Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 4-147; 2018 [publ. 2019]

Die Orchideen Brandenburgs – Verbreitung, Gefährdung, Schutz

Frank Zimmermann

Keywords: , Germany, Brandenburg, endangered species, historic and recent distribution

Zusammenfassung/Summary: Zimmermann, F. (2018): Die Orchideen Brandenburgs – Verbreitung, Gefährdung, Schutz. – Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 4-147.

Wildwachsende Orchideen gehören zu den am stärksten gefährdeten und gleichzeitig traditionell gut un- tersuchten Pflanzengruppen. In der vorliegenden Arbeit wird die Verbreitung und Gefährdungssituation aller in Brandenburg heimischen Orchideenarten aus historischer und aktueller Sicht dargestellt. Damit handelt es sich um die erste zusammenfassende Bearbeitung der Orchideen, bei der ganz Brandenburg betrachtet wird. Nahezu alle wildwachsenden Orchideen sind in ihren Beständen in Brandenburg in unterschiedlichem Ausmaß gefährdet. In Brandenburg wurden insgesamt 39 Orchideenarten sowie drei Unterarten nachgewiesen. Davon kann mit der Breitblättrigen Sitter (Epipactis helleborine) heute lediglich eine einzige Art als vergleichsweise häufig und ungefährdet gelten. Alle anderen Arten unterliegen einer zumeist starken und fast durchweg weiter zunehmenden Gefährdung, einige stehen vor dem Aussterben. Insgesamt 13 früher in Branden- burg sicher nachgewiesene Sippen – 12 Arten und eine Unterart – sind ausgestorben, das ist genau ein Drittel aller jemals bei uns nachgewiesenen Orchideen. Mit der Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) ist seit 2007 eine in Deutschland heimische Art hinzugekommen, die bislang in Brandenburg nicht vorkam.

Native Orchids belong to the most endangered species. The knowledge about this groop of is very good. This paper gives an overview about the historic and recent distribution as well as the reasons of endangement of all native orchid species in Brandenburg. In this way it´s the first compact work about Orchids all over Brandenburg. Nearly all orchid species in Brandenburg are endangered in a different kind. There are 39 species and three infraspecific native orchid types. Only one species (Epipactis helleborine) isn´t endangered. Some species may disturb in next time. 12 species disturbed in the past. Ophrys apifera is a new native orchid species in Brandenburg.

4 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 1 Einleitung

Brandenburg ist eine Region Deutsch- stehen vor dem Aussterben. Insgesamt lands, in der man zunächst keine beson- 13 früher in Brandenburg sicher nach- ders große Vielfalt an Orchideenarten gewiesene Sippen – 12 Arten und eine erwarten würde. In dem nahezu voll- Unterart – sind ausgestorben, das ist ständig von pleistozänen Ablagerungen genau ein Drittel aller jemals bei uns überdeckten Gebiet fehlt es fast völlig nachgewiesenen Orchideen. an Kalkgesteinen, die doch in der Mitte und dem Süden Deutschlands Garant Die Ursachen für die überwiegend für orchideenreiche Lebensräume sind. starke Gefährdung unserer Orchideen Große Landschaftsräume werden von sind vielfältig. Viele Arten bevorzugen eher sandigen, oft kalkarmen Böden nährstoffarme, oft basen- oder kalk- gekennzeichnet. Doch die erste Annah- reiche Böden und sind sehr konkurrenz- me täuscht. Zwar fehlt in Brandenburg schwach. Ihr Bestandsoptimum hatten tatsächlich eine ganze Reihe von Or- viele Orchideenarten – wie übrigens chideenarten, denen man anderswo in zahlreiche andere Pflanzen unserer Kul- Deutschland teilweise sogar recht häufig turlandschaft auch – in frühindustrieller begegnet. Hinsichtlich der Artenzahlen Zeit Anfang bis Mitte des 19. Jahrhun- kann sich das Land somit nicht mit den derts. Die Jahrhunderte lang betriebene, „klassischen“ Orchideengebieten mes- im Vergleich zu heute weniger intensive sen. Aber nicht nur im Vergleich mit landwirtschaftliche Nutzung (ohne Ver- anderen Gebieten des norddeutschen wendung mineralischer Dünger!) war, Tieflandes gibt es hier doch eine nicht wie auch die fehlende Separierung von erwartete, hohe Zahl an Orchideenarten Offenland und Wald, für eine hohe Ar- bzw. -sippen. tenvielfalt sowohl in Offenland-Biotopen wie Trockenrasen oder Feuchtwiesen In Brandenburg wurden insgesamt 39 als auch im Wald sehr förderlich und Orchideenarten sowie drei Unterarten kam auch den Lebensraumansprüchen nachgewiesen. Davon kann mit der der zumeist sehr konkurrenzschwachen Breitblättrigen Sitter (Epipactis hellebo- Orchideen entgegen (AHO 2005). rine) heute lediglich eine einzige Art als vergleichsweise häufig und ungefährdet Den Höhepunkt dieser Artenvielfalt gelten. Alle anderen Arten unterliegen haben wohl auch die „Klassiker” unter einer zumeist starken und fast durchweg den Botanikern Brandenburgs nicht mehr weiter zunehmenden Gefährdung, einige erlebt. So manche historische Aussage

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 5 von Verbreitungsangaben in Dietrich kommen in Brandenburg mit einigen (1841), die von Ascherson (1864) Wiesen- und Moororchideen Arten vor, oder Grantzow (1880) zitiert wurden, die in großen Teilen Deutschlands weit- mag einen Eindruck von der damaligen gehend oder völlig fehlen wie Sumpf- Häufigkeit einiger Arten vermitteln (z.B. weichwurz (Hammarbya paludosa) oder zu Arten der Feuchtwiesen wie Dactylo- Strohgelbes Knabenkraut ( rhiza majalis und Anacamptis morio). ochroleuca). Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts waren viele Arten der historischen Kulturland- Besonders seit der Mitte des 20. Jahr- schaft bereits wieder auf dem Rückzug, hunderts gingen auch in Brandenburg was im Übrigen keineswegs nur auf Or- durch immer stärkere Intensivierung und chideen, sondern auch auf viele andere schließlich Industrialisierung der Land- Pflanzenarten zutrifft. nutzung – verbunden mit systematischer Entwässerung großer Niedermoorgebiete Einige Orchideen-Arten mit speziellen und auch heute nahezu unverändert Standortansprüchen gehörten auch in starker bzw. sogar aktuell wieder zuneh- Brandenburg von jeher aus arealgeogra- mender Eutrophierung der Landschaft fischen oder klimatischen Gründen zu – zahlreiche für Orchideen geeignete den großen Seltenheiten wie beispiels- Standorte verloren oder wurden als Le- weise die Ophrys-Arten (Ragwurz) oder bensraum immer ungeeigneter. Durch das Kleine Zweiblatt (Neottia cordata). enorme Anstrengungen vornehmlich eh- Selbst in den kontinental getönten, an renamtlicher Naturschützer wurden viele Pflanzenarten äußerst reichen basiphilen Gebiete mit Orchideenvorkommen unter Trockenrasen des Odergebietes kommen Schutz gestellt und viele Flächen werden bzw. kamen nur ganz wenige Orchideen- vor allem auch heute noch mit hohem arten vor. Wirklich typisch ist hier aus- persönlichem Engagement gepflegt. schließlich das Dreizähnige Knabenkraut (Neotinea tridentata). Für viele Arten verschlechterte sich die Bestandssituation nach 1990 abermals, Dennoch gibt es nur wenige in Deutsch- da es danach zunehmend zur Nutzungs- land vorkommende Orchideenarten, die auflassung an Orchideenstandorten (v.a. in Brandenburg auch historisch nicht Feuchtwiesen und Trockenrasen) kam. vorkamen. Dazu gehören u.a. Bocksrie- Dieser Trend hält bis heute an, obgleich menzunge (Himantoglossum hircinum) vereinzelt durch eine wiederaufgenom- und Ohnhorn (Orchis anthropophora). mene oder traditionell weitergeführte Doch obwohl hier einige Arten fehlen, Pflege lokale Populationen einzelner Ar-

6 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 ten erhalten oder sogar wieder gefördert seltene Sumpfweichwurz (Hammarbya werden konnten (z.B. bei Anacamptis paludosa) – leiden unter dem durch den palustris, A. pyramidalis und Neotinea Klimawandel verstärkten, katastrophalen tridentata). Da diese Arten aber in sehr Landschaftswasserhaushalt in Branden- hohem Maße von der Aufrechterhaltung burg. Die meisten Standorte sind bereits einer angepassten, extensiven Nutzung heute weitgehend irreversibel gestört, abhängig sind, müssen sie trotz regio- was möglicherweise in nächster Zeit zum naler Bestandszuwächse weiterhin als Aussterben dieser ohnehin schon immer sehr stark gefährdet gelten. seltenen, unscheinbaren und schwer nachweisbaren Art führen wird. Der Hauptursache für den anhaltenden besonderen Schutzbedürftigkeit vieler Rückgang vieler Waldorchideen ist Orchideenarten wurde bereits im Reichs- die zunehmende Vergrasung der Wälder naturschutzgesetz von 1935 entsprochen, durch langjährige Nährstoffeinträge, indem eine Reihe von Orchideen mit Oberbodenversauerung und damit ver- einem vollkommenen Schutz, andere bundene massive Standortverände- mit einem Sammelverbot belegt wurden rungen. Hier sind die Handlungsmög- (vgl. AHO 2005). lichkeiten sehr beschränkt. Erst mittel- bis langfristig könnten die vor allem im Heute unterliegen in ganz Europa wie Brandenburger Landeswald laufenden auch in Deutschland alle Orchideen- Waldumbaumaßnahmen diesbezüglich arten dem besonderen Schutz von Na- positive Effekte bringen. Mit anhal- turschutzgesetzen und entsprechenden tender und zunehmender Privatisierung Artenschutzverordnungen. Streng ge- vieler Waldflächen werden allerdings schützt sind Frauenschuh (Cypripedium die direkten Zugriffsmöglichkeiten des calceolus) und Sumpf-Glanzkraut (Lipa- Landes immer schwieriger. Da histo- ris loeselii), sie sind im Anhang IV der rische Waldnutzungen wie Mittel- und Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie Niederwälder als bevorzugte Standorte der EU gelistet. Da diese beiden Arten von Orchideen weitestgehend der Ver- gleichzeitig im Anhang II der FFH- gangenheit angehören, werden einige Richtlinie stehen, sind sie auch Gegen- Arten kaum aus der aktuell zumindest stand des kohärenten Netzes von beson- teilweise positiven Entwicklung Nutzen deren Schutzgebieten (NATURA 2000) ziehen können. der EU. Orchideenreiche Trockenrasen (FFH-Lebensraumtyp 6210) stellen einen Weitere Arten der Moore – allen sogenannten prioritären Lebensraumtyp voran die ohnehin schon immer recht der FFH-Richtlinie dar. Viele weitere, für

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 7 Orchideen bedeutsame Lebensräume wie oder einzelne Landkreise Brandenburgs Pfeifengraswiesen (6410), nährstoffarme (z.B. Klemm 1977, Hanspach 1981, oder basenreiche Moore (7140, 7150, Fischer 1983, Schulz 1992). 7230) und Eichen-Hainbuchen- und Buchenwälder (z.B. 9150, 9160, 9170) Auch wenn die hier gewählte Form sind ebenfalls FFH-Lebensraumtypen. der Darstellung ganz sicher nicht mit Die meisten Orchideenarten haben zu- den hervorragenden Werken einzelner mindest ihre Schwerpunktvorkommen in AHO in anderen Bundesländern – allen FFH-Lebensräumen. Die umfangreichen voran Thüringens (Heinrich et al. 2014) Schutzverpflichtungen, die sich aus den oder – soeben erschienen – Nordrhein- Regelungen der FFH-Richtlinie ergeben, Westfalens (AHO NRW 2018) konkur- könnten somit künftig auch zahlreichen rieren kann, wird hiermit erstmals die Orchideenarten zu Gute kommen. Mit Möglichkeit genutzt, umfassend über den nährstoffreichen Feuchtwiesen ist al- Verbreitung und Gefährdung der Or- lerdings ein wichtiger Orchideenlebens- chideen Brandenburgs zu informieren. raum leider nicht von der FFH-Richtlinie Da der AHO Brandenburg seit vielen erfasst. Da nicht nur in Brandenburg Jahren nur noch auf dem Papier existiert derzeit und voraussichtlich künftig noch und nahezu alleine durch den Autor stärker eine nahezu ausschließliche Fo- an einer regelmäßigen Aktualisierung kussierung von Naturschutzmaßnahmen der Verbreitungsübersichten gearbeitet auf die Umsetzung der FFH-Richtlinie wird, wäre eine eigenes Buch über die erfolgt, sind erhebliche Anstrengungen Orchideen Brandenburgs derzeit auch erforderlich, auch diesem Lebensraum überhaupt nicht zu leisten. So ist auch entsprechende Aufmerksamkeit und die Übersicht zum Bestand der einzel- Pflege zukommen zu lassen. nen Arten in keiner Weise vollständig und landesweit aktualisiert darstellbar. Der vorliegende umfangreiche Beitrag Auch gibt es keine solche landesweiten ist im Kontext mit einigen Einzelbei- floristischen Kartierungen von Pflanzen- trägen des Autors (Zimmermann 2008, arten mit zentralen Auswertungen wie in 2009, 2011) die erste zusammenfassende vielen anderen Bundesländern. Darstellung der Orchideenflora Bran- denburgs. Frühere Arbeiten betrachte- Die meisten floristischen Daten werden ten entweder die gesamte DDR (z.B. in Brandenburg seit fast 30 Jahren im Wisniewski 1969, Hamel 1981), nur Rahmen der Biotopkartierung erfasst. den Bezirk Frankfurt/Oder (Gelbrecht Die landesweite Koordination dieser 1974, Wisniewski 1978, Hamel 1988) Erfassungen obliegt in Brandenburg dem

8 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Autor in dienstlicher Zuständigkeit im der Basis des Portals Deutschlandatlas Landesamt für Umwelt. Viele der dabei der Gefäßpflanzen (Netzwerk Phytodi- erhobenen Daten konnten auch für die versität 2013) erstellte Ausschnitte der Darstellung der aktuellen Verbreitung der Verbreitungskarten verwendet. In diese Orchideen verwendet werden. Daten sind auch die Erfassungsdaten der Biotopkartierung in Brandenburg Bei den Angaben zur Verbreitung wird eingeflossen und Fehler, die im AHO- hier daher unterschiedlich vorgegangen. Buch 2005 enthalten waren, so gut wie Am anschaulichsten ist die Verbreitung möglich bereinigt. Für neue, aktualisierte im Atlas der Gefäßpflanzen Ostdeutsch- Darstellungen fehlt leider in Branden- lands (Benkert et al. 1996) nachvoll- burg derzeit und wohl auch in naher ziehbar. Zwar gab es danach aktuellere Zukunft eine vollständige, auswertbare Darstellungen der Verbreitung der Datenbasis. Orchideen Deutschlands (AHO 2005) bzw. aller Gefäßpflanzen (Netzwerk Bei Arten, die historisch bzw. aktuell Phytodiversität 2013) mit aktuelleren auf weniger als zehn MTB-Quadranten Zeitschnitten. Für die Dokumentation vorkamen bzw. vorkommen, werden des derzeitigen und historischen Ver- die einzelnen Fundorte einschließlich breitungsbildes der Arten sind auch diese der Aufführung der Gewährsleute und Werke grundsätzlich geeignet. Es ist Literatur auf Basis der MTB-Quadranten allerdings in vielen Fällen insbesondere genannt, um die bisherigen Fundorte zu- im AHO-Buch nicht mehr nachvoll- sammenfassend zu dokumentieren. Hier- ziehbar, welche Daten dort eingeflossen von wird aus Schutzgründen lediglich bei sind und wie zahlreiche Fehler in der der wohl in Brandenburg kurz vor dem Darstellung entstanden sind. Zwar feh- Aussterben stehenden Sumpf-Weich- len in Benkert et al. (1996) auch einige wurz abgewichen, um deren ehemalige wenige historische und vor allem einige und heutige Verbreitung kurz vor dem nach Erscheinen bekannt gewordenen offensichtlichen Aussterben detailliert Fundortangaben, aber diese haben keinen zu dokumentieren. Beim Frauenschuh wesentlichen Einfluss auf das in den Kar- wird auf die Nennung der konkreten ten ersichtliche Verbreitungsbild. Einzelfundorte bewusst verzichtet. Dies erfolgt vor allem unter Rücksicht auf die Um dennoch für alle Leser ein mög- konkrete Gefährdung durch Aufsuchen lichst aktuelles Verbreitungsbild der der Standorte und die leider immer noch Orchideen im Nordosten Deutschlands bestehende Gefahr durch Ausgraben von geben zu können, werden hier online auf Pflanzen.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 9 Die Fundortauflistung stellt nach Auf- Thüringens (Heinrch et al. 2014) finden. fassung des Autors keine zusätzliche Doch obwohl sich der Autor nicht als Gefährdung von aktuellen Vorkommen „ewig gestriger“ fühlt, werden für Leser, der anderen Arten dar. Außerdem finden denen die heutigen Bezeichnungen und sich ohnehin die meisten Angaben im Gattungszuordnungen noch nicht so ge- Original bereits an anderer Stelle in der läufig sind, die noch oft gebräuchlichen, einschlägigen Literatur. alten wissenschaftlichen Artnamen mit genannt. Die Nomenklatur der behandelten Arten bzw. Sippen richtet sich nach den Vorangestellt wird den Ausführungen aktuell wissenschaftlich anerkannten, zu den einzelnen Orchideenarten eine zu- nahezu ausschließlich auf molekularge- sammenfassende Darstellung zur Natur- netischen Untersuchungen basierenden ausstattung Brandenburgs, die sich auch Bezeichnungen nach Bateman (2001) hinsichtlich der Orchideen-Lebensräume sowie Bateman et al. (1997), wie sie recht grundsätzlich von großen Teilen sich z.B. auch im Buch zu den Orchideen Deutschlands unterscheidet.

2 Einführung in die Landschaftsräume Brandenburgs

Das im nordostdeutschen Tiefland kleinerer Fließgewässer kennzeichnen gelegene Bundesland Brandenburg die abwechslungsreiche Landschaft. Der ist 29.478 Quadratkilometer groß und Reichtum an Gewässerlebensräumen und wurde in seinem geomorphologischen deren Kontaktbiotopen (Verlandungszo- Charakter wesentlich durch das Eiszeit- nen, Sümpfe, ausgedehnte Niedermoore) alter geprägt. Zahlreiche Endmoränen- und die im Gegensatz dazu überwiegend züge unterschiedlichen Alters, große armen, sandigen Substrate haben nicht Grundmoränenplatten und Niederungen, selten einen kleinräumigen Wechsel von ausgedehnte Sanderflächen und mehrere Standorten und Vegetation zur Folge (vgl. prägnante Urstromtäler beherrschen das Zimmermann 2008, 2011). typische Landschaftsbild. Über 3000 Seen mit mehr als einem Hektar Größe Die großen Endmoränenzüge, welche und mindestens 50.000 heute noch was- die verschiedenen Haupteisrandlagen serführende glaziale Toteishohlformen und Zwischen- bzw. Rückzugsstaffeln (Sölle und Seen < 1 ha), die großen Fluss- des Inlandeises markieren, stellen sozu- täler von Elbe und Oder sowie ein Sys- sagen die „Gebirge“ Brandenburgs dar. tem zahlreicher natürlicher größerer und Mit dem Fläming und dem südöstlich

10 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 anschließenden Lausitzer Grenzwall Brandenburg ist heute vor allem Kul- prägen gewaltige Endmoränenzüge der turlandschaft. Neben den fast ausschließ- Saale-Kaltzeit das Landschaftsbild im lich als Wirtschaftswälder genutzten Süden und Westen Brandenburgs und Waldflächen werden insbesondere die kennzeichnen damit den Verlauf der ausgedehnten Grundmoränengebiete damaligen Haupteisrandlage (Abb. 1). überwiegend von Ackerflächen einge- Mit dem Hagelberg erreicht sie im Hohen nommen, während die Urstromtäler Fläming gerade die Höhe von 200 m, und und Moorniederungen große Anteile an immerhin reichen diese Höhen im Tief- überwiegend intensiv genutzten Grün- land dafür aus, dass sich nicht unerheb- landflächen haben. Die landwirtschaft- liche Unterschiede beim Niederschlag liche Nutzfläche nimmt insgesamt etwa ergeben und sich auch einige montane die Hälfte des Landes ein. Aufgrund Elemente der Flora etablieren konnten. der nach Mecklenburg-Vorpommern geringsten Bevölkerungsdichte von Von Südosten nach Nordosten erstreckt nur 88 Einwohnern je km2 (zum Ver- sich quer durch das gesamte Land das gleich: Deutschland gesamt 231) ist bis zu 40 km breite Berliner Urstromtal, der Flächenanteil von Siedlungen und welches auch große Teile des Stadtstaates Verkehrsflächen vergleichsweise gering Berlin durchstreicht. Nordwestlich von und liegt bei etwa 9 %. Daraus resultiert Berlin vereint es sich mit dem Ebers- ein im bundesweiten Vergleich nahezu walder Urstromtal und zieht sich über einmaliger Anteil relativ großer, gering die breite, großflächig flachgründig zerschnittener Landschaftsräume. Dies vermoorte Havelniederung, die überwie- darf jedoch nicht darüber hinwegtäu- gend als Grünland genutzt wird, bis zum schen, dass die Zerschneidungswirkung rezenten Elbtal. von Verkehrswegen aufgrund des über- wiegend gering ausgeprägten Reliefs in Mit etwa 35 % ist der Waldanteil in vielen Teilen des Landes deutlich höher Brandenburg sehr hoch und liegt über ist als im Hügel- und Bergland. dem Durchschnitt in Deutschland (Mar- cinek & Zaumseil 1993). Allerdings In Verbindung mit den geologischen wird nur etwa ein Zehntel dieser Fläche Ausgangsbedingungen und den daraus von naturnahen Waldbeständen einge- resultierenden Böden prägt die land- nommen, 72 % werden überwiegend und forstwirtschaftliche Landnutzung durch Kiefern-Altersklassenforsten Brandenburg seit vielen Jahrhunderten dominiert und weniger als 2 % sind un- (vgl. Lutze & Kiesel 2004). Zwar ist bewirtschaftet (Müller 2007). der Gesamtanteil an Lebensräumen mit

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 11 relativ großer Naturnähe (z.B. naturna- Nutzung von Massenhölzern (Kiefer) he Wälder, Fließ- und Standgewässer, als auch von Wertholz (v.a. Buche und Moore) im bundesdeutschen Durch- Eiche) eine wachsende Rolle. Dies kann schnitt vergleichsweise hoch, aber auch durch den schwerpunktmäßig im Landes- diese blieben zu großen Teilen nicht von wald (dessen Anteil fortwährend sinkt!) der Nutzung unbeeinflusst. Die meisten laufenden ökologischen Waldumbau Fließgewässer und zahlreiche Seen hin zu naturnäheren Baumartenzusam- wurden in Verlauf und Wasserstand teil- mensetzung in absehbarer Zeit nicht weise bereits seit einigen hundert Jahren kompensiert werden. mehr oder weniger stark beeinflusst. Ein Großteil der ausgedehnten Niedermoore Dem gegenüber ist der Anteil exten- wurde – besonders in den letzten 50 siv genutzter Halbkulturformationen Jahren – durch komplexe Melioration (Feucht- und Nasswiesen, Trocken- und und nachfolgende Intensivnutzung ex- Halbtrockenrasen, anthropogene Tro- trem degradiert, und selbst die meisten ckenheiden etc.) in Brandenburg noch isoliert liegenden Übergangsmoore in relativ groß. Allerdings unterliegen viele den Grund- und Endmoränengebieten Wiesen und Trockenrasen einer mittler- blieben von Entwässerungsmaßnahmen weile 20jährigen Nutzungsauflassung, nicht verschont. andere Flächen werden in letzter Zeit wieder intensiver genutzt (Zimmermann Nach zwischenzeitlicher Entspannung et al. 2012, Zimmermann 2016). Die der Nutzungssituation sowohl auf land- noch auf fast 10.000 ha Fläche vorhan- wirtschaftlichen Flächen als auch in den denen Trockenheiden auf ehemaligen Wäldern und Forsten bis Ende der 1990er Truppenübungsplätzen unterliegen Jahre (bis zu 15 % Brachflächen, ein- derzeit zu großen Teilen einer rasanten geschränkte Holznutzung) unterliegen Gehölzsukzession und drohen aufgrund viele Flächen mittlerweile wieder einer nur sehr partieller Pflege und Nutzung deutlich intensiveren Nutzung, verbun- innerhalb der nächsten 10-20 Jahre zu den mit erneut höheren Nähr- und Schad- verschwinden (Zimmermann et al. 2012). stoffeinträgen in die Ökosysteme. Der Anteil ungenutzter Agrarflächen liegt Die verschiedenen Landschaftsräume aktuell landesweit unter 1 %, wozu auch Brandenburgs repräsentieren heute den- die Nutzung nachwachsender Rohstoffe noch – trotz aller früheren und aktuell (Mais, Raps, Getreide) ganz erheblich stattfindenden Veränderungen – einen beiträgt. In den Wäldern spielt aufgrund repräsentativen Ausschnitt der Land- der stark gestiegenen Holznachfrage die schaftsformen und Lebensräume des

12 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 nordostdeutschen Tieflandes und weisen vielfältiger Form landschaftsprägend einen vergleichsweise noch sehr guten (Wahnschaffe 1909, Lippstreu et al. Bestand an artenreichen Biotopen auf. 1997). Im mittleren Brandenburg lässt Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ha- sich über weite Strecken der fast durch- ben in Brandenburg ihren Verbreitungs- gehende Höhenzug des Brandenburger schwerpunkt. Die hiesigen Vorkommen Stadiums als älteste Endmoräne des stellen quasi Quellvorkommen dar, von Weichsel-Glazials verfolgen, dem sich denen auch andere Landschaftsräume südlich große Sanderflächen und das Deutschlands wieder besiedelt werden Baruther Urstromtal anschließen. könnten und teilweise schon werden. Dies ist zumindest teilweise auch dem Die unterschiedlichsten Formen der ausgedehnten Netz verschiedener – vor glazialen Serien von Saale- und Weich- allem seit Beginn der 1990er Jahre aus- selkaltzeit überdecken nahezu vollstän- gewiesener – Schutzgebiete zu verdan- dig ältere Schichten der Elsterkaltzeit ken, die sich derzeit auf etwa 40 % der und des Tertiärs und lagern in zumeist Landesfläche erstrecken. viele hundert Meter mächtigen Schichten über älteren Ablagerungen und Gesteins- schichten (Stackebrandt & Manhenke 2.1 Geologie 2002). Lediglich an vier Punkten werden die glazialen Ablagerungen von Festge- Brandenburg erfuhr die wesentliche stein durchragt. In Südbrandenburg kann Landschaftsprägung durch die während man noch heute kleine Reste ehemaliger der letzten Kaltzeiten vorrückenden Durchragungen präkambrischer Grauwa- skandinavischen Gletscher und deren cken und Quarzite aus dem Unterkarbon Schmelzwässer. Etwa drei Viertel Bran- finden (Rothstein, Fischwasser-Quarzit). denburgs werden durch teilweise sehr Große Teile Brandenburgs, wie des regelmäßig aufeinanderfolgende glaziale gesamten Norddeutschlands, weisen Serien der verschiedenen Eisrandlagen im Untergrund mächtige Zechsteinsalz- geprägt. Sämtliche geologische Bil- Schichten auf. Durch aufwärtsgerichtete dungen der glazialen Serie (Grundmorä- Bewegung und Lösungsvorgänge im ne, Endmoräne, Sander und Urstromtal) Untergrund wurde der Gipshut bei Spe- der unterschiedlichen Staffeln und Sta- renberg südlich von Berlin aufgepresst dien der Saale- und Weichsel-Kaltzeit und hat dort die glazialen Sedimente sind einschließlich zahlreicher Sonder- durchbrochen. Bei Rüdersdorf östlich bildungen (z.B. Oser, Kames, Drumlins, von Berlin wurden durch diese Prozesse Großgeschiebe) in Brandenburg in schließlich Muschelkalkschichten an

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 13 die Oberfläche gehoben. Bis auf wenige Festgesteine früher auch Einfluss auf Reste wurden sämtliche Festgesteins- die dortige Flora. Durchragungen in Brandenburg fast vollständig abgebaut, bei Rüdersdorf Großräumige, in recht geringer Tiefe wird noch heute Muschelkalk (v.a. für liegende, tertiäre Ablagerungen hatten die Zementherstellung) gewonnen. Im erhebliche Auswirkungen auf die heutige Bereich des Rüdersdorfer Kalks und Landschaftsgestalt Südbrandenburgs. des Sperenberger Gipshutes hatten die Durch zahlreiche Braunkohle-Tagebaue

Abb. 1: Karte der Eisrandlagen Brandenburgs (ergänzt nach Lippstreu et al. 1997)

14 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 wurden sowohl Oberflächenrelief als der Weichselvereisung (Brandenburger auch Pflanzendecke auf riesigen Flächen Stadium im Süden ca. 18.000 v. Chr., vollständig vernichtet. Viele Tagebaue Frankfurter Stadium im Nordosten ca. werden derzeit geflutet, wenige befinden 16.000 v. Chr.). Prägend sind hier die sich noch im Abbau. Noch auf sehr lange ausgedehnten, weitgehend ebenen Nie- Zeit wird in der Bergbaufolgelandschaft derungen des Baruther, des Berliner und die Neuausbildung einer naturnahen des Eberswalder Urstromtales, die in der Vegetationsdecke weitgehend unmöglich im Westen gelegenen Havelniederung sein. ineinander übergehen. Die zahlreichen Endmoränenstaffeln und Grundmorä- Brandenburg lässt sich im Wesentlichen nenplatten sind häufig stark durch in in drei große Landschaftsräume eintei- Nord-Süd-Richtung verlaufende glazi- len. Das südliche Brandenburg ist vor ale Rinnen zusätzlich gegliedert. Die allem durch den Südlichen Landrücken Endmoränenrücken sind meist weniger mit dem Fläming sowie dem Lausitzer prägnant und durchgängig ausgebildet, Grenzwall gekennzeichnet, dem südlich der Wechsel der verschiedenen Elemente das Breslau-Magdeburger Urstromtal der glazialen Serie oft kleinräumig und das Lausitzer Becken- und Heide- und mosaikartig. Vor allem die geo- land vorgelagert ist. Dieser Teil Bran- logisch jüngeren nördlichen Bereiche denburgs wurde vom Warthestadium (Grundmoränenplatte des Barnim und des Saaleglazials (ca. 160.000-130.000 Lebuser Platte), aber auch die südlich v. Chr.), geprägt und zeichnet sich durch anschließenden Platten und Niederungen weitgehend entkalkte glazigene Ablage- sind reich an wassergefüllten Toteis- rungen aus. Durch periglaziäre Prozesse Hohlformen mit überwiegend kleineren (Abspülung, Solifluktion) während des Seen und zahlreichen Feldsöllen. In Weichselglazials und spätere Vorgänge glazialen Schmelzwasserrinnen finden (z.B. durch die Verlandung von Still- sich außerdem zahlreiche, oft sehr tiefe gewässern) wurde das ursprüngliche Rinnenseen. Relief weitgehend verändert, so dass dort beispielsweise natürliche Stillgewässer Der (geologisch jüngste) Nordosten heute vollständig fehlen. Brandenburgs wird geprägt durch den Nördlichen Landrücken mit verschie- Das mittlere Brandenburg stellt sich denen markanten Endmoränenstaf- als eine abwechslungsreiche Landschaft feln des Pommerschen Stadiums der verschiedener Platten und Niederungen Weichselkaltzeit (ca. 14.000-12.000 dar und entstand während älterer Stadien v. Chr.) und dessen Rückland mit Grund-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 15 Abb. 2: Oberflächengeologie Brandenburgs (© Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe). moränenbildungen. Die Vielzahl der im Allgemeinen von Süd nach Nord ab Bildungen der glazialen Serie ist hier (Kundler 1956). Während die Abla- besonders hoch, das ausgeprägte Relief gerungen des Saaleglazials tiefgründig der Endmoränenzüge verleiht einzelnen entkalkt sind, können in den Jungmo- Gebietsteilen fast mittelgebirgsartigen ränengebieten insbesondere in relief- Charakter. Enorm ist der Reichtum gla- reichem Gelände kalkhaltige Substrate zialer Hohlformen, die vor allem von in an der Oberfläche anstehen. Im Bereich Wäldern gelegenen Mooren und Klein- des Brandenburger Stadiums herrschen gewässern unterschiedlicher Ausprägung aber auch hier vielfach sehr basen- und eingenommen werden. In den agrarisch nährstoffarme Sande vor. genutzten Gebieten spiegeln zahlreiche, meist wassergefüllte Kleinhohlformen (Sölle) die junge glaziale Geschichte 2.2 Naturräumliche Gliederung wider. Die drei großen Landschaftsräume Entsprechend des Alters der Ablage- Brandenburgs werden nach Scholz rungen nimmt der Silkat- und damit der (1962) jeweils in mehrere naturräumliche Nährstoffgehalt der pleistozänen Sande Haupteinheiten untergliedert. Insgesamt

16 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 hat Brandenburg Anteil an 11 natur- den Beschreibungen hier die – auch räumlichen Haupteinheiten. Im Land- landschaftsgeschichtlich exakten – Be- schaftsprogramm Brandenburg (LAPRO zeichnungen von Scholz verwendet; 2000) wurden die Bezeichnungen der die mittlerweile auch verschiedentlich naturräumlichen Haupteinheiten teilwei- benutzten Begriffe aus dem LAPRO se in abstrahierte Begriffe umgewandelt sind in Klammern vermerkt, sofern sie und auch in den Abgrenzungen leicht von den Bezeichnungen bei Scholz verändert (Abb. 3). Daher werden in abweichen.

