Peter Ruhwedel (Hrsg.) Band Aufsichtsrats-Score 2013 4 Studie zu Effizienz, Besetzung, Transparenz und Vergütung der DAX- und MDAX-Aufsichtsräte ~ Peter Ruhwedel

KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance der FOM Hochschule für Oekonomie & Management KCU Schriftenreihe Peter Ruhwedel

Aufsichtsrats-Score 2013 Studie zu Effizienz, Besetzung, Transparenz und Vergütung der DAX- und MDAX-Aufsichtsräte

KCU Schriftenreihe der FOM, Band4

Essen 2013

ISSN 2195-2922

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Inhalt

Abbildungsverzeichnis...... II Tabellenverzeichnis...... III

1 Einführung ...... 1

2 Executive Summary ...... 4

3 Studiendesign und Vorgehen ...... 5 3.1 Hintergrund der Studie...... 5 3.2 Der Aufsichtsrats-Score ...... 6

4 Studienergebnisse im Detail ...... 10 4.1 Arbeitsweise des Aufsichtsrats ...... 10 4.2 Eignung der Aufsichtsratsmitglieder ...... 26 4.3 Diversity ...... 31 4.4 Transparenz ...... 37 4.5 Vergütung ...... 46

5 Aufsichtsrats-Score 2013 ...... 52 5.1 Zusammenfassung ...... 52 5.2 Aufsichtsrats-Score 2013 - DAX ...... 53 5.3 Aufsichtsrats-Score 2013 - MDAX ...... 54

6 Best Practices der Aufsichtsratstätigkeit ...... 56

Über den Autor der Studie ...... 57

I KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Rechtsformen ...... 7 Abbildung 2: Aufbau und Kriterien des Aufsichtsrats-Scores (Auszug)...... 8 Abbildung 3: Häufigkeitsverteilung der Gremiengröße ...... 11 Abbildung 4: Unternehmerische Mitbestimmung (MDAX, Anzahl) ...... 11 Abbildung 5: Verteilung der Aufsichtsratsmitglieder nach Bänken ...... 12 Abbildung 6: Sitzungshäufigkeit in Abhängigkeit von der Aufsichtsratsgröße ...... 14 Abbildung 7: Durchschnittliche Anzahl von Ausschüssen in Abhängigkeit von der Aufsichtsratsgröße ...... 16 Abbildung 8: Häufigkeit von Ausschusstypen ...... 17 Abbildung 9: Sitzungshäufigkeit in Abhängigkeit von der Anzahl der Ausschüsse ...... 19 Abbildung 10: Arbeitsweise des Aufsichtsrats im Zeitvergleich ...... 24 Abbildung 11: Anteil Frauen im Aufsichtsrat ...... 31 Abbildung 12: Anteil Frauen an den Neuwahlen zum Aufsichtsrat (DAX) ...... 32 Abbildung 13: Anteil Ausländer im Aufsichtsrat ...... 33 Abbildung 14: Angaben zu Schulungen für Aufsichtsratsmitglieder ...... 41 Abbildung 15: Durchschnittliche Vergütung pro Mitglied 2012 vs. 2013 ...... 46 Abbildung 16: Intervalle der Aufsichtsratsvergütung ...... 50 Abbildung 17: Struktur der Aufsichtsratsvergütung ...... 50 Abbildung 18: Best Practices der Aufsichtsratstätigkeit ...... 56

III KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ausschusstyp und -sitzungszahl ...... 20 Tabelle 2: Top10 Arbeitsweise des Aufsichtsrats im Zeitvergleich (DAX) ..... 22 Tabelle 3: Top10 Arbeitsweise des Aufsichtsrats im Zeitvergleich (MDAX) .. 23 Tabelle 4: Top10 Eignung der Aufsichtsratsmitglieder ...... 29 Tabelle 5: Top10 Diversity im Aufsichtsrat ...... 34 Tabelle 6: Top10 Transparenz ...... 44 Tabelle 7: Vergütung im DAX ...... 47 Tabelle 8: Vergütung im MDAX ...... 49 Tabelle 9: Aufsichtsrats-Score 2013 (DAX) ...... 54 Tabelle 10: Aufsichtsrats-Score 2013 (MDAX) ...... 55

