Name des Forschungsprojekts ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Die nächsten 20 Jahre im Blick !

Regionalstrategie Daseinsvorsorge für den Landkreis -Saarburg

Stand: 15.11.2013

1 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Inhalt

Präambel______6

Grußwort des Landrates______8

Zusammenfassung______10

1. Einleitung ______12

2. Vorgehensweise und Ablauforganisation ______14

2.1. Arbeits- und Entscheidungsstrukturen ______14

2.1.1. MORO-Geschäftsstelle ______14

2.1.2. Lenkungsgruppe ______15

2.1.3. Arbeitsgruppen ______15

2.1.4. Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern ______17

2.2. Prozessablauf ______18

2.3. Bausteine der Datenerhebung ______19

2.3.1. Kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnung und -disaggregation ______19

2.3.2. Erreichbarkeitsmodelle und Gestaltungsszenarien ______20

2.3.3. Bürgerbefragung ______20

3. Rahmenbedingungen ______22

3.1. Siedlungsstruktur des Landkreises Trier-Saarburg ______22

3.2. Demographische Entwicklung ______24

4. Leitbild, strategische Ziele und Grundsätze ______26

5. Querschnittsthema Mobilität und Erreichbarkeit von Infrastrukturen ______27

5.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe ______27

5.2. Strategische Zielsetzungen ______29

5.3. Handlungsstrategien ______29

5.3.1. ÖPNV ______29

5.3.2. MIV ______30

5.4. Maßnahmen(-empfehlungen) ______30

6. Querschnittsthema Bürgerschaftliches Engagement ______31

6.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe ______31

6.2. Strategische Zielsetzungen ______38

6.3. Maßnahmen(-empfehlungen) ______40

2 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

7. Handlungsfeld Bildung ______42

7.1. Ausgangslage ______42

7.1.1. Vorbemerkung ______42

7.1.2. Darstellung des Status quo ______42

7.2. Handlungsbedarfe ______43

7.3. Strategische Zielsetzung ______48

7.4. Handlungsstrategien ______48

7.4.1. Grundschulen ______48

7.4.2. Weiterführende Schulen der Sekundarstufe I ______49

7.4.3. Weiterführende Schulen der Sekundarstufe II ______50

7.5. Maßnahmen(-empfehlungen) ______51

8. Handlungsfeld Gesundheit und Pflege ______55

8.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe - Besondere medizinische und pflegerische Herausforderungen durch den demographischen Wandel ______55

8.1.1. Situation in der ambulanten medizinischen Versorgung ______57

8.1.2. Situation in der stationären medizinischen Versorgung ______67

8.1.3. Situation in der pflegerischen Versorgung ______69

8.1.4. Situation in der notärztlichen Versorgung ______74

8.2. Handlungsstrategien ______76

8.3. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der ambulanten medizinischen Versorgung ____ 77

8.3.1. Folgeprojekt zur ärztlichen Versorgung im Hochwaldraum ______77

8.3.2. ÖPV und ÖPNV ______78

8.3.3. Maßnahmen zur Anreizsteigerung der Niederlassung von Ärzten im Landkreis Trier-Saarburg ______78

8.3.4. Bedarfsplanung ______81

8.3.5. Strukturreform in der medizinischen Versorgung ______81

8.3.6. Unterstützung bei der Niederlassung ______82

8.3.7. Der berufliche Ausstieg ______83

8.3.8. Wohnortnahe medizinische Versorgung ______83

8.4. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der stationären medizinischen Versorgung _____ 84

8.4.1. Zusammenführung von Leistungen im ambulanten und stationären Sektor ______84

8.4.2. Krankenhausfinanzierung ______84

8.5. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der pflegerischen Versorgung ______84

3 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

8.5.1. Ressortübergreifende Kommunikation und Information optimieren ______84

8.5.2. Kooperationen und Vernetzung mit und im Altenpflegesektor stärken ______85

8.5.3. Datenreport fortschreiben - Datenmonitoring einführen ______85

8.5.4. Gemeinden stärken - Ambulante Strukturen entwickeln ______85

8.5.5. Vereinheitlichung von Standards und Kriterien ______86

8.5.6. Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen zur Herstellung von Barrierefreiheit ______86

8.5.7. Flexibilisierung des Pflegeversicherungsgesetzes ______86

8.5.8. Laufende Entwicklungen evaluieren ______86

8.6. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der notärztlichen Versorgung ______87

9. Handlungsfeld Familie______89

9.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe ______89

9.2. Strategische Zielsetzungen ______91

9.2.1. Investition in Strukturen ______91

9.2.2. Flächendeckende Etablierung von lokalen Bündnissen für Familie im Landkreis ______91

9.2.3. Begleitung und strukturierter Austausch der Mehrgenerationenhäuser/Häuser der Familie im Landkreis ______91

9.2.4. Weiterentwicklung und Stärkung der vorhandenen Infrastruktur ______92

9.2.5. Familie als Querschnittsaufgabe in der Kreisverwaltung ______92

9.3. Maßnahmen(-empfehlungen) ______92

9.3.1. Schaffung einer Leitstelle „Familie“ in der Kreisverwaltung Trier-Saarburg ______92

9.3.2. Umsetzung des Konzepts für Familienzentren im Landkreis Trier-Saarburg (FiLTS) ______93

10. Handlungsfeld Lebenswerte Dörfer und Städte ______94

10.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe ______94

10.1.1. Siedlungsentwicklung ______98

10.1.2. Wohnortnahe Versorgungs- und Serviceangebote – Lebensqualität im Landkreis Trier- Saarburg – Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung in den Dörfern ______99

10.1.3. Erreichbarkeit von Angeboten der Daseinsvorsorge für alle Bevölkerungsgruppen ______103

10.2. Strategische Zielsetzungen ______104

10.3. Handlungsstrategien und -ansätze ______105

10.3.1. Medizinische Versorgung ______106

10.3.2. Siedlungsentwicklung ______106

10.3.3. Nahversorgung ______106

10.3.4. Wohnen ______107

4 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

10.3.5. Mobilität ______107

10.3.6. Internet ______107

10.3.7. Freiwillige kommunale Dienstleistungen ______107

10.3.8. Kooperationen ______108

10.4. Maßnahmen(-empfehlungen) ______108

10.4.1. Werkzeugsammlung „Instrumentenkasten“ Demographie und Daseinsvorsorge ______108

10.4.2. Service Demographie und Daseinsvorsorge ______108

10.4.3. Ergebnisse des MORO-Prozesses als Informationsmaterial ______109

10.4.4. Marketing Demographie und Daseinsvorsorge ______109

10.4.5. Förderung konzeptioneller Ansätze und modellhafter Vorhaben in den Ortsgemeinden zur Bewältigung der Auswirkungen des demographischen Wandels ______109

10.4.6. Beratung, Koordinierung und Unterstützung in Fragen der Siedlungsentwicklung ______110

10.4.7. Unterstützung von Initiativen zur Ortsinnenentwicklung und Revitalisierung der Ortskerne 110

10.4.8. Ausbau sozialer Grundinfrastrukturen ______113

10.4.9. Unterstützung von Nahversorgungskonzepten ______115

10.4.10. Wohnen ______116

10.4.11. Internet ______116

10.4.12. Weiterführung des Wettbewerbs „Lebendige Dörfer“ ______116

10.5. Fach- und ressortübergreifende Anregungen an Bund und Land ______117

10.6. Schlussbemerkungen ______119

11. Verstetigung, Fortschreibung und Ausblick ______120

11.1. Verstetigung ______120

11.1.1. Umsetzung der Handlungsempfehlungen ______120

11.1.2. Fortführung des Prozesses ______121

11.2. Erfolgskontrolle und Fortschreibung ______121

11.3. Ausblick ______122

12. Anlagen______123

5 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Präambel

„Diese Regionalstrategie ist in einem für den Landkreis Trier-Saarburg Beispiel gebenden Pro- zess entstanden, bei dem eine Vielzahl von Akteuren in Arbeitskreisen, Bürgerwerkstätten und Vernetzungsworkshops mit großen Einsatz mitgewirkt hat. All diesen ist ein besonderer Dank für ihren Einsatz und eine besondere Anerkennung für das erreichte Ergebnis auszusprechen. Der gesamte MORO-Prozess war geprägt von offenen Diskussionen und dem gemeinsamen Willen Aller, den erkannten Herausforderungen mit fachlich fundierten Lösungsansätzen zu begegnen. Dabei wurde in den Arbeitskreisen ohne Denkverbote und bewusst losgelöst von gesetzlichen Vorgaben, Zuständigkeiten und finanziellen Rahmenbedingungen diskutiert. Nur so konnten mit Sach-, Fach- und Menschenverstand Handlungsempfehlungen entstehen, die zunächst einmal die Bedarfe und Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellen. Dieses Vorgehen bedingt allerdings, dass die hier entwickelten Lösungen und Handlungsemp- fehlungen zunächst einmal auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft und im Übrigen auch politisch legitimiert werden müssen – sowohl durch die Gremien des Landkreises, als auch durch die in dieser Strategie benannten Partner. Die Verabschiedung dieser Strategie im Kreistag kann insofern also nur den ersten Schritt eines langfristig angelegten Prozesses darstellen, in dem es neben den inhaltlichen Aspekten auch darum gehen wird, eine Struktur für die künftige Arbeit zu finden, die unter Berücksichtigung der politischen Verantwortlichkeiten alle Akteure, insbesondere die kreisangehörigen Gemein- den und die Bürgerschaft, mitzunehmen in der Lage ist.“

Der Kreisausschuss als Lenkungsgruppe des MORO „Aktionsprogramm Regionale Daseins- vorsorge“

1. begrüßt das Vorliegen der im Rahmen des MORO-Prozesses entwickelten Regionalstra- tegie und spricht allen Beteiligten, die an der Erstellung mitwirkten, einen besonderen Dank für ihre über viele Monate geleistete Arbeit aus.

2. erkennt die Herausforderungen des demographischen Wandels als wesentliches Poli- tikfeld für die Zukunft an und ist entschlossen, sich diesen zu stellen.

3. sieht in den Themenbereichen, mit denen sich die Regionalstrategie auseinandersetzt („Mobilität und Erreichbarkeit“, „Bürgerschaftliches Engagement“, „Bildung“, „Ge- sundheit und Pflege“, „Familie“ und „Lebenswerte Dörfer und Städte“) wichtige Hand- lungsfelder, denen sich der Landkreis in Zukunft besonders wird annehmen müssen.

4. begrüßt die vorliegende Regionalstrategie als Handlungsleitfaden und „Instrumenten- kasten“, der sinnvolle Maßnahmen zur zukünftigen Gestaltung der Kreispolitik in den nächsten Jahrzehnten enthält.

5. ist bereit, die in der Regionalstrategie beschriebenen Maßnahmen und Handlungsemp- fehlungen unter dem Vorbehalt der jeweiligen gesetzlichen und finanziellen Rahmen- bedingungen nach und nach auf Sinnhaftigkeit und Umsetzungsfähigkeit zu überprüfen und über deren Umsetzung zu entscheiden. Die Zuständigkeit des Kreistages ist dabei zu beachten.

6. sieht in den Themenfeldern „Gesundheit und Pflege“ sowie „Mobilität“ eine besondere Dringlichkeit, die beschriebenen Probleme anzugehen.

6 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

7. beauftragt die Verwaltung, eine Struktur für die Verstetigung des MORO-Prozesses zu entwickeln, die auch eine Einbeziehung der kreisangehörigen Gemeinden, der wesent- lichen Akteure aus den Arbeitsgruppen und der Bürgerschaft sicherstellt.

8. beauftragt die Verwaltung, dem BBSR den Endbericht Regionalstrategie Daseinsvor- sorge für den Landkreis Trier-Saarburg entsprechend den Bewilligungsvorgaben vorzu- legen.

9. empfiehlt dem Kreistag die Annahme der Regionalstrategie Daseinsvorsorge für den Landkreis Trier-Saarburg unter Einfügung der obigen Präambel auf Seite 6 des Ent- wurfs.

Der Kreistag hat sich diesem Beschluss in seiner Sitzung am 11.11.13 angeschlossen.

7 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Grußwort des Landrates

Herausforderungen an die Gesellschaft – alle Generatio- nen im Blick

Der demographische Wandel ist ein - wenn nicht das zent- rale Thema - der Kommunalpolitik in den nächsten Jahren. Die Gestaltung der örtlichen Daseinsvorsorge für Familien, alle Generationen, die gesellschaftlichen Gruppen, der Wirtschaft in den Dörfern und Städten unter den Anzei- chen einer Überalterung der Gesellschaft, verbunden mit zum Teil dramatischen Rückgängen in der Bevölkerung einzelner Teile des Kreises ist eine große Herausforde- rung. Genauso gilt es in Teilen des Kreises zahlreiche Neubürger zu integrieren. Im Kreis leben rd. 9.800 Aus- länder aus 127 Nationen, davon rd. 2.500 Bürgerinnen und Bürger aus Luxemburg und 1.000 aus Polen. Das zeigt wie bunt und vielfältig wir geworden sind. Unsere attrak- tive Heimat fordert uns heraus, dass wir sie gemeinsam gestalten!

Der Kreis Trier Saarburg gehört zu den bundesweiten TOP-Regionen für Familien. Trotz der enormen Anstrengungen der Kommunen zum Ausbau der Betreuungsangebote ist dieser Weg nicht zu Ende. Ein sich ständig veränderndes Familienbild, Veränderungen in der Erwerbsstruk- tur und vieles mehr verlangen laufende Anpassungen. Insofern gilt es, Generationen zu för- dern und Innovationen zu wagen. Der Ansatz der „Familienzentren“ und einer bereits neu or- ganisierten „Leitstelle Familien“ des Kreises verfolgen das Ziel „Jung und Alt – Gemeinsam!“. Im Bildungsbereich ist Schule zu einem „Lebens- und Freizeitraum“ geworden. Unser Ziel ist eine „Bildungslandschaft“ mit Vollfunktion und optimalen Angeboten für bestmögliche Ab- schlüsse in zumutbarer Entfernung.

Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in der Fläche ist ein weiter Themenschwerpunkt, der künftig Veränderungen und neue Konzepte erfordert. Dieser Frage stellt sich der Landkreis aktuell mit dem Projekt „Versorgungsregion Hochwald-Saar: Sicherstellung der wohnortnahen medizinischen Grundversorgung“. Nicht zuletzt ist eine nachhaltige innerörtliche Entwicklung in den Kernen der Dörfer und Städte des Kreises und die Gewährleistung gleichwertiger Le- bensbedingungen eine wichtige Zukunftsfrage der örtlichen Gemeinschaften, in denen das hohe bürgerschaftliche Engagement der Bürger/-innen oft Initiativen und Projekte überhaupt erst ermöglicht. Allen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern danke ich an dieser Stelle ganz besonders für ihren vielfältigen und nachhaltigen Einsatz zum Wohl der Allgemeinheit.

Mit dem MORO-Prozess „Eine regionale Daseinsvorsorge für den Kreis Trier-Saarburg“ wurde eine breite Diskussion zur Zukunft in unserer Heimat begonnen. Die durchgeführten Umfragen belegen schon allein mit ihrer Rücklaufquote von 44 % bei den Dorfbewohnern und 42 % bei den Stadtbewohnern das hohe Interesse der Menschen für die Zukunft vor Ort. Von den 11.000 Befragten haben also fast 5.500 geantwortet. Diesen Wissensschatz hat die Kommu- nalpolitik im Kreis zur Verfügung und kann damit arbeiten. Dabei müssen wir alle Generatio- nen im Blick haben. Bürgerworkshops, Diskussionsrunden, Arbeitskreise, die Aktion „lebendige Dörfer“ etc. sind wertvolle Bausteine für die Regionalstrategie.

Mit der Stiftung „Zukunft im Landkreis Trier-Saarburg“ unterstützen wir in vielfältiger Weise örtliche Initiativen und Projekte, wie etwa Demografieworkshops in den Dörfern, Bürgertreffs, Infobüros, jüngst einen Dorffitnessraum, Bürgerbusse und mehr. Für die Umsetzung einer Re-

8 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung gionalstrategie ist wichtig, dass die verantwortlichen Akteure vor Ort gestärkt werden. Die ehrenamtlichen Verantwortungsträger benötigen verlässliche, gut informierte und engagierte Sachbearbeiter in der Administration auf allen Verwaltungsebenen an ihrer Seite, die ihr Anlie- gen, den demografischen Wandel vor Ort mit zu gestalten, aufnehmen und unterstützend be- gleiten. Wesentlich für die künftige Umsetzung ist auch eine starke Beteiligung der Bürger/- innen vor Ort, um Bewusstsein zu entwickeln, dass die Menschen bestimmen, wie sie in Zu- kunft leben wollen.

Insoweit kann ich feststellen: Das Thema ist angekommen und wird zu einer zentralen Aufgabe der Kommunalpolitik, die damit neue Aufgabenfelder gewinnt.

An dieser Stelle danke ich allen Bürger/-innen, die an der Bevölkerungsbefragung im Kreis teil- genommen haben, für Ihre Mitwirkung. Ein herzliches Dankeschön auch allen Mitgliedern der Arbeitsgruppen, die sich mit viel Engagement und fachlichem Wissen in den Prozess zur Erstel- lung einer Regionalstrategie eingebracht haben. Danken darf ich ebenfalls den Mitgliedern des Kreisausschusses, der als Lenkungsgruppe die wesentlichen Entscheidungen getroffen hat. Bedanken möchte ich auch beim Fachbereich IV der Universität Trier in Person von Herrn Prof. Dr. Jacob und Herrn Prof. Dr. Vogelgesang und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die wissenschaftliche Begleitung der Regionalstrategie und die immer bereitwillige Mithilfe. Nicht zuletzt gilt mein Dank dem Institut für ländliche Strukturforschung (IfLS), namentlich Frau Steil und Herrn Dr. Gehrlein für die wichtige Begleitung des Prozesses sowie den beteiligten Mitar- beiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung, die mit zusätzlichem Einsatz zum Gelingen des Projekts maßgeblich beigetragen haben.

Ich würde mich sehr freuen, wenn alle Beteiligten auch in Zukunft mit dazu beitragen, unseren schönen Landkreis in seinen Infrastrukturen zu erhalten und auszubauen, ihn sozial attraktiv, zukunfts- und demografiefest zu gestalten.

Nutzen wir unsere Chancen!

Ihr

Günther Schartz

9 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Zusammenfassung

Das Modellvorhaben lichen Wunsch der Kreisbewohner zu Tage gefördert, dass das ÖPNV-Angebot im Mit der Regionalstrategie Daseinsvorsorge, Landkreis Trier-Saarburg verbessert wer- die der Landkreis Trier-Saarburg im Rah- den soll. Da es teilraumspezifisch im Hin- men des Aktionsprogramms Regionale blick auf die älter werdende Bevölkerung Daseinsvorsorge entwickelt hat, werden insbesondere der Entwicklung alternativer folgende Leitziele verfolgt: Bedienformen bedarf, wurde als Maßnah- • Stärkung des bürgerschaftlichen Enga- menempfehlung die dezentrale Etablierung gements von Mobilitätsmanagern zur Verbesserung • Familienfreundlichkeit für alle Alters- der Zusammenführung verschiedener An- gruppen gebotsformen besonders formuliert. • Soziale Integration verschiedener Be- Querschnittsthema Bürgerschaftliches En- völkerungsgruppen gagement: • Teilraumspezifisches, gleichwertiges Angebot Das bürgerschaftliche Engagement ist im Landkreis Trier-Saarburg sehr ausgeprägt. Organisatorisch ist das Projekt bei der Allerdings zeichnen sich bereits heute Ver- Kreisverwaltung Trier-Saarburg angesie- änderungen der Rahmenbedingungen ab, delt, für die Koordination wurde eine Ge- da das Potenzial an ehrenamtlich tätigen schäftsstelle eingerichtet. Der Kreisaus- Menschen aufgrund steigender und länge- schuss übernahm in seiner Funktion als rer Einbindung in das Berufsleben sinkt. Lenkungsgruppe die zentrale Prozesssteue- Gleichzeitig wächst der Bedarf an ehren- rung und -kontrolle. amtlichen Leistungen beispielsweise im Ausgehend von den Leitzielen erarbeiteten Hinblick auf eine älter und damit hilfebe- die vier Arbeitsgruppen „Bildungsregion“, dürftiger werdende Bevölkerung oder in „Gesundheit und Pflege“, „Familie“ und Bezug auf Kinderbetreuungsangebote auf- „Lebenswerte Dörfer und Städte“ strategi- grund der Veränderung von Familienstruk- sche Zielsetzungen, Handlungsmaßnahmen turen. Aus diesem Grund ist ein zentrales und Projekte für ihre Themenfelder sowie Ergebnis des MORO-Prozesses die Zusam- für die beiden arbeitsgruppenübergreifen- menführung von Angeboten der Familien- den Querschnittsthemen „Mobilität und und Jugendhilfe in der neu eingerichteten Erreichbarkeit von Infrastrukturen“ und Leitstelle "Familie". Damit sollen die Syner- „Bürgerschaftliches Engagement“ gien der gemeinsamen Betrachtung famili- enbezogener Angebote genutzt werden. Ein wichtiger Baustein war die Durchfüh- rung repräsentativer Bevölkerungsbefra- Handlungsfeld Bildung: gungen in den Dörfern und in den Städten Bereits frühzeitig im Projektverlauf wurde des Landkreises Trier-Saarburg. Ziel war es, sich auf die folgende strategische, leitbild- Erkenntnisse über die tatsächlichen Bedar- hafte Zielsetzung verständigt: „Lebenslan- fe und Bedürfnisse der Menschen in Bezug ges Lernen in der Bildungsregion Trier- auf die Daseinsvorsorge zu gewinnen. Der Saarburg - Im Landkreis werden äußere Fragebogen wurde an insgesamt 11.000 und inhaltliche Rahmenbedingungen dafür Personen verschickt, die Rücklaufquote vorgehalten, dass jeder in die Lage versetzt betrug hervorragende 43 Prozent. wird, seine eigene Bildungsbiografie um- fassend und bestmöglich individuell ausge- Ergebnisse in den Infrastrukturbereichen richtet schreiben zu können.“ Als Ergebnis Querschnittsthema Mobilität und Erreich- wurden daraus unter anderem folgende barkeit von Infrastrukturen: Handlungsmaßnahmen abgeleitet: Mittel- fristig sollte ein Bildungsbüro in der Kreis- Die Bürgerbefragung „Lebenswerte Dörfer verwaltung Trier-Saarburg etabliert wer- im Landkreis Trier-Saarburg“ hat den deut- den, das Aufgaben in der Schulentwicklung

10 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung und im Bereich der außerschulischen Bil- daher unter anderem das Konzept zur dung mit Blick auf die Gestaltung von le- Etablierung von Familienzentren im Land- benslangen Lernbiografien übernehmen kreis Trier-Saarburg (FiLTS) entwickelt. soll. Zur Verbesserung der Abstimmung Diese sollen Angebote zur Förderung und und zur Entwicklung einer gemeinsamen Unterstützung von Eltern und Kindern Strategie und Vorgehensweise ist zudem niedrigschwellig und mit einem ganzheitli- die Einrichtung einer AG Bildung gemein- chen Ansatz bereitstellen. sam mit der Stadt Trier geplant. Handlungsfeld Lebenswerte Dörfer und Handlungsfeld Gesundheit und Pflege: Städte: In den Bereichen der ambulanten, statio- Der Landkreis Trier-Saarburg ist durch un- nären, pflegerischer und notärztlichen Ver- terschiedlich strukturierte Teilräume ge- sorgung konnten konkrete Problemlagen kennzeichnet. Daraus ergeben sich für die auf Grund der vorhandenen Vorarbeiten Dörfer und Städte im Landkreis unter- der Universität Trier sowie der Pflegestruk- schiedliche Anpassungsbedarfe an den turplanung sehr fundiert herausgearbeitet demografischen Wandel. Auf dieser Grund- werden. Im Rahmen des zweiten MORO- lage ist als eines der zentralen Ergebnisse Umsetzungsprojekts soll nun für den Hoch- ein Werkzeugkasten zur Sensibilisierung waldraum als einem auf Grund der Alters- und Vernetzung von Akteuren auf der örtli- struktur der noch vorhandenen Ärzte in chen Ebene entwickelt worden. Inhalte seiner medizinischen Versorgung gefährde- sollen neben der bedarfsgerechten Aufbe- ten Bereich modellhaft untersucht werden, reitung der Ergebnisse der Regionalstrate- mit welchen alternativen Konzepten die gie auch der Aufbau einer Projektdaten- wohnortnahe medizinische Grundversor- bank zur Verbesserung der Vernetzung gung der Bevölkerung optimiert werden beispielhafter Initiativen und des Informa- kann. Hier sollen wesentliche Teile der tionsaustauschs insgesamt sein. Maßnahmenempfehlungen einfließen und im Rahmen einer integrierten Betrachtung Ausblick Lösungsansätze erarbeitet werden. Es kommt nun darauf an, die entwickelten Handlungsfeld Familie: Strategien und Handlungsansätze in den verschiedenen Infrastrukturen in die prak- Es ist dem Landkreis Trier-Saarburg seit tische Umsetzung zu bringen und gleichzei- vielen Jahren ein Anliegen, dass alle Famili- tig den begonnenen Prozess fortzuführen. en in ihren unterschiedlichsten Konstellati- Dabei gilt es insbesondere der örtlichen onen und Lebenssituationen Unterstützung Ebene geeignete Instrumente an die Hand erfahren und auf kompetente Hilfe setzen zu geben und diese in die Lage zu verset- können, die je nach Bedarf möglichst zeit- zen, mit einer Vielzahl von individuellen, und ortsnah zur Verfügung steht. Familien- situationsangepassten Lösungsansätzen bildungsangeboten kommt bei der Unter- den demografischen Wandel zu gestalten. stützung für Familien eine besondere Rolle zu. Neben der „Leitstelle Familie“ wurde

11 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

1. Einleitung

Das als Modellvorhaben der Raumordnung (kurz MORO) durchgeführte Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung initiiert. Aus einem zweistufigen Wettbewerb gingen im Jahr 2012 insgesamt 21 Modell- regionen hervor, unter ihnen der Landkreis Trier-Saarburg. Diese erhielten eine finanzielle Zuwendung, um bis zum Oktober 2013 eine Regionalstrategie zur kooperativen und voraus- schauenden Planung von Infrastrukturanpassungen zu erarbeiten. In den Blick genommen werden, sollten die Grundversorgungseinrichtungen mit einem vor Ort unverzichtbaren Leis- tungsangebot, die jedoch gleichzeitig aufgrund der abnehmenden oder stark alternden Bevöl- kerung vor Auslastungsproblemen stehen.

Der Landkreis Trier-Saarburg ist räumlich klar abgegrenzt und besitzt die administrativen Kom- petenzen, um sich mit den Auswirkungen des demographischen Wandels auch mit Blick auf die anhaltende Finanzknappheit seiner Kommunen zu beschäftigen.

Das Ziel des mit der vorliegenden Regionalstrategie begonnenen Prozesses ist - neben der wis- senschaftlichen Aufarbeitung von Grundlagendaten - die Entwicklung praktischer Handlungs- ansätze in den betrachteten Infrastrukturen. Dies ist auch der klare Wunsch der verantwortli- chen kommunalen Mandatsträger. Auf der Ebene der Kreisverwaltung erfolgte eine integrierte Betrachtung, die durch einen in- tensiven Austausch der Geschäftsbereichsleiter, die zugleich auch die Leitung der Arbeitsgrup- pen inne hatten, hergestellt wurde.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt einer integrierten Betrachtung war die konsequente Einbe- ziehung der Stadt Trier. Diese erfolgte zum einen auf der Ebene der Analyse: um ein möglichst vollständiges und damit realistisches Bild der in der Region vorhandenen Infrastrukturen zu erhalten, wurden neben den im Landkreis Trier-Saarburg vorhandenen Einrichtungen wie Schulen oder Hausärzte auch die der Stadt Trier mit erhoben. Lediglich die Bevölkerungsprog- nose bezieht sich ausschließlich auf den Landkreis. Zusätzlich erfolgte die Einbindung von Vertretern der Stadt Trier auch auf der Prozessebene in den verschiedenen Arbeitsgruppen.

Die vorliegende Regionalstrategie Daseinsvorsorge soll den Schlüsselakteuren, vor allem der Kommunalpolitik, im Landkreis als Leitfaden dienen, um die notwendigen Anpassungsprozesse sinnvoll gestalten zu können. Sie ist damit zugleich eine Praxishilfe und Begleiter im laufenden Prozess.

Die Regionalstrategie ist dabei folgendermaßen aufgebaut: Zunächst wird in einleitenden Kapiteln auf die Organisation und Vorgehensweise im bisherigen Prozess (Kapitel 2) sowie die spezifischen Rahmenbedingungen des Landkreises Trier-Saarburg (Kapitel 3) eingegangen. Im Anschluss erfolgt die Darstellung der beiden Querschnittsthemen Mobilität und Erreichbarkeit sowie bürgerschaftliches Engagement, die sich durch ihre Rele- vanz für alle weiteren Handlungsfelder auszeichnen (Kapitel 6 und 7). Die weiteren im Prozess bearbeiteten Handlungsfelder Bildung, Gesundheit und Pflege, Familie sowie Lebenswerte Dörfer und Städte schließen sich daran an (Kapitel 8 bis 11). Hier werden - ebenso wie in der Betrachtung der Querschnittsthemen - durchgängig zunächst die Ausgangs- lage des jeweiligen Handlungsfeldes betrachtet und im Anschluss die im Prozess erarbeiteten strategischen Ziele dargestellt, die wiederum durch Maßnahmenvorschläge abgerundet wer- den.

12 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Im abschließenden Kapitel 11 finden sich die Aussagen zur Verstetigung des begonnenen Pro- zesses auf den verschiedenen Ebenen sowie Vorschläge zur zukünftigen Evaluierung und Fort- schreibung der Regionalstrategie. Da zwischen den Infrastrukturen und Themenbereichen eine Vielzahl an inhaltlichen Verbin- dungen besteht, werden Informationen zu den Rahmenbedingungen bewusst mehrfach gege- ben. Ebenso werden Handlungsansätze aus den Handlungsfeldern heraus auch mit Blick auf andere Bereiche dargestellt, um eine sinnvolle Zuordnung zu ermöglichen. Letztlich ist dies vor allem ein Beleg dafür, dass eine zielgerichtete und erfolgreiche Umsetzung der Regionalstrate- gie Daseinsvorsorge der Einbindung vieler Akteure in einen gemeinsamen Prozess bedarf. Die Ergebnisse sollen wesentlich dazu beitragen, trotz zu erwartender, auch unbequemer An- passungen bei Infrastruktureinrichtungen und -vorhaltungen, den Nutzern und der Bevölke- rung eigene Handlungsspielräume und mögliche neue Wege adäquat zu vermitteln. Dabei kann im Landkreis jedoch auf die bestehenden Grundstrukturen und vielen guten Beispiele des bürgerschaftlichen Engagements aufgebaut werden. Um dieses bürgerschaftliche Engagement weiter zu fördern und nutzbar zu machen, soll hierfür weiter geworben und die Bürger durch den Landkreis dabei aktiv unterstützt werden.

13 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

2. Vorgehensweise und Ablauforganisation

Die vorliegende Regionalstrategie Daseinsvorsorge wurde unter Beteiligung einer Vielzahl re- gionaler Akteure erarbeitet. Daneben fanden umfangreiche Erhebungen und Untersuchungen statt. Beide Aspekte - Form und Inhalt des Prozesses - werden im Folgenden dargestellt.

2.1. Arbeits- und Entscheidungsstrukturen Nachstehend werden die Arbeitsstrukturen und der Ablauf von Entscheidungen innerhalb des Prozesses zur Erstellung der Regionalstrategie Daseinsvorsorge dargestellt.

Abbildung 1: Arbeits- und Entscheidungsstrukturen im MORO-Prozess

Quelle: Kreisverwaltung Trier-Saarburg, 2013

2.1.1. MORO-Geschäftsstelle Für den Zeitraum der Erarbeitung der Regionalstrategie Daseinsvorsorge wurde eine MORO- Geschäftsstelle in der Kreisverwaltung Trier-Saarburg eingerichtet. Hauptaufgaben der Ge- schäftsstelle waren die Koordination des Prozesses innerhalb der Kreisverwaltung, die Kom- munikation mit den Fachbüros, dem BBSR und der Hochschule Neubrandenburg sowie die Bereitstellung von Informationen an die Mitglieder der Arbeitsgruppen. Weiterhin war sie für die Einladung und Organisation der Veranstaltungen, den reibungslosen Ablauf des Gesamt- prozesses sowie die Steuerung aller projektrelevanten Maßnahmen verantwortlich (siehe auch Kapitel 2.1.4).

14 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

2.1.2. Lenkungsgruppe Die zentrale Steuerung des Gesamtprozesses erfolgte über den vom Landrat geleiteten Kreis- ausschuss als Lenkungsgruppe. Der Kreisausschuss wurde in seinen Sitzungen regelmäßig über den aktuellen Bearbeitungsstand informiert und traf während des Erarbeitungszeitraums die strategischen Grundsatzentscheidungen bspw. über die Durchführung der Bevölkerungsbefra- gungen, die Festlegung und Anmeldung der Umsetzungsprojekte, die Vergabe von Aufträgen zur Datenerhebung sowie personelle und verfahrensmäßige Fragen. Um eine direkte Einbindung der Lenkungsgruppe in die inhaltliche Erarbeitung sicherzustellen, wurden die Kreisausschussmitglieder zur Teilnahme an den Vernetzungsworkshops eingeladen (siehe Kapitel 2.1.3). Weiterhin hatten die Mitglieder des Kreisausschusses Zugriff auf alle im Prozess relevanten Dokumente wie die Sitzungsprotokolle über alle Arbeitsgruppen hinweg oder allgemeine Do- kumente zu den verschiedenen Infrastrukturbereichen. Zu diesem Zweck wurde ein Online- Datenaustauschportal eingerichtet, über das sowohl den Mitgliedern der Lenkungsgruppe als auch den Teilnehmern der Arbeitsgruppen regelmäßige Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.

2.1.3. Arbeitsgruppen Die Auswahl der Infrastrukturen basierte auf der Bewerbung des Landkreises Trier-Saarburg als Modellregion, in der bereits wesentliche Handlungsbereiche angerissen worden waren. Zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesen Handlungsbereichen wurden vier Arbeitsgruppen eingerichtet, die die Themenstellungen intensiv bearbeiteten. Diese Infrastrukturen und Handlungsbereiche wurden zu Prozessbeginn in Strategiegesprächen mit den AG-Leitern und dem Landrat nochmals ausdifferenziert und insbesondere die Veror- tung der Querschnittsthemen Bürgerschaftliches Engagement und Mobilität in den Arbeits- gruppen festgelegt. Die so getroffene Auswahl war darüber hinaus Thema der ersten Workshoprunde und wurde so auch mit den AG-Mitgliedern als Experten abgestimmt.

Tabelle 1: Arbeitsgruppen und bearbeitete Themenbereiche AG Themenbereiche

AG 1 Schulstruktur und -angebote, Schulentwicklung Bildungsregion Außerschulische Bildung und Weiterbildung ("Lebenslanges Lernen")

AG 2 Medizinische und Pflegerische Versorgung Gesundheit und Rettungs- und Notarztdienste Pflege Pflegestrukturplanung

AG 3 Chancen und Grenzen des bürgerschaftlichen Engagements Familie Unterstützungsleistungen für Familien

AG 4 Siedlungsentwicklung Lebenswerte Dörfer Wohnortnahe Versorgungs- und Serviceangebote - Lebensqualität und Städte Erreichbarkeiten/Mobilität (Querschnittsthema)

Die Arbeitsgruppen setzten sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Kammern, Verbänden, die jeweiligen Handlungsfelder betreffenden Einrichtun- gen sowie Bürgermeister/innen der Orts- und Verbandsgemeinden zusammen. Die detaillierte fachliche Besetzung der Arbeitsgruppen ist im Anhang aufgeführt. Die Leitung der Arbeits-

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gruppen übernahmen jeweils die inhaltlich zuständigen Geschäftsbereichsleiter der Kreisver- waltung Trier-Saarburg. Damit war die Rückkoppelung der jeweiligen Ergebnisse in die ent- sprechenden Fachabteilungen der Verwaltung gewährleistet. Weiterhin waren in jede Arbeitsgruppe Vertreter der Stadt Trier eingebunden, um Vernet- zungsaspekte zwischen dem Landkreis und der Stadt sinnvoll aufgreifen und diskutieren zu können. Außerdem erfolgten gegenseitige Einladungen zu Arbeitsgruppensitzungen bzw. Vernetzungs- workshops der benachbarten MORO-Region Landkreis Merzig-Wadern. Im Projektverlauf fand eine Tagung auf Arbeitsgruppenleiterebene unter Teilnahme der Mitarbeiter/innen einzelner Fachreferate und der MORO-Geschäftsstellen statt. Neben dem Austausch von Informationen über die bisherigen Prozessabläufe wurde vereinbart, zukünftig turnusmäßige Arbeitstreffen auf Ebene der Geschäftsbereichsleiter bzw. Behördenleitungen zu organisieren, um aktuelle Themen zur Daseinsvorsorge und demographischen Entwicklung sowie weitere Fragestellun- gen, die beide Landkreise betreffen, zu erörtern und abzustimmen.

Die Sitzungen der Arbeitsgruppen waren nicht öffentlich, da die Erfahrungen aus den Vorläu- fer-MOROs gezeigt hatten, dass dies eine offenere Diskussion auch brisanterer Themen ermög- licht. Sie wurden jeweils moderiert durch das Institut für Ländliche Strukturforschung (IfLS), das mit der Prozessbegleitung und Forschungsassistenz beauftragt war.

Die Arbeitsgruppen tagten im Verlauf fünfmal und orientierten sich dabei an der folgenden Struktur.

Tabelle 2: Strukturelle Vorgehensweise in den Arbeitsgruppen Sitzung Strukturelle Vorgehensweise

1 Status Quo, Problem- und Zieldiskussion, Prioritätensetzung im Erarbeitungspro- zess und Festlegung des Arbeitsprogramms

2 Verfeinerung des Arbeitsprogramms hinsichtlich flankierender Informationen sowie weiterer Erhebungen und Analysen

3 Vorstellung und Diskussion der Bevölkerungsprognose und -disaggregation Diskussion von Qualitätsaspekten und strategischen Ansätzen in den Handlungs- feldern

4 Vorstellung, Diskussion und Ergänzung der Eckpunkte der Strategie, konzeptionel- ler Entwürfe und Projekte in den Handlungsfeldern

5 Vorstellung und Diskussion der Regionalstrategie, Beschluss der Ergebnisse durch die Arbeitsgruppen

Trotz der nahezu identischen Arbeitsschritte verliefen die Arbeitsprozesse in den einzelnen Arbeitskreisen sehr unterschiedlich. Dies spiegelt sich in der vorliegenden Regionalstrategie vor allem in den Strategien und Maßnahmenempfehlungen der einzelnen Handlungsfelder wider: in Handlungsfeldern, zu denen bereits zu Prozessbeginn eine gute Datenlage gegeben war, konnte anders diskutiert werden als in solchen, in denen die Teilnehmer zunächst einen Konsens finden mussten, welchen Themen sie sich in welcher Form annähern wollten.

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Vernetzungsworkshops Neben den Arbeitsgruppensitzungen fanden im Verlauf des Prozesses auch zwei Vernetzungs- workshops statt. Diese erfüllten mehrere Funktionen: zum einen trafen sich zu den Vernet- zungsworkshops die Akteure aller Arbeitsgruppen gemeinsam, zusätzlich waren auch die Mit- glieder der Lenkungsgruppe eingebunden. Zum anderen fokussierten sich die Vernetzungsworkshops neben der Information über den jeweiligen Diskussionsstand in den einzelnen Arbeitsgruppen inhaltlich auf die beiden Quer- schnittsthemen Erreichbarkeit und Mobilität sowie Bürgerschaftliches Engagement, da diese alle Arbeitsgruppen tangierten.

2.1.4. Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern Die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern erfolgte über die nachfolgend aufgeführten We- ge mit unterschiedlichen Möglichkeiten der direkten und indirekten Beteiligung an der Erarbei- tung der Regionalstrategie Daseinsvorsorge:

Öffentliche Auftakt- und Abschlussveranstaltung Der Prozess wurde im März 2012 mit einer Auftaktveranstaltung begonnen, zu der nicht nur die für die Arbeitsgruppen angefragten Akteure sowie die Mitglieder der Lenkungsgruppe und weitere Mandatsträger eingeladen wurden. Vielmehr stand die Veranstaltung allen Bürgerin- nen und Bürgern des Landkreises offen, die per Presse eingeladen wurden. Ziel war es, einen ersten Überblick über die Ziele und Inhalte der Regionalstrategie sowie den Erstellungsprozess zu geben. Weiterhin ist die Vorstellung der Ergebnisse des Gesamtprozesses im November 2013 in einer ebenfalls öffentlichen Abschlussveranstaltung vorgesehen, in der auch über die weitere Vor- gehensweise zur Verstetigung des begonnenen Prozesses informiert wird.

Homepage MORO Unter der Homepage der Kreisverwaltung Trier-Saarburg wurde eine Informationsseite über das MORO eingerichtet (http://www.trier-saarburg.de/Buerger/MORO/). Neben den allgemei- nen Informationen über Ziele und Inhalte des MOROs regionale Daseinsvorsorge finden sich zentrale Dokumente aus dem Prozess sowie ein Überblick über die laufende Berichterstattung

MORO-Flyer Im Laufe des Erarbeitungsprozesses wurde ein Flyer konzipiert, der über den MORO-Prozess und die Inhalte im Landkreis Trier-Saarburg informiert sowie zentrale Themen und Ansprech- partner für weitere Fragen benennt. Der Flyer wurde in einer Auflage von 14.000 Exemplaren gedruckt und liegt in der Kreisverwal- tung Trier-Saarburg und den Verbandsgemeindeverwaltungen an zentralen Stellen aus bzw. ist über die Homepage abrufbar.

Bürgerbefragungen in den Dörfern und Städten des Kreises Die Befragungen wurden in Zusammenarbeit mit der Universität Trier, Fachbereich IV, Soziolo- gie unter Federführung von Herrn Prof. Dr. Jacob und Herrn Prof. Dr. Vogelgesang im Novem- ber 2012 und Februar 2013 durchgeführt. Die Befragungen wurden mit einer Rücklaufquote von 43 Prozent bei insgesamt 11.000 Personen, die angeschrieben wurden, sehr gut ange- nommen. Die Ergebnisse flossen in die Bürger(meister)werkstätten (siehe unten) ein.

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Bürger(meister)werkstätten Zu den insgesamt drei Veranstaltungen, die Ende Mai/Anfang Juni 2013 auf der Ebene der Teilräume Saar und Obermosel/Sauer, / sowie Hochwald durchgeführt wurden, richteten sich in besonderer Weise an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Ver- bands- und Ortsgemeinden im Landkreis. Daneben standen diese Werkstätten auch interes- sierten Bürgerinnen und Bürger offen.

Die Workshops dienten der Vorstellung verschiedener Bausteine der Datenerhebung (wie bspw. Erreichbarkeitsanalysen und die Ergebnisse der Bürgerbefragung), aber auch zur Diskus- sion bereits bestehender Handlungsansätze und neuer Ideen, die sich kreativ mit dem Erhalt von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in den Ortsgemeinden oder mit der Verbesserung des Zugangs zu vor Ort fehlenden Angeboten auseinandersetzen.

Die Ergebnisse der Bürger(meister)werkstätten sind in die anschließenden AG-Workshops und so in die Entwicklung der Strategie eingeflossen.

Bürgerdialog Um Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen und Anregungen in den Prozess zur Erarbeitung der Regionalstrategie Daseinsvorsorge einzubringen, wurde im August 2012 ein sog. Onlinedialog eingerichtet. Unter der Internetadresse http://www.dialog-trier- saarburg.de können interessierte Personen ihre Anregungen zur Diskussion stellen und so mit- einander zu den verschiedenen Themenbereichen des demographischen Wandels miteinander in Austausch treten. Trotz intensiver und mehrfacher Bewerbung über die Presse und die Ho- mepage der Kreisverwaltung ist dieses Angebot bis dato kaum angenommen worden.

Presse Sowohl die Kreisnachrichten wie auch der Trierische Volksfreund, der Wochenspiegel und ver- schiedene regionale und lokale Radiosender berichteten über den Fortschritt und zentrale Meilensteine des Erarbeitungsprozesses. Über diese Medien erfolgte auch die Information über die Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger.

2.2. Prozessablauf In den Prozess zur Erarbeitung der Regionalstrategie Daseinsvorsorge waren, wie in Kapitel 2.1 dargestellt, verschiedene Akteursgruppen in unterschiedlicher Funktion eingebunden. Im Fol- genden wird der Ablauf der Erstellung der Regionalstrategie im Zeitraum März 2012 bis Okto- ber 2013 dargestellt.

18 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Abbildung 2: Prozess zur Erstellung der Regionalstrategie Daseinsvorsorge

2.3. Bausteine der Datenerhebung Die Fachdiskussionen der Arbeitsgruppen wurden untermauert mit verschiedenen Datenerhe- bungs- und Analysebausteinen, die im Folgenden vorgestellt werden.

2.3.1. Kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnung und -disaggregation In einem ersten Schritt wurde eine modellhafte Bevölkerungsvorausberechnung für den Zeit- raum 2011 - 2030 auf der Basis der Grundschuleinzugsbereiche im Landkreis Trier-Saarburg erstellt. In einem zweiten Schritt führte das Büro Spiekermann & Wegener eine sog. Disaggregation auf der Basis der o.g. Bevölkerungsvorausberechnung durch. Unter Verwendung eines Disaggre- gierungsmodells wurde die modellhaft vorausberechnete Bevölkerungszahl kleinräumigen Wohnstandorten (z.B. Baublöcken oder Rasterquadraten) zugeordnet. Sie ist damit das klein- räumige Abbild der Bevölkerungsentwicklung. Die Disaggregation war zugleich Basis und Voraussetzung für die Erstellung der Erreichbarkeits- und Gestaltungsszenarien.