Abb. 3: Naturräume und Physische Übersicht von Brandenburg (verändert nach LAPRO 2000).

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 17 Abb. 4: Jungmoränenlandschaft bei Annenwalde im Naturpark Uckermärkische Seen, 27.04.2017 [F. Zimmermann].

Im Bereich des Nördlichen Landrü- der tiefsten und zugleich saubersten ckens erreicht die Mecklenburgische Seen Norddeutschlands (aktuell zumeist Seenplatte (LAPRO: Nordbrandenbur- im schwach mesotrophen Zustand). In gisches Wald- und Seengebiet) mit ihrem diesem Jungmoränenland haben Havel Südostteil den Norden Brandenburgs. und Rhin ihr Ursprungsgebiet, die nach Zwischen Rheinsberg und Lychen längerer Fließstrecke in südlicher Rich- streicht hier das Neustrelitzer Kleinseen- tung schließlich in der Havelniederung in land aus, welches sich durch zahlreiche den Verlauf des Urstromtales einmünden überwiegend kleinere Seen auszeichnet. und westlich Richtung Elbe abfließen. Die Seen sind oft in Sander-, Talsand- und Grundmoränenflächen eingebettet, Östlich grenzen die überwiegend aus zwischen denen immer wieder Reste Sandern bestehende Schorfheide sowie von Zerfallsstaffeln des Frankfurter die Templiner und Britzer Grundmorä- Stadiums des Weichselglazials überragt nenplatte an. Die Grundmoränenplatten werden. Mit dem nicht zuletzt durch sind wiederum durch mehrere prägnante die „Wanderungen durch die Mark Seenrinnen gekennzeichnet, während Brandenburg“ von Theodor Fontane die an Oberflächengewässern arme berühmt gewordenen Stechlinsee sowie Schorfheide durch tief anstehendes dem Wummsee finden sich hier einige Grundwasser und große nacheiszeitlich

18 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 aufgewehte Flugsandgebiete geprägt ist. darstellten. Beide Rinnen weisen noch Nach Süden hin wird die naturräumliche heute mächtige Durchströmungsmoor- Haupteinheit vom Eberswalder Tal abge- Komplexe auf. Während diese im Ran- schlossen, welches mit seinen mächtigen dow-Welse-Bruch aufgrund komplexer Talsanden Teil des Thorn-Eberswalder Melioration und Intensivnutzung seit den Urstromtales ist. 1970er Jahren teilweise stark degradiert sind, blieben sie in der Ückerniederung Auch das Rückland der Mecklen- sowohl zwischen den beiden Ucker-Seen burgischen Seenplatte erreicht im als auch unterhalb von Prenzlau groß- Uckermärkischen Hügelland (LAPRO: flächig naturnah erhalten und werden Uckermark) nur mit einem kleinen Teil heute zu großen Teilen von ausgedehnten das nordöstliche Brandenburg. In die zusammenhängenden Schilfflächen ein- meist flachwelligen Grundmoränenplat- genommen. ten sind hier die Rinnen des Randow- und des Ückertals eingesenkt, die Richtung Zum gleichen Naturraum gehören die Norden zum Oderhaff (Ostsee) entwäs- Endmoränenstaffeln um Angermünde sern und zum Ende der Weichselkaltzeit und der Choriner Endmoränenbogen. prägnante Leitlinien der in sich zerfal- Letzterer darf mit seiner auf großen lenden Teile des kompakten Inlandeises Strecken „vorbildlichen“ Abfolge der

Abb. 5: Gletscherzungenbecken des Parsteiner Sees vor dem Choriner Endmoränenbogen, im Vordergrund wassergefüllte Toteishohlformen (Sölle), 23.04.2008 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 19 Abb. 6: Niederoderbruch bei Falkenberg vor dem Choriner Endmoränenbogen [F. Zimmermann].

Abb. 7: Die Hänge des mittleren Odertales zwischen Frankfurt/Oder und Seelow beherbergen die wert- vollsten Steppenrasen Brandenburgs, hier mit Adonis vernalis [F. Zimmermann].

20 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 glazialen Serie gleichsam als hervor- Standorte der bekannten Vorkommen ragendes Lehrbeispiel der glazialen von Trocken- und Halbtrockenrasen mit Geschichte Norddeutschlands gelten. europäischer Bedeutung (vgl. Zimmer- Hervorragend ausgeprägt ist hier auch mann et al. 2012). das große Gletscherzungenbecken des Parsteiner Sees. In der Umgebung finden Süd- bzw. südwestlich von Odertal und sich weitere Besonderheiten glazialer Eberswalder Urstromtal erstreckt sich der Bildungen wie z.B. die Hügelkuppen sehr komplexe und vielgestaltige Natur- östlich von Brodowin. Vor allem der raum der Ostbrandenburgischen Platte Kleine Rummelsberg galt bislang als (LAPRO: Barnim und Lebus). Ablage- Musterbeispiel eines Drumlins (unter rungen der glazialen Serie des Branden- einem aktiven Gletscher gebildeter, burger und des Frankfurter Stadiums des tropfenförmiger Hügel), wenngleich dies Weichselglazials kennzeichnen zu etwa durchaus umstritten ist. gleichen Teilen diesen Landschaftsraum. Zentral durchzogen wird er durch noch Östlich grenzt das Odertal an, welches heute fast durchgängig zu verfolgende zwischen Ratzdorf im Süden und Gartz Hauptstillstandslage des Frankfurter im Norden gleichzeitig die östliche Stadiums. In einigen Teilen wie z.B. in Grenze Brandenburgs zu Polen bildet. der Märkischen Schweiz bei Buckow Nördlich von Gartz liegt mit etwa 1 m und bei Bad Freienwalde sind Stauchmo- über dem Meeresspiegel der tiefste Punkt ränenkomplexe mit hoher Reliefenergie Brandenburgs. Die sehr tiefe Sohle des ausgeprägt. Bei Bad Freienwalde kommt Odertales ist bereits auf frühglaziale hierbei verstärkend hinzu, dass die aus Senkungsvorgänge zurückzuführen, und der bereits vorgeprägten tiefen Rinne das Tal diente später als Leitlinie sowohl des Odertals vorrückenden Gletscher an für Gletschervorstöße als auch im mitt- bereits vorhandenen Steilhängen „auf- leren Teil (Oderbruch) als Abflussbahn brandeten“ und auf alte glaziale Platten von Schmelzwässern (Scholz 1962). In zusätzlich End- und Stauchmoränenkom- großen Teilen dominieren Talsand- und plexe aufsetzten. Nirgendwo sonst in Auenbildungen, während das Oderbruch Brandenburg finden sich daher so große vorwiegend tonig-schlickige, holozäne Höhenunterschiede auf kleinstem Raum Bildungen aufweist. Sehr prägnant sind wie hier mit durchaus mittelgebirgsar- die in einigen Bereichen sehr steilen tigen Partien. Zahlreiche Kesselmoore Abhänge der Grundmoränenplatten (v.a. und kleine Seen kennzeichnen diese zwischen Frankfurt/Oder und Seelow). Landschaft. Diese exponierten Hänge sind heute

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 21 Zwischen den Endmoränenstaffeln großen Teilen von ebenen Talsanden erstrecken sich mit der Grundmoränen- eingenommen und vom Verlauf der platte des Barnim und der Lebuser Platte Spree geprägt wird. Der weitaus größte ausgedehnte flachwellige und kuppige Teil besteht jedoch aus Komplexen von Landschaften mit einer großen Vielfalt Grundmoränenplatten und zahlreichen von Toteishohlformen. Überwiegend in eingelagerten Endmoränenzügen des Nordost-Südwestrichtung ist die Ost- Brandenburger Stadiums der Weichsel- brandenburgische Platte vielfach durch vereisung. Vor allem im Bereich ausge- tiefe Rinnensysteme durchschnitten. prägter Stauchmoränenkomplexe wie Da der Höhenrücken der Endmorä- den Rauenschen und Golmer Bergen, ne der Frankfurter Staffel gleichsam die gleichzeitig den Verlauf der Haupt- Teil der das nordostdeutsche Tiefland stillstandslage dieses glazialen Stadiums durchziehenden Hauptwasserscheide markieren, ist eine im nordostdeutschen ist, entwässern die meist sehr kurzen Tiefland selten ausgeprägte, starke Re- Fließe auf der Nordseite über die Oder liefenergie vorhanden. Hier werden nur zur Ostsee, die längeren Fließtäler der wenige hundert Meter vom Berliner Tal flacher abfallenden Südseite jedoch in Höhen bis zu 150 m erreicht. das Berliner Urstromtal über die Spree und Elbe zur Nordsee. In vielen Rinnen In den Endmoränen dieses Naturraumes ohne rezenten Oberflächenabfluss liegen finden sich auch die größten Findlinge tiefe Rinnenseen. Brandenburgs. Der ursprünglich etwa 250 m3 große Markgrafenstein als sei- Direkt südlich schließt sich das Ost- nerzeit größter Findling Brandenburgs brandenburgische Heide- und Seen- wurde Anfang des 19. Jahrhunderts zu gebiet an, welches zusammen mit dem großen Teilen abgetragen. Ein großes sich westlich hieran anschließenden Stück davon wurde zu der riesigen Gra- Naturraum der Mittelbrandenburgischen nitschale verarbeitet, die noch heute den Platten und Niederungen den zentralen Lustgarten vor dem Neuen Museum in Teil Brandenburgs ausmacht. Der Nord- Berlin ziert. teil dieser naturräumlichen Haupteinheit wird vom ehemaligen Berliner Urstrom- Die im Wesentlichen von glazialen tal eingenommen, welches während des Geschiebelehmen und -sanden der Frankfurter Stadiums der Weichselver- Zerfallsstadien des Eises des Branden- eisung die Schmelzwässer in Richtung burger Stadiums geprägte, von Süd Nordwesten abführte und heute bei einer nach Nord sanft abfallende Hochfläche Höhenlage von nur 30-40 m ü. NN zu wird vom Tal der Spree durchschnitten,

22 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 8: Möllnsee im NSG "Lieberoser Endmoräne" mit intaktem Braunmoosmoor-Schwingrasen, 16.06.2011 [F. Zimmermann]. die hier eine Süd-Nord-Verbindung Storkow finden sich zahlreiche Seen und vom Baruther zum Berliner Urstrom- Moore unterschiedlicher Ausprägung. tal geschaffen hat. Ebenfalls Richtung Entlang des Spreetals und in der Nähe Norden wird das Gebiet von mehreren von Rinnentälern finden sich gehäuft kleinen Flüssen und Bächen entwässert teilweise ausgedehnte Binnendünen- (Dahme, Oelse, Schlaube). Vor allem komplexe, die von den starken Winden die Schlaube hat sich an mehreren Stel- nach dem Rückzug des Inlandeises in der len tief in die teilweise – im Bereich waldfreien Landschaft aus verfrachtetem der Fünfeichener Hochfläche bereits Talsand gebildet wurden. saaleglazial vorgeprägte – Moränen- landschaft eingegraben und sich ein Der sich südlich anschließende Spree- ausgeprägtes Durchbruchstal geschaffen. wald als Teil des Baruther Urstromtales Dieses Gebiet gehört zusammen mit der wird von Scholz (1962) als eigene südwestlich angrenzenden Lieberoser naturräumliche Haupteinheit betrachtet. Heide zu den abwechslungsreichsten Ursprünglich handelt es sich um eines Landschaften Brandenburgs. Vor allem der größten Erlen-Überflutungsmoore in der weiteren Umgebung der Ortschaft Deutschlands. Ein reiches Mosaik Prieros und der Kleinstädte Teupitz und verschiedenster Ablagerungen reicht

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 23 von sandigen über schlickhaltige Au- Südteil finden sich auf großen Strecken ensubstrate bis hin zu flachgründigen kaum unterbrochene End- und Stauch- Moorbildungen (vgl. auch Krausch moränen des Brandenburger Stadiums 1960). Bei sehr geringem Gefälle hat der Weichselvereisung, die dann über die Spree einmal im Oberspreewald und teils ausgedehnte Sanderflächen in das in etwas kleinerem Format nochmals im Baruther Urstromtal übergehen. Große Unterspreewald ein verflochtenes Netz Teile des Naturraumes werden von der kleinerer und größerer Arme ausgebildet. Havel mit ihren zahlreichen Flussseen Dieses Netz wurde seit Jahrhunderten durchzogen. Die sich Richtung Westen zusätzlich durch künstliche Kanäle er- immer stärker aufweitende und dort weitert und durch zahlreiche Stauanlagen mit dem Niederungssystem des Rhin reguliert. Seit dem 18. Jahrhundert wur- vereinende Niederung der mittleren den die Erlenbruchwälder des Gebietes Havel bildet eine der ausgeprägtesten teilweise gerodet und in Wiesen und klei- Flussniederungen Brandenburgs. ne Ackerflächen umgewandelt (s. auch Petrick et al. 2011). Diese einmalige Dem Naturraum schließt sich nördlich Kulturlandschaft des Spreewaldes gehört das Luchland (LAPRO: Rhin-Havel- auch traditionell zu den touristischen land) an. Hier dominieren großräumig Hauptattraktionen Brandenburgs. feuchte vermoorte Niederungen mit kleineren eingestreuten Talsandflächen Der Naturraum der Mittelbranden- und aufgesetzten Dünen und wenigen burgische Platten und Niederungen kleinen Grundmoränenflächen (hier (LAPRO: Mittlere Mark) schließt sich „Ländchen“ genannt). Im Bereich westlich an das Ostbrandenburgische des Luchlandes vereinen sich die aus Heide- und Seengebiet an wird im We- unterschiedlichen Vereisungsstadien sentlichen durch den stetigen Wechsel stammenden Urstromtäler (Berliner und verschieden großer Grundmoränenplat- Eberswalder Tal). Rhinluch und Havel- ten und Niederungen gekennzeichnet. ländisches Luch stellen auch heute noch Den Grundmoränen aufgesetzt sind die ausgedehntesten Niedermoorgebiete häufig kleinere Stauchmoränen, die dann Brandenburgs dar, obgleich sie aufgrund mehrfach bis über 100 m ü. NN aufragen. der bereits seit etwa 250 Jahren anhal- Im Norden dominieren auf der Nauen- tenden Meliorationsmaßnahmen ihre er Platte und dem Teltow kompakte ursprüngliche Vegetation lange verloren Grundmoränenplatten, die aufgrund haben und die Moore überwiegend sehr der vergleichsweise guten Böden heute stark degradiert sind. Ihre Entstehung großflächig in Ackernutzung sind. Im verdanken sie vor allem dem regelmä-

24 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 9: Silbergras-Pionierrasen auf einer Düne im Havelland [F. Zimmermann].

Abb. 10: Elbtal bei Mühlberg an der Grenze zu Sachsen [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 25 ßigen Rückstau der aus der Elbe, jedoch Das Nordbrandenburgische Platten- wurde die Moorbildung auch durch die und Hügelland (LAPRO: Prignitz und Stauregulierung im Bereich der mittleren Ruppiner Land) erstreckt sich nordöst- Havel gefördert (Marcinek & Zaumseil lich des Elbtales. Große Teile sind dem 2006). Naturraum Prignitz zuzuordnen, die auch als Landschaftsbezeichnung für An der sich westlich anschließenden den Nordwesten Brandenburgs üblich Elbtalniederung (LAPRO: Elbtal) hat ist. Im Wesentlichen wird die naturräum- Brandenburg nur einen geringen Anteil. liche Haupteinheit von verschiedenen Zu dieser naturräumlichen Haupteinheit Grundmoränenplatten gebildet, die durch gehört auch die Untere Havelniede- mehrere Rinnen und Niederungen gegli- rung. Postglazial gab es im Bereich um edert werden. Es finden sich aber auch Pritzerbe und Rathenow bis zur Ein- ausgedehnte Sander- und Talsandflächen. deichung der Elbe im 12. Jahrhundert In den Ruhner Bergen (überwiegend immer wieder Durchbrüche der Elbe bereits in Mecklenburg-Vorpommern in das Haveltal (Scholz 1962). Unter- gelegen) findet sich mit 126 m ü. NN die halb von Havelberg (Sachsen-Anhalt) höchste Erhebung. Die östlichen Teile bis Lenzen durchfließt die Elbe heute des Naturraumes sind überwiegend der Brandenburgisches Gebiet und bildet Rückschmelzphase des Brandenburger die Landesgrenze. Von den einstigen Stadiums der Weichselvereisung zum Auenwäldern sind im Brandenburger Frankfurter Stadium zuzuordnen. Deut- Elbtal nur kleinste Relikte verblieben. liche End- und Stauchmoränenbildungen Das postglazial zunächst tief einge- verschiedener Phasen findet man vor schnittene Elbtal hat sich ab dem Atlan- allem bei Gransee, Lindow und in der tikum mit mehr als 10 Meter mächtigen Ruppiner Schweiz. Die Oberflächen- Sanden und Kiesen sowie bis zu zwei formen der westlichen Prignitz wurden Meter Auenlehmauflagen wieder auf das bereits in der jüngeren Saale-Kaltzeit vorherige Niveau aufgehöht (Scholz geprägt (vgl. Lippstreu et al. 1997) und 1962). Die überwiegend ebenen Flächen gehört damit bereits zum norddeutschen werden entlang des Flusses an einigen Altmoränengebiet. Mit der Löcknitz, Stellen von derzeit meist aufgeforsteten dem System der Stepenitz und der Dosse Dünenzügen begleitet. Die Senke von wird die wellige Grundmoränenplatten- Rambower See und Rambower Moor Landschaft in Richtung Südwesten von entstand durch Auslaugungsvorgänge im mehreren, teilweise heute noch sehr Zechstein-Salzstock. naturnahen Fließgewässern durchzogen.

26 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Im Gegensatz zu allen bisher beschrie- Das Lausitzer Becken und Heideland benen Naturräumen mit Ausnahme der (LAPRO: Niederlausitz) schließlich Prignitz wurde die Landschaft im Süden repräsentiert einen weiteren charakte- und Südwesten Brandenburgs während ristischen Ausschnitt des norddeutschen der Saale-Kaltzeit geprägt. Der Höhen- Altmoränengebietes. Hier wechseln sich rücken des Fläming und der sich östlich flachwellige, sandig-lehmige Becken, anschließende Lausitzer Grenzwall ent- altpleistozäne Platten und Stauchmorä- standen während des Warthe-Stadiums nenzüge ab (Scholz 1962). Zu dieser und stellen einen der markantesten Hö- Einheit gehört auch der Lausitzer Grenz- henrücken des norddeutschen Tieflandes wall als saaleeiszeitliche Endmoräne und dar. Er ist höchster Teil des sogenannten östliche Fortsetzung des Fläming. Die Südlichen Landrückens, der von Schles- Schichtfolgen der glazialen Serie wer- wig-Holstein über Lüneburger Heide, den hier häufig von mächtigen tertiären Letzlinger Heide über Fläming und Braunkohleformationen aus dem Miozän Lausitzer Grenzwall bis zum Muskauer unterlagert. Südlich des Lausitzer Grenz- Faltenbogen reicht (Scholz 1962). walls treten diese tertiären Schichten mit Sanden, Tonen und Braunkohle Die in Brandenburg gelegene Nordab- auch vielfach bis an die Oberfläche. Der dachung des Höhenzuges wird durch die Abbau der Braunkohle führte vor allem Fließgewässersysteme von Buckau, Pla- im 20. Jahrhundert zu starken Verände- ne und Nuthe mit kleineren Nebenbächen rungen der Landschaft der Niederlausitz. entwässert. Bekannt ist der Fläming vor Zahlreiche Großtagebaue wurden mitt- allem durch seine ausgeprägten Trocken- lerweile aus der Nutzung genommen täler, die hier so genannten „Rummeln“. und füllen sich überwiegend durch Dabei handelt es sich überwiegend um natürlichen Wiederanstieg des Grund- spätglazial vorgeprägte Rinnen, die sich wassers zu Seenlandschaften auf. Am besonders in Folge großflächiger Ro- Südrand erstreckt sich die Untereinheit dungen im Mittelalter während starker der Niederlausitzer Randhügel. Niederschläge weiter eintieften. Manch- mal sind es auch Reste alter Bachtäler, Das sich südlich anschließende (LA- deren Verlauf sich infolge solcher Ereig- PRO: Elbe-Elster-Land) gehört bereits nisse plötzlich verlagerte. Im nördlichen zur naturräumlichen Haupteinheit des Vorfeld des Fläming wurde postglazial Elbe-Mulde-Tieflandes (Meynen & kalkarmer, dem Löss ähnlicher Flottsand Schmithüsen 1961), die überwiegend abgelagert, der hier für recht fruchtbare in Sachsen und Sachsen-Anhalt liegt. Böden verantwortlich ist. Die Schwarze Elster sowie Große Röder

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 27 Abb. 11: Weißer Berg bei Bahnsdorf mit Vorkommen von Jurinea cyanoides, 04.05.2010 [F. Zimmermann]. und Pulsnitz an der Grenze zu Sachsen sandbüchse“ bezeichnet wurde. Die sonst prägen den Landschaftsraum. Mit der in vielen Regionen Mitteleuropas vor- Heidehöhe findet sich hier an der Gren- herrschenden frischen, nährstoffreichen ze zu Sachsen im Moränengebiet des Standorte sind relativ selten; stattdessen Drenthestadiums der Saalevereisung die überwiegen mehr oder weniger trockene mit 201,4 m ü. NN höchste Erhebung Standorte, die in Grundwassernähe rasch Brandenburgs. in feuchte bis nasse Standorte unter- schiedlicher Trophie übergehen.

2.3 Böden Besonders nährstoff- und ertragsarm sind naturbedingt die Gebiete mit vor- Die Böden sind in Brandenburg auf- herrschenden Sandern, grundwasserfer- grund der Vielgestaltigkeit der glazialen nen Talsanden sowie Flugsandfeldern; Ablagerungen sehr unterschiedlich. Es nicht selten werden hier Bodenwert- überwiegen jedoch vergleichsweise zahlen unter 20 erreicht. Sie treten in arme Böden, weswegen die Mark Bran- allen landschaftlichen Einheiten auf; denburg bereits früher etwas abfällig als die größten Flächen nehmen sie jedoch „des Heiligen Römischen Reiches Streu- im Bereich des Brandenburger Gürtels

28 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 des Saaleglazials, also in den Mittel- herrschen hier vor. Ausgeprägte Podsole brandenburgischen Platten und Niede- mit Ortsteinbildung wie in Nordwest- rungen und im Ostbrandenburgischen deutschland oder an der Ostseeküste Heide- und Seengebiet, ein. Oligotrophe Mecklenburg-Vorpommerns sind jedoch Braunerden mit Übergängen zu Podsolen in Brandenburg aufgrund des subkon- (Podsol-Braunerde, Braunerde-Podsol) tintalen Klimas selten. Im Bereich holo-

Abb. 12: Bodenübersichtskarte Brandenburgs (aggregiert aus Daten der BÜK 1000, © Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe)

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 29 zäner Binnendünenkomplexe sowie an im Elb- und Odertal sowie an der Unteren reliefreichen, erosionsgeprägten Endmo- Havel Auenböden aus meist lehmigen ränenbildungen herrschen humusarme und tonigen Substraten ausgebildet sind. Regosole bzw. Lockersyroseme vor. Im Bereich der Endmoränen können die Bodenbedingungen kleinräumig stark 2.4 Klima wechseln. Neben sehr armen Standorten sind hier auch basenreiche Braunerden Brandenburg befindet sich im Über- oder – bei Erosion – Pararendzinen gangsbereich zwischen ozeanischem und anzutreffen. kontinentalem Klima, insgesamt kann es als gemäßigt kontinental bezeichnet Die fruchtbarsten Böden finden sich in werden (Hendl 1996). Die generellen Teilen der nördlichen Uckermark, also Klimabedingungen seien zunächst am auf den Geschieben des Pommerschen Beispiel Potsdams erläutert. Die Jah- Stadiums des Weichselglazials, sowie resdurchschnittstemperatur der zentral im Flottsandgebiet auf dem Fläming. im Bundesland gelegenen Potsdamer Kennzeichnend sind hier Parabrau- Station beträgt aktuell (Zeitraum 1991- nerden, die teilweise (besonders unter 2010) 9,5 °C; aus der Julitemperatur niederschlagsarmen Bedingungen) von 19,4 °C und der Januartemperatur bereits zu Schwarzerden (Tschernose- von 0.4 °C ergibt sich eine mittlere men) überleiten können (Scholz 1962, Temperaturamplitude von 19 °C. Der Naturschutzfonds & MLUV 2005). mittlere jährliche Niederschlag beträgt Auch viele Grundmoränenflächen der knapp 600 mm, wobei er gegenüber der älteren Vereisungen mit anstehendem weiteren Umgebung durch einen schwa- Geschiebemergel (einschließlich der von chen Regenstau-Effekt aufgrund der der Saaleeiszeit geprägten Prignitz) wei- Lage der Station auf einer Endmoräne sen vergleichsweise ertragreiche Böden und den Seenreichtum der Region leicht auf. Hier herrschen neben Parabrauner- erhöht ist. In den letzten 20 Jahren ist die den häufig stärker versauerte Fahlerden Temperatur gegenüber 1961-1990 um und tonärmere Bänder-Parabraunerden 0,7 °C angestiegen, wodurch die Januar- vor, seltener finden sich Pseudogleye. Temperatur die 0 °C-Marke überschritt, Diese sind v.a. im Bereich des Lausitzer während die Niederschläge unverändert Grenzwalls verbreitet. In den ausge- bleiben. Besonders ausgeprägt war der dehnten grundwassernahen Talsand- und Temperatur-Anstieg von Januar bis April Luchgebieten finden sich großflächig sowie im Juli und August, und es zeigt Gleye und Niedermoorböden, während sich eine Tendenz der Niederschlagsab-

30 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 13: Jahresmittel von Temperatur und Niederschlag im Land Brandenburg (Gerstengarbe et al. 2003). nahme im April. Dadurch ist eine Verkür- als 500 mm (in manchen Jahren nur 300 zung des Frühjahrs mit ausgeprägteren mm) erreicht. Am niederschlagreichsten Trockenphasen zu verzeichen. sind mit über 600 mm Teile der Prignitz, Nordbrandenburg im Bereich der Meck- Im gesamten Bundesland variieren die lenburgischen Seenplatte, der Hohe Flä- durchschnittlichen Jahresmitteltempera- ming und die südliche Niederlausitz, wo turen für den Zeitraum 1951-2000 zwi- die damit leicht subozeanische Tönung schen 7,8 °C und 9,5 °C (Gerstengarbe des Klimas sogar das Vorkommen atlan- et al. 2003), wobei Nordbrandenburg tischer Florenelemente ermöglicht (s. im Bereich der Mecklenburgischen Herrmann 2011). Allerdings nimmt die Seenplatte und die höher gelegenen Jahresschwankung der Temperatur als Partien, vor allem des Fläming, die ge- weiteres Charakteristikum eines konti- ringsten Temperaturen aufweisen. Die nentalen Klimacharakters von Nordwes- Jahresniederschlagsummen betragen fast ten (Prignitz) nach Osten (Odertal) bzw. überall im Land unter 600 mm, wobei der Südosten (Lausitz) stetig zu. größere Flächenanteil bei 550 mm liegt und damit Trockengebietscharakter hat Brandenburg gehört somit, zusammen (Abb. 13), Im Nordosten, vor allem im Be- mit weiten Teilen Sachsen-Anhalts und reich des Odertales und Teilen der Ucker- südlich angrenzenden Regionen, dem mark, werden oft nur deutlich weniger östlichen Binnenlandes Mecklenburg-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 31 Vorpommerns sowie dem nördlichen denburg zweifelsfrei zu großen Teilen Oberrheinischen Tiefland und der Pfalz, „Buchenland“, auch wenn die Buche zu den trockensten und am stärksten wohl aufgrund später Ausbreitung nie kontinental getönten Regionen Deutsch- dominant in den nacheiszeitlichen Pol- lands. Die klimatische Wasserbilanz ist lenspektren auftritt (s. Jahns 2011). Zwar weithin negativ; d. h. die potenzielle Ver- mindern die hier im Übergangsbereich dunstung ist höher als die Niederschläge, zum kontinentalen Klima zunehmende und die Grundwasserneubildungsraten Sommertrockenheit und häufiger auf- sind – weithin verstärkt durch die groß- tretende Spätfröste die Konkurrenzkraft flächigen Kiefern-Altersklassenforste – der Buche gegenüber anderen Baumarten gering. wie Stiel- und Traubeneiche, Hainbuche und Linde. Dennoch wären heute große Teile der Nordhälfte Brandenburgs sowie 2.5 Natürliche und heutige Vegetation des Südlichen Landrückens wohl natürli- cherweise von Buchen (Misch-)wäldern Vegetationskundlich betrachtet liegt dominiert (Abb. 14). Zum einen wurde Brandenburg im Bereich der mitteleuro- die Buche in früheren Jahrhunderten auf- päischen, sommergrünen Laubwaldzone. grund vorherrschender Waldnutzungs- Natürlicherweise dominierende Waldfor- formen gegenüber den o.g. Baumarten mationen wären Buchen- und Buchen- lange Zeit deutlich wegen ihrer geringen Mischwälder, Eichenmischwälder und Fähigkeit zu Stockausschlägen benach- in Niederungen und vermoorten Senken teiligt. Später wurden dann die bereits Moor- und Bruchwälder (vgl. Krausch während des Mittelalters teilweise oder 1998, Hofmann & Pommer 2005). Die vollständig ihrer natürlichen Waldbede- Benennung der im Folgenden genannten ckung beraubten Flächen im Zuge der syntaxonomischen Einheiten folgt im durch den Preußischen Staat betriebenen wesentlichen Rennwald (2000) bzw. Wiederaufforstung und bis zum Ende Berg et al. (2004). Die Nomenklatur der des letzten Jahrhunderts überwiegend genannten Pflanzenarten richtet sich nach mit Kiefern, teilweise auch mit nicht- Ristow et al. (2006). heimischen Baumarten (v.a. Robinie) aufgeforstet. So hat die Buche aktuell Die tatsächliche natürliche Verbreitung immer noch weniger als 10 % Anteil an von Buchenwaldgesellschaften wurde der Baumartenzusammensetzung, und und wird in Brandenburg wohl häufig nur ein kleiner Teil dieser Flächen wird unterschätzt (s. Heinken 2007). Wie auch von naturnahen Buchenbeständen große Teile Deutschlands ist auch Bran- eingenommen.

