Doris Nager

Gemeinde Weitendorf Eine wirtschaftsgeschichtliche Analyse

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Studienrichtung Betriebswirtschaft an der Karl-Franzens-Universität

o.Univ.-Prof. Dr.iur.Dr.rer.pol. Gerald Schöpfer

Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte

Weitendorf, Juli 2009

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: Unterschrift:

I

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG 1

2 GEOGRAFISCHE EINGRENZUNG DER GEMEINDE WEITENDORF 3

2.1 RÄUMLICHE EINORDNUNG 3 2.2 VERKEHRSANBINDUNGEN 5 2.3 LANDSCHAFTSRAUM 6 2.4 GEWÄSSER 7 2.5 KLIMA 8

3 HISTORISCHE ENTWICKLUNG DER GEMEINDE WEITENDORF 10

3.1 ÄLTESTE SCHRIFTLICHE AUFZEICHNUNGEN 10 3.2 GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG DER GEMEINDE SEIT 1945 13

4 DIE GESELLSCHAFTLICHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN STRUKTUREN DER GEMEINDE 24

4.1 GESELLSCHAFTSSTRUKTUREN 24 4.1.1 ZIELSETZUNGEN UND MAßNAHMEN 24 4.1.2 BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG 25 4.1.3 BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR 28 4.1.4 AUSBILDUNG DER BEVÖLKERUNG 32 4.2 WIRTSCHAFTSSTRUKTUREN 34 4.2.1 ZIELSETZUNGEN UND MAßNAHMEN 34 4.2.2 ENTWICKLUNG DER WIRTSCHAFTSSEKTOREN 35 4.2.3 DER ARBEITSMARKT 37 4.2.4 PENDLERBEWEGUNG 40

5 DAS WIRTSCHAFTSLEBEN DER GEMEINDE IN DEN VERGANGENEN JAHRZEHNTEN 41

5.1 PERLMOOSER ZEMENTWERKE AG 41 5.1.1 HISTORISCHER ABRISS 41

II

5.1.2 GESPRÄCH MIT EINEM ZEITZEUGEN 46 5.2 BASALTSTEINBRUCH WEITENDORF 50 5.2.1 HISTORISCHER ABRISS 50 5.2.2 GESPRÄCH MIT EINEM ZEITZEUGEN 52 5.3 ENTWICKLUNG DER WIRTSCHAFT IN DEN LETZTEN 30 JAHREN 54 5.4 WIRTSCHAFTSLEBEN IM JAHR 2009 59

6 PROJEKTE IN DER GEMEINDE WEITENDORF 61

6.1 VEREIN „K ULTURPARK HENGIST “ 61 6.1.1 GRÜNDUNG 61 6.1.2 NAME UND LOGO DES „K ULTURPARK HENGIST “ 61 6.1.3 ZIELSETZUNG 63 6.1.4 FINANZIERUNG UND KURATORIUM DES VEREINS 63 6.1.5 RÜCKBLICK AUF DIE BISHERIGEN TÄTIGKEITSFELDER 64 6.2 OMV GASVERDICHTERSTATION 66 6.2.1 HINTERGRUND DES PROJEKTS 66 6.2.2 ECKDATEN DES PROJEKTS 66 6.2.3 BESCHREIBUNG DER PROJEKTABSCHNITTE 68 6.2.4 BEURTEILUNG DER AUSWIRKUNGEN DES PROJEKTS 69 6.2.5 IDEENWETTBEWERB 71 6.3 KORALMBAHN GRAZ - KLAGENFURT 72 6.3.1 ECKDATEN DES PROJEKTS 72 6.3.2 BESCHREIBUNG DER PROJEKTABSCHNITTE 73 6.3.3 BEURTEILUNG DER AUSWIRKUNGEN DES PROJEKTS 75

7 ZUSAMMENFASSUNG 77

8 LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS 83

III

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grafische Darstellung des Bezirks (leicht modifiziert) ...... 4

Abbildung 2: Landschaftsgliederung der Steiermark (leicht modifiziert)...... 6

Abbildung 3: Wappen der Gemeinde Weitendorf...... 22

Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung 1951 bis 2008 ...... 27

Abbildung 5: Alterspyramide nach Jahrgängen der Gemeinde Weitendorf 1998 ...... 29

Abbildung 6: Alterspyramide nach Jahrgängen der Gemeinde Weitendorf 2008 ...... 31

Abbildung 7: Logo des Vereins „Kulturpark Hengist" ...... 62

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Wahlergebnis der 1. Nationalrats- und Landtagswahl der 2. Republik...... 14

Tabelle 2: Ergebnis der 1. Gemeinderatswahl nach erfolgter Gemeindezusammenlegung ..18

Tabelle 3: Bevölkerungsentwicklung 1951 bis 2008 ...... 26

Tabelle 4: Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Weitendorf 1998...... 28

Tabelle 5: Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Weitendorf 2008...... 30

Tabelle 6: Verteilung nach der höchsten abgeschlossenen Ausbildung der Bevölkerung.....33

Tabelle 7: Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft nach Erwerbsarten 1970 – 2005...... 36

Tabelle 8: Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft nach Größenstufen 1970 – 1999...... 36

Tabelle 9: Arbeitlose im Bezirk Leibnitz 2006 - April 2009 ...... 38

Tabelle 10: Arbeitslosigkeit April 2009 Steiermark, Leibnitz, Weitendorf...... 39

Tabelle 11: Industrie- und Gewerbebetriebe in der Gemeinde Weitendorf im Jahr 1979 ...... 54

Tabelle 12: Größten Arbeitsgeber in der Gemeinde Weitendorf 2009...... 58

1

1 Einleitung

Im Rahmen dieser Masterarbeit soll die wirtschaftsgeschichtliche Entwicklung der Gemeinde Weitendorf dargestellt werden. Den Ausgangspunkt für diese Untersuchung bildeten einige beobachtete Firmenzusiedlungen in den letzten Jahren in meine Heimatgemeinde Weitendorf. In Folge dessen ergab sich die Frage, ob die Gemeinde bereits in der Vergangenheit als Unternehmensstandort attraktiv war und welche für die Gemeinde bedeutenden Unternehmen in der Geschichte im Gemeindegebiet angesiedelt waren. Um diese Frage nachzugehen, ist die Masterarbeit folgendermaßen aufgebaut.

Zu Beginn der Arbeit erfolgt die geographische Eingrenzung der Gemeinde Weitendorf. Hier wird insbesondere auf die Lage der Gemeinde im Bezirk Leibnitz, auf die Erschließungsmöglichkeiten des Gemeindegebiets aufgrund des vorhandenen Straßennetzwerkes sowie auf die naturräumliche Gliederung eingegangen. Weiters werden die auf dem Gemeindegebiet verlaufenden Gewässer und die klimatischen Verhältnisse dargestellt.

Aufbauend auf diese Beschreibung des Untersuchungsgebiets wird im nächsten Kapitel die historische Entwicklung der Gemeinde näher ausgeführt. Nach einer Schilderung der ältesten schriftlichen Aufzeichnungen und der Namensursprünge der einzelnen Ortschaften der Gemeinde Weitendorf werden danach die wichtigsten Ereignisse in der geschichtliche Entwicklung der Gemeinde ab dem Jahre 1945 bis heute wiedergegeben.

Im vierten Kapitel werden die gesellschaftlichen wie auch wirtschaftlichen Strukturen der Gemeinde behandelt. Sowohl bei den Gesellschaftsstrukturen wie auch bei den Wirtschaftsstrukturen bilden hierbei die Zielsetzungen und Maßnahmen der Gemeinde den Ausgangspunkt, bevor auf jeweils drei ausgewählte Untersuchungsmerkmale näher eingegangen wird. Zur Darstellung der gesellschaftlichen Struktur erfolgt eine Betrachtung der Bevölkerung Weitendorfs hinsichtlich ihrer Entwicklung, Struktur und Ausbildung. In Bezug auf die Wirtschaftsstrukturen werden die Wirtschaftssektoren, der Arbeitsmarkt und das Ausmaß der Ein- und Auspendler des Gemeindegebiets näher beleuchtet.

2

Auf Basis dieser grundlegenden geographischen, historischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Charakteristika der Gemeinde Weitendorf wird im Folgenden der Schwerpunkt auf die wirtschaftsgeschichtliche Analyse der Gemeinde gelegt. Der Ansatzpunkt liegt hierbei in der Vergangenheit des Wirtschaftslebens der Gemeinde Weitendorf. Es erfolgt daher anfangs die Darstellung der Perlmooser Zementwerke AG und des Basaltsteinbruchs in Weitendorf. Diese beiden Unternehmen waren in der Geschichte für die Gemeinde von großer Bedeutung. Hier wird jeweils die Unternehmensgeschichte in groben Zügen wiedergegeben und durch geführte Gespräche mit Zeitzeugen, die in diesen Unternehmen tätig waren, wird ein Einblick in die frühere Betriebstätigkeit der Unternehmen gegeben. Anschließend erfolgt eine Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten dreißig Jahre. Ausgehend vom Jahr 1979 sollen die wirtschaftlichen Bewegungen im Gemeindegebiet im Sinne von Betriebsansiedelungen und Betriebsabsiedelungen in diesem Zeitraum dargestellt werden. In diese Zeitspanne fällt etwa auch die Ernennung der Gemeinde als industriell-gewerblicher Entwicklungsstandort. Dieses Kapitel findet Abschluss in der Schilderung des Wirtschaftslebens der Gemeinde im Jahr 2009 und in der Wiedergabe der Ergebnisse eines durchgeführten Interviews mit vier Unternehmen, die ihren Standort in der Gemeinde Weitendorf haben.

Das sechste Kapitel beschäftigt sich schlussendlich mit den aktuellen Projekten in der Gemeinde Weitendorf. Hier werden einerseits die Mitgliedschaft der Gemeinde im Verein „Kulturpark Hengist“ sowie die Aktivitäten des Vereins ausgeführt und anderseits die zwei gegenwärtigen Großbauprojekte näher betrachtet. Hierbei handelt es sich um die Errichtung der OMV Gasverdichterstation und um den Bau der Koralmbahn im Gemeindegebiet. Im letzten Kapitel der vorliegenden Arbeit erfolgt eine zusammenfassende Kurzdarstellung der wichtigsten Punkte der einzelnen Kapitel sowie der bemerkenswertesten Ergebnisse der wirtschaftsgeschichtlichen Untersuchung der Gemeinde Weitendorf.

3

2 Geografische Eingrenzung der Gemeinde Weitendorf

2.1 Räumliche Einordnung

Die Gemeinde Weitendorf liegt in der Steiermark und gehört zu dem politischen Bezirk Leibnitz. Sie erstreckt sich über eine Katasterfläche von 13,9 km 2. Ihr Siedlungsraum liegt großteils auf einer Seehöhe zwischen 299 m und 317 m.1

Weiters besteht die Gemeinde Weitendorf aus zwei Katastralgemeinden. Die Katastralgemeinde Kainach umfasst die Ortschaften Kainach bei und Neudorf ob Wildon und der Katastralgemeinde Weitendorf gehören die Ortsteile Lichendorf, Klein-Weitendorf und Weitendorf an.2

Die Gemeinde Weitendorf grenzt im Norden und Westen an den politischen Bezirk Graz-Umgebung und besitzt folgende Nachbargemeinden:

Im Norden:  Gemeinde (Bezirk Graz-Umgebung)  Gemeinde Werndorf (Bezirk Graz-Umgebung)  Gemeinde (Bezirk Graz-Umgebung)

Im Osten:  Gemeinde Stocking (Bezirk Leibnitz)  Marktgemeinde Wildon (Bezirk Leibnitz)

Im Süden:  Gemeinde (Bezirk Leibnitz)

Im Westen:  Gemeinde Zwaring (Bezirk Graz-Umgebung)

Die Gemeinde befindet sich im südlichen Teil des Grazer Feldes und weist eine starke Beziehung wie auch geographische Nähe zum regionalem Zentrum Wildon

1 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG Maximilian, Gemeinde Weitendorf. Örtliches Entwicklungskonzept Nr. 3.00. Wortlaut und Erläuterungsbericht. Erläuterungsbericht zum ÖEK Nr. 3.00 Weitendorf. Graz 2002. S. 1. 2 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Weitendorf: Eine Gemeinde stellt sich vor! http://www.weitendorf.at/62/Gemeindeamt.html , 05.02.2009.

4 auf. Des Weiteren besteht eine enge Verbindung der Gemeinde Weitendorf zur Landeshauptstadt Graz und erst im zweiten Schritt zur Bezirkshauptstadt Leibnitz. 3

Die folgende Darstellung soll die geografische Einordnung der Gemeinde Weitendorf verdeutlichen. Die Grafik zeigt den Bezirk Leibnitz mit den dazugehörigen 48 Gemeinden:

Gemeinde Weitendorf

Abbildung 1: Grafische Darstellung des Bezirks Leibnitz (leicht modifiziert) (BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Grafische Darstellung der Gemeinden. Leibnitz 2009)

Die Gemeinde Weitendorf hat die Zahl 46 im Gemeindeverzeichnis. Weitere in diesem Zusammenhang wichtige Gemeinden, sind folgende Zahlen im Gemeindeverzeichnis zugeordnet:  Nummer 17: Hengsberg  Nummer 40: Stocking Nachbargemeinden im Bezirk Leibnitz  Nummer 47: Wildon  Nummer 22: Bezirkshauptstadt Leibnitz 4

3 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 1. 4 vgl. BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bezirk Leibnitz Gemeindeverzeichnis. Leibnitz 2009

5

2.2 Verkehrsanbindungen

Die Erschließung des Gemeindegebiets erfolgt hauptsächlich über die A9 (Pyhrnautobahn) in Richtung Graz beziehungsweise Richtung Leibnitz/Slowenien mit der Anschlussstelle Weitendorf/Wildon. Eine weitere wichtige Verkehrsachse stellt die Bundesstraße B 67 (Grazerstraße) dar. Durch diese beiden Haupterschließungsachsen ist eine Verbindung zwischen dem Grazer Zentralraum und Leibnitz gegeben. Diese örtlichen Gegebenheiten zeigen die hohe Standortqualität der Gemeinde auf. Wobei aber auch die daraus resultierenden Belastungen, wie Lärm- und Schadstoffimmissionen, nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Die weitere Erschließung des Gemeindegebiets erfolgt durch ein Netz von Landes- und Gemeindestraßen. Hier sind insbesondere die L 601 (Schröttenstraße) in Richtung Wildon beziehungsweise in Richtung Preding/Deutschlandsberg und die L 603 (Weitendorferstraße) in Richtung Wildon beziehungsweise in Richtung Zwaring zu nennen. Diese Landesstraßen dienen als Zubringerstraßen zur A9 und zur B 67, wodurch ein sehr hohes Verkehrsaufkommen auf diesen Straßen gegeben ist.

Neben diesem Straßennetz liegt die Gemeinde Weitendorf in räumlicher Nähe zur ÖBB-Südbahn (Strecke Wien-Süd/Spielfeld-Straß). Durch die ÖBB-Südbahn wird der größte Teil des öffentlichen Personenverkehrs des südlichen Grazer Feldes getragen. Hierbei fungieren vor allem die Bahnhöfe Werndorf und Wildon als Haltestellen. Durch die regionalen Busverbindungen entlang der B 67 besteht für Pendler und Schüler eine weitere Möglichkeit in Richtung Grazer Zentralraum zu gelangen.

Abschließend ist die örtliche Nähe der Gemeinde Weitendorf zum Flughafen Graz- Thalerhof zu nennen. Dadurch ist eine gute Verbindung zum internationalen Flugverkehrsnetz und zu Frachtgutverladungen gegeben. 5

5 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 1-2.

6

2.3 Landschaftsraum

Das Gemeindegebiet ist durch drei unterschiedliche naturräumliche Gliederungen, wie in der nachstehenden Grafik ersichtlich ist, gekennzeichnet. Der umfassendste Teil der Gemeinde befindet sich im südlichen Grazer Feld. Weiters schließt das Gemeindegebiet im Süden an das Weststeirische Riedelland an. Hier ist insbesondere der auffallende Kalkstock des Wildoner Berges, der Buchkogel, zu nennen. Das Untere Kainachtal sowie der bewaldete Kaiserwald charakterisieren den westlichen Landschaftsraum des Gemeindegebietes. 6

Gemeinde Weitendorf Abbildung 2: Landschaftsgliederung der Steiermark (leicht modifiziert) (LAND STEIERMARK – AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG: LUIS – Landes-Umwelt Informationssystem: http://www.umwelt.steiermark.at/cms/ziel/845054/DE/ , 05.02.2009)

Das Grazer Feld ist ein großer Talraum. Der Name Grazer Feld bezeichnet das im Norden des Grazer Stadtrandes aus den Alpen austretende Murtal, welches sich in den Süden bis nach Wildon erstreckt. 7

Als Weststeirisches Riedelland wird die aus tertiären Lockergestein bestehende Riedellandschaft bezeichnet, die westlich von der liegt. Die naturräumliche

6 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 5. 7 vgl. LAND STEIERMARK – AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG: LUIS – Landes- Umwelt Informationssystem: http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10029085/845054/ , aufgerufen am 19.11.2008.

7

Gliederung des Riedellandes erfolgt durch die Täler der Flüsse Sulm, Lassnitz und Kainach. Der Kaiserwald am Rande des Grazer Feldes sowie der Wildoner Berg am Ende des Leibnitzer Feldes bilden gut definierbare Teilflächen.8

Die Bezeichnung Kainachtal kennzeichnet den unteren Teil des Tals des gleichnamigen Flusses ohne den alpinen Raum einzuschließen, wodurch sich auch der Name „Unteres Kainachtal“ ableitet. 9 Das Kainachtal reicht vom Steirischen Randgebierge (Stubalpe, Koralpe und Gleinalpe) bis hin zum Grazer Feld. 10

2.4 Gewässer

Auf dem Gemeindegebiet Weitendorfs verläuft die Mur, die Kainach, der Fotzenbach, der Laabach und der Mühlgang-Rechts. Die Mur dient als Grenze im nord-östlichen Bereich des Gemeindegebietes und stellt das bedeutendes Fließgewässer Weitendorfs dar. Sie tritt im Süden von Graz bereits als breiter und langsam fließender Tieflandfluss in Erscheinung. 11 Im Rahmen der Beurteilung der Gewässergüte der steirischen Fließgewässer, kann die Mur, Stand 2003, in die Güteklasse I-II (wenig belastet) beziehungsweise in Güteklasse II (mäßig belastet) eingeordnet werden.12

Die Kainach verfügt über die für Flachlandflüsse typische Eigenschaft der Dammbildung. Darunter versteht man eine Ansammlung von Sedimenten, die eine Bildung von Uferdämmen hervorrufen. Diese bewirken eine Verzögerung der Seitenbäche. Das übergetretene Wasser ist nicht in der Lage sofort wieder

8 vgl. LAND STEIERMARK – AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG:: LUIS – Landes- Umwelt Informationssystem: http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10028575/845054/ , aufgerufen am19.11.2008. 9 vgl. LAND STEIERMARK – AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG: LUIS – Landes- Umwelt Informationssystem: http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10029094/845054/ , aufgerufen am 19.11.2008. 10 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 5. 11 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 6-7. 12 vgl. AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung 17C, Steirischer Gewässergüteatlas 2004. Dokumentation zum Thema Gewässerschutz. Graz 2004. S. 20 und S. 44-45.

8 zurückzufließen, wodurch sich eine zunehmende Hochwassergefahr ergibt. 13 Dieses Charakteristikum führte, wie im 3. Kapitel über die historische Entwicklung der Gemeinde geschildert wird, oftmals dazu, dass die Gemeinde von Hochwassern heimgesucht wurde. Für die Kainach, konnte bei der Entnahmestelle in Wildon, wie auch in den Erhebungen 1991/93 und 2000 die Einstufung in die Güteklasse II (mäßig belastet) erfolgen, wobei in der Erhebung 2003 eine Verbesserung in Richtung Güteklasse I-II (gering belastet) erkennbar war. 14 Eine Beurteilung der Gewässergüter der restlichen Gewässer im Weitendorfer Gemeindegebiet ist nicht gegeben.

2.5 Klima

Das Gemeindegebiet Weitendorf ist laut Klimaeigungskarte Teil der Klimaregion „A.12 Grazer Feld mit unterem Kainachtal“. Aufgrund der geographischen Lage in einem Talbecken besteht ein erhöhtes Risiko für Inversionen und Kaltluftströme. In den Monaten Oktober bis März ist das Aufkommen von Wind weiters regelrecht selten zu beobachten. Das Auftreten von Nebel ist in dieser Zone äußerst häufig. Aufgrund der schlechten Durchlüftungsvoraussetzungen und der zuvor geschilderten Windsituation zählt diese Klimaregion zu den nebelreichsten Regionen in der Steiermark. Weiters sind die Monate Oktober bis Anfang März durch das Aufkommen von Hochnebel gekennzeichnet, wodurch in diesen Monaten der relative Zeitraum mit Sonnenschein massiv abnimmt. Aufgrund der Nebelhäufigkeit ist dieser im Dezember öfters unter 30%. Mit 120 bis 135 Tage mit Frost pro Jahr weist diese Zone auch ein verhältnismäßig hohes Vorkommen von Forst auf. Die Temperaturen liegen im Jänner durchschnittlich im Umfeld von -2,5 Grad bis -3,5 Grad und steigen im Juli auf 18 Grad bis 29 Grad an. Das Jahresmittel der Temperaturen für diese Klimaregion umfasst den Bereich von 8,2 Grad bis 8,6 Grad.

13 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 6. 14 vgl. AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG:, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung 17C, Steirischer Gewässergüteatlas 2004. S. 20 und S. 60.

9

Die Klimaregion, der das Gemeindegebiet angehört, ist weiters durch einen Sommer mit einem hohen Ausmaß an Niederschlägen gekennzeichnet. Die Anzahl der Gewitter liegt in den Sommermonaten bei 40 bis 50 Tagen. Die Schneemengen im Winter sind hingegen sehr gering.

Durch Lokalwinde erfolgt im Kainachtal wie auch im Grazer Becken die Verbreitung von Schadstoffen. In den Monaten März bis Oktober können die Inversionen 150 – 200 m betragen. Für das Winterhalbjahr steigt der Inversionenwert oft auf 200 – 350 m oder auch noch höher an. Das Risiko für Inversionen liegt im Allgemeinen bei 70 – 80%, wobei regional auch ein höherer Wert auftreten kann. 15

15 vgl. LAND STEIERMARK – AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG: LUIS – Landes- Umwelt Informationssystem: http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10023493/25206/ , aufgerufen am 19.11.2008.

10

3 Historische Entwicklung der Gemeinde Weitendorf 3.1 Älteste schriftliche Aufzeichnungen

Wie im vorherigen Kapitel dargestellt wurde, besteht die Gemeinde aus zwei Katastralgemeinden, die insgesamt fünf Ortschaften beinhalten. In diesem Teil der Arbeit soll gezeigt werden wovon sich die Namen der Ortschaften ableiten und welche Bedeutung die einzelnen Ortschaften zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen urkundlichen Erwähnung hatten.

 Weitendorf

Der heutige Gemeindename Weitendorf leitet sich wahrscheinlich aus der Bezeichnung „Dorf des Wido“ ab. Es zeigt sich jedoch auch eine mögliche Verbindung zum althochdeutschen Wort witu . Witu bedeutet Holz und Wald. Das Dorf wurde 1265/69 erstmalig als Besitz des steirischen Herzogs urkundlich erwähnt. Weitendorf umfasste 30 Huben und war dadurch eine recht umfangreiche Siedlung. Das Dorf war als Rundangerdorf angelegt. Dies bezeichnet eine Anordnung der Höfe um einen ovalen Dorfanger. Durch die vertretenen Vulgo-Namen konnte auf die Ausübung der Gewerbeart geschlossen werden, wie etwa aus den Bezeichnungen Schneider, Schuster und Weber. In Weitendorf gab es weiters Wirte, Schmiede, Maurer und auch Fassbinder. Im 18. Jahrhundert wurde Weitendorf als Umladestätte für die aus den untersteirischen Weingebieten stammenden Weinfässer genutzt.

Seit 1786 ist Weitendorf Teil des Pfarrgebietes Wildon. Zuvor war die Gemeinde der Pfarre Hengsberg zugeordnet, doch aufgrund der zahlreichen Hochwasserführung der Kainach erfolgte eine Umgliederung. In der Gemeinde befindet sich am Dorfplatz die Kapelle „Klein-Mariazell“, die schon im 17. Jahrhundert vorhanden gewesen sein dürfte. Der Friedhof der Pfarre Wildon befindet sich seit 1831 auf dem Gemeindegebiet von Weitendorf in der Ortschaft Kainach. 16

16 vgl. KULTURPARK HENGIST, Projekte, Kulturwanderweg, Gemeinde Weitendorf: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_01.pdf , aufgerufen am 03.03.2009.

11

 Kainach bei Wildon

Entlang des Flusses Kainach liegen einige Dörfer, die dessen Namen tragen. Die erste urkundliche Nennung des Flusses erfolgte um 1070 als Cheinahe . Das Dorf selbst wurde im Jahre 1395 erstmalig in einer Urkunde erwähnt. Kainach war in den späteren Jahrhunderten Heimat für 14 Bauern und Keuschlern und war weiters der Sitz der Herrschaft Schwarzenegg. Das Schloss Schwarzenegg befindet sich am rechten Ufer der Kainach. Bis 1948 zinsten die Bauern aus Kainach auch vereinzelt neben der Herrschaft Schwarzenegg auch zur Herrschaft Oberwildon. Kainach wurde aufgrund der Bauernbefreiung und des darauf folgenden Gemeindegesetzes zur selbständigen Ortsgemeinde erklärt. Dies blieb Kainach bis zur Zusammenlegung der Gemeinden im Jahre 1969. In diesem Jahr wurde Kainach mit dem Gemeindeteil Neudorf ob Wildon in die Gemeinde Weitendorf eingegliedert.

