Die „Fürstengräber“ vom Glauberg: Bergung – Restaurierung – Textilforschung

I

LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE HESSEN

hessenarchäologie

MATERIALIEN ZUR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE VON HESSEN

Herausgegeben von Udo Recker

Band 

GLAUBERG-STUDIEN

Herausgegeben von Vera Rupp

Band 

Selbstverlag des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, , in Kommission bei Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn

III

MATERIALIEN ZUR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE VON HESSEN

GLAUBERG-STUDIEN

Die „Fürstengräber“ vom Glauberg: Bergung – Restaurierung – Textilforschung

Herausgegeben von Udo Recker und Vera Rupp

 Selbstverlag des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden

V Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar

Titelbild: Schauseite des Goldhalsrings aus Grab 1 mit Bezeichnungen der Einzelteile (Foto: P. Will)

© 2018 Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden Schriftleitung: Dr. Stefan Thörle (hA) Redaktion: Dr. Bernd Steinbring (hA), Dr. Petra Hanauska (KAL), Dr. Stefan Thörle (hA) Fotorepro und -bearbeitung: Rudolf Manke, rjm – medienservice GmbH, Lampertheim Planbearbeitung: Dr. Volker Grünewald, Mainz Bildbearbeitung: Dr. Bernd Steinbring (hA) Layout: Dr. Stefan Thörle (hA) Layoutkonzept: Katrin Pfeil, Büro für Visuelle Gestaltung, Mainz Druck: mww.druck und so... GmbH, Mainz-Kastel

ISBN: 978-3-7749-4145-8 Vorwort der Herausgeber

Es ist soweit. Als Herausgeber freuen wir uns, mit dem Noch heute ist die wissenschaftliche Interpretation vorliegenden dritten Band der „Glauberg-Studien“ nun- der rund . Jahre alten Funde nicht gänzlich abge- mehr eine erste umfassende Publikation zu den frühlatène- schlossen. Daher bleibt die hervorragende Dokumenta- zeitlichen „Fürstengräbern“ am Glauberg vorlegen zu kön- tion der Restaurierungsarbeiten auch weiterhin die nen. Es ist vorwiegend äußeren Umständen, aber auch der Grundlage für neue und weiterführende Studien; so Breite des emenspektrums geschuldet, dass dieser Band auch bei der Erforschung der Bogenbewaffnung des erst jetzt erscheinen konnte. Die in den Jahren  bis „Keltenfürsten“ (Grab , Grabhügel ) durch den Archäo-  unter der Leitung des damaligen Landesarchäologen logen omas Lessig-Weller M. A. und den am Restau- Dr. Fritz-Rudolf Hermann am Fuße des Glaubergs durch- rierungsprojekt beteiligten Restaurator omas Flügen. geführten archäologischen Untersuchungen erwiesen sich Es ist den restauratorischen Meisterleistungen aller als äußerst facettenreich. Es bedurfte jahrelanger überaus beteiligten Restauratorinnen und Restauratoren zudem aufwendiger Restaurierungsarbeiten, um neben den he- zu verdanken, dass die teilweise in sehr schlechter Erhal- rausragenden Ausgrabungs befunden auch das einzigarti- tung geborgenen Funde heute wieder ihre ganze Pracht ge Fundmaterial wieder zum Sprechen zu bringen, es für entfalten. Nach ersten Präsentationen in Frankfurt am Wissenschaft und Öffentlichkeit gleichermaßen zugäng- Main und sind sie nun Herzstück des Muse- lich zu machen. ums der Keltenwelt am Glauberg. Seit der Rückkehr der Mit der Vorlage dieses ersten Bandes zu den „Fürsten- Originalfunde an ihren Fundplatz – in der Region for- gräbern“ am Glauberg, einer intern gerne als „Restaura- derte man nicht zuletzt die „Heimkehr des Fürsten“ – torenband“ bezeichneten Publikation, soll nicht zuletzt und der Eröffnung des Museums im Jahr  haben die hervorragende Arbeit der vielen beteiligten Kollegin- viele tausend Menschen aus nah und fern den Glauberg nen und Kollegen in der Archäologischen Restaurie- und die Ausstellung besucht. Der weithin bekannten rungswerkstatt der hessenARCHÄOLOGIE in Wies- steinernen Figur des Keltenfürsten kommt dabei eine baden gewürdigt werden. Über einen Zeitraum von bedeutende Rolle für die Popularität der Keltenwelt am beinahe zwei Jahrzehnten erstreckten sich die sehr auf- Glauberg zu. wendigen Freilegungs-, Dokumentations- und Restaurie- Das nach den zu jener Zeit neuesten restauratorischen rungs- bzw. Konservierungsarbeiten der Funde aus den Standards durchgeführte, langjährige Restaurierungspro- drei reich ausgestatteten Gräbern. Diese Arbeiten haben jekt zu den Glaubergfunden traf auf ein ungeahnt großes einerseits eine wissenschaftliche Auswertung erst er- mediales und öffentliches Interesse. Entsprechend um- möglicht und waren andererseits in mancher Hinsicht fangreich war der Beitrag der archäologischen Restaurie- bereits Teil derselben. rungswerkstatt auch in den bisherigen Einzelveröffent- Die von Dr. Fritz-Rudolf Herrmann getroffene Ent- lichungen zu den Gräbern des Glaubergs: So etwa scheidung, die wider Erwarten völlig ungestörten Grab- erschienen in der hauseigenen Zeitschrift „Denkmalpfle- legen nicht vor Ort freizulegen, sondern im „Block“ zu ge & Kulturgeschichte“ regelhaft Kurzbeiträge zu neu frei- bergen, war im Rückblick absolut richtig. Ist diese Me- gelegten und restaurierten Grabbeigaben sowie neuen thode heute längst Standard in der Archäologischen fachlichen Ansätzen. Im Jahr  legten Prof. Dr. Otto- Denkmalpflege und bei wissenschaftlichen Projekten, so Hermann Frey und Dr. Fritz-Rudolf Herrmann in der kam diese in Hessen im hiesigen Umfang erstmals am Reihe Archäologische Denkmäler in Hessen (Ausgabe Glauberg zur Anwendung. Das Verfahren erlaubte ein /) eine erste Darstellung der Erforschung der Fürs- Arbeiten unter Laborbedingungen ohne äußere Sach- tengrabhügel und der daraus geborgenen Funde vor. Im zwänge wie beispielsweise wechselnde Wetterbedingun- darauffolgenden Jahr erschien in der renommierten ar- gen und externer Zeitdruck, die vielfach den archäologi- chäologischen Fachzeitschrift „Germania“ ein weiterer schen Arbeitsalltag im Gelände bestimmen. Nur unter umfangreicher archäologischer Fachbeitrag zu den Unter- diesen Voraussetzungen konnten Schicht um Schicht suchungen von –, in dem auch erste naturwis- abgetragen und die aufsehenerregenden Grabbeigaben senschaftliche Analysen vorgestellt wurden. Dies galt nach und nach ans Tageslicht gebracht werden. Die be- auch für den Begleitband zu der von Mai bis September schriebene Vorgehensweise kam vor allem der Doku-  in der Schirn Kunsthalle Frankfurt präsentierten mentation und dem Erhalt der organischen Grabbeiga- und viel beachteten Ausstellung „Glaube – Mythos – ben (an erster Stelle genannt seien die Textilien, aber Wirklichkeit. Das Rätsel der Kelten vom Glauberg“. Darin auch Leder- und Fellreste) zugute – also Fundgruppen, präsentierten einige der beteiligten Res tauratorinnen die bei konventioneller vollumfänglicher Freilegung und und Restauratoren ihre Arbeiten an den Grabbeigaben Bergung an der Fundstelle nur allzu leicht übersehen aus den Gräbern  und  im Grabhügel . Weitere wichtige oder in ihrer Bedeutung nicht erkannt werden. Beiträge leisteten sie im Rahmen der Sonderausstellung