32 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 14: Karte der potenziellen natürlichen Vegetation Brandenburgs (vereinfacht nach Hofmann & Pommer 2005)

Der Nordosten Brandenburgs gehört und Süddeutschlands. Aufgrund der zum geschlossenen baltischen Buchen- überwiegend kalk- und basenarmen waldareal. Zwar handelt es sich hierbei Böden fehlen Buchenwälder kalkreicher um keine eigenständigen Vegetationsein- Standorte und insbesondere Orchideen- heiten; die Artenzusammensetzung der Buchenwälder (Carici-Fagetum Moor baltischen Buchenwälder unterscheidet 1952) weitestgehend und sind an den sich allerdings teilweise deutlich von wenigen kleinflächigen Vorkommen denen der Buchenwälder Mittel-, West- auf recht artenarme Ausprägungen be-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 33 schränkt, so z.B. in der Melzower Forst Standorte. Auf Mineralboden- und Au- im Nordosten Brandenburgs, im Wald- enstandorten der großen Niederungen gebiet um Bad Freienwalde und isoliert findet man v.a. im Havelland auch heute im Schlaubetal. Etwas weiter verbreitet noch Vorkommen grundwassernaher sind Buchenwälder reicherer Standorte Eichen-Hainbuchen-Wälder (Stellario des Hordelymo-Fagetum Kuhn 1937. holosteae-Carpinetum betuli Oberd. Die namengebende Waldgerste (Horde- 1957) als natürliche Vegetation. Auf lymus europaeus) selbst tritt jedoch in grundwassernahen Talsanden der Ur- Brandenburg stark zurück. stromtäler wären Stieleichen-Birken- Wälder (v.a. Betulo pendulae-Quercetum Den überwiegend armen Bodenver- roboris Tx. 1930 nomen inversum pro- hältnissen entsprechend würden in Bran- pos.) auch natürlich weit verbreitet. Auf denburg natürlicherweise Buchenwälder grundwasserfernen Standorten bzw. im ärmerer Standorte (Luzulo-Fagetum Süd- und Südostteil Brandenburgs unter Meusel 1937, Tieflandsausbildung ohne stärker kontinentalem Klimaeinfluss ist Luzula luzuloides, Verband Luzulo- Quercus petraea unterschiedlich stark Fagion) vorherrschen, aber auch unter- an der natürlichen Baumartenzusam- schiedliche Ausprägungen mesophiler mensetzung beteiligt. Dort treten in der Buchenwälder (Galio odorati-Fagetum potenziellen natürlichen Vegetation vor Sougnez et Thill 1959 nom. conserv. allem das Luzulo-Quercetum petraeae propos., Verband Fagion sylvaticae) Hilitzer 1932 nom. invers. propos. wären – vor allem im Nordosten des und das Calamagrostio arundinaceae- Landes – relativ weit verbreitet. Quercetum petraeae (Hartm. 1934) Scam. et Passarge 1959 in Erscheinung. Im stärker (sub)kontinental getönten Osten Brandenburgs gehören von Eichen Kontinentale, thermophile Eichen-Tro- (Quercus robur, Q. petraea), Carpinus ckenwälder (Potentillo albae-Quercion betulus sowie Tilia cordata geprägte petreae Libbert 1933) besiedeln wärme- Mischwälder zur natürlichen Waldaus- exponierte Sonderstandorte vornehmlich stattung (s. auch Jahns 2011). Durch am Rand des Odertales und zeigen die über Jahrhunderte verbreitete Nie- Übergänge zu Kiefern-Trockenwäldern der- und Mittelwaldwirtschaft wurden des Verbandes Dicrano-Pinion. Im Eichen-Hainbuchenwälder (Verband nordöstlichen Brandenburg erreichen Carpinion betuli) stark gefördert und diese Eichen-Trockenwälder die Nord- besiedeln z.T. auch heute noch vermut- westgrenze ihres natürlichen Areals. Im lich natürlicherweise Buchen-dominierte Nationalpark „Unteres Odertal“, wo sich

34 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 zu den kontinentalen Florenelementen lige Ausbildungen von Gesellschaften auch einige Arten mit (sub)mediterranem des Alno-Ulmion) sind natürlicherweise Verbreitungsschwerpunkt gesellen (z.B. charakteristische Waldformationen der Neotinea tridentata), tritt vereinzelt auch oft vermoorten Niederungen der Ur- Quercus pubescens auf, allerdings zu- stromtäler und Bachtäler Brandenburgs. meist nur als Hybridform mit Q. petraea Die meisten ihrer Standorte wurden (s. auch Herrmann 2011). jedoch über die Jahrhunderte nach und nach in meist intensiv genutztes Grün- Die Waldkiefer (Pinus sylvestris), die land umgewandelt, teilweise stark ent- im Zuge des über lange Zeit üblichen wässert und damit irreversibel degradiert Waldbaus überwiegend in Altersklassen- und z.T. sogar in Ackerland umgewan- forsten auf unterschiedlichsten Standor- delt. Dennoch blieben bis heute in vielen ten gefördert wurde und somit auch heute Regionen bemerkenswerte Bestände noch mit einem Baumarten-Anteil von erhalten oder bildeten sich infolge der zu- über 70 % in Brandenburg vertreten ist nehmenden Nutzungsauflassung ehemals (vgl. Müller 2007), hätte auch natürli- extensiv genutzter Wiesen – vornehmlich cherweise Anteil an vielen Waldgesell- in kleineren Fließtälern – neu. schaften Brandenburgs, vornehmlich im stärker kontinental getönten Osten und Hartholzauenwälder (Querco-Ulmetum Südosten (s. Jahns 2011), aber auch auf minoris Issler 1924) sowie Weich- armen Standorten in anderen Teilen des holzauenwälder des Verbandes Salicion Landes. So gehören die Flechten-Kie- albae sind natürlicherweise in Branden- fernwälder (Cladonio-Pinetum sylvestris burg weitgehend auf die Flusstäler von Juraszek 1928 nom. invers. nom. mut. Elbe und Oder beschränkt. Während die propos) auf flächigen Flugsandfeldern Hartholzaue heute auf kleinste Relikte wie auch ausgeprägten Dünenkomple- (vornehmlich an der Oder) reduziert ist, xen – vor allem entlang der Ränder der befinden sich Weichholzauen – ebenfalls Urstromtäler) zum Spektrum der natür- vor allem an der Oder – teilweise in lichen Waldgesellschaften (Heinken & Regeneration. Salix alba tritt hier übri- Zippel 1999, Hofmann 2007). gens deutlich zurück und wird in erster Linie durch Salix ×rubens vertreten. Von Erlen-Bruchwälder (meist als Carici Populus nigra existieren heute ebenfalls elongatae-Alnetum glutinosae Schwi- nur noch kleinste Restbestände und Ein- ckerath 1933) und fließgewässerbeglei- zelbäume im Bereich des mittleren und tende Erlen-Eschenwälder (Cardamino unteren Odertales. amarae-Fraxinion excelsioris bzw. quel-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 35 Nur im äußersten Südosten spielen in lichen Bedingungen in der überwiegend der natürlichen Waldvegetation auch jungpleistozän geprägten Landschaft fragmentarische Ausbildungen mon- mit oft nährstoffarmen Substraten ver- taner Nadelmischwälder eine Rolle. Von schiedene mesotraphente Gesellschaften Molinia caerulea beherrschte Kiefern- dominieren würden, sind es jedoch heute Fichten-Mischwälder sind noch heute an aufgrund der durch den Menschen ver- einigen Sonderstandorten mit teilweise änderten Wasser- und Nährstoffverhält- moorigen bis anmoorigen Böden zu fin- nissen oft die verschiedenen Glieder der den und weisen neben Picea abies auch eutrophen Verlandungsserie. Reliktvorkommen von Abies alba auf. Die ab und an zu beobachtenden Fichten- Von besonderer Bedeutung sind die Begleiter wie Blechnum spicant, Trien- vor allem im Norden und Nordosten talis europaea oder die – seit langem Brandenburgs noch vorhandenen meso- ausgestorbene – Neottia cordata sind trophen Klarwasserseen, von denen der jedoch meist auf Einschleppungen mit bekannteste der Stechlinsee bei Rheins- Fichten-Saatgut aus den Mittelgebirgen berg ist. Dieser befindet sich allerdings hierher gelangt. derzeit bereits im schwach mesotrophen Zustand. Zusammen mit Mecklenburg- Zum Spektrum der natürlichen Vegeta- Vorpommern trägt Brandenburg deutsch- tion Brandenburgs gehören des Weiteren landweit die größte Verantwortung für zahlreiche Pflanzengesellschaften der die Erhaltung der noch vorhandenen naturnahen Fließ- und Standgewässer. Klarwasserseen einschließlich der darin Der außerordentliche Reichtum an Ge- vorkommenden, nicht selten in Deutsch- wässern bedingt eine große Vielzahl an land in höchstem Maße gefährdeten Gesellschaften submerser Makrophyten Potamogeton-Arten und Characeen. und Armleuchteralgen und beherbergt auch nahezu alle in Deutschland vor- Neben den Wasserflächen gehören kommenden Pflanzengesellschaften der zahlreiche Moore Brandenburgs zu den Verlandungszonen unterschiedlicher Ge- natürlicherweise weitgehend waldfreien wässertypen. Etwa 3.000 Seen mit einer Lebensräumen. Sowohl die großen Größe über einen Hektar und nahezu Durchströmungsmoore der Niederungen 50.000 Kleingewässer (überwiegend aus als auch viele verlandende Hohlformen Toteishohlformen entstanden) sowie über waren ursprünglich hauptsächlich von 30.000 Kilometer Fließgewässer (zum Braunmoosen, Torfmoosen und Riedgrä- Teil auch künstlich angelegt) kennzeich- sern geprägt, bevor durch großflächige nen Brandenburg. Während unter natür- Entwässerungen nahezu alle – hier

36 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 überwiegend mesotrophen Moore – propos. kommen nur fragmentarisch in mehr oder weniger stark entwässert und wenigen Kessel- und Verlandungsmooren dadurch massiv beeinträchtigt wurden. vor. Natürlicherweise vorherrschend sind Sowohl praktisch alle Talmoore als in den typischen, überwiegend schwach auch fast alle als Zwischenmoore aus- mesotrophen Zwischenmooren Branden- geprägten Torfmoosmoore sind dadurch burgs verschiedene Gesellschaften des heute in ihren Sukzessionsstadien deut- Verbandes Scheuchzerion palustris. Die lich anthropogen „gealtert“ und werden, Grüne Torfmoos-Wollgras-Gesellschaft sofern sie sich nicht in Nutzung befinden, (Sphagno recurvi-Eriophoretum vaginati überwiegend mit Moor- und Bruch- Hueck 1929 nom. cons. et invers. pro- wäldern (Sphagno palustris-Alnetum pos.) ist hierbei die klassische Vegetati- Allorge ex Lemée 1939 und Vaccinio onseinheit, deren absoluter Verbreitungs- uliginosi-Pinetea sylvestris) bewaldet. schwerpunkt innerhalb Deutschlands in Insgesamt waren ursprünglich etwa 10 % Brandenburg liegt. der Fläche Brandenburgs von Mooren bedeckt, fast ein Drittel davon ist jedoch Von besonderer Bedeutung sind in bis heute unwiederbringlich verloren Brandenburg zahlreiche Pflanzengesell- gegangen (Landgraf 2010). schaften der extensiv genutzten Halb- kulturformationen mit zahlreichen darin Typisch für die Braunmoos-Moore der vorkommenden, stark gefährdeten Pflan- ursprünglich weitestgehend gehölzarmen zen- und Tierarten. Die auf ehemaligen Talmoore Brandenburgs mit ihren basen- Niedermoor- und grundwassernahen bzw. kalkreichen Standorten waren vor Mineral- und Anmoorstandorten über allem verschiedene Gesellschaften der Jahrhunderte entstandenen artenreichen Verbände Eleocharition quinqueflorae Niederungs-Feuchtwiesen der Verbände und Scorpidio scorpioidis-Cladion ma- Calthion palustris und Molinion caeru- risci. Bis auf kleinste Reste sind diese leae haben hier im Jungmoränengebiet jedoch heute weitestgehend vernichtet des nordostdeutschen Tieflandes ihre (Thormann & Landgraf 2010). Hauptverbreitung. Sie sind allerdings vor allem durch die Komplexmeliorati- Eigentliche Hochmoore (oligotrophe onen in den 1960er und 1970er Jahren Regenmoore) fehlen in Brandenburg arg in Bedrängnis geraten und nunmehr aufgrund der zu geringen Niederschläge. in den letzten 20 Jahren zunehmend Pflanzengesellschaften dieses Moortyps von Nutzungsauflassung betroffen (vgl. wie z.B. das Sphagnetum magellanici Zimmermann 2016). Kästner et Flössner 1953 nom. mut.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 37 Gleiches muss auch für die einst in den Glatthafer-Dominanzbestände besiedeln Flussauen Brandenburgs – vornehmlich heute vor allem degradierte, ehemalige im Elbtal, an der Unteren Havel und Feuchtwiesenstandorte sowie Brachesta- an der Oder – weit verbreiteten, ar- dien von Halbtrockenrasen. Die pflan- tenreichen Auenwiesen des Verbandes zensoziologische Zuordnung solcher Cnidion dubii auf wechselnassen bis Bestände ist häufig sehr schwierig, da wechselfeuchten Auelehmböden gelten. es sich zumeist um Abbaustadien von Vor allem das an Stromtalarten reiche Pflanzengesellschaften der Feucht- oder Cnidio-dubii-Deschampsietum cespito- Trockenstandorte handelt. sae Hundt ex. Pass. 1960 ist heute nur noch an der unteren Havel (vgl. Burkart Einen weiteren Schwerpunkt arten- 1998) und an einigen Abschnitten der reicher Halbkulturbiotope stellen die mittleren Oder (südlich und nördlich Sandtrockenrasen sowie die kontinental von Frankfurt/Oder) in größeren und getönten Trocken-, Halbtrocken- und artenreichen Ausbildungen zu finden. Steppenrasen Brandenburgs dar. Bei verschiedenen Pflanzengesellschaften Artenreiche Bergwiesen fehlen in Bran- der Sandtrockenrasen (Verbände Coryne- denburg naturgemäß völlig. Frischwie- phorion canescentis, Armerion elongatae sen des Verbandes Arrhenatherion und Koelerion glaucae) besteht hier der elatioris sind in Ermangelung frischer, bundesweite Verbreitungsschwerpunkt. nährstoffreicher Standorte meist nur in Kontinental getönte Trocken- und Step- Übergangsbereichen an den Rändern penrasen (Adonido vernalis-Brachypo- der Auen und Niederungen im Kom- dietum pinnati [Libbert 1933] Krausch plex mit Feuchtwiesen und Beständen 1961; Potentillo arenariae-Stipetum wechselfeuchter Standorte zu finden. capillatae [Hueck 1931] Krausch 1961) Vorherrschend ist dabei vor allem im sind zwar auch noch in Thüringen und Osten Brandenburgs die Ranunculus re- anderen Teilen Deutschlands vorhanden, pens-Alopecurus pratensis-Gesellschaft nirgendwo jedoch mit der hier zu ver- (Dierschke 1997), während das eigent- zeichnenden Vielfalt streng kontinental liche Arrhenatheretum elatioris Br.-Bl. verbreiteter Pflanzenarten, von denen 1915 nur fragmentarisch zu finden ist. einige (z.B. Campanula sibirica) hier Arrhenatherum elatius wurde in Bran- die absolute Westgrenze ihres Areals denburg erst Mitte des 18. Jahrhunderts erreichen. Auch hier ist die teilweise seit als Saatgras aus Frankreich eingeführt Jahrzehnten andauernde Nutzungsauflas- und hat sich seitdem in verschiedenen sung die Hauptgefährdungsursache (vgl. Grünlandgesellschaften eingenischt. Zimmermann et al. 2012).

38 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Die derzeit in Brandenburg noch mit sind floristisch stark verarmt, und viele einer Ausdehnung von mehreren Tausend Flächen befinden sich in einer rasanten Hektar vorhandenen Zwergstrauchhei- Sukzession hin zu gehölzgeprägten Le- den des Verbandes Genistion pilosae bensräumen. Mittel- bis langfristig wird sind nicht wie in den stärker atlantisch es wohl nur in wenigen Modellräumen getönten Teilen Deutschlands durch gelingen, diese Offenlandschaften zu frühere Entwaldung und Weidenutzung erhalten, die vor allem eine hohe Bedeu- entstanden. Ihre Entstehung ist hierzu- tung als Lebensräume zahlreicher Wir- lande nahezu ausschließlich auf die teil- belloser und verschiedener Vogelarten weise seit über 100 Jahren andauernde haben (vgl. Zimmermann et al. 2007). militärische Nutzung und Offenhaltung vieler großer Flächen auf ehemaligen und noch genutzten Truppenübungs- plätzen zurückzuführen. Die Bestände

Abb. 15: Calluna-Heide mit Birkensukzession im FFH-Gebiet Heide Malterhausen [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 39 3 Die Orchideenarten Brandenburgs

Anacamptis coriophora [L.] R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase (Or- chis coriophora L.) – Wanzen-Knabenkraut

Im Gegensatz zu Anacamptis morio Viele Standorte wurden in Deutschland war A. coriophora in Brandenburg früher offensichtlich bereits bis zum Anfang des deutlich weiter verbreitet. Die Art ist 20. Jahrhunderts durch Entwässerung in ihrer Gesamtverbreitung nahezu auf von Niedermoorgebieten, die Begradi- Europa beschränkt, mit einem deutlichen gung von Flussläufen und die Intensivie- Schwerpunkt im Mittelmeergebiet und rung der Nutzung (v.a. durch Düngung) einer durch Nordostdeutschland verlau- vernichtet. Nach wenigen verbliebenen fenden nördlichen Verbreitungsgrenze. Nachweisen um Rathenow und in der Große Bestände gibt es z.B. auch heute Niederlausitz in den 1930er Jahren (vgl. noch in traditionell genutzten, mageren Mähwiesen im Nordosten der Türkei (Kreutz & Zimmermann 2008). In Deutschland besiedelte die Art nähr- stoffarme, kurzwüchsige sowie feuchte bis mäßig feuchte Wiesen. Das Wanzen- Knabenkraut kommt heute nur noch in Bayern und an einem Fundort in Baden- Württemberg vor (AHO 2005).

In Ascherson (1864) sind etwa 50 Fundorte von A. coriophora für Bran- denburg aufgezählt, wobei Verbrei- tungschwerpunkte im Rhin-Havelluch, dem Baruther Urstromtal sowie entlang von Oder und Neiße lagen. Rabenhorst (1839) bezeichnete die Art für die Nie- derlausitz als „ungewöhnlich häufig”, Grantzow (1880) führt sie für die Uckermark als „sehr selten”. In Benkert et al. (1996) finden sich insgesamt etwa Abb. 16: Verbreitungskarte von A. coriophora 70 historisch besetzte MTB-Quadranten. (nach NetPhyD, https://netphyd.de).

40 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 u.a. Wisniewski 1969, 1978a) gab es entdecktes Vorkommen bei Luckau mit zunächst den letzten Nachweis für Bran- maximal 19 Pflanzen wurde wenig später denburg im Jahr 1960 durch Zietemann 1976 durch Ausgraben vernichtet (Illig (siehe Hamel 1997) am Gülper See. Ein 1977, Illig in Hamel 1984). Seitdem ist überraschend 1970 bei der Kontrolle A. coriophora hier wie in fast allen Bun- eines Fundortes anderer Orchideenarten desländern Deutschlands ausgestorben.

Anacamptis morio [L.] R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase (Orchis morio L.) – Kleines Knabenkraut

Das Verbreitungsgebiet von A. morio orte für Brandenburg und Berlin, von umfasst große Teile Europas und reicht denen ungefähr 20 auch noch nach 1950 östlich bis Kleinasien und in die Kau- vorhanden waren. Zu dieser Zeit waren kasusregion. In Deutschland gilt die Art allerdings bereits sämtliche Vorkommen noch als stark gefährdet, was allerdings im nördlichen Brandenburg erloschen. vor allem durch die geringere Gefähr- dung in Süddeutschland bedingt ist. Im Wie keine andere Orchideenart hat Nordosten Deutschlands ist sie überall A. morio seit Mitte des 19. Jahrhunderts akut vom Aussterben bedroht. Bei einer einen massiven Bestandseinbruch er- aktuellen Bewertung müsste auch A. mo- litten. Im Vergleich zur offensichtlich rio für Brandenburg als ausgestorben ge- noch konkurrenzschwächeren A. co- führt werden. Zwar wurden im Jahr 2002 riophora verlief der Aussterbeprozess von G. Wodarra zwei Pflanzen in der allerdings weniger rasant. Die Ursachen Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft für das Verschwinden sind in Branden- (Nähe Stöbritzer See) gefunden (Klemm burg eindeutig in der Intensivierung 2002), aber kurz nach dem Auffinden der Grünlandnutzung, verbunden mit ist dieser Fundort wieder erloschen (W. der vollständigen Zerstörung vieler Petrick, mdl.). Niedermoorgebiete zu suchen, die in der Komplexmelioration der 1970er Ascherson (1860) nennt keine Einzel- Jahre ihren Höhepunkt erreichten. Die fundorte und beschreibt ihr Vorkommen Hauptwuchsorte der letzten bekannten für „trockne, kurzrasige Wiesen, lichte Vorkommen lagen in mageren Wiesen Wälder, buschige Hügel, zerstreut durch bzw. Borstgrasrasen im Baruther Ur- das Gebiet, oft nur sparsam”. Benkert et stromtal und an Oder und Neiße, also in al. (1996) verzeichnen knapp 100 Fund- Lebensräumen, die durch die intensive

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 41 landwirtschaftliche Nutzung nahezu völlig vernichtet wurden. Abgesehen von o.g. Fund an einem Sekundärstandort in der Bergbaufolgelandschaft befand sich das letzte Vorkommen am Oderdeich bei Neuzelle, wo A. morio 1972 noch an mehreren Stellen gefunden wurde (Klaeber 1974).

Dort konnte die Art dann nochmals 1987 beobachtet werden (Schulz 1992) und letztmalig wurde von S. Rätzel 1989 eine einzelne blühende Pflanze gesehen (vgl. Klemm 2000). Zwischen 1994 und 1996 konnte S. Rätzel an den Oderhängen bei Mallnow jeweils eine blühende Pflanze vonA. morio beobach- ten, die allerdings dann ohne erkenn- bare Standortveränderung verschwand (Klemm 2006). Wie auch bei der 2007 Abb. 17: Verbreitungskarte von A. morio (nach unweit dieses Fundortes erstmals für NetPhyD, https://netphyd.de). Brandenburg nachgewiesenen Ophrys apifera (vgl. Lüdicke 2007) handelte es der Mallnower Oderhänge über mehrere sich hierbei möglicherweise um eine An- Jahre befinden sich die Bereiche um das salbung. Aufgrund einer speziell ausge- letzte nachgewiesene Vorkommen in richteten und fachlich begleiteten Pflege einem derzeit relativ guten Zustand.

Anacamptis palustris [Jacq.] R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase (Or- chis palustris Jacq.) – Sumpf-Knabenkraut

Das Verbreitungsgebiet von A. palustris testgehend. In Brandenburg hat die Art reicht von Mitteleuropa über den Bal- ihren aktuellen Verbreitungsschwerpunkt kan und die nördliche Türkei bis nach in Deutschland, während sie sonst nur Mittelasien. Sie erreicht Südschweden, noch ganz vereinzelt in einigen Bundes- dagegen fehlt sie in Westeuropa wei- ländern vorkommt und im Nordwesten

42 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 heute völlig fehlt (vgl. AHO 2005). Auch im Naturschutzgebiet „Rietzer See” bei deutschlandweit ist sie vom Aussterben Brandenburg/Havel an mehreren Stellen bedroht. Insgesamt sind in Brandenburg wieder Bestände von insgesamt ca. 3.300 Vorkommen von A. palustris aus etwa Pflanzen entwickeln (Sohns 2008 in 70 Messtischblatt-Quadranten (MTBQ) litt.). Ähnliches wird von Vorkommen in nachgewiesen (Benkert et al. 1996). Mit Mecklenburg-Vorpommern berichtet, die dem Havelland, der Notte-Niederung über einige Jahre kontinuierlich gepflegt und der nördlichen Uckermark zeigen wurden (Kergel 2004 in litt.). sich drei deutliche, auch heute noch bestehende Verbreitungsschwerpunkte. Einige wichtige Vorkommen von A. pa- In den anderen Landesteilen war A. pa- lustris in Brandenburg befanden sich in lustris schon immer extrem selten oder der Flächenkulisse des seit 2006 bis 2010 fehlte völlig. Die Art zeigt hier vor allem gelaufenen, von der EU kofinanzierten bei den verbliebenen etwa 30 Vorkom- LIFE-Projektes „Binnensalzstellen men eine ausgesprochene Bindung an historisch bekannt gewordene oder auch heute noch vorhandene Binnensalzstel- len oder deren Umgebung, ohne damit als halophile Art gelten zu können (siehe Müller-Stoll et al. 1962).

Das Sumpf-Knabenkraut ist in sehr hohem Maße von einer angepassten Pflege seiner Standorte abhängig. Trotz Nutzungsauflassung scheint die Art aber vielerorts zumindest in Einzelexem- plaren überlebt zu haben. Wird an bereits verschwunden geglaubten Vorkommen eine extensive Wiesennutzung (Mahd) wieder aufgenommen, stellen sich oft bereits im ersten Jahr nach der Wieder- aufnahme der Nutzung wieder zahlreiche Pflanzen ein und innerhalb weniger Jahre bauen sich teilweise beachtliche Bestän- de auf. So konnten sich beispielsweise Abb. 18: Verbreitungskarte von A. palustris (nach mit einer gut abgestimmten Nutzung NetPhyD, https://netphyd.de).

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 43 Abb. 19: Anacamptis palustris im NSG Ferbitzer Bruch bei Potsdam, 14.06.2012 [F. Zimmermann].

44 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 in Brandenburg” und werden derzeit überwiegend gepflegt. Aus der Ver- gangenheit ist allerdings bekannt, dass derartige Vorkommen bei ausbleibender oder unangepasster Nutzung genauso schnell wieder zusammenbrechen oder ganz verschwinden können. Die Art ist somit in hohem Maße von einer ent- sprechenden Flächennutzung abhängig, die zumeist nicht im Rahmen der regu- lären landwirtschaftlichen Nutzung zu realisieren ist, sondern sozusagen „am Abb. 20: Anacamptis palustris, Seehausen (Ucker- Tropf” der Finanzierung aus geeigneten mark), 27.05.2008 [S. Hennigs]. Agrar-Umwelt-Programmen (KULAP) oder Vertragsnaturschutz-Mitteln hängt. Mecklenburg-Vorpommern muss A. pa- Trotz aktuell leicht positiver Bestand- lustris somit weiterhin als vom Ausster- sentwicklungen in Brandenburg und ben bedroht gelten.

Abb. 21: Reiche Feuchtwiese mit Anacamptis palustris am Oberuckersee bei Seehausen (Uckermark), 01.06.2009 [S. Hennigs].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 45 Abb. 22: Anacamptis pyramidalis am ursprünglichen Standort bei Deutsch Bork, 24.06.2009 [S. Hennigs].

46 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Anacamptis pyramidalis [L.] Rich. – Pyramiden-Hundswurz, Spitzorchis

Die Spitzorchis ist eine in Europa, Art in den ausgedehnten Niederungswie- Nordafrika und Vorderasien mit subat- sen des Baruther Urstromtales südlich lantisch-submediterrranem Schwerpunkt von Beelitz. Nachdem A. pyramidalis recht weit verbreitete Art. Das Areal trotz aller Schutzbestrebungen, die unter reicht im Norden bis Südschweden, anderem auf den Potsdamer Garten- und Schottland und Irland. Vor allem im Landschaftsarchitekten Hermann Gö- Mittelmeergebiet ist sie oft an gestörten ritz zurückgehen, dort offensichtlich Standorten (z.B. Straßenrändern) anzu- verschwunden war, wurde sie in der treffen. Umgebung 1959 wiederentdeckt. 1960 fanden sich etwa 550 blühende Exem- Anacamptis pyramidalis gehört zu plare (Hudziok 1964). Im Rahmen der den Orchideenarten mit mediterranem Komplexmelioration der Wiesen und Vegetationszyklus, d.h. sie bildet auch eines darauffolgenden Umbruchs und im nordostdeutschen Tiefland (meist) Winterblattrosetten aus. Dies macht sie an den im Tiefland bevorzugten Nie- derungsstandorten relativ empfindlich gegenüber Spätfrösten.

Insgesamt ist A. pyramidalis von sechs Fundorten in Brandenburg und Berlin bekannt geworden, von denen allerdings nur 2 (3?) natürlich sind, zwei noch heute existierende Vorkommen beruhen auf „Rettungsumsiedlungen“ vom seinerzeit akut bedrohten Vorkommen bei Deutsch Bork.

Die natürlichen Vorkommen in den Rudower Wiesen (Wisniewski 1978a) und bei Zossen (Ostufer Mellensee) sind längst (in Berlin wohl bereits im 19. Jahrhundert) erloschen. Ihr größtes Abb. 23: Anacamptis pyramidalis, Deutsch Bork, brandenburgisches Vorkommen hatte die 26.06.2008 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 47 Ackernutzung des größten Teils der Nie- ten. In den letzten 10 Jahren wurden derung konnte die Spitzorchis zunächst angrenzende Flächen im Rahmen von in zwei kleinen Flächennaturdenkmalen Ersatzmaßnahmen für den sechsstrei- geschützt werden, ging aber immer figen Ausbau der A 9 entsprechend weiter im Bestand zurück. Da aufgrund umgestaltet und extensiviert, um den massiver Nährstoffeinträge eine mittel- Nährstoffeintrag aus den angrenzenden fristige Erhaltung am natürlichen Stand- Ackerflächen zu mindern. Trotz des ort nicht wahrscheinlich war, erfolgte völlig veränderten Wasserhaushaltes schließlich unter fachlicher Begleitung kommt die Spitzorchis mit den neuen des Arbeitskreises zum Schutz der Hei- Bedingungen offensichtlich recht gut mischen Orchideen (AHO) der DDR eine zurecht und der Bestand konnte sich Umsiedlung eines Teils der Pflanzen an von einem kleinen, zwischen 1977 und verschiedene, sorgfältig ausgewählte Er- 1990 jährlich schwankenden Bestand satzstandorte in benachbarten Naturräu- von durchschnittlich etwa 30-40 Pflanzen men (siehe auch Klaeber 1993). Nur an über etwa 600 Pflanzen im Jahr 2008 auf zwei dieser Ersatzstandorte konnte sich 1.350 Pflanzen im Jahr 2017 entwickeln die Art bis heute dank entsprechender (Eschholz 1993, Eschholz, mdl. ehrenamtlicher Pflege der Flächen hal- Mitt.; D. Block 2017 in litt.). Derzeit ten. Jedoch sind die Bestände an beiden erfolgt eine speziell angepasste, jährlich Standorten relativ klein geblieben und evaluierte Nutzung der Flächen durch konnten sich kaum weiter ausbreiten. einen Landwirtschaftsbetrieb. Trotz der erkennbaren Erfolge ist die Spitzorchis in Umso erfreulicher ist, dass die beiden Brandenburg hochgradig gefährdet, denn Vorkommen im Baruther Urstromtal ihr Fortbestand ist von der Beibehaltung nach fast vollständigem Verschwinden der angepassten Landschaftspflege und dank Wiederaufnahme der extensiven damit entsprechenden Agrar-Umwelt- Wiesennutzung seit Mitte der 1990er oder Vertragsnaturschutzmaßnahmen Jahre wieder stabilisiert werden konn- abhängig.