Auch die Ortschaft Kainach besitzt seit 1899 eine eigene Kapelle namens Lourdes- Kapelle. Wie schon zuvor erwähnt befindet sich seit 1831 der katholische Friedhof der Pfarre Wildon in Kainach. Zuvor wurde die Verstorbenen um die Pfarrkirche St. Magdalena in Wildon begraben.17

 Lichendorf

Für den Ortsnamen Lichendorf sind mehrere Herleitungen als möglich anzusehen. Lichendorf könnte mit dem Personennamen Lubicho zusammenhängen, der schon im 8. Jahrhundert in Siedlungsgebieten Frankens verbreitet war. Erste Erwähnungen des Ortes in Urkunden gab es erst in der Neuzeit. Eine weitere mögliche Abstammung könnte vom Personennamen Liutger oder von dessen Kurzform Lucki sein. Auch könnte sich der Ortname Lichendorf vom althochdeutschen Wort lekjan , das befeuchten und bewässern bedeutet, ableiten.

Auch in Lichendorf übten Keuschler vereinzelt ein Gewerbe aus, wie aufgrund ihrer Vulgo-Namen geschlossen werden konnte. Die Umgliederung von Weitendorf im Jahre 1786 von der Pfarre Hengsberg in die Pfarre Wildon hatte keine Auswirkungen

17 vgl. KULTURPARK HENGIST, Projekte, Kulturwanderweg, Kainach bei Wildon: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_07.pdf , aufgerufen am 03.03.2009.

12 auf die Bevölkerung Lichendorfs. Auch heute ist Lichendorf noch Teil der Pfarre Hengsberg. Wie alle Ortsteile Weitendorfs besitzt auch Lichendorf eine Ortskapelle. Die Ortskapelle zur Mariä Verkündigung stammt aus den Jahren 1835/36 und war eine Spende eines Bauern. 18

 Neudorf ob Wildon

Im Jahre 1395 erfolgte die erstmalige Nennung Neudorfs als Newendorf prope Werndorf . Die nun gegebene Beifügung des Marktes Wildon als Bezeichnung der Lage wurde im Jahre 1432 in einer Urkunde als Newdorf ob Wildony erstmalig angegeben. Ein Kruzifix aus dem 18. Jahrhundert ist in der Kapelle in Neudorf enthalten. Es sind jedoch keine früheren Kulturgüter in der Kapelle gegeben. Allerdings gibt es ein Pestkreuz am Ortsende, das aus dem Jahre 1655 stammt und für die Schutzheiligen dieser Seuche erbaut wurde. Weiters findet sich in Neudorf ein Postmeilenstein. Dieser stammt aus dem Jahre 1838 und kennzeichnete die Station Nr. 6 der Postroute zwischen Wien und Triest im Süden von Graz. Dadurch konnten die Reisenden erfahren, dass zur Erreichung Wiens noch 29 beziehungsweise Triests noch 30 Meilen zurückzulegen waren. 19

18 vgl. KULTURPARK HENGIST, Projekte, Kulturwanderweg, Lichendorf: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_05.pdf , aufgerufen am 03.03.2009. 19 vgl. KULTURPARK HENGIST, Projekte, Kulturwanderweg, Neudorf ob Wildon: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_10.pdf , aufgerufen am 27.07.2009.

13

3.2 Geschichtliche Entwicklung der Gemeinde seit 1945

Im Jahre 1945 standen Ende März alliierten Truppen etwa auf der Linie Radkersburg – Feldbach. Diese Nähe zur Front wurde von der Weitendorfer Bevölkerung deutlich wahrgenommen. Obwohl die Nationalsozialisten auf eine verstärkte Propaganda setzten, verbreitete sich in der Bevölkerung das Gefühl, dass der Krieg verloren war. Als am Ostersonntag 1945 Neudorfer und Weitendorfer auf dem Weg zum Gottesdienst in Wildon waren, kamen ihnen viele Frauen und Kinder aus Wildon entgegen. Der Grund dafür war die Anordnung der Ortsleitung Wildon der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei zur Evakuierung von Wildon. Mit ihrem wenigen Hab und Gut bepackt, brachen die Wildoner Kinder und Frauen Richtung Koralpe auf. Am Nachmittag erfolgte ein Angriff durch feindliche Flugzeuge im Raum Wildon. Dadurch kam es zur Zerstörung einiger Häuser in Wildon und zur Vernichtung von abgestellten Militärfahrzeugen im Gebiet von Weitendorf und Lichendorf. Am darauf folgenden Tag wurden vier Zivilpersonen auf offener Straße durch Schüsse eines Tieffliegers getötet. Weiters bezogen einige Flakbatterien in der Nähe von Neudorf Stellung, um den Rückzug der eigenen Truppen zu schützen. Am 6. Mai 1945 erfolgte ihr Abzug. 20 Während des Zweiten Weltkrieges erlebte die Rüstungswirtschaft einen enormen Aufschwung. Um diesen stärkeren Bedarf nachkommen zu können, wurden auch zahlreiche Personen aus Konzentrationslagern, viele Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter als Arbeitskräfte in der Rüstungsindustrie eingesetzt. Abgesehen von einem Nebenlager des Konzentrationslagers Mauthausen im Bezirk Judenburg gab es ein solches auch im Bezirk Leibnitz in Alfenz. 21 Nachdem die Deutsche Wehrmacht kapituliert hatte, kam es zum Einzug der sowjetischen Truppen in die Steiermark. Erst durch das Aufeinandertreffen mit Briten oder Amerikanern wurde ihr Vormarsch gestoppt. 22 Auch Weitendorf wurde nur drei Tage nach Abzug der Flakbatterien am 9. Mai 1945 besetzt. Die Bevölkerung Weitendorfs litt stark unter den russischen Besatzungstruppen. Es kam immer wieder

20 vgl. GRABNER Josef, Gemeinde Weitendorf (Hrsg.), Chronik der Gemeinde Weitendorf. Leibnitz 1980. S. 63. 21 vgl. JONTES Günter, Die Grüne, die Eherne Mark. Eine kurze Fassung der langen Geschichte der Steiermark. Trautenfels 2006. S. 100. 22 vgl. KARNER Stefan, Die Steiermark im 20. Jahrhundert. Graz 2005. S. 306.

14 zu Plünderungen und Beschlagnahmungen und auch zu Gewalttätigkeiten gegenüber Frauen und Mädchen durch einzelne Soldaten der Besatzungstruppen. Weiters zog die Besatzungsmacht alle Männer unter 65 Jahren und teilweise auch Frauen für den Bau der Brücke in Wildon ab. Ihre Behandlung glich denen von Verbrechern. Auch mussten alle Rundfunkgeräte abgegeben werden. Die gesamte Steiermark wurde am 24. Juli 1945 schließlich zur britischen Besatzungszone. 23 Die politische Situation in Österreich hatte sich durch den Einzug der britischen Besatzungstruppen sowie durch die Würdigung der Regierung Renner bei den Westmächten wieder stabilisiert. So kam es auch zur Ankündungen von freien Wahlen für den Nationalrat, für die Landtage und für den Wiener Gemeinderat am 19. Oktober 1945. 24 Die 1. Nationalrats- und Landtagswahl der 2. Republik fand dann am 25. November 1945 statt. Es kam zu einer Koalitionsregierung unter Bundeskanzler Dr. Leopold Figl (ÖVP). 25 In der Gemeinde wurde folgendes Wahlergebnis erzielt:

abgegebene Gemeinde: Wahlberechtigte ÖVP SPÖ KPÖ Stimmen Weitendorf 464 442 260 168 5 Kainach 229 225 116 109 0

Tabelle 1: Wahlergebnis der 1. Nationalrats- und Landtagswahl der 2. Republik (GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 64)

Im Jahre 1947, als die Zahlung von Wiederaufbaubeiträgen in der Gemeinde erörtert wurde, erfolgte eine Bezifferung des zugefügten Schadens durch die Besatzungstruppen. Die Gemeinde Weitendorf erlitt im Jahre 1945 einen Schaden von 200.000 Reichsmark.

Im Jahr 1948 starteten bereits die Bauarbeiten zur Regulierung des Flusses Kainach auf der Strecke zwischen Zwaring und Weitendorf. Im selben Jahr stellte der Gemeinderat den Antrag zur Loslösung der Gemeinde Weitendorf mit der Katastralgemeinde Lichendorf von der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz. Der

23 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 64. 24 vgl. KARNER, Die Steiermark im 20. Jahrhundert, S. 332. 25 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 64.

15

Gemeinderat vertrat die Ansicht, dass die Gemeinde eine stärkere politische wie auch wirtschaftliche Orientierung nach Graz aufweise und daher eine Eingliederung in die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung durchgeführt werden sollte. 26 Diese hat jedoch nie stattgefunden.

Das Jahr 1954 ist vor allem auf Grund der Wetterverhältnisse ein schilderungswürdiges Jahr. Der Beginn des Jahres war durch eine Kälteperiode von bis zu minus 20 Grad gekennzeichnet. Das Auftreten derartiger Minustemperaturen lag bereits sieben Jahre zurück. Im Frühjahr herrschte eine hohe Niederschlagshäufigkeit. Dadurch trat, wie auch schon oftmals in der Vergangenheit, die Kainach über ihre Ufer. In diesem Jahr wies die Kainach viermal Hochwasser auf. Durch das Hochwasser im Juli entstanden große Flurschäden und auch der so genannte Kainach-Steg von Kainach nach Schwarzenegg wurde von den Wassermassen weggespült. Im Mai des Jahres 1956 starteten weitere Regulierungsmaßnahmen an der Kainach oberhalb der neu errichteten Kainachbrücke. Das Auftreten von viermaligem Hochwasser verzögerte jedoch die Arbeit. 27 Nach zehn Jahren unter der britischen Besatzungsmacht wurde am 15. Mai 1955 der Staatsvertrag von Österreich in Wien unterzeichnet.28 Unter der Mitwirkung der Außenminister von England, Frankreich, der USA und der Sowjetunion erreichte Österreich durch den Staatsvertrag wieder die völlige Freiheit zurück. 29 Die Briten trugen während ihrer Besatzungszeit zur Fortentwicklung der Demokratie in der Steiermark bei. Die letzten Truppen verließen im Herbst desselben Jahres Österreich. Daraufhin wurde die immerwährende Neutralität Österreichs bekundet. 30 Die Planungen für die Errichtung einer Hauptschule in Wildon begannen im Jahr 1958. Es wurde hierfür eine Kostenaufwand von 5,4 Millionen Schilling ermittelt. Die

26 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 65-66. 27 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 69-71. 28 vgl. KARNER Stefan, KOPETZ Heinz (Hrsg.), Die Grüne Mark. Steirische Land- und Forstwirtschaft im 20. Jahrhundert. Graz 2004. S. 124. 29 vgl. JONTES Günter, SCHILHAN Günter, Vom Anschluss bis zum Staatsvertrag. Die Steiermark 1938 – 1955. Graz 2007. S. 224. 30 vgl. KARNER Stefan, KOPETZ Heinz (Hrsg.), Die Grüne Mark. Steirische Land- und Forstwirtschaft im 20. Jahrhundert. S. 124.

16

Gemeinden Weitendorf und Kainach waren verpflichtet eine anteilige Haftung zu tragen.31 Die Beseitigung der Kriegsschäden war am Beginn der 1960er Jahre in der Steiermark schon weitgehend erfolgt. Die gute Wirtschaftslage wurde zur Erweiterung und Steigerung der vorhanden strukturellen Einrichtungen genutzt. So wurde etwa der elektrische Betrieb der Strecken der Österreichischen Bundesbahnen weiter ausgebaut und auch der in der Nähe der Gemeinde Weitendorf gelegene Flughafen Graz – Thalerhof wurde in den Flugverkehr Europas eingegliedert. 32 In den Jahren 1961 und 1962 wurden die Regulierungsarbeiten an der Kainach vorangetrieben. 33 Aufgrund der übermäßigen Regenfälle im Jahr 1965 war die Bevölkerung, auch trotzt aller Bemühungen die Überflutungsgefahr der Kainach zu mindern, hilflos. Die Kainach trat in diesem Jahr neunmal über ihre Ufer. Besonders im August erreichte das Hochwasser extreme Ausmaße. Das Wasser stand etwa auf Kniehöhe bei der Ortskapelle Kainach, so dass eine Evakuierung des Viehs der angrenzenden Grundstückseigentümer durch die Freiwillige Feuerwehr notwendig war. Die Ortschaft Kainach sowie der Friedhof konnten über die Bundesstraße nicht erschlossen werden. 34 Im darauf folgenden Jahr erhielten 24 Männer der Freiwilligen Feuerwehr Weitendorf im Zuge des Hauptleutetages in Leibnitz die Hochwassermedaille überreicht. 35 Die STEWEAG erwarb am 15. November 1966 Grundstücke in der Ortschaft Neudorf ob Wildon. Das Unternehmen plante auf diesen Gründen den Bau eines Dampfkraftwerkes. Das Jahr 1967 war für die Gemeinde Kainach ein sehr ereignisreiches Jahr, denn aufgrund des geplanten Bauvorhabens der STEWEAG gab es viele Diskussionen. Die verschiedenen Interessensgemeinschaften, wie die Kammer für Land- und Forstwirtschaft, der Obstverein und auch die Nachbargemeinden äußerten ihre Bedenken wegen dem Bau des Dampfkraftwerkes. Es wurde eine Verschmutzung der Luft durch Schwefeldioxyde befürchtet, die womöglich eine schädliche Wirkung auf die landwirtschaftlichen Kulturen haben

31 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 71. 32 vgl. JONTES Günter, Die Grüne, die Eherne Mark. Eine kurze Fassung der langen Geschichte der Steiermark. S. 104-105. 33 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf S. 73. 34 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 76-77. 35 vgl. FREIWILLIGE FEUERWEHR WEITENDORF, 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Weitendorf 1892-1992. Festschrift Weitendorf 1992. S. 34.

17 könnte. Daher wurde im Gemeinderat der Beschluss gefasst einen Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Im November des darauf folgenden Jahres wurde das Dampfkraftwerk der STEWEAG in Betrieb genommen. Ein weiteres merkliches Ereignis für die Gemeinde Kainach im Jahr 1967 war die Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz über die geplante Auflösung der Gemeinde. Es wurde beabsichtigt die Gemeinde Kainach in die Gemeinde Weitendorf einzugliedern. Der Gemeinderat von Kainach sprach sich einstimmig dagegen aus. 36 Im Jahr 1968 musste die Freiwillige Feuerwehr von Weitendorf zu vielen Bränden ausrücken. So leistete die Feuerwehr etwa Unterstützung bei der Löschung eines großen Waldbrands in . Auch war die Feuerwehr aufgrund eines Funkens der ÖBB-Leitungen entstandenen Waldbrandes im Einsatz. 37 Die Gemeinde Weitendorf bewilligte im Juli 1968 den Bau eines Bankgebäudes für die Raiffeisenkasse Weitendorf. Die Neudorfer und Wildoner Bevölkerung wies im selben Monat auf das starke Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße 67 hin, das vor allem an den Wochenenden äußerst unangenehm war. Die Bewohner forderten einen schnellen Ausbau der Pyhrnautobahn auf der Strecke von Graz über Weitendorf bis hin zur Staatsgrenze. Auch im Jahr 1968 war die beabsichtigte Gemeindezusammenlegung abermals Thema in der Gemeinde Kainach. Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz stellte in einem Schreiben an die Gemeinde fest, dass die Steiermärkische Landesregierung die Gemeindezusammenlegung von Kainach und Weitendorf mit 1. Jänner 1969 veranschlagt. Die Abstimmung im Kainacher Gemeinderat verlief erneut einstimmig gegen die Zusammenlegung der Gemeinden. Der Gemeinderat sah weder öffentliches Interesse, noch finanzielle oder wirtschaftliche Vorteile durch eine Veränderung des Gemeindegebietes gegeben. Die Abstimmung des Weitendorfer Gemeinderates zeigte ein gegensätzliches Bild. Neben einer Stimmenthaltung sprachen sich sieben Funktionäre für die Gemeindezusammenlegung aus. Seit 1. Jänner 1969 besteht nun die Großgemeinde Weitendorf. Am 20. April 1969 fand die erste Gemeinderatswahl der neuen „Gemeinde Weitendorf“ statt. Für die ÖVP kandidierten 30 Männer und für die SPÖ stellten sich 24 Männer und eine Frau

36 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 78-80. 37 vgl. FREIWILLIGE FEUERWEHR WEITENDORF, 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Weitendorf 1892-1992, S. 35.

18 dem Wahlgang. Es wurden insgesamt 880 Stimmen abgegeben, wobei 23 Stimmen der ausgefüllten Wahlkarten ungültig waren. 38 Das genaue Stimmenverhältnis ist in der folgenden Tabelle ersichtlich:

Sitze im Partei Stimmen Gemeinderat ÖVP 522 9 SPÖ 335 6

Tabelle 2: Ergebnis der 1. Gemeinderatswahl nach erfolgter Gemeindezusammenlegung (GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 81)

Die Mädchen-Volksschule in Wildon beging im Jahre 1970 ihr 100jähriges Bestehen. Viele Funktionäre aus den Gemeinden des Schulsprengels nahmen an der Feier teil. 39 Die Kinder der Gemeinde Weitendorf haben die Möglichkeit die Pflichtschulen in Wildon zu besuchen. Bereits um 1600 dürfte eine Volksschule in Wildon vorhanden gewesen sein. Es gibt jedoch keine genaueren Aufzeichnungen darüber. Das Schulhaus brannte im Jahre 1727 ab und deswegen sind auch keinerlei Schriftstücke erhalten geblieben. Das neue Schulhaus wurde erst 1768 errichtet. Die zuvor erwähnte Mädchen-Volksschule wurde am 24. August 1870 durch den Orden der Schulschwestern in Wildon eingerichtet. 40 Aus unerklärlichen Gründen kam es am 2. April 1972 zu einer Explosion des Sprengmitteldepots des Basaltsteinbruchs in Weitendorf. Das völlig vernichtete Depot umfasste 227 kg Sprengmittel und 613 Sprengkapsel. Andere Gegenstände blieben von der Explosion unbeschädigt. In der Gemeinderatssitzung im Oktober 1972 wurde über die Schaffung eines Kindergartens im Gemeindegebiet und über den Bau eines Gemeinde-Wohnhauses abgestimmt. Mit acht ÖVP-Stimmen gegen fünf SPÖ-Stimmen wurde nur die Erbauung eines Kindergartens festgelegt, da laut ÖVP-Fraktion lediglich die finanziellen Mittel für ein Projekt aufgewendet werden konnten. Auch in diesem Jahr wurde die Gemeinde von zahlreichen Hochwassern heimgesucht. Die Flussregulierung der Kainach im Gemeindebereich wurde für das Jahr 1973

38 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 80-81. 39 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S 82. 40 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 22.

19 angesetzt. Im Herbst 1973 wurde auch der Wasserverband „Unteres Kainachtal“ gegründet, um die Maßnahmen zur Beseitigung der gegenwärtigen Hochwassergefahr besser umsetzten zu können. Zu den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbands zählten Lieboch, Lannach, Dobl, Zwaring-Pöls, Weitendorf und Wildon. Als Obmann des Verbands wurde der Bürgermeister von Zwaring bestellt und die Stellvertretungsaufgaben wurden durch den damaligen Bürgermeister von Weitendorf, Josef Ebert, übernommen. Weiters wurde im Jahr 1973 mit der Errichtung des Kindergartens begonnen.

1974 fasste ein weiteres Energieunternehmen in der Gemeinde Fuß. Die Österreichische Mineralölverwaltung (ÖMV) errichtet eine Ferngasleitung durch die Katastralgemeinden Weitendorf und Kainach. Die aus Kärnten stammende Gasleitung verläuft über die Koralpe durch die Steiermark bis nach Wien. Weiters war 1974 der Bau des Teilstückes von Graz nach Weitendorf der Pyhrnautobahn abgeschlossen. Dadurch kam es zu einer wesentlichen Verkehrsberuhigung entlang der Bundesstraße 67. Jedoch fand dadurch eine merkliche Verlagerung des Verkehrsaufkommens zur Autobahnabfahrt Weitendorf und weiter entlang der Landesstraße statt. Auch die Bauarbeiten des Kindergartens schritten zügig voran, so dass der Gemeinderat im Juli beschloss eine Kindergärtnerin und eine Köchin einzustellen. Sollte ein weiterer Betreuungsbedarf bestehen, wurde entschieden eine Kindergartenhelferin als zusätzliche Arbeitskraft zu beschäftigen. Der Gemeindekindergarten öffnete am 4. November 1974 für die erste Kindergartengruppe seine Türen und startete mit der Betreuung von 32 Kindern. Für den Besuch des Gemeindekindergartens wurde ein Beitrag von 400 Schilling ohne Mittagessen für die halbtags Betreuung und eine Betrag von 450 Schilling mit Mittagessen für die ganztätige Beaufsichtigung jeweils pro Monat festgelegt. Die feierliche Einweihung des Gemeindekindergartens erfolgte am 19. April 1975. Der Name „Barbara-Kindergarten“ leitet sich von der Schutzpatronin des Bergbaues und der Industrie ab. Die Namensgebung lag darin begründet, dass sowohl Bergbau aufgrund des Basaltsteinbruchs als auch Industrie durch das Dampfkraftwerk und durch die Perlmooser Zementwerke AG auf dem Gemeindegebiet angesiedelt waren. Durch die Errichtung des Kindergartens zeigte

20 sich die soziale Orientierung der Gemeinde, denn zu dieser Zeit verfügten nur 35% der Gemeinden des Bezirks Leibnitz über einen eigenen Gemeindekindergarten. 41

1976 wurde ein Meilenstein bei der Flussregulierung der Kainach erreicht. Die Bautätigkeiten zwischen Wildon und Lichendorf fanden ein Ende. Durch diese Baumaßnahmen sollte die bis dahin allgegenwärtige Überflutungs- und Hochwassergefahr endgültig gebannt sein. Im selben Jahr wurde Weitendorf im Rahmen des Landes-Blumenschmuck-Wettbewerbes zum schönsten Dorf der Steiermark gekürt. Die Österreichische Mineralölverwaltung erweiterte 1977 ihre in Weitendorf schon vorhandene Gasleitung durch eine weitere Gasleitung, die Slowenien und Kroatien mit Ergas versorgen sollte. Die Gemeinde trat im August dieses Jahres nach Scheitern des Projektes Abwasserverband „Wildon-Stocking-Weitendorf“ dem Abwasserverband „Grazerfeld“ bei. Weiters wurde eine Änderung des Schulsprengels Wildons für das Schuljahr 1978/79 beschlossen. Der Grund hierfür lag in dem höheren Schulbeitrag, der an die Gemeinde Werndorf durch die Gemeinde Weitendorf zu zahlen war. Beginnend mit dem Schuljahr 1978/79 erfolgte somit die Einschulung, der bis dahin zum Werndorfer Schulsprengel angehörenden Schulpflichtigen Weitendorfs, in die Schulen in Wildon. 42

Das Musikheim in Wildon wurde 1978 feierlich eröffnet, für dessen Bau die Gemeinde Weitendorf 250.000 Schilling bereitgestellt hatte. Außerdem war es ein Weitendorfer der nach dem Zweiten Weltkrieg den Grundstein für die Marktmusikkapelle Wildon setzte. Er wurde später zum Ehrenkapellmeister ernannt. Weitere berichtenswerte Ereignisse des Jahres 1978 waren die neuerliche Auszeichnung als schönste Dorf der Steiermark und die Freigabe der Richtungsfahrbahn mit Gegenverkehr der Pyhrnautobahn von Weitendorf nach Leibnitz. Die Kainacher, Lichendorfer und teilweise auch die Weitendorfer Bevölkerung profitierten durch eine wesentliche Verringerung der Verkehrsbelastung. 43

41 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 86-93. 42 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 95-99. 43 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 101-102.

