

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Stadtmitte von Ransbach-Baumbach sicherstellen zu können. So wird die Stadt wei- terhin in die Lage zu versetzt, ihrer dahingehenden grundzentralen Versorgungsfunk- tion gerecht werden zu können.

Die Zulassung der Zielabweichung ist auch unter raumordnerischen Gesichtspunk- ten vertretbar. „Vertretbar sein“ in diesem Sinne bedeutet, dass die Zulassung einer Zielabweichung raumordnerisch sinnvoll ist und eine effektive Verwirklichung der Ziele und Grundsätze der Raumordnung im Übrigen nicht erschwert wird.

Entsprechend der Begründung/ Erläuterung zum Ziel 57 des LEP IV soll die Deckung der Grundversorgung, insbesondere an Nahrungs- und Genussmitteln, möglichst wohnungsnah und barrierefrei erfolgen. Das Plangebiet befindet sich im durch das kommunale Einzelhandelskonzept der VG Ransbach-Baumbach ausgewiesenen und regionalplanerisch abgestimmten zentralen Versorgungsbereich.

Darüber hinaus ist aus der Begründung/ Erläuterung zu den Zielen und Grundsätzen zur Einzelhandelssteuerung des RROP Mittelrhein-Westerwald 2017 zu entnehmen, dass die verbrauchernahe Versorgung insbesondere für die nicht motorisierte Bevöl- kerung erhalten bleiben muss, um die Abhängigkeit vom Individualverkehr besonders im ländlichen Raum nicht weiter zu erhöhen. Eine ausgewogene Versorgung der Be- völkerung auch mit Einzelhandelsdienstleistungen sei hierbei ein Teilaspekt der Gleichwertigkeit von Lebensbedingungen in allen Teilräumen der Region.

Die Ausweisung von Ransbach-Baumbach als Grundzentrum spiegelt das Ziel der Regionalplanung wieder, öffentliche und private Dienstleistungen sowie Infrastruktur- einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung der Verbandsgemeinde in der Stadt Ransbach-Baumbach zu konzentrieren. Die vorliegende Planung greift diese Vorgabe auf und entspricht somit dem Zielgedanken der Regionalplanung, ein starkes Grund- zentrum zu schaffen bzw. zu erhalten und so ein langfristig stabiles Versorgungsan- gebot zu sichern. Durch das Vorhaben, mit dem eine wohnortnahe und qualitative Versorgung der Bevölkerung erzielt wird, kann Grundsatz G 56 des LEP IV Rechnung getragen werden.

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Das Einzelhandelskonzept der Verbandsgemeinde weist außerhalb der Stadt Rans- bach-Baumbach keine weiteren zentralen Versorgungsbereiche als Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe aus. Insofern ist der Antragsbegründung zuzu- stimmen, dass für die Ansiedlung des großflächigen Lebensmittelvollsortimenters eine Standortalternative außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs der Stadt Rans- bach-Baumbach nicht besteht. Das Einzelhandelskonzept sieht allerdings zwei zusätzliche Grundversorgungsstan- dorte (in und in den Haiderbach-Gemeinden) als dezentrale Nahversorgungs- standorte in Ergänzung zum Hauptzentrum vor. Diese Standorte (insbesondere der neu zu entwickelnde Grundversorgungsstandort für die Haiderbach-Gemeinden) kä- men konzeptionell auch für die Ansiedlung des kleinflächigen Lebensmitteldiscounters in Frage. Aus einzelbetrieblicher Sicht mag der Standortverbund im zentralen Versor- gungsbereich Ransbach-Baumbach möglicherweise v.a. betriebswirtschaftlich attrak- tiver sein, dennoch wird dieser Hinweis auf eine mögliche alternative Ansiedlungsopti- on im Hinblick auf die weitere Befassung der Gremien der Verbandsgemeinde gege- ben und um Prüfung gebeten. Diese Prüfung ist darüberhinaus erforderlich, weil sich die Alternativenprüfung in den Antragsunterlagen nur mit der Prüfung von Ansied- lungsalternativen für den großflächigen Lebensmittelvollsortimenter befasst. Die Aussage in den Antragsunterlagen, das Planvorhaben stimme mit den Zielen des kommunalen Einzelhandelskonzeptes überein, ist unter dem Aspekt zu relativieren.

Die Alternativenprüfung ist zudem um den Planfall zu ergänzen, dass an dem bean- tragten Vorhabenstandort nur die Verlagerung und Erweiterung des Lebensmittelvoll- sortimenters umgesetzt wird; der Lebensmitteldiscounter dann als Nachnutzung des Altstandortes eine Leerstandsproblematik verhindert.

Sofern die Ergänzung der Standortalternativenprüfung ergibt, dass an dem beantrag- ten Vorhaben festgehalten wird, so ist festzuhalten, dass durch die Konzentration zweier Lebensmittelmärkte an einem Versorgungsstandort in unmittelbarer Nähe zu weiteren Zentrenfunktionen die Innenstadtlage des Grundzentrums gestärkt werden kann, wenn Leerstände an den Altstandorten verhindert werden und zentrenstärkende Nachnutzungen gelingen.