Einzelfundortangaben:

3546/4 (unscharf): Rudower Wiesen (Berlin), Benkert et al. 1996

3749/1: Dreieckswiese Wolzig (Umsetzung von Deutsch Bork), Benkert et al. 1996 3843/1: Wiesen bei Deutsch Bork; 1959 entdeckt, (Hudziok 1964), (Benkert et al. 1996) 3846/2: Benkert et al. 1996 (nach Ascherson Buschkrug?)

48 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 3847/2: Moor am Pätzer Hintersee (Umsetzung von Deutsch Bork), Benkert et al. 1996 3940/1: Benkert et al. 1996 (bereits in Sachsen-Anhalt?)

Cephalanthera damasonium [Mill.] Druce – Weißes Waldvöglein

C. damasonium besiedelt mit Aus- dom. Isolierte Vorkommen finden sich nahme von Nordskandinavien nahezu in Brandenburg z.B. bei Neuzelle sowie ganz Europa und erreicht im Südosten bei Luckenwalde. Zwischen den Vor- Kaukasien und das Kaspische Meer. Es kommen in den nordbrandenburgischen ist eine Orchidee kalkreicher Buchenwäl- Jungmoränen und den Buchenwaldge- der, wo sie oft mit den anderen beiden bieten Mitteldeutschlands fehlt C. dama- heimischen Cephalanthera-Arten und sonium edaphisch bedingt nahezu völlig. weiteren Orchideen vorkommt. Die Art Von den insgesamt knapp 50 besetzten kann aber auch in Gebüschen und an Se- kundärstandorten mit aufgeschlossenen kalk- bzw. basenreichen Substraten auftreten. Vor allem in den Kalkgebieten West- und Süddeutschlands ist das Weiße Waldvögelein recht häufig und in den meisten Bundesländern gilt es als unge- fährdet, lediglich in Schleswig-Holstein ist die Art vom Aussterben bedroht.

Im Nordosten Deutschlands und so auch in Brandenburg zeigt C. damaso- nium eine auffällige, nahezu ausschließ- liche Bindung an die Hauptendmoränen der letzten Inlandvereisung (Weichsel- glazial). Das Verbreitungsbild markiert somit vor allem die Pommersche Haupt- endmoräne mit hohem Kalkgehalt und den dort verbreiteten baltischen Buchen- wäldern, weiter nördlich findet man die Art erst wieder in den Buchenwäldern Abb. 24: Verbreitungskarte von C. damasonium der Kreideküsten Rügens sowie auf Use- (nach NetPhyD, https://netphyd.de).

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 49 Abb. 25: Cephalanthera damasonium, Pfingstberg, NSG Fauler Ort, 20.06.2009 [S. Hennigs].

50 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 MTBQ in Brandenburg war nach 1950 noch eine Pflanze (Prinke, mdl. Mitt.). etwa ein Drittel nicht mehr besetzt (vgl. Auch bei Niederfinow, wo Mitte der Benkert et al. 1996). 1990er Jahre viele hundert Pflanzen in einem Pappel-Weiden-Vorwald auf Während einige größere Vorkommen in kalkreichen Talsanden in einer früheren Buchenwäldern Nordost- und Ostbran- Sandgrube standen, ist das Vorkommen denburgs als recht stabil gelten können heute fast erloschen. (z.B. bei Bad Freienwalde), sind die Bestände an vielen anderen Standorten Ganz wesentlich für die langfristige Er- stark rückläufig. So sind beispielsweise haltung der brandenburgischen Bestände einige noch vor zehn Jahren gut besetz- von C. damasonium ist die Erhaltung te Vorkommen an Sekundärstandorten und schonende Bewirtschaftung der heute fast erloschen. So fand sich bei kalkreichen Buchenwälder als wichtigste Luckenwalde in einem Pappelforst mit Standorte. hochgepflügtem Wiesenkalk 2009 nur

Cephalanthera longifolia [L.] Fritsch – Langblättriges Waldvöglein

Das Verbreitungsgebiet von C. longi- entlang des 52. Breitengrades!) endet folia umfasst Europa fast vollständig, die ziemlich geschlossene Verbreitung in Skandinavien dünnt es nach Norden schlagartig, und es finden sich nur we- hin aus. Im Osten werden mit isolierten nige punktuelle Häufungen im Bereich Vorposten einige Gebirge Kleinasiens der Pommerschen Hauptendmoräne und der Kaukasus erreicht. Als typische sowie im Nationalpark Stubbenkammer Waldorchidee und charakteristische Art auf der Insel Rügen in Mecklenburg- des Orchideen-Buchenwaldes (Cepha- Vorpommern. lanthero-Fagetum) hat das Langblättrige Waldvögelein seinen Verbreitungs- In Brandenburg war C. longifolia schwerpunkt in den Kalk-Buchenwäl- schon immer extrem selten, Ascherson dern Mittel- und Süddeutschlands. Sie (1864) gibt lediglich zwei Fundorte bei ist dort vielerorts nicht selten und gilt, Boitzenburg/Uckermark und Trampe/ obwohl sie lediglich in Rheinland-Pfalz Eberswalde an. Benkert et al. (1996) als ungefährdet eingestuft ist, auch in geben insgesamt 18 besetzte MTBQ Deutschland als ungefährdet. Nördlich an. Alle älteren Vorkommen waren der Berg- und Hügelländer (recht genau wohl bereits Ende des 19. Jahrhunderts

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 51 erloschen. Umso überraschender war der in Brandenburg vorkommenden Neufund von C. longifolia im Jahr 1972 Cephalanthera-Arten besiedelte im Südteil des Naturparks Schlaubetal C. longifolia nie Sekundärstandorte. (vgl. Gelbrecht 1974). In den letzten Die einzige Erhaltungsmöglichkeit für Jahren gelang auch der Wiederfund der die Art in Brandenburg besteht in einer Art im Bad Freienwalder Waldgebiet. sehr behutsamen forstlichen Pflege der Im Gegensatz zu den anderen beiden, wenigen Vorkommen.

Cephalanthera rubra [L.] Rich. – Rotes Waldvöglein

Entsprechend dem mit der vorigen Art mische Orchideen Sachsen-Anhalt identischen Hauptlebensraum (reiche e.V. 2011). In allen norddeutschen Buchenwälder) hat C. rubra in Europa Bundesländern gilt C. rubra als stark ein sehr ähnliches Areal wie C. da- gefährdet, in Schleswig-Holstein kam masonium und C. longifolia. Es reicht die Art nie vor (vgl. AHO 2005). jedoch mit einigen Exklaven weit nach Osten bis zum Ural sowie südwestlich In Brandenburg waren insgesamt ca. bis nach Nordafrika. In Brandenburg ist 100 MTBQ besetzt, nach 1950 waren die Bindung an die weichselglazialen jedoch die Vorkommen in etwa der Hälfte Hauptendmoränen weniger deutlich, da aller vorher besiedelten MTBQ erloschen die Art offensichtlich auch in geeigneten (Benkert et al. 1996). Auffällig ist die Lebensräumen mit geringerem Kalkge- Häufung von Vorkommen östlich von halt gedeihen kann. Auch die „Verbrei- Berlin, wo die Art auch heute noch in tungslücke“ bis zum mitteldeutschen Laubmischwäldern und Kiefernforsten Raum ist weniger ausgeprägt, wogegen zu finden ist. Dies ist – abgesehen von C. rubra in Mecklenburg-Vorpommern ursprünglichen Vorkommen im Rüders- ein mit C. damasonium nahezu iden- dorfer Kalkgebiet – in erster Linie auf die tisches Verbreitungsbild zeigt. bis Ende der 1980er Jahre auftretende, massive Kalkstaubemission durch den Im Gegensatz zu C. longifolia ist Kalktagebau und die Zementproduktion C. rubra nur in Thüringen und Bayern um Rüdersdorf zurückzuführen. Die da- ungefährdet und gilt wegen der dortigen mit verbundene massive Aufkalkung ließ stabilen Vorkommen auch deutschland- hier verschiedene Orchideenarten gedei- weit als ungefährdet. In Sachsen-Anhalt hen. Nachdem jedoch mit dem Einbau ist die Art gefährdet (Arbeitskreis Hei- moderner Filteranlagen die Kalkstäube

52 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 26: Cephalanthera rubra bei Oranienburg, Abb. 27: Verbreitungskarte von C. rubra (nach 20.06.2006 [F. Zimmermann]. NetPhyD, https://netphyd.de). auf ein Minimum reduziert wurden, lässt vom Autor seit fast 30 Jahren regelmäßig die Wirkung immer mehr nach und viele kontrollierten Fundort an einer ehema- Vorkommen von Orchideen und anderen ligen Tongrube bei Oranienburg bis heute Kalk liebenden Arten sind mittlerweile ohne jegliche Pflegemaßnahmen trotz erloschen. fortschreitender Gehölzsukzession zu- sammen mit der ebenfalls eingebrachten Da C. rubra auch stärkere Beschattung C. damasonium überlebt, während dort erträgt und dann zumindest noch in Epipactis atrorubens, E. palustris und sterilen Pflanzen überdauert (vgl. auch Orchis militaris mittlerweile erloschen AHO 2005), vermag sie auch an Sekun- oder nahezu verschwunden sind. därstandorten lange Zeit zu überleben. So hat sie beispielsweise an einem von Das Rote Waldvögelein weist in vielen N. Wisniewski in den 1970er Jahren Beständen starke Schwankungen von durch Ausbringung begründeten und Jahr zu Jahr auf. Gute und stabile Be-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 53 Abb. 28: C. rubra an der Kieselwitzer Mühle, Naturpark Schlaubetal, 14.06.2014 [F. Zimmermann].

54 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 29: C. rubra im Lebensraum, Pfingstberg, NSG Fauler Ort, 17.06.2011 [S. Hennigs].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 55 stände hat C. rubra heute beispielsweise dern) sind für den Erhalt der Vorkommen noch in den ausgedehnten Buchenwald- erforderlich. In Gebieten mit überhöhten gebieten der nordöstlichen Uckermark. Schalenwildbeständen erfolgt ein starker Eine schonende Waldbewirtschaftung Verbiss der Pflanzen. sowie ggf. Auflichtungen zu stark ver- schatteter Bestände (z.B. in Hallenwäl-

Corallorhiza trifidaChatelain – Korallenwurz

C. trifida ist eine der wenigen hei- Gefährdung in Teilen Mittel- und Süd- mischen, saprophytisch lebenden Orchi- deutschlands begründet liegt. In den deen. Der Name rührt von dem weißen, nordwestdeutschen Bundesländern ist korallenartigen Rhizom her, über das die Art überall ausgestorben, in allen sich die Pflanze über ihren Pilzpartner ostdeutschen Bundesländern gilt sie als in Symbiose Nährstoffe erschließt. Es von Aussterben bedroht, lediglich in handelt sich um eine typische Orchidee Bayern gilt sie als ungefährdet. schattiger Wälder unterschiedlichen Typs, auch Nadelwälder werden be- In Brandenburg und Mecklenburg- siedelt. Einzelne Vorkommen, u.a. ein Vorpommern hat C. trifida auch histo- Neufund in Mecklenburg-Vorpommern risch sehr zerstreute Vorkommen weitab (Hennicke & Kriedemann 2002) liegen der recht geschlossenen Verbreitung in auch in Mooren. Mitteldeutschland, im Schwarzwald und den Alpen und war hier wohl schon im- Das weltweite, zirkumpolare Verbrei- mer sehr selten. Ascherson (1864) führt tungsgebiet der Art umfasst große Teile lediglich drei Fundorte auf, einen davon Europas, Asiens und Nordamerikas, so- weit abgelegen bei Wittstock. Insgesamt gar die Südteile von Grönland und Island wurden aus Brandenburg und Berlin 15 werden besiedelt. Südöstlich finden sich besetzte MTBQ angegeben (Benkert et im Kaukasusgebiet und dem pontischen al. 1996). Nach 1950 gab es noch sechs Küstengebirge in der Türkei isolierte Vorkommen, Gelbrecht (1974) ver- Vorkommen. merkt nur zwei Fundorte (bei Eberswalde und im Kreis Eisenhüttenstadt). Deutschlandweit gilt C. trifida lediglich als gefährdet, was allerdings in erster Derzeit gibt es nur ein regelmäßig Linie in der vergleichsweise geringen bestätigtes, aktuelles Vorkommen im Na-

56 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 turpark Schlaubetal, das 1954 entdeckt wurde und damals max. 160 Pflanzen aufwies (Schulz 1992). Schulz ver- mutete das baldige Aussterben der Art, da 1991 nur noch drei Pflanzen beo- bachtet werden konnten. Wenige Jahre später konnte die Art am ursprünglichen Standort nicht mehr gefunden werden, ein Hangrutsch hatte das Vorkommen offensichtlich vernichtet (R. Schulz, mdl.). Wiederum einige Jahre später konnte M. Schulze C. trifida wenig östlich des alten Fundortes nachweisen und seitdem erfolgt auch durch den Autor eine jährliche Kontrolle des Standortes. Zwischen 2002 und 2008 konnten leicht schwankende Bestände zwischen 20 und max. 70 Pflanzen (2006, 2007) gezählt werden. 2018 konnte nur ein einziger Trieb gefunden werden (R. Schwarz Abb. 30: Verbreitungskarte von C. trifida (nach mdl.), allerdings war dieses extreme NetPhyD, https://netphyd.de). Trockenjahr auch bei vielen anderen Arten ein sehr schlechtes „Orchideen- Vor etwa 10 Jahren tauchten Einzel- jahr“. In manchen Jahren wurden die pflanzen von C. trifida im Naturpark Rhizome teilweise durch Schwarzwild Märkische Schweiz in einem wertvollen ausgewühlt, nach nunmehr häufiger Be- Niedermoorgebiet auf (N. Wedl mdl.), jagung hat sich die Situation aber wieder spätere Kontrollen von N. Wedl, zuletzt verbessert. Mittlerweile wurden auch im Juni 2018 gemeinsam mit dem Au- die Bereiche unterhalb des erwähnten tor, blieben jedoch erfolglos. Hinweise Hangrutsches wieder besiedelt, wo der auf eine mögliche Ansalbung gab es Autor 2007 drei Pflanzen und auch da- jedoch nicht, zumal der Fundort mit nach regelmäßig wieder Einzelpflanzen dem historischen Fundort „Seeluch bei finden konnte. Die Art kommt dort in Neubodengrün“ identisch sein dürfte unmittelbarer Nachbarschaft zu Epipac- oder zumindest das gleiche Moorgebiet tis albensis vor. in der Gumnitz betrifft.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 57 Abb. 31: Corallorhiza trifida in der Nähe der Kieselwitzer Mühle, Naturpark Schlaubetal, 24.05.2007 [F. Zimmermann].

Cypripedium calceolus L. – Frauenschuh

Der Frauenschuh ist die heimische Or- Besonders im Osten und Nordosten chidee mit den größten Blüten und nicht Deutschlands besteht offensichtlich eine nur aus diesem Grunde besonders attrak- starke pflanzensoziologische Bindung an tiv und unter Orchideenfreunden beliebt. lichte Laubwälder als seine ursprüng- Sein Areal in Europa erstreckt sich von lichen Lebensräume, während er in den den Südwestalpen über Südskandinavien Hauptverbreitungsgebieten Mittel- und und Nordwest-Russland bis zum Ural, Süddeutschlands oft auch weniger na- weiter östlich kommt er dann wieder in turnahe Standorte (z.B. Schwarzkiefern- der Mandschurei vor. In Westeuropa fehlt Forste) besiedelt. Deutschlandweit wird C. calceolus weitgehend. der Frauenschuh als gefährdete Art geführt.

58 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 32: Cypripedium calceolus, Naturpark Schlaubetal, 24.05.2007 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 59 In Brandenburg wurde der Frauen- der wenigen blühenden Pflanzen sowie schuh von insgesamt zehn Fundorten in die ex-situ-Vermehrung des gewonnen der Uckermark, dem Odertal und dem Saatgutes. Doch auch diese Maßnahme Schlaubetal bekannt und war von jeher wurde von unbekannten „Orchideen- an den festgestellten Fundorten sehr freunden” (man sollte sie eigentlich selten. Der seit langem letzte, sicher „Verbrecher“ nennen!) dadurch behin- bekannte und nur noch mit wenigen dert, dass bereits mehrfach heranwach- Exemplaren besetzte Bestand befindet sende Samenkapseln entfernt wurden. sich im Schlaubetal. Dieses Vorkommen Der Erfolg der vorgesehenen Bestands- wurde mehrfach, besonders jedoch in stützung am Standort dieser neben den 1960er Jahren durch „Orchideen- L. loeselii einzigen in den Anhängen II freunde” geplündert (Gelbrecht 1974, und IV der FFH-Richtlinie gelisteten und Zimmermann 1996). Damals blieben damit streng geschützten Orchideenart wohl nur Einzelpflanzen übrig und der Deutschlands in Brandenburg wird da- Bestand konnte sich nur mühsam auf mit in Frage gestellt. Ein – kaum Erfolg max. etwa zehn Pflanzen im Jahr 2007 versprechendes Ermittlungsverfahren – entwickeln. Dies mag wohl u.a. an der wurde eingeleitet, künftig soll nach geringen Blühneigung der Pflanzen und Möglichkeit eine Videoüberwachung dem sehr geringen Samenansatz an die- für den Schutz vor Plünderung dienen. sem Standort liegen, der vielleicht durch weitgehend fehlende geeignete Bestäu- Ein möglicherweise noch bestehen- ber bedingt ist. Im Jahr 2018 konnten wie des und vermutlich mit einem bereits in den Jahren zuvor nur wenige sterile historisch belegten Fundort identisches Pflanzen beobachtet werden (R. Schulz Vorkommen (Ascherson 1864) in der in litt.). Uckermark wird vom ehemaligen Re- vierförster streng geheim gehalten und C. calceolus war auch Gegenstand konnte bisher nicht überprüft werden, der Schutzbemühungen im Rahmen erscheint jedoch durchaus glaubhaft. eines Projektes der Berliner Humboldt- Man kann nur hoffen, dass damit der Universität in Kooperation mit dem Fundort, der somit bislang nicht aufge- Brandenburger Landesamt für Umwelt sucht werden konnte, auch tatsächlich zur Erhaltung vom Aussterben bedrohter geschützt ist. Vielleicht wird er so vor Orchideen-Arten. In diesem Zusammen- einer Plünderung bewahrt, ist aber auch hang erfolgte nach 2005 über mehrere für eventuelle Schutzprojekte leider nicht Jahre regelmäßig eine Kontrolle des verfügbar. Standortes, die künstliche Befruchtung

60 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 33: Lebensraum von Cypripedium calceolus im Naturpark Schlaubetal, 24.05.2007 [F. Zimmermann].

Einzelfundortangaben:

2849/3: Grantzow: Melzow im faulen Ort ziemlich zahlreich Ratzlow!! (Ascherson 1864); angeblicher Wiederfund 2004 (Rackelmann 2005 mdl. Mitt.), konnte aufgrund Geheimhaltung bislang nicht überprüft werden 2851/3: Benkert et al. 1996 2949/3: Insel im Wolletzsee 3248/2: Eberswalde: angeblich im Forstort Liesekrietz jenseits Spechthausen Krause (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3343/4: Nauen: Stadtforst früher Graebner! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3450/2: Benkert et al. 1996 3549/3: „soll früher ca. 1 km östl. Klein Wall in einem Kiefernhochwald vorgekommen sein; bei Bekanntwerden des Standorts stand dort aber schon eine niedrige Scho- nung“ (Ziebarth 1985 in litt.; vgl. Kartei Benkert), wohl dem nächsten Fundort zuzuordnen!

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 61 3549/4: Benkert et al. 1996 3653/3: Benkert et al. 1996

3852: Naturpark „Schlaubetal“ (Fundort an dieser Stelle aus Schutzgründen verallge- meinert); Gallus! (Ascherson 1864) (1975 Stohr vgl. Kartei Benkert); (1984 Feller, 3 sterile Ex., vgl. Kartei Benkert); (Benkert et al. 1996); in den letzten Jahren oft nur noch 2-3 Ex., sehr selten Einzelpflanzen blühend, 2018 6 Ex. (Schulze mdl.)

Dactylorhiza incarnata [L.] Soó – Steifblättriges Knabenkraut

Wohl kaum eine andere heimische Or- das Alpenvorland, also im weitesten chideenart dringt in Europa soweit nach Sinne die von Weichsel- und Saaleglazial Norden vor wie D. incarnata. Ihr Areal geprägten Gebiete. umfasst nahezu ganz Europa, wobei sie lediglich auf der Iberischen Halbinsel Da die Hauptlebensräume von D. in- und in Italien weitgehend fehlt, große carnata – einst im nordostdeutschen Teile West- und Mittelsibiriens (mit Tiefland recht weit verbreitete kalk- einer Exklave in Ostsibirien) und reicht und basenreiche Niedermoore – über südöstlich bis zum Altai. Dabei handelt Jahrhunderte von Menschen extrem es sich um eine charakteristische Art der verändert oder zerstört wurden, lässt naturnahen Niedermoore, Feuchtwiesen sich die im Gegensatz zur weiten na- und Moorgebüsche, die ihre Hauptver- türlichen Verbreitung vergleichsweise breitung in Zentraleuropa im Flach- und starke Gefährdung der Art erklären. Nur Hügelland hat. Da sie im Gegensatz zu in Bayern und Baden-Württemberg gilt vielen anderen heimischen Orchideen D. incarnata als gering gefährdet. In auch kalk-/basenarme Standorte zu besie- fast allen anderen Bundesländern ist die deln vermag, lässt sich wohl ihr von fast Art stark gefährdet (Kat. 2), in Sachsen allen hiesigen Orchideen abweichendes und Thüringen ist sie vom Aussterben Verbreitungsmuster in Deutschland bedroht. erklären, denn in den mitteldeutschen Trockengebieten und den Mittelgebirgen In Brandenburg hat die Art – ungeach- war und ist sie nur sehr zerstreut ver- tet einer noch vorhandenen recht hohen breitet (vgl. AHO 2005, Benkert et al. Anzahl von Fundorten – in den letzten 1996). Klare Verbreitungsschwerpunkte 50 Jahren einen unvergleichlichen Nie- waren und sind Nordostdeutschland und dergang erlitten. Bei Ascherson (1864)

62 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 34: Dactylorhiza incarnata, NSG Ferbitzer Bruch, 14.06.2012 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 63 gehört D. incarnata zu den wenigen D. incarnata hier und da noch eine Zeit Orchideenarten, für die aufgrund der lang überleben. Häufigkeit keine Einzelfundorte genannt werden. Er schreibt „d.d.G. meist nicht Heute existieren in Brandenburg wohl selten“ (Anm. des Autors: d.d.G. = sicher noch weit über 100 Vorkommen durch das Gebiet). Zusammen mit der von D. incarnata (vgl. Zimmermann noch häufigeren und weiter verbreiteten 2015). Darunter sind jedoch nur relativ D. majalis gehörte D. incarnata wohl wenige stabile und individuenreiche noch bis Ende der 1960er Jahre zu den Bestände. Oft handelt es sich nur noch häufigsten Orchideen des nordostdeut- um wenige Pflanzen, nicht selten sind schen Tieflandes. Auf über 200 MTBQ nur noch Mischbestände aus D. majalis wurde die Art in Brandenburg insgesamt und Hybridschwärmen der beiden Arten nachgewiesen, lediglich ein einziger (D. ×aschersoniana) vorhanden, wäh- Quadrant (!) davon war nach 1950 nicht rend D. incarnata als Elternteil mitunter mehr besetzt. Der wirkliche Niedergang bereits fehlt. der Art wurde wohl vor allem in den 1970er Jahren mit den Komplexmelio- Während D. majalis durch Wiederin- rationen der großen Niederungen Bran- nutzungnahme nicht zu stark entwäs- denburgs eingeleitet. Dennoch blieben serter oder intensivierter Feuchtwiesen nahezu überall noch kleinere Restvor- recht schnell wieder vitale, individuen- kommen erhalten, die jedoch im Zuge reiche Bestände aufbauen kann, ist eine der zunehmenden Nutzungsauflassung Bestandsverbesserung bei D. incarnata von Feuchtwiesen nach 1990 immer nur durch gleichzeitige Verbesserung des mehr in Bedrängnis gerieten. D. majalis Wasserhaushaltes möglich. Allerdings war von den Meliorationsprozessen ab ist dann auch das Fleischfarbene Kna- den 1970er Jahren weniger betroffen, benkraut in der Lage, sich in kurzer Zeit da diese gern leicht vorentwässerte, wieder zu vermehren, wie z.B. die sehr moorige bis anmoorige Standorte besie- erfreuliche aktuelle Entwicklung in wie- delt. D. incarnata ist jedoch im Gegen- dervernässten Braunmoosmooren (z.B. satz dazu an einen möglichst intakten in der Lieberoser Endmoräne) oder in Wasserhaushalt mit ganzjährig hohen Nasswiesen mit wieder aufgenommener Grundwasserständen gebunden. Ande- Pflege in den Naturparken Märkische rerseits vermag die Art selbst in länger Schweiz und Barnim zeigt. andauernden Auflassungsphasen besser zu überdauern als D. majalis. Selbst in Die Variabilität von D. incarnata ist relativ dicht verschilften Wiesen kann hinsichtlich verschiedener Merkmale

64 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 sich gehäuft Pflanzen mit weißen oder zumindest sehr hellen, nur leicht rosa überhauchten Blüten finden, bei denen auch die typische Zeichnung der Lippe völlig fehlt oder stark verblasst ist. In einem großen Bestand der Art in der Lie- beroser Endmoräne machen diese weißen oder hellen Pflanzen beispielsweise etwa 30 % aus, ein anderes Vorkommen im Schlaubetal weist regelmäßig 10-15 % weißblühende Exemplare auf.

Das hellgelb blühende, sehr groß- wüchsige Strohgelbe Knabenkraut wird mittlerweile von einigen Autoren als eigene Art (D. ochroleuca) geführt (vgl. Zimmermann 2009) und wird auch hier Abb. 35: D. incarnata, Behlenzlauch, Naturpark weiter unten gesondert behandelt. Schlaubetal, 16.06.2011 [F. Zimmermann]. In naturnahen, kalk- oder basenreichen recht groß und führt auch immer wieder Flachmooren kommt auch in Brandenburg zu Verwechslungen. Während D. majalis D. incarnata subsp. serotina (Hauskn.) wegen ihrer gefleckten Blätter oft für das Soó vor, eine Sippe, die heute oft nur Gefleckte Knabenkraut Dactylorhiza( noch im Rang einer Varietät geführt wird maculata s.l.) gehalten wird, werden und daher in Ristow et al. (2006) nicht von der „Normalform“ abweichende bewertet wurde. Von der frühblühenden Pflanzen vonD. incarnata immer wieder Sippe unterscheidet sich die subsp. mit Arten verwechselt, die bei uns nie serotina durch die späte Blütezeit (ca. oder vermutlich nicht vorkamen (z.B. 2-4 Wochen nach der Nominatform) Dactylorhiza cruenta, D. traunsteineri). und dunklere, fleischfarbene Blüten, Besondere Verwirrung stiften vor allem einen meist kleineren Wuchs und die oben genannten Hybridschwärme schmalere Blätter aus (vgl. AHO 2005). mit D. majalis. D. incarnata subsp. serotina ist in Brandenburg sehr selten. Da die Sippe An sehr nassen Standorten in na- in der diesbezüglichen Literatur aus turnahen Braunmoosmooren lassen Brandenburg kaum separat aufgeführt

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 65 Abb. 36: Massenbestand von Dactylorhiza incarnata in verschiedenen Farbvarianten im NSG Thymen, Naturpark Uckermärkische Seen, 04.06.2014 [F. Zimmermann].

Abb. 37: Dactylorhiza incarnata, NSG Ferbitzer Bruch, 14.06.2012 [F. Zimmermann].

66 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 wird, kann wenig über die frühere Verbreitung gesagt werden. Aufgrund ihrer Bindung an weitgehend intakte oder zumindest in einem guten Pflegezustand befindliche Braunmoosmoore kann jedoch als sicher gelten, dass sie wohl schon immer recht selten vorkam. Bei separater Beurteilung der Sippe wäre sie heute als vom Aussterben bedroht einzuschätzen.

Abb. 39: Die extrem seltene Hybride von D. ochro- leuca und D. incarnata subsp. serotina, Templin, 11.06.2009 [F. Zimmermann].

Als absolute Rarität soll an dieser Stelle die in Brandenburg nur an einem Fundort bei Templin sicher nachgewie- sene und auch heute dort noch vorkom- mende Hybride von D. ochroleuca und D. incarnata subsp. serotina erwähnt werden. An gleicher Stelle konnte bei einer Exkursion des Autors mit K.-P. Buttler im Jahr 2009 auch die äußerst seltene Hybride von D. ochroleuca mit D. majalis subsp. majalis (Dactylorhiza Abb. 38: Dactylorhiza incarnata subsp. serotina, ×templinensis PotuČek) mit einer Pflan- Templin, 11.06.2009 [F. Zimmermann]. ze wiedergefunden werden.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 67 Abb. 40: Verbreitungskarte von D. incarnata (nach Abb. 41: Verbreitungskarte von D. maculata agg. NetPhyD, https://netphyd.de). (nach NetPhyD, https://netphyd.de).