21

Der Wasserverband „Unteres Kainachtal“ konnte am 12. November 1982 etwa 300 Teilnehmer der Österreichischen Flussbautagung in Lichendorf begrüßen. Im Gemeindegebiet war die Kainach bereits auf einer Länge von 3.600 m durch Regulierungsmaßnahmen gesichert worden. 44 Die Vorarbeiten zur Gestaltung einer neuen Ortseinfahrt in Weitendorf begannen im Jahr 1984. Die geplanten Änderungen umfassten die Entfernung einer Böschung, wodurch einerseits eine Abänderung des Straßenverlaufs möglich war und andererseits eine freie Fläche zur Errichtung eines Rad- und Fußgängerweges gewonnen werden konnte. Der Beginn der Bauarbeiten wurde für das Frühjahr 1985 angesetzt. 45 Im Basaltsteinbruch Weitendorfs kam es am 14. Juli 1984 erneut zu einer Explosion. Zwei Räubern wurde ihr versuchter Diebstahl zum Verhängnis, denn als sie versuchten den Tresor mit einem auch im Werk entwendeten Schweißbrenner und drei Sauerstoffflaschen zu öffnen, ereignete sich die Explosion. Der Grund hierfür lag daran, dass neben dem Schlüssel zum Munitionsbunker und 3000 Schilling auch 1500 Sprengkapseln im Tresor verschlossen waren. Durch die hohe Hitze der Schweißarbeiten explodierten diese. Die Mauern und teils auch die Decke stürzten ein. Die Diebe kamen dabei ums Leben. In den Jahren 1986 und 1987 wurde der Grundstein für Betriebsansiedelungen und Betriebserweiterungen im Gemeindegebiet durch diverse Grundverkäufe an interessierte Firmen gesetzt. Weiters wurde 1986 eine Werbetafel, auf der neben einem Lageplan auch sechzehn Handels- und Gewerbebetriebe der Gemeinde Weitendorf erwähnt waren, im Ortszentrum von Weitendorf angebracht. Der Abwasserverband Grazerfeld nahm am 11. Juni 1988 die Verbandskläranlage in Wildon in Betrieb. Der Abwasserverband bestand aus 17 Gemeinden, wobei Weitendorf, wie bereits erwähnt, seit 1977 Teil des Verbands ist. In der Gemeinderatssitzung vom 17. Mai 1989 wurde unter anderem beschlossen bei der Steiermärkischen Landesregierung einen Antrag für die Verleihung eines Gemeindewappens einzureichen.46

44 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Chronik der Gemeinde Weitendorf, handschriftliche Aufzeichnungen vom Jahre 1883 bis 1989. 45 GEMEINDE WEITENDORF, Rundschreiben vom 26.7.1984. Weitendorf 1984. S. 1-2. 46 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Chronik der Gemeinde Weitendorf, handschriftliche Aufzeichnungen vom Jahre 1883 bis 1989.

22

Das 25jährige Bestehen der Großgemeinde Weitendorf wurde schließlich zum Anlass genommen, ein Wappen für die Gemeinde Weitendorf zu gestalten. Auf der Suche nach einer einmaligen Wappenfigur wurden die Blumen der Weitendorfer Frauen und auch die Funde des Basaltsteinbruchs in Betracht gezogen. Schlussendlich wählte die Gemeinde das älteste vorhandene Kulturgut des Weitendorfer Gemeindegebietes als Vorlage für das Wappenmotiv. Die Darstellung eines Hirschs auf einer Aschenurne, die eine Grabbeigabe aus der späten Eisenzeit vom Hügelgrab in der Katastralgemeinde Kainach war, sollte das Wappen zieren. 47 Die Beschreibung des Wappens gemäß Landesgesetzblatt 13/1994 lautet folgendermaßen: „In schwarzem Schild ein eisenzeitliches durchbrochenes goldenes Trapez, darin zwischen Laubwerk ein Hirsch schreitend.“ 48

Abbildung 3: Wappen der Gemeinde Weitendorf (GEMEINDE WEITENDORF:http://www.weitendorf.at/62/Gemeindeamt.html , 05.02.2009)

Die Zweige und Blätter symbolisieren den natürlichen Kreislauf des Lebens. Der Hirsch als weiterentwickeltes Tier wurde in vielen alten Kulturen abgebildet und wurde als Zeichen für die Ewigkeit gesehen. Die farbliche Gestaltung soll das Ungewisse und nie gänzlich Ergründbare sowohl in der Vergangenheit, dargestellt durch Schwarz, als auch in der Zukunft, durch das Metall Gold, wiedergeben. Der Gemeinderat hat am 29. September 1993 für dieses Wappen abgestimmt und am 28. Februar fand die Verleihung mit Wirkung vom 1. Mai 1994 durch die Steiermärkische

47 vgl. GMEINDE WEITENDORF (Hrsg.), Wappenverleihung an die Gemeinde Weitendorf am 31. Juli 1994. Deutschlandsberg 1994. 48 vgl. BUNDESKANZLERAMT: Rechtsinformationssystem: http://www.ris2.bka.gv.at/Dokumente/Lgbl/LGBL_ST_19940330_13/LGBL_ST_19940330_13.pdf aufgerufen am 20.01.2009.

23

Landesregierung statt. Die Übergabe an die Gemeinde erfolgte am 31. Juli 1994 durch den damaligen Landeshauptmann der Steiermark Dr. Josef Krainer. 49

Im Jahr 1997 wurde die Schließung mehrerer Bezirksgerichte diskutiert. Von dieser Schließungswelle sollte auch das Bezirksgericht Wildon betroffen sein. Es wurde eine überregionale Gegenbewegung gebildet, die sich zum Ziel gesetzt hatte öffentliche Einrichtungen zu erhalten und auszubauen. Es wurde eine Resolution an alle Gemeinden geschickt, um stärker gegenüber den verantwortlichen Entscheidungsträgern auftreten zu können. 50 Trotz aller Bemühungen kam es am 1. Juli 2002 zur Eingliederung des Bezirksgerichts Wildon in das Bezirksgericht Leibnitz. Daher wurde nun an zwei Tagen im Monat ein Gerichtstag in Wildon abgehalten. 51 Im Jahr 2000 waren umfassende Investitionstätigkeiten im Bereich der Freiwilligen Feuerwehren von Weitendorf und Neudorf Thema der Gemeinderatssitzungen. Diese umfassten für beide Wehren Grundstückskäufe zur Errichtung von neuen Rüsthäusern, wie auch den Ankauf von neuen Einsatzfahrzeugen. Für die Umsetzung der Investitionsvorhaben wurde ein Zeitraum von sieben Jahren festgesetzt. 52 Die Gemeinde Weitendorf erhielt neue Straßenbezeichnungen und Hausnummern mit Beschluss des Gemeinderats vom 15. Dezember 2002. Die neuen Adressen erlangten ihre Gültigkeit zu Beginn des Jahres 2003. In Bezug auf die Postleitzahl erfolgte die Zuteilung zu Wildon mit der Postleitzahl 8410. 53 Im Februar 2006 wurde in der Gemeinderatssitzung beschlossen dem „Kulturpark Hengist“ rückwirkend per 1. Jänner 2005 beizutreten. 54 In Bezug auf die Tätigkeiten und Ziele des Kulturparks, sowie auf die gegenwärtigen Ereignisse in der Gemeinde sei auf das letzte Kapitel „Projekte in der Gemeinde Weitendorf“ der vorliegenden Arbeit verwiesen, in dem diese ausführlich behandelt werden.

49 vgl. GEMEINDE WEITENDORF (Hrsg.)Wappenverleihung an die Gemeinde Weitendorf am 31. Juli 1994. Deutschlandsberg 1994. 50 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung vom 10.7.1997. Weitendorf 1997. 51 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung 8/2002. Weitendorf 2002. 52 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung 7/2000. Weitendorf 2000. 53 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung 13/2002. Weitendorf 2002. 54 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung 2/2006. Weitendorf 2006.

24

4 Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen der Gemeinde

4.1 Gesellschaftsstrukturen

Zur Darstellung der gesellschaftlichen Strukturen der Gemeinde Weitendorf sollen eingangs die bevölkerungspolitischen Zielsetzungen der Gemeinde aufgezeigt werden. Anschließend wird auf drei ausgewählte Bevölkerungsmerkmale, nämlich die Bevölkerungsentwicklung, die Bevölkerungsstruktur und auf die Ausbildung der Bevölkerung näher eingegangen.

4.1.1 Zielsetzungen und Maßnahmen

Im örtlichen Entwicklungskonzept hat die Gemeinde einige Ziele und Maßnahmen rund um das Thema Bevölkerung festgelegt. So soll die angestrebte Bevölkerungszahl auf das gegebene oder erreichbare räumliche Fassungsvermögen des Gebiets Rücksicht nehmen und eine bestmögliche Auslastung der bestehenden infrastrukturellen Einrichtungen erreicht werden. Dies soll vor allem in den bedeutende Siedlungsbereiche der Gemeinde, den Ortschaften Klein-Weitendorf und Weitendorf, durch eine angemessene Besiedelungsdichte gewährleistet werden. Als weitere Zielsetzung ist die Erweiterung des Arbeitsplatzangebots im Gemeindegebiet zu nennen. Durch die Schaffung von neuen Industrie- und Gewerbegebieten, vor allem in örtlicher Nähe zu den Hauptverkehrsachsen A9 und B 67, sollen Unternehmen als potentielle neue Arbeitsgeber im Gemeindegebiet Fuß fassen. Ein wichtiger Punkt in der Zielsetzung des örtlichen Entwicklungskonzepts ist auch, dass Konflikte aufgrund der verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des Gebietes nicht auftreten sollen. In diesem Sinn können potentielle Unstimmigkeiten aus der unterschiedlichen Nutzung als Wohnfläche und als Standort für Industrie- und Gewerbebetriebe ergeben. Weiters können sich Differenzen zwischen den Bereichen Wohnen und Landwirtschaft sowie aus den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern der Landwirtschaft, der Industrie und des Gewerbes entwickeln. Um diesen vorzubeugen

25 sollen bestimmte Bereiche freigehalten werden und die einzelnen Nutzungsmöglichkeiten aufeinander abgestimmt werden. Die Gemeinde hatte sich für das Jahr 2007 weiters zum Ziel gesetzt, dass 1.600 Einwohner mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde beheimatet sind. 55 Dieses Ziel konnte bisher nicht erreicht werden. Laut der Einwohnerstatistik, Stand 23. Oktober 2008, umfasst die Bevölkerung Weitendorfs 1595 Personen. 56

4.1.2 Bevölkerungsentwicklung

Zur Analyse der Bevölkerungsentwicklung sollen die Volkszählungsjahre von 1951 bis 2001 herangezogen werden. Ergänzt wird das Datenmaterial um die Daten aus der Datenbank POPREG mit Stand vom 1.1.2008 sowie durch die aktuelle Bevölkerungszahl laut der Gemeinde Weitendorf.

Erfolgt eine Betrachtung des Zeitraums von 1951 bis 1981 kann festgestellt werden, dass in der Gemeinde nur ein sehr geringes Bevölkerungswachstum gegeben war. In dieser Zeitspanne sind lediglich 22 neue Einwohner hinzugekommen und es wurde somit eine Bevölkerungszahl von 1.341 Personen im Jahr 1981 erzielt. Die Bevölkerungsentwicklung des gesamten politischen Bezirks Leibnitz zeigte ein ähnliches Bild. Die Bevölkerungszahl des Bezirks ist von 69.609 Einwohnern auf 69.854 Einwohner im Jahr 1981 angestiegen. Das Bundesland Steiermark konnte hingegen ein höheres Bevölkerungswachstum mit einer absoluten Steigerung von 77.190 Einwohnern vorweisen. In den folgenden zehn Jahren ist die Bevölkerung Weitendorf stark angewachsen auf die Zahl 1.413. Dies entsprach einer Zunahme von 5,4%. Auf Ebene des Bezirks Leibnitz war die Bevölkerungsentwicklung von 1981 bis 1991 unter dem Wachstum der Gemeinde mit 2,7%. Im Bundesland Steiermark war sogar ein geringfügiger Rückgang der Bevölkerungsanzahl in Höhe von -0,2% zu beobachten. Im Zeitraum von 1991 bis 2001 konnte dasselbe Bevölkerungswachstum wie in den vorangegangen zehn Jahren erzielt werden, wobei es auch diesmal über den

55 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG Maximilian, Gemeinde Weitendorf. Örtliches Entwicklungskonzept Nr. 3.00. Wortlaut und Erläuterungsbericht. Wortlaut zum ÖEK Nr. 3.00 Weitendorf. Graz 2002. S. 6. 56 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide nach Jahrgang. Stichtag 23.10.2008. Weitendorf 2008.

26

Bezirkswerten lag. Die Bevölkerungszahl der Gemeinde Weitendorf betrug für das Jahr 2001 1490 Einwohner. Das Wachstum des Bezirks war im Vergleich zu der Zeitspanne von 1981 bis 1991 mit rund 5,0 % jedoch höher. Auf Landesebene musste wiederum ein Sinken der Bevölkerungszahlen beobachtet werden. 57 Für das letzte Volkszählungsjahr 2001 liegen auch die Bevölkerungszahlen für die einzelnen Ortschaften von Weitendorf vor. So umfasste Kainach bei Wildon 218 Einwohner, Lichendorf 128 Einwohner, Neudorf ob Wildon 313 Einwohner und die Bevölkerung Weitendorfs zählte 831 Personen. 58 Die Bevölkerung der Gemeinde umfasst laut Gemeindeauskunft, Stand 23.10.2008, 1595 Einwohner. 59 Die genaue Verlaufsentwicklung der Bevölkerungszahlen für die Gemeinde Weitendorf, den Bezirk Leibnitz und für die Steiermark ist in der folgenden Tabelle ersichtlich.

Gemeinde Politischer Bezirk Bundesland Jahr Weitendorf Leibnitz Steiermark 1951 1.319 69.609 1.109.335 1961 1.329 66.858 1.137.865 1971 1.339 69.660 1.195.023 1981 1.341 69.854 1.186.525 1991 1.413 71.712 1.184.720 2001 1.490 75.328 1.183.303 2008 1.516 76.828 1.205.909

Tabelle 3: Bevölkerungsentwicklung 1951 bis 2008 (STATISTIK , http://www.statistik.at/blickgem/blick1/g61046.pdf , 13.05.2009 Volkszählungsergebnisse, Statistik der Standesfälle, Datenbank POPREG am 1.1.2008)

Die nachfolgende Verlaufsgrafik der Bevölkerungsentwicklung von 1951 bis 2008 soll die Entwicklung der Bevölkerungszahl der Gemeinde Weitendorf in Bezug auf den Verlauf der Bevölkerungszahlen in diesem Vergleichszeitraum im Bezirk Leibnitz und im Bundesland Steiermark deutlicher darstellen. Für diese grafische Abbildung wurde

57 vgl. STATISTIK AUSTRIA, Bevölkerungsentwicklung 1869 – 2008, Bevölkerungsentwicklung durch Geburten- und errechnete Wanderungsbilanz, http://www.statistik.at/blickgem/blick1/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009. 58 vgl. STATISTIK AUSTRIA, Volkszählung vom 15.Mai 2001. Einwohner nach Ortschaften: http://www.statistik.at/blickgem/vz2/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009. 59 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide nach Jahrgang. Stichtag 23.10.2008. Weitendorf 2008.

27 das Jahr 1951 als Referenzjahr festgelegt, um die nachfolgenden jährlichen Veränderungen wiedergeben zu können.

Bevölkerungsentwicklung 1951 - 2008 Index: 1951 = 100

120 115 110 105 100 95 90

jährliche Veränderung 85 1951 1961 1971 1981 1991 2001 2008 Jahre

Gemeinde Weitendorf Politischer Bezrik Leibnitz Bundesland Steiermark

Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung 1951 bis 2008 (STATISTIK AUSTRIA, http://www.statistik.at/blickgem/blick1/g61046.pdf , 13.05.2009 Volkszählungsergebnisse, Statistik der Standesfälle, Datenbank POPREG am 1.1.2008, eigene Berechnung der Indizes)

Das dargestellte Bevölkerungswachstum insbesondere in der Zeitspanne von 1981 bis 1991 ist sicherlich auch auf die dort stattgefundenen Firmenansiedelungen im Gemeindegebiet zurückzuführen. Die Lage der Gemeinde ist nicht nur für Industrie- und Gewerbegebiete attraktiv sondern auch als Wohnort aufgrund der vorhandenen sehr guten Verkehrsanbindungen nach Graz und Leibnitz. Die Schattenseite dieser guten Mobilitätsbedingungen sind ein hohes Verkehrsaufkommen und Lärm- und Schadstoffbelastungen. Um die Wohnqualität in der Gemeinde zu erhöhen ist es sicherlich erforderlich, dass die Gemeinde in Kooperation mit den Nachbargemeinden den öffentlichen Personennahverkehr ausbaut. Dies würde vor allem für Erwerbs- und Schulpendler Vorteile bringen und auch eine Reduktion der Emissionen durch Lärm und Schadstoffe würde erfolgen. Weitere erfolgsversprechende Maßnahmen um diese Belastungen abzusenken, sind die Errichtung von Lärmschutzwänden, der Einsatz von Staubfilter und der Bau des Autobahnhalbanschlusses „Kehlsberg“.60

60 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 22.

28

4.1.3 Bevölkerungsstruktur

Im Folgenden soll die Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Weitendorf näher betrachtet werden. Als Vergleichszeitpunkte um die Entwicklung dieses demografischen Merkmals darzustellen, wurden die Jahre 1998 und 2008 gewählt. Für das Jahr 1998 lässt sich folgende Verteilung nach groben Altersklassen beobachten:

Anteil Anteil gesamte relativer Anteil Altersgruppen Männer Frauen Bevölkerung der Altersgruppe 0 – 15 Jahre 124 115 239 18,01% 16 – 60 Jahre 428 401 829 62,47% über 60 Jahre 104 155 259 19,52% Summe 656 671 1.327 100%

Tabelle 4: Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Weitendorf 1998 (GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide 1998, eigene Berechnungen)

Die Altersgruppe 16 – 60-Jährigen stellte den größten Teil der Bevölkerung im Jahr 1998 mit 62,47% dar. Die kleinste Altersgruppe im Verhältnis zu den anderen Klassen war die Gruppe der 0-15-Jährigen. Dies entsprach einer Anzahl von 239 Einwohnern. Weiters zeigt sich, dass der Anteil der Männer jeweils über den Anteil der weiblichen Bevölkerung lag, außer in der Altersgruppe der über 60-Jährigen Personen. Dadurch ergab sich in Summe ein größerer weiblicher Anteil, mit 671 Personen im Vergleich zu 656 männlichen Personen, an der gesamten Bevölkerung der Gemeinde Weitendorf.

Wie in der nachfolgenden Darstellung der Alterspyramide für das Jahr 1998 ersichtlich ist, war die Verteilung innerhalb der Altersgruppe der 0 – 15-Jährigen relativ gleichmäßig. In der erwerbstätigen Altersgruppe zeigte sich hingegen, eine Konzentration im Bereich von 31 bis 40 Jahren. So lag das Maximum an männlichen Personen der Bevölkerung Weitendorf mit 71 Einwohnern in der Altersspanne von 31 bis 35 Jahren. Das Maximum der weiblichen Bevölkerung konnte in der nächstfolgenden Altersklasse der 36 bis 40-Jährigen mit 66 Personen festgestellt

29 werden. Die Verteilung der Altersgruppe der über 60-Jährigen lief mit steigendem Alter spitzer zusammen.61

Alterspyramide 1998

männl ich Alter weiblich

Abbildung 5: Alterspyramide nach Jahrgängen der Gemeinde Weitendorf 1998 (GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide 1998, Stichtag 23.10.1998)

61 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide nach Jahrgang. Stichtag 23.10.1998. Weitendorf 2008.

30

Für das Vergleichsjahr 2008 konnte folgende Verteilung in den drei groben Altersgruppen festgestellt werden.

Anteil Anteil gesamte relativer Anteil Altersgruppen Männer Frauen Bevölkerung der Altersgruppe 0 – 15 Jahre 128 131 259 16,24% 16 – 60 Jahre 517 493 1.010 63,32% über 60 Jahre 141 185 326 20,44% Summe 786 809 1.595 100%

Tabelle 5: Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Weitendorf 2008 (GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide 2008, eigene Berechnungen)

In der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur im Vergleich zum Jahr 1998 zeigt sich, dass in den letzten zehn Jahren der relative Anteil der 0-15-Jährigen im Vergleich zu den anderen beiden Altersgruppen auf 16,24% zurückgegangen ist. Dies entspricht einer Abnahme um 1,77% in diesem Zeitraum. Es fand eine Verschiebung der Personen im vorschulpflichtigen und schulpflichtigen Alter auf die Altersgruppe der erwerbstätigen Personen und auf die Gruppe der über 60-Jährigen statt. So ist eine Zunahme von 181 Personen ist der Altersgruppe der 16-60-Jährigen zu verzeichnen und auch die Klasse der über 60-Jährigen ist um 67 Einwohner im Vergleichszeitraum angewachsen. Der Anteil der Männer und der Anteil der Frauen an der gesamten Bevölkerung sind verhältnismäßig annähernd konstant geblieben.

Auch in der Alterspyramide für das Jahr 2008 ist die Umverteilung gut zu erkennen. Die Alterspyramide weist die größte Breite sowohl für Männer als auch für Frauen in der Alterspanne von 41 bis 45 Jahren auf. Auch in den darauf folgenden Altersspannen zeigt die Pyramide einen breiteren Verlauf als im Jahr 1998. Die Abnahme der Personen je dargestellter Altersgruppe erfolgt in der Alterspyramide für das Jahr 2008 kontinuierlicher als im Jahr 1998.62

62 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide nach Jahrgang. Stichtag 23.10.2008. Weitendorf 2008.

31

Alterspyramide 2008

männlich Alter weiblich

Abbildung 6: Alterspyramide nach Jahrgängen der Gemeinde Weitendorf 2008 (GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide 2008, Stichtag 23.10.2008)

Die hier vollzogene demografische Entwicklung wird sich sicherlich in mittlerer bis langer Frist in der gesamten Struktur der Gemeinde niederschlagen. Das Erfordernis von öffentlichen Institutionen für die Altenbetreuung und Pflege wird zunehmen. Der Bedarf an Kindergärten und Pflichtschulen wird hingegen rückläufig sein. Es zeichnet sich somit eine Umschichtung der öffentlich-sozialen Einrichtungen von der jüngsten Altersgruppe zur Gruppe der über 60-Jährigen ab. 63

Die Gemeinde Weitendorf setzte bereits vor einigen Jahren bestimmte soziale Förderungen für die spezifischen Altersgruppen fest. So umfasste das Angebot der

63 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 21.

32

Gemeinde für die Altersgruppe „Jugend“ Babygutscheine für den Ankauf von Mineralwasser, Zuschüsse zu Schulbeginn für Volks- und Hauptschüler, Beträge für Schulveranstaltungen, Förderungen im Bereich des Musikunterrichts und auch verschiedene Kindererholungsaktionen wurden von der Gemeinde finanziell unterstützt. Die Leistungen der Gemeinde für die Altersgruppe „Alter“ umfassten die Unterstützung der Einrichtung „Essen auf Rädern“, Altenurlaubsaktionen und Gutscheine für Jubilare ab Erreichung des 70igsten Lebensjahres und ab diesem Lebensalter erhalten die Jubilare alle fünf Jahre einen Gutschein.64 Den Beitrag, den die Gemeinde für Schulveranstaltungen bereitstellt, umfasst 15 Euro für verschiedene Schulaktionen und 30 Euro für Schikurse. Dieser Zuschuss kann für den Besuch von allen Schulen bis hin zum Maturaabschluss beansprucht werden und wird einmal jährlich gewährt. Die Gemeinde unterstützt Tätigkeiten im Bereich der Kindererholung mit 30 Euro pro Kind und Jahr. Im Sinne der Babyförderung erhalten die jungen Familien einen Gutschein im Wert von 80 Euro für den Einkauf in einem Gewerbebetrieb der Gemeinde Weitendorf. Der Geburtstagsgutschein für Jubilare ab dem 70. Geburtstag enthält einen Einkaufsgutschein in Höhe von 40 Euro, der im örtlichen Kaufhaus eingelöst werden kann. 65

4.1.4 Ausbildung der Bevölkerung

Als letztes personenbezogenes Bevölkerungsmerkmal soll die Ausbildung der Weitendorfer Bevölkerung untersucht werden. In der Gemeinde Weitendorf selbst besteht weder eine Volksschule, eine Hauptschule, eine Sonderschule noch ein Polytechnikum. Die einzige öffentliche Einrichtung im Sinne von Bildung im Vorschulalter ist der Kindergarten der Gemeinde. Der Bau eines Mehrzecksaals für die Gebiete Kultur und Bildung könnte einen Beitrag zur Verstärkung des kleinregionalen Stellenwerts der Gemeinde Weitendorf leisten.66 Die Kinder der Gemeinde können, wie bereits im Kapitel über die geschichtliche Entwicklung der Gemeinde geschildert wurde, die Pflichtschulen in Wildon besuchen. So ist eine

64 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilungen 2/2000. Weitendorf 2000. S. 1. 65 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Förderungen der Gemeinde Weitendorf. Stand 1.1.2006. Weitendorf 2006. 66 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 39.

33

Absolvierung der Volks- und Hauptschule durch die Schulpflichtigen in Wildon möglich. Für den Besuch von Höheren Schulen ist ein Auspendeln in die Städte Leibnitz und Graz erforderlich. 67

Im Volkszählungsjahr 2001 erfolgte die letzte Untersuchung der Wohnbevölkerung nach dem Kriterium der Ausbildung. Als Bevölkerungsgruppe wurden jene Einwohner herangezogen, die das 15. Lebensjahr abgeschlossen hatten. In der nachstehenden Tabelle sind die Ergebnisse des Ausbildungsstandes für die Gemeinde Weitendorf ersichtlich:

Höchste Wohnbevölkerung prozentueller Anteil Anteil abgeschlossene ab 15 Jahre Anteil Männer Frauen Ausbildung Universität, (Fach-) 14 1,1% 9 5 Hochschule Berufs- und lehrerb. 10 0,8% 2 8 Ausbildung Kolleg, 10 0,8% 6 4 Abiturientenlehrgang Berufsbildende 69 5,6% 31 38 höhere Schule Allgemeinbildende 43 3,5% 23 20 höhere Schule Berufsbildende 121 9,8% 33 88 mittlere Schule Lehrlingsausbildung 522 42,2% 337 185 Allgemeinbildende 448 36,2% 152 296 Pflichtschule Summe 1.237 100,00% 593 644

Tabelle 6: Verteilung nach der höchsten abgeschlossenen Ausbildung der Bevölkerung (STATISIK AUSTRIA, http://www.statistik.at/blickgem/vz4/g61046.pdf , 13.05.2009)

Der größte Teil der Wohnbevölkerung ab dem 15. Lebensjahr hat dementsprechend als höchste abgeschlossene Ausbildung eine Lehre absolviert. Wobei die Verteilung zwischen den Geschlechtern zeigt, dass der umfassendste Teil davon durch den männlichen Anteil der Bevölkerung bestimmt wird. Die nächstfolgende große Gruppe, 448 Einwohner, haben als höchsten Abschluss eine Allgemeinbildende Pflichtschule

67 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 22.

