St. Ansgar 2007 Inhaltsverzeichnis

St. Ansgar und andere 3 Geleitwort / Pfarrer Wolf Bachbauer + / L. Waldmüller 5 Dr. Peter Louis unter Beschuss / K. P. Vosen 14 Conferentia Episcopalis Scandiae 18 Für Sie gelesen 25 Die Situation der Kirche im Norden im Überblick Bistum Kopenhagen 26 Chronik 2006/2007 / S. Olden Jørgensen 34 Eine Tür fällt in's Schloss / H. Goeke 35 Frei hinter Gittern? / Sr. M. A. 46 Requiescant in pace 51 Für Sie gelesen Bistum Stockholm 53 Jahresüberblick 2006-2007 / Ch. Hermann 63 Simul omnia complecti - Äbtissinenweihe in Mariavall / G. Assenmacher 71 Für Sie gelesen 75 P. Peter Hornung S.J.+ / K. Dietz - B. Beusch Bistum Oslo 83 Vor einer großen Herausforderung / B. Eidsvig 87 Dominikanerinnen feiern 800-jähriges Bestehen / Lunden-Kloster 90 Kleine Schwestern Jesu verlassen Norwegen / H. Koch 94 Neuer Norwegischer Christlicher Rat gegründet 95 Das Gesicht des anderen / T. H. Olsen 98 Für Sie gelesen 98 Requiescant in pace Prälatur Trondheim 102 Aus Holz und Glas / W. Sanders 105 Am Oktavtag der Weihe / G. Assenmacher Prälatur Tromsø 108 Iter para tutum / Tod und Begräbnis von Bischof Gerhard Goebel 110 Höhepunkte im Laufe eines Kirchenjahres / G. Jäger Bistum Helsinki 113 Aus dem Leben des Bistums Helsinki 2006/2007 127 Kurznachrichten 132 Für Sie gelesen 135 In pace: P. Wilhelmus Slegers SCJ+ Bistum Reykjavik 137 Das Jubiläum von Bischof Gijsen / T. Ö. Ólason 139 Wachstum auf allen Ebenen / J. Gijsen 145 Die Karmelitinnen Vom Göttlichen Herzen Jesu in Akuryeri / Sr. Celestina Umschlagfoto: Bischof Ansgar. Detail aus dem Mosaik des „Goldenen Saals“ im Stadshuset in Stockholm. Auf dem Ostzipfel der Insel Kungsholmen wurde in den Jahren 1911 bis 1923 nach Plänen des Architekten Ragnar Östberg das neue Rathaus errichtet, ein imposanter Rohziegelbau mit Hausteindetails, der um zwei Binnenhöfe gruppiert ist. Einer dieser Höfe ist überglast und dient als Festhalle („Blaue Halle“). Hier findet jeweils das Gala-Diner für die Nobelpreisträger statt, zu welchem 1.300 Gäste geladen werden. Im „Goldenen Saal“ auf der 1. Etage bedeckt ein Mosaik des in Italien ausgebildeten Künstlers Einar Forseth Decke und Wände. Es besteht angeblich aus 19 Mio. Glasstücken. Foto: B. Auel

Zur Abbildung auf der Rückseite: Der Priesterrat des Erzbistums Köln besuchte vom 28.5. bis 1.6.2007 unter Leitung von Kardinal Meisner das Bistum Stockholm. Auch eine Wallfahrt zur Insel Birka und dem dortigen Ansgarkreuz (Abb.) stand auf dem Programm. Über den Besuch wird zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher berichtet werden. Foto: D. Schwaderlapp

Herausgegeben vom Vorstand des St. Ansgarius-Werkes Köln und des St. Ansgar-Werkes München Redaktion: Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher, Marzellenstr. 32, 50668 Köln

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Grafik-Design: Francisco Correa Lira Druck: Kölnische Verlagsdruckerei GmbH Zum Geleit

Liebe Leserinnen und Leser unseres Jahrbuches!

it dieser neuen Ausgabe melden sich bei Ihnen wie- M der einmal das St. Ansga- rius-Werk Köln und das St. Ansgar- Werk München, um unser Anliegen, die Unterstützung der katholischen Kir- che in den skandinavischen Ländern, erneut ins Bewusstsein zu rufen. Eine Fülle von Beiträgen will Ihnen Einblick ins Leben der Kirche im Norden geben und Ihr Interesse wek- ken. Es bedarf sicher keines besonde- ren Hinweises, dass die Katholiken Skandinaviens angesichts der Ent- wicklung hin zu einer mehr und mehr von Einwanderern aus der weiten rer Schlag getroffen: Am 28. Januar Welt geprägten Kirche die daraus verstarb in Altomünster unerwartet an resultierenden Probleme nicht aus den Folgen eines Herzinfarktes der 1. eigener Kraft lösen können; sie blei- Vorsitzende des Vereins, Pfarrer Wolf ben mehr denn je auf unsere tatkräfti- Ullrich Bachbauer. Er war erst 58 Jahre ge Hilfe angewiesen. Damit beantwor- alt. tet sich auch die Frage, warum man Um die Führung des St. Ansgar-Werks denn Hilfe ins „reiche“ Skandinavien in jüngere Hände zu legen, hatte ich schicken solle. ihn, den langjährigen 2. Vereinsvor- Diejenigen, deren Seelsorge ermöglicht sitzenden, auf der Mitgliederver- und ausgebaut werden soll, sind gera- sammlung am 4. November 2006 für de jene, die am Wohlstand der Region den Vorsitz vorgeschlagen; von den den geringsten Anteil haben. Allen Anwesenden wurde er einstimmig Freunden und Förderern der Ans- gewählt. garwerke, die bisher schon ein offenes Herz und eine freigiebige Hand bewie- Herr Pfarrer Bachbauer, der 1948 im sen haben, sei an dieser Stelle ganz sächsischen Bad Lausick geboren war, herzlich gedankt; Gott vergelte allen brachte für diese neue Aufgabe beste unseren Wohltätern jede gute Tat, mag Voraussetzungen mit. Schon als evan- sie auch unbedeutend erscheinen. gelischer Theologe pflegte er Kontakte mit Skandinavien. Nach seiner Kon- Das St. Ansgar-Werk München e. V. version und der 1981 empfangenen hat zu Beginn dieses Jahres ein schwe- Priesterweihe wurde ihm bald die

3 Zum Geleit

Pfarrei Altomünster, Ort des einzig Schriften der hl. Birgitta und die noch bestehenden alten Birgittinnen- Spiritualität ihrer Ordensgründung ver- klosters auf deutschem Boden, über- anlassten Bachbauer darüber hinaus tragen. Hier hat er vor allem als Seel- zur Mitarbeit bei der im Jahr 2000 sorger, seit 1983 als Vikar, seit 1985 als gegründeten internationalen ökumeni- Pfarrer, Impulse gegeben. Die Kloster- schen „Societas Birgitta-Europa“. Er und Pfarrkirche, eines der bedeutend- war sogar 1. Vorsitzender dieser im sten Bauwerke des Barock, wurde schwedischen Vadstena ins Leben unter seiner Amtsführung von Grund gerufenen Organisation. auf renoviert und präsentiert sich heute in ursprünglicher Schönheit. Ich bedaure es sehr, dass dem Von Altomünster aus hat er vielmals Verstorbenen nicht vergönnt war, sein die nordischen Länder besucht und reiches Wissen und seine Tatkraft dem Gruppen seiner Pfarrgemeinde mit auf St. Ansgar-Werk München weiter zur Reisen dorthin genommen. Verfügung zu stellen. Schließlich war ihm die Sorge um den Möge der Herr ihm vergelten, was er Birgittinnenkonvent, sein Erhalt und für die Kirche im Norden geleistet hat! die Gewinnung von Novizinnen ein Herzensanliegen. Sein Interesse für die R. i. p.

den gewählt. Sein Stellvertreter ist Pfarrer Brian McNeil, der 1952 in Schottland geboren wurde, den Augustiner-Chorherren angehört, 1985 in Rom die Priesterweihe empfing und nach einer Zeit des pastoralen Ein- satzes in Norwegen nunmehr Pfarrer von St. Michael - Berg am Laim (München) ist.

Halten Sie, liebe Leserinnen und Leser, den St. Ansgar-Werken und der Kirche im Norden die Treue!

Mit herzlichen Grüßen

Bei der außerordentlichen Mitglieder- Ihr versammlung unseres Ansgarwerkes, die am 1. Juni 2007 in München statt- fand, wurde wiederum der Verfasser Prälat Dr. Lothar Waldmüller dieses Geleitwortes zum 1. Vorsitzen- 1. Vorsitzender

4 Dr. Louis

Dr. Peter Louis unter Beschuss

SS-Hetze gegen das St. Ansgarius-Werk

Öfter ist in den früheren Ausgaben dieses Jahrbuchs darauf verwiesen worden, dass der Gründer und Generalprokurator des Kölner St. Ansgarius-Werkes, Pfarrer Dr. Peter Louis, von Seiten des Nationalsozialismus mannigfache Nachteile bis hin zur Verbannung erfuhr. Seine regimekritische Haltung lag klar zutage. Doch scheint sich der Argwohn von nationalsozialistischer Seite gegen ihn hauptsächlich aufgrund seiner Tätigkeit als Pastor in Leverkusen- Bürrig erhoben zu haben, im Rahmen derer seine Opposition gegen den brau- nen Zeitgeist mehrfach unübersehbar wurde1. Auf Louis' Arbeit für das St. Ansgarius-Werk wird in den Polizei- und Gerichts- akten der NS-Zeit weniger Bezug genommen. Dass indessen auch diese Tätigkeit von Seiten des Nationalsozialismus nicht unbeanstandet blieb, und dass Louis mindestens einmal auch hier unter den scharfen Beschuss des Regimes geriet, zeigt ein Artikel der SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“ vom 10. Juni 1937.

„Eucharistische Nordlandfahrten“? Äußerer Anlass für die Zeitungsnotiz war die Tatsache, dass der Redaktion eine „Einladung zu zwei eucharistischen Nordlandfahrten im August 1937“ zuge- gangen war, die das Ansgariuswerk „in Verbindung mit der technischen Durchführungsstelle für Reisen des katholischen Reisekomitees (Mer)“ veran- stalten wollte. Anmeldungen waren an das „Eucharistische Sekretariat z. H. des Herrn Dr. P. Louis, Leverkusen-Bürrig, Stephanusstr. 78“ erbeten. Es handelte sich bei diesen Fahrten um Reisen, die nicht nur deutsche Katholiken zu den „einsamen Tabernakeln“ Nordeuropas führen sollten, sondern insgesamt katholische Christen Nord- und Mitteleuropas für die Probleme ihrer in der Zerstreuung Skandinaviens lebenden Glaubensschwestern und -brüder zu sen-

5 Dr. Louis sibilisieren beabsichtigten und diesen das stärkende Bewusstsein vermitteln wollten, dass sie Glieder einer weltumspannenden Glaubensgemeinschaft waren. Ob die Idee zu diesen Fahrten auf Dr. Peter Louis selbst zurückging, ist nicht mit letzter Sicherheit zu bestimmen. Dass sie sich in seinen Lieblingsgedanken von der Erfolgsträchtigkeit großartiger Werbung für Nordlandmission und Ansgariuswerk hervorragend hineinfügte, ist jedenfalls klar ersichtlich, und entsprechend intensiv hat Louis diese Fahrten propagiert. Auch, ob die Redaktion des „Schwarzen Korps“ hierbei irrtümlich oder blau- äugig beworben wurde, bleibt offen. Eine Gelegenheit zur Polemik gegen die Kirche Tatsache ist, dass in einer angespannten Phase des Kirche-Staat-Verhältnisses in Deutschland, in der die Katholiken in massive Bedrängnis durch den Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus geraten waren, die SS-Zeitung in den „eucharistischen Nordlandfahrten“ eine Gelegenheit zur Polemik gegen die Kirche sah und nicht ungenutzt vorübergehen lassen wollte, die allerdings regelrecht konstruiert werden musste. Man mag verwundert fragen, wie eine so „unschuldige“ Maßnahme wie das von Louis beworbene Projekt zum Anlass nationalsozialistischer Kirchenhetze werden konnte, doch waren die Machthaber in dieser Hinsicht ausgesprochen erfinderisch, wie nicht zuletzt auch die Devisen- und Sittlichkeitsprozesse gezeigt hatten, in deren zeitlichen Kontext der nicht gezeichnete Artikel ein- geordnet werden muss. Im Falle der „eucharistischen Nordlandfahrten“ folgte das „Schwarze Korps“ folgender Gedankenlinie: Vor einiger Zeit habe eine Salzburgische Kirchenzeitung die Arbeitslosen Österreichs aufgefordert, „sich vom Mahle der heiligen Eucharistie“ zu nähren. Das „Schwarze Korps“ habe in gerechtem Zorn diese „Infamie“ gebrandmarkt und mit der Bezeichnung „eucharistischer Eintopf“ belegt, offenbar um so deutlich zu machen, dass es ja schließlich unmöglich sei, mit der geistlichen Speise hungernde Mägen zu füllen. Kardinal Faulhaber2 in München habe an dem Ausdruck „eucharisti- scher Eintopf“ schweren Anstoß genommen, sich „in grimmiger Beschwerde an eine hohe Reichsbehörde gewandt“ und angesichts der von ihm festge- stellten „strafwürdige(n) Gotteslästerung ... Sühne-Gottesdienste für das böse ‚Schwarze Korps' veranstaltet“.

Diese Vorgänge, in denen schon die scharf antiklerikale Position der SS- Zeitung manifest wurde (wie auch die vor dem „Anschluss“ Österreichs 1938 von den Nationalsozialisten vertretene Tendenz, die Zustände dort möglichst düster zu zeichnen), werden von der Redaktion jetzt wieder herangezogen, die die Wortverbindung „eucharistische Nordlandfahrt“ mit der des „eucharisti- schen Eintopfs“ vergleicht: „Ist ein Eintopfgericht weltlicher und unwürdiger als eine Nordlandfahrt? Ist der Eintopf, ein Symbol gemeinsamen Opferns,

6 Dr. Louis nicht vielmehr würdiger, mit einer der römischen Kirche heiligen Vorstellung verkoppelt zu werden, als ein Vergnügungsunternehmen, das den Veran- staltern vermutlich und augenscheinlich recht stattliche Gewinne einbringen soll? Und ist der Bannstrahl schon wider die Gotteslästerer unterwegs, die aus einer heiligen Glaubenssache ein Firmenschild für ein Reisebüro zurecht- schustern? Oder bleibt er in der Scheide, weil das Unternehmen unter dem Protektorat eines halben Dutzend hochwürdigster Bischöfe und gar eines regelrechten Erzbischofs steht?“ „National unzuverlässig?“ Mag dieser Anwurf schon schwerwiegend sein, wird doch den „eucharisti- schen Nordlandfahrten“ und damit Dr. Peter Louis ein unsauberes Motiv unter- stellt, dass nämlich unter dem Deckmantel einer religiösen Veranstaltung Geld gescheffelt werden soll, womit dann eine wirkliche Entweihung der heiligen Eucharistie verbunden sei, während heuchlerisch das eigene Bild des „Eintopfs“ geradezu noch zum Gleichnis des eucharistischen Opfers hochstili- siert wird, verliert die Polemik danach jedes Maß. Das Reisebüro, das Louis als „technische Durchführungsstelle“ für die Fahrt zur Verfügung steht und vom „Schwarzen Korps“ als „eucharistische Konkurrenz von Kraft durch Freude“ [des nationalsozialistischen Erholungswerkes] verhöhnt wird, hat in einem - sicher von Louis verfassten oder gegengelesenen - Prospekt über Inhalte der „eucharistischen Nordlandfahrten“ geschrieben: „Die Teilnehmer werden über- all von den [einheimischen] Katholiken empfangen und in die Kirchen zur Anbetung geleitet. Im Mittelpunkt steht immer Jesus Christus, der eucharisti- sche Heiland. In geeigneten Vorträgen werden die Teilnehmer über die Lage der Kirche unterrichtet.“

Das „Schwarze Korps“ meint demgegenüber zwischen den Zeilen lesen zu können: „Wenn wir recht zu lesen verstehen, so heißt das: Die Teilnehmer werden auf ausländischem Boden demonstrativ empfangen und in die Kirche geleitet, wodurch der Anschein erweckt werden soll, als hinderte man sie, in Deutschland die Kirchen zu besuchen. Anschließend findet die Ausgabe der neuesten Greuellügen und eine feierliche Beweihräucherung von vertierten [sic!] Jugendschändern, Sexualverbrechern, Devisenschiebern und Hochverrätern statt“. In bewusster Verdrehung der Tatsachen - offenbar sollten doch die Teilnehmer an der Nordlandfahrt über die Lage der katholischen Kirche in den jeweils besuchten Ländern informiert und weniger den in der Diaspora Lebenden Referate über die Situation der Kirche in Deutschland gehalten werden - bringt das „Schwarze Korps“ hier ein an Gehässigkeit nicht mehr zu überbietendes Konglomerat aller von nationalsozialistischer Seite damals erhobener Vorwürfe gegen die Katholiken: Sie seien „national unzu- verlässig“, weil sie im Ausland Unwahrheiten über die Lage des katholischen

7 Dr. Louis

Christentums in Deutschland verbreiteten, wo es „angeblich“ unterdrückt werde; vor allem unter den Priestern und Bischöfen dominierten die bedenk- lichen Individuen, dies hätten die Sittlichkeits- und Devisenprozesse bewiesen.

Wen die verletzende, völlig undifferenzierte Schärfe solcher öffentlich erhobe- nen Beleidigungen verwundert, wird sich gegenwärtig halten müssen, dass von einem wirksamen, rechtsstaatlichen Schutz der Ehre der Persönlichkeit des Einzelnen wie der von Institutionen wie der katholischen Kirche im Deutschland des Jahres 1937 nicht mehr die Rede sein konnte, dass vielmehr Verleumdungen von Staats wegen gedeckt wurden3. Vielleicht wird einer Zeit, in der Kritik an der Kirche in den Medien zur Gewohnheit geworden ist, auch bewusst, dass die antikirchliche Polemik der Nationalsozialisten demgegen- über doch noch von besonderer Gehässigkeit und Brutalität gewesen ist.

Man könnte es bei diesen Feststellungen nun bewenden lassen und allenfalls noch bemerken, dass sich offenbar ab 1937 ankündigte, dass Dr. Peter Louis mit schwerwiegenderen Repressalien einer sich radikalisierenden Diktatur auch aufgrund seiner Arbeit für das Ansgariuswerk rechnen musste. Ferner kann vermutet werden, dass die SS, gerade aufgrund ihres ideologischen Interesses für das „Nordische“, die Tätigkeit des Ansgarius-Werkes scharf beur- teilte. Schließlich muss man auch in Rechnung stellen, dass das „Schwarze Korps“ wegen des Ausdruckes „eucharistischer Eintopf“ selbst unter Beschuss der Kirche geraten war, und dass unter Umständen die Auffassung, dass Angriff die beste Verteidigung sei, die besondere Bösartigkeit des Artikels vom 10. Juni 1937 mit erklärt.

Die Frage bleibt aber, ob Dr. Louis und das St. Ansgarius-Werk nicht der natio- nalsozialistischen Polemik bezüglich der Nordlandfahrten Vorschub geleistet haben, indem man Angriffsflächen bot, die der Gegner entstellend ausnutzen konnte. Sicherlich ist die Frage hinsichtlich der Lebensführung von Louis zu ver- neinen: Zwar wissen wir von einem Nervenzusammenbruch des St. Ansgarius- Werk-Gründers im Dezember 1934, der in Verbindung mit Verleumdungen stand, die bei der Kölner Kurie gegen ihn geltend gemacht wurden, ohne jedoch bestimmen zu können, um was es bei diesen Gerüchten ging4. Tatsächlich ist von den Nationalsozialisten im Zuge ihres polizeilichen und juristischen Vorgehens gegen Louis niemals ein Vorwurf in sittlicher Hinsicht geäußert wor- den, und die Verdächtigung „unsauberen“ Geschäftsgebarens gehört dem kirch- lichen Vorgehen gegen Louis Anfang der 50er Jahre an, nicht dem des Staates in der nationalsozialistischen Zeit. Wenn Einwände des Nationalsozialismus gegen die „eucharistischen Nordlandfahrten“ zwar keine Berechtigung, aber doch einen Anknüpfungspunkt gehabt haben, können wir diesen nur in der Gestaltung der Fahrten selbst vermuten.

8 Dr. Louis

Kleiner Etikettenschwindel? Im Ansgar-Jahrbuch von 1938 finden sich Berichte über „Nordlandfahrten“ des Jahres 1937, die mit den Schiffen „Monte Rosa“ beziehungsweise „Milwaukee“ unternommen wurden; die eine führte nach Spitzbergen, die andere ins Baltikum und zu den anderen Ostseeländern5. Beide rühmen die besuchten Sehenswürdigkeiten, aber vor allem der zweite auch die gute Betreuung sei- tens der Schiffsmannschaft auf einem Dampfer gehobener Klasse. Gewürdigt werden in dem Aufsatz über die Ostseefahrt zum Beispiel auch die Tatsache, dass es auf der „Milwaukee“ nicht an „Einrichtungen für Krankheitsfälle“ gefehlt habe, „mit Heilbädern aller Art, mit Badearzt und drei Krankenschwestern, so dass es beinahe auch eine Wonne war, einmal ein wenig krank zu sein. Aber nur zur Abwechslung“6. Das Bildungsangebot bleibt nicht unerwähnt: „Jeder kam auf seine Kosten. Der Naturfreund, der Historiker, der Geograph, der Wissenschaftler, sogar der Philosoph und Theologe brach- ten eine wirkliche Bereicherung ihres Strebens heim“7. Die Autorin des Berichts über die Fahrt auf der Ostsee nennt marginal auch „die regelmäßigen und würdig eingerichteten (!) Gottesdienste beider Konfessionen“8, während im Spitzbergen-Aufsatz dieser Hinweis noch knapper ausfällt9. Sollte es sich bei diesen Fahrten um die vom „Schwarzen Korps“ attackierten „eucharistischen Nordlandfahrten“ gehandelt haben - und zu dieser Annahme gibt es gute Gründe10-, so wird man fast den Verdacht eines „Etikettenschwindels“ nicht los. Offenbar handelte es sich um Gesellschafts- und Bildungsreisen auf gehobe- nem Niveau, bei denen ein geistliches Angebot nicht fehlte, aber keinesfalls im Zentrum stand. Wer die beiden Berichte im Ansgar-Jahrbuch von 1938 liest, gewinnt nie und nimmer den Eindruck, dass hier Pilgerfahrten oder etwas ähn- liches veranstaltet worden seien.

Ein wenig anders liegen die Dinge bei einer früheren Nordlandfahrt, über die im Ansgar-Jahrbuch von 1937 „Christi Kirche im hohen Norden“ berichtet wurde. Sie fand mit dem Dampfer „Monte Pascoal“ vom 5. bis 24. August 1936 ebenfalls nach Spitzbergen statt. Dr. Peter Louis selbst hat als Teilnehmer die- sen Bericht verfaßt11. Er berichtet ausführlich über die „Gottesdienste und die religiösen Eindrücke“ bei dieser Fahrt, darüber, dass es einem evangelischen Pfarrer und insgesamt 20 mitreisenden katholischen Geistlichen gestattet war, bestimmte Schiffsräumlichkeiten für ihre Gottesdienste zu nutzen, sonntags die große Schiffshalle unter Mitwirkung des Schiffsorchesters, werktags - für die Zelebrationen der katholischen Priester - das Musikzimmer, wo dann von 6.00 bis 8.30 Uhr ununterbrochen heilige Messen gefeiert wurden. Eine besondere Würdigung findet ein feierlicher Schiffsgottesdienst an Mariä Himmelfahrt - mit Marienlob in ungarischer, französischer und flämischer Sprache -, sowie heili- ge Messen in Hammerfest und Tromsø, wo es auch zu Begegnungen mit dort tätigen Geistlichen kam12. Über die Station in Harstad schreibt Louis: „Sie

9 Dr. Louis wurde stark besucht, da viele katholische Fahrtgenossen das Bedürfnis hatten, dem Heiland im Tabernakel eine kurze Anbetung zu widmen. Der Pfarrer ging mit uns zum Vesperbrot aufs Schiff. Die Einsamkeit der Priester an den nordi- schen Missionsstationen gehört zu den schwersten Opfern. Mehrere Tagesreisen haben sie nötig, um den nächsten Mitbruder zu erreichen. Darum brachten ihnen die Besuche der Katholiken Freude und Trost“13. Hier wird wenigstens etwas vom eigentlichen Anliegen der „eucharistischen Nordlandfahrten“ deutlich, wie auch in einer im selben Jahrbuch abgedruckten Predigt des Passauer Seminardirektors Leopold Lerch das Naturerlebnis der Fahrt zum Glauben in Beziehung gesetzt wird14. Allerlei muntere Details Bevor Louis aber auf zwei Seiten auf das religiöse Moment der Fahrt zu spre- chen kam, hatte er sich sieben Seiten lang über alle möglichen anderen Dinge bei dieser Spitzbergenreise verbreitet. Hier erfährt man etwa, dass „in der Zeit der [Berliner] Olympiade jeden Abend die Fortschritte der Kämpfer und die Namen der siegenden Staatenvertreter“ an Bord plakatiert wurden, sowie eine Menge weiterer munterer Details: „Mit fröhlichen Trompetenweisen wurde die Gästeschar morgens aus dem Bett gelockt, und lieblich klang das Horn mit der Weise: ‚Wohlauf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd’, wenn es zu Tisch ging, obschon Pferdefleisch nicht auf der Menükarte stand. Die Bordkapelle war unermüdlich ... Eine Anzahl Feste an Bord brachte viel frohe Abwechslung und gab namentlich den Damen willkommene Gelegenheit, in allerhand Toiletten, geschminkt und ungeschminkt, genordet blond und anders, trepp- auf, treppab zu wandern ... Man fand auch Gruppen von Männern und Frauen, die zeitlos selig einen Skat oder Tarok nach dem anderen erledigten ... Auch fröhliche Zechbrüder hatten sich Abend für Abend gefunden und hoben die ½-Liter-Humpen guten Holstenbieres, bis die Mitternachtsstunde zur Kabine zwang. Es war aber nur das Schwanken des Schiffes schuld, dass schon mal einer die Kabine auf allen Vieren doch noch erreichte und schnell in der Bettluke verschwand, wenn auch mit dem Kopf am Fußende“15. Sicher weiß jeder, der schon einmal gewallfahrtet ist oder sonst eine religiöse Fahrt unter- nommen hat, dass bei diesen Unternehmungen keineswegs nur gebetet wird. Doch wird hier deutlich, dass das gesellschaftliche Moment bei Louis’ som- merlichen Nordlandfahrten über das religiöse eindeutig dominierte.

Wie ist der Zwiespalt zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu erklären? Schon 1936 war es offenbar Louis nicht gelungen, die notwendige Teilnehmerzahl für ein eigenes Schiff für sein „eucharistisches“ Projekt zusammenzubekommen, für 1937 steht fest, dass es ihm nicht gelang16. Ein eigenes Pilgerschiff wäre aber die Vorraussetzung für ein ganz religiös bestimmtes Fahrtprogramm gewesen. So war er gezwungen, die von ihm geworbene Teilnehmergruppe

10 Dr. Louis auf Schiffen unterzubringen, die Gesellschaftsreisen in die für Louis interes- santen Zielländer unternahmen17. Das bedingte die entscheidenden pro- grammatischen Akzentuierungen. Auf der Spitzbergenfahrt 1936 machten die katholischen Teilnehmer insgesamt (sie müssen nicht alle zur Ansgarius- Gruppe gehört haben!) etwa 40% aus18. Louis hat in der ihm eigenen Beweglichkeit die neuen Gegebenheiten angenommen und das Beste daraus gemacht. Ihm kam es wohl darauf an, dass die Nordländer überhaupt besucht und ein - wenn auch vielleicht spärlicher - Kontakt zu den dortigen Katholiken hergestellt wurde. Dass die Bezeichnung „eucharistische Nordlandfahrt“ den- noch erhalten blieb und einer Gesellschaftsreise aufgeklebt wurde, mag hier- bei freilich befremden. Trotz Messfeiern auf dem Schiff ist sie für eine solche Reise aufs Ganze gesehen überzogen und unzutreffend, ebenso wie die Tatsache, dass Louis es für nötig fand, sich - offenbar um größere Personenkreise für die Fahrt überhaupt zu erreichen - zum „Direktor“ eines (sonst nirgendwo bezeugten) „Eucharistischen Sekretariates“ in Leverkusen- Bürrig zu ernennen19. Man kann froh sein, dass dem „Schwarzen Korps“ ver- mutlich Louis’ Bericht über die Spitzbergen-Fahrt von 1936 unbekannt blieb.

Unter den „eucharistischen Nordlandfahrten“ verbarg sich anderes, als der Titel aussagt. Dass dieser sich allerdings deshalb verboten hätte, weil das Ansgariuswerk aus der Veranstaltung finanziellen Gewinn hätte erzielen kön- nen, ist sicher zu verneinen. Man darf vielmehr davon ausgehen, dass der ganze finanzielle Komplex über das Reisebüro abgewickelt worden ist, wel- ches vermutlich die einzige Instanz war, die mit den Nordlandfahrten einen handelsüblichen Gewinn gemacht hat, der sicher nicht zu beanstanden war, wenn man auch beklagen mag, dass nicht jeder Gläubige die Mittel besaß, um an den Fahrten teilzunehmen. Dass aber dadurch die Nordlandfahrten Propaganda gegen Deutschland gemacht haben sollten, dafür gibt es nirgends einen Anhaltspunkt. Es sei denn, dass man den Austausch von Katholiken unterschiedlicher Nationalität fürchtete, der ein lichtes Gegenbild zum Nationalismus der Hitlerbewegung war und bei dem die Lebensbedingungen der Glaubensbrüder und -schwestern hier wie dort selbstverständlich erörtert wurden! Dann aber würde im Artikel des „Schwarzen Korps“ manifest, wie unsicher sich ein nach außen siegesgewisses, verbrecherisches Regime fühlte.

Pfarrer Klaus-Peter Vosen

11 Dr. Louis

Anmerkungen 1) Vgl. Klaus-Peter Vosen, „Seine wahre Einstellung“. Pfarrer Dr. Peter Louis, Gründer des Kölner Ansgarius-Werkes, und das Naziregime in gegenseitiger Beurteilung: St. Ansgar. Jahrbuch des St. Ansgarius-Werkes 2002, S. 14-20; vgl. ders., „Kaplan“ Dr. Peter Louis - der Gründer des Kölner Ansgarius-Werkes in der politischen Verbannung: ebd. 2006, S. 5-11. 2) Michael von Faulhaber (1869-1952), 1892 Priester, 1903 Professor für Altes Testament in Straßburg, 1911 Bischof von Speyer, ab 1917 Erzbischof von München und Freising, 1921 Kardinal: vgl. Ludwig Volk, Faulhaber, Michael von: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon (Berlin 1983), S. 177-181. 3) Vgl. zur nationalsozialistischen Bedrückung der Kirche in Louis' Heimatbistum Köln etwa: Ulrich von Hehl, Katholische Kirche und Nationalsozialismus im Erzbistum Köln 1933- 1945 = Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B, Bd. 23 (Mainz 1977). 4) Vgl. Klaus-Peter Vosen, „Ein wüster Charakter“. Pfarrer Dr. Peter Louis, Gründer des Kölner Ansgarius-Werkes, nach unveröffentlichten Dokumenten aus den Jahren 1926 bis 1942. Versuch einer Charakterstudie: St. Ansgar. Jahrbuch des St. Ansgarius-Werkes, 2004, S. 34- 44, hier: S. 36. 5) Vgl. Peter Louis (Hg.), Bis zum Weißen Norden. Christi Reich im Umkreis des Nordpols 1938 (Köln 1938), S. 41-43. Der eine dieser Beiträge „Wir fuhren mit der Monte Rosa in das Land der Wikinger. 1937“ (S. 41/42) trägt überhaupt keinen Hinweis auf den Verfasser, der zweite „Durch die Ostsee zu alten Kulturländern“ (S. 42-43) ist unterschrieben: „Eine Teilnehmerin von 1937“. 6) Vgl. ebd., S. 41/42. 43. Zitate: ebd., S. 43. 7) Ebd., S. 43. 8) Ebd., S. 43. 9) Vgl. ebd., S. 42. 10) Es ist wenig glaubhaft, dass neben den „eucharistischen Nordlandfahrten“, die eine ein- drucksvolle Teilnehmerzahl akquirieren mussten, um ihren Zweck zu erreichen, zeitgleich noch weitere Fahrten seitens des Ansgarius-Werkes beworben worden wären! 11) Vgl. Peter Louis, Nordlandfahrt 1936 im August 1936 auf der „Monte Pascoal“: ders. (Hg.), Christi Kirche im hohen Norden 1937 (Köln 1937), S. 30-39. 12) Vgl. ebd. S. 36-39. Zitat: S. 37. 13) Ebd., S. 39. 14) Vgl. Leopold Lerch, Abschiedspredigt an Bord der „Monte Pascoal“ am 19. August 1936: Peter Louis (Hg.), Christi Kirche im hohen Norden 1937 (Köln 1937), S. 39-42. 15) Vgl. Louis (wie Anm. 11), S. 30-36. 1. Zitat: S. 30, 2. Zitat: S. 31/32. 16) Louis schreibt unter dem 6. März 1937 an das deutsche Pilgerfahrtenkomitee, Wien VIII: „Wie Sie aus den Prospekten ersehen, musste der ursprüngliche Plan eines Sonderschiffes fallen gelassen werden“: Archiv des St. Ansgarius-Werkes Köln, Nachlass Dr. Louis. In dem- selben Brief schreibt Louis: „Die Fahrt mit der ‚Monte Rosa’ von Hamburg nach Norwegen - Spitzbergen habe ich im letzten August mit 600 Katholiken gemacht“. Aus Louis’ Bericht (wie Anm. 11) geht aber hervor, dass er die Reise mit der ‚Monte Pascoal’ unternommen hatte. Diese hatte auf der in Rede stehenden Fahrt im August 1936 insgesamt 1378

12 Dr. Louis

Passagiere (S. 38); infolgedessen machte die von Louis hier erwähnte Gruppe nicht einmal die Hälfte aus. Die Annahme, dass 1936 eine weitere Fahrt und diese mit einem „Sonderschiff“ unternommen worden wäre, ist ohne Beleg. 17) Auch die „begründete Hoffnung, dass ... die Kardinäle Faulhaber von München, Schulte von Köln, Hlond von Posen und Baudrillart von Paris an der Fahrt mit vielen Bischöfen und Prälaten teilnehmen“, die Louis in einem Brief an Erzbischof Eduard Profittlich in Estland vom 5. Dezember 1936 äußerte, ist nach Ausweis der Quellen nicht in Erfüllung gegangen: Schreiben im Archiv des St. Ansgarius-Werkes Köln, Nachlass Dr. Louis. In diesem noch weitgehend unausgewerteten Nachlass finden sich viele Schreiben an kirchliche Würdenträger Nord- und Osteuropas mit Bitte um Unterstützung des eucharisti- schen Fahrtenprojektes. Sie zeigen u. a., dass Louis schon 1935 eine „eucharistische Nordlandfahrt“ durchführte (Louis an Kardinal Hlond, 9. November 1936) und unterstrei- chen das Anliegen des Projekts: „große Kundgebung für die nordische Kirche“, „Besuch der einsamen Missionsstationen“, „segensreich sowohl für die Teilnehmer wie für die besuchten Missionsstationen“ (Louis an Domkapitular Zischek, Leitmeritz, 21. November 1936). 18) vgl. Louis (wie Anm. 11), S. 38. 19) Louis an Profittlich, 5. Dezember 1936: wie Anm. 17. Ein geplanter eucharistischer Kongress in Hamburg zum Auftakt der „eucharistischen Nordlandfahrten“ scheint bei diesen (Selbst-) Bezeichnungen des weiteren im Hintergrund zu stehen: vgl. De Maasbode vom 17. November 1936: Archiv des St. Ansgarius-Werkes Köln, Nachlass Dr. Louis.

13 Nordische Bischofskonferenz

Conferentia Episcopalis Scandiae Die Nordische Bischofskonferenz

Die NBK verfügt über eine eigene dem Tagungszentrum des Bistums Internet-Präsentation, durch welche Kopenhagen, stattfand, beschäftigte allen Interessierten die vollständigen sich schwerpunktmäßig mit dem Presseberichte und weitere Informa- Thema „Kinder auf der Straße“. Zu- tionen zugänglich sind, sofern sie die nehmend viele Kinder und Jugend- schwedische oder englische Sprache liche fühlen sich zu Hause nicht will- verstehen: www.nordiskabiskopskon- kommen und verbringen immer ferensen.org mehr Zeit, vor allem an Abenden, Die Bulletins werden hier für Leser Wochenenden und in den Ferien, in unseres Jahrbuchs zusammengefasst. Distanz zu ihrem Elternhaus, oft eben „auf der Straße“. Die Frühjahrskonferenz, die vom Im Kontext des gemeinsamen Hirten- 10. bis 15. März 2006 in Magleås, briefes zum Thema „Familie“ überleg-

14 Nordische Bischofskonferenz ten die Bischöfe, wie man konkret in Auch bei diesem Treffen stand die den Pfarrgemeinden ihrer Diözesen III. Europäische Ökumenische diesem bedenklichen Trend gegen- Versammlung auf der Tagesordnung, steuern könne. die im Jahr 2007 in Rumänien statt- finden soll. Seitens der Bischofskon- Ferner wurden die Ausbildungsord- ferenz werden dort Bischof Müller nungen für Priester und Diakone und Bischof Eidsvig teilnehmen. erörtert sowie die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Katechese für Ferner erörterten die Bischöfe Fragen, Kinder und Jugendliche. die mit dem Kirchenaustritt verbun- Auch die bevorstehende III. Euro- den sind. Sie beschlossen einen jähr- päische Ökumenische Versammlung lichen Gebetstag für die Einheit der war Gegenstand der Beratungen. Christen. Die Identität der katholi- schen Schulen war ebenso Die Bischöfe feierten den Sonntags- Gegenstand der Aufmerksamkeit der gottesdienst gemeinsam mit der Bischöfe wie die Sorge für die Roma, Pfarrei in Odense (Foto S. 14) und denen sich künftig in besonderer besuchten dort auch die lutherische Weise Bischof Eidsvig annehmen soll. Domkirche, in der der Schrein des hl. Knut aufbewahrt wird. Die Frühjahrsvollversammlung fand vom 16. bis 21. März 2007 in Münster auf Einladung des dortigen Anlässlich des 150. Jubiläums der Ansgarwerkes statt. Mit dem Orts- Nordpolmission (vgl. Jahrbuch 2006, bischof Dr. Reinhard Lettmann feier- S. 110-112) fand die Herbstvollver- ten die Bischöfe ein Pontifikalamt im sammlung der NBK vom 8. bis 13. St. Paulus-Dom und wurden durch September 2006 in Alta/ Nor- die städtischen Autoritäten feierlich wegen statt. Hier feierten die im Friedenssaal des Rathauses Bischöfe die Sonntagsmesse in begrüßt. Sie wallfahrteten zu den Hammerfest, der derzeit nördlichsten Gräbern des seligen Kardinals von Pfarrgemeinde der Welt. Galen und der ebenfalls selig gespro- chenen Sr. Maria Euthymia. Hauptgegenstand dieser Konferenz waren Fragen der Erwachsenenkate- Schwerpunkt in dieser Konferenz chese, besonders die liturgische Ge- war die gegenseitige Information stalt der Feier der Eingliederung der über die Gesamtentwicklung der Erwachsenen in die Kirche. Entspre- katholischen Kirche in den einzelnen chende Vorschläge sollen nun mit Diözesen. Besonders in Norwegen den Priesterräten und anderen und Schweden führt die große Zahl Verantwortlichen in den Diözesen von katholischen Einwanderern aus erörtert werden. dem Osten zu erheblichen Verän-

15 Nordische Bischofskonferenz derungen. Auch die Differenz zwi- etwas wie eine Kirchensteuer einzu- schen den registrierten Katholiken ziehen, viele und wichtige Projekte und den tatsächlich in den Ländern ohne Hilfe von außen nicht lösen ansässigen katholischen Christen können. Die Bischöfe hoffen des- macht den Bischöfen Sorge. halb, dass es gelingt, in Deutschland Für die Bischofskonferenz selber die Notwendigkeit einer weiteren standen bzw. stehen auch nicht uner- Hilfe für den Norden plausibel zu hebliche Veränderungen an: Bischof machen. Sie baten die Leiter der Goebel von Tromsø verstarb uner- Hilfswerke, allen Freunden und För- wartet während seiner Ferien in derern der nordischen Diaspora den Deutschland (vgl. S. 108); Bischof Dank der Gläubigen dort und ihren Kenney wurde als Weihbischof nach persönlichen Dank weiterzugeben. Birmingham versetzt (vgl. S. 16f.); Bischof Eidsvig trat die Nachfolge R. von Bischof Schwenzer an (vgl. Jahrbuch 2006, S. 67-71), und Bischof Gijsen wird mit Erreichung des 75. Lebensjahres im Herbst in den William Kenney jetzt Ruhestand treten (vgl. S. 139ff.). Weihbischof in Birmingham Unter Datum vom 17. Oktober 2006 Als Gäste hatte die Bischofskon- ernannte Papst Benedikt XVI. den ferenz Bischof em. Hubertus Bran- bisherigen Weihbischof in Stock- denburg und die Vertreter der deut- holm, William Kenney C.P., zum schen Diaspora-Hilfswerke eingela- Weihbischof in der Erzdiözese den. Bischof Brandenburg berichtete, Birmingham. Dort wird er für die dass er nach seinem gesundheitsbe- Bezirke Oxfordshire, Warwickshire dingten Umzug von Schweden nach und Coventry zuständig sein. Osnabrück in herzlicher Weise in Deutschland wieder aufgenommen Bischof Kenney kehrt damit zu seinen worden sei; die Teilnehmer der Wurzeln zurück: Am 7.5.1946 wurde Konferenz konnten sich von seinem er in Newcastle-upon-Tyne geboren Wohlergehen persönlich überzeugen. und wuchs in Birmingham in der Den Vertretern der deutschen Dias- Pfarrei Hl. Maria und Johannes auf. pora-Hilfswerke versicherten die Hier besuchte er auch die neben dem Bischöfe, wie dankbar sie für die Oratorium befindliche St. Philip's jahrzehntelange, solidarische Hilfe Schule; er trat dann in das Noviziat des seien, ohne die viele wichtige Auf- Passionistenordens in Worcestershire gaben mit den eigenen, begrenzten ein und legte dort bereits 1963 die Kräften nicht hätten angepackt wer- Ersten Gelübde ab. Die Priesterweihe den können; auch in Zukunft werde empfing er nach dem Theologie- man ungeachtet steigender Katholi- studium am Heythrop College in der kenzahl und der Möglichkeit, so St. Chad's Kathedrale am 29.6.1969.

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Am 13.5.1987 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Midica (bei Sfax/Tunesien) ernannt; am 24.8.1987 empfing er in Stock- holm die Bischofsweihe und trat sein Amt als Weihbischof in der Diözese Stockholm und als Generalvikar von Bischof an. Schwerpunkt seiner Arbeit war die Verantwortung für die Caritas, was in den skandinavi- schen Ländern in etwa unse- ren internationalen kirchlichen Hilfswerken wie Adveniat und Misereor entspricht. Dieses Feld verfolgte er weit über den Bereich des Bistums Stock- holm und der Nordischen Bischofskonferenz hinaus mit großer Aufmerksamkeit und Sachkenntnis. 1991 wurde er zum Präsidenten der Caritas Europa gewählt, ein Amt, das er durch zwei Perioden bis ins Jahr 1999 wahrnahm. William Kenney setzte dann seine Studien in den Fächern Soziologie Bischof Kenney repräsentierte die und Psychologie an den schwedi- nordische Bischofskonferenz auf drei schen Universitäten Växjö und Bischofssynoden in Rom; seit 2004 Göteborg fort, ehe er von 1977 bis war er neben vielen andere Ämtern 1979 an der berühmten London und Aufgaben auch Generalsekretär School of Economics studierte. Von der Nordischen Bischofskonferenz. 1979 bis 1982 und 1984 bis 1987 war er Direktor der Abteilung für Auch die Redaktion des Jahrbuchs Religious Studies an der Universität wünscht ihm Gottes Segen für seine Göteborg. In den Jahren 1982 bis neue Aufgabe in seiner englischen 1984 weilte er als Mitglied des Heimat. Generalrates der Passionisten in Rom. Während all dieser Jahre arbei- tete er stets in der Pfarrseelsorge mit. G.A.