M  V-  F  H  = G-S  (W ) VII „Der Keltenfürst vom Glauberg“, die von Oktober  . Materialien zur Vor- und Frühgeschichte von bis September  im Hessischen Landesmuseum Hessen  = Glauberg-Studien  [Wiesbaden ]) ver- Darmstadt gezeigt wurde, sowie – vor allem mit Blick auf öffentlicht worden ist. Wir danken dem Redaktionsteam das Grab aus dem Grabhügel  vom Glauberg – zu dem der hessenARCHÄOLOGIE unter der Leitung von Tagungsband „Der Glauberg in keltischer Zeit. Zum Dr. Stefan örle. Besonderer Dank gilt Dr. Ines Balzer, neues ten Stand der Forschung. Fundberichte aus Hessen, derzeit DAI Rom, welche die redaktionelle Bearbeitung Beiheft  (Wiesbaden )“. der Einzelbeiträge begonnen hatte. Die Arbeit wurde Dem gesamten damaligen Wiesbadener Restauratoren- nach ihrem Ausscheiden aus dem hessischen Landes- team – etliche Kolleginnen und Kollegen sind inzwischen dienst von Dr. Bernd Steinbring im Jahr  übernom- an anderen Instituten und Museen in ganz Deutschland men und erfolgreich zum Abschluss gebracht. In einem tätig –, den externen Kooperationspartnern sowie Fritz- sehr aufwendigen Verfahren wurden die zahlreichen Rudolf Herrmann und allen übrigen am Projekt beteilig- analogen Originalaufnahmen digitalisiert und überar- ten Kolleginnen und Kollegen möchten die Herausgeber beitet. Für die Reprografie zahlreicher Fotos gebührt Ru- an dieser Stelle ihren herzliches Dank für ihre überaus dolf J. Manke, rjm medienservice GmbH, Lampertheim, erfolgreiche Arbeit aussprechen. Sie alle haben Großarti- unser herzlicher Dank. Dr. Volker Grünewald (Mainz), ges geleistet! Ihr Einsatz hat maßgeblich dazu beigetra- verdanken wir die grafische Umsetzung zahlreicher vom gen, dass dieses einzigartige kulturelle Erbe gerettet wer- Restauratorenteam angefertigter Handzeichnungen und den konnte und zwischenzeitlich als herausragendes Arbeitsskizzen . materielles Zeugnis der keltischen Epoche in das Ver- Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass mit zeichnis des „national wertvollen Kulturguts“ der Bun- dem vorliegenden Band  die Reihe „Materialien zur desrepublik Deutschland aufgenommen wurde. Vor- und Frühgeschichte von Hessen“ ein neues „Ge- Es ist den Herausgebern eine besondere Freude, dass wand“ erhalten hat, was in der veränderten Gestaltung der vorliegende dritte Band der Glauberg-Studien be- des Umschlages und des Inhaltes zum Ausdruck kommt. reits recht bald nach Erscheinen des zweiten Bandes Für die Erstellung der Vorlagen des neuen Grundlayouts (Leif Hansen/Christopher F. E. Pare, Untersuchungen sei Dipl.-Designerin (FH) Katrin Pfeil, Büro für Visuelle im Umland des Glaubergs. Zur Genese und Entwicklung Gestaltung (Mainz), gedankt. eines frühlatènezeitlichen Fürstensitzes in der östlichen

Wiesbaden und Glauburg im Februar 

Dr. Udo Recker Dr. Vera Rupp Landesarchäologe von Hessen Direktorin der Keltenwelt am Glauberg

VIII D „F“  G: B – R –  Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeber ...... VII