Dactylorhiza maculata [L.] Soó – Geflecktes Knabenkraut Dactylorhiza fuchsii [Druce] Soó - Fuchs´ Knabenkraut

Nach dem von Baumann in AHO Die Sippenstruktur des Dactylorhiza (2005) vorgelegten Konzept wird der maculata-Komplexes darf auch heute überwiegende Teil der bis dahin D. ma- noch keineswegs als befriedigend ge- culata zugeordneten Pflanzen zuD. fuch- klärt gelten. Die Unterscheidung der sii gestellt. In diesem Sinne erfolgte D. maculata s.str. von D. fuchsii (Druce) auch die Beurteilung der Gefährdung für Soó bereitete schon immer in vielen Brandenburg (Ristow et al. 2006), und Gebieten große Schwierigkeiten. Früher auch in Arbeitskreis Heimische Orchi- wurde versucht, die Arten zytologisch zu deen Sachsen-Anhalt 2011 wird unter trennen. D. maculata s.str. soll demnach Verweis auf die ausstehende endgültige tetraploid [2n=80], D. fuchsii diploid Klärung diesem Konzept gefolgt. [2n=40] sein (vgl. Vermeulen 1947,

68 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Wisskirchen & Haeupler 1998). Ganz die meisten Vorkommen hier bislang abgesehen davon, dass eine Trennung D. maculata s.str. zugeordnet. Allerdings der beiden Sippen anhand dieses Merk- konnten auch durch den Autor – vor males feldbiologisch nicht anwendbar allem in Ost-Brandenburg – bei den noch ist, konnte dies in der Praxis auch nicht existenten Vorkommen hinsichtlich der durchgängig bestätigt werden. Ståhl- Merkmale verschiedene Formen und berg & Hedrén (2007) haben anhand Übergänge zwischen „maculata“- und morphologischer und zytologischer „fuchsii“-Typen beobachtet werden. Untersuchungen anhand von Populati- D. „fuchsii“ nach „klassischer“ Sichtwei- onen in Schweden erneut versucht, zur se, wie man sie aus vielen Regionen Mit- Klärung beizutragen. teleuropas kennt, konnte in Brandenburg vom Autor lediglich ein einziges Mal D. maculata s.l. ist in ganz Europa 1993 an einem vermutlich angesalbten und großen Teilen Asiens weit verbrei- und kurz danach wieder erloschenen tet. Auch in Deutschland gehört der Vorkommen südlich von Potsdam be- Komplex zu den recht weit verbreiteten obachtet werden. Dennoch lassen sich Orchideen, wenngleich mit deutlichem Pflanzen an verschiedenen Standorten im Schwerpunkt in der Mitte und im Süden. östlichen Brandenburg (z.B. Märkische Schweiz, Schlaubetal) anhand der Merk- Weder in Deutschland insgesamt noch male recht sicher D. fuchsii zuordnen in Brandenburg wurden aufgrund der o.g. (Abb. 42). Probleme die beiden Sippen bislang bei den Kartierungen konsequent getrennt. Im Süden und Südosten Brandenburgs Während eine Zuordnung z.B. im Alpen- tendieren die Pflanzen insbesondere nach raum, den deutschen Mittelgebirgen und den Blütenmerkmalen schon immer mehr den Kalk-Gebirgen vieler europäischer zu D. maculata s.str.. Länder sicher möglich erscheint (dort ist D. fuchsii s.str. z.T. weit verbreitet), Nach den nicht unumstrittenen Ausfüh- ist eine saubere Trennung der Sippen zu- rungen in AHO (2005) soll D. maculata mindest im Tiefland nur schwer möglich. s.str. identisch mit der später zu Dacty- lorhiza maculata gestellten subsp. elodes sein. Die Vorkommen von D. maculata Mit den brandenburgischen Vorkom- s.str. sollen demnach ausschließlich in men des D. maculata-Komplexes be- sauren Torfmoosmooren liegen und in schäftigte sich bereits Scharfenberg strenger Auslegung dieser Sichtweise (1977) ausführlich. Demnach wurden soll sie in Deutschland nur an einem

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 69 Abb. 42: Dactylorhiza fuchsii, NSG Schlaubetal, 19.06.2010 [F. Zimmermann]. einzigen Standort im äußersten Westen burgischen Vorkommen in der Roten an der Grenze zu Holland vorkommen. Liste Brandenburgs (Ristow et al. Durch Sczepanski (2006) wird jedoch 2006) vorläufig als D. fuchsii bewertet. anhand umfangreicher Analysen der Unabhängig davon wäre jedoch in jedem Originalbeschreibungen und Auswertung Falle auch D. maculata s.str. als stark zahlreicher Herbarbelege sowie eigener gefährdet zu führen. Von den in Benkert Untersuchungen nachvollziehbar darge- et al. (1996) markierten, insgesamt über legt, dass D. maculata s.str. und D. ma- 100 MTBQ-Nachweisen von D. ma- culata subsp. elodes nicht identisch sind. culata s.l. dürften bis heute über 80 % erloschen sein. Zu D. maculata s.str. ist wohl auch die var. ericetorum zu stellen, der sehr Im Westen Brandenburgs fehlen ak- wahrscheinlich auch ein Vorkommen bei tuelle Nachweise zum D. maculata- Lieberose zuzuordnen ist. Komplex völlig, lediglich im Südosten gibt es noch eine gewisse „Häufung“ Der in AHO (2005) vertretenen Auf- allerdings überwiegend sehr kleiner fassung folgend wurden alle branden- Vorkommen. Die Fundorte von D. ma-

70 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 culata s.l. in Brandenburg liegen histo- kleine Vorkommen bei Lieberose (NSG risch wie aktuell schwerpunktmäßig in Lieberoser Endmoräne) war aufgrund Gebüschen und an Waldrändern sowie jahrelangen Wassermangels und fort- (im Südosten) vereinzelt auch in Mooren schreitender Sukzession stark im Rück- oder an Moorrändern (einschließlich gang und konnte in den letzten Jahren Torfstichen). Ascherson (1864) gibt sie vom Autor nicht mehr bestätigt werden. auch für „trockenere Wiesen..., zerstreut Nach den erst vor wenigen Jahren im d.d.G., oft gesellig, gern mit G. conop- Rahmen des brandenburgischen Wald- sea“ an, Hudziok (1964) bezeichnet moorprogrammes durchgeführten Ver- sie als „ziemlich häufig“ und nennt nur nässungsmaßnahmen (vgl. Landgraf Beispiele von Vorkommen. 2010) sind dort jedoch die Wasserstände in den niederschlagsreichen Jahren Konkrete Schutzmaßnahmen gestalten 2010/2011 wieder deutlich angestiegen sich aufgrund der recht undifferenzierten und geben Anlass zur Hoffnung, dass die Habitatbindung als sehr schwierig. Das Art dort möglicherweise überlebt hat.

Dactylorhiza majalis [Rchb.] P.F. Hunt & Summerhayes subsp. majalis – Breitblättriges Knabenkraut

D. majalis ist eine typische Art mit In Deutschland liegt die heutige Haupt- zentraleuropäischem Verbreitungs- verbreitung von D. majalis in den schwerpunkt, das geschlossene Ver- Bergwiesen der Mittelgebirge und des breitungsgebiet reicht westwärts bis zu Alpenvorlandes. Dort hat sie wohl heute den Pyrenäen und nach Südengland, im noch eine ähnliche Häufigkeit wie bis Norden bis Dänemark, im Süden bis zum Mitte des 20. Jahrhunderts auch in gro- Mittelmeer und im Osten bis ins sarma- ßen Teilen Norddeutschlands. tische Florengebiet. In Südosteuropa und Teilen Kleinasiens wird die Art durch die D. majalis ist eine der wenigen Orchi- ökologisch vikariierende D. cordigera deen Brandenburgs, zu der sich nicht sowie weiter östlich durch D. euxina nur in älteren Florenwerken nur sehr ersetzt. Bereits in Südschweden sowie in allgemeine Verbreitungsangaben fin- Irland und Schottland befinden sich nur den. Ascherson (1864) schreibt unter einzelne, weit vorgeschobene Vorposten, Orchis latifolia, wie sie damals noch die iberische Halbinsel wird abgesehen hieß: „Feuchte Wiesen, d. d. G. gemein“. von den Pyrenäen nicht erreicht. Und auch in Rothmaler und anderen

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 71 Abb. 43: Dactylorhiza majalis, FFH-Gebiet Leitsakgraben bei Nauen, 25.05.2010 [F. Zimmermann].

72 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Bestimmungsbüchern der letzten Jahre In Brandenburg ist D. majalis auch finden man noch Angaben wie „…alle heute noch oft mit D. incarnata (meist Bundesländer verbreitet“ und nur wenige subsp. incarnata) vergesellschaftet regionale Einschränkungen. und bildet mit dieser wiederum fertile Hybridschwärme (D. ×aschersoniana, Zweifelsfrei gehört D. majalis noch siehe dort und bei den Ausführungen bei zu den recht weit verbreiteten und nicht D. incarnata). Die ohnehin recht starke akut gefährdeten Orchideen. Es ist auch Variabilität von D. majalis vor allem hin- derzeit nicht zu befürchten, dass die Art sichtlich Blattfleckung, Blütenfärbung deutschlandweit oder in Brandenburg und -zeichnung sowie Wuchshöhe und in eine höhere Gefährdungskategorie Habitus führt im Zusammenhang mit „abrutscht“. Dennoch sind die Bestände, diesen Hybridschwärmen sehr oft zu die wir heute vorfinden, oft besorgniser- Fehlbestimmungen. Am häufigsten ist regend klein. Neben massiven Bestands- die (leicht vermeidbare) Verwechslung einbußen durch Nutzungsintensivierung mit D. maculata, denn die Blattfleckung und Melioration von Feuchtwiesen in ist beispielsweise kein Unterscheidungs- den 1960er und 1970er Jahren folgten merkmal zu dieser Art. Aber auch das durch Nutzungsauflassung nach 1990 breite Merkmalsspektrum der Hybriden zunächst nochmals massive Bestands- lässt mitunter keine saubere Ansprache rückgänge, die landesweit bis heute zu. Dabei kann es schon einmal vorkom- anhalten. Diese betreffen weniger die men, dass aus einer Wiese vermeintlich Anzahl der Vorkommen als vielmehr drei Orchideenarten gemeldet werden teilweise katastrophale Rückgänge der und sich bei einer Kontrolle letztlich Individuenzahlen an den einzelnen alles „nur“ als D. majalis oder bestenfalls Standorten. Waren noch Mitte der 80er noch beigemischte D. ×aschersoniana Jahre viele Vorkommen mit teilweise herausstellt. Auch erfahrenen Botani- tausenden Pflanzen besetzt, schrumpften kern fällt die Ansprache dieses Arten-/ die Bestände nicht selten innerhalb von Hybridkomplexes um D. majalis und wenigen Jahren auf manchmal nur noch D. incarnata mitunter nicht leicht. einzelne Pflanzen. Kaum eine andere Orchideenart rea- Nach neueren Untersuchungen (Paun et giert so schnell positiv auf eine geänderte al. 2011) handelt es sich bei D. majalis oder wieder aufgenommene Nutzung wie um eine allotetrapoide Hybridart, die D. majalis. Da zumeist immer einige erst postglazial aus D. incarnata und Pflanzen in den Vorkommensgebieten D. fuchsii entstanden ist. unter suboptimalen Bedingungen aus-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 73 Abb. 44: Im NSG Ruhlsdorfer Bruch wachsen mehrere Tausend Pflanzen von Dactylorhiza majalis, 14.05.2014 [F. Zimmermann]. gedauert haben, können sich manche Weiß blühende Pflanzen treten bei Bestände ebenso schnell wieder zu D. majalis äußerst selten auf und sind Massenvorkommen aufbauen wie sie selbst in größeren Beständen nur ganz vorher an gleicher Stelle oder anderswo vereinzelt zu finden. Derartige „Rari- zusammengebrochen sind. Gab es noch täten“ wecken leider auch immer wie- vor einigen Jahren nur noch ein einziges der den Sammlerinstinkt fragwürdiger Vorkommen der Art in Brandenburg „Naturfreunde“. Im Jahr 2017 wurde mit mehreren Tausend Exemplaren (bei die offensichtlich einzige weißblühende Brandenburg/Stadt, max. 6.000), so gibt Pflanze an einem Fundort im Naturpark es heute dank erfolgreicher Renaturie- „Märkische Schweiz“ ausgegraben rungsmaßnahmen und optimierter oder (Wedl mdl.), während einige weitere wieder aufgenommener Pflege wieder sehr hellblühende, aber wohl überwie- mindestens fünf solcher Massenvorkom- gend hybridogene Pflanzen D.( ×ascher- men. In einem Vorkommen am Rand des soniana) unversehrt blieben. Spreewaldes wurden 2010 beispielswei- se weit über 20.000 Exemplare gezählt.

74 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Bis heute nicht zufriedenstellend ge- klärt ist die systematische Zuordnung der bislang auch in der Roten Liste Bran- denburgs (Ristow et al. 2006) als eigene Unterart geführten D. majalis subsp. brevifolia (s. auch Zimmermann 2008). Haeupler & Muer (2000), Fukarek & Henker (2006) sowie Rothmaler (2005) führen sie als eigenständige Un- terart auf, während sie in Baumann et al. (2002) sowie AHO (2005) als solche nicht anerkannt wird. Möglicherweise gehört die Sippe eher dem D. russowii-D. traunsteineri-Komplex an. Neuere, noch nicht abgeschlossene Untersuchungen anhand von Herbarmaterial und Pflanzen von Naturstandorten in Nordostdeutsch- land durch K.-P. Buttler † (mdl. Mitt.) lassen den Verdacht aufkommen, dass die in einigen kalk- bzw. basenreichen Abb. 45: Verbreitungskarte von D. majalis (nach Mooren Brandenburgs und Mecklen- NetPhyD, https://netphyd.de). burg-Vorpommerns (früher) gefundene, kleinwüchsige, zierliche Sippe mit sch- Peenetal und am Ostufer der Müritz be- malen Blättern möglicherweise D. traun- kannt (vgl. Fukarek & Henker 2006). steineri nahesteht oder möglicherweise Es handelt sich um zierliche Pflanzen mit sogar mit dieser identisch ist (Buttler relativ schmalen, kurzen und eher wenig mdl.). Diese Auffassung deckt sich üb- gefleckten Blättern und kurzen Blüten- rigens mit der von Presser (2000). Aber ständen. Die Blütezeit liegt deutlich auch eine Zugehörigkeit dieser Pflanzen später als bei der Nominatsippe majalis zu D. lapponica oder D. ×aschersoniana (etwa zusammen mit D. incarnata subsp. wäre denkbar (Hennigs in litt.). incarnata).

Die Unterart wurde zuerst von Wiesen Lebensräume von „D. majalis subsp. am Galenbecker See beschrieben und brevifolia“ sind kalk- bzw. basenreiche aus Mecklenburg-Vorpommern wurden Zwischenmoore. Aus Brandenburg gibt danach weitere Vorkommen z.B. im es nur sehr wenige Fundortangaben für

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 75 diese Sippe aus dem nordöstlichen Ge- für die Sippe angegebenen Standorten biet und sie wird aufgrund der extremen im Seechen bei Templin sind derartige Gefährdung der letzten Standorte in Pflanzen seit längerer Zeit verschwunden Ristow et al. (2006) als akut von Aus- und im Mergelluch bei Prenden, wo G. sterben bedroht geführt. Hamel (mdl.), M. Düvel (mdl.) und auch der Autor noch vor etwa 20 Jahren mög- Eine vollständige Überprüfung aller licherweise zu dieser Sippe gehörende ehemaligen Standorte dieser Pflanzen in Pflanzen beobachten konnten, scheint Brandenburg steht noch aus. An früher sie auch zumindest verschollen zu sein.

Dactylorhiza ×aschersoniana [Hauskn.] Borsos et Soó – (D. incarnata subsp. incarnata × D. majalis subsp. majalis)

Zu D. ×aschersoniana als fertiler gestaltet sich oft extrem schwierig und Hybrid ist ergänzend zu den bereits ist mitunter sogar unmöglich. bei den Eltern erfolgten Ausführungen anzumerken, dass die Hybridsippe bzw. Aufgrund des infolge des bei Hybriden die daraus in teilweiser Rückkreuzung bekannten Heterosis-Effektes sind die mit den Elternarten entstehenden Hybrid- nur in einzelnen Jahren anzutreffenden schwärme oft im Gelände nicht als solche Primärhybriden durch ihren „Riesen- erkannt werden. Dies ist vor allem der wuchs“ (teils über 1 m hoch!) und die großen Variabilität geschuldet, die von manchmal bis zu 150 Blüten im Blüten- fast den Elternarten gleichkommenden stand recht gut zu erkennen. In den Fol- Pflanzen bis hin zu allen Übergängen und gejahren werden diese Pflanzen jedoch Merkmalskombinationen reicht. Sind offensichtlich immer kleiner und fügen nicht selten auftretende Pflanzen mit sich hinsichtlich ihrer Merkmale nahtlos mehr oder weniger starker Blattfleckung in die herumstehenden Hybridschwärme (von D. majalis) und gut angeprägter bis in allen Übergängen ein. angedeuteter Kapuzenspitze (von D. in- carnata) noch sehr leicht als hybridogen Da zudem in nicht wenigen Gebieten zu identifizieren, fällt dies in den meisten D. ×aschersoniana und D. majalis Fällen deutlich schwerer. Vor allem die gemeinsam vorkommen, während die Abgrenzung hybridogener Pflanzen, die anspruchsvollere (und feuchtere sowie von den Merkmalen her stark zu D. in- nährstoffärmere Standorte bevorzu- carnata tendieren, zu reinen D. incarnata gende) D. incarnata als Elternart aus den

76 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 o.g. Gründen (zumindest aktuell) fehlt, wird so mancher Hybrid leichtfertig D. incarnata zugeordnet.

Bei optimierten oder wieder auf- genommenen Pflegemaßnahmen in Feuchtwiesen stellen sich alsbald vor allem D. majalis und D. ×aschersoniana wieder ein oder bauen rasch große Be- stände auf, während D. incarnata i.d.R. verzögert und in geringerem Umfang folgt und manchmal mangels vorhan- dener „Restexemplare“ in der Fläche oder der Nachbarschaft längere Zeit oder völlig ausbleibt.

Mikrostandörtlich schließen sich D. in- carnata und D. majalis hinsichtlich des Feuchte- und Nährstoffgradienten oft aus, allerdings sind die mosaikartigen Verteilungen beider Arten in einer Fläche mitunter sehr kleinräumig verzahnt (vor allem in wechselfeuchten Wiesen mit Abb. 46: Dactylorhiza ×aschersoniana, NSG kleinräumig wechselndem Mikrorelief). Ruhlsdorfer Bruch, 25.05.2010 [F. Zimmermann].

Dactylorhiza purpurella [T. & T. A. Stephenson] Soó – Purpurblütiges Kna- benkraut

D. purpurella ist eine nordatlantisch 1986, Presser 2002, AHO 2005). Bei verbreitete, dem Breitblättrigen Kna- der Angabe von Hudziok (1970) für benkraut (D. majalis) recht ähnliche Luckenwalde „Zülichendorf, sehr spär- Art und kommt in Deutschland nicht lich, in Gesellschaft von D. majalis und vor, die nächsten Vorkommen liegen in O. morio” handelt es sich – obgleich Nordjütland/Dänemark (vgl. Buttler Hudziok immer als sehr verlässlich

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 77 galt – nach Meinung des Autors wohl nata (D. ×aschersoniana) führen immer um eine Verwechslung, möglicherweise wieder zu Fehlangaben auch unter erfah- mit einer D. majalis mit ungefleckten renen Botanikern. Die Angabe wurde da- Blättern und nicht ausgerandeten Lippen. her bereits in Benkert et al. (1996) sowie Die starke Variabilität von D. majalis Ristow et al. (2006) nicht berücksichtigt. und die in Brandenburg auftretenden Ob ein Beleg existiert, ist nicht bekannt. Hybridschwärme der Art mit D. incar-

Dactylorhiza russowii [Klinge] Holub – Ostsee-Knabenkraut

Die taxonomische Stellung der Art und ne Population aus etwa 15 Exemplaren die Zuordnung der aus Nordostdeutsch- auf schwingender Unterlage (zus. mit land beschriebenen Vorkommen im Carex diandra, Scirpus tabernaemon- Peenetal und auf Usedom (Mecklenburg- tani, Liparis loeselii, Orchis incarnata Vorpommern) sowie möglicherweise usw. im Sphagnum-Rasen)” beschreibt. aus Brandenburg sind nicht zweifelsfrei Möglicherweise handelte es sich dabei geklärt (vgl. AHO 2005). Die nächsten lediglich um abweichende Pflanzen von sicher zuzuordnenden Vorkommen befin- D. incarnata. Aufgrund der unsicheren den sich demnach bei Kaliningrad und in Zuordnung wurde die Art in Ristow Finnland. Baumann & Künkele (1988) et al. (2006) nicht bewertet und somit fassen sie mit D. curvifolia zusammen. auch nicht in der Artenliste und bei den ausgestorbenen Arten geführt. An dem Aus Brandenburg liegt ein möglicher- von Hudziok (1964) beschriebenen, weise D. russowii zuzuordnender Beleg heute stark veränderten Fundort gibt es vom Ostufer des Kleinen Wünsdorfer heute keine Orchideenvorkommen mehr. Sees vor, wo Hudziok (1964) „eine klei-

Dactylorhiza sambucina [L.] Soó – Holunder Knabenkraut

D. sambucina ist eine recht variable Or- führten beispielsweise zum Volksnamen chidee, die sowohl in rötlich als auch gel- „Adam und Eva”. Es handelt sich um ber Form auftreten kann (oft gemischte eine fast ausschließlich zentraleuropä- Vorkommen). Diese nebeneinander vor- isch-submediterran verbreitete Art mit kommenden, auffälligen Farbvarianten deutlichen Verbreitungsschwerpunkten

78 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 in den Gebirgen. In Deutschland ist die Lieberose und bei Luckau. Auch das Art insgesamt stark gefährdet. bereits in Ascherson (1864) enthaltene, auf Baenitz zurückgehende Vorkommen Auch das Holunder-Knabenkraut war in den Dielower Bergen bei Eisenhüt- im Tiefland und so auch in Branden- tenstadt ist in Benkert et al. (1996) als burg schon immer extrem selten. In historisch gekennzeichnet (vor 1950). Benkert et al. (1996) finden sich ganze Die Art existierte aber dort noch später fünf jemals besetzte MTB-Quadranten. und ist vermutlich um 1976 ausgestorben Historische Vorkommen befanden sich (vgl. Wisniewski 1978c, Schulz 1992). bei Wriezen, im Hohen Fläming, bei

Einzelfundortangaben:

3250/4: Benkert et al. 1996 3739/4: Benkert et al. 1996 ob in BB? Wohl schon in Sachsen-Anhalt? 3853/4: Neuzelle: Dielower Berge Bn.! (Ascherson 1864); Neuzelle: Rainer Schulz; Benkert et al. 1996 4051/2: Benkert et al. 1996 4148/1: Benkert et al. 1996 (Ascherson 1864)

Dactylorhiza ochroleuca [Wüstnei ex Boll] Holub (Syn.: D. incarnata subsp. ochroleuca) – Strohgelbes Knabenkraut

Das Strohgelbe Knabenkraut hat vorland vor. Aufgrund einiger recht indi- ein disjunktes Areal mit punktuellen viduenreicher Vorkommen im Süden gilt Schwerpunktvorkommen in Süd- und es in Deutschland nur als stark gefährdet. Mittelskandinavien und im Alpen- vorland. Einzelne Vorkommen liegen Der taxonomische Rang der Sippe ist verstreut in Dänemark und Nordost- nicht unumstritten. Hier wird der Auffas- deutschland. Außer in Brandenburg sung von Eccarius (2016) gefolgt, der kommt D. ochroleuca wohl in Deutsch- sie wie andere Autoren auch als eigen- land aktuell nur noch äußerst selten in ständige Art führt. Dass an dem einzigen Mecklenburg-Vorpommern und etwas aktuellen Fundort von D. ochroleuca, wo weiter verbreitet im Bayerischen Alpen- sie gemeinsam mit D. incarnata subsp.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 79 Abb. 47: Dactylorhiza ochroleuca, Templin, 21.06.2006 [F. Zimmermann]. incarnata, D. incarnata subsp. serotina sowie bei Jüterbog (vgl. Hudziok 1964) und D. majalis vorkommt, selten zu vor. einer Vermischung mit D. incarnata- Sippen nachgewiesen werden konnten, Die natürlichen Standorte sind naturna- mag ein Indiz für die Berechtigung des he Braunmoosmoore, z.B. in den früher Artranges sein. ausgedehnten Talmooren, die als Lebens- raum in Brandenburg heute fast völlig Im Gegensatz zu Dactylorhiza incarna- verschwunden sind. Die von hier bekannt ta subsp. incarnata war das Strohgelbe gewordenen Fundorte lagen allerdings Knabenkraut in Brandenburg schon fast ausschließlich auf sogenannten immer extrem selten und wurde nur von Seeterrassen, die durch teilweise bereits knapp zehn Fundorten bekannt. Die Art vor Jahrhunderten vorgenommene See- kam früher an mindestens drei Stellen spiegelabsenkungen auf Kalkmudde in in der Umgebung von Templin sowie an früheren flachen Seebuchten entstanden wenigen Fundorten im Zossener Raum sind und somit bereits Sekundärstandorte

80 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 darstellten. Nachfolgend konnte dort aus Samen im Labor herangezogen und die Entwicklung flachgründiger Braun- erfolgreich vor Ort zur Bestandsstützung moosmore einsetzen, die jedoch keinen wieder ausgebracht. Allerdings hat sich langfristig stabilen Lebensraum darstel- der Bestand bis heute dadurch nicht len, einer enormen Gehölzsukzession vergrößert, sondern ist mit jährlichen unterliegen und nur unter einer äußerst Schwankungen etwa in der Größenord- aufwändigen Mahd erhalten werden kön- nung der Vorjahre geblieben. nen. Heute ist in Brandenburg nur noch ein – in guten Jahren bis ca. 70 Pflanzen An einem vergleichbaren Standort in zählender Fundort bei Templin vorhan- einem Moor bei Lychen wurden vor den. Der Standort, an dem D. ochroleuca einigen Jahren vereinzelte abgetrocknete gemeinsam mit D. incarnata subsp. Pflanzen von D. ochroleuca an einem incarnata, D. incarnata subsp. serotina Baum im Moor angebunden (Bukowsky sowie weiteren Orchideen-Arten vor- mdl. Mitt.). Zwei Jahre später konnten kommt, unterliegt seit vielen Jahren einer dann zwei Pflanzen im Moor gefunden speziellen Pflege. werden, spätere Nachsuchen durch Bukowsky – im Jahr 2018 auch zusam- Im Rahmen eines vom Naturschutz- men mit dem Autor – blieben jedoch fonds Brandenburg geförderten Projektes erfolglos. der Humboldt-Universität Berlin (Dr. K. Zoglauer) in Zusammenarbeit mit dem Landesumweltamt und dem AHO Brandenburg zur Erhaltung gefährdeter Orchideenarten wurden ab 2005 Pflanzen

Einzelfundortangaben: 3050: Templin (FO-Angabe verallgemeinert) auch aktuell, jährlich max. 70 Pflanzen, in den letzten Jahren manchmal deutlich weniger, 2017 wieder ca. 50 Pflanzen (Bukowsky mdl., Zimmermann) 3846/2: Sperenberg: Südostufer des Mellensees (Hudziok 1964) 3845/1: Trebbin: Kliestower See (Hudziok 1964)

4044/1: Jüterbog:Eisenbahnausstich südl. Kappan, „ziemlich zahlreich, ...“ (Hudziok 1964)

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 81 Abb. 48: Dactylorhiza ochroleuca, Templin, 11.06.2009 [F. Zimmermann].

82 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 49: Dactylorhiza ochroleuca im Lebensraum, Templin, 15.06.2008 [S. Hennigs].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 83 Dactylorhiza viridis [L.] R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase (Coelo- glossum viride) – Grüne Hohlzunge

Wie kaum eine andere Orchideenart Mescherin (Hamel 2004, Fischer & hat D. viridis ein riesiges zirkumbore- Konczak 2000). Damit handelt es sich ales Verbreitungsgebiet, das große Teile um den nördlichsten Fundort der Art in Europas, Asiens und Nordamerikas Deutschland überhaupt. Trotz intensiver umfasst. In Südeuropa werden lediglich Nachsuche konnte D. viridis dort nicht Gebirgsregionen besiedelt. Das isolierte wiedergefunden werden und die Art Teilgebiet in Kaukasien erreicht noch die muss wohl als ausgestorben gelten. Die Gebirge der nordöstlichen Türkei. Trockenrasen im Fundgebiet im Unteren Odertal unterliegen aktuell keiner Nut- In Deutschland kommt die Art als zung und zeigen eine starke Verbrachung typische Bergwiesenorchidee aktuell und Verbuschung. fast ausschließlich im Alpenraum vor, strahlte aber früher deutlich weiter nach Norden aus. Aufgrund noch zahlreicher Vorkommen in Bayern und Baden- Württemberg gilt die Art in Deutschland lediglich als gefährdet.

In Brandenburg wurden 12 Fundorte bekannt (vgl. Benkert et al. 1996), die jedoch alle bereits im 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts erloschen sind. Die meisten dieser Fundorte lagen in der Niederlausitz, wo die Art zuletzt 1940 beobachtet wurde (Wischkony 1969, Hamel 2004). Später Angaben aus dem Gebiet des Unteren Odertales, wo die Art bereits früher vorkam, gehen auf Jahnke (vor 1960) und Eichhorn (für 1970) zurück. Nach mehrfacher Suche gelang P. Konczak der Nach- weis (1993: 2 blühende Pflanzen, 1995: Abb. 50: Verbreitungskarte von D. viridis (nach 3 Pflanzen) in den Stettiner Bergen bei NetPhyD, https://netphyd.de).

84 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Epipactis albensis Nováková & Rydlo – Elbe-Stendelwurz, Elbe-Sitter

Das Vorkommen der erst 1978 aus E. albensis gelte in Brandenburg als dem böhmischen Elbtal beschriebenen ungefährdet, ist falsch. In der vorletzten E. albensis in Brandenburg wurde lan- Roten Liste (Benkert & Klemm 1993) ge Zeit verkannt. Es handelt um eine wird E. confusa, zu der die damals be- autogame, sehr zierliche, schattige kannten Vorkommen von E. albensis Auen- und Feuchtwälder bewohnende entsprechend den weiter unten folgend Sippe, die außerdem erst sehr spät (oft Ausführungen zunächst gestellt wurden, erst im August) blüht. Das Areal der von als vom Aussterben bedroht geführt. Erst Procházka (1982) zunächst für einen in der aktuellen Roten Liste (Ristow et möglichen Lokalendemiten des tsche- al. 2006) wird E. albensis aufgeführt chisch-böhmischen Elbtals gehaltenen und richtigerweise ebenfalls als vom Elbe-Stendelwurz umfasst nach heutigen Aussterben bedroht eingestuft. Erkenntnissen außerdem das sächsische Elbtal (vgl. Aysche 1988) sowie das Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts östliche und nordöstliche Brandenburg. wurden wohl hierher zu stellende Pflan- Folgt man den Ausführungen von zen aus Brandenburg bekannt (vgl. KolnÍk & KuČera (2002), die die Art Ascherson & Graebner 1907, unter offensichtlich auch an mehreren Stellen E. latifolia gracilis). Die von Dageför- in der westlichen Slowakei gefunden ha- de bei Eberswalde gefundenen Pflanzen ben, kommt sie außerdem noch in Polen, wurden zunächst von Young (1953) zu Ungarn und Österreich vor. Somit kann E. confusa Young gestellt. Anfang der E. albensis nach heutigen Erkenntnissen 1990er Jahre erfolgte unabhängig von- als zentraleuropäischer Endemit mit einander der Nachweis von Vorkommen einem sehr kleinen Areal gelten. bei Lieberose bzw. in der Schorfheide, die ebenfalls zunächst fälschlicherweise Deutschland und besonders Bran- E. confusa zugeordnet wurden (Höl- denburg haben eine besondere Verant- zer 1992, Klaeber 1992b). Erst durch wortlichkeit für die Erhaltung der Art. Wucherpfennig (1993) erfolgte die In der alten Roten Liste Deutschlands Zuordnung der Pflanzen zuE. albensis. (Korneck et al. 1996) wurde die Art nicht angegeben, was u.a. in AHO Die Pflanzen von verschiedenen Fund- (2005) zu der Fehleinschätzung als un- orten in Brandenburg zeigen hinsichtlich gefährdete Art geführt hat. Auch die an einiger Merkmalsdetails teilweise Ab- gleicher Stelle gemachte Anmerkung, weichungen von denen der Typuspo-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 85 Abb. 51: Epipactis albensis bei Kieselwitz, Naturpark Schlaubetal, 28.07.2010 [F. Zimmermann].