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Namen des Autors auf jener Für Sie gelesen Gedenkplatte vor Augen, die im Heiligen Jahr 1950 anlässlich der Wallfahrt der schwedischen Katholi- Olaus Magnus, Die Wunder des ken an einem Pfeiler der Kirche des Nordens. deutschen Priesterkollegs S. Maria Erschlossen von Elena Balzamo dell'Anima in Rom, ganz in der Nähe und Reinhard Kaiser der Piazza Navona, angebracht (Die Andere Bibliothek, wurde. Hier liegt Olaus Magnus 261. Band), Eichborn Verlag, bestattet. In einer dieser Kirche Frankfurt/Main, 2006, 384 S., gewidmeten Monographie führen 174 Abb. und ein Nachdruck der Gisbert Knopp und Wilfried Hans- Carta marina von 1539 als mann dazu aus, dass Olaus Magnus Beigabe. Geb., 32 Euro. im Oktober 1490 in Linköping gebo- ren wurde und am 1.8.1557 starb. „Wir drucken nur Bücher, die wir sel- Nach dem Tod seines Bruders, des ber lesen möchten.“ Dieses Motto, letzten katholischen Erzbischofs in unter welchem die von Hans Magnus Schweden, sei er am 4.6.1544 (als in Enzensberger gegründete „Andere Uppsala bereits seit 1531 Laurentius Bibliothek“ erscheint, weckt hohe Petri als lutherischer Erzbischof ein- Erwartungen, die mit diesem Band gesetzt war) zu dessen Nachfolger voll und ganz erfüllt werden. ernannt worden, ohne je wieder

Zunächst ist schon das Buch selbst mit seinem sil- berblauen, wie gefrorenes Wasser schimmernden Ein- band und der sorgfältigen Ausstattung eine kleine Kostbarkeit, vollends durch die beigegebene Carta marina, im Original (1,25 x 1,70 m) ein Wunderwerk der Holzschnittkunst, das zu beschreiben der Raum dieser Rezension nicht aus- reicht. Wie auch, denn Beschreibung und Erklä- rung ist das vorliegende Werk. Durch vier Jahre hatte der Rezensent Tag für Tag den

18 Nordische Bischofskonferenz nach Schweden zurückgekehrt zu zweitgrößte Ostseehafen, wurde für sein; auf dem Konzil von Trient habe zehn Jahre ihre zweite Heimat und er zwischen 1545 und 1549 eine her- der erste Stützpunkt ihres lebenslan- vorragende Rolle gespielt. Kein Wort gen Einsatzes „pro religione in regnis indes von seiner voluminösen Histo- aquilonaribus restituenda - für die ria de gentibus septentrionalibus, Wiederherstellung des Glaubens in kein Wort von seiner Bedeutung für den Ländern des Nordens“. Im Exil, die Kartographie des Nordens. zunächst in Danzig, ab 1538 in Freilich: Erst 1886 wurde ein Ex- Venedig, ab 1541 in Rom (wo Olaus emplar der o. g., lange völlig verlo- schließlich vom Papst das Haus der ren geglaubten Karte durch einen hl. Birgitta zugewiesen wurde), wid- glücklichen Zufall in der Münchener men sie sich der Darstellung der Staatsbibliothek entdeckt. 1962 konn- Geschichte und - Olaus - der te die Universitätsbibliothek Uppsala Kartographie Schwedens und ganz ein zweites Exemplar des äußerst sel- Skandinaviens. tenen Werkes von einem privaten polnischen Sammler erwerben; es ist In einleitenden und hinführenden jetzt neben der berühmten Wulfila- Kapiteln erfährt man in diesem Buch Bibel eines der Glanzstücke der dor- außer sehr gut lesbaren biographi- tigen Dauerausstellung. schen Informationen über die beiden Brüder Wichtiges über die Entwick- Die wenigen Angaben der Gedenk- lung der Kartographie (von den platte in der Anima-Kirche werden in Mappae mundi über die Portolane dem vorliegenden Buch zu einer zu den Atlanten) und den lange Zeit anschaulichen Biographie erweitert; äußerst dürftigen Kenntnisstand von diese setzt ihren Schwerpunkt zwar auf den Ländern Skandinaviens (dass die den Historiker und Kartographen, ver- Ostsee ein Binnenmeer ist und nachlässigt aber den Theologen nicht Skandinavien eine Halbinsel, weiß völlig. Das Leben des Olaus Magnus man z. B. erst seit dem 11. Jahrhun- spielte sich in den bewegten Jahren ab, dert) sowie die Wirkungsgeschichte als nicht nur die seit 1397 bestehende der Carta marina. „Kalmarer Union“ der Königreiche Dänemark, Norwegen und Schweden Wo man nichts Genaues über ferne zerbrach, sondern in Schweden von Länder wusste, war um so größerer Gustav Wasa aus einem Komplex ver- Raum für die Phantasie. So auch im schiedenster Motive die Werk des Olaus Magnus, dessen sehr durchgesetzt wurde. präzise, vielfältige Beobachtungen Dies bedeutete für die dem katholi- und solide Informationen unverbun- schen Glauben treuen Brüder Jo- den neben den abenteuerlichsten hannes und Olaus Magnus den Weg Phantasien und Wundergeschichten ins Exil; Danzig, damals eine Groß- stehen. In den langen und oft ent- stadt mit 30.000 Einwohnern, der behrungsreichen Jahren des Exils

19 Nordische Bischofskonferenz hatte er aus der Not eine Tugend gebern und Verlegern gebührt für gemacht und die Aufzeichnungen dieses gute Werk Dank! über eine große Reise mit dem päpst- Interessenten sollten wegen der lichen Gesandten Giovanni Arcim- begrenzten Auflage mit dem Erwerb boldi (1518/19) sowie alle ihm zu- des Buches nicht zu lange warten. gänglichen Quellen, schriftliche wie mündliche, zuverlässige wie unzu- Günter Assenmacher verlässige, ausgewertet und schließ- lich zu den vorliegenden Werken verarbeitet. Andreas Englisch, Von diesen vermittelt das vorliegende Spuren Gottes. Die Wunder der Buch ein hervorragendes Bild: Zu- katholischen Kirche. nächst durch die verkleinerte Repro- C. Bertelsmann Verlag, 2006. duktion der Carta marina selbst, 384 Seiten, 16 Seiten Farbbildteil, dann durch die in heutiges Deutsch geb. mit Schutzumschlag, übersetzte „Kurze Auslegung“ aus 19,95 Euro. dem Jahr 1539 (S. 46-85) und (in früh- neuhochdeutscher Übersetzung) Aus- Andreas Englisch, geb. 1963, seit züge aus der in Original 815 Seiten 1987 Korrespondent der Bildzeitung umfassenden „Beschreibung der in Rom, der sich selbst nicht ohne Völker des Nordens“ aus dem Jahr Stolz zu den „Vaticanisti“ zählt, hat 1555 (S. 104-338), die übrigens erst durch seine Biographien der letzten zwischen 1909 und 1951 ins Schwe- Päpste Johannes Paul II. (2003) und dische übersetzt wurde. Habemus Papam (2005) einen gro- ßen Leserkreis angesprochen. Er ver- Mit diesem Buch liegt nicht nur eine mag, das muss man ihm lassen, span- wichtige Quelle vor, die Auskunft nend zu erzählen. Auch war er bei über die Kenntnisse des Nordens im nicht wenigen Gelegenheiten be- 16. Jahrhundert gibt, sondern auch sonders Papst Johannes Paul II. sehr ein Portrait eines Geistlichen, der nahe. Das gibt seinen Schilderungen sein ganzes Leben lang versuchte, Unmittelbarkeit und Authentizität, den mitteleuropäischen Zeitgenossen was er noch dadurch verstärkt, dass den vielfältigen Reichtum seiner er seine Leser in einem gewissen nordeuropäischen Heimat mitzutei- Maße an dem teilhaben lässt, was ihn len und diese für den katholischen ganz persönlich beeindruckt. Glauben zurückzugewinnen. Mag dies bei einer nicht wissen- Der Rezensent vermisst ein Wort der schaftlich ausgerichteten Biographie Aufklärung darüber, wie es zur über Zeitgenossen ein guter, zumin- Entdeckung dieses Schatzes für „Die dest gangbarer Weg sein, so erweist Andere Bibliothek“ kam. Wie dem sich diese Methode doch bei dem auch sei, den Erschließern, Heraus- Thema „Wunder“ mehr als problema-

20 Nordische Bischofskonferenz tisch und wenig aufklärend. Schon gregation auch unter ihrem neuen der Untertitel des Buches führt dop- Präfekten Kardinal William Levada, pelt in die Irre: Wunder sind doch vormals Erzbischof von San Francisco, Taten Gottes, nicht „Wunder der wieder einmal in heftiges publizisti- katholischen Kirche“, und sie werden sches Kreuzfeuer. in diesem Buch keineswegs, wie „Die Dieses nährt sich in der Regel weniger Wunder“ suggeriert, vollständig dar- von Sachkenntnis und argumentativer gestellt. Vielmehr präsentiert Englisch Auseinandersetzung als vielmehr von ohne erkennbare Ordnung und Emotionen, ja geradezu von einer Unterschied in der Gewichtung einen Empörung, die bei bestimmten theolo- Ausschnitt aus einem Panoptikum, gischen Fragen zu den Kennzeichen oder, um im Italienischen zu bleiben, unserer Zeit zu gehören scheint. Es er serviert eine macedonia, einen wäre durchaus interessant, dem ein- Obstsalat unterschiedlichster Früchte, mal nachzugehen, woran sich diese von der Auferstehung Jesu bis zu La Empörung letztlich entzündet und Salette, von dem, was dem Elektriker worin sie ihre Wurzeln hat; ist sie Papst Benedikt XVI.’ widerfuhr, bis lediglich ein Ventil oder produktiv im zu einem durchaus erstaunlichen, guten oder negativen Sinne? aber ganz und gar nicht wunderba- ren Klosterbau in einem Natur- Scheinbar unbeeindruckt von diesen schutzgebiet. Mit „un po’ di tutto“ Eruptionen der öffentlichen bzw. ver- werden wohl mancherlei Ge- öffentlichten Meinung arbeitet die schmäcker gelockt, das wichtige Glaubenskongregation, die eigentlich Thema aber wird nach dem Urteil nicht für „Schnellschüsse“ bekannt ist, des Rezensenten leider verspielt. sondern ihre Aufgabe, die Wahrheit der Lehre von Glaube und Sitten zu Günter Assenmacher fördern und zu schützen, mit der gebotenen Gründlichkeit und Über- legtheit erfüllt.

Gerhard Ludwig Müller (Hg.), 1996, zwei Jahre nach dem Apostoli- Von Inter Insigniores bis schen Schreiben Ordinatio Sacerdota- Ordinatio Sacerdotalis. lis, erschien in Rom ein Sammelband, Dokumente und Studien der der nicht nur die in seinem Titel Glaubenskongregation. Echter genannten Texte, sondern auch ande- Verlag, Würzburg 2006, 203 re offizielle Verlautbarungen und jene Seiten, brosch., 17,80 Euro. Kommentare wieder abdruckte, die nach dem Dokument Inter Insigniores Mit der Erklärung vom 15.3.2007 zu 1976 im Osservatore Romano veröf- bestimmten Irrtümern im Werk des fentlicht bzw. dort vor Ordinatio latein-amerikanischen Theologen Jon Sacerdotalis 1993 (im Kontext der Sobrino S.J. geriet die Glaubenskon- Entscheidung der Anglikaner, Frauen

21 Nordische Bischofskonferenz zur Priesterweihe zuzulassen) publi- Segen der Kirche schmerzlich vermis- ziert worden waren. sen. Wie viele dieser Fragenkomplex nicht nur emotional, sondern auch Gerhard Ludwig Müller, seit 2002 unter theologischen Aspekten bewegt, streitbarer Bischof von Regensburg, zeigt in diesen Wochen die heftige der als Dogmatikprofessor in Mün- öffentliche Diskussion um die Schei- chen bereits 1999 die Quellen zur dung der evangelischen Bischöfin Praxis und Lehre der Kirche, nur Margot Käßmann, wobei von einer Männern das Weihesakrament zu eventuellen Wiederheirat (noch?) gar spenden, herausgegeben hatte (vgl. keine Rede ist. Jahrbuch 2001, S. 115f.), ist nun auch der Herausgeber einer deutschen Im Kontext dieses Themas wird Übersetzung des o. g. Sammelbandes sowohl in Abgrenzung zur strengen aus dem Jahr 1996. römisch-katholischen Lehre und Praxis Wer sich mit den päpstlichen Ent- als auch zu den bekannten anderen scheidungen und ihrer Kommen- Lösungen der evangelischen und tierung in einer nach wie vor in sich anglikanischen Kirche nicht selten auf und unter ökumenischem Aspekt bri- die orthodoxen Kirchen verwiesen. santen Frage beschäftigen will, hat die Deren pastorales Handeln orientiert einschlägigen Texte hier bequem zur sich an der Spannung zwischen Hand. „Akribeia“, d. h. strenger Wahrung des Prinzips der Unauflöslichkeit der Ehe, S. und „Oikonomia“, d. h. der klugen Anwendung dieses Prinzips auf das Ziel der Vorschrift hin.

Florian Schuppe, Die pastorale Wer sich nicht mit dem Schlagwort Herausforderung- zufrieden gibt, sondern sich wirklich Orthodoxes Leben zwischen dafür interessiert, was orthodoxe Akribeia und Oikonomia = Theologen dazu zu sagen haben und Das östliche Christentum, N.F. 55, wie die orthodoxe Praxis ausschaut, Augustinus-Verlag Würzburg, 2006, der kann jetzt auf die umfangreiche 676 Seiten, broschiert, 45 Euro. Arbeit von Florian Schuppe zurück- greifen; der Autor, Pastoralassistent in Ein „Dauerbrenner“ innerkirchlicher der Erzdiözese München/Freising, hat Diskussionen - in den Diözesen der diese im Wintersemester 2004 als theo- skandinavischen Diaspora nicht weni- logische Dissertation unter der Leitung ger als in Deutschland und anderen der Professoren Döring und Ivanov Ländern - ist das Thema „Eheschei- vorgelegt. dung“ und der Umgang mit Men- Bereits im Vorwort betont der schen, die in ihrer Ehe gescheitert Verfasser die Schwierigkeiten, dass sind, aber für einen neuen Anfang den sich der spezifisch orthodoxe Umgang

22 Nordische Bischofskonferenz mit den beiden Prinzipien Akribeia Ludwig Mödl - Stefan Samerski (Hg.), und Oikonomia nicht einfach aus Global-Player der Kirche. Heilige theologischen Texten und Dokumen- und Heiligsprechung im universa- ten erschließen lässt, sondern nur im len Verkündigungsauftrag. Echter jeweiligen Einzelfall. Verlag Würzburg 2006, 310 Seiten, Hinzu kommt, dass sich orthodoxe Broschur, 30 Euro. Theologie als „Erfahrungstheologie“ versteht, d. h., dass jeder Blick bloß Leider gibt es nicht nur lesenwerte von außen dieses Proprium letztlich Bücher, die ihren Preis wert sind und nicht zu erfassen vermag, sofern es Zeit und Mühe der Lektüre lohnen, überhaupt „begreifbar“ ist. sondern viel zahlreicher sind die ande- ren, bei denen man die Leichtigkeit Unter häufigem Verweis auf diese bei- bedauert, mit der heutigentags ein den prinzipiellen Schwierigkeiten Buch produziert werden kann. befasst sich die Arbeit sowohl mit der Theologie und Spiritualität der Das hier zu besprechende Werk, das Oikonomia, die weit über die dickleibig, in großen Lettern, mit sehr Ehepastoral hinausgeht, als auch mit ärgerlichen Trennungen und einem an einer Vielzahl von Einzelfällen, die Auskünften sehr zurückhaltenden Au- aufzuzählen den Rahmen dieser torenverzeichnis daherkommt, ist ein Rezension sprengen würde. Sammelband, der mit Abstand von vier Jahren die Beiträge veröffentlicht, Wer denkt, die orthodoxe Zulassung die zu einem Symposion an der zu einer zweiten Ehe sei ein einfacher Ludwig-Maximilians-Universität in Vorgang, wird durch die Lektüre die- München beigesteuert wurden, er- ses Buches eines Besseren belehrt. gänzt durch nicht näher gekennzeich- nete Artikel anderer Verfasser. Schade, dass der Autor bisweilen ziemlich redundant und wenig präzise Die Herausgeber stellen das historisch, schreibt, mit der Zeichensetzung stre- systematisch wie kirchenrechtlich sehr ckenweise auf Kriegsfuß steht und komplexe Thema in den Kontext der von „Dispens“ konsequent falsch mas- Diskussion um Leitbilder und Globali- kulin spricht. Es verwundert, dass dies sierung. Sie fragen nach der Funktion nicht wenigstens bei der Drucklegung der Heiligen als „kanonisierte Leitbil- verbessert wurde. der“: Ließ sich in der Geschichte, lässt sich in der Gegenwart so das kirchli- che Leben und die Frömmigkeits- S praxis einer Weltkirche beeinflussen? Herausgekommen ist ein Konvolut von Aufsätzen, die vor allem im I., his- torischen Teil sehr spezielles „Material“ (z. B. Heinrich II., Jutta von Sanger-

23 Nordische Bischofskonferenz hausen, Armida Barelli) mit der o. g. der Grundthese des Dogmatikers „Die Fragestellung verbinden, die dem Heiligen - eine Herausforderung für Rezensenten geradezu anachronistisch den Menschen von heute“. Der scheint. Was soll die anscheinend gesamte III., systematische Teil wirkt auch von einigen Autoren als krampf- wie ein Anhängsel. haft empfundene, z. T. schlechthin ignorierte Suche nach „Universalität“, Mödl, einer der Herausgeber, kommt „Universalismus“, „Globalisierung“, aus pastoral-theologischer Sicht zu wenn denn die These von Samerski dem Schluss, dass die zahlreichen stimmt, dass erst die Weltmission des Selig- und Heiligsprechungen „hilf- 19. Jahrhunderts dazu führte, dass die reich für die Seelsorge“ sind, „da Kirche ein tatsächliches Selbstbe- dadurch regional der Glaube Vieler wusstsein als Weltkirche gewann?! gestärkt wird, für den individuell zu gestaltenden Glauben zahlreiche Die Beiträge der Praktiker im II. Teil Anregungen gegeben werden und bewegen sich zwischen der Skylla durch die Zeitnähe die Identifikation einer ganz komprimierten Darstellung mit dem Heiligen leichter möglich und der Charybdis, einen verständ- wird.“ Nötig, so betont er, seien aller- lichen Vortrag zu halten, so z. B. dings „kluge Vermittler“. Das gilt muta- Sieger, der zum Thema des kirchen- tis mutandis auch für Publikationen. rechtlichen Verfahrens und seiner Geschichte 1995 eine 485 Seiten Günter Assenmacher umfassende Monographie vorgelegt hat, hier aber mit 45 Seiten hinkom- men soll, oder Henkel, der eher lok- ker parlierend, fast assoziativ über dies und das mal kürzer, mal ausführlicher aus der kurialen Praxis berichtet. Dabei übergeht er einfach nicht nur Niels Stensen, sondern auch Edith Stein, um nur zwei Beispiele zu nen- nen. Die von ihm angegebenen Zahlen für das Pontifikat Papst Johannes Paul II. sind inzwischen überholt, was für den Zeitpunkt des Symposions unvermeidlich war, für die Veröffentlichung aber ärgerlich ist. Ziemlich unverbunden empfindet der Rezensent z. B. den pastoral-theologi- schen Beitrag mit der doch nicht unproblematischen Frage „Welche Der selige Niels Stensen und die heilige Edith Heiligen brauchen wir heute?“ neben Stein. Gemälde in St. Ludgeri in Münster

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Die Situation der katholischen Kirche im Norden im Überblick Die Zahlen stammen aus „Annuario Pontificio 2007“

Island Tromsø Einwohner 299.407 Einwohner 470.000 Katholiken 6.451 Tromsø Katholiken 1.815 Priester 15 Priester 12 Diakone - Trondheim Diakone - Ordensfrauen 23 Ordensfrauen 39 Einwohner 645.700 Seminaristen - Seminaristen 3 Katholiken 3.394 Reykjavik Priester 6 Finnland Diakone - Einwohner 5.236.611 Ordensfrauen 16 Katholiken 9.067 Europäisches Nordmeer Seminaristen - Priester 19 Diakone 1 Oslo Trondheim Ordensfrauen 37 Seminaristen 17 Einwohner 3.485.000 Katholiken 53.817 Helsinki Priester 57 Oslo Diakone 3 Stockholm Ordensfrauen 124 Schweden Seminaristen 7 Einwohner 9.047.752 Nordsee Katholiken 140.000 Priester 151 Dänemark Kopenhagen Diakone 22 Einwohner 5.516.597 Ordensfrauen 204 Katholiken 36.634 Ostsee Seminaristen 2 Priester 82 Diakone 5 Ordensfrauen 205 Seminaristen 15

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Das Bistum Kopenhagen wurde am 29.4.1953 errichtet. Bis dahin gab es das Apostolische Vikariat Dänemark (seit 1892), dessen Vorläufer die ent- sprechende Präfektur war, die 1869 aus dem am 7.8.1868 errichteten Apostolischen Vikariat der Nordischen Missionen hervorging.

Mit den Färöer-Inseln und Grönland umfasst Dänemark eine Fläche von 2.220.074 km². Von den 5,5 Mio. Ein- wohnern sind ca. 36.600 Katholiken (= 0,7%). Im Bistum leben 36 Welt- priester und 40 Ordenspriester sowie 5 Ständige Diakone in den 50 Pfarreien. Im Bistum Kopenhagen wurden 191 Ordensfrauen gezählt. Bischof von Kopenhagen ist seit 1995 Czeslaw Kozon, der 1951 in Däne- mark geboren und 1979 zum Priester Die Gottesdienstzeiten der einzel- geweiht wurde. nen Pfarreien können Interessenten im Internet abrufen. Wer über dieses Medium nicht verfügt, kann bei der Die Anschriften des Bistums lauten: Geschäftsstelle in Köln ein gedrucktes Katolsk Bispekontor Verzeichnis anfordern. Dies gilt auch Gl. Kongevej 15 für die anderen Bistümer des Nor- DK-1610 Krbenhavn V dens. Wir bitten um Verständnis, dass Tel.: 0045/33 55 60 86 der Abdruck eines aktualisierten Fax: 0045/33 55 60 16 Gesamtverzeichnisses aus Arbeits- E-Mail: [email protected] und Platzgründen in diesem Jahrbuch Internet: www.katolsk.dk nicht erfolgt.

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Chronik 2006 / 2007 Nuntius Giovanni Tonucci Die professionelle Katholikin in Kopenhagen In der bürgerlichen dänischen Wo- Vor ein paar Generationen war die chenzeitung Weekend-Avisen lief katholische Kirche Dänemarks in den Anfang des Jahres 2007 eine Portrait- nordischen Ländern der weitaus größ- Serie unter dem Titel „Debattetheo- te und am besten organisierte loginnen“. Die Zeitung hatte nämlich Sprengel. Diese Rolle haben seit ein registriert, dass eine Reihe jüngerer paar Jahrzehnten die Schweden über- Theologinnen, die alle nicht links ste- nommen; deshalb residiert der Apo- hen, in den letzten Jahren maßgeb- stolische Nuntius zu Recht in Stock- lich die öffentliche Debatte geprägt holm. hat. Das steht eigentlich im interes- Er ist aber auch „unser Nuntius“, wes- santen Widerspruch zum dominanten halb am Sonntag, 28. Januar 2007, Säkularismus Dänemarks und zu den Erzbischof Giovanni Tonucci offiziell immer lauter werdenden Stimmen, im Dom Sankt Ansgar in Kopenhagen unter anderem des Staatsministers von Bischof Kozon und vielen Gläu- Anders Fogh Rasmussen, dass bigen willkommen geheißen wurde. Religion und Politik streng getrennt Der Tag war kein zufälliger, sondern bleiben müssten und dass es heute genau an diesem Sonntag wurde bei zu viel Religion im öffentlichen Raum uns das Fest des heiligen Ansgar gebe. begangen. Nuntius Tonucci nutzte die vorgehenden Tage intensiv: Am 24. Unter den sechs Theologinnen war Januar besuchte er den Sankt Josefs- auch die 35-jährige Iben Thranholm. Karmel bei Hillerød, am folgenden Ihr Portrait trug den Titel „Die pro- Tag traf er den evangelischen Bischof fessionelle Katholikin“. Professionell von Kopenhagen, Erik Norman ist Frau Thranholm ganz gewiss, Svendsen, besuchte die katholische denn theologisch ausgebildet und Rygaard-Schule und stattete dem alten mit breiter journalistischer Erfahrung Bischofssitz Roskilde einen Besuch ab. Der Freitag war Århus in Jütland gewidmet, am Samstag war der Nuntius in Odense auf Fünen und nochmals in Kopenhagen, bevor der oben erwähnte feierliche Empfang im Dom stattfand. Am Ende seiner Ansprache an die dänischen Katholiken sagte er: „Haltet weiter zusammen, dann hat die Kirche eine große Zukunft vor sich!“

27 Bistum Kopenhagen schreibt sie seit Jahren für verschie- Das neue Gesangbuch dene dänische Zeitungen, nimmt Am 30. November 2006 wurde bei gern an Debatten im Fernsehen und einem Empfang das neue Gesangbuch Rundfunk teil und hat auch ein viel der Diözese präsentiert. Wie sein beachtetes Buch mit Interviews zu Vorgänger von 1982 trägt es den Na- existentiellen Fragen herausgegeben men Lovsang (Lobgesang). Der neue (vgl. Jahrbuch 2006, S. 45). Katho- Lovsang ist das Ergebnis achtjähriger likin ist sie jedoch erst seit drei Kommissionsarbeit. Wie kann man, Jahren, aber da sie in der Öffentlich- abgesehen von dem verdienten Lob, keit schon sehr profiliert war und das das Bischof Kozon den Kommissions- Wort „Menschenfurcht“ erst gar nicht mitgliedern und deren ehrenamtlichen kennt, blieb die Konversion keines- Helfern spendete, eigentlich eine sol- wegs Privatsache. che Arbeit nach Gebühr beurteilen? Jetzt sind die Jahre der freien schrift- Hier soll zweierlei versucht werden, stellerischen Tätigkeit aber vorbei, denn die entscheidende Probe der denn seit dem 1. März 2007 ist Frau Praxis steht natürlich noch aus: Erstens Thranholm „Informationschefin“ des den neuen Lovsang auf dem Hinter- Bistums Kopenhagen. Die Stelle ist grund der Tradition zu sehen und ihn neu geschaffen und, abgesehen von zweitens als „Buch an sich“ zu beur- dem Jahr vor dem Papstbesuch 1989, teilen. in dem Anders Baadsgaard Jensen „Informationsmitarbeiter“ war, ohne Die Geschichte des dänischen katholi- Vorbild. Frau Thranholm hat die Auf- schen Kirchenliedes ist nur in groben gabe, in Zusammenarbeit mit Bischof Umrissen erforscht. Fest steht jedoch, Kozon sich selbst und eine neue dass schon 1857, acht Jahre, nachdem Informationspolitik gleichsam zu das Grundgesetz von 1849 die Reli- erfinden. Sie soll übrigens nicht nur gionsfreiheit gewährt hatte, Lovsynger extern das Gespräch zwischen Kir- Herren! Katholsk Psalmebog med et che und Gesellschaft verbessern, Tillæg af Messe-, Skrifte- og Commu- sondern auch intern die Kommuni- nionsbønner, samt nogle andre kationsströme im Bistum leichter und Andagtsøvelser (Lobet den Herrn! reichlicher fließen lassen. Kirchen- Katholisches Gesangbuch mit einem politisch steht Frau Thranholm für Anhang von Messe-, Beicht- und selbstverständliche Treue zum Lehr- Kommuniongebeten sowie einigen amt, für Zusammenarbeit mit ande- anderen Andachtsübungen) erschien. ren christlichen Kirchen und Das Buch wurde anonym veröffent- Gemeinschaften, für Respekt, aber licht, aber es war von A bis Z das auch für Realismus gegenüber Werk eines einzelnen Mannes, des Muslimen und für einen aktiven, Konvertiten C.F.W. Karup (1820 bis furchtlosen, konsequenten, sichtba- 1870). Die Gesänge waren überwie- ren und frohen Katholizismus ohne gend Übersetzungen deutscher und Komplexe. lateinischer Vorlagen, und ein großer

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Dichter war Karup gewiß nicht. Aber steht außer Debatte, dass Kejser der jetzt gab es ein katholisches Kirchen- bedeutendste dänische katholische liedbuch für Andachten und für die Kirchenlieddichter ist, und dass ohne nach deutschem Muster gefeierten seine und Günthers Revision nur ein- Bet-Singmessen, bei denen die Ge- zelne der alten katholischen Kirchen- meinde parallel zur lateinischen Litur- lieder sich noch heute singen ließen. gie des Priesters entsprechende oder Die nächste wichtige Stufe war das passende Lieder in der Volkssprache Salme- og Bønnebog (Gesang- und sang. Bis 1903 erschienen fünf Aus- Gebetuch) von 1951. Der erste däni- gaben dieses Kirchenliedbuches, wo- sche katholische Bischof Theodor bei sich besonders die Ausgabe von Suhr OSB verfügte nach norwegi- 1891 durch Aufnahme einer Reihe von schem und deutschem Vorbild die zeittypischen Marienliedern auszeich- Aufnahme von klassischen evangeli- nete. Die sechste Ausgabe von 1918 schen Kirchenliedern, insoweit sie hatte nicht nur einen neuen Titel, gutes, altes, katholisches Glaubensgut Salmebog og Bønnebog for det Apo- ausdrückten. Das war besonders für stoliske Vikariat Danmark (Gesang- viele dänische Konvertiten ein großer und Gebetbuch für das Apostolische Fortschritt, weil sie die literarisch Vikariat Dänemark), sondern war hochwertigen Lieder, die ein zentrales auch inhaltlich neu. Zwei Mitglieder dänisches Kulturgut sind, nach ihrer der kleinen dänischen katholischen Konversion beim Gottesdienst vermis- Kulturelite, der Oberstudienrat und sen mußten. Jetzt konnte man bei den Konvertit Halfdan Kejser (1860-1916) Bet-Singmessen auch Kingo, Brorson und sein guter Freund und Kollege, P. und Grundtvig, die drei großen däni- Ludvig Günther SJ (1862-1930), Leiter schen Kirchenlieddichter des Barock, der dänischen Abteilung des Sankt des Pietismus und des 19. Jahrhun- Andreas-Kollegs, hatten in den Jahren derts, singen. zuvor an einer gründlichen Revision Dann kam das Konzil und nach dem und Ergänzung des Kirchenliedbuches Konzil die Messe in der Landessprache gearbeitet. Kejser war der Dichter, mit dänischen Kirchenliedern. Und mit aber ganz ohne Musikverständnis. dem Konzil kam auch der neue Öku- Deshalb ging die Arbeit so vor sich, menismus. Beides läßt sich am dass Günther immer wieder die Lieder Lovsang von 1982 ablesen. Hier wurde von Anfang bis Ende sang, während nicht länger unter den evangelischen Kejser seine Korrekturvorschläge no- Kirchenliedern eine enge katholische tierte, die dann gemeinsam diskutiert Auswahl gemacht, sondern der ganze wurden. Die Revision war als private zentrale evangelische Kirchenlied- Initiative begonnen, aber Bischof schatz auf einmal zum gemeinsamen Johannes von Euch, dem das vorläufi- christlichen Erbe erklärt und aufge- ge Ergebnis anläßlich seines 80. nommen. Eindeutig antikatholische Geburtstages 1914 überreicht wurde, Lieder wurden selbstverständlich aus- hieß die Initiative willkommen. Es gelassen, aber die dänische Fassung

29 Bistum Kopenhagen von Luthers „Ein feste Burg ist unser Bewertet man das Buch als Buch, so Gott“ steht seitdem im Lovsang. Da- fällt auf, dass der neue Lovsang größer gegen wurde unter den älteren katho- ist, nicht nur vom Seitenumfang her lischen Kirchenliedern eine kritische (von 773 auf 1008 Seiten), sondern Auswahl getroffen, wobei vor allem auch vom Format (von 15 x 9,5 cm auf die Zahl der Marienlieder und der la- 16,5 x 12 cm), jetzt also ungefähr teinischen Hymnen recht eng be- ebenso dick wie das Gotteslob, aber schnitten wurde. So gab es im Lovsang ein wenig höher und breiter. Größere z.B. nicht länger das Salve Regina. Seiten und eine größere Schrift haben Auf diesem Hintergrund läßt sich der in Verbindung mit einer bewußt einfa- neue Lovsang inhaltlich als eine behut- chen Gestaltung der Seiten - wenn same Anpassung an die jetzige kirch- überhaupt möglich steht ein Lied liche Wetterlage beschreiben. Die Zahl immer auf einer oder auf zwei gegen- der lateinischen (und dänischen) überliegenden Seiten - das Buch sehr Messen ist größer, die Marienantipho- leserfreundlich gemacht. nen gibt es jetzt wieder alle auf Dänisch und Latein. Die Zahl der bibli- Diese positiven Seiten sind leider in schen Kehrverse aus den Psalmen der Öffentlichkeit, d. h. in der Kirchen- deckt jetzt den Bedarf für alle Sonntage zeitung Katolsk Orientering, von des Jahres, so dass der Davidspsalm begründeter und unbegründeter Kritik zwischen den Lesungen nicht deshalb überschattet worden. Zur ersten durch irgendeinen anderen, vielleicht Klasse gehören die Klage über die hochwertigen, aber jedenfalls unpas- Reihenfolge der Gesänge in den ein- senden Gesang ersetzt wird. Einige alte zelnen Abschnitten und der Einwand, Gesänge, die 1982 vorschnell ausgelas- dass die Regale für die Kirchenlied- sen wurden, gibt es jetzt wider. Also bücher jetzt neu gemacht werden eine Wiederaufnahme ausgewählter müssen, da der neue Lovsang zu groß Traditionselemente. Dieser konservati- ist. Und gewiß, die Auswahl der Lieder ve Zug wird allerdings durch zwei ist immer eine Serie von kontroversen andere, entgegengesetzte Maßnahmen Entscheidungen, auch wenn die Ent- ausgeglichen: Erstens wurde eine scheidung wie in diesem Fall auf der Reihe von modernen evangelischen Grundlage von Fragebogenaktionen Kirchenliedern, vorzugsweise sprach- in allen Pfarreien über den Gebrauch lich und musikalisch einfacher Art, auf- des alten Lovsangs getroffen worden genommen. Zweitens ist eine Reihe ist. Es bleibt jedoch der breiteren von Taizé-Liedern und anderer neuer Öffentlichkeit ein Rätsel, warum die geistlicher Lieder, also moderne und letzte Korrektur anscheinend genau im rythmische Musik, hinzugekommen. Apostolischen Glaubensbekenntnis Man könnte auch sagen, dass der neue (ein Wort zuviel), in den Wandlungs- Lovsang differenzierter, breiter oder worten des ersten eucharistischen vielleicht einfach katholischer ist als Hochgebets (eine ganze Zeile ausge- der alte. fallen), im Gloria (eine Zeile doppelt)

30 Bistum Kopenhagen und im Sanctus der viel benutzten 8. zwischen Rom und Kopenhagen in lateinischen Messe (eine Zeile zu den Jahren 2000-2004 verhandelt wenig) so krass versagt hat. Hoffent- wurde, und endlich sehr umfangrei- lich dauert es nicht 25 Jahre bis zur che letzte Korrekturen auf Wünsche nächsten Ausgabe! Roms hin sowie eine gründliche Revision der uneinheitlichen Überset- Endlich KKK zung der Schriftstellen schließlich zu Kurz vor Weihnachten 2006 war er der gewaltigen Verzögerung beigetra- endlich da, der Katechismus der ka- gen haben. tholischen Kirche in dänischer Spra- che, herausgegeben im Katolsk Forlag Wenige Wochen, bevor das Buch vom und Ansgarstiftelsens Forlag (Verlag Drucker geliefert wurde, starb Frau des Bistums), 14 Jahre nach der fran- Elsebet Kieler (siehe 46), langjährige zösischen Erstfassung. Der umständli- Leiterin des Katolsk Forlag, die die che Weg des Buches soll hier nicht im Übersetzung aus dem Französischen Einzelnen dargestellt werden. Es ge- gemacht hatte und bis 2000 das ganze nügt zu sagen, daß ein später Anfang, Projekt leitete. Die letzten umfangrei- ein Wechsel der Übersetzerin, die not- chen Korrekturen wurden von ihrem wendigen Korrekturen nach der Nachfolger im Verlag, Sebastian Erscheinung der lateinischen Editio Olden-Jørgensen, betreut. Er hat auch typica 1997, eine lange Pause, wäh- eine kleine Einführung in den Kate- rend der die Frage einer neuen Über- chismus verfasst. setzung der Glaubensbekenntnisse Der Katechismus wurde dann am 11.

Von links: Allan Werk, Buchdrucker, Dr. Sebastian Olden-Jørgensen, Leiter des Verlags, Bischof Czeslaw Kozon, Joke Bos, Leiterin des Pastoralzentrums.

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Januar 2007 offiziell vorgestellt. Bei gewiß nicht als Neuheit verkaufen, dieser Gelegenheit hob Bischof Kozon aber Grund zum Feiern hatten die hervor, dass die heutige Welt zwar ungefähr 80 Teilnehmer des Empfangs reich an Informationen, aber arm an dennoch, denn dieses Buch ist schon Glaubenswissen sei, und dass die ein Klassiker, und so etwas muss man zahllosen persönlichen Entfaltungs- einfach auch in der Landessprache möglichkeiten dazu führen, dass die lesen können. Dank des freigebigen Menschen ratlos und ohne Orientie- Zuschusses eines anonymen Spenders rung sind. Auf beiden Gebieten, konnte der Preis des Katechismus sehr Wissen und Orientierungshilfe, sei der günstig bei 295 DKr (ca. 40 Euro) Katechismus der katholischen Kirche gehalten werden. eine reiche Quelle der Inspiration. Joke Bos, Leiterin des Pastoral- Klosterweihe in Maribo Centers, bezeichnete den Katechismus Zwei Klosterweihen ereigneten sich als eine große Hilfe für die Katechese im Jahr 2006. Wie schon im Jahrbuch und deren Kernstück, den Glauben an 2006 (S. 34) erwähnt, stand in Maribo die Liebe Gottes (KKK § 25). Sebastian die feierliche Einsegnung des neuen Olden-Jørgensen verglich den Cate- Birgittenklosters an. Sie erfolgte am 15. chismus Romanus von 1565 mit dem September 2006. Die drei Stunden neuen Katechismus. dauernde Liturgie wurde von Bischof Der Katechismus läßt sich heute Czeslaw Kozon in Gegenwart vieler

Von links: Mutter Vivian, Dorothea Olbrich, Mutter Tekla, Bischof Kozon, Pfarrer Engel- brecht, Bischof Arborelius OCD.

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Gäste und Freunde aus dem In- und Eine Tür fällt ins Schloss Ausland vorgenommen, darunter Bischof Anders Arborelius OCD (Stockholm), Generaläbtissin Mutter Während die Birgittinen semiklausu- Thekla (Rom), Frau Dorothea Olbrich riert leben, gehört zum Wesen des (Ansgarwerk Osnabrück) und zwei Karmel die strenge Klausur. Als 1999 Bischöfe der evangelischen Staats- drei Karmelitinnen aus Glumslöv in kirche Dänemarks, Steen Skovgaard Schweden den Sankt Josefs-Karmel auf (Lolland-Falster) und Holger Jepsen der anderen Seite des Sundes bei (Altbischof daselbst). Hillerød gründeten, übernahmen sie Der Architekt Finn Zeuthen und der einen Bauernhof, der in den seither Bauunternehmer Lars Gormsen emp- vergangenen Jahren völlig umgestaltet fingen übrigens kurze Zeit später bei worden ist (siehe Jahrbuch 2006, S. 36- einer kleinen Zeremonie in Rom am 38). Am 15. Oktober 2006 war es dann 22. Dezember 2006 das päpstliche soweit, dass die Päpstliche Klausur von Komturkreuz als Anerkennung für ihre Bischof Kozon feierlich eingerichtet hervorragende Leistung beim Bau des werden konnte. Auch bei dieser Klosters. Gelegenheit war Bischof Arborelius Zur Zeit leben in Maribo acht Birgitt- Gast; da er selbst Karmelit ist, predigte innen; Priorin dort ist Schwester M. er über die heilige Teresa von Avila Vivian. und die Freundschaft mit Jesus.

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Es leben zur Zeit acht Karmelitinnen lang miteinander aushalten? Was treibt im Sankt Josefs-Karmel, ihre Priorin ist sie an? Aus welchen Quellen leben sie? Sr. Anna-Christina von der Gottes- Sicher, die Mehrzahl von ihnen hat mutter. bereits im Karmel in Schweden gelebt. Sie haben sich in Hillerød, etwa drei- Da ein solches Leben in der Klausur ßig Kilometer nördlich von Kopen- für manche Leser eine Reihe von hagen, neu gegründet und fünf Jahre Fragen aufwirft, veröffentlichen wir hindurch mit viel Eigenarbeit einen hier zwei umfangreichere Artikel, die Bauernhof zum Kloster umgewandelt. dieses Phänomen aus unterschied- Dabei konnten sie das Leben in der licher Sicht beleuchten: Klausur nur begrenzt einhalten. Jetzt leben sie ganz dem Gebet und der Als Bischof Czeslaw Kozon am Meditation hingegeben. Sie studieren, Sonntag, dem 15. Oktober 2006, sie erstellen kleine kunsthandwerkli- gegen 17 Uhr die Tür schloss, lief es che Gegenstände für den Verkauf, sie mir kalt über den Rücken. Für die sie- verzieren Tauf- und Brautkerzen und ben Karmelitinnen in Hillerød in die Osterkerzen für alle dänischen Dänemark gibt es ein „Draußen“ nur Gemeinden. Sie beraten in einem noch im Geist. Besprechungszimmer Menschen, die mit ihren Nöten zu ihnen kommen. Sie Zusammen mit den Schwestern, mit stehen Menschen, die für einige Zeit in vielen ihrer Angehörigen, mit Be- den Gästezimmern des Klosters woh- wohnern der Umgebung, mit Ordens- nen, zum geistlichen Gespräch zu schwestern und Priestern dänischer Verfügung. Sie bearbeiten den großen Gemeinden und mit vielen Gästen Garten mit Blumen und Gemüse, und feierten wir Eucharistie und zogen sie verrichten die Hausarbeit. anschließend in feierlicher Prozession von außen vor den Eingang des Als sich die Tür schloss, sah ich im Klosters, während die Schwestern den Geist, wie sich den Schwestern in der Weg dorthin durch das Kloster wähl- Klausur immer neue Türen öffneten. ten. Wir sangen und beteten miteinan- Welche Türen? Die Türen zur Kapelle, der, und der Bischof verlas das Dekret zum Speiseraum, zum Erholungs- über die Einrichtung der Klausur. zimmer. Die Türen des Herzens zuein- Dann schloss er das Portal des ander. Die Tür des eigenen Herzens, Klosters. durch die Freude an den kleinen Auf- gaben des Alltags einzieht. Türen nach Dieses einmalige, vorher noch nie oben, die den Blick freigeben in die erlebte Ereignis hat mich aufgewühlt. unbegrenzte Welt des Himmels und in Was geht in den Köpfen und Herzen den weiten Raum göttlicher Fülle. der Schwestern vor? Was bedeutet Als ich sah, wie sich den Schwestern diese Endgültigkeit für sie? Können sie immer neue Türen öffneten, kam eine es auf diesem engen Raum ein Leben große Ruhe über mich; mich erfüllte

34 Bistum Kopenhagen eine Gewissheit, dass diese Schwes- für die Menschen und die Kirche in tern vielleicht glücklicher sind als Dänemark, für die Diasporakirche des Menschen, denen in dieser Welt „alle Nordens, für die weltweite Kirche und Türen offen stehen.“ für Menschen, die Stärkung und Hilfe brauchen. Ich bin ganz dankbar. Dort Ich kann von den Schwestern lernen: im Karmel beten Schwestern auch für Immer wenn eine Tür zufällt, öffnen mich. sich dahinter neu Türen, die mir mehr Hugo Goeke Lebensräume öffnen, als ich vorher hatte. Für diese Lebenswirklichkeit ste- Professor em. Dr. theol. Hugo Goeke, hen diese Schwestern. Ihr Gebet und Priester des Bistums Münster, konnte ihr zeichenhaftes Leben lassen den 2007 seinen 75. Geburtstag feiern. Er Karmel zu einem Segensort werden leitet das Ansgarwerk Münster.

Frei hinter Gittern? Einblicke in eine begrenzte Welt.