I. E

Der Glauberg – ein Markstein der Frühlatèneforschung ...... Ines Balzer

Das Projekt Glauberg: zwei Grabhügel, drei „Fürstengräber“ und vier steinerne Statuen – von der Ausgrabung bis ins Museum ( – ) ......  Frank Bodis und Monica Bosinski

II. A – G – B

Aundung und Blockbergung von Grab  in Grabhügel  am Glauberg ......  Frank Bodis und Norbert Fischer

Bergung und Freilegung von Grab  in Grabhügel  ......  Sigrun Martins

Die Entdeckung von Grabhügel  und die Freilegung der Bestattung ......  Angelika Ulbrich

Zur Aundung der Glaubergstatuen ......  Ralf Klausmann

III. V    R

Die Arbeiten in der archäologischen Restaurierungswerkstatt im Schloss Biebrich, Wiesbaden ......  Frank Bodis und Monica Bosinski

Die Herstellung von Kunstharzkopien der Glaubergfunde ......  Angelika Ulbrich

IV. G , G 

Grabhügel , Grab : die Unterblöcke ,  und  – Lanzen, Köcher, Bogen, Schild und Gürtel ......  omas Flügen

Restauratorische Beobachtungen zum Goldhalsring aus Grab  ......   Peter Will

Zwei kleine Goldringe aus Grab  ......  Peter Will

Der goldene Armring und der goldene Fingerring aus Grab  ......  Susanne Krebstakies

Der Drei- und der Vierknotenarmring aus Grab  ......  Susanne Krebstakies

M  V-  F  H  = G-S  (W ) IX Das Schwert aus Grab  ......  Renate Frölich

Die Holzstäbe mit eisernen Tüllen aus Grab  ......  Renate Frölich

Der Bronzeschmuck – drei Fibeln und ein Dreiknotenring ......  Peter Will

Zwei rätselhafte Objekte im Bereich der Knöchel des Toten aus Grab  ......  Monica Bosinski und Christina Peek

Die Blattkrone aus Grab  ......  Renate Frölich

Die Schnabelkanne aus Grab  ......  Monica Bosinski

V. G , G 

Beigaben auf engstem Raum: der Unterblock  aus Grab  in Grabhügel  ......  Monica Bosinski

Die Fibel aus Grab  ......  Angelika Ulbrich

Die Röhrenkanne aus Grab  ......  Sigrun Martins

VI. D B  G 

Der goldene Armreif und der goldene Fingerring aus Grabhügel  ......  Angelika Ulbrich

Die bronzene Maskenbel ......  Angelika Ulbrich

Eine kleine Bronzebel ......  Angelika Ulbrich

Der Ledergürtel mit bronzenen Beschlägen ......  Angelika Ulbrich

Das Schwert aus Grabhügel  ......  Monica Bosinski

Die Lanze aus Grabhügel  ......  Monica Bosinski

VII. Ü B  F   G   

Zu den Schuhen aus den „Fürstengräbern“ ......  Monica Bosinski

X D „F“  G: B – R –  Textilien und andere organische Materialien der Bestattungen aus den Grabhügeln  und  – Identikation und Interpretation ......  Christina Peek

Fibres in textiles from two graves in Glauberg, ......   Penelope Walton Rogers

VIII. D S

Die Statuen , und  ......   Monica Bosinski

Die steinmetzmäßige Herstellung einer steinernen Kopie der Statue  ......  Frank Bodis und ilo Schlick

IX. A

Kein Ende in Sicht – Aufgaben und Perspektiven der Glaubergforschung ......  Axel G. Posluschny

X. V  P  P, I  F ....  (zusammengestellt von Frank Bodis)

XI. A ...... 

M  V-  F  H  = G-S  (W ) XI Abb. . Blick auf den Kanneninhalt im Fußbereich (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Der Erhaltungszustand der Kanne

In der archäologischen Restaurierungswerkstatt des LfDH in Wiesbaden wurde dann der Erhaltungszustand der Kanne ausführlich fotografisch und schriftlich doku- mentiert: Der schnabelförmige Ausguss war leicht ver- bogen, vermutlich infolge des Einsturzes der Grabkamm- erdecke. Deckplatte und Kannenhals waren gut erhalten; allerdings war die Originaloberfläche des Kopfs auf der Deckplatte rechts bis auf wenige Stellen durch Korrosion stark angegriffen. Die Figurengruppe auf der Kannen- mündung und die weiteren Henkelbestandteile waren fast unversehrt. Das dünne Zierblech unterhalb der Henkel attasche lag hohl und war mehrfach gebrochen. Einer der Zierbögen des Griffes wies am unteren Befesti- gungsniet einen Bruch auf. Der übrige Kannenkörper war, bedingt durch Erd- und Steindruck, stark beschä- digt, aber im Verbund. Nahezu alle Rippen des Gefäß- körpers waren an ihren Kanten der Länge nach gerissen und stark fragmentiert. Viele Fragmente waren ver zogen, verdrückt oder verdreht; direkt oberhalb des stark ver- bogenen Bodens wies der Kannenkörper die stärksten Beschädigungen auf (Abb. – ).

Der Kanneninhalt

Nach der Dokumentation des Erhaltungszustandes wurde der Kannenboden vom Kannenkörper getrennt. Abb. . Der verstürzte Kanneninhalt im Bodenbereich Sichtbar wurde sehr kompaktes, mehrschichtiges orga- (Foto: M. Bosinski, LfDH).