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Die Zielabweichung kann – unter dem Vorbehalt einer nachvollziehbaren Ergänzung der Alternativenprüfung – zudem nur aufgrund der Betrachtung zugelassen werden, dass die beiden neu geplanten Betriebe als Ersatz für aufzugebende oder schon auf- gegebene Einzelhandelsbetriebe gleicher Sortimentsgruppe und Betriebstypen inner- halb des zentralen Versorgungsbereiches begründet werden, es quasi gilt, den Sta- tus-quo (einschließlich marktüblicher Erweiterungen) zu erhalten. In der Konsequenz ist es daher erforderlich, Maßgaben zu bestimmen, die diesen Begründungszusam- menhang absichern. Die Zielabweichung kann daher nur mit Nebenbestimmungen hinsichtlich des Ausschlusses für bestimmte Nachnutzungen der Altstandorte zuge- lassen werden.

Als raumordnerisch sinnvoll stellt sich die Tatsache dar, dass mit der beabsichtigten Verlagerung eine bereits versiegelte Fläche einer neuen Nutzung zugeführt wird und damit auch das im Landesentwicklungsprogramm geforderte Primat der Innenentwick- lung vor der Außenentwicklung umgesetzt werden kann.

Zur Abgrenzung der geplanten Entwicklung im zentralen Versorgungsbereich zu einer reinen autokundenorientierten Fachmarktagglomeration ist es erforderlich, eine fuß- läufige Anbindung des Vorhabenstandortes mit anderen Einzelhandelslagen innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches zu entwickeln. Nur durch die verkehrliche und gestalterische Verknüpfung der einzelnen Versorgungspole innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches können tatsächlich Synergieeffekte und städtebauliche Integra- tion erzielt werden. Entsprechend wird eine Nebenbestimmung zur Optimierung der fußläufigen Vernetzung aufgenommen.

Auch werden durch die Zulassung der beantragten Zielabweichung die Grundzüge des LEP IV nicht berührt.

Die grundsätzliche Planungskonzeption des LEP IV wird durch die Zulassung dieser Zielabweichung nicht konterkariert, sondern die landes- und regionalplanerischen Vorgaben zur Steuerung der Einzelhandelsentwicklung bleiben als verbindliche Ziel- festlegungen erhalten und werden trotz dieser Zielabweichungszulassung in ihrer Funktionsfähigkeit im Ganzen nicht beeinträchtigt. Nur aus den vorgenannten Grün-

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den und nur unter Beachtung der Nebenbestimmungen kann in diesem Fall eine Aus- nahme von einem Teilziel in Betracht kommen. Allein der Umstand, dass es vorlie- gend nur um die Abweichung eines Teilinhaltes des Zentralitätsgebotes geht, erlaubt den Schluss, dass hiermit die Grundzüge des Landesentwicklungsprogramms nicht in substantiellem Umfang berührt sein können.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Träger der Bauleitplanung nicht verpflichtet sind, von dieser Zielabweichungszulassung Gebrauch zu ma- chen. Für den Fall, dass der Zielabweichungsbescheid umgesetzt werden soll, so ist der Entscheidungstenor im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung zu beachten und unterliegt nicht der Abwägung durch die jeweiligen Träger der kommunalen Bauleitplanung. Diese Zielabweichungszulassung betrifft aus- schließlich das Zentralitätsgebot (Ziel Z 57 Satz 2 des LEP IV) und enthält kei- nerlei Feststellungen über die Vereinbarkeit des Antragsgegenstandes mit wei- teren relevanten Zielen der Raumordnung und Landesplanung.

Die Umsetzung der Zielabweichungsentscheidung wird von der zuständigen Landesplanungsbehörde überwacht.

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Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden.

Der Widerspruch ist bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord einzulegen.

Der Widerspruch kann

1. schriftlich oder zur Niederschrift bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Stresemannstr. 3-5, 56068 Koblenz oder Postfach 20 03 61, 56003 Koblenz oder 2. durch E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur1 an:

[email protected] Fußnote: 1vgl. Artikel 3 Nr. 12 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. EU Nr. L 257 S. 73). erhoben werden.

Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere technische Rahmenbe- dingungen zu beachten, die auf der Homepage der SGD Nord unter https://sgdnord.rlp.de/de/service/elektronische-kommunikation/ aufgeführt sind.

Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag

Daniela Gottreich

Anlage: Übersichtslageplan

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Zielabweichungsbescheid der SGD Nord - Obere Landesplanungsbehörde - vom 01.06.2018 für die geplante Darstellung einer Sonderbaufläche für großflächigen Einzelhandel in der Stadt Ransbach-Baumbach, VG Ransbach-Baumbach, Westerwaldkreis

M= ca. 1:10000

Legende

Vorhabenstandort

Altstandort

Haupt ZVB

Ergänzungsstandort

Gemeindegrenze

Technische Bearbeitung: C. Bode / Schmidt Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord AG - GIS (Abt. 4) Bearbeitungsstand: Juni 2018 Maßstab 1: 25 000 Datenquelle: Raumordnungskataster SGD Nord,Geobasisinformationen der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz - © 2016