19 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

2.3.2. Erreichbarkeitsmodelle und Gestaltungsszenarien Die Berechnung von Erreichbarkeitsmodellen und Trendszenarien stellte einen weiteren Bau- stein der Datenerhebung dar. Zunächst wurden aufgrund der in den Arbeitsgruppen festgeleg- ten Untersuchungsbedarfe Infrastrukturen identifiziert, für die Erreichbarkeitsmodellierungen durchgeführt werden sollten. Auf dieser Basis erstellte das Büro Spiekermann & Wegener zu- nächst Erreichbarkeitsmodelle für verschiedene Verkehrsarten (zu Fuß, Rad, motorisierter Individualverkehr/MIV sowie öffentlicher Personennahverkehr/ÖPNV). In einen weiteren Schritt wurden auf der Grundlage verschiedener Annahmen sog. Gestal- tungsszenarien erstellt. Diese zeigen für die jeweils betrachtete Infrastrukturart die Verände- rungen der Erreichbarkeit bspw. bei Wegfall von Standorten auf. Die Erreichbarkeitsmodelle und Gestaltungsszenarien wurden ausschnittweise im zweiten Ver- netzungsworkshop sowie in den Bürgerwerkstätten präsentiert. So flossen sie auch in die Re- gionalstrategie ein. Einzelne Erreichbarkeitsmodelle und Gestaltungsszenarien finden sich in den handlungsfeldbezogenen Kapiteln wieder.

2.3.3. Bürgerbefragung Im November 2012 wurde eine umfassende Bürgerbefragung in Kooperation mit der Universi- tät Trier durchgeführt. Hierzu wurde eine repräsentative Stichprobe von 6.000 von den Melde- ämtern der Verbandsgemeindeverwaltungen zufällig ausgewählten erwachsenen Bürger/- innen der Dörfer und dörflichen Stadtteile der Städte des Kreises gezogen. Diesen wurde ein umfassender Fragebogen zu verschiedenen Themen der Daseinsvorsorge zugesandt. Der Rück- lauf betrug 44,4 Prozent. Die erhobenen Daten werden auf verschiedenen Ebenen analysiert. Neben der kleinräumigen Differenzierung auf der Ebene der Verbandsgemeinden ist eine weitere räumliche Analyse- ebene gewählt worden. Orientiert an den naturräumlichen Gegebenheiten und den sozial- räumlichen Besonderheiten sind vier relativ homogene Teilräume identifiziert worden: Hoch- wald, Saar, Obermosel/Sauer und Mosel/Ruwer. Mit dieser Differenzierung wurde der teilräumliche Ansatz im Bewerbungskonzept des Kreises aufgegriffen und im Sinne einer qualifizierten Bedarfsanalyse für die kreisweite Regionalstrate- gie Daseinsvorsorge datenmäßig unterlegt. Ziel der Befragung war es, im Aufstellungsprozess der Regionalstrategie Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Bedarfe und Bedürfnisse die Menschen im Landkreis Trier-Saarburg in Bezug auf verschiedene Aspekte der Daseinsvorsorge tatsächlich haben. Gleichzeitig konnte so möglichst optimal der Heterogenität des Landkreises und seinen Daseinsvorsorgestrukturen Rechnung getragen werden.

Zentrale Aspekte der Befragung waren:  Wohnsituation,  Betreuungs- und Schulsituation,  Mobilität,  Freizeitverhalten,  Einkaufssituation,  medizinische und pflegerische Versorgung,  Internet,  Bürgerschaftliches Engagement,  neue Wohn- und Mobilitätsformen sowie  Verbesserungswünsche.

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In der Gesamtbetrachtung führen die Befragungsergebnisse zu kreisweit gemeinsamen Trends, aber auch zu unterschiedlichen Bewertungen innerhalb der Teilräume Saar, Obermosel/Sauer, Mosel/Ruwer und Hochwald.

Die Ergebnisse der Bürgerbefragung stellen eine wesentliche Analysegrundlage bei der Erstel- lung der Regionalstrategie dar und sind direkt in das vorliegende Dokument eingeflossen.

In einem weiteren Schritt wurden im Februar 2013 5.000 Personen aus den vier Städten des Landkreises (Hermeskeil, , Saarburg und Schweich) mit einem etwas abgewandelten Fra- gebogen befragt. Der Rücklauf betrug hier 42 Prozent.

Die umfangreichen Auswertungen der Bürgerbefragungen für die Dörfer und Städte liegen der Kreisverwaltung Trier-Saarburg in Berichtsform vor und stehen der interessierten Öffentlich- keit zur Verfügung.

Mit Befragungen verfügt der Landkreis über eine sehr umfangreiche Primärdatenbasis auch für künftige Detailanalysen, die in dieser Form in Rheinland-Pfalz bislang einzigartig ist.

21 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

3. Rahmenbedingungen

3.1. Siedlungsstruktur des Landkreises Trier-Saarburg Der Landkreis Trier-Saarburg ist mit 1.091 Quadratkilometern flächenmäßig drittgrößter Land- kreis in Rheinland-Pfalz. Bei einer gleichzeitig geringen (130 EW je km²) und stark heterogenen Bevölkerungsdichte, z.B. 67 EW je km² (Verbandsgemeinde Kell am See), 122 EW je km² (Ver- bandsgemeinde Trier-Land) und 230 EW je km² (Verbandsgemeinde Konz), ist er in besonderer Weise von den Folgen des demographischen Wandels betroffen.

Der Landkreis Trier-Saarburg setzt sich zusammen aus 104 selbstständigen Gemeinden mit insgesamt 160 Ortschaften. Diese sind insgesamt sieben Verbandsgemeinden (Hermeskeil, Kell am See, Konz, Ruwer, Saarburg, Schweich und Trier-Land) zugeordnet. Die Siedlungsstruktur des Landkreises Trier-Saarburg lässt sich aus der folgenden Karte able- sen.

Abbildung 3: Siedlungsstruktur des Landkreises Trier-Saarburg

Quelle: Spiekermann & Wegener, 2012 Die regionalplanerische Gliederung stellt sich aktuell folgendermaßen dar: Der Landkreis Trier-Saarburg umschließt die kreisfreie Stadt Trier als Oberzentrum. Mittelzentren sind die kreisangehörigen Städte Hermeskeil, Saarburg sowie Konz. Klein-/Unterzentren sind derzeit Schweich 1, Kell am See, Zerf, und Wincheringen.

1 Die Stadt Schweich als Klein-/ Unterzentrum verfügt jedoch in vielen Bereichen über mittelzentrale Ausstattung und Funktion.

22 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Mit der Neuaufstellung des regionalen Raumordnungsplanes Region Trier sollen weitere Grundzentren ausgewiesen werden: Leiwen als monozentrales Grundzentrum und die Ge- meinden Beuren/Reinsfeld, Föhren/Hetzerath, ///Waldrach, Nit- tel/Wincheringen sowie Trierweiler/Welschbillig als kooperierende Grundzentren. 2

Der Landkreis Trier-Saarburg zeichnet sich, wie schon erwähnt, durch eine relativ hohe Hete- rogenität aus. Die Gemeinden im näheren Umfeld der Stadt Trier beispielsweise können auf- grund ihrer Nähe zum Oberzentrum und durch den relativ gut ausgebauten ÖPNV die dort vorhandenen Infrastruktureinrichtungen nutzen. Dagegen sind Bevölkerungsrückgänge und Tragfähigkeitsprobleme einzelner Infrastrukturen im südöstlichen Bereich des Landkreises erkennbar. Eine Sonderstellung haben die Gemeinden in Grenznähe zum Saarland und insbe- sondere zum Nachbarland Luxemburg, denn ein hoher Anteil der Bevölkerung pendelt auf- grund des dortigen höheren Lohnniveaus ins Großherzogtum.

Abbildung 4: Teilräumliche Abgrenzung des Landkreises Trier-Saarburg

Quelle: Universität Trier, 2013 Nach Auswertung der Ergebnisse der beiden Bevölkerungsbefragungen bezüglich der Nutzung von Infrastruktureinrichtungen lassen sich unter Berücksichtigung der naturräumlichen Gege- benheiten, räumlicher Entwicklungslinien und sozialräumlicher Besonderheiten die folgenden vier Teilräume identifizieren: Mosel/Ruwer, Obermosel/Sauer, Saar sowie Hochwald (siehe Abbildung 4).

2 Quelle: Regionaler Raumordnungsplan Region Trier – Entwurf 2013

23 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

3.2. Demographische Entwicklung Zur Ermittlung der Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Trier-Saarburg wurde eine Voraus- schätzung der Einwohnerentwicklung für den Zeitraum 2011 bis 2030 nach dem Modell der Hildesheimer Planungsgruppe durchgeführt, das der Landkreis für die Schulentwicklungspla- nung nutzt (siehe auch Kapitel 2.3.1).

Danach wird die Bevölkerung im Landkreis um 5,2 Prozent schrumpfen, von 147.133 Einwoh- nern im Jahr 2011 auf 139.427 Einwohner im Jahr 2030. Daneben ist ein anhaltend fortschrei- tender Alterungsprozess zu erwarten, d.h. die Bevölkerung wird nicht nur weniger, sondern auch älter. Der Altersdurchschnitt verändert sich laut den Berechnungen von 43,8 Jahren in 2011 auf 48,4 Jahre im Jahr 2030, was ein Plus von 4,6 Jahren bedeutet. Abbildung 5 zeigt die prognostizierten Veränderungen bezogen auf die verschiedenen Alters- gruppen im Landkreis Trier-Saarburg.

Abbildung 5: Altersstrukturveränderung auf der Ebene des Landkreises Trier-Saarburg zwischen 2011 und 2030

Quelle: Spiekermann & Wegener, 2013 Hervorstechend ist der Anstieg des Anteils der über 65- bis 80-Jährigen um 45,5 Prozent von rund 19.800 Personen im Jahr 2011 auf prognostizierte 28.800 Personen im Jahr 2030. Der Anteil der über 80-Jährigen steigt um 32,0 Prozent von 6.650 auf prognostizierte 8.800 Perso- nen.

Dem stehen zum Teil zum Teil erhebliche Verluste in den jüngeren Altersgruppen gegenüber. Die Altersgruppe der unter 10-Jährigen schrumpft im gleichen Zeitraum um ca. 2.150 Personen von rund 12.800 auf 10.650 Personen (-16,7 Prozent), die Altersgruppe der 10- bis 20-Jährigen um ca. 3.900 Personen von rund 16.200 auf ca. 12.300 Personen (-24,1 Prozent).

In der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen schrumpfen die Einwohnerzahlen zwischen 2011 und 2030 um ca. 4.750 Personen von rund 33.200 auf ca. 28.450 Personen (-14,2 Prozent), in

24 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung der Altersgruppe der 40- bis 65-Jährigen um ca. 8.100 Personen von rund 58.550 auf ca. 50.450 Personen (-13,8 Prozent).

Abbildung 6: Einwohnerentwicklung in den Grundschuleinzugsbereichen zwischen 2011 und 2030

Quelle: Spiekermann & Wegener, 2013

Die Veränderungen der Bevölkerungszahlen und der Altersstruktur werden - wie heute z.T. schon feststellbar - in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Intensität stattfinden.

Abbildung 6 zeigt auf der Ebene der Grundschuleinzugsbereiche die Einwohnerentwicklung zwischen 2011 und 2030. Hier ist ablesbar, dass sich neben Teilbereichen mit deutlichen Ein- wohnerrückgängen (südliche Randbereiche) auch Teilräume mit einer durchgängig positiv prognostizierten Einwohnerentwicklung finden. Diese liegen vornehmlich in Grenznähe zu Luxemburg sowie dem Oberzentrum Trier. 3

Die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Betroffenheiten der Teilräume stellen den Landkreis Trier-Saarburg vor das Problem des Erhalts eines gleichwertigen Versorgungsni- veaus. Ziel der Regionalstrategie ist es daher, die auftretenden Disparitäten zu erkennen und entspre- chend darauf zu reagieren.

3 Die Ausführungen zur Bevölkerungsentwicklung im Landkreis sind dem Bericht „Räumliche Disaggregierung der Ergebnisse der Bevölkerungsvorausschätzung 2011 bis 2030 für den Landkreis Trier-Saarburg“ (Spiekermann & Wegener) entnommen.

25 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

4. Leitbild, strategische Ziele und Grundsätze

Über den in den folgenden Kapiteln dargestellten strategischen Zielen der einzelnen Quer- schnittsthemen und Handlungsfelder stehen übergeordnete Qualitäten und Leitziele.

Die übergeordneten Qualitäten stellen die Basis für die Regionalstrategie Daseinsvorsorge des Landkreises dar:

 Hohe Qualität der Daseinsvorsorge  Guter sozialer Zusammenhalt und Integrationskraft  Hohe politische und sachliche Umsetzungskompetenz

Die folgenden Leitziele stützen sich auf diese Qualitäten und tragen in ihrer Umsetzung zu de- ren Erhalt und Verbesserung bei:  Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements: Bürgerschaftliches Engagement ist die Voraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen, insbesondere vor dem Hintergrund der mit dem demographischen Wandel in Verbindung ste- henden Auswirkungen auf die Dörfer und Städte im Landkreis Trier-Saarburg.

 Familienfreundlichkeit für alle Altersgruppen: Eine Grundvoraussetzung für die im Landkreis Trier-Saarburg lebenden Familien ist es, ihren jeweiligen Bedürfnissen entsprechende Unterstützung bei der Umsetzung ihres individuellen Lebensmodells zu erhalten - über alle Generationen hinweg.

 Soziale Integration für verschiedene Bevölkerungsgruppen: Je weiter es gelingt, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusammenzuführen, umso er- folgreicher wird das Gemeinwesen im Landkreis Trier-Saarburg funktionieren.

 Teilraumspezifisches gleichwertiges Angebot: Der Landkreis Trier-Saarburg zeichnet sich durch eine hohe Heterogenität seiner Teilräume aus. Sie ist Qualität und Herausforderung zugleich, auch mit Blick auf die Lage im Grenzraum zu Luxemburg und zum Saarland. Umso mehr muss die Gleichwertigkeit der Angebote in den Blick genommen und im Rahmen der Regionalstrategie betrachtet werden. Bezogen auf die Qualität der Daseinsvorsorge bedeutet dies, dass diese im gesamten Landkreis zu erhalten und möglichst zu verbessern ist. Grundinfrastrukturen sind zu sichern und wohn- ortnahe Angebote zu fördern.

 Integrierte Problembetrachtung und Lösungssuche: Die Komplexität der Herausforderungen, die aus dem demographischen Wandel erwachsen, erfordert eine zusammenführende Sichtweise bei der Suche nach möglichst dauerhaft funktio- nierenden Lösungen. Die vorhandene hohe Umsetzungskompetenz des Landkreises Trier- Saarburg - sowohl auf der Seite der Verwaltung wie auch in den politischen Gremien - ist dafür die Grundlage.

Im Erarbeitungsprozess standen die Leitziele über den Handlungsfeldern. Die dort erarbeiteten strategischen Ansätze orientierten sich jeweils an diesem Überbau.

26 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

5. Querschnittsthema Mobilität und Erreichbarkeit von Infrastruktu- ren

5.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe Mobilität ist ein Grundbedürfnis menschlichen Daseins und wesentliche Voraussetzung für das Zusammenleben in der heutigen Gesellschaft. Nicht nur jede Form wirtschaftlichen Handelns, sondern auch der überwiegende Teil der gesellschaftlichen Aktivitäten ist auf Mobilität ange- wiesen. Im ländlichen Raum wird dieses Mobilitätsbedürfnis dabei generell deutlich überwie- gend mittels PKW sichergestellt. Die Erreichbarkeit von Infrastrukturen ist im Landkreis bei Nutzung des PKW uneingeschränkt gewährleistet. Ungeachtet dieser Ausgangssituation hat die Bürgerbefragung „Lebenswerte Dörfer im Land- kreis Trier-Saarburg“ einen deutlichen Wunsch zu Tage gefördert, dass das ÖPNV-Angebot verbessert werden soll. Die vorhandenen öffentlichen Mobilitätsangebote sind im Landkreis Trier-Saarburg sehr inho- mogen ausgestaltet. Im Hochwald und auf dem Saargau ist das Angebot überwiegend auf die Bedürfnisse des Schülerverkehrs ausgerichtet. D.h. Busverbindungen werden ausschließlich zu den Schulbeginn und -endzeiten angeboten. Demgegenüber haben Städte und Dörfer im Um- land von Trier genauso wie die Gemeinden, die über einen Anschluss an die Schiene verfügen, ein Angebot mit Verbindungen teilweise im 30-Minutentakt. Zwischen diesen beiden Extremen besteht entlang der wichtigsten Buslinien die Situation, dass über den Tag verteilt diverse Fahrten insbesondere von und zum Oberzentrum Trier angeboten werden. Hier gibt es jedoch weder eine Vertaktung, noch einen einheitlichen Linienverlauf.

Abbildung 7: ÖPNV-Angebot an einem Schultag im Jahr 2012

Quelle: Spiekermann & Wegener 2013

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Eine Sonderstellung nimmt ein busbasiertes Verkehrsangebot ein, das mit finanzieller Unter- stützung des Großherzogtums Luxemburg aufgebaut wurde und auf Personen ausgerichtet ist, die in Luxemburg arbeiten. Die hier angebotenen Fahrten werden außerhalb des Verkehrsver- bunds Region Trier (VRT) abgewickelt und steuern verschiedene Orte innerhalb des Landkrei- ses mit dem Ziel Luxemburg an. Die Weiterentwicklung dieser Angebote im Rahmen des lu- xemburgischen Verkehrskonzepts „Modu“ ist zu erwarten, da Luxemburg das Ziel verfolgt, den Anteil der individuellen Mobilität am gesamten Verkehrsaufkommen zu reduzieren.

Die aus dieser Situation abzuleitenden Handlungsbedarfe sind sehr unterschiedlich: Bei den vorhandenen, „traditionellen“ Angebotsformen ist die Prämisse: je stärker das ÖPNV- Angebot auf den Schülerverkehr zugeschnitten ist, umso weniger ist es in der Lage die Erreich- barkeit von anderen Infrastruktureinrichtungen sicherzustellen und wahlfreie Kunden zu ge- winnen. Die wenigen angebotenen Fahrtenpaare reichen dann nicht aus, eine für den Nutzer attraktive Hin- und Rückfahrt zu einem Zielort sicherzustellen, da aufgrund der seltenen Fahrten lange Wartezeiten am Zielort einkalkuliert werden müssen. Die Akzeptanz solcher Angebote wird zusätzlich geschwächt, da bei der Linienverlaufsplanung das Abdecken eines möglichst großen Teils des Einzugsbereichs einer Schule im Vordergrund steht, während die Optimierung der Reisezeit nur eine untergeordnete Rolle spielt. Anders stellt sich die Situation dar, wenn zwar Fahrten auch außerhalb der Schulanfangs und -endzeiten angeboten werden, diese Fahrten aber durch nicht vertaktete Abfahrtszeiten und uneinheitliche Linienführungen für Kunden weniger attraktiv erscheinen. Eine Neuplanung der Verkehre könnte hier die Möglichkeit bie- ten, basierend auf dem Vorhandenen, zu Attraktivitätssteigerungen zu kommen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der demographische Wandel die Rahmenbedingungen unter denen ÖPNV in der Fläche durchgeführt wird, grundlegend ändern wird.

So führen Rückgänge der Schülerzahlen dazu, dass vorhandene Angebote von den Verkehrsun- ternehmen - soweit überhaupt noch möglich - weiter gestrafft werden. In der Konsequenz werden die Angebote weiter an Attraktivität verlieren. Darüber hinaus werden, sollte eine Reduzierung der Kosten parallel zum Rückgang der Schüler nicht möglich sein, die Linienver- kehre in die Gemeinwirtschaftlichkeit überführt werden. D.h. über die Einnahmen hinaus, die die Busunternehmen durch den Verkauf der Fahrkarten generieren, wird eine zusätzliche Fi- nanzierung des ÖPNV notwendig werden, wenn ein Angebot in der Fläche erhalten werden soll. An der Planung eines solchen Angebots wird sich der Landkreis als Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs, stärker als dies in der Vergangenheit geschehen ist, beteiligen.

Ein weiterer Handlungsbedarf folgt aus dem steigenden Anteil der Personengruppe der über 65-jährigen. Die bisherigen öffentlichen Mobilitätsangebote sind auf diese Personengruppe nicht ausgerichtet. Hier gilt es Angebote zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden, die weder auf eigene, individuelle Mobilität zurückgreifen können, noch in der Lage sind die bisherigen öffentlichen Angebote zu nutzen. Hierbei muss zusätzlich berück- sichtigt werden, dass es auch innerhalb mittelzentraler oder vergleichbarer Orte aufgrund der Siedlungsstruktur schwerfällt Mobilitätsbedürfnisse ohne fremde Hilfe im Alltag zu befriedigen. Innerstädtische Mobilitätsangebote, die auch den ausgelagerten Einzelhandel erschließen, wären hier eine denkbare Lösung.

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5.2. Strategische Zielsetzungen Als strategische Zielsetzung ist es die Aufgabe des Landkreises Trier-Saarburg durch eine klare Priorisierung des Liniennetzes den klassischen ÖPNV attraktiver zu gestalten und so eine Alter- native zum PKW zu bieten.

Im Zusammenhang mit den nach Luxemburg ausgerichteten Pendlerverkehren ist zu prüfen, wie eine rechtliche Ausgestaltung aussehen kann und ob es finanziell machbar ist, diese in das deutsche ÖV-System zu integrieren.

Teilraumspezifisch bedarf es im Hinblick auf die älter werdende Bevölkerung der Entwicklung alternativer Bedienformen. So wird zum Beispiel im Rahmen eines MORO-Umsetzungsprojekts im Raum Longuich, Fell und Schweich unter dem Begriff „Mitholer“ untersucht, ob ein Mitfahrersystem auf lokaler Ebene eine Lösung sein kann, um neben dem klassischen ÖPNV Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen. In Saarburg wird ein auf Ehrenamtlichkeit basierendes Bürgerbuskonzept umgesetzt.

Die Kooperation mit Luxemburg sollte sowohl bei der Weiterentwicklung vorhandener als auch bei der Schaffung neuer ÖPNV-Angebote intensiviert werden.

5.3. Handlungsstrategien 5.3.1. ÖPNV Im nördlichen Rheinland-Pfalz wird in Kooperation mit dem Land Rheinland-Pfalz, dem Schie- nenpersonenzweckverband Nord und den betroffenen kommunalen Aufgabenträgern eine Neuordnung der Busverkehre geplant. Ziel ist es im Rahmen einer Neukonzeption eine bessere Verknüpfung der Buslinien mit den Angeboten auf der Schiene zu schaffen. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die Hauptachsen von regionalen Busverkehren unter Berücksichtigung der Belan- ge des Schülerverkehrs zu erweitern. Ebenso wird die Einführung von flexiblen, bedarfsgesteu- erten Bedienungsvarianten im Busverkehr als Ergänzung bzw. als Ersatz von Linienverkehren im Rahmen einer Neustrukturierung geprüft. Ziel ist es den ÖPNV attraktiver zu gestalten und für die Zukunft zu sichern. Dies wird eine wirt- schaftliche und verkehrsplanerische Bewertung beinhalten, um eine Abschätzung der aus der Neukonzeption folgenden Kosten zu ermöglichen.

Der Landkreis wird darüber hinaus, sobald Erfahrungen aus den Modellprojekten in Saarburg und im Raum Schweich (siehe oben) vorliegen, die Übertragbarkeit dieser Ansätze auf andere Regionen des Landkreises prüfen und sich für eine Einführung auch in anderen Gemeinden einsetzen.

Auch die Busverkehre nach Luxemburg müssen stärker als bisher berücksichtigt werden. Hier haben sich ohne Beteiligung der zuständigen Aufgabenträger Buslinien etabliert, die für in Luxemburg arbeitenden Menschen große Bedeutung haben. Die Orte, die einen unmittelbaren Anschluss an das luxemburgische Busnetz haben, gewinnen hierdurch deutlich an Attraktivität. Hier gilt es ggf. zu vertraglichen Regelungen zu kommen, die einen Einfluss auf die weitere Entwicklung sicherstellen.

Diese Angebote sind wichtig, um für ältere Menschen Mobilität auch ohne eigenes Fahrzeug sicherzustellen.

29 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Zusätzlich ist auch eine Angebotsverbesserung von kommerziellen Angeboten durch Taxen oder Mietwagen in Erwägung zu ziehen. Modell könnte hier eine den Jugendtaxen angelehnte Angebotsform, d.h. ein Zuschuss zu Taxifahrten, sein.

5.3.2. MIV Ziel ist der Erhalt und die Verbesserung des Straßennetzes um auch zukünftig die Qualität der Mobilität sicherzustellen. Dies dient im Übrigen genauso dem ÖPNV und der Unterstützung wirtschaftlicher Aktivitäten und Unternehmen gerade in ländlichen Räumen.

5.4. Maßnahmen(-empfehlungen) Ergänzend zu den Pflichtaufgaben wie der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes ergeben sich folgende Maßnahmen bzw. Empfehlungen:

Die Unterstützung von Bürgerengagement und Gewährleistung eines Erfahrungsaustauschs der Akteure bei der Erprobung neuer Angebotsformen im ÖPNV ist auf Kreisebene anzustre- ben.

Eine dezentrale Etablierung von Mobilitätsmanagern zur Verbesserung der Information der Bevölkerung über Angebote sowie zur Verbesserung der Zusammenführung verschiedener Angebotsstrukturen ist zu prüfen. Hierbei ist deren Unterstützung durch den Landkreis Trier- Saarburg sinnvoll.

30 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

6. Querschnittsthema Bürgerschaftliches Engagement

6.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe „Ein Gemeinwesen ist immer nur so stark und lebendig, wie sich Menschen zusammenfinden und über ihre gesetzlichen Pflichten hinaus bereit sind, sich füreinander einzusetzen.“ (Kurt Beck)

Dieser Satz des ehemaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz hat sicherlich seit vielen hundert Jahren Gültigkeit, heute aber vielleicht mehr denn je. Auch im Landkreis Trier- Saarburg erbringen unzählige Menschen einen wertvollen Einsatz für das Gemeinwohl, indem sie sich freiwillig engagieren. Hierunter wird das freiwillige, nicht auf finanzielle Vorteile gerich- tete, das Gemeinwohl fördernde Engagement von Bürgern zur Erreichung gemeinsamer Ziele verstanden. Ohne dieses Engagement in Form von Ehrenamt, Freiwilligenarbeit, Initiativen, Projekten und Selbsthilfe, ob in Vereinen oder selbst organisiert, in öffentlichen Funktionen oder im „stillen Kämmerlein“, dauerhaft oder nur projektbezogen … sprich: ohne die Men- schen, die einfach etwas mehr machen, als sie machen müssen, wäre unsere Gesellschaft nicht nur in finanzieller Hinsicht ein großes Stück ärmer. Viele Aktivitäten und Strukturen wären gerade auf dem Land schlichtweg nicht mehr denkbar.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) führte das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest Sozialforschung München im Jahr 2009 nach 1999 und 2004 zum dritten Mal den Freiwilligensurvey (Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bür- gerschaftliches Engagement) durch. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz beauftragte TNS Inf- ratest Sozialforschung daraufhin mit einer Auswertung dieses Freiwilligensurveys für das Land Rheinland-Pfalz. Diese beiden Studien wurden neben den Erkenntnissen, die im Rahmen des MORO durch den Landkreis selbst erhoben wurden, als gute (Daten)Grundlage für die Erstel- lung dieser Regionalstrategie herangezogen. Die im Folgenden verwendeten Grafiken zu die- sem Thema stammen aus der Landesstudie.

Die Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen Bun- destages hat versucht das bürgerschaftliche Engagement zu definieren und sieht folgende Att- ribute als konstitutiv an:

 Bürgerengagement ist freiwillig.  Bürgerengagement ist nicht auf materiellen Gewinn gerichtet.  Bürgerengagement hat Gemeinwohlbezug.  Bürgerengagement ist öffentlich bzw. findet im öffentlichen Raum statt.  Bürgerengagement wird gemeinschaftlich bzw. kooperativ ausgeübt.

Wie die nachfolgende Abbildung 8 zeigt, sind glücklicherweise der Wunsch und die Bereit- schaft vieler Menschen, sich für das Gemeinwohl einzubringen, in letzter Zeit entgegen viel- fach anderslautender Berichte gestiegen - zum einen in Bezug auf die tatsächliche Zahl der Engagierten, zum anderen aber auch in Bezug auf die Zahl der Menschen, die sich noch nicht engagieren, hierzu aber unter Umständen bereit wären.

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Abbildung 8: Freiwilliges Engagement und Bereitschaft nicht Engagierter zum freiwilligen Engagement

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010 Auch bei der Bürgerbefragung im Rahmen des MORO wurde nach dem ehrenamtlichen Enga- gement der Menschen gefragt. Die Ergebnisse sind mit den o.g. Resultaten der Studie in Rhein- land-Pfalz sicher nicht vergleichbar, weil schon eine geringfügig abweichende Fragestellung zu deutlich anderen Ergebnissen führt. Hier gaben immerhin 25,2 Prozent der Menschen in den Dörfern und 18,7 Prozent der Stadtbewohner an, ehrenamtlich tätig zu sein. Außerdem wurden die Menschen gefragt, ob sie haushaltsnahe Tätigkeiten in Anspruch neh- men würden oder bereit seien für andere solche Dienstleistungen zu erbringen. Interessant ist auf den ersten Blick, dass die Bereitschaft Dienstleistungen zu erbringen in den Städten höher ist als in den Ortsgemeinden. Auf den zweiten Blick verwundert dies jedoch nicht, wenn man bedenkt, dass der Aufwand, eine Dienstleistung anzubieten alleine schon aufgrund der Entfer- nungen in den Ortsgemeinden regelmäßig höher sein dürfte als in den Städten.

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Tabelle 3: Inanspruchnahme und Angebot von Dienstleistungen für die Dorfgemeinschaft Wir haben im Folgenden einige Dienstleistungen für die Dorfgemeinschaft aufgelistet. Wel- che davon würden Sie selbst in Anspruch nehmen, welche würden Sie gegebenenfalls selbst anbieten? Würde ich in Anspruch Würde ich selbst anbie- nehmen ten Dörfer Städte Dörfer Städte Betreuung von älteren Menschen 33,7 23,6 10,4 13,6 Einkaufsservice 30,3 27,9 24,1 36,4 Fahrdienst 29,2 24,1 20,8 31,9 Gartenarbeit 27,9 26,2 11,8 15,5 Hausaufgabenbetreuung 9,2 7,4 12,9 14,0 Haushaltshilfe 29,0 29,1 6,9 7,3 Hausmeisterdienste 17,6 19,5 7,7 10,2 Haustierbetreuung 11,7 12,9 12,4 18,5 Hilfe bei Behördengängen 18,6 15,4 14,9 23,4 Kinderbetreuung 12,2 11,9 12,7 17,4 Pflege von pflegebedürftigen Menschen 23,3 15,4 5,4 5,7 Quelle: Bürgerbefragung Landkreis Trier-Saarburg, Universität Trier 2013 Die Möglichkeiten eines Engagements sind vielfältig. Sie finden sich insbesondere im sportli- chen, musisch/kulturellen, kirchlichen oder im sozialen Bereich, der Kinder- und Jugendarbeit, der Elternarbeit, der Feuerwehr oder dem Rettungswesen. Jedoch muss man unterscheiden zwischen denjenigen Menschen, die nicht aktiv sind (23 Prozent in Rheinland-Pfalz), denjeni- gen, die über ihre privaten Zwecke hinaus die Angebote von Gruppen, Vereinen und Institutio- nen nutzen („Aktive“ - 36 Prozent) und denjenigen, die bereit sind sich tatsächlich im eigentli- chen Sinne zu engagieren („freiwillig Engagierte“ - 41 Prozent), das heißt längerfristig bestimm- te Aufgaben oder gar Ämter zu übernehmen.

Auch auf die Frage, warum sich Menschen engagieren, findet der Freiwilligensurvey des Lan- des eine Antwort. Und man erkennt: Viele Menschen, die sich engagieren, sind mit Herzblut bei der Sache. Die nachfolgenden Abbildungen belegen dies nachdrücklich.

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Abbildung 9: Warum man sich freiwillig engagiert

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010

Abbildung 10: Erwartungen an die freiwillige Tätigkeit

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010

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Abbildung 11: Erwartungen an die freiwillige Tätigkeit (bis 45 Jahre, ab 46 Jahre)

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010 Vereine, Parteien und Organisationen beklagen, dass immer weniger Menschen bereit seien, sich dauerhaft zu engagieren. Gleichzeitig ist die Bereitschaft der Menschen, sich außerhalb solcher Strukturen zu engagieren, scheinbar noch immer groß. Dies wirft die Frage auf, unter welchen Rahmenbedingungen Menschen sich engagieren wollen. Es scheint, dass selbstorgani- sierten Gruppen der Vorzug vor Vereinen und Organisationen gegeben wird. Die Engagierten haben dort besonders häufig das Gefühl, wichtige Dinge mitentscheiden und mitbestimmen zu können. Die Strukturen sind wenig hierarchisiert, der Umgang miteinander von Gleichberech- tigung geprägt. Nicht zuletzt scheint die Verpflichtung zu einem fortgesetzten Engagement in diesen Gruppen kleiner, bzw. die Möglichkeit jederzeit aussteigen zu können, dort größer zu sein. Betrachtet man die Zahlen aus der Landesstudie im Zeitverlauf, so scheinen zwischenzeit- lich sogar die Vereine und Verbände zu Lasten der kirchlichen Institutionen wieder „im Kom- men“ zu sein.

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Abbildung 12: Organisationsform der freiwilligen Tätigkeiten

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010

Abbildung 13: Häufigkeit der Ausübung der freiwilligen Tätigkeiten

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010

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Abbildung 14: Gesamter Zeitaufwand pro Woche

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010 Je weniger die Menschen in gefestigten Organisationsstrukturen agieren, desto mehr ergeben sich Fragen struktureller Art, die der Einzelne für sich selbst beantworten muss, bspw. im Haf- tungs- oder Versicherungsrecht oder im Steuerrecht. Vor dem Hintergrund des demographi- schen Wandels und der damit einher gehenden Veränderungen (weniger Menschen, längere Erwerbsbiografien, Wegfall des klassischen Rollenteilungsmodells zugunsten einer höheren Erwerbstätigkeit auch von Frauen) kommt der Kommune bei der Unterstützung in eben diesen Fragen eine besondere Rolle zu. Die Frage im Zusammenhang mit der Regionalstrategie ist allerdings, was genau die freiwillig Engagierten insbesondere vom Landkreis und den Kommu- nen erwarten. Dies wurde in den Bürgerwerkstätten, die im Rahmen des MORO durchgeführt worden waren, thematisiert. Der Freiwilligensurvey brachte hier aber ebenfalls Erkenntnisse:

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Abbildung 15: Verbesserungsvorschläge der Freiwilligen an den Staat bzw. die Öffentlichkeit

Quelle: Zivilgesellschaft, freiwilliges Engagement und soziales Kapital in Rheinland-Pfalz 1999 – 2004 – 2009, Staatskanzlei Rhein- land-Pfalz, 2010 Die in dieser Umfrage benannten Verbesserungsvorschläge und Erwartungen wurden sämtlich auch im Rahmen des MORO-Prozesses von den Akteuren geäußert. Insbesondere die Wert- schätzung, Anerkennung und Begleitung von freiwillig Engagierten war ein großes Thema, des- sen sich die Kommunen annehmen wollen und sollen. Darüber hinaus können die artikulierten Verbesserungswünsche nur teilweise kommunal gestaltet werden. Dort, wo dies möglich ist, sollte es jedoch erfolgen, in der Annahme, dass Bund und Land, soweit deren Zuständigkeit betroffen ist, ebenfalls zu handeln bereit sind. Verschiedentlich wurde hier bereits reagiert, so durch das neue Bundesgesetz zur Stärkung des Ehrenamts.

Anerkennung ist allen Engagierten ein großes Anliegen und bedeutsam für die eigene Motiva- tion. Dabei geht es in erster Linie nicht um eine finanzielle, sondern um eine gesellschaftliche Anerkennung. Vielen Engagierten ist zusätzlich eine Unterstützung durch den jeweiligen Ar- beitgeber wichtig. Rund ein Drittel von ihnen profitiert auch hiervon. Weiterbildung, fachliche Unterstützung und unbürokratische Kostenerstattung bleiben große Themen im Bereich der Unterstützung von freiwillig Engagierten.

Im Landkreis Trier-Saarburg gibt es zwei Mehrgenerationenhäuser / Häuser der Familie in Saarburg und in Hermeskeil, die beide die Unterstützung und Einbindung ehrenamtlichen En- gagements fördern wollen.

6.2. Strategische Zielsetzungen Der Landkreis sieht es weiterhin als seine Aufgabe an, eigene Unterstützungsstrukturen zur Begleitung, Anerkennung und Wertschätzung von ehrenamtlich engagierten Menschen in der Kreisverwaltung vorzuhalten. Wesentliche Aufgabe des Landkreises ist dabei die Organisation des Wissenstransfers zwischen den verantwortlichen Stellen des Landes, den Verbands- und Ortsgemeinden und den engagierten Menschen vor Ort. Gleichzeitig ist aber die Unterstützung

38 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung durch Kommunen, Verbände, Vereine und Einzelne notwendig, da der Landkreis von den kon- kreten Erfordernissen vor Ort weit entfernt ist.

Außerdem sollten die in den beiden Mehrgenerationenhäusern vorhandenen Kenntnisse im Bereich der Unterstützung freiwilligen Engagements unbedingt durch intensive Zusammenar- beit mit den Kommunen für diese nutzbar gemacht werden. Zug um Zug gegen eine institutio- nelle Förderung sollte der Landkreis Ziele und Leistungen mit den beiden Mehrgenerationen- häusern / Häusern der Familie in diesem Bereich vereinbaren, um eine qualitativ gute und nachhaltige Zusammenarbeit sicher zu stellen – und zwar so weit als möglich „flächendeckend“ für das Gebiet des Landkreises.

Neben der Zusammenarbeit mit den Mehrgenerationenhäusern / Häusern der Familie und den dortigen Ehrenamtsbörsen sollte der Landkreis aber auch seine eigenen Möglichkeiten, bei- spielsweise über die Kreisvolkshochschule, nutzen.

„Bürgerschaftliches Engagement“ ist nicht umsonst als Querschnittsthema in der Regionalstra- tegie definiert, denn es finden sich in der gesamten Breite des Themas Aspekte, die sich mit der Notwendigkeit einer Einbindung Engagierter in verschiedenen Bereichen befassen. Daher muss sichergestellt werden, dass die Organisations- und Informationsstruktur der Verwaltung dem auch folgt. Von daher ist es erforderlich, das bürgerschaftliche Engagement innerhalb der Verwaltung ebenfalls als Querschnittsthema zu erkennen und integriert zu bearbeiten. Strategisches Ziel muss also sein, das Thema „Bürgerschaftliches Engagement“ einerseits struk- turiert bei klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten anzugehen, gleichzeitig aber die vorhandenen Strukturen zwischen Land, Kreis und kreisangehörigem Raum zu vernetzen und sinnvoll auszubilden. Vorhandene Anlaufstellen müssen hierfür genutzt und stärker bekannt gemacht werden, wo dies sinnvoll ist, müssen aber auch neue Ressourcen geschaffen werden.

Strategische Ansätze zur systematischen Unterstützung und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements sowie der besseren Verzahnung zwischen ehrenamtlichen und professionellen Angeboten werden u. a. darin gesehen:

 Ein Klima der Wertschätzung und Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement zu schaffen;  Auf die Vereinbarkeit von Ehrenamt und den Anforderungen von Familienleben zu achten.  Die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Berufsleben zu verbessern und Arbeitgeber zu ermun- tern, Unterstützung und Hilfestellung anzubieten;  Bürgerschaftliches Engagement heute weniger als Daueraufgabe, sondern vielmehr pro- jektbezogen zu verstehen;  Verstärkt neue Medien und soziale Netzwerke für die Mobilisierung und Organisation bür- gerschaftlichen Engagements zu nutzen, ohne die klassischen Wege der Informationswei- tergabe zu vernachlässigen;  Rechtliche und administrative Unterstützung für bürgerschaftlich Engagierte zu organisie- ren;  Informationen und Schulungen zu Organisation, Finanzierung, Sponsoring, Öffentlichkeits- arbeit und Beteiligung für Verantwortliche in Vereinen und Gruppen anzubieten;  Dies in Kooperation mit allen Kommunen, den Mehrgenerationenhäusern, Familienzent- ren, der Kreisvolkshochschule, der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit, der Landes- zentrale für Politische Bildung, der Stiftung „Zukunft in Trier-Saarburg“ sowie ggf. weiteren regionalen Weiterbildungsanbietern zu verwirklichen.

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6.3. Maßnahmen(-empfehlungen) Aus verschiedenen Anlässen heraus wurde bereits im Laufe des Erarbeitungsprozesses die Organisationsstruktur der Kreisverwaltung geändert und eine „Leitstelle Familie“ geschaffen.

Durch diese wichtige verwaltungsstrukturelle Maßnahme kann nun endlich auch das Thema „Bürgerschaftliches Engagement“ nicht nur als Querschnittsaufgabe innerhalb der Kreisverwal- tung dargestellt, sondern unter Nutzung von Synergien auch noch gestärkt und mit weiteren Personalressourcen hinterlegt werden. Nun gilt es, gemeinsam mit den oben benannten Part- nern aus den Kommunen und insbesondere unter Einbindung der Mehrgenerationenhäu- ser/Ehrenamtsagenturen, sich systematisch dem Thema zu widmen.

Hierfür sollte in einem ersten Schritt in von der Kreisverwaltung organisierten und moderier- ten Treffen mit Engagierten besprochen werden, wie die Unterstützung für das Ehrenamt nach deren Vorstellungen aussehen kann und soll. Insbesondere soll herausgearbeitet werden, wel- che (kommunale) Stelle wofür verantwortlich sein sollte, um größtmöglichen Nutzen zu erzie- len.

Um es den kreisangehörigen Ortsgemeinden zu ermöglichen eine eigene Unterstützungsstruk- tur vor Ort aufzubauen, sollte der Landkreis gemeinsam mit der Stiftung „Zukunft in Trier- Saarburg“ überlegen eine Förderung für Ortsgemeinden ins Leben zu rufen. Mit einer solchen Förderung - analog der Förderung von pädagogischen Kräften in Jugendräumen - könnte ge- ringfügig beschäftigtes Personal eingesetzt und gebunden werden.

Darüber hinaus sollte der Landkreis gemeinsam mit den Mehrgenerationenhäu- sern/Ehrenamtsagenturen Aus-, Fort- und Weiterbildungen für Engagierte organisieren, die sich auf Themen wie beispielsweise Steuerrecht, Haftungsrecht, die rechtliche Unterstützung für Vereinsvorstände, Öffentlichkeitsarbeit/Pressearbeit, die Erstellung von Internetseiten, Rhetorik oder allgemeine Motivation beziehen. Aber auch der Aspekt der Vermeidung einer Überforderung engagierter Personen sollte hier thematisiert und lösungsorientiert angegan- gen werden.

Der Landkreis verfügt bereits jetzt über Instrumente zur Anerkennung und Wertschätzung, z.B. den Ehrenamtspreis oder die Jugendleitercard 4, und muss diese auf ihre Sinnhaftigkeit prüfen und weiter ausbauen.

Die Kreisverwaltung sollte beim Thema „Freistellung“ für Ehrenamtliche weiterhin mit gutem Beispiel voran gehen und bei anderen Arbeitgebern für diese Thematik werben.

Die Pressestelle der Kreisverwaltung legt zukünftig ein besonderes Augenmerk darauf, den Bürgerinnen und Bürgern die besondere Bedeutung ehrenamtlichen Engagements näher zu bringen (z.B. in Form einer Fortsetzungsreihe zum Thema oder Vorstellung besonders enga- gierter Menschen).

4 Die Jugendleiter/In-Card (Juleica) ist der bundesweit einheitliche Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter/innen in der Jugendar- beit. Sie dient zur Legitimation und als Qualifikationsnachweis der Inhaber/innen.

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Letztlich ist es von großer Bedeutung, dass alle Beteiligten Kenntnis von und Verständnis für die Grenzen des Ehrenamtes und des bürgerschaftlichen Engagements mitbringen.

Die notwendigen Strukturen zur Unterstützung freiwilligen Engagements kann der Landkreis nicht alleine schaffen. Es herrscht aber ohnehin großer Konsens darüber, dass die Aufgabe dem demographischen Wandel zu begegnen, eine gesamtgesellschaftliche ist, die auf Seiten der kommunalen Familie nur gemeinsam angegangen werden kann. Daher wünscht sich der Landkreis eine Unterstützung durch die Ebene der Verbandsgemeinden in der Form, dass auch dort die Themen „Bürgerschaftliches Engagement“ und „Familie“ innerhalb ihrer Verwaltun- gen als Querschnittsaufgabe angesehen werden und dies mit politischen Beschlüssen unter- mauert wird. Wegen der größeren Nähe zu den Initiativen in den Orten wäre es wichtig, wenn auf Verbandsgemeindeebene Initiativen in den Ortsgemeinden unterstützt, gefördert und fachlich begleitet würden und ein erster Ansprechpartner für alle Fragen zur Verfügung gestellt würde. Die Verbandsgemeinde sollte zudem die Zusammenarbeit mit weiteren überörtlichen Stellen und Trägern organisieren und einen Gesamtüberblick über die Aktivitäten, Best-practice- Beispiele sowie die verfügbaren Unterstützungsstrukturen vermitteln können.

Von den Ortsgemeinden wünscht sich der Landkreis, dass auch diese die Zeichen der Zeit er- kennen und bürgerschaftliches Engagement vor Ort nach Kräften unterstützen. Ortsgemeinden sollten allen Aktivitäten vor Ort offen begegnen, sie begleiten und ihnen eine Partizipation ermöglichen.

Die Initiativen selbst sollten die hier beschriebene Unterstützung annehmen, sich begleiten und fortbilden lassen, Informationen über ihre Arbeit weiter geben, mit dem Hauptamt zu- sammen arbeiten und sich in überörtliche Strukturen einbringen.