Unverständnis, Erstaunen, Neugierde, Was bewegt Menschen, sich aus Ablehnung, Kopfschütteln erntet man freiem Entschluss so in ihrer Freiheit bisweilen als Reaktion auf einen Le- zu beschränken, dass sie das Kloster bensentwurf, der so gar nicht den normalerweise nicht mehr verlassen konventionellen Erwartungen ent- und ihre Lebenszeit in einem fest spricht. umgrenzten Gebiet, einem abge- Hohe Mauern umschließen das Ge- schlossenen Lebensbereich, der so lände eines Karmel. Der Bereich im genannten Klausur (lat. clausus = Inneren ist für Außenstehende nicht abgeschlossen) verbringen? zugänglich. Zwar kann man über die Welche Motive, welche Faszination Pforte im Sprechzimmer eines Klosters verbirgt sich hinter dieser Entschei- den Kontakt mit einer Schwester auf- dung? Ist so etwas noch normal oder nehmen, aber einen direkten Einblick nicht doch ein wenig verrückt? Was ins Kloster gewinnt man nicht. Man soll diese Trennung von der Umwelt stößt an eine äußere Grenze. Die Le- bedeuten? benswelt, aus der die Schwester kommt, ist dem Besucher verborgen Mit dem Eintritt in den und weckt in ihm die verschiedensten Karmel wird vieles anders Assoziationen, Gedanken und Empfin- Man tritt ein in eine Gemeinschaft von dungen. Was für eine Lebensweise Einsiedlerinnen, in eine Tradition, in verbirgt sich hinter den hohen Mauern eine Lebensweise und in eine Spi- und den Gittern? ritualität, die von einer Regel und von

35 Bistum Kopenhagen den Heiligen des Ordens stark geprägt die die Schwester durch den Hl. Geist werden. Die Tage folgen einem stren- bewegt, Jesus in die Einsamkeit zu gen Rhythmus von liturgischem und folgen (vgl. Mk 1,12). Man weiß nicht, persönlichem Gebet, der Feier der hl. warum, und was dort geschehen wird, Messe, Arbeit, geistlicher Lesung und ist ungewiss. Man weiß nur, dass man kurzer gemeinsamer Erholungszeit. diesem Ruf folgen muss. Es ist das Außer in der Erholungszeit wird nor- Wagnis des Glaubens. malerweise nicht gesprochen. Schwei- Die Wüste ist normalerweise kein Ort, gen, Stille, Ruhe und Nüchternheit an dem man sich länger aufhalten prägen die Atmosphäre innerhalb des möchte. Die Leere und die Stille, Klosters. Man taucht ein in einen denen man sich ausgesetzt sieht, Raum der Sammlung und der Einsam- hinterlassen deutliche Spuren im keit. Es ist alles karg und auf das We- Menschen. Die Wüste ist ein Ort der sentliche konzentriert. Jede Schwester Reinigung und der Läuterung. Die hat gemäß der eremitischen Tradition Unmöglichkeit, an diesem Ort vor sich des Ordens eine eigene Zelle, in der selbst zu fliehen, lässt die Wüste zu sie die meiste Zeit des Tages alleine einem Raum des inneren Kampfes, verbringt. Auch innerhalb dieses der Auseinandersetzung und der Raumes ist alles einfach und auf das Versuchung werden. Lebensnotwenige beschränkt. Es gibt keine Gelegenheiten zur Ablenkung Es gibt kein Entrinnen, und zur Zerstreuung. Es ist still. Ich keine Flucht bin allein mit mir und mit Gott. Ich muss mich der ganzen Wirklich- keit meiner Existenz mit allen Fragen, Am Anfang ist es schwer allen Schwächen und Unzulänglich- Die Klausur gleicht einer Wüste. Man keiten, aller Begrenztheit, aber auch kennt sich schnell in den Räumlich- meinen Idealen, Plänen und Hoffnun- keiten des Klosters und in den ver- gen stellen. schiedenen Gesichtern der Mitschwes- Die Einsamkeit verweist mich auf tern aus. Und dann gibt es da äußer- mein eigentliches Gegenüber, auf lich fast nichts mehr, was sich verän- Gott. Im Schweigen der Klausur lerne dert. Es gibt keine Events und nur ich den Lärm im Inneren meines wenig Kommunikation. Herzens wahrzunehmen, lerne, das Die Wüste ist unerbittlich, aber auch Toben der Gedanken loszulassen und anziehend. „Ich will sie verlocken, aufzumerken auf die leise Stimme hinausführen in die Wüste und sie Gottes zu hören. Das Loslassen ist umwerben“ (Hos 2,16). Jede, die den kein leichter Weg. Die Wüste meiner Karmel betritt, teilt wohl diese Erfah- Umgebung lehrt mich unerbittlich, rung. Man sucht diesen Ort nicht aus mich selbst kennenzulernen. An wel- eigenem Entschluss auf. Nein, es ist chen Dingen hängt mein Herz? Gehört die Antwort auf einen Ruf, auf das es Gott? Bin ich aufrichtig und wahr- Werben und auf die Einladung Gottes, haftig? Bin ich frei, mich ganz Gott

36 Bistum Kopenhagen hinzugeben? Nein, da gibt es noch so Herzens, dorthin, wo Gott wohnt. vieles, was mich von Gott trennt. Doch was offenbart sich mir, wenn ich Loslassen, um frei zu werden - eine mich auf dieses Wagnis einlasse und ständige Übung in der Wüste. Geduld Gott dort zu suchen beginne? Viel- üben, die Mitschwestern so anneh- leicht erschrecke ich zunächst vor mir men, wie sie sind, die eigenen Er- selbst, vor den Untiefen, die im eige- wartungen loslassen. Das ist nicht nen Herzen auftauchen. Aber man leicht. Keine hat sich die Mit- kann sie nicht verdrängen, man muss schwestern ausgesucht, und jede tritt sich ihnen stellen und lernen, mit ein, mit ihrer Prägung, ihrer Biogra- ihnen umzugehen. phie, ihrem Charakter und ihren Daher ist die Einsamkeit der Klausur Fähigkeiten. Das Miteinander auf eng- ein Kampfplatz. stem Raum ist eine gewaltige Heraus- forderung. Man reibt sich unwillkür- Die Wüste fordert lich am So-Sein der Mitschwestern. eine Entscheidung Denn in der Klausur spiegelt sich in Sie lässt keine Kompromisse gelten. konzentrierter Weise die Vielfalt men- Die Wüstenväter sagten: Rechne mit schlicher Probleme und Ereignisse. den Versuchungen bis zu deinem letz- Man darf keine heile Welt erwarten, ten Atemzug. Das Leben in der sondern eine Gelegenheit zur Be- Klausur ist kein behagliches Leben in währung, zur persönlichen Reifung einer Idylle von Ruhe und Selbstge- und zum vollen Einsatz der eigenen nügsamkeit. In der Einsamkeit kann Person. Kann ich mit Spannungen und man sich nicht behaglich einrichten, Konflikten leben, ohne sie sofort har- nein, die ganze Existenz hängt davon monisieren zu wollen? „Lernt von mir, ab, ob man bereit ist, Christus nachzu- denn ich bin demütig und sanftmütig folgen, die Wüste zu durchschreiten von Herzen“ (Mt 11,29). und sich durch die Begegnung mit IHM verwandeln zu lassen. Die Ge- Die Klausur ist wohnheit und die täglich gleichblei- eine Schule Christi bende Struktur des Tagesablaufes sind Sie ist eine Schule der Liebe, die alles im Alltag eine gefährliche Versuchung: von einem fordert. Ausruhen kann Kleinigkeiten gewinnen einen Wert, man sich darin nicht. Aber im Hören der ihnen nicht zukommt, weil man auf das Wort Gottes und in der Wach- eine exzentrische Empfindlichkeit ent- samkeit werde ich empfänglicher, wickelt und sich die Gefühls- und offen und verfügbar für die Begeg- Gedankenwelt ins Unnatürliche stei- nung mit den Mitschwestern und letzt- gern können, da es keine Ab- lich mit Gott selbst. Wenn ich auf- wechslungen gibt. Wenn man außer merksam lausche, spricht mir alles von Augen verliert, weshalb man ins IHM. Aber ich muss erst neu hören Kloster gekommen ist, und die erste und sehen lernen, muss nach Innen Liebe, die Sehnsucht nach der leben- gehen lernen in das Innerste meines digen Beziehung mit Christus, verliert,

37 Bistum Kopenhagen dann wird alles sinnlos, alles langwei- Selbstzweck. Es umfasst sicherlich den lig. „Freund, wozu bist Du gekom- Verzicht in vielen Bereichen der men“ (Mt 26,50)? Was ist meine eigent- menschlichen Existenz, die gut und liche Motivation? Lebe ich aus seinem erstrebenswert sind. Dieser Verzicht ist Wort, das in der Hl. Schrift zu mir nur sinnvoll um eines höheren Gutes spricht? Lebe ich aus der Kraft der Sa- willen, das Gott selbst ist. Das Leben, kramente? Die Klausur ist ein Hilfs- Bleiben und Ausharren in der Wüste, mittel, das mich ständig daran erin- in der Einsamkeit und Verborgenheit nern soll, dass ich alles von Gott zu der Klausur, die bewusste, dauernde erwarten habe. Ich kann in ihr nur Selbsteinschränkung sind eine Form, leben, wenn ich aus diesem Vertrauen die Armut und Selbstentäußerung auf die Kraft Gottes alles erwarte. Aus Christi, seinen Rückzug in die Ein- mir selbst heraus bin ich dazu nicht in samkeit zum Gebet mit dem Vater der Lage. Es gibt hier keine Erfolge, nachzuahmen. die man vorweisen könnte. Das Gebet Ein Leben hinter Gittern - und das frei- als lebendige Gottesbeziehung durch- willig - ist nicht normal. Es ist nur ver- formt mein Leben, ich soll selbst antwortbar als Antwort der Liebe auf Gebet sein. Aber wie oft werde ich den Ruf Christi. erfahren, dass Gott mein Gebet erhört? Gott nimmt die Hingabe eines Men- Das ist wohl die größte Herausforde- schen sehr ernst. Er erspart einem rung meiner Berufung: nichts - kein Leid, keine Prüfungen; dem Schüler wird es nicht anders er- Ich muss immer gehen als dem Meister (vgl. Mt 10,25). alles von IHM erwarten Ein Leben aus dem nackten Glauben. Tabor und Golgotha Das Gute, das Gott durch mein Gebet sind eng beieinander wirkt, wird mir meist nicht bekannt Es ist manchmal schwer, auf den eige- werden. Würde da mein Glaube wan- nen Willen zu verzichten. „Ja, ich ken, wäre ein Verbleiben an diesem komme, um deinen Willen zu tun“. In Ort sinnlos. „Soweit ich jetzt noch in der Wüste fallen alle Masken ab, man dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben kann sich und Gott nichts vormachen. an den Sohn Gottes, der mich geliebt Diese Armut, die Dürre, die Nacht des und sich für mich hingegeben hat“ Nichterfahrens und der Ferne Gottes, (Gal 2,20). die Trostlosigkeit muss man mit berei- Gott ist es, der diesen Ort anziehend tem Herzen annehmen. Das kleinste macht, der mich an diesen Ort gerufen Kreuz ist im Alltag oft deshalb so hat. Gott ist der Mittelpunkt meiner schwer zu tragen, weil es weder das Einsamkeit. „Meinem Geliebten ge- Interesse noch das Mitleid von irgend höre ich, und mir gehört der Geliebte“ jemandem hervorruft. Man muss ler- (Hld. 6,3): „Er muss wachsen, ich aber nen, alles aus Liebe zu tun und alle muss abnehmen“ (Joh 3,30). Probleme allein mit Gott zu lösen und Ein Leben in der Klausur ist kein vor ihn hinzutragen. Warum ist man

38 Bistum Kopenhagen eingetreten, wenn nicht, um dem der Verantwortung und Liebe für die gekreuzigten Christus ähnlich zu wer- Kirche und Welt stehen. Es ist meine den? Die Teilhabe am Leiden, Sterben Aufgabe, alle Menschen und Anliegen und an der Auferstehung Christi stellvertretend vor Gott zu tragen, in durchformt das eigene Leben. Es ist reinem Glauben, dass er weiß, wessen ein langer, oft schmerzlicher Wachs- sie bedürfen, und dass denen, die ihn tumsprozess in Christus hinein, weil lieben, alles zum Guten gereicht. man immer wieder mit seinen eigenen Äußerlich betrachtet vielleicht kein Grenzen und dem inneren Wider- erstrebenswertes Leben! Dieses Leben streben konfrontiert wird. Aber in dem mit Gott stellt die Werte auf den Kopf. Maße, wie man lernt, sich selbst nicht Dieses Leben geht nicht mit der Zeit, so wichtig zu nehmen, sich zu lassen strebt nicht nach Anerkennung und und allein im Glauben auf die Kraft Selbstverwirklichung. Christi von Augenblick zu Augenblick Aber was gibt es Erfüllenderes als aus zu leben, erlangt man eine tiefe inne- der Verwurzelung in Gott zu leben? re Freiheit, die aus der Gebundenheit Was schenkt größere Freude und tie- an Christus erwächst. feren Frieden als die wachsende Die Erfahrung der Liebe Christi weitet Vertrautheit mit Christus? das eigene Herz für alle Menschen, die Und dennoch kenne und liebe ich ihn einem anvertraut sind, und für die immer noch zu wenig. Aber ich weiß Sorgen und Nöte von Kirche und Welt, alles von seiner je größeren Liebe die an einen herangetragen werden. umfangen. Vielleicht macht diese Das Leben in der Verborgenheit der Gewissheit den Grund der Freude aus, Klausur ist kein egoistisch in sich ver- der über die Mauern hin ausstrahlt schlossenes Streben nach dem persön- und die Menschen so fasziniert? lichen Heil, sondern muss im Dienst Sr. M. A. O.C.D., Köln

Ein Neupriester besonderer Art Nicht in jedem Jahr findet die Priesterweihe eines Dänen statt, aber am 10. Juni 2006 war dieser große Tag für Martin Knudsen gekommen, der, 1975 geboren, als 19-jahriger zur katholischen Kirche konvertierte. Sein priesterlicher Dienst wird sich vorab sicher nicht in Dänemark entfalten, denn er gehört der traditionalistischen, von Rom approbierten Sankt Petrus- bruderschaft (FSSP) an, in deren Semi- nar Wigratzbad/Deutschland er ge- weiht wurde. Knudsen ist inzwischen

39 Bistum Kopenhagen der Niederlassung der Petrusbruder- kaner-Missionarinnen von Maria (FMM) schaft in Namur/Belgien zugewiesen innerhalb weniger Jahre Kindergarten und betreut von dort aus als Kaplan (1931), Kirche (1933) und Schule die mit der alten Liturgie verbundenen (1934) gründeten. Die jetzige Kirche Gläubigen in der Amsterdamer Innen- wurde 1987 geweiht. Mitte des vergan- stadtkirche St. Agnes. Sollte von Bi- genen Jahrhhunderts waren es bis zu schof Kozon der Bruderschaft die 23 Schwestern, mit denen sehr viele Seelsorge der dänischen Traditiona- Einwohner des Hauptortes Thorshavn listen anvertraut werden, möchte aus ihrer eigenen Kindergarten- und Knudsen in seine Heimat zurückzu- Schulzeit gute Erinnerungen verbinden. kehren. Seit 1990 gibt es keinen Priester, der ständig auf den Färöern wohnt, dafür 75 Jahre auf den Färöer aber einen Ständigen Diakon, Christian Am 25. Juni 2006 feierte die kleine Gabrielsen. Generalvikar Lars Messer- Gemeinde auf den Färöer-Inseln unter schmidt selbst sorgt für regelmäßige Vorsitz von Bischof Kozon und Gene- priesterliche Betreuung. Die Franziska- ralvikar Messerschmidt das Jubiläum nerinnen haben zwar die Schule auf- ihres 75-jährigen Bestehens. Die erste gegeben, aber den Kindergarten behal- katholische Mission auf den grünen ten; sie zählen heute sechs Schwestern, Inseln im Ozean entfaltete sich 1872 bis die aus Belgien, Irland, Korea und 1894 und wurde von einzelnen Malta stammen. Priestern betrieben. 1931 wurde dann ein neuer Anfang gemacht, als Franzis- 100 Jahre auf Nørrebro An der Nørrebrogade, zentral im alten Arbeiterviertel von Kopenhagen und direkt neben der Sakramentskirche, liegt die Sankt Ansgar-Schule mit ihren heute ungefähr 320 Schülern. Sie konnte 2006 das hunderste Jahr ihres Bestehens feiern. Wie die meisten ka- tholischen Schulen Dänemarks ist auch sie ursprünglich von Sankt Josef- Schwestern gegründet und bis in die späten sechziger Jahre geführt wor- den. Damals ging es um Gemeindebil- dung, getragen von Ordensschwes- tern, die in der Nähe auch eine große Klinik hatten. Heute geht es darum, in einer kulturell und religiös immer bun- teren Umgebung mit einer Minderheit von katholischen Schülern und Lehr- kräften dennoch ein Zeugnis katholi-

40 Bistum Kopenhagen schen Christenlebens zu geben. Am ken. Für die ersten hundert Jahre nach Jubiläumstag, dem 6. November 2006, der Einführung der Religionsfreiheit gab es einen Empfang, bei dem unter 1849 gilt, pauschal gesagt, dass die anderem Propst Gert Blak von der katholische Kirche in Dänemark von evangelischen Staatskirche die gute Jesuiten und Sankt Josef-Schwestern ökumenische Zusammenarbeit lobte; aufgebaut und erhalten wurde. 1856 diese sei um so wertvoller, als die kamen die ersten vier französischen staatlichen Schulen seit den siebziger Schwestern, 1880 waren es schon 64, Jahren die Verbindung zur Staatskirche um die Jahrhundertwende 100 und 40 und zum Christentum erheblich gelo- Jahre später 524, darunter 10% ckert haben. Däninnen; heute sind es nur noch 65.

150 Jahre Sankt Josef- 1858 öffneten die Schwestern eine Schwestern in Dänemark französische Schule, 1875 wurde die Obwohl die Sankt Josef-Schwestern in Klinik Sankt Josefs-Hospital im Dänemark wie alle großen, aktiven, Kopenhagener Stadtteil Nørrebro weiblichen Ordensgemeinschaften eröffnet und seitdem ständig ausge- wegen fehlenden Nachwuchses und baut, unter anderem 1926 mit einer Ausbau des Sozialstaates heute einen Krankenschwesternschule. In ihrer eher bescheidenen Platz in der kirch- Blütezeit betrieben die Schwestern lichen Landschaft einnehmen, sind sie acht angesehene Kliniken mit unge- aus der katholischen Kirchenge- fähr 10% der gesamten Bettenkapazität schichte Dänemarks nicht wegzuden- des dänischen Krankenhauswesens,

Schüler der 2. Klasse der St. Ansgar-Schule im Jahre 1955 mit ihrer Lehrerin, Sr. Pia Wudke.

41 Bistum Kopenhagen und neunzehn Schulen, davon vier nend ist, dann, dass man da „en famil- französische. Was das alles für die ka- le“, in gegenseitiger Liebe, lebt. tholische Kirche in Dänemark und de- ren Ansehen wie für die Entwicklung Alles begann, als im Jahre 1966 der der dänischen Krankenpflege bedeu- erste Focolar in Skandinavien, näher tet hat, läßt sich nicht ermessen. gesagt in Stockholm/Schweden, auf Grund genug also für tiefe und ehr- Wunsch des damaligen Bischofs John liche Dankbarkeit. Und eben dies war E. Taylor eröffnet wurde. Dieser Fo- es, was Bischof Kozon in seiner Pre- colare hielt Kontakt mit Personen in digt bei der Festmesse im Provinzial- Dänemark, Norwegen, Finnland und haus in Kopenhagen am 11. Mai 2006 Island, welche die Bewegung kennen- hervorhob. gelernt hatten, bis dann später eigene Schon vor etlichen Jahren mussten die Focolare in den einzelnen Nationen Schwestern wegen fehlenden Nach- eröffnet wurden. Im Dezember 1981 wuchses ihre Schulen und Kliniken zog Ginette Hoffman aus Luxemburg, aufgeben; auch eine gewisse Orien- die damals in Eindhoven (Niederlan- tierungslosigkeit war nicht zu verken- de) lebte, als erste aus der Gemein- nen. Dass sie in den letzten Jahren schaft nach Dänemark; andere folgten. verstärkt Exerzitien anbieten, ist unter Zuerst wohnten die Focolarinnen ein vielen Katholiken und Nicht-Katho- paar Monate bei den Assumptions- liken auf großen Widerhall gestoßen. Schwestern, später in einer kleinen Wohnung im Stadtteil Nørrebro. Seit Focolare 25 Jahre in Dänemark 1989 wohnen sie in einem Haus in Am 12. August trafen sich ungefähr Valby, einem südlichen Vorort von Ko- 175 Menschen, junge und alte, Fami- penhagen, wo endlich genügend Platz lien und Alleinstehende, Laien und für die Treffen und die verschiedenen Ordensleute, auf der Wiese neben Aktivitäten entstand. Es sind derzeit dem Vor Frue-Kloster der Benedikt- sechs Mitglieder im Frauenfocolar in inerinnen in Åsebakken. Einige Zelte Valby, von denen zwei (die Verant- schützten sie gegen den Regen, aber wortliche Lida van Dijk und Joke Bos, es war ein schönes Familienfest, zumal beide aus den Niederlanden) seit nach ein paar kleinen Ansprachen, zwanzig Jahren in Dänemark leben. einigen Liedern, einem Video, zwei Zwei Ehepaare, das eine wohnhaft in lustigen Clowns und der Messe in der Dänemark, das andere auf regelmäßi- etwas überfüllten Kapelle der Bene- ge längere Besuche im Lande, sind diktinerinnen der Himmel heiter auch Mitglieder der dänischen Foco- wurde, und man entspannt essen, largemeinschaft, die mit ungefähr 1000 spielen und sich austauschen konnte. Menschen regelmäßig Kontakt hat. Anlaß waren die ersten 25 Jahre der Focolarbewegung in Dänemark. Und Seit 1991 erscheint jeden zweiten wenn etwas für die Spiritualität des Monat ein bescheidenes Blatt „Ny Focolars (focolare = Herd) kennzeich- Stad“ (Neue Stadt), das dazu dient,

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Kontakt zu halten und geistige Impulse und Informationen weiterzu- geben. Die dänische Auflage beträgt 700 Exemplare. Monatlich treffen sich „Wort des Lebens“-Kreise, in denen ein Wort des Evangeliums gemeinsam gelesen und vertieft wird und Erfah- rungen darüber ausgetauscht werden. Diese Gruppen gibt es in Kopen- hagen, Roskilde und Odense. Darüber hinaus werden mehrere Spiritualitäts- Gruppen, Treffen mit Familien, Kindern, Teenagern und Jugendlichen organisiert sowie die Teilnahme an internationalen Treffen in unterschied- lichen Ländern, die zur Vertiefung und zum Aufbau der „Focolar-Familie“ die- nen. Daneben gibt es größere Veran- staltungen wie Jahrestreffen, Maria- tretern nicht nur der evangelischen polis, Jugendtage, Zusammenarbeit in Staatskirche, sondern auch mit Metho- Gemeinden, Kontakt mit anderen disten, Baptisten und einem schwedi- neuen Bewegungen und Organisatio- schen Pfingstfreund in ägyptisch-kop- nen in der katholischen Kirche sowie tischer Mönchskleidung. Bischof ökumenische Treffen und Zusammen- Kozon leitete die Feier unter anderem arbeit mit Menschen und Gruppen der mit den folgenden Worten ein: „Wir evangelischen Kirche. Alle Focolarmit- können nicht verheimlichen, dass es glieder sind berufstätig. Seit mehreren eine bestimmte Person ist, die uns Jahren hat der Focolar über die heute hier zusammengeführt hat. Ein Teenager regelmäßige Kontakte mit Mensch, den wir feiern, dem wir dan- Kindern in einem Flüchtlingszentrum. ken und den wir beglückwünschen möchten. Als Christen ist es für uns Grethe Livbjerg 80 Jahre natürlich, diesen Dank weiterzuleiten; Am 19. Februar 2007 beging man eine zu erkennen, dass unsere Freude eine ökumenische Feier besonderer Art in tiefere Ursache hat, dass es etwas der Sankt Andreas-Kirche im nörd- noch Größeres gibt, das uns führt und lichen Kopenhagener Vorort Ordrup. vereint. Wir sind anläßlich des Ge- Bischof Kozon, Altbischof Martensen, burtstages von Grethe Livbjerg ver- Generalvikar Messerschmidt und P. sammelt, aber auch zum Gottesdienst, Wilfrid Stinissen OCD (ein in ganz um Gott zu preisen und danken, der Skandinavien sehr geschätzter geist- Grethe das Leben geschenkt hat; der licher Schriftsteller und Ratgeber) uns allen das Leben und den Glauben saßen im Chor zusammen mit Ver- geschenkt hat. Dieser Glaube ist ein

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Geschenk des einen Gottes. Dieser Kirchenväter der ungeteilten Kirche Glaube hat jeden einzelnen von uns der ersten sechs Jahrhunderte und auf einen Weg gerufen, der durch die steht also für eine „Ökumene der unterschiedliche Umgebung, wo wir gemeinsamen Wurzeln“. In diesem den Ruf empfangen haben, verschie- Sinn wird auch die dänische Ausgabe den geprägt ist. Diese verschiedene von Katolsk Forlag in Zusammenarbeit Prägung vermag aber nicht die ge- mit dem evangelischen Boedal Forlag meinsame Freude zu mindern und vorbereitet. Mit dem französischen wird nie unsere Sehnsucht, noch mehr Verlag und dem Verfasser wurde ver- zu teilen und ein gemeinsames Zeug- abredet, dass Grethe Livbjerg das nis ablegen zu dürfen, auslöschen Vorwort für die dänische Ausgabe können.“ schreibt.

Peter Halldorf, der Pfingsfreund in Hans Jensen 25 Jahre Mönchskleidung, predigte über die im Ordinariat Einheit der Christen und so auch über Wenn kirchlich gelobt oder gelästert das Wirken und den Geburtstags- wird, gilt es meistens den geweihten wunsch Grethe Livbjergs. Als Mitglied Würdenträgern, und das ist auch des karmelitischen Dritten Ordens lei- richtig so, denn wozu haben wir die tet sie seit vielen Jahren Exerzitien, Hierarchie?! Dafür vergessen wir aber gibt die ökumenische Zeitschrift Le- nicht, vor allem, wenn es um Lob vende vand (Lebendiges Wasser) her- geht, die weniger hochprofilierten aus und betreut eine Internetseite über Diener und Helfer, denn in Stille und christliche Mystik. Auf ihre eigene bescheidene und unauffällige Weise ist sie eine charismatische Gestalt. Der Geburtstags- wunsch der Einheit der Christen konnte zwar momentan nicht erfüllt werden, aber anwesende und abwesende Freunde von Grethe Livbjerg hat- ten insgeheim Spenden gesammelt, um die Über- setzung von Olivier Cléments Sources ins Dä- nische zu ermöglichen. Das Buch ist eine allge- mein verständliche Dar- stellung der Theologie der

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Bescheidenheit leisten sie oft mehr, Goldenes Priesterjubiläum als man ahnt. Eine solche Schlüssel- von Altbischof Martensen gestalt im Bistum, Ekspeditions- Wenn dänische Bischöfe aus Ge- sekretär Hans Jensen (Foto S. 44), sundheitsgründen in den Ruhestand konnte am 29. September 2006 bei gehen, dann leben sie noch lange. einem Empfang im Tagungszentrum Bischof Josef Brehms lebte zwanzig Magleås den 25. Jahrestag seines Jahre in Averbode, nachdem er 1938 Dienste im Ordinariat begehen. Bischof Theodor Suhr OSB das Bischof Kozon hob bei dieser Gele- Vikariat überlassen hatte. Und genheit das besondere Engagement, obwohl Bischof Suhr 1965 aus die Gründlichkeit, die Loyalität und Gesundheitsgründen zurücktreten die tiefe kirchliche Gesinnung Hans mußte, erreichte er 101 Jahre, bevor Jensens hervor. Im Ordinariat ist Hans er 1997 starb. Es wundert deshalb Jensen, der übrigens auch Filme und nicht, dass Altbischof Hans L. Beat-Musik gemacht hat, Verse schrei- Martensen SJ am 15. August 2006 ben kann und Aquarelle malt, so sein Goldenes Priesterjubiläum mit etwas wie ein unentbehrliches einer Festmesse in der Kopen- „Mädchen für alles“ mit besonderer hagener Jesuitenkirche Herz Jesu Verantwortung für die vielen durch feiern konnte. Wünschen wir ihm in auswärtige Mittel, hierunter nicht der Muttersprache der vielen aus zuletzt auch die der St. Ansgar-Werke, Polen stammenden Katholiken: Sto finanzierten Projekte im Bistum. lat = Hundert Jahre!

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Requiescant in pace Glauben war die Begegnung mit Pfarrer Hubert Messerschmidt (1893- 1979), der viele Strömungen, die mit Elsebet Kieler dem Konzil zum Durchbruch kamen, (1918 - 2006) vermittelte, für die drei Geschwister von ausschlaggebender Bedeutung. Nach Studien der Literaturwissenschaft in Kopenhagen, den USA, Italien, Frankreich und Belgien sowie nach Studien der Theologie am Institut Catholique in Paris (1952-54) widmete Elsebet Kieler den Rest ihres Leben der Kirche als Katechetin und Leiterin von Katolsk Forlag. Unzählige Vorträ- ge hat sie gehalten, zahlreiche Kurse, Besinnungstage, Tagungen und Treffen hat sie mit unerschöpflicher Energie und Willenstärke organisiert, Bücher hat sie übersetzt und auch selbst geschrieben. Ihr eigenes theolo- gisches und geistliches Vermächtnis Nach langer Krankheit starb am kam erst spät heraus, wahrscheinlich 17.11.2006 Elsebet von Führen Kieler in zu großem Abstand von den prä- im Alter von 88 Jahren. Wie für so genden Erfahrungen ihrer Jugend, in viele ihrer Generation wurden die Gestalt der drei Bände Syndere og hel- Erfahrungen des Krieges richtungwei- gener i Biblen (Sünder und Heilige in send für ihr ganzes Leben. Während der Bibel) 1991-94. Ihr „Schwanenge- des Zweiten Weltkriegs war sie mit sang“ war die Übersetzung des Ka- ihren beiden Brüdern und einer techismus der katholischen Kirche aus Schwester aktiv im Widerstandskampf dem Französischen. Für sehr viele gegen die deutsche Besatzungsmacht Katholiken der Nachkriegsgeneration tätig und sammelte unter anderem auf wurde sie so etwas wie eine geistliche dänischen Herrensitzen Geld für die Mutter. In den späteren Jahren wurde Flucht dänischer Juden. Dafür saß sie sie sozusagen von nachkonziliaren wie ihre Schwester zeitweise im Frontstellungen etwas überholt; es war Gefängnis, während die Brüder ins KZ ihr deshalb nicht verständlich, dass Porta Westphalica kamen. Während ihre von Pfarrer Messerschmidt und und nach dem Krieg fanden die bei- aus den Kriegserfahrungen gespeiste den Schwestern und einer der Brüder Spiritualität unter den Jüngeren so den Weg in die katholische Kirche. wenig Widerhall fand, und dass sie Der andere Bruder aber wurde Atheist! keine Nachfolgerin im engeren Sinne Auf dem Weg zum katholischen finden konnte.

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Poul Wiisbye lassen und konvertierte am 31. Mai (1928 - 2006) 1963 zur katholischen Kirche. Schon zwei Jahre zuvor hatte er geheiratet. Als Offizier in der Luftwaffe stieg er zum Major auf und nahm an Übungen und Verhandlungen in der NATO teil. Das alles gab er auf, als seine Frau Anna Marie unheilbar erkrankte und gänzlich gelähmt wurde. Er wollte sie nicht in einem Pflegeheim unterbrin- gen, sondern kümmerte sich selbst um sie zu Hause, Tag und Nacht, acht Jahre hindurch. Als sie starb, war er für die oben erwähnten Aufgaben frei; er war von einer Ruhe und Liebenswür- digkeit erfüllt, die großen Eindruck machte. Am 25. April 2006 starb er.

Poul Wiisbye soll an dieser Stelle erwähnt werden, nicht nur, weil er P. Jacob Muiser CM von 1994 bis 2002 Vorsitzender des (1924 - 2006) Pastoralrates des Bistums war, auch nicht nur, weil er in seiner Pfarrei St. Laurentius in Roskilde, in vielen katholischen Vereinen und im Dritten Orden der Franziskaner sehr geschätzt war; vor allem soll er wegen seiner edlen Persönlichkeit und seines Zeugnisses der Treue und selbstlosen Liebe erwähnt werden. Durch die Er- fahrungen des Zweiten Weltkrieges in seinem Verantwortungsbewusstsein geweckt, erlebte er als Offiziersan- wärter 1953 das große katholische Pfingsttreffen im Garten der Offiziers- schule Schloss Frederiksberg. Da sah er eine fremde Liturgie, Ordensleute und hohe kirchliche Würdenträger. Am Christi Himmelfahrtstag 2006 (25. „Entweder sind die Leute da ganz Mai) starb Pater Muiser nach Jahren abwegig oder ich habe etwas nicht angegriffener Gesundheit dennoch verstanden!“, meinte er dazu. Er plötzlich. Er wurde am 8.11.1924 in beschloß, sich besser informieren zu Amersfoort/NL geboren und trat 1944

47 Bistum Kopenhagen in den Orden der Lazaristen ein. 1951 Missionsgesellschaft Bethlehem in empfing er die Priesterweihe, seit 1954 Schöneck/Schweiz bei, wo er 1954- wirkte er in Dänemark, anfangs in 55 seine Studien begann. Bald ent- Helsingør, später auch in den anderen schloß er sich, Weltpriester zu wer- Pfarreien Nordseelands: Hillerød, den, und setzte seine Studien in Birkerød und Hørsholm. 1968-79 war Innsbruck und Frankfurt/Main fort. er Jugendseelsorger des Bistums. Er Er war damals schon für Dänemark gehörte nicht zu den hoch Profilierten gewonnen und wurde am 5. Juli 1961 und Strahlenden, aber zu den Liebens- von Bischof Theodor Suhr in seiner würdigen, Nachsichtigen und Treuen. Heimat Pfaffnau für den priester- Mit ihm verschwindet der letzte der lichen Dienst in Dänemark geweiht. nicht wenigen niederländischen Laza- Nach weiteren Studien am Institut de risten-Patres, die in Dänemark gewirkt pastorale catéchétique in Paris (1961- haben. Glücklicherweise setzt die pol- 63) wirkte er sein ganzes Leben in nische Lazaristenprovinz die Arbeit Dänemark, die meisten Jahre als ihrer niederländischen Ordensbrüder Leiter der von ihm selbst 1966 ge- in Dänemark fort. gründeten Kateket-Centralen (jetzt Pastoral-Centret), wo er katecheti- sche und liturgische Aufgaben für Guido Kreienbühl das Bistum wahrnahm. Daneben (1934 - 2007) betreute er die deutsche und oft auch die französische Gemeinde in Ko- penhagen, leitete das Päpstliche Missionswerk der nordischen Bis- tümer und gründete eine kleine Verlagsbuchhandlung (Steno Butik- ken und Steno Forlag), die er im Sinne eines gemäßigten Liberalismus führte. Zu seinen vielen Pflichten gehorte auch der Kontakt zu den norddeutschen Ansgarwerken; viele Jahre hindurch organisierte er zusam- men mit Frau Dorothea Olbrich die von vielen Priestern, Ordens- schwestern und Laien geschätzten Studientage im Haus Ohrbeck. Ende des vorigen Jahres wurde ein unheil- bares Krebsleiden festgestellt, das In Pfaffnau im Kanton Luzern in der Pfarrer Kreihenbühl mutig und voll Schweiz am 4.2.1934 geboren, wurde Zuversicht annahm. Er starb am 29. der junge Guido schon früh von der März, in der Passionswoche des Mission ergriffen und trat der Jahres 2007.

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Drei Beiträge zu Jedermann von Hugo von Hofmanns- Johannes Jørgensen thal, Lord of the World von Hugh Benson) und Reiseberichte. Als Stilist gehört Johannes Jørgensen ohne Vor 50 Jahren starb der große dänische Zweifel zu den größten Meistern der Schriftsteller und Konvertit Johannes dänischen Sprache. In der Nachkriegs- Jørgensen (1866-1956) in seiner zeit war er jedoch etwas in Vergessen- Geburtstadt Svendborg. Zwischen heit geraten, was eine 2002 gegründe- Anfang und Ende in Svendborg lagen te Johannes Jørgensen-Gesellschaft Jahre als symbolistischer Schriftsteller wieder gutzumachen sucht. Für diese in Kopenhagen, Atheist und Katholik Gesellschaft und für alle Johannes (ab 1896). 1915-53, nur unterbrochen Jørgensen-Liebhaber war das Jahr vom Kriege, weilte er in Assisi, wo er 2006 ein ganz besonderes: In seine Position als internationaler ka- Svendborg wurde ein Denkmal vor tholischer Schriftsteller ausbaute. Seine der örtlichen Bibliothek errichtet und Frau und sieben Kinder hatte er 1913 am 29. Mai, dem Todestag des Dich- in Kopenhagen verlassen. Berühmt ters, durch den Bürgermeister Jørgen sind vor allem seine Gedichte, Heili- Henningsen enthüllt. Außerdem wur- genbiographien (Franziskus, Katharina den seine zahlreichen und ausführ- von Siena, Don Bosco) sowie seine lichen Tagebücher der Königlichen Erinnerungen, Übersetzungen (z. B. Bibliothek in Kopenhagen überlassen

Links: Stig Holsting, Vorsitzender der J. Jørgensen-Gesellschaft, rechts Bischof Kozon.

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seiner Konversion, fremd gegenüber. Auch den Schrift- steller Jørgensen hat er in sei- nem Buch nicht behandelt, sondern den Literaturwissen- schaftlern überlassen wollen. Was findet man dann auf den über 500 Seiten dieses Buches? Die Worte des Titels Das Leben eines Mannes sollte man buch- stäblich nehmen. Es ist Jørgen- sens persönliches Lebens- geschick und sein Scheitern als Mann, das Petersen fasziniert hat.

Glückerlicherweise hat die Johannes Jørgensen-Gesell- schaft die Initiative ergriffen und einen gelungenen Sam- melband zu Johannes Jørgen- und öffentlich zugänglich gemacht; es sen als Dichter, Übersetzer und Buch- erschienen drei wichtige Bücher zu autor herausgegeben: Stig Holsting - seiner Person und seinem Werk. Oluf Schönbeck (Hg.), Fagerø - En antologi om Johannes Jørgensen og Das erste Buch ist Teddy Petersen, Et hans forfatterskab (Die liebliche Insel - menneske kommer derhen, hvor det vil Eine Anthologie zu Johannes - en mands liv - om forfatteren og jour- Jørgensen und seinem literarischen nalisten Johannes Jørgensen (Ein Oeuvre), 253 Seiten, DKr 275. Mensch kommt dahin, wohin er will - Das Leben eines Mannes - Der Autor Außerdem ist der Historiker Jørgen und Journalist Johannes Jørgensen) Nybo Rasmussen (vgl. Jahrbuch 2006, Forlaget Frydenlund, 564 Seiten, DKr S. 39) durch Petersens etwas einseitige 399. Behandlung von Jørgensens Konver- Petersen, der selber Journalist und sion und vor allem durch einige etwas Autor ist, hat zehn Jahre an diesem geringschätzige Bemerkungen Peter- Buch gearbeitet; es ist die erste bio- sens zu diesem Thema in der Tages- graphische Studie, die das ganze Le- presse - Jørgensen sei von seinem ben Jørgensens umfaßt. „Ganz“ heißt Freund und Gönner Mogens Ballin hier: Von Anfang bis zum Ende; denn geradezu zur Konversion gezwungen der nicht-gläubige Petersen steht der worden - veranlaßt worden, ein Heft, religiösen Seite Jørgensens, darunter Johannes Jørgensens konversion in der

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Schriftenreihe des Vereins Ælnoth für die katholische Kirchengeschichte Dänemarks herauszugeben (2007, 44 Seiten, DKr 50). Dadurch wurden die Einseitigkeiten der Petersenschen Biographie etwas ausgeglichen. Vorschau auf nächstes Jahr Über manche Themen, die im Jahr 2006 die Gemüter aufgeregt haben, wird der geneigte Leser erst nächstes Jahr mehr erfahren, da der Schreiber dieser Zeilen auch das Ende der Geschichte erzählen möchte. Das gilt z. B. für die kontrovers diskutierte Neugestaltung und Reduktion der Kopenhagener Pfarreien, die Klage der „Katholiken für Religionsgleich- heit“ beim Obersten Gericht und den sogenannte HandlingsplaneN, der auf eine systematische Belebung der katholischen Jugendarbeit im ganzen Unser Korrespondent in Dänemark ist Bistum zielt. Über diese Themen also der Historiker Dr. Sebastian Olden- demnächst Weiteres! Jørgensen; alle nicht anders gekenn- zeichneten Beiträge in diesem Kapitel Sebastian Olden-Jørgensen stammen von ihm.

(1994) zur „Lesergemeinde“ des Peter Für Sie gelesen Høeg gehört. So unwahrscheinlich und aberwitzig vieles in den Büchern des 1957 in Kopenhagen geborenen Peter Høeg, Das stille Mädchen. Autors ist, so wenig ich mit allem ein- Roman. Carl Hanser Verlag, verstanden bin, was man da zu lesen München 2007, 464 S., 2 Karten, bekommt, insgesamt war es jeweils geb., 24,90 Euro. eine von A bis Z spannende, unter- haltsame, anregende Lektüre. Ich habe Der Rezensent gesteht vorweg, dass er Neues gelernt: nicht nur Sachwissen, seit Fräulein Smillas Gespür für Schnee sondern andere Welten, Sichtweisen,

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Weltanschauungen. Von manchem ein Drehbuch mit ganz schneller Wort, von mancher Ansicht war ich Abfolge unterschiedlichster Szenen persönlich berührt. und scharfen Schnitten, die freilich den Bogen des Glaubhaften nicht sel- Mit Spannung wartete ich deshalb auf ten ziemlich überspannen, mich als den neuen Roman, denn 10 Jahre Leser aber zu fesseln vermochten. hörte man so gut wie nichts über Peter Für manche dürfte das Buch bereits Høeg, veröffentlichte Peter Høeg mit den drei ersten Worten erledigt keine einzige Zeile. sein: „Gott die Herrin“. Nur: Vergessen Schon dieser Rückzug aus der Öffent- wir nicht, dass es sich hier um keine lichkeit, fast eine Versenkung, macht, Glaubenslehre, sondern um Literatur so scheint mir, den Erfolgsautor von handelt. damals für die Kritik heute verdächtig, vollends jedoch die ganz und gar vom Erstaunliche Literatur, weil sie in Religiösen durchzogene, phantastische Dänemark, in Kopenhagen, Menschen Geschichte des neuen Romans. unserer Zeit beschreibt, die an Gott und seine Führung glauben, die beten Der berühmte Clown Kaspar Krone und aus der Kraft dieses Glaubens in betreut als Musiktherapeut die 9-jähri- das Geschehen der Welt eingreifen. ge KlaraMaria. Ihr gilt auf ihre Bitte hin sein Versprechen, ihr zu helfen, „wenn Der Rezensent möchte sich diesseits es richtig schlimm wird“. der Frage nach Esoterik oder Dogma- Krone, der über die Gabe verfügt, see- tik dem Urteil von Felicitas von Loven- lische Schwingungen als Klänge wahr- berg (FAZ vom 27.1.2007) anschlie- zunehmen - der Roman ist voll von ßen, der es gelang, ein sehr offenes, musikalischen Anspielungen, die ich sympathisches Interview mit Peter gerne einmal in aller Ruhe hören und Høeg zu führen. Sie bemerkt zu dem überprüfen möchte - ist von dem Kind Resümee von Hreg, sein Buch sei ebenso fasziniert wie beunruhigt. „Ergebnis des Bemühens, einer tiefe- Denn von KlaraMaria (daher auch der ren Wahrheit so nah wie möglich zu Buchtitel) geht „eine völlige seelische kommen“: „Auch wenn das, literarisch Stille“ aus. Schon dieser Ansatz verbie- betrachtet, nicht immer gut geht, hat tet dem Rezensenten, einem Kritiker man hier doch endlich wieder einen zuzustimmen, der Høeg „eine Art trivi- Autor, der sich an die großen Themen altheologisches Dauerparlando“ vor- heranwagt.“ wirft. KlaraMaria wird entführt, und bei der Günter Assenmacher Suche nach ihr (und weiteren, aus rät- selhaften Motiven entführten „stillen Kindern“) geht es von Entdeckung zu Entdeckung - auf äußere und innere Art. Der Roman ist fast so etwas wie

52 Bistum Stockholm Bistum Stockholm

Das Bistum Stockholm wurde am 29.6.1953 als Nachfolgeinstitution des Apostolischen Vikariates Schweden errichtet, welches seit 1783 bestand. Es umfasst eine Fläche von 450.000 km², auf der 9,01 Mio. Menschen wohnen, von denen 144.000 katho- lisch gemeldet sind. Die 154 Priester und 24 Diakone arbeiten in 41 Pfarreien; im Bistum Stockholm werden 210 Ordensfrauen gezählt. Bischof von Stockholm ist seit 1998 der gebürtige Schwede Anders Arborelius OCD.