 B, D S  G  Abb. . An der Innenwandung der Kanne anliegendes Abb. . Zeichnerische Erfassung des Kanneninhaltes mithilfe organisches Material (Foto: M. Bosinski, LfDH). einer Plexiglasscheibe und Klarsichtfolie (Foto: M. Bosinski, LfDH). nisches Material, welches in unterschiedlicher Stärke ( –  mm) an der gesamten Innenwandung anlag und dadurch die Fragmente der Kanne im Verbund hielt (Abb. ). Das Material, mit Holzstückchen und Ab- drücken von verschiedenen Samenkapseln durchsetzt, war im Bereich der Gefäßschulter und am Kannen- boden am kompaktesten. Im unteren Bereich des Kannen körpers war das Material, entsprechend den Beschädigungen an der Kanne, stark verstürzt (Abb. ). Die ins Kanneninnere weisenden Flächen des organi- schen Materi als wiesen zahlreiche Aufwölbungen auf, während die an der Innenwandung anliegenden Flä- chen von einer dünnen, schwarz glänzenden Schicht über zogen waren (Abb. ). Auf die fotografische Dokumentation des Kannen- inhaltes folgte die Anfertigung maßstäblicher Detail- zeichnungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Hier- Abb. . Gra sche Darstellung des Kanneninhaltes zu wurde eine mit einer Klarsichtfolie bespannte im Bereich des Kannenbodens (Entwurf: N. Fischer, LfDH; Plexi glasscheibe parallel zur Zeichenebene eingerichtet. Gra k: V. Grünewald, im Auftrag des LfDH). Auf der Folie wurden die Kannenumrisse, das organi- sche Material und die Erdverfüllung erfasst (Abb. ). An- Ein kleines, vollständig durchgetrocknetes Stück des schließend wurde die jeweilige Zeichnung auf Trans- organischen Materials wurde versuchsweise verbrannt. parentpapier übertragen und koloriert (Abb. ). Auf Die Probe brannte schlecht und brauchte lange, um zu zusätzlichen transparenten Bögen (Overlays) wurden verkohlen. Sie hinterließ eine leicht klebrige, gelblich die einzelnen Fragmente des organischen Materials braune Substanz mit deutlichem Harzgeruch. Im Rah- sowie die Erdschichten nummeriert und beschrieben; men der Amtshilfe durch das Landesamt für Denkmal- des Weiteren wurden Materialproben genommen. pflege Baden-Württemberg konnte eine Pollenanalyse

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb.  . Fragmente des Kannenkörpers, nach Anschlüssen sortiert. Bei einigen ist bereits die Originaloberäche freigelegt (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Fragmente des Kannenkörpers im Röntgenbild (Aufnahme: F. Bodis, LfDH).

 B, D S  G  des Kanneninhalts durchgeführt werden. Diese ergab, dass sich in der bei ihrer Deponierung im Grab rand- vollen Kanne ein Met mit einem Honiganteil von etwa . g befunden hatte.

Die Restaurierung

Erst nach erfolgter Entnahme des Kanneninhalts konn- te mit der eigentlichen Restaurierung und der Konser- vierung der Schnabelkanne begonnen werden. Ihre ein- zelnen Fragmente wurden abgenommen und jeweils auf den Innenseiten mit kleinen säurefreien Aufklebern ge- kennzeichnet. Auf diversen Skizzen wurde die Zuord- nung der Fragmente festgehalten. Außerdem wurden Abb. . Freilegen der Bronzeoberäche. Figurengruppe, das Kannenoberteil, der Boden und sämtliche Fragmen- Schnabel, unterer Henkelabschluss und Zierblech sind mit te aus verschiedenen Blickwinkeln geröntgt (Abb.  – ). Bandagen geschützt (Foto: P. Will, LfDH). Die Freilegungsarbeiten an der gut bis sehr gut erhal- tenen Bronzeoberfläche der Schnabelkanne erfolgten erheblich. Die Verzierungen sind nicht sehr tief ein- überwiegend unter dem Mikroskop. Die Freilegung ge- graviert, sodass die Linien bei der Freilegung oft nur schah ausschließlich mechanisch mit Skalpellklingen, noch als Farbunterschied auszumachen waren. Es war kleinen Schabern und feinen Nadeln (Abb. ). Die Außen- daher in diesem Bereich stellenweise notwendig, die fläche der Kanne war unterschiedlich stark korrodiert. Kanne bis auf die blanke Metalloberfläche freizulegen Die figürlichen Applikationen hatten dichte, jedoch gut (Abb. ). Im Kanneninneren gab es kaum Korrosions- entfernbare Korrosionsauflagen. Auf der Deckplatte und auflagen, was offenbar auf chemische Einwirkungen an den Sockeln der Figurengruppe waren einige Stellen durch den Kanneninhalt zurückzuführen ist. fast frei von Korrosion. Die Kannenschulter, die Berei- Einige Partien der Schnabelkanne wurden nach der che unterhalb der Dreiblattpalmetten sowie die Stand- Freilegung der Originaloberfläche zwecks Herstellung fläche des Bodens wiesen eine harte Korro sionsschicht von Kunstharzkopien abgeformt. Dazu verwendete auf und waren stark versprödet. Die Rippen und Zwi- man Silikon kautschukformen mit Gipsstützkapseln. schenräume waren hingegen elastisch; die Korrosion Die Ko pien dienten als Zeichenvorlagen sowie auch der ließ sich hier einfach abnehmen. Die Freilegung der fili- Dokumentation von Befunden am Gefäß, die nach granen Verzierungen des dünnen Zierblechs unterhalb abge schlossener Restaurierung nur noch mit Durch- der Henkelattasche war sehr zeitaufwendig. Eine stän- strahlungstechniken erfasst werden können. dige Kontrolle unter Zuhilfenahme einer Röntgenauf- Das Zusammenfügen der zahlreichen Fragmente war nahme erwies sich hier als notwendig (Abb. ). sowohl in technischer als auch zeitlicher Hinsicht sehr Die Korrosionsprodukte des mit dem Kannenkörper aufwendig. Die Anschlüsse der Fragmente wurden, wenn verbundenen Eisenbandes hatten sich in den feinen möglich, durch kleine aufgeklebte Messinghäkchen pro- Gravuren unterhalb der Dreiblattpalmetten festgesetzt visorisch fixiert. Anschließend wurden die Anschlüsse und erschwerten die Freilegung dieser Verzierungen geklebt und die Klebefugen von hinten mit einer Schicht aus dünner Glasseide verstärkt. Sobald ein größerer Komplex von Fragmenten zusammengefügt worden  Die Pollenanalyse wurde von M. Rösch in Hemmenhofen/Bo- densee (damals: Landesdenkmalamt Baden-Württemberg. Ar- war, wurde dieser mit einer weiteren Lage aus Glasseide chäologische Denkmalpflege, Arbeitsstelle Hemmenhofen, heute: stabilisiert. Die Messinghäkchen konnten, nachdem der Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, Archäologi- Kleber mit einem Heißluftföhn erwärmt worden war, sche Denkmalpflege, Dienstsitz Hemmenhofen) durchgeführt. ohne Schäden an der Patina abgenommen werden. Bei  Vgl. dazu ausführlich M. Rösch, Der Inhalt der beiden Bronze- kannen. In: H. Baitinger/B. Pinsker (Red.), Das Rätsel der Kelten verbogenen und unter Spannung stehenden Fragmen- vom Glauberg. Glaube – Mythos – Wirklichkeit [Ausstellungskat. ten musste anders vorgegangen werden. Um diese Frankfurt a, M.] ( )  f. Das nicht für die Pollen- analyse benötigte unbehandelte Probenmaterial wird gekühlt auf- bewahrt und steht für zukünftige weitere Untersuchungen zur Verfügung. – Spezifisches Gewicht des Honigs (vgl. Abb. ) nach  Diese umfassen die Verzierung des Ausgussbereiches, Zier- U. Körber-Grohne, Die biologischen Reste aus dem hallstattzeit- details unterhalb der Dreiblattpalmetten, den Boden mit Teilen lichen Fürstengrab von Hochdorf, Gem. Eberdingen (Kr. Ludwigs- des Eisenbandes, den Bereich des Kannenkörpers, der von der burg). In: U. Körber-Grohne/H. Küster, Hochdorf I. Forsch. u. Ber. Bördelung verdeckt wird, zwei antike, innen aufgenietete Bronze- Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg  (Stuttgart ) . blechflickungen, den Verlauf der Naht im Kannenkörper sowie  Siehe unten zur Herstellungstechnik. den inneren Umbruch vom Hals zur Schulter.