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7. Handlungsfeld Bildung

7.1. Ausgangslage 7.1.1. Vorbemerkung Der Beitrag für das Handlungsfeld Bildung erhebt nicht den Anspruch, eine umfassende Strate- gie für den Landkreis Trier-Saarburg im Handlungsfeld Bildung für die kommenden Jahrzehnte darstellen zu können. Allerdings hat es die Arbeitsgruppe in intensiven Diskussionen geschafft, eine strategische Zielkaskade aufzubauen. Unter einem Leitziel, das den Anspruch des Land- kreises im Bereich der Bildung umfassend formuliert, wurden mehrere Ziele mit einem unter- schiedlichen Grad an Konkretheit entwickelt, die, zum Teil auch alternativ, letztlich zu Maß- nahmen führen sollen, die auf der Basis der bestehenden Schulentwicklungsplanung und in Fortschreibung derselben auch tatsächlich umgesetzt werden sollen. Teile der strategischen Betrachtung mussten angesichts des Umfangs der Gesamtthematik auch in die Zukunft verla- gert werden, dies betrifft insbesondere das Themenfeld der Weiterbildung im Erwachsenenal- ter unter dem Schlagwort "Lebenslanges Lernen". Zum Teil setzen diese Themen auch voraus, dass als strategische Ziele aus dem MORO-Prozess heraus erst geeignete Kommunikations- strukturen geschaffen werden, aus denen heraus die jeweiligen Aspekte dann weiter ausgear- beitet werden müssen.

7.1.2. Darstellung des Status quo Die Strukturen des schulischen Angebots im Landkreis Trier-Saarburg basieren auf den schul- gesetzlichen Regelungen des Landes Rheinland-Pfalz.

Danach umfasst in der Primarstufe die Grundschule die Klassenstufen 1 bis 4. Im Landkreis bestehen derzeit 45 Grundschulen mit derzeit ca. 4.650 Schülerinnen und Schülern, mit zum Teil mehreren Standorten und in zwei Fällen im organisatorischen Verbund mit einer weiter- führenden Schule (Realschule plus).

Im Bereich der weiterführenden Schulen ist der Landkreis seit einigen Jahren Schulträger aller 16 vorhandenen (staatlichen) Schulen mit rd. 8.000 Schülerinnen und Schülern. Dabei gibt es die Schularten Realschule plus (5), in Konz und Schweich (hier ab 2014) mit einer Fachober- schule, Gymnasium (4) und Integrierte Gesamtschule (1). Außerdem ist im Bereich der Berufli- chen Bildung die Berufsbildende Schule in Saarburg mit einem Beruflichen Gymnasium und einem weiteren Standort in Hermeskeil sowie das Balthasar-Neumann-Technikum in Trier vor- handen. In Schweich (2), Reinsfeld und Wiltingen bestehen derzeit außerdem 4 Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen und Sprache (3), sowie die Levana-Schule Schweich mit dem Schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung, in Trägerschaft des Kreises.

Mit diesen Schulen und den zusätzlichen Angeboten im Oberzentrum Trier steht den Schüle- rinnen und Schülern ein differenziertes, qualitativ hochwertiges und überwiegend gut erreich- bares Angebot der schulischen Bildung zur Verfügung. Die Herausforderung besteht zukünftig darin, dieses Angebot qualitativ aufrecht zu erhalten und möglichst auszubauen, auch und gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung. Der bestehende Schulent- wicklungsplan aus dem Jahr 2009 definiert bereits wesentliche Handlungsnotwendigkeiten, insbesondere aufgrund rückläufiger Schülerzahlen, und gibt Hinweise oder macht bereits Vor- schläge zur weiteren Ausgestaltung der Schullandschaft. Diese Ansätze gilt es in Bezug auf die Betrachtung bis ins Jahr 2030 weiter zu verfolgen, zu ergänzen und, wenn nötig, anzupassen.

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Neben den schulischen Infrastrukturen ist die Bildungslandschaft insgesamt im Landkreis sehr vielfältig, ergänzt auch hier um die Angebote innerhalb der Stadt Trier. Neben den „klassi- schen“ Anbietern, wie etwa den Volkshochschulen, der kirchlichen Erwachsenenbildung und den privaten oder institutionellen Anbietern, tragen auch weitere Akteure wie zum Beispiel Kindergärten, Jugendhilfe und Angebote für ältere Menschen zu einem reichhaltigen Bildungs- schatz bei, an dem sich die Bürgerinnen und Bürger entsprechend bedienen können.

Angesichts zunehmender Arbeitsverdichtung in allen angesprochenen Bereichen fehlt es je- doch mitunter an einer gegenseitigen Information und Vernetzung der Akteure. Eine solche umfassende und konsequente Zusammenführung führt letztlich aber erst dazu, passgenaue Bildungsbiografien gezielt zu ermöglichen. Insoweit bedarf es hier der weiteren Gestaltung und Schaffung geeigneter Querschnittsstrukturen.

7.2. Handlungsbedarfe Innerhalb der bestehenden Strukturen bedürfen aufgrund der Entwicklung der Schülerzahlen aktuell insbesondere die Realschulen plus, vorrangig in Waldrach und Kell am See/Zerf (dislo- zierte Schule), einer kritischen Überprüfung, was im Rahmen der Diskussion in der Arbeits- gruppe ausführlich geschehen ist. Die Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass aufgrund gesetz- licher Vorgaben eine 3-Zügigkeit bei Realschulen plus erreicht werden muss. Die Schule in Waldrach erfüllt diese Voraussetzung nicht, in Kell am See/Zerf sind die Schülerzahlen derart rückläufig, dass damit gerechnet werden muss, dass in ca. zwei Jahren ebenfalls keine Klassen- stufe mehr die 3-Zügigkeit erreichen wird.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Land zwischenzeitlich einen Entwurf „Leitlinien für ein wohnortnahes Angebot an Realschulen plus“ vorgelegt hat, in dem Verfahren zum Umgang mit kleinen Realschulen plus niedergelegt sind. Kurz zusammengefasst sind in Anwendung der Richtlinien einzügige Realschulen plus (insgesamt weniger als 181 SchülerInnen und weniger als 26 SchülerInnen in Klassenstufe 5) zwingend zu schließen. Drei- und mehrzügige Schulen (mindestens Dreizügigkeit in einer Klassenstufe) sind im Bestand nicht gefährdet. Die Realschu- len Plus, die in der Größenordnung zwischen diesen beiden Fallgruppen anzusiedeln sind (zweizügige Realschulen plus) müssen anhand eines Prüfrasters dahingehend beurteilt werden, ob für den Fortbestand aus Gründen der Siedlungsstruktur weiterhin ein schulischer Bedarf besteht. Neben der Einschätzung der demographischen Entwicklung am Standort wird vor allem die Erreichbarkeit der nächst gelegenen Realschule plus in gleicher Schulform und deren Aufnahmekapazität überprüft.

Bei beiden Schulen (Waldrach und Kell am See/Zerf) ist mittelfristig sogar zu befürchten, dass ein Unterschreiten der genannten Mindestgrößenordnung von 180 eintreten kann. Daher be- steht an dieser Stelle akuter Handlungsbedarf, um ein „Ausbluten“ der Standorte zu verhin- dern. In der Diskussion wurden dabei durchaus auch Ansätze besprochen, die eine Verände- rung der rechtlichen Rahmenbedingungen voraussetzen. Die AG hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, was eine Schule tun kann, um den laufenden Prozess des Verlusts von Schülerin- nen und Schülern aufzuhalten oder bestenfalls umzukehren. Dazu wurden von den Akteuren Parameter erarbeitet, die aus Sicht der Steuerung (Schulentwicklung) und aus der Sicht der Nutzer (Elternwille!) entscheidend für einen Zuspruch der Schülerinnen und Schüler sind. Die Priorisierung anhand einer Punktevergabe durch die AG-Teilnehmer ergab dabei folgendes Ergebnis:

 Funktionalität des (Gesamt-) Angebotes – 5 Punkte;  Ruf der Schule – 4 Punkte;

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 Zustand des Schulgebäudes – 3 Punkte;  Konzepte (insbes. alternative Schul- und Unterrichtskonzepte) – 3 Punkte;  Schülerzahlentwicklung – 1 Punkt. Die Frage der Erreichbarkeit wurde, auch nach Besprechung der entsprechend erarbeiteten Erreichbarkeitsmodelle und Gestaltungsszenarien, als nachrangig für die Wahl der Schule im Sekundarbereich angesehen, was im Übrigen auch den bisherigen Erfahrungen entspricht. Dies gilt für den Landkreis im Speziellen umso mehr, da es derzeit schon alternative Standorte gibt, die schon von der überwiegenden Anzahl der Kinder aus einem Ort gewählt werden.

Bei den Gestaltungsszenarien wurde gezielt ein Teilbereich des Landkreises beleuchtet. Der im Südosten des Landkreises gelegene Raum, der im Wesentlichen durch die Verbandsgemeinden Hermeskeil und Kell am See sowie Teile der Verbandsgemeinde Ruwer gebildet wird, wird auch als Hochwaldraum bezeichnet. Hierzu gehören auch Teile der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf, die aber im Landkreis Bernkastel-Wittlich liegt. Dieser Raum kann aufgrund seiner Lage, Topografie und verkehrlichen Anbindung nicht in gleichem Maße von den Wirtschafts- standorten Luxemburg und Trier profitieren wie die anderen Verbandsgemeinden des Land- kreises. Daher vollzieht sich hier auch eine andere demographische Entwicklung. Während rund um die Stadt Trier und in Grenznähe zu Luxemburg die Perspektive einer weiterhin stabi- len Bevölkerungszahl besteht, ist im Hochwald zusätzlich zu der sich generell vollziehenden Alterung der Gesellschaft zum Teil mit deutlich rückläufigen Bevölkerungszahlen zu rechnen. Dies wirkt sich folglich auch auf die zu erwartenden Schülerzahlen der kommenden Jahre aus. Zu berücksichtigen ist dabei stets, dass die Regionalstrategie eine Betrachtung bis in das Jahr 2030 vorzunehmen versucht, so dass die jetzigen demographischen Entwicklungen in die Zu- kunft projiziert werden. In den Szenariendarstellungen wurde insbesondere die Schließung der Realschulen plus in Kell am See/Zerf und Waldrach unter gleichzeitiger Schaffung eines zentra- len Angebots für den gesamten Hochwaldbereich modelliert, wobei der Standort in Waldrach von der Betrachtung des Hochwaldbereichs nur bedingt betroffen ist, da zumindest aktuell nahezu keine Schüler aus den Hochwaldgemeinden der Verbandsgemeinde Ruwer in Waldrach ankommen. Allerdings wirken sich die zum Teil gut erreichbaren Angebote in Trier und Schweich nachhaltig auf die Schule in Waldrach aus. Solche Modelle sind notwendig um über- haupt eine Abschätzung von Folgen schulorganisatorischer Maßnahmen vorlegen zu können.

Wie aus den folgenden Karten zu entnehmen ist, führt eine Verlagerung eines schulischen Angebots naturgemäß zu Veränderungen in den Fahrzeiten aus den betroffenen Ortschaften. Allerdings lässt sich auch ersehen, dass für relativ bevölkerungsreiche Teile des Hochwaldes eine Verbesserung der Situation eintreten würde, so dass sich per Saldo zumindest keine Ver- schlechterung der Situation im Landkreis ergibt.

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Abbildung 16: ÖPNV-Erreichbarkeit von Realschulen im Jahr 2012

Quelle: Spiekermann & Wegener 2013

Abbildung 17: ÖPNV-Erreichbarkeit von Realschulen im Jahr 2030

Quelle: Spiekermann & Wegener 2013

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Während in der politischen Diskussion überwiegend der möglichst weitgehende Erhalt kleiner Schulen propagiert wird, bestehen die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür derzeit nicht, so dass sich die Probleme dieser Schulen weiter zuspitzen werden.

Diese provokante These bedarf der Erläuterung anhand der oben beschriebenen Punkte. So- wohl die Funktionalität des Angebots, als auch die erfolgreiche Durchführung schulischer Kon- zepte hängen entscheidend von der Ausstattung, vor allem im pädagogischen Bereich, ab. Diese Ausstattung wiederum ist an die Schülerzahl gekoppelt, so dass z.B. die Etablierung bzw. das Halten zusätzlicher Angebote (Bsp.: Ganztagsschule, AGs, spezielle Kursangebote in der Sekundarstufe 2 etc.) bei sinkenden Schülerzahlen ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr zu organisieren sind oder es zu einem Verlust an Qualität an dieser Stelle kommt.

Gleichzeitig besteht in Rheinland-Pfalz jedoch ein freies Wahlrecht hinsichtlich der Auswahl einer weiterführenden Schule und es bestehen hier keine Schulbezirke. Da sich weite Teile der Elternschaft mittlerweile sehr intensiv hinsichtlich der Angebote informieren, wird es für die kleinen Standorte im Konkurrenzkampf mit größeren Schulen zunehmend schwieriger, sich zu behaupten. Daneben vollzieht sich bei vielen Eltern auch die Auswahl anhand des Rufs einer Schule, wobei dieser nicht mit der Qualität der jeweiligen schulischen Ausbildung zusammen hängen muss. Diese informellen Absprachen in der Elternschaft, häufig flankiert von lenkenden Aussagen von Lehrerinnen und Lehrern der Grundschulen, führen auch dazu, dass es kleine Schulen tendenziell eher schwer haben gegen größere Systeme oder Standorte mit einem dif- ferenzierten Angebot. Sie können aber auch im Einzelfall Chancen und Ansatzpunkte für ein aktives Werben für den Standort bieten.

Schlussendlich vollzieht sich die Schulwahl bei Teilen der Eltern auch nicht in hinreichendem Maße bewusst, so dass hier bereits mitunter eine soziale Selektion stattfindet, deren Grenzen mit zunehmender Schuldauer immer schwieriger zu überwinden sind. Anerkannt und empi- risch belegt ist, dass die soziale Herkunft häufig entscheidend für den Bildungserfolg ist, und auch die Frage, ob ein Migrationshintergrund gegeben ist, hier eine entscheidende Rolle spielt. Das Ziel der möglichst weitgehenden Durchlässigkeit in einem differenzierten Schulsystem, das bereits in dem bestehenden Schulentwicklungsplan des Kreises verankert ist, muss daher wei- ter verfolgt und vertieft werden, um die Bildungsgerechtigkeit im Landkreis noch weiter zu verbessern. Insofern bedarf es der Hilfestellung für die Eltern, damit sich die Schulauswahl anhand der Fähigkeiten des Kindes vollzieht.

Letztlich führt die völlige Freigabe des Elternwillens in Kombination mit fehlenden Schulbezir- ken also zu nicht kanalisierbaren Schülerströmen und mitunter auch zu sprunghaften Ände- rungen von Schülerzahlen, was zusätzlich abträglich für die Ruhe in einer Schule sein kann, da eine Schule sehr schnell in Frage gestellt sein kann. Dies ist auch eine Anforderung an die Schulträger, die hauptsächlich für den Zustand der Gebäude Verantwortung tragen. Hier sind leider häufig die kleineren Standorte aufgrund ihrer Entwicklung und der damit einhergehen- den Unsicherheiten in einem baulich verbesserungsbedürftigen Zustand. Notwendige Sanie- rungen, die in aller Regel in Millionenhöhe anfallen, können aufgrund der Unsicherheiten und der fehlenden Planbarkeit der Schülerzahlen nicht getätigt werden, so dass die Attraktivität der Schule weiter abnimmt. Nachhaltige Strategien zur Stützung kleiner Schulen müssen daher aus den genannten Gründen bereits an den bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen ansetzen, damit kleine Schulstandorte auf Sicht überhaupt eine Chance auf einen dauerhaften Erhalt haben können. Anders ausgedrückt bedarf es zum Erhalt einer strukturellen Stützung kleiner Schulen, die unabhängig von den „Zufälligkeiten“ der momentanen personellen Beset- zung oder der bloßen Wahrnehmung von außen Bestand hat.

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Bei allen Überlegungen zur Attraktivitätssteigerung ist zudem zu berücksichtigen, dass sich bei abnehmenden Schülerzahlen der Erfolg einer Schule in der Frage der Rekrutierung von Schüle- rinnen und Schülern zwangsläufig zu Lasten anderer Standorte vollzieht. Daher stellt sich au- tomatisch auch die Frage nach einem ausgewogenen Standortkonzept, das einen umfassenden Zugang zu möglichst vielen Bildungsgängen in erreichbarer Nähe auf lange Sicht ermöglicht. Unter diesem Aspekt ist auch zu beleuchten, inwieweit die Schulen als Kristallisationspunkt eines alle Bildungsbereiche umfassenden Angebotes, insbesondere aber unter dem Blickwinkel der Weiterbildung, noch weiter ausgebaut werden können. Eine umfassende Kumulation ver- schiedenster Bildungsangebote wird nur an einigen zentralen Standorten im Landkreis zu reali- sieren sein.

Zur Aufrechterhaltung der Lebensqualität im ländlichen Raum ist allerdings auch die Entwick- lung tragfähiger Alternativen für die bisherigen Standortgemeinden erforderlich. Hierfür be- darf es sicherlich auch des gezielten Einsatzes finanzieller Ressourcen zur Stärkung des ländli- chen Raums. Beispielhaft können hier neben nötigen Mitteln für den Erhalt von Infrastrukturen die bereits im Kontext ÖPNV dargestellten Probleme hinsichtlich der Finanzierung der Verkeh- re bei zurückgehenden Schülerzahlen genannt werden.

Außerhalb der Problematik der kleinen Realschulen plus, die im Übrigen eine landesweite Di- mension hat, stellt sich angesichts der Schülerzahlentwicklung auch die Frage, ob auf Dauer alle Grundschulstandorte sicher und sinnvoll zu erhalten sind. Insoweit muss sich auch der Landkreis im Rahmen seiner Schulentwicklungsplanung positionieren, die Zuständigkeit für strukturelle Entscheidungen liegt allerdings beim jeweiligen Schulträger. Bei der Positionierung des Kreises müssen dabei die stetig steigenden Anforderungen, etwa im Bereich individueller Förderung bis hin zur Inklusion, und die steigende Nachfrage nach zusätzlichen Angeboten, wie einer umfassenden und gleichzeitig flexiblen Betreuung der Kinder, Berücksichtigung finden.

Neben der Frage der Schulstrukturen wurde in der AG auch die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Ganztagsbetreuung mit Abdeckung von Ferienzeiten für die Attraktivität des Standorts für Familien betrachtet. Auch hier bedarf es der stetigen Verbesserung und des Aus- baus von Angeboten zur Stärkung des Landkreises als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Außer- dem sind die Ganztagsschulen in zunehmendem Maße gefordert, sich durch Schaffung flexibler Angebote auf die zunehmend individualisierten Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler und deren Familien einzustellen. Letztlich sollten für die Einrichtung von Ganztagsschulen die Standorte insgesamt betrachtet werden, so dass z.B. bei organisatorisch verbundenen Schulen durch eine Gesamtbetrachtung die Einrichtung von Ganztagsangeboten geschaffen werden könnte.

Darüber hinaus hat sich die Arbeitsgruppe kritisch mit der Frage der Umsetzung der Inklusion in Rheinland-Pfalz auseinandergesetzt. Nach Ansicht der AG bleiben die Förderschulen weiter- hin der entscheidende Baustein für die gezielte Förderung von Kindern mit Beeinträchtigun- gen. Daneben haben auch die Schwerpunktschulen ihre Berechtigung und bieten für einen gewissen Teil der Förderschulen eine Alternative im Sinne des Wahlrechts der Eltern. Aller- dings bedarf der Ausbau der Schulen zu Schwerpunktschulen einer umfassenden Begleitung und einer guten Ausstattung mit adäquat ausgebildetem Personal. Darüber hinaus überfordert ein konsequenter behindertengerechter Ausbau der Schulen, der Ziel der Bestrebungen sein muss, die ohnehin finanziell notleidenden Kommunen. Hier bedarf es einer konsequenten Fi- nanzierung durch das Land.

Außerdem bestand von Beginn der Diskussion in der MORO-AG die einmütige Ansicht, dass aufgrund der Verflechtungen der Schülerströme eine regionale Kooperation, insbesondere mit

47 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

der Stadt Trier, im weiteren Prozess stattfinden muss und auch in der Zukunft weiter forciert werden soll. Hier bedarf es der Entwicklung geeigneter Instrumentarien.

Die außerschulische Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wurde von der Arbeits- gruppe als bedeutsames Thema im Gesamtkomplex Bildung angesehen. Der Landkreis enga- giert sich seit langem mit eigenen Einrichtungen - der Kreisvolkshochschule und der Kreismu- sikschule – in diesem Aufgabenfeld, in dem auch private und kirchliche Anbieter tätig sind. Ferner werden seitens der Kreisverwaltung weitere fachspezifische Angebote in der außer- schulischen Jugend-, Familien- und Seniorenbildung gemacht. Es erscheint sinnvoll, die Vernet- zung dieser verschiedenen Angebote der außerschulischen Bildung im Kreisgebiet zu intensi- vieren. Dabei könnten auch die vorhandenen Schnittstellen mit den Schulen eine stärkere Be- achtung finden, z.B. im Hinblick auf die Nutzung schulischer Räumlichkeiten an Nachmittagen und Abenden für die außerschulische Weiterbildung vor Ort. Vor allem scheint es erforderlich, auch der Integration von Ausländern z.B. durch qualifizierte Sprachangebote und einführende Migrationskurse im Rahmen der außerschulischen Bildung eine größere Bedeutung zu geben.

7.3. Strategische Zielsetzung Bereits frühzeitig in der Diskussion hat sich die Arbeitsgruppe auf eine strategische, leitbildhaf- te Zielsetzung verständigt, die Maßstab der Diskussion war und auch weiterhin gelten soll:

Lebenslanges Lernen in der Bildungsregion Trier-Saarburg

„Im Landkreis werden äußere und inhaltliche Rahmenbedingungen dafür vorgehalten, dass jeder in die Lage versetzt wird, seine eigene Bildungsbiografie umfassend und bestmöglich individuell ausgerichtet schreiben zu können.“

Dazu muss jeder im Landkreis Trier-Saarburg die Möglichkeit erhalten, die für ihn bestmögliche Bildung in akzeptabler Zeit zu erreichen. Außerdem muss dazu im Landkreis auf lange Sicht ein qualifiziertes, hochwertiges und ausdifferenziertes Bildungsangebot in erreichbarer Nähe vor- handen sein. Nicht zuletzt sollen Schulen zunehmend Kristallisationspunkte eines alle Bil- dungsbereiche umfassenden Angebots werden um hier Angebote zu bündeln und den gegen- seitigen Austausch mit dem Ziel der abgestimmten Schärfung der jeweiligen Profile zu beför- dern.

7.4. Handlungsstrategien Erfolgversprechende Strategien setzen voraus, dass sie differenziert auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweiligen Bildungseinrichtungen eingehen und dennoch in nachvollziehbarer Form klare Ziele vorgeben.

7.4.1. Grundschulen Angesichts des Alters der Kinder gilt im Grundschulbereich die Prämisse der möglichst wohn- ortnahen Beschulung, jedoch unter Betrachtung von qualitativen Aspekten des Angebots.

So wird bei Fortschreiten des demographischen Wandels an einigen Standorten eine Größen- ordnung erreicht werden, die letztlich zu einem Zusammenlegen von Standorten führen muss. Aus Sicht der AG sollten dislozierte Systeme und Kombiklassen-Lösungen vermieden werden, da auch in diesen Schulen die schulischen Angebote nur begrenzt vorgehalten werden können. Bei gleichzeitig immer mehr an Bedeutung gewinnenden Betreuungsangeboten, auch in den

48 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Ferienzeiten, ist eine mittelfristige Konzentration und damit Zusammenlegung von Standorten nicht zu vermeiden.

Alternativ zur Schließung oder Zusammenlegung von Standorten käme einzig in Betracht, selbst kleinste Schulen und Einzelstandorte über das bisherige Maß hinaus auszustatten, damit diese Schulen qualitativ Schritt halten können und nicht von der Qualität einer einzigen Lehr- kraft abhängig sind. Gleiches müsste dann auch für die Möglichkeiten einer Ganztagsbetreu- ung gelten. Hier müssten diese Schulen dann zusätzliche Möglichkeiten zur Erhöhung der Att- raktivität des eigenen Angebotes gegenüber anderen Schulen erhalten (z.B. konsequentes Betreuungsangebot in den Ferien), um ein per Ausnahmegenehmigung grundsätzlich mögli- ches Abwandern von Schülerinnen und Schülern in andere Standorte zu verhindern.

Unabhängig von der Frage der Schulstrukturen ist festzustellen, dass die Frage der Bildungsge- rechtigkeit, also die Frage nach dem bestmöglichen individuellen Schulabschluss häufig schon im Kindergartenalter oder spätestens innerhalb der Grundschulzeit im jeweiligen Einzelfall entschieden wird. Insbesondere Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und so- zial benachteiligte Kinder bedürfen der besonderen Förderung durch die Lehrkräfte und zu- sätzliche Fachkräfte, um in der weiteren Entwicklung einen ihren Fähigkeiten adäquaten Ab- schluss erzielen zu können. Eine solche Förderung sollte im Unterricht integriert stattfinden, da erkennbare Sonderbehandlungen häufig zu zusätzlichen Abgrenzungen führen. Hierzu bedarf es zusätzlicher personeller Ressourcen, die an dieser Stelle im Hinblick auf mögliche Folgekos- ten in Kauf zu nehmen sind. Im Rahmen dieser Förderung steht auch die Jugendhilfe mit ihren speziellen Angeboten in den jeweiligen Sozialräumen der Schulen zur Verfügung. Eine inhaltli- che Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe ist zur bestmöglichen Förderung aller Kinder anzustreben.

Gleichzeitig müssen die Schulen noch stärker in der Entwicklung der Inklusion unterstützt wer- den. Hier bedarf es einer umfassenden Kommunikation über das Thema mit Lehrern und Eltern der jeweiligen Schulen, damit die Inklusion sich weiter entwickeln kann.

Um diesen vielfältigen und nicht abschließend darstellbaren Anforderungen gerecht zu wer- den, müssen die Schulen entsprechend ausgestattet sein und in der Regel auch eine gewisse Größe aufweisen. Außerdem darf die Betrachtung nicht bei der schulischen Sicht halt machen. Insofern muss, vor allem im Grundschulbereich, eine stärkere Einbindung der Elternhäuser in vielen Fällen stattfinden. Diese Familienbildung ist Bestandteil einer Betrachtung aus Sicht der Bildung. Daneben forciert der Landkreis das Thema auch aus Sicht der Jugendhilfe. Hier sollen verstärkt Angebote der Familienbildung entwickelt werden. Dies dokumentiert der Landkreis mit der Schaffung der Leitstelle Familie (siehe auch Kapitel 6 und 9), die neben anderen The- men auch das Thema der Familienbildung unter Präventivaspekten gestalten will, und ebenso mit den in Kapitel 9.3 behandelten „Familienzentren“. Insofern bedarf es der Vernetzung und des Austauschs mit den entsprechenden vorhandenen oder noch zu schaffenden Strukturen im Bildungsbereich. Bei den Grundschulen ist dabei in erster Linie auch die Verbesserung der Zu- sammenarbeit mit den jeweiligen Kindertagesstätten erforderlich.

7.4.2. Weiterführende Schulen der Sekundarstufe I In der Sekundarstufe tritt die Frage der Erreichbarkeit eindeutig hinter die Vielfalt des Angebo- tes eines Schulstandortes zurück. Auch hier hat die Ganztagsbetreuung aus Sicht der Eltern eine hohe Bedeutung, dies ergaben nicht zuletzt auch die Ergebnisse der Bürgerbefragung. Das Schulwahlverhalten führt dabei zusehends zu einer Verschiebung in Richtung der Mittelzent- ren, in denen ein weites schulisches Spektrum anzutreffen ist. Ziel ist damit die Schaffung eines

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Netzes an Standorten über den gesamten Landkreis hinweg, das eine gute Qualität differen- zierter schulischer Angebote ermöglicht. Dies gilt auch im Hinblick auf die Angebote der Betreuung. Angesichts der Entwicklung der Realschulen plus erscheint die Konzentration und Bündelung schulischer Infrastrukturen im Bereich der Sekundarstufe in den Mittelzentren im Landkreis als Weg, diese Schulstandorte zukunftsfest zu etablieren. Dabei soll das Ziel des Er- halts einer möglichst differenzierten schulischen Infrastruktur mit einem Höchstmaß an Durch- lässigkeit weiter verfolgt werden. Parallel kann dadurch die Erreichbarkeit der Standorte durch eine Optimierung des ÖPNV verbessert werden, um eventuell eintretende Reisezeitverlänge- rungen abzufangen (siehe hierzu auch Kapitel 5).

Alternativ gilt hier das für die Grundschulen oben Gesagte entsprechend, wonach nur durch einen massiven Einsatz zusätzlicher Ressourcen eine Chancengleichheit in Bezug auf die Stan- dards geschaffen werden könnte. Dies ist jedoch mit immensen zusätzlichen Kosten und der zusätzlichen Investition in die jeweilige Bausubstanz verbunden. Angesichts des Rückgangs der Schülerzahlen insgesamt und der finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte erscheint ein solcher Weg ohne Veränderung anderer rechtlicher Rahmenbedingungen jedoch nicht als ziel- führend.

Insofern wäre ein solcher Weg nur dann erfolgversprechend, wenn die jeweiligen Schulen eine gewisse Planungssicherheit hinsichtlich der Schülerzahlen hätten, da ansonsten ein völliges Leerlaufen der Schulen nicht auszuschließen ist. Diese sich mitunter selbst beschleunigenden Effekte des Verlusts an Schülerinnen und Schülern würde somit zu einem Fehleinsatz öffentli- cher Mittel in erheblicher Höhe führen.

Unter Berücksichtigung aller genannter Aspekte lässt sich der Schluss ableiten, dass ein nach- haltiger Erhalt kleiner Realschulen plus vermutlich nur durch einen Eingriff in die Wahlfreiheit der Eltern erfolgversprechend umsetzbar ist. Nur so ist sicherzustellen, dass ein Anteil der Schülerinnen und Schüler auch von Anfang an definitiv in der jeweiligen Schule ankommt. Au- ßerdem ist so eher sicherzustellen, dass das jeweilige Kind auch die jeweils „passende“ Schule erreicht. So ließen sich vielfach Schulwechsel vermeiden, die in der Regel mit Misserfolgserfah- rungen, Frustrationen und Eingriffen in die Lebenswelt der Kinder einhergehen. In anderen Bundesländern ist der Umgang mit dem Wahlrecht anerkanntermaßen ein anderer. Dass es zu Einschränkungen in die Wahlfreiheit der Eltern in Rheinland-Pfalz kommt, ist jedoch derzeit nicht absehbar, weiter unten werden diesbezüglich Maßnahmenvorschläge unterbreitet. Inte- ressanterweise wurde auch in der Arbeitsgruppe wahrgenommen, dass nicht alle Eltern unkri- tisch zu dem Thema der Wahlfreiheit stehen und es auch kritische Diskussionen hierüber in Elternvertretungen gibt.

Für die Frage der Bildungsgerechtigkeit und der Inklusion gelten hier ebenfalls die Ausführun- gen weiter oben in Bezug auf die Grundschulen entsprechend. Auch bei den weiterführenden Schulen bedarf es zusätzlicher Hilfestellungen, damit die ständig wachsenden Anforderungen von verschiedensten Seiten auch weiterhin erfüllbar bleiben.

7.4.3. Weiterführende Schulen der Sekundarstufe II In den Mittelzentren werden mehrere, jedoch inhaltlich unterscheidbare Angebote im Bereich der Sekundarstufe II erhalten oder ausgebaut.

Die Frage der Erreichbarkeit spielt bei der Schulwahl in der Sekundarstufe II so gut wie keine Rolle mehr. Somit kann sich die strategische Planung der Schulstandorte damit an einer Bünde- lung an möglichst optimal im Raum gelegener Standorte orientieren. Konkret bedeutet dies,

50 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung dass in den Mittelzentren jeweils eine gymnasiale Oberstufe und zumindest ein weiteres, in- haltliches abgegrenztes, Angebot vorgehalten wird. Als alternative Wege zum Abitur sind dabei die Abschlüsse im berufsbildenden Bereich (Berufsoberschule oder Berufliches Gymnasium) oder alternativ Fachoberschulen an einer Realschule plus vorrangig zu entwickeln, da diese sich inhaltlich deutlich von der gymnasialen Oberstufe absetzen und somit auch einen Teil der Schülerschaft gezielt ansprechen können. Bei Etablierung eines weiteren Oberstufenangebots an einem Standort ist somit auch im Sinne einer eigenen Profilbildung auf eine Unterscheid- barkeit und Abgrenzung von den bereits vorhandenen gymnasialen Oberstufen, z.B. durch ein berufsbezogenes Profil, zu achten.

7.5. Maßnahmen(-empfehlungen)  Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung unter Berücksichtigung zentraler Aspekte des Wahlverhaltens und der Vertiefung relevanter Teilaspekte, dies unter intensiver Ein- bindung der Schulbehörde. Als übergeordnete Maßnahme muss der Prozess der Schulentwicklungsplanung auf aktuel- le Problemlagen eingehen und im Diskurs mit den Beteiligten und Betroffenen sowie in en- ger Zusammenarbeit mit der Schulbehörde müssen Lösungen erarbeitet werden, die in den Schulentwicklungsplan des Landkreises einfließen, so dass dieser eine stetige Fortschrei- bung erfährt.

 Sachgerechte Überprüfung der Standorte Waldrach und Kell am See/Zerf Die Entwicklung der Schulen im Hochwaldbereich und im Ruwertal ist zu hinterfragen und mögliche Schlussfolgerungen zu diskutieren. Wegen der aktuellen Entwicklung der Schüler- zahlen und hinsichtlich des Prognosezeitraums bis 2030 muss eine sachgerechte räumliche Prüfung stattfinden, an deren Ende die Festlegung auf Standorte steht. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe geht der Weg dabei absehbar in Richtung Bündelung in den Mittelzentren. Bei der Prüfung ist darauf zu achten, dass ein nachhaltiger Bestand der Schulen mit einem qualitativ hochwertigen Angebot am jeweiligen Standort gesichert ist. Durch die Stellung von Ausnahmeanträgen gemäß den Richtlinien des Landes kann der Prozess beschleunigt werden.  Alternativ zur Bündelung der weiterführenden Schulen wäre die erneute Etablierung der Steuerung über die Schulempfehlung sowie Schuleinzugsbereiche. Die Freigabe des Elternwillens und die Aufhebung der Schulbezirke haben die Möglichkei- ten der Steuerung zur Verhinderung von Schulschließungen eingeschränkt. Die Zahl der in einer Schule tatsächlich "ankommenden" Schülerinnen und Schüler hängt von einer Viel- zahl von Faktoren über die vorhandene Schülerzahl im Einzugsbereich hinaus ab. Sollte der politische Wunsch nach einer möglichst weitgehenden Erhaltung aller derzeit vorhandenen Schulstandorte stärker wiegen als die Umsetzung des strategischen Ziels ei- ner Bündelung, ist es sinnvoll über eine Einschränkung des Wahlrechts der Eltern sowie ei- ne Wiedereinführung der Schulbezirke oder andere steuernde Instrumente mit den hierfür maßgeblichen Stellen des Landes in einen Dialog zu treten.  Verbesserung der Elterninformation  Unabhängig von den soeben skizzierten möglichen strukturellen Änderungen sollte die Informationsarbeit für die Eltern im Hinblick auf die Schulwahl nach der Grundschule wei- ter verbessert werden. Hier sollten umfassende Informationen sowohl der Schulen, als auch der Schulbehörde, sowie durch den Schulträger erfolgen. Hierzu könnte neben Infor- mationsveranstaltungen eine Broschüre für den Landkreis erstellt werden, die zum einen

51 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

die Schulstruktur generell darstellt, zum anderen aber auch eine Darstellung von Beson- derheiten bezogen auf die Standorte im Landkreis beinhaltet. Ggf. sind nach Bedarf auch individuelle Angebote für einzelne Personen oder Personengruppen zu schaffen. So könnte die wegweisende Entscheidung der Schulwahl auf eine breitere Informationsebene gestellt werden und die Eltern dabei unterstützt werden, eine sachgerechte Entscheidung zu tref- fen. Es ist ein Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der für den Umgang mit bedrohten Stand- orten anzuwenden ist. Hier ist zu erarbeiten, in welchen Schritten und in welcher Form eine Diskussion um eine Standortentscheidung erfolgen soll. Ebenfalls sind die zu beteiligenden Partner festzule- gen, da die Kommunikation der Entwicklung in diesen Fragen der eigentlich entscheidende Punkt neben der Entscheidung über den Erhalt bzw. Wegfall selbst ist.  Im Rahmen der Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung ist auch die Frage des Er- halts von Grundschulstandorten zu diskutieren. Der Landkreis als Träger der Schulentwicklungsplanung sollte möglichst klare Vorstellungen zu dieser Frage in Absprache mit der Schulaufsicht entwickeln. Die Umsetzung dieser Emp- fehlungen liegt letztlich in der Hand des jeweiligen Schulträgers. Hier sind die oben ge- nannten Fragen der Bildungsgerechtigkeit umfassend mit abzuwägen.  Es sind Strategien für eine standortbezogene Schul- und Bildungsentwicklung zu erarbei- ten. Sowohl die Frage der Etablierung als auch der langfristige Erfolg eines qualitativ hochwerti- gen und gleichzeitig möglichst differenzierten Bildungsangebots hängt neben der Schaf- fung geeigneter Angebote entscheidend auch davon ab, wie solche Angebote wahr- und angenommen werden. Hier sind zum einen die Akteure vor Ort, als auch die Eltern in den Diskussions- und Informationsprozess in geeigneter Form und an der jeweils richtigen Stel- le einzubinden. Dabei sollen funktionale Kooperation und bei Grundschulen ggf. darüber hinaus auch eine räumliche Einbindung von Kindergärten mit betrachtet werden.  Verbesserung der personellen Ausstattung Wegen der ständig wachsenden Anforderungen, die an die Schulen gestellt werden, muss auch stets die personelle Ausstattung mit überprüft werden. Neben dieser generellen Aus- sage, die vor dem Hintergrund der Inklusion zunehmend an Bedeutung gewinnt, sollten auch Standortthemen mit Berücksichtigung finden. Konkret sollte an Standorten im Land- kreis mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund geprüft werden, ob hier ein zusätzlicher Bedarf an Personal besteht und besondere Konzepte (s.o.) erarbeitet werden müssen.  An jedem Schulstandort ist die Frage zu stellen, inwieweit die vorhandenen Räumlichkeiten auch noch stärker die Bildungsangebote vor Ort in der Schule selbst bündeln können. Dazu bedarf es weiterhin der verstärkten Vernetzung, um eine umfassende Kenntnis der Anbie- ter und Angebote an einer zentralen Stelle zu erhalten, die dann bedarfsorientiert in den Schulen umgesetzt werden können. Dabei sollen die bereits vorhandenen Strukturen wie z.B. die Kreisvolkshochschule und etablierte Weiterbildungsträger in Kooperationen einge- bunden werden. Sofern nötig, könnte auch ein Bildungsbüro hier Akzente setzen. Sofern in einer Schule, etwa wegen zurückgehender Schülerzahlen vorhandene Raumkapa- zitäten erkannt werden, muss auch die Frage einer anderweitigen Nutzung gestellt wer- den. Insbesondere Zielsetzungen aus den anderen Arbeitsgruppen und Infrastrukturberei- chen könnten in die Frage der Nutzung einfließen. Sofern möglich, könnten hier gemeindli- che Dienstleistungen oder ehrenamtliche Nutzungen (Vereine) stattfinden. Denkbar wären auch temporäre Beratungsangebote, die eventuell in dem jeweiligen Ort ansonsten nicht

52 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

(mehr) stattfinden könnten. Dies könnten Beratungsangebote, Bürgerservices von Verwal- tungen, Serviceangebote von Banken oder Unternehmen oder Arztsprechstunden sein.  Die Berufliche Bildung sollte stärker kommuniziert und die Chancen, die in diesem Bereich liegen, besser vermarktet werden. Außerdem sollen die vorhandenen Standorte auf Dauer erhalten bleiben und möglichst ausgebaut werden. In der Betrachtung schulischer Strukturen wird zu Unrecht die Berufliche Bildung häufig vernachlässigt. Dabei bestehen gerade in diesem Feld für viele Schülerinnen und Schüler auch ohne Abitur sehr gute Bildungs- und Berufschancen und vielfach wird dieser Weg den Neigungen und Fähigkeiten vieler Schüler auch besser gerecht. Aber auch mit Abitur finden viele Jugendliche den Weg zur beruflichen Bildung. Zu einer ausdifferenzierten Schulland- schaft gehört ein gut ausgebautes Angebot beruflicher Bildung, damit dem formulierten Leitziel auch umfassend Rechnung getragen werden kann. Dieses Angebot der Beruflichen Bildung gilt es im Landkreis zu erhalten, auszubauen (z.B. durch stärkere Kooperation zwi- schen Berufsbildenden und Allgemeinbildenden Schulen) und noch stärker zu vermarkten. Auch hier könnte ein Bildungsbüro, in Kooperation mit den Bildungseinrichtungen der Wirtschaftkammern und der Betriebe, entsprechende zusätzliche Impulse liefern.  In einer regionalen Bildungslandschaft nimmt die außerschulische Bildung und Weiterbil- dung zukünftig einen noch größeren Raum ein als bisher, da in einer sich rasch verändern- den Welt lebenslanges Lernen unabdingbar geworden ist. Die außerschulische Bildung sollte stärker unter den verschiedenen Trägern und mit der schulischen Bildung im Landkreis vernetzt werden. Die Nutzung vorhandener räumlicher Kapazitäten in den Schulen und in anderen öffentlichen Gebäuden vor Ort, z.B. in Bürger- häusern, muss in eine Gesamtstrategie zum Ausbau von außerschulischen Bildungsangebo- ten einbezogen werden. Hier können noch weitere Potenziale erschlossen werden. Es soll- te darauf hingewirkt werden, im Rahmen der außerschulischen Bildung auch vermehrt in- tegrative Angebote für ausländische Mitbürger zu tätigen.  Der Landkreis Trier-Saarburg muss sich in allen Fragen der Bildung stetig weiterentwickeln und sollte feste Strukturen im Sinne einer Bildungsregion installieren. Es zeigt sich, dass der Landkreis in vielen Fragen der Bildung, insbesondere im schulischen Bereich, sehr gut aufgestellt ist. Allerdings besteht eine hohe Diversität im Bereich der Bil- dung auch in Kontext des Lebenslangen Lernens sowohl in Bezug auf Angebote als auch auf Akteure. Um dem Leitziel, wonach jeder seine eigene Bildungsbiografie bestmöglich schreiben können soll, gerecht zu werden, bedarf es der gebündelten Betrachtung von ex- terner Seite. So könnten Impulse in Fragen der besseren Zusammenarbeit und gezielter Verbesserung einzelner Angebote schulischer und außerschulischer Bildungsträger, der Ju- gendhilfe und weiterer Akteure gesetzt werden. Hier könnte ein Bildungsbüro errichtet werden und entsprechende Leistungen wie bspw. Vernetzung der Akteure, Aufbereitung von relevanten Grundlagendaten, Entwicklung von Vorschlägen zu gemeinsamen Bildungs- leitlinien im Landkreis Trier-Saarburg, in Zusammenarbeit mit der neuen Leitstelle Familie des Kreises, erbringen oder vermitteln. Allerdings ist festzuhalten, dass ein solcher Weg mit zusätzlichen Kosten und zusätzlichem Personal verbunden ist, die sich aber durchaus aus- zahlen dürften. Eine Finanzierung aus Landesmitteln und flankierend aus Mitteln der kreis- eigenen Stiftung könnte es ermöglichen, hier die nächsten Schritte zu gehen. Beispiele sol- cher landesfinanzierten Einrichtungen existieren in Nordrhein-Westfalen.  Bildung ist in unserem Raum gemeinsam mit der Stadt Trier zu gestalten und hier sind ver- bindliche und möglichst vertraglich geregelte Arbeitsstrukturen zu schaffen, die mit klar definierten Kompetenzen ausgestattet werden sollten.

53 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Hier sollen sich Stadt und Landkreis aufeinander zu bewegen und geeignete Strukturen er- arbeiten. Regelmäßige jours fixes der Schulverwaltungen sollten unmittelbar abgesprochen werden und bestehende Problemlagen, wie zum Beispiel die Frage der Schülerlenkung, und Fragen der Schulentwicklung diskutiert werden. Außerdem könnten gemeinsame Sit- zungen der Schulträgerausschüsse zum gegenseitigen Austausch und Verständnis beitra- gen. Ein oben bereits für den Landkreis angedachtes Bildungsbüro könnte auch für beide Gebietskörperschaften agieren und hätte damit viel größere Gestaltungsspielräume und Möglichkeiten. Auch hinsichtlich einer Landesförderung könnte der Aspekt der Kooperati- on als eine bessere Argumentationsbasis dienen. Bei einer erfolgreichen Einrichtung hätte ein solches Büro eine Ausstrahlwirkung auf die gesamte Region und könnte helfen, einen Schritt im Sinne einer regionalen Schul- und Bildungsentwicklung zu gehen.  Verbesserung der Betreuungssituation Es sollte beim Land darauf hingewirkt werden, insbesondere bei organisatorisch verbunde- nen Schulen, eine Gesamtbetrachtung des Bedarfs am Standort in den Blick zu nehmen, so dass zusätzliche Ganztagsschulangebote entstehen könnten. Ein Dialog über die Flexibilisierung der Ganztagsschulangebote sollte gestartet werden, damit die Angebote für eine größere Zahl von Familien interessant werden und so die An- gebote auch nachhaltiger bestehen können. Zudem könnte dies positive Effekte auf die Zu- sammensetzung der Klassenverbünde haben. Schließlich sollte auch eine Überprüfung der Anbindung von Ganztagsangeboten an die vorhandene Kinderbetreuungsinfrastruktur (insbes. Kindergärten) als Alternative zu eigen- ständigen Lösungen stattfinden. Hier könnten auch Lösungen für die Ferienbetreuung ge- funden werden. Dies könnte über die Leitstelle Familie oder/und das zu schaffende Bil- dungsbüro umgesetzt werden. Auch könnten so die vorhandenen räumlichen Kapazitäten weiter optimiert genutzt werden.