V KCU - Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

1 Einführung

„Der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG ist einver- nehmlich der Meinung, dass Uli Hoeneß das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG trotz der nun erfolgten Eröffnung des Hauptverfahrens weiter ausüben soll.“1 Spätestens seit der Ehrenerklärung des Aufsichtsrats der FC Bayern AG für seinen Vorsitzenden Uli Hoeneß ist das Thema „Aufsichtsrat“ in der Boulevard- und Fußballpresse angekommen. Der Aufsichtsrat wurde zu einem Gegenstand öffentlichen Interesses, wie es in der Vergangenheit noch nicht der Fall gewe- sen ist - er tritt quasi aus seinem üblichen Schattendasein auf die große Fuß- ballbühne. Die Öffentlichkeit wird sehr genau beobachten, wie sich die Mitglie- der des Aufsichtsrats - überwiegend etablierte Top-Manager - in den kommen- den Monaten verhalten und es wird die Frage zu stellen sein, welche Rückwir- kungen ihr Verhalten möglicherweise auf „ihre“ Unternehmen haben wird. Dies umfasst etwa die Frage einer möglichen Aufrechnung von Compliance- Verstößen gegen eine positive Lebensleistung, die Unabhängigkeit der Auf- sichtsratsmitglieder oder ihre Arbeitsweise, etwa in Richtung einer Nachfolge- planung für den Vorstand und den Aufsichtsratsvorsitzenden. Auch die politische Diskussion wurde - befeuert durch den Wahlkampf zur dies- jährigen Bundestagswahl - erneut auf den Aufsichtsrat gelenkt. So haben sich die Parteien der großen Koalition auf die Einführung einer verbindlichen Frau- enquote von 30% im Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften bis zum Jahr 2016 geeinigt. Sie verbinden hiermit die Hoffnung, so den Anteil von Frauen in Führungspositionen insgesamt erhöhen zu können. Mögliche Risiken durch einen hierdurch ausgelösten zu schnellen Wechsel in der Zusammensetzung der Gremien blieben jedoch unberücksichtigt. In diesem aktuellen Umfeld beleuchtet die vorliegende Studie Aufsichtsrats- Score bereits zum dritten Mal die Arbeitsweise, Zusammensetzung und Transparenz der Aufsichtsräte der DAX- und der MDAX-Unternehmen. Wie in den Vorjahren wurden die Gremien einer intensiven Analyse unterzogen, um zu einem belastbaren Qualitätsurteil zu den Aufsichtsräten in den größten bör-

1 Quelle: http://www.fcbayern.telekom.de/de/news/news/2013/presse-erklaerung-04 1113-stellungnahme-des-aufsichtsrats-der-fc-bayern-m-nchen-ag.php.

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sennotierten Unternehmen zu gelangen. Dabei hat sich die in einigen Unter- nehmen bereits in der Vergangenheit zu beobachtende vorbildliche Arbeit der Aufsichtsräte bestätigt und weiterentwickelt. Als Beispiel kann der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom genannt werden. Nach verschiedenen Skandalen hat der Aufsichtsratsvorsitzende die Überwachungsarbeit des Aufsichtsrats etwa über die Einrichtung von zusätzlichen Fachausschüssen oder von Sonderaus- schüssen zur temporären Begleitung wichtiger Themen intensiviert. Dies zeigt sich auch in dem hervorragenden Abschneiden im Bereich Arbeitsweise des Aufsichtsrats, den die Deutsche Telekom gemeinsam mit SAP anführt. Ein ähn- licher Weg soll jetzt auch bei ThyssenKrupp eingeschlagen werden, so dass auch hier mit einer Verbesserung der Bewertung im Bereich der Arbeitsweise zu rechnen sein wird. Dies ist gleichzeitig bezeichnend für die Weiterentwick- lung der Corporate Governance in den Unternehmen, denn häufig sind Krisen und Fehlverhalten Auslöser für notwendige Veränderungen. Es kann jedoch auch beobachtet werden, dass die bereits in der Vergangenheit vorhandenen Qualitätsunterschiede der Aufsichtsräte weiter zunehmen. Damit liegt die Schlussfolgerung nahe, dass trotz aller Bemühungen des Ge- setzgebers sowie der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex die Notwendigkeit einer vorbildlichen und transparenten Unternehmens- leitung und -überwachung noch nicht von allen betrachteten Unternehmen als gleichermaßen wichtig angesehen wird. Gleichzeitig nehmen insbesondere für Unternehmen mit einer internationalen Aktionärsstruktur - bei den DAX-Unternehmen liegt der Anteil ausländischer Aktionäre im Durchschnitt über 50% - die Anforderungen an die Ausgestaltung ihrer Corporate Governance stetig zu. So wurde in diesem Jahr im Fall Lufthan- sa deutlich, welchen Einfluss die sogenannten Stimmrechtsvertreter („Proxy Advisor“) auch auf die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nehmen. Lufthansa gelang es erst nach einem öffentlich ausgetragenen Disput mit der Beratungs- gesellschaft Institutional Shareholder Services (ISS) - einem der größten US- amerikanischen Proxy Advisor - die Unterstützung für die Wahl des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Mayrhuber zum neuen Aufsichtsratsvorsit- zenden zu gewinnen. Auch der direkte Wechsel von Josef Ackermann auf den Aufsichtsratsvorsitz der Deutschen Bank scheiterte offenbar an dem auf der Hauptversammlung zu erwartenden Widerstand von ISS. Deutsche Unterneh- men stehen somit zunehmend vor der Herausforderung, die Ausgestaltung ihrer