34 besucht. Im Vergleich dazu können nur wenige Personen aus der Bevölkerung einen Abschluss einer höheren Ausbildung etwa an einer Universität, Akademie oder an einem Kolleg vorweisen. 68

4.2 Wirtschaftsstrukturen

Analog zur Darstellung der Gesellschaftsstrukturen erfolgt nach der Schilderung der Zielsetzungen der Gemeinde die Betrachtung der wirtschaftlichen Strukturen anhand von drei Kriterien. Diese sind die Entwicklung der Wirtschaftssektoren, der Arbeitsmarkt und die Pendlerbewegung.

4.2.1 Zielsetzungen und Maßnahmen

In Bezug auf das wirtschaftliche Leben in der Gemeinde wurden ebenfalls Ziele und Maßnahmen im örtlichen Entwicklungskonzept festgelegt. Hierbei wurden sowohl Zielsetzungen für die Wirtschaft der Gemeinde im Allgemeinen wie auch für die einzelnen Wirtschaftssektoren formuliert.

Die Schaffung von ausgeglichen wirtschaftlichen Verhältnissen wurde als generelles Vorhaben festgesetzt. Dadurch sollen positive Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung Weitendorfs erzielt werden und auch das Arbeitsplatzangebot verbessert werden. So weit ein Bedarf besteht, sollen weitere Gewerbe- und Dienstleistungseinrichtungen geschaffen werden. Hier ist jedoch zu beachten, dass mögliche zukünftige Konflikte bezüglich der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten der Flächen verhindert werden. Auch spielen hierbei eine gute Erreichbarkeit des Gebietes wie auch die Möglichkeit der Erschließung eine wichtige Rolle.

Um die Leistungsfähigkeit des primären Sektors , der Land- und Forstwirtschaft, zu gewährleisten, wurde festgelegt, dass die Voraussetzungen aufgrund des gegeben Naturraumes aufrechterhalten werden müssen. Dies soll auch zu mehr

68 vgl. STATISTIK AUSTRIA, Volkszählung vom 15. Mai 2001. Wohnbevölkerung nach Bildung, Familie und Haushalte: http://www.statistik.at/blickgem/vz4/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009.

35

Arbeitsplatzsicherheit in diesem Sektor beitragen. Die Land- und Forstwirte leisten durch die Erhaltung und Pflege des Landschaftsraums einen wesentlichen Beitrag für die Freizeitgestaltung und den Tourismus durch die Schaffung eines Naherholungsgebiets. Auch die Strukturen der stark landwirtschaftlich geprägten Siedlungsgebiete, wie etwa der Ortskern Weitendorfs, sollten erhalten werden.

In Bezug auf den sekundären Sektor wurde festgehalten, dass bei allen Tätigkeiten der örtlichen Raumplanung auf die bestehenden Gewerbebetriebe samt ihren möglichen Betriebserweiterungspotentialen Rücksicht zu nehmen ist. Der Ausbau der Standorte für Industrie und Gewerbe soll weiters gefördert werden. Wobei die Lebensqualität gesichert werden soll und nicht durch die dadurch aufkommende Verkehrsbelastung weiter abnehmen soll. Um diesem Problempunkt entgegenzuwirken, sind im Rahmen der Bebauungsplanung so genannte Pufferstreifen einzukalkulieren. Auch sind Maßnahmen zu treffen, um den industriell- gewerblichen Entwicklungsstandort Weitendorf zu garantieren, wie etwa weitere Flächen für Industrie und Gewerbe zu erschließen.

Die örtlich bereits bestehende Nahversorgung der Bevölkerung der Gemeinde Weitendorf soll gesichert werden. Eine weitere Zielsetzung im tertiären Sektor , ist die Vergrößerung des Angebots von Versorgungseinrichtungen in den Hauptsiedlungsgebieten. Diese Erweiterung hat jedoch im Einklang mit der bestehenden und der gewünschten Struktur der Siedlungsgebiete zu erfolgen. 69

4.2.2 Entwicklung der Wirtschaftssektoren

Es ist ein fortlaufender Wandel der Betriebsstruktur in der Land- und Forstwirtschaft in der Steiermark gegeben. Seit einigen Jahrzehnten zeichnet sich immer mehr eine allgemeine Richtung dahingehend ab, dass die absolute Anzahl der Betriebe in der Steiermark insgesamt abnimmt. Diese beobachtete rückläufige Tendenz konnte bei den Vollerwerbsbetrieben angehalten werden. Bei jenen Betrieben, die im Nebenerwerb bewirtschaftet werden, zeigt sich jedoch eine merkliche absolute Abnahme der Gesamtanzahl. Auch hinsichtlich der Größe der Betriebe ist ein Trend

69 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Wortlaut, S. 6-8.

36 hin zu professionellen und spezialisierten Betrieben festzustellen. Durch diese Entwicklung erfolgt eine Anpassung der Betriebsgrößen an die Gegebenheiten des Marktes. 70 Die nachfolgenden Zahlen zeigen diese erkennbaren Umstrukturierungen hinsichtlich der Erwerbsarten und der Größenstufen in der Steiermark:

Betriebe nach Erwerbsart 1970 1980 1990 1999 2005 Vollerwerbsbetriebe 36.213 24.763 17.472 15.945 15.431 Nebenerwerbsbetriebe 35.496 38.842 41.141 31.516 26.991 Betriebe juristischer Personen 1.019 882 750 1.121 1.313 Gesamtbetriebsanzahl 72.728 64.487 59.363 48.582 43.754

Tabelle 7: Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft nach Erwerbsarten 1970 – 2005 (LANDWIRTSCHAFTSKAMMER STEIERMARK, Die steirische Landwirtschaft in Zahlen 2008)

Betriebe nach Größenstufen 1970 1980 1990 1999 Betriebe unter 2 ha 12.926 8.037 6.918 3.245 von 2 bis 5 ha 17.295 15.968 14.799 10.983 von 5 bis 20 ha 29.968 27.808 24.915 21.580 von 20 bis 50 ha 8.732 8.805 8.870 8.912 von 50 bis 100 ha 2.483 2.511 2.525 2.338 über 100 ha 1.324 1.358 1.336 1.524

Tabelle 8: Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft nach Größenstufen 1970 – 1999 (LANDWIRTSCHAFTSKAMMER STEIERMARK, Die steirische Landwirtschaft in Zahlen 2008)

Die letzten derartigen Ergebnisse auf Gemeindeebene wurden im Zuge der Agrarstrukturerhebungen der Jahre 1995 und 1999 veröffentlicht. Auch in der Gemeinde Weitendorf lassen sich die zuvor dargestellten Strukturveränderungen feststellen. Es zeigte sich auch in Weitendorf eine deutliche Verringerung der Nebenerwerbsbetriebe in Höhe von 29 Betrieben in diesem Zeitraum. Im Gegensatz zum Bundesland Steiermark hat sich die Zahl der Haupterwerbsbetriebe um fünf Betriebe erhöht. Im Betrachtungszeitraum ist die absolute Betriebsanzahl daher um insgesamt 24 Betriebe zurückgegangen. Diese Ergebnisse stehen auch im Einklang mit der Entwicklung im Bezirk Leibnitz. Im Bezirk ist die Gesamtbetriebsanzahl von 6.032 Betrieben auf 4.879 gesunken. Die durchschnittliche Betriebsgröße ist auch analog zu den Ergebnissen auf Landesebene gestiegen. So betrug diese etwa für die

70 vgl. LANDWIRTSCHAFTSKAMMER STEIERMARK, Arbeitsprogramm 2006 bis 2011. Tätigkeitsschwerpunkte der nächsten Funktionsperiode. Graz Oktober 2006. S. 13.

37

Haupterwerbsbetriebe der Gemeinde im Jahr 1995 noch 26,5 ha und hat im Jahr 1999 einen Wert von 34,7 ha erreicht. Für die Nebenerwerbsbetriebe ist ein Rückgang der durchschnittlichen Größe nach Hektar von 2,6% gegeben. 71

Der Anteil der Beschäftigten nach Wirtschaftssektor zeigt für den Bezirk Leibnitz, dass analog zum dargestellten Wandeln in der Landwirtschaft der primäre Sektor die geringsten Beschäftigten mit 4,5% im Jahr 2007 beinhaltet. Der Dienstleistungssektor ist mit 54,6% der größte Bereich, wobei hier dem Handel eine übergeordnete Rolle zukommt. Schließlich waren 40,9% Beschäftigen im Bezirk Leibnitz in 2007 im sekundären Sektor tätig. Hier sind insbesondere die Bereich Bauwirtschaft, Elektrotechnik, Maschinenbau und Kunststoffindustrie als die größten Arbeitsgeber zu nennen. 72 Auf Gemeindeebene liegen keine derartigen Daten vor. Die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Weitendorf wird im Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit dargestellt.

4.2.3 Der Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt wird durch das Verhältnis von Angebot an Arbeitskräften und der Nachfrage nach Arbeitskräften gekennzeichnet. Besteht zwischen diesen Faktoren ein Ungleichgewicht, so resultiert daraus Arbeitslosigkeit. Gründe für das Entstehen von Arbeitslosigkeit können sowohl auf der Angebots- sowie auf der Nachfrageseite nach Arbeitskräften gegeben sein. So können etwa die natürliche Bevölkerungsentwicklung und die Bevölkerungsbewegung durch Ab- und Zuwanderungen Ursachen für Verschiebungen des Arbeitskräfteangebotes sein. Die Arbeitskräftenachfrage wird wiederum ihrerseits durch die Produktivität, die Arbeitsdauer, die Entlohnung, die Entwicklungen in der Wirtschaft und durch das Wirtschaftswachstum beeinflusst. Weitere Einflussfaktoren für den Arbeitsmarkt stellen rechtliche Regelungen sowie Handlungen im Rahmen der Sozial- und

71 vgl. STATISTIK AUSTRIA, Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe und Flächen nach Erwerbsart. Durchschnittliche Betriebsgröße land- u. forstwirtschaftlicher Betriebe (in ha): http://www.statistik.at/blickgem/blick5/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009. 72 vgl. ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERREICH, Arbeitsmarktprofil 2007 Leibnitz, http://oi000004.host.inode.at/bezbul_2007/614/intro.html , aufgerufen am 27.07.2009.

38

Wirtschaftspolitik dar. 73 Nach dieser Darstellung der Einwirkungen auf den Arbeitsmarkt soll nun der Arbeitsmarkt des Bezirks Leibnitz näher betrachtet werden. In der nachstehenden Tabelle ist die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Bezirk ersichtlich:

absolute Veränderung Jahr Arbeitslose Bestand zum Vorjahr 2006 2.523 -32 2007 2.488 -35 2008 2.508 20 *** *** *** April 2008 2.147 -130 Mai 2008 1.893 -22 Juni 2008 1.813 -49 Juli 2008 1.951 -14 August 2008 1.919 26 September 2008 1.928 186 Oktober 2008 2.035 170 November 2008 2.404 150 Dezember 2008 3.779 432 Jänner 2009 4.393 500 Februar 2009 4.367 788 März 2009 3.551 800 April 2009 2.837 690

Tabelle 9: Arbeitlose im Bezirk Leibnitz 2006 - April 2009 (AMS Arbeitsmarktdaten, http://iambweb.ams.or.at , 19.05.2009)

Anhand der absoluten Veränderungen zum Vorjahr des Jahres 2008 ist ersichtlich, dass bis zum Monat Juli die Arbeitslosigkeit im Bezirk Leibnitz im Vergleich zum Jahr 2007 gesunken ist. Ab August 2008 bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich das Bild völlig umgedreht. So ist etwa die aktuelle Arbeitslosigkeit, Stand April 2009, um 32,1% im Vergleich zum April 2007 angestiegen. Der Bestand an Arbeitslosen im Bezirk erreichte im Jänner 2009 mit 4.393 registrierten Arbeitslosen einen Höhepunkt. Der aktuelle Bestand an Arbeitslosen von 2837 Personen setzt sich aus 1.281 Frauen und 1.556 Männer zusammen. 74

73 vgl. ARBEITSMARKTSERVICE STEIERMARK, Arbeitsmarktreport 2007. Graz 2008. S. 7. 74 vgl. ARBEITSMARKTSERVICE Arbeitsmarktdaten, Arbeitslose im Zeitvergleich. Region Leibnitz: http://iambweb.ams.or.at , aufgerufen am 19.05.2009.

39

Im Bezirk Leibnitz gibt es aktuell 103 offene Stellen. Im April 2008 waren es 160 offene gemeldete Stellen. In Bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit kann für den Bezirk Leibnitz festgestellt werden, dass es auch hier zu einer Zunahme von 363 arbeitlosen Jugendlichen im April 2008 auf aktuell 469 Arbeitslose gekommen ist. Es ist hierbei festzustellen, dass hierbei der Anteil der arbeitslosen Jugendlichen zwischen 20 und 24 Jahre mit 365 gemeldeten Arbeitslosen den umfassendsten Teil des Gesamtbestandes an Jugendarbeitslosigkeit darstellt. In der Altersgruppe zwischen 15 und 19 Jahre sind im Vergleich dazu 104 Jugendliche als arbeitslos registriert. In diesem Zusammenhang ist das Lehrstellenangebot im Bezirk zu erwähnen. Mit Stand April 2009 gibt es drei offene Lehrstellen und 43 Personen, die eine Lehrstelle suchen. 75

In einer Gegenüberstellung der aktuellen Arbeitslosenzahlen, Stand April 2009, für das Landes Steiermark, für den Bezirk Leibnitz und für die Gemeinde Weitendorf zeigt sich auch ein Anstieg der registrierten Arbeitslosen im Bezug auf den Vergleichsmonat im Vorjahr.

Frauen Männer Gesamt Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Arbeitslose April 2009 Vorjahr April 2009 Vorjahr April 2009 Steiermark 15.619 13.202 22.828 14.805 38.447 Leibnitz 1.281 1.042 1.556 1.105 2.837 Weitendorf 17 14 19 16 36 Tabelle 10: Arbeitslosigkeit April 2009 Steiermark, Leibnitz, Weitendorf (ARBEITSMARKTSERVICE STEIERMARK, Information Arbeitsmarkt April 2009, S.2-4 und AMS Arbeitsmarktdaten, http://iambweb.ams.or.at , 19.05.2009)

75 vgl. ARBEITSMARKTSERVICE STEIERMARK, Information Arbeitsmarkt. April 2009. Graz 2009. S. 5-7.

40

4.2.4 Pendlerbewegung

Im Rahmen der Volkszählung 2001 wurde auch die Pendeltätigkeit von den Schülern und den Erwerbstätigen des Gemeindegebietes gemessen. In Bezug auf die Ausbildungspendler liegt es auf der Hand, dass die Pendlerbewegung 100% betrug, da es keine schulischen Einrichtungen im Gemeindegebiet gibt.

Von den 684 Erwerbstätigen im Jahr 2001 pendelten 60 Personen überhaupt nicht und 54 Personen davon pendelten innerhalb des Gemeindegebietes. Dadurch ergab sich eine Anzahl von 570 Personen, die ihrer Erwerbstätigkeit nicht in der Gemeinde Weitendorf nachgingen. 76 Ein Anteil von 127 Personen dieser Auspendler arbeitete vor allem in den Gemeinden Leibnitz und Wildon. Der größte Teil der Auspendler mit 414 Personen übten ihre Erwerbstätigkeit vor allem in den politischen Bezirken Graz und Graz-Umgebung aus. In Graz-Umgebung waren besonders die Gemeinden Kalsdorf bei Graz und die Nachbargemeinde Weitendorfs Werndorf das Pendelziel. Weiters zog es 22 Erwerbstätige in ein anderes Bundesland und 7 Personen waren im Ausland beschäftigt.

Im Vergleich dazu pendelten im Jahr 2001 304 Personen in das Gemeindegebiet. Davon stammten 123 Erwerbstätige aus einer anderen Gemeinde des Bezirks Leibnitz und 175 Personen aus einem anderen Bezirk der Steiermark. Eine verstärkte Pendlerbewegung war hier insbesondere aus den Bezirken Graz, Deutschlandsberg und Graz-Umgebung in das Gemeindegebiet zu beobachten. Schließlich waren noch 6 Personen aus einem anderen Bundesland in der Gemeinde Weitendorf tätig. 77

76 vgl. STATISTIK AUSTRIA, Volkszählung vom 15. Mai 2001, Erwerbs- u. Schülerpendler; Wohnbevölkerung bzw. Erwerbspersonen nach berufl. u. wirtschaftl. Merkmalen: http://www.statistik.at/blickgem/vz5/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009. 77 vgl. STATISTIK AUSTRIA, Volkszählung vom 15. Mai 2001, Erwerbspendler nach Pendelziel: http://www.statistik.at/blickgem/vz6/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009.

41

5 Das Wirtschaftsleben der Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten

Um die wirtschaftsgeschichtliche Entwicklung der Gemeinde möglichst umfassend wiederzugeben, soll die Betrachtung des Wirtschaftslebens der Gemeinde mit der Darstellung von zwei für die Gemeinde Weitendorf in der Vergangenheit wichtigen Unternehmen beginnen und zwar der Perlmooser Zementwerke AG und des Basaltsteinbruchs in Weitendorf. Auf Basis dieser historischen Untersuchung wird danach auf die wirtschaftliche Entwicklung in Bezug auf Betriebsansiedelungen und Betriebsabsiedelungen in den letzten 30 Jahren näher eingegangen. Im Jahr 2009 angekommen erfolgt neben einer Darstellung der Ist-Situation auch die Beschreibung der Ergebnisse eines durchgeführten Interviews mit ortsansässigen Unternehmen.

5.1 Perlmooser Zementwerke AG

5.1.1 Historischer Abriss

Im Jahre 1842 erfolgte die erste Herstellung von Romanzement in Österreich in Schwoich bei Kufstein. 78 Dabei handelt es sich um einen Zement, der in einem schwächeren Brennvorgang erzeugt wird. Romanzement wird bis zu jenem Stadium gebrannt, in dem die Kohlensäure austritt und die Silikate durch den Kalk aufgeschlossen werden. Stücke, die schärfer gebrannt wurden, wurden in der Geschichte der Zementherstellung zunächst als Abfall angesehen. 79

Ganz in der Nähe von Schwoich wurde im Jahr 1854 die Basis für die in Folge entstehende Perlmooser Zementwerke AG gesetzt. Der bereits in Ruhestand befundene Steuereinnehmer Alois Kraft in Kufstein gründete in diesem Jahr einen Mergelsteinbruch. In einer Getreidemühle in Perlmoos bei Kirchbichl wurde die

78 vgl. MATHIS Franz, Big Business in Österreich. Österreichische Großunternehmen in Kurzdarstellungen. Wien 1987. S. 220. 79 vgl. HUBER Franz unter Mitarbeit der VEREINIGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ZEMENTINDUSTRIE, Zement + Beton Handels- und Werbeges.m.b.H. (Hrsg.), 1894 - 1994 100 Jahre Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie. Wien 1994. S. 11.

42

Vermahlung des Materials vorgenommen. Dieser Ort wurde für den Namen des später weitaus größten Unternehmens dieser Branche aufgegriffen.80

Die Entstehung der Perlmooser Zementwerke AG stellte ein bedeutsames Ereignis in der Geschichte der österreichischen Wirtschaft dar. Das Aufkommen der österreichischen Zementindustrie ist auf die Stammwerke von Perlmooser zurückzuführen. Der Bekanntheitsgrad des hergestellten Zements reichte rasch über die Staatsgrenzen hinaus und vor der Einführung von Zementprüfungsvorschriften in Österreich galt der von Perlmooser hergestellte Zement als Standardzement. Die Qualitätsbezeichnung für die Verarbeitung von Portlandzement lautete „wie Perlmooser Zement“. 81

In dem Werk von Alois Kraft erfolgte in den Anfängen nur die Herstellung von Romanzement. Als Alois Kraft die stärker gebrannten Reststücke vermahlte, bemerkte er, dass als Ergebnis ein dem englischen Portlandzement vergleichbares Produkt entstand. 82 Durch die Entdeckung des hydraulischen Zements hatte Kraft das kaiserliche Privileg zur alleinigen Herstellung seiner Erfindung und trat daraufhin 1860 mit dem Geschäftsführer eines Großhandelshauses Angelo Saullich in Verbindung. Diese Geschäftsbeziehung hielt jedoch nur zwei Jahre. Saullich wurde danach ausschließlicher Besitzer der k.k. ersten österreichischen Portlandcementfabrik von Angelo Saullich zu Perlmoos bei Kufstein . Saullich hatte das Ziel das Unternehmen zu erweitern und erwarb dahingehend weitere Zementöfen. Weiters beschäftigte er sich mit den Weiterverarbeitungsmöglichkeiten von Zement. Um zukünftige Erweiterungen des Unternehmens bewerkstelligen zu können und um eine größere finanzielle Grundlage zu schaffen, erfolgte im Jahr 1872 die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft. Neben einigen privaten Anlegern erwarben die oberösterreichisch-salzburgerische Oberbank und auch das Großhandelshaus Schoeller & Co. Beteiligungen am Unternehmen. Die Leitung des Unternehmens übte noch immer Angelo Saullich aus. Das Jahr 1872

80 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S. 220. 81 vgl. PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972. Wien 1972. S. 21. 82 vgl. HUBER Franz unter Mitarbeit der VEREINIGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ZEMENTINDUSTRIE, 1894 - 1994 100 Jahre Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, S. 11.

43 geht als das Gründungsjahr der AG der k.k. priv. hydraulischen Kalk- und Portlandcementfabrik zu Perlmoos in die Geschichte ein. 83

Perlmooser konnte auf ein zufrieden stellendes erstes Geschäftsjahr zurückblicken. Der Absatzmarkt der Produkte von Perlmooser umfasste neben den Kronländern der Monarchie Österreich-Ungarn auch die Donau-Fürstentümer, Nord- und Süditalien und Bayern. Anfänglich war die verfügbare Kapazität jedoch zu gering, um den Bedarf decken zu können. Die ausgeschüttete Dividende des ersten Geschäftsjahres entsprach einer 15%igen Verzinsung des eingesetzten Kapitals. 84 In den folgenden Jahren wurden zahlreiche horizontale Expansionen getätigt. Perlmooser übernahm einige Unternehmen der Zementindustrie in Österreich und hielt diese zum Teil selbst in Betrieb. Durch diese Erweiterungen stieg auch der Personalsstand beträchtlich an. Perlmooser war damals bereits eines der größten Unternehmen in Österreich, denn die Anzahl der Beschäftigten war von durchschnittlich 173 Personen in den Jahren 1868 bis 1870 auf 668 Arbeitnehmer um die Mitte der 1870er Jahre angewachsen. Die bisherige Erweiterungsphase war, bis auf den Erwerb eines Werkes in Hallein, durch eine räumliche Konzentration um das Stammwerk gekennzeichnet. Ab Mitte der 90er Jahre startete Perlmooser eine weitere Erweiterungsphase, die nun vor allem auf den Wiener Markt gerichtet war. 1905 nahm die Perlmooser durch Fusion die AG der Kaltenleutgebener Kalk- und Zementfabrik auf, wodurch die bis dahin ansehnlichsten Unternehmen der Zementindustrie Österreichs miteinander verbunden waren. Durch diese Fusion wurde unter anderem die Fabrik in Mannersdorf in die Perlmooser Zementwerke AG integriert. Durch diese Handlung nahm nun Niederösterreich und nicht mehr Tirol das geographische Hauptgewicht von Perlmooser ein. Die Expansionspläne Perlmoosers waren jedoch noch nicht beendet. Das Unternehmen erwarb unter anderem 1908 das Portlandzementwerk in Judendorf bei Graz und die Ehrenhausener Zementfabrik in Retznei in der Steiermark im Jahre 1911. 85 Dieses Werk in Retznei war für Perlmooser eine äußerst lohnende Investition gewesen, da es neben einer neuartigen Ausstattung vor allem über einen sehr guten Standort verfügte. Die

83 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S. 220-221. 84 vgl. PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972, S. 21. 85 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S. 221-222.

44

Zementfabrik lag im Zentrum der damaligen Steiermark und zeigte eine örtliche Nähe zum Verkehrsknoten Marburg auf. Der Zementbedarf der südöstlichen Alpenländer konnte durch dieses Werk erfüllt werden.86 Als Resultat dieser regen Erweiterungspolitik umfasst das Unternehmen vor Beginn des Ersten Weltkrieges insgesamt 11 Zementwerke und beschäftigte rund 1.800 Arbeitnehmer. 87 Durch den Ersten Weltkrieg hatte sich die Lage der Bauwirtschaft verschlechtert. Schon kurz nach Beginn des Krieges kam es zu einem weitgehenden Rückgang der Bautätigkeiten und damit verbunden auch zu einer Verminderung des Zementverbrauches. Die Kapazität der Perlmooser Werke war nur mit 25% ausgelastet. Auch die knappe Versorgung mit Kohle sowie die steigende Inflation hatten weitere negative Auswirkungen auf das Unternehmen. 88 Perlmooser musste Werke zum Teil für mehrere Jahre schließen und auch der Abbau an Beschäftigten bis 1921 auf etwa 900 Personen war eine Folge des Krieges.