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Im Röntgenbild sichtbar: der aufwendige Dekor des Zierbleches (Aufnahme: F. Bodis, LfDH).

 B, D S  G  Abb. . Ein Kannenfragment mit Detail der Zierzone unterhalb der Dreiblattpalmetten nach der Freilegung (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Kannen bruchstücke exakt einzupassen, waren oft meh- rere Arbeitsschritte nötig. Die Anschlüsse der Fragmen- te wurden zuerst nur an einer Stelle miteinander ver- klebt und diese mit Glasseide stabilisiert. Dann wurde ein weiterer Bereich des Anschlusses mithilfe von kleinen Schraubzwingen, Holzkeilen oder anderen Hilfs- mitteln gerichtet, bis z. B. eine Rippe eingepasst war. Ein sehr stark verdrehtes Rippenfragment von  cm Länge musste überdies gerichtet werden. Zuerst wurde dieses Fragment mittels einer Silikonkautschukform samt Gipsstützkapsel abgeformt und eine Kunstharz- kopie angefertigt. Diese Kopie wurde mit kleinen Schraubzwingen auf einer Holzunterlage fixiert, mit einem Heißluftföhn erwärmt und durch kontrolliertes Anziehen der Zwingen zurückgeformt, bis sie exakt in die Fehlstelle passte. Anschließend wurde die konkave Abb. . Heranziehen des Kannenbodens an den Kannenkörper Seite mit Hartgips abgeformt. Dadurch erhielt man ein mithilfe einer Schraubzwinge (Foto: M. Bosinski, LfDH). Negativ, auf dem die konkave Seite des originalen Rippen fragmentes mit kleinen Schraubzwingen befes- tigt wurde. Durch Erwärmen des Fragments mit dem Heißluftföhn gelang es bei gleichzeitigem Anziehen der Zwingen, das noch sehr elastische Rippenfragment zu richten. Nach dem Abkühlen des Metalls verblieb das Fragment in der durch das Hartgipsnegativ vorge- gebenen Form und konnte in den Kannenkörper einge- setzt werden. Bei einigen Fragmenten vor allem im unte- ren Bereich des Kannenkörpers war die Bronze so stark versprödet, dass sich die verbogenen Fragmente nicht richten ließen und die Anschlüsse vermittelt werden mussten, d. h. so weit wie möglich angepasst wurden. An der rechten Kannenseite, knapp oberhalb des Bo- dens, befand sich die einzige größere Fehlstelle. Sie wurde mit Kunstharz geschlossen. Diese Ergänzung wurde anschließend ausgesägt, um den Boden, mit dem einige Fragmente des Kannenkörpers durch das Eisen- Abb. . Hinterkleben des Spalts zwischen Kannenkörper und band noch fest verbunden waren, ansetzen zu können. Boden mit Glasseide (Foto: P. Will, LfDH).

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Die rechte Sphinx inklusive Sockel wurde separat Abb. . Ansicht der rechten Sphinx hergestellt, wahrscheinlich um einen Fehlguss zu ersetzen und ihres Sockels von innen (Foto: M. Bosinski, LfDH). (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Die Figurengruppe auf der Deckplatte in der Rückansicht. Gut erkennbar sind die Befestigungsniete (Foto: M. Bosinski, LfDH).

 B, D S  G  Abb.  . Die Figurengruppe in der Aufsicht (Foto: U. Seitz-Gray, Frankfurt a. M., im Auftrag des LfDH).