54 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

8. Handlungsfeld Gesundheit und Pflege

8.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe - Besondere medizinische und pflegerische Heraus- forderungen durch den demographischen Wandel Der demographische Wandel wird die Gesellschaft insbesondere im Bereich Gesundheit und Pflege vor große Herausforderungen stellen. In den letzten 160 Jahren stieg die Rekordlebens- erwartung um 3 Monate pro Jahr an, so dass die Menschen gegenüber dem Jahr 1851 eine um 40 Jahre gestiegene Lebenserwartung besitzen. Dies bedeutet, dass die Hälfte der heute gebo- renen Kinder mindestens 102 Jahre alt wird. In einigen Ländern der Welt zeigt sich ein unge- brochener weiterer Anstieg der Lebenserwartung. Eine generelle Zunahme der Krankheitslas- ten der Bevölkerung mit steigendem Lebensalter ist nicht generell zu belegen, die höhere Le- benserwartung bedeutet jedoch gleichzeitig eine zunehmende Prävalenz chronischer Erkran- kungen und eine Multimorbidität (gleichzeitiges Bestehen mehrerer Krankheiten bei einer Person) im Alter. Hieraus resultiert ein hohes Risiko von Hilfeabhängigkeit und Pflegebedürf- tigkeit in höheren Altersgruppen und eine hohes Risiko Demenz, das in einer Schätzung im Bundesgesundheitsblatt 54 im Jahr 2011 auf 7,2 Prozent der über 65-Jährigen beziffert wurde. 5

Gleichzeitig kommt es zu einem Wandel der Versorgungsnotwendigkeiten. Bundesweit wird es im Jahr 2030 zwischen 2,61 und 3,36 Millionen Pflegebedürftige geben. Dies bedeutet für die kreisfreie Stadt Trier einen Anteil von Pflegebedürftigen zwischen 2.750 und 4.200 Personen und für den Landkreis Trier-Saarburg zwischen 3.850 und 5.880 Personen. Die Prognose für das Jahr 2050 (A. Kuhlmey, Versorgungsforschung zur angemessenen Gesundheitsversorgung im Alter, Bundesgesundheitsblatt 2011, 54:915 – 921) sagt eine Steigung der Pflegebedürftigen von zurzeit 2,2 Millionen auf 4,35 Millionen Pflegebedürftige voraus. Das bedeutet eine Steige- rung der Pflegebedürftigen für die kreisfreie Stadt Trier von 2.200 zum jetzigen Zeitpunkt auf ca. 5.500 im Jahr 2050 und für den Landkreis Trier-Saarburg von 3.080 auf 7.700.

Aus der Multimorbidität älterer Menschen resultiert ein komplexer Versorgungsbedarf. Dem- gegenüber stehen eine mangelnde Kontinuität der Versorgung und eine fehlende oder zumin- dest mangelnde Vernetzung der Versorgungsleistungen. Dies spielt eine große Rolle beim Übergang von ambulanten und stationären Versorgungsformen im medizinischen Bereich, aber auch im Bereich der Pflege. Angedacht werden muss eine vernetzte Versorgung aus pro- fessioneller und privater Betreuung im Sinne einer kooperativen Gesundheitsversorgung zu- sammen mit privater und ehrenamtlicher Betreuung. Hieraus resultieren jedoch bestimmte Anforderungen an die Gesellschaft und an die Menschen, die diese Leistungen in Zukunft er- bringen sollen. Erforderlich ist eine breit angelegte Aus-, Fort- und Weiterbildungsinitiative von Professionellen und Laien, ein geriatrisches Assessment zur gezielten Erfassung von Fähigkei- ten und Ansprüchen älterer Menschen und das Mitwirken geriatrisch geschulter Teams. Die Gesundheitsversorgung muss personen- und bedarfsorientiert stattfinden; eine professionelle Hilfe ist nicht immer erforderlich. Die Grenze zwischen stationärer und ambulanter Behand- lung und Pflege muss durchgängiger werden im Sinne des Ausbaus teilstationärer und ambu- lanter Dienste. Gleichzeitig sollten die Entwicklungspotentiale und -kompetenzen Älterer (jun- ge Alte) eingebunden werden. Das Robert Koch-Institut hat in einem telefonischen Gesund- heitssurvey einen Multimorbiditätsindex der erwachsenen nicht in Institutionen lebenden Wohnbevölkerung in Deutschland erhoben (A. Kuhlmey, Versorgungsforschung zur angemes-

5 Die meisten der folgenden Gedanken sind einer bemerkenswerten Veröffentlichung von A. Kuhlmey, Versorgungsfor- schung zur angemessenen Gesundheitsversorgung im Alter, Bundesgesundheitsblatt 2011, 54:915 – 921, entnommen.

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senen Gesundheitsversorgung im Alter, Bundesgesundheitsblatt 2011, 54:915 – 921). Hierbei ergab sich, dass männliche über 65-Jährige Personen zu 36,2 Prozent bereits unter drei bis vier Erkrankungen litten und bei 8,9 Prozent bereits über vier Erkrankungen bestanden. Bei Frauen war dieser Anteil noch höher. Er betrug für die über 65-Jährigen Frauen 39,3 Prozent, die drei bis vier Erkrankungen parallel angegeben hatten und 60,4 Prozent die über vier parallele Er- krankungen angegeben hatten. Die gleichzeitige Präsenz mehrerer Erkrankungen in unter- schiedlichen Stadien und die erfahrungsgemäß im Alter eingeschränkten Behandlungsmöglich- keiten, führen oft zu einer Polymedikation aufgrund von Verordnungen verschiedener Ärzte und einer Selbstmedikation mit erheblichen Medikamentenwechselwirkungen und Nebenwir- kungen (PRISCUS Liste).

Gleichzeitig hatte man die Senioren auch gefragt, was ihnen Lebensqualität im Alter überhaupt bedeutete. Hierbei wurden die folgenden fünf Punkte genannt, die besondere Bedeutung be- sitzen:

 Geistig im Kopfe klar zu sein,  sich bewegen können,  am Leben teilnehmen können,  frei von Harn- oder Stuhlinkontinenz zu sein und  keine Schmerzen zu haben. Die Situation erfordert gleichzeitige und gleichberechtigte Anwendungen und Verzahnungen von Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Prävention und Kuration, Rehabilitation und Pfle- ge. Im Vordergrund des Geschehens stehen die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung von Lebensqualität und nicht nur eine rein organbezogene Medizin, sondern funktionsbezogene Leistungen. Der Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention soll dafür sorgen, dass es zumindest zu einer Verzögerung des Eintretens von gesundheitlichen Einbußen kommt und gleichzeitig die Eintrittswahrscheinlichkeit von Multimorbidität und Pflegebedürftigkeit ver- hindert oder in höhere Lebensalter verschoben wird. Die wichtigsten Präventionsziele sind eine gesunde Ernährung, ausreichende Bewegung, die Vermeidung von Tabakkonsum und das Vermeiden von riskantem Alkoholkonsum.

Bedingt durch die demographische Entwicklung benötigt die Gesellschaft der Zukunft ein Spektrum von gesundheitsförderlicher bis hin zur palliativen Gesundheitsversorgung. Hierbei sollten den Wünschen der Betroffenen an die Pflege Rechnung getragen werden. So wünschen sich 40 Prozent eine Pflege in der eigenen häuslichen Umgebung durch Angehörige und ambu- lante Dienste; nur 9 Prozent wünschen sich ein Leben im Heim, 5 Prozent eine Pflege durch ausländisches Personal, 2 Prozent favorisierten eine selbstorganisierte Wohngemeinschaft und 2 Prozent Mehrgenerationenhäuser. 6 Die Versorgungsangebote Professioneller müssen sich nicht nur an die Pflegebedürftigen, sondern auch an die betreuenden Angehörigen richten. Hier kommt dem Family health nurse Konzept der WHO aus dem Jahr 2000 besondere Bedeu- tung zu. Ein Zurück zur Gemeindeschwester ist eine sehr ernsthaft zu erwägende Option. In der Zukunft wird es darauf ankommen, ein gutes Case- und Care-Management vorzuhalten mit einer passgenau abgestimmten Versorgung, die nicht zu einer Über-, Unter- oder Fehlversor- gung führen darf. Wichtig ist die Koordinierung unterschiedlicher Institutionen und Anbieter,

6 Vgl. A. Kuhlmey, Versorgungsforschung zur angemessenen Gesundheitsversorgung im Alter, Bundesgesundheitsblatt 2011, 54:915 – 921

56 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung gleichzeitig müssen die Patienteninformationen an allen Schnittstellen aktualisiert vorgehalten werden.

Vor diesem Hintergrund war es nicht verwunderlich, dass das Handlungsfeld „Gesundheit und Pflege“ im Rahmen des MORO-Prozesses eine besondere Bedeutung einnahm - nicht nur in der gleichnamigen Arbeitsgruppe, sondern auch und insbesondere in den durchgeführten Bürger- befragungen 7 und den Bürger(meister)werkstätten (siehe auch Kapitel 2.1.4 und 2.3.3).

Dabei wurde deutlich, dass die Thematik in der Bevölkerung noch nicht als großes aktuelles Problem empfunden wird, dass aber viele Menschen in der ärztlichen Versorgung eine der größten Herausforderungen vor dem Hintergrund des demographischen Wandels sehen. Zwar wird die haus- und fachärztliche Versorgung noch als „gut“ bewertet, Engpässe zeichnen sich aber bereits ab bei den Wartezeiten in der Praxis und insbesondere bei den Wartezeiten auf einen Termin bei einem Facharzt. Kritisch wird bereits jetzt in den ländlichen Regionen der ärztliche Notdienst bewertet. Die Patienten erwarten eine wohnortnahe hausärztliche Versor- gung. Bezogen auf Gebietseinheiten bedeutet dies, dass Hausärzte mindestens auf der Ebene der Verbandsgemeinde verfügbar sein sollten. Ärzte sollten Zeit für ausführliche Gespräche und gründliche Behandlungen haben, die Praxen lange geöffnet sein, damit auch berufstätige Patienten noch einen Termin bekommen. Mit zunehmendem Alter der Befragten werden auch Hausbesuche immer wichtiger. All diese Erwartungen an die hausärztliche Versorgung können aber nur erfüllt werden, wenn der Bestand der bislang in der Region praktizierenden Ärzte mindesten gehalten wird – und eben danach sieht es im Moment eher nicht aus.

Glücklicherweise konnte im MORO-Prozess auf eine Vielzahl aktueller Daten zurückgegriffen werden, die der Landkreis in den letzten Jahren in Auftrag gegeben hatte. Besonders hilfreich war hier ein von Prof. Dr. Rüdiger Jacob von der Universität Trier und Dr. Harald Michels vom Gesundheitsamt Trier-Saarburg in Zusammenarbeit mit dem Landkreis und der Stadt Trier erstellter Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2012, der ebenfalls im Jahr 2013 veröffentlicht wird. Auch auf die Pflegestrukturplanung, die von Peter Kappenstein vom Büro für Sozialpla- nung für den Landkreis erstellt worden war, konnte in großem Umfang zurück gegriffen wer- den. Da sich die oben Genannten als Akteure im MORO-Prozess intensiv eingebracht und dar- an mitgewirkt haben, ihre Berichte für MORO nutzbar zu machen, konnte die Arbeitsgruppe neben den Bevölkerungs- und Erreichbarkeitsdaten auch auf diese gut aufbereiteten Daten zurück greifen.

8.1.1. Situation in der ambulanten medizinischen Versorgung Im Bereich Gesundheit und Pflege führt der demographische Wandel zumindest in Teilberei- chen des Landkreises zu einem sich bereits jetzt abzeichnenden Mangel an Ärzten im ambulan- ten und stationären Bereich und an Pflegekräften. Die dazu vom Statistischen Landesamt in Bad Ems durchgeführten Modellrechnungen sagen zunächst noch eine Zunahme der Bevölke- rung bis 2030, dann aber einen Rückgang bis 2060 voraus. Unabhängig von den jeweiligen Modellrechnungen steigt der Altenquotient von 2010 bis 2030 und dann bis 2060 kontinuier- lich an. Die bis 2030 vorausgesagte Zunahme der Bevölkerung hat mithin keinen positiven Ef- fekt auf das Verhältnis von erwerbsfähigen Personen und Personen über 65. Zudem gewinnt dieser Prozess der Alterung der Bevölkerung nach 2030 deutlich an Dynamik, bis 2060 steigt der Altenquotient massiv an und verdoppelt sich in vielen Varianten im Vergleich zum Aus-

7 Regionaler Versorgungssurvey Trier-Saarburg 2010, Lebensqualitätssurvey Trier-Saarburg 2012

57 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

gangswert 2010. Dieser steigende Altenquotient wird insbesondere im Bereich Gesundheit und Pflege zu großen Problemen führen, denen es entgegen zu steuern gilt.

Die positive Nachricht der Befragungen der Medizinstudenten aus einer bundesweiten Befra- gung von Medizinstudenten 2012 lautet, dass die weit überwiegende Mehrheit wieder Medizin studieren würde. Die intrinsische Motivation zum Arztberuf ist hoch. Innerhalb der individuell- kurativen Versorgung sind verschiedene Tätigkeitsoptionen aber unterschiedlich beliebt: Eine angestellte Tätigkeit im Krankenhaus und die Niederlassung als Facharzt sind gleich attraktiv und werden von jeweils rund drei Viertel der Studenten als Option genannt. Auch eine ange- stellte Tätigkeit in der ambulanten Versorgung – in einer Praxis oder einem MVZ – ist für die Hälfte eine interessante Möglichkeit der späteren Berufstätigkeit. Demgegenüber kann sich nur ein gutes Drittel vorstellen, sich als Hausarzt niederzulassen. Generell ist eine angestellte Tätigkeit für fast alle Befragten eine attraktive Option, eine angestellte Tätigkeit in der ambu- lanten Versorgung favorisieren vor allem die Frauen. Dabei spielen auch Wünsche nach Teil- zeittätigkeit und geregelter Arbeitszeit eine zentrale Rolle, die einem sich gewandelten Berufs- rollenbild, der größeren Bedeutung von Freizeit, dem ausgeprägten Kinderwunsch und der Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf geschuldet sind. Aber unabhängig davon, ob die Studenten eine Niederlassung ins Auge fassen oder als angestellte Ärzte arbeiten wollen: Die Einbindung in ein Team von Ärzten ist ein höchst wichtiger Faktor. Ursächlich dafür sind neben Überlegun- gen zur Funktion von Kollegen als Rekrutierungsbasis für Freundschaften auch Fragen der Ver- antwortungsdelegation und -teilung. Die Einzelpraxis als Modell der ärztlichen Tätigkeit mit einer nur lockeren Kooperation mit Standeskollegen verliert deutlich an Attraktivität. Eine für ländliche Räume eher nachteilige Entwicklung.

8.1.1.1. Versorgungsstand In der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg sind derzeit 498 Ärztinnen und Ärzte tätig. 434 (= 87,1 Prozent) sind eigenverantwortlich tätige Ärzte bzw. Psychologen, d.h. Praxisinha- ber, nur 64 (= 12,9 Prozent) arbeiten als Angestellte.

58 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Tabelle 4: Niedergelassene Ärzte und Psychologen in der Region Trier, Ende 2011 Gesamt Trier Trier- Saarburg Hausärzte 133 58 75 Frauenheilkunde und Geburtshilfe 47 28 19 Psychologischer Psychotherapeut 42 27 15 Innere Medizin 40 24 16 Augenheilkunde 28 21 7 Orthopädie 21 14 7 Kinder- und Jugendmedizin 18 9 9 Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 18 10 8 (Diagnostische) Radiologie 18 13 5 Haut- und Geschlechtskrankheiten 15 10 5 Urologie 12 7 5 Chirurgie 11 6 5 Anästhesiologie 9 8 1 Psychiatrie und Psychotherapie 6 6 0 Pathologie 8 8 0 Hämatologie und Internistische Onkologie 8 8 0 Neurochirurgie 7 7 0 Strahlentherapie 7 7 0 Nervenheilkunde 6 3 3 Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut 6 3 3 Neurologie 4 4 0 Nuklearmedizin 4 4 0 Gastroenterologie 4 4 0 Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie 3 3 0 Innere Medizin und Kardiologie 3 3 0 Nephrologie 3 3 0 Humangenetik 2 2 0 Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie 2 2 0 Lungenheilkunde 2 2 0 Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie 2 2 0 Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktions- 2 2 0 medizin Psychotherapeutisch tätige Ärzte 2 1 1 Kinderchirurgie 1 1 0 Laboratoriumsmedizin 1 1 0 Physikalische und Rehabilitative Medizin 1 1 0 Kinder-Kardiologie 1 1 0 Rheumatologie 1 1 0 Gesamt 498 314 184 Quelle: Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2011

Jedoch ist die Verteilung der Ärzte zwischen der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg sowie innerhalb des Landkreises auf die verschiedenen Verbandsgemeinden sehr unterschied- lich. In Verbandsgemeinden mit einem Mittelzentrum (Saarburg, Konz, Schweich 8, Hermeskeil) praktizieren noch vergleichsweise viele Ärzte und Fachärzte. In der Verbandsgemeinde Kell am See dagegen praktizieren derzeit nur noch 7 Hausärzte, in der Verbandsgemeinde Ruwer noch 5 Fachärzte und Psychotherapeuten sowie 12 Hausärzte und in der Verbandsgemeinde Trier-

8 Die Stadt Schweich als Klein-/ Unterzentrum verfügt jedoch in vielen Bereichen über mittelzentrale Ausstattung und Funktion.

59 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Land noch 2 Fachärzte und Psychotherapeuten sowie 9 Hausärzte. Allerdings werden die Ver- bandsgemeinden Ruwer und Trier-Land in weiten Teilen von der Stadt Trier mit versorgt - der Weg in die Stadt ist hier auch vergleichsweise kurz und die Anbindung (noch) vergleichsweise gut - problematisch ist dagegen die Versorgungssituation in Kell am See. Diese Verbandsge- meinde liegt verkehrstechnisch ungünstiger, die Stadt Trier ist von den Gemeinden der Ver- bandsgemeinde Kell am See im Vergleich zu den anderen Verbandsgemeinden des Kreises deutlich schlechter erreichbar. Sollten hier zukünftig einzelne Arztsitze nicht mehr besetzt sein, wären die daraus entstehenden Versorgungsprobleme im Verhältnis noch größer als in ande- ren Bereichen des Landkreises.

Gradmesser für den Versorgungsstand ist natürlich weniger die absolute Zahl der Ärzte in einer Region als vielmehr deren Relation zur Bevölkerung, die von den Ärzten zu versorgen ist. Dabei ist wiederum entscheidend, welche Leistungen der Arzt anbietet. Für Hausärzte sind potenziell alle Einwohner z.B. einer Verbandsgemeinde Patienten, da das Behandlungsspektrum eines Hausarztes sehr breit ist. Für die – auch politisch gewollte – wohnortnahe Versorgung ist damit die Verbandsgemeinde eine geeignete Planungseinheit. Fachärzte, die auf spezifische Erkran- kungen spezialisiert sind, versorgen ein größeres Einzugsgebiet, hier sind Kreise oder – je nach Spezialisierung – noch größere räumliche Einheiten geeignete Planungsgebiete. Die bisherigen Versorgungsgebiete werden diesen Differenzierungen nicht gerecht, das Problem ist allerdings erkannt und mit der Umsetzung der neuen Versorgungsgebiete (siehe unten) ein erster, wenn auch in Fachkreisen noch diskutierter, Schritt unternommen. Da hier eine kleinräumige Analy- se auf der Ebene der Verbandsgemeinden durchgeführt wurde, ist insbesondere die Situation der hausärztlichen Versorgung von Interesse und damit die Frage, wie viele Personen die Hausärzte in den jeweiligen Gebietskörperschaften im Durchschnitt zu versorgen haben.

Abbildung 18: Einwohner pro Hausarzt

Quelle: Universität Trier (2010) Im Mittel sind dies in der Region für das Jahr 2010 1.614 Patienten. Die Verbandsgemeinde Ruwer ist dabei mit 1.265 Einwohnern je Hausarzt z.Z. am besten, Saarburg mit 2.351 Einwoh- nern je Hausarzt am schlechtesten versorgt.

60 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

8.1.1.2. Alter und Ausscheideraten Das Durchschnittsalter der Ärzte in der Region beträgt 51 Jahre bei nur geringen Unterschie- den zwischen den Facharztgruppen sowie den Ärzten in der Stadt und im Kreis. Es ist von da- her, will man untersuchen, wie sich das Angebot im ambulanten Sektor entwickeln wird, von besonderer Bedeutung, sich zu fragen, bis wann wie viele Ärzte aus der Versorgung ausschei- den. Wichtig dabei ist insbesondere die Betrachtung der Hausärzte, da diese für die wohnort- nahe Grundversorgung zuständig sind.

Tabelle 5: Alter der Ärzte im Landkreis Trier-Saarburg Gesamt Hausärzte Fachärzte Psychologen Bis einschließlich 35 5 4 0 1 Jahre 2,7 % 4,8 % 0 % 5,6 % 36 - 45 Jahre 27 14 10 3 14,7 % 16,7 % 12,2 % 16,7 % 46 - 55 Jahre 92 33 49 10 50,0 % 39,3 % 59,8 % 55,6 % 56 - 65 Jahre 55 30 22 3 29,9 % 35,7 % 26,8 % 16,7 % Über 65 Jahre 5 3 1 1 2,7 % 3,6 % 1,2 % 5,6 % Gesamt 184 84 82 18

Arithmetisches Mittel 51,8 52,1 51,9 49,4

Median 52 52,5 51 50

Modus 47 61 47 und 51 46

Quelle: Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2011

Im Versorgungsbericht der Universität Trier wurden hierzu einige Modellrechnungen durchge- führt und dabei mit einem einheitlichen Ausscheidealter von 65 Jahren gerechnet. Es ergeben sich folgende wichtige Trends: (Die nachfolgende Betrachtung erfolgt als worst-case-Szenario, da nicht klar ist, ob und welche Praxen einen Nachfolger finden.)  In den nächsten 2 bis 14 Jahren gehen 50 Prozent der derzeit in der Region praktizierenden Ärzte in den Ruhestand.  Zwischen 2024 und 2041 gehen die letzten der aktuell tätigen Hausärzte in den Ruhestand.  In den Verbandsgemeinden ist die Situation teilweise dramatisch, in Kell am See gehen 50 Prozent der jetzt praktizierenden Hausärzte bis 2015 in den Ruhestand, in Hermeskeil bis 2019, in Trier-Land und Saarburg bis 2021.  In Hermeskeil geben die letzten der heute dort arbeitenden Hausärzte ihre Praxis 2024 ab (oder auf), in Kell am See 2028.

61 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Tabelle 6: Ausscheideraten der Hausärzte bei einem Ausscheidealter von 65 Jahren in der Stadt Trier und den Verbandsgemein- den 25% 50% 100% Zeit bis 0 Ruwer 2019 2026 2041 28 Trier-Stadt 2017 2023 2040 27 Konz 2019 2027 2040 27 Trier-Land 2016 2021 2040 27 Saarburg 2016 2021 2035 22 Schweich 2014 2022 2035 22 Kell am See 2013 2015 2028 15 Hermeskeil 2015 2019 2024 11

Quelle: Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2011

Innerhalb des Erarbeitungsprozesses wurden zur Betrachtung dieses Aspekts zusätzlich Er- reichbarkeitsanalysen beauftragt. Abbildung 19 zeigt die PKW-Erreichbarkeit von Hausarztpra- xen im Jahr 2012.

Abbildung 19: PKW-Erreichbarkeit von Hausarztpraxen im Jahr 2012

Quelle: Spiekermann & Wegener, 2013 In einem weiteren Schritt wurde - basierend auf der worst-case-Annahme, dass alle Ärzte über 65 Jahre ausscheiden und eine Wiederbesetzung der Praxen nicht möglich sein wird - die Ent- wicklung der PKW-Reisezeiten für das Jahr 2030 modelliert. Die Darstellung zeigt, dass insbesondere im Südosten des Landkreises unter den getroffenen Annahmen ein hoher Handlungsbedarf besteht. Zwar ist das vollständige Eintreten der Rah-

62 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung menbedingungen nicht wahrscheinlich. Jedoch stellt auch eine abgemilderte Entwicklung im Bereich der hausärztlichen Versorgung insbesondere den Teilraum Hochwald vor große Her- ausforderungen. Zumal das räumliche Ausweichen auf die noch vorhandenen Praxisstandorte in anderen Teilräumen zu Dominoeffekten bei deren Auslastung führt.

Abbildung 20: PKW-Erreichbarkeit von Hausarztpraxen im Jahr 2030 (Annahme: Wegfall aller Praxen der Praxisinhaber 65+)

Quelle: Spiekermann & Wegener, 2013 Diese Erkenntnisse belegten die schon bekannten Handlungsnotwendigkeiten zusätzlich und führen in der Konsequenz zur Entwicklung eines Folgeprojektes, das im Kapitel 8.3 näher be- schrieben wird.

8.1.1.3. Konsultationsverhalten Wie sieht demgegenüber die Nachfrage nach ambulanter medizinischer Versorgung im haus- ärztlichen Bereich aus? Zunächst lässt sich feststellen, dass die Bevölkerung in der Region ganz eindeutig eine wohnortnahe hausärztliche Versorgung präferiert. Patientenbewegungen über Verbandsgemeindegrenzen hinweg sind entweder darauf zurückzuführen, dass der gewählte Hausarzt besser zu erreichen ist oder am Arbeitsort der Befragten praktiziert.

63 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Abbildung 21: Konsultationsverhalten im hausärztlichen Bereich

Quelle: Universität Trier

Modellrechnungen für alle drei Varianten der Bevölkerungsvorausberechnungen des Statisti- schen Landesamtes belegen, dass die Bevölkerung in der Region langfristig (von 2010 bis 2060) abnimmt (vergleiche hierzu auch Kapitel 3.2). Bei den Konsultationszahlen ist, mit Ausnahme des Landkreises Trier-Saarburg, allerdings nur bei Zutreffen der Annahmen für die untere Vari- ante der Bevölkerungsvorausberechnung ein durchgängiger Rückgang zu erwarten. In der mitt- leren Variante gehen die Inanspruchnahmen lediglich in Trier-Stadt weiterhin zurück, wohin- gegen unter Annahme der oberen Variante die Konsultationszahlen trotz rückläufiger Bevölke- rung durchgängig zunehmen. Es ist mithin alles andere als sicher, dass man in der Zukunft we- gen rückläufiger Bevölkerungszahlen auch weniger Ärzte bräuchte bzw. dass mit dem Bevölke- rungsrückgang zwingend auch ein Rückgang der Nachfrage nach ärztlichen (und anderen medi- zinischen) Leistungen verbunden ist.

Tabelle 7: Entwicklung von Bevölkerung und Konsultationszahlen, Mittlere Variante, Kreis Trier-Saarburg

2010 2030 2060 Bevölke- Konsulta- Bevölkerung Konsulta- Bevölke- Konsulta- rung tionen tionen rung tionen unter 20 28.611 85.833 26.743 80.229 21.984 65.952 20 bis 64 86.526 346.104 82.325 329.300 68.428 273.712 65 bis 79 20.005 140.035 28.675 200.725 26.131 182.917 80+ 7.528 602.24 10.459 83.672 18.720 149.760 Gesamt 142.670 632.196 148.202 693.926 135.263 672.341

Quelle: Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2011

64 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Abbildung 22: Konsultationsfrequenz nach Altersklassen

Konsultationen 10 9 9 8 7 6 6 6 5 5 4 4 3 3 3 3

2

1

0 18 bis unter 30 bis unter 40 bis unter 50 bis unter 60 bis unter 70 bis unter 80 bis unter über 90 30 40 50 60 70 80 90

Altersgruppen

Quelle: Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2011

8.1.1.4. Allgemeine Morbidität und Medikation In dem regionalen Versorgungssurvey 2011 wurden auch Angaben zur allgemeinen Morbidität erhoben. Indikatoren waren die Frage nach der Bewertung des eigenen Gesundheitszustandes (auf einer 5-poligen Notenskala von „sehr gut“ bis „mangelhaft“) und die Frage nach einer Dauermedikation. Nur 52,9 Prozent der Befragten beurteilten ihre Gesundheit als sehr gut oder gut, 47,1 Prozent halten ihren Gesundheitszustand für suboptimal. Dieser Wert steigt erwartungsgemäß mit dem Alter an, jenseits der Grenze von 70 Jahren bewerten drei Viertel ihren Gesundheitszustand kritisch.

Faktoren der Lebenslage und der Lebensführung haben ebenfalls einen entscheidenden Ein- fluss auf die Gesundheit und auch der soziale Status spielt offensichtlich eine wesentliche Rol- le. So ist in allen Altersklassen der Anteil der Personen aus der niedrigsten Bildungsschicht, die ihren Gesundheitszustand als weniger gut einstufen signifikant größer und nahezu durchgängig doppelt so groß wie bei den Befragten aus der höchsten Bildungsschicht. Bildung ist nicht nur hoch korreliert mit Einkommen und beruflicher Position, sondern auch eine zentrale Determi- nante für bessere Gesundheit.

Tabelle 8: Suboptimaler Gesundheitszustand nach Bildungsstatus und Alter (Angaben in Prozent) Kein Abschluss oder Fachhochschulreife Mittlere Reife Hauptschulabschluss oder Abitur 18 b. u. 30 45,8 25,0 16,0 30 b. u. 40 44,7 25,3 17,5 40 b. u. 50 47,9 34,5 23,5 50 b. u. 60 63,1 46,5 37,6 60 b. u. 70 65,8 60,6 32,5 70 + 80,8 80,7 45,6

Quelle: Versorgungsbericht Trier-Saarburg 2011

65 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

8.1.1.5. Neue Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung – Probleme/Verschlechterun- gen durch geänderte regionale Zuordnung Die aktuelle Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.12.2012, zuletzt geändert durch einen Beschluss vom 16.5.2013 bezieht die kleinräumige Bedarfsplanung auf die Mittel- bereiche. Dies führt im konkreten Fall der regionalen Bedarfsplanung für unsere Region zu vielfältigen Problemen, die die zukünftige wohnortnahe Versorgung beeinflussen können. Als Mittelbereiche, die, basierend auf den Vorgaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), als Planungsbereiche für die Bedarfsplanung herangezogen werden, wurden einzelne Verbandsgemeinden anderen Verbandsgemeinden oder der Stadt Trier zuge- ordnet. Dies führt durch die Zusammenfassung der Verbandsgemeinden Schweich, Ruwer, Konz und Trier-Land mit der Stadt Trier zu einem sehr großen Planungsbereich. Dies könnte zur Folge haben, dass sich Ärzte zukünftig noch mehr als bisher in der Stadt Trier niederlassen und in den angrenzenden Verbandsgemeinden keine wohnortnahe Versorgung mehr sicher gestellt werden kann. Die Verbandsgemeinde Saarburg wurde mit der Verbandsgemeinde Kell am See zu einem neuen Planungsbereich zusammen gefasst, die Verbandsgemeinde Hermeskeil sogar kreisübergreifend mit der Verbandsgemeinde Thalfang und der Gemeinde Morbach aus dem Landkreis Bernkastel-Wittlich. Der Planungsbereich „Trier“ ist jetzt fast doppelt so groß wie vor der Neuregelung. Die Planungsbereiche der fachärztlichen Versorgung, die bis dato keiner Beplanung unterzogen wurden, demzufolge also auch über keine Regularien zur Steuerung der räumlichen Verteilung der Fachärzte der entsprechenden Disziplinen verfügten, weisen jetzt drei Versorgungsebenen auf: die Kreisebene, die Ebene der Raumordnungsregion Trier und das Land Rheinland-Pfalz. Zur Arztgruppe der gesonderten fachärztlichen Versorgung, bei de- nen der Planungsbereich das Land Rheinland-Pfalz umfasst, ist es am Beispiel der Neurochirur- gie besonders deutlich, dass es zu besonderen Problemen kommen kann, wenn hier keine wohnortnahe Versorgung mehr gewährleistet wird, werden doch von dieser Facharztgruppe eine zunehmende Anzahl von Bandscheibenerkrankungen im weiteren Sinne behandelt oder mitbetreut, deren Mobilität aufgrund ihrer Erkrankung eingeschränkt ist, und denen man eventuell lange Anreisewege und -zeiten zumutet. Zwar lässt die neue Bedarfsplanung Abwei- chungen durch regionale Besonderheiten zu, hierzu zählen demographische, morbiditätsbe- dingte, sozioökonomische, räumliche und infrastrukturelle Besonderheiten einer Region. Nach § 100 Absatz 3 SGB V trifft der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf Veranlassung der Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Landesverbandes der Krankenkassen oder einer Ersatzkasse nach Prüfung die Feststellung, ob in einem nicht unterversorgten Planungsbereich ein zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf besteht. In diesem Ausschuss treffen aber unter- schiedliche Interessen aufeinander, so dass ein aufwändiger und eventuell auch langwieriger Prozess einer notwendigen Anpassung voran gehen dürfte. Die Größe der geschaffenen Pla- nungsbereiche wird durch die demographische Entwicklung und hieraus resultierender Bevöl- kerungsanteile mit krankheitsbedingten Mobilitätseinschränkungen, einer schlechter werden- den ÖPNV-Anbindung in ländlichen Bereichen bei sinkenden Beförderungszahlen bei insge- samt schrumpfender Bevölkerung und einer Zunahme von Single-Haushalten auch im Alter, keine bedarfsgerechte Versorgung in ländlichen Regionen, insbesondere auch in den an die kreisfreie Stadt Trier anschließenden Verbandsgemeinden, ohne politische Interventionen ermöglichen. Deshalb ist eine kleinräumigere Planung in ländlichen Regionen auf Verbands- gemeindeebene erforderlich um einer zukünftigen angemessenen Daseinsvorsorge noch ge- recht werden zu können.

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8.1.2. Situation in der stationären medizinischen Versorgung

8.1.2.1. Angebot: Krankenhäuser in der Region Die Krankenhäuser in der Region bieten Behandlungsmöglichkeiten für ein breites Spektrum von Krankheiten und Gesundheitsstörungen an, wobei Trier als medizinisches Oberzentrum nicht nur die Stadt und den Landkreis Trier-Saarburg, sondern ein größeres Einzugsgebiet mit Krankenhausleistungen versorgt. Die Häuser in der Region gehören zu den Versorgungsstufen der Grund- und Regel- sowie der Maximalversorgung und bieten für bestimmte Krankheits- spektra auch eine Schwerpunktversorgung an. Auf der Basis der Herkunft der Patienten, die im Jahr 2009 in Häusern der Region (und insbesondere in den beiden großen Häusern in Trier) behandelt wurden, konnte für die Anzahl der behandelten Patienten ein (fiktives) Versor- gungsgebiet mit einer Einwohnerzahl von 363.930 Personen berechnet werden. In der kreis- freien Stadt Trier liegen vier Krankenhäuser, im Landkreis Trier-Saarburg zwei weitere Kran- kenhäuser, nämlich das Kreiskrankenhaus St. Franziskus in Saarburg und das St. Josef Kranken- haus in Hermeskeil, die zu den Häusern der Grund- und Regelversorgung gehören.

Tabelle 9: Entwicklung der Bettenzahlen

genehmigte Planbetten/Jahr Veränderung der Krankenhäuser Bettenzahlen in % 1997 2004 2008 2010 von 1997 bis 2010 Krankenhaus der Barmherzigen 600 552 557 557 -7% Brüder Klinikum Mutterhaus der Borro- 556 619 667 696 25% mäerinnen Ev. Elisabeth-Krankenhaus 202 182 182 182 -10% Marienkrankenhaus (Trier-Ehrang) 190 181 181 181 -5% Kreisfreie Stadt Trier gesamt 1.548 1.534 1.587 1.616 4% St. Franziskus Saarburg 232 217 203 209 -10% St. Josef Krankenhaus Hermeskeil 245 181 181 181 -26% Landkreis Trier-Saarburg gesamt 477 398 384 390 -18% Stadt Trier und Landkreis Trier- 2.025 1.932 1.971 2.006 -1% Saarburg Quellen: Krankenhausstatistiken einzelner Krankenhäuser und Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 1997, Qualitätsberichte 2004, 2008, 2010. Um ihrer wichtigen Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge nachkommen zu können, müssen insbesondere die Krankenhäuser im ländlichen Raum finanziell so ausgestattet sein, dass sie auch bei einer normalen Mengenentwicklung ihren Versorgungsauftrag unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung erfüllen können. Häufig stellt sich eine Finanzierungsprob- lematik bei den die Grund- und Regelversorgung sicherstellenden Krankenhäusern in der Flä- che. Dies ist ein Auftrag an die Finanzierung des laufenden Krankenhausbetriebs aus den Ein- nahmen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung ebenso wie an die Investitionsfi- nanzierung der Länder. Die Krankenhäuser in den Landkreisen gewährleisten eine flächende- ckende Versorgung mit stationären medizinischen Leistungen, insbes. der Grundversorgung, die rund um die Uhr und ganzjährig zur Verfügung steht. Dies wird noch nicht hinreichend im Fallpauschalensystem honoriert.

8.1.2.2. Nachfrage nach stationären Leistungen Schon die bloße Zahl der Behandlungsfälle zeigt, dass die Nachfrage nach stationären Leistun- gen im Vergleich zum Jahr 1997 zugenommen hat. Damals wurden in den Krankenhäusern der

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Gesamtregion inklusive der Stadt Trier knapp 70.000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt, im Jahr 2009 waren es rund 77.000 (siehe auch Tabelle 10). Dies ist eine Steigerung der Nachfrage um 10 Prozent. Dabei kann zwischen den Patienten aus der Stadt Trier, dem Landkreis Trier-Saarburg, Nachbarregionen (Saarland, Bitburg-Prüm, Bernkastel-Wittlich, Bir- kenfeld, Luxemburg, Frankreich und Belgien, sowie weiteren Regionen (Patienten aus dem übrigen Deutschland und anderen Staaten) unterschieden werden.

Tabelle 10: Herkunft der Patienten nach Krankenhäusern Kreis Trier- Andere Gesamt Trier Saarburg Regionen Krankenhaus der Barm- 26954 7103 8043 11808 herzigen Brüder 34,8 % 33,7 % 27,0 % 44,4 % Klinikum Mutterhaus der 22322 7863 6981 7478 Borromäerinnen 28,8 % 37,3 % 23,4 % 28,1 % 6901 3675 2398 828 Elisabeth KH 8,9 % 17,4 % 8,1 % 3,1 % 7290 2206 3548 1536 KH Ehrang 9,4 % 10,5 % 11,9 % 5,8 % 8244 162 6084 1998 KH Saarburg 10,6 % 0,8 % 20,4 % 7,5 % 5726 66 2720 2940 KH Hermeskeil 7,4 % 0,3 % 9,1 % 11,1 % Gesamt 77437 21075 29774 26588 Quelle: Universität Trier

Tabelle 11: Patienten nach Herkunftsregion und ihre Verteilung auf die Krankenhäuser (Angaben in Prozent) Herkunfts- Krankenhaus Klinikum Elisabeth Ehrang Saarburg Hermes- N region der Barm- Mutterhaus keil herzigen der Borro- Brüder mäerinnen Trier 33,7 37,3 17,4 10,5 0,8 0,3 21075

Konz 24,8 26,3 8,2 18,9 21,8 0,1 7928

Saarburg 15,2 12,1 1,5 1,7 69,3 0,1 5497

Trier-Land 31,8 29,5 13,0 24,9 0,4 0,4 4393

Schweich 39,6 29,2 13,4 16,6 0,4 0,7 3672

Ruwer 40,0 34,3 15,2 2,4 0,8 7,2 3071

Kell am See 26,2 17,3 3,1 6,0 22,8 24,6 2006

Hermeskeil 19,8 14,3 2,2 1,8 1,1 60,8 3207

Sonstige 44,4 28,1 3,1 5,8 7,5 11,1 26588 Region Quelle: Universität Trier

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8.1.3. Situation in der pflegerischen Versorgung Die Pflege älterer und behinderter Menschen zählt in einer älter werdenden Gesellschaft zwei- fellos zu den wichtigen Aufgaben der Daseinsvorsorge. Eine in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführte Untersuchung der Pflegestrukturen im Landkreis nach den Vorgaben, die das „Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur“ (Lpflege ASG) vom 25. Juli 2005 präzisierte, ergab einen Datenreport als Basis für die Ausges- taltung der pflegerischen Infrastruktur im Landkreis. Mit Aach, einer Ortsgemeinde in der Ver- bandsgemeinde Trier-Land, wurden im Rahmen einer Zukunftskonferenz Ziele und Maßnah- men der Versorgung entwickelt und die Bürgerinnen und Bürger in die Planung künftiger Ver- sorgungsstrukturen mit einbezogen. Der umfangreiche Bericht des Büros für Sozialplanung Kappenstein zur Pflegestruktur 2010 ist Grundlage für diese Beschreibung der Ausgangssitua- tion.

8.1.3.1. Pflegestützpunkte Im Landkreis Trier-Saarburg gibt es sechs Pflegestützpunkte. Diese sind bei den Sozialstationen des Caritasverbandes für die Region Trier und des Deutschen Roten Kreuzes in den Verbands- gemeinden des Landkreises angesiedelt. Sie befinden sich somit in Konz, Saarburg, Welschbillig, Schweich, Waldrach und Hermeskeil.

Die Pflegestützpunkte bieten Beratung und Hilfe rund um das Thema Pflege. Die Beratung er- folgt persönlich, vertraulich, trägerneutral und kostenfrei in den Räumlichkeiten des Pflege- stützpunktes oder auf Wunsch auch Zuhause. Arzt, Pflegedienst, Betreuer oder auch Angehöri- ge können, wenn gewünscht, in die Beratung mit einbezogen werden. Die Pflegestützpunkte sind mit einer Fachkraft der bisherigen Beratungs- und Koordinierungsstellen sowie einer Mit- arbeiterin der Pflegekassen besetzt.

Den Verbleib in der eigenen Wohnung möglichst lange gut versorgt sicherstellen zu können ist eines der Ziele der Beratungen und Hilfestellungen. Die richtige Hilfe soll zum rechten Zeit- punkt kompetent und verlässlich geleistet werden. Die pflegenden Angehörigen sollen zudem Entlastung erfahren und davor geschützt werden, selbst zu erkranken.

Die Pflegestützpunkte informieren insbesondere

 über wichtige medizinische und pflegerische Angebote in der Region,  über die Möglichkeiten der ambulanten und stationären Versorgung im Pflegefall,  über Alltagshilfen wie z.B. hauswirtschaftliche Dienste, Haushaltshilfen etc.,  über Leistungs- und Finanzierungshilfen der Kranken- und Pflegeversicherung, der Siche- rung des Lebensunterhaltes und der Sozialhilfe,  über aktuelle Versorgungsangebote wie Mahlzeiten- und Fahrdienste, ehrenamtliche Be- suchs- und Betreuungsgruppen sowie  über Hilfen bei der Wohnraumanpassung. Die Pflegestützpunkte arbeiten hierbei mit vielen Kooperationspartnern und Akteuren der Altenhilfe zusammen. Ergänzend hierzu haben die Pflegestützpunkte in ihren lokalen Zustän- digkeitsbereichen „Örtliche Arbeitsgemeinschaften Altenhilfe“ gegründet, in welchen sich die verschiedensten Gruppierungen, Vereine, Einzelpersonen, Institutionen und Verbände zum Zwecke der gegenseitigen Information und des Austausches in regelmäßig stattfindenden Sit- zungen treffen.

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Im Spektrum der pflegerischen Angebotspalette übernehmen die Pflegestützpunkte einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des häuslichen Pflegearrangements und bieten Gewähr für einen Versorgungsmix, der den Wünschen der Hilfesuchenden entspricht.

8.1.3.2. Die Befragung der Ärzteschaft Als zentrale Ansprechpartner bei gesundheitlichen Problemen spielen Ärztinnen und Ärzte, insbesondere die Hausärztinnen und -ärzte, eine besondere Rolle bei der Beurteilung notwen- diger Hilfen zur Unterstützung ihrer Patientinnen und Patienten. Ein Ziel der Pflegestrukturpla- nung besteht darin, den zukünftigen Bedarf an ambulanten pflegerischen Leistungen abzubil- den. Zu diesem Zweck wurden die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Landkreis in Ab- sprache mit dem Gesundheitsamt Trier um eine Einschätzung der pflegerischen Versorgungssi- tuation und der Kooperation mit anderen in der Pflege tätigen Akteuren gebeten. Der Frage- bogen wurde an die 91 niedergelassenen Hausärztinnen und -ärzte (Allgemeinmediziner und Internisten) im Landkreis gesendet, von denen 29 den Fragebogen zurückschickten. Dies ent- spricht einer Rücklaufquote von ca. 32 Prozent. Die Angaben sind daher statistisch im besten Sinne zu hinterfragen, illustrieren aber die Einschätzungen des Pflegebereiches durch Ärzte.

93 Prozent der teilnehmenden Ärzte gaben an, dass die Angebote für Grundpflege, Behand- lungspflege, mobile Essenversorgung und Hausnotruf und die Organisation ihrer Ansicht nach gesichert seien. Diese Einschätzung stimmt mit den Angaben der ambulanten Dienste überein, die Grundpflege und Behandlungspflege als ihre häufigsten Leistungen angeben.

Die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen im Landkreis Trier-Saarburg wurden auch zur Zu- sammenarbeit mit einzelnen Diensten und Einrichtungen befragt. Die Ergebnisse bestätigen vorhandene Kooperationen, verdeutlichen aber auch mögliche Ansatzpunkte zur Stärkung kooperativer Strukturen. Auf die Frage „Mit welchen Personen, Diensten und Einrichtungen arbeiten Sie zusammen, um die ambulante Versorgung für alte und/oder pflegebedürftige Menschen im Landkreis Trier-Saarburg sicher zu stellen?“ wurde in der Antwortkategorie „oft“ am häufigsten Angehörige mit 28 Prozent und ambulante Dienste mit 25 Prozent der Nennun- gen gewählt. Danach folgten mit 17 Prozent der Nennungen Ärztinnen und Ärzte in Kranken- häusern im Landkreis Trier-Saarburg. In der Antwortkategorie „nie“ wurden am häufigsten mit 22 Prozent Selbsthilfegruppen und mit 16 Prozent Angehörigengruppen genannt. Eine Koope- ration mit den Pflegestützpunkten wurde selten benannt, von allen Nennungen der Kategorie „nie“ entfielen 13 Prozent auf die Pflegestützpunkte, 85 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sag- ten, dass sie selten oder nie mit den Pflegestützpunkten kooperieren.