Die Anschriften des Bistums lauten: Katolsk Biskopsämbetet, Box 4114, S-102 62 Stockholm Tel.: 00 46/84 62 66 00 Fax: 00 46/87 70 20 555 Jahresüberblick E-Mail: [email protected] Internet: www.catholic.se 2006 - 2007

In der Diözese Stockholm, zahlen- und flächenmäßig die größte in den nordischen Ländern, trifft man auf eine Mischung aus internationaler, multikultureller Atmosphäre und gleichzeitig schwedischer Identität. Neben den vielen Einwanderern, die in den letzten Jahrzehnten nicht

53 Bistum Stockholm zuletzt durch die großzügige Immi- land, versucht jedoch gleichzeitig, ein grations- und Integrationspolitik nach eigenes, für Schweden angepasstes Schweden kamen, gibt es immer wie- pastorales Modell zu entwickeln. der auch einheimische Schweden, die beschließen, katholisch zu werden. Eine katholische Hochschule Eigentlich, auf dem Papier, ist Schwe- für Schweden den ein christliches Land: Rund 80 Wie einer Reihe von Lesern sicherlich Prozent (7 Mio.) der Schweden sind bekannt, wurde im Jahr 2001 von den Angehörige der Schwedischen [Lu- Jesuiten und den Mitarbeitern in der therischen] Kirche. Ungefähr 70 Pro- Redaktion der Zeitschrift Signum das zent der Kinder werden in dieser Newmaninstitut gegründet, eine ka- Kirche getauft, etwas mehr als 50 tholische Ausbildungsstätte, welche Prozent aller Trauungen finden in die- Hochschulkurse in katholischer Theo- ser Kirche statt, fast 90 Prozent der logie, Philosophie und Kultur anbietet. Schweden werden christlich beerdigt. Das Newmaninstitut ist Teil eines Jedoch: Nur 10 Prozent der Schweden Netzwerkes Philosophisch-Theologi- halten Religion im Alltagsleben für scher Hochschulen in Europa und den wichtig. Außerdem fehlt es der schwe- USA. Das Institut bietet sowohl in dischen lutherischen Kirche an einem Uppsala als auch in Stockholm ein klaren Profil: Im ethischen Bereich reichhaltiges Programm an, das aus und in den Fragen der Sinngebung Vorlesungen, Seminaren und Konfe- des Lebens gibt sie für viele Menschen renzen besteht. Vorbild für die Arbeit keine Antworten auf deren Fragen. des Newmaninstitutes ist sein Na- Dagegen wird die katholische Kirche mensgeber: Kardinal John Henry immer wieder von Suchenden als Newman (1801-1890). kompetente Autorität in diesen Fragen Im Frühjahr 2007 hat das Newman- wahrgenommen. So ist es nicht ver- institut bei der schwedischen Regie- wunderlich, dass nach wie vor eine für rung den Antrag gestellt, dass die an uns beachtliche Zahl von Schweden ihm abgelegten Examina staatlich an- die Konversion zur katholischen Kir- erkannt werden. Sollte dieses Exa- che wählt. Eine Form der Antwort auf mensrecht schon im Laufe des Jahres diese pastorale Herausforderung ist 2007 bewilligt werden, kann das die Weiterentwicklung und Struktu- Newmaninstitut ab Herbst 2008 fol- rierung der Tauf- und Konversionsvor- gende Studien anbieten: bereitung für Erwachsene. Seit Herbst 2006 ist man in der Diözese damit be- ● Eine fünfjährige, kirchlich anerkann- schäftigt, neue Modelle zu entwerfen, te philosophisch-theologische Aus- wie die Konversions- und Taufkate- bildung für Priesteramtskandidaten: chese besser koordiniert und vor allen zwei Jahre Philosophie, drei Jahre Dingen besser gestaltet werden kann. Theologie, wobei das dritte Jahr Man orientiert sich an Vorbildern aus Theologie in Rom absolviert werden den USA, Frankreich und Deutsch- soll.

54 Bistum Stockholm

● Ein fünfjähriges, vom schwedischen Das Newmaninstitut ist 2006 in ein Staat anerkanntes philosophisch- neues, geräumiges Gebäude umgezo- theologisches Studium, vergleichbar gen, das die Jesuiten fast unmittelbar mit dem deutschen Diplomstudien- gegenüber der St. Lars-Gemeinde gang in Theologie. erwerben konnten. Dort wird vom Studienjahr 2009/10 an auch das ● Ein reichhaltiges Angebot an Priesterseminar des Bistums Stock- Einzelkursen, die sich Studenten holm einziehen. Neuer Rektor dieses auch an der Universität in Uppsala Priesterseminars ist Msgr. Göran oder anderen Studienorten anrech- Degen, seit 1993 Pfarrer in der Christ- nen lassen können. königs-Pfarrei in Göteborg Er löst Msgr. Miroslaw Dudek ab, der bislang für die Ausbildung der Priesteramts- Das für Schweden Einzigartige an die- kandidaten in der Diözese zuständig ser Ausbildung ist deren Fokus auf war. Uppsala wurde aufgrund seiner katholische Theologie. Enthalten sind einzigartigen akademischen und kul- in den Ausbildungsgängen auch Kurse turellen Prägung als Ausbildungs- und in christlicher Literatur, Architektur Studienort für die Priesteramtskan- und Musik. didaten in Schweden ausgewählt. Für

55 Bistum Stockholm sie ergibt sich gleichzeitig die dem Element gefeiert wird. Möglichkeit, in der Pfarrei St. Lars vor Die meisten orientalischen Christen Ort pastoral mitzuarbeiten. Mit dem unterstehen, mit Ausnahme der grie- Ausbau des Newmaninstitutes sowie chisch-katholischen Ukrainer, der Diö- mit dem Umzug des Priesterseminars zese Stockholm. Für die „Orientalen“ wird Uppsala als wichtiger Standort ist ein eigenes Vikariat zuständig, wel- der katholischen Kirche in Schweden ches sich um die besonderen seelsorg- weiter gestärkt. lichen und kirchenrechtlichen Fragen Weitere Informationen zum Newman- dieser nicht unbedeutenden Gruppe institut im Internet unter in der Diözese kümmert. Insbesonde- www.newman.se re die Christen aus dem Irak strömen nach wie vor nach Schweden. Die Die multikulturelle Kirche Einwanderungsbehörden sind bei ira- Die katholische Kirche in Schweden kischen Flüchtlingen besonders groß- hat in den letzten Jahrzehnten immer zügig: Im Jahre 2006 sind etwa 9000 wieder neue Einwanderergruppen Iraker hierher gekommen, allein im aufgenommen und Start- und Integra- Jahre 2007 kamen von Januar bis April tionshilfen angeboten. Neben offiziel- monatlich zwischen 1500 und 1600 len Institutionen wie der Caritas waren Flüchtlinge. Da ein Großteil dieser und sind es immer noch Pfarrer, Or- Flüchtlinge Christen sind, die meisten densleute und Mitglieder der einzel- von ihnen Chaldäer, ist dies für die nen Gemeinden, die Flüchtlingen und Diözese Stockholm eine große perso- anderen Einwanderern helfen, in nelle und finanzielle Herausforderung. Schweden und in der katholischen Viele irakische Christen wohnen darü- Kirche eine neue Heimat zu finden. ber hinaus konzentriert an drei ver- Durch den Beitritt Polens in die EU schiedenen Orten: in Södertälje, gibt es eine stetig wachsende Anzahl Eskilstuna oder Västerås. In Södertälje von Polen, die nach Schweden ein- soll demnächst eine eigene Kirche für wandern. Aber auch andere Gruppen die Chaldäer gebaut werden (vgl. benötigen besondere seelsorgliche Jahrbuch 2006, S. 50-53), und aus dem Unterstützung: Seit einigen Jahren ha- Irak werden in nächster Zeit neue ben wir in der Diözese nigerianische Priester erwartet, die die beiden schon Priester, seit ein paar Monaten auch in Schweden lebenden Priester in der Schwestern aus Nigeria, die sich ins- Seelsorge unterstützen werden. besondere um die steigende Zahl afri- kanischer Katholiken kümmern. So Abschied von Bischof Kenney gibt es seit Winter 2006 einmal im Weihbischof William Kenney verließ Monat in der S:ta Eugenia-Kirche eine Ende des Jahres 2006 die Diözese „afrikanische Messe“, mit afrikani- Stockholm, um am 1. Dezember 2006 schem Gesang und liturgischen Ele- seine neue Aufgabe als Regional- menten aus Afrika, die jedoch in bischof in der Diözese Birmingham, schwedischer Sprache als verbinden- zu übernehmen. Zuvor, am 26. No-

56 Bistum Stockholm

von Stockholm das Leben und die Bedeutung Königin Josefinas für Schweden und die katholische Kirche beleuchtet. Ehrengast dort war die Schwester des schwedischen Königs Carl XIV. Gustav, Prinzessin Christina. Königin Josefina hat für die katholi- sche Kirche in Schweden in schwieri- ger Zeit sehr viel Gutes getan. So wur- de auf ihr Betreiben hin die erste ka- tholische Gemeinde seit der Reforma- tion im damaligen Königreich Schwe- den-Norwegen errichtet: St. Eugenia. Die Kirche befand sich in der Norra vember, hieß es, von Bischof Kenney Smedjegatan und musste in den sech- Abschied zu nehmen. Aus diesem ziger Jahren des 20. Jahrhunderts der Anlass fand ein feierliches Hochamt in Stadtsanierung weichen. Nachdem der St. Eriks-Domkirche statt. Bischof Josefina 1844 Königin wurde, hat sie Kenney nahm viele Aufgaben für die sich insbesondere für soziale Refor- Nordische Bischofskonferenz wahr, men und mehr Glaubensfreiheit in von denen an anderer Stelle dieses Schweden eingesetzt. Darüber hinaus Jahrbuchs die Rede ist (S. 16f.). In der gründete sie das Josefinaheim in Diözese Stockholm bleibt vor allen Dingen sein großes Engagement für soziale Fragen, insbesondere für Caritas Schweden in Erinnerung. 200. Geburtstag von Königin Josefina Am 14. März 2007 jährte sich zum zweihundertsten Mal der Geburtstag von Königin Josefina, einer bayeri- schen Prinzessin, die durch ihre Heirat mit dem damaligen Kronprinzen Oscar nach Schweden kam. Aus die- sem Anlass fand am selben Tag eine Messe in der Domkirche von Stock- holm im Beisein von Kronprinzessin Viktoria statt, einer Ur-Ur-Urenkelin Königin Josefinas. Ein paar Tage zuvor wurden auf ei- nem Symposion in der Alten Börse

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Bromma und das Pflegeheim Oscar I (Oscarsminne). Wäh- rend im Josefinaheim immer noch Elisa- bethschwestern tätig sind, sind es in Os- carsminne die Sera- fimschwestern aus Polen, die sich dort um die älteren Men- schen kümmern.

Weitere Jubiläen lischen Publikationen verdienstreiche Unter den vielen Jubiläen, die 2006 Institution feierte im April 2007 ihr und 2007 in der Diözese Stockholm 100-jähriges Bestehen. Aufgabe die- begangen wurden, seien an dieser ses Vereins ist es, die Herausgabe und Stelle, stellvertretend für alle, zwei den Druck katholischer Literatur zu erwähnt: fördern. Gefeiert wurde dieses Jubiläum mit einem Gottesdienst in In vielen katholischen Büchern in der S:ta Eugenia-Kirche in Stockholm Schweden findet man auf der inneren unter dem Vorsitz von Bischof Anders Umschlagseite den Hinweis: „Ge- Arborelius und einer anschließenden druckt mit Hilfe des Birgittavereins“. Festakademie. Es erschien eine eige- Diese für die Herausgabe von katho- ne Festschrift, in der auch der bedeu-

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Bischof Arborelius zeichnete verdiente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Birgittavereins mit der Medaille „Ora et labora“ aus.

tende finanzielle Beitrag der deut- Jugendarbeit schen Ansgarwerke ausführlich Die Diözese Stockholm hat einen gewürdigt wurde. lebendigen und aktiven Jugendver- band „SUK“ = Sveriges Unga Katoliker. Ein weiteres nennenswertes Jubiläum In einer Reihe von lokalen Vereini- ist der 75. Jahrestag der Ankunft der gungen und Jugendgruppen ist eine Schulschwestern von Notre Dame in große Zahl von Jugendlichen aktiv. Schweden. Diese Schwestern haben Nachdem die schwedischen jungen die Notre Dame-Schule in Göteborg Katholiken im Sommer 2005 so herz- und die St. Eriks-Schule in Enskede lich von den deutschen Katholiken aufgebaut, sowie ein Internat und ein anlässlich des Weltjugendtages in Köln Pflegeheim. Leider ist ein Großteil aufgenommen wurden, fand im der Schwestern in den letzten Jahren August 2006 eine Jugendwallfahrt aus Altersgründen nach Deutschland nach Vadstena statt. zurückgekehrt. Jedoch gibt es noch Viele katholische Kinder und Jugend- eine kleine Kommunität in Nacka, liche sind häufig die einzigen Ka- südlich von Stockholm. tholiken in ihrer Schulklasse. Da ist es nicht so einfach, im Alltag seinen

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Glauben zu leben. Die Wallfahrt ist Struktur geht weiter: Jüngstes deshalb mittlerweile zu einer wichti- Beispiel ist die Gründung einer klei- gen Institution für die Jugendarbeit in nen Gemeinde in Östersund in Schweden geworden, gibt sie doch Jämtland, nicht weit entfernt vom den jugendlichen Katholiken die Mö- international bekannten Skiort Åre. glichkeit, Gemeinschaft zu erleben Pater George, der ursprünglich aus und zu merken: mit meinem Glauben Indien stammt und einige Zeit Pfarrer bin ich nicht allein. Auf der Jugend- in Sundsvall war, ist vor einiger Zeit wallfahrt in Vadstena gab es eine dorthin gezogen, um die Pfarrei auf- Reihe von Workshops und Diskus- zubauen. sionsveranstaltungen zu Glaubens- fragen und gesellschaftspolitischen Nachdem das Benediktinerinnen- Themen. Zur Förderung von Priester- kloster in Mariavall in Südschweden und Ordensberufungen gab es Infor- zur Abtei erhoben wurde, wählten mationsstände einzelner Orden und am 2. Januar 2007 die Schwestern Kongregationen, die über ihre Spiri- des Klosters Mutter Tyra zu ihrer tualität und ihre Tätigkeiten informier- Äbtissin. Mutter Tyra war die Priorin ten. Zum Abschluss der Jugendwall- des Klosters seit 1964, zu dieser Zeit fahrt wurde in Vadstena eine Festmes- noch eine Einrichtung der schwedi- se gefeiert, bei der Erzbischof Giovan- schen lutherischen Kirche. Im Jahre ni Tonucci, der Apostolische Nuntius 1984 konvertierten die Schwestern für die nordischen Länder, den Vorsitz zum Katholizismus. Am 21. April hatte. wurde Mutter Tyra in der Abteikirche von Bischof Anders Arborelius unter Vom 30. Juli bis 5. August 2006 nahm dem Beisein einer großen Anzahl eine Gruppe von etwa 30 Ministranten von Gästen aus Schweden und dem an der internationalen Ministranten- Ausland zur Äbtissin geweiht (vgl. wallfahrt in Rom teil. Die Ministranten den ausführlichen Bericht S. 63-70). aus Stockholm waren zusammen mit Ministranten aus Island die einzigen Auch das alte Zisterzienserkloster nordischen Teilnehmer. Nach ihrem von Nydala bei Värnamo in Småland Aufenthalt in Rom unternahmen die soll wieder zum Leben erwachen: In Schweden auf den Spuren des heili- der Reformationszeit war dies aufge- gen Franziskus noch eine kleine hoben und zerstört worden. Auf Pilgerfahrt nach Assisi. Initiative von Lokalpolitikern wird sich jetzt eine Zisterzienserkongrega- Priester und Ordensleute tion aus Italien in unmittelbarer Nähe In den letzten Jahrzehnten wurden in der Klosterruinen auf einem alten der Diözese Stockholm immer wie- Gutshof niederlassen. der neue Kapellen und Kirchen gebaut und Gemeinden errichtet. Dieser Ausbau der kirchlichen

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Soziales Engagement Desweiteren haben die Jesuiten einen Der schwedische Sozialstaat genießt schwedischen Zweig des Jesuit vor allem im Ausland einen guten Ruf Refugee Service = JRS ins Leben geru- und wird in Debatten um Gesundheits- fen. 1980 gründete der damalige reformen in europäischen Ländern Generalobere der Jesuiten, P. Pedro immer wieder als Vorbild genannt. Arrupe SJ, in Rom den Jesuiten- Dennoch gibt es in Schweden auch Flüchtlingsdienst. Heute gibt es soziale Probleme, und es gibt nicht Stützpunkte und Projekte des JRS in Wenige, insbesondere Migranten und mehr als 50 Ländern. Entsprechend allein erziehende Mütter, die sehr seinem Auftrag begleitet der JRS schnell durch das soziale Netz fallen. Flüchtlinge und Migranten und tritt für Deshalb engagiert sich die katholische ihre Rechte ein. In der Eugeniage- Kirche in Schweden, zusammen mit meinde Stockholm gibt es bisher ein anderen Wohlfahrtsorganisationen, in kleines Freiwilligenprojekt, welches diesen Fragen. Es ist nicht auszuschlie- sich um Personen kümmert, die sich ßen, dass das Engagement der katholi- in der Abschiebehaft befinden. Die schen Kirche in diesem Bereich in den Freiwilligen von JRS bieten dort nächsten Jahren steigen wird, zumal Gespräche sowie Seelsorge für die Staat und Kommunen mehr und mehr Abschiebehäftlinge an und vermitteln bereit sind, im sozialen Sektor auf nicht Rechts- und Sozialhilfe. öffentliche Partner zu setzen. Die Organisation Respekt, die katholi- Caritas Schweden wird jetzt mit sche Lebensrechts-Bewegung in neuem Konzept und neuen Arbeits- Schweden, die dafür arbeitet, dass die aufgaben weitergeführt. War bis vor Würde des menschlichen Lebens von kurzem die Hauptaufgabe von Caritas der Empfängnis bis zum natürlichen Schweden die Förderung und Betreu- Tod gewahrt wird, nimmt in letzter ung von Entwicklungshilfeprojekten, Zeit vermehrt an der gesellschaftlichen so wird man sich, nach einem länge- Debatte der Gesellschaft zu Fragen der ren Umstellungsprozess, in Zukunft Abtreibung, des Ehebegriffs, der Eu- wieder mehr auf Sozialprojekte im thanasie und der Stammzellenfor- Inland konzentrieren. schung teil. Respekt hat zu diesen The- men im letzten und in diesem Jahr 2006 wurde in Göteborg die schwedi- eine Reihe von Veranstaltungen durch- sche Franziskushilfe ins Leben geru- geführt. fen, welche sich für Menschen in Not, insbesondere für Obdachlose und Um in Zukunft die sozial- und gesell- alleinerziehende Mütter, einsetzt. Die schaftspolitische Arbeit in der katholi- Arbeit der Franziskushilfe basiert auf schen Kirche koordinieren zu können, dem Einsatz von Volontären, darunter wurde im Winter 2007 von Bischof Priester, Diakone, Ärzte und Psycho- Anders Arborelius das soziale und logen. internationale Forum der katholischen

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Kirche in Schweden ins Leben gerufen. und der dortigen Jesuiten-Kommunität Mitglieder im Forum sind eine Reihe angehört, auf Bitte von Bischof kirchlicher Organisationen der Diö- Arborelius die Aufgabe eines zese, die entweder in sozialen oder in Chronisten für unser Jahrbuch über- ethischen Fragen engagiert sind. Ziel nommen hat. des Forums ist es, das gesellschaftspo- P. Hermann, der aus Lüdinghausen litische Profil der katholischen Kirche stammt, ist 1995 in den Jesuitenorden in der schwedischen Zivilgesellschaft eingetreten; seine philosophisch-theolo- zu stärken. gischen Studien absolvierte er in Inns- bruck, Frankfurt (St. Georgen) und P. Christoph Hermann SJ Paris. Außerdem studierte er im Rah- men seiner Ordensausbildung Poli- tische Wissenschaften und Volks- Wir freuen uns, dass P. Christoph wirtschaftslehre an den Universitäten Hermann SJ, der am 25.11.2006 in Uppsala und Kopenhagen. der S:ta Eugenia-Kirche zum Priester Er ist derzeit Kaplan in der Pfarrei S:ta geweiht wurde (auf dem Foto links) Eugenia in Stockholm.

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Simul omnia complecti Mutter Tyra Antonia zur ersten Äbtissin von Mariavall geweiht

Ca. 1.200 km beträgt die Fahrstrecke, seeküste entlang Richtung Ystad führt. wenn man mit dem Auto von Köln Zum Glück war das herrliche Sommer- nach Mariavall und zurück will und wetter, das uns den ganzen April in sich über die Ostsee der Fähre anver- Deutschland beschert war, just an die- traut. Dank der nächtlichen Überfahr- sem Morgen mit über die Ostsee ge- ten schafft man dies ohne Strapaze in kommen: Die aufgehende Sonne ver- zwei Tagen. Man nimmt freilich in goldete das Meer, außer einigen See- Kauf, dass sich die Eindrücke solcher vögeln und einsamen Anglern schien „Blitzreisen“ überstürzen. noch alles im Schlaf. Während in Norddeutschland bereits große Raps- Der Verfasser dieses Berichtes war er- felder goldgelb leuchteten und auch staunt, wie dicht der Verkehr an einem sonst vieles in üppiger Blüte stand, späten Freitagnachmittag nicht nur um war dies in Skåne noch nicht der Fall. Hamburg selbst, sondern besonders Draußen war es noch frisch, 4°C, aber auf der Strecke Hamburg-Lübeck war. der wolkenlose Himmel vermittelte Aber als sich die Autobahn teilte, fuh- eine Ahnung von Sommer. ren die meisten in Richtung Puttgar- den, so dass von den Autoschlangen, Da man wegen der Geschwindigkeits- wie man sie sonst in Ferienzeiten vor begrenzungen oft nur maximal 70 der Fähre in Travemünde kennt, keine km/h fahren darf, zieht sich der Weg Spur war. Die große Fähre „Peter Pan“, von Trelleborg nach Mariavall ca. eine die als achtgeschossiges Hochhaus mit Stunde. Vor Ystad verlässt man die ihrem Schwesterschiff „Nils Holgers- Landstraße Nr. 9 und fährt die Land- son“ zwischen Travemünde und straße Nr. 19 Richtung Tomelilla/ Trelleborg hin und her pendelt, legte Kristianstad weiter. Passiert man das pünktlich um 22.00 Uhr ab, war aber Dorf Fågeltofta, heißt es „Achtgege- nur mäßig besetzt. Nach völlig ruhiger ben!“. Denn wenn linker Hand Bond- Fahrt legte das Schiff am Samstag, 21. rum auftaucht, ist es nicht weit bis April 2007, um 7.30 Uhr in Trelleborg zum Hinweisschild „Mariavall“, wo an. man scharf von der geteerten Landstraße auf einen nicht geteerten Man staunt, wie schnell zumindest die Zufahrtsweg einbiegen muss, um nach Pkws solch ein großes Schiff verlassen etwa 300 m des Klosters ansichtig zu und sich dann bald verlieren: Die werden, das dort in den zu Schloss meisten nehmen die Autobahn via Kronovall gehörenden Wäldern errich- Malmø in Richtung Norden, während tet wurde. der Weg nach Mariavall an der Ost- Die päpstliche und die schwedische

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wenige Kilometer außerhalb Aachens) hat ihn in Stein geschlagen, in einer von P. Johannes van de Laan, auf des- sen Pläne auch Mariavall zurückgeht, entworfenen Schrift. Die Tafel soll über dem Eingang zum Kloster ange- bracht werden. Da jeder weiß, wie viel Vorbe- reitungen ein großes Fest verlangt, zieht sich der Besuch vorab zurück. Der Weg zur Küste ist nicht weit; dort lädt das freundliche Simrishamn zu einem Besuch ein; für eine Fahrt nach Flagge sind bereits aufgezogen. Ein Bornholm reicht die Zeit natürlich Festzelt ist aufgebaut, im Hintergrund nicht, wohl aber zu einem Spazier- liegen Baumaterialien für die Um- gang durch den schönen Ort und so- stellung der Ölheizung auf Holz- gar für eine gute Stunde am Meer, wo Pellets, ein Projekt, das sich auch bei den Verfasser immer wieder die roten, uns in zunehmendem Maße des grauen und ockerfarbenen Steine fas- Interesses von Bauherren erfreut. zinieren, die an bestimmten Stellen angeschwemmt werden. Schade, dass man nicht für ein paar Wochen hier Natürlich hat man das Auto aus bleiben und die Ruhe des Klosters und Deutschland sofort entdeckt, Sr. Lau- die Weite des Meeres miteinander ver- rentia, die Priorin, eilt hinzu. Mutter binden kann, an dessen Strand außer- Tyra wird geholt - fast fünf Jahre sind vergan- gen, seit wir uns zuletzt gesehen haben. Nach einem herzlichen Will- kommen und einem handfesten Frühstück wird das Mitgebrachte ausgeladen, vor allem die „PAX-Tafel“, ein Stein mit dem uralten Gruß, den auch der hl. Benedikt und alle, die seiner Regel folgen, übernommen haben. Frater Leo Disch aus der Abteil Vaals/NL (nur

64 Bistum Stockholm halb der Hochsaison eigentlich immer nur ganz wenige Menschen sind.

Bei der Rückkehr zum Kloster ist die Zufahrt gesperrt; eine Wiese dient als Parkplatz für die Gäste, die nach und nach eintreffen und von freundlichen Helfern begrüßt werden. 250 Perso- nen sind geladen, mehr finden in der Klosterkirche leider nicht Platz, Äbtis- sinnen und Schwestern anderer Klöster natürlich, die Geschwister von Mutter Tyra, Freunde des Klosters, die Nachbarn selbstverständlich, soweit der Raum Platz bietet. Für jeden ist ein Platz reserviert, für jeden ein Heft mit den liturgischen Texten gedruckt.

Ein spitzer, viereckiger Damenschild zeigt auf blauem Grund ein silbernes Kleeblattkreuz; hinter dem Schild ein goldener Äbtissinnenstab mit Tuch, dem sog. Sudarium. Unter dem Schild der Wahlspruch der Abtei "ECCE ANCILLA DOMINI". Dieses Wappen hat eine lange Geschichte: Schon 1961 wurde es von Mutter Magdalena für die von ihr ge- gründete Jesu Moder Marias Systraskap angenommen und von ihrer Nach- folgerin und der jetzigen Kommunität im Jahre 1988 für Jesu Moder Marias Kloster vervollständigt. Der Schild stammt von dem 1919 in schwedisch- lutherischem Bistum gegründe- ten Sodalitium Confessionis Apostoli- cae. Er wurde zum Ordenszeichen In der Zeit vor Beginn des Gottes- jener Frauengemeinschaft, deren erste dienstes finden das Wappen der Abtei Schwestern 1958 ihre Gelübde in und der Wahlspruch der Äbtissin Malmø ablegten. Diese Schwestern- besondere Aufmerksamkeit. gemeinschaft zog 1969 von Malmø

65 Bistum Stockholm nach Östra Sönnarslöv, nachdem sie PLECTI. Damit weist die neue Äbtissin sich zu einem Nonnenkloster entwick- auf das monastische Bestreben hin, elt hatte, das nach der Regel des hl. das eigene Bewusstsein zu vertiefen Benedikt lebte. Dieses Kloster wurde und alles in eins zusammengefasst zu 1983 in das katholische Bistum Stock- sehen. holm aufgenommen und der benedik- Vom hl. Benedikt berichtet sein tinischen Konföderation angeschlos- Biograph, der hl. Gregor: „Die gesam- sen. Das Patronatsfest des Klosters ist te Welt wurde ihm wie in einem einzi- der 25. März, das Hochfest der Ver- gen Sonnenstrahl zusammengefasst kündigung des Herren; darauf bezieht vor Augen geführt ... Dass die Welt vor sich der Wahlspruch „Siehe, ich bin seinen Augen in eins zusammenge- die Magd des Herrn“ (Lk 1,38). Die fasst wurde, bedeutet nicht, dass blaue Farbe ist die der Gottesmutter. Himmel und Erde sich verkleinerten, sondern dass sich des Sehers Seele Dem Wappen der Abtei entspricht das weitete.“ Wappen der neuen Äbtissin, in dem Auf dem Erinnerungsbild an die Äbtis- allerdings deren eigener Wahlspruch sinenweihe ist diese Szene in einer enthalten ist: SIMUL OMNIA COM- Buchmalerei dargestellt.

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Pünktlich um 16.00 Uhr öffnete sich weihe hielt. Auf die von Sr. Laurentia, die Tür zum Kreuzgang. Zu einem der Priorin, vorgetragene Weihebitte Präludium von Orgel und Alt-Block- folgte die Erfragung der Bereitschaft flöte zog der Konvent der Schwestern von Mutter Tyra: von Mariavall ins Chorgestühl, wo die anderen Schwestern und Frater Bischof: „Liebe Mutter Tyra Antonia, Caesarius, der Leiter des lutherischen bevor ich Ihnen die Weihe erteile, Mönchsklosters Östanbäck, bereits frage ich Sie: Wollen Sie Ihre Platz genommen hatten. Zum Gesang Profess in Treue leben gemäß der des Introitus „Suscepimus" zogen dann Regel des hl. Benedikt und dazu der Diakon und die Priester ein, auch Ihre Mitschwestern anleiten?“ Mutter Tyra wurde geleitet von Abt Äbtissin: „Ja.“ Anno Schoenen, dem Abtpräses der Bischof: „Wollen Sie durch Ihre Le- Beuroner Kongregation, und dem bensweise alle dazu einladen, ge- Verfasser dieses Beitrags, gefolgt von mäß dem Evangelium Gott und sei- Bischof Anders Arborelius, der die nen Nächsten mit ungeteiltem Liturgie leitete und die Äbtissinenwei- Herzen zu lieben?“ he vornahm. Äbtissin: „Ja.“ P. Ingmar Svanteson hatte als Zere- Bischof: „Wollen Sie der heiligen Kir- moniar alles ganz genau vorbereitet, che allezeit dienen und Papst die Ministranten taten in dieser selte- Benedikt sowie seinen Nachfolgern nen Liturgie ihr Bestes. Treue, Gehorsam und Ehrfurcht erweisen?“ Leider kann hier nicht die Ansprache Äbtissin: „Ja.“ des Bischofs wiedergegeben werden, Bischof: „Wollen Sie Ihrem Bischof, die er vor Erteilung der Äbtissinnen- gemäß dem kanonischen Recht und

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den Konstitutionen Ihres Ordens, in Zur Allerheiligen-Litanei, mit der bei der Leitung Ihres Klosters Gehor- allen Weihehandlungen und auch vor sam erweisen?“ Ablegung der Ordensgelübde die Äbtissin: „Ja.“ Hilfe und Fürsprache der Heiligen Bischof: „Wollen Sie durch Ihr Beispiel, angerufen wird, legte sich Mutter Tyra mehr durch Tun als durch Worte, vor dem Altar flach auf den Boden. Ihre Schwestern unterweisen?“ Dieser Gestus der Prostratio und das Äbtissin: „Ja.“ entsprechende Bild bedürfen wohl Bischof: „Wollen Sie Ihre Schwestern keines Kommentars. anleiten, der monastischen Tradi- tion treu zu bleiben, so dass das Es folgte das Segensgebet: kontemplative Leben dem Volk Gottes eine unentbehrliche Kraft- „Wir preisen dich, quelle im Verborgenen wird?“ Gott, allmächtiger Vater: Äbtissin: „Ja, das will ich mit Gottes Denn du hast deinen Sohn in die Hilfe.“ Welt gesandt, damit er den Menschen diene und als der gute Hirt Bischof: „Dazu helfe Ihnen der Herr sein Leben hingebe für seine Herde. mit seiner Gnade; er beschütze und Wir bitten dich: behüte Sie immer und überall." Segne + und stärke deine Dienerin, Alle: "Amen." Mutter Tyra Antonia,

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die zur Äbtissin und ihre Schwestern lehren, dieses Klosters erwählt ist. ihn über alles zu lieben. In deiner Kraft So werden sie auch, sei sie allen ein Vorbild wenn er dann kommt im klösterlichen Leben; am Jüngsten Tag, in deiner Gnade gemeinsam Anteil erhalten sei sie würdig des Namens an deinem Reiche. „Äbtissin“, Darum bitten wir durch ihn, den sie von nun an tragen wird. Jesus Christus, deinen Sohn, Das Wort ihrer Weisung unsern Herrn und Gott, wirke als Sauerteig der in der Einheit des Heiligen Geistes in den Herzen ihrer Schwestern, mit dir lebt und herrscht damit sie deinem Willen in alle Ewigkeit.“ in allem folgen. Alle: „Amen.“ Allezeit bedenke sie, welch schweres und mühevolles Amt Danach überreichte der Bischof Mutter sie übernommen hat: Tyra die Regel des hl. Benedikt, den Menschen auf dem Weg des Heiles Ring und den Stab, das offensichtlich- zu führen ste Zeichen ihres neuen Amtes. Als die und der Eigenart vieler zu dienen; neugeweihte Äbtissin am Ende der hl. sie wisse, Messe mit dem Stab in der Hand an dass sie mehr vorsehen der Spitze ihres Konventes durch die als vorstehen soll. Kirche schritt, applaudierten spontan Gib ihr ein wachsames Herz, alle Anwesenden. damit sie keine von denen verliere, die du ihr anvertraust. Unter der Führung deines Geistes trage sie Sorge für alles. Sie halte Maß und treffe ihre Weisungen so, dass ihre Schwestern wachsen in der Liebe zu Christus und zuein- ander und den Weg deiner Gebote mit weitem Herzen laufen. Erfülle deine Dienerin, Herr, mit den Gaben deines Geistes, damit sie sich zusammen mit ihren Schwestern dem Lob deiner Herrlichkeit hingebe und dem Dienst an deiner Kirche. Sie soll Christus nichts vorziehen

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Zu den Gästen gehörte auch Mutter Karin. Sie ist seit 1991 Äbtissin des Birgitta-Klosters in Vadstena. Nach der Rückkehr der im Zuge der Reformation vertriebenen Birgitta- Schwestern war Vadstena vom 1963 bis 1987 zunächst abhängiges Priorat des niederländi- schen Klosters Uden; 1987 wurde das Kloster selbständiges Priorat, 1991 Abtei, so wie es für die Klöster des mittelalterlichen Zweiges des Birgitta-Ordens die Regel darstellt. Alle Fotos in diesem Beitrag: R. Nürnberg.

Die Konzentration der Liturgie münde- Vielleicht ist das eine oder andere te in die Herzlichkeit der vielen per- davon in den Ansprachen zu Wort sönlichen Gratulationen, die die Gäste gekommen. im Festzelt der neugeweihten Äbtissin Der Berichterstatter konnte diese aller- zuteil werden ließen. Hier wurde für dings nicht mehr anhören, musste er einen Augenblick bei jedem einzelnen doch unter Beachtung der Ge- gegenwärtig, wie viele und unter- schwindigkeitsbegrenzungen den Weg schiedliche Lebensgeschichten mit zurück nach Trelleborg nehmen, wo dem Kloster, seiner Äbtissin und den pünktlich um 22.00 Uhr das Fährschiff Schwestern im Laufe der Jahre verbun- „Nils Holgersson“ Richtung deutsche den sind. Und wie durch die Schwes- Küste ablegte. tern Mariavall zu einem geistlichen Alle, die bei diesem großen Fest zuge- Zentrum für Südschweden geworden gen sein durften, werden unvergessli- ist, einem ganz wichtigen Ort in der che Eindrücke mitgenommen haben. geistlichen Topographie des Bistums Stockholm. Günter Assenmacher

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schichtlichen Hintergrund der Wieder- Für Sie gelesen entdeckung und Erneuerung vielfälti- ger Formen gemeinsamen Lebens mit Bindung an die evangelischen Räte im Raum des deutschsprachigen Protes- Bernd Jaspert, Mönchtum und tantismus interessieren, sei das monu- Protestantismus. Probleme und mentale Werk von Bernd Jaspert vor- Wege der Forschung seit 1877 = gestellt; es ist auf fünf Bände geplant, Regulae Benedicti Studia, von denen die beiden ersten vorlie- Supplementa 11 bzw. 15. EOS- gen. Verlag, St. Ottilien 2005/2006. Band 1, 601 Seiten, geb., 72 Euro; Jaspert, evangelischer Pfarrer, Band 2, 1080 Seiten, geb., 78 Euro. Studienleiter der Evangelischen Aka- demie Hofgeismar und früher Kennen Sie Jürgen Johannesdotter? Er Lehrbeauftragter an der Universität ist derzeit Landesbischof der Evange- Marburg, ist ein äußerst fleißiger lisch-Lutherischen Landeskirche Wissenschaftler und Autor. Seine bis Schaumburg-Lippe mit Sitz in zum Jahr 1995 reichende Bibliogra- Bückeburg und Beauftragter der evan- phie in der ihm zum 50. Geburtstag gelischen Kirche für die „Kommuni- gewidmeten Festschrift Wandel und täten“, dort auch „Schwestern-/Bruder- Bestand. Denkanstöße zum 21. schaften“ genannt, das Pendant unse- Jahrhundert. (Paderborn 1995) rer „Ordensgemeinschaften“. umfasst 2273 Eintragungen! Jaspert Wussten Sie, dass es im Bereich der hat nicht nur eine Reihe von Evangelischen Kirche in Deutschland Editionen und Forschungen vorge- davon etwa 60 gibt? legt, die die evangelische Theologie- Die Benediktinerinnen-Klöster Maria- und Kirchengeschichte betreffen, er vall bei Tomelilla und das Heliga ist auch weit über den evangelischen Hjärtas-Kloster bei Vadstena sind aus Raum hinaus bekannt als Experte für solchen „Kommunitäten“ hervorge- die Geschichte des Mönchtums. gangen, die in der lutherischen Kirche Seine Bibliographie der Regula Schwedens entstanden waren. Auch Benedicti 1930-1980 (Hildesheim Pater Ingmar OSB, derzeit einziger 1983) und seine umfangreiche Benediktiner in Südschweden, war Darstellung Die Regula Benedicti - vor seiner Konversion Mitglied einer Regula Magistri - Kontroverse solchen „Kommunität“, die auch heute (Hildesheim 1975, ²1977) gehören zu noch besteht, Östanbäck bei Sala. den Standardwerken. Etliche Jahre war Aber waren durch die Reformation er Präsident der seit 1971 durchgeführ- Klöster nicht erledigt, abgeschafft? War ten Regula Benedicti-Kongresse; er ist das Thema Mönchtum und Kloster im Mitherausgeber der entsprechenden protestantischen Raum nicht tabu? Tagungsbände und Studien. Allen, die sich für den theologiege- Jaspert hat es nun unternommen,

71 Bistum Stockholm nach einer kenntnisreichen Einlei- de Zusammenfassungen der beson- tung und einer Zusammenfassung deren Bedeutung der Beiträge der der Positionen der Reformatoren behandelten Gelehrten. Luther, Melanchthon, Zwingli und Calvin durch eigene Werkportraits Jaspert will gewiss niemanden davon die Ansätze, Wege und Probleme der abbringen, die von ihm herangezo- einschlägigen Forschungen im Be- genen Werke im Original zu lesen; er reich der hierin maßgeblichen will auch gar nicht diese Lektüre deutschsprachigen evangelischen überflüssig machen, aber wenn man Theologie darzustellen. einmal „stichprobenhaft“ seine Dar- Er beginnt mir dem Kirchenhistoriker stellung von Werken liest, die man Hermann Weingarten, der 1877 die selber kennt, findet man sie so her- Echtheit der Vita Antonii des hl. vorragend zusammengefasst, mit so Athanasius bestritt und damit eine großer Sachkenntnis erläutert und so Beschäftigung mit dem Mönchtum zurückhaltend bewertet, dass man es auslöste, die es so intensiv im protes- sich kaum besser wünschen könnte. tantischen Raum zuvor nie gegeben Dies ist über diesen großen Zeitraum hatte. Es kam zu einer wahren Flut hinweg, in Anbetracht der Vielzahl von Publikationen. Neben berühm- der Autoren und der Vielfalt der ten Namen wie Adolf von Harnack, Themen und literarischen Genera Reinhold Seeberg, Karl Holl und alles andere als eine Selbstver- Ernst Troeltsch stehen im I. Band ständlichkeit. Nun: hier schreibt eben auch weniger bekannte Autoren wie ein Kenner seines Faches. Und es Ernst Lucius, Albert Eichhorn, Georg schreibt eben jemand, der als Theo- Grützmacher, Otto Zöckler, Erwin loge zu der Überzeugung gelangt ist: Preuschen, Daniel Völter, Johannes keine Kirche ohne Mönchtum. Leipoldt und Heinrich Boehmer. Der II. Band behandelt unter ande- So ist man schon heute gespannt auf rem, um nur die bekannteren Namen die ausstehenden Bände des Werkes, zu nennen, Karl Heussi, Friedrich von denen der III. das Mönchtum in Heiler, Erik Peterson, Hermann den evangelischen Handbüchern der Dörries, Dietrich Bonhoeffer, Hans Kirchengeschichte behandeln soll, von Campenhausen, Walter Nigg und der IV. die Neubegründung des Karl Barth. Mönchtums im Protestantismus und der V. das Mönchtum als ökumeni- Einer ganz komprimierten Biogra- sches Problem. phie der einzelnen Autoren (mit weiterführen bibliographischen Günter Assenmacher Hinweisen) folgen jeweils die über- aus kundigen Darstellungen ihrer einschlägigen Publikationen in chro- nologischer Reihenfolge und treffen-

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Veronika Peters, Was in zwei Sicher ist es gut, dass auf diese Weise Koffer passt. Klosterjahre. Menschen, die von der klösterlichen Goldmann Verlag, München 2007. Welt keine Ahnung haben, sondern 256 Seiten, gebunden, 18 Euro. schlicht unwissend oder gar bestimm- ten Klischees verhaftet sind, nachlesen Wenn man dann und wann in der können, wie die 1966 geborene Auto- Situation ist, mehrere Tageszeitungen rin mit 21 Jahren ihre ersten Schritte lesen zu können, stellt man fest, dass ins Kloster tat, dort, in dieser ganz sie einander ganz genau beobachten: eigenen Welt mit ihren eigenen Ge- Greift die eine Zeitung ein Thema auf, setzen und Gewohnheiten, lebte und das keineswegs durch die Tages- sie auch wieder verließ. Aber es bleibt aktualität zu diesem Zeitpunkt diktiert die Schilderung eines nicht unsympa- ist, ziehen andere nicht selten mit. Es thischen Menschen, der an das eigent- wirkt bisweilen wie eine Absprache, liche Fundament des klösterlichen die keineswegs ausschließlich große Lebens gar nicht herangekommen zu Fragen betrifft, sondern bis dahin zu sein scheint: Gott suchen - an Gott reichen scheint, von welchen Büchern glauben - aus diesem Glauben leben. man Notiz nimmt und von welchen Natürlich ist es interessant, einmal nicht. So veröffentlichte die FAZ vom etwas aus einer erfreulich unbefange- 3.3.2007 einen recht umfangreichen nen Sicht über die klösterlichen Bericht über das o. g. genannte Buch Regeln und Lebensgewohnheiten zu und seine Autorin - am 21.3. zog "Die erfahren, aber im Grunde sind diese Welt" nach. Verdient das Buch diese Schilderungen doch völlig nebensäch- Beachtung? lich und unerheblich gegenüber der Grundfrage: Wofür? Für wen? Mit Entweder ist die darin vorliegende Be- wem? So sympathisch das Buch in schreibung von fast 12 Jahren in gewisser Weise ist - es spricht sich mit einem süddeutschen Benediktiner- den oben zitierten Worten selbst das innen-Kloster ein sehr diskretes Buch, Urteil. So gut wie keine Rede von der dessen Verfasserin die Maxime „secre- heiligen Messe, die die Verfasserin in tum meum mihi“ beherzigt hat, oder ihren klösterlichen Jahren (sie kam das Fazit steht auf Seite 231: „Es gibt erst als Konvertitin zum katholischen sie, diejenigen, die wirklich in die Glauben) täglich mitgefeiert hat, die Tiefe dringen ... Bei mir hat es bislang Heiligung der Zeit im Stundengebet, nur für ein Kratzen an der Oberfläche der Begegnung mit Gott in der Lectio gereicht, allenfalls für die stellenweise divina, dem ora et labora, der Schule Freilegung der oberen Schicht. Besser des Evangeliums im gemeinsamen als nichts. Zu wenig.“ und eigenen Leben.