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Corporate Governance sowie die Transparenz hierüber internationalen Stan- dards anzupassen. Im Rahmen der dritten Auflage der Studie, die erneut sowohl die DAX- als auch die MDAX-Unternehmen umfasst, wurde ein größeres Gewicht auf die Transparenz der Unternehmen über die Besetzung und Arbeitsweise ihres Aufsichtsrats gelegt. Die über den Aufsichtsrat bereitgestellten Informationen sind eine wichtige Basis für Aktionäre und weitere externe Stakeholder zur Be- urteilung der Corporate Governance eines Unternehmens. Je umfassender und spezifischer diese Informationen sind, desto verlässlicher ist das beim Ad- ressaten entstehende Bild über die Zusammensetzung und die Tätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder. Eine ausgeprägte Transparenz über den Aufsichtsrat bietet den Unternehmen die Möglichkeit, ihren Aktionären die „Blackbox Aufsichtsrat“ zu erläutern und die in zahlreichen Gremien vorhandene Qualität der Personen und der Arbeits- weise darzulegen. Sie stellt damit einen Grundpfeiler der voranschreitenden Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit dar und es ist wenig überra- schend, dass Unternehmen mit einer ausgeprägten Transparenz häufig eine vorbildliche Besetzung und Arbeitsweise des Aufsichtsrats aufweisen. Anderer- seits lassen möglicherweise eine Vielzahl von Unternehmen mit einer hohen Qualität in der Arbeitsweise des Aufsichtsrats die Gelegenheit ungenutzt ver- streichen, dieses ihren Aktionären umfassend transparent zu machen. Die Studie hat zum Ziel, über die vergleichende Analyse der Aufsichtsräte (Benchmarking) und die Identifikation vorbildlicher Vorgehensweisen in den Aufsichtsräten einzelner Unternehmen (Best Practices) Anregungen für eine weitere Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit zu geben. Dabei steht insbesondere der relativer Vergleich der Unternehmen im Fokus der Untersu- chung, weniger die tatsächliche Höhe des erreichten Scores. Die Studiener- gebnisse können damit als Orientierungsrahmen einer Effizienzprüfung des Aufsichtsrats dienen und die Gremien über den Vergleich mit anderen Auf- sichtsräten bei der Weiterentwicklung ihrer Strukturen, Prozesse und Arbeits- weise unterstützen.