Zuerst wurden nur die gut passenden Anschlüsse fixiert mitteln in dieser Position gehalten. Das Kunstharz und verklebt. Anschließend wurde der verbogene Be- verband sich beim Aushärten mit der Kunstharzkopie reich des Bodens mithilfe einer Schraubzwinge soweit der Standfläche des Bodens; die Kanne steht heute ge- wie möglich an den Kannenkörper herangezogen rade und stabil auf diesem Sockel. (Abb. ), wobei ein Spalt von etwa  mm Breite offen blieb. Das durch das Aussägen der Ergänzung entstan- dene Loch ermöglichte es, die Klebefugen und den Spalt mit Glasseide zu hinterlegen (Abb. ) Abschließend Beobachtungen zur wurde der Spalt mit Kunstharz geschlossen, Glasseide Herstellungstechnik zur Aufnahme der vorbereiteten Ergänzung eingeklebt und diese eingesetzt. Die Verbindung der gegossenen Deckplatte mit dem ge- Für die partiell notwendige Festigung der Bronze triebenen Schnabel und der Kannenmündung erfolgte sowie für Klebungen, das Laminieren mit Glasseide durch Verbundguss. Die Spiralen im Bereich der Kannen- und das Ergänzen von Fehlstellen wurde Epoxidharz mündung sind Bestandteil der Deckplatte. Die Segmen- verwendet. Es wurde so wenig Kunstharz wie möglich te mit den Köpfen und den weiteren Spiralen wurden eingesetzt. Trotzdem ließ es sich aus Gründen der separat gegossen und waren ursprünglich mit jeweils Stabilität nicht vermeiden, mehrlagig Glasseide zu fünf Nieten auf der Deckplatte befestigt. Der Niet unter hinter kleben; ausgespart werden konnten der Bereich dem linken Kopf ist gebrochen, derjenige unter dem hinter dem Zierblech, die Kannenschulter und der rechten Kopf fehlt. Die Segmente weisen mehrere Guss- Kannenhals. fehler auf. Aufgrund ihres stark verbogenen Bodens stand die Bei dem Versuch, den Henkel in einem Stück zu gie- restaurierte Schnabelkanne nicht gerade. Deshalb wurde ßen, misslang anscheinend die rechte Sphinx. Deshalb mit säurefreiem doppelseitigem Klebeband eine Kunst- wurde eine neue Figur einschließlich ihres Sockels gegos- harzkopie der Standfläche des Bodens am Boden der sen (Abb. ). Wie entsprechende Untersuchungen erga- Kanne befestigt. Anschließend wurde die Kanne mit- ben, weist diese Neuanfertigung einen sehr hohen Bleian- samt der Kunstharzkopie gerade ausgerichtet auf zäh- teil auf. Dieser verbesserte die Fließfähigkeit der Bronze flüssiges Kunstharz gestellt und mit diversen Hilfs- und führte offenbar gleichzeitig dazu, dass der Sockel

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Blick durch die Halsönung auf den Befestigungsniet Abb. . Schwarze Masse in einem Zierbogenfragment der Henkelattasche sowie auf ein funktionsloses, von der (Foto: M. Bosinski, LfDH). Attasche verdecktes Nietloch (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Die freigelegte Henkelattasche Abb. . Das Zierblech während der Freilegung (Foto: U. Seitz-Gray, Frankfurt a. M., im Auftrag des LfDH). (Foto: M. Bosinski, LfDH). kaum korrodierte. Ein Teil des Sockels, der wesentlich (Abb. ). Der Bruch des Sockels zwischen der zentralen oberflächlicher überarbeitet worden war als derjenige mit Figur und der linken Sphinx ist vermutlich nicht antiken der zentralen Figur und der linken Sphinx, zieht unter Ursprunges, sondern wohl Folge der Bodenlagerung. Von den Sockel der Mittelfigur und ist durch einen Niet mit oben gesehen sind sowohl nahe der linken Sphinx als diesem und dem oben leicht nach außen gebogenen auch im Bereich der Anstückung der rechten Sphinx je- Kannen hals verbunden (Abb. ). Ein zweiter Niet verbin- weils tiefe Kerben sichtbar. Zumindest auf der linken det den Sockel direkt mit dem Hals. Die Figurengruppe ist Seite entstanden diese Kerben nach der Vernietung des mit insgesamt vier Nieten am Kannenhals befestigt Sockels mit dem Kannenhals, weswegen einer der Befesti- gungsniete wie eine Schlitzschraube wirkt (Abb.  ).  D. Ankner, Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz, Auf die schmale, etwa einen Zentmeter hohe Mittel- vom .. (Archiv hessenARCHÄOLOGIE). rippe und die leicht abgewinkelten Ränder des stellen-

 B, D S  G  Abb. . Risse am Umbruch vom Kannenkörper zur Kannenschulter (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Eine weitere Flickung im Kanneninneren, ebenfalls hinten rechts, im Bereich der Palmetten (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Flickung im Kanneninneren hinten rechts, Abb. . Umzeichnung zu den beiden Flickstellen im Bereich der Palmetten (Foto: M. Bosinski, LfDH). (Gra k: P. Rispa, im Auftrag des LfDH).