86 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 pulation, was Gegenstand detaillierter Ein vom Autor seit etwa 15 Jahren Untersuchungen war. Die Abweichungen regelmäßig kontrolliertes Vorkommen sind demnach so bedeutsam, dass dies im Schlaubetal ist relativ stabil (jährlich den Status einer Unterart rechtfertigt. schwankend ca. 10-40 Pflanzen an Daraus ergibt sich die Beschreibung mehreren, nahe beieinanderliegenden von Epipactis albensis subsp. lusatia Stellen; vgl. auch Klemm 2000). Ein Hennigs (Hennigs 2018: 160-165), weiteres Vorkommen im Schlaubetal obwohl es durchaus im Bereich der mit max. drei Pflanzen konnte zunächst Variabilität der Art liegt, zumal sich bei letztmalig 2003 beobachtet werden, 2008 solchen autogamen Sippen nicht selten erfolgte durch den Autor gemeinsam voneinander abweichende, stabilisierte mit S. Hennigs eine Bestätigung von Merkmalskomplexe an einzelnen Fund- fünf Pflanzen an zwei Stellen wenige orten ausbilden. Meter südlich der alten Fundstelle. Beide Fundorte sind auch 2018 wieder Die Verbereitungsangaben in AHO in ähnlichen Größenordnungen bestätigt (2005) für „Auwälder... des Odertals und (Schulze mdl.). der Uckermark” sind übrigens nicht rich- tig. Weder kommt die Art im Odertal vor Zur Erhaltung der wenigen, recht (auch wenn das nicht weit von den beiden individuenarmen Fundorte sind eine Vorkommen im Schlaubetal entfernt regelmäßige Bestandskontrolle und ggf. ist!), noch handelt es sich um Auenwäl- kleinflächige forstliche Pflegemaßnah- der. Die brandenburgischen Vorkommen men sowie eine massive Schwarzwild- liegen entweder in Erlenbruchwäldern, bejagung erforderlich. Aufgrund der in Eichen-Hainbuchenwäldern oder in speziellen Lebensraumansprüche der einem Falle in einem schluchtwald- konkurrenzschwachen Art muss eine artigen, fragmentarischen Bestand eines starke Beschattung der Standorte gesi- Erlen-Eschen-Bachwaldes. chert bleiben.

Insgesamt wurden aus Brandenburg neun E. albensis zuzuordnende Vor- kommen bekannt, von denen mindestens sechs auch heute noch existieren. Zwei aktuelle Vorkommen befinden sich im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, zwei im Naturpark Schlaubetal und zwei bei Lieberose.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 87 Epipactis atrorubens Hoffm. ex Besser – Braunrote Sitter

Das Verbreitungsgebiet von E. atroru- Niederlausitz und Mitteldeutschlands hat bens umfasst nahezu ganz Europa, selbst sie sich als Lebensräume erschlossen. die nördlichsten Teile Norwegens und der Britischen Inseln werden besiedelt. In Brandenburg gab es ursprünglich Im Südwesten endet die geschlossene nur recht wenige Fundorte, was auch Verbreitung an den Pyrenäen, weiter zur Einstufung in die damals noch ver- südlich finden sich nur kleinere Vorpo- wendete Gefährdungskategorie 4 („Po- sten. Im Osten reicht das Areal bis nach tenziell wegen Seltenheit gefährdet“ in Westsibirien, im Südosten wird punktuell Benkert & Klemm (1993) führte. Unter Mittelasien, der westliche Kaukasus und Berücksichtigung der offenbar aber Kleinasien (Pontisches Gebirge) erreicht. In den Gebirgen steigt die Art bis fast 2400 m auf (AHO 2005).

In Deutschland ist E. atrorubens v.a. in den Kalkgebieten weit verbreitet, teilweise häufig und gilt insgesamt als ungefährdet. In Mecklenburg-Vorpom- mern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern gilt die Art auch in Landeslisten als ungefährdet, in fast allen anderen Bundesländern gilt sie als gefährdet.

Die vergleichsweise geringe Gefähr- dung von E. atrorobens liegt wohl vor allem darin begründet, dass sie in der Lage ist, neben den natürlichen auch sekundäre Lebensräume zu besiedeln. So findet man sie auch in den Hauptver- breitungsgebieten oft an Wegrändern und Böschungen sowie in aufgelassenen Abbaugruben; sogar die großräumig de- Abb. 52: Verbreitungskarte von E. atrorubens (nach vastierten Bergbaufolgelandschaften der NetPhyD, https://netphyd.de).

88 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 doch bereits schon länger vorhandenen Aus Ostbrandenburg wurde außerdem Fundorte sowie der Neuansiedlungen E. atrorubens var. triploidea (Gelbr. & v.a. in den Bergbaufolgelandschaften G. Hamel) Kreutz beschrieben (Gelb- Südbrandenburgs erfolgte in Ristow et recht & Hamel 1987, Kreutz 2004). al. (2006) die Einstufung in Kategorie 3. Dieser einzige Fundort der sehr kräf- Die Gefährdungseinschätzung bezieht tigen, bis 1,30 Meter hohen, kräftigen sich dabei auf die subsp. atrorubens. Pflanzen existiert noch (Hennigs 2018).

Epipactis helleborine [L.] Crantz – Breitblättrige Sitter

Epipactis helleborine ist wohl die terschiedlichste Standorte zu besiedeln, am weitesten verbreitete und häufigste bedingt auch in Brandenburg die noch heimische Orchideenart. Ihr weltweites recht weite Verbreitung, wenngleich sie Areal umfasst fast ganz Europa, sie geht nicht als häufig gelten kann. Eine sehr allerdings in Skandinavien weniger weit auffällige Häufung auch noch aktuell nach Norden als E. atrorubens. Östlich gut besetzter Vorkommen ist im Raum reicht die Verbreitung bis nach Zentral- östlich von Berlin sowie dem Nordosten sibirien, den Himalaya und Südost- und zu verzeichnen, während E. helleborine Ostasien bis Japan. In Kleinasien ist die in Westbrandenburg nur ganz vereinzelt Art nur vereinzelt zu finden. Bereits seit zu finden ist. über 100 Jahren kommt E. helleborine auch im östlichen Nordamerika vor und In den Regionen mit Buchenwäl- breitet sich von dort immer weiter bis in dern mittlerer bis reicher Standorte ist die westlichen Staaten aus (Brown & E. helleborine regelmäßiger Begleiter Folsom 2003). verschiedener anderer Orchideenarten, v.a. der Cephalanthera-Arten. Im Raum In Deutschland ist E. helleborine Rüdersdorf – Erkner – Strausberg be- insgesamt ungefährdet, auch in allen gegnet man E. helleborine besonders Bundesländern außer Sachsen (dort häufig. Hier ist E. helleborine in Laub- RL 3) wird sie als ungefährdet geführt. wäldern unterschiedlicher Standorte, Allerdings sind v.a. im Norddeutschen Kiefernforsten und auffällig oft in Tiefland und in Sachsen auch Rückgän- Pappelaufforstungen aus den 1970er ge zu verzeichnen. In Brandenburg ist und 1980er Jahren zu finden. Selbst E. helleborine die einzige ungefährdete arme Dünensande werden besiedelt, und Orchideenart. Die Fähigkeit der Art, un- E. helleborine wächst dort zusammen mit

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 89 Arten wie Armeria elongata und Cory- nephorus canescens. Möglicherweise ist dies auch den noch Jahrzehnte nachwir- kenden Kalkstaubemissionen aus den Rüdersdorfer Zementwerken geschuldet, wovon zwischenzeitlich auch andere Orchideenarten profitiert hatten, die jedoch aufgrund höherer Ansprüche an den Kalkgehalt im Boden bereits wieder verschwunden oder selten geworden sind (z.B. Platanthera bifolia).

Somit ist E. helleborine die einzige Orchideenart Brandenburgs, um die man sich wohl auch längerfristig keine Sorgen machen muss und die auch keiner direkten Schutzmaßnahmen bedarf.

Abb. 53: Verbreitungskarte von E. helleborine (nach NetPhyD, https://netphyd.de).

Epipactis distans Arvet-Touvet – Kurzblättrige Sitter

Die aus den Westalpen als E. distans Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, und aus Österreich als E. orbicularis vgl. Presser 2002). beschriebene Art ist lange Zeit verkannt und nicht von E. helleborine und anderen Ob es sich in diesen Fällen immer um Epipactis-Sippen unterschieden worden. bisher nicht als solche erkannte Pflanzen Erst seit Anfang der 1990er Jahre wurde handelt oder sich die Sippe sogar in sie sowohl im Süden Deutschlands als Ausbreitung befindet, kann derzeit nicht auch im Nordosten als solche erkannt eingeschätzt werden. Die bisherigen (Presser 2002). Auch im Nordosten Kenntnisse zur Verbreitung der Art hat Brandenburgs konnten seitdem immer Hennigs (2018) zusammengestellt. wieder Funde gemeldet werden (z.B. im

90 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Somit müssen wohl zahlreiche, bisher – vor allem solche auf armen Sandstand- E. helleborine zugeordnete Vorkommen orten erneut überprüft werden.

Epipactis microphylla [Erhr.] Sw. – Kleinblättrige Sitter

E. microphylla hat in Brandenburg le- wo sie in artenreichen Buchenwäldern diglich drei historische Fundorte, die bei- gar nicht so selten ist und deutschland- den im Nordosten galten bis vor kurzem weit nur als relativ gering gefährdet als längst erloschen. Bei Oranienburg gilt. In AHO (2005) wurden auch die (Angabe nach Ristow et al. 2006 nicht historischen Brandenburger Vorkommen sicher!) wurde die Art noch nach 1950 nicht berücksichtigt. notiert (vgl. Benkert et al. 1996). Umso überraschender war der Wiederfund der In Brandenburg wurde E. microphylla Art vor wenigen Jahren durch J. Rackel- entsprechend den gültigen Einstufungs- mann im Melzower Forst, vermutlich kriterien wegen einer nicht erkennbaren an dem bereits von Grantzow (1880) akuten Gefährdung dieses einen Stand- aufgeführten Fundort (vgl. Ristow et ortes in die Kategorie R (extrem selten) al. 2006). 2016 konnte die Art dort von eingestuft (Ristow et al. 2006). Ob diese J. Rackelmann zusammen mit dem Einstufung unter Berücksichtigung der Autor erneut an einer der von ihm zuvor dort gemachten Anmerkungen („unter gefundenen beiden Stellen bestätigt wer- erheblichem Fraßdruck durch Schalen- den. Die Art besiedelt dort einen reichen wild”) richtig ist und die Art aufgrund Buchenwald (Mercuriali-Fagetum). ausdrücklich erkennbarer Gefährdungen am einzigen (!) Standort nicht doch auch Die brandenburgischen Fundorte der als vom Aussterben bedroht geführt wer- Art liegen weitab vom geschlossenen den müsste, bleibt fraglich. Verbreitungsgebiet Mitteldeutschlands,

Einzelfundortangaben: 2849/3: Benkert et al. 1996; Rackelmann, Rätzel 1997; Hennigs 2009; Rackelmann & Zimmermann 2016 2945/2: Benkert et al. 1996 3246/3: Benkert et al. 1996

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 91 Abb. 54: Epipactis microphylla, Fauler Ort, NSG Melzower Forst, 24.06.2015 [F. Zimmermann].

92 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 55: Epipactis palustris, Seehausen/Uckermark, 28.06.2016 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 93 Epipactis palustris [L.] Crantz – Sumpf-Sitter, Echte Sumpfwurz

E. palustris ist nach dem Frauenschuh östlich am Ural, aber die Art kommt den- und den Cephalanthera-Arten diejenige noch immer wieder bis weit nach Zen- heimische Orchideenart mit den größten tralasien vor. In Kleinasien findet man und auffälligsten Blüten, der man auch E. palustris interessanterweise – wie so viel offensichtlicher ihre Zugehörigkeit manche andere Art auch – ausschließlich zur Familie der Orchideen ansieht. Die im Nordosten in kleinen Vorpostenvor- Art kommt fast in ganz Europa vor, wo kommen entlang der östlichen Schwarz- sie lediglich im Südteil der iberischen meerküste am Pontischen Gebirge und Halbinsel und im nördlichen Skandina- dann wieder im Kaukasus. Im Süden vien fehlt. Das geschlossene Areal endet erreicht sie Nordafrika.

Die Verbreitung in Deutschland kor- reliert mit der Verbreitung der natür- lichen Lebensräume der Art – kalk- und basenreiche Niedermoore, Quell- und Hangmoore mit intaktem Wasserhaus- halt. Dass E. palustris heute noch weiter verbreitet ist als andere Arten dieser Lebensräume, ist wohl lediglich auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Art – wohl auch aufgrund ihrer Lebensweise als Rhyzomgeophyt – auf Habitatver- änderungen etwas weniger empfindlich reagiert. Ein Blick auf die aktuelle und historische Verbreitung (Benkert et al. 1996) zeigt aber auch deutliche Verbrei- tungsschwerpunkte im nordostdeutschen Tiefland und dem Alpenvorland, also Räumen, in denen kalk- und basenreiche Feuchtstandorte der Jungmoränengebiete natürlicherweise teils großräumig vor- kamen. Dabei wird auch deutlich, dass Abb. 56: Epipactis palustris, NSG Stromtal/Ucker- die historische Verbreitung vor 1950 in mark, 28.06.2016 [F. Zimmermann]. Mitteldeutschland weitaus größer war als

94 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 heute und die Ausdünnung der Standorte dort bereits viel früher von statten ging als im Nordosten Deutschlands. So weist die entsprechende Karte in Benkert et al. (1996) sehr anschaulich aus, dass vor allem in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen die Zahl der bereits vor 1950 er- loschenen Vorkommen (helle Kreise) bei insgesamt ähnlicher historischer Fund- ortdichte weitaus überwiegt, während sie in Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern nur ganz wenige Standort- verluste vor 1950 aufzeigt.

Umso gravierender sind in Nordost- deutschland die Rückgänge von E. pa- lustris aufgrund der flächendeckenden Komplexmeliorationen in den 1960er und 1970er Jahren zu bewerten, die zahllose Moorflächen überwiegend irre- Abb. 57: Verbreitungskarte von E. palustris (nach versibel vernichtete oder entwertete und NetPhyD, https://netphyd.de). deren Auswirkungen noch heute überall in der Landschaft zu sehen sind. E. palustris. Doch die Zahl ist weiter rückläufig und – ähnlich wie bei anderen Es gibt wohl nur vergleichsweise we- Arten der basen- und kalkreichen Feucht- nige andere Pflanzenarten, bei denen die standorte – weisen viele Vorkommen Gefährdungssituation in den meisten nur noch kleine Restbestände auf. Auch Bundesländern identisch ist. E. pa- E. palustris reagiert auf Renaturierungs- lustris wird in fast allen Bundesländern maßnahmen geeigneter Standorte sehr völlig einheitlich als stark gefährdet positiv und kann über Samenausbreitung (2) eingestuft, lediglich in Bayern und sehr schnell wieder große Bestände auf- Baden-Württemberg gilt die Art „nur“ bauen. Darüber hinaus vermag die Art als gefährdet (3). auch Sekundärstandorte mit geeigneten Bedingungen zu besiedeln, an denen sie In Brandenburg gibt es aktuell viel- kurzzeitig Massenbestände ausbilden leicht noch knapp 100 Vorkommen von kann. Vor allem Ton- und Mergelgru-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 95 ben, aber auch Sandgruben mit kalk-/ fenden Gehölzsukzession recht bald basenreichen Sanden und anstehendem wieder. Heute entstehen solche Standorte Grundwasser an der Abbausohle wur- ohnehin kaum noch neu, sie sind aber für den in der Vergangenheit immer wieder die Etablierung stabiler Vorkommen und besiedelt. Allerdings verschwand die die (mittel- bis langfristige) Verbesse- Art (wie auch die manchmal an solchen rung der landesweiten Bestandssituation Stellen gemeinsam auftretende Liparis nicht geeignet (wie im Übrigen auch für loeselii) im Verlauf der rasant ablau- die eben genannte L. loeselii!).

Epipactis purpurata Sm. – Violette Sitter

Das Verbreitungsgebiet von E. pur- in Benkert et al. 1996 für den Grumsiner purata reicht von Frankreich bis ins Forst vor 1990) ist nicht völlig zweifels- Baltikum. Sowohl der Mittelmeerraum frei, sie wird aber in der Roten Liste als als auch Nordeuropa werden nicht be- ausgestorben geführt (vgl. Ristow et al. siedelt, weiter östlich kommt die Art 2006). Im Kontext mit den früheren Vor- nochmals im Kaukasus vor. Da sie in kommen in der Pommerschen Hauptend- einigen Bundesländern (z.B. Thüringen, moräne ist der mögliche Brandenburger Hessen) weit verbreitet und ungefährdet FO aber durchaus erklärbar. Auch das ist, gilt sie auch deutschlandweit als Berliner Vorkommen (vgl. Angaben zu ungefährdet. Herbarbeleg in Butzin 1983) ist dem- nach nicht endgültig als unplausibel zu Das Vorkommen der Art in Branden- betrachten. Falls sie dort tatsächlich vor- burg und Berlin (MTBQ 2948/4, Angabe kam, ist sie wohl um 1900 ausgestorben.

Epipogium aphyllum Sw. – Blattloser Widerbart

E. aphyllum ist eine saprophytisch le- Art gehört zu den am weitesten nach bende Orchidee ohne Blattgrün und hat Norden vordringenden Orchideen (bis eine schwerpunktmäßig alpisch-skandi- zur Nordspitze Skandinaviens). navische Verbreitung. Das sich Richtung Osten aufsplitternde Areal reicht mit Nach Ascherson (1864) besiedelte Vorposten bis Kamtschatka und Japan E. aphyllum in Brandenburg „tiefschat- sowie den Himalaya (AHO 2005). Die tige Buchenwälder”. Sie wurde histo-

96 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 risch nur von vier Fundorten bekannt, so Art bei uns als ausgestorben gelten (vgl. bei Boitzenburg/Uckermark und im Flä- Zimmermann 2014). ming (Setzsteig, vgl. Ascherson 1864) sowie der Umgebung des Schwärzetals Aufgrund der sehr versteckten Lebens- bei Spechthausen (vgl. Benkert et al. weise von E. aphyllum (aus den unter 1996). In Gelbrecht (1974) findet sich dem Falllaub im Rohhumus lebenden ein Hinweis darauf, dass die Art „letzt- Rhizomen erscheinen nur in günstigen mals 1912 im Forst Chorin” beobachtet Jahren Blütentriebe!) ist ein Wiederfund wurde (die Angabe fand in Benkert et al. der Art auch nach sehr langer Zeit nicht 1996 keine Berücksichtigung). Seitdem völlig auszuschließen. muss die in Deutschland stark gefährdete

Einzelfundortangaben: 2742/2: Boitzenburg früher G. (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3148/4: Benkert et al. 1996 3149/1: Benkert et al. 1996 3940/4: Koswig: Setzsteig Rabenhorst (Benkert et al. 1996)

Goodyera repens [L.] R. Br. – Kriechendes Netzblatt

Die weltweite Verbreitung ist nahezu nennt etwa zehn Fundorte auf heutigem identisch mit dem der vorigen Art und Brandenburger Gebiet. So kam G. repens umfasst die boreal-montanen Bereiche u.a. in den großen Waldgebieten der der Nordhalbkugel. Im Gegensatz zu westlichen Uckermark, bei Schwedt und den drei vorherigen, ebenfalls sehr Eberswalde (Trampe), Wriezen, Buckow unscheinbaren Arten war G. repens in (Märkische Schweiz), im Fläming und Brandenburg zwar auch schon immer bei Lieberose vor. recht selten, jedoch wurden im 19. und 20. Jahrhundert immerhin etwa 30 Die meisten Vorkommen sind mögli- Fundorte bekannt. Ascherson (1864) cherweise bereits im 19. Jahrhundert aus- beschreibt sie als Art „schattiger, moo- gestorben, 2-3 Fundorte existierten wohl siger Nadel- und gemischter Wälder” und aber noch nach 1950 (vgl. Benkert et al.

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 97 1996). Die letzte Beobachtung einer ein- ter stammt von 1974, wo sie trotz zigen (nicht blühenden) Pflanze von der Nachsuche später nicht wiedergefunden Großen Göhlenze im südlichen Teil des werden konnte (LUA-Archiv, Kartei der Naturparks Schlaubetal durch E. Rich- floristischen Kartierung Brandenburgs).

Die Ursache für das völlige Verschwin- den der sehr konkurrenzschwachen Art ist wohl auch in der zunehmenden Vergrasung geeigneter Wälder durch Eutrophierung und Versauerung der Oberböden und damit verbundenen Standortveränderungen zu suchen. G. re- pens ist beispielsweise in den küsten- nahen Dünen-Kiefernwäldern der Insel Rügen (Mecklenburg-Vorpommern) auch heute noch recht weit verbreitet, hat jedoch auch dort viele Fundorte verloren. Die Anfang der 1970er Jahre noch fast völlig grasfreien, moosreichen und schlechtwüchsigen Wälder z.B. entlang der Schaabe oder auf Mönchgut sind mittlerweile zu großen Teilen stark vergrast. Dennoch finden sich am Rand moosreicher Dünentälchen auch heute noch gute Bestände von G. repens. Abb. 58: Verbreitungskarte von G. repens (nach NetPhyD, https://netphyd.de).

Gymnadenia conopsea [L.] R. Br. – Große Händelwurz, Mücken-Händelwurz

G. conopsea hat ein dem Gefleckten reicht. Sie gehört zu den in Deutsch- Knabenkraut (D. maculata s.l.) sehr land insgesamt nicht so seltenen und ähnliches Verbreitungsgebiet, welches insgesamt als ungefährdet eingestuften fast ganz Europa und große Teile Asiens Orchideen, wobei ihr Verbreitungs- umfasst, jedoch noch weiter bis Ostasien schwerpunkt in den Gebirgen liegt.

98 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 59: Gymnadenia conopsea, NSG Ferbitzer Bruch, 14.06.2012 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 99 Im norddeutschen Tiefland kam sie Baruther Urstromtal – ausgesprochene schon immer nur zerstreut vor. Für Schwerpunkte erkennbar sind. Nach Brandenburg beschreibt Ascherson 1950 gab es in Brandenburg nur noch (1864) ihr Vorkommen für „trockene etwa 40 besetzte MTBQ. Aktuell gibt es Wiesen, gern mit D. maculata d.d.G. jedoch wohl nur noch höchstens zehn [Anm. des Autors: „durch das Gebiet aktuelle Fundorte, die wenigen verblie- zerstreut”], nicht immer in zahlreichen ben Standorte weisen meist nur wenige Expl.”, ohne einzelne Fundorte zu Pflanzen auf. Alle natürlichen aktuellen nennen. Daraus lässt sich schließen, dass Fundorte liegen in artenreichen Feucht- G. conopsea früher auch in Brandenburg wiesen bzw. wechselfeuchten Pfeifen- Kalk-Trockenrasen besiedelte. Der graswiesen. Ein weiterer, im Jahr 1998 größte Teil der Vorkommen, die noch von M. Ristow, B. Seitz und S. Rätzel im 20. Jahrhundert bestanden, lag jedoch entdeckter Fundort (vgl. Klemm 2004) überwiegend in den Feuchtwiesen der im äußersten Nordosten Brandenburgs Niederungsgebiete, wo früher an wenigen liegt in einem derzeit nicht gepflegten, Stellen auch die var. densiflora vorkam. kontinentalen Halbtrockenrasen, wo die Wie bereits in Zimmermann (2008) an Art mit Neotinea tridentata gemeinsam der Problematik der Abgrenzung von vorkommt. Nach J. Haferland (mdl. G. conopsea var. densiflora dargelegt, Mitt.) handelt es sich dabei um eine ältere war die deutliche standörtliche Trennung Ansalbung aus den 1980er Jahren. der beiden Sippen für Brandenburg wohl nie so zutreffend. Bei allen aktuellen Die wohl höchstens noch zehn aktu- Vorkommen, die mit einer Ausnahme ellen Vorkommen von G. conopsea in ausschließlich in Feuchtwiesen liegen, Brandenburg bestehen fast ausschließ- handelt es sich durchweg um die subsp. lich aus wenigen Pflanzen. Lediglich conopsea. Die Brandenburger Pflanzen an einem Standort in einer seit einigen an natürlichen Fundorten in Feuchtwiesen Jahren wieder gemähten und aktuell in weisen durchweg einen sehr lockeren, einem sehr guten Pflegezustand befind- etwas pyramidalen Blütenstand und lichen Pfeifengraswiese bei Nauen (von leicht nelkenartigen Duft der Blüten auf H. Hammerschmidt entdeckt) sowie im und blühen ab Anfang Juni. Ferbitzer Bruch (J. Fürstenow, mdl.; Meysel & Köhler 2014) finden sich Insgesamt finden sich inBenkert et al. heute noch größere Bestände von G. co- (1996) knapp über 100 historisch bzw. nopsea. In den Jahren 2007 und 2008 aktuell besetzte MTBQ, ohne dass – konnten vom Autor am Nauener Standort abgesehen von Notteniederung und jeweils ca. 350 Pflanzen gezählt werden.

100 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 60: Gymnadenia conopsea, FFH-Gebiet Leitsakgraben, 04.06.2008 [F. Zimmermann].

G. conopsea wächst dort gemeinsam mit chende Pflegemaßnahmen beizubehalten guten Beständen von Orchis militaris oder neu zu etablieren (z.B. im NSG (insgesamt ca. 200 Pflanzen, 2007 und „Lange Damm-Wiesen, Unteres Annatal 2008 auch jeweils zwei völlig weiße und Herrensee” in der Umgebung von Exemplare!) und Dactylorhiza majalis Strausberg). (2008 ca. 70 Exemplare), wenig D. in- carnata subsp. incarnata (2008 ca. 12 Ein anderer, noch vor einigen Jahren Pflanzen) sowie Einzelpflanzen von besetzter Fundort mit wenigen Pflanzen D. ×aschersoniana (2007 2 Pflanzen). im Havelland bei Nennhausen wurde durch den Ausbau der ICE-Strecke Der sehr gute Erfolg der Pflegemaßnah- nach Hamburg vernichtet. Die vorherige men an diesem Fundort lässt hoffen, dass aufwändige Umsetzung der Pflanzen die Art möglicherweise auch an anderen mit großzügig ausgehobenen Grasso- früheren Fundorten wiedergefunden den an einen mutmaßlich geeigneten werden kann, falls es gelingt, entspre- Ersatzstandort in der Umgebung verlief

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 101 zwar zunächst erfolgreich, mittlerweile Mit der aktuellen Verbreitung der Art ist die Art dort allerdings nach stetigem in der Nordostdeutschen Tiefebene be- Rückgang verschwunden (Jaschke mdl., schäftigt sich ausführlich die Arbeit von 2007). Meysel & Köhler (2014).

Gymnadenia conopsea [L.] R. Br. var. densiflora [Wahlenb.] Lindl. – Große Händelwurz, Mücken-Händelwurz, Dichtblütige Varietät

Der taxonomische Rang dieser Sippe insgesamt 14 Vorkommen bekannt. So ist nach wie vor nicht unumschtritten gab es früher z.B. Vorkommen im Brie- und reicht von der Varietät über die selang bei Nauen, am Zarth bei Treuen- Unterart bis zum Artrang (vgl. AHO brietzen, bei Drebkau und Altdöbern 2005). Es gilt nicht als sicher, ob die in der Niederlausitz, bei Eberswalde, Varietät hinsichtlich morphologischer Neuruppin und Frankfurt (Ascherson und phänologischer Merkmale (später 1864) sowie in Berlin bei Rudow und Blühzeitpunkt) immer sicher von der Buchholz (vgl. Wisniewski 1978b). Nominatsippe zu trennen ist. Mögli- Die meisten dieser Vorkommen sind cherweise wurden nicht selten besonders wohl bereits im 19. Jahrhundert bzw. kräftige Exemplare von G. conopsea der Anfang des 20. Jahrhunderts erloschen. Varietät densiflora zugeordnet. Auch Lediglich im Naturschutzgebiet „Annatal die Bindung der Nominatsippe von und Lange Damm-Wiesen” bei Straus- G. conopsea an trockene Standorte und berg kam G. conopsea var. densiflora G. conopsea var. densiflora an kalkreiche wohl noch um 1930 vor (vgl. Meissner Moorwiesen trifft zumindest im Tiefland 1993). Bei Hudziok (1963, 1967) finden nicht zu. So kam G. conopsea früher in sich noch Angaben für die Umgebung Brandenburg nie in Trockenrasen vor, von Zossen (Ostufer des Mellensees erst in den letzten Jahren konnten (u.a. 1960, 1961 1 Exemplar „f. elongata durch den Autor 2007) Vorkommen in f. nov. Beleg bei Hudziok” sowie am kontinental getönten Halbtrockenrasen Schöneicher Plan). Über den Verbleib bei Geesow/Uckermark bestätigt wer- des genannten Herbarbelegs ist nichts den, die allerdings auf eine Ansiedlung bekannt. F. Meysel konnte allerdings im zurückgeht. Rahmen der Überprüfung aller Fundorte in Nordostdeutschland G. conopsea var. In Brandenburg und Berlin wurden von densiflora aktuell bei Groß Köris bestä- G. conopsea var. densiflora historisch tigen (Meysel & Köhler 2014)

102 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 61: Gymnadenia conopsea var. densiflora, Groß Köris, 05.07.2014 [F. Meysel].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 103 Gymnadenia odoratissima [L.] Rich. – Wohlriechende Händelwurz

Das frühere Vorkommen von G. odora- Aufgrund der Zweifelhaftigkeit wurde tissima in Brandenburg ist sehr fraglich. die Art in Ristow et al. (2006) nicht Auch ein Foto im Berliner Herbar (B) berücksichtigt. Möglicherweise handelte von einer Pflanze aus Brandenburg lässt es sich bei den Funden um atypische, keine eindeutigen Schlüsse auf G. odo- zierliche Pflanzen von G. conopsea mit ratissima zu (Ristow mdl. Mitt.). Es starkem Duft, was jedoch nach verschie- existieren eine Angabe bei Zossen (Hud- denen Quellen (u.a. AHO 2005) keines- ziok 1970), eine bereits von Ascher- wegs als sicheres Unterscheidungsmerk- son (1864) angezweifelte Angabe von mal von der hinsichtlich verschiedener Rabenhorst (nach Reichenbach) bei Merkmale sehr variablen G. conopsea Brandtsheide/Jüterbog sowie eine Anga- gelten kann. be von A. Schulz um 1900 für Arnsdorf (vgl. Hanspach 1981). Die beiden ersten Angaben sind auch in AHO (2005) in der Verbreitungskarte dargestellt.

Hammarbya paludosa [L.] O. Kuntze – Sumpf-Weichwurz

Das weltweite Verbreitungsbild von bis 1900 den Großteil ihrer Vorkommen H. paludosa ähnelt dem von L. loeselii, durch die Vernichtung der ehemals allerdings kommt die Art in Europa großflächigen Hochmoore durch den noch deutlich weiter nördlich (bis Nord- Torfabbau verloren. norwegen) vor und ist in Nordamerika punktuell recht verbreitet. Auch deutsch- Neben der vorigen Art ist H. paludosa landweit muss die Sumpf-Weichwurz die zweite in Brandenburg vorkom- als vom Aussterben bedroht gelten, mende, an ganz spezielle Moorstandorte lediglich in Bayern ist sie aufgrund noch gebundene Art. Sie besiedelt jedoch recht individuenstarker Vorkommen im im Gegensatz zu L. loeselii nährstoff- Alpenvorland nur stark gefährdet. Im arme, mesotrophe Torfmoos-Moore Westen und Nordwesten Deutschlands ist (Verlandungs- und Kesselmoore). Dort sie bereits fast völlig verschwunden. Vor wächst sie stets sehr vereinzelt auf stark allem in Niedersachsen hat sie bereits schwingenden Torfmoosbülten, die

104 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 61: Hammarbya paludosa, Naturpark Schlaubetal, 11.07.2008 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 105 Abb. 61: Fundort von Hammarbya paludosa im Naturpark Schlaubetal, 11.07.2008 [S. Hennigs].