In den 1920er Jahren verbesserte sich die Situation wieder etwas und Perlmooser setzte seine Expansionspolitik fort. Das Unternehmen übernahm einerseits circa ein Fünftel des Aktienvermögens des Unternehmens Wienerberger und andererseits übernahm Perlmooser 1925/26 alle Aktien der Steirischen Zementindustrie AG. Diese hatte ihren Standort in der Gemeinde Weitendorf bei Weissenegg und führte dort eine Portlandzementfabrik. 89 Durch diese Übernahme gelangte das Drehofenzementwerk Weissenegg in den Besitz der Perlmooser Zementwerke AG. 90 Die Anfänge des Werks liegen bereits im Jahr 1907. In diesem Jahr starteten die Bauarbeiten zur Errichtung des Zementwerks in der Ortschaft Klein-Weitendorf. Noch im selben Jahr konnte das Werk unter Teilnahme von vielen Ehrengästen feierlich eröffnet werden. 91 Aufgrund eines begrenzten Steuer- und

86 vgl. PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972, S. 26. 87 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S. 222. 88 vgl. PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972, S. 28. 89 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S. 223. 90 vgl. HUBER Franz unter Mitarbeit der VEREINIGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ZEMENTINDUSTRIE, 1894 - 1994 100 Jahre Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, S. 49. 91 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 49.

45

Gebührenbegünstigungsgesetzt wurde diese Fusion unterstützt und rasch durchgeführt.92

Vor Einbruch der Weltwirtschaftskrise hatte Perlmooser mehr als die Hälfte der Zementherstellung in Österreich inne und konnte bis 1928 den Personalstand wieder auf rund 1.500 Beschäftigte anheben. Nach diesem Aufschwung mussten in Folge der Weltwirtschaftskrise jedoch einige Betriebe geschlossen werden auch die Anzahl der Arbeitnehmer sank rapide ab. In der Zwischenkriegszeit verringerte sich der Umfang des Unternehmens erheblich. Von den vormals elf Zementwerken waren nur noch vier beziehungsweise sechs Zementwerke im Besitz von Perlmooser verblieben, wobei auch in diesen 1937 nur teilweise die Zementherstellung nicht stillstand.93 Auch das Werk Weissenegg in der Gemeinde blieb von diesem wirtschaftlichen Tiefpunkt nicht verschont und musste in Folge im Jahr 1931 den Betrieb einstellen. Erst sieben Jahre danach konnte im Jahr 1938 mit der Herstellung von Zement wieder begonnen werden. Bereits im Jahr 1943 kam es jedoch erneut aufgrund der gegenwärtigen Kriegssituation zum Stillstand des Werks Weissenegg. 94 Im Unterschied zum Ersten Weltkrieg erfuhr die Bauwirtschaft eine durch den Zweiten Weltkrieg bedingte Aufwärtsbewegung. Perlmooser erreichte im Jahre 1938 eine bis dato höchste Absatzmenge mit 329.000 Tonnen. Anzumerken hierbei ist, dass die Zunahme des Versandanteils im Vergleich zum Vorjahr beachtliche 59% betrug. 95 Auch die Fusion mit der Rodauner Cementfabrik AG trug zu einer verbesserten Ausschöpfung der Kapazität bei. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung in Österreich nach 1945 profitierte auch die Perlmooser Zementwerke AG. Die Tiefstände des Personalstandes wurden überwunden und die Anzahl der Beschäftigten stieg in den folgenden Jahren kontinuierlich an. Im Jahre 1949 verfügte Perlmooser bereits wieder über den Personalstand wie vor dem Ersten Weltkrieg. 96 In diesem Jahr startete auch wieder die Zementerzeugung im Werk

92 vgl. PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972, S. 30. 93 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S.223. 94 vgl. HUBER Franz unter Mitarbeit der VEREINIGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ZEMENTINDUSTRIE, 1894 - 1994 100 Jahre Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, S. 48. 95 vgl. PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972, S. 30. 96 vgl. MATHIS, Big Business in Österreich, S. 224.

46

Weissenegg. Das Werk leistete einen Beitrag zur Erfüllung der verstärkten Nachfrage nach Zement. In diesem Sinne wurden auch in allen Werken Rationalisierungsmaßnahmen getroffen und Betriebserweiterungen beabsichtigt. Auch startete Perlmosser erstmalig in ganz Österreich mit der Herstellung von Höchstwertzement und Spezialzement wie Contragress Z 275 und Z 375.

Im Jahr 1994 standen die Werke Mannersdorf, Rodaun, Retznei und Kirchbichl noch im Betrieb der Perlmooser Zementwerke AG. 97 Die Betriebsgrundstücke des Werk Weissenegg wurden im Jahre 1995 durch die in Wien ansässige Unternehmensleitung der Perlmooser Zementwerke AG an die Weitendorfer Industrieansiedelungs-Gesellschaft (kurz WIG) verkauft. Durch diesen Veräußerungsakt gingen ungefähr 140.000 m 2 Industriegebiet auf den neuen Besitzer über. 98

5.1.2 Gespräch mit einem Zeitzeugen

Herr Emmerich Skoric (Geburtsjahr 1926) war 37 Jahre (1949 – 1986) im Werk Weissenegg in Weitendorf beschäftigt. Nach den Kriegsjahren konnte 1949, wie zuvor geschildert, wieder mit der Herstellung von Zement begonnen werden. In diesem Jahr ist auch Herr Skoric in das Unternehmen eingetreten. Er war im Labor des Unternehmens tätig. Durch angesammelte Überstunden konnte er in Graz die Berufsschule besuchen und die Lehre in diesem Bereich abschließen. Bis 1968 übte Herr Skoric diese Tätigkeit aus. Danach war er mit Aufgaben im Büro betraut. Der Grund hierfür lag darin, dass in diesem Jahr die Herstellung von Zement im Werk völlig eingestellt wurde und das Werk nur noch als Zulieferungs- und Verteilungsstätte für das Werk in Retznei diente.

Zu Beginn der Produktionswiederaufnahme im Jahr 1949 umfasste der Personalstand des Werk Weissenegg rund 145 Personen. Das Unternehmen war für viele Weitendorfer, sowie für die Bevölkerung der nahe gelegenen Gemeinden wie

97 vgl. HUBER Franz unter Mitarbeit der VEREINIGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ZEMENTINDUSTRIE, 1894 - 1994 100 Jahre Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, S. 48-49. 98 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung vom 24. April 1995. Weitendorf 1995. S. 1.

47

Wildon und ein wichtiger Arbeitgeber. Neben vielen Hilfsarbeitern verfügte das Werk auch über Fachkräfte wie Schlosser, Tischler, Mechaniker, Schweißer und Elektriker. Im Werk Weissenegg wurde ausschließlich Zement hergestellt. Das Sortiment umfasste fünf verschiedene Arten. Darunter war etwa der Zement „Contragress 275“. Herr Skoric war bei der Entwicklung dieses Zements maßgebend beteiligt. Diese Zementart war widerstandsfähiger als andere Sorten und wurde daher vor allem für den Bau von Kaminen oder Kanalsystemen eingesetzt. Bei der erste Lieferung dieses Zements enthielt der Eisenbahnwagen die Aufschrift „1. Waggon Contragress Werk Weissenegg“. Die Auftragslage des Unternehmens war sehr gut. So erfolgte die Auslieferung des Zements etwa nach Graz, Hartberg und auch bis in den Bezirk Voitsberg. Vor allem Landwirtschaftsgenossenschaften waren große Abnehmer des hergestellten Zementes. Hervorzuheben ist weiters, dass auch für die Errichtung des Kleinalmtunnels der Zement aus dem Werk Weissenegg verwendet wurde. Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen für die Weitendorfer Bevölkerung profitierte die Gemeinde von der zu entrichtenden Lohnsummensteuer. Im Vergleich zu anderen Unternehmen diese Zeit beurteilte Herr Skoric das Perlmooser Zementwerk als einen der größten Betriebe. Die technische Ausstattung des Werks war jedoch nicht auf dem besten Stand, da die Maschinen meist noch aus dem Gründungsjahr 1907 stammten. Diese waren daher sehr reparaturanfällig und verursachten einen sehr hohen Stromverbrauch. Das Rohmaterial wurde über ein Seilbahnsystem aus Holzständern aus dem eigenen Steinbruch in das Werk geliefert. Das Gestein musste dort händisch eingeladen werden und auch im Werk mussten die Transportboxen wieder per Hand entleert werden. Das Werk Weissenegg verfügte über verschiedene Lader, wie etwa einen Greiflader, und später auch über eigene Lastkraftwagen. Diese wurden besonders für den unternehmensinternen Transport zwischen den Werken Weissenegg und Retznei eingesetzt. Der externe Transport erfolgte unter anderem durch ein weiteres in der Gemeinde Weitendorf ansässiges Unternehmen, nämlich durch das Transportunternehmen Franz Glanz. Weiters bestand eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, die Materialien für die Zementherstellung, wie Hochofenschlacke oder Gips, ins Werk Weissenegg lieferten.

48

Die Arbeitsbedingungen waren sehr hart, da 90% der Arbeit per Hand durchgeführt werden musste. Weiters war eine Belastung aufgrund des hohen Staubaufkommens gegeben. Herr Skoric schilderte, dass die Arbeit in den Wintermonaten bei tiefsten Temperaturen verrichtet werden musste und im Sommer hingegen Wärmespitzen mit bis zu 60° Grad erreicht wurden. Die Herstellung de s Zements erfolgte in drei Schichten, wobei auch an Sonn- und Feiertagen ein Betrieb gegeben war. Auch am Sonntag betrug die Arbeitszeit zwölf Stunden, wobei die Arbeiter zwei Sonntage in Folge (einmal Tagschicht, einmal Nachtschicht) arbeiteten und danach einen Sonntag frei hatten. Herr Skoric sagte, dass der Hochofen immer in Betrieb war und nur aufgrund von notwendigen Reparaturen die Produktion stillstand. In Bezug auf Sicherheitsmaßnahmen waren noch keine umfassenden Regelungen vorhanden. So hatten die Arbeiter am Hochofen, zum Beispiel, selbst Sorge dafür zu tragen, dass sie Sicherheitsschuhe besaßen.

Im Gegensatz dazu war das Perlmooser Zementwerk einer der sozialsten Betriebe in der Steiermark. Herr Skoric berichtete, dass die Entlohnung sehr gut war. So betrug das Anfangsgehalt 650 Schilling. Die Arbeitnehmer erhielten auch außernatürliche Zahlungen und auch durch die diversen Zulagen erhöhte sich ihr Einkommen. Weiters gab es schon damals kontinuierliche Gehaltserhöhungen. Die Perlmooser Zementwerk AG baute in direkter Nähe zum Werk Weissenegg Wohnhäuser für die Arbeitnehmer. Das Werk verfügte weiters über soziale Einrichtungen wie eine Kantine, eine Bücherei, einen Waschraum, eine Krankenschwester und besaß auch eine werkseigene Stelle des Roten Kreuzes. Auch gab es für Firmenangehörige die Möglichkeit zwanzig Säcke Zement zum halben Preis einmal jährlich zu beziehen. Dies galt jedoch nur für Beschäftigte, die ein Eigenheim hatten. Weiters erhielten die Kinder des Werkspersonals im Rahmen der Weihnachtsfeiern Schuhe vom Unternehmen bereitgestellt. Besonders beachtenswert waren auch die Vergütungen bei Dienstjubiläen. So erhielten die Beschäftigten zu Ehren der 25-jährigen und der 35-jährigen Unternehmenszugehörigkeit einen 14tätigen völlig kostenfreien Aufenthalt am Hintersteiner See in Tirol geschenkt. Die Jubilare mussten weder die Kosten der Anreise oder der Verpflegung übernehmen.

49

Nach Beendigung der Zementherstellung blieben die sozialen Leistungen des Unternehmens weiterhin aufrecht. Herr Skoric beurteilte das Betriebsklima als ganz gut. Besonders der erste Direktor des Werks Weissenegg Herr Pick ist ihm gut im Gedächtnis geblieben. Er hatte für jedes Anliegen ein offenes Ohr und war stets bemüht eine Lösung für etwaige Probleme zu finden. Von dem damaligen großen Werksgelände sind heute noch das Direktionsgebäude, die Werkstatt und Hallen erhalten. Diese werden von den dort neu angesiedelten Unternehmen genutzt. 99

99 Interview mit Herrn Emmerich Skoric am 28. Mai 2009.

50

5.2 Basaltsteinbruch Weitendorf

5.2.1 Historischer Abriss

Im Gemeindegebiet Weitendorf existiert ein Steinbruch, der schon seit jeher eine Bedeutung für das Wirtschaftsleben wie auch für geologische Forschungsarbeiten hat. Der Steinbruch wird durch die Appel Steinbruch GesmbH & Co KG betrieben und befindet sich an der Bundesstraße Richtung Zwaring. 100

In den 1830er Jahren wurde zum ersten Mal entdeckt, dass der Basalt des Weitendorfer Steinbruchs durch einen Vulkan gebildet wurde. Die Meinungen über das Alter des Vulkans und ob es wirklich ein Vulkan ist, gingen lange Zeit auseinander. Die Einschätzungen über das Alter umfassten eine Spannbreite von 17 Millionen Jahren bis zwei oder drei Millionen Jahren. Aufgrund von modernen Techniken der Physik konnte schließlich ein Alter von 14,5 bis 15 Millionen Jahre ermittelt werden. Unter den Sammlern von Mineralien und Wissenschaftlern ist der Basaltsteinbruch für die ausgezeichnete Bildung von Mineralen berühmt.

In Bezug auf den wirtschaftlichen Stellenwert des Steinbruchs kann festgehalten werden, dass Basalt schon in der Vergangenheit ein sehr beliebtes Mineral war, das als Rohstoff herangezogen wurde. Dies liegt in seinen Eigenschaften als Hartgestein und als besonders gegenüber der Witterung widerstandsfähiges Material begründet. Der Basalt von Weitendorf wurde schon in der Jungsteinzeit verwendet. Die Anfänge des Betriebs als Steinbruch liegen im 16. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurde das abgetragene Gestein in Form von Bau- und Plastersteinen genutzt. Diese fanden ihren Einsatz sowohl in Bauten im Umkreis des Steinbruchs wie auch in Graz. Für die Erstellung der Grundmauern des Schlosses in Wildon wurde, zum Beispiel, der Weitendorfer Basalt herangezogen. In Graz wurde der Basalt als Pflasterstein in Gebrauch genommen, da die Abnutzung des Materials als sehr gering galt. Der Basalt wird gegenwärtig in dreifacher Hinsicht genutzt. So wird das abgetragene

100 vgl. HIDEN Hartmut, Der Vulkan von Weitendorf in: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Heft 2/2006. S. 4.

51

Material als Edelsplitt, als Asphalt-Zuschlagstoff und als sehr widerstandsfähige Wasserbausteinen verwendet. 101

In der geschichtlichen Entwicklung des Basaltsteinbruchs sind insbesondere die Jahre 1977 und 1984 hervorzuheben. Im Jahr 1977 erfolgte die Bewilligung der Inbetriebnahme der betriebseigenen Tankanlage für Dieselkraftstoff. Zur Vorsoge für den Ernstfall musste ein Handfeuerlöscher in Reichweite zur Anlage vorhanden sein, der jedenfalls sechs Kilogramm Löschmittel beinhaltete und alle zwei Jahre einer Kontrolle unterzogen wurden. 102 Im selben Jahr wurden weitere Vorschriften hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes auferlegt. So wurde etwa festgehalten, dass nur bei Unterbrechung der Betriebstätigkeit erforderliche Arbeiten im Inneren der Anlage stattfinden dürfen. Die Gänge an der Außenseite zur Bedienung der Sortierung mussten dermaßen verkleidet werden, so dass der Betriebswärter in keiner Weise gestört wurde. 103 Wie schon in der geschichtlichen Entwicklung erwähnt wurde im Jahr 1984 im Basaltsteinbruchs eingebrochen, wodurch eine Explosion ausgelöst wurde. Doch nicht nur aufgrund dieses Vorfalls stand der Basaltsteinbruch damals unter einer besonderen Aufmerksamkeit. In diesem Jahr wurde darüber diskutiert, ob der Basaltsteinbruch zum Naturdenkmal erklärt werden soll. Die Gemeinde Weitendorf vertrat die Ansicht, dass es dadurch weder zu einer Stilllegung des Betriebs noch zu einer Behinderung der Abbauarbeiten kommen darf. Weiters sprach sich die Gemeinde für die Erklärung zum Naturdenkmal aus, wenn aus diesem Grund die beabsichtigte Errichtung einer Müllablagerungsdeponie durch die Stadt Graz abgewendet werden könnte. Auch herangezogene Experten sahen den Abbaubetrieb des Basaltsteinbruchs dadurch nicht gefährdet, weshalb eine Einwilligung seitens der Gemeinde erfolgte. 104 Im März 1985 wurden Teile des Basaltsteinbruchs in Weitendorf zum Naturdenkmal ernannt. Dies war an die Bedingung gebunden, dass der mit Fossilen angereicherte Tonmergel weder in seiner Beschaffenheit eine Veränderung erfährt, noch in seinem Gehalt verringert

101 vgl. HIDEN Hartmut, Der Vulkan von Weitendorf in: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Heft 2/2006. S.7-9. 102 vgl. BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bescheid vom 6.10.1977. GZ: 4 Scha 4/1977. Leibnitz 1977. S. 1. 103 vgl. BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bescheid vom 6.12.1977. GZ: 4 Scha 10/1977. Leibnitz 1977. S. 1. 104 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Rundschreiben vom 26.7.1984. Weitendorf 1984. S. 2.

52 wird. Weiters wurde die Nutzung als dauerhafte Müllablagerungsstätte untersagt, wodurch die Zugänglichkeit zum Tonmergel nicht gegeben gewesen wäre. 105 Das Magistrat der Stadt Graz legte dagegen Berufung ein, welche abgewiesen wurde. Es kam jedoch zu einer Abänderung der an die Erklärung zum Naturdenkmal angeknüpften Bedingung. So war der durch Fossile angereicherte Tonmergel nun von Überschüttungen zu bewahren, um die Zugänglichkeit aufrechterhalten zu können. 106 Die Fachstelle Naturschutz der Steiermärkischen Landesregierung hat im Jahr 2000 den Basaltsteinbruch zum Naturdenkmal erklärt. 107

5.2.2 Gespräch mit einem Zeitzeugen

Im Gespräch mit Herrn Franz Wankhammer (Geburtsjahr 1916) konnte Aufschluss über den Betrieb des Steinbruchs in der Vergangenheit erlangt werden. Herr Wankhammer war in seiner 25-jährigen Tätigkeit im Basaltsteinbruch Weitendorf zuerst als Büroangestellter beschäftigt und ist danach in die Position des Betriebsleiters aufgestiegen. In den Jahren seiner Beschäftigung arbeiteten durchschnittlich 15 Personen im Basaltsteinbruch. Die Arbeitsmethoden waren bereits dahingehend erleichtert, dass den Mitarbeitern bereits einige Maschinen zur Verfügung standen. So gab es Steinbrechermaschinen wie Grob- und Kreiselbrecher, Bohrhämmer und Geräte zum Verladen der abgetragenen Gesteine. Weiters besaß das Unternehmen für den Transport drei Lastkraftwagen. Herr Wankhammer berichtete, dass vor diesen maschinellen Hilfestellungen die Arbeit im Basaltsteinbruch äußerst hart und Kräfte raubend war. Es waren auch viel mehr Personen im Steinbruch beschäftigt als noch alles in Handarbeit verrichtet werden musste. So erfolgte etwa der Transport zuvor mit Karren, die von Ochsen gezogen wurden.

105 vgl. BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bescheid vom 4.3.1985. GZ: 6.0 B 10 – 1985. Leibnitz 1985. S. 1. 106 vgl. AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG, Rechtsabteilung 6. Bescheid vom 5. August 1986. GZ: 6 – 375/II We 35/12 – 1986. Graz 1986. S. 1. 107 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 16.

53

Die abgetragenen Gesteine wurden vor allem für die Schotterzeugung eingesetzt. Dieser Schotter wurde sowohl für den Straßenbau wie auch für Wasserverbauungen verwendet. Auch die Bundesbahn wurden mit dem Schotter beliefert, die diesen zur Erstellung der Gleisanlagen benötigte. Herr Wankhammer meinte, dass in Bezug auf die Größe des Unternehmens im Vergleich zu anderen Unternehmen dieser Zeit der Basaltsteinbruch in Weitendorf ein mittlerer Betrieb war, der sich über eine zufrieden stellende Auftragslage erfreuen konnte. Die Zusammenarbeit erfolgte im Wesentlichen mit dem Hauptwerk in Mühldorf bei Feldbach. Für die Gemeinde hatte der Basaltsteinbruch vor allem dadurch eine Bedeutung, dass Arbeitsplätze für die Bevölkerung geschaffen wurden. Auch gab es Förderungsleistungen sowohl seitens der Gemeinde aber auch durch das Land Steiermark. Der Steinbruch stand schon damals und auch heute noch im Eigentum der Stadt Graz.

In der Beurteilung des Basaltsteinbruchs als Arbeitsplatz kann festgestellt werden, dass sowohl bereits Regelungen über die Arbeitsbedingungen wie auch einige Sicherheitsmaßnahmen vorhanden waren. So gab es Schutzkleidung, Helme und vor jeden Abbruchsarbeiten ertönte ein lautes Signal, das die Sprengungen ankündigte. So wurde auch ein strenges Alkoholverbot während der Arbeitszeit eingeführt. Die Arbeit wurde im Schichtbetrieb verrichtet und in der Regel waren die Arbeiter 40 Stunden in der Woche beschäftigt. Es bestand weiters die Möglichkeit eine Aus- und Weiterbildung im Unternehmen zu absolvieren. So gab es im Basaltsteinbruch Bürolehrlinge und auch die Gelegenheit die Tätigkeit eines Gesteinsbohristen oder Sprengbefugten zu erlernen. In Bezug auf soziale Einrichtungen verfügte das Unternehmen über eine Kantine. Des Weiteren gab es Vergütungen bei Dienstjubiläen. Das Betriebsklima im Basaltsteinbruch hat Herr Wankhammer während seines Beschäftigungszeitraums als ein gutes in Erinnerung. 108

108 Interview mit Herrn Franz Wankhammer am 18. April 2009.

54

5.3 Entwicklung der Wirtschaft in den letzten 30 Jahren

Nach der Darstellung dieser zwei bedeutenden Unternehmen in der Wirtschaftsgeschichte Weitendorfs soll nun die generelle Entwicklung der Wirtschaft von 1979 bis 2009 näher betrachtet werden. Um dies zu bewerkstelligen soll in groben Zügen die Firmenzusiedelungen beziehungsweise Firmenabwanderungen in diesem Zeitraum gezeigt werden. Ausgehend vom Jahr 1979 gab es folgende Industrie- und Gewerbebetriebe mit Standort in der Gemeinde Weitendorf:

Nummer Industrie- und Gewerbebetriebe Beschäftigte 1 Dampfkraftwerk STEWEAG 120 2 Perlmooser Zementwerke AG 30 3 Otto Mußbacher, Schmiede 4 4 Franz Prach KG, Viehexport und Fleischerei 40 5 Richhard Neumeister, Zimmermeister und Hobelwerk 10 6 Erich Mossier, Karosseriebau 9 Steirisches Basalt- und Hartgesteinwerk, 7 17 Gebrüder Schlarbaum 25 Beschäftigte, 8 Franz Glanz, Autotransporte 22 Fahrzeuge 9 Franz Greimel, Elektro-Installateur und Verkauf 6 10 Heribert Hegedys, Erdbewegungen keine Angabe

Tabelle 11: Industrie- und Gewerbebetriebe in der Gemeinde Weitendorf im Jahr 1979 (GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 107)

Weiters bestanden im Jahr 1979 acht gastwirtschaftliche Betriebe sowie zwei Lebensmittelgeschäfte in der Gemeinde Weitendorf. 109

Vor allem in den 80er Jahren des vorherigen Jahrhunderts war ein wirtschaftlicher Aufschwung in der Gemeinde Weitendorf zu beobachten. Viele Unternehmen zeigten ihr Interesse an der Gemeinde als Standort. Die Gemeinde konnte deshalb einige Grundstücksverkäufe für Betriebserrichtungen tätigen. So beabsichtige die Aggrosserta Ges.m.b.H. in Graz 1979 den Ausbau des Unternehmens Prach in Neudorf. Ziel war es einen Schlachthof zu errichten, der 100 Arbeitnehmer

109 vgl. GRABNER, Chronik der Gemeinde Weitendorf, S. 108.

55 beschäftigte. Der Gemeindrat beschloss im Sinne der Arbeitsmarktförderung die Einhebung der Lohnsummensteuer für fünf Jahre ab Fertigstellung des Ausbaues und der Inbetriebnahme zu erlassen. Der Fleisch-Abholmarkt Prach wurde im Jahr 1986 neu eröffnet. Nach einem getätigten Ausbau umfasst das Sortiment Frischfleisch, viele Wurst- und Käsesorten und auch Hausgeselchtes.