Der Rezensent legt das flüssig ge- Zusammenfassend gesagt gewinnt schriebene und leicht zu lesende Buch man den Eindruck, dass die Musik, die mit gemischten Gefühlen beiseite. die Autorin mit ins Kloster brachte, ihr

73 Bistum Stockholm letztlich nie aus dem Ohr gegangen ist. Übersetzung vorliegt, ist aber mehr Gottes Melodie in sich aufzunehmen, als eine Reportage: Es ist ein Zeugnis scheint ihr leider nicht gelungen zu einer seit dem hl. Bruno (der hier sein. Schade, dass sie nicht anders selbstverständlich „von Molesmes“ geführt wurde, nicht nachdrücklicher und nicht „von Köln“ genannt wird) angeklopft hat, nicht länger geblieben ziemlich unverändert praktizierten ist! Lebensform: Cartusia numquam reformata, quia numquam reform- G.A. anda.

Da „Die große Stille“ vieles zeigt, Robert Serrou - Pierre Vals, aber so gut wie nichts mit Worten Kartäuser. Echter Verlag erklärt, dürfte dieses wirklich infor- Würzburg 2007, 216 Seiten, mative Buch ungeachtet - oder gera- brosch., 122 s/w Fotos, 14 Euro. de wegen - des zwei Generationen umfassenden Abstandes seit seiner Ein halbes Jahrhundert vor Philipp ersten Auflage von einigem Interesse Gröning, der 2006 mit seinem Film sein, zumal es in deutscher Sprache „Die große Stille“ den europäischen über das Leben der Kartäuser wenig Filmpreis, die Aufmerksamkeit der zu lesen gibt. Das von M. Zadnikar Kritiker großer Zeitungen und für und A. Wienand 1983 veröffentlichte einige Wochen sogar einen der Werk „Die Kartäuser“ ist ja leider begehrten Plätze in der Präsentation längst vergriffen. der Kinos erreichen konnte, war es dem französischen Journalisten Zu bedauern sind leider einige Robert Serrou und dem inzwischen Nachlässigkeiten im Satz und in der verstorbenen Fotografen Pierre Vals Redaktion: unaufgeklärt bleibt z. B., bereits im Jahre 1954 gestattet, eine warum das Vorwort der deutschen Woche am Leben der Mönche in der Ausgabe aus dem Jahr 1997 stammt; großen Kartause bei Grenoble teilzu- das Literaturverzeichnis scheint we- nehmen. nigstens zum Teil ziemlich willkür- Die damals entstandenen schwarz- lich. Das aber mindert nicht, dass der weiß Fotos und den dazu gehörigen interessierte Leser in diesem Buch Text qualifizieren die Autoren des vieles erklärt findet, was er in besag- erstmals 1954/55 in französischer tem Film gesehen hat oder was der Sprache erschienenen Buches, das Film gar nicht zeigen konnte. schon einmal 1984 und nun 2007 neu herausgegeben wurde, als Über einen Kartäuser aus Norwegen, „Reportage“: alle Fotos sind in der Dom Filip Dahl, berichteten wir im Grande Chartreuse aufgenommen, Jahrbuch 2006, S. 86f. alle berichteten Details stimmen. Das Buch, das nun auch in deutscher G.A.

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Pater Peter Hornung S.J. * 26. März 1920 in Münster, Westfalen + 6. Juli 2006 in Stockholm, Schweden Ein Nachruf aus Stockholm

„Ich werde nie seine verschmitzten Kommentare, seinen weißen Haar- schopf und seine fröhlichen, wachen Augen vergessen.“ So schrieb eine Be- kannte, als sie vom Tode Peter Hornungs erfuhr. Und es waren viele, die plötzlich einen geistlichen Vater, einen echten Freund, einen geschätz- ten Mitbruder verloren. Mit seiner Aus- strahlung, Weisheit und Barmherzig- bereits 1978 geschrieben hatte - „Zu keit hatte er die Herzen vieler Men- singen beim Kaffee nach meiner Be- schen gewonnen. erdigung“. Da waren die vielen Tränen der Teilnehmer verwandelt in ein Am 28. Juli haben wir von ihm Lächeln: „Typisch Peter!“ Abschied genommen. Es war eine er- greifende, würdige und frohe Feier - Aus dem katholischen Münster ... „wie eine Osternachtfeier“, sagte Dieser Peter Hornung wurde am 26. jemand. Trotz der Urlaubszeit waren März 1920 im katholischen Münster die Kirche und der Vorraum der Kir- geboren. Seinen Hintergrund kom- che überfüllt. Mehr als 30 Priester (aus mentierte er nach der Fertigstellung Schweden, Deutschland, Prag und der Eugeniakirche: „Meine Gene pas- Malta) konzelebrierten im Requiem. sten zu dieser schwierigen Aufgabe - Am Altar standen Bischof Anders der früh verstorbene Vater war Ge- Arborelius, Weihbischof William schäftsmann, der Großvater ein Bau- Kenney, Provinzial Stefan Dartmann unternehmer und die Mutter von rhei- (Peter Hornungs Nachfolger als Pfarrer nischem Charme.“ Ein fünf Jahre älte- von St. Eugenia), der jetzige Pfarrer rer Bruder wurde Arzt, der unverheira- Bengt Almstedt und ich als Superior. tet und ohne Kinder mit 46 Jahren an Die Predigt hielt P. Hornung selbst: einem Gehirntumor gestorben ist. eine seiner Predigten - „Den Tod Peter stand seiner Mutter nahe. Er ver- denke ich mir so ...“ - wurde von P. fasste über alle Jahre hinweg humoris- Dartmann vorgelesen. Am Ende des tische und ernste Gedichte zu ihrem Empfangs mit wichtigen Reden sangen Namenstag oder bei anderen Gelegen- wir ein heiteres Lied, das er selbst heiten.

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Die alte Kulturstadt Münster mit Bi- Nach seiner Entlassung studierte er schofssitz und Universität und selbst- Philosophie in Pullach bei München, bewusster Bürgerschaft hat ihm viel was allerdings recht schwierig war bedeutet. Getauft in St. Lamberti, war wegen der dauernden Arbeitseinsätze er jahrelang Ministrant im Dom bei im zerbombten München. Eines Tages (dem seligen) Bischof von Galen, wo erhielten er und Frater Bernhard er geprägt wurde vom Reichtum der Gluth von Pater Lothar König einen Liturgie und vom Geist der streng geheimen Auftrag: P. König Weltkirche. Das gab ihm Kraft als hatte sich, verkleidet als Reinemacher, Leiter der in der Hitlerzeit verbotenen ins KZ Dachau einschleusen lassen, katholischen Jugendgruppe „Neu- wo er die Totenlisten abfotografieren deutschland“. Mit Mut und List konn- konnte. Die beiden Jesuitenstudenten te er den Verhören der Gestapo, den schrieben die haarsträubenden Listen Hausdurchsuchungen und den ab, ordneten sie nach Kategorien und Schikanen der Schulleitung begegnen. schick-ten sie als zuverlässige Doku- Eigentlich wollte er Mathematik stu- mentation der SS-Gräuel über andere dieren. Der tiefe Konflikt zwischen Jesuiten an Kardinal Faulhaber und nazistischer Ideologie und christli- den Vatikan. chem Glauben motivierte ihn jedoch, Priester zu werden. 1939 begann er Nach dem Krieg studierte er zwei das Noviziat der Gesellschaft Jesu in Jahre Theologie in München und Hochelten nahe der holländischen zwei weitere Jahre in Büren bei Grenze. Ein befreundeter Pater im Paderborn. Dort wurde er 1948 zum Benediktinerkloster Ettal, der glaubte, Priester geweiht. Eigentlich sollte er Peter würde bei ihnen eintreten, sich dann auf eine Professur in schickte ihm eine Postkarte ins Moralphilosophie vorbereiten. Eine Noviziat mit den kurzen Worten: „Das andere Idee war jedoch dazwischen- ist ja fürchterlich“ - Peters Freund gekommen: Eines Nachts 1946 beim Albert dagegen, von dem man glaub- Abladen von Hilfssendungen mit te, er werde Jesuit, trat ins Kloster Lebensmitteln, sah er den Stempel Gerleve ein und wurde Pater Basilius „Caritas Sueciae“ auf einem Sack und Senger OSB. dachte: Die guten Leute in Schweden haben uns materielle Hilfe geschickt ... über Pullach, - sollten wir ihnen nicht geistliche München und Büren ... Hilfe schicken? Der Provinzial war Zwischen Abitur (1938) und Eintritt lange zurückhaltend gegenüber die- bei den Jesuiten (April 1939) wurde ser Idee, schickte ihm aber später er zum Reichsarbeitsdienst verpflich- von seiner Visite in Stockholm eine tet. Nach einem Jahr (Oktober 1940) Karte mit Eisbären im Zoo von wurde er aber in die Armee eingezo- Skansen: „Pater Hornung, im näch- gen, um bis 1942 an der russischen sten Jahr werden Sie diese Bären sel- Front als Telefonist zu dienen. ber sehen!“

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... nach Stockholm risierten schwedischen Gesellschaft, Und richtig, am 11. November 1949 eine Oase für Gebet und Anbetung kam er in Stockholm an. Im Brevier las mitten im pulsierenden Leben der er die Antiphon zum Tagesheiligen St. Großstadt. Martin: „Non recuso laborem - Ich ver- weigere keine Arbeit“. Das schien ihm Endlich konnte sich Peter Hornung ein guter Wahlspruch zu sein, und sein wieder der Gemeindearbeit widmen. langes und arbeitsreiches Leben zeig- Während des Bauprojektes war die te, dass er diesem Motto wirklich Gemeinde von 1.500 auf 5.500 Katho- gefolgt ist. liken gewachsen (heute über 8.000, auch nach Abtrennung eines neuen Nach dem ersten Jahr in Schweden Pfarrbereichs). Das Zweite Vatika- musste er 1950/51 sein Terziat in nische Konzil hatte wichtige Veränder- Frankreich, in Paray-le-Monial, ma- ungen mit sich gebracht, und damit chen. Es hat wohl keinen tieferen war auch eine wesentliche Er- Eindruck auf ihn gemacht. Die darauf neuerung der Pfarrarbeit notwendig. folgenden drei Jahre in Uppsala Eine große Anzahl von Mitarbeitern waren ihm wichtiger: seine verschie- (Laien, Schwestern und Priestern) denen Studien an der Universität, der haben sich einer Reihe von Aufgaben Kontakt mit Gemeindemitgliedern gewidmet, die St. Eugenia zu einem und Gespräche mit dem erfahrenen der christlichen Mittelpunkte Stock- Pater Josef Gerlach. holms gemacht hat: Gottesdienste, geistliche Übungen, Vorlesungsreihen, Im Sommer 1954 kam er zurück nach die Buchhandlung, Arbeit mit Kindern Stockholm und St. Eugenia. Er diente und Jugendlichen, individuelle Seel- dieser Gemeinde bis zu seinem Tod in sorge, Ausstellungen usw. Als Pfarrer mehr als 50 Jahren, davon 27 Jahre als war er die treibende Kraft. Auch in Pfarrer. Als die Kirche, die älteste ka- Debatten auf Diözesanebene vertrat er tholische Kirche Schwedens nach der unerschrocken den neuen Geist in der Reformation, von den Behörden abge- Kirche: Respekt des Gewissens, litur- rissen werden sollte, gab ihm der gische Vielfalt, Mitarbeit der Laien Kirchenvorstand 1959 den Auftrag, sowie ökumenischer und interreligiö- den Neubau zu planen. Die finanziel- ser Dialog. len Probleme waren riesig, der Widerstand von Behörden, Politikern Studienreisen nach Peru, Mexiko, und anderen Betroffenen zäh und Südafrika und ins Heilige Land weite- intrigant. Nach vielen Mühen und ten seinen Horizont. Die Eugenia- Verhandlungen konnte 1982 die neue Gemeinde wurde auch davon berührt. Kirche am Kungsträdgården tatsäch- Unter anderem gründete Peter lich eingeweiht werden: ein architek- Hornung das Entwicklungs- und tonisches Kunstwerk, ein Schaufenster Katastrophenkonto der Pfarrei, das seit der katholischen Kirche in der säkula- 1983 mehr als 13 Millionen Kronen an

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Notleidende in aller Welt vermitteln Bibel, die ihm geistliche Nahrung war konnte. Während der kommunisti- und die er in seinen 58 Priesterjahren schen Ära besuchte er mehrere Male immer wieder ausgelegt hat; ein Prag. Dort war er beeindruckt vom Kruzifix, geformt aus den verkohlten Glaubensleben der Katholiken im Un- Dachbalken des zerbombten Domes in tergrund, die wiederum seine Besuche Münster, das über seinem Bett hing; als Beweis verstanden, dass sie im und fünf rote Rosen, Zeichen für die „kommunistischen Gefängnis Tsche- Wundmale Christi, die auch zentral für choslowakei“ von der Kirche in der die Birgittina-Schwestern sind und freien Welt nicht vergessen waren. Oft damit seine Verankerung in der konnte er sehr spannend von seinen Geschichte Schwedens anschaulich Begegnungen in Prag oder anderen machten. Ländern erzählen. Mit seiner Liebenswürdigkeit, seiner Als Peter Hornung 1993 die Aufgabe Aufmerksamkeit und seinem Charme, des Pfarrers an einen jüngeren seinem Einfühlungsvermögen und Mitbruder (Stefan Dartmann) abgeben Humor hat Peter Hornung leicht konnte, nahm er sich Zeit, verschiede- Kontakt gefunden. Für manche wurde ne Bücher zu schreiben: eine Doku- er ein Freund, für andere eine Vater- mentation des Kirchenbaus, zwei Pre- gestalt oder ein Vorbild als Priester. Er digtsammlungen, ein Buch mit Heili- bejahte das Leben, vielleicht weil er genbiografien und zwei Schriften über keine Angst vor dem Sterben hatte. Als katholische Sehenswürdigkeiten in er sich 1988 einer lebensgefährlichen Stockholm und Umgebung. Diese Herzoperation unterziehen musste, (schwedischen) Bücher waren Aus- schrieb er an seine Mitbrüder über druck seiner Kenntnisse in Kirchen- seine Bereitschaft, vor das Angesicht und Kulturgeschichte sowie seiner Gottes treten zu dürfen: „Ich bin so genuinen Frömmigkeit. neugierig darauf!“ Jetzt weiß er es. Die Hitzewelle am 6. Juli 2006 war zuviel Symbole eines reichen Lebens für sein Herz. Nach der Abendmesse Eine andere wertvolle Aufgabe wurden im Josephinaheim besuchte er ein für ihn die vielen Besuche bei Alten paar Freunde im Haus, und dort sank und Kranken. Ein sprechender Aus- er tot nieder. druck für seine unermüdlichen Seel- sorgseinsätze war seine Beichtstola auf Mit ihm ist eine Epoche in der katho- dem Sarg beim Requiem. Daneben lischen Kirchengeschichte von Schwe- lagen andere Symbole, die etwas von den zu Ende gegangen. Und wir, die seinem Leben spiegeln konnten: der ihn kennen gelernt haben, werden ihn Primizkelch, das Geschenk seiner nicht vergessen, diesen faszinierenden Mutter, mit dem IHS-Zeichen des Je- Peter Hornung. suitenordens und einem von ihm selbst verfassten Chronogramm; die P. Klaus P. Dietz SJ

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"Ein lebenslanger Einsatz für die Kirche in Schweden" Ein Nachruf aus Deutschland

So überschrieb Pater Peter Hornung den Nachruf auf Paul Keber, einen der beiden Begründer der „Katholischen Schwedenaktion Koblenz“, im Jahr 2002 (vgl. Jahrbuch 2002, S. 10-12). Darin schildert er unter anderem die Entwicklung dieser Aktion, deren zweiter Mitbegründer, Alfons Sauer- born - mein Vater -, am „svenska flag- seine Frage am Ende des Tages: „Hast gandag“, dem schwedischen National- Du Dir das Abendessen auch ver- feiertag, 2003 verstarb (vgl. Jahrbuch dient?“ 2004, S. 4 f.). Und nun Pater Peter. Er unterstützte mit großer Energie Mit seinem Tod geht dieses einzigarti- mein Bemühen, eine Anstellung als ge Projekt, das mit dem päpstlichen Gemeindereferentin in Schweden zu Orden Pro Ecclesia et Pontifice und bekommen. Er hätte es sich tatsäch- einem persönlichen Dankesschreiben lich vorstellen können! Durch einen des damaligen Bundeskanzlers Kon- persönlichen Schicksalsschlag war es rad Adenauer honoriert wurde und mir dann aber leider nicht möglich, das in vielen die Liebe zu Schweden beruflich nach Stockholm zu wech- geweckt hat, zu Ende. seln.

Ein lebenslanger Einsatz für die Kirche Pater Hornung verfolgte sehr interes- in Schweden - das war auch Pater siert die Entwicklung in der Kirche Peters Lebensinhalt. und war offen für Neues. Rückschritte Einen kleinen Einblick in seinen uner- kommentierte er stets mit Besorgnis. müdlichen Kampf für eine katholische Er setzte sich sehr für die Mitarbeit von Kirche in Stockholm habe ich wäh- Laienkräften ein. rend meines Praktikums in der Pfarrei St. Eugenia, die er 27 Jahre als Pfarrer Pater Peter begleitete ständig mein leitete, bekommen. Pater Peter war Leben. Er war ein wunderbarer mir in dieser Zeit ein lehrreicher Zuhörer und Ratgeber, ein bescheide- Mentor, der mir einiges zumutete und ner Lebenskünstler - eben etwas ganz noch mehr zutraute. Ich vergesse nie Besonderes!

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Sehr beeindruckt hat mich seinerzeit nicht. Seine Sorge galt auch weiterhin der Gang mit ihm über den katholi- den kranken und alten Menschen. Er schen Friedhof in Stockholm. Wir blie- genoss die Spaziergänge in der Umge- ben an fast jedem Grab stehen, und er bung und das Glas Whisky am Abend erzählte von dem Schicksal/dem in netter Gesellschaft. Leben desjenigen, der dort begraben war. Ihm war jeder Mensch wichtig. Er Wir hatten uns für den Sommer 2006 interessierte sich, er dachte und fühlte verabredet. Es war alles geplant, und mit. wir sicherten uns am Telefon zu, dass wir uns auf einander freuten. Einen Er konnte auch so herrlich unkonven- Tag später - drei Tage vor der Abreise tionell sein. Als mein dritter Bruder ge- - kam die traurige Nachricht von sei- boren wurde, bekamen meine Eltern nem plötzlichen Tod. Es sollte nicht kein übliches Gratulationsschreiben sein. Sein Tod tut weh. von ihm. Stattdessen erhielt ich ein Ich trauere um einen großartigen Beileidstelegramm mit den Worten: Freund und weiß, dass er ein erfülltes „Arme Birgitta - Gruß und Segen, Leben hatte, versöhnt mit seinem Peter“! Schöpfer gestorben ist und ihm - Gott sei es gedankt - Leiden und Lethargie Der Umzug von St. Eugenia in das erspart blieben. Altenheim „Josephinahemet“ fiel ihm nicht leicht, denn er fühlte sich nie alt. „Und bis wir uns wieder sehen, halte Auch wenn seine körperlichen Kräfte Gott dich fest in seiner Hand!“ nachließen und er an seine gesund- heitlichen Grenzen stieß, resignierte er Birgitta Beusch

Den Tod denke ich mir so … meine damit den Augenblick des (2 Kor 4,16 - 5,5) Todes. Nicht den Zustand vor dem Tod, den Todeskampf, und nicht den Im Mittelpunkt unseres christlichen Zustand nach dem Tod, unsere Exis- Lebens steht ein Satz, der unserer gan- tenzweise im ewigen Leben. Sondern zen menschlichen Erfahrung zu wider- nur den Augenblick des Sterbens. - sprechen scheint: lebensschenkender Lebensspendend? Tod. Der Tod Christi schenkt Leben. Aber auch unser Tod, der Tod aller Es gibt ein uraltes Symbol für den Tod, Menschen: lebensspendend! ein Bild, das sein gerades Gegenteil zu sein scheint: die Geburt. Das Kind ver- Bevor wir dies näher betrachten, lasst lässt die schützende Hülle des Mutter- uns präzisieren, was „Tod“ meint. Ich schosses. Etwas ganz Neues beginnt,

80 Bistum Stockholm eine neue Welt breitet sich aus, mit denen ich mit meiner Liebe begegnet Licht und Farben, Beziehungen, bin, und alle, die mich mit ihrer Liebe Klängen und Liebe. Im Tod wird unse- berührt haben. Sie alle und all das gibt re gegenwärtige Existenzweise ver- es in einem einzigen Herzen. Denn nichtet, unser gewohntes Gebunden- hinter all diesem fange ich an, ihren sein an die Gesetze und Bedürfnisse Ursprung wahrzunehmen: Gott selbst der materiellen Welt. Wir werden in beginnt zu leuchten. - So wird der Tod eine ganz neue Wirklichkeit eingefügt. wie ein Sakrament, sein grausames Ist sie wirklich neu? Schicksal wird der Höhepunkt meines Lebens. Für diesen Augenblick bin ich Den Augenblick des Todes denke ich geschaffen worden. mir so: Ich liege auf dem Sterbebett, unendlich müde und kraftlos. Ich sehe So lange ich auf Erden lebe, bin ich die Umwelt durch den Schleier meiner beschäftigt, ja oft beherrscht von matten Augen und sinke hinein in Sachen und Ereignissen um mich eine Einsamkeit wie nie zuvor, uner- herum. Ich bin beschäftigt mit mei- bittlich. Die Menschen um mich, auch nen Lieblingsträumen, ein Sklave meine Nächsten, rücken mir weiter meiner Fehler und Mängel. Im und weiter fort mit ihren ohnmächti- Augenblick des Sterbens wird all das gen Gesten voll Liebe und Fürsorge. von mir genommen, Stück für Stück Auch wenn ich in einem Verkehrs- verliert es seine Bedeutung, seine unfall umkommen würde, wäre es im Macht über mich. Woran ich mich Grunde die gleiche Erfahrung: hilflos, geklammert habe, die Rollen, die ich einsam sinke ich, stürze hinab in die übernommen habe, die Masken, die Dunkelheit. Jenseits der Grenzen der ich mir aufgesetzt habe - nichts davon Erde. bleibt, hinter dem ich mich versteck- en könnte, nichts, was mich hindert. Aber dann beginnt ein seltsames Der Tod befreit mich hinein in die Gefühl der Vertrautheit in mir zu echte Freiheit. wachsen. Ich stürze hinein in etwas, das ich bereits kenne. Mit meiner Im Tod werde ich endlich ich selbst. Sehnsucht, meiner Ahnung, meinem Endlich kann Gott mich erreichen. Glauben bin ich bereits dort gewesen, Nichts hindert mich länger, ihm zu jenseits des Äußeren der Dinge und begegnen, von Angesicht zu An- der Geschehnisse. Das Dunkel ist gesicht. Aber auch: ich kann mich nicht mehr dominierend, das Licht nicht verstecken. Auch wenn ich es wächst um mich. mein ganzes Leben hindurch fertig gebracht habe, mich zu verstecken - Ich entdecke so viel, das auf mich jetzt hat dieses abenteuerliche Unte- wartet. Alles Gute und Grosse, alle rnehmen ein Ende. Ich bin angekom- echten Werte meines Lebens gibt es men. da. So viele, die mich erwarten - alle,

81 Geleitwort

Bisher war ich auf dem Weg. Mit mei- und Nächte meines Lebens eingeübt ner Sehnsucht, mit meinen Plänen habe. Jetzt sehe ich mein Leben, wie lebte ich in der Zukunft. Gleichzeitig es wirklich ist, vor Gottes Augen. Mit war ich gebunden an meine der Gnade und Hilfe Jesu wird es Vergangenheit. Ich lebte nie im Jetzt, gereinigt und vollendet. Das ist viel- war nie ganz bei mir, sondern geteilt leicht ein schmerzhafter Prozess, ein und zerstreut. Aber jetzt kommen alle brennender Augenblick. Aber im Strömungen meines Lebens zur Ruhe, Gunde gibt es das trostreiche Wissen: sind gleichsam gestaut. Wenn mein ich bin nicht vergessen, nicht alleinge- Leben ein rauschender Gebirgsbach lassen. Ich kehre zurück zu meinem oder ein brausender Wasserfall war - Schöpfer, ich werde in Jesu Hände jetzt mündet es in einen ruhigen gelegt. Und ich bin nicht allein. Mit Bergsee, klar und tief. Er spiegelt meiner Erfahrung trete ich ein in die meine ganze Welt, meines Lebens Gemeinschaft, zu der ich seit meiner ganzen Reichtum - und alle Armut. Taufe gehöre. Im Augenblick des Erst jetzt, im Augenblick des Sterbens, Sterbens bin ich umgeben von der rinnt mein Leben nicht weiter, gibt es Schar der Engel und der großen Wolke nicht mehr die offenen Arme der Zeit der Heiligen. vor mir. Mein ganzes Wesen wird gesammelt und mündet ein in neue Jetzt beginnt mein eigentliches Leben. Dimensionen. Ich beginne ein Leben, Der Augenblick des Sterbens: eine das nur ein einziges Jetzt ist. Alles, lebensspendende Geburt. So denke was folgt, ist nur eine Entwicklung ich mir den Tod... von dem, was da ist, und geschieht im sublimen Augenblick des Peter Hornung S.J. Sterbens.

Gott hat diesen Augenblick von Ewigkeit her ausgedacht. Und er ist mir entgegengekommen. Im Tode Jesu Christi. Im Augenblick des Sterbens wird die Wirklichkeit Christi meine Wirklichkeit. Der Tod Jesu und auch die Auferstehung Jesu.

In dem vollen, reinen Licht, das mich umgibt, bekomme ich einen ganz kla- ren Blick. Da steht Christus. Er ruft mich mit seiner ganzen Liebe. Und ich bin frei, ganz ich selbst, wie nie zuvor. Jetzt soll ich mein Ja-Wort sagen. Das Ja-Wort, das ich während vieler Tage

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Das Bistum Oslo wurde am 29. Juni 1953 errichtet. Seit 1931 war das 154.560 km² umfassende Gebiet ein eigenes Apostolisches Vikariat, vorher Teil des Apostolischen Vikariates Norwegen, von 1843 bis 1869 Teil des Apostolischen Vikariates Schweden- Norwegen. Von den zur Zeit ca. 3,4 Mio. Einwohnern sind schätzungsweise 200.000 katholisch. In den 20 Pfarreien leben 58 Priester, 3 Diakone und 126 Ordensfrauen. Bischof von Oslo ist seit 2006 der 1953 in Norwegen geborene Bernt Eidsvig.

Die Anschriften des Bistums lauten: Oslo Katolsk Bispedommet Akersvn 5 N-0177 Oslo Tel.: 00 47/23 21 95 00 Fax: 00 47/23 21 95 01 E-Mail: [email protected] Internet: www.katolsk.no Vor einer großen Herausforderung Der 1. April 2004 war möglicherweise das wichtigste Datum der modernen katholischen Kirchengeschichte in Norwegen. Denn seither haben Arbeitssuchende aus der erweiterten EU in unserem Land ohne umfassen-

83 Bistum Oslo de Formalitäten eine Stelle überneh- sonntags bis zu 11 Messen, trotzdem men können. Sehr viele haben dies stehen öfter Menschen vor der Kirche, getan, viele tun es noch. In Norwegen weil drinnen kein Platz mehr ist. Wenn befinden sich Wirtschaft und Wohl- die Feuerwehr ihre Sicherheitskon- stand auf einer bisher unbekannten trolle durchführt, müssen viele die Höhe; es ist sehr leicht, Arbeit zu be- Kirche verlassen, weil der Raum über- kommen, besonders für gute Hand- füllt ist. Dies ist ein schönes Zeugnis werker und Facharbeiter. Meistens für die Lebendigkeit des Glaubens mit- kommen sie zu uns aus Polen und ten in unserer Hauptstadt, aber wir Litauen. können auf Dauer so nicht weiter ar- Wir nehmen an, dass jetzt etwa 4 % beiten. der Bevölkerung katholisch sind. Exakte Zahlen über katholische Ein- Von 2.000 auf 200.000 wanderer haben wir nicht. Aber auf- Die Kirche ist bei uns bis 2004 sehr grund der Daten der Einwanderungs- langsam gewachsen. Im Jahr 1900 gab behörden sowie der polnischen und es 1.969 registrierte Katholiken in ganz litauischen Botschaft können wir Norwegen, 1940 war deren Zahl auf davon ausgehen, dass sich mindestens 3.000 gestiegen. 1977, als ich katho- 100.000 polnische und 17.000 litaui- lisch wurde, gab es gut 10.000. Dann sche Katholiken in Südnorwegen kamen Flüchtlinge aus Vietnam, Chile, (Bistum Oslo) aufhalten. Hinzu kom- Polen und Sri Lanka, um einige men einige tausend Slowaken. Ins- Gruppen zu erwähnen. So hatten wir gesamt rechnen wir damit, dass im im Jahr 2000 etwa 40.000 registrierte Bistum Oslo mehr als 200.000 Katholiken, hinzu kommen ca. 20.000, Katholiken ständig leben. die uns unbekannt waren. Wir Katho- liken machten damals wahrscheinlich Am Rande unserer 1,5 % der Bevölkerung aus. Möglichkeiten 2006 stellte die „Bernardiner-Provinz“ Damals waren unsere Kirchen der Franziskaner in Krakau zwei meistens groß genug, das Angebot der Mitbrüder für die Seelsorge an polni- Messfeiern angemessen; wir hatten schen Katholiken zur Verfügung. Wir genügend Priester, und auch die hätten noch weitere Seelsorger in Finanzen reichten für die bestehenden Polen finden können, aber die Kapa- Bedürfnisse aus. Ab 2004 hat sich das zität unserer Kirchenräume für Mess- Bild schnell verändert, besonders feiern und für Priesterwohnungen ist während der Sommermonate, wenn im Bistum Oslo derzeit restlos ausge- die norwegische Landwirtschaft von schöpft. Für die Litauer können wir den Osteuropäern fast übernommen kaum etwas tun, weil wir bereits am wird. Rande unserer Ressourcen stehen. Aus Die Domkirche St. Olav mit der klei- seelsorglicher Sicht ist dies allerdings neren St. Joseph-Kirche in Oslo hat unhaltbar. Wir werden uns deswegen

84 Bistum Oslo weiter bemühen, wenigstens einen Katholik bekannt war. Bei einigen sind Priester für sie zu finden; auch ein dia- die spanisch Sprechenden die Mehr- konales Angebot wäre dringend not- heit, bei anderen sind es tamil, pol- wendig. nisch oder slowakisch Sprechende. Für sie zu sorgen, ist schwierig, aller- Die Seelsorge der verschiedenen Na- dings leisten die Priester in Bergen mit tionalitäten ist in Oslo konzentriert; die Unterstützung der Nationalseelsorger Priester besuchen alle Pfarreien, Großartiges. Die räumlichen Abstände soweit es ihnen praktisch möglich ist. sind sehr weit und machen es uns Ein neues Problem ist, dass viele Ein- schwer, eine Pfarrstruktur aufzubauen. wanderer in Ortschaften wohnen, wo es bislang kein Messangebot gibt. Eine andere Folge der Einwanderung Nehmen wir die Pfarrei Bergen als ist, dass fast alle Kirchengebäude zu Beispiel: Ihre Fläche beträgt etwa klein geworden sind. Nur ein paar 30.000 km². Die Katholiken lebten bis- Beispiele: Bergen braucht eine zweite lang konzentriert in der Stadt Bergen Pfarrkirche; die Kirche in Stavanger und der Umgebung, neuerdings sind wird auf 500 Sitzplätze erweitert; Oslo aber über 1.000 im Gebiet Sogn og braucht dringend wenigstens zwei Fjordane - dem einzigen Gebiet ohne neue Pfarreien. In einigen Stadtteilen Kirche und Pfarrei - registriert. In ver- Oslos beträgt der Anteil der registrier- schiedensten Ortschaften entdeckt ten Katholiken jetzt bis zu 7 %; wir fra- man nun Gruppen von 20 bis 300 gen uns, wie die wirklichen Zahlen Katholiken, wo früher kein einziger sind.

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Ob die katholischen Einwanderer blei- chen studieren müssen, ist dies alles ben, ist offen. Es kommen weniger andere als ideal. Deshalb haben wir neue, doch sagt die offizielle Statistik, uns entschlossen, ein eigenes Priester- dass die Zahlen wieder zunehmen. seminar einzurichten. Die Kandidaten Die große Mehrheit der Osteuropäer werden bestimmten Vorlesungen an der sind Männer im Alter zwischen 20 und sog. „Gemeindefakultät“ hören, die in 40 Jahren. Zunächst suchen sie eine bester lutherischer Tradition steht; dauerhafte Arbeit und ordentliche natürlich werden katholische Philoso- Wohnungen; dann holen 75 % ihre Fa- phen und Theologen das Lehrangebot milien nach oder gründen eigene. ergänzen und vervollständigen.

Die schwierigsten Mängel sind derzeit Auch im Bereich des Ständigen Diako- sowohl im caritativen Bereich wie in nates wird eine Gruppe von fünf der Erwachsenenkatechese. Norwe- beruflich erfahrenen Männern in Zu- gen hatte bis jetzt immer genügend sammenarbeit mit dem neuen Priester- Priester. Nun sieht auch dies anders seminar eine entsprechende Ausbil- aus, obwohl das Bistum Oslo derzeit dung beginnen. Wir hoffen, dass sie in sechs Weltpriesterkandidaten und die drei bis fünf Jahren in den pastoralen gleiche Zahl von Ordenskandidaten Einsatz kommen. hat. Gleichwohl sind wir in Anbetracht der großen Zuwanderung auch auf In jedem Fall stehen wir vor einer personelle Hilfe aus dem Ausland ganz großen Herausforderung, der wir angewiesen. Um unsere Priester bes- uns sowohl personell wie strukturell ser für die norwegischen Verhältnisse stellen müssen, wenn diese vielen ausbilden zu können, beginnt im Menschen, die in der katholischen Kir- August dieses Jahres ein eigenes che getauft und groß geworden sind, Priesterseminar mit seiner Arbeit. ihre kirchliche Heimat nicht verlieren Wenn unsere Kandidaten, die vielfach sollen. Ohne Hilfe von außen werden einen Migrationshintergrund haben, wir dies allerdings nicht schaffen. auf ihrem Weg zum Priestertum über Jahre anderswo und in fremden Spra- Bischof Bernt Eidsvig

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Dominikanerinnen feiern 800-jähriges Bestehen

Die Dominikanerinnen des Lunden- und Norwegen kommen. Zur Zeit Klosters in Oslo gehören zum kon- gehören 10 Schwestern dem Kloster templativen Zweig des Dominikaner- an. ordens (Moniales) und sind der fran- zösischen Föderation Notre Dame de Berufung und Sendung Prêcheurs angeschlossen. Der Dominikanerorden (Ordo Prædi- Das Kloster in Oslo wurde im Jahre catorum = Predigerorden) ist ein 1951 von den Dominikanerinnen aus internationaler Orden, der die Lourdes gegründet und im Jahre Aufgabe hat, Jesus Christus zum Heil 1959 kirchenrechtlich selbständig. der Menschen in der ganzen Welt zu Das derzeitige Klostergebäude konn- verkünden. Der Orden wurde vom te 1966 fertiggestellt werden. heiligen Dominikus (ca. 1170-1221) Die Schwesterngemeinschaft ist gegründet und erhielt die päpstliche heute international; sie besteht aus Anerkennung schon im Jahre 1216. Schwestern, die aus Frankreich, Das erste Nonnenkloster des Ordens Deutschland, Belgien, Polen, Italien wurde bereits 1207 gegründet.

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Der Dominikanerorden kam mit sei- an die Nonnen, sich neu der Frage zu nem männlichen Zweig schon in der stellen, welches heute die Herausfor- ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts derungen ihres kontemplativen Le- nach Norwegen und wirkte dort bis bens sind. zur Reformation. 1921 kamen die Brüder zurück und errichteten das St. Welchen Sinn hat heute eine Dominikus-Kloster in Oslo. Die weib- Lebensform, deren prägende Merk- lichen Zweige des Ordens (der kon- male das Gemeinschaftsleben, die templative und der apostolisch tätige) Liturgie, das Gebet, die Lectio divina, kamen erst in unserem Jahrhundert Studium, Stille und Einsamkeit sowie nach Norwegen; sie sind heute durch ein Leben nach den Evangelischen drei Klöster vertreten. Räten sind? Wir Menschen in der modernen Welt glauben oft, dass es Die Nonnen des Lunden-Klosters wichtiger ist, was wir tun, als das, was verwirklichen ihre spezielle Berufung wir sind. Keine Zeit zu haben ist zur als kontemplative Gemeinschaft Volkskrankheit geworden; viele haben durch ein zurückgezogenes Leben. Angst, etwas zu verpassen oder zu In Gebet, Gotteslob, Buße und kurz zu kommen. Wir stehen meistens Verzicht versuchen die Schwestern, unter „Vollgas“ und enden oft im in versöhnter Gemeinschaft an der „Leerlauf“ der Sinnlosigkeit. Sendung der Kirche und des Ordens teilzunehmen. Jenseits von Effektivität und Nützlich- keit hat die kontemplative Schwester Aus Anlass des 800-jährigen Jubiläums ihr Leben ausschließlich Gott geweiht, hat Schwester Hildegard Koch am 1. um da zu sein: Gott lobend und prei- Advent 2006 die Festansprache gehal- send in der Liturgie, mehr und mehr ten, die wir gerne mit den Lesern des IHM gleichförmig werdend durch die St. Ansgar-Jahrbuches teilen. Bei dieser tägliche Umkehr und die Begegnung Gelegenheit möchten wir dem St. mit dem WORT in der Lectio divina, Ansgar-Werk unseren innigsten Dank fürbittend für die vielen Anliegen und für die jahrzehntelange, treue Unter- Nöte der Menschen in der Welt, in Lie- stützung unseres Klosters aussprechen. be zu einer geschwisterlichen Ge- meinschaft geeint. In Treue zur ersten Liebe Wenn der Ordensgeneral anlässlich So wie unsere Brüder und Schwestern des 800. Jahrestages der Gründung im Orden des Hl. Dominikus das des ersten kontemplativen Nonnen- WORT durch die Predigt und ihr klosters im Dominikanerorden die Apostolat zu den Menschen bringen, Brüder und Schwestern auffordert, „in so tragen die Nonnen die Menschen Treue zur ersten Liebe zu stehen“, so und ihre Anliegen im Gebet vor Gott. gilt das für den ganzen Orden. Es ist aber auch eine besondere Einladung Ihr Leben ist nicht Isolation, Weltflucht

88 Bistum Oslo oder Egoismus, sondern bewusst sich selbst als ein Mensch auf dem gesuchte Stille und Hingabe als innig- Wege … ste Gottesgemeinschaft. Dazu gehört der Mut, bei sich selbst auszuhalten, Mehr und mehr sollen kontemplative die Hektik des Tages abzustreifen und Dominikanerinnenklöster „Oasen“ der hörend und bittend einzutreten für das Ruhe und Besinnlichkeit in einer rast- Heil der Welt. Natürlich muss das kon- losen Zeit sein, wo dürstende Men- templative Leben sich auch im prakti- schen sich auf Zeit an den Quellen mit schen Tun bewähren, um glaubwür- reinem Wasser erfrischen, um auf dig und realitätsbezogen zu sein. diese Weise gestärkt den Alltag leben können. Das tägliche treue Stehen im Chor- gebet vor Gott, das stille Gebet, der In unserer Zeit der Säkularisierung, wo selbstlose Dienst in der Gemeinschaft, viele Menschen an Sinnlosigkeit und das Wissen und Mitleiden der Nöte Gottesferne leiden, könnte es eine unserer Zeit, das emphatische Zuhö- wesentliche Aufgabe der Schwestern ren und Verstehen der Menschen, die sein, ein zuverlässiges Bild Christi immer wieder vertrauensvoll an der unter den Menschen zu bewahren. Klosterpforte anklopfen und Rat und Trost suchen, aber auch der tägliche In diesem Sinne sollen unsere Klöster Neuanfang in der schwesterlichen heilige Orte sein, wo der Heilige Gemeinschaft - all dies spricht seine wohnt, wo die Menschen in der eigene Sprache. Nicht zuletzt auch die Begegnung mit gottgeweihten Frauen Offenheit für politische, gesellschaftli- wieder erahnen können, dass Gott da che und kulturelle Fragen und ist wie die Luft, die wir atmen. Dass Er Entwicklungen, eben durch eine wirk- unser Element ist, „in dem wir leben, lichkeitsbezogene Wahrnehmung der uns bewegen und sind“ (Apg 17,28). Welt im Lichte Gottes.

Eine kontemplative Schwester kreist nicht um sich selbst und ihr eigenes Seelenheil, sondern trägt die Nöte der Welt in ihrem Her- zen. Bei aller Ein- fachheit ist sie aus- gestattet mit Intelli- genz und Herzens- bildung und erlebt

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Mit dem Eintritt ins Kloster beginnt sind vorteilhaft, da wir dem weltwei- zunächst eine Probezeit als Postulan- ten Dominikanerorden angehören. tin, dann folgt ein zweijähriges Novi- ziat, bevor man sich durch „zeitliche Möchten Sie Christus nachfolgen Gelübde“ für drei Jahre bindet. Später durch ein kontemplatives Leben im folgen dann die „Ewigen Gelübde“. Herzen des Ordens und der Kirche in Norwegen? Das Klosterleben verlangt von Kandi- Sind Sie katholisch, jung und ledig, datinnen natürliche Qualitäten wie bereit, JA zu Ihrer Berufung zu sagen? physische Gesundheit, eine dem Alter Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu entsprechende psychische Reife, rich- uns auf. tiges Urteilsvermögen, offenen Charakter und die Eignung zum Ge- meinschaftsleben. Aspirantinnen sol- Lunden Kloster len auch über eine ausreichende Bil- Øvre Lunden 5 dung verfügen. N-0594 Oslo/Norwegen Die norwegische Sprache ist relativ Telefon 00 47 23 19 44 20 leicht zu erlernen; Kenntnisse des Telefax 00 47 23 19 44 21 Englischen und/oder Französischen http://www.lunden.katolsk.no

Kleine Schwestern Jesu verlassen Norwegen

Im vergangenem Jahr konnten die Kleinen Schwestern Jesu in Oslo auf ihr 50-jähriges Wirken in Norwegen zurückblicken. In diesem Jahr verließen die letzten beiden, Sr. Elisabeth und Sr. Agnes, Norwegen, um sich ihrer Gemeinschaft in Dänemark anzuschließen. Für die katholische Kirche ist dies ein großer Verlust, viele Menschen werden sie in Zukunft schmerzlich vermissen.

Wie der Ordensname sagt, fühlten sich die Kleinen Schwestern Jesu wirklich berufen, allen Schwester zu sein. Das einfache Holzkreuz mit dem Symbol tragen, ist ein Zeichen ihrer Bestim- eines Herzens, das sie um den Hals mung zu Liebe und Hingabe.

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Verborgen, unbeachtet, Warum kamen die Kleinen mitten unter den Menschen Schwestern nach Norwegen? Die Kirche beschreibt die Kleinen Zunächst lag, wie schon gesagt, das Schwestern Jesu als „Kontemplative Hauptgewicht auf einem Leben in mitten in der Welt“. Sie selber formu- den muslimischen Ländern. Doch lieren es so : „Wir versuchen, in Gottes nach und nach wünschten mehrere Nähe zu leben und die Wirklichkeit Schwestern, ein einfaches Leben auch und unsere Mitmenschen mit Gottes in anderen Kulturen zu führen, Augen zu sehen. In einem einfachen erzählt Sr. Agnes. Auch die ökumeni- Leben, Gott geweiht, inmitten der sche Arbeit sei immer wichtig für sie Gesellschaft, mit ihrer Arbeit, den gewesen, der Gedanke, anderen Freuden und Sorgen des Alltags. Wie kirchlichen Gemeinschaften zu Jesus 30 Jahre lang in Nazareth gelebt begegnen und inmitten anderer hat, so sind unsere Gemeinschaften Christen zu leben. Vor dem Konzil dort, wo die Ärmeren, die ,kleinen war dies wirklich etwas Neues, fügt Leute’ sind.“ Sr. Elisabeth an.