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Die Flickstellen im Röntgenbild (Aufnahme: F. Bodis, LfDH). weise sehr dünn ausgearbeiteten Griffs wurden Zier- Das kupferne Zierblech unterhalb der Attasche wurde bögen aufgeschoben und diese jeweils oben und unten mit  kleinen Nieten am Kannenkörper befestigt. Diese verstiftet. In einem Zierbogenfragment befand sich eine Vielzahl von Nieten war notwendig, weil unter dem schwarze Masse (Abb. ). Laut naturwissenschaftlichem Blech eine der Rippen des Kannenkörpers beginnt und Analyseergebnis „[…] liegt Bienenwachs vor, das mit somit das Zierblech nur schlecht an den Kannenkörper Kiefern harz verknetet wurde. Der Bienenwachs-Harz- angepasst werden konnte.  der Niete wurden in klei- Kitt ist gut sowohl als Füll- und Dichtmittel als auch als nen, aus dem Zierblech herausgearbeiteten Ösen befes- Treibmittel verwendbar“. tigt; alle rissen mit der Zeit aus. Das untere Ende des Die Befestigung der von einem Menschenkopf ge- Zierblechs ist im Bereich der Rippe nicht mehr vollstän- bildeten Henkelattasche erfolgte anhand eines Nietes, dig (Abb. ). Unterhalb des Zierbleches befindet sich ein der durch das Kinn gesteckt ist. Dabei oder bei der Über- Niet, der sowohl außen als auch innen bis auf die arbeitung des Nietes wurden die Lippen etwas in Mit- Kannen oberfläche abgeschliffen wurde; die ursprüng- leidenschaft gezogen. Der Befestigungsniet wurde im liche Funktion ist unklar. Kanneninneren auf einer Unterlegscheibe gestaucht. Im Der Kannenkörper wurde aus einem einzigen Stück Bereich der Kopfhaare und der Barttracht hatte sich Blech getrieben. Die verschmiedete vertikale Naht ver- keine Patina gebildet, wodurch der Eindruck einer ge- läuft hinten am Kannenkörper. Außen ist die Naht wollten Zweifarbigkeit vermittelt wird (Abb. ). Eine stellen weise als Stoßfuge sichtbar; teilweise wird sie von diesbezügliche antike Bearbeitung ließ sich aber nicht dem Zierblech unterhalb der Henkelattasche verdeckt. nachweisen. Etwa  cm oberhalb des Befestigungsnietes Im Kanneninneren sind deutliche Materialüberlappun- befindet sich ein weiteres, durch den Kopf verdecktes gen zu sehen. Die sehr geraden Rippen und die bis auf Nietloch im Kannenkörper, dessen ursprünglich vor- eine Ausnahme sehr gleichmäßigen Abstände zwischen gesehene Funktion unklar ist (Abb. ). den Rippen sprechen dafür, dass diese nach dem For- men des Kannenkörpers ausgearbeitet wurden – aller- dings vor dem Einziehen der Schulter und dem Ver-  Unpubl. Untersuchungsbericht U. Baumer, Bayerische Staats- gemäldesammlungen/Doerner-Institut, München, .., schmieden der Naht. Eine leichte Streckung der Rippen Probe , S.  (Archiv hessenARCHÄOLOGIE). im Bereich des Umbruches zur Schulter und der

 B, D S  G  Abb.  . Verschmiedete Risse am Übergang von der Kannenschulter zum Kannenhals (Foto: G. Seitz-Gray, Frankfurt a. M, im Auftrag des LfDH).

Umstand, dass alle Rippen am Umbruch zur Schulter räumen. Es sind auch keinerlei Spuren von eventuell ver- entweder horizontal gerissen oder aber zumindest ver- wendeten Modeln feststellbar; es bleibt zu klären, ob formt waren, erlauben diesen Schluss (Abb. ). diese Partien gedrückt wurden. Das Bronzeblech musste bereits bei der Herstellung des Die Oberfläche des Kannenkörpers wurde – vermut- Kannenkörpers an vielen Stellen – vor allem im Bereich lich mit Ziehklingen – geglättet; sie erscheint an einigen der Dreiblattpalmetten und der Naht – geflickt werden. Stellen fast silbrig glänzend. Am Hals, an den Rippen Dies geschah entweder durch das Hintergießen unter- sowie in den Zwischenräumen und an den Dreiblatt- schied licher Metalllegierungen oder durch innen aufge- palmetten sind viele feine, vertikal verlaufende Abzieh- setzte, mit dem Kannenkörper vernietete Bronzebleche linien erkennbar. (Abb.  – ). Auch am Umbruch vom Hals zur Schulter sind Die Befestigung des Bodens am Kannenkörper erfolg- mehrere Reparaturen sichtbar. Der Hals ist nur an einer te auf ungewöhnliche Weise: Ein  mm breites und Stelle direkt mit der Schulter verbunden. Dies ist darauf etwa  mm starkes Eisenband wurde innen an den zurückzuführen, dass das Blech hier bis auf einen kleinen Kannen körper angelegt, mit diesem vernietet und dann Bereich eingeschnitten werden musste, um eine Art Hülse ungefähr  mm weit nach außen umgeschlagen. Darauf – den Hals – formen zu können. Anschließend musste der liegt die Bördelung des Bodens auf (Abb.  – ). Das Schnitt verschmiedet werden. Das Blech war allerdings an Eisenband und die Bördelung verdecken teilweise die dieser Stelle zu dünn und riss deshalb mehrfach ein Gravuren am Kannenkörper. Das Eisenband wurde mit (Abb.  – ). Die Verbindung zwischen Hals und Schulter mindestens sechs Bronzenieten befestigt. Die genaue wurde daher innen zur Stabilisierung mit Bronze hinter- Anzahl der Niete, die außen bündig mit der Kannen- gossen. Da diese Stelle nicht gut zugänglich war, verfehlte oberfläche sind und innen zu einem Rechteck gestaucht eine größere Menge Bronze das Ziel, erkaltete sehr schnell wurden, lässt sich nicht mehr feststellen, da die Kanne und verblieb plackenförmig in der Schulter (Abb. ). vorne unten stark beschädigt war und einige Fragmente Im Kanneninneren sind Treibspuren u. a. am Hals, an fehlen. In der Bördelung fanden sich Spuren einer der Gefäßschulter (Abb. ), im Bereich des Umbruches schwarzen Substanz. Nach Ausweis der naturwissen- von der Schulter zum Kannenkörper und im Boden schaft lichen Analyse handelte es sich „[…] um ein bitu- sichtbar, nicht aber an den Rippen und in den Zwischen- minöses Produkt (Erdpech), das aus Erdölausbissen