106 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 auch bei höheren Moorwasserständen wiedergefunden. Nachdem in den bei- nicht überstaut werden. Zwar gibt es den folgenden Jahren die Nachsuche noch eine ganze Reihe von diesen für wiederum ergebnislos war, konnten dort das norddeutsche pleistozäne Tiefland 2008 sieben Pflanzen gefunden werden. besonders typischen Lebensräumen, Danach konnten nochmals 2 Pflanzen im dennoch hat auch H. paludosa heute in Jahr 2011 gefunden werden; Nachsuchen Brandenburg nur noch höchstens zehn 2017 und 2018 durch M. Schulze und aktuelle Vorkommen, fast ausschließlich den Autor blieben erfolglos. Nachsuchen im Osten und Südosten des Landes. an einem weiteren, noch vor etwa zehn Jahren besetzten Fundort im Schlaubetal Insgesamt sind in Brandenburg ca. 50 blieben trotz nach wie vor geeignet er- Fundorte der Art bekannt geworden, scheinender Standorte erfolglos. wobei nach 1950 nur noch etwa die Hälfte davon vorhanden ist. Die meisten An einem Standort bei Lieberose dieser Fundorte sind wiederum bis zu konnte H. paludosa Mitte der 1990er den 1980er Jahren ebenfalls erloschen. Jahre von D. und H. Beutler in einem Das liegt in erster Linie darin begründet, sich regenerierenden Torfstichbereich dass diese, offene Torfmoospolster besie- in zahlreichen Exemplaren gefunden delnde Art äußerst konkurrenzschwach werden, doch dieser Standort ist auf- ist und bereits geringste negative Stand- grund fortschreitender Sukzession seit ortveränderungen zum Verschwinden Jahren nicht mehr besiedelt. Es bleibt führen, während typische Begleitarten zu hoffen, dass die in einigen besonders wie Weißes Schnabelried (Rhynchospora wertvollen Übergangs-Mooren Branden- alba) und Blasenbinse (Scheuchzeria burgs begonnenen Wasserrückhaltungs- palustris) noch ausdauern. maßnahmen künftig auch zur Förderung der Sumpf-Weichwurz führen. An den Hinzu kommt, dass H. paludosa sehr wenigen verbliebenen Vorkommen be- unscheinbar ist und daher leicht über- darf es dringend Maßnahmen zur Verbes- sehen werden kann; außerdem blüht serung des Wasserhaushaltes, z.B. durch sie an einem besiedelten Standort oft wirksames Abdichten von Abflussgräben auch jahrelang nicht. So konnte sie an sowie gezielter Waldumbaumaßnahmen einem Standort im Naturpark „Schlau- in den sehr kleinen Einzugsgebieten der betal“ zunächst 1989 letztmalig vom Moore. In Berlin wurde H. paludosa Autor beobachtet werden, wurde dann um 1980 durch M. Succow letztmalig aber trotz regelmäßiger Kontrolle erst im NSG „Krumme Laake” beobachtet, wieder im Jahr 2005 mit 14 Pflanzen spätere Nachsuchen im Rahmen von

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 107 vegetationskundlich-floristischen Arbei- moräne“ (S. Kasparz mdl.). Der Fund- ten blieben erfolglos (vgl. Zimmermann ort konnte danach nicht mehr bestätigt 1987, 1991). Geeignete Standorte sind werden. Das Vorkommen im Schlaubetal dort heute nicht mehr vorhanden. ist somit das derzeit einzige, auch vom Autor in den letzten 10 Jahren bestätigte Vor einigen Jahren gelang der Fund Vorkommen in Brandenburg. einer Pflanze im NSG „Lieberoser End-

Einzelfundortangaben: 2745/4: Lychen: Wiese am Oberpfuhl (Grantzow 1880, Benkert et al. 1996); ist hiermit auch gemeint „Lychen: Krummbornbruch“ (Fick VBVB 8) siehe Kartei Müller- Stoll?, kann ich auf Karte nicht finden!; 2748/3: Gerswalde: Sümpfe westlich vom Forsthaus nach Beenz zu einzeln! (Grantzow 1880) (Benkert et al 1996) 2843/1: Zechlin: Kramohlsee (Ascherson VBVB 8; siehe Kartei Müller-Stoll) 2843/24: Rheinsberg: Moor am SW-Ufer des Gr. Kruckowsees (Freitag 1960 in Karteikarte Müller-Stoll) (Benkert et al. 1996) 2843/2: Rheinsberg: Moor am Steutzensee (Krausch 1963, Fischer 1964 Fischer Flora des Ruppiner Landes 1964) (fehlt in Benkert!) 2843/3: Rheinsberg: Torfstiche am Grienericksee (Warnstorf VBVB 57 (1915); siehe Kartei Müller-Stoll); hierher auch Rheinsberg: auf den Reckwiesen, Viehtriften ???? (Winter, Flora von Menz 1870, VBVB 12; siehe Kartei Müller-Stoll) (fehlt in Benkert) 2843/4: Neuruppin: Molchow Jahn! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 2844/4: bei Altglobsow auf Wiesen am Wege nach dem Drögen (Winter, Flora von Menz 1870, VBVB 12 (siehe Kartei Müller-Stoll), fehlt in Benkert 2845/2846: Lychen: Fürstenwiese bei Tangersdorf (Herbar Berlin-Dahlem, siehe Karteikarte Müller-Stoll) fehlt in Benkert 2948/4: Templin: Hechtgiebel bei Glambeck (Hueck 1937; Kartei Müller-Stoll) (Benkert et al. 1996) 2949/4: Benkert et al. 1996 3049/1: Benkert et al. 1996

108 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 3049/3: Chorin: Eitzenbruch, Torfsumpf nördl. v. Buchholz; Chorin: Torfsumpf bei den Sassenpfühlen (beides Schulz VBVB 39; siehe Kartei Müller-Stoll, dort 2. FO 3048/4 zugeordnet, zwei Sassenpfühle liegen dort!) (Benkert et al. 1996) 3049/4: Chorin: NSG Plagefenn N: „an der Nordseite in sehr nassem Sphagnum mit Drosera rot., D. anglica, Carex limosa, Scheuchzeria“ (Ulbrich 1912); N-Ufer des Plagesees (Herbar Berlin-Dahlem, Karteikarte Müller-Stoll) (Benkert et al. 1996) 3050/4: Benkert et al. 1996 3148/2: Eberswalde: zw. dem großen und kleinen See einzeln Bch.! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3149/2: Eberswalde: Lieper Forst (Dalchow) (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996); Chorin: „NSG Plagefenn S: Mückenwinkel, im Hochmooer des S-Zipfels von Jg. 69 sehr selten, mit Drosera rot., Scheuchzeria, Andromeda, Vacc. oxycoccus“ (Ulbrich 1912) 3150/1: Benkert et al. 1996 3246/3: Oranienburg: NE-Ufer des Lubowsees, sehr spärlich (Mildbraed VBVB 46; siehe Kartei Müller-Stoll) (Benkert et al. 1996) 3247/2: Biesenthal: am Wege nach Lanke A.BR.! 3351/3: (Benkert et al. 1996) 3445/1: Spandau: Papenberge Meyer (Ascherson 1864); Teufelsbruch in Spandau, Caricetum lasiocarpae (Scholz & Sukopp VBVB 83-97 (1957) (Benkert et al. 1996) 3445/2: Berlin: Jungfernheide Stein (Ascherson 1864) 3545/1: Spandau: zw. dem Grundewald- und Hundekehlesee (seit Willd.)!! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996); gehört hierher auch „Berlin hinter Teltow“? (Beleg Herbar A. Dietrich nach Kartei Müller-Stoll) 3545/2: Berlin (Benkert et al. 1996) siehe nächster Quadrant!!! 3546/1: Berlin: hohle See Baetke (zu diesem Quadranten??? Oder 3545/2???) (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996???) 3546/4: Berlin: Tempelhof Sanio!! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3547/44: Kartei Müller-Stoll: Teufelssee bei den Müggelbergen (Herbar A. Dietrich); fehlt in Benkert et al. 1996

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 109 3647/1: Köpenick: Waltersdorf Rach! (Ascherson 1864); fehlt in (Benkert et al. 1996); oder sollte damit der Punkt in 3548/2 gemeint sein? Da ist aber Woltersdorf! 3548/2: Benkert et al. 1996 3548/3: a) Teufelssee bei den Müggelbergen D. (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996); hier auch bei Nachsuchen durch den Autor ab 1984 nie wieder bestätigt. 3548/3: b) Krumme Laake: Schlüter 1956, Succow 1975; Zimmermann 1987: ver- schollen (letzte Beobachtung wohl um 1980 Succow mdl.) 3648/2: Benkert et al. 1996 3648/3: Benkert et al. 1996 3648/4: Moor am Triebschsee (Benkert et al. 1996); Ziebarth & Ziebarth 2004 mdl. 3653/3: Benkert et al. 1996 3747/4: Benkert et al. 1996

3752/4: Schlaubetal (Fundort verallgemeinert): (Benkert et al. 1996), Zimmermann, Schulze, Weidlich, Günther 2004: 14 Ex.; „Moor bei Kaisermühl, 1 Expl.“ Karstädt VBVB 77, Schulze M., Flora von Müllrose 1960 (siehe Kartei Müller- Stoll); möglicherweise gehört hierzu auch der Fund 1 Pflanze in einem Moor östlich von Müllrose vor etwa 10 Jahren (Armin Herrmann mdl. Mitt.). 3845/1: Luckenwalde: Waldluch westlich Märtensmühle (Hudziok 1964) (Benkert et al. 1996); nach Topographie liegt das eher in 3844/2 3845/2: Sperenberg, NSG Schulzensee (Hudziok 1964) (Benkert et al. 1996) 3845/3: Luckenwalde: NSG Rauhes Luch (Hudziok 1953 (Scholz & Sukopp VBVB 83-97 1957) (Benkert et al. 1996) 3845/4: Benkert et al. 1996 3847/2: Benkert et al. 1996 3847/3: Teupitz: Egsdorf, Schernskeluch (Hudziok 1964 VBVB 101) (Benkert et al. 1996) 3852/2: Kleines Moor am Schinkensee bei Siehdichum (Schulze, M. Flora von Müllrose 1960 Kartei Müller-Stoll) (Benkert et al. 1996) 3852/4: Moor am Ziskensee (Benkert et al. 1996); Kartei Müller-Stoll: „in einem kleinen Hochmoor d. Schlaubetals“ mit Anmerkung „= Ziskensee“, „erstmalig im Gebiet, in ca. 40 Ex. (Wischkony, Zach 1959) (also offensichtlich nicht am See!?); am Ziskensee (Schwingkante nahe alter Bungalowtreppe) noch Mitte

110 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 der 90er (R. Günther mdl., Hamel mdl.); 2004 Zimmermann, M. Schulze nicht gefunden; 2005 M. Schulze nicht gefunden (Schulze mdl. Mitt.); später ebenfalls keine Bestätigung (vgl. Lauterbach & Zimmermann 2015) 3948/4: Benkert et al. 1996 4051/1: Benkert et al. 1996 4051/3: Benkert et al. 1996 4347/3: Schwarze Elster: Dobrilugk Rabenhorst (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 4452/1: Spremberg: Rabenhorst (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996)

Herminium monorchis [L.] R. Br. – Honigorchis, Einknolle

Das große meridional-submeridionale auch in Benkert et al. (1996) Eingang Weltareal von H. monorchis reicht von gefunden haben. In Berlin kam sie in den Westeuropa in einem geschlossenen Rudower Wiesen und bei Köpenick vor Band bis Ostsibirien und Ostasien, im (Wisniewski 1978b), in Brandenburg bei Norden erreicht die Art Südnorwegen. Baruth, Lübben und Neuzelle. Sämtliche Die sehr kleine und unscheinbare Honi- Vorkommen der sehr empfindlichen und gorchis gehört in Deutschland zu den au- äußerst konkurrenzschwachen Art waren ßerordentlich stark gefährdeten Orchide- vermutlich bereits Mitte bis Ende des 19. enarten. Stabile Vorkommen gibt es wohl Jahrhunderts durch direkte Lebensraum- fast ausschließlich noch im Alpenvorland zerstörung (Berlin) oder Standortverän- (AHO 2005). Insgesamt acht Fundorte derungen ausgestorben. dieser Orchidee kurzwüchsiger trockener Wiesen und Moorwiesen wurden aus Brandenburg und Berlin bekannt, die

Einzelfundortangaben: 2939/1: Benkert et al. 1996 3446/4: Berlin (Benkert et al. 1996) 3546/4: Berlin: Rudower Wiesen!! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996)

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 111 3547/3: Berlin: Wiesen bei Boxhagen!! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3947/3: zw. Baruth und Klasdorf Rabenhorst (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3950/2: Lübben: Stuhlen zw. Gr. Leuthen und Mitweide Rabenhorst (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3953/2: Neuzelle früher Fischer (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 4048/1: Benkert et al. 1996

Liparis loeselii [L.] L. C. Richard – Sumpf-Glanzkraut

L. loeselii hat ein großes weltweites erloschen. Dabei wird die Pflanze sicher Areal, das große Teile Mitteleuropas auch heute mitunter noch übersehen. Die und Nordamerikas umfasst. Kleinere Teilareale und Einzelvorkommen liegen in Mittel- und Ostasien. Die aktuelle Verbreitung in Deutschland konzentriert sich auf Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sowie das Alpenvorland, viele Vorkommen in anderen Teilen des Landes sind heute erloschen.

Das Sumpf-Glanzkraut ist eine der beiden in Deutschland vorkommenden Orchideen-Arten, die auch in den An- hängen II und IV der FFH-Richtlinie enthalten sind und somit gleichzeitig die einzigen hierzulande streng geschützten Orchideen-Arten darstellen.

In Deutschland gilt die Art als stark gefährdet, in fünf Bundesländern ist sie bereits ausgestorben. Auch in Branden- burg sind heute viele der Vorkommen in Abb. 63: Verbreitungskarte von L. loeselii (nach insgesamt etwa 100 besetzten MTBQ NetPhyD, https://netphyd.de).

112 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Aussage in Hudziok (1964) „...erweist park „Schlaubetal“ (bis zu 300 Pflanzen sich bei größerer Aufmerksamkeit und im Jahr 2007) und im NSG „Lieberoser wiederholter Beobachtung häufiger, als Endmoräne“ (in den letzten Jahren meist angenommen wird. Im Jungmorä- manchmal über 700 Pflanzen an einem nengebiet nicht viel seltener als Epipactis Fundort). palustris.” ist heute allerdings definitiv nicht mehr zutreffend. Die Fähigkeit von L. loeselii, geeignete Sekundärstandorte besiedeln zu können, Aktuell dürfte es nur noch etwa zehn führte auch mehrfach zu kurzzeitig Fundorte in Brandenburg geben, von auftretenden Massenbeständen der Art, denen die meisten nur noch wenige wie beispielsweise noch in den 1980er Pflanzen enthalten (vgl. Zimmermann Jahren bei Müncheberg. In aufgelas- 1994). Nahezu alle heutigen Vorkommen senen, bis in Grundwasserniveau abge- befinden sich in gemeldeten FFH-Gebie- bauten Kiesgruben mit einem gewissen ten. Der ursprüngliche Lebensraum der Basengehalt konnten dort mehrere Tau- Art – intakte basenreiche Braunmoos- send Pflanzen gezählt werden Hamel( , moore – wurde durch die radikale Me- mdl. Mitt.). Kurz vor Erlöschen dieses lioration und Umgestaltung sämtlicher Standortes wurden einige Pflanzen in ein Talmoore und der meisten Quell- und nicht weit entferntes Naturschutzgebiet Hangmoore praktisch vollständig ver- umgesiedelt, wo sich zwischezeitlich nichtet. Die meisten aktuellen Fundorte dank geeigneter Pflegemaßnahmen ein liegen auf sekundär ausgebildeten, meist kleiner Bestand etabliert hatte. Dieser ist flachgründigen Braunmoosmooren auf allerdings in den letzten Jahren wieder Kalkmudde von Seeterrassen, die durch erloschen. Absenkung der Wasserspiegel von Seen entstanden sind. Zwar kommen diese Erst im Jahr 2006 konnte von P. Rupp Standorte den natürlichen Standorten ein individuenstarkes Vorkommen auf von der Artenzusammensetzung sehr einem ähnlichen Sekundärstandort bei nahe, unterliegen aber einer starken Oranienburg gefunden werden (Weise natürlichen Sukzession zu Moor- und 2006 in litt.). Durch angepasste Pflege- Bruchwäldern. Sie lassen sich nur durch maßnahmen ist dieses Sekundärvorkom- aufwändige Pflege erhalten und können men auch heute noch existent (Andreas langfristig den Fortbestand von L. loe- Herrmann mdl.). selii in Brandenburg nicht sichern. Die aktuell individuenstärksten Vorkommen Im Rahmen eines EU-LIFE-Projektes Brandenburgs befinden sich im Natur- wurden in den letzten 10 Jahren eini-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 113 Abb. 64: Liparis loeselii, Möllnsee, NSG Lieberoser Endmoräne, 09.06.2016 [F. Zimmermann].

114 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 ge der letzten, regenerierungsfähigen stützung von L. loeselii an einigen noch Durchströmungs- und Quellmoore besiedelten Standorten Brandenburgs im Brandenburgs wieder vernässt und Rahmen eines vom Naturschutzfonds teilweise langfristig als Lebensraum Brandenburg geförderten Projektes der für verschiedene Arten der Braunmoos- Humboldt-Universität zu Berlin in Zu- moore wiederhergestellt (vgl. Rössling sammenarbeit zur Erhaltung gefährdeter et al. 2017). Bereits seit 2005 erfolgt Orchideenarten. eine ex-situ-Vermehrung und Bestands-

Malaxis monophyllos [L.] Sw. – Einblatt, Einblättrige Weichwurz

M. monophyllos hat ähnlich Neottia wieder verschwunden ist, ohne jemals cordata (zusammen mit nahe verwandten stabile Populationen aufgebaut zu ha- Neottia-Sippen) ein riesiges, bis nach ben. Nach mehreren Funden der Art in Kamtschatka, zum Himalaya und nach Mecklenburg-Vorpommern im Südosten Nordamerika reichendes Verbreitungs- der Insel Rügen im 19. Jahrhundert, wo gebiet mit europäischen Verbreitungs- sie zuletzt 1930 bei Göhren beobachtet schwerpunkten in Südskandinavien und werden konnte, konnte sie auch auf der dem Alpenraum. Eine Besonderheit die- Insel Usedom nachgewiesen werden, ist ser kleinen, unscheinbaren Orchidee ist, aber auch dort seit 1961 verschwunden. dass bei den winzigen, grünlich gefärbten Blüten der Fruchtknoten um 360 Grad Im sächsisch-thüringischen Grenzge- gedreht (resupiniert) ist, die Blütenlippe biet tauchte M. monophyllos 1980 auf also wie auch bei der Sumpf-Weichwurz (vgl. Bachmann 1981). In Brandenburg (Hammarbya paludosa) nach oben zeigt. sind insgesamt vier Fundorte bekannt geworden. Zuerst wurde sie 1857 von In Deutschland gilt M. monophyllos Buchholz (vgl. Ascherson 1864) bei in Bayern als ungefährdet, sonst fehlt Eberswalde gefunden, wo sie seit 1907 sie fast völlig. In Sachsen und Baden- verschwunden ist. Im Ausstichgelände Württemberg ist sie vom Aussterben Röntgental bei Bernau wurde sie 1921 bedroht (AHO 2005). Bemerkenswert gefunden und bereits 1922 zuletzt be- ist, dass die Art immer mal wieder obachtet (Osterwald 1922, vgl. auch unvermittelt an Einzelfundpunkten au- Gelbrecht 1974 und Bachmann 1981). ßerhalb ihres Hauptverbreitungsgebietes Bemerkenswert war das Auftauchen von aufgetaucht und nicht selten alsbald M. monophyllos in den 1980er Jahren in

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 115 einer Kiesgrube bei Königs Wusterhau- Art für Brandenburg als ausgestorben sen, wo sie allerdings kurz darauf auch gelten. wieder verschwand. Seitdem muss die

Einzelfundortangaben: 2949/4: Benkert et al. 1996 3148/2: Eberswalde: zwischen dem großen und kleinen See von Bch.!! 1857 entdeckt (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3347/1: Röntgental bei Bernau 1921, 1922 (Osterwald 1923, Gelbrecht 1974), (Ben- kert et al. 1996) 3747/4: Kiesgrube bei Königs Wusterhausen/Niederlehme (Benkert et al. 1996)

Neottia cordata [L.] Rich. (Listera cordata) – Kleines Zweiblatt

N. cordata hat auf der Nordhalbkugel Benkert et al. 1996). Der Fundort in der ein riesiges zirkumpolares Areal und ist Niederlausitz korreliert mit dem dort eine typische Art boreal-montaner Fich- auslaufenden natürlichen Verbreitungs- tenwälder. Sie wurde in Brandenburg nur gebiet der Fichte. In anderen natürlichen von einem Standort bei Forst bekannt Vorkommen der sogenannten Lausitzer und wurde dort wohl 1959 zuletzt beo- Tieflandfichte in Brandenburg wurdeN. bachtet. Ein weiterer Fundort im Fläming cordata jedoch nie gefunden. liegt wohl bereits in Sachsen-Anhalt (vgl.

Neottia nidus-avis [L.] Rich. – Nestwurz

Die Nestwurz nimmt von Gestalt und tete Waldstandorte besiedeln, sofern Lebensweise her eine Sonderstellung sie den entsprechenden Kalkgehalt unter den heimischen Orchideen ein. aufweisen. Die saprophytisch auf Rohhumus und Laubstreu lebende Art hat kein Chlo- Das weltweite Verbreitungsgebiet rophyll und die Blätter sind auf kleine ähnelt auf den ersten Blick dem von Pla- Stängelschuppen reduziert. So kann tanthera bifolia und umfasst nahezu ganz N. nidus-avis auch extrem stark beschat- Europa (mit Ausnahme des südlichen

116 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 65: Neottia nidus-avis, FFH-Gebiet Leitsakgraben bei Nauen, 31.05.2010 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 117 Spaniens und Nordskandinaviens). Im (wieder)gefundenen Vorkommen bei Osten dünnen sich jedoch die Vorkom- Nauen werden die Pflanzen so kräftig, men der Nominatsippe hinter dem Ural wie man sie aus anderen Gebieten kennt. stark aus. In Ostasien einschließlich Dieser Fundort liegt in einem nach miss- Japan kommt die var. manshurica vor, glückter Aufforstung mit Birken wieder woraus sich ein disjunktes weltweites durchgewachsenen Niederwald aus Areal ergibt. Haselbüschen mit wenigen Überhältern verschiedener älterer Laubbäume und Das Verbreitungsbild in Deutschland ist extrem stark beschattet. Vor dem weist in Mittel- und Süddeutschland Aufforstungsversuch wurde die Fläche eine nahezu flächendeckende Verbrei- durch Pflügen vorbereitet, wodurch in tung aus, im Nordosten bildet es grob großen Mengen der darunter anstehende den Verlauf der jüngeren Endmoränen- Wiesenkalk nach oben gebracht wurde gebiete der Weichselvereisung ab. Vor und dort in unterschiedlichen Kom- allem in ihren Hauptlebensräumen, den partimentgrößen im Boden und auf der reicheren Buchenwäldern, ist N. nidus- Oberfläche liegt. Die Bodenvegetation avis in Deutschland auch heute noch ist aufgrund der Lichtverhältnisse sehr weit verbreitet und gilt in Deutschland schütter und artenarm. Im Jahr 2010 sowohl insgesamt als auch in vielen Bun- wurden vom Autor dort über 600 Pflan- desländern als ungefährdet. In Sachsen zen von N. nidus-avis sowie etwa 200 und Schleswig-Holstein ist die Art wie Pflanzen des Großen Zweiblatts Neottia( in Brandenburg stark gefährdet (2), in ovata) und ca. 50 Exemplare der Breit- Nordrhein-Westfalen gefährdet (3). blättrigen Sitter (Epipactis helleborine) gezählt. Sonst sind dort fast nur noch N. nidus-avis kommt in Brandenburg Goldschopf-Hahnenfuß (Ranunculus nur sehr punktuell und fast immer mit auricomus) sowie Einbeere (Paris qua- sehr kleiner Individuenzahl vor. Anders drifolia) zu finden. als in vielen Regionen Deutschlands lie- gen die meisten Fundorte der Art bei uns Dieses Beispiel zeigt, dass möglicher- in Restbeständen ehemaliger Mittel- und weise durch Wiederaufnahme histo- Niederwälder in Niederungsbereichen, rischer Waldnutzungen an ausgewählten, vereinzelt findet man sie auch in Buchen- geeigneten Standorten besonders gefähr- wäldern der Endmoränen. Die hiesigen dete Arten gefördert werden könnten. Pflanzen sind meist sehr klein und we- nigblütig. Lediglich an einem, erst vor ei- nigen Jahren durch H. Hammerschmidt

118 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 66: Verbreitungskarte von N. nidus-avis (nach Abb. 67: Verbreitungskarte von N. ovata (nach NetPhyD, https://netphyd.de). NetPhyD, https://netphyd.de).

Neottia ovata [L.] R. Br. (Listera ovata) – Großes Zweiblatt

Das weltweite Verbreitungsbild von Bundesländern ist sie ungefährdet. Le- N. ovata ist nahezu identisch mit dem diglich im Nordosten Deutschlands sind von E. atrorubens. N. ovata kommt sogar teilweise deutliche Rückgänge zu ver- auf Island vor, erreicht aber dafür nicht zeichnen, weshalb sie in Mecklenburg- die Nordspitze Norwegens. Vorpommern, Brandenburg und Berlin als gefährdet geführt wird. In großen Teilen Deutschlands ist die Art häufig und besiedelt unterschied- Die Hauptvorkommen von N. ovata lichste Standorte von Laubwäldern über liegen in Brandenburg in Laubwäldern Feuchtwiesen bis hin zu Trockenrasen. frischer bis feuchter Standorte (Eichen- Sie gilt daher deutschlandweit als unge- Hainbuchen-Wälder, Erlenbruchwälder, fährdet und auch in allen westdeutschen Erlen-Eschenwälder) und in teilweise

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 119 Abb. 68: Neottia ovata, FFH-Gebiet Leitsakgraben bei Nauen, 31.05.2010 [F. Zimmermann].

120 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 wechselfeuchten Wiesen, während Tro- Gefährdungssituation von N. ovata in ckenrasen hier nicht besiedelt werden. Brandenburg ausgegangen werden. Al- Die als Halblicht- bzw. Halbschattenart lerdings sind gerade auch in den letzten anzusehende Pflanze (vgl. AHO 2005) Jahren Bestandseinbußen in einigen Vor- scheint aufgrund ihrer Standort- und kommen in Wäldern durch unangepasste Lichtansprüche früher zumindest bei Nutzung (z.B. Harvestereinsatz) zu ver- uns durch historische Waldnutzungen zeichnen. In Feuchtwiesen, wo die Art wie Nieder- und Mittelwälder gefördert früher unter extensiver Wiesennutzung worden zu sein. Schwerpunkt der Ver- deutlich häufiger war, hat sie zusammen breitung ist Ost-Brandenburg, im Westen mit anderen Wiesenorchideen (D. maja- des Landes gibt es nur recht spärliche lis, D. incarnata) zunächst durch Nut- Vorkommenspunkte. zungsintensivierung und Entwässerung und seit Anfang der 1990er Jahre auf- In absehbarer Zeit kann sicher nicht grund der Nutzungsauflassung deutliche von einer deutlichen Verschärfung der Rückgänge hinnehmen müssen.

Neotinea tridentata [Scop.] Bateman, Pridgeon & M. W. Chase (Orchis tri- dentata) – Dreizähniges Knabenkraut

N. tridentata hat einen überwiegend in anderen Orchideenregionen eine submediterranen Verbreitungsschwer- typische Art kalk- bzw. basenreicher punkt und einzelne, weit vorgeschobene Halbtrockenrasen. Sie ist in Brandenburg Vorpostenvorkommen in Westasien. gleichzeitig die einzige typische Orchi- Auch die Vorkommen im Nordosten deenart des FFH-LRT 6210 in prioritärer Brandenburgs liegen isoliert etwa 300 Ausprägung), sieht man einmal von den km nordöstlich des Verbreitungsschwer- historischen und wenigen aktuellen, punktes in Deutschland im Thüringer früher dort zumeist nicht bekannten Muschelkalkgebiet. In Deutschland gilt Vorkommen des Helm-Knabenkrautes sie insgesamt nur als gefährdet, ist aller- (O. militaris) in einigen Trockenrasen- dings außer in Nordrhein-Westfalen in reservaten am Randow-Welsebruch (vgl. allen anderen Bundesländern mindestens u.a. Klaeber 1992a) sowie zwischen stark gefährdet. Seelow und Lebus an der mittleren Oder ab. Bei Ascherson (1864) finden Im Gegensatz zur vorigen Art ist sich insgesamt drei Fundortangaben, bei N. tridentata in Brandenburg wie auch Prenzlau („Landwehr bei Bietikow”), im

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 121 Gartzer Schrey (Nationalpark Unteres mit kalkhaltigem Geschiebemergel ange- Odertal) und bei Eberswalde (Karls- wiesen sind. Zum anderen ist das Teilare- werk). al stärker kontinentalen Einflüssen unter- legen als die weiter südlich und westlich Mit Verbreitung und ökologischem Ver- liegenden Vorkommen, was wiederum halten von N. tridentata hat sich Hamel zur Ausbildung kontinentaler Steppenra- (2014) in einer postum veröffentlichten sen führt, die an der Oder die Westgrenze Arbeit ausführlich befasst. Die Standorte ihrer Verbreitung finden. N. tridentata in Brandenburg unterscheiden sich etwas ist hier ausschließlich an verschiedene von denen in Mittel- und Süddeutsch- Subassoziationen des Adonido-Brachy- land, da hier in den jungpleistozänen podietum-pinnati (Libb.1933) Krausch Landschaften Gesteinsformationen mit 1961 der kontinentalen Wiesensteppe entsprechenden Verwitterungsböden feh- gebunden. Dabei ist zu bemerken, dass len und die Pflanzen hier auf Abschnitte N. tridentata selten mit Adonis vernalis direkt vergesellschaftet ist und nur an wenigen Fundorten weitere Orchideen- arten angetroffen werden oder wurden. Bei Müller-Stoll & Krausch (1960) ist die pflanzensoziologische Aufnahme eines brandenburgischen Vorkommens veröffentlicht, eine umfangreiche Liste der Begleitflora eines anderen Standortes stellte Konczak (1994) zusammen. Für die brandenburgischen Vorkommen des Dreizähnigen Knabenkrautes lie- gen folgende Verbreitungskarten vor: Müller-Stoll & Krausch (1960) Kt. No. 38, Fukarek (1972) S. 101 sowie Hamel (1988) Abb. 15 (nur ehem. Be- zirk Frankfurt/Oder), deren Ergebnisse in die Karte von Benkert et al. (1996) eingeflossen sind.

Die aktuellen Fundorte konzentrieren Abb. 69: Neotinea tridentata, NSG Geesower sich auf einige Trockenrasen-Schutzge- Hügel, 09.05.2009 [S. Hennigs]. biete in der nordöstlichen Uckermark.