3 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

2 Executive Summary

− Bereits in den Vorjahren konnte in einigen DAX-Unternehmen eine ho- he Qualität der Aufsichtsräte beobachtet werden. Es scheint sich eine Spitzengruppe von Unternehmen herauszubilden, die in allen vier Di- mensionen - Arbeitsweise, Eignung, Diversity und vor allem Transpa- renz - ein weit überdurchschnittliches Qualitätsniveau erreichen. − Der Aufsichtsrats-Score der MDAX-Unternehmen liegt zum Teil deutlich unter dem DAX-Niveau, was insbesondere auf eine häufig unzureichende Transparenz sowie eine weiterhin geringe Diversity in den Gremien zurückzuführen ist - zudem besteht zum Teil eine Do- minanz von Großaktionären, wodurch die Unabhängigkeit der Auf- sichtsratsmitglieder eingeschränkt sein kann. − Der Aufsichtsrat ist in zahlreichen Unternehmen zum echten Spar- ringspartner des Vorstands geworden, was sich unter anderem an einer gewachsenen Teilhabe an der strategischen Entwicklung der Unternehmen zeigt. Darüber hinaus kann eine hohe Arbeitsintensität des Aufsichtsrats gerade in Krisensituationen beobachtet werden. − Die Diskussion um die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote hat zu einem deutlich größeren Anteil von Frauen an den Neubesetzungen geführt. Im Vorjahresvergleich ist der Anteil von Frauen in den DAX- Aufsichtsräten daher auf 22% gestiegen (MDAX 17%) - die angekündig- te Einführung einer Frauenquote von 30% bis 2016 erfolgt jedoch zu schnell und kann zu einer Schwächung der Aufsichtsräte beitragen. − Die öffentlich verfügbaren Informationen über die Aufsichtsratskandi- daten nehmen insbesondere im Vorfeld von Wahlen zu - eine Begrün- dung der Berufung oder eine Erläuterung der zukünftigen Rolle im Auf- sichtsrat erfolgt jedoch weiterhin sehr selten. − Insgesamt kann bei einer kleinen Gruppe von Unternehmen ein deutli- cher Transparenzgewinn beobachtet werden; die Transparenz im MDAX weist teilweise ein erhebliches Nachholpotenzial auf. − Die DAX-Aufsichtsräte verdienen mit durchschnittlich 152.000 Euro pro Aufsichtsratsmitglied (+8,6%) fast das Doppelte eines Aufsichtsratsmit- glieds im MDAX (83.000 Euro; +12%).

4 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

3 Studiendesign und Vorgehen

3.1 Hintergrund der Studie

Eine wirksame Überwachung der Unternehmensleitung erfordert eine eigenbe- stimmte, vom Vorstand unabhängige Tätigkeit des Aufsichtsrats. Dies betrifft alle Bereiche des Überwachungsspektrums, angefangen von der Bestellung, Bewertung und Vergütung des Vorstands bis hin zu der eigenständigen Ent- scheidung im Rahmen von zustimmungspflichtigen Geschäften. Zur Weiterent- wicklung der Aufsichtsratstätigkeit stehen den Mitgliedern des Aufsichtsrats eine Vielzahl von Gestaltungsinstrumenten zur Verfügung, insbesondere die Ausgestaltung der internen Strukturen und Prozesse (Arbeitsweise des Auf- sichtsrats), seine Informationsversorgung, die Besetzung des Aufsichtsrats sowie die Eignung der Aufsichtsratsmitglieder und das Kompetenzprofil des gesamten Gremiums. Dies umfasst vor dem Hintergrund des hohen Internatio- nalisierungsgrades deutscher Unternehmen auch eine angemessene Beteili- gung von ausländischen Aufsichtsratsmitgliedern sowie von Frauen (Diversity). Die Weiterentwicklung der Corporate Governance steht weiterhin im Fokus der EU-Kommission. So ist unter anderem die Einführung einer verbindlichen Frauenquote in Höhe von 40% für den Aufsichtsrat geplant. Daneben stehen die Themen Risikomanagement, Besetzung und Transparenz im Fokus des EU-Grünbuchs zur Corporate Governance. Auch in Deutschland plant die große Koalition die Einführung einer verbindli- chen Frauenquote von 30% bis zum Jahr 2016, was erhebliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Aufsichtsräte haben wird. Daneben gehen die wesentlichen inhaltlichen Impulse von der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex aus. Nachdem im vergangenen Jahr ein star- ker Fokus der Kommission unter anderem auf der Frage der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelegen hat, stand in der diesjährigen Anpassung die Vorstandsvergütung im Mittelpunkt der Diskussion. Im Ergebnis wurde der Hauptversammlung ein größeres Mitentscheidungsrecht bei der Festlegung des Vergütungssystems zuerkannt („say on pay“) und es wurde die Empfehlung aufgenommen, dass der Aufsichtsrat individuelle Vergütungsobergrenzen unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses der Vorstandsver- gütung zur Vergütung der obersten Führungskräfte festlegen solle. Darüber hinaus spielte das Thema Diversity in der öffentlichen Diskussion erneut eine

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große Rolle, was unter anderem an der großen Zahl zu wählender Aufsichts- ratsmitglieder lag - manche sprachen gar von einem „Superwahljahr“. Neben den rechtlichen Anforderungen an eine transparente Unternehmenslei- tung und Überwachung ist eine transparente Kapitalmarktkommunikation im ureigenen Interesse der Unternehmen, kann sie doch zu einer besseren Risiko- einschätzung der Investoren und damit zu geringeren Kapitalkosten beitragen.2