Die Ordensgemeinschaft wurde im Kleine Schwester Magdeleine wusste, Jahre 1939 von der Kleinen Schwester dass viele Volksgruppen isoliert leb- Magdeleine gegründet, einer Frau mit ten, dass sie außerhalb standen, wie einem brennenden Verlangen nach es in Lateinamerika, Afrika oder auf Einheit. Das verborgene Leben Jesu in anderen Kontinenten war. Da dachte Bethlehem und Nazareth wird zur sie an die „Nordkalotte“. Mitte ihres Lebens. Sie wünschte, auf Auch war es wichtig für sie, etwas den Spuren des 2005 seliggesproche- von dem leben zu können, was nen Eremiten und Priesters Charles de außerhalb der Stadt schwer ist. Die Foucaulds (1858-1916) zu gehen. Sie Wahl fiel auf Hammerfest, wo die lädt uns ein, Zeichen eines liebevollen Elisabethschwestern schon etabliert Gottes zu sein, ein Licht- und waren und wo es eine katholische Hoffnungszeichen mitten im Leid die- Gemeinde gab. Dort konnten sie ser Welt. sofort Arbeit in der Findus-Fischfabrik bekommen. Charles de Foucaulds Vision waren kleine Gemeinschaften, die ein einfa- Sie verdienen ihren Lebensunterhalt ches Leben in der Nachfolge Jesu von selbst und übernehmen meist Arbei- Nazareth leben. Er selbst lebte inmit- ten, die keine besondere Ausbildung ten der Nomaden in der Sahara. Wie erfordern. Ihr Lebensstil ist „sparta- er lebten die ersten Schwestern zu nisch“, und alles, was wir nicht selber Beginn der Gründung nur unter brauchen, fließt in eine Solidaritäts- Muslimen, seit 1949 verbreiteten sie kasse in Rom, wo ihre Gemeinschaft sich über die ganze Welt ... bis nach unmittelbar neben der Abtei Tre Hammerfest im Norden. Fontane, dem Ort der Enthauptung

91 Bistum Oslo des Apostels Paulus, den Hauptsitz die Muslime und andere Religionen“, hat. Von dort aus wird das Geld an sagt Sr. Elisabeth, „die respektvollen Schwestern weitergeleitet, die in Begegnungen und den Dialog, den er armen Ländern unter oft harten führte. Auch seine Art und Weise, wie Verhältnissen leben. er zu ihnen kam, nicht um sie zu bekehren, sondern um von ihnen zu Da sie Schwestern auf der ganzen lernen. Auf diese Weise schließt man Erde haben, leben viele von ihnen Freundschaft durch Gegenseitigkeit. auch in Ländern, wo es keine Renten- Wenn ich daran interessiert bin, was und Krankenversicherung gibt. Wir Gott für den anderen bedeutet, ist es versuchen, Wege der gerechten wahrscheinlich, dass der andere auch Verteilung der Mittel zu finden, wie dich fragen wird, und so kommt ein dies auch andere Ordensgemein- Dialog zustande.“ schaften tun. Charles de Foucauld war ein wirklich Kein Ordensleben suchender Mensch; durch seine Be- im traditionellen Sinn gegnung mit wirklich gläubigen Die wichtige Aufgabe, die allen Muslimen fand er, was er ursprüng- Klöstern eigen ist, leben wir in einer lich suchte. Für ihn waren das anderen Weise. Unser Gemeinschafts- Judentum, das Christentum und der leben spielt sich in einer gewöhn- Islam wichtige Religionen, er lernte lichen Wohnung ab, wir haben einen sie kennen, indem er mit Gläubigen Gebetsraum in der Wohnung und dieser Religionen zusammen wohnte. pflegen ein Gebetsleben, das entwe- der aus dem gemeinsamen Stunden- „Ich habe oft gedacht: Ich zog nicht gebet oder dem stillen Gebet des in ein muslimisches Land, begegne- Einzelnen besteht. Gebet und Leben te jedoch dem Islam hier“, sagt Sr. darf man nicht trennen, erklärt Sr. Agnes, die vor 40 Jahren in den Elisabeth. Wir haben keine Klausur Norden kam und davon 31 Jahre in im traditionellen Sinn. Für uns ist die Oslo lebte, „dies war für mich eine Klausur in unserem Herzen. Gabe. Meine Nachbarn waren immer Muslime. Gläubige Muslime! Meine Nachbarn Das Erbe von Charles de Foucauld waren immer Muslime half mir, mit ihnen in Kontakt zu kommen und mit ihnen bekannt zu Könnt Ihr ein wenig erzählen über werden. Und das war gegenseitig. Eure Berufung zur Begegnung mit Viele von ihnen haben keinen dem Islam und anderen Religio- Kontakt mit Norwegern; vielleicht nen? war es auch leichter für sie, Freundschaft mit Menschen zu „Persönlich bin ich dankbar für schließen, die ebenfalls aus anderen Charles de Foucaulds Annäherung an Ländern kommen.“

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Man diskutiert heute viel über dieses (die jetzt in Stockholm lebt); auch sie Thema ... hatte eine Keramiklehre gemacht. So „Ja, und selbstverständlich darf man konnten die beiden neben ihren ver- nicht naiv sein, aber Extremisten findet schiedenen Arbeiten in vielen Jahren man in allen Religionen. Ich glaube, nebenbei ihr Handwerk betreiben. dass wir durch das alltägliche Leben Freunde werden können und uns Sr Elisabeth erinnert sich an die 60-er begegnen, wo wir sind. Auf diese Jahre und ihre Arbeit in der Findus- Weise heben sich viele Vorurteile auf“, Fischfabrik in Hammerfest: sagt Sr. Agnes. „Ich arbeitete im Akkord, alles musste schnell gehen. Nach einigen Jahren „Das Wichtigste ist, Brücken zu bauen, bekam ich eine Muskelentzündung nicht zuletzt heute, wo wir nach Einheit und musste die Stelle aufgeben.“ und gegenseitigem Verstehen streben. Man muss sich kennen, bevor man Nach Arbeit und Studium in Rom und beginnt, zu kritisieren“, sagt Sr. Eli- Frankreich (welches verpflichtend für sabeth. „Schwester Magdeleine pflegte alle Kleinen Schwestern ist), kam sie zu sagen, sie würde das Wort Einheit zurück nach Hammerfest, um 18 Jahre wählen, wenn sie unsere Berufung in am Ort zu bleiben. In diesen Jahren einem Wort zusammenfassen sollte.“ arbeitete sie in einer Buchhandlung.

Auch in Norwegen haben die Schwes- Dort helfen, tern versucht, wie die „Kleinen“ in der wo es am nötigsten ist Gesellschaft zu leben, gerade mit Sr. Agnes und Sr. Elisabeth reisten am Gedanken an die Einheit, um die 30. März 2007 nach Dänemark, wo die Kirche auch an Stätten sichtbar zu Kleinen Schwestern Jesu zwei machen, wo es vielleicht am wenig- Gemeinschaften haben. sten erwartet wird. „Wir sollen nach Dänemark ziehen, um unsere Kräfte zu vereinen. Wir Sr. Agnes war 22 Jahre, als sie Kleine sind älter geworden und haben weni- Schwester Jesu wurde. Sie wünschte ger Schwestern, darum müssen wir sich, in den Norden zu kommen, und einander helfen. Wir kamen zu der wurde zunächst als Postulantin nach Einsicht, dass es besser ist, zwei Dänemark gesandt. Danach war sie ein Gruppen in Dänemark zu haben, die Jahr Novizin in Belgien. Im Jahre 1975 stärker sind und nicht so weit vonein- kam sie nach Oslo. Sie hatte verschie- ander wohnen. dene Aufgaben, u. a. war sie Küchen- Es ist nicht einfach, nach so vielen und Kantinenarbeiterin, in Dänemark Jahren Norwegen zu verlassen“, sagt machte sie auch eine Keramiklehre. Sr. Agnes, „aber es ist auch ein Reichtum, dort helfen zu dürfen, wo Ihr Wunsch war, eine kleine Werkstatt wir am nötigsten gebraucht werden.“ zu eröffnen, und so kam Sr Helene Sr. Agnes zieht nach Øm/Jylland. Hier

93 Bistum Oslo haben die Kleinen Schwestern seit 50 besonders wichtig, dass immer einer Jahren einen kleinen Bauernhof. Die zu Hause ist.“ Landwirtschaft ist fast ganz aufgege- ben, das Gehöft hat in den letzten Sr. Elisabeth erzählt, dass sie aus der Jahren eine wichtige Funktion als Zeit von vor 50 Jahren auch heute Exerzitienhaus und Alterssitz für viele noch Freunde in Dänemark hat; Kleine Schwestern Jesu aus ganz damals war sie Postulantin in dersel- Europa übernommen. Dieser Ort liegt ben Gemeinde - bei den Jesuiten. „Ich inmitten einer wunderschönen Natur, komme also zu meinen Wurzeln ein Ort der Stille und Ruhe, der zurück, werde aber Norwegen sehr besonders gut geeignet ist für diejeni- vermissen. Die schöne Natur hier, das gen unserer Mitschwestern, welche in Volk, die Freunde ... Es ist schwer, an einem Milieu arbeiten, das sie stark den Abstand zu denken, doch alle und beansprucht. alles werden wir in unserem Herzen bewahren.“ Sr. Elisabeth soll nach Kopenhagen, wo derzeit nur noch zwei Kleine Wir danken unseren Kleinen Schwestern Jesu leben. Eine von ihnen Schwestern Jesu für alle Liebe und hat einen sehr anstrengenden Freundschaft, die wir in allen Jahren Arbeitsplatz in einem Heim für durch sie erfahren durften. Obdachlose, die andere ist in der Wenn sie auch jetzt Norwegen verlas- Kommune Västrebro in der ambulan- sen müssen, so wird die Einheit des ten Pflege tätig. „Ich werde also in der Geistes mit ihnen bestehen bleiben. Stadt wohnen, in einem riesigen Eingedenk des Wortes ihres Gründers Hochhaus, mitten in Västrebro, in Charles de Foucauld: einer Umgebung, wo viele verschiede- „Unser Herz soll ganz leer sein - damit ne Nationen zusammenleben. Dort Gott es ganz ausfüllen kann.“ gibt es viele Menschen, die eine offe- ne Tür brauchen, einen Ort, wo man gesehen und gehört wird; da ist es Sr. Hildegard Koch OP

Neuer Norwegischer Norwegischen Christlichen Rat“. Christlicher Rat gegründet Zwanzig verschiedene Kirchen, Kir- Am 1. September 2006 wurde ein chenversammlungen, und christliche neues und einmaliges Kapitel in der Organisationen sind Mitglieder, von norwegischen Kirchengeschichte ge- den Katholiken und Orthodoxen bis schrieben: Der „Norwegische Christli- zu den Pfingstgemeinden. che Rat“ und der “Norwegische Frei- Die katholische Kirche ist in der kirchenrat“ schlossen sich zu einen Leitung des Rates durch die apostoli- Gremium zusammen, dem „Neuen sche Dominikanerin Sr. Else-Britt

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Nilsen OP, Oslo, repräsentiert. Das Gesicht des Anderen

Der neue Rat hat folgende Ziele: ... wenn das Gesicht Die Förderung von gegenseitigem des Anderen dich in Verstehen, Respekt und Zusammen- die Verantwortung ruft arbeit zwischen den christlichen Kirchen und Glaubensgemein- „Ihr Gesicht war verzerrt, nicht nur schaften. in Schmerz, auch physisch. Mit dem Die Förderung von Maßnahmen zur Kopf etwas nach hinten gelegt und Stärkung des christlichen Glaubens, mit schiefem Mund ähnelt sie ein der Moral und Kultur in der öffent- bisschen einem verpfuschten Küken. lichen Meinung. Geduldig hat sie sich an der Bus- Die Förderung der Beachtung der Re- haltestelle in Indien vor einen nach ligionsfreiheit und der Menschen- dem anderen hingestellt und ihre rechte, sowohl in der Gesetzgebung Hand ausgestreckt. Die Wartenden als auch in der Praxis. waren mit ihren eigenen Sachen Die Wahrnehmung der gemeinsamen beschäftigt, drehten sich um, tausch- Interessen der Mitglieder gegenüber ten die Plätze und mieden ihr der Öffentlichkeit. Gesicht. Als sie zu mir kam, legte ich Förderung und Weiterentwicklung fünf Kronen in ihre Hand. Fünf ärm- guter Beziehungen zwischen den ver- liche Kronen. Ich habe aber fast nie schiedenen christlichen Glaubensge- eine solche Veränderung in einem meinschaften auf internationaler Menschen gesehen. Ihre Augen wur- Ebene. den erfüllt mit Freude und Dank- Vertretung in ökumenischen und inter- barkeit. Da habe ich geweint, vor religiösen Organisationen. Freude und auch vor Leid. Wie hatte ich ihr Gesicht, ihre verzerrte, aber Dieses große und erfreuliche Ereignis schöne Menschlichkeit übersehen wurde am 15.10.2006 mit einem öku- können?“ menischen Gottesdienst in der Åkers- hus Schlosskirche und einem anschlie- Es ist Notto Thelle, Professor der ßenden Kirchenkaffe gefeiert. Theologie an der Universität zu Oslo, der seine Geschichte erzählt. Er hält ein Seminar im Rahmen der Diakoniekonferenz mit dem Thema „Das Gesicht des Anderen“ - eine Be- gegnung mit dem Philosophen Emmanuel Levinas.

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Emmanuel Levinas. Foto: Thomas Haugersveen

„Wo ist dein Bruder?“ Emmanuel Levinas (1905 - 1995) Für Levinas dagegen wird man erst spricht von dem Gesicht des An- dann ein Mensch, wenn man dem deren, das uns verlegen macht, Anderen begegnet. Er geht von der das stark zu uns spricht und uns Philosophie zur Ethik. Er fragt nicht verantwortlich macht. Der franzö- wie die Philosophie: „Was ist ein sische Philosoph wird als einer Mensch?“, sein Denken nimmt viel- der bedeutenden Philosophen mehr als Ausgangspunkt die Frage Europas im 20. Jahrhundert be- an Kain: „Wo ist dein Bruder?“ Das zeichnet und als einer der wichtig- Gesicht des Anderen erzählt dir, sten ethischen Denker unserer warum du zur Welt gekommen bist. Gegenwart betrachtet. Er brach Die Antwort liegt in der Ver- aus dem modernen Projekt aus, antwortung, die das Gesicht auf dich das man seit dem 16. Jahrhundert legt. Levinas bewegt sich von der verfolgte, mit Denkern wie Des- ersten und zweiten Person zur drit- cartes, Freud und Kant, Denker, ten Person, von der Welt des „Wir“ die das Ego als Ausgangspunkt für zu der des „Anderen“. Auf diese ihre Philosophie nahmen. Zum Weise erweist er dem Anderen eine Beispiel Descartes: „Ich denke, neue Aufmerksamkeit, die unser also bin ich.“ Leben bestimmt. Levinas zitiert den

96 Bistum Oslo russischen Schriftsteller Dostojewski: Anderssein „Wir haben den Menschen gegenü- An Levinas ist befreiend, dass er ber alle Schuld an allem, und ich nicht erwartet, die endgültige mehr als alle.“ Antwort gefunden zu haben. Er lässt das Ende offen und umgeht es, Und wie Levinas es selbst in seinem andere zu verurteilen. Er begründet Werk Humanismus des Anderen aus- nur das, was er sieht, er legt ein drückt: „Das Schöne an dem Gesicht Zeugnis ab. Er betrachtet, um den ist, dass es spricht; es sagt: ‚Not, Verletz- Schlüssel zum Verstehen des barkeit’; es betet, es fleht mich um Hilfe Zusammenhangs zu finden, sagt an, es macht mich verantwortlich.“ Thelle, und er meint, dass es kein Levinas war gläubiger Jude, er hatte Zufall ist, dass Levinas Eindruck sich viel mit jüdischer Weisheit und gemacht hat. prophetischer Tradition des Juden- tums beschäftigt. Auch mit Jesus und „Die Ethik mit Blick auf die Nähe be- den Evangelien hatte er sich befasst. deutet viel, z. B. in der Kranken- In seinem Denken ist Gott selbst pflege. Levinas steht im Gegensatz aber nicht so deutlich anwesend. zu Anonymisierung, Bürokratisie- Gott ist auch ein Anderer, ein Gott, rung und Technologisierung. Ge- der vorbeigeht und auf dem Gesicht nerell ist man heute viel mit Selbst- des Menschen Spuren hinterlässt. verwirklichung und Wohlbefinden Für Levinas wird dabei die Begeg- beschäftigt, auch in christlichen nung mit dem Gesicht des Anderen Kreisen. Oft ist es aber wichtiger, gut im Grund eine Begegnung mit Gott. zu sein, als es gut zu haben, recht zu Gott wird erst dann sichtbar, wenn handeln, als recht zu haben“, sagt er in den Menschen Spuren des Thelle. Unendlichen hinterlässt. Die Sakra- mente der Kirche wie Brot und Wein Das Gesicht des Fremden fordert uns waren Levinas fremd. Das Gesicht auch dazu heraus, das Anderssein war sein Sakrament. des Anderen ernst zu nehmen. Das gilt sowohl für Seelsorge als auch für „Die Haut des Gesichtes ist die nack- Verkündigung und Diakonie. teste Haut, die meist entblößte, die nackteste, obwohl ihre Nacktheit „Die alte Floskel aus der Kranken- anständig ist. Es gibt im Gesicht eine pflege Wie geht es uns heute ist für grundlegende Armut, welche man Levinas völlig unannehmbar. Wir versucht zu maskieren, indem man sind verschiedene Personen. Alle tra- sich verstellt. Das Gesicht ist ausge- gen etwas Fremdes mit sich, ihre Ge- setzt, bedroht, als ob es zu Gewalt- schichte. Das müssen wir ernst neh- handlungen einlüde. Gleichzeitig ist men“, sagt der Professor. es eben das Gesicht, das uns zu töten verbietet.“ Torill H. Olsen

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schildert werden, nicht teilt und auch Für Sie gelesen nicht von einer Frau geschieden und von den Kindern getrennt, „am Boden versammelt“, mit einem Schnapsglas in der Hand den eigenen Bruder „im Per Petterson, Im Kielwasser. Club“ begrüßen musste. Mag die Hanser-Verlag München, 2007. Sprache des Autors „klar und wasser- Geb., 189 Seiten, 19,90 Euro. hell, zart und eindringlich, menschen- nah und gänzlich ohne Sentimen- Mag sein, dass Petterson in Norwegen talität“ sein, wie es auf dem Schutz- ein „etablierter Schriftsteller“ ist, des- umschlag heißt, die Figuren gewinnen sen Roman Pferde stehlen auch in kaum Profil, aus dem Ineinander von Deutschland besonders positiv aufge- Vergangenheit und Gegenwart ergibt nommen wurde. Möglicherweise hat sich keine spannende Geschichte. Nur dieser Erfolg den Verlag veranlasst, Szenen, Schlaglichter, Fetzen, Bruch- einen älteren Titel nachzuschieben, stücke. der im Original bereits im Jahr 2000 erschienen ist. Warum Männer manchmal nur an der Wie dem auch sei: Auch nach wieder- Theke, „unter Strom“, sprechen kön- holter Lektüre kann der Rezensent nen, das ist für mich die Frage, die die- diesen 189 Seiten nicht sehr viel abge- ser Roman zurücklässt. winnen, vielleicht, weil er Vater-Erfah- rungen, wie sie Im Kielwasser ge- Günter Assenmacher

Requiescant in pace Sr. Margarete Agnes Schneider CSJ + (1916-2006)

Schwester Margarete Agnes wurde am 19. August 1916 in Köln-Ehrenfeld ge- boren. Im Jahre 1939 trat sie bei den St. Josef-Schwestern ein. Sie arbeitete sowohl als Vorschullehrerin an der St. Sunniva-Schule in Oslo als auch im Kindergarten in Albachten bei Münster und im Kindergarten der St. Josef- Schwestern im norwegischen Kristian- sand.

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Sr. Margarete Agnes hatte eine große Wir sind dankbar für Sr. Margarete Liebe zu den ihr anvertrauten Kindern. Agnes' treues Leben und ihre Hingabe Durch ihre frohe Natur und ihren im Dienste Gottes und sind sicher, „echten Kölner Humor“ öffneten sich dass sie bei Gott lebt und ihn nun von die Kinder ihr gerne und nahmen wil- Angesicht zu Angesicht schaut. lig Lehre an. Besonders hat Sr. Margarete Agnes sich für die Förderung von Berufun- Sr. Birgitte Emke CSJ + gen eingesetzt; durch ihre Natürlich- (1941-2007) keit wurde sie vielen auf dem Weg der Entscheidung eine gute Be- gleiterin.

Seit ihrer Pensionierung war sie auf verschiedene Weise sehr aktiv in der St. Olav-Gemeinde in Oslo, u.a. als Sakristanin. Sie besuchte oft alte und einsame Menschen; noch bis ins hohe Alter brachte sie gerne eine warme Mahlzeit zu denen, die in Not waren.

Ein besonders großer Tag in ihrem Leben war, als sie das 50-jährige Or- Schwester Birgitte wurde am 31. densjubiläum ihres einzigen Bruders Dezember 1941 in Friesoythe/ zusammen mit diesem in Brasilien Bremen geboren. 1961 trat sie bei feiern konnte, wo er als Franziskaner den St. Josef-Schwestern in Al- in der Mission wirkte. bachten ein und kam im folgenden Jahr nach Norwegen, wo sie 1969 in Seit 1993 lebte sie im Heim der St. der St. Josef-Kapelle ihre Gelübde Josef-Schwestern in Grefsen, wo sie ablegte. im Alter von 90 Jahren am 8.10.2006 friedlich starb. Viele kennen Sr. Birgitte durch ihr langjähriges Wirken als Sekretärin Wir werden Sr. Margarete Agnes als und Buchhalterin am „Vår Frue eine wirklich fromme Ordensfrau in Hospital“. Auch innerhalb der Admi- Erinnerung behalten, die das Gebet nistration des Ordens war sie lange liebte und stets gewissenhaft ein geist- tätig, sowohl als General- wie auch liches Leben geführt hat. Sie war als Provinzökonomin und Provinzse- immer ein großzügiger Mensch mit kretärin. einem weiten Herzen; bis ins hohe Ein großer Traum von Schwester Alter blieb sie offen für Neues. Birgitte ging in Erfüllung, als sie im

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Jahre 1991 ein Jurastudium beginnen in der Provinz, sondern auch in der konnte, welches sie 1998 mit dem katholischen Kirche Norwegens. Staatsexamen abschloss. Durch diese zusätzliche Ausbildung wurden ihr Wir danken Gott für Sr. Birgitte und Dienst für das Wohl der gesamten ihren großen Einsatz für das Reich Kongregation, der Leitung der Gottes in der Diaspora im hohen Provinz und der St. Sunniva-Schule Norden. noch wertvoller. Möge sie nun leben in Gottes Frieden und Liebe. Sr. Birgitte war eine wirklich tüchtige und nachdenkliche Person, die immer und überall zu Diensten P. Per Bjørn Halvorsen O.P. stand. Dabei machte sie sich stets 1939-2007 zum Sprecher für die Armen und Schwachen in der Gesellschaft und zum Verwalter der Gerechtigkeit. Vielen half sie mit ihren profunden Kenntnissen, besonders Einwan- derern, die z. B. eine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis brauchten.

Als Ordensfrau war sie ein tief geist- licher Mensch, immer bemüht, im Spannungsfeld von Gebet und Arbeit zu leben. Vielen war sie eine vertrau- ensvoller und aufgeschlossener Ge- sprächspartnerin. Bei allem blieb sie immer eine sehr bescheidene Frau, die bereit war zu dienen und ande- ren stets mit Milde und Verständnis begegnete. Am Palmsonntag, dem 1. April 2007, In den letzten drei Jahren ihres starb Pater Per Bjørn Halvorsen nach Lebens hat Sr. Birgitte mit Geduld vielen Jahren schwerer Krankheit im und Tapferkeit gegen ihre Krebs- Diakonhjemmet-Krankenhaus in Oslo. krankheit gekämpft. Bis zu ihrem Tod am 12.3.2007 blieb sie stark im Per Bjørn Halvorsen wurde am 31. Glauben. Mai 1939 in Overhalle in Nord- Trøndelag/Norwegen geboren. Nach Ihre Mitschwestern vermissen Sr. seiner Konversion zur katholischen Birgitte. Sie hinterlässt nicht nur eine Kirche trat er in den Dominikaner- große Lücke in ihrem Konvent und orden ein. Am dominikanischen

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Studiencenter Le Saulchoir in Originalübersetzungen von Lesungen Frankreich studierte er Theologie; aus den Schriften der Kirchenväter. besonders widmete er sich den Er übersetzte auch den Katechismus Kirchenvätern. Im Jahre 1970 wurde der Katholischen Kirche in die nor- er zum Priester geweiht; seither wegische Sprache. gehörte er zum Konvent der Domini- kaner in der Neuberggaten in Oslo. Pater Per Bjørn war nicht nur Theologe, sondern auch Historiker. Als Predigerbruder war die Verkündi- Seine Studien über den heiligen gung seine Berufung und seine wich- Dominikus, welche im Jahr 2002 in tigste Aufgabe. Seine Predigten, norwegischer Sprache veröffentlicht immer in der Heiligen Schrift und wurden, sind inzwischen auch ins den Kirchenvätern verankert, waren Französische übersetzt. Als im Jahr vorbildlich in ihrer kurzen und kla- 2005 Per Björns Halvorsens Predigt- ren Form. Er sprach nicht nur die sammlung „Erkenne Deine Würde“ Gefühle an, sondern den „ganzen gedruckt wurde, war er schon ernst- Menschen“ mit seiner Vernunft und haft krank. seiner Verantwortung. Nicht nur die katholische Kirche, sondern alle Christen in Norwegen Pater Per Bjørn war ein herausragen- haben einen gelehrten und engagier- der Repräsentant der dominikanisch- ten Verkünder und Theologen verlo- theologischen und akademischen ren. Vor allem aber vermissen wir Tradition. Als Lehrbeauftragter am den „Mitmenschen“ Per Bjørn. Institut für Religionsgeschichte der Universität Oslo vermittelte er vielen Viele teilen die Trauer über seinen Generationen von Studenten eine frühzeitigen Tod mit seinen Brüdern unvergessliche Einführung in die und Schwestern im Orden und mit Entwicklung der Glaubenslehre der seiner Familie. frühen Kirche. Durch unzählige Kurse im St. Dominikus-Kloster Per Kværne / Kari Vogt brachte er Theologie und Kirchen- geschichte einem breiten Publikum nahe.

Sein erstes Buch „Jesu Abendmahl“ erschien im Jahre 1989. Er war Mit- herausgeber mehrerer Lexika und religionsgeschichtlicher Handbücher. In den vier Bänden der norwegi- schen Ausgabe des kirchlichen Stundenbuches finden sich von sei- ner Hand mehrere hundert Seiten mit

101 Prälatur Trondheim Prälatur Trondheim

Die Prälatur Trondheim wurde am 28.3.1979 errichtet. Zuvor bestand das Apostolische Vikariat von Mittelnor- wegen, das 1953 errichtet worden war und die 1935 errichtete Apostolische Präfektur abgelöst hatte. Die Prälatur Trondheim umfasst eine Fläche von 56.458 km², auf welcher ca. 643.000 Menschen leben; von ihnen waren 3.209 als katholisch gemeldet (= 0,5 %). In der Prälatur sind 7 Priester und 16 Ordensfrauen tätig. Die Prälatur wird von Bischof Georg Müller SSCC geleitet, der 1951 in der Aus Holz und Glas Diözese Trier geboren wurde, 1978 die Priesterweihe und 1997 die Im Jahrbuch 2006, S. 88-95, infor- Bischofsweihe empfing. mierten wir unsere Leser, dass das große Bauprojekt der Prälatur Die Anschriften lauten: Trondheim, das Trappistinnen-Kloster Den katolske Kirke i Midt-Norge auf Tautra, zum Abschluss kommen Sverres gt.1, N-7012 Trondheim würde. Wie dort angekündigt, fand im Tel.: 00 47/73 52 77 05 Laufe des Sommers 2006 der Umzug Fax: 00 47/73 52 87 90 aus den beiden bislang von der E-Mail: [email protected] Kommunität bewohnten ehemaligen Internet: www.katolsk.no Bauernhäusern in den fertig gestellten Neubau statt. Dessen Kirche wurde nun am 12.5.2007, 800 Jahre nach Gründung des ersten Zisterzienser- klosters auf Tautra, feierlich konse- kriert. Der Neubau hat bereits die Aufmerksamkeit vieler Architekten

102 Prälatur Trondheim gefunden und zwei Auszeichnungen Hamburg überreichen, weil ja auch erhalten. Uns interessiert natürlich immer deutsche Gäste im Kloster will- mehr die Bedeutung des Klosters für kommen sind. das Leben der Kirche in Mittelnorwe- Ganz besonders hervorgehoben gen. Wir freuen uns, dass Msgr. Wilm wurde das Fest durch die Teilnahme Sanders aus Hamburg, der am Festtag der norwegischen Königin Sonja, die selbst in Tautra dabei sein konnte, fol- für die Klostergründung ein besonde- genden Bericht schickte: res Interesse zeigte und auch schon bei der Grundsteinlegung am 8. Mai Klosterweihe auf Tautra 2003 zugegen war. Ich konnte sie beim anschließenden Empfang als Gast aus Hamburg kurz begrüßen.

An der Feier der kirchlichen Weihe nahmen 5 Äbte teil, darunter der neue Abt Josef Vollberg vom deut- schen Trappistenkloster Mariawald und der Abt von Citeaux, Olivier Quenardel. Auch Altbischof John Willem Gran von Oslo und der Diözesanadministrator der Prälatur Tromsø, Msgr. Dr. Torbjörn Olsen, Genau 800 Jahre nach der Weihe des waren unter den Konzelebranten. Zisterzienserklosters auf der Insel Ebenso waren alle Priester der Diö- Tautra im Trondheim-Fjord im Mai zese Trondheim zur Konzelebration 1207 erhielt am 12. Mai 2007 das neue eingeladen. St. Maria-Kloster der Trappistinnen Die Klosterweihe war ein Fest für ganz seine kirchliche Weihe. Auf Einladung Mittelnorwegen. In ökumenischer der Priorin Mutter Rose- mary Durcan konnte ich an der Feier teilnehmen und fühlte mich dabei in gewisser Weise auch als Vertreter unseres Erzbis- tums Hamburg und des Ansgarwerkes der bei- den norddeutschen Diö- zesen. Für die Kloster- bibliothek konnte ich der Priorin einige Publi- kationen unserer Ka- tholischen Akademie

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Verbundenheit nahm der lutherische Die Feier begann mit einer feierlichen Bischof von Trondheim Finn Wagle Prozession der Liturgen und aller an der Feier teil, ebenso Dompropst Anwesenden vom Schwesternhaus, in Andersen von Trondheim und ver- dem die Gründung 1999 begann, zum schiedene evangelische Geistliche neuen Klostergebäude, das die aus der Region. Die Königin wurde Schwestern bereits im Juli 2006 bezo- begleitet vom örtlichen Bürger- gen hatten. Höhepunkt der Feier meister von Frosta, vom Bezirksre- waren das festliche Hochamt und die gierungspräsidenten, vom Polizei- Konsekration der Klosterkirche bzw. präsidenten und dem Landespolizei- des Altares. Den festlichen Gottes- chef (Foto S. 103). dienst leitete Bischof Georg Müller

Alle Fotos: Janne Hopmo

104 Prälatur Trondheim von Trondheim. Pfarrer Marcelin Name "Tautra" von "Insula tuta" ablei- Rediu von Levanger trug als der zu- tet. Tautra war eine "sichere Insel" ständige Ortspfarrer die Reliquien in inmitten des oftmals gefährlichen die neue Kirche, die dann in den Altar Trondheim-Fjordes. So solle nun das eingemauert wurden. Es waren Marienkloster auf Tautra eine Zuflucht Reliquien der Martyrer hl. Maria für Menschen werden, die Gott Goretti (1890-1902) und des seligen suchen mitten in den Wechselfällen bulgarischen Bischofs Eugenio ihres Lebens, und ein Ort sein, der Bossilkov (1900-1952), des hl. Zeugnis gibt von Gottes Treue und Benedikt und der hl. Theresia von Liebe zu uns. Lisieux sowie der seligen Trappisten Rafael Arnaiz de Barón (1911-1938) Msgr. Wilm Sanders und Sr. Maria Gabriella Sagghedu (1914-1939). Bischof Müller überreich- Am Oktavtag der Weihe ... te der Priorin am Eingang zur Kirche ..., am Samstag, dem 19.5.2007, den Kirchenschlüssel. Auf verschiede- besuchte der Kölner Erzbischof Joa- ne Weise waren die Schwestern durch chim Kardinal Meisner den Konvent. einzelne Handlungen sehr gut in den Am Morgen feierte er dort die hl. Ablauf der Feier eingebunden. Messe in Konzelebration mit Bischof Georg Müller, dem Hausgeistlichen In seiner Predigt erläuterte Bischof der Schwestern, P. Anthony O'Brien Müller, dass sich der mittelalterliche O.C.S.O., Domkapitular Prälat Dr.

Fotos: Oliver Boss

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Assenmacher, Leiter des Kölner St. schen ins Norwegische übersetzte. Im Ansgarius-Werkes, und dem Sekretär Anschluss an den Kirchenkaffee des Erzbischofs, Kaplan Oliver Boss. besichtigte man den Nidaros-Dom, wo sich vor der Reformation das Beim gemeinsamen Frühstück, einem Grab des hl. Olav befand und einer langen, geistlichen Gespräch im Kapi- der bedeutenden mittelalterlichen telssaal, einem festlichen Mittagessen Wallfahrtsorte war. Auch heute ist der und der Besichtigung des neuen Dom von Trondheim wieder Ziel so Klosters mit seinen verschiedenen zahlreicher Wallfahrer, dass die luthe- Räumen herrschte eine große Freude rische Staatskirche einen eigenen und ein tiefes Einverständnis. Kardinal Geistlichen dafür bestellt hat. Von Meisner erzählte u. a. über seine lange ihm wurden auch die Gäste aus Beziehung zum Heiligen Vater, die Deutschland begrüßt und in sehr bewegenden Tage des Abschieds von freundlicher Weise durch das Bau- Papst Johannes Paul II. und der Wahl werk geführt, das ähnlich wie der Papst Benedikt XVI. Kölner Dom im Mittelalter unvollen- det blieb und erst im 19. Jahrhundert Nach der Vesper brachen die Gäste, vollendet wurde, auch als Ausdruck die zuvor mit Bischof Müller noch die eines wieder gewonnenen National- Ruinen der alten Zisterzienser-Klos- empfindens. terkirche besichtigt hatten und von der Ruhe und Schönheit des Fjordes, Am Vormittag zeigte und erläuterte der Landschaft und der noch früh- Bischof Müller im Stadtteil Tiller, etwa lingshaften Natur sehr beeindruckt 7 km vom Zentrum entfernt, das waren, auf nach Trondheim. Dort Grundstück, auf dem im Spätsommer wohnten sie bei den gastfreundlichen mit dem Bau einer neuen Kirche, Birgitta-Schwestern, von denen zwei eines Gemeindezentrums und eines aus Indien, zwei aus Mexiko stam- Birgittaklosters begonnen werden soll, men. womit dann die Stadt Trondheim, in Am Sonntag feierte Kardinal Meisner der die meisten Katholiken in der das Hochamt in der überfüllten St. Prälatur wohnen, eine zweite Pfarrei Olav-Domkirche, wobei Bischof erhält. Müller seine Predigt aus dem Deut- Den Abschluss des kurzen Kölner Besuches bildete eine Fahrt nach Levanger, wo sich die dort ansässigen vier Schwestern des Institutes St. Bonifatius und der aus Rumänien stammende Pfarrer Marcelin Rediu sehr freuten.

Günter Assenmacher

106 Prälatur Trondheim Prälatur Tromsø

Die Prälatur Tromsø wurde am 28.3.1979 errichtet als Nachfolgerin des Apostolischen Vikariates Nord- Norwegen, das seit 1955 bestand und seinerseits der entsprechenden Apos- tolischen Präfektur nachfolgte. Seit 1892 gehörte das Gebiet zum Aposto- lischen Vikariat Norwegen, welches wiederum auf die gleichnamige Apostolische Präfektur folgte, die 1869 errichtet wurde. Von 1855 bis 1869 gehörte das Gebiet zur Apostolischen Präfektur für den Nordpol mit Sitz in Alta, zuvor seit 1853 zum Aposto- lischen Vikariat Schweden-Norwegen.

Das Gebiet der Prälatur umfasst Die Anschriften lauten: 175.618 km², auf denen ca. 467.062 Tromsø Stift, Boks 198, Menschen wohnen. Davon sind 1.728 N-9252 Tromsø katholisch. 10 Priester betreuen die 6 Tel.: 00 47/77 68 42 77 Pfarreien; 22 Ordensfrauen leben dort. Fax: 00 47/77 68 44 14 Die Prälatur wird nach dem Tod von Internet: www.katolsk.no Bischof Gerhard Goebel M.S.F. derzeit verwaltet von Msgr. Dr. Torbjrøn Olsen, geb. 1953 in Kristiansund und 1991 in Tromsø zum Priester geweiht.

107 Prälatur Tromsø

ITER PARA TUTUM Zu den feierlichen Exequien in der nahegelegenen Pfarrkirche Heilige Familie waren außer seiner Schwester Rita, deren Familie und anderen Ver- Tod und Begräbnis von wandten und Freunden selbstver- Bischof Gerhard Goebel ständlich viele Mitbrüder aus der (* 1.12.1933 + 4.11.2006) Ordensgemeinschaft gekommen, in die er 1954 nach dem Besuch der Missionsschulen in Oberhundem bzw. „Wo ich sterbe, dort möchte ich auch in Lebenhan/Unterfranken eingetreten beerdigt sein.“ Diesem Wunsch ent- war. Nach dem Studium der Philoso- sprechend fand Bischof Gerhard phie und Theologie im Ordensseminar Ludwig Goebel am 9. November 2006 Ravengiersburg/Hunsrück empfing er seine letzte Ruhestätte auf dem am 3. Juli 1960 dort die Priesterweihe. Klosterfriedhof der Missionare von der Schon 1962 wurde er nach Nord- Heiligen Familie in Betzdorf-Bruche, norwegen geschickt und war dort in in unmittelbarer Nähe seines Heimat- den Pfarreien Tromsø und Hammer- ortes Scheuerfeld an der Sieg. Dort fest tätig. Nachdem er von 1977 an die war er während eines Urlaubs von Aufgabe des Apostolischen Adminis- einer Atemnot befallen worden und trators wahrgenommen hatte, ernann- ganz plötzlich und unerwartet am te ihn Papst Johannes Paul II. am 30. Samstagnachmittag, 4.11.2006, im März 1979 zum Bischof-Prälaten des Krankenhaus in Kirchen gestorben. tags zuvor in den Rang einer Aposto-

108 Prälatur Tromsø lischen Prälatur erhobenen Sprengels. Kirche in Norwegen leitete, sein Die Bischofsweihe empfing er vom Nachfolger, Bischof Bernt Eidsvig, Papst selbst am 27. Mai 1979 in Rom. Bischof Georg Müller von Trondheim/ Von dort war zum Begräbnis der Mittelnorwegen, Bischof Czeslaw Generalobere Pater Wilhelm van der Kozon von Kopenhagen und als Weiden gekommen, aus Mainz der Vertreter von Bischof Gijsen Pfarrer Provinzial Pater Egon Färber. Hjalti Thorkelsson aus Reykjavik. Bischof Arborelius legte in seiner Predigt dar, dass jede Messfeier eine Die Kongregation der Missionare von besondere Berührung mit der Ewig- der Heiligen Familie, die 1895 in keit bedeute, in der die Verstorbenen Grave (Niederlande) von dem franzö- Gott von Angesicht zu Angesicht sischen Volksmissionar Pater Jean schauen dürfen. Bischof Goebel habe Baptiste Berthier (1840-1908) gegrün- ungezählte Male in seinem Leben die det wurde und 1919 nach Deutschland hl. Messe gefeiert; gerade nach seinem kam, ist seit vielen Jahrzehnten in Schlaganfall vor wenigen Jahren habe Nordnorwegen tätig. Die letzten vier er trotz aller Behinderungen darauf Vorgänger von Bischof Goebel gehör- den größten Wert gelegt, dieses „Opfer ten ihr an: Präfekt Johannes Starke des Lobes“ Gott darzubringen. (1932-1939), Bischof Johannes Wem- Er werde die gütigen und freundlichen ber (1939-1976), Bischof Johannes Augen Bischof Goebels nicht verges- Przyklenk (1976-77) und Provikar sen, mit denen dieser alle Menschen Walter Huijbregts (1977). angeblickt habe und in denen diese einen Abglanz Jesu hätten wahrneh- men können: „Auch Jesus hat die Der Weg an die Sieg war auch den Menschen freundlich und mit gütigen meisten Priestern der Prälatur Tromsø Augen angeschaut.“ nicht zu weit; für sie fand Msgr. Dr. Torbjørn Olsen nach der hl. Messe Es war eine schöne Geste der Verbun- herzliche und dankbare Worte, mit denheit, dass auch Bischof Reinhard denen er die väterliche und wohlwol- Marx eigens aus Trier in diese Enklave lende Art des verstorbenen Bischofs seines Bistums an der Sieg, in un- würdigte. mittelbarer Nachbarschaft des Erzbis- Die Nordische Bischofskonferenz war tums Köln, gekommen war. Er leitete nahezu vollzählig vertreten: an der das Begräbnis. Spitze ihr Vorsitzender, Bischof Anders Arborelius von Stockholm, der Haupt- Auch die deutschen Diaspora-Hilfs- zelebrant und Prediger der Begräbnis- werke: das Bonifatiuswerk in Pader- messe war, außerdem der emeritierte born und die Ansgarwerke Köln, Bischof von Oslo, Gerhard Schwenzer, Münster und Osnabrück waren bei der der viele Jahrzehnte gemeinsam mit Begräbnismesse vertreten und gaben Bischof Goebel die Geschicke der Bischof Goebel das letzte Geleit.

109 Prälatur Tromsø

In der Kirche sprachen zuvor noch rung übermitteln; er erinnerte daran, Msgr. Stephan Stocker, Nuntiatursekre- dass König Harald im Sommer Bischof tär in Berlin, der den Apostolischen Goebel die höchste Auszeichnung ver- Nuntius in den nordischen Ländern, liehen hat, die einem Nicht-Norweger Erzbischof Dr. Giovanni Tonucci, ver- verliehen werden kann: Die Ernen- trat. Stocker selbst war vor seinem nung zum Kommandeur des St. Olav- Einsatz in Berlin einige Jahre als päpst- Ordens. licher Diplomat im Norden tätig.

Außerdem sprachen noch der 86-jähri- Am Abend des Begräbnistages, noch ge Pater Nikolaus Zeimetz als Vertreter in Deutschland, fand die Wahl des der Missionare der Heiligen Familie Diözesanadministrators durch das und der Pfarrgemeinderatsvorsitzende sechsköpfige Konsultorenkollegium von Tromsø; dieser durfte auch das statt: Msgr. Dr. Torbjörn Olsen. Beileid der norwegischen Bezirksregie- S.

Höhepunkte im Lauf einem feierlichen Gottesdienst und eines Kirchenjahres einer Prozession mit der Marienstatue Gunther Jäger ist Pfarrer der 2003 um die Kirche und das Pfarrhaus in errichteten Pfarrei Mosjøen in Nord- Mosjøen begangen wurde. norwegen. Sie umfasst Mosjøen selbst (mit der Heilig Geist-Kirche) und Mo i Rana mit Selfors. Auf einem Terri- torium von 17.323 km² leben unter ca. 77.000 Einwohnern 340 registrierte Katholiken. Gunther Jäger wurde am 2.9.1960 in Deggendorf bei Regensburg geboren; er empfing dort, nachdem er einige Jahre Mitglied einer Brüdergemeinschaft gewesen war, am 26.7.1997 die Priesterweihe; bald danach kam er nach Norwegen, wo er zunächst in der Prälatur Trondheim tätig war, um dann nach Tromsø zu wechseln. Das erste besondere Ereignis im Kirchenjahr 2005/2006 war das 150- jährige Jubiläum der Errichtung der Nordpolmission (vgl. Jahrbuch 2005, S. 110-112), das am 8. Dezember mit

110 Prälatur Tromsø

Am 2. Sonntag im Dezember kamen in einem ökumenischen Gottesdienst in Mosjøen und Mo i Rana nach der hl. unserer bis auf den letzten Platz gefüll- Messe der Nikolaus und Santa Lucia ten Mosjøener Kirche. zu uns. Der Nikolaus hatte natürlich Am Karfreitag nahmen wir mit ande- eine Überraschung für die Kinder und ren Christen an einem ökumenischen alle anderen dabei, Santa Lucia trug Kreuzweg durch Mosjøen teil. Am eine Lichterkrone mit fünf Kerzen auf Ostersonntag feierten wir in Mo i Rana dem Kopf. in der Erlöserkirche einen wunder- schönen Auferstehungsgottesdienst Nachdem im Jahre 2005 unsere Pfarrei mit Erstkommunion . einen enormen Zuwachs durch polni- sche Gläubige zu verzeichnen hatte, Einen hohen Besuch erwartete unsere luden wir diese in der Adventszeit zu Gemeinde am Montag nach dem einem typisch norwegischen „Weih- Weißen Sonntag: Erzbischof Giovanni nachtsessen“ ein, welches aus Tonucci, den Apostolischen Nuntius in „Pinnekjøt“ und „Juleribbe“ bestand. den nordischen Ländern. Es war das Für unsere polnischen Gastarbeiter erste Mal, dass ein Nuntius unsere war dies die erste Begegnung mit der Pfarrei besuchte. Mit seiner begeistern- norwegischen Küche. Als Getränk gab den und sympathischen Art hat er gro- es norwegisches Bier (2,3% !!!) und als ßen Eindruck gemacht. Der Nuntius Nachspeise die nur in Skandinavien besuchte am nächsten Tag auch die wachsenden „Multebeeren = Wolken- Erlöserkirche in Mo i Rana, wo es zu beeren“. einem ökumenischen Treffen mit In Norwegen ist es üblich, den Vertretern der örtlichen evangelischen Christbaum in die Mitte des Raumes zu Pfarrei kam. stellen, so dass um ihn herum getanzt werden kann, was von unseren Not macht erfinderisch! Weil es an Gästen mit großem Humor aufgenom- Geld für die Anschaffung eines ferti- men wurde. gen Baldachins fehlte, hat ein Mitglied unserer Pfarrei einen wunderschönen An Weihnachten selbst waren die pol- Baldachin aus Gardinen angefertigt, nischen Gastarbeiter abgereist, um das den wir am Fronleichnamsfest 2006 Fest zu Hause mit ihren Familien zu zum ersten Mal in Gebrauch nahmen. feiern, so dass unsere Gemeinde (auf Die Prozession konnte bei strahlen- das normale Maß „geschrumpft“) ihr dem Wetter um das Viertel ziehen, in eigenes Weihnachtsbaumfest am dem unsere Kirche liegt (Fronleich- Sonntag nach Weihnachten begehen nam wird hier immer am 1. Sonntag konnte. nach dem eigentlichen Fronleichnams- Ende Januar nahmen wir mit einem fest gefeiert). In Mo i Rana feierten wir kleinen Chor am ökumenischen Ge- das Fronleichnamsfest mit einer Pro- betstreffen in der Pfingstgemeinde teil. zession, die von der Kirche zur Ka- Die Fastenzeit begannen wir mit pelle im Pfarrhaus führte.