8.1.3.3. Komplementäre Dienste im Vorfeld der Pflege Zentraler Grundsatz des LPflegeASG ist der Vorrang ambulanter Leistung gegenüber der Heim- pflege. Die Betreuung zu Hause lebender Menschen kann in Zukunft immer weniger über pro- fessionelle Kräfte geleistet werden, da der Bedarf an Pflegekräften ständig wächst, die Zahl der Menschen, die für Pflege- und Betreuungsleistungen zur Verfügung stehen, aber sinkt. Umso wichtiger werden Bemühungen zur Gewinnung ehrenamtlich engagierter Bürgerinnen und Bürger sein. Zu den komplementären Diensten im Vor- und Umfeld von Pflege zählen Service- leistungen im Haushalt oder für die Alltagsversorgung. Hierzu gehören beispielsweise Putzhil- fen, Bringdienste, Betreuungsdienste, Essen auf Rädern. Der Bedarf an diesen Leistungen ist stark wachsend und war ein wesentlicher Diskussionspunkt in verschiedenen MORO- Veranstaltungen im Laufe des Prozesses.

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8.1.3.4. Unterstützende/alternative Wohnformen Unterstützende alternative Wohnformen bieten Möglichkeiten, mit anderen Menschen in Ge- meinschaft oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu leben, gegenseitig Hilfen zu leisten und in pflegerischen oder psychosozialen Notlagen professionelle Hilfen auf schnellem Weg zu erhal- ten. Es gibt vielfältige Formen sozialer und vertraglicher Gestaltung von der herkömmlichen Wohngemeinschaft bis zum Kauf/Mieten von Immobilien mit Abschluss von Dienstleistungs- verträgen. Landes- und Bundespolitik propagieren und unterstützen neue Wohnformen wie Betreutes Wohnen, Haus- und Wohngemeinschaften, Mehr-Generationen-Wohnen, genossen- schaftliche Wohnformen, oder betreute Wohngruppen. Der Landkreis Trier-Saarburg ist schon jetzt federführend in der Begleitung der Träger solcher Angebote, insbesondere weil der Land- kreis als Sozialhilfeträger Vereinbarungen abgeschlossen hat, die es ermöglichen, dass ältere Menschen diese Angebote auch im Rahmen des SGB XII nutzen können.

8.1.3.5. Zu Hause lebende pflegebedürftige Personen

Die Anzahl der Menschen, die in der Pflegestatistik als Empfänger/innen von Pflegegeld aus- gewiesen werden und deren Pflege in der Regel durch Angehörige oder Dritte, nicht durch einen ambulanten Dienst, erfolgt, ist von 1999 bis 2007 um knapp 200 Personen gesunken. Dennoch nimmt diese Leistungsart den größten Umfang aller Leistungsarten ein. Im Gegensatz zu allen anderen Leistungsarten fällt auf, dass ein nicht unerheblicher Teil Kinder und Jugendli- cher Pflegegeld erhält. Die Statistik weist für das Jahr 2011 823 Pflegebedürftige aus, die von ambulanten Pflegediensten betreut wurden.

Die Empfängerinnen und Empfänger von Pflegegeld im Landkreis Trier-Saarburg sind 2007 zu knapp 60 Prozent in Pflegestufe I eingestuft. 31 Prozent erhalten Leistungen der Pflegestufe II und 9 Prozent der Pflegestufe III. Im Unterschied zur professionellen Pflege durch ambulante Dienste oder stationäre Einrichtungen wird klar, dass die Pflege eher bei geringem Unterstüt- zungsbedarf durch Angehörige übernommen wird. Seit 1999 ist der Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Pflegegeld in Pflegestufe III konstant geblieben, nur zwischen Pflegestufe I und II ist es im Verlauf der Jahre zu Verschiebungen gekommen. Hinsichtlich der Verteilung nach Geschlecht sind Frauen wie auch in allen anderen Leistungsarten überdurchschnittlich vertreten. Dieses Ungleichgewicht hat sich über die Jahre noch verstärkt, 1999 waren 62,9 Prozent aller Personen in dieser Kategorie Frauen, 2007 waren es bereits 64,2 Prozent.

Zu den Empfängerinnen und Empfängern von Geld- und Sachleistungen zählen Pflegebedürfti- ge, die ambulant versorgt werden und entweder die vollständige Leistung der Pflegeversiche- rung als Sachleistung eines ambulanten Pflegedienstes erhalten (reiner Sachleistungsbezug), oder einen Teil als Sachleistung und einen Teil als Geldleistung erhalten (Kombinationsleis- tung). Für die Betroffenen besteht der Vorteil des Sachleistungsbezugs darin, dass der monetä- re Gegenwert der Sachleistung höher ausfällt als die Geldleistung in der gleichen Pflegestufe. Diese Gruppe von Pflegebedürftigen ist zwischen 1999 und 2007 von 689 auf 749 angewach- sen. Die Empfängerinnen und Empfänger von reinen Sachleistungen sind innerhalb dieser Gruppe in der Minderheit, 2007 bekamen 295 Personen reine Sachleistungen, das waren vier mehr als 1999. Die Gesamtzahl der Leistungsempfängerinnen und Empfänger ist nahezu kon- stant geblieben. Im Jahr 2007 erhielten 3.470 Personen im Landkreis Trier-Saarburg Leistungen aus der Pflegeversicherung nach SGB XI. 2011 waren es 3.602 Personen - eine Steigerung von 3,8 Prozent gegenüber dem Jahr 2007. Innerhalb dieses Personenkreises zeigen sich im Zeit- verlauf deutliche Verschiebungen. Es ist ein deutlicher Trend zu professioneller Pflege erkenn- bar. Die Anzahl der Empfängerinnen und Empfänger von reinem Pflegegeld hat um 188 abge- nommen, während die Anzahl der Menschen in stationärer Dauerpflege um 131 zugenommen

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hat. Der Bezug von Kombinationsleistungen ist um 56 Personen angestiegen. Die Tagespflege ist im Berichtszeitraum um 18 Personen zurückgegangen.

In ambulanten Pflegeeinrichtungen beschäftigten im Jahr 2011 die 16 im Kreis tätigen Pflege- dienste insgesamt 311 Fachkräfte.

Insgesamt werden 75 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt. Allerdings ist für den Landkreis Trier-Saarburg über die Jahre auch eine deutliche Tendenz zur stationären Pflege zu erkennen. Ende 2003 nahmen 793 Personen eine vollstationäre Dauerpflege in Anspruch. 2011 waren es bereits 1.003 Personen, eine Steigerung um 26,5 Prozent, die deutlich höher liegt als im gleichen Zeitraum der rheinland-pfälzische Durchschnitt der Zunahme mit 16,4 Prozent.

8.1.3.6. Das Pflegepotential Für Pflegestrukturplanung ist das Verhältnis der älteren Bevölkerung zur jüngeren Bevölkerung oder zur Gesamtbevölkerung von Bedeutung, da in höheren Altersgruppen der Pflege- und Betreuungsbedarf stark ansteigt und die Anzahl der älteren Menschen in Zukunft zunimmt. Der Anteil der über 80-jährigen steigt stetig an. Von 7.184 Menschen im Jahr 2010 auf 17.955 Menschen bis zum Jahr 2050. Dies wäre ein Anstieg um 149 Prozent nach der Prognose des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz, mittlere Variante. Diese Veränderung verläuft im Landkreis Trier-Saarburg ähnlich der Prognosen für Rheinland-Pfalz. Bis zum Jahr 2050 gleichen sich die Anteile der über 80-Jährigen im Landkreis und in Rhein- land-Pfalz bei etwa 14 Prozent an. Setzt man die Alterskohorten der 40 - 59-Jährigen in Beziehung zur Anzahl der 80-Jährigen und älteren Menschen, so kann man den Indikator „Pflegepotential“ ermitteln. Dieser ist definiert als Anzahl der 40-jährigen bis unter 60-jährigen / Anzahl der 80-jährigen und Älteren.

Die folgende Tabelle enthält die errechneten Ergebnisse für den Indikator: „Pflegepotential“ für das Jahr 2007 (IST) und die Bevölkerungsprognose auf Kreisebene.

Tabelle 12: zu erwartendes Pflegepotential im Landkreis Trier-Saarburg Jahr Bevölkerung 40 - 60 Jahre Bevölkerung über 80 Pflegepotential

2007 44.740 6.716 7

2020 42.899 9.350 5

2030 36.980 9.674 4

2040 34.657 13.632 3

2050 31.405 17.955 2

Quelle: Statistisches Landesamt 2010, Büro für Sozialplanung Trier: eigene Berechnungen Im Jahr 2007 stehen ca. sieben Menschen der Altersgruppe 40 bis 60 Jahre einer Person der älteren Altersgruppe gegenüber. Damit stünden potenziell sieben Menschen zur Pflege eines älteren Menschen zur Verfügung. Bis zum Jahr 2050 wird sich das Verhältnis deutlich ver- schlechtern, so dass das Pflegepotential bis dahin auf zwei absinken wird.

Die im Rahmen des MORO errechneten Daten lassen sich wegen unterschiedlicher Altersko- horten hierfür nicht heranziehen. Doch in diesem überschaubaren Zeitraum werden bereits massive Veränderungen sichtbar. In der Verbandsgemeinde Ruwer verringert sich die Zahl der potenziell zur Pflege zur Verfügung stehenden Personen um 46 Prozent. Die geringste Verän-

72 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung derung tritt in der Verbandsgemeinde Saarburg auf, allerdings lag das Pflegepotential dort bereits 2007 vergleichsweise niedrig. In den übrigen Verbandsgemeinden liegt der Rückgang bei mindestens 25 Prozent.

Die Berechnung des Pflegepotentials beruht lediglich auf der Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung. Inwieweit jüngere Menschen tatsächlich Pflege und Betreuung übernehmen wollen und können, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Allerdings unterliegt die Pflegestruktur neben der demographischen Entwicklung weiteren Einflüssen: Familien- und Haushaltsstrukturen befinden sich im Wandel, der Anteil der Single- beziehungsweise Ein- Personen-Haushalte steigt, Berufstätige sehen sich mit steigenden Mobilitätsanforderungen konfrontiert, die Berufstätigkeit von Frauen nimmt zu, Kinder wohnen entfernt - dies dürfte dazu führen, dass zukünftig weniger Angehörige zur Pflege älterer Menschen zur Verfügung stehen. Insgesamt ergibt sich aufgrund der demographischen Entwicklung eine Zunahme um 989 Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern bzw. 29 Prozent. Davon entfallen 414 Fälle auf zusätzliche Empfängerinnen und Empfänger von Pflegegeld, den prozentual größten Zuwachs verzeichnet die Kurzzeitpflege mit 36 Prozent.

Tabelle 13: Zunahme an Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern nach Leistungsarten bis 2020 im Landkreis Trier- Saarburg Zunahme

Pflegeleistung absolut in %

Pflegegeld 414 24

Sach- und Geldleistungen 241 32

Stationäre Dauerpflege 311 33

Kurzzeitpflege 14 36

Tagespflege 9 34

Gesamt 989 29

Quelle: Büro für Sozialplanung Trier: eigene Berechnungen Was die Fachkräftesituation in der Region Trier-Saarburg, Bernkastel-Wittlich und Trier angeht, so weist das Branchenmonitoring Gesundheitsfachberufe Rheinland-Pfalz einen aktuell bereits bestehenden Fachkräftemangel in allen Pflegeberufen aus. Laut Branchenmonitoring fehlten 2010 bereits 243 Fachkräfte. Bis zum Jahr 2025 wird diese Lücke auf 863 Fachkräfte ansteigen.

8.1.3.7. Zukunftskonferenz Aach Im Rahmen der Pflegestrukturplanung im Landkreis Trier-Saarburg war von Beginn an daran gedacht, die örtliche Ebene der Gemeinden stärker einzubeziehen. Der Landkreis entschied sich, mit der Gemeinde Aach und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern eine Zukunftskonfe- renz durchzuführen. In der Gemeinde Aach sind seit vielen Jahren Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich tätig. An der Zukunftskonferenz nahmen schließlich über 30 Bürgerinnen und Bürger sowie mehr als zehn in der Pflege, Betreuung, Verwaltung und im Ehrenamt tätige Per- sonen teil. Die dort entwickelten konkreten Ziele und Maßnahmen, die in der Pflegestruktur- planung des Landkreises ausführlich dargestellt sind, führten zur Eröffnung des Dorfcafés im November 2011 sowie zur Gründung eines Bürgervereins mit aktuell rund 240 Mitgliedern.

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8.1.4. Situation in der notärztlichen Versorgung Der Rettungsdienst und die notärztliche Versorgung der Bevölkerung sind wichtige Aufgaben der Daseinfürsorge, die in Trier-Saarburg, wie in vielen anderen Kommunen, vom Landkreis übernommen werden. Der Landkreis Trier-Saarburg ist die zuständige Rettungsdienstbehörde auch für die benachbarten Landkreise im ehemaligen Regierungsbezirk Trier, also auch für die Landkreise Bitburg-Prüm, Daun und Wittlich sowie die kreisfreie Stadt Trier. Hierbei werden die rettungsdienstlichen Leistungen nach Beauftragung durch die Hilfsorganisationen – hier vorwiegend durch das Deutsche Rote Kreuz und zu einem kleinen Teil von der Berufsfeuer- wehr der Stadt Trier und dem Malteser Hilfsdienst – erbracht. Die Versorgung mit Notärzten ist vertraglich an die Krankenhäuser delegiert, die gegen eine Pauschalvergütung durch die Kostenträger Notärzte zur Verfügung stellen. Dies sind an den Standorten Trier das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier sowie das Ökumenische Ver- bundkrankenhaus Trier (Trier-Ehrang), am Standort Saarburg das Kreiskrankenhaus St. Franzis- kus gGmbH Saarburg und am Standort Hermeskeil das St. Josef-Krankenhaus Hermeskeil.

Rettungswachen mit einer bedarfsgerechten Ausstattung an Fahrzeugen und Personal befin- den sich in Hermeskeil, Konz, Saarburg, Schweich, Trier-Ehrang, Welschbillig und Zerf. Zusätzliche Hilfe kommt zudem noch aus der Luft. Vom Flugplatz Findel in Luxemburg-Stadt (Luxembourg Air Rescue 3) oder vom St-Elisabeth-Krankenhaus in Wittlich (ADAC Christoph 10) können bei Bedarf Rettungshubschrauber zum Einsatz kommen. Von der Rettungsleitstelle in Trier wird diese gesamte nicht polizeiliche Gefahrenabwehr koor- diniert. Es handelt sich um eine integrierte Leitstelle (ILS), was bedeutet, dass diese für alle nichtpolizeilichen Einsätze der Gefahrenabwehr zuständig ist. Die Leitstelle entsendet im Be- darfsfall sowohl Fahrzeuge für den Brandschutz, als auch den Rettungsdienst und Katastro- phenschutz (23 Rettungswachen, 11 Notarztwachen, 833 freiwillige Feuerwehren und die Be- rufsfeuerwehr Trier).

Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Bevölkerung und einer dabei stetig stei- genden Anzahl von Notrufen und Hilfeersuchen wird diese Gesamtaufgabe zu einer immer größeren Herausforderung. Die Entwicklung der Einsatzzahlen bestätigt diesen Trend:

Abbildung 23: Entwicklung der Einsatzzahlen im Rettungsdienst

Quelle: Ministerium für Inneres, Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz, 2013

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Die zuständigen Rettungsdienstbehörden haben gemeinsam mit dem zuständigen rheinland- pfälischen Ministerium für Inneres, Sport und Infrastruktur frühzeitig erkannt, dass es unter anderem aufgrund der demographischen Entwicklung zunehmend Probleme gibt diese flä- chendeckende notärztliche Versorgung rund um die Uhr aufrecht zu erhalten. Das DENIT (Deutsches Zentrum für Notfallmedizin und IT) beim Fraunhofer-Institut in Kaiserslautern wur- de beauftragt, die Zeiten, in denen einzelne Notarztstandorte nicht an der Notarztversorgung teilnehmen können, zu erfassen und statistisch auszuwerten. Für Zuständigkeitsbereich des Landkreises ergeben sich dabei für das Jahr 2012 folgende Ergebnisse:

Die Notarztstandorte in Hermeskeil, Trier-Ehrang und Saarburg mussten relativ häufig wegen fehlender Notärzte abgemeldet werden. Diese Situation hat sich auch im laufenden Jahr 2013 nur unwesentlich verändert. Während dieser Zeiten müssen die benachbarten Standorte aus- helfen, was zu längeren Wartezeiten auf einen Notarzt führen kann. Problematisch wird es besonders in den Zeiten, zu denen mehrere Standorte gleichzeitig nicht verfügbar waren (Ur- laubszeiten, Feiertage u. ä.). Hier wird die Kompensation durch die Hubschrauber und die be- nachbarten Standorte schwieriger, zumal die Hubschrauber nur tagsüber zur Verfügung ste- hen.

Es zeigen sich also insbesondere in den ländlichen Regionen zunehmend Probleme, ausrei- chend Notärzte für diese Versorgungen zu rekrutieren, was zahlreiche Gründe hat:

 Ein insgesamt steigender Bedarf an Ärzten, wobei die Lücken in ländlich strukturierten Regionen größer werden, da hier die Anreize für Ärzte sich niederzulassen oder in den Krankenhäusern der Kleinstädte zu arbeiten, geringer sind;  Unzureichende Vergütung (diese beiden erst genannten Gründe wurden in einer aktuellen Befragung der Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz am häufigsten von den Krankenhauslei- tungen/Chefärzten genannt);  Wenig Interesse an Notarzttätigkeit, weil z.B. wenig attraktiv für die weitere Karriere;  Altersbedingtes Ausscheiden ohne, dass jüngere Kollegen nachrücken;  Arbeitszeitliche Regelungen in den Krankenhäusern;  Höhere zeitliche Einsatzbelastung;  Zu hohe Anforderungen der Weiterbildungsordnung;  Unattraktivität der Standorte;  Zu wenig Weiterbildungsplätze an den kleinen Krankenhäusern;  Gestiegene fachliche Anforderungen.

Daneben lassen sich weitere Gründe aufführen, wie Ausscheiden von Ärzten nach dem Studi- um aus dem medizinischen Arbeitsfeld oder ins Ausland, andere Einsatzschwerpunkte der Krankenhäuser, die an der Versorgung teilnehmen (z.B. früher Akutkrankenhaus heute eher Geriatrie oder Rehabilitation).

62 Prozent der Standorte geben an, dass es ihnen schwer oder sehr schwer fällt Notärzte zu gewinnen, an 75 Prozent der Standorte hat sich der Aufwand der Rekrutierung in den letzten drei Jahren deutlich erhöht und 92 Prozent der Standorte sehen die Entwicklung als schwierig oder sehr schwierig an.

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Bei der Betrachtung dieser Ergebnisse muss man berücksichtigen, dass bereits zahlreiche An- strengungen unternommen wurden, die Versorgung zu verbessern oder zumindest aufrecht zu erhalten: Die Vergütung wurde an über 50 Prozent der Standorte bereits überdurchschnittlich erhöht, Studenten wurden durch Ausbildungsverträge mit Stipendien an die Krankenhäuser gebunden und Weiterbildungskosten werden in größerem Umfang als früher übernommen.

8.2. Handlungsstrategien Das Thema der flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung hat allenthalben und insbesondere im Rahmen der Erarbeitung der Regionalstrategie einen großen Stellenwert ein- genommen. Die Landkreise übernehmen in diesem Bereich seit jeher eine wichtige Rolle, unter anderem indem sie den Sicherstellungsauftrag für die stationäre medizinische Versorgung wahrnehmen. So ist auch der Landkreis Trier-Saarburg selbst mit einer kreiseigenen GmbH Träger eines Krankenhauses und übernimmt als solcher wie auch als Rettungsdienstbehörde eine hohe Verantwortung bei der Ausgestaltung der medizinischen Versorgung der Bevölke- rung. Auch der Deutsche Landkreistag sieht in der Unterstützung der Sicherstellung der flä- chendeckenden gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung, insbesonde- re durch Vernetzung und Koordinierung, eine der wesentlichen Zukunftsaufgaben kommunaler Selbstverwaltung auf Landkreisebene. Die für die Gesundheitsversorgung von morgen erfor- derlichen Vernetzungs-, Koordinations- und Integrationsleistungen können nur im Rahmen eines dezentralisierten Gesundheitswesens erbracht werden. Infolgedessen müssen Entschei- dungskompetenzen verstärkt in die Regionen und an die vor Ort Verantwortlichen verlagert werden. Vor diesem Hintergrund wächst den Landkreisen als Vertreter der überörtlichen kommunalen Daseinsvorsorge eine besondere Verantwortung zu. Der Bund hat dieses Prob- lem erkannt und will der sich bereits jetzt in manchen Regionen sehr deutlich abzeichnenden Unterversorgung durch Fachkräfte im medizinisch-pflegerischen Bereich durch zahlreiche Maßnahmen entgegenwirken. Hierzu zählen insbesondere: zielgerichtete Bedarfsplanung, Abbau von Bürokratie, leistungsgerechte Vergütung, gezielte Nachwuchsgewinnung, Ausbau der Anreize und Mobilitätshilfen bei der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten in unterver- sorgten Gebieten sowie Erweiterung der Delegationsmöglichkeiten ärztlicher und anderer Tätigkeiten zur Entlastung von Ärztinnen und Ärzten. Auch eine Reihe von Bundesländern – die letztlich zuständig sind für die gesundheitliche Versorgung und die Gesundheitspolitik – will durch vielfältige Maßnahmen und Anreize zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung beitra- gen. In Zeiten knapper Ressourcen, insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels, stehen aber verschiedene Regionen in Konkurrenz zueinander – in Rheinland-Pfalz so etwa die Moselregion (oder noch kleinräumiger die Region Trier) mit Rheinhessen (oder der Region Mainz).

Als Problem hat sich heraus gestellt, dass es im Gesundheitswesen in Deutschland (zu) viele Leistungssegmente mit unterschiedlichen Verantwortungsträgern gibt, die nur punktuell zu- sammenarbeiten. Hier ist eine in der Zukunft wichtige Aufgabe der Landkreise zu sehen, diese Akteure in ihrem Gebiet zusammenzuführen und auf eine verbesserte Zusammenarbeit hin- zuwirken.

Bei der Entwicklung von Handlungsstrategien bestehen im Rahmen der Regionalstrategie kei- nerlei Denkverbote. Die entsprechende Arbeitsgruppe hat es immer als ihre Aufgabe verstan- den, sinnvolle Lösungen unabhängig von der rechtlichen Situation aufzuzeigen und Hindernisse in der Umsetzung zu beschreiben. Von daher muss man beim strategischen Ansatz wie bei den Handlungsempfehlungen differenzieren zwischen Maßnahmen, die dringend geboten sind, aber nicht in die Zuständigkeit und den Gestaltungsspielraum kommunaler Entscheidungsträ- ger fallen und solchen, die vor Ort umgesetzt werden können. Zu ersteren zählen z.B. gesetzli- che Rahmenbedingungen oder Fragen der Vergütung medizinischer Leistungen. Kommunal-

76 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung und Landespolitiker können hier aber Einfluss auf die zuständigen Stellen nehmen, um erkenn- bar kontraproduktive Regelungen anzupassen. Letztere sind natürlich immer abhängig von den finanziellen Möglichkeiten und weiteren Rahmenbedingungen vor Ort.

Die medizinische Versorgung vor Ort betrifft nicht nur die Akteure des Gesundheitssystems und die Kommunalpolitik, sondern auch die Wirtschaft, denn eine gute medizinische Versor- gung ist – neben anderen Infrastruktureinrichtungen der Daseinsvorsorge wie etwa Kinder- betreuungseinrichtungen, Bildungsmöglichkeiten oder der Verkehrsinfrastruktur – auch ein Standortfaktor. Insofern ist die Einbeziehung möglichst vieler regionaler Akteure dringend erforderlich und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in der Region nur ein – wenn auch existentieller – Aspekt einer umfassenden regionalen Daseinsvorsorge und steht mit an- deren Aspekten in enger Wechselwirkung – etwa der Kinderbetreuung.

8.3. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der ambulanten medizinischen Versorgung Die nachfolgenden Maßnahmen und Empfehlungen beziehen nicht nur die originären Bereiche Gesundheit und Pflege mit ein, sondern zeigen auch die Querverbindungen zu den Quer- schnittsthemen und anderen Handlungsfeldern auf.

8.3.1. Folgeprojekt zur ärztlichen Versorgung im Hochwaldraum Die Projektregion des Kreises, in der das beantragte Projekt realisiert werden soll, ist ver- gleichsweise schlecht an das Oberzentrum Trier angeschlossen und besteht aus den Verband- gemeinden Hermeskeil und Kell am See im Hochwald sowie Saarburg mit dem Flusstal der Saar, dem zwischen Saar und Mosel gelegenen Saargau und Gemeinden an der Obermosel. In der Region werden in den nächsten acht Jahren 50 Prozent der dort niedergelassenen Hausärz- te in den Ruhestand gehen (siehe hierzu auch Kapitel 8.1.1.2). Beide Krankenhäuser (in Her- meskeil und in Saarburg) haben bereits jetzt Probleme, frei werdende Arztstellen zu besetzen, besonders brisant ist die Situation dabei in Hermeskeil. Zur Sicherstellung der wohnortnahen medizinischen Grundversorgung einer alternden Bevölkerung soll deshalb im Rahmen des Pro- jektes ein neues Versorgungsmodell entwickelt und umgesetzt werden. Dazu sollen die beiden Krankenhäuser in der Region Hochwald-Saar sowohl in der Versorgung der Patienten als auch der Weiterbildung der Ärzte eng kooperieren und durch die Übernahme freiwerdender Arztsit- ze – sofern sich kein Nachfolger für eine niedergelassene Tätigkeit findet, wovon leider auszu- gehen ist – und Bündelung in MVZ in den Unterzentren der Region auch in der ambulanten Versorgung Aufgaben übernehmen. Am Krankenhaus angestellte Ärzte können dann sowohl in der ambulanten wie auch stationären Versorgung arbeiten. Bereits existente oder zu etablie- rende Ärztenetze und in der Region noch praktizierende Ärzte sollen in dieses regionale Ver- sorgungsnetzwerk ebenfalls einbezogen werden. Niedergelassene Ärzte sollen in verstärktem Maße auch als Belegärzte in den Krankenhäusern tätig werden können. Dabei ist das Versor- gungsangebot stärker in Richtung der geriatrischen Versorgung zu entwickeln. Sozialstationen und Pflegedienste in der Region sollen enger mit den Ärzten dieses Netzes kooperieren und für ein kontinuierliches Monitoring pflegebedürftiger Patienten sorgen und sehr kurzfristige Rückmeldungen an die zuständigen Ärzte weiterleiten, wofür spezielle Schulungen des Perso- nals vorgesehen sind. An den MVZ soll zudem speziell geschultes Pflegepersonal angestellt werden, das Ärzte bei delegationsfähigen Leistungen sowohl in der Praxis als auch bei Hausbe- suchen entlastet. Die Vernetzung der beteiligten Ärzte, MVZ und Krankenhäuser soll EDV- gestützt durch eine regionale sektor- und fachübergreifende elektronische Fallakte erfolgen. Im Hinblick auf die steigende Zahl von älteren und weniger mobilen Patienten und dem nur unzureichenden ÖPNV in der Region soll ein Hol- und Bringdienst etabliert werden, der zum

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einen ehrenamtlich organisiert werden soll. Daneben sollen hier aber auch freiwillige Helfer im Rahmen eines FSJ oder Bundesfreiwilligendienstes eingesetzt werden.

8.3.2. ÖPV und ÖPNV Die Region Trier liegt im Herzen Europas, aber am Rande Deutschlands in einer Grenzregion und ist verkehrstechnisch überregional schlecht angebunden und regional schlecht vernetzt. Alle befragten Gruppen aus der Region – Studenten, Ärzte, Bevölkerung – bewerten die Ver- kehrsinfrastruktur als schlecht. Hier sind Verbesserungen zwingend geboten, wenn die Region nicht im Wortsinn den Anschluss verpassen soll! Das Problem wurde an anderer Stelle dieser Strategie bereits thematisiert (siehe hierzu auch Kapitel 5).

8.3.3. Maßnahmen zur Anreizsteigerung der Niederlassung von Ärzten im Landkreis Trier- Saarburg Kinderbetreuung Der Landkreis Trier-Saarburg ist im Bereich der Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten und Tagespflege bundesweit mit an der Spitze. Das Prognos-Institut bescheinigte dem Land- kreis noch im Jahr 2012 den bundesweit zweiten Platz bei der Ausbaugeschwindigkeit der Kin- dertagesstätten und sämtliche Vorgaben von Land und Bund können im Landkreis Trier- Saarburg erfüllt werden. Gleichwohl wird mitunter deutlich, dass für bestimmte Berufsgruppen die vorhandenen Betreuungsmöglichkeiten, insbesondere in den Tagesrandlagen, noch nicht ausreichend sind. Dies scheint auch für Ärztinnen und Ärzte zuzutreffen, die im Schichtdienst arbeiten oder längere Arbeitszeiten haben. Problematisch ist zudem vielfach die Betreuung von Schulkindern – innerhalb und außerhalb der Ferien. Das Betreuungsangebot muss noch weiter verbessert werden, wenn man junge Ärztinnen und Ärzte, Akademiker ganz generell und auch junge Arbeitnehmer anderer medizinischer Berufe in die Region holen und hier halten will. Angehende Ärzte und junge Akademiker insgesamt wollen Kinder haben und legen zugleich sehr großen Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Weg des Landkreises, neben der gut ausgebauten Infrastruktur passgenaue Lösungen in den Kindertagesstätten vor Ort und mit der Kindertagesspflege zu suchen, muss unbedingt weiter beschritten werden. Hierbei muss dringend Ausbau der Kindertagesspflege als flexible Betreuungsmöglichkeit in Tagesrandlage auch in Zukunft weiter verfolgt werden.

Regionalmarketing Es gibt bereits eine Fülle von Ratgebern und Wegweisern für die Region, exemplarisch genannt sei hier der Familienwegweiser für den Kreis Trier-Saarburg. Das Problem besteht weniger darin, dass für die Region keine Informationen verfügbar sind, als vielmehr in deren Zugäng- lichkeit. Es fehlt eine zentrale Plattform und Anlaufstelle, die Informationen zu allen relevanten Fragen des Lebens und Arbeitens in der Region vorhält oder schnell vermitteln kann, wobei eine enge Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kreis sehr zu empfehlen ist. Neben einer ent- sprechenden Internetseite sollte es hier auch kompetente Ansprechpartner geben, die man im Zweifelsfall persönlich kontaktieren kann.

Einkommen und Bürokratie Die durchschnittlichen Einkommenserwartungen der künftigen Ärzte bewegen sich – gerade auch im Vergleich mit den Einkommen anderer Akademiker – in einem moderaten Rahmen. Einer der Hauptgründe für Medizinstudenten, die gegen eine Niederlassung sprechen, sind die damit verbundenen finanziellen Risiken und ein für die Tätigkeit unangemessenes Honorar.

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Hilfreich für angehende Ärzte wäre aber in der Tat eine größere Transparenz über Verdienst- möglichkeiten und zu erzielende Nettoeinkommen. Neben dem finanziellen Risiko und dem als problematisch wahrgenommenen Einkommen stellt die aus Sicht der künftigen wie auch der jetzt tätigen Ärzte der über die Jahre angestie- gene Bürokratismus ein massives Hemmnis für eine Niederlassung dar. Befürchtet oder beklagt werden umfangreiche Dokumentationspflichten und medizinfremde Tätigkeiten sowie dro- hende Regressforderungen. Das Versorgungsstrukturgesetz geht in die richtige Richtung: Gerade auf dem Land ist die Ab- staffelung des ärztlichen Honorars bei stetig wachsenden Scheinzahlen und der zunehmenden Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Problemen, die eigentlich von Fachärzten zu behandeln wären – und deshalb vielfach auch die Arzneimittelbudgets von Landarztpraxen stark belasten – inakzeptabel. Dies gilt auch und generell für Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regresse. Wirklich überra- schend war der Umstand, dass dieses Problem bereits sehr viele Medizinstudierende – und zwar unabhängig davon, ob diese aus Arztfamilien stammen oder nicht – vor einer Niederlas- sung zurückschrecken lässt und zu den Top 4 der Gründe gegen eine Niederlassung zählt. Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf der Basis von Richtgrößen sind in der jetzigen Form als Steue- rungsinstrumente ungeeignet und in ihrer sehr spezifischen Logik weder Patienten noch Ärzten vermittelbar. Für die künftige Sicherstellung der ambulanten Versorgung stellen sie einen der größten Fehlanreize dar. Ihre Abschaffung ist empfehlenswert.

Lebens- und Arbeitsorte Das Ausland ist durchaus beliebt, aber Deutschland stellt nach wie vor die erste Option dar, hier bieten sich mithin Chancen für die Rekrutierung künftiger Ärztinnen und Ärzte, die zu nut- zen sind. Allerdings erfreuen sich verschiedene Regionen innerhalb Deutschlands einer sehr unterschiedlichen Beliebtheit – und generell sind ländliche Regionen als Lebens- und Ar- beitsorte weniger beliebt. Gleichwohl gibt es auch für diese Regionen ein Potential an Arbeits- kräften. Es gibt angehende Ärztinnen und Ärzte, die aufs Land gingen und dies sogar gern tä- ten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Erfolgversprechend ist dabei insbesondere die Strategie der Rekrutierung von Landeskindern, denn es gibt einen eindeutigen Trend zur hei- matnahen Ausbildung und zu einer heimatnahen Beschäftigung. Anders formuliert: Für eine Tätigkeit in einem ländlichen Kontext kann man am ehesten junge Ärztinnen und Ärzte moti- vieren, die auf dem Land groß geworden sind. Die Chancen, großstädtisch sozialisierte Ärztin- nen und Ärzte auf das Land zu locken, sind eher gering. Zur Vermeidung von Streuverlusten empfiehlt sich deshalb eine sehr gezielte Ansprache ausgewählter Gruppen.

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Arbeit und Freizeit Für angehende Ärztinnen und Ärzte haben Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ausrei- chend Freizeit einen hohen Stellenwert. Teilzeittätigkeiten sind insbesondere bei künftigen Ärztinnen sehr beliebt und generell ist die Bereitschaft zu einer 60-Stunden-Woche (oder noch längeren Arbeitszeiten) nicht sehr ausgeprägt. Dieser Aspekt des Verhältnisses von Arbeits- und Freizeit ist ein Hemmnis, insbesondere für die Tätigkeit in einem Krankenhaus. Beklagt werden die teilweise sehr langen Dienstzeiten aber auch mit Blick auf die Versorgungsqualität und Verantwortung, die Ärztinnen und Ärzte gegenüber Patienten haben – und in der Tat ist die Frage ja durchaus nicht unberechtigt, wie man sich nach einem 24-Stunden-Dienst noch konzentrieren soll und warum es für LKW-Fahrer gesetzlich festgelegte Lenkzeiten gibt, wäh- rend Ärztinnen Ärzte in Krankenhäusern teilweise sehr viel längere Dienstzeiten haben. Zu- mindest die Krankenhäuser in strukturschwachen oder weniger attraktiven Regionen werden in Zukunft über andere Arbeitszeitmodelle nachdenken müssen, um ihre freien Stellen adäquat besetzen zu können.

Imageprobleme der Hausärztlichen Tätigkeit Die hausärztliche Tätigkeit hat ganz offenkundig ein massives Imageproblem. Die Tätigkeit gilt als wenig anspruchsvoll und abwechslungsreich, man fürchtet, nur ältere Patientinnen und Patienten mit einem eingeschränkten und überschaubaren Krankheitsspektrum zu behandeln, während die interessanten Fälle von Fachärzten und Krankenhäusern therapiert werden. Man fürchtet auch eine fachliche Isolierung. Zudem scheinen viele jüngere Mediziner aus durchaus nachvollziehbaren Gründen die alleinige Verantwortung für Patienten mit einer gewissen Sor- ge zu betrachten. Ein fachlicher Austausch mit Kollegen – wie auch immer organisiert und insti- tutionalisiert – trägt hier wesentlich zum Abbau von Unsicherheiten bei. Hier sollte in Kooperation mit den Universitäten und später auch den Kliniken und Hausarzt- praxen vor Ort bereits im Studium und in der Facharztausbildung gegengesteuert werden. Modellstudiengänge wie z.B. in Greifswald, die die wohnortnahe, hausärztliche Versorgung zum Inhalt haben sind sehr vielversprechende Ansätze, nur ist deren Reichweite leider noch sehr begrenzt. Hier wird zu überlegen sein, wie an allen Fakultäten das Ansehen der hausärztli- chen Tätigkeit durch sachgerechte Information verbessert und das Interesse an dieser Speziali- sierung gesteigert werden kann.

Nachwuchswerbung und -bindung Durch die Abschaffung der Wehrpflicht und den damit verbundenen Wegfall des Zivildienstes fällt ein wichtiger Einstieg in das Medizinstudium (und in andere medizinische Berufe) weg. Die Hälfte der befragten Medizinstudenten hat bereits vor dem Studium praktische Erfahrungen im medizinischen Bereich gesammelt – z.B. im Zivildienst, einem FSJ oder dem Sanitätsdienst. Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für beide Geschlechter ist mit Blick auf die sich abzeichnenden Probleme im Sozialsystem, aber auch mit der Perspektive der Rekrutierung von Personal für medizinische, pflegerische oder andere soziale Aufgaben sehr ernsthaft zu prüfen. Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit der Diskussion über die Folgen des demogra- phischen Wandels, die steigende Lebenserwartung und die damit verbundenen Überlegungen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Zudem sollte eine stärkere Werbung für medizinische und pflegerische Berufe in der Sekundar- stufe 2 in den Schulen der Region erfolgen. Zu empfehlen sind zudem Hilfen für Famulanten, Medizinstudenten/innen im Praktischen Jahr und Assistenzärzte, die auch dazu dienen, die Region bekannt und attraktiv zu machen. Zur Bindung dieser Gruppe an die Region gibt es un- terschiedliche Anreize wie Aufwandsentschädigungen, kostenfreie Mahlzeiten, Gutscheine, kostenloser Wohnraum etc. Hier muss ein Anreizsystem entwickelt werden, das auf die Le-

80 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung benswelten der Studierenden bezogen ist (z.B. auch die Erlebnisorientierung) und zugleich auf die Region passt (Stichwort Regionalmarketing). Die Befragung der niedergelassenen Ärzte hat gezeigt, dass viele in der Region niedergelassene Ärzte ihre Facharztausbildung in einem der Krankenhäuser der Region absolviert haben. Auch die Medizinstudenten lassen eine starke Neigung zu einer späteren Tätigkeit in einer ihnen schon bekannten Region erkennen. Dies beinhaltet auch eine Chance für Krankenhäuser im ländlichen Bereich. Durch das Angebot einer adäquaten Weiterbildung im Fach Allgemeinme- dizin, mit einem zeitgerechten Wechsel zwischen den entsprechenden Fachabteilungen und einer gelebten Wertschätzung von in der Weiterbildung befindlichen Kolleginnen und Kolle- gen, eventuell auch mit einer gezielten Werbung für diesen Bereich, können die Krankenhäu- ser zum einen ihren eigenen Bedarf an Ärztinnen und Ärzten decken, zum anderen aber auch eine Bindung von zukünftig niedergelassenen Ärzten an ihr Haus erreichen, die zu einer beson- ders vertrauensvollen Zusammenarbeit, der Verbesserung des Informationsflusses ohne Be- handlungsabbrüche und letztendlich auch zu einer besseren Zuweisung für stationäre Behand- lungen an diese Krankenhäuser führen wird. Als Nebenprodukt besteht zumindest die Chance, dass einige Ärzte sich doch für die Laufbahn eines Krankenhausarztes entscheiden. Hierzu soll- ten Krankenhäuser in der Region – soweit noch nicht geschehen – bei der Weiterbildung stär- ker kooperieren, um eine vollständige Weiterbildung sicherzustellen. Gerade für die kleineren Häuser ist dies sehr zu empfehlen.

8.3.4. Bedarfsplanung Um die Bedarfsplanung mit beeinflussen zu können, muss bundesgesetzlich sichergestellt wer- den, dass die kommunale Ebene mit hinreichenden Mitwirkungsbefugnissen in den Landesaus- schüssen der Ärzte und Krankenkassen vertreten ist.

8.3.5. Strukturreform in der medizinischen Versorgung Aus den Untersuchungen und Analysen des Versorgungsberichts 2012 ergibt sich eine klare Präferenz gerade der Frauen für eine angestellte Tätigkeit im ambulanten Sektor, gerne auch für eine sektorübergreifende angestellte Tätigkeit. Dabei sind die Faktoren der geregelten Ar- beitszeit und des Austauschs mit Kollegen entscheidend. Das bedeutet, dass die Organisation der bisherigen ambulanten und stationären Versorgung mit ihrer sehr klaren sektoralen Tren- nung und der quantitativen Dominanz der Einzelpraxis im niedergelassenen Bereich faktisch kaum zu halten sein wird. Dabei ist dringend zu empfehlen, diesen Prozess nicht ungesteuert ablaufen zu lassen, sondern zu gestalten, wobei auf regionaler Ebene ja bereits vielfältige Strukturinnovationen zu beobachten sind. Für den niedergelassenen Bereich sind hier insbe- sondere MVZ, Ärztenetze als gleichsam dezentrale MVZ, überörtliche Berufsausübungs- gemeinschaften (BG) und Filialpraxen zu nennen, die grundsätzlich alle Merkmale aufweisen, die diese als Arbeitsmöglichkeiten für künftige Ärzte und vor allem Ärztinnen sehr attraktiv machen. MVZ scheinen bei den Patienten in der Region bislang zwar nicht übermäßig beliebt, würden aber akzeptiert, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Für Patienten bieten solche MVZ, ebenso wie die bereits bestehenden (Fach-)Ärztehäuser, grundsätzlich den Vorteil sehr kurzer Wege und Zeitersparnis, wenn Untersuchungen bei Ärzten verschiedener Fachrichtun- gen notwendig sind. (Große) MVZ / (Fach-)Ärztehäuser bieten auch die Option zur Überwin- dung bestehender Sektorengrenzen und könnten in Mittelzentren ohne Krankenhaus auch die Funktion einer Portalklinik übernehmen. Es kommt dabei natürlich immer auf die jeweilige institutionelle und vertragliche Gestaltung vor Ort und weitere regionale Rahmenbedingungen an. Dabei sind nicht nur die KV, die Krankenhäuser und andere ärztliche Organisationen gefor-

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dert, sondern auch und gerade die Krankenkassen sowie die Kommunen und Gebietskörper- schaften und die Gesetzgeber von Bund und Ländern. Seit Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes besteht für Ärzte die Möglichkeit, sog. Filialpraxen zu eröffnen. Inhaber einer Vertragsarztpraxis können weitere Vertragsarztsit- ze kaufen (oder übernehmen) und Filialen auch in anderen KV-Bereichen oder in einem Kran- kenhaus gründen, und dort auch Ärzte anstellen. Filialpraxen müssen von der jeweils zuständi- gen KV genehmigt werden. Allgemeine Voraussetzung für die Zulassung ist, dass sich die Ver- sorgung der Versicherten am ursprünglichen Praxissitz nicht verschlechtert und sich die Ver- sorgung der Patienten am neuen Standort verbessert. Dazu hat die KV Sachsen-Anhalt (KVSA) ein interessantes Modell entwickelt. In Filialpraxen behandeln Hausärzte und, entsprechend dem Versorgungsbedarf, Fachärzte in Trägerschaft der KVSA Patienten. Die Sprechstunden werden nach einem Dienstplan im Wechsel durch niedergelassene Ärzte der Region, aber auch durch Ärzte im Ruhestand und aus anderen Bereichen (stationär und Reha) besetzt. Ein Ver- netztes Versorgungszentrum (VVZ), das bei der KVSA angesiedelt ist, nimmt die Management- aufgaben der Filialpraxen wahr. Die Filialpraxen werden als Eigeneinrichtung der KVSA betrie- ben. In einer Filialpraxis können junge Ärzte direkt nach ihrer Weiterbildung durch die Tätigkeit in einer Praxis (geführt durch die KVSA, mit gutem Personal und erfahrenen Kollegen in Koope- ration) Erfahrungen ohne Investitionsrisiko sammeln. Organisatorische Aufgaben werden dem Arzt durch die Filialpraxis-Assistentinnen und das VVZ bei der KVSA so weit als möglich abge- nommen. Filialpraxen können auch von überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften (BG) getragen werden. BG sind sozusagen dezentrale Gemeinschaftspraxen, in denen Ärzte der gleichen Fachrichtung (im Regelfall hausärztlich tätige Allgemeinmediziner) ein größeres Ge- biet versorgen, ihre Praxen in einem Ärztenetz organisieren und elektronisch vernetzen. Ärzte in einer solchen BG können sich gegenseitig vertreten und Notdienste organisieren, was für Patienten den Vorteil hat, dass zumindest ihre Krankengeschichte und ihre Behandlungsdaten in allen beteiligten Praxen verfügbar sind und sie nicht sozusagen völlig fremd in der Vertre- tungs- oder Notfallpraxis sind. Auch die BG bietet Möglichkeiten für eine (zunächst) angestellte Tätigkeit. Die hier beschriebenen unterschiedlichen Ansätze und Organisationsformen sollen im Rahmen des MORO-Folgeprojekts im Hochwald mit den Akteuren besprochen und ihre Umsetzung geprüft werden.