„Tue Gutes und rede darüber.“ (Walter Fisch)

Auf der anderen Seite gibt es nur einen begrenzten Anreiz für die Veröffentli- chung von falschen oder fehlerhaften Informationen, da dies erhebliche Risiken beinhalten kann, etwa im Falle der Anfechtung eines Hauptversammlungsbe- schlusses. Von daher scheint die Hypothese begründet zu sein, dass Unter- nehmen über alle Maßnahmen der Corporate Governance umfassend und rich- tig berichten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine fehlende Information darauf hinweist, dass eine entsprechende Maßnahme auch nicht durchgeführt wurde.

3.2 Der Aufsichtsrats-Score

Trotz einer immer weiter reichenden Regulierung der Tätigkeit von Aufsichtsrä- ten hat die erstmalige Durchführung der Studie im Jahr 2011 gezeigt, dass in der Unternehmenspraxis zum Teil große Unterschiede beobachtet werden kön- nen. Dies kann einerseits mit objektiv unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen der Gremien begründet werden; andererseits drückt sich hierdurch aber auch ein unterschiedliches Leistungsniveau der Aufsichtsräte aus. Im Rahmen der vorliegenden Studie werden daher die zum 31. Mai 2013 im DAX und im MDAX gelisteten Unternehmen einem Benchmarking unterzo- gen, wobei nicht die Complianceorientierung im Vordergrund steht, sondern die Frage einer möglichst zweckmäßigen Aufgabenwahrnehmung des Aufsichts- rats.

2 Vgl. Stiglbauer, M. (2011): Bedeutung und Attraktivität der Erklärung zur Unterneh- mensführung, in: ZCG (3/11), S. 105f.

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Die Untersuchungsergebnisse basieren auf einer Analyse der öffentlich ver- fügbaren Informationen zur Besetzung und Arbeitsweise der DAX- und MDAX-Aufsichtsräte (Homepage, relevante Teile des Geschäftsberichts, ins- besondere Erklärung zur Unternehmensführung und zur Corporate Governance sowie Bericht des Aufsichtsrats). Der Erhebungszeitraum der Untersuchung war Mai bis Juli 2013, so dass personelle Veränderungen bis zu diesem Zeit- punkt berücksichtigt wurden. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden vier Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie die niederländische EADS N.V. und die luxemburgische GAGFAH S.A. aus der Untersuchung ausgeschlossen, da der Aufsichtsrat beziehungsweise das Überwachungsorgan aufgrund der spezi- fischen gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung nicht vollständig mit dem Auf- sichtsrat einer Aktiengesellschaft vergleichbar ist. Darüber hinaus wurde die erst seit Beginn des Jahres als AG firmierende LEW Immobilien AG nicht be- rücksichtigt. Insgesamt ergibt sich damit für die Untersuchung eine Grundgesamtheit von 26 DAX- und 47 MDAX-Unternehmen. Von den betrachteten 73 Unternehmen handelt es sich bei 62 um eine Aktiengesellschaft (85%), 11 firmieren als SE (15%). Dabei liegt der SE-Anteil im MDAX mit 17% über dem Anteil bei den DAX-Unternehmen (12%) (vgl. Abb. 1).

Rechtsform DAX & MDAX Rechtsform DAX Rechtsform MDAX

11 3 8 (15%) (12%) (17%)

62 23 39 (85%) (88%) (83%)

SE AG SE AG SE AG

Abb. 1: Rechtsformen

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Zielsetzung der Untersuchung ist die Bewertung der Qualität der Aufsichtsräte auf der Basis des Aufsichtsrats-Scores. Er setzt sich zusammen aus einer gewichteten Bewertung in den vier Themenfeldern ƒ Arbeitsweise des Aufsichtsrats (Gewicht: 40%), ƒ Eignung der Aufsichtsratsmitglieder (Gewicht: 15%), ƒ Diversity in der Zusammensetzung des Gremiums (Gewicht: 15%) sowie ƒ Transparenz über die Aufsichtsratsbesetzung und -tätigkeit (Gewicht: 30%).