111 Prälatur Tromsø

Es ist auch von einem unliebsamen Zu unserer Gemeinde gehören auch Ereignis zu berichten: die regelmäßigen Seelsorgestellen Mitte September, also nach dem Sandnessjøen (Krankenhauskapelle) Besuch des Heiligen Vaters in seiner und Brønnøysund (Kapelle des bayerischen Heimat und der viel Altenpflegeheimes). Es würde jedoch beachteten Rede in der Regensburger den Rahmen des Artikels sprengen, Universität, die in der islamischen Welt wenn wir auch noch über die Akti- ziemliche Empörung auslöste, wurde vitäten dort berichten wollten. Aber ein großer Pflasterstein nachts in unse- vielleicht noch ein paar Sätze über re Kirche geworfen. Er durchlug zwei unsere sozialen Aktivitäten: Die Pfarrei Scheiben; die Kirche war übersät mit betreibt im Pfarrsaal in Mosjøen die Glassplittern. Den Schaden konnten sogenannte „Varmestue“ = Wärmestu- wir notdürftig mit großem Einsatz be für Drogenabhängige, in Mo i Rana unserer polnischen Freunde reparie- unterstützen wir im nämlichen ren. Einige Tage später fanden wir Anliegen das sog. „Barmhjertig- einen Drohbrief mit folgenden Wort- hethus“. Wir machen auch monatlich laut: „drep paven/kristen!!! - ermordet Besuche im Helgelandgefängnis und den Papst/die Christen!!!“ beteiligen uns am sog. „Nachtcafe“ für Die ganze Angelegenheit wurde zur die Jugendlichen in der Stadt. Anzeige gebracht, die aber leider bisher nicht zur Ermittlung der Täter führte. Während ich diesen Artikel verfasse, erreicht mich die traurige Nachricht, Den Abschluss unserer Reise durch das dass unser lieber und väterlicher Kirchenjahr 2005/2006 möchten wir Bischof Gerhard Goebel in seiner mit dem Allerheiligenfest machen: deutschen Heimat plötzlich verstorben Leider ist hier in Norwegen der ist. Wir werden für ihn sowohl in Allerheiligentag kein Feiertag. Deshalb Mosjøen wie in Mo i Rana ein musste unser Gottesdienst auf den Requiem feiern, in dem wir ihn der Abend verlegt werden. Da unsere Güte Gottes anvertrauen und Gott für Kirche für die Gemeinde viel zu klein alles danken, was er uns durch ihn gewesen wäre, konnten wir freundli- geschenkt hat. cherweise die evangelische Dolstad- Beten Sie mit unserer kleinen, aber Kirche nutzen. Anstelle der Fürbitten lebendigen Gemeinde auch um einen wurden die Namen vieler, vieler Men- guten Nachfolger im Amt des Bischofs schen verlesen, derer die Gläubigen für die Prälatur Tromsø. gedenken wollten. Nach der hl. Messe gingen wir in Prozession zum nahege- legenen Kriegerdenkmal der Stadt Gunther Jäger Mosjøen. Dort stellten wir die Kerzen auf. Das Vater Unser und Ave Maria auf norwegisch, englisch und polnisch bil- dete den Abschluss unserer hl. Feier.

112 Bistum Helsinki Bistum Helsinki

Das Bistum Helsinki wurde am 22.2.1955 errichtet als Nachfolgerin des Apostolischen Vikariates Finnland, welches seit 1920 bestand. Auf einer Fläche von 338.145 km² wohnen ca. 5,2 Mio. Menschen, von denen ca. 8.790 als katholisch gezählt werden. Außer dem Bischof arbeiten 18 Priester, ein Ständiger Diakon und 36 Ordensfrauen in den sieben Pfarreien des Bistums. Bischof von Helsinki ist seit 2000 der aus Polen stammende Dr. Józef Wróbel aus der Gemeinschaft der Herz-Jesu-Priester (S.C.J.).

Die Anschriften lauten: Katolinen kirkko Suomessa Rehbinderintie 21, FIN-00150 Helsinki 15 Tel.: 00 358/9-687 74 60 Fax: 00 358/9-63 98 20 E-Mail: [email protected] Internet: www.catholic.fi

Aus dem Leben des Bistums Helsinki 2006/2007

Priesterweihe in Naantali Ansgar-Jahrbuch (2006, S. 116) berich- Von der Diakonatsweihe von Nguyen tet. Am 7. Oktober des vergangenen Toan Tri, geboren 1978 in Vietnam Jahres empfing er von Bischof Józef und seit seinem zehnten Lebensjahr in Wróbel die Priesterweihe. Die Weihe Finnland, haben wir schon im St. fand in der mittelalterlichen ehemali-

113 Bistum Helsinki

gen Klosterkirche der Birgittaschwes- Gnadental) statt. Diese Kirche ist heute tern in Naantali (schwedisch: Nåden- evangelische Pfarrkirche. dal, lateinisch: Vallis gratiae, deutsch: Isä Tri wird seine priesterliche Arbeit vorerst in Turku fortsetzen, wo er schon als Diakon tätig war. Soweit bekannt, ist Tri's Priesterweihe die vierte nach der Reformation in Finn- land. Die dritte war die von isä Tuomo Tapio Vimpari im Jahre 1999 in Helsinki, die zweite die von isä Teemu Sippo 1977, ebenfalls in Helsinki, und die erste die von isä Martti Voutilainen O.P. 1961, ebenfalls in der Hauptstadt. Die beiden ersten finnischen Priester nach der Reformation empfingen die Priesterweihe in Paris (Wilfrid von Christierson, 1903) bzw. St. Petersburg (Adolf Carling, 1911).

Tri wurde in Vietnam geboren. Sein Vater, der Schwierigkeiten vom kom- munistischen Regime zu erwarten hatte, gelangte schließlich nach Finnland, wohin die Familie später

114 Bistum Helsinki

folgte. So ist Tri seit seinem zehnten offenen Jugend- und Studentenarbeit Lebensjahr in Finnland aufgewachsen, widmen - offen deshalb, weil sie auch kennt Sprache und Mentalität und hat ein Angebot an Nichtkatholiken ist. zugleich seine eigene Tradition be- Zum anderen Fr. Joseph Ha Minh Hieu wahrt. aus dem Bistum Atlanta, USA. Seiner Herkunft nach Vietnamese und in den Derzeit studieren zwei weitere vietna- USA zum Priester geweiht, wird er sich mesisch-finnische Priesteramtskandi- vor allem der Seelsorge der vietname- daten in Rom: Peter Cuong (im dritten sischen Katholiken widmen. Jahr seines Studiums) und Josef Dang (im zweiten Jahr). Zwei Priester neu nach Finnland In diesem Jahr haben zwei Priester ihre Arbeit im Bistum Helsinki aufge- nommen: Isä Raimo Goyarrola aus Bilbao, Spanien, Priester der Prälatur Opus Dei (Foto unten). Selbst noch jung, wird er sich unter anderem der

Mit diesen beiden und Tri stieg die Zahl der in Finnland tätigen Priester 2006 auf 22. Ein Priester des Bistums Helsinki, Dr. Tuomo Tapio Vimpari, 1999 in Helsinki geweiht, steht im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls und arbeitet derzeit in der Apostolischen Nuntiatur in Kiew, Ukraine.

115 Bistum Helsinki

Stella Maris nahme offensichtlich nicht einverstan- Das diözesane Begegnungszentrum den waren, rechtliche Schritte ange- Stella Maris, ca. 60 km westlich von strengt hatten, forderte das staatliche Helsinki, wird nun schon ein Jahr von Museumsarchiv die Reliquie zurück, den Birgittaschwestern betreut. Der um sie seinerseits an den evangelisch- geistliche Charakter des Zentrums hat lutherischen Pfarrverband von Turku damit auch einen deutlich sichtbaren und Kaarina weiterzuleiten. Dies Ausdruck gefunden. Seelsorger der wiederum geht darauf zurück, dass Schwestern und Ansprechpartner für der Landeskonservator bzw. das staat- alle Gäste ist P. Frans Voss SCJ, der hier liche Museumsarchiv in Helsinki in ein breit gefächertes Arbeitsfeld hat. den zwanziger Jahren alle seinerzeit Die ersten Jahre nach seiner Pensio- bekannten Reliquien katalogisiert, nierung war P. Frans wie zuvor in untersucht und dem Museumsbestand Turku tätig. Auch in Stella Maris wird einverleibt hat. Die rechtlichen Schritte er sich nicht zur Ruhe setzen. Dafür zielten darauf ab, dies als unrechtmä- sorgen außer der Arbeit am Ort pasto- ßig festzustellen. Die rechtliche Lage rale Aufgaben, die von dort aus wahr- ist nach wie vor unklar, was das genommen werden können. Museumsarchiv nicht daran gehindert Seit einigen Jahren ist die Zahl der hat, eine erneute Untersuchung aller Kinder und Jugendlichen, die aus den Reliquien anzusetzen und auch die Pfarreien an den Sommerlagern in Reliquie, die nach wie vor im Altar Stella Maris teilnehmen, leicht rückläu- von St. Henrik ruht, zurückzufordern. fig. Der Wechsel in der Leitung ist ein Wie diese Untersuchung im einzelnen guter Anlass, die Teilnahme 2007 aussieht und ob die Reliquie dann durch eine kleine Kampagne zu för- dern. Reliquie des hl. Henrik weiterhin in der Domkirche Wie im St. Ansgar-Jahrbuch 2005 aus- führlich berichtet, ist die einzige be- kannte und nach den üblichen Standards als echt angesehene Reli- quie des hl. Henrik in der Vorderfront des Altars der katholischen Domkirche St. Henrik sichtbar aufbewahrt. Die Reliquie war auf Antrag des Bistums im Jahr 2000 vom staatlichen Mu- seumsarchiv unter Sicherheitsauflagen der katholischen Domkirche „unbefris- tet“ überlassen worden. Nachdem einige Gruppen, die mit dieser Maß-

116 Bistum Helsinki zurückkommt, ist ebenso unklar. Je- nicht akzeptieren und bitten ..., unse- denfalls befindet sich die Reliquie zur re religiösen Überzeugungen und Zeit der Abfassung dieses Beitrags Gefühle zu respektieren. nach wie vor in St. Henrik. 2) Bis zur Reformation waren die Nachstehend zitieren wir aus der in Reliquien des hl. Henrik Eigentum der Bistumszeitung FIDES (Nr. 8/2006) der katholischen Kirche. Während veröffentlichten Antwort von Bischof der Reformation wurden sie uns Wróbel auf die erwähnte Rückgabe- ungerechterweise weggenommen. forderung des Museumsarchivs. Die katholische Kirche hat diese Maßnahmen weder gutgeheißen „.... Die Forderung, die Reliquie noch auf ihr Eigentumsrecht verzich- zurückzugeben, um sie im Museum tet. Mit anderen Worten, die katholi- der [jetzt evangelisch-lutherischen] sche Kirche behält nach wie vor ein Domkirche in Turku auszustellen, moralisches Anrecht auf dieses weckt in uns Bestürzung, und wir hal- Eigentum. ten dies aus mindestens zwei Gründen für ungerecht: Es trifft zu, dass die Reliquien durch- gehend in Turku aufbewahrt wurden. 1) Die Reliquien des hl. Henrik Dabei darf man nicht übersehen, dass haben für die Katholiken unseres der Dom zu Turku damals die katholi- Landes einen hohen religiösen Wert, sche Kathedralkirche war, was sie denn es handelt sich um die Reli- heute eben nicht mehr ist. ...“ quien des ersten katholischen Bi- schofs in Finnland. Er verlor sein Le- Nun ist bekanntlich die Reliquienver- ben im Dienst an der katholischen ehrung aus lutherisch-theologischer Kirche als Martyrer, weswegen er in Sicht ein Unding. Auf der Suche nach unserer Kirche sehr verehrt wird. Er Gründen oder Hintergründen dafür, ist zudem der wichtigste Schutz- dass diese Angelegenheit nicht (oder heilige unseres Bistums. Deswegen noch nicht) in ökumenischem Geist sind für Katholiken die Reliquien des geregelt werden konnte, stößt man auf hl. Henrik keine lediglich histori- erstaunliche Dinge. Zum einen erfährt schen oder musealen Gegenstände, ein größeres Publikum in regelmäßi- sondern gehören der sakralen Sphäre gen Abständen aus dem Mund des an. Und somit sind die erwähnten derzeitigen evangelisch-lutherischen Reliquien für Katholiken Objekt reli- Erzbischofs Jukka Paarma, dass er, giöser Verehrung. ... Die ... Absicht, Paarma, Nachfolger von Henrik sei. die Reliquien zu musealen Aus- Das ist natürlich nicht auf seine Person stellungsgegenständen zu machen, bezogen, sondern dient der Ausgren- verletzt die religiösen Gefühle der zung des katholischen Bischofs. Auch Katholiken Finnlands zutiefst. Wir ranghohe Vertreter des Vatikans wie können ein derartiges Verfahren Kardinal , der 2001 in

117 Bistum Helsinki seiner Eigenschaft als Präsident des Äußerungen die Schlussfolgerung Päpstlichen Rates für die Einheit der nahelegt, dass die Katolinen Kirkko Christen in Finnland war, bekam Suomessa so etwas wie eine Sekte ist. besagte Feststellung im vollbesetzten Auditorium maximum der Universität Aus Schweden, jenem Land, zu dem Helsinki zu hören. Hier geht es um Finnland zu Zeiten der Reformation ganz ernste theologische Themen mit gehörte, kommt eine interessante handfesten Konsequenzen. Nachricht. Dort wurde 2000 der Unterschied zwischen privilegierter Die Vermutung, dass die Frage, wel- Reichskirche und anderen Glaubens- che Kirche durch die Reformation hin- gemeinschaften eingeebnet. Be- durch und nach ihr die vorreformato- kanntlich ist die katholische Kirche rische katholische Kirche repräsentiert, dort als Glaubensgemeinschaft aner- das eigentlich treibende Motiv ist, die kannt und hat beispielsweise auch Reliquienfrage so zu behandeln, wie das Recht zum Einzug von bisher geschehen, wird erhärtet durch Kirchensteuern erhalten. In diesem die Behauptung des Leiters des Dom- Zusammenhang ist ein Notenwechsel museums in Turku. Seiner Meinung im Dezember 2001 zwischen der nach ist „Katolinen kirkko Suomessa schwedischen Regierung und dem (das heißt, die heute in Finnland prä- Heiligen Stuhl bemerkenswert, wo sente katholische Kirche) in keiner die schwedische Regierung feststellt, Hinsicht die Fortsetzung der mittelal- dass die „heutige katholische Kirche terlichen katholischen Kirche“. Seine in Schweden Teil der weltweiten Antwort auf die Frage, ob es denn in katholischen Kirche ist, welche ihrer- Finnland überhaupt eine Fortsetzung seits Subjekt internationalen Rechts gebe und gegebenenfalls welche Ins- ist. Sie [d.h. die heutige katholische titution diese Fortsetzung der mittelal- Kirche in Schweden] ist identisch mit terlichen katholischen Kirche sei, liegt jener Kirche, welche schon seit wohl auf der Hand. Im übrigen ist der Jahrhunderten in Schweden wirksam Museumsdirektor in Turku weder die war.“ Warum sollte diese Feststellung erste noch die profilierteste noch die nicht auch in Finnland möglich sein? kompetenteste Person, die mit solchen

An den Rand gedrängt

Katholiken gibt es unter den gut fünf jeden von ihnen das Bewusstsein, in Millionen Einwohnern Finnlands der Diaspora zu leben. In Einzelfragen weniger als zehntausend. Wie in den gibt es dann je nach dem noch ande- anderen nordischen Ländern gehört re Faktoren, von denen das Selbst- wesentlich zum Lebensgefühl eines verständnis dieser kleinen Minderheit

118 Bistum Helsinki abhängt. Auch wenn unsere Herde wohl nur Polen eine Ausnahme. klein ist, haben darin vielerlei Finnland ist also Teil des säkularisier- Charaktere ihren Platz, und subjektive ten Westeuropa, aber innerhalb dieses Erfahrungen kann man kaum mit all- Rahmens gibt es einige Besonder- gemeinen Kriterien messen. Daher heiten, denen im folgenden die Auf- spreche ich an dieser Stelle nur aus merksamkeit gelten soll. Beginnen wir meiner persönlichen Warte. mit den Beziehungen zwischen Kirche und Staat und mit der Religionsfreiheit Im Gegensatz leben und sehen wir dann, wo die finnische Im Folgenden versuche ich, die in Situation im internationalen Vergleich unserem Land herrschende kulturelle anzusiedeln ist. und intellektuelle Mentalität kurz zu analysieren, mit der jeder sich bewusst Juristisch ist die katholische Kirche in mit seinem Glauben identifizierende Finnland, also das katholische Bistum Katholik Tag für Tag zusammenstößt. Helsinki, eine „eingetragene religiöse Dieser Geist ist häufig in schroffem Gemeinschaft“ mit eben diesem Gegensatz zur Gesellschafts- und Namen, auf finnisch „Katolinen Kirkko Morallehre der katholischen Kirche; Suomessa“. Diesen Status teilt sie mit ich muss sagen: er widerspricht über- vielen kleinen Minderheitskirchen und haupt der klassischen christlichen -konfessionen. Eigentliche Staatskir- Lebensauffassung. Die wichtigsten chen gibt es in Finnland zwei, nämlich Scheidelinien verlaufen in unserer Zeit die Finnische Evangelisch-Lutherische nicht unbedingt zwischen, sondern in Kirche und die Finnische Orthodoxe den Konfessionen. Deshalb findet sich Kirche. Bekanntlich sind die ökumeni- die von einer verweltlichten Mentalität schen Beziehungen des Bistums erzeugte Entfremdung nicht nur bei Helsinki zu den Staatskirchen und Katholiken, sondern unabhängig von auch zu den anderen christlichen der Konfession bei allen Christen, die Gemeinschaften gut. Ein aus konfes- ihren Glauben ernst nehmen. Ich glau- sionellem Nährboden erwachsender be, ich sage nicht zuviel, wenn ich Antikatholizismus - wie er vor behaupte, dass die meisten Christen Generationen häufig anzutreffen war - unserer Zeit irgendwie in der Diaspora ist heutzutage in Finnland durchaus leben. Wenn also in diesen Zeilen ein selten. polemischer Ton zu spüren ist, dann richtet er sich nicht gegen andere Vom alten zum neuen christliche Konfessionen, sondern Antikatholizismus gegen die verweltlichte Kultur unserer Historisch ist bemerkenswert, dass in Zeit. Finnland Jahrhunderte lang eine luthe- rische Einheitskultur geherrscht hat; Eine derartige Kultur ist nun schon immerhin wurde Finnland gelegent- lange Zeit in Westeuropa am Zuge. lich als „das lutherische Land schlecht- Von den EU-Ländern macht derzeit hin“ oder mindestens als „das luther-

119 Bistum Helsinki ischste Land“ gekennzeichnet. Zum te Macht im Staat“ proklamieren. Selbstverständnis der finnischen Lu- Gründete sich der bewusste Antika- theraner gehörte traditionell eine tholizismus der alten lutherischen Ein- robuste Einstellung gegen alles Ka- heitskultur in ihrem öffentlichen Auf- tholische, die sich unter anderem aus treten auf konfessionelle Prämissen, so populärhistorischen Interpretationen ist der Antikatholizismus der städti- des Dreißigjährigen Krieges nährte, an schen Jugend eher indirekt und ent- dem auch Truppen aus der damals zu springt der heutigen postmodernen - Schweden gehörigen finnischen dem Anspruch nach postchristlichen - Provinz teilgenommen haben. Auf Kultur und ihren Werten: sie sind anti- juristischer Ebene zeigte sich die anti- katholisch, weil sie de facto antichrist- katholische Haltung in denjenigen lich sind. Paragraphen des Religionsfreiheits- gesetzes von 1923, in denen die Westeuropa ist wahrscheinlich der Teil Gründung neuer Ordensgemein- unserer Erde, wo die Säkularisierung schaften und Klöster hierzulande ver- im Lauf der Geschichte am tiefsten boten wurde - dieser Paragraph wurde vorgedrungen ist, und seine Gottlo- erst in den 60er Jahren gestrichen. sigkeit tritt besonders im Vergleich mit dem zweiten Machtfaktor der west- Das alles ist heute Geschichte. Wenn- lichen Welt, nämlich den USA, hervor. gleich auch heute noch etwa 85% der In Finnland und Skandinavien Finnen der Finnischen Evangelisch- (Schweden, Norwegen und Däne- Lutherischen Kirche angehören, cha- mark) wird diese postmoderne Werte- rakterisiert sich die heutige finnische welt noch pikant gewürzt durch eine Gesellschaft durch einen postmoder- Mentalität, die man schlichtweg nordi- nen Wertepluralismus, und zusammen sche Arroganz nennen könnte. Viele mit den anderen nordischen Ländern Bürger unserer Länder halten ihre ist Finnland ohne Zweifel eines der Gesellschaft für die bestentwickelte am meisten verweltlichten Länder. der Weltgeschichte, die am meisten Insbesondere bei den Jugendlichen in emanzipierte, toleranteste und säkula- den Städten sind die Informationen risierteste. Es ist bezeichnend, dass das über das Christentum (wohl zu unter- Wort „säkularisiert“ im heutigen nordi- scheiden vom Glaubenswissen, d. Ü.) schen Sprachgebrauch einen durchaus lückenhaft, und gerade in Fragen der positiven Klang hat. Just aus diesem Werte und des Lebensstils entfernen Grund blicken viele Menschen in den sie sich von Tag zu Tag mehr vom nordischen Ländern (oft, ohne sich et- klassischen christlichen Erbe. Dasselbe was dabei zu denken und der eigenen gilt von der politischen Elite des Lan- Überheblichkeit unbewusst) herab auf des, sowohl, was die Legislative (Par- die ihre Religiosität offen zur Schau lament), als auch, was die Exekutive tragenden Amerikaner, aber auch auf (Regierung) betrifft, ganz zu schwei- ihre mittel- und südeuropäischen gen von den Medien, die sich als „vier- Mitmenschen, in deren Leben das

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Christentum noch eine werteprägende licher als in den meisten anderen und das öffentliche Leben beeinflus- Ländern. Diese Einstellung erklärt sich sende Bedeutung hat. nur mit tief innen verwurzelten Faktoren. Diese Arroganz findet sich überall in den nordischen Ländern. In Finnland Wie aber zeigt sich diese Geisteshal- kommt als eigene Note eine unge- tung in der Rechtsordnung? Ober- wöhnlich starke Wissenschaftsgläubig- flächlich betrachtet gar nicht, denn das keit dazu. Das mag sich aus der ver- finnische Religionsgesetz unterschei- gleichsweise kurzen Geschichte des det sich nicht wesentlich von den ein- Landes erklären. Die vom Positivismus schlägigen Regelungen in anderen und Utilitarismus des 19. Jahrhunderts entwickelten, demokratischen Län- ererbten Denkschemata prägen auf dern. Religionsfreiheit ist in Finnland vielfache Weise das Verhältnis der natürlich unbestritten. Aber das Gesetz Finnen zur christlichen Tradition. Die enthält immer Ermessensspielräume, Lehre der katholischen Kirche in und diese sind häufig Einflüssen aus Glaubensfragen ebenso wie in Moral- dem außerrechtlichen Raum ausge- und Gesellschaftsfragen wirkt aus setzt. einer solchen Perspektive einfach rückständig. Das Verhältnis Kirche - Staat de iure und de facto Das antikatholische Klima, das sich Das Rechtsverhältnis zwischen Kirche aus den Überbleibseln der alten luthe- und Staat in Finnland trägt noch über- rischen Einheitskultur und aus der deutliche Spuren der alten lutheri- neuen nordischen Arroganz speist, ist schen Einheitskultur, denn die Finni- nicht nur unterschwellig, sondern hat sche Evangelisch-Lutherische Kirche auch seine öffentlichen Äußerungen, hat die Stellung einer Staatskirche. wie man beispielsweise aus der Be- Dasselbe gilt aus historischen Grün- handlung des Falls der Kandidatur den auch für die kleine Orthodoxe Rocco Buttigliones zum Präsidenten Kirche Finnlands. Die Verbindung zwi- der Europäischen Kommission in den schen Kirche und Staat wird jedoch finnischen Medien ersehen kann. Ähn- zunehmend dünner; sichtbar wird sie liches konnte man beim Tod Johannes eigentlich nur noch in einigen staat- Paul II. und der Wahl Benedikt XVI. lichen Festakten. Dazu kommt aller- beobachten. Reden wie die vom dings noch die Kirchensteuer nur für „Panzerkardinal“ und sonstige teils aus die Staatskirchen. Dem Staatspräsiden- Ignoranz, teils aus bösem Willen ent- ten steht nicht einmal mehr der Form springenden Behauptungen konnte nach das Recht zu, auf Ernennungen man natürlich auch anderswo als nur zu kirchlichen Ämtern Einfluss zu neh- in Finnland hören. Hierzulande war men. Die wenn auch schwindende jedoch nach meinem Gefühl der rechtliche Sonderstellung der Finni- Tonfall noch hochmütiger und läster- schen Evangelisch-Lutherischen Kir-

121 Bistum Helsinki che ändert jedoch nichts an der nicht möglich, das neue Religionsfrei- Tatsache, dass das Volk sich im großen heitsgesetz gründlich zu analysieren. und ganzen dem Christentum entfrem- Es sei nur erwähnt, dass zeitgleich mit det hat. dem Religionsfreiheitsgesetz auch die Verfassung revidiert wurde, deren Das finnische Religionsfreiheitsgesetz Paragraph 11 als Zusammenfassung wurde nach längeren Vorbereitungs- des Religionsfreiheitsgesetzes angese- arbeiten 2003 gründlich novelliert. Im hen werden kann. Der Text lautet wie Gesetz selbst findet sich nichts beson- folgt: ders Auffallendes. Dem Buchstaben des Gesetzes nach gibt es nichts, was Jedermann genießt Religions- sich von den in den meisten EU- und Gewissensfreiheit. Ländern und anderen Demokratien „Die Religions- und Gewissensfreiheit westlicher Prägung geltenden ein- beinhaltet das Recht, eine Religion zu schlägigen Gesetzen wesentlich unter- bekennen und auszuüben, das Recht, scheidet. Nach Inkrafttreten des die eigene Überzeugung zu äußern, Gesetzes zeigte es sich jedoch, dass und das Recht, einer oder keiner Reli- offenbar viele Finnen dazu neigen, gionsgemeinschaft anzugehören. Nie- den Begriff der Religionsfreiheit nega- mand ist verpflichtet, entgegen seinem tiv zu interpretieren, nämlich als Gewissen an einer Religionsausübung Freiheit von der Religion. Diese Ten- teilzunehmen.“ [Hervorhebung vom denzen waren schon während der Verfasser] Vorarbeiten zu bemerken, aber dank der Lobbyarbeit der Vertreter von Es sieht so aus, als ob der positive Kirchen und Religionsgemeinschaften Aspekt der Religionsfreiheit (das Recht fiel dann das Gesetz ausgewogener auf Religion) und der negative Aspekt aus. Aber es ist eben bei Gesetzen hier relativ gut harmonisiert sind. nicht zu vermeiden, dass verschiedene Ohne jeden Zweifel hatten jene über- Interpretationsmöglichkeiten offen korrekten Lehrer, die darangingen, die bleiben. schulischen Weihnachtsfeiern ihrer christlichen Elemente und damit ihres Das wurde spätestens dann deutlich, Wesens zu berauben, genau diejeni- als in mehreren Schulen beschlossen gen Paragraphen des Religionsfrei- wurde, unter Hinweis auf das neue heitsgesetzes vor Augen, die im letzten Gesetz alle Bezüge zum Christentum Satz des Zitats zusammengefasst sind. aus den traditionellen Weihnachts- Das bloße Anschauen eines christ- feiern zu entfernen, weil diese lichen Weihnachtsspiels wurde so als Nichtchristen oder Nichtgläubige ver- „Religionsausübung“ interpretiert. Es letzen könnten. Derartige Interpreta- sei extra darauf hingewiesen, dass tionen zeugen mehr vom Geist des diese Initiative ganz und gar von finni- Interpreten als vom Geist des Gesetzes schem Schulpersonal stammte, also selbst. Hier ist es aus Platzgründen nicht von mohammedanischen Ein-

122 Bistum Helsinki wandererkindern oder deren Familien, betont wird, umso näher kommt man deren religiöse Gefühle hier geschützt der negativen Interpretation der werden sollten. Eigentlich ist gerade Religionsfreiheit. die geistliche Wurzellosigkeit der heu- tigen finnischen Kultur Gegenstand Die Religionsgesetzgebung in Frank- der Verwunderung von Einwanderern reich liegt ohne Zweifel der negati- aus islamischen Ländern. Die schuli- ven Religionsfreiheit am nächsten, sche Weihnachtsfeierepisode ist nur denn dort ist die Religion praktisch ein Beispiel des Einflusses der herr- vollständig vom öffentlichen Leben schenden Geisteshaltung auf die ausgeschlossen. Kirche und Staat Auslegung von Gesetzen. sind in Frankreich so gut wie herme- tisch gegeneinander abgeschottet, Ein internationaler Vergleich und Religion ist reine Privatsache. Wo sind die religionspolitische Ge- Die private Religionsausübung ist setzgebung Finnlands und die hier- natürlich nicht begrenzt. Diese in zulande derzeit herrschende Menta- Frankreich seit 1905 herrschende lität in der internationalen Landschaft Praxis heißt „Laizitätsprinzip“. Auch angesiedelt? Alternative religionspoli- in den USA ist der Staat verfassungs- tische Modelle aus verschiedenen gemäß bekenntnislos, das heißt Epochen allein aus dem westlichen säkular. Das amerikanische secula- Zivilisationskreis gibt es zahllose; sie rism-Prinzip erinnert oberflächlich an können hier nicht alle zu Wort kom- das französische Modell, aber in der men. Daher beschränke ich mich Praxis hat die unbedingte bekennt- darauf, die Frage von der Perspektive nislose Unparteilichkeit der Staats- der positiven und negativen Reli- gewalt nicht zu Versuchen geführt, gionsfreiheit her anzugehen. Dieses die Formen individueller Religions- schon erwähnte Begriffspaar ist inso- ausübung ganz in die Privatsphäre fern nützlich, als es in der Religions- abzudrängen. Mithin ist die amerika- gesetzgebung aller Demokratien mit nische Interpretation der Religions- wechselnder Gewichtung auftaucht. freiheit mehr positiv als negativ. Auch in Deutschland gibt es keine Unter positiver Religionsfreiheit wird Staatskirchen; vielmehr sind die Reli- hier das Recht des einzelnen verstan- gionsgemeinschaften entweder Pri- den, seine Religion ungehindert aus- vatvereinigungen oder Körperschaf- zuüben und dies auch ohne gesetzli- ten öffentlichen Rechts. Nichtsdesto- che Hindernisse gemeinsam mit weniger neigen die meisten Fach- anderen Mitgliedern der eigenen leute in Sachen Religionsfreiheit zu Religionsgemeinschaft. Dementspre- der Auffassung, dass das deutsche chend bedeutet negative Religions- Modell eindeutig die positive Inter- freiheit die Freiheit, keinerlei Reli- pretation der Religionsfreiheit stützt, gion auszuüben. Je mehr der unbe- denn die religiösen Überzeugungen dingt private Charakter von Religion der Bürger werden positiv gewertet,

123 Bistum Helsinki und ihre öffentliche Ausübung ist sellschaft einen gründlich säkulari- geschützt. sierten Eindruck macht. Bei diesen drei Beispielen geht es um Länder, in denen es keine Staats- Bei Katholiken kann diese Situation kirche gibt. Die Form der Beziehung ein gewisses Gefühl der Entfremdung zwischen Kirche und Staat besagt verursachen. Aber ist dieses Gefühl also noch nichts darüber, wie die bei anderen Christen weniger stark? Religionsfreiheit in dem betreffenden Ich glaube nicht. Wie bereits am Land interpretiert wird. Das wird Anfang gesagt, Diaspora ist die tag- weniger durch den Buchstaben des tägliche Wirklichkeit für alle ernsthaf- Gesetzes, sondern viel mehr durch ten Christen aller westlichen Länder. die de facto herrschende, sich aus Andererseits muss man in dieser der historischen Entwicklung spei- Situation nicht unbedingt und aus- sende Mentalität bestimmt. In Finn- schließlich negative Züge sehen. land besteht ein, wenngleich abge- Gehört es nicht zum Christen, in die- schwächtes, Staatskirchensystem, ser Welt ein Fremdling zu sein? aber aus der Perspektive der Inter- Einige Gedanken von Papst Benedikt pretation der Religionsfreiheit habe XVI. scheinen in die Richtung zu ich eher den Eindruck, dass die in deuten, dass die Weltkirche sich mit unserem Land herrschenden geisti- dem Gedanken vertraut macht, dass gen Verhältnisse eher mit denen in besonders Westeuropa in eine nach- Frankreich vergleichbar sind. christliche Epoche eingetreten ist.

Religion wird hierzulande also eher für eine Privatsache gehalten. So Mika Keränen empfindet es der größte Teil auch derjenigen Finnen, die weiterhin mindestens irgendwie an der christ- lichen Tradition festhalten. Ihre Der Autor arbeitet als wissenschaft- Anzahl ist größer als man nach dem licher Mitarbeiter an der Universität Gesagten anzunehmen geneigt ist. Turku. Für das nächste Jahrbuch ist Denn auch wenn die Stadtbevöl- ein ergänzender Artikel eines ande- kerung, besonders die junge, und die ren Autors in Vorbereitung, in dem gesellschaftlichen Elitegruppen sich weniger die institutionellen Aspekte anscheinend weitgehend vom als die Möglichkeiten des in persön- Christentum gelöst haben, ist die licher Verantwortung handelnden Substanz der christlichen Tradition in einzelnen Christen beleuchtet wer- ländlichen Gebieten noch stärker. den. Aber auch dort schreitet die Priva- tisierung der Religion und damit ihre Umformung in etwas rein Subjektives dermaßen fort, dass die ganze Ge-

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Ökumene Peter Gebara, Turku, Seminarist Peter Am 19. Januar 2006 fand wie seit lan- Cuong, ganz rechts Katri Tenhunen, gem die jährliche ökumenische katholische Theologiestudentin in Wallfahrt nach Rom, ad Petri Cathe- Rom. Links vom Papst Bischof Heikka dram, statt. Dieses Mal nahm außer mit Ehefrau und weiteren Mitarbeitern, Bischof Wróbel der evangelisch-luthe- ganz links Msgr. Matthias Türk vom rische Erzbischof des neu geschaffe- Päpstlichen Rat für die Einheit der nen Bistums Espoo, Mikko Heikka, Christen. beide mit einigen Mitarbeitern, daran teil. Die ökumenische Wallfahrt geht bis Feste Bestandteile dieser Wallfahrt sind auf das Jahr 1943 zurück, als auf die Audienz beim Papst, eine liturgi- Anregung von Göran Stenius, dem sche Feier in der römischen Domini- ersten Botschafter Finnlands beim kanerkirche S. Maria sopra Minerva Heiligen Stuhl (Aufnahme der diplo- und ein gemeinsamer Besuch beim matischen Beziehungen 1942) in der Päpstlichen Rat für die Einheit der römischen Basilika Santa Maria sopra Christen, dessen Präsident, Kardinal Minerva für Finnland gebetet wurde, Kasper, vor gut zwei Jahren Finnland und zwar zuerst am finnischen Unab- besuchte. Auf dem Foto rechts vom hängigkeitstag, dem 6. Dezember, und Papst Bischof Wróbel, dann Erzbischof später am Fest des heiligen Henrik, Farrell vom Päpstlichen Rat für die dem 19. Januar. Inwieweit der Einheit der Christen, isä Tuomo Katholik Stenius bei dieser bedeutsa- Vimpari, derzeit Nuntiatur in Kiew, Pfr. men Terminverschiebung mitgewirkt

125 Bistum Helsinki hat, ist nicht bekannt. 1983 waren die Testaments, welche nach lutherischer nordischen Bischöfe in Rom und wur- Auffassung nicht zum Alten Testament den irgendwie auf diese Tradition auf- gehören und daher „apokryph“ ge- merksam. 1985 fuhren dann zum nannt werden, in Zukunft auch als Teil ersten Mal Bischof Verschuren, der der Bibel gedruckt werden sollen. orthodoxe Erzbischof Paavali und der Eine Entscheidung steht noch aus. evangelisch-lutherische Erzbischof Bisher wurden diese Bücher von der Vikström zum 19. Januar gemeinsam evangelisch-lutherischen Kirche [Ju- nach Rom. dith, Weisheit, Tobias, Jesus Sirach, Baruch, 1 und 2 Makkabäer, Esther In allen späteren Jahren wurde am 19. (teilweise), Daniel (teilweise)] als eige- Januar ein ökumenischer Gottesdienst nes Buch unter dem Titel „Apokryphe in der rechten Seitenkapelle des Bücher“ veröffentlicht. Presbyteriums von Santa Maria sopra Minerva gehalten. Oft, aber nicht Neuer Generalsekretär des Ökumeni- immer unter Beteiligung des katholi- schen Rates von Finnland ist zum schen Bischofs, selten mit orthodoxer ersten Mal in der Geschichte dieser Beteiligung, wenngleich die orthodo- Institution ein orthodoxer Priester, isä xe Kirche stets Interesse zeigte, aber Heikki Huttunen (46, Foto). Die ortho- immer mit Beteiligung eines lutheri- doxe Kirche ist neben der evangelisch- schen Bischofs. Nur 2005 kam der lutherischen Kirche die zweite Staats- orthodoxe Erzbischof Leo aus Anlass kirche. Ihr gehören ungefähr ein Pro- des 50-jährigen Jubiläums des Bistums zent der Bevölkerung Finnlands an. Helsinki mit. 2006 blieb eine ähnliche Einladung von Bischof Wróbel ohne positive Antwort.

Das Bistum Helsinki wurde in diesem Jahr Mitglied der Finnischen Bibel- gesellschaft, die ihrerseits Mitglied der Vereinigten Bibelgesellschaften ist. Ziel der Bibelgesellschaften ist die Übersetzung und Verbreitung der Hei- ligen Schrift. Bereits seit 1968 besteht eine förmliche Zusammenarbeit zwi- schen der katholischen Kirche und den Vereinigten Bibelgesellschaften.

Auf der evangelisch-lutherischen Kir- chenversammlung 2006 in Mikkeli wurde die Frage erörtert, ob die sog. deuterokanonischen Bücher des Alten

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Herz-Jesu-Priester 100 Jahre in Finnland

2007 werden es 100 Jahre sein, dass nach einem Be- such von P. Leo Dehon SCJ (auf dem Foto links), des Gründers der Herz-Jesu- Priester, auch in Finnland, das damals noch zu Russland gehörte, seine geistlichen Söhne ihre pastorale Arbeit aufgenommen haben. Da- mals gab es ca. 50 einheimi- sche Katholiken im Land. Alle anderen waren Zuge- reiste oder Diplomaten. Als Gedenktag wird in be- scheidenem, aber würdigem Rahmen in Stella Maris der traditionelle Bistumstag 2007 begangen werden.

Kurznachrichten

Das Bistum wächst (5,6%), sonstige etwa 4.850 (53,6%). Im Jahr 2005 wuchs das Bistum Der Anteil der gebürtigen Helsinki um etwa 3% (in absoluten Skandinaviern zeigt einen leichten Zahlen: 285 Katholiken). Diese Zahl Abwärtstrend. Es gab 121 Erst- setzt sich wie folgt zusammen: 142 kommunionen, 94 Firmungen, 63 Taufen, 289 Zuzüge aus dem Ausland, Eheschließungen, davon waren bei 34 Konversionen; dem gegenüber sind 12 beide Ehepartner katholisch. Die 89 Personen ins Ausland verzogen, 55 Anzahl der registrierten Katholiken Austritte und 36 Todesfällen zu bekla- beträgt 9.051. Dazu muss man etwa gen. 1.500 bis 2.000 Katholiken rechnen, Zu denken gibt das Verhältnis von 34 die aus verschiedenen Gründen nicht Konversionen zu 55 Austritten. registriert sind. Die Registrierung ist Die Aufteilung nach der Mutter- in Finnland für staatlich anerkannte sprache ergibt: Finnisch 3.700 Religionsgemeinschaften gesetzlich (40,8%), Schwedisch über 500 vorgeschrieben.

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Runde Gedenktage Kloster der Birgittaschwestern in Père Guy Barbier, seit 1964 in Finn- Turku, beging am 10. August 2006 den land, feierte am 20. September 2006 50. Jahrestag ihrer Ewigen Gelübde seinen 85. Geburtstag seinem Naturell (Foto). Mit 21 Jahren begann sie das gemäß in aller Stille. Während des Noviziat, war lange Zeit in Vadstena, Zweiten Weltkriegs hat er einige Zeit Schweden, danach in Djursholm bei in deutschen Konzentrationslagern Stockholm; seit 1987 ist sie in Turku. verbracht, einmal wurde er von zwei russischen Kriegsgefangenen aus einer Das Academicum Catholicum wurde lebensgefährlichen Situation gerettet. 70 Jahre alt. Diese 1936 von isä Wilfrid Wer weiß, ob dies nicht seinen Ent- von Christierson gegründete Vereini- schluss mitverursacht hat, Priester zu gung ist ein Gesprächsforum für „alte“ werden und nach Russland gehen zu und „neue“ Katholiken mit dem Ziel wollen, sobald es möglich würde? Es der Vertiefung ihrer katholischen lag nicht an ihm, dass sich dieses Feld Identität. Eine solche Initiative ist nach erst 1990 geöffnet hat, als er nur noch wie vor notwendig zur Überwindung in der Lage war, mehrere Monate in vielfältiger Formen der Isolierung wie russischen Pfarreien auszuhelfen. Seit auch der Auflösung von Vorurteilen vielen Jahren arbeitet Père Guy in der aller Art. Damals gab es in Dänemark Woche in Estland und am Wochen- bereits einen gleichnamigen Verein, ende in Helsinki. der schon auf 40 Jahre zurückblicken konnte. Der Name erweckt vielleicht Schwester Nunzia OSSS, gebürtig aus falsche Assoziationen; würde der Neapel und seit vielen Jahren im Verein heute gegründet, erhielte er

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sicher - so die derzeitige Vorsitzende absehbarer Zeit wieder in Tallinn. Catharina Stenius [Foto] - einen ande- Diese Arbeit wurde nunmehr auch ren Namen, um die nach wie vor von staatlicher Seite am 22. Februar unveränderten Ziele eindeutiger aus- mit der Verleihung des Verdienst- zudrücken. kreuzes des Estnischen Ritterordens Der Jahrestag wurde mit einem gewürdigt - gerade an ihrem 83. Seminar über die Kirchen und die Geburtstag. Europäische Union begangen; es folg- te ein Besuch der Gräber von isä Maila Berchtold, eine der Säulen der Wilfrid von Christierson und Professor Englischen Schule, hat für ihre lang- Jarl Gallén. Eine feierliche Bischofs- jährige Arbeit im Geist der Ordens- messe bildete den Abschluss. frauen vom Heiligen Blut und ihre Verdienste um die Kirche im März die Auszeichnungen Auszeichnung ,Sanguis Christi = Blut Sr. Mary Venard, langjährige Rektorin Christi’ des Ordens vom Kostbaren der Englischen Schule in Helsinki, war Blut erhalten. Die Schwestern vom Mitte der 90er Jahre nach Estland, Kostbaren Blut kamen vor dem 2. genauer nach Tallinn, übergesiedelt, Weltkrieg aus den USA nach Finnland, um die ersten Jahre ihres Ruhestandes um in Helsinki die Englische Schule der Kirche dort mit ihren Erfahrungen ins Leben zu rufen, was tatsächlich zur Verfügung zu stehen, verständli- erst nach Kriegsende 1946 möglich cherweise vor allem im Schulbereich. war. Die Schule war durch ihr Niveau Erst in Tallinn, dann in der kleinen und ihre Internationalität, die durch katholischen Schule in Tartu und in die englische Sprache betont wurde,

129 Bistum Helsinki lange Zeit eine Stütze für die zahlen- schen Staat das Finnische Verdienst- mäßig winzige katholische Kirche. kreuz für ihre Bemühungen in der Ausgestaltung der Beziehungen zwi- schen Finnland und dem Heiligen Stuhl sowie um die katholisch-lutheri- schen Beziehungen verliehen. Mutter Tekla steht seit 1979 an der Spitze des Ordens vom Allerheiligsten Erlöser. Die Verleihung der Auszeichnung fand im Birgittakloster in Turku statt und wurde gemeinsam von Pekka Ojanen, dem finnischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, und Jukka Paarma, dem lutherischen Erzbischof, vorge- nommen. Deus Caritas est Am 25. Januar 2006 wurde die erste Enzyklika Papst Benedikt XVI. veröf- fentlicht. Erst einige Monate später, aber vor allen anderen nordischen Der Generaläbtissin der Birgitta- Sprachen, erschien die finnische Über- schwestern, Mutter Tekla Famiglietti setzung. OSSS, wurde am 18. Mai vom finni- Neuauflage der Konzilsdokumente Die Übersetzung der Konzilsdoku- mente ins Finnische direkt nach dem Konzil war wegen der wenigen Res- sourcen eine Kraftleistung. Das konnte man von neuem ermessen, als beschlossen wurde, zum 40. Jahrestag des Konzilendes die Über- setzungen zu revidieren, zu vervoll- ständigen (zwei Texte waren seiner- zeit nicht übersetzt worden) und neu herauszugeben, denn inzwischen war die erste Auflage vergriffen. Nun ist der erste Band mit den Konsti- tutionen erschienen, der zweite mit den Dekreten und Erklärungen folgt 2008.