8.3.6. Unterstützung bei der Niederlassung In der Phase der Übernahme bzw. der Gründung einer Praxis oder dem Einstieg in ein Ärzte- netz, eine BG oder ein MVZ als freiberuflicher Arzt sind die wichtigsten Themen die Planbarkeit und die mit der Entscheidung verbundenen finanziellen Risiken. Sicherheit und Risikominimie- rung sind die zentralen Aspekte, auf die die Unterstützung und Begleitung bzw. die Anreizsys- teme hin ausgerichtet werden müssen. Die wichtigsten Akteure dabei sind bislang die KV, die Gebietskörperschaften sowie die Ärzte selbst. Für ansiedlungsbereite Ärzte gibt es zum einen Beratungsleistungen, die durch die KV sowie andere Anbieter wie Berufs- und Fachverbände oder auch Makler angeboten werden, z.B. Auswahl einer Arztpraxis, Businessplan, Buchfüh- rung, Vertragsverhandlungen etc. Zum anderen gibt es Starthilfen wie etwa Investitionshilfen, günstige Kredite, Finanzierung der Praxisausstattung oder mietfreie Überlassung von Räum- lichkeiten. Auch das Land Rheinland-Pfalz hat eine Richtlinie zur Förderung der hausärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen verabschiedet, in deren Rahmen Ärzte bei der Niederlas- sung oder Errichtung einer Zweigpraxis finanziell gefördert werden können. Aus der Ansied- lungspolitik der Wirtschaftsförderungspolitik ist bekannt, dass es wichtig ist, dass Unterneh- men einen Lotsen haben, der sie durch die Möglichkeiten der Förderwege und Unterstützungs- leistungen begleitet. Somit geht es hier auch um neue Modelle für die Organisation eines Un- terstützungsprozesses durch die Akteure KV und Gebietskörperschaften. Daneben ist es wich-

82 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung tig, neue und alternative Modelle der Beschäftigung und Anstellung zu entwickeln. Denkbar ist beispielsweise, dass im Zuge der Gründung von Filialpraxen Allgemeinärzte angestellt werden (Risikominderung) oder dass die KV oder die Kommune einen Arzt anstellen und somit Über- gangsmodelle oder auch dauerhafte Lösungen schaffen. Ziel ist es, Beschäftigungsmodelle zu entwickeln, die auf die Aspekte Planbarkeit und Risiko- minderung hin ausgelegt sind. Weitere Maßnahmen können sein: zinsverbilligte oder zinsfreie Darlehen oder auch Investitionshilfen wie in Hessen oder Bayern, die verbilligte oder kostenlo- se Bereitstellung von Räumen, die Unterstützung bei der Ansiedlung der Arztfamilie (Lotsen- funktion z.B. bei der Wohnungssuche etc.) und eine Gründungs- und begleitende Rechtsbera- tung.

8.3.7. Der berufliche Ausstieg In der Lebensphase des beruflichen Ausstiegs bzw. der Übergabe der Praxis steht die Nachfol- geregelung im Vordergrund. Dies betrifft finanzielle Aspekte ebenso wie die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Die entscheidenden Akteure sind die Ärzte selbst, die KV, die bei- spielsweise Praxisbewertungen vornimmt, sowie die Akteure der Gebietskörperschaften. In diesem Modul sind das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und die Nachfolgesuche als Unter- stützungsprozess zu gestalten, die ähnlich wie die Gründungsphase eines Lotsen bedürfen, wobei den ausscheidenden Ärzten die notwendigen Kenntnisse vermittelt werden. Dabei geht es nicht nur um das Verkaufen und die Suche nach einem Nachfolger, sondern auch um die Frage, ob statt der Fortführung der Einzelpraxis auch andere Modelle der Praxisorgani- sation möglich sind und die Praxis in eine andere Versorgungsform überführt werden kann. Denkbar ist auch, dass die ausscheidenden Ärzte den Nachfolgern eine gewisse Zeit als Mento- ren zur Verfügung stehen. Mit Blick auf den anstehenden Generationswechsel, aber auch als Signal an die jetzt noch – perspektivisch, weil jünger – länger in der Region ansässigen Ärzte, sollten flankierende Maßnahmen für den beruflichen Ausstieg schnell auf den Weg gebracht werden.

8.3.8. Wohnortnahe medizinische Versorgung Trotz aller diskutierten Maßnahmen werden sich vermutlich nicht alle bisherigen Praxisstand- orte in der hausärztlichen Versorgung halten lassen. Filialpraxen mit einer Basisausstattung und einer nur zeitweisen Präsenz von Ärzten in der Woche sind hier ein denkbares Modell. Über die damit verbundenen finanziellen Belastungen und die Frage der Trägerschaft ist zu diskutieren. Zu diskutieren wäre aber auch, ob der Öffentliche Gesundheitsdienst solche Pra- xen betreiben kann. Eine Alternative sind mobile Ärzte mit entsprechend ausgestatteten Un- tersuchungsmobilen.

Generell zu empfehlen ist der Ausbau telemedizinischer Angebote, eine bessere sektorüber- greifende elektronische Vernetzung von Leistungsanbietern und die flächendeckende Einfüh- rung einer sektorübergreifenden elektronischen Patientenakte. Gerade bei engen Ressourcen dürfen an den Schnittstellen der unterschiedlichen Versorgungsformen keine Informationsab- risse entstehen, hier ist bei Berücksichtigung des Patientenwillens und des Datenschutzes eine bessere Vernetzung der Akteure im medizinischen und pflegerischen Bereich erforderlich.

Dies gilt sowohl für die ambulante und stationäre medizinische und pflegerische als auch für die pharmazeutische Versorgung. Die Erkenntnisse der Pharmazie hinsichtlich unerwünschter Wechsel- und Nebenwirkungen von Arzneimitteln (PRISCUS-Liste) müssen durch Einbindung der Apotheken in ein vernetztes Informationssystem in die Patientenversorgung einfließen, wobei auch die Arzneimittel der Selbstmedikation erfasst werden müssen, dies dient nicht nur

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der Patientensicherheit, sondern reduziert auch Kosten für medizinische ambulante und stati- onäre Behandlungen von Symptomen und Erkrankungen, die durch nicht erkannte Wechsel- oder Nebenwirkungen von Arzneimitteln in nicht unerheblichem Maße entstehen. Auch dies setzt personelle Ressourcen für die Beseitigung von Versorgungsengpässen im medizinischen und pflegerischen Sektor frei.

8.4. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der stationären medizinischen Versorgung 8.4.1. Zusammenführung von Leistungen im ambulanten und stationären Sektor Wie in Kapitel 8.3 (Strukturreform in der medizinischen Versorgung) schon angesprochen, steckt sehr viel Optimierungspotential in einer deutlich stärkeren Zusammenführung und Zu- sammenarbeit von ambulantem und stationärem Sektor. Künftige Ärzte – dies haben alle ver- fügbaren Studien zu den Berufserwartungen des medizinischen Nachwuchses gezeigt – wollen zwar mit sehr großer Mehrheit in der Akutversorgung arbeiten, aber eben nicht mehr unbe- dingt entsprechend des klassischen Ausbildungs- und Karrierewegs (Facharztausbildung aus- schließlich in der Klinik, danach entweder eine Karriere als angestellter Facharzt in der statio- nären Versorgung oder Niederlassung in eigener Praxis), sondern in sektorübergreifender Form. Beliebt sind Arbeits- und Beschäftigungsmodelle, die eine angestellte Tätigkeit mit gere- gelten Arbeitszeiten vorsehen und bei denen man auch problemlos zwischen stationärer und ambulanter Versorgung wechseln kann. Krankenhäuser mit Belegbetten und Belegärzten bie- ten dies bereits jetzt, greifen dabei aber auf niedergelassene Ärzte zurück, die auch in der Kli- nik tätig sein können und dort ihre Patienten versorgen. Für künftige Ärzte scheint aber der umgekehrte Fall attraktiver zu sein: Im Krankenhaus (oder einer anderen Trägerorganisation) fest angestellte Ärzte behandeln Patienten stationär und werden zeitweise auch in der ambu- lanten Versorgung eingesetzt. Für die vor- und nachstationäre Behandlung könnte dies bei entsprechender Organisation und Dokumentation insofern von Vorteil sein, als Patientendaten in einer Institution zusammengeführt werden und im Idealfall die gesamte Behandlung in einer Hand bleibt bzw. von einem überschaubaren Team von Ärzten bleibt, die sich selbst unterein- ander als auch die Patienten gut kennen.

8.4.2. Krankenhausfinanzierung Grund- und Regelversorgungskrankenhäuser des Ländlichen Raums müssen in die Lage ver- setzt werden, ihren Daseinsvorsorgeauftrag zu erfüllen und die medizinische Versorgung der betreffenden Räume dauerhaft sicherzustellen. Dem dient es beispielsweise, wenn Leistungen der Grundversorgung im DRG-Fallpauschalensystem aufgewertet werden und hierdurch die höheren Vorhaltekosten für die notfallmedizinische Akutversorgung im ländlichen Raum refi- nanziert werden oder wenn das Instrument der Sicherstellungszuschläge dadurch gestärkt wird, dass keine Anrechnung auf den Landesbasisfallwert erfolgt.

8.5. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der pflegerischen Versorgung 8.5.1. Ressortübergreifende Kommunikation und Information optimieren Die Gestaltung von Strukturen im Sozialbereich bedeutet mehr als die Bereitstellung von Diensten und Einrichtungen. Als moderne Verwaltung muss vielmehr auch die Kreisverwaltung dafür Sorge tragen, dass Kommunikation und Information innerhalb des Hauses optimiert wird. Hierzu ist die Umsetzung der Leitstelle Familie ein erster, wichtiger Schritt. Daneben sind jedoch weitere Fachämter je nach Bedarf mit einzubeziehen, wie die Wirtschaftsförderung, das Referat Straßenverkehr/ÖPNV oder die Bauabteilung.

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8.5.2. Kooperationen und Vernetzung mit und im Altenpflegesektor stärken Die Regionale Pflegekonferenz des Landkreises stellt ein Instrument zur Vernetzung und zum Informationsaustausch zwischen den in der Pflege und Betreuung tätigen Ehrenamtlichen und den professionellen Organisationen dar. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwick- lungen kommt diesem Gremium auch weiterhin eine erfahrungsbasierte, wegweisende Rolle zu. Der Landkreis wird künftig Themen der Daseinsvorsorge mit Relevanz für die pflegerische Versorgung in der Pflegekonferenz, aber auch in andere Gremien, beispielsweise den Dienst- besprechungen der Bürgermeister und Ortsbürgermeister zur Diskussion stellen und Entwick- lungen anregen. Zu diesen Themen wird die Fachkräftesicherung im Pflegebereich zählen. Hier besteht ein be- sonderer Handlungsbedarf, weil sich die aktuell bestehende Fachkräftelücke bis 2025 auf 346 Fachkräfte in der regionalen Altenpflege verdreifachen wird. Ein weiteres Thema von wachsender Brisanz ist die integrative Versorgung dementiell erkrank- ter Menschen. Ansätze zur Verbesserung der familiären Versorgungssituation werden ebenso zur Debatte stehen müssen wie alternative Wohn- und Versorgungsformen, beispielsweise die dorfübergreifende Pflege-Wohngruppe für Demenzkranke. In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage, welche Rolle das informelle Pflegepotential - der Anteil der 40 bis 59-Jährigen im Verhältnis zu den 80-Jährigen und älteren Menschen - künftig übernehmen kann.

8.5.3. Datenreport fortschreiben - Datenmonitoring einführen Die Fortschreibung des Datenreports kann auf der Grundlage der regelmäßig alle zwei Jahre erhobenen Daten des Statistischen Landesamtes und Bundesamtes zur Pflegestatistik als Ba- sisquelle erfolgen. In größeren Zeitabständen sollten parallel hierzu jedoch weitere Erhebun- gen angestellt werden, da für eine wohnortnahe Strukturentwicklung zusätzliche Daten heran- gezogen werden müssen. Hier sollten frühzeitig betroffene Personengruppen in die Planung von Erhebungen mit einbezogen und so terminiert werden, dass diese parallel zu den Erhe- bungen der amtlichen Behörden erfolgen. So kann bei Diensten und Einrichtungen ein hoher zusätzlicher Zeitaufwand vermieden werden.

8.5.4. Gemeinden stärken - Ambulante Strukturen entwickeln Die steigende Zahl älterer Menschen bei gleichzeitig sinkender Zahl an jüngeren Menschen im erwerbsfähigen Alter und das damit einhergehende Risiko einer Versorgungslücke stellen den Landkreis Trier-Saarburg wie alle Kommunen vor große Herausforderungen. Der beschrittene Weg zum strukturellen Ausbau des Welfare-Mix, zur Stärkung von Nachbarschaftshilfen und ehrenamtlichem Einsatz, zur Unterstützung pflegender Angehörigen, zum Ausbau der Tages- pflege, und nicht zuletzt zu neuen Wohnformen im Alter müssen deswegen unbedingt weiter beschritten werden.

Gerade im Bereich der Pflege muss stationäre Versorgung durch den Ausbau gemeindenaher ambulanter Strukturen begleitet werden, um alten und pflegebedürftigen Bewohner/innen das Leben im gewohnten Umfeld ihrer Gemeinde zu ermöglichen. Für weitere Plätze in stationären Pflegeeinrichtungen, die sich an den herkömmlichen Konzepten orientieren, besteht kein Be- darf, wohl aber an neuen Konzepten. Stationäre Pflegeeinrichtungen werden sich konsequent nach außen in die Gemeinde öffnen müssen, wenn sie qualitativ überzeugen und Bestand ha- ben wollen. Bürgerengagement im Pflegesektor fördern In verschiedenen Ortsgemeinden haben sich – ob im Zusammenhang mit der Regionalstrategie Daseinsvorsorge oder nicht – viele Bürgerinnen und Bürger „auf den Weg gemacht“. Es gilt, diese in ihren Aktivitäten zu unterstützen und die in Angriff genommenen Projekte und Maß- nahmen umzusetzen. Das Konzept für die Umsetzung von Familienzentren muss hierbei eine

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wesentliche Rolle spielen, gerade weil hierdurch Leistungen der hauswirtschaftlichen Versor- gung, die von professionellen Pflegediensten oft nicht mehr wirtschaftlich erbracht werden können, teilweise ersetzt werden können. Einige Bürgerinnen und Bürger haben bereits Erfahrungen mit der Moderation von Gruppen- prozessen gesammelt. In diesem Zusammenhang ist die Schulung zur Moderation von Gruppen zu empfehlen, von denen interessierte Bürgerinnen und Bürger aus Dorfgemeinschaften für eine effektive Gruppenarbeit in der Dorfentwicklung profitieren. Ihre Schulung kann für die Gruppenarbeit in der Dorfentwicklung, vor allem in Krisensituationen, entscheidend sein.

8.5.5. Vereinheitlichung von Standards und Kriterien Die Vereinheitlichung der Kriterien, die verschiedene Genehmigungsbehörden bei der Geneh- migung von Einrichtungen in der Hilfe zur Pflege, der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe zugrunde legen, bedürfen einer Vereinheitlichung. Hier ist bspw. auch ein intensiverer Aus- tausch im Vorfeld der Durchführung von Maßnahmen sinnvoll.

8.5.6. Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen zur Herstellung von Barrierefreiheit Die Gewährung von Zuschüssen und zinsgünstigen Darlehen für ein barrierefreies Bauen bzw. auch bei Umbaumaßnahmen verhindert in vielen Fällen die Aufnahme in Pflegeheime. Dabei steht auch die Erhöhung der Einkommensgrenzen auf Normalverdienerniveau zur Diskussion. Ein weiterer, damit verknüpfter Aspekt ist die Rücknahme des beabsichtigten Wegfalls der Zuschussförderung bei kleinen baulichen Maßnahmen zur Modernisierung bestehenden, selbstgenutzten Wohnraums in Rheinland-Pfalz.

8.5.7. Flexibilisierung des Pflegeversicherungsgesetzes Insbesondere zur Entlastung der sozialen Sicherungssysteme und der kommunalen Haushalte muss die Zielsetzung lauten: Pflege zu Hause vor der Pflege in einem Heim. Hierzu bedarf es der Schaffung entsprechender Bedingungen, die in Form von finanziellen Unterstützungen erfolgen sollten. Beispielhaft angeführt werden kann ein Rechenexempel der Pflegestufe II: Der Pflegebedürftige erhält einen monatlichen Betrag von der Pflegekasse in Höhe von 440 Euro. Ein vollstationärer Aufenthalt kostet die Pflegekasse monatlich 1.279 Euro. Der durch- schnittliche Preis eines Heimplatzes liegt bei 3.500 Euro, für die Differenz in Höhe von 2.221 Euro kommt im ungünstigsten Fall die Kommune auf. Mit einer Flexibilisierung der Auszahlung bspw. dergestalt, dass die Pflegekasse 1.000 Euro und die Kommune 1.700 Euro an den Pfle- gebedürftigen auszahlt, könnte eine professionelle Pflegekraft sich um die betreffende Person kümmern und Pflegekasse und Kommune würden ihre Kosten verringern. Mit Blick auf die vollstationäre Pflege erwachsener Kinder, die in der Regel selbst kaum bis kein Einkommen haben, wäre die Ersparnis noch höher, da hier die Eltern/Betreuer lediglich für einen Eigenanteil in Höhe von 54,97 Euro monatlich aufkommen müssen. In der Konsequenz würde sich die Zahl der Pflegebedürftigen in den Heimen verringern und so auch der Aspekt Fachkräftemangel entschärft.

8.5.8. Laufende Entwicklungen evaluieren In einigen Gemeinden des Kreises Trier-Saarburg sind bereits Entwicklungsprozesse angesto- ßen worden - sei es durch Dorfmoderationen oder durch die Teilnahme an Wettbewerben wie beispielsweise “Lebendige Dörfer“. Der Einsatz der finanziellen und personellen Investitionen sollte in seiner Wirkung evaluiert werden. Die Effektivität und Effizienz künftiger Entwicklungs- prozesse könnte aus der Evaluation der laufenden Initiativen Nutzen ziehen (siehe hierzu auch Kapitel 11). Hierbei sollte die Leitstelle Familie eine wesentliche Rolle spielen.

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8.6. Maßnahmen(-empfehlungen) zur Sicherung der notärztlichen Versorgung Ein erster Schritt zu Verbesserung der rettungsdienstlichen und notärztlichen Versorgung wäre zunächst, die Rettungsdienstbehörden durch Nutzung zeitgemäßer Informationstechnologie (z.B. Software zur Optimierung der Positionierung der Standorte, die bisher empirisch entstan- den sind, sowie Stärkung der notfallmedizinischen Forschung (insbesondere demographische Entwicklung, Sozialstruktur) und die flächendeckende Einführung von IT-basierter Logistik- Strukturen zur Optimierung der Einsatzdisposition in den Leitstellen (z.B. GPS-basiertes Geo- Routing der Fahrzeuge, Einsatzcodes mit Rückmeldung). Der Einsatz innovativer Techniken der Notfallerkennung und -alarmierung (z.B. „ambient assisted living“) und von Modellen, die zur Zeit erprobt werden und noch in der Diskussion sind, muss ausgebaut werden (z.B. altersge- rechte Wohnungen, in denen Systeme installiert sind, die Notfallsituationen rechtzeitig erken- nen oder gar verhindern helfen - vom „Hausnotruf“ bis hin zum Einsatz von Video- “Überwachungen“). In Zusammenarbeit von Notfallmedizinischen Zentren, Ärztekammern und Ärztlichen Leitern Rettungsdienst müssten zudem die fachliche Supervision intensiviert und die Weiterbildungs- inhalte angepasst werden. „Rückfallebenen“ bei Nichtverfügbarkeit eines Notarztes, wie SOP’s für Rettungsassistenten (Erweiterte Versorgungsmaßnahmen), First-Responder-Einheiten, Einbindung qualifizierter niedergelassener Ärzte, Optimierung des Einsatzes von Luftrettungsmitteln sowie die konse- quente Anwendung telemedizinischer Technologien müssen weiter ausgebaut werden. Bei- spielsweise bei der Versorgung von Patienten mit Herzinfarkten kann bereits der Rettungs- dienst, der in aller Regel vor dem Notarzt beim Patienten eintrifft, ein 12-Kanal EKG schreiben und per FAX oder Handynetz an das nächste kardiologische Zentrum senden, von wo aus Be- handlungs- und Transportanweisungen gegeben werden können (zum Teil bereits realisiert). Die Optimierung von Schnittstellen ist dringend erforderlich. Insbesondere sollte die Integrati- on des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes in die Leitstellen erwogen werden. Diese Ver- zahnung von Kassenärztlichem Bereitschaftsdienst und Notarztdienst kann zur erheblichen Schonung der Ressourcen führen und erhöht die Effizienz deutlich. Durch Veränderungen des derzeitigen Vergütungsmodells der Notärzte könnten positive Effek- te resultieren. Zum Beispiel könnte man das derzeitige Vergütungsmodell nach Einsatzpau- schalen pro Einsatz dahingehend verändern, dass man die Standorte per Jahresbudget nach aktuellen Tarifen finanziert und diese dann ihre Notärzte fest anstellen (siehe NRW). In ländlichen Regionen ist es extrem schwierig, Notärzte in ausreichender Zahl zu gewinnen. Hilfreich hierfür wären ohne Zweifel:

1. Eine adäquate Bezahlung der Notärzte; 2. Bessere Räumlichkeiten zur Unterbringung des Notarztes während der Dienstzeiten (mit eigener Nasszelle/Toilette, Fernsehen und Internetanschluss); 3. Ausstattung mit Dienstbekleidung (trägt z.T. der Notarzt noch selbst), 4. Bei regelmäßiger Bindung an einen Standort Mitfinanzierung von jährlichen Notarzt- Fortbildungen; 5. Flexiblere Arbeitszeiten: Auch stundenweise Beschäftigungsverhältnisse ermöglichen (z.B. Mütter mit kleinen Kindern würden gern nur einige Stunden Dienste machen!); 6. Finanzierung des Erwerbs der Fachkunde Rettungsdienst und der Zusatzbezeichnung Notfallmedizin durch das jeweilige Krankenhaus; 7. In den Schwerpunktfächern Anästhesie, Chirurgie, Innere, Allgemeinmedizin sollte die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin (oder der Fachkundenachweis Rettungsdienst) zum festen Bestandteil der Gesamtausbildung werden; 8. Auch in Krankenhäusern der Grundversorgung sollte der Erwerb der notfallmedizini- schen Zusatzbezeichnungen weiter möglich oder gar ausdrücklich arbeitsvertraglich verankert, v.a. aber auch gewährleistet sein;

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9. Bei der Einstellung oder während der Ausbildung notfallmedizinisches Simulatortrai- ning anbieten bzw. absolvieren lassen (Kostenübernahmen); 10. Sonstige Anreize bzw. Vergünstigungen zur Erleichterung des täglichen Dienstbetrie- bes.

Zusätzlich könnten die Krankenhäuser mit Notarztstandort ihre angestellten Ärztinnen und Ärzte per Dienstvertrag verpflichten am Notarztdienst teilzunehmen! (Dies wird von manchen Chefärzten abgelehnt mit der Begründung, dass dann weniger Ärzte bereit wären, den Vertrag zu unterschreiben!)

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9. Handlungsfeld Familie

Wegen der großen Bandbreite des Themenfeldes „Familie“, die sich auch in der Besetzung des entsprechenden Arbeitskreises widerspiegelte, verständigte man sich dort rasch darauf, sich primär mit den strukturellen Fragestellungen einer effizienten und Synergie bringenden Ver- netzungsstruktur auf allen Ebenen der Entwicklung von fachlichen Kriterien für Anlaufstellen für Familien im Landkreis Trier-Saarburg zu befassen. Zudem wurde das Querschnittsthema „Bürgerschaftliches Engagement“ (Kapitel 6) zu weiten Teilen in der Arbeitsgruppe „Familie“ erarbeitet.

9.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe Familien sind die wichtigste Ressource der Gesellschaft. Familien zu fördern und zu unterstüt- zen ist gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung eine besondere Heraus- forderung und die Gestaltung einer guten Familienpolitik eine Investition in die Zukunftsfähig- keit der Gesellschaft. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem permanenten Wandel. Die Anforderungen, die heu- te an Familien gestellt werden und denen sie sich stellen müssen, werden immer komplexer. Gleichzeitig werden die familiären Netze und Strukturen oftmals kleiner, aber auch vielfältiger. Begreift man Familie als eine durch Partnerschaft, Heirat oder Abstammung begründete Le- bensgemeinschaft, so bringt dies mit sich, dass jede Familie ausgehend von den jeweiligen Menschen individuell definiert werden muss und jeweils ihre ganz eigenen Bedürfnisse hat. Jede Familie muss auf ihre Weise den Alltag mit seinen Anforderungen an Erziehung, Bildung, Organisation des Haushalts, Pflege von Angehörigen oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Pflege von Kontakten zum sozialen Umfeld meistern. Allen Familien ist aber gemein- sam, dass sie enge soziale Gemeinschaften bilden. Familie ist die Lebensform, die den Zusam- menhalt und die gegenseitige Solidarität der Generationen gewährleistet. Sie ist - bei allen gesellschaftlichen Veränderungen in den letzten Jahren - nach wie vor die wichtigste Erzie- hungs- und Bildungsinstanz für unsere Kinder und entscheidet ganz wesentlich über deren Bildungserfolg sowie deren Gesundheits- und Lebenschancen (vgl. Familienbildung im Kontext des SGB VIII, Orientierungshilfen. LSJV Mainz, 2012, S. 6).

Es ist dem Landkreis Trier-Saarburg seit vielen Jahren ein Anliegen, dass alle Familien in ihren unterschiedlichsten Konstellationen und Lebenssituationen Unterstützung erfahren und, wenn nötig, auf kompetente Hilfe setzen können, die je nach Bedarf möglichst zeit- und ortsnah zur Verfügung steht.

In den letzten Jahren sind im Landkreis, teilweise von diesem selbst oder der Stiftung „Zukunft Trier-Saarburg“ gefördert, vielfältige Initiativen entstanden, die sich dem Thema „Familie“ widmen und die, oftmals auf Ebene einer Ortsgemeinde, einen wichtigen Beitrag für mehr Familienfreundlichkeit im Landkreis leisten. Dabei setzte der Landkreis Trier-Saarburg bei der Verfolgung seines Ziels, der familienfreundlichste Landkreis in Rheinland-Pfalz zu werden, dar- auf, seine Angebote entsprechend dem Bedarf vor Ort – „sozialräumlich“ - auszubauen. Hier wurde insbesondere in der Kinder- und Jugend(sozial)arbeit ein deutlicher Schwerpunkt ge- setzt, beispielhaft sind die Konzepte der dezentralen Kinder- und Jugendarbeit und der Sozial- raumorientierung in der Jugendhilfe zu nennen. Weiter wurden ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, aber auch Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen darin unterstützt, möglichst lange ihr Leben eigenständig und nach ihren Wünschen führen können. Hier sind die Leitstelle „Älter werden“ oder die Unterstützung ambulant betreuter Seniorenwohngruppen ebenso wie der Psychosoziale Krisendienst und die Unterstützung der Pflegestützpunkte zu benennen. Wo immer dies möglich war, wurde dabei in der Sozial-, Jugend- und Gesundheits- hilfe der Handlungsansatz Prävention vor Reaktion verfolgt, ebenso wie der Grundsatz ambu-

89 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

lant vor stationär. Mit den genannten Projekten, die landesweit Anerkennung finden, kann sich der Landkreis Trier-Saarburg deutlich von anderen Landkreisen abheben. Gleiches gilt bekann- termaßen für die immensen Anstrengungen, die der Landkreis gemeinsam mit den kreisange- hörigen Gemeinden unter Einsatz der Fördermittel des Bundes beim Ausbau der Kindertages- stätten unternommen hat. Der vom Institut Prognos in 2012 veröffentlichte Familienatlas (www.prognos.com/familienatlas ) bestätigt, dass der Landkreis Trier-Saarburg in Teilberei- chen, wie beispielweise bei Angeboten für Familien (Platz 1) oder beim Ausbau der Kinderta- gesbetreuung für die unter 3-jährigen (Platz 2), bereits jetzt im bundesweiten Vergleich Spit- zenplätze belegt.

Familienbildungsangeboten kommt bei der Unterstützung für Familien eine besondere Rolle zu. Unter Familienbildung sind alle formellen und informellen Bildungsmaßnahmen zu verste- hen, die präventiv, begleitend und unterstützend dazu beitragen Erziehungs- und Familien- kompetenzen zu stärken. Familienbildung ist eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die Eltern und andere Familienangehörige dabei unterstützen will, Geborgenheit zu schaffen, Kin- der zu starken und verantwortungsvollen Persönlichkeiten zu erziehen, die Gesundheit der Familienmitglieder zu fördern, Partnerschaft zu leben, mit dem vorhandenen Geld zu haushal- ten, Beruf und Familie zu vereinbaren und generationsübergreifend Verantwortung füreinan- der zu übernehmen. Sie will gezielt niedrigschwellig, bedarfs- und alltagsorientiert sowie un- abhängig von der Lebensform und -situation der Familie sein. Familienbildung schafft Begeg- nungsräume und Gemeinschaft, fördert Selbsthilfekompetenz und generationsübergreifende Netzwerke zur Unterstützung und Entlastung. Familienbildung hat damit das Ziel, Familien lebensbegleitend in unterschiedlichen Lebenssituationen präventiv und frühzeitig zu unter- stützen. Dabei will sie alle Menschen erreichen, vor allem jene, die sich in schwierigen sozialen und finanziellen Situationen befinden (vgl. Familienbildung im Kontext des SGB VIII, Orientie- rungshilfen. LSJV Mainz, 2012, S. 6).

Aufgrund der bekanntermaßen knappen Ressourcen konnte das Thema „Familienbildung“ als gesetzliche Aufgabe des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach dem Achten Sozi- algesetzbuch in der Vergangenheit vom Landkreis kaum adäquat bearbeitet werden. In diesem Zusammenhang wurde teilweise auf externe Hilfe zurück gegriffen, was jedoch – wie bei allen sozialplanerischen Themenstellungen den Nachteil hat, dass das erarbeitete Know-how zwar zur Verfügung gestellt wird, allerdings in der Verwaltung weniger verankert ist, als bei direkter Ausführung der Aufgaben durch die Verwaltung.

Derzeit sind sowohl im Jugendamt als auch in der Sozialabteilung Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter mit Aufgabenstellungen befasst, die sich einzelfallübergreifend mit Strukturen im Be- reich Familie auseinandersetzen. Exemplarisch sind im Jugendamt die Frühen Hilfen, die Orga- nisation der niedrigschwelligen Unterstützung von Familien durch Familienhebammen oder die im Zusammenhang mit dem Landesprogramm Kita!Plus zu etablierende Familienbildung im Netzwerk zu nennen. In der Sozialabteilung sind im Kontext von Familie beispielsweise die Themen Pflege, Pflegestruktur, Demenz, Wohnformen und Psychiatriekoordination wesentli- che Aufgaben, die durch die Leitstelle „Älter werden“ bearbeitet werden. Auch das Gesund- heitsamt bearbeitet Themenstellungen im Bereich Familie, bspw. die Förderung der Kinderge- sundheit. Inhaltliche Überschneidungen zwischen den drei betroffenen Abteilungen im The- menbereich Familie sind vorhanden.

In drei Verbandsgemeinden des Landkreises konnten sich in den vergangenen Jahren mit Un- terstützung durch die Kreisverwaltung Trier-Saarburg Lokale Bündnisse für Familien etablieren – in Schweich, Hermeskeil und Saarburg. Die Bündnisse in Saarburg und Hermeskeil ergänzen

90 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung die dortigen Mehrgenerationenhäuser – anerkannte Häuser der Familien in Rheinland-Pfalz. Das Lokale Bündnis für Familie in Saarburg ist zudem Träger des Mehrgenerationenhauses. Der Landkreis Trier-Saarburg ist Partner dieser Häuser, was durch Kooperationsvereinbarungen belegt ist.

Mit der Begleitung der Mehrgenerationenhäuser und Lokalen Bündnisse sind derzeit – je nach thematischen Schwerpunkt – verschiedene Abteilungen der Kreisverwaltung Trier-Saarburg (u.a. Gesundheitsamt, Jugendamt, Leitstelle „Älter werden“) befasst. In diesem Zusammen- hang lassen sich durch organisatorische Umstrukturierungen Synergien nutzen.

9.2. Strategische Zielsetzungen

9.2.1. Investition in Strukturen Die Arbeit im Sozialbereich erfordert vor dem Hintergrund der seit Jahren enorm steigenden Kosten mehr denn je, die Schaffung von tragfähigen Strukturen. Im Zusammenhang mit immer knapper werdenden Mitteln und unter Berücksichtigung der demographischen Herausforde- rungen liegt der fachliche Ansatz für den Landkreis Trier-Saarburg daher darin, in sinnvolle und nachhaltige Strukturen zu investieren.

9.2.2. Flächendeckende Etablierung von lokalen Bündnissen für Familie im Landkreis Lokale Bündnisse für Familien sind Netzwerke von Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Die verschiedenen Partner finden sich vor Ort auf freiwilliger Basis zu- sammen und verfolgen das Ziel, die Lebens- und Arbeitsbedingungen für Familien bedarfsori- entiert zu verbessern. Kernthemen sind die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine verlässli- che Kinderbetreuung sowie das Schaffen einer unterstützenden familienfreundlichen Infra- struktur. Zunehmend gewinnt die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege an Bedeu- tung. Damit sind genau die Themen angesprochen, die insbesondere unter Berücksichtigung der sich verändernden Familienstruktur und des demographischen Wandels Familien heute begegnen, sie bewegen und mit denen sich Familien befassen (müssen). Mit einer flächendeckenden Etablierung der Lokalen Bündnisse für Familien durch die Ver- bandsgemeinden im Landkreis Trier-Saarburg, bestenfalls in jeder der sieben Verbandsge- meinden, kann dem Bedarf der Menschen in ihrem Wohn- und Lebensumfeld begegnet wer- den. Der Landkreis wird daher die Gründung solcher Bündnisse unterstützen und die beste- henden Bündnisse als Partner beratend begleiten.

9.2.3. Begleitung und strukturierter Austausch der Mehrgenerationenhäuser/Häuser der Familie im Landkreis Im Sinne einer lokalen familienfreundlichen und unterstützenden Infrastruktur sind auch die Mehrgenerationenhäuser/ Häuser der Familie von besonders großer Bedeutung. Sie sind zent- rale Begegnungsorte, an denen das Miteinander der Generationen aktiv gelebt wird, bieten Raum für gemeinsame Aktivitäten und schaffen ein neues nachbarschaftliches Miteinander in der Kommune. Wesentliche Merkmale sind der generationsübergreifende Ansatz und das bür- gerschaftliche Engagement. Das Zusammenspiel der Generationen bewahrt Alltagkompeten- zen sowie Erfahrungswissen, es fördert die Integration und stärkt den Zusammenhalt zwischen den Menschen. Ohne das Engagement der Freiwilligen könnten viele der bestehenden Ange- bote vor Ort nicht erbracht werden. Dabei sind enge Kooperationen mit hauptamtlichen Kräf- ten sowie anderen lokalen Akteuren unerlässlich. Die Akteure bringen mit ihrem jeweiligen Fokus, den Kenntnissen und Erfahrungen ihrer Arbeit vor Ort Wissen und Stärken in bestehen-

91 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

de Netzwerke ein und nutzen zugleich das Know-how der anderen Partner. So entstehen Syn- ergien. Kooperation und Vernetzungsstrukturen vor Ort werden gestärkt. Bisweilen fehlt es aus Sicht des Landkreises hier an strukturiertem Austausch zwischen den Häusern, insbesondere hinsichtlich des bürgerschaftlichen Engagements (wie bereits in Kapitel 6 dargelegt). Vorhandene Ressourcen könnten und sollten effizienter genutzt werden. Auch hier wird der Landkreis beratend unterstützen und in Bezug auf wichtige übergreifende The- men, etwa dem bürgerschaftlichem Engagement, vermitteln und ggf. vernetzend koordinieren.

9.2.4. Weiterentwicklung und Stärkung der vorhandenen Infrastruktur Für den Landkreis als örtlichem Träger der öffentlichen Jugend-, Sozial- und Gesundheitshilfe ist es wichtig, die vielfältigen Angebote, die er schon heute anbietet möglichst effektiv und effizient zu koordinieren und zu planen. Es ist insbesondere aus fachlichen Aspekten heraus ein Anliegen, Transparenz der bestehenden vielfältigen familienunterstützenden Initiativen für Familien im Landkreis zu schaffen. Hier sind insbesondere die Aktivitäten der Ortsgemeinden, der Kindertagesstätten und der freien Träger zu berücksichtigen. Jede dieser Initiativen ist zu begrüßen, aber nicht zwangsläufig nach fachlichen Kriterien auch gut, richtig und sinnvoll. Es gilt, die Angebote zu bündeln und fachlich zu begleiten. Über die bestehenden Angebote hinaus, wird das Ziel verfolgt, zusätzliche Maßnahmen der Begleitung und Unterstützung für die Menschen im Landkreis Trier-Saarburg zu etablieren und feste sozialräumliche Anlaufstellen, sogenannte Kristallisationspunkte für Familien in ihrer Vielfalt zu schaffen. Dabei ist die besondere Situation jener Menschen, die über keinerlei fami- liäre Anbindung verfügen, sofern sie ihr Leben selbst nicht meistern können und auf Hilfe von Dritten angewiesen sind, besonders zu berücksichtigen.

9.2.5. Familie als Querschnittsaufgabe in der Kreisverwaltung Einzelne Aspekte des Themenfelds „Familie“ wurden in der Vergangenheit in mehreren Abtei- lungen der Kreisverwaltung bearbeitet, allerdings nicht im Sinne einer Querschnittsaufgabe. Um das Thema ganzheitlich anzugehen und um Synergien innerhalb der Verwaltung zu nutzen, sollte das Thema abteilungsübergreifend angegangen werden. Dies erfordert neben einer neu- en und klaren Aufgabenzuweisung organisatorische und personelle Änderungen.

9.3. Maßnahmen(-empfehlungen) 9.3.1. Schaffung einer Leitstelle „Familie“ in der Kreisverwaltung Trier-Saarburg Aus verschiedenen Anlässen heraus wurde bereits im Laufe des MORO-Prozesses die Organisa- tionsstruktur der Kreisverwaltung geändert und eine Leitstelle „Familie“ geschaffen. In diesem Zusammenhang wurde die vormalige Leitstelle „Älter werden“ mit ihren Themen Pflege, Demenz, Wohnformen für ältere Menschen und Psychiatriekoordination weiterentwi- ckelt und inhaltlich ergänzt um Teilbereiche der Familienbildung, etwa der Frühen Hilfen oder des Landesprogramms Kita!Plus. Entstehende Synergien sollen insbesondere genutzt werden, um die lokalen Bündnisse für Familie, die Mehrgenerationenhäuser/ Häuser der Familie und die vielfältigen Initiativen in den Kommunen zu beraten und zu begleiten. Auch die Aufgaben im Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements können wie bereits beschrieben zentral aus der Leitstelle „Familie“ heraus bearbeitet werden. Mit dieser wichtigen verwaltungsstrukturellen Maßnahme kann nun ein Teil der „neuen“ Auf- gaben, denen sich die Kreisverwaltung derzeit im Bereich Familie stellen muss, von der Leit- stelle „Familie“ abgedeckt werden. Weitere wichtige, sich u.a. aus dem bisherigen Prozess

92 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung ergebende Themen, wie beispielsweise Familienzentren, Bürgerwerkstätten in Gemeinden, der Wettbewerb „Lebendige Dörfer“ und Projekte der Stiftung „Zukunft in Trier-Saarburg“ können auch in Zukunft nur im Rahmen der vorhandenen Ressourcen im Einzelfall bearbeitet werden, sofern keine personelle Aufstockung der Leitstelle Familie erfolgt.

9.3.2. Umsetzung des Konzepts für Familienzentren im Landkreis Trier-Saarburg (FiLTS) Im Rahmen des MORO wurde das beigefügte Konzept FiLTS (siehe Anhang) erarbeitet und damit fachliche Kriterien zur Schaffung fester Anlaufstellen, sogenannter Kristallisationspunkte für Familien in den Gemeinden beschrieben. Es wird das Ziel verfolgt, über die bestehenden Angebote hinaus, neue fachlich fundierte Angebote der Begleitung und Unterstützung für Fa- milien im Landkreis Trier-Saarburg zu etablieren. Hinsichtlich der Umsetzung sollte der Kreistag zeitnah darüber beraten, ob und inwieweit das Konzept FiLTS mit einer Förderung aus Kreis- mitteln hinterlegt werden kann. Dabei ist klar, dass der Begriff „Familienzentren“ kritisch gesehen werden kann und abschlie- ßend geklärt werden muss.

93 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

10. Handlungsfeld Lebenswerte Dörfer und Städte

10.1. Ausgangslage und Handlungsbedarfe Die heterogene Struktur des Landkreises führt zu einer unterschiedlichen demographischen Entwicklung verbunden mit unterschiedlichen Betroffenheiten in den Teilräumen (siehe hierzu auch Kapitel 3.1 und 3.2). Es wird immer schwieriger, ein gleichwertiges Versorgungsniveau anbieten zu können. Gerade in den peripheren Gebieten ist absehbar, dass Infrastrukturange- bote nicht in der gleichen Breite angeboten werden können wie in den übrigen Teilen des Landkreises. Infolge des Wegfalls von Infrastrukturen (z.B. Nahversorgung) ergeben sich dabei ortsspezifisch sehr unterschiedliche Bedarfe für Lösungen konkreter Problemlagen. Ein umfas- sendes Angebot an Einrichtungen der Daseinsvorsorge im Landkreis ist schon heute nur in den mittelzentralen Städten und der Stadt Schweich vorhanden. Ein Angebot an Nahversorgungs- einrichtungen (Lebensmittel, Bank, Post, Arzt, Apotheke, etc.) ist neben den vier Grundzentren nur noch in einigen wenigen größeren Orten feststellbar. Zahlreiche Klein- und Kleinst- gemeinden verfügen über keine adäquaten Angebote; in etwa der Hälfte der Ortsgemeinden ist keine Nahversorgung (mehr) vorhanden. Dies verdeutlicht auch die nachfolgende Abbildung der derzeit vorhandenen Nahversorgungsangebote in den Städten und Gemeinden des Land- kreises, die das Ergebnis einer im Rahmen des MORO-Prozesses durchgeführten Abfrage bei den Verbandsgemeinden ist.

Abbildung 24: Nahversorgung im Landkreis Trier-Saarburg

Quelle: Spiekermann & Wegener, 2013 Auch die zu den wichtigen Infrastrukturangeboten gehörende Versorgung mit zeitgemäßen breitbandigen Internetverbindungen ist in Teilen des Landkreises unzureichend.

Dabei ist es aber der Anspruch des Landkreises, jedem Bürger eine gleichwertige Versorgung anzubieten. Damit dies gelingt, müssen insbesondere die peripheren Gebiete des Kreises mög-

94 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung lichst langfristig und tragfähig an Orte mit Versorgungsfunktion angebunden werden, wobei gerade das Kriterium der Erreichbarkeit mit ÖPNV oder anderen Mobilitätsangeboten von ins- gesamt zentraler Bedeutung ist.

Der überwiegend auf Schülertransporte ausgerichtete ÖPNV wird bei zukünftig abnehmenden Schülerzahlen zu Angebotsreduzierungen führen (siehe hierzu auch Kapitel 5 und 7.1.2). Hier- mit werden in Teilräumen des Kreises wiederum Probleme für die Aufrechterhaltung der Mobi- litätsangebote zur Erreichbarkeit von Daseinsvorsorgeeinrichtungen verbunden sein. Insofern gilt es, auftretende oder sich verschärfende Disparitäten zu identifizieren und ihnen im Rah- men der Regionalstrategie angemessen in Form von teilraumspezifischen Lösungsansätzen zu begegnen.

Abbildung 25: Tragfähige Grundversorgung des täglichen Bedarfs im Landkreis Trier-Saarburg als inhabergeführte Einrichtungen und Filialisten (ohne örtliche Bäckereien, Metzgereien etc. mit spezialisiertem Angebot)

Quelle: Landkreis Trier-Saarburg, 2013 Die Darstellung zeigt die Verteilungssituation sog. zurzeit noch tragfähiger Grundversorgungs- einrichtungen des täglichen Bedarfs. Hierzu gehören inhabergeführte Einrichtungen und auch Einrichtungen der sog. Filialisten. Räumlich gesehen besteht nur in den vier Städten des Land- kreises (Hermeskeil, Konz, Saarburg und Schweich) ein umfassenderes Angebot. Die Angebote außerhalb dieser Zentren sind in der Regel auf einzelne Einrichtungen beschränkt. Die Sorti- mentstiefe ist ebenfalls nicht so ausgeprägt wie die in den Städten. Hinzu kommt, dass nur an den städtischen Standorten auch weitere Angebote des mittel- und längerfristigen Bedarfs zu finden sind. In diesem Zusammenhang ist daher auch zu diskutieren, welchen Umfang ein „zeitgemäßes“ Grundversorgungsangebot außerhalb der städtischen Standorte und von Ge- meinden ohne zentralörtliche Funktion umfassen könnte bzw. sollte; dies ist auch aus raum- ordnerischen Gründen wichtig.

95 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Nach den Vorgaben des Landesentwicklungsprogramms IV (LEP IV) sind großflächige 9 Einzel- handelsvorhaben mit bis zu 1.600 qm Verkaufsfläche in Gemeinden ohne zentralörtliche Funk- tionen nur bei mehr als 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zulässig, wenn dies zur Grund- versorgung 10 der Bevölkerung erforderlich ist. Unterhalb dieser Einwohnerzahl entstehen in der Praxis teils erhebliche Probleme bei beabsichtigten Einzelhandelsansiedlungen von über 800 qm Verkaufsfläche in Gemeinden, die sich um entsprechende Einzelhandelsbetriebe be- mühen. Hier sind die maßgeblichen Vorgaben im LEP IV dahingehend zu überprüfen, ob und inwieweit die Ansiedlung tragfähiger Einzelhandelsbetriebe mit dauerhaft breitem Sortiments- angebot und über 800 qm Verkaufsfläche zur Sicherung der Grundversorgung im Nahbereich zulässig sein sollte, sofern keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen auf die Versorgungs- strukturen benachbarter zentraler Orte zu erwarten sind.

In vielen Gemeinden werden sich die demographischen Entwicklungen auf die Bausubstanz gerade der Ortskerne in Form von Leerstand auswirken. Auch das Thema Barrierefreiheit von Wohnraum wird zu einer wachsenden Herausforderung.