In der Sitzung vom 16. Oktober 1985 stimmt der Gemeinderat einstimmig der Rücksiedlung des Transportunternehmens Glanz nach Lichendorf zu. Die Gemeinde förderte dieses Vorhaben, in dem das Unternehmen für drei Jahre von der Leistung der Lohnsummensteuer befreit wurde.

Im Jahr 1986 wurde die Grundlage für eine weitere Betriebsansiedelung gesetzt. Die Firma Stemark-Elektonik GesmbH Leibnitz hatte ihr Interesse an einem Grundstück im Gemeindegebiet bekannt gegeben. Die Firma hatte die Absicht 2000 m 2 zum Preis von 100 Schilling pro m 2 zu kaufen, wobei eine gleichzeitige Option für den Kauf von weiteren 2000 m 2 zum selben Preis für zwei Jahre bestand. Stemark- Elektronik plante auf dem Grundstück eine Produktionsstätte für Elektrogeräte für die Nachrichtentechnik zu errichten. Im Gemeinderat wurde positiv über den Grundverkauf an die Stemark-Elektronik GesmbH entschieden. Im selben Jahr erfolgte ein weiterer Grundverkauf durch die Gemeinde. Zum Zwecke der Betriebsvergrößerung wurden 1819 m 2 zum Preis von 120 Schilling je m 2 an die Firma Oswald in Neudorf veräußert.

1987 wurden weitere Grundstücke für Betriebsgründungen im Gemeindegebiet verkauft. Es wurde im Gemeinderat beschlossen, dass die Firma ACCDUR – Türen und Fenster GesmbH ein 4000 m 2 großes Grundstück angrenzend an die Firma Stemark-Elektronik GesmbH um 100 Schilling je m 2 erwerben kann. Ziel der Firma war es eine Fertigungsanlage von „Trocal Fenster und Türen“ zu erbauen. Zudem wurde einer Befreiung von der Lohnsummensteuer für ein Jahr durch den Gemeinderat zugestimmt. Mit den Bauarbeiten wurde am 1. November 1987 begonnen und der Betrieb konnte bereits am 15. März des darauf folgenden Jahres gestartet werden. Für die Errichtung der Produktionsstätte wurden 785 m 2 herangezogen, die zur Herstellung von Kunststoff-Fenster und Kunststoff-Türen

56 dienen sollte. Die gesamte in Anspruch genommen Fläche betrug 985 m 2. Ein Jahr nach Baubeginn war das Unternehmen für 54 Personen ein Arbeitgeber. Weiters gab es 1987 Verkaufsverhandlungen mit der Firma Hoffmann-Meltschok, die einen positiven Abschluss fanden. Auf einer Fläche von 6800 m 2 konnte schon nach einer sechsmonatigen Bauzeit konnte im Juli 1988 der Betrieb der Produktionsstätte aufgenommen werden. Das Sortiment der Firma Hoffmann-Meltschok umfasste Sauergemüse, Feinkostsalate, Fischmarinaden und sowie auch Feinfischmarinaden, wie etwa Sahne-Herings-Filets oder Heringshappen in Chilisauce. Der Bürgermeister wurde im Rahmen der Verkaufsverhandlungen ermächtigt der Firma eine Lohnsummensteuerbefreiung für eine Dauer von fünf Jahren einzuräumen. 110

Ein Vergleich mit dem aktuellen Firmenverzeichnis der Gemeinde Weitendorf zeigt, dass von diesen in den 1980er Jahren neu angesiedelten Unternehmen nur noch zwei Betriebe im Jahr 2009 ihren Standort in Weitendorf haben. Es handelt sich hierbei um das Transportunternehmen Glanz in Lichendorf und um das Unternehmen ACCDUR in Klein-Weitendorf. 111

Die Analyse des nächstfolgenden Zeitraums von Ende der 1980er Jahre bis zum Jahr 2009 ergibt, dass viele Unternehmer für den Standort ihres Betriebes die Gemeinde Weitendorf ausgewählt haben. In diesen letzten zwanzig Jahren haben sich 26 Firmen in Weitendorf angesiedelt, die in den unterschiedlichsten Geschäftsfeldern tätig sind. Diese Zahl setzt sich sowohl aus Gewerbe- und Handelsbetrieben sowie aus Dienstleistungsunternehmen zusammen. Die Betrachtung der Firmenabwanderungen in derselben Zeitspanne zeigt ein gegensätzliches Bild. Die Beendigung der Betriebstätigkeit von zwei alteingesessenen Unternehmen fällt unter anderem in diesen Zeitraum und zwar die der Perlmooser Zementwerke AG und die der Franz Prach KG. 112

Ein weiteres im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde nennenswertes Ereignis ereignete sich im Jahr 2001. Im Rahmen des regionalen

110 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Chronik der Gemeinde Weitendorf, handschriftliche Aufzeichnungen vom Jahre 1883 bis 1989. 111 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Firmenverzeichnis, Stand Mai 2009. Weitendorf 2009. 112 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Firmenverzeichnis, Stand Mai 2009 sowie Auskunft des Amtsleiters der Gemeinde Weitendorf.

57

Entwicklungsprogramms für den Bezirk Leibnitz wurde Weitendorf zum industriell- gewerblichen Entwicklungsstandort erklärt. 113 In der Planungsregion Leibnitz ist die Gemeinde der Kleinregion Wildon zugeordnet. Damit eine Gemeinde als industriell- gewerblicher Entwicklungsstandort festgelegt wird, sind folgende Voraussetzungen notwendig:

 Vorhandensein von industriell-gewerblichen Gegebenheiten  gute Erschließungsmöglichkeit auf Grund von regionalen und überregionalen Verkehrsanbindungen  Existenz von freie Flächen, die für weitere Betriebsansiedelungen geeignet sind und  zur Bebauung erschlossen werden können. 114

Im Jahr 2002 hatten 38 Betriebe ihren Standort in der Gemeinde Weitendorf, wobei zwei dieser Unternehmen für mehr als 50 Personen einen Arbeitsplatz geschaffen haben. Die Firma Glanz Franz GmbH hatte 2002 88 Beschäftigte und der Personalstand der STEWEAG umfasste 231 Personen. 115

In einer umfassenden Betrachtung der Wirtschaftsentwicklung der letzten dreißig Jahre zeigt sich, dass im Vergleich zum Jahr 1979 nur vier der damals schon im Gemeindegebiet befindlichen Industrie- und Gewerbebetriebe auch noch im Jahr 2009 ihren Standort in Weitendorf haben. Dazu zählt das Werk der STEWEAG, nun ATP Verbund, in Neudorf, das Steirische Basalt- und Hartgesteinwerk in Weitendorf, die Glanz Franz GmbH in der Ortschaft Lichendorf und die Schmiede von Otto Mußbacher, die heute unter dem Firmennamen Grasch Rudolf Stahlbau geführt wird. Die Anzahl der gastwirtschaftlichen Betriebe ist im Laufe der dreißig Jahre auf neun angestiegen. Von den ehemals acht Gaststätten im Jahr 1979 führen nur noch vier davon auch im Jahr 2009 einen gastwirtschaftlichen Betrieb. Auch im Jahr 2009

113 vgl. BUNDESKANZLERAMT Rechtsinformationssystem: http://www.ris2.bka.gv.at/Dokumente/Lgbl/LGBL_ST_20010606_27/LGBL_ST_20010606_27.pdf , aufgerufen am 20.01.2009. 114 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 2. 115 vgl. RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG, Örtliches Entwicklungskonzept. Erläuterungsbericht, S. 25.

58 befinden sich im Gemeindegebiet zwei Lebensmittelgeschäfte, wobei nur eines dieser bereits im Jahr 1979 vorhanden war.

Im Firmenverzeichnis der Gemeinde Weitendorf sind mit Stand vom Mai 2009 42 Firmen inklusive der neun gastwirtschaftlichen Betriebe mit dem Standort in Weitendorf gelistet. Hinzukommen weitere 14 Firmen, die nicht in Weitendorf angesiedelt sind, jedoch aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit im Gemeindegebiet die Kommunalsteuer an die Gemeinde entrichten. 116

Die fünf aktuell größten Arbeitgeber im Gemeindegebiet Weitendorf sind folgenden Unternehmen: Nummer Unternehmen Beschäftigte 1 ATP Verbund STEWEAG Werk Neudorf 150 2 ELA GmbH 37 3 ACCDUR 21 4 Oswald Baumarkt 16 5 Glanz Franz GmbH, Grasch Rudolf Stahlbau 14

Tabelle 12: Größten Arbeitsgeber in der Gemeinde Weitendorf 2009 (GEMEINDE WEITENDORF, Firmenverzeichnis Stand Mai 2009)

Ein weiterer großer Arbeitsgeber im Gemeindegebiet ist das AKG Kunststoffwerk in Wildon mit 43 Beschäftigten. Dies sei an dieser Stelle erwähnt, da sich das Werk an der Gemeindegrenze zu Weitendorf befindet und die Lagerhalle des Kunststoffwerks in der der Gemeinde Weitendorf in der Ortschaft Kainach bei Wildon liegt. 117

116 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Firmenverzeichnis, Stand Mai 2009 und Auskunft laut Gemeinde Weitendorf. 117 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Firmenverzeichnis, Stand Mai 2009.

59

5.4 Wirtschaftsleben im Jahr 2009

Durch eine Befragung vier ansässiger Unternehmen im Gemeindegebiet sollte herausgefunden werden welche Faktoren zur Standortwahl Weitendorf beigetragen haben. Dadurch können auch Rückschlüsse für mögliche künftige Aktivitäten seitens der Gemeinde gewonnen werden. Die Befragung erfolgte quer durch die vertretenen Branchen, um ein umfassendes Ergebnis zu erlangen. Folgende Fragen wurden an die Unternehmen gerichtet:

1. Wieso haben Sie die Gemeinde Weitendorf als Standort für Ihr Unternehmen gewählt? 2. Wurde ihre Betriebsansiedelung in Weitendorf durch die Gemeinde/das Land/die Europäische Union gefördert? 3. Ziehen Sie eine Erweiterung Ihres bestehenden Unternehmens in der Gemeinde in Betracht? 4. Welche Verbesserungsmöglichkeiten durch die Gemeinde sehen Sie?

Hinsichtlich der Kriterien der Standortwahl nannten alle befragten Unternehmen die bereits gut ausgebaute Infrastruktur der Gemeinde Weitendorf. Durch die Autobahnanschlussstelle im Gemeindegebiet ist eine gute Anbindung an das Verkehrssystem gegeben. Ein Unternehmen führte als Kriterium auch die Stadtnähe zu Graz und die örtliche Nähe zu anderen Wirtschaftsbetrieben an, da viele von diesen südlich von Graz angesiedelt sind. Drei der befragten Unternehmen entschlossen sich für Weitendorf, da sie ein bereits bestehendes Betriebsgelände übernehmen konnten. Diese freien Betriebsflächen erfüllten die hinsichtlich der Betriebstätigkeit der Unternehmen notwendigen Anforderungen, wie, zum Beispiel, das Bestehen einer Halle mit einer großen Lagerkapazität. Die befragten Unternehmen erhielten keinerlei Förderungen im Rahmen ihrer Betriebsansiedelung im Gemeindegebiet. In Bezug auf die 3. Frage kann festgehalten werden, dass drei der befragten Unternehmen sich eine Erweiterung des Betriebes im Gemeindegebiet vorstellen können. Eines dieser Unternehmen hat schon bereits den Ausbau des Unternehmens in Weitendorf ins Auge gefasst. Für ein anderes befragtes Unternehmen war die potentielle Erweiterungsmöglichkeit des Unternehmens auch

60 ein Faktor, der zur Standortwahl Weitendorf beitrug. Dieses Unternehmen plant im Moment aufgrund der gegenwärtigen Wirtschaftlage jedoch keine Vergrößerung des bestehenden Betriebes. Das dritte Unternehmen, das gegenüber einer Erweiterung im Gemeindegebiet positiv gestimmt ist, merkte an, dass es im Augenblick auch keine derartigen Absichten hat. Sollte es jedoch in Zukunft zum Thema werden, wird der Betrieb in der Gemeinde Weitendorf ausgebaut werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass eine Gründung einer Zweigstelle aufgrund der dann notwendigen doppelten maschinellen Ausstattung mit hohen Kosten verbunden wäre. Das vierte befragte Unternehmen schloss eine Vergrößerung völlig aus. Die Antworten auf die letzte Frage zeigten ein sehr unterschiedliches Bild. Zwei der befragten Unternehmen haben keine Verbesserungsanliegen an die Gemeinde. Besonders eines dieser Unternehmen erklärte, dass schon eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde bestehen würde und dass das Unternehmen auch eine Unterstützung seitens der Gemeinde erfährt. Dieses Unternehmen erhielt von der Gemeinde zwei Zuständigkeitsbereiche zugesprochen. Auf der anderen Seite wurde dies auch bemängelt. So sprach sich ein anderes Unternehmen dafür aus, dass die Gemeinde sich im Zuge der Vergabe von Aufträgen vorrangig an die ortsansässigen Unternehmen wenden sollte. Dies sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen. Das vierte interviewte Unternehmen führte an, dass durch eine Ansiedelung eines Bauunternehmens in örtlicher Nähe zum befragten Unternehmen eine größere Staubentwicklung gegeben ist und zu prüfen ist, ob die Betriebsauflagen eingehalten werden. 118

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Gemeinde Weitendorf über eine sehr gute Standortqualität verfügt und daher für Betriebsansiedelungen beziehungsweise Erweiterung eine attraktive geographische Lage aufweist. Durch entsprechende Förderungsmaßnahmen könnte die Gemeinde als Wirtschaftsstandort weiter ausgebaut werden. Hinsichtlich der Kooperation zwischen der Gemeinde und den Unternehmen zeigt sich, dass teilweise noch ein Verbesserungspotential gegeben ist.

118 Interview mit folgenden Unternehmen: Ertl & Pronneg Autohaus, Grasch Rudolf Stahlbau, Zuser Umweltservice GmbH am 28. Mai 2009, REKORD FENSTER ACCDUR Fenstertechnik Ges.m.b.H. am 2. Juni 2009.

61

6 Projekte in der Gemeinde Weitendorf

Nach der Schilderung des Wirtschaftslebens im Jahr 2009 sollen nun im Anschluss die gegenwärtigen Ereignisse in der Gemeinde Weitendorf näher ausgeführt werden. Hier wird insbesondere auf die Mitgliedschaft und die Aktivitäten des Vereins „Kulturpark Hengist“ sowie auf zwei aktuelle große Bauprojekte im Gemeindegebiet eingegangen. Es sollen die Auswirkungen dieser Projekte auf das Gemeindeleben dargestellt werden.

6.1 Verein „Kulturpark Hengist“

6.1.1 Gründung

Am 26. August 2004 erfolgte die Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft zur Gründung des Vereins „Kulturpark Hengist“. Der Kulturpark Hengist stellt eine Kooperation der Gemeinden Hengsberg, Lebring-St. Margarethen, Weitendorf und Wildon dar. Wobei auch die Gemeinden Lang und Stocking sich in örtlicher Nähe zu den bestehenden Hengist-Gemeinden befinden und eine Aufnahme dieser in den Verein durchaus möglich ist. 119 Wie bereits geschildert, erfolgte der Betritt der Gemeinde Weitendorf rückwirkend per 1. Jänner 2005 im Februar 2006. 120

Jede Person kann eine ordentliche Mitgliedschaft im Verein „Kulturpark Hengist“ erlangen oder die Position eines Förderers/in einnehmen. Zurzeit verfügt der Verein über 350 Mitglieder/innen, wobei etwa die Hälfte seiner Mitglieder/innen aus den vier Kooperationsgemeinden stammt. 121

6.1.2 Name und Logo des „Kulturpark Hengist“

Der Name für den Verein leitet sich vom auffallenden Höhenzug, dem „Hohen Hengst“, in der mittleren Steiermark ab. Dieser Berg wird von den Gemeinden

119 vgl. VEREIN KULTURPARK HENGIST, Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Widon Startausgabe 01/2004. S. 4. 120 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung 2/2006. Weitendorf 2006. 121 vgl. KULTURPARK HENGIST, Kulturpark Hengist. Wildon 2009.

62

Hengsberg, Wildon und St. Margarethen umschlossen. Schon vor rund 6.000 Jahren wurden die ersten Siedlungen rund um den „Hohen Hengst“ errichtet. Er bildet die Erhöhung zwischen den Flüssen Mur, Kainach und Laßnitz. Im Frühmittelalter sah die Bevölkerung wohl in der Form des langen Bergrückens das Abbild eines liegenden Hengstes. In der wissenschaftlichen Forschung gehen die Meinungen darüber auseinander, ob die drei Berge des Gebietes eine Pferdefamilie zwischen dem Grazer und dem Leibnitzer Feld darstellen. Eine Theorie ist, dass der Buchkogel/Bockberg den Hengst (von Hengist ), der Wildoner Schlossberg die Stute (mittelhochdeutsche Bedeutung von wilde ) und der „Studentenkogel“ mit der Burg Ful im Osten das Fohlen (mittelhochdeutsche Bedeutung von vüln ) zeigen. Es ist jedoch jedenfalls gewiss, dass Pferde für indogermanische Völker sehr mystische Tiere sind.

Für das Logo des Kulturparks wurde demzufolge ein Pferd gewählt, das auf eine Felszeichnung beruht. Die Darstellung des Pferds, wie in nachstehender Abbildung ersichtlich ist, erfolgt durch den Verlauf einer einzigen Linie. Dies soll die Verbindung der einzelnen Mitgliedsgemeinden durch den vorhanden Kulturweg durch die Gemeinden wiedergeben. Weiters erfolgt die Abbildung des Namens des Vereins in karolingischer Minuskel. Der Grund hierfür liegt in der überwiegenden Verwendung dieser Schriftart im 9. und 10. Jahrhundert. Dadurch soll eine Verbindung zur erstmaligen Erwähnung des Bergnamens als „Hengistfeldon“, die in dieser Zeit erfolgte, hergestellt werden. Schließlich stellt der Begriff „Kulturpark“ den modernen Part des Erkennungsmerkmales des Vereins dar. Dadurch soll der Verlauf von der Frühgeschichte und dem Mittelalter bis hin zur Gegenwart erfasst werden. Das Logo des Kulturparks wurde von der Grafikerin Frau Anita Schöberl entwickelt. 122

Abbildung 7: Logo des Vereins „Kulturpark Hengist" (Gemeinde Weitendorf: http://www.weitendorf.at/ , aufgerufen am 05.02.2009)

122 vgl. OBERSTEINER Gernot P., Warum „Hengist“? in: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Startausgabe 01/2004. S. 6-7.

63

6.1.3 Zielsetzung

Der Verein verfolgt keine Gewinnorientierung. Der Zweck des Vereins liegt vielmehr in der Erforschung des Gebietes rund um den „Hohen Hengst“. Diese Forschungstätigkeiten umfassen ein großes Spektrum an wissenschaftlichen Bereichen. So werden archäologische, geschichtliche, paläontologische, naturgeschichtliche, kulturgeschichtliche wie auch volkskundliche Untersuchungen durchgeführt. Ein weiterer Zweck des Vereins ist die Darstellung der Forschungsergebnisse sowohl im Sinne der Wissenschaft, der Kultur und als auch des Tourismus. Für die Erreichung dieser Zielsetzung werden folgende Schritte gesetzt:  in den Forschungsbereichen Archäologie und Paläontologie erfolgen Ausgrabungen,  Untersuchungen auf Basis der Denkmalschutzvorschriften,  Restaurierung von Gebäuden aus dem Mittelalter und der Neuzeit,  Forschungen in den Fachgebieten Geschichte, Botanik, Zoologie, Kunstgeschichte und Volkskunde,  Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen für die breite Öffentlichkeit, sowie eine fortlaufenden Information der Mitglieder/innen des Vereins,  Eröffnung eines zentralen Museums in der Region mit externen Ausstellungsräumen in den Hengist-Gemeinden,  Erarbeitung eines Kulturwanderweges durch die Mitgliedsgemeinden des Kulturparks sowie  auch Veranstaltungen im Sinne von Kulturfesten, Vorträgen, Lesungen, Führungen oder Konzerten. 123

6.1.4 Finanzierung und Kuratorium des Vereins

Die Mitgliedsgemeinden des Kulturparks bringen das jährliche Grundbudget auf. Der jeweilige Anteil der Gemeinden wird durch die Bevölkerungszahl und durch die Steuerkraftquote pro Kopf bestimmt. Der Verein erhält überdies einmal im Jahr eine

123 VEREIN KULTURPARK HENGIST, Hengist Magazin. Startausgabe 01/2004. S. 4

64

Förderung der Abteilung für Volkskultur. Die Kosten zur Errichtung des Hengist Museum in Wildon sowie die Ausgaben für die Ausstellungen in den Gemeinden Hengsberg, Lebring-St. Margarethen und Weitendorf wurden teilweise durch außerordentliche Kapitalleistungen der Gemeinden finanziert.

Das Kuratorium setzt sich aus den Bürgermeistern der Hengist-Gemeinden zusammen. Die Positionen des Präsidenten/in und des Vizepräsidenten/in werden in einer Abfolge von zwei Jahren neu besetzt. Diese Regelung soll gewährleisten, dass die Aufgaben unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit erfüllt werden. Zu Beginn der Vereinstätigkeit von 2004 bis 2006 übte Frau Weber (Bürgermeisterin von Wildon) das Amt der Präsidentin aus und Herr Baumann (Bürgermeister von Hengsberg) war als Vizepräsident tätig. In der nächstfolgenden Amtsperiode von 2006 bis 2008 ging das Präsidentenamt auf die Gemeinde Weitendorf über. Da der Bürgermeister von Weitendorf, Herr Kaiser, seine Tätigkeit in der Gemeindepolitik zurücklegte, wurde der Vizepräsident Herr Weinzerl (Bügermeister von Lebring-St. Margareten) zum Präsidenten des Kulturparks ernannt. In der gegenwärtigen Periode wird das Amt des Präsidenten durch Herrn Mayer (Bürgermeister von Hengsberg) und die Position des Vizepräsidenten von Herrn Ing. Sommer (Bürgermeister von Wildon) ausgeübt. Für die Gemeinde Weitendorf ist der Bürgermeister Herr Ing. Plasser im Kuratorium tätig und die Gemeinde Lebring-St. Margarethen wird durch den Bürgermeister Herrn Weinzerl repräsentiert. Der Historiker Herr Dr. Obersteiner ist der geschäftsführende Sekretär des Vereins. Er hat außerdem die Position des Vizedirektors des Steiermärkischen Landesarchivs inne. Die Tätigkeit des Kassiers wird von Herrn Bachernegg wahrgenommen und die Aufgabe des Schriftführers wird durch Herrn Pfarrer Dr. Brauchart erfüllt. Beide Vereinsmitglieder stammen aus der Gemeinde Lebring-St. Maragrethen. 124

6.1.5 Rückblick auf die bisherigen Tätigkeitsfelder

Die Eröffnung des hengist museum wildon fand im Jahr 2005 statt. Dort wird der Stellenwert Wildons in der Urgeschichte, der Römerzeit und des Mittelalters anhand von Sammlungen aus dem Bereich Archäologie veranschaulicht. Außerdem fanden

124 vgl. KULTURPARK HENGIST, Kulturpark Hengist. Wildon 2009.

65 zahlreiche ausgelagerte Ausstellungen in den Mitgliedsgemeinden statt. So gab es in der Gemeinde Weitendorf im Jahr 2006 die Ausstellung zum Thema: „Wasser, Feuer & Basalt. Der Vulkan von Weitendorf.“ Auch im Jahr 2008 wurde eine Ausstellung im Gemeindeamt in Weitendorf angeboten. Der Titel lautete: „Vom Tropenmeer zum Murtal – 400 Millionen Jahre Erdgeschichte der mittleren Steiermark“. Überdies wird dreimal im Jahr die Zeitschrift „Hengist-Magazin“ veröffentlicht. In dieser werden der Ergebnisse aus den verschiedenen Forschungsbereichen des Vereins dargestellt. Die Hengist-Magazine werden kostenfrei an die Mitglieder des Vereins übermittelt.

Des Weiteren sind entlang des Kulturwanderwegs durch die vier Mitgliedsgemeinden an rund fünfzig Standorten Schautafeln errichtet, die einen Einblick in die Entstehung der Kleinregion sowohl hinsichtlich der Geologie als auch der Historie geben sollen. Außerdem werden auch Themenwanderungen und Aktionstage, wie zum Beispiel Führungen in Schlössern oder Fossiliensuchungen, veranstaltet. Der Verein arbeitet auch mit Schulen zusammen und hat dafür eigene Veranstaltungen geschaffen. So besteht auch die Möglichkeit, dass Schulklassen ihren Wandertag im Kulturpark gestalten oder an einem Aktionstag teilnehmen.

Der Verein „Kulturpark Hengist“ ist außerdem Teil des Beschäftigungsprogramms für Langzeitarbeitslose in der Steiermark. Durch eine Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice Steiermark und dem Land Steiermark war es möglich mehr als sechzig Langzeitarbeitslose in den Jahren 2005 bis 2008 zu einer Tätigkeit von bis zu einem halben Jahr zu verhelfen. Diese Personen wurden für archäologische Ausgrabungen eingesetzt, die jeweils in den Monaten von Mai bis Oktober stattfinden.