122 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 70: Neotinea tridentata, NSG Geesower Hügel, 16.05.2007 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 123 Im Hauptvorkommensgebiet bei Geesow dass die Bestände der Art zumindest zeigt N. tridentata eine hohe Variabilität. stabilisiert werden können. Neben verschiedenen Färbungen und Fleckungen der Blüten konnte im Jahr Im Jahr 1993 fand N. Wedl ein histo- 2007 auch eine Pflanze mit durchweg risch nicht bekanntes Vorkommen von nicht gedrehten (resupinierten) Frucht- N. tridentata im mittleren Odergebiet bei knoten beobachtet werden, bei der also Lebus (vgl. Klemm 2004). Im Jahr 2006 die Lippen der Blüten nach oben ragen konnten dort durch den Autor ca. 250 (Zimmermann 2011). Pflanzen gezählt werden, was auch von Wedl (mdl.) als bisherige Maximalzahl Der Pflegezustand sämtlicher aktueller an diesem Standort angegeben wird. Das Vorkommen ist derzeit – nach mittler- Indigenat dieses Vorkommens ist zwar weile wieder weitgehend aufgegebener nicht zweifelsfrei gesichert, zumal die Pflege durch extensive Beweidung – Art vor dem Fund vor nunmehr fast 20 nicht optimal. Die sich gegenwärtig Jahren auch aus der weiteren Umgebung abzeichnende, künftige Beweidung in vorher nie angegeben wurde. einem Gebiet gibt Anlass zur Hoffnung,

Abb. 71: Neotinea tridentata im Lebensraum, NSG Geesower Hügel, 09.05.2009 [S. Hennigs].

124 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Im Kontext mit historischen Vorkom- oder Wiederaufnahme einer exten- men in benachbarten Gebieten Polens siven Nutzung abhängig. Diese Art der (Westpommern, Neumark) ist jedoch extensiven Beweidung ist jedoch be- eine natürliche Herkunft wahrscheinlich triebsökonomisch kaum tragfähig und (Hamel 2014). Dank der dort seit einigen erfordert auch weiterhin zwingend eine Jahren mit hohem Betreuungsaufwand Finanzierung der Landschaftspflege über durchgeführten, extensiven Beweidung Agrar-Umwelt-Maßnahmen oder aus sind die Flächen in einem derzeit sehr Vertragsnaturschutzmitteln des Landes. guten Pflegezustand. Wie alle aktuellen Der mittel- bis langfristige Fortbestand Vorkommen in Brandenburg ist jedoch von N. tridentata in Brandenburg darf da- auch dieses von der Aufrechterhaltung her in keiner Weise als gesichert gelten.

Neotinea ustulata [L.] R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase (Orchis ustulata) – Brand-Knabenkraut

N. ustulata ist eine in Europa ehemals rischen Funde liegen in der Niederlausitz weit verbreitete Art der Trocken- und (bei Herzberg sowie zwischen Dahme Halbtrockenrasen, Mähwiesen und und Golßen) und gehen auf Rabenhorst Trockengebüsche. Die weltweite Ver- (1839) zurück, von Buek wurde N. ustu- breitung ist, abgesehen von einem lata Anfang des 19. Jahrhunderts auch kleinen Teilareal im Kaukasusraum, bei Lebus gefunden. auf Europa beschränkt. In Kleinasien fehlten bislang Nachweise, dort konnte Mit Ausnahme einer zeitlich unklaren sie im Jahr 2006 vom Autor zusammen und nicht eindeutig Brandenburg zuzu- mit Andreas Herrmann erstmals für die ordnenden Angabe in Benkert et al. Türkei gefunden werden (vgl. Kreutz & (1996) bei Brandenburg/Havel wurde Zimmermann 2008). die Art später nie wieder bei uns nach- gewiesen. Es ist davon auszugehen, Das Brand-Knabenkraut ist heute in dass sie bereits im 19. Jahrhundert in ganz Europa stark gefährdet, auch in Brandenburg ausgestorben ist. Deutschland gilt es als gefährdet. In Brandenburg war die Art schon immer extrem selten und es sind insgesamt nur 4-5 Fundorte bekannt geworden. Drei der bei Ascherson (1864) genannten histo-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 125 Ophrys apifera Huds. – Bienen-Ragwurz

Erst vor wenigen Jahren ist zu den 39 zeigen, ist die Fläche seit Ende der 80er in Brandenburg historisch bzw. aktuell Jahre ungenutzt, stark von Glatthafer nachgewiesenen Orchideenarten mit (Arrhenatherum elatius) dominiert und O. apifera eine weitere hinzugekommen beginnt mit Weißdorn zu verbuschen. (Lüdicke 2007). Ob dies „freiwillig“ ge- Wertbestimmende Arten der kontinen- schah oder zweifelhafte „Naturfreunde“ talen Trockenrasen sind nur noch frag- nachgeholfen haben, ist nicht mehr mentarisch vorhanden. nachvollziehbar. Beim ersten Besuch des Fundortes durch den Autor wurden Wie aktuelle Tendenzen in anderen um die kräftigsten Pflanzen deutliche, Regionen Deutschlands und Europas kreisrunde Vertiefungen von etwa 10 cm (z.B. Dänemark) zeigen, befindet sich Durchmesser gefunden, die mit Moos O. apifera derzeit offensichtlich in Aus- bewachsen waren. Offensichtlich waren breitung in Richtung Norden. Dies mag in dem Trockenrasen unweit von Seelow momentan noch nichts an den Einschät- im Osten Brandenburgs bereits schon zungen zur Gefährdung der Art ändern, einige Jahre zuvor einigen Pflanzen unter die schließlich mit Ausnahme von Missachtung jeglicher rechtlich Rege- Sachsen-Anhalt überall als eher selten lungen und fachlicher Kriterien für die und mehr oder weniger stark gefährdet Ausbringung von Arten ausgebracht wor- gilt. Möglicherweise ist die wachsende den. Die meisten der 2007 aufgefundenen Zahl von Neufunden sowohl am (bisher) 13 Pflanzen waren offensichtlich bereits mitten durch Deutschland verlaufenden durch Samenverbreitung entstanden nördlichen Arealrand auf aktuelle klima- und wiesen solche „Mulden“ nicht auf. tische Veränderungen zurückzuführen. Seitdem wächst der Bestand an diesem Dabei ist auffällig, dass nunmehr auch Fundort stetig. Ein Jahr später konnten das von den Eiszeiten geprägte Tiefland vom Autor bereits 36 Pflanzen gefunden Norddeutschlands und der angrenzenden werden, 2009 waren es über 50 (T. Lüdi- Länder besiedelt wird, wo die ausgespro- cke mdl.) und 2010 bereits 79 Pflanzen. chen wärmeliebende, südlich verbreitete Art mit Ausnahme von zwei historischen Erstaunlich ist, dass es sich bei die- Funden in Schleswig-Holstein früher nie sem Standort nicht einmal um einen vorkam. Hingegen gibt es von anderen besonders gut ausgeprägten, kontinen- Ophrys-Arten (O. insectifera, O. holose- talen Trockenrasen handelt. Wie die rica) auch historische (belegte!) Funde Untersuchungen von Lüdicke (2008) aus Brandenburg (Zimmermann 2008).

126 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 72: Ophrys apifera, Krugberg bei Seelow, 20.06.2008 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 127 Im Jahr 2015 konnte O. apifera vom privaten Wiese. Eine absichtliche Ansal- Autor im Beisein weiterer Botaniker in bung kann dort ausgeschlossen werden. zwei Exemplaren in einer frischen-mäßig feuchten Wiese bei Templin gefunden Es bleibt abzuwarten und ist zumindest werden. Spuren einer Ansalbung waren zweifelhaft, ob das nunmehr wohl fest nicht zu erkennen. Die Pflanzen waren in etablierte Vorkommen von O. apifera den Folgejahren nicht mehr auffindbar. wirklich eine „Bereicherung“ unserer Von R. Schwarz erhielt der Autor Fotos doch hierzulande überwiegend mehr oder von einem weiteren Nachweis der Art weniger stark gefährdeten Orchideenflora aus dem Kreis Teltow-Fläming in einer darstellt.

Ophrys holoserica [Burm. f.] Greuter – Hummel-Ragwurz

Von den überwiegend im mediterranen durch Urbarmachung verschwunden...” Raum, jedoch auch bis in die Kalkgebiete (Ascherson 1864). Der Nachweis wird Mittel- und Süddeutschlands vorkom- in AHO (2005) unverständlicherweise menden Ragwurz-Arten wurden auch als nicht belegt geführt. Eine weitere sehr in historischer Zeit nur zwei Arten in alte Angabe existiert aus dem Odergebiet Brandenburg nachgewiesen. Bei einer (vgl. Ristow et al. 2006). Damit ist die weiteren Art, der Bienen-Ragwurz Art wohl bereits vor 1855 in Branden- (O. apifera), erfolgte im letzten Jahr bei burg ausgestorben. Seelow der Erstnachweis für Branden- burg (möglicherweise angesalbt, vgl. Lüdicke 2007, Zimmermann 2007).

O. holoserica ist in Deutschland ins- gesamt stark gefährdet. In Brandenburg wurde sie von Schultz-Schultzen- stein auf der Insel im Tornowsee bei Rheinsberg gefunden, der mehrfach in Herbarien belegte Standort ist „später

128 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Ophrys insectifera L. – Fliegen-Ragwurz

O. insectifera ist von allen Ragwurz- aus dem Odergebiet bei Frankfurt/Oder Arten die auch historisch am weitesten (vgl. Ristow et al. 2006). nach Norden vordringende Art. Sie ist ausschließlich in Europa mit Schwer- Während Grantzow (1880) Vorkom- punkt in Zentral- und Südwesteuropa men von O. insectifera aufgrund nicht verbreitet, geht im Norden aber bis weit entfernter Vorkommen in Meck- Schottland, Mittelschweden, Norwegen lenburg-Vorpommern (Galenbecker und Finnland. In Deutschland ist die Art See, Teufelsbrücke) in der nördlichen in den Kalkgebieten in der Mitte und im Uckermark nur vermutete, konnte sie Süden recht weit verbreitet und gilt als 1918 von R. Schulz bei Lychen gefun- gering gefährdet. den werden und ist im Herbarium Berlin belegt (Sukopp in litt. in Wisniewski Für Brandenburg existieren lediglich 1968). Auch dieses offensichtlich seit zwei historische Angaben. Eine bisher langem ausgestorbene Vorkommen fand unberücksichtigte alte Angabe stammt in AHO (2005) keine Berücksichtigung.

Orchis mascula [L.] L. – Manns-Knabenkraut

Die vor allem im Bergland noch recht denburg. Für Brandenburg existieren weit verbreitete O. mascula gilt in lediglich drei historische und z.T. frag- Deutschland insgesamt als ungefährdet liche bzw. hinsichtlich der Lokalität sehr und kommt auch im nordwestlichen unscharfe Nachweise von Müller aus Mecklenburg-Vorpommern vor. Das Ge- der Umgebung von Jüterbog (Ascher- samtverbreitungsgebiet der in verschie- son 1864) und aus der Prignitz (Perle- dene Sippen gegliederten O. mascula s.l. berg und Pritzwalk, Krause in Dietrich zeigt deutliche Schwerpunkte im atlan- 1841; vgl. Fischer 1963) aus der ersten tischen Westeuropa und im Mittelmeer- Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch diese raum, nördlichste Vorkommen erreichen hier schon immer äußerst seltene Art ist fast das Nordkap Skandinaviens. wohl bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in Brandenburg ausgestorben. Umso auffälliger ist die nahezu voll- ständige Verbreitungslücke in Bran-

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 129 Orchis militaris L. – Helm-Knabenkraut

O. militaris ist in großen Teilen Zentral- nach anfänglicher Massenentwicklung europas mit gemäßigtem Klima verbrei- alsbald wieder. tet, fehlt im südlichen Mittelmeerraum und erreicht auch nur punktuell den Anders als z.B. bei Dactylorhiza maja- Süden der Britischen Inseln und Schwe- lis oder D. incarnata als weitere typische dens. Östlich reicht das Areal in einem Wiesenorchideen war für die Rückgänge breiten Streifen bis nach Zentralasien. der Art seit den 1960er Jahren nicht die Melioration von Feuchtwiesen und Auch in Deutschland ist die Art im Nor- Mooren verantwortlich, sondern Dün- den nur ganz vereinzelt zu finden, kam in gung und Übernutzung der Flächen. Schleswig-Holstein z.B. nie vor und ist mit wenigen historischen und aktuellen Die Vorkommenspunkte entlang der Fundorten in Mecklenburg-Vorpommern Oderhänge bei Lebus (vgl. Benkert et al. vom Aussterben bedroht! 1996) sind übrigens (ursprünglich!) nicht auf Fundorte in den dort vorkommenden In Mittel- und Süddeutschland ist kontinentalen Trockenrasen zurückzu- O. militaris schwerpunktmäßig in Tro- führen. Es gibt in Brandenburg kaum ckenrasen noch recht gut vertreten, gilt historische Nachweise für Vorkommen aber in keinem einzigen Bundesland der Art in Trockenrasen. Vielmehr kam ungefährdet. In Brandenburg ist O. mili- O. militaris dort in den Mähwiesen vor, taris eine klassische Wiesenorchidee mit die sich in den oft quelligen Bereichen Schwerpunktvorkommen in basiphilen, unterhalb der Hänge befanden, bis auf wechselfeuchten Pfeifengraswiesen. Un- kleinste Reste seit Jahrzehnten nicht ter geeigneter Pflege (einschürige Mahd mehr genutzt werden und heute verschilft ab Mitte Juni, keine Düngung) kann sie oder von Weidengebüschen und anderen an solchen Standorte große und stabile Gehölzen bewachsen sind. Das seit Ende Bestände aufbauen. Bei uns wurden der 80er Jahre immer wieder vereinzelt auch immer wieder Sekundärstandorte Pflanzen von O. militaris in Trockenra- in aufgelassenen Ton- und Mergelgruben sen gefunden werden konnten, ist eine oder auch Sandgruben mit kalkhaltigen neue Entwicklung. Offensichtlich sind Sanden besiedelt (so z.B. bei Eberswal- immer noch kleine Restbestände in den de/Niederfinow oder bei Oranienburg). ehemaligen Mähwiesen vorhanden, die Durch die natürliche Gehölzsukzession dann in die angrenzenden Trockenrasen verschwand die lichtliebende Art jedoch ausstreuen.

130 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 73: Orchis militaris, NSG Ruhlsdorfer Bruch,14.05.2014 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 131 Abb. 74: Artenreiche Wiese am Labüskesee/Uckermark mit Orchis militaris, Dactylorhiza majalis, D. incarnata und D. ×aschersoniana, 24.05.2008 [S. Hennigs].

Heute existiert in Brandenburg (wieder) geeigneten Pflege und dem Engagement eine ganze Reihe größerer Vorkommen von Naturschutzbehörden und Ehrenamt- von O. miltaris, v.a. bei Potsdam und lichen zu verdanken ist. An der landes- Nauen sowie im Naturpark Schlaubetal, weit anhaltend starken Gefährdung der was jedoch ausschließlich der Fort- Art ändert dies nichts. setzung oder Wiederaufnahme einer

Orchis purpurea Huds. – Purpur-Knabenkraut

O. purpurea ist in Europa recht weit auf Rügen. Während die Art in Mittel- verbreitet, hat jedoch ihre Hauptverbrei- und Süddeutschland auch (teilweise tung in der temperaten Zone und fehlt sehr individuenreiche) Vorkommen in beispielsweise in Skandinavien. Die Halbtrockenrasen hat, wächst sie im nördlichsten Vorkommen in Deutschland Norden Deutschlands ausschließlich in befinden sich im Nationalpark Jasmund Buchenwäldern.

132 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 In Deutschland wird O. purpurea Konczak (1992) ordnet den Bestand insgesamt als gefährdet eingestuft, gilt bei Stolpe dem Orchideen-Buchenwald aber beispielsweise in Thüringen und (Cephalanthero-Fagetum) zu. Das auch Sachsen-Anhalt als ungefährdet. in „guten Orchideenjahren” nur wenige, spärlich blühende Pflanzen umfassende Das Purpur-Knabenkraut war in Bran- Vorkommen deutet zweifelsfrei auf sub- denburg schon immer eine große Ra- optimale Bedingungen für die Art hin. rität und ist an den wenigen bekannt gewordenen Fundorten wohl schon Bereits Klaeber (1992a) verweist auf im 19. Jahrhundert ausgestorben (vgl. die Lage unweit des Naturschutzgebietes Zimmermann 2013). Ascherson (1864) „Bielinek” in Polen hin, von dem aus gibt für Brandenburg lediglich den möglicherweise die Besiedlung des auf Ratzlow zurückgehenden Fund Standortes auf deutscher Seite erfolgte. „Melzow im Faulen Ort” sowie das von Trotz entsprechender Schutz- und Pfle- F. Peck 1862 entdeckte Vorkommen in gemaßnahmen muss das einzige aktu- der Buchheide bei Templin an. Später elle Brandenburger Vorkommen von wurde die Art noch 1925 bei Rüdersdorf nachgewiesen (vgl. Gelbrecht 1974, Hamel 1988), die dortigen Vorkommen im Muschelkalkgebiet sind jedoch wie die anderer kalkzeigenden Pflanzen (z.B. Aster amellus) seit langem durch den Kalkabbau vernichtet. Im Gartzer Schrey (Nationalpark Unteres Odertal) war die Art wohl noch nach 1950 vorhanden, ein angebliches früheres Vorkommen bei Neuzelle gilt als unsicher (vgl. Benkert et al. 1996).

Umso überraschender war der Neu- fund von O. purpurea im Jahr 1982 im Nordteil des Nationalparks Unteres Odertal bei Stolpe (Klaeber 1992a). Offensichtlich alle brandenburgischen Standorte der Art lagen wie auch dieser Abb. 75: Angesalbte Pflanzen vonOrchis purpurea Neufund in kalkreichen Buchenwäldern. bei Angermünde, 30.05.2013 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 133 O. purpurea auch heute als akut gefähr- einer frischen Grünlandbrache südlich det gelten. Auch durch die forstlichen von Angermünde gemeldet (Scharon in Pflegemaßnahmen konnte der Bestand litt.). Bei Überprüfung stellte es sich als bislang nicht vergrößert werden. kleine Gruppe aus drei kräftigen Pflanzen von O. purpurea heraus, die mit großer Vor wenigen Jahren wurde dem Autor Sicherheit angesalbt wurden. eine dem Finder unbekannte Orchidee aus

Einzelfundortangaben: 2752/3: Lunow/Nationalpark Unteres Odertal (Klaeber 1992a); Benkert et al. 1996 2849/3: Gramzow: Melzow im Faulen Ort Ratzlow!! (Ascherson 1864), Benkert et al. 1996 2947/1: Templin: Buchheide 1862 F. Peck! (Ascherson 1864), Benkert et al. 1996

3050/1: Angermünde, Grünlandbrache 500 m Ö Ausbau: Scharon 2013 in litt, det. Zimmermann 3548/2: Rand Muschelkalktagebau Rüdersdorf (Gelbrecht 1974, Hamel 1988); Benkert et al. 1996 3953/2: Benkert et al. 1996

Platanthera bifolia [L.] Rich. – Zweiblättrige Waldhyazinthe

Die Zweiblättrige oder Weiße Waldhy- und gebietsweise sogar häufig und hat azinthe – die Orchidee des Jahres 2011 dort ihren Verbreitungsschwerpunkt in (vgl. Zimmermann 2011) - hat ein großes Trockenrasen, Moorwiesen und kalk- Areal, welches von Europa bis nach reichen Buchenwäldern. In Branden- Ostasien reicht. Sie kommt noch weit burg besiedelte sie Wälder und sogar nördlich des Polarkreises sowohl in Ge- Kiefernforste, Vorkommen in Wiesen birgen bis in 2.300 m Höhe vor, besiedelt waren sehr selten und auch in den kon- große Teile des Mittelmeerraumes und tinentalen Trockenrasen kam die Art nie die Britischen Inseln. vor. Wie kaum eine andere Orchideenart hat P. bifolia vor allem in den letzten P. bifolia ist in Mittel- und Süddeutsch- 20 Jahren im norddeutschen Tiefland land auch heute noch weit verbreitet starke Rückgänge zu verzeichnen. Die

134 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Hauptvorkommen der Zweiblättrigen in Brandenburg wohl spätestens in den Waldhyazinthe in Brandenburg lagen in 1950er Jahren erloschen, möglicherwei- lichten Laubmisch-Mittelwäldern und se auch schon Ende des 19. Jahrhunderts. „Wald“-Heiden, also durch historische Waldnutzungsformen geprägten Lebens- Die Vorkommenshäufung im Südosten räumen der Kulturlandschaft. Berlins und den angrenzenden, von aus- gedehnten Kiefern-Altersklassenforsten Folgt man den Ausführungen von bedeckten Sander- und Talsandgebieten Buttler (2011) zu P. bifolia s.l., sind im Berlin-Fürstenwalder-Urstromtal alle noch in den letzten 50 Jahren nach- und dessen Randbereichen war durch gewiesenen Vorkommen in Brandenburg die hohe Kalkstaubemission der Rüders- P. fornicata (Bab.) Buttler zuzuordnen. dorfer Zementwerke begünstigt. Nach Die Vorkommen der „Wiesensippe“ Einbau moderner Filteranlagen seit Mitte P. bifolia subsp. graciliflora Bisse sind der 1980er Jahre ging die Art dort immer weiter zurück und hat heute nur noch kleine Reliktvorkommen um Woltersdorf und Rahnsdorf. Dort konnten vom Autor 1985 in damals etwa 100jährigen Kie- fernforsten noch Tausende von Pflanzen beobachtet werden.

Insgesamt waren in Brandenburg über 100 MTBQ besetzt. Da die aktuelle Verbreitungssituation von P. bifolia im Süden und Nordosten Brandenburgs weitestgehend unbekannt ist, sollte ganz besonders auf die letzten Vorkommen dieser Art geachtet werden. In der Roten Liste (Ristow et al. 2006) wurde die Art als stark gefährdet (2) eingestuft, sie muss aber wohl künftig aufgrund der massiven lang- und kurzfristigen Bestandsrückgänge und wenigen verblie- benen Reliktvorkommen als vom Aus- Abb. 76: Verbreitungskarte von P. bifolia (nach sterben (1) bedroht eingeschätzt werden. NetPhyD, https://netphyd.de).

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 135 Platanthera chlorantha [Custer] Rchb. – Grünliche Waldhyazinthe

P. chlorantha hat ein überwiegend bis heute halten konnte. Zwar liegt der zentraleuropäisch-südosteuropäisches Fundort in einem vom Lebensraum her Areal, weiter östlich kommt sie le- geeignet erscheinendem Biotop (Eichen- diglich im Kaukasus vor. Sowohl bei Hainbuchenwald). Der eigentliche Fund- der historischen als auch der aktuellen ort kann aber an sich in keiner Weise Verbreitung in Deutschland ist Bran- als optimal eingeschätzt werden, liegt denburg interessanterweise als einziges er doch im unmittelbaren Randbereich Bundesland nahezu vollständig ausge- von intensiv landwirtschaftlich genutzten spart, während die Art im nördlich an- Flächen (überwiegend Maisacker!) mit grenzenden Mecklenburg-Vorpommern starken Nährstoffeinträgen. Trotz deut- wieder deutlich weiter verbreitet ist bzw. lich eutrophe Verhältnisse anzeigender war. Dies mag möglicherweise in der Vegetation (u.a. Giersch – Aegopodium stärkeren kontinentalen Klimatönung mit podagraria) konnte sich P. chlorantha sehr geringen Niederschlägen begründet hier erstaunlicherweise zusammen mit sein, denn auch die klimatisch kontinen- anderen anspruchsvollen Laubwald- tale Bereiche Südost- und Osteuropas pflanzen (z.B. Mittlerer Lerchensporn – sind praktisch unbesiedelt. Corydalis intermedia, Wald-Ziest – Sta- chys sylvatica) halten und vermehrt sich Deutschlandweit gilt P. chlorantha als auch in nicht geringem Umfang. Bei gefährdet. Sie besiedelt vorzugsweise Begehungen durch den Autor 2001 und artenreiche Bergwiesen, in Norddeutsch- 2009 konnten bis zu 70 blühende Pflan- land auch Wälder. Im angrenzenden zen und jahrweise ca. 200 Jungpflanzen Mecklenburg-Vorpommern wird sie gefunden werden. Dabei umfasst das sogar als ungefährdet geführt. gesamte Vorkommen nicht einmal einen Hektar Fläche. Danach ging der Bestand Aus Brandenburg sind lediglich fünf, zunächst stark zurück, 2017 konnten weit verstreute und in keinerlei räum- jedoch wieder mehr Pflanzen beobachtet lichem Zusammenhang stehende Vor- werden (Hammerschmidt in litt.). kommen bekannt geworden, von denen vier jedoch bereits vor 1950 erloschen Aufgrund der geringen Größe und nicht sind (vgl. Benkert et al. 1996). Umso voraussehbarer Einflussfaktoren muss verwunderlicher ist es, dass sich ein be- P. chlorantha trotz relativer Stabilität reits von Ascherson (1864) erwähntes des Vorkommens als vom Aussterben Vorkommen im Lindholz bei Nauen bedroht geführt werden.

136 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Abb. 77: Platanthera chlorantha am einzigen aktuellen Brandenburger Fundort im NSG Lindholz, 08.06.2009 [F. Zimmermann].

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 137 Einzelfundortangaben: 2746/2: Benkert et al. 1996 2848/4: Benkert et al. 1996

3342/1: Nauen: Lindholz Hr.!! (Ascherson 1864) (Benkert et al. 1996) 3752/2?: Benkert et al. 1996 3943/1: Benkert et al. 1996 4146/4: Benkert et al. 1996

Spiranthes spiralis [L.] Chevall. – Herbst-Drehwurz

S. spiralis ist in ihrer Verbreitung vermutlich nach 1952 erloschen (Hamel weitestgehend auf Mittel- und Südost- 1988, 2001). europa beschränkt und hat im Kaukasus nochmals isolierte östliche Vorposten- Am längsten konnte sich das um 1920 vorkommen. Es handelt sich um eine von A. Arndt entdeckte und später von äußerst konkurrenzschwache Art der Wisniewski & Hudziok (Hudziok Zwergstrauchheiden, Borstgras- und 1963) wieder bestätigte Vorkommen in Trockenrasen sowie der Magerweiden der Berste-Niederung bei Reichwalde (AHO 2005). Ascherson (1864) gibt 12 halten (Fischer & Illig 1972). Dort Fundorte für das heutige Brandenburg wurde die Art am letzten verbliebenen an, hebt aber bereits Standortverluste Standort nach einem anhaltenden Be- „durch Urbarmachung” hervor. In Ben- standsrückgang (1961: 350 Pflanzen, kert et al. (1996) finden sich insgesamt 1971: 40 Pflanzen) infolge Standortver- 23 MTBQ-Nachweise. An den meisten – änderungen trotz Schutzes der Fläche im vorwiegend im Dahme-Heideseegebiet Jahr 1976 letztmalig beobachtet und ist und der Niederlausitz gelegenen Fundor- seitdem in Brandenburg ausgestorben. ten – ist S. spiralis dann wohl bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Bei Hennigsdorf westlich von Berlin verschwunden. Nach 1950 gab es nur wurde die Art in den letzten Jahren illegal noch zwei Vorkommen (vgl. Benkert et angesalbt, auf dieses Vorkommen soll al. 1996). Ein von W. Kirsch entdecktes hier nicht näher eingegangen werden. Vorkommen bei Berkenbrück/Spree ist

138 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 Traunsteinera globosa [L.] Rchb. – Kugelorchis

Das Vorkommen der in Deutschland (1909, vgl. Gelbrecht 1974) lediglich nur im Alpenraum, dem Schwarzwald als fraglich aufgenommen. Obgleich und im Erzgebirge vorkommenden Art Fehlbestimmungen dieser Art eigentlich in unserem Gebiet ist nicht belegt und nicht möglich sein sollten, ist auch das wurde bereits von Ascherson (1864) frühere Vorkommen von T. globosa in angezweifelt. Auch Benkert et al. Brandenburg sehr unwahrscheinlich, (1996) haben 2 MTBQ-Hinweise in der weswegen die Art auch in Ristow et al. südlichen Uckermark und bei Lieberose (2006) unberücksichtigt blieb.

4 „Neubürger“ – Illegale Ausbringungen nichtheimischer Orchideen in Brandenburg

Abgesehen von den weiter oben ge- Gegen derartige illegale Ansiedlungen machten Ausführungen zur „Etablie- von Pflanzen wird seitens der Natur- rung“ von Ophrys apifera und zur An- schutzbehörden in Brandenburg rigoros siedlung „neuer“ Fundorte von Orchis vorgegangen. Sofern keine Gefähr- purpurea oder Spiranthes spiralis in dungen für heimische Orchideenvor- Brandenburg zieht die in ganz Deutsch- kommen absehbar sind, wird von einer land weit verbreitete Unsitte der illegalen Entfernung dieser Pflanzen normalerwei- Ansiedlung fremdländischer Orchide- se verzichtet. So kann z.B. von Ophrys enarten, von Pflanzen mit zweifelhaften apifera keine Gefährdung ausgehen, da Herkünften oder auch gärtnerisch über- die Art hier nie vorkam und auch andere prägten „Baumarkthybriden“ weitere Ophrys-Arten schon immer äußerst sel- Kreise. Durch den Autor wurde bereits ten waren und längst ausgestorben sind. vor über zehn Jahren (Zimmermann 2007) darauf hingewiesen, dass solche Bei einer bereits einige Jahre zurück- Ansiedlungen eine Florenverfälschung liegenden Ansalbung zweifelhafter darstellen, andere Arten durch Hybri- Dactylorhiza-Pflanzen bei Templin er- disierung und die Überprägung phäno- folgte hingegen in den letzten Jahren eine logischer Merkmale gefährdet werden regelmäßige Eliminierung der Pflanzen können und diese Handlungen einen und Verbringung in einen botanischen schweren Verstoß gegen das Bundesna- Garten. Ebenso wurde ein angesalbtes turschutzgesetz darstellen. Vorkommen der aus Nordamerika

Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 139 stammenden Pogonia ophioglossoides An dieser Stelle sei nochmals vor allem im Norden Brandenburgs entfernt, da an solche zweifelhaften „Orchideen- die Art dort heimische Moorpflanzen zu freunde“ appelliert, diesen groben Unfug überwachsen drohte. künftig zu unterlassen. Man möge sich auch nicht auf den Standpunkt zurück- Offensichtlich auf denselben, den ziehen, dass ja alle Orchideen geschützt Behörden bekannten „Ansalber“ geht seien und daher auch die Naturschutzbe- möglicherweise eine dem Autor erst in hörden solchen Pflanzen nichts anhaben diesem Jahr gemeldete „Ansiedlung“ von dürften. Das ganze Gegenteil ist der Fall. Calopogon tuberosus, einer ebenfalls aus Nordamerika stammenden Moororchi- Im Übrigen werden nicht nur in Bran- dee, im Norden Brandenburgs zurück. denburg illegale Ansalbungen von Pflan-

Abb. 78: An Dactylorhiza praetermissa erinnernde, Abb. 79: Angesalbte, offensichtlicheDactylorhiza - angesalbte Pflanze bei Mildenberg/Templin, Hybride, Mildenberg/Templin, 24.06.2015 [F. Zim- 24.06.2015 [F. Zimmermann]. mermann].

140 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 35 (2): 2018 zenarten und insbesondere Orchideen ganz offiziell dazu entschlossen, während auf behördliche Anordnung beseitigt. man beispielsweise in Thüringen dabei Auch in Sachsen-Anhalt hat man sich (leider) noch sehr zurückhaltend ist.

Literatur

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Anschrift des Verfassers: Dr. Frank Zimmermann, Wolfstraße 6, D-15345 Rehfelde E-Mail: [email protected]

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