Fragestellungen, die in der Regionalstrategie untersucht werden, sind unter dem Aspekt "Le- benswerte Dörfer und Städte" unter anderem eine Siedlungsentwicklung mit Blick auf die nachhaltige Entwicklung der innerörtlichen Bereiche, die Bereitstellung von wohnortnahen Versorgungsangeboten sowie die Gewährleistung einer nachhaltigen Mobilität im ländlichen Raum zur Erreichbarkeit von Angeboten der Daseinsvorsorge für alle Bevölkerungsgruppen. Damit einher geht die Erhaltung und Stärkung der örtlichen Identitäten mit nachhaltiger Integ- ration neuer Bürger (auch mit Blick auf den anhaltenden Zuzug in den Grenzbereichen zu Lu- xemburg) in das örtliche Gemeinschaftsleben und ihre Aktivierung für das bürgerschaftliche Engagement vor Ort. Insoweit ist eine hohe Verknüpfung mit den Querschnittsthemen „Er- reichbarkeit“ und „bürgerschaftliches Engagement“ gegeben, die bereits an anderer Stelle vertieft behandelt wurden (siehe auch Kapitel 5 und 6).

In Zusammenhang damit stehen auch die Finanzierbarkeit und Tragfähigkeit von örtlichen Auf- gaben, interkommunale Zusammenarbeit, Sicherung der Mobilität für Ältere und Jugendliche sowie eine nachhaltige künftige Entwicklung in innerörtlichen Lagen. Teilweise sind bereits gute Ansätze und Lösungen im Landkreis vorhanden. Andererseits bestehen Verbesserungs- möglichkeiten im Austausch von Wissen und Erfahrungen. Die Herausforderungen des demo- graphischen Wandels müssen vor Ort bewusst(er) gemacht werden.

Im Rahmen einer Stärken-Schwächen-Analyse der Arbeitsgruppe 4 im Handlungsfeld „Lebens- werte Dörfer und Städte“ sind im Wesentlichen folgende grundlegende Aspekte aufgezeigt worden, die allerdings unter dem Blickwinkel der Teilräume jeweils gesondert betrachtet und bewertet werden müssen. Der nachstehenden Auflistung vorausgegangen war ein intensiver Diskussionsprozess innerhalb der Arbeitsgruppe mit dem Ergebnis einer stärkeren räumlichen Differenzierung der Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken aufgrund der Hetero- genität des Kreisgebiets.

9 Großflächiger Einzelhandel liegt ab einer Verkaufsfläche von 800 qm vor (BVerwG: 4 C 10.04, 4 C 14.04, 4 C 3.05, 4 C 8.05) 10 Hierbei handelt es sich um Sortimente des täglichen kurzfristigen Bedarfs, die typischerweise im großflächigen Lebensmittelein- zelhandel angeboten werden.

96 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

STÄRKEN • Nähe zum Oberzentrum Trier (Arbeitsplätze, Einzelhandel, Kultur, Gastronomie, Bildung, medizinische Versorgung), in Teilbereichen gute Anbindung zu überregionalen Straßen- und Schienennetzen • Aktuell noch positiver Wanderungssaldo in Teilräumen • Günstiges Siedlungsstrukturgefüge wegen geringer Entfernungen zwischen den zentralen Orten • Keine Konkurrenzsituation zwischen den Städten • Nähe zu Luxemburg (Arbeitsplätze, Einzelhandel, Kultur, Gastronomie) • Hohes ehrenamtliches Engagement in verschiedensten Bereichen • Reges Vereinsleben, zahlreiche Angebote • Überwiegend noch ausreichende Nahversorgungsmöglichkeiten in den Gemeinden, gutes Nahversorgungsangebot mit Einzelhandelszentren in den Mittelzentren vorhanden • Natur als Erlebnis in vielen Teilen des Landkreises in fußläufiger Erreichbarkeit der Orte - "Aufwachsen auf dem Land" funktioniert noch in vielen Orten

SCHWÄCHEN • Kleinteilige Siedlungsstruktur mit zahlreichen kleinen Orten beschleunigt Rückgang der Grundversorgungsinfrastruktur; Nähe zum Oberzentrum lässt im Umfeld von Trier kaum Einzelhandelsentwicklung zu • Bevölkerungsrückgang in Teilräumen hat negative Auswirkungen auf die Versorgung und Auslastung der Infrastruktur • ÖPNV-Erreichbarkeit von Infrastrukturen in Teilräumen unbefriedigend • Zeitgemäße wohnortnahe Versorgung nur ihn Städten und Grundzentren • Interkommunale Zusammenarbeit nur schwach ausgebildet; Nähe zu Luxemburg führt zum Rückgang v.a. mittelständischer Strukturen, wegen guter Arbeitsplatzalternativen • Teils fehlende oder unzureichende Breitbandversorgung, vor allem in kleineren Dörfern • Schon heute erkennbare Tragfähigkeitsprobleme im ÖPNV

CHANCEN • Hohe Identifikation älterer Menschen mit ihrer Heimatregion • Integrationsförderung und Veranstaltungen zur Steigerung der Toleranz für ein harmoni- sches Miteinander • Direkte Partizipation von Jugendlichen in den Gemeinderäten verlässlicher entwickeln • Projekte der Kinder- und Jugendarbeit (z.B. Kinderkulturtage, Jugendtreffs) sowie genera- tionsübergreifende Projekte in den Orten als Qualitätsmerkmal darstellen und entwickeln

RISIKEN • Rückgang wohnortnaher Versorgungs- und Serviceangebote • Besonders kleinere Dörfer sind von Leerständen bedroht • Weitere Konzentration von Infrastrukturangeboten an größeren zentralen Orten • Höhere Grundstückspreise an Mosel, Sauer und Saar (Einzugsbereich von Luxemburg) für Zuziehende könnten zur Hürde werden • Kopplung des ÖPNV an die Schülerbeförderung • Wohnen im Alter auf dem Land wird problematisch wegen: − nicht altersgerechten Wohnungen − fehlender Nahversorgung − eingeschränkter Mobilität

97 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Im Handlungsfeld „Lebenswerte Dörfer und Städte“ wurden in der Arbeitsgruppe folgende Themenschwerpunkte benannt mit der Zielsetzung, Leitlinien und Handlungsempfehlungen für Entwicklungsperspektiven der Dörfer und Städte im Landkreis Trier-Saarburg aufzuzeigen:

 Siedlungsentwicklung  Wohnortnahe Versorgungs- und Serviceangebote – Lebensqualität im Landkreis Trier- Saarburg  Erreichbarkeit von Angeboten der Daseinsvorsorge für alle Bevölkerungsgruppen

10.1.1. Siedlungsentwicklung Die Siedlungsstruktur im Landkreis ist geprägt von einem überwiegenden Anteil (> 80 Prozent) an Klein- und Kleinstgemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern (siehe auch Kapitel 3.1) in denen rund 50 Prozent der Kreisbevölkerung leben. Nur ca. 26 Prozent leben in den vier Städ- ten.

Abbildung 26: Gemeindegrößenklassen und zentrale Orte

Quelle: Landkreis Trier-Saarburg, 2012 Am auffälligsten ist die Entwicklung der Siedlungsstruktur durch Ausweisung neuer Baugebiete in fast allen Gemeinden des Grenzraums zu Luxemburg geprägt. Wurden zu Beginn der 1990er Jahre eher die grenznahen Brückenstandorte als Wohnsitze bevorzugt, hat diese Entwicklung zwischenzeitlich auch die weniger günstig zu den Arbeitsorten in Luxemburg gelegenen Ge- meinden erreicht. Räumlich betrachtet haben die Verbandsgemeinden Konz, Saarburg und Trier-Land den größten Anteil an dieser Entwicklung. Auffallend ist aber auch, dass die Zunah- me der Wohnbevölkerung und der Siedlungsflächen nicht mit einer Verbesserung der wohn- ortnahen Grundversorgung einhergehen. Gleiches gilt für die seit Jahren stark wachsenden Umlandgemeinden der Stadt Trier. Insoweit wird in allen Teilen des Landkreises - unabhängig von einer positiven oder stagnierenden bzw. abnehmenden Bevölkerungsentwicklung - bezüg- lich der wohnortnahen Grundversorgung Handlungsbedarf gesehen.

98 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Die durch das Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) und den verbindlichen regionalen Raum- ordnungsplan der Region Trier (ROPL) vorgegebene Siedlungsstruktur in Form der grundzent- ralen Orte wird der Zielsetzung der Herstellung und Bewahrung gleichwertiger Lebensverhält- nisse für alle Bewohner des Landkreises nur unzureichend gerecht. Zum einen ist die Ausstat- tungsqualität der grundzentralen Orte in einigen Fällen wenig ausgeprägt und zum anderen sind Anzahl und Lage dieser Orte kaum ausreichend um eine flächendeckende gleichwertige Versorgung zu gewährleisten (siehe Abbildung 26).

Der im Entwurf des ROPL entwickelte Ansatz einer abgestimmten Zusammenarbeit mehrerer Gemeinden zur Erledigung der grundzentralen Funktionen (sog. kooperierende Grundzentren) ist daher eher geeignet, die Lebensqualität nachhaltig in weiteren Bereichen des Landkreises zu verbessern. Allerdings sollte dieser regionalplanerische Ansatz entsprechend der im MORO- Prozess erarbeiteten Analyseergebnisse und wegen der festgestellten teilräumlichen Beson- derheiten innerhalb des Landkreises im Rahmen des anstehenden Beteiligungsverfahrens zur Neuaufstellung des regionalen Raumordnungsplans der Region Trier überprüft werden.

10.1.2. Wohnortnahe Versorgungs- und Serviceangebote – Lebensqualität im Landkreis Trier- Saarburg – Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung in den Dörfern Eng verknüpft mit der Frage der Daseinsvorsorge ist der Begriff ‚Lebensqualität’. Für den Ein- zelnen ist es wichtig, grundlegende Infrastrukturangebote möglichst wohnortnah nutzen zu können. Dazu gehören insbesondere Versorgungs- und Serviceangebote in den Bereichen Ge- sundheit, Freizeit, Dorfgemeinschaft, Einkaufen, Mobilität.

Zur Bearbeitung dieses Themenkomplexes wurde in der Arbeitsgruppe „Lebenswerte Dörfer und Städte“ die Vorgehensweise „Dorfcheck“ gewählt. Ziel war, über theoretische Ansätze hinaus Kenntnisse über die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu gewinnen, um daraus zielgerichtet konkrete Handlungsempfehlungen und Projekte entwickeln zu können. Dazu ist in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Soziologie der Universität Trier ein Fragebo- gen zur Lebensqualität in den Dörfern des Landkreises erarbeitet worden (nähere Erläuterun- gen zum methodischen Vorgehen siehe Kapitel 2.3.3). Die Daten wurden auf verschiedenen räumlichen Ebenen analysiert, wobei sich die nachfolgenden kreisweiten Trends für den Be- reich wohnortnahe Versorgungs- und Serviceangebote auf die vier Teilräume (siehe Kapitel 3.1) beziehen.

Dörfer: Wohnortnahe ärztliche Grundversorgung Die hausärztliche Versorgung wird wohnortnah nachgefragt. Rund 70 Prozent der Befragten aus dem Hochwald besuchen Hausärzte in den Verbandsgemeinden Hermeskeil und Kell am See, ca. 90 Prozent aus dem Raum Saar lassen sich von Hausärzten in den Verbandsgemeinden Konz und Saarburg behandeln. Gleichermaßen wohnortnah verhält es sich mit der medika- mentösen Versorgung durch Apotheken. Dabei nutzen insbesondere die Einwohner der stadt- nahen Gemeinden auch Hausärzte und Apotheken in Trier.

Mobile Bevölkerung - Freizeitverhalten Bildungsangebote (VHS, Vorträge, Bücherei), Gastronomie (Feste, Restaurants, Gaststätten, Kneipen), Kultur (Kino, Konzerte, Theater), Sport (Radwege, Wanderwege, Sporteinrichtungen) und Vereine (Nutzung und Mitgliedschaft) werden räumlich breiter gestreut genutzt. Angebote werden in den eigenen Dörfern, aber auch in den Nachbarschaftsbereichen und je nach Ange- bot im Oberzentrum Trier nachgefragt. Zwischen 40 und 50 Prozent der Befragten fragen Bil-

99 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

dungsangebote im eigenen Dorf oder in Nachbargemeinden nach. Ein weiteres Viertel der Befragten nimmt entsprechende Angebote im Oberzentrum Trier wahr. Während gastronomi- sche Nutzungen in unterschiedlicher Intensität kreisweit erfolgten, werden spezifische kultu- relle Angebote von rd. zwei Dritteln der Befragten in der Stadt Trier genutzt – was auch damit zusammenhängt, dass diese nur dort angeboten werden. Zusammenfassend dominieren beim Freizeitverhalten die Nachfrage nach gastronomischen Angeboten, Sport (Wandern, Radfah- ren) und Kinobesuchen. Die Bevölkerung ist – erwartungsgemäß auch altersabhängig – durch- aus mobil, nutzt nach Möglichkeit und Vorhandensein aber wohnortnahe Angebote.

Sport wohnortnah Rund zwei Drittel der Befragten sind sportlich aktiv. Sport treibt man wohnortnah (über 70 Prozent im eigenen Dorf, fast 60 Prozent in den Nachbargemeinden). Angebote der Mittel- und Oberzentren nutzen primär Personen, die dort arbeiten oder im Umland wohnen.

Überwiegend Mitgliedschaft im örtlichen Verein - Inanspruchnahme örtlicher Vereinsangebote Mit rd. 43 Prozent der Befragten werden Vereinsangebote in den eigenen Orten und mit wei- teren 12 Prozent in Nachbargemeinden wahrgenommen. Andererseits zeigt ein gutes Drittel der Antworten, dass keine Mitgliedschaften in Vereinen bestehen oder keine Vereinsangebote in Anspruch genommen werden.

Hohe Eigenheimquote, ausgeprägte Wohnzufriedenheit Die Befragung ergab über alle Sozialräume hinweg eine gleichermaßen hohe Wohnzufrieden- heit von rd. 95 Prozent. Dabei urteilten rd. 57 Prozent der Befragten mit „sehr zufrieden“. Wei- tere rd. 37 Prozent der Antworten waren mit „eher zufrieden“ ebenfalls positiv. Die hohe Wohnzufriedenheit wird auch durch die sehr hohe Eigentumsquote (rd. 87 Prozent eigene Wohnhäuser) bestimmt.

Hohe Zuzugs-/Umzugsquote Die Umzugsquote in der Region ist vergleichsweise hoch. Im Durchschnitt sind rd. zwei Drittel Zugezogene, davon wiederum aber deutlich über die Hälfte (rd. 55 Prozent) aus dem Landkreis selbst oder der Stadt Trier. Lediglich im Raum Obermosel/Sauer sind maßgebliche Zuzüge aus Luxemburg (rd. 12 Prozent) festzustellen. Für den Zuzug wurden insbesondere soziale Gründe (Familie, Partner und Freunde), Wohnen sowie eine reizvolle Landschaft und intakte Umwelt genannt. Die Gründe für den Zuzug unterscheiden sich nach Teilräumen kaum.

Niedrige (geplante) Wegzugsquote Rund ein Zehntel der Befragten – insbesondere die jüngere Bevölkerungsgruppe zwischen 18 und 30 Jahren – plant einen Wegzug. Soweit dies nicht noch offen ist, wollen diese Personen jedoch in Region bleiben, zu großen Teilen im Landkreis selbst (rd. 22 Prozent) oder in die Stadt Trier (rd. 23 Prozent). Etwa ein Sechstel der Umzugswilligen beabsichtigt einen Wohn- sitzwechsel außerhalb des Kreises (Rheinland-Pfalz, Deutschland oder Ausland). Die Gründe für einen Wegzug sind regional unterschiedlich und reflektieren die jeweilige Wirtschaftsstruktur. Im Hochwald werden deutlich häufiger Arbeitsmarktgründe oder die Verkehrsanbindung ge- nannt. In allen Regionen sind Defizite der Grundversorgung sowie der Wunsch nach Verände- rung bzw. Neuorientierung wichtige Gründe für Umzugspläne.

Homogene Dorfgemeinschaften - Insgesamt gutes Verhältnis zu den Nachbarn

100 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

In den Dorfgemeinschaften herrschen ausgeprägte Vertrautheit und gegenseitiges Vertrauen vor. Jeweils etwa 90 Prozent der Menschen kennen sich und helfen sich gegenseitig. Zu ge- meinsamen Werten bekennen sich rd. drei Viertel der Befragten. Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft sind für die Bevölkerung sehr wichtige Faktoren im tägli- chen Leben. In den Dörfern dominieren eindeutig entweder gute nachbarschaftliche Beziehun- gen oder freundschaftliche Verhältnisse (insgesamt rd. 85 Prozent der Befragten). Entspre- chend positiv sind die Verhältnisse auch in den Teilräumen. Gute Nachbarschaftsbeziehungen als Basis für gut funktionierende Dorfgemeinschaften lassen sich flächendeckend im ganzen Kreisgebiet beobachten.

Verbesserungswünsche: Einkaufen und ÖPNV Bei den Verbesserungswünschen stehen in allen Teilregionen die Wünsche nach verbesserten Einkaufsmöglichkeiten (rd. 48 Prozent) und einem besseren ÖPNV (rd. 42 Prozent) an der Spit- ze. Die weiteren Themen ergeben sich aus Abbildung 27:

Abbildung 27: Verbesserungswünsche aus der Bürgerbefragung

Verbesserungswünsche (Angaben in %)

N= 2663 Quelle: Universität Trier, 2013

Allerdings ergeben sich bei Einkauf und ÖPNV auch regionale Unterschiede, wie Tabelle 14 verdeutlicht:

101 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Tabelle 14: Verbesserungswünsche Einkaufen und ÖPNV

Hochwald Obermosel/ Mosel/ Saar Sauer Ruwer Einkaufen 44 70 42 48 ÖPNV 51 33 37 49 Internet 34 37 29 31 Ortspolitik 29 29 28 29 Freizeitangebote f. Ältere 26 26 23 26 Freizeitangebote f. Jüngere 30 21 24 23 Erscheinungsbild des Dorfes 18 24 24 29 med. Versorgung 22 22 18 24 Dorfgemeinschaft 16 19 19 22 Vereine 8 6 7 6 Ehrenamt 7 7 5 6 Quelle: Universität Trier, 2013

Subjektive Lebensqualität - Gesamtbewertung Die subjektive Bewertung der Lebensqualität der Bevölkerung in den Dörfern ergibt auf der Ebene der Teilräume weitgehend gleiche Verteilungen und Durchschnittsnoten.

Tabelle 15: Bewertung der Lebensqualität insgesamt

Hochwald Obermosel/ Mosel/Ruwer Saar Sauer Sehr gut 10 8 12 11 Gut 60 61 61 56 Befriedigend 22 23 22 22 Ausreichend 5 7 5 9 Mangelhaft 2 1 1 2 Durchschnittsnote 2,3 2,3 2,2 2,3 Quelle: Universität Trier, 2013

Für alle Befragten – unabhängig vom Alter – sind Wohnsituation und Gemeinschaftsleben im Dorf wichtige Einflussfaktoren auf die Lebensqualität. Darüber hinaus sind für die jüngeren Befragten weitere Aspekte von Bedeutung, so etwa Umweltfaktoren, eine gute Internetanbin- dung sowie eine auch künftig gute und sichere medizinische Basisversorgung.

Städte: Zeitlich versetzt wurden auch die Einwohner der vier Städte Hermeskeil, Konz, Saarburg und Schweich mit einem teilidentischen Fragebogen befragt. Diese Daten werden aktuell von Mit- arbeitern des Faches Soziologie der Universität Trier ausgewertet.

102 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

10.1.3. Erreichbarkeit von Angeboten der Daseinsvorsorge für alle Bevölkerungsgruppen Die Erreichbarkeit notwendiger Versorgungsangebote könnte unter Berücksichtigung der vor- her dargelegten Analyseergebnisse durch eine räumlich und aufgabenbezogen abgestimmte interkommunale Zusammenarbeit verbessert werden.

So könnte beispielsweise den örtlichen Bedürfnissen durch eine räumlich kleinteiligere Zuord- nung der Ortsgemeinden zu Orten mit überörtlichen Versorgungsangeboten unter Berücksich- tigung einer verkehrlich günstigen Anbindung, einer geringen Entfernung und eines für die Tragfähigkeit ausreichenden Nachfragepotentials durch Bildung kleinräumiger Nahversor- gungsbereiche entsprochen werden. Die Gemeinden eines solchen Bereichs könnten auf Grundlage einer abgestimmten Vorgehensweise und Aufgabenzuordnung nicht nur im Bereich der Grundversorgung des täglichen Bedarfs, sondern auch in anderen kommunalen Aufgaben- feldern, wie z.B. Wohnbauentwicklung, Mobilität, Feuerwehr, Vereine, Sportplätze, Friedhöfe, zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen. Hierdurch bestünde die Chance, die Attrak- tivität mehrerer Gemeinden gemeinsam zu steigern, indem die Lebensqualität für alle Bewoh- ner insgesamt erhöht wird. Damit könnten dann auch positive Synergien für die jeweiligen Ortsentwicklungen insbesondere in den Ortskernen verbunden werden.

In der nachstehenden Karte sind solche möglichen freiwilligen „Kooperationsräume“ exempla- risch dargestellt.

Abbildung 28: Potenzielle Kooperationsräume im Landkreis Trier-Saarburg

1. Föhren, Bekond, Hetzerath: Nach dem Entwurf des Regionalen Raumordnungsplans sollen die um den Industriepark Region Trier liegenden Gemeinden die aus der Ansiedlung der Arbeitsplätze resultierenden Wohnbaulandbedarfe abdecken. Diese Gemeinden könnten bspw. auch im Bereich der Kinderbetreuung, Grundversorgung, etc. zusammenarbeiten.

103 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

2. Leiwen, Trittenheim, Detzem, Köwerich, Thörnich, Ensch, Klüsserath: Nach dem Entwurf des regionalen Raumordnungsplans sollen diese Gemeinden den Ver- flechtungsbereich für das künftige Grundzentrum Leiwen bilden. Insofern bieten sich hier alle für die Grundversorgung im Sinne der Daseinsvorsorge relevanten Aufgaben für eine abgestimmte Zusammenarbeit an.

3. Newel, Butzweiler, Beßlich, Olk: Nach bisherigen Überlegungen soll in diesem Bereich die Sicherung einer zeitgemäßen Grundversorgung für den täglichen Bedarf geprüft werden.

4. Longuich, Fell, Riol und Stadt Schweich: Die Ortsgemeinden Longuich und Fell kooperieren bereits im Rahmen des MORO- Umsetzungsprojekts „Mitholer“ miteinander und mit der Stadt Schweich, um die Erreich- barkeit der Städte Schweich und Trier über private Mitfahrangebote zu verbessern. Die räumliche Erweiterung um Riol sowie eine inhaltliche Ausdehnung der Kooperation er- scheint sinnvoll.

5. Höhengemeinden der Verbandsgemeinde Ruwer: Zwischen den Gemeinden besteht bereits eine „informelle“ Zusammenarbeit beim Bau einer Sportplatzanlage in der Ortsgemeinde und dem Bau der Hochwaldhalle am Standort Osburg. Insofern böten sich hier insbesondere im kommunalen Aufgabenbereich weitere Optionen an. Auf Grund der gegebenen Ausstattung könnte die Ortsgemeinde Os- burg die Versorgung mit Arzt, Apotheke, Täglichem Bedarf und Einzelhandel und weiteren Dienstleistungsangeboten übernehmen. Zwischen den Ortsgemeinden besteht bereits ein verdichteter Zubringerverkehr für die Regionalbuslinie.

6. Wellen, Grevenmacher (L): Die Ortsgemeinde Wellen beabsichtigt, in Abstimmung mit der luxemburgischen Nachbar- gemeinde Grevenmacher, eine Zukunftsstrategie zu erstellen. Ziel ist es, mögliche Aufga- benteilungen zwischen den beiden Gemeinden zu entwickeln, um von gegenseitigen Syn- ergien zu profitieren.

10.2. Strategische Zielsetzungen Die strategischen Ziele im Handlungsfeld „Lebenswerte Dörfer und Städte“ sind auf die Sicher- stellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen des Landkreises in Bezug auf die Daseinsvorsorge ausgerichtet. Aufbauend auf dieser These sind die nachfolgenden Leitaspekte für alle Handlungs- und Verwaltungsebenen (Landkreis, Verbandsgemeinden, Ortsgemeinden und Städte) gleichermaßen entwickelt worden:

Im gesamten Landkreis finden die Einwohner gleichwertige Lebensverhältnisse. Notwendige Einrichtungen sind in zumutbarer Entfernung erreichbar.

 Wir setzen uns für (betriebswirtschaftlich tragfähige) Versorgungsräume und für ergänzen- de Angebotsformen für die Erreichbarkeit der Orte mit Versorgungsfunktion ein.  Wir schöpfen Möglichkeiten zur Umsetzung der Bedarfe für neue Wohnformen und barrie- refreien Wohnraum aus und tragen zur Schaffung attraktiver Angebote in den Ortskernen bei.

104 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

 Wir unterstützen soziale Grundinfrastrukturen in möglichst allen Gemeinden und Städten des Kreises als belebte innerörtliche Anlaufstellen und Kommunikationstreffpunkte zur Ak- tivierung und Stärkung der sozialen Kontakte.

Im gesamten Landkreis verfügen wir über eine bedarfsgerecht gestufte Infrastrukturausstat- tung und entwickeln alternative Organisationsformen von gemeinsamen (zentralen) Einrich- tungen und Funktionen.

 Wir unterstützen Kooperationen zwischen unseren Kommunen und ggf. privaten Dritten zur gemeinsamen Trägerschaft von Infrastrukturen sowie beim Ausbau und Erhalt notwen- diger Versorgungsangebote.  Wir verstärken unsere Aktivitäten bezüglich einer zeitgemäßen breitbandigen Internetver- sorgung im Landkreis.

10.3. Handlungsstrategien und -ansätze Auf der Grundlage der strategischen Ziele sind in der Arbeitsgruppe, den Workshops und unter Einbeziehung der Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung in den Dörfern des Landkreises Hand- lungsstrategien und -ansätze diskutiert worden, die für die Initiierung, Steuerung und Unter- stützung daseinsbezogener Prozesse in den Dörfern wichtig sind.

Dabei hat sich herauskristallisiert, dass es keine Standardlösungen für eine zukunftsfähige Entwicklung der Dörfer gibt, sondern vielmehr Einzellösungen erforderlich sind, die den jewei- ligen örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen. Initiativen und Projekte müssen vor Ort ent- wickelt und mit den Bürgerinnen und Bürgern organisiert werden. Hinzu kommt, dass grundle- gende Aufgaben im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge den Gemeinden und Städten in eigener Planungs- und Finanzhoheit obliegen.

Ungeachtet dessen wird der Landkreis diese Aufgabenbereiche in seiner Strategie regionale Daseinsvorsorge nicht ausblenden. Vielmehr wird er in erster Linie eine Beratungs- und Unter- stützungsfunktion übernehmen, wie dies auch in den Workshops und AG-Sitzungen themati- siert wurde.

Im Vordergrund steht die Sammlung und Aufbereitung von Informationen und „best-practice“- Beispielen zur Verbesserung der Informationsgrundlage aller Gemeinden hinsichtlich der Mög- lichkeiten und Initiativen im Rahmen der örtlichen Daseinsvorsorge. Der gegenseitige Informa- tionsaustausch innerhalb des Landkreises wird als wesentlicher Beitrag zur Entwicklung kon- kreter Überlegungen und Handlungsansätze vor Ort verstanden.

Auf der Ebene der Verbandsgemeinden wird die Beratung und Koordinierung der örtlichen Aktivitäten sowie die Unterstützung der Gemeinden und Städte bei der Umsetzung der örtli- chen Initiativen und Projekte erwartet. Den Gemeinden und Städten im Landkreis obliegt im Rahmen ihrer gesetzlichen Allzuständigkeit hingegen die Initiierung und Entwicklung von ört- lich angepassten Lösungen unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und ggf. durch Kooperationen in kommunalen Nachbarschaftsbereichen bzw. mit privaten Dritten.

Die nachfolgend angeführten strategischen Handlungsansätze sind das Ergebnis der Arbeit in der Arbeitsgruppe „Lebenswerte Dörfer und Städte“ und der Auswertung der Bevölkerungsbe- fragung in den Dörfern des Landkreises (siehe Auswertung der Befragung: „Lebenswerte Dör- fer: Lebensqualität im Landkreis Trier-Saarburg“ der Universität Trier, S. 107f , im Anhang).

105 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

10.3.1. Medizinische Versorgung Mittel- und langfristig ist eine gesicherte wohnortnahe medizinische Versorgung unverzicht- bar, ansonsten ist mit massiven Abwanderungsbewegungen und einem ausbleibendem Zuzug zu rechnen. Gerade die jüngeren Menschen, die noch länger auf dem Land leben (wollen), fordern dies auch explizit. Umfangreiche Ausführungen dazu sind Handlungsfeld „Gesundheit und Pflege“ enthalten. Es bedarf neuer Strukturen in der medizinischen Versorgung. Zur Entwicklung und Umsetzung eines neuen, sektorübergreifenden Versorgungsmodells für den ländlichen Raum wurde ein Forschungsprojekt zur Umsetzung der Regionalstrategie beantragt (siehe auch Kapitel 8.3.1).

10.3.2. Siedlungsentwicklung Für die künftige Siedlungsentwicklung sind unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte „innerörtliche Entwicklung“ und „Wohnformen/Wohnqualitäten“ Anpassungsstrategien zu entwickeln, die an den Bedürfnissen der unterschiedlichen Nutzergruppen (junge Familien, Singles, ältere Menschen) ausgerichtet sind.

Zum Entgegenwirken einer negativen Entwicklung in den Ortskernen und zur Stärkung des örtlichen Gemeinschaftslebens sollten soziale Grundinfrastrukturen gestärkt und ggf. ausge- baut werden (Gemeindebüros, Bürgercafés, „Dorfschwester“, Dorfplatz, Jugendräume, etc.), um auch hier wieder innerörtliche Kommunikationspunkte zu haben, die wichtig für die sozia- len Prozesse im Dorf sind. Vorhandene örtliche Gemeinschaftseinrichtungen (Bürgerhäuser, Gemeinschaftsräume u.ä.) sollten konzeptionell eingebunden werden und innerörtliche Initia- tiven mit entsprechendem Raumangebot unterstützen.

10.3.3. Nahversorgung Essentiell für die Lebensqualität ist auch die Nahversorgung mit Lebensmitteln, Bankdienstleis- tungen und anderen Gütern des täglichen Bedarfs. Die Grundversorgung ist in kleineren Orten absehbar nur durch Rollende Märkte und Bank-/Post-Mobile sicherzustellen. Solche Angebote gibt es bereits. Die Frage ist aber, ob diese ausreichen. Bei Rollenden Märkten oder sonstigen mobilen Versorgungsangeboten sind Rahmenbedingungen und ggf. unter noch näher zu klä- renden Voraussetzungen auch spezifische Anreizstrukturen für die regelmäßige Anfahrt auch kleinerer Dörfer mit aus Sicht des Anbieters eher ungünstiger Ertragslage zu prüfen und zu entwickeln.

Insbesondere in den peripher gelegenen Teilräumen des Landkreises sind neue Ansätze auch mit Blick auf Förderprogramme wie LEADER oder Dorferneuerung zu erarbeiten. Dabei kann nicht nur die Frage diskutiert werden, wie der Wegfall örtlicher Versorgungseinrichtungen durch Mobilitäts- und Dienstleistungsangebote kompensiert werden kann, sondern vielmehr wie stationäre Nahversorgungseinrichtungen erhalten oder neu eröffnet werden können. Ge- rade diese Geschäfte/Läden übernehmen nicht selten die Funktion von Kommunikationspunk- ten für die Dorfbewohner. An dieser Stelle wird auf die Ausführungen in Kapitel 10.1 bezüglich der Überprüfung raumordnerischer Vorgaben zur Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben au- ßerhalb zentraler Orte verwiesen.

Es gilt daher für die Zukunft eine gestufte Angebotsstruktur zur Sicherstellung einer möglichst wohnortnahen Versorgung zu entwickeln. Ein Ansatz hierzu könnte sein, kleinere räumlich zusammengehörige Nahversorgungsräume unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlich trag- fähiger Standorte und entsprechender Mobilitätsangebote in Ergänzung zu den regionalplane-

106 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung risch festgelegten zentralen Versorgungsbereichen zu definieren. Für Orte, die solchen klein- räumigen Versorgungsbereichen nicht sinnhaft zugeordnet werden können, wäre dann bei- spielsweise der Ausbau bzw. die kommunale Unterstützung rollender Märkte eine tragfähige Option.

10.3.4. Wohnen Die Wohnzufriedenheit im Landkreis ist gleichermaßen hoch. Die weitaus meisten Befragten wollen (auch) deshalb bis zu ihrem Lebensende in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Eine Übersiedlung in ein Altersheim ist eine definitiv unattraktive Alternative. Auch wenn sich diese gleichwohl in manchen Fällen kaum wird vermeiden lassen, so wird doch ein größerer Teil der älteren und alten Bevölkerung bis zum Tod zu Hause leben können, wenn die Häuser und Wohnungen altersgerecht eingerichtet bzw. umgebaut werden. Dazu bedarf es aber spezieller Beratungen und ggf. auch Unterstützungen in Form von Geld- oder Sachleistungen. Auch hier könnten die Verbandsgemeinden und der Landkreis tätig wer- den und die Umsetzungsmöglichkeiten entsprechender Angebote prüfen. Darüber hinaus könnte insbesondere der Landkreis eine Unterstützungsfunktion bei der Umsetzung alternati- ver Wohnprojekte wahrnehmen, indem Informationen zu guten Beispielen aufbereitet und Kontakte zu beratenden Institutionen im Landkreis und darüber hinaus weitergegeben wer- den.

10.3.5. Mobilität Die Mobilität wird mit zunehmendem Alter eingeschränkt, der ÖPNV – gekoppelt an die Schü- lerbeförderung aber wegen rückläufiger Kinderzahlen gerade auf dem Land – ebenfalls. Alter- native Verkehrskonzepte, die insbesondere auf die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung auf dem Land zugeschnitten sind, sind dringend erforderlich. Ansätze dazu gibt es inzwischen auch in einigen Kommunen im Kreis. Zu klären ist, inwieweit diese Konzepte flächendeckend und zeitstabil umgesetzt werden können. Unter dem Gesichtspunkt der Mobilität sind die bestehenden und neu einzurichtenden Ange- bote zu bewerten und ggf. neue Instrumentarien bzw. alternative Bedienformen (z.B.: Dorf- mobil, Bürgerbus, Markt-/Stadtbus, Seniorentaxi, etc.) zu diskutieren und zur Prüfung der Trag- fähigkeit und Übertragbarkeit in kommunalen Kooperationsräumen zu erproben (siehe hierzu auch Kapitel 5.3.1).

10.3.6. Internet Um junge Menschen dauerhaft in den Dörfern zu halten, Ärzte oder auch andere Dienstleister oder Unternehmen anzusiedeln, bedarf es einer zeitgemäßen Internetanbindung. So wie ab den sechziger Jahren eine funktionierende Telefonanbindung in jedem Haushalt eine Selbst- verständlichkeit war, ist dies zumindest für Jüngere bereits jetzt eine (schnelle) Internetver- bindung. Regionen ohne eine solche Infrastruktur werden in der Zukunft für grundsätzlich Zu- zugswillige zu „No-Go-Areas“, für Einheimische sind solche Defizite sehr ernstzunehmende Motive für einen Wegzug. Eine hochwertige Breitbandversorgung ist gerade heute für die Interneterreichbarkeit aller Teilräume, etwa für Behörden-Angelegenheiten, für lokale Betriebe, Dienstleister, Handwerker oder in Teilbereichen der medizinischen Versorgung, die darauf angewiesen sind, große Da- tenmengen in hoher Geschwindigkeit zu übertragen, unverzichtbar.

10.3.7. Freiwillige kommunale Dienstleistungen Über ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement wird intensiv diskutiert. Bereits heu- te werden ja auch viele Aufgaben der Daseinsvorsorge auf dem Land von Ehrenamtlichen

107 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

übernommen. Aus verschiedenen Gründen wird dies künftig aber nicht ausreichen. Es bedarf für bestimmte Aufgaben vielmehr einer professionalisierten und verlässlichen Struktur. Hier gibt es durchaus vielfältige Überlegungen, wie dies realisiert werden kann. Eine Anregung ist die eines „freiwilligen kommunalen Jahres“, strukturell analog zum freiwilligen sozialen Jahr (FSJ), wobei der Schwerpunkt der Tätigkeit aber in einer Kommune (Dorf oder Verbandsge- meinde) liegt. Denkbar wäre, dass Personen, die sich hierzu verpflichten, später für sich oder Angehörige ebenfalls bevorzugt und/oder kostenfrei auf solche Dienste zurückgreifen können oder Hilfen für oben angesprochene notwendige Umgestaltungen von Haus oder Wohnung erhalten, um zwei Beispiele zu nennen. Weiterhin sollte geprüft werden, inwiefern unmittelbar wirksame Anreizsysteme zur Ausschöpfung des Potentials freiwilliger kommunaler Dienstleis- tungen geschaffen werden können.

10.3.8. Kooperationen Um die Wohn- und Lebensqualität in allen Gemeinden des Landkreises zu sichern, ist ein quali- tativ gutes und gleichwertiges Angebot zur Daseinsvorsorge vorzuhalten. Daher sind in den Prozess auch Überlegungen bezüglich der Kooperation von Gemeinden und/oder anderen Trägern sowie der konkrete Bedarf und die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an Da- seinsvorsorgeeinrichtungen einzubeziehen und teilräumlich zu definieren (z.B. Kooperationen mit der Wirtschaft, Lebensmitteleinzelhandel, etc.).

10.4. Maßnahmen(-empfehlungen) Zur konkreten Umsetzung der Handlungsstrategien sind im Verlauf des Prozesses folgende Maßnahmen(-empfehlungen) für den Landkreis hervorgegangen:

10.4.1. Werkzeugsammlung „Instrumentenkasten“ Demographie und Daseinsvorsorge Der Landkreis richtet eine Projektdatenbank als Werkzeugsammlung ein. Darin werden kon- krete Ansätze für örtliche Initiativen und Projekte/Projektansätze mit Bezug zur Daseinsvorsor- ge und Demographie in den Gemeinden und Städten aufgenommen. Eine Zusammenstellung der fachlichen Anforderungen und rechtlichen Voraussetzungen im Sinne von „Projektsteckbriefen“ mit exemplarischen Umsetzungsprojekten verdeutlicht den Beispielscharakter praktisch und regt bei erfolgreichem Ablauf derartiger Projekte zur örtlichen Nachahmung an. Zugleich dient diese Projektdatenbank unter dem Grundgedanken „Netzwer- ke schaffen – Kommunikation fördern - Wissen vermitteln“ einer Vernetzung der Ansätze von Kommunen, Vereinen und Privaten als wichtiges Beratungsangebot des Kreises an die Ge- meinden und Städte. Ein weiterer Baustein könnte die Schulung von Ortsbürgermeistern sein, an die sich auch regelmäßige Treffen interessierter Vertreter der Ortsebene anschließen soll- ten, um den kreisinternen Wissenstransfer zu unterstützen.

10.4.2. Service Demographie und Daseinsvorsorge Der Landkreis wird seine Fachkompetenzen (z.B. Koordinierungsstelle Dorferneuerung, Wirt- schaftsförderungsgesellschaft, Kommunales, Öffentlichkeitsarbeit, etc.) mit Blick auf die The- men Daseinsvorsorge und demographischer Wandel verstärkt bündeln. Dabei werden mög- lichst auch die in den Dörfern tätigen externen Moderatoren und Fachbüros in einen regelmä- ßigen Informationsaustausch einbezogen. Ziel ist die nachhaltige Evaluierung von örtlichen Initiativen und Anregungen zu kommunalen Vorhaben sowie die Vernetzung der vor Ort invol- vierten Akteure. Gerade die Evaluierung und Vernetzung sind wichtige Erfolgsfaktoren für die optimale Ausrichtung der Initiativen und Projekte in den Dörfern.

108 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Für die Umsetzung einer Regionalstrategie ist bedeutsam, dass die verantwortlichen Akteure vor Ort gestärkt werden. Gerade finanziell „schwache“ Gemeinden sehen sich bereits aus die- sem Grund vor besondere Probleme gestellt. Allerdings sind nicht allein finanzielle Aspekte entscheidend. Die ehrenamtlichen Verantwortungsträger benötigen verlässliche, gut infor- mierte und engagierte Sachbearbeiter in der Administration auf allen Verwaltungsebenen an ihrer Seite, die ihr Anliegen, den demographischen Wandel vor Ort mit zu gestalten, aufneh- men und unterstützend begleiten.

Zur Umsetzung sollten regelmäßige Treffen interessierter Vertreter aus den Ortsgemeinden in festgelegten Abständen terminiert, vorbereitet, moderiert und nachbereitet werden.

10.4.3. Ergebnisse des MORO-Prozesses als Informationsmaterial Eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen Entwicklungen und konkreten Folgen vor Ort ist für alle Dörfer und Städte eine wichtige Zukunftsaufgabe. Langfristige Zielvorstellungen für die Ortsentwicklung, auch als Grundlage für investive Entscheidungen sollten entwickelt werden, um etwaigen nachteiligen Entwicklungen vor Ort frühzeitig gegensteuern zu können. Die Ergebnisse des MORO-Prozesses sollen als Informationsmaterial für die örtliche Befassung mit der Aufgabenstellung Demographie und örtlicher Daseinsvorsorge aufbereitet werden.

10.4.4. Marketing Demographie und Daseinsvorsorge Für die schon im Gange befindlichen und noch bevorstehenden demographischen Verände- rungen ist die Sensibilisierung der Verantwortungsträger in den Gemeinden von maßgeblicher Bedeutung. Hierfür ist eine Verankerung der Aktualität des Themas in Besprechungen, Sitzun- gen und insb. in allen Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit des Kreises (Kreisnachrichten, Kreis- Homepage, etc.) wichtig. Eine Marketing-Strategie, die über die bloße Erwähnung der Proble- matik hinausgeht, muss die anstehenden Veränderungen verdeutlichen und einen konkreten Bezug herzustellen, um Betroffenheit zu erzeugen. Dabei erscheint die Einbindung der jungen Menschen sehr wichtig, die zum einen ihre Gedanken in die Familien tragen und zum anderen bereits früh für die bevorstehenden Veränderungen sensibilisiert werden, von denen sie schließlich besonders betroffen sein werden.

Wesentlich für die künftige Umsetzung ist eine starke Beteiligung der Bürger vor Ort um Be- wusstsein zu entwickeln, damit die Menschen selbst bestimmen können, wie sie in Zukunft leben wollen. Mit gezielten Schulungen und Informationen der politischen Verantwortungsträ- ger in den Gemeinden sollte eine erfolgsversprechende Multiplikatorwirkung erreicht werden.

10.4.5. Förderung konzeptioneller Ansätze und modellhafter Vorhaben in den Ortsgemein- den zur Bewältigung der Auswirkungen des demographischen Wandels Im Rahmen seiner Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion begleitet der Landkreis örtliche Hand- lungsansätze und modellhafte Vorhaben in den Ortsgemeinden fachlich und unterstützt diese im Rahmen verfügbarer personeller Ressourcen und finanzieller Mittel bspw. durch die Förde- rung von Workshops, Bürgerwerkstätten, Zukunftskonzepten und anderer geeigneter Maß- nahmen. Dies betrifft insb. konzeptionelle Ansätze, deren Ergebnisse in der Folge auch auf andere Kommunen übertragbar sein können. Dadurch sollen die Grundgedanken der Regionalstrate- gie Daseinsvorsorge für den Landkreis auch von den Dörfern und Städten aufgegriffen werden und vor Ort zu einer konkreten Befassung mit der Thematik führen. Möglichkeiten der Förde- rung aus der Stiftung „Zukunft in Trier-Saarburg“ oder über die Wirtschaftsförderungsgesell- schaft des Landkreises Trier-Saarburg (WFG) sind gegeben.

109 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

In diesem Zusammenhang könnten z.B. vorhandene gemeindliche Dorferneuerungskonzepte als zukunftsgerichtete Entwicklungskonzepte unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Demographie und Daseinsvorsorge von den Ortsgemeinden weiterentwickelt werden. Es sollte mit den Bürgern ein Leitbild erstellt werden, an dem sich die Zukunft des Dorfes orientiert. Damit können wichtige Impulse für wirtschaftliche, kulturelle und soziale Eigeninitiativen auf Ortsebene erreicht werden. Zur Unterstützung der aktiven Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürger im Diskussionsprozess könnten örtliche Ansprechpartner in Abstimmung mit den Orts- bürgermeistern/Gemeinderäten gesucht werden.

Die Dörfer als eigenständige Lebensräume zu erhalten, wird auch weiterhin im Mittelpunkt der Arbeit der Koordinierungsstelle Dorferneuerung des Kreises stehen. Als Projekte und Maß- nahmen kommen – soweit erforderlich unter Einbeziehung externer Fachkräfte – in Betracht:

 Verstärkung der Informations-, Bildungs- und Beratungsarbeit bezüglich der demographi- schen Entwicklung der Gemeinden zur Darlegung konkreter Betroffenheiten und Erarbei- tung von örtlichen Entwicklungsstrategien.  Schulung von Moderatoren für die Entwicklung örtlicher Handlungsansätze (z.B. für die Bildung örtlicher Arbeitsgruppen und Arbeitskreise).  Konsequente Berücksichtigung der Belange von Demographie und Daseinsvorsorge unter frühzeitiger Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger bei allen kommunalen Planungen.

10.4.6. Beratung, Koordinierung und Unterstützung in Fragen der Siedlungsentwicklung Während in Teilbereichen des Kreisgebiets trotz teils hoher Grundstückspreise nach wie vor Nachfrage nach Bauland herrscht, stagniert die Baulandnachfrage speziell im südlichen Teil des Kreisgebietes. Erschlossene Bauplätze können dort teils nicht vermarktet werden; darüber hinaus stehen teilweise Baulandpotentiale in den Ortslagen zur Verfügung, die aktiviert wer- den könnten und sollten (Stichwort: Wiederbelebung der Ortsmitte).