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Guds vänner Im Januar erschien in schwedischer Sprache eine Sammlung von Heiligen- biographien, die Märta Aminoff, eine der lebenden Säulen der Marienpfarrei in Helsinki, zusammengestellt hat. In den Kurzbiographien bekannter und vieler weniger bekannter Heiliger kommt sowohl Persönliches als auch Kirchengeschichtliches zu Wort. Alle Heiligen hatten in den Auseinander- setzungen ihrer Zeit ihre Kämpfe zu bestehen. Noch einmal: Religionslehrerausbildung Im letzten Jahrbuch (S. 117) berichte- ten wir über die rechtliche Situation der Religionslehrer. Wenn Religions- lehrer mit Praxiserfahrung, aber ohne akademischen Titel, nicht Gefahr lau- fen wollen, vom Schulträger wegen formaler Inkompetenz abgewiesen zu werden, müssen sie die akademische Qualifikation „nachholen“. Für katho- lische Religionslehrer gibt es entspre- chende Möglichkeiten nur im Ausland, was in der Praxis für fast nie- manden möglich ist. Um wenigstens einen gewissen Ersatz zu schaffen und um den Platz des katholischen Religionsunterrichts an den Schulen zu verteidigen, ist inzwischen eine Initiative angelaufen, wie bereits im vorigen Jahr angedeutet. Die theologi- sche Fakultät der Universität Helsinki ist formell konfessionslos, wenngleich praktisch das ganze akademische Personal lutherischer Provenienz ist. Die Fakultät hat sich bereiterklärt, einen Kurs für katholische Theologie durchzuführen, wenigstens mit katho-

131 Bistum Helsinki lischer Bibliographie. Diese Ausbil- Seminaristen in Helsinki-Vantaa, zwei dung ist formale Voraussetzung für zum pastoralen Praktikum in Oulu, den Titel. Es ist jedoch wünschens- drei in Lugano. Zwei Seminaristen wert, diese Ausbildung bistumsintern haben ihr Studium abgebrochen, durch Kurse mit katholischen Theo- zwei sind für ein Jahr in ihre Heimat logen, Priestern und Laien, zu ergän- zurückgekehrt. Am 25. April 2007 zen. Nun muss abgewartet werden, ob war die erste admissio dreier sich diese Initiative nach Wunsch ent- Seminaristen, das heißt, ihrerseits die wickelt. formelle Absichtserklärung, die Pries- terweihe zu empfangen, und seitens Redemptoris Mater-Seminar des Bischofs die Annahme dieser in Myllyjärvi Absicht. Das Lektorat und Akolythat Über das Priesterseminar Redemptoris folgt etwa ein halbes Jahr später, dar- Mater in Helsinki-Vantaa wurde be- aufhin das ein bis zwei Jahre wäh- reits verschiedentlich berichtet. Im rende pastorale Praktikum, dann die Herbst 2006 wurden durch freiwillige Diakonenweihe, schließlich die Helfer aus einschlägigen Berufen die Priesterweihe. Es wird also noch eini- notwendigen Renovierungsarbeiten ge Jahre dauern, bis auch dieses im „Myllyjärven keskus“ in Angriff ge- Priesterseminar erstmals das Ziel nommen. Das Haus soll spätestens im erreicht, das sein Schwesterseminar Frühsommer 2007 fertig sein; die in Kopenhagen bereits erreicht hat: Kirche wird vorläufig nur leicht reno- Dort ist in diesem Jahr die dritte viert. Dann verfügt das Seminar end- Priesterweihe. lich über einen angemessenen Stand- ort. Die bis Anfang 2006 ventilierte Idee, dass Karmelitenpatres hier ein Für Sie gelesen eigenes Spiritualitätszentrum aufbauen könnten, erwies sich leider als un- durchführbar. Bernhard Sven Anuth, Der Neokatechumenale Weg. Das Priesterseminar begann im Jahr Geschichte - Erscheinungsbild - 2000 mit 10 Seminaristen aus europä- Rechtscharakter. Forschungen zur ischen und lateinamerikanischen Kirchenrechtswissenschaft, Band Ländern. Der Lehrbetrieb ist eng an 36. Echter Verlag, Würzburg 2006, die Theologischen Fakultät in Luga- Broschur, 528 Seiten, 40 Euro. no/Schweiz gekoppelt, so dass so- wohl Professoren wie Studenten hin- In der Regel finden Doktorarbeiten und herreisen, was durch die Billig- selten allgemeines Interesse; ihre flüge finanziell möglich ist. Darüber Thematik ist dafür oft zu speziell, ihre hinaus gibt es Vorlesungsübertragun- Ergebnisse sind oft nur von Fachleu- gen via Internet. ten zu beurteilen. So erscheinen sol- Derzeit sind acht der insgesamt 13 che Bücher in der Regel auch nur in

132 Bistum Helsinki sehr überschaubarer Auflage und sind einen Ortsbischof möglicherweise entsprechend teuer, wobei hier die überzeugte und von ihm gutgeheißen modernen Möglichkeiten einer druck- und gefördert wurde, war noch lange reifen Textvorlage im Zusammenspiel nicht „von Rom“ approbiert. Erfahrun- mit der lobenswerten Praxis der Ge- gen wurden gesammelt, gute und währung von Druckkostenzuschüssen weniger gute, und publik gemacht; Erstaunliches zu Wege bringen. Kritiker, Gegner und Neider traten auf Dass das Thema der hier zu bespre- den Plan, Mängel und Probleme wur- chenden theologischen Dissertation den aufgedeckt, Unruhe wurde be- im Fach Kirchenrecht an der Katho- fürchtet, Konkurrenz, Spaltung etc. lisch-Theologischen Fakultät der Uni- Blieb Fremdes fremd, zog sich viel- versität Bonn von allgemeinem Inte- leicht gar aus der Öffentlichkeit in resse ist, zeigen auch die Zuschussge- einen „inneren Zirkel“, in die „Diskre- ber: Dies sind nicht nur die Bistümer tion“ oder in eine „Arkandisziplin“ Paderborn und Köln, sondern auch zurück, wuchsen verständlicherweise der Verband der Diözesen Deutsch- Verdächtigungen, Vorurteile und lands. Die vorliegende Arbeit beschäf- Abwehr. tigt sich mit einer „universal kirchlich geförderten und international agieren- Nun haben neue geistliche Bewegun- den kirchlichen Gruppierung“, die gen oder „Wege“ als erstes Interesse nicht unumstritten ist. nicht die Selbstdarstellung, nicht die Der Titel und die Untertitel des Bu- akribische Dokumentation ihrer eige- ches zeigen seine hohen Ansprüche, nen Geschichte, sondern in aller Regel nämlich den Anfang der 60-er Jahre in wollen Sie andere Menschen erfassen, einem Barackenviertel im Stadtteil von begeistern, mitnehmen. Wahrschein- Madrid entstandenen „Neokatechume- lich gibt es deshalb - abgesehen von nalen Weg“ in seiner Geschichte und der Frage sprachlicher Hürden und in seinem Erscheinungsbild darzustel- fehlender personeller Kapazitäten - so len und zu analysieren, sowie seinen wenig gute und umfassende Informa- Rechtscharakter kanonistisch zu prü- tionen über die geistlichen Bewegun- fen. gen, zumal dann, wenn sie aus dem Ausland kommen. Warum sollte es den sog. „neuen geist- lichen Bewegungen“, zu denen sich Um so mehr muss man für ein Buch der „Neokatechumenale Weg“ selbst wie das vorliegende dankbar sein, weil nicht rechnet, in die er aber immer es allem Anschein nach wirklich alle wieder eingeordnet wird, anders zugänglichen Informationen ausgewer- gehen als anderen Aufbrüchen in der tet hat. Es ist bislang die einzige wis- Kirche? Gründungen, alternative Beru- senschaftliche Monographie zu diesem fungen etc. wurden immer kritisch Thema in deutscher Sprache und hat beäugt, skeptisch geprüft, oft langwie- unglaublich viele Informationen der rig auf Wartegleise geschoben. Was unterschiedlichsten Art verarbeitet (das

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Verzeichnis der Quellen und Literatur Riten und Liturgien, und, auch inner- umfasst die Seiten 434 bis 496). kirchlich immer wieder im Brenn- Die Darstellung folgt den drei punkt, seinen Umgang mit dem Geld, Etappen, die der „Neokatechumenale die Priesterseminare „Redemptoris Weg“ bislang zurückgelegt hat: 1. Von Mater“, von denen bereits zwei im der Entstehung durch die Initiative des Norden bestehen, „Familien in Mis- Malers Francisco („Kiko“) Argüello sion“ und aufgekommene Vorwürfe, (geb. 1939) und der Naturwissen- besonders des innerkirchlichen Sektie- schaftlerin und Theologin Carmen rertums, des Elitären und der Spaltung Hernandez Anfang der 60-er Jahre bis der Gemeinden. zum Ende der 70-er Jahre, d. h. die Man hat, wie gesagt, den Eindruck, Phase der Entwicklung des Selbstvers- dass das Buch wirklich alle Sachinfor- tändnisses und der wesentlichen mationen präsentiert, die aus den Merkmale und den Beginn der inner- Quellen und der Literatur zu erheben kirchlichen Etablierung. 2. Die Phase waren. Der Autor weiß freilich, dass der Ausbreitung bis zur Ausarbeitung seine Darstellung nicht nur vorläufig eines eigenen Statuts. 3. Die gegen- ist, sind doch auch die im Jahre 2002 wärtige Situation mit dem am approbierten Statuten Teil einer sich 29.6.2002 vom Päpstlichen Rat für die entwickelnden Wirklichkeit, die nicht Laien approbierten Statut. in die bislang gängigen kirchenrecht- Die gewählte Methode der Kombi- lichen Kategorien einzuordnen ist; nation von diachroner und synchroner überdies schreibt er aus einer doppelt Darstellung bringt zwar nicht wenige begrenzten Außensicht: Nicht nur, Wiederholungen mit sich, das klare dass er auf die zugänglichen und, wie Inhaltsverzeichnis und die verschiede- bereits festgestellt, sehr unterschied- nen Register erlauben aber eine rasche lichen Quellen angewiesen war, son- Orientierung zu einzelnen Sachfragen, dern, weil nach dem Selbstverständnis z. B. über die Ziele und Etappen des des Neokatechumenates nur der die- Katechumenates nach der Taufe, das sen Weg „wirklich“ verstehen kann, Verhältnis von Neokatechumenat und der ihn selbst geht. Pfarrei, seine Leitungsinstanzen, seine G.A.

Winterschäden am und der Temperaturschwankungen im Turm von St. Marien Sommer drohte ihr Absturz. Der Im August 2006 stellte sich heraus, gesunde Menschenverstand und ein dass sich die äußerste Ziegelschicht im Wort der Stadtverwaltung führten oberen Teil der Westseite des Kirch- dann zu der Entscheidung, unverzüg- turms von St. Marien gelöst hatte. lich keine Notmaßnahme, sondern Offensichtlich als Spätfolge des eine gründliche Reparatur durchzufüh- besonders kalten Winters 2005/2006 ren. Diese kostete allerdings 200.000

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Euro, was in keinem Verhältnis zu dem Risiko steht, dass Passanten Schaden erlitten hätten. Fenster von St. Henrik zur Restaurierung Die Fenster der Domkirche St. Henrik sind historisch bedeutende Glasmalereien. Die 1858-1860 erbau- te neugotische Kirche ist eine der wenigen ihres Stils in Finnland. Die Fenster gehören zwar nicht zur Weltkunst, sind aber bedeutende Zeugen ihrer Zeit. Eine Restaurierung war wegen der Wetterschäden schon lange notwendig. Die Finanzierung wird - bisher - vom Landeskonser- vator übernommen. Aus eigenen Kräften wäre diese Maßnahme völlig unmöglich.

In pace

Am 14. Februar 2006 starb isä erfüllter Arbeit kehrte isä Wim 1994 in Wilhelmus Slegers SCJ nach längerer seine holländische Heimat zurück. Krankheit kurz nach seinem 85. Geburtstag in Asten/NL. Isä Wim emp- fing die Priesterweihe am 18.7.1948; nach Finnland kam er schon 1949. Zuerst arbeitete er in der Pfarrei St. Birgitta in Turku, danach war er lange Jahre Pfarrer der Gemeinde St. Marien in Helsinki, zuvor (bis 1975) noch län- gere Zeit als erster Pfarrer von St. Olav in Jyväskylä. Er erlebte die Gründungs- und Jugendjahre jener Pfarrei, die damals ganz Mittel- und Nordfinnland umfasste und wahr- scheinlich territorial die größte Pfarrei war. Die langen Autoreisen sind unmöglich zu zählen. Nach 45 Jahren

135 Bistum Reykjavik Bistum Reykjavik

Das Bistum Reykjavik wurde am 18.10.1968 errichtet als Nachfolgerin der Bistümer Skalhold und Holar. Seit 1854 gehörte die Insel zur Apostoli- schen Präfektur der Arktis, seit 1869 zur Apostolischen Präfektur Däne- mark, die 1892 Apostolisches Vikariat wurde. Island wurde 1923 eine eigen- ständige Apostolische Präfektur und 1929 ein eigenständiges Apostolisches Vikariat. Auf einer Fläche von 103.000 km² wohnen etwa 293.000 Menschen, von denen 7.500 als Katholiken registriert sind. 16 Priester kümmern sich um 5 Pfarreien, 39 Ordensfrauen werden dort gezählt. Zur Zeit hat das Bistum 2 Seminaristen. Bischof ist dort seit 1996 Dr. Johannes Gijsen, der 1932 in den Niederlanden geboren wurde, 1957 die Priester- weihe empfing und von 1972 bis 1993 Bischof von Roermond war.

Die Anschriften lauten: The Pósthólf 490 IS-121 Reykjavik Tel.: 00 354/55 25 388 Fax: 00 354/56 23 878 E-Mail: [email protected] Internet: www.vortex.is

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Das Jubiläum von Bischof Gijsen Am Ostersonntag, dem 8. April 2007, er Bischof Gijsen wegen seines stand- feierte Johannes Gijsen, Bischof von haften Einsatzes für den unverkürzten Reykjavík, sein 50-jähriges Priesterjubi- Glauben lobte. Eine zahlreiche Ge- läum und gedachte zugleich seiner meinde war anwesend, unter ihnen Weihe zum Bischof vor 35 Jahren. Das die (derzeit einzige katholische) Jubiläum war freilich schon eine Art Ministerin für Kultur, Þorgerður Katrín Abschiedsfeier des Bischofs, denn im Gunnarsdóttir, der Justizminister Björn kommenden Oktober, mit Vollendung Bjarnason und Vigdís Finnbogadóttir, des 75. Lebensjahres, wird er von sei- ehemalige Präsidentin von Island. nem Amt in Reykjavik entpflichtet und Unter der Leitung des Domorganisten in seine niederländische Heimat Úlrik Ólason sang der Chor der Kathe- zurückkehren. drale zusammen mit einigen Solisten Die Feier begann mit einem Hochamt die Messe in G-Dur von Franz in der katholischen Kathedrale in Schubert, unterstützt von einem klei- Landakot, Reykjavík, das der Bischof nen Streichorchester. Die Aufführung gemeinsam mit Erzbischof Giovanni war sehr eindrucksvoll, was die feier- Tonucci, dem Apostolischen Nuntius liche Stimmung noch erhöhte. für die Nordischen Länder, sowie Monsignore Karel Kasteel, Sekretär Nach der Messe gab es einen Empfang des Päpstlichen Rates Cor Unum in für die Gottesdienstteilnehmer im Rom, zelebrierte. Nuntius Tonucci Gemeindesaal in Landakot sowie in hielt eine lange Festpredigt, in welcher der benachbarten Schule, wo Kaffee

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Vorne: Justizminister Björn Bjarnason und neben ihm Vigdís Finnbogadóttir, ehemalige Präsidentin Islands.

und Kuchen gereicht wurden. Der dankte herzlich allen, die ihn an die- Vorsitzende des Laienvereins, Gunnar sem Tag ehrten, besonders den Frau- Örn Ólafsson, hielt eine kurze Rede en aus dem Frauenverein der Domge- und dankte dem Bischof herzlich für meinde, die den Empfang vorbereite- seinen unermüdlichen Einsatz für die ten, sowie anderen, die dabei behilf- Diözese Reykjavík in den letzten zwölf lich waren. Der Bischof dankte Erz- Jahren. Danach hatten die Gäste die bischof Tonucci für seine aner- Gelegenheit, dem Bischof persönlich kennende Predigt und dem Chor, den zu gratulieren und ihm zu danken für Solisten, den Instrumentalisten und die Arbeit, die er in Island geleistet dem Organisten für ihren musikali- hat. Wie man weiß, hat sich die Zahl schen Beitrag. Auch den Karmel- der registrierten Katholiken Islands in schwestern von Hafnarfjörður dankte seiner Amtszeit ungefähr vervierfacht, er für ihr Gebet und den herzlichen mit all den Aufgaben, die sich daraus Empfang am 11. April. ergeben. Seine Arbeit hat der Bischof stets tatkräftig, pflichtbewusst und mit Auch allen Leserinnen und Lesern des hohem Einsatz verrichtet, was seine Ansgar-Jahrbuches sowie allen Mitarbeiter bezeugen können. Freunden und Förderern der nordi- Bischof Johannes Gijsen war selber schen Diaspora wünscht Bischof sehr zufrieden mit dem Verlauf der Gijsen Gottes Segen. Feierlichkeiten und auch damit, wie viele Leute an ihnen teilnahmen. Er Thorkell Örn Ólason

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Wachstum auf allen Ebenen - große Feiern - bevorstehender Wechsel

Wenn wir hier in Island das pastorale Zwar ist der Zuwachs der Katholi- Arbeitsjahr 2006/2007 überschauen, kenzahl größtenteils durch die fällt zuerst der rasante Zuwachs auf: Einwanderung vieler Ausländer, be- Größer geworden ist die Zahl der sonders aus Polen, bedingt, aber auch Katholiken, die Zahl der Taufen, der die Zahl der Taufen ist erheblich Firmungen und der kirchlichen gestiegen, von etwa 100 auf 130; auch Eheschließungen (nicht aber der gibt es immer mehr Übertritte von Beerdigungen!), die Zahl der Priester Lutheranern zur katholischen Kirche. und der Seelsorgezentren und des- Auch Firmungen und kirchliche wegen auch die Aufgaben und Eheschließungen gab es 40-50% mehr Tätigkeiten, welche Priester und als im Vorjahr. Die katholische Ordensschwestern zu leisten haben. Gemeinde ist noch immer sehr "jung": Begräbnisse gab es etwa 10, so viele Eine junge und wie im Vorjahr. Dies bedeutet, dass die hoffnungsvolle Kirche katechetische Arbeit die Priester und Die Zahl der registrierten Katholiken Schwestern immer mehr in Anspruch stieg auf 7.500; weil aber viele nimmt. Einwanderer, besonders aus Polen (noch) nicht registriert wurden, müs- Zum Glück steht eine beträchtliche sen wir mit einer Zahl von mindestens Zahl von gut ausgebildeten, sprachlich 10.000 rechnen, das heißt etwa 3% gut vorbereiteten und eifrigen der gesamten Bevölkerung des Priestern und Schwestern aus unter- Landes. Die katholische Kirche ist hier schiedlichen Ländern zur Verfügung. zur Zeit die zweitgrößte Gemeinschaft Von den 16 Priestern sind 4 über 70 von Gläubigen. Wie die übergroße Jahre alt; die Hälfte ist noch keine 50. Mehrheit der Einwohner (80%), woh- Außerdem wird am 7. Juli dieses nen auch die meisten Katholiken im Jahres unser Diakon, Jakub Bud- Ballungsgebiet im Süd-Westen kiewicz, zum Priester geweiht; im Islands, aber viele haben sich auch in Sommer wird sich ein dritter anderen Gebieten, besonders im Kapuziner aus der Slowakei seinen Osten, angesiedelt. Das bringt mit Mitbrüdern anschließen, um die sich, dass die Priester und Schwestern Seelsorge in Ost-Island zu überneh- noch mehr reisen müssen als bislang, men und aufzubauen. Auch bereitet um die Menschen seelsorglich zu sich ein junger Isländer in Rom auf das betreuen; es bedeutet auch, dass in Priestertum vor, ein anderer ist bei den nächster Zukunft neue Seel- Kapuzinern eingetreten, und einige sorgezentren errichtet werden müs- junge Leute hier denken ernsthaft sen. daran, Priester zu werden. Auch die

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aktiven Schwestern (26) sind größten- Damit Priester und Schwestern ihre teils jung und einsatzbereit. Ihre Arbeit gut und mit Vertrauen tun und Tätigkeit ist für die Pastoral und das sich alle Gläubigen vom Gebet und Apostolat unerlässlich. Opfer für sie und ihre Anliegen getra- gen wissen, dürfen sie auf die Karmel- Ein besonderes Ereignis wird im Juli schwestern in Hafnarfjörður bauen. dieses Jahres stattfinden. Dann wird Diese sind zur Zeit 12 an der Zahl. nämlich in Reyðarfjörður in Ost- Zwei von ihnen legten im Mai ihre Island das Kapuzinerkloster einge- Ewige Profess ab, während eine dritte weiht werden. Dafür hat die Diözese zum ersten Mal ihre Gelübde aus- einen Bauernhof gekauft, der zur sprach. Auch diese Schwestern sind Zeit umgebaut wird. Es wird das mehrheitlich sehr jung. Alle kommen erste Mönchskloster in Island seit der aus Polen. Reformation sein, die erste Niederlassung von Bettelmönchen Anlässe zum Feiern überhaupt. Die Patres, anfangs drei, Die Kirche in Island darf also eine später fünf, werden die Katholiken hoffnungsvolle Kirche sein, die sich des ausgedehnten Gebietes (etwa auf die Zukunft freut. Aber sie hat 20.000 km²) seelsorglich betreuen auch schon verschiedene Anlässe zum und deswegen regelmäßig an ver- Feiern. schiedenen Orten Gottesdienste hal- Zuerst gedenkt sie im Juli 2007 des ten müssen. 150. Jahrestagen der Ankunft des

140 Bistum Reykjavik ersten katholischen Priesters in Island am 25. Mai sein Silbernes Pries- seit 1550. Es war der Franzose Bernard terjubiläum. Dies wurde an Pfingsten Bernard. Dieser legte den Grundstein in der Kathedrale in Reykjavík gefeiert. für den Neuanfang des katholischen Am 20. Juli wird der älteste Priester, Glaubenslebens. Obwohl weder er séra Hubert Oremus C.M., 90 Jahre alt. noch sein Kollege und Nachfolger Er ist noch immer sehr aktiv und freut Jean-Baptiste Baudoin „Bekehrungen“ sich einer guten Gesundheit. Seine Tä- machen konnten - und durften! -, ha- tigkeit als Beichtvater der Karmel- ben sie doch den Weg zu einem schwestern und vieler Priester und als Wiederaufleben der katholischen Kir- unermüdlicher Assistent an der che geebnet und die Voraussetzungen Kathedrale in Reykjavik wird sehr dafür geschaffen, besonders durch geschätzt. den Ankauf eines Geländes in Reykja- Bereits am Ostertag feierte Bischof vik und die Gründung eines Zen- Johannes Gijsen in der Kathedrale in trums, worauf später weitergebaut Reykjavik sein Goldenes Priester- werden konnte. Am 28. Juli wird der jubiläum. Kurz zuvor - am 13. Februar Ankunft Bernards in Fáskrúðsfjörður - - konnte er in Rom den 35. Jahrestag in der unmittelbaren Nähe von seiner Bischofsweihe durch Papst Paul Reyðarfjörður - feierlich gedacht wer- VI. begehen. Am 7. Oktober wird er den. 75 Jahre alt werden. Weitere Feiern betreffen zwei der Priester: Der Superior der polnischen Alle diese Feiern haben gezeigt und Priester - der Gesellschaft Christi für werden zeigen, dass unsere Gemein- die polnischen Emigranten -, séra schaft gerne auf die Vergangenheit zu- Wojciech Swiatkowski S.Chr., beging rückschaut, weil von dorther ihr Heranwachsen mög- lich geworden ist und gefördert wurde. Auf dem, was dort begonnen hat und was von vielen fort- geführt wurde, kann sie jetzt weiterbauen.

Dies alles sind gute Voraussetzungen für den bevorstehenden Bischofswechsel. Bischof Jóhannes Gijsen wird am Ende des Jahres nach 12 Séra Wojciech Swiatkowski S.Chr. und sein Kollege P. Marek Zygadlo S.Chr. in der Barbarakapelle in Keflavík. Jahren als Bischof

141 Bistum Reykjavik von Reykjavik zurücktreten und in Kongregation mit, welche darüber sein Heimatland zurückkehren. Im berät und dem Papst einen Vorschlag Einvernehmen mit dem Apostolischen zur Ernennung des neuen Bischofs Nuntius in den nordischen Ländern, von Reykjavik unterbreitet. Der Papst Erzbischof Giovanni Tonucci, hat er entscheidet darüber frei. Wenn alles schon im Dezember 2006 den Papst nach Plan verläuft, wird der neue um seine Entlassung mit Erreichung Bischof im Herbst 2007 geweiht und des 75. Lebensjahres gebeten. So kann in sein Amt eingeführt werden kön- die Nachfolge zeitig geregelt werden, nen. und sein Rücktritt muss keine Lücke in Verständlicherweise wird in Kreisen der Leitung der Diözese mit sich brin- der mit der Kirche verbundenen gen. Im Februar 2007 hat der Heilige Gläubigen in Island, besonders der Vater dieses Gesuch angenommen. Priester und der Schwestern, aber Bischof Gijsen bleibt aber bis zu seiner auch der engagierten Laien, viel über Emeritierung voll und ganz im Amt. den bevorstehenden Bischofswechsel geredet. Man ist zuversichtlich, dass Am 7. März 2007 kam der Nuntius der richtige Mann ernannt werden nach Reykjavik und führte Gespräche wird, der die positiven Entwicklungen mit den Priestern der Diözese, mit der Kirche in Island weiterführt. In Vertreterinnen der Schwesterngemein- diesem Anliegen wird in allen Kirchen schaften, Repräsentanten der geistli- und Kapellen in den Gottesdiensten chen Bewegungen, der Pfarrgemein- und bei sonstigen Versammlungen in deräte und der Laienverbände. Es ging besonderer Weise gebetet. um die Lage der Diözese, die Zu- kunftsperspektiven und die Frage, Die Kirche in Island wird sich also welche Eigenschaften der künftige weiter entfalten dank Gottes Segen, Bischof mitbringen soll. Über even- der so deutlich auf ihr ruht. Bischof tuelle Kandidaten wurde nicht öffent- Johannes Gijsen verabschiedet sich lich gesprochen. Vorschläge erhält der mit großer Dankbarkeit, aber auch mit Nuntius von den Bischöfen der nordi- einer gewissen Wehmut von ihr. Er hat schen Länder und bestimmten Per- schon öfters gesagt: „Diese 12 Jahre in sonen, die er in Island oder anderen Island waren für mich die schönsten Ländern entsprechend befragt. Über meines Lebens.“ Dies, so weiß er, ist das Ergebnis seiner Konsultationen auch der Unterstützung vieler, beson- informiert er die Kongregation für die ders über die Hilfswerke in Deutsch- Bischöfe in Rom. Zugleich unterbreitet land, zu verdanken. Allen, die sich er dieser Behörde eine Liste möglicher dafür eingesetzt haben, möchte er Kandidaten. Die Kongregation ent- auch an dieser Stelle seinen herzlichen scheidet dann, über welche von die- Dank aussprechen. sen Personen der Nuntius weitere Informationen einholen soll. Dieser +Johannes Gijsen teilt das Resultat seiner Prüfung der Bischof von Reykjavik

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Familien- und Jugendpastoral in der Marienpfarrei in Reykjavík

Die Pfarrgemeinde St. Marien - Stella ten, den Glauben auch in einer nicht- Maris in Reykjavik ist die Pfarrei in katholischen Umgebung zu leben. Island, die in den letzten Jahren am Zuerst dachten sie, dass es gut wäre, meisten gewachsen ist: Die Zahl der von Zeit zu Zeit einen philippinischen Pfarrangehörigen stieg von etwa 800 Priester einzuladen. Dieser organisier- im Jahre 1995 auf mehr als 3.000 te Besinnungstage, die gut besucht heute. Die Herkunft der Gläubigen ist wurden. Aber sie wollten mehr. Im sehr verschieden, aber es gibt einige April 2002 kam eine „Missionsgruppe“ „große“ Gruppen: Isländer, Philippi- der Couples for Christ aus Manila über nos und Polen. Besonders die Phi- Norwegen nach Island. Dies war der lippinos haben sich ziemlich stark pro- Anfang der organisierten Familien- filiert. Es sind vor allem Frauen, die und Jugendpastoral in der Marienge- mit Isländern verheiratet sind, aber meinde in Reykjavik. deren Kinder katholisch getauft wur- den. Die Frauen sind meistens tief- Couples for Christ ist eine Bewegung, gläubig und kirchentreu. Sie suchen die im Jahre 1981 in Manila mit 16 für sich und ihre Kinder Möglichkei- Ehepaaren begann und als Ziel hatte,

143 Bistum Reykjavik diese in ihrem Glauben, im Eheleben Gottesdiensten, an der Katechese und und in der Erziehung der Kinder zu an der Caritas. 10 Ehepaare, 5 Einzel- stärken und auch nach der Lehre der personen, 15 Mitarbeiter und 3 Helfer katholischen Kirche leben zu lernen. bilden den Kern der Bewegung. 15 Dazu wurden wöchentliche Begeg- Jugendliche und 25 Kinder haben sich nungen in kleineren Kreisen ange- mittlerweile zur ständigen Teilnahme setzt. Man las in der Heiligen Schrift, an den Zusammenkünften und Tätig- betete und sprach miteinander über keiten der Bewegung verpflichtet. Die konkrete Fragen des Ehelebens und meisten von ihnen sind Philippinos, der Erziehung. Die Leitung hatten ein- aber auch einige Isländer haben sich erseits ein Priester, andererseits auch engagiert, so dass man nicht nur auf Laien, welche dazu ausgebildet wur- Englisch, sondern auch auf Isländisch den. Allmählich breiteten die Akti- miteinander redet. vitäten sich aus: Man versuchte, Ehe- In Island, wo die meisten Eheleute leuten, die in Schwierigkeiten geraten konfessionsverschieden und manche waren, zu helfen, wieder zueinander der lutherischen Partner geschieden zu finden, unterstützte Familien in sind, hat die Bewegung Couples for finanzieller Not und beriet junge Eltern Christ eine Beratungsstelle für nicht- in Sachen Familienplanung. Auch kirchlich verheiratete und geschiedene wurden Begegnungen von Kindern Eheleute geöffnet, den Jakobsbrun- und Jugendlichen organisiert, was zur nen. Man versucht, den Betroffenen Bildung einer Jugendbewegung führ- zu helfen, ihre Ehe kirchlich in Ord- te. Schnell verbreitete sich die Bewe- nung bringen zu lassen; jedenfalls gung der Couples for Christ in zahlrei- werden die katholischen Partner chen Ländern aus. Am 25. April 2005 ermutigt, mit der Kirche in Kontakt zu wurden die Statuten vom Päpstlichen bleiben und an den Gottesdiensten Rat für die Laien approbiert; die Be- teilzunehmen. wegung erhielt den Status einer Sehr wichtig ist auch die caritative Rechtspersönlichkeit als ein privater Tätigkeit der Couples for Christ. Sie internationaler Verein von Gläubigen. bilden durch persönliche Spenden ei- Zur Zeit gibt es in 157 Ländern nen Fond, aus dem Bedürftige in fi- Couples for Christ mit mehr als einer nanziellen Schwierigkeiten unterstützt Million Mitgliedern. In Europa ist die werden können. Auch die Armen in Bewegung in 32 Ländern aktiv. den Philippinen werden unterstützt, besonders durch Beteiligung an der In der Mariengemeinde wurden die Gründung neuer Dörfer und an der Couples for Christ in mehrerer Hinsicht Schaffung von Arbeitsplätzen. Schon zu einer der wichtigsten Stützen für in 2005 wurden etwa 500 Euro zu die- das Gemeindeleben. Die Mitglieder sen Zwecken überwiesen; man hofft schließen sich nicht ab, sondern betei- jetzt, weitere 1.100 Euro transferieren ligen sich eifrig an allen Aktivitäten zur zu können. Förderung der Teilnahme an den Weltweit und in Island setzen sich die

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Couples for Christ aktiv für den Schutz séra Denis O'Leary, den dort ansässi- des Lebens ein. Sie informieren ihre gen Missionarinnen der Nächsten- Mitglieder und andere Interessierte liebe (Schwestern der Mutter Teresa darüber, wie ein Leben vor und in der von Kalkutta) und einigen kompeten- Ehe nach den Anweisungen der ten Laien wie dem amerikanischen katholischen Kirche auszusehen hat. Ehepaar Michael and April Frigge zu verdanken. Diese aber verweisen Besonders dank des Einsatzes von gerne auf die Inspiration und die Couples for Christ ist das Gemeindele- spürbare Hilfe des Heiligen Geistes, ben in der Marienpfarrei in Reykjavik der sie dazu führt, „zu vergessen, was sehr lebendig geworden. Der Kir- hinter ihnen liegt, und sich nach dem chenbesuch ist auch an Wochentagen auszustrecken, was vor ihnen ist, erheblich gestiegen. Sehr erfreulich nämlich die himmlische Berufung, ist auch, dass sich eine Gruppe kirch- die Gott uns in Christus Jesus lich aktiver Jugendlicher für die wei- schenkt“ (Phil 3, 13f). tere Entwicklung der Pfarrei einsetzt. Dies alles ist sicherlich dem Pfarrer, Nach einer Vorlage von April Frigge

Die Karmelitinnen vom Göttlichen Herzen Jesu in Akureyri Ihre Aufgaben und Tätigkeiten

Es war für mich eine große Heraus- seligen Maria Teresa vom heiligen forderung, in Island eine neue Mission Josef (Anna Maria Tauscher, *1855 zu übernehmen. Ich stamme aus +1938, seliggesprochen am 13.5.2006 Kroatien, wo ich in die Kongregation in Roermond/NL), die ihre Schwestern der Karmelitinnen vom Göttlichen „vom eisigen Norden bis zum bren- Herzen Jesu eingetreten bin, aber 15 nend heißen Süden“ der Erde tätig Jahre lang arbeitete ich in Brasilien. sehen wollte. Unsere heutige General- Vielleicht aber war die Herausforde- oberin, Mutter Angelina, betrachtete rung noch größer für die drei anderen deswegen die Einladung des Bischofs Schwestern unserer Kommunität in von Reykjavik, Johannes Gijsen, Akureyri, denn sie sind gebürtige Bra- Schwestern nach Island zu senden, als silianerinnen. Unsere Oberin war vor- ein Zeichen des Herrn, das sie nicht her vier Jahre lang in Kamerun tätig. unbeachtet lassen durfte. Wir kamen nach Island am 23. Mai In Akureyri, im Norden Islands, waren 2001, dem Vorabend von Christi gerade eine neue Kirche gebaut und Himmelfahrt. Damit erfüllten wir eine Pfarrei gegründet worden. Diese einen Wunsch unserer Gründerin, der Pfarrei umfasst ein Drittel des Landes,

145 Bistum Reykjavik also mehr als 30.000 km². Das Gebiet Küchendienst und springt gelegentlich ist dünn besiedelt. Die Zahl der bei der Kinderbetreuung ein. Dies ist Katholiken betrug 2001 nur 400, aber eine wichtige Aufgabe, welche aber ist zur Zeit, durch die großen ganz und gar den Zielsetzungen unse- Bautätigkeiten in Ost-Island, auf über rer Kongregation entspricht, denn die 2.000 gestiegen. Die Leute stammen Gründerin wollte mit ihren aus vielen Ländern, besonders aus Schwestern vor allem der Fürsorge Polen, aber auch aus Portugal und und der Erziehung dienlich sein. In Brasilien. Sie wohnen sehr zerstreut, Island ist dies sehr willkommen, weil so dass die Priester und auch wir fast alle verheirateten Frauen ein vol- Schwestern weite Strecken zurückle- les Arbeitspensum erfüllen müssen gen müssen, wenn wir sie besuchen wegen des hohen Lebensstandards wollen. Dies ist oft sehr beschwerlich, und der hohen Kosten des Lebens- weil die meisten Strassen in schlech- unterhalts. Bald nach unserer Ankunft tem Zustand sind und das Klima im in Akureyri haben wir dort ein geräu- Winter sehr rau sein kann: bei Frost miges Haus mit Garten erwerben kön- bis -25°C, viel Schnee und viel Wind. nen; leider ist es ziemlich weit von der Im Sommer kann es mit 25°C ange- Kirche entfernt. In diesem Haus woh- nehm warm sein. nen wir, hier betreuen wir auch die Kinder. Dies hat den Vorteil, dass wir Die Aufgaben, welche wir Schwestern wochentags immer zu Hause sind und zu erfüllen haben, sind ziemlich ver- auch mit den Müttern der Kinder in schiedlich. Zwei von uns betreuen Kontakt kommen. Unsere Kinder- von Montag bis Freitag zwischen 8.00 betreuung ist ebenso gefragt wie ge- und 16.00 Uhr 12 kleine Kinder im schätzt. Von Seiten der Behörden Alter zwischen einem halben und erfahren wir große Unterstützung, zwei Jahren; eine dritte macht den auch viele andere Leute helfen uns

146 Bistum Reykjavik gerne. Zur Zeit bauen wir das Haus Pfarrei. Denen erteile ich Katechese aus und richten darin eine ordentliche und bereite sie auf die Erstkommu- Kapelle ein, in welcher der Ortspfarrer nion und die Firmung vor. Dazu habe oder sein Assistent die Wochentags- ich mir das Isländische zu eigen messen zelebrieren. gemacht, obwohl ich oft auch andere Sprachen, besonders Polnisch, ver- Dank dieser engen Verknüpfung von wenden muss. Diese Arbeit führt mich Wohnung und Arbeit sind wir imstan- oft weit weg von Akureyri und macht de, unser spezifisches Ordensleben es notwendig, manchmal anderswo zu richtig zu führen. Unsere Kongre- übernachten. Ich lege oft 500 bis 1000 gation ist ja kontemplativ und aposto- km pro Woche zurück und - im lisch zugleich. Das Charisma unserer Sommer - manchmal viel mehr. Auf Gründerin war: aus dem kontemplati- diese Weise halte ich Kontakt mit etwa ven Geist des Karmels die Kraft zu 150 Kindern und Jugendlichen. schöpfen, um apostolisch tätig zu sein. Sie möchte Gebet und Dienst an den Auch begleite ich den Pfarrer oft auf Kleinen, deren Eltern und den älteren seinen Besuchsfahrten zu den Leuten, Menschen miteinander verbinden und die weit weg von Akureyri wohnen. aufeinander wirken lassen. Deswegen Ich bereite dort in den lutherischen räumen wir morgens und abends viel Kirchen alles für die Messfeier vor und Zeit ein für das Stundengebet, das wir motiviere die Gläubigen zu einer akti- mittlerweile auf Isländisch beten, wie ven Teilnahme am Gottesdienst. Dies auch für Anbetung und Betrachtung. lässt mich mit vielen in Kontakt kom- Aber auch das Gemeinschaftsleben men und ihnen die Überzeugung ver- kann zum Zuge kommen, weil wir mitteln, dass sie wirklich zur Kirche meistens zusammen sind. gehören. Dies macht uns dann alle dankbar und glücklich. Neben unseren Tätigkeiten im eigenen Unsere liebe Mutter Maria Teresa hat Haus kümmern wir uns um die Ver- gesagt: „Es ist mein Wunsch, dass jede sorgung der Kirche und des Pfarr- Karmelitenschwester vom Göttlichen hauses samt dessen Bewohnern und Herzen Jesu in den Himmel kommen pflegen gute Kontakte zu den Pfarr- wird über die vielen Seelen, welche mitgliedern, besonders denen, welche sie für das göttliche Herz gewonnen in der Stadt Akureyri und deren hat.“ Wir wünschen uns dies ebenfalls unmittelbarer Umgebung wohnhaft und beten auf ihre Fürsprache für die- sind. ses Anliegen. Wir wissen, dass viele durch Gebet und Opfer darin mit uns Meine Aufgabe geht aber weit hierü- vereint sind. Das Evangelium kann ber hinaus. Ich besuche auch regel- nicht aufgehalten werden. mäßig Kinder und Jugendliche in anderen Dörfern, welche zur Pfarrei Schwester Celestina, Carmel DCJ, gehören und sogar außerhalb der Akureyri

147 Wussten Sie …

...dass nur 29 % der volljährigen Deut- Missionswerk Missio, Goethestraße 43, schen ein Testament errichtet haben, 52064 Aachen, herausgegeben hat und obwohl 82,2 % der Auffassung sind, die dort angefordet werden kann. dass man Erbfragen juristisch und wirt- Auch das Bonifatiuswerk in Paderborn schaftlich klar regeln sollte? Aber nur hat eine diesbezügliche Broschüre er- 20,3 % der erwachsenen Bevölkerung stellt, die den Titel trägt „Über den Tag fühlen sich ausreichend aufgeklärt hinaus. Das individuelle Testament“. über das Thema „Schenken und Verer- Sie kann beim Bonifatiuswerk der ben“. Liegt kein Testament vor, tritt die Deutschen Katholiken, Kamp 22, gesetzliche Erbfolge ein, von der nicht 33098 Paderborn, angefordert werden. selten die Falschen profitieren und an Wir weisen auf diese Broschüren nicht der Vater Staat oft nicht schlecht ver- deshalb hin, weil wir auf Ihr Erbe spe- dient. Denn: Jedes über bestimmte kulieren, sondern weil die Erfahrung Freibeträge hinausgehende Erbe wird lehrt, dass es im Zusammenhang mit je nach Verwandtschaftsgrad versteu- diesen Fragen sehr viele unangeneh- ert. Steuerfrei hingegen bleibt Vermö- me Überraschungen gibt, welche man gen, das kirchlichen und gemeinnüt- durch entsprechende Informationen zigen Organisationen vermacht wird. vermeiden könnte.

„Warum sollte ich ein Testament ma- Selbstverständlich können Sie sich mit chen? – Einfach, weil Sie es Ihrer Fa- konkreten Fragen betreffend eines milie und Ihren nächsten Angehörigen Testamentes zugunsten der nordi- schuldig sind, überlegt und verständ- schen Diaspora direkt an uns wenden, lich zu entscheiden, wie Ihr Vermögen auch telefonisch unter der Rufnummer verteilt werden soll“. So heißt es in der 02 21 / 16 42 56 50 (Ansgarius-Werk Broschüre „Wer sein Haus bestellt...“, Köln) oder 0 89 / 21 37 17 42 (Ansgar- die das Internationale Katholische Werk München).

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