Die Tätigkeitsfelder des Kulturparks sprechen nicht nur die Besucher der Region sondern auch die Bevölkerung der vier Gemeinden an. Der Kulturpark kann dementsprechend eine Besucheranzahl von etwa 10.000 Personen seit dem Jahr 2005 vorweisen. Die verstärkte Integration der Bevölkerung, anderer Vereine und Organisationen sollen zu einem gesteigerten regionalen Bewusstsein beitragen. In diesem Bereich konnte sich der Kulturpark im November 2007 über eine Auszeichnung vom Steirischen Volksbildungswerk und dem Land Steiermark freuen.

66

In dem Wettbewerb „Zukunftsgemeinde Steiermark“ erreichte der Kulturpark den zweiten Platz. Dieser Bewerb stand im Zeichen der Ehrung einer vortrefflichen Zusammenarbeit zwischen Gemeinden.125

6.2 OMV Gasverdichterstation

6.2.1 Hintergrund des Projekts

Durch die „Trans-Austria-Gasleitung“ (TAG) erfolgt in Österreich der Transport des aus Russland stammenden Gases in die Länder Italien, Slowenien und Kroatien. Auch die Deckung des inländischen Gasbedarfs wird durch die Trans Austria Gasleitung ermöglicht. Der Betreiber dieser Ferngasleitung ist die OMV. Es wurde ein Plan zur Errichtung zwei neuer Gasverdichterstationen in Österreich entwickelt. Der Grund hierfür liegt in einer beabsichtigen Steigerung der Kapazität der Trans Austria Gasleitung. Der Ort Eggendorf in Niederösterreich und die Gemeinde Weitendorf wurden als Standorte der neuen Gasversdichterstationen ausgewählt. 126 Durch das Projekt der Gasverdichterstation kann die Gemeinde Weitendorf durch die erhobene Kommunalsteuer zusätzliche Einnahmen erzielen. Auch erfolgt weiters eine finanzielle Entschädigung für entstehende Aufwendungen sowie eine Förderung der örtlichen Interessen durch die OMV. 127

6.2.2 Eckdaten des Projekts

Die Durchführung des Projekts in Weitendorf erfolgt durch eine Kooperation von verschiedenen Unternehmen. Der Bauherr der Anlage ist die OMV Gas GmbH, wobei hier die Fachgruppe Trans Austria Gasleitung für die Umsetzung des Projekts verantwortlich ist. Die Snamprogetti S.p.A. ist in Verbindung mit der ILF Beratende Ingenieure ZT GmbH für die Planungsarbeiten und für die technische Ausarbeitung

125 vgl. KULTURPARK HENGIST, Kulturpark Hengist. Wildon 2009. 126 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, OMV Gas GmbH Trans Austria Gasleitung Expansion 04. Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. Zusammenfassung der UVE. Wien 2006. S. 3. 127 vgl. OMV Gas GmbH, Projektinformation Gasverdichterstation Weitendorf. Stand: September 2007. Wien 2007.

67 zuständig. Weiters üben diese Unternehmen die Bauleitung aus. Der Betrieb der Gasverdichterstation erfolgt durch die OMV Gas GmbH.

Der Standort der neuen Gasverdichterstation liegt in der Gemeinde Weitendorf insbesondere in der Katastralgemeinde Weitendorf. Die benötigte Fläche zur Erstellung der Station umfasst cirka 50.000 m 2. Es erfolgt eine Verknüpfung mit der bereits im Gemeindegebiet verlaufenden Trans Austria Gasleitung. Der Standort wurde zuvor hinsichtlich verschiedener Kriterien getestet, ob er für den Bau der Gasverdichterstation geeignet ist. Demgemäß erfolgte eine genauere Betrachtung des gegenwärtigen Besiedlungszustands, eine Beurteilung über die Möglichkeit der Bebauung des Gebiets sowie eine Begutachtung der Eigentümerstruktur der benötigten Grundstücksparzellen. 128 Aus technischer Sicht war die Standortwahl insofern eingeschränkt, dass die neue Gasverdichterstation zwischen den bereits vorhandenen Verdichterstationen in Grafendorf (Steiermark) und in Ruden (Kärnten) erbaut werden musste. Anhand dieser Merkmale wurde nach eingehender Prüfung Weitendorf für den Standort der Station ermittelt. 129 Das gewählte Areal befindet sich in Mitten von mehreren infrastrukturellen Anlagen. Die Autobahn wie auch die Trasse der Hochspannungsleitung verlaufen in diesem Gebiet und durch den Bau der Koralmbahn wird weitere Infrastruktur in diesem Teil des Gemeindegebietes geschaffen. Es besteht daher kein unmittelbarer Zusammenhang zum bestehenden Siedlungsraum.

Die Anlage setzt sich aus vielen Bestandteilen zusammen. So umfasst das Projekt etwa die Errichtung von drei Maschinenhallen, einem Betriebs- und Versorgungsgebäude, einen Gaskühler und zwei bis drei Gasturbinen- Verdichtereinheiten. Außerdem sind Filter vorhanden, die das eintreffende Gas von flüssigen und festen Komponenten befreien. Die Rohrleitungen der Anlage verlaufen überwiegend unter der Erdoberfläche. Die Station verfügt weiters über ein eigenes Verkehrs- und Kanalisationssystem. 130

128 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 6-9. 129 vgl. OMV Gas GmbH, Projektinformation Gasverdichterstation Weitendorf. Stand: September 2007. 130 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 8-9.

68

6.2.3 Beschreibung der Projektabschnitte

Im Jahr 2005 wurde nach erfolgter Anfrage der OMV Gas GmbH die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch die UVP Behörde der Steiermärkischen Landesregierung festgelegt. 131 Im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden zahlreiche Materiengesetzte berücksichtigt, um die Effekte der Gasverdichterstation zu untersuchen und mögliche Belastungen für die Bevölkerung zu verhindern. 132 Für das Bauvorhaben der Gasverdichterstation in Weitendorf wurde eine beabsichtigte Zeitspanne von Herbst 2006 bis September 2008 veranschlagt. Die Bauphase lässt sich in mehrere Etappen gliedern. So stehen zu Beginn dieses Projektabschnitts grundlegende Vorarbeiten wie etwa die Errichtung der Zufahrtsstraßen oder die Ausstattung der Baustelle. Im nächsten Schritt erfolgt die Eingrenzung des Baubereichs. Danach findet der Aufbau der Sockel für die Maschinen und die Gebäude sowie die Erbauung der Gebäude statt. Nach der Erstellung der Rohrsysteme und der Montage der Maschinen endet die Bauphase mit der Aufnahme der Betriebstätigkeit und den Schlussprüfungen. 133 Die OMV ist bestrebt ansässige Gewerbebetriebe wie auch Dienstleistungsunternehmen in die Bautätigkeiten, soweit es durchführbar ist, einzugliedern. Auch die gastwirtschaftlichen Betriebe der Umgebung sollen in der Errichtungsphase des Projekts integriert werden. 134

Während des Betriebes der Gasverdichterstation ist eine Überwachung der Trans Austria Gasleitung durch die Steuerzentrale in Wien gegeben. Durch die Möglichkeit jederzeit ferngesteuert einzelne Bereiche oder sämtliche Rohrleitungen abzuschalten, besteht eine Vorsorge für den Ernstfall. Die Anlage wird von drei bis fünf Personen, die über eine einschlägige Ausbildung in diesem Bereich verfügen, gesteuert und gewartet. In einer Betriebsvorschrift finden sich weiters unter anderem Informationen über die Überwachung der Anlage und Anhaltspunkte für einen

131 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 3. 132 vgl. OMV Gas GmbH, Projektinformation Gasverdichterstation Weitendorf. Stand: September 2007 133 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 11. 134 vgl. OMV Gas GmbH, Projektinformation Gasverdichterstation Weitendorf. Stand: September 2007.

69 störungsfreien Betrieb in punkto Sicherheit, Steuerung und Überwachung der Station. Weiters gibt es Bestimmungen bezüglich der Wartungsarbeiten, einen Gasalarmplan sowie auch einen Alarmplan im Falle eines Brandes. Der Betrieb der Anlage soll für mindestens 30 Jahre gegeben sein. Der genaue Zeitraum des Fortbestands der Gasverdichterstation lässt sich nicht vorhersagen. Die drei bereits vorhandenen Gasverdichterstationen der Trans Austria Gasleitung bestehen bereits seit etwa 30 Jahren, wobei auch bei diesen Stationen die zukünftige Nutzungsdauer nicht festgelegt werden kann. 135

6.2.4 Beurteilung der Auswirkungen des Projekts

Das Projekt der Gasverdichterstation in Weitendorf hat Auswirkungen auf die natürliche Lebensgrundlage und auf den Menschen. In diesem Abschnitt soll einzelne Aspekte der Umweltverträglichkeitserklärung dargestellt werden.

 Auswirkungen auf den Menschen

Die Fläche für die Anlage dient zum Großteil der Landwirtschaft und zu einem gewissen Teil auch der Forstwirtschaft. Das Baugebiet mit einem Umkreis von cirka 400 m wird weder für Wohnzecke noch als Betriebs- und Industriestandort genutzt. Durch die nahe gelegene Autobahn ist bereits eine Lärmbelästigung gegeben. Durch den Bau ist die bisherige Nutzung der Fläche nicht mehr möglich, das Wegesystem wird verändert und auch das Ortsbild erfährt eine Umgestaltung. Durch die Inbetriebnahme der Anlage wird das Lärmaufkommen für die Anrainer nur geringfügig erhöht. Um die Effekte für den Menschen gering zu halten, soll der Flächenbedarf für die Errichtung der Anlage so gering wie möglich gehalten werden und durch das Setzen von Bäumen und Sträuchern soll die Anlage in das Landschaftsbild integriert werden. Die Beeinträchtigungen sind als gering einzuordnen. 136

135 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 10-11. 136 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 13-14.

70

 Auswirkungen auf den Boden

Der Humus innerhalb des Baubereichs der Gasverdichterstation wird während der Bautätigkeiten weitgehend abgetragen, sofern er nicht für die entstehenden Grünflächen der Anlage benötigt wird. Die eingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung in diesem Bereich wird durch finanzielle Mittel entschädigt. Weiters findet ein Eingriff in die Forstwirtschaft statt, da etwa 1 ha Wald abgeholzt werden muss. Die Ersetzung dieser Waldfläche erfolgt durch die Anpflanzung eines neuen Waldbereichs im selben Umfang. Es treten Emission in der Betriebsphase auf, die eine weitere Auswirkung neben dem Wegfall der Bodenfläche darstellen. Die hierfür geltenden Grenzwerte werden in keiner Weise überschritten, wodurch langfristig mit keiner Beeinträchtigung des Bodens oder der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu rechnen ist. 137 Insbesondere kann die überschüssig abgetragene Erde für die Errichtung eines Dammes herangezogen wird, den die Gemeinde im Sinne der Vermeidung von Hochwasser beabsichtigt zu erbauen. 138

 Auswirkungen auf das Wasser

Insbesondere kommt es zu Beeinträchtigungen der Fließgewässer und des Grundwassers im Rahmen der Bauarbeiten. In Bezug auf die Fließgewässer sind während des Betriebs der Gasverdichterstation keine Nachwirkungen zu erwarten. Die Ufer werden nach Abschluss der Bauphase neu bepflanzt. Hinsichtlich des Grundwassers sind hingegen Folgen vor Ort möglich. Es werden keine Substanzen eingeleitet, die eine Bedrohung für die Wasserqualität darstellen. 139

Die Steiermärkische Landesregierung teilte im März 2008 mit, dass die Gasverdichterstation umweltverträglich ist und bewilligte die Errichtung der Anlage. Ein Monat später wurde von der Steiermärkischen Landesregierung aufgezeigt, dass für die beabsichtigte Ausweitung der Station um eine Abwärmenutzungsanlage ein Änderungsansuchen der genehmigten Umweltverträglichkeitserklärung gestellt

137 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 17-18. 138 vgl. OMV Gas GmbH, Projektinformation Gasverdichterstation Weitendorf. Stand: September 2007. 139 vgl. ILF CONSULTING ENGINEERS, Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. S. 20.

71 werden muss. Die durch die Station ausgehende Abwärme soll zur Strom- und Nahwärmegewinnung beitragen. 140 Nach Auskunft des Bürgermeisters von Weitendorf ist noch kein Bescheid betreffend der Änderungsanfrage ergangen.

6.2.5 Ideenwettbewerb

Durch die Errichtung der Gasverdichterstation konnte die Gemeinde über von der OMV erhaltene Geldmittel verfügen. In einem ersten Schritt wurden die Müllabgaben für die privaten Haushalte für das Jahr 2008 durch die Gemeinde getragen. In weiterer Folge wurde durch die ÖVP Weitendorf ein Ideenwettbewerb ins Leben gerufen. Die Bevölkerung Weitendorfs hatte die Möglichkeit in den Sommermonaten 2008 Anregungen bezüglich des Gebrauchs der finanziellen Mittel einzubringen. Der Sinn dieses Wettbewerbs war es Ideen zu generieren, die sowohl möglichst einer breiten Masse der Bevölkerung zu Gute kommen und auch einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität in der Gemeinde leisten. Die Bevölkerung beteiligte sich an dieser Aktion durch viele eingereichte unterschiedliche Verwendungszwecke. Die ÖVP Weitendorf hat sich zum Ziel gesetzt, die Vorschläge je nach Möglichkeit zu verwirklichen und den Ideenentwickler in den Umsetzungsprozess mit einzubinden. Die drei besten Anregungen wurden durch Geschenksgutscheine im Wert von insgesamt 350 Euro belohnt. 141

Die vorgebrachten Einfälle behandelten großteils die Themen Gesundheit, Verbesserung der Infrastruktur durch Errichtung von diversen Radwegen, Maßnahmen zur Beseitigung der Lärmbelästigungen und die Steigerung der Sicherheit im Straßenverkehr. 142

140 vgl. TECON Engineering GmbH, OMV Power International GmbH Abänderungsantrag der UVE Gasverdichterstation Weitendorf. Genehmigungsbescheid nach UVP-G 2000 i.d.g.F. vom 13. März 2008. GZ: FA13-11.10-11/2008-16. Abwärmenutzung Weitendorf. Zusammenfassung. S. 3. 141 vgl. ÖSTERREICHISCHE VOLKSPARTEI – ORTSGRUPPE WEITENDORF: Der Ideenwettbewerb: http://oevp-weitendorf.at/oevp-weitendorf/Campaign.aspx?ChapterId=208c1469- 38c8-4e68-86ed-fd580d364590 , aufgerufen am 30.11.2008. 142 vgl. ÖSTERREICHISCHE VOLKSPARTEI – ORTSGRUPPE WEITENDORF: http://oevp- weitendorf.at/oevp-weitendorf/CampaignEntries.aspx aufgerufen am 30.11.2008.

72

6.3 Koralmbahn Graz - Klagenfurt

6.3.1 Eckdaten des Projekts

Das Projekt der Koralmbahn Graz – Klagenfurt wurde von der Eisenbahn Hochleistungsstrecken AG beantragt. Die exakte Bezeichnung der Strecke lautet Hochleistungsstrecke Graz – Klagenfurt. Die Koralmbahn verläuft durch das Weitendorfer Gemeindegebiet, wodurch eine Zuordnung zu der Teilstrecke Wundschuh – Wettmannstätten der Koralmbahn gegeben ist. In der Steiermark führt die Koralmbahn durch die Bezirke Graz-Umgebung, Leibnitz und Deutschlandsberg. Im Bezirk Graz-Umgebung ist die Gemeinde Wundschuh Teil des Streckenverlaufs und im Bezirk Leibnitz ist neben der Gemeinde Weitendorf auch die Gemeinde Hengsberg von den Bauarbeiten zur Errichtung der Koralmbahn betroffen. Schließlich sind weiters die Marktgemeinden Preding und Wettmannstätten im Bezirks Deutschlandsberg in das Projekt Koralmbahn Graz – Klagenfurt integriert. 143

Der Bau der Koralmbahn in dem Teilstück Wundschuh – Wettmannstätten stellt eine völlig neue eisenbahnbauliche Konzeption in diesem Gebiet dar. Die räumliche Einordnung des Projekts zeigt, dass die Eisenbahnstrecke ausgehend vom Grazer Feld in das Kainachtal eintaucht. Der Hengsbergtunnel stellt anschließend das Verbindungsstück zwischen dem Kainachtal und dem Laßnitztal dar. Danach führt die Koralmbahn bis zum Bahnhof in Wettmannstätten. Die bereits vorhandenen Bahntrasse der GKB mit den Strecken Graz – Lieboch – Deutschlandsberg - Wies wird in Wettmannstätten mit der Koralmbahn verbunden. 144

Schon im Jahr 1999 wurde die Bevölkerung der Gemeinde Weitendorf über den Ablauf des Genehmigungsverfahrens informiert. So wurde festgehalten, dass erst nach erfolgter Feststellung der Umweltverträglichkeit des Projekts mit der Erstellung der Trassenverodnung begonnen wird und dass im nächsten Schritt dann die

143 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, ZT Witrisal, Bernhard + P.ZT-GmbH, Hydroconsult, IKK ZT-OEG, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. Einreichprojekt 2004. UVP-Abschnitt Feldkirchen – Wettmannstätten. Einreichabschnitt Wundschuh – Wettmannstätten km 18,000 – km 31,816. Verkehrsprojekt Bahnbau. Graz 2005. S. 8-9. 144 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 22.

73 baurechtlichen Bewilligungen beantragt werden.145 Für die Verwirklichung des Projekts wurden im Rahmen des Einreichprojekts 2004 zahlreiche Baugenehmigungen beantragt. Diese beinhalteten die Erstellung einer Hochleistungsstrecke, die zweigleisig mit einer geplanten Geschwindigkeit von 200km/h betrieben wird. Weiters wurde der Bau der Gleisanlagen, der Park+Ride- Einrichtungen, der Bahnsteige in den Bahnhöfen Hengsberg und Wettmannstätten wie auch der Bau der Lärmschutzwände entlang des Streckenabschnitts eingebracht. Der neu entstehende Hengsbergtunnel brachte viele baurechtliche Genehmigungspflichten mit sich, wie etwa die Errichtung von Rettungsplätzen, Notausstiegen mit Zufahrtsstraßen und eine Anlage für die Entwässerung des Tunnels. Überdies wurden Baugenehmigungen für die Erstellung von weiteren Entwässerungseinrichtungen, für die Schaffung von Begleitstraßen wie auch für einige Abänderungen des bisherigen Verlaufs des öffentlichen Straßen- und Wegenetzes durch das Projekt notwendig.146

Es findet eine Vergütung der Grundstücke, die für die Errichtung der Bahn- und Nebenanlagen in Anspruch genommen werden, statt. Überdies werden verschiedene Servitute erlangt und einige Flächen für die Dauer des Bauvorhabens genutzt. 147

6.3.2 Beschreibung der Projektabschnitte

Aufgrund der detaillierten Beschreibungen der Maßnahmen und Tätigkeitsbereiche im Teilstück Wundschuh – Wettmannstätten der Koralmbahn sollen nur jene Aspekte, die in Zusammenhang mit den Bauvorhaben im Weitendorfer Gemeindegebiet stehen, näher ausgeführt werden.

Der Trassenverlauf im Gemeindegebiet ist dadurch gekennzeichnet, dass die Eisenbahnstrecke austretend aus dem vorangehenden nördlichen Teilstück Feldkirchen – Wundschuh – Werndorf zunächst entlang der A9 Pyhrnautobahn liegt.

145 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilung 8/1999. Weitendorf 1999. 146 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 6-7. 147 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 69.

74

Die bisherige Überführung der Gemeindestraße über die A9 an der Grenze zwischen der Gemeinde Weitendorf und der Gemeinde Werndorf wird dahingehend geändert, dass die Errichtung einer Überführung, die sowohl über die Pyhrnautobahn als auch über die Koralmbahn führt, beabsichtig wird. Der darauf folgende Streckenverlauf zeigt wieder eine Annährung an die Pyhrnautobahn auf. Kurz vor der Autobahnabfahrt Wildon taucht die Koralmbahn unter die Erdoberfläche ab und passiert somit unterirdisch die Autobahnabfahrt und die Autobahn selbst. In diesem Bereich wird eine Entwässerungsanlage errichtet. Das Ende dieser Unterführung verläuft im Kainachtal wieder über Land. Für die Durchfahrung des Kainachtals wird ein Damm mit einer Höhe von bis zu 6 m errichtet. Auf Höhe des Fotzenbachs befindet sich die Eisenbahnstrecke wieder ungefähr auf Ebene des Landschaftsverlaufs. Der Streckenverlauf orientiert sich nach der Bachbrücke bereits an dem nun nächstfolgenden Hengsbergtunnel. Nach Durchquerung des Tunnels und des in örtlicher Nähe liegenden Bahnhofs Hengsberg führt die Trasse weiter nach Wettmannstätte, wo wiederum ein Bahnhof errichtet wird. 148

Entlang der Eisenbahnstrecke werden so genannte Bedienungswege errichtet. Diese dienen für innerbetriebliche Verwendungszwecke, wie etwa der Instandhaltung der Bahneinrichtungen. Durch einen Schranken sind diese Bedienungswege vom öffentlichen Straßennetz getrennt. Als Beispiel für diese Bedienungswege im Weitendorfer Gemeindegebiet seien die Zufahrstraßen zu den Rettungsplätzen genannt, die im Rahme der Unterführung der Koralmbahn errichtet werden. 149

Wie bereits eingangs erwähnt, werden durch den Bau der Koralmbahn in bestimmten Gebieten Änderungen des bisherigen Straßennetzwerks notwendig. In vier Fällen ist die Gemeinde Weitendorf für die Instandhaltung der Straßen verantwortlich. So wird der Verlauf der Gemeindestraße zwischen Werndorf und Weitendorf und des Gemeindewegs Kombergstraße geändert. Umfassende straßenbauliche Veränderungen treten in Zusammenhang mit der unterirdischen Passierung der Pyhrnautobahn durch die Koralmbahn auf. Es erfolgt eine Unterbrechung des

148 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 22-24. 149 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 37 und S.6.

75

Verbindungswegs Kleinweitendorfer Straße und eines entlang der Pyhrnautobahn verlaufenden Gemeindeweges. Dadurch findet eine Verschiebung der bisherigen Straße beziehungsweise des Wegs über die unter der Erdoberfläche verlaufende Eisenbahnstrecke statt. 150

Die Bautätigkeiten im Gemeindegebiet wurden Ende März 2008 aufgenommen. Am Beginn stand die Verlegung der baulich betroffenen Leitungssysteme für Wasser und Gas. Die Vorarbeiten, wie etwa das Roden der Böschung, zur Errichtung der Unterführung der Koralmbahn unter die Autobahn erfolgten schon im Vorfeld. Die erforderlichen Bürocontainer für die Tätigkeiten der Bauführung wurden in örtlicher Nähe zur Autobahnanschlussstelle Wildon angeordnet.151

6.3.3 Beurteilung der Auswirkungen des Projekts

Auch für das Projekt der Koralmbahn Graz – Klagenfurt wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Vom Jahr 1998 bis zum Jahr 2002 erfolgte die Beurteilung, ob das Bauvorhaben im Teilstück Feldkirchen – Wettmannstätten den Kriterien der Umweltverträglichkeit entspricht. Im Jahr 2003 wurden die Prüfungstätigkeiten durch die Veröffentlichung der Ergebnisse beendet. Die Teilstrecke Feldkirchen – Wettmannstätten wurde in zwei Einreichprojekte gegliedert. Dies waren zu einem die Teilstrecke Feldkirchen – Wundschuh – Werndorf mit dem Verbindungsgleis Nord und zum anderen das Teilstück Wundschuh Wettmannstätten. Durch das Umweltverträglichkeitsverfahren ergaben sich einige Verpflichtungen, die im Rahmen des Projekts erfüllt werden müssen. 152

150 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 40-42. 151 vgl. GEMEINDE WEITENDORF, Amtliche Mitteilungen 3/2008. Weitendorf 2008. 152 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, ZT Witrisal, Bernhard + P.ZT-GmbH, Hydroconsult, IKK ZT-OEG, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. Einreichprojekt 2004. UVP-Abschnitt Feldkirchen – Wettmannstätten. Einreichabschnitt Feldkirchen – Wundschuh – Werndorf (FW 1) km 7,440 – km 18,000 inkl. Verbindungsgleis Nord km 0,000 – km 1,393. Einreichabschnitt Wundschuh – Wettmannstätten km 18,000 – km 31,816. Allgemeines. Graz 2004. S. 41.

76

 Auswirkungen auf die Fließgewässer

Durch die Koralmbahn sind zwei Fließgewässer im Gemeindegebiet betroffen. Die Änderung der Fließrichtung des Fotzenbachs erstreckt sich über cirka 45 m. Eine weitere Auswirkung in Verbindung mit dem Fotzenbach betrifft ein rechtsseitig einfließendes Gewässer. Dieses hat keine nähere Bezeichnung. Es erfolgt eine Umleitung des Gewässers durch Rohre auf einer Strecke von cirka 150 m. Nach Beendigung der Bauarbeiten werden die Rohrleitungen wieder entfernt.

Aufgrund der Beurteilung des Hochwasserabflusses wurden einige bauliche Maßnahmen für Kainach aufgezeigt. So wurde, zum Beispiel, ein weiterer Durchlass angebracht. 153

 Auswirkungen aufgrund von Lärmemissionen

Die Beurteilung der Lärmemissionen erfolgte durch eine Untersuchung der Lärmbelastung ohne das Projekt und der Lärmbelastung das Projekt inbegriffen. Teile des Unterführungsbauwerks der Koralmbahn auf Höhe der Autobahn im Gemeindegebiet sowie ein Stück des Hengsbergtunnels werden mit Paneelen ausgestattet, die den Schall vollständig aufnehmen. Eine weitere Maßnahme zur Verminderung der Lärmemissionen stellen die Lärmschutzwände dar.154

153 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 57. 154 vgl. PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. S. 60.