Eine einheitliche Strategie der Siedlungsentwicklung für den gesamten Landkreis ist aufgrund der Unterschiedlichkeit der Problemlagen vor Ort nicht sinnvoll. Empfohlen wird jedoch, insb. in den Teilen des Landkreises mit geringer Baulandnachfrage von größeren Neubauge- bietsausweisungen abzusehen. Die Erfahrungen aus einzelnen Verbandsgemeinden zeigen, dass mit der Entscheidung, neue Baugebiete mit in der Regel höheren Gestehungskosten an- zugehen, auch die Preise der verfügbaren (innerörtlichen) Flächenpotentiale anziehen. Ein Verzicht oder die Zurückstellung neuer Baulandentwicklungen – abgesehen von Abrundungen für den örtlichen Bedarf – trägt zur Mobilisierung vorhandener Bauflächen und Stabilisierung der örtlichen Baulandpreise bei. Mit Blick auf einen schonenden Umgang mit Flächen- verbrauch und zur Vermeidung von Konkurrenzsituationen zwischen Gemeinden sollten ange- dachte Baulandausweisungen frühzeitig interkommunal abgestimmt werden. Ein vorgelagerter örtlicher „Demographiecheck“ zur Feststellung der konkreten Betroffenheit wird bei allen neu- en Baugebietsausweisungen empfohlen.

10.4.7. Unterstützung von Initiativen zur Ortsinnenentwicklung und Revitalisierung der Orts- kerne Sobald Leerstand in den Ortskernen eintritt, leidet darunter schnell die innerörtliche Attraktivi- tät der Gemeinden mit der Folge möglicher weiterer Abwanderungen. Im Zuge von Anpas- sungsstrategien können finanzielle Anreize zur Beseitigung abgängiger Bausubstanz und zur Schaffung neuer innerörtlicher Bebauung förderlich sein.

110 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

Neben direkten kommunalen Finanzhilfen tragen sanierungsrechtliche Abschreibungsmöglich- keiten indirekt zur Finanzierbarkeit privater Investitionen in den Ortskernen bei. Der Landkreis fördert über die Stiftung „Zukunft in Trier-Saarburg“ oder über die Wirtschaftsförderungsge- sellschaft (WFG) die konzeptionellen Untersuchungen zur Vorbereitung entsprechender Sanie- rungsbereiche im Rahmen der verfügbaren finanziellen Mittel und berät in Fragen von Nach- nutzungen.

Weiterhin ist ein abgestimmtes „Bestandsmanagement“ für innerörtliche Flächen als Sied- lungspotential von zentraler Bedeutung. Für die Bauleitplanung ist der Vorrang der Innenent- wicklung als verbindliches Ziel des LEP IV zu beachten. Mit dem Programm RAUM+ des Landes Rheinland-Pfalz liegt eine landesweite Übersicht vorhandener Siedlungsflächenpotentiale vor. Darin ist auch eine Bewertung der Bebaubarkeit im Hinblick auf evtl. vorhandene Hemmnisse enthalten. Neben dem Zugang zu diesen Daten unterstützen Orts- und Verbandsgemeinden aktiv die Mobilisierung innerörtlicher Bauflächen.

Ergänzend sollten seitens der Gemeinden vor Ort zielführende Möglichkeiten der innerörtli- chen Bodenneuordnung (z.B. Dorfflurbereinigung, Landtausch, Zwischenerwerb von Leerstän- den) geprüft werden.

Projektbeispiele: Verbandsgemeinde Saarburg – Ortskern und Leerstandsvitalisierung – Initiative „Bauen im Ortskern – Leben mittendrin“ 11 Mit der Initiative steuert die Verbandsgemeinde Saarburg der Entleerung und Verödung histo- risch gewachsener und touristisch attraktiver Ortskerne entgegen. Statt der Versiegelung wei- terer Neubauflächen an den Ortsrändern sollen künftig Baupotentiale im Ortskern reaktiviert werden. Die Verbandsgemeinde wirbt offensiv für das Bauen, Wohnen und Leben mitten im Dorf und gibt finanzielle Anreize für private Bauprojekte innerhalb festgelegter Gebiete in den Orten. Gefördert werden Erwerbs-, Bau- und Sanierungskosten im Ortskern und Beratungen für regionaltypisches Bauen (Außengestaltung).

Im Rahmen des Städtebauförderungsrechts werden in den Ortsgemeinden durch Festlegung von städtebaulichen Sanierungsbereichen steuerliche Anreize durch Abschreibungsmöglichkei- ten für bauliche Sanierungsmaßnahmen geschaffen. Die erforderlichen „städtebaulichen Vor- untersuchungen“ als Grundlage der steuerrechtlichen Anerkennung werden von den Ortsge- meinden beauftragt. Neben der EU-Förderung dieser Kosten leistet auch die Stiftung „Zukunft in Trier-Saarburg“ im Rahmen verfügbarer Mittel einen Zuschuss für die Vorbereitung innerört- licher Entwicklungsmaßnahmen (Stand 08/2013: Ortsgemeinden Ayl, Fisch, Freudenburg, Irsch, Kastel-Staadt, Mannebach, Merzkirchen, Serrig, Trassem; weitere Ortsgemeinden in Vorberei- tung).

Verbandsgemeinde Hermeskeil Leerstands- und Ortskernvitalisierung zur Dorfinnenentwicklung 12 Zu Beginn des Jahres 2012 wurde erstmals eine flächendeckende Erhebung aller Wohngebäu- de durchgeführt. In einem Strategiepapier wurden die demographischen und siedlungsstruktu- rellen Eckdaten der Verbandsgemeinde Hermeskeil ermittelt und Leerstandsprognosen ange- stellt. Für alle Gemeinden und die Stadt Hermeskeil wurden durch Fakten- und Standortchecks

11 Weiterführender Link: www.bauen-im-ortskern.de 12 Weiterführender Link: http://www.hermeskeil.de/index.php?id=136

111 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

die kleinräumigen Entwicklungsunterschiede aufgezeigt. Auf dieser Grundlage wurden Förder- kernzonen der einzelnen Ortsgemeinden festgesetzt sowie eine Förderrichtlinie zur Stärkung und Belebung der Ortskerne in Kraft gesetzt.

Die Möglichkeiten des Städtebauförderrechts werden ebenfalls zeitnah angegangen. Eine Pro- jektgruppe der Verbandsgemeinde steuert den Prozess. Im Zuge dieser Initiative haben bereits erste Workshops zur Dorfinnenentwicklung stattgefun- den.

Workshops zur Dorfinnenentwicklung – Orts- und Leerstandsvitalisierung in den Ortsgemein- den Beuren, Damflos , Geisfeld, Grimburg, Neuhütten, Rascheid und Züsch; weitere Workshops sind geplant (Verbandsgemeinde Hermeskeil) 13 Zu Beginn der Workshops steht eine „Informationsphase“, in der die allgemeine demographi- sche Entwicklung sowie die spezifische Entwicklung in der jeweiligen Ortsgemeinde analysiert werden. Die anschließende „offene Ideen-Phase“ dient der Sammlung von Verbesserungsideen und -wünschen der beteiligten Bürger. In der folgenden moderierten „Realisierungsphase“ wird reflektiert, ob und falls möglich durch wen eine Umsetzung erfolgen kann. Vielfach bildet sich ein örtlicher Schwerpunkt heraus. Weitere Workshops sind geplant; eine flächendeckende Durchführung in der Verbandsgemeinde Hermeskeil ist vorgesehen. Die Ergebnisse der bishe- rigen Workshops können auf der Internet-Seite der Verbandsgemeinde Hermeskeil unter der Rubrik Gemeinden eingesehen werden. In einem weiteren Schritt werden in Kooperation mit den ortsansässigen Banken ergänzende Informationsveranstaltungen angeboten.

Ortsgemeinde Beuren – Bestandsmanagement Die Ortsgemeinde Beuren beschäftigt sich zurzeit beispielhaft mit dem Thema Bestandsmana- gement, in dem sie die möglichen baureifen Grundstücke in der Ortslage (Gärten, Wiesen, Abrissgrundstücke) erfasst und mit den Eigentümern konkrete Gespräche über deren Ver- kaufsbereitschaft führt. Von 25 angesprochenen Grundstückseigentümern signalisierten 16 Verkaufsbereitschaft zu marktgängigen Preisen. Die dem Markt zur Verfügung stehenden Grundstücke wurden in eine Liste aufgenommen, die interessieren Bauwilligen von der Orts- gemeinde zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund der bei diesen Grundstücken vorhandenen Erschließung liegen die Verkaufspreise teils deutlich unter denen in Neubaugebieten. Die Orts- gemeinde hat mit diesem Projekt als Moderator „quasi das gesamte Dorf zum Baugebiet ge- macht“.

Ortsgemeinde Föhren (Verbandsgemeinde Schweich) Revitalisierung des ehemaligen Klosterbereichs im Ortskern Nach dem Grunderwerb durch die Ortsgemeinde Föhren wird die Nachnutzung der Liegen- schaft mit Unterstützung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises konzeptionell auf- bereitet und beratend begleitet. Ziel ist eine für die Gemeinde kostenneutrale neue Nutzung des innerörtlichen Leerstands unter Wahrung der gemeindlichen Planungshoheit.

Im verbindenden Kontext mit Information und Beratung zu Fördermöglichkeiten der Ortsin- nenentwicklung könnten Immobilien- und Baulandlückenbörsen bei den Verbandsgemeinden zur stärkeren Mobilisierung von innerörtlichen Flächenpotentialen beitragen. Sowohl Kommu- nen als auch Privatpersonen und Makler sollte die Möglichkeit eröffnet sein, Informationen zu Immobilien und Baulücken bereit- bzw. einzustellen.

13 Weiterführender Link: http://www.hermeskeil.de/index.php?id=566

112 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung

10.4.8. Ausbau sozialer Grundinfrastrukturen Dorfbewohner sollten innerörtliche Anlaufstellen und Kommunikationstreffpunkte zur Aktivie- rung und Stärkung der sozialen Kontakte vorfinden. Empfohlen wird, vorhandene örtliche Begegnungsstätten unter Einbeziehung der Bürger zu aktivieren und möglichst regelmäßig Kontaktmöglichkeiten anzubieten. Verknüpfungen mit vorhandenen Einrichtungen (z.B. örtliche Kindertagesstätten, Pflegestützpunkte, etc.) und die Vernetzung sozialer Aktivitäten in den Dörfern sollten dabei gefördert werden. Im Hinblick auf das Konzept Familienzentren im Landkreis Trier-Saarburg zur Schaffung fester Anlaufstellen, sog. Kristallisationspunkte für Familien in den Gemeinden, wird das Ziel verfolgt, neue fachlich fundierte Angebote zur Begleitung und Unterstützung für Familien zu etablieren (siehe hierzu auch Kapitel 9.3. sowie Entwurf FiLTS im Anhang). Der Landkreis unterstützt und begleitet im Rahmen seiner personellen und finanziellen Mög- lichkeiten örtliche Angebote für Kommunikation, Beratung, etc. beispielsweise in Form von Bürgertreff oder Dorfcafé. Ziel muss es sein, mindestens einen belebten Kommunikationsort in jedem Dorf zu behalten.

Projektbeispiele: Ortsgemeinde Neuhütten (Verbandsgemeinde Hermeskeil) - Einrichtung eines Bürgerbüros 14 Die Konzeption wurde im Rahmen des Kreiswettbewerbs „Lebendige Dörfer“ erfolgreich ent- wickelt (Schlussbericht 2011). Mit zentralen Inhalten wie „Leit- und Koordinierungsstelle“ für alle Altersgruppen, Informationsangeboten zu verschiedenen Themen wie z.B. „Gesundheit“, „Angebote der Vereine“ oder “Anlaufstellen bei sozialen Fragen“, öffentlichen Informations- veranstaltungen, offenem Café, öffentlichem Internetzugang und einem festen Organisations- team hat sich diese Einrichtung mit beispielhaftem ehrenamtlichen Engagement etabliert. Eine intensive Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Bürgerbüros, die nachhaltige Öffent- lichkeitsarbeit zur Bewerbung der örtlichen Aktivitäten sowie die persönliche Information und Ansprache von Bürgern und sonstigen Stellen (z.B. Pflegestützpunkt, Pflegedienste, Mehrgene- rationenhaus) trägt maßgeblich zum Erfolg des Projektes bei. Die Ortsgemeinde beschäftigt aktuell auch die Frage, ob die demnächst vorhandene Ganztags- kindertagesstätte mit ihrer Gewerbeküche nicht auch als Mittagstisch für Alleinstehende und/oder ältere Menschen genutzt werden kann.

Ortsgemeinde Aach (Verbandsgemeinde Trier-Land) - Bürgerverein Aach Die Idee für den Aacher Bürgerverein entstand während einer Zukunftskonferenz, die 2010 von der Gemeinde durchgeführt wurde (siehe hierzu auch Kapitel 8.1.3.7). Im Fokus der Veran- staltung standen die Themen Pflege, Wohnen, Mobilität, Versorgung und Ehrenamt. Die Grün- dung des Vereins wurde von Aacher Bürgerinnen und Bürgern initiiert, um die Ideen und Vor- schläge der Konferenz umzusetzen. Der Verein hat derzeit 240 Mitglieder, von denen sich sechs im Organisationsteam engagieren. Außerdem wurde ein Dorftreff geschaffen, bei dem eigene Ideen ebenso wie benötigte Hilfeleistungen geäußert werden können. Ergebnis einer Bürgerinitiative war beispielsweise die Umstrukturierung eines Platzes in Aach, welche die Aufwertung des Wohnumfeldes zur Folge hatte. Der Dorftreff wird rege genutzt und stellt für die Aacherinnen und Aacher einen zentralen Treffpunkt dar.

14 Weiterführender Link: http://www.neuhuetten-am-dollberg.de/

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Ortsgemeinde Mannebach (Verbandsgemeinde Saarburg) - Mannebacher Mobilitätsmodell 15 Das langfristige Ziel der Aktivitäten in der Ortsgemeinde Mannebach ist die Etablierung eines Mehrgenerationendorfes. Umgesetzt wurde bereits die Idee eines Dorfmobils bzw. Bürgerbus- ses. Das Mobil ist flexibel einsetzbar und wird derzeit insbesondere bei Mobilitätsengpässen und durch die ortansässigen Vereine genutzt. Es trägt bereits heute in entscheidendem Maße dazu bei, die Lebenssituation im Dorf zu verbessern. Im Hinblick auf die sich verändernde Al- tersstruktur in der Gemeinde und steigende Benzinkosten wird das Mobil in der Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Lebensqualität in Mannebach liefern. Seit Januar 2013 können ältere Menschen in Mannebach und Kümmern außerdem bei Einkäufen oder Arztbe- suchen von zwei geschulten Fachkräften begleitet werden. Die Seniorenbegleiterinnen organi- sieren darüber hinaus gemeinsame Mittagessen und Kaffeenachmittage und sind ein wichtiges Bindeglied zu den älteren Dorfbewohnern. Weiterhin wird derzeit der Dorffitnessraum gebaut. Ziel ist die Erhaltung von Gesundheit und Lebensfreude durch die Bereitstellung eines Kraft- trainingsraumes, den sowohl ältere als auch jüngere Menschen nutzen können. Darüber hinaus erarbeiten Studentinnen der Fachhochschule Ernst Abbe Jena ein nutzerorien- tierter Konzept zum Thema Betreuung und Versorgung bei Pflegebedürftigkeit in der Ortsge- meinde Mannebach. Dabei geht es darum, den Dorfbewohnern ein langes Leben in ihrer ge- wohnten Umgebung zu sichern. Hierfür haben die Studentinnen zwischen August und Septem- ber 2013 Interviews vor Ort geführt, die u.a. Aufschluss darüber geben sollen, welche Wohn- und Pflegemöglichkeiten bestehen. Anschließend soll ein Konzept mit konkreten Realisie- rungsmöglichkeiten, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen in Mannebach orientieren, erarbeitet werden. Die Präsentation der Auswertungsergebnisse sowie ebenfalls zu erarbeitender Businesspläne ist für Mitte 2014 vorgesehen. Finanziert werden diese Maßnahmen durch Sponsoring, LEADER-Förderung und Eigenmittel der Ortsgemeinde. Überlegt wird zur Zeit auch die Schaffung eines dörflichen Solidarpaktes, über den die Bürger für die Nutzung von Dorfmobil, Seniorenbegleitung, Dorffitnessraum eine finanzielle Eigenbeteiligung mit sozialverträglichen Beiträgen leisten könnten.

Ortsgemeinde Fisch (Verbandsgemeinde Saarburg) - Mehrgenerationenprojekt Das geplante Mehrgenerationenprojekt der Gemeinde Fisch besteht aus den drei Elementen Kindertagesstätte, Raum der Begegnung sowie Betreutes Wohnen. Anlass waren fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Vorschulalter in gut zu erreichender Entfernung. Zu diesem Zweck hat die Ortsgemeinde Fisch ein unbewohntes Gebäude in der Ortsmitte erwor- ben, das vollständig umgebaut und multifunktional nutzbar gemacht werden soll. Vorgesehen sind drei Gebäudeteile, die zum einen eine Kindertagesstätte für Kinder aus Fisch und dem benachbarten Mannebach beherbergen soll. Des Weiteren ist vorgesehen, im mittleren Ge- bäudeteil einen Raum der Begegnung mit Angeboten für die verschiedenen Generationen im Dorf einzurichten (z.B. Dorfbewohner allgemein; Eltern, die ihre Kinder in die KiTa bringen oder von dort abholen; Senioren aus dem Betreuten Wohnen; Besucher der Senioren). Im dritten Gebäudeteil soll ein betreutes Wohnangebot für ältere Menschen entstehen. Mit der Realisie- rung des Projekts, an dem zwei Ortsgemeinden und die Stadt Saarburg beteiligt sind, soll um- gehend nach Vorliegen der förderrechtlichen Voraussetzungen begonnen werden.

15 Weiterführender Link: http://www.mannebach.info/

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Ortsgemeinde Mandern (Verbandsgemeinde Kell am See) - Schaffung eines Dorfladens mit Kommunikationstreffpunkt Zur Einrichtung eines Dorfladens und Kommunikationstreffs soll die ehemalige Dorfbäckerei, die sich im Eigentum der Ortsgemeinde befindet, entsprechend umgebaut und saniert werden. Mit dem Projekt soll die Grundversorgung der örtlichen Bevölkerung mit Lebensmitteln ge- deckt werden. Dabei sollen gleichzeitig die Lebensqualität im Dorf erhöht, leerstehende Bau- substanz Ortskern reaktiviert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Kern der Idee ist es, einen Verkaufsraum zu schaffen, in dem Lebensmittel, Getränke und Produkte des täglichen Bedarfs angeboten werden können. Daneben sollen auch Räumlichkeiten für ein Café und einen Treffpunkt mit ca. 15 bis 20 Sitzplätzen, der beispielsweise von den örtlichen Vereinen oder im Rahmen von Familienfeiern genutzt werden kann, entstehen. Dem Vorhaben ging eine Fragebogenaktion zur Errichtung eines Dorfladens, an der sich 210 Manderner Bürgerinnen und Bürger beteiligt haben, sowie eine Interessenbekundung zur Verpachtung des Dorfladens voraus.

Neben der Bewilligung von Förderanträgen für die vorstehend beispielhaft aufgeführten Pro- jekte hat der Landkreis eine Vielzahl weiterer Vorhaben und Initiativen über Zuweisungen aus der Stiftung „Zukunft in Trier-Saarburg“ und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft unterstützt.

10.4.9. Unterstützung von Nahversorgungskonzepten Zur Sicherung der „Mindestnahversorgung“ – stationär oder mobil – sind teilräumliche Nah- versorgungskonzepte als Leitlinie für eine gleichwertige und nachhaltige Nahversorgung in den Dörfern hilfreich. Entsprechende Bestandsaufnahmen mit Potentialanalysen für teilräumliche Versorgungsgebiete in Abstimmung mit den betreffenden Verbandsgemeinden und Gemein- den könnten aufzeigen, ob und ggf. welche Versorgungsdefizite bestehen und wie diese abge- baut werden könnten.

Die Versorgungslage ist in kleinen Dörfern ungleich schwieriger als in den Grund- und Mittel- zentren mit hinreichenden bzw. teils sehr guten Nahversorgungsangeboten. Die Versorgungs- situation weist auch innerhalb der Teilräume spürbare Unterschiede auf. Es ist zu prüfen, in- wieweit teilräumlich neue Ansätze definiert, inhaltlich begleitet und unterstützt werden kön- nen. Der Landkreis sollte bei teilräumlichen Nahversorgungskonzepten koordinieren und ggf. durch Anbahnung von Kontakten oder Rahmenverhandlungen mit Versorgungsanbietern un- terstützen.

Soweit stationäre Einrichtungen (Dorfläden) als Existenzsicherung für private Betreiber nicht wirtschaftlich tragfähig sind, ist die Gründung von Bürger- oder Dorfvereinen, Bürgerstiftungen oder Dorfgenossenschaften zum weitgehend ehrenamtlichen Betrieb der Einrichtungen bzw. der aktiven Beteiligung der Dorfbevölkerung hieran, ggf. gegen Aufwandsentschädigung, zu erproben und zu unterstützen. Entsprechende Ansätze sind umso eher erfolgreich, je mehr Angebote und Kommunikationsmöglichkeiten in Form intelligenter, vielfach nutzbarer Einrich- tungen vor Ort kombiniert werden können, z.B.:

 Verkauf saisonaler Bedarfsware oder von Produkten regionaler Produzenten (z.B. Pflanzen, Obst, Kunsthandwerk, Schmuck), Nutzung von vorhandenem Expertenwissen oder beson- deren Fähigkeiten,  Einbeziehung medizinischer, medikamentöser Versorgungsleistungen oder pflegerischer Dienste,  Anlaufstelle für ergänzende örtliche Mobilitätsangebote,

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 Einbeziehung eines Versandpunktes/Paketdienstes,  Verbindung Dorfcafé, Dorfkneipe oder sonstige Dorfgemeinschaftseinrichtungen,  Gründung einer Bürger-/Dorfgenossenschaft zur persönlichen Bindung der Bürger an die Einrichtung,  Ausweitung des Hofladennetzes mit qualitativ hochwertigen regionalen Produkten.

Bei der Fortschreibung von Förderprogrammen, speziell im Rahmen der neuen EU- Förderperiode ab 2014 (z.B. EU-LEADER, VV-Dorf-/Stadterneuerung) sind entsprechende Hand- lungsansätze einzubringen und weiter zu entwickeln.

10.4.10. Wohnen Die Ausführungen zur Innerortsentwicklung betreffen insb. das innerörtliche Wohnen. Alters- gerecht und barrierefrei umgebaute Wohnungen sind wichtige Voraussetzungen für einen möglichst langen Verbleib älterer Menschen in ihren angestammten innerörtlichen Wohnun- gen. Eine Aufgabe des Landkreises kann es sein, mit der Leitstelle Familie (siehe auch Kapitel 9.3.1) und gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Behindertenbeauftragten entsprechende Bera- tungsangebote im Sinne einer Erstberatung gemeinsam mit Handwerkskammer, Banken, Sozi- alverbänden, Energieagentur und Wirtschaftsförderung des Kreises sowie sonstiger Institutio- nen in diesem Handlungsbereich zu unterstützen. Weitergehend könnten diese Einrichtungen bei der Etablierung von „Wohnberatern“ und deren Qualifizierung als Ansprechpartner für ein niedrigschwelliges Beratungsangebot speziell für ältere oder eingeschränkte Menschen in den Dörfern im Rahmen verfügbarer Mittel mit Koordinierung des Kreises unterstützen. Bestehen- de Angebote sind stärker zu vernetzen und zu kommunizieren.

10.4.11. Internet Trotz der weitgehenden Grundversorgung mit Internetanschlüssen im Kreisgebiet erfordert die zeitgemäße Internetnutzung mit stark wachsenden Datenmengen schnellere Übertragungsra- ten. Der Bedarf breitbandiger Internetverbindungen wird auch in Zukunft weiter steigen. Dies betrifft einerseits die private Nutzung, andererseits aber vielfach gewerblich Tätige. Leistungs- fähige Breitbandanschlüsse sind damit auch Voraussetzung für die Sicherung der Arbeitsplätze im Kreisgebiet. Die Vorhaltung entsprechender Breitbandnetze ist vor dem wirtschaftlichen Hintergrund als „quasi-Pflichtaufgabe“ der Kommunen anzusehen. Zur Erweiterung und Verbesserung der Breitbandnetze in den Gemeinden ist eine koordinierte Vorgehensweise der kommunalen Ebenen erforderlich. Der Landkreis wird entsprechende Initiativen in dem ihm möglichen Rahmen über die Wirtschaftsfördergesellschaft aktiv beglei- ten. Ausreichende staatliche Fördermittel zur Deckung der Wirtschaftlichkeitslücken sind be- reitzustellen. Die Gemeinden könnten bei gesamtörtlicher Betroffenheit mit konkret ausgewie- senen Zuschlägen auf die Steuersätze über einen festzulegenden Zeitraum eine zumindest anteilige Refinanzierung notwendiger Eigenanteile bewirken.

10.4.12. Weiterführung des Wettbewerbs „Lebendige Dörfer“ Mit der ersten Stufe des Wettbewerbs „Lebendige Dörfer“ haben etliche Gemeinden wichtige Handlungsansätze zur Aktivierung des örtlichen Gemeinschaftslebens aufgezeigt. Der Wettbe- werb sollte zur Verbesserung der Lebensqualität in den Dörfern mit neuen Schwerpunkten (z.B. Nachbarschaftshilfen, Mobilität, Betreuung für Kinder und Senioren, Bürgervereine, Bür-

116 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung gergenossenschaften, Förderung lokaler Pilotprojekte, etc.) und Zielgruppen (neben Kommu- nen auch örtliche Initiativen, Vereine, etc.) in einer weiteren Stufe fortgeführt werden.

In Ergänzung oder alternativ dazu steht eine direkte Ansprache von Gemeinden durch den Landkreis, die nach objektiven Kriterien am stärksten von der demographischen Entwicklung betroffen sind. Als Kriterien hierfür kommen in Betracht:

 Bevölkerungsentwicklung und Altersstruktur,  Anbindung an Versorgungszentren und Arbeitsplätze sowie  Zahl der Leerstände.

10.5. Fach- und ressortübergreifende Anregungen an Bund und Land  Rechtliche Aspekte Angesichts der Herausforderungen des demographischen Wandels für Angebote der Daseins- vorsorge ist dieses Aufgabenfeld im Hinblick auf kommunale Betroffenheiten als gesetzliche Pflichtaufgabe auszugestalten. Mit dieser Prämisse erscheint auch eine Priorisierung beim Ein- satz öffentlicher Mittel zielführend, so dass trotz angespannter Kommunalfinanzen entspre- chende kommunale Initiativen mit finanziellen Folgen nicht bereits am grundsätzlichen Verbot freiwilliger Aufgaben bei unausgeglichenen kommunalen Haushalten scheitern.

Kommunale Initiativen zur Sicherung der Daseinsvorsorge im Rahmen kommunalwirtschaftli- cher Betätigung (z.B. Nahversorgung, Breitbandausbau) sind vom Subsidiaritätsgrundsatz des Gemeindewirtschaftsrechts auszunehmen. Den Kommunen muss in vertretbarem Umfang die Leistung von Zuschüssen oder Entschädigungen für örtliche Angebote als kommunale Interes- sensquote zugestanden werden, ohne dass dies per se wettbewerbsrechtlich oder beihilfe- rechtlich schädlich wäre.

Die im Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) vorgesehene Ausnahmeregelung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe bis zu 1.600 qm Verkaufsfläche zur Sicherung der Grund- versorgung in nicht zentralen Orten mit mehr als 3.000 Einwohnern (Z 52, Satz 2) sollte auch auf Verbünde kleinerer Gemeinden anwendbar sein, wenn die Verträglichkeit mit benachbar- ten zentralen Versorgungsbereichen auf Grundlage eines Einzelhandelskonzepts nachgewiesen wird.

Mit dieser Regelung könnte unter Berücksichtigung der siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der verschiedenen Teilräume des Landkreises der Zielsetzung der Regionalstrategie hinsichtlich der Sicherung bzw. Wiedereinrichtung einer betriebswirtschaftlich tragfähigen Grundversor- gung Rechnung getragen werden, da keine Gemeinde – außer Ortsgemeinde Trierweiler, Ver- bandsgemeinde Trier-Land - die Ausnahmevoraussetzungen erfüllt. Demgegenüber leben ca. drei Viertel der Kreisbevölkerung in Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern, in denen die Tragfähigkeit örtlicher Grundversorgungseinrichtungen in der Regel nicht gesichert werden kann.

Ebenso zielführend im Sinne der Zielsetzung der Regionalstrategie wäre in diesem Zusammen- hang auch eine Neudefinition bzw. Anhebung der Verkaufsflächengrößen auf heutige be- triebswirtschaftlich erforderliche Größenordnungen für solche Einzelhandelsbetriebe, die aus- schließlich der Grundversorgung dienen. Hierzu wären dann entsprechende Anpassungen in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) vorzunehmen.

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In Abstimmung mit den Kommunen sind festzulegende Budgets für konzeptionelle und opera- tive Ansätze zur zweckgerichteten Bewältigung der Folgen des demographischen Wandels in den jeweiligen Gemeinden von aufsichtsbehördlichen Genehmigungserfordernissen bzw. kom- munalaufsichtlichen Beanstandungen auszunehmen. Eine adäquate finanzielle Handlungsfä- higkeit mit spezifischer Zweckbestimmung für Konzepte oder konkrete Initiativen zur Siche- rung der örtlichen Daseinsvorsorge und der sozialen Grundinfrastruktur in den Gemeinden muss auch in haushaltsrechtlicher Hinsicht ermöglicht werden.

Durch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen sind experimentelle Initiativen auf Ort- sebene oder in kommunalen Kooperationsräumen zur Erprobung neuer Ansätze für demogra- phiefeste Angebote zu fördern. Neben steuerlichen Erleichterungen sind verbesserte Regelun- gen in maßgeblichen Rechtsfragen für örtliche Vereine und Initiativen, die wichtige Funktionen für die Dorfgemeinschaft erfüllen, erforderlich. Hierbei ist insb. das Haftungsrecht zu berück- sichtigen. Wirkungsvolle örtliche Projekte dürfen nicht an strittigen Rechts- und Haftungsfra- gen scheitern. Ein kostenfreier und einheitlicher gesetzlicher Haftungsschutz für nichtwirt- schaftliche Dienstleistungen in der Daseinsvorsorge (z.B. örtliche Fahrdienste, Betreuungsan- gebote, haushaltsnahe Serviceangebote und nachbarschaftliche Dienstleistungen) ist im drin- genden öffentlichen Interesse zur Förderung derartiger Angebote des Ehrenamts in den Blick zu nehmen.

 Finanz- und Förderpolitik Dem demographischen Wandel ist aus Sicht ländlich strukturierter Kreise eine stärkere Ge- wichtung im kommunalen Finanzausgleich und der staatlichen Förderpolitik beizumessen. In- sofern sind die finanz- und förderpolitischen Grundlagen durchaus auf die prognostizierten Bevölkerungsentwicklungen einzurichten. In der Regierungserklärung vom 30.01.2013 wird seitens der Ministerpräsidentin bezüglich der Neuausrichtung der Förderpolitik des Landes auf kommunale Kooperation und an gemeinsamen Bedürfnissen orientierten Entwicklungskonzep- ten auf Basis moderierter Beteiligungsprozesse abgehoben. Die Dorferneuerung ist ein sehr wichtiges Förderinstrument im ländlichen Raum zur Umsetzung einer Vielzahl öffentlicher und privater Vorhaben für attraktive Lebens- und Wohnbedingungen in den Dörfern. Die Förderung der Dorferneuerung zur wirkungsvollen Unterstützung der zukünftigen Entwicklung in den Gemeinden sollte gestärkt und nachhaltig gesichert werden.

Unter dem Aspekt der Erhaltung oder Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse könnten die Fördermittel (teils) in regionalen Förderbudgets auf Kreis- und Verbandsgemeindeebene strukturiert werden, insb. für die Handlungsfelder Grund- und Nahversorgung, soziale Grund- infrastrukturen sowie Erreichbarkeitsangebote im ländlichen Raum. Dabei müssten neben investiven Projekten auch institutionelle Unterstützungen für kommunal initiierte oder getra- gene Angebote der Daseinsvorsorge ermöglicht werden. Finanzhilfen müssen über eine An- schubfinanzierung hinausreichen, wenn die örtlichen Daseinsvorsorgeangebote nachhaltig angelegt sind und entsprechend wirken.

Der sektorale Förderansatz mit einer Vielzahl von Förderprogrammen des Landes ist zu einer integrierten Förderpolitik weiterzuentwickeln. Für die Förderung multifunktionaler Projekte , z.B. mit intergenerativem Ansatz oder kooperativer Vorhaben von Kommunen untereinander oder in Zusammenarbeit mit privaten Leistungsträgern sollte vom Doppelförderungsverbot Abstand genommen werden. Im Hinblick auf die Finanzierbarkeit von Eigenanteilen sollten sektoral in Betracht kommende Förderprogramme zusammenwirken. Städtebaufördermittel, z.B. im Programmteil „Kleine Städte und Gemeinden“ dürfen nicht nur auf Mittelzentren be-

118 Regionalstrategie Daseinsvorsorge Landkreis Trier-Saarburg ifls | Institut für Ländliche Strukturforschung schränkt werden, sondern müssen auch kleinen Projekten mit demographischem Bezug zur Strukturverbesserung in den Ortsgemeinden günstigere Finanzierungs- und Realisierungschan- cen einräumen.

Kommunale Kooperationen oder Kooperationen mit Dritten als Gemeinschaftsinitiativen und -projekte zur Ausschöpfung von Synergien in Einrichtung und/oder Betrieb von Daseinsvorsor- ge angeboten könnten durch Anhebung von anteiligen Fördersätzen oder schnellere Realisie- rung erleichtert werden, insb. wenn mit einem dadurch gesicherten und/oder verbesserten Leistungsangebot im Gesamtergebnis keine Kostensteigerung verbunden ist.

Ressortübergreifend sind bei der Fortschreibung von Förderprogrammen – speziell im Rahmen der operativen Ausführungsprogramme für die neue EU-Förderperiode ab 2014 – aber auch in den nationalen Förderprogrammen die vorgenannten Handlungsansätze einzubringen und weiterzuentwickeln. Daseinsvorsorgeangebote für Kinder, Familien und Ältere sind als Förder- tatbestände auszuweisen und finanziell zu unterlegen. Dies gilt für Initiativen zur Sicherung der Nah- und Grundversorgung ebenso wie zur Verbesserung der Breitbandversorgung mit Netzen neuerer Generation als Elemente zukunftsfähiger ländlicher Versorgungsstrukturen. Entspre- chende Förderkulissen sind zu schaffen und Fördermittel bedarfsgerecht bereitzustellen. Ohne weitere entsprechende Hilfestellung können Kreise, Verbandsgemeinden sowie Städte und Gemeinden als unterstützende Akteure ansonsten nur begrenzt erfolgreich sein.

10.6. Schlussbemerkungen Vor dem Hintergrund der sich verändernden demographischen Rahmenbedingungen sind auch Art und Umfang der öffentlichen Daseinsvorsorge und deren Finanzierung neu zu interpretie- ren. Die Kommunalpolitik ist aufgefordert, schon jetzt die aus ihrer Sicht notwendigen Anfor- derungen an eine bedarfsgerechte öffentliche Versorgung unter Berücksichtigung der in Zu- kunft geänderten Nachfragegruppen zu formulieren.

Dabei darf nicht übersehen werden, dass die öffentliche Daseinsvorsorge nur einen Teil der für die Lebensgestaltung notwendigen Infrastruktur abdecken kann. Wichtige Bereiche der Grundversorgung obliegen der privaten Seite. Umso mehr sind tragfähige Standortvorausset- zungen erforderlich, wobei Kooperationen zwischen Gemeinden auch in Form von Arbeitstei- lungen zunehmend bedeutsam werden. Wichtig ist, dass Aufgabe und Art der Versorgungsleis- tung für die Menschen im Vordergrund steht, nicht so sehr die Einrichtung und ihr Träger selbst. Entscheidend dabei ist eine gute Erreichbarkeit sowohl der Einrichtungen und Angebote als auch die Arbeitsorte für alle Bevölkerungskreise. Die kommunale Entwicklungsplanung wird künftig noch mehr als bisher aus den Standortanforderungen Wohnen - Arbeiten und einem bezahlbaren Erreichbarkeitsangebot abgeleitet werden müssen. Eine in Zukunft stärkere Kon- zentration auf ausbaufähige Entwicklungspotentiale darf andererseits nicht die Stärkung be- stehender attraktiver Wohnbaufläche und gewerblich-industrieller Standorte regional bedeut- samer Entwicklungsachsen unberücksichtigt lassen.

Mit der Regionalstrategie im Handlungsfeld „Lebenswerte Dörfer und Städte“ muss die Attrak- tivität des Kreises nach den Erfolgen der vergangenen Jahre erhalten und mit Blick auf die sich ändernden Anforderungen aus dem demographischen Wandel weiter entwickelt werden. So- fern dabei neue Kapazitäten und Einrichtungen geplant werden (müssen), ist die nachhaltige Nutzung unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung besonders zu prüfen. Auf Grund unterschiedlicher Zuständigkeiten wird der Landkreis in einigen Bereichen die Umset- zung von Projekten nur unterstützend begleiten oder gemeinsamen mit anderen Akteuren durchführen können.

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11. Verstetigung, Fortschreibung und Ausblick

Mit der vorliegenden Regionalstrategie Daseinsvorsorge werden die Ergebnisse eines umfang- reichen Prozesses dokumentiert, der dennoch erst am Anfang steht. Das herausragende Ziel ist es nun, den eingeschlagenen Weg im Landkreis Trier-Saarburg weiterzugehen und in den ver- schiedenen Handlungsfeldern die begonnenen Aktivitäten zu verstetigen und fortzuschreiben sowie die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Im Folgenden werden die dazu notwen- digen Arbeitsschritte dargestellt.

11.1. Verstetigung In vier Arbeitsgruppen mit insgesamt elf Unterthemen wurden innerhalb des vergangenen Jahres erste strategische Ansätze und Maßnahmenempfehlungen entwickelt.

Im Herbst wurden die erarbeiteten Handlungsansätze den Kreisgremien zur Beratung vorge- legt. Am 28.10.13 erfolgte die mehrheitliche Beschlussfassung durch den Kreisausschuss und am 11.11.13 wurde die Regionalstrategie auch vom Kreistag mehrheitlich beschlossen.

Der mit dem MORO regionale Daseinsvorsorge begonnene Prozess zur strategischen Anpas- sung von Infrastrukturen ist mit der Erstellung der vorliegenden Regionalstrategie damit je- doch nicht abgeschlossen.

11.1.1. Umsetzung der Handlungsempfehlungen Die in den Handlungsfeldern und Querschnittsthemen erarbeiteten Maßnahmen und Hand- lungsempfehlungen sollen unter dem Vorbehalt der jeweiligen gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen nach und nach auf Sinnhaftigkeit und Umsetzungsfähigkeit überprüft und über deren Umsetzung entscheiden werden, wobei die Zuständigkeit des Kreistages zu beachten ist. In einem ersten Schritt ist es daher notwendig, die entwickelten Maßnahmen und Empfehlun- gen hinsichtlich ihrer Umsetzungspriorität einzuordnen. In einem zweiten Schritt müssen diese dann in umsetzungsreife Projekte weiterentwickelt werden, für die dann auch wirkungsvolle Controllingprozesse zu etablieren sind.

In diesen Umsetzungsprozess involviert sind aufgrund der je nach Handlungsfeld vorhandenen Zuständigkeiten die verschiedenen politischen Ebenen im Landkreis Trier-Saarburg:

 Kreisebene,  Verbandsgemeinden und  Ortsgemeinden. Dabei steht neben der Fassung konkreter Beschlüsse zur Realisierung durch die zuständigen Gremien auch die Aufbereitung und Weitergabe von Informationen und Erkenntnissen aus dem Prozess als eine wesentliche Aufgabe des Landkreises Trier-Saarburg. Ziel ist die optimale Unterstützung der Verbands- und Ortsgemeinden in der Entwicklung ihrer eigenen (orts-)spe- zifischen Aktivitäten.

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11.1.2. Fortführung des Prozesses Die Fortführung des Prozesses soll zukünftig idealerweise auf mehreren Ebenen erfolgen:

Die im Rahmen des MORO gegründeten Arbeitsgruppen haben im Prozessverlauf insgesamt fünfmal getagt sowie an zwei Vernetzungsworkshops teilgenommen. Seitens der Akteure wur- de ein hohes Interesse an der Fortsetzung des begonnenen Austauschs sowie der Entwicklung von Handlungsempfehlungen zur Anpassung von Infrastrukturen im Landkreis an die sich än- dernden Herausforderungen geäußert. Insgesamt zeichnete sich der Prozess durch eine hohe Fachlichkeit aus, die es auch in Zukunft zu erhalten gilt. Die eingerichteten Arbeitsgruppen sollten in einer verschlankten Form projektbezogen fortge- führt werden. Hierzu wird empfohlen, dass jeweils zu bestimmende Teilgruppen mehrmals jährlich tagen, um die priorisierten Maßnahmen in umsetzungsreife Projekte zu überführen. Ggf. ist dabei auch die Einbeziehung weiterer Akteure notwendig.

Daneben ist der Ausbau der Vernetzung auf der politischen Ebene ein weiteres Ziel. Dies be- trifft über die bereits dargestellte Einbindung weiterer Fachakteure entsprechend der zu disku- tierenden Themen und dem Interesse weiterer Gruppierungen, sich in den Prozess einzubrin- gen, hinaus vor allem auch den Austausch mit den politischen Gremien des Landkreises und die Zusammenarbeit mit den Verbands- und Ortsgemeinden im Landkreis Trier-Saarburg. Ziel ist es, neben dem ständigen Informationsaustausch einen jährlich stattfindenden gemein- samen Rück- und Ausblick bspw. im Rahmen einer Bürgermeisterversammlung zu etablieren. Weitere Ansätze der Aufgabenteilung finden sich in den jeweiligen Handlungsfeldern.

Neben der überörtlichen Verankerung und dem Erfahrungsaustausch steht die Notwendigkeit der Suche nach Lösungen auf der örtlichen Ebene. Nur hier kann eine sinnvolle Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern stattfinden. Diese Prozesse sind über die jeweilige Ortsgemeinde zu starten und zu steuern. Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg kann auf Wunsch eine unterstüt- zende Funktion sowie eine koordinierende Funktion zwischen den Ortsgemeinden überneh- men.

Die Fortführung eines so umfassenden Prozesses bedarf eines professionellen Managements. Im Modellvorhaben regionale Daseinsvorsorge lag dieses bei der Kreisverwaltung Trier- Saarburg. Mit Blick auf die Notwendigkeit der überörtlichen Betrachtung verschiedener Infra- strukturen wie bspw. Schulen, aber auch die ärztliche Versorgung oder die Nahversorgung, hat sich diese Verankerung als sinnvoll erwiesen. Über den Umfang der Fortführung werden die politischen Gremien beschließen.

11.2. Erfolgskontrolle und Fortschreibung Ziel der Teilnahme am Modellvorhaben regionale Daseinsvorsorge war es, einen Prozess des dauerhaften Handelns aller relevanten Akteure im Landkreis Trier-Saarburg zu starten und so zu einem zyklischen Prozessverlauf aus Zieldefinition, Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen sowie deren Evaluation, aus der wiederum eine Diskussion über Ziele und Projek- te folgt, zu kommen. Dieser sogenannte Kontinuierliche Verbesserungsprozess stellt die Grundlage dar, um zu möglichst optimalen Ergebnissen auf allen Ebenen zu kommen.

Vor diesem Hintergrund soll in festzulegenden Zeitabständen der Fortschritt in den verschie- denen Handlungsfeldern festgehalten und evaluiert werden. Dies geht einher mit einer Bewer- tung des Erreichten in Bezug auf die gesteckten Ziele sowie einer ggf. notwendig werdenden

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Anpassung von Zielen und Maßnahmen mit Blick auf die Zukunft. Damit erfolgt vor allem in den bereits bearbeiteten Handlungsfeldern eine stetige Weiterentwicklung. Zur Erfolgskontrolle erfolgen entsprechende Berichte an die politischen Gremien (Kreisaus- schuss, Kreistag sowie Dienstbesprechungen mit den Verbands- und Ortsbürgermeistern).

Neben der Erfolgskontrolle und Fortschreibung der bereits in Bearbeitung befindlichen Hand- lungsfelder gilt es, weitere vom demographischen Wandel betroffene Bereiche anzugehen und auch hier die Entwicklung von strategischen Lösungsansätzen sowie konkreten Umsetzungs- maßnahmen voranzutreiben.

11.3. Ausblick Der demographische Wandel ist eine der großen Zukunftsaufgaben, deren Gestaltung zur zwingenden Notwendigkeit auf allen Ebenen des politischen und gesellschaftlichen Handelns wird. Die Auswirkungen der Veränderung in der Bevölkerungsstruktur zu ignorieren führt letzt- lich nur dazu, dass Anpassungen im Nachgang und ohne Steuerungsmöglichkeiten vollzogen werden müssen. Der Landkreis Trier-Saarburg hat sich vor diesem Hintergrund auf einen Weg gemacht, den es nun mit den schon beteiligten Akteuren und weiteren Partnern zu beschrei- ten gilt.

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12. Anlagen

 Zusammensetzung der Arbeitsgruppen

 Teilräumliche Zuordnung der Gemeinden

 Konzept für Familienzentren im Landkreis

 Gesamtauswertung der Bevölkerungsbefragung „Lebenswerte Dörfer: Lebensqualität im Landkreis Trier-Saarburg“ der Universität Trier (CD-ROM)

 Die Auswertung der Befragung „Lebenswerte Städte“ lag zum Berichtszeitpunkt noch nicht vor und wird nachgereicht.

 Maßnahmenkatalog

 Literaturverzeichnis (MORO-Bibliothek & digitale MORO-Bibliothek)

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