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Der Blick in den Hals des Gefäßes zeigt die Naht Abb. . Blick in das Innere der Kannenschulter. Sichtbar sind sowie Reparaturen am Umbruch zur Schulter Treibspuren, eine rechteckige Flickung sowie Bronzeüberschuss (Foto: M. Bosinski, LfDH). (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Gut sichtbare Treibspuren im Inneren Abb. . Der Kannenkörper ist durch ein umlaufendes Eisenband der Kannenschulter (Foto: M. Bosinski, LfDH). mit dem Kannenboden vernietet (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Schnittzeichnung der Verbindung von Kannenkörper Abb. . Treibspuren in der eingetieften Mitte des und Kannenboden (Gra k: B. Kaletsch, LfDH). Kannenbodens (Foto: M. Bosinski, LfDH).

B, D S  G  Abb. . Detail der Verzierung auf der Standäche des Bodens (Foto: M. Bosinski, LfDH). stammt, gut abdichtet und möglicherweise auch als Treibmittel geeignet war“. Die Schnabelkanne im Die Standfläche des Bodens wurde abgedreht und restaurierten Zustand somit geglättet; deshalb sind lediglich in der eingetieften Mitte des Bodens eindeutige Treibspuren zu beobachten Die Schnabelkanne aus Grab  vom Glauberg (Abb. ) ist (Abb. ). Der Boden hat in der Mitte ein mit einem Niet mit einer Gesamthöhe von , cm und einem Fas- verschlossenes Loch, das notwendig war, um den Boden sungsvermögen von gut  l die größte der bislang be- einspannen und abdrehen zu können. Der Niet ist außen kannten sechs Bronzeschnabelkannen aus keltischen bündig mit der Kannenbodenoberfläche und innen zu Werkstätten. Sie war bei der Grablegung mit einem einem Rechteck gestaucht. hochkonzentrierten Metansatz gefüllt und in Textil Die Begrenzungslinien der acht konzentrischen Bän- eingeschlagen (siehe den Beitrag von Ch. Peek in diesem der auf der Standfläche des Bodens sind stellenweise Band, S.  – ). In den Proportionen und der Ge- doppelt und dreifach ausgeführt, was darauf hindeutet, staltung des Kannenkörpers ähnelt sie der Kanne vom dass das Werkzeug während des Gravierens der Linien Dürrnberg bei Hallein (Land Salzburg, Österreich). mehrfach abrutschte. Die Verzierungen wurden offen- Der Schnabel und die Kannenmündung werden teil- sichtlich freihändig eingeritzt, da sie etwas zittrig an- weise von einer Platte abgedeckt, die mit plastischen Spi- gebracht erscheinen. Bei den Kreuzblumen gibt es keine ralen sowie gravierten Rankenornamenten und Haken- Zirkeleinstiche und sie scheinen auch nicht in einem mäandern verziert ist (Abb.  –  ). Die beiden Köpfe auf Schwung eingeritzt worden zu sein, sondern jeweils der Deckplatte sind Bestandteil von Segmenten, die in Blatt für Blatt (Abb. ). Spiralen enden (Abb. ). Auf beiden Seiten des Schnabel- ausgusses sind ein großes Tier sowie Ranken ornamente eingraviert (Abb. ). Die Verzierung auf der linken Schnabel seite ist nur noch unvollständig erhalten. Der Henkel besteht aus der Figurengruppe auf dem Mündungsrand, einem mehrteiligen Griff sowie der At- tasche in Form eines menschlichen Kopfes (Abb. ). Die zentrale Figur zeigt eine männliche Person im Schneider-  Unpubl. Untersuchungsbericht U. Baumer, Bayerische Staats- gemäldesammlungen/Doerner-Institut, München, .., sitz, die einen Kompositpanzer trägt (Abb.  – ). Auf der Probe , S.  (Archiv hessenARCHÄOLOGIE). Rückseite des Panzers sind Hakenmäander und Rauten

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Die restaurierte Schnabelkanne (Foto: U. Seitz-Gray, Frankfurt a. M., im Auftrag des LfDH).

 B, D S  G  Abb. . Das Oberteil der Schnabelkanne von vorne gesehen Abb.  . Die Schnabelkanne in der Aufsicht (Foto: U. Seitz-Gray, Frankfurt a. M., im Auftrag des LfDH). (Gra k: P. Rispa, Flonheim, im Auftrag des LfDH).

Abb. . Der linke Kopf auf der Deckplatte der Schnabelkanne Abb. . Gravur am Ausguss der Schnabelkanne (Foto: M. Bosinski, LfDH). (Foto: M. Bosinski, LfDH).

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Der Henkel und das Zierblech (Foto: U. Seitz-Gray, Frankfurt a. M., im Auftrag des LfDH).

 B, D S  G  Abb. . Die zentrale Figur auf der Kannenmündung Abb. . Die zentrale Figur auf der Kannenmündung, (Foto: M. Bosinski, LfDH). Schrägansicht (Foto: M. Bosinski, LfDH).

Abb. . Die zentrale Figur auf der Kannenmündung, Abb. . Das Rückenteil des Panzers der auf der Rückansicht (Foto: M. Bosinski, LfDH). Kannenmündung sitzenden Figur (Foto: M. Bosinski, LfDH).

M  V-  F  H  = G-S  (W )  Abb. . Die zentrale Figur auf der Kannenmündung und die auf sie zurückblickenden Sphingen. Gut zu erkennen sind hier außerdem die Perlreihen am Gri (Foto: M. Bosinski, LfDH).

 B, D S  G 