77

7 Zusammenfassung

Die im Bezirk Leibnitz liegende Gemeinde Weitendorf erstreckt sich über die Katastralgemeinde Kainach mit den Ortschaften Kainach bei Wildon und Neudorf ob Wildon und über die Katastralgemeinde Weitendorf mit den Ortsteilen Lichendorf, Klein-Weitendorf und Weitendorf. Die Lage der Gemeinde ist durch die sehr gute Anbindung an das Verkehrssystem gekennzeichnet, wodurch eine gewisse Standortqualität für die Gemeinde begründet wird. Hinsichtlich der naturräumlichen Einordnung lässt sich festhalten, dass die Gemeinde Weitendorf großteils im südlichen Teil des Grazer Feldes liegt und auch teilweise dem Landschaftsraum des Weststeirischen Riedellandes sowie des Unteren Kainachtals zugeordnet werden kann.

Die bedeutendsten Fließgewässer im Gemeindegebiet stellen die Mur und die Kainach dar, wobei vor allem die Kainach in der geschichtlichen Entwicklung der Gemeinde Weitendorf aufgrund ihrer unzähligen Hochwasserführungen Erwähnung findet. Andere merkliche Ereignisse in der historischen Entwicklung der Gemeinde Weitendorf waren sicherlich die beabsichtigte aber nie durchgeführte Eingliederung der Ortschaften Weitendorf und Lichendorf in die Bezirkshauptmannschaft Graz- Umgebung im Jahre 1947 oder die bereits seit dem Jahre 1967 diskutierte Gründung der Großgemeinde Weitendorf. Diese wurde schließlich im Jahre 1969 vollzogen. Dadurch wurde die nun bestehende Katastralgemeinde Kainach mit den zugehörigen Ortschaften in die Gemeinde Weitendorf eingegliedert. Weiters ist die Eröffnung des gemeindeeigenen Kindergartens im Jahre 1974 ein schilderungswürdiges geschichtliches Ereignis. Die im Laufe der Jahre immer wieder durchgeführten Regulierungsarbeiten der Kainach fanden im Jahr 1976 ihren Abschluss. Hervorzuheben in der geschichtlichen Entwicklung der Gemeinde sind weiters die zahlreichen Betriebsansiedelungen in den 1980er Jahren und die Verleihung des Gemeindewappens im Jahre 1994.

In Bezug auf diese verstärkten Betriebsansiedelungen lässt sich eine Verbindung zur Entwicklung der Bevölkerungszahl der Gemeinde erkennen. Das größte Wachstum der Bevölkerung war nämlich in der betrachteten Zeitspanne von 1951 bis 2008 in

78 den 1980er Jahren zu verzeichnen. Mit Stand von Oktober 2008 zählt die Gemeinde Weitendorf 1.595 Einwohner. Die Struktur der Bevölkerung hat sich in den letzten zehn Jahren derartig verändert, das der Anteil der jüngeren Bevölkerung von 0 bis 15 Jahren in Relation zu der Altersgruppe der Erwerbstätigen und zur Altersgruppe der über 60-Jährigen abgenommen hat. Die Gemeinde bietet schon seit einigen Jahren spezifische Angebote für die jüngeren und älteren Personen der Bevölkerung Weitendorfs an. In Bezug auf die Ausbildung lässt sich festhalten, dass im Gemeindegebiet keine schulischen Einrichtungen vorhanden sind und die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen durch Schulen in Wildon, Graz oder Leibnitz erfolgt.

Anhand der ausgewählten Untersuchungsmerkmale der Wirtschaftsstrukturen zeigt sich, dass sich in der Gemeinde analog zu den Landes- und Bezirksdaten eine Abnahme der landwirtschaftlichen Nebenbetriebe und eine Steigerung der durchschnittlichen Größe der Betriebe abzeichnen. In Bezug auf die momentan schwierige Arbeitsmarktlage lässt sich festhalten, dass in der Gemeinde Weitendorf nur eine geringe Steigerung der arbeitslosen Personen im Vergleich zwischen April 2008 und April 2009 zu beobachten ist. In der Betrachtung des gesamten Bezirks Leibnitz lässt sich hingegen ein stärkerer Anstieg der Arbeitslosenanzahl im Vergleich zu den Monaten des Vorjahres feststellen. Die Untersuchung der Pendlerbewegung durch die Statistik Austria für das letzte Volkszählungsjahr 2001 zeigte weiters, dass viel mehr Erwerbstätige der Gemeinde aus der Gemeinde auspendeln als Erwerbstätige einer anderen Gemeinde eine Arbeitsstelle in der Gemeinde Weitendorf haben.

Diese dargestellten geographischen, historischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten haben sicherlich einen gewissen Einfluss auf das Wirtschaftsleben der Gemeinde. Um auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen, ob die Gemeinde bereits in der Vergangenheit ein Standort für Wirtschaftsbetriebe war, kann festgehalten werden, dass in der Gemeinde bereits in den vergangenen Jahrzehnten große Unternehmen angesiedelt waren. So fasst etwa die Perlmooser Zementwerke AG durch die Übernahme der Steirischen Zementindustrie AG im den Jahren 1925/26 im Gemeindegebiet Weitendorfs Fuß. Dadurch produzierte ab diesem Zeitpunkt das Werk Weissenegg mit Ausnahme der

79

Betriebseinstellungen von 1931 bis 1938 aufgrund der allgemeinen schlechten Wirtschaftslage und von 1943 bis 1949 als Folge des Zweiten Weltkriegs Zement als Teil der Perlmooser Zementwerke AG. Durch das Gespräch mit Herrn Emmerich Skoric, der 37 Jahre im Unternehmen beschäftigt war, konnten unter anderem Rückschlüsse auf die durchaus harten Arbeitsbedingungen im Werk, die maschinelle Ausstattung und über die beachtlichen sozialen Leistungen der Perlmooser Zementwerke AG gewonnen werden. Das Unternehmen hatte nicht zuletzt durch die vielen geschaffenen Arbeitsplätze und durch die Abführung der Lohnsummensteuer eine große Bedeutung für die Gemeinde.

Auch die Darstellung des noch weiter in die Vergangenheit zurückreichenden Abbaus von Gestein im Basaltsteinbruch in Weitendorf zeigt wiederum einen wichtigen Teil der Wirtschaftsgeschichte der Gemeinde auf. Bereits im 16. Jahrhundert wurde der Basalt als wirtschaftliches Gut vor allem als Bau- und Pflasterstein genutzt. In der Geschichte des Basaltsteinbruchs ist insbesondere das Jahr 1985 zu nennen. In diesem Jahr wurden Teile des Basaltsteinbruchs zum Naturdenkmal erklärt, wodurch die Errichtung einer geplanten Müllablagerungsdeponie verhindert werden konnte. Im Jahr 2000 wurde schließlich der Steinbruch durch die Fachstelle Naturschutz der Steiermärkischen Landesregierung zum Naturdenkmal ernannt. Der Steinbruch wird im Moment durch die Appel Steinbruch GesmbH & Co KG geführt. Durch das Interview mit dem Zeitzeugen Herrn Franz Wankhammer, der vor seiner Pensionierung im Basaltsteinbruch als Betriebsleiter tätig war, war es möglich Einblicke in den Betrieb des Steinbruchs zu erlangen. Die Arbeit wurde damals schon teilweise durch maschinelle Anlagen unterstützt und es gab auch die Möglichkeit eine Aus- und Weiterbildung im Unternehmen anzustreben. So konnte eine Lehre im Büro und auch die Ausbildung zum Gesteinsbohristen oder Sprengbefugten absolviert werden.

Durch die darauf folgende Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten dreißig Jahre der Gemeinde Weitendorf schließt sich ausgehend von der erfolgten Betrachtung der Wirtschaftsgeschichte der Gemeinde der Kreis bis ins Jahr 2009. Ausgehend vom Jahr 1979 zeigt sich, dass damals zehn Unternehmen des Industrie- und Gewerbesektors sowie acht Gaststätten und zwei Lebensmittelgeschäfte im Gemeindegebiet ansässig waren. Die folgenden zehn Jahre waren, wie bereits zuvor

80 geschildert, durch fünf neue Betriebsansiedelungen und durch eine Vergrößerung eines bestehenden Unternehmens gekennzeichnet. Von diesen fünf neu angesiedelten Unternehmen sind laut Gegenüberstellung mit dem aktuellen Firmenverzeichnis nur noch zwei dieser Unternehmen im Gemeindegebiet tätig. Die Betrachtung der danach folgenden zwanzig Jahre zeigt, dass 26 Firmen von Ende der 1980er Jahre bis heute im Gemeindegebiet Fuß gefasst haben. In dieser Zeitspanne erfolgte unter anderem auch die Schließung des Betriebs der Perlmooser Zementwerke AG. Ebenfalls in diesem Zeitraum ist als merkliches Ereignis die Ernennung der Gemeinde zum industriell-gewerblichen Entwicklungsstandort im Jahr 2001 als bedeutsamer Punkt hervorzuheben.

In der abschließenden Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde in den letzten dreißig Jahren kann zusammenfassend festgehalten werden, dass vier der im Jahre 1979 bestehenden Industrie- und Gewerbebetriebe auch noch im Jahr 2009 ihren Betrieb in der Gemeinde ausüben. Weiters bestehen auch noch vier der damals vorhandenen gastwirtschaftlichen Betriebe, wobei heute insgesamt neun Gaststätten im Gemeindegebiet gegeben sind. Inklusive dieser Gaststätten haben im Jahr 2009 42 Firmen ihren Standort in der Gemeinde Weitendorf, wobei weitere 14 Firmen die Kommunalsteuer aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit im Gemeindegebiet an die Gemeinde leisten.

Schlussendlich zeigen die Ergebnisse der durchgeführten Interviews mit vier ortsansässigen Unternehmen, dass aufgrund der örtlichen Lage der Gemeinde ihre Standortwahl auf Weitendorf gefallen ist. Die Befragung brachte auch ans Licht, dass die untersuchten Unternehmen keinerlei Förderungen für ihre Betriebsansiedelung erhalten haben und dass drei von den vier befragten Unternehmen einer Erweiterung ihres Betriebes in der Gemeinde Weitendorf positiv gegenüber stehen. Durch die Befragung war es möglich Rückschlüsse für künftige Aktivitäten seitens der Gemeinde zu erlagen. So bestehen teilweise, wie etwa bei der Vergabe von Aufträgen, noch Verbesserungsmöglichkeiten in der Zusammenarbeit der Gemeinde mit den Unternehmen.

81

Neben dieser Schilderung der wirtschaftlichen Umstände im Jahr 2009 dürfen die aktuellen Projekte in der Gemeinde nicht außer Acht gelassen werden. Wie im vorangegangen Kapitel näher ausgeführt wurde, ist die Gemeinde seit 2005 Mitglied des Vereins „Kulturpark Hengist“. Dieser Verein setzt seine Tätigkeiten in den Bereichen Archäologie, Geschichte, Paläontologie, Naturgeschichte, Kulturgeschichte und Volksgeschichte. Der damalige Bürgermeister von Weitendorf hatte bis zu seinem Ausscheiden aus der Gemeindepolitik innerhalb des Kuratoriums des Vereins das Amt des Präsidenten von 2006 bis 2008 inne. Die bisherigen Tätigkeitsfelder des Vereins umfassten etwa die Gründung des hengist museum wildon, die Veranstaltung von zahlreichen Sonderausstellungen, die Gestaltung der Zeitschrift „Hengist-Magazin“ oder die Einbindung von Langzeitarbeitslosen in archäologische Ausgrabungen. Im Rahmen der Auszeichnung „Zukunftsgemeinde Steiermark“ erreichte der Kulturpark in der Beurteilung der Zusammenarbeit zwischen Gemeinden den zweiten Platz.

Im Gemeindegebiet kommt es weiters im Moment einerseits durch die Errichtung der Gasverdichterstation der OMV und andererseits durch den Bau der Koralmbahn zu baulichen Eingriffen. So wurde die Gemeinde nach eingehender Prüfung aufgrund der beabsichtigten Kapazitätserhöhung der Trans Austria Gasleitung als Standort für eine der erforderlichen neuen Gasverdichterstation ausgewählt. Für die Gemeinde bedeutet dies eine zusätzliche Einnahmequelle aufgrund der zu entrichtenden Kommunalsteuer sowie Zuwendungen, die durch die OMV für regionale Interessen der Gemeinde geleistet werden. In Bezug auf die Verwendung der Zuwendungen der OMV rief die ÖVP Weitendorf die Bevölkerung zu einem Ideenwettbewerb auf. Die eingebrachten Vorschläge, die sich im überwiegenden um die Bereiche Gesundheit, infrastrukturelle Einrichtungen, Lärmpräventionsmaßnahmen und um die Sicherheit im Straßenverkehr drehten, sollen je nach Durchführbarkeit realisiert werden. Da dieses Projekt einen Eingriff in die natürliche Umgebung darstellt, war eine Prüfung der Umweltverträglichkeit notwendig. Im März 2008 konnte die Umweltverträglichkeit der Gasverdichterstation positiv beurteilt werden. Hinsichtlich der geplanten Erweiterung der Station um eine Abwärmenutzungsanlage ist die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht abgeschlossen.

82

Eine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung, die bereits im Jahre 2003 erfolgreich beendet wurde, wurde im Rahme des Bauprojektes der Koralmbahn Graz – Klagenfurt für den Streckenabschnitt in der Gemeinde Weitendorf notwendig. Das Gemeindegebiet liegt in der Teilstrecke Wundschuh – Wettmannstätten. Durch die Errichtung der Hochleistungstrasse der Koralmbahn ist die Gemeinde durch einige bauliche Maßnahmen, wie etwa durch die Änderungen des bisherigen Straßenverlaufs in bestimmten Bereichen, betroffen. Durch dieses Bauvorhaben wird die Infrastruktur der Gemeinde weiter ausgebaut.

Durch die schon sehr guten infrastrukturellen Voraussetzungen und durch die bereits bestehende Kooperation mit den Nachbargemeinden durch den Kulturpark Hengist ist sicherlich eine gute Ausgangsbasis für die künftige Entwicklung des Wirtschaftslebens in der Gemeinde gegeben. Es wird sich zeigen inwieweit sich die Gemeinde Weitendorf in Zukunft als Wirtschaftsstandort profilieren kann.

83

8 Literatur- und Quellenverzeichnis

AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung 17C, Steirischer Gewässergüteatlas 2004. Dokumentation zum Thema Gewässerschutz. Graz 2004

AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG, Rechtsabteilung 6. Bescheid vom 5. August 1986. GZ: 6 – 375/II We 35/12 – 1986. Graz 1986

ARBEITSMARKTSERVICE STEIERMARK, Arbeitsmarktreport 2007. Graz 2008

ARBEITSMARKTSERVICE STEIERMARK, Information Arbeitsmarkt. April 2009. Graz 2009

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Grafische Darstellung der Gemeinden. Leibnitz 2009

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bescheid vom 6.10.1977. GZ: 4 Scha 4/1977. Leibnitz 1977

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bescheid vom 6.12.1977. GZ: 4 Scha 10/1977. Leibnitz 1977

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bescheid vom 4.3.1985. GZ: 6.0 B 10 – 1985. Leibnitz 1985

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT LEIBNITZ, Bezirk Leibnitz Gemeindeverzeichnis. Leibnitz 2009

FREIWILLIGE FEUERWEHR WEITENDORF, 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Weitendorf 1892-1992. Festschrift Weitendorf 1992

84

GEMEINDE WEITENDORF – AMTLICHE MITTEILUNGEN:  Rundschreiben vom 26.7.1984. Weitendorf 1984  Amtliche Mitteilung vom 24. April 1995. Weitendorf 1995  Amtliche Mitteilung vom 10.7.1997. Weitendorf 1997  Amtliche Mitteilung 8/1999. Weitendorf 1999  Amtliche Mitteilungen 2/2000. Weitendorf 2000  Amtliche Mitteilung 7/2000. Weitendorf 2000  Amtliche Mitteilung 8/2002. Weitendorf 2002  Amtliche Mitteilung 13/2002. Weitendorf 2002  Amtliche Mitteilung 2/2006. Weitendorf 2006  Amtliche Mitteilungen 3/2008. Weitendorf 2008

GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide nach Jahrgang. Stichtag 23.10.1998. Weitendorf 2008

GEMEINDE WEITENDORF, Einwohnerstatistik – Alterspyramide nach Jahrgang. Stichtag 23.10.2008. Weitendorf 2008

GEMEINDE WEITENDORF, Firmenverzeichnis, Stand Mai 2009. Weitendorf 2009

GEMEINDE WEITENDORF, Förderungen der Gemeinde Weitendorf. Stand 1.1.2006. Weitendorf 2006

GEMEINDE WEITENDORF (Hrsg.), Wappenverleihung an die Gemeinde Weitendorf am 31. Juli 1994. Deutschlandsberg 1994

GEMEINDE WEITENDORF, Chronik der Gemeinde Weitendorf, handschriftliche Aufzeichnungen vom Jahre 1883 bis 1989

GRABNER Josef, Gemeinde Weitendorf (Hrsg.), Chronik der Gemeinde Weitendorf. Leibnitz 1980

HIDEN Hartmut, Der Vulkan von Weitendorf in: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Heft 2/2006. S. 4 - 9

85

HUBER Franz unter Mitarbeit der VEREINIGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ZEMENTINDUSTRIE, Zement + Beton Handels- und Werbeges.m.b.H. (Hrsg.), 1894 - 1994 100 Jahre Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie. Wien 1994

ILF CONSULTING ENGINEERS, OMV Gas GmbH Trans Austria Gasleitung Expansion 04. Umweltverträglichkeitserklärung Gasverdichterstation Weitendorf. Zusammenfassung der UVE. Wien 2006

INTERVIEWS:  Herr Emmerich Skoric am 28. Mai 2009  Herr Franz Wankhammer am 18. April 2009  Ertl & Pronneg Autohaus am 28. Mai 2009  Grasch Rudolf Stahlbau am 28. Mai 2009  Zuser Umweltservice GmbH am 28. Mai 2009  REKORD FENSTER ACCDUR Fenstertechnik Ges.m.b.H. am 2. Juni 2009.

JONTES Günter, Die Grüne, die Eherne Mark. Eine kurze Fassung der langen Geschichte der Steiermark. Trautenfels 2006

JONTES Günter, SCHILHAN Günter, Vom Anschluss bis zum Staatsvertrag. Die Steiermark 1938 – 1955. Graz 2007

KARNER Stefan, Die Steiermark im 20. Jahrhundert. Graz 2005

KARNER Stefan, KOPETZ Heinz (Hrsg.), Die Grüne Mark. Steirische Land- und Forstwirtschaft im 20. Jahrhundert. Graz 2004

KULTURPARK HENGIST, Kulturpark Hengist. Wildon 2009

LANDWIRTSCHAFTSKAMMER STEIERMARK, Arbeitsprogramm 2006 bis 2011. Tätigkeitsschwerpunkte der nächsten Funktionsperiode. Graz Oktober 2006

LANDWIRTSCHAFTSKAMMER STEIERMARK, Die steirische Landwirtschaft in Zahlen 2008

86

MATHIS Franz, Big Business in Österreich, Österreichische Großunternehmen in Kurzdarstellungen, Verlag für Geschichte und Politik, Wien, 1987

OBERSTEINER Gernot P., Warum „Hengist“? in: Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Startausgabe 01/2004. S. 6- 7

OMV Gas GmbH, Projektinformation Gasverdichterstation Weitendorf. Stand: September 2007. Wien 2007

PERLMOOSER ZEMENTWERKE Aktiengesellschaft, Hundert Jahre Perlmooser Zementwerke A.G. 1872-1972, Wien, 1972

PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, ZT Witrisal, Bernhard + P.ZT-GmbH, Hydroconsult, IKK ZT-OEG, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. Einreichprojekt 2004. UVP-Abschnitt Feldkirchen – Wettmannstätten. Einreichabschnitt Wundschuh – Wettmannstätten km 18,000 – km 31,816. Verkehrsprojekt Bahnbau. Graz 2005

PLANUNGSGEMEINSCHAFT KORALMBAHN Feldkirchen – Wettmannstätten, ZT Witrisal, Bernhard + P.ZT-GmbH, Hydroconsult, IKK ZT-OEG, Koralmbahn Graz – Klagenfurt. Einreichprojekt 2004. UVP-Abschnitt Feldkirchen – Wettmannstätten. Einreichabschnitt Feldkirchen – Wundschuh – Werndorf (FW 1) km 7,440 – km 18,000 inkl. Verbindungsgleis Nord km 0,000 – km 1,393. Einreichabschnitt Wundschuh – Wettmannstätten km 18,000 – km 31,816. Allgemeines. Graz 2004

RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG Maximilian, Gemeinde Weitendorf. Örtliche Entwicklungskonzept Nr. 3.00. Wortlaut und Erläuterungsbericht. Erläuterungsbericht zum ÖEK Nr. 3.00 Weitendorf. Graz 2002

RAUMPLANUNGSBÜRO PUMPERNIG Maximilian, Gemeinde Weitendorf. Örtliche Entwicklungskonzept Nr. 3.00. Wortlaut und Erläuterungsbericht. Wortlaut zum ÖEK Nr. 3.00 Weitendorf. Graz 2002

87

TECON Engineering GmbH, OMV Power International GmbH Abänderungsantrag der UVE Gasverdichterstation Weitendorf. Genehmigungsbescheid nach UVP-G 2000 i.d.g.F. vom 13. März 2008. GZ: FA13-11.10-11/2008-16. Abwärmenutzung Weitendorf. Zusammenfassung. Loebersdorf 2008

VEREIN KULTURPARK HENGIST, Hengist Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark. Widon Startausgabe 01/2004. S. 4 -5.

Internetquellen:

ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERREICH  Arbeitsmarktprofil 2007 Leibnitz, http://oi000004.host.inode.at/bezbul_2007/614/intro.html , aufgerufen am 27.07.2009  Arbeitsmarktdaten, Arbeitslose im Zeitvergleich. Region Leibnitz: http://iambweb.ams.or.at , aufgerufen am 19.05.2009

BUNDESKANZLERAMT Rechtsinformationssystem:  http://www.ris2.bka.gv.at/Dokumente/Lgbl/LGBL_ST_19940330_13/LGBL_ST_199403 30_13.pdf , aufgerufen am 20.01.2009  http://www.ris2.bka.gv.at/Dokumente/Lgbl/LGBL_ST_20010606_27/LGBL_ST_200106 06_27.pdf , aufgerufen am 20.01.2009

GEMEINDE WEITENDORF:  http://www.weitendorf.at/62/Gemeindeamt.html , aufgerufen am 05.02.2009  http://www.weitendorf.at/ , aufgerufen am 05.02.2009

KULTURPARK HENGIST – Projekte – Kulturwanderweg:  Gemeinde Weitendorf: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_01.pdf , aufgerufen am 03.03.2009  Kainach bei Wildon: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_07.pdf , aufgerufen am 03.03.2009  Lichendorf: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_05.pdf , aufgerufen am 03.03.2009  Neudorf ob Wildon: http://www.hengist.at/pdf/weitendorf/weitendorf_10.pdf , aufgerufen am 27.07.2009

88

LAND STEIERMARK – AMT DER STEIRISCHEN LANDESREGIERUNG: LUIS – Landes-Umwelt Informationssystem:  http://www.umwelt.steiermark.at/cms/ziel/845054/DE/, aufgerufen am 05.02.2009  http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10029085/845054/ , aufgerufen am 19.11.2008  http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10028575/845054/ , aufgerufen am 19.11.2008  http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10029094/845054/ , aufgerufen am 19.11.2008  http://www.umwelt.steiermark.at/cms/beitrag/10023493/25206/ , aufgerufen am 19.11.2008

ÖSTERREICHISCHE VOLKSPARTEI – ORTSGRUPPE WEITENDORF:  Der Ideenwettbewerb: http://oevp-weitendorf.at/oevp- weitendorf/Campaign.aspx?ChapterId=208c1469-38c8-4e68-86ed-fd580d364590 , aufgerufen am 30.11.2008.  http://oevp-weitendorf.at/oevp-weitendorf/CampaignEntries.aspx , aufgerufen am 30.11.2008.

STATISTIK AUSTRIA  Bevölkerungsentwicklung 1869 – 2008, Bevölkerungsentwicklung durch Geburten- und errechnete Wanderungsbilanz, http://www.statistik.at/blickgem/blick1/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009  Volkszählung vom 15.Mai 2001. Einwohner nach Ortschaften: http://www.statistik.at/blickgem/vz2/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009  Volkszählung vom 15. Mai 2001. Wohnbevölkerung nach Bildung, Familie und Haushalte: http://www.statistik.at/blickgem/vz4/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009.  Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe und Flächen nach Erwerbsart. Durchschnittliche Betriebsgröße land- u. forstwirtschaftlicher Betriebe (in ha): http://www.statistik.at/blickgem/blick5/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009.  Volkszählung vom 15. Mai 2001, Erwerbs- u. Schülerpendler; Wohnbevölkerung bzw. Erwerbspersonen nach berufl. u. wirtschaftl. Merkmalen: http://www.statistik.at/blickgem/vz5/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009  Volkszählung vom 15. Mai 2001, Erwerbspendler nach Pendelziel: http://www.statistik.at/blickgem/vz6/g61046.pdf , aufgerufen am 13.05.2009