In jedem dieser vier Themenfelder wurden dazu aus den rechtlichen Anforde- rungen sowie den Anforderungen an eine wirksame Aufsichtsratstätigkeit Ein- zelkriterien abgeleitet, die in ihrer Summe eine zweckmäßige Sollvorstellung der Arbeitsweise, Besetzung und Transparenz der Aufsichtsgremien darstellen. Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedeutung werden die Einzelkrite- rien sowie die Themenfelder schließlich gewichtet und zu einem maximalen Aufsichtsrats-Score aggregiert (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Aufbau und Kriterien des Aufsichtsrats-Scores (Auszug)

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Der Aufsichtsrats-Score wird in Prozent angegeben: Ein Aufsichtsrats-Score von 50% bedeutet, dass ein Unternehmen die Hälfte der insgesamt möglichen Gesamtpunkte erreicht; der Gesamtscore entsteht durch die gewichtete Aggre- gation der Einzel-Scores. Im Vergleich zur Untersuchung des Vorjahres wurde eine Anpassung der Eig- nungsdimension vorgenommen. Diese Dimension umfasste bisher die Katego- rien „Qualifikation“, „Unabhängigkeit“ und „zeitliche Verfügbarkeit“ der Aufsichts- ratsmitglieder. Da eine Bewertung der Qualifikation auf Basis von extern ver- fügbaren Informationen nur eingeschränkt möglich ist, wurde in diesem Jahr ganz darauf verzichtet. Die Eingrenzung der Eignungsdimension machte in einem zweiten Schritt eine Anpassung der Gewichte erforderlich, so dass in diesem Jahr die Arbeitsweise des Aufsichtsrats als wichtigste Dimension mit 40% in die Ermittlung des Aufsichtsrats-Scores eingeht, die Eignung mit 15%, die Diversität des Gremiums ebenfalls mit 15% und die Gewichtung der Trans- parenz entsprechend ihrer Relevanz für die Corporate Governance auf 30% erhöht wurde.3 Darüber hinaus waren wie im Vorjahr einige kleinere Anpassun- gen erforderlich. Hierdurch sind die Ergebnisse im Vergleich zum Vorjahr nicht vollständig vergleichbar, was im Rahmen der Längsschnittanalyse zu berück- sichtigen ist.

3 Da die im Bereich der Transparenz erreichten Werte in der Regel unter den Werten im Bereich Eignung liegen, führt die Neugewichtung überwiegend zu einer Verringe- rung des Gesamt-Scores der Unternehmen.

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4 Studienergebnisse im Detail

4.1 Arbeitsweise des Aufsichtsrats

Die Arbeitsweise des Aufsichtsrats umfasst alle Regelungen zur internen Ausgestaltung der Aufsichtsratsstruktur und seiner Arbeitsprozesse. Ausgehend von den geltenden rechtlichen Regelungen zur Aufsichtsrats- größe und zur unternehmerischen Mitbestimmung sollte die Arbeitsweise eine laufende - nicht nur sitzungsorientierte - Überwachung des Vor- stands ermöglichen. Die zunehmende inhaltliche Komplexität und Vielfalt der Aufgaben des Aufsichtsrats macht es zudem erforderlich, die im Gre- mium vorhandenen Kompetenzen und Erfahrungen der Aufsichtsratsmit- glieder möglichst umfassend zu nutzen, indem Aufgaben des Aufsichts- rats arbeitsteilig bearbeitet und auf verschiedene Personen verteilt wer- den. Zur Ausgestaltung seiner internen Organisation stehen dem Aufsichtsrat verschiedene Stellhebel zur Verfügung. Als wichtigste Hebel können die Anzahl der Aufsichtsratssitzungen, die Anzahl und Art der eingerichteten Ausschüsse sowie ihre Sitzungshäufigkeit, eine mögliche Delegation von Aufgaben des Aufsichtsrats an einzelne Mitglieder ähnlich der Ressortbil- dung im Vorstand sowie die Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden im Ver- hältnis zum Gesamtgremium genannt werden.

ƒ Größe des Aufsichtsrats Eine wichtige Determinante für die konkrete Ausprägung der internen Organisa- tion ist die Aufsichtsratsgröße (vgl. Abb. 3). Die durchschnittliche Größe des Aufsichtsrats beträgt im DAX 16,8 Personen (Vorjahr 17,3 Personen), im MDAX liegt sie im Durchschnitt bei 11,9 Personen (Vorjahr: 12,2 Personen). Über den kleinsten Aufsichtsrat des Untersuchungssamples verfügt weiterhin die im MDAX notierte Rational AG mit drei Personen; den größten Aufsichtsrat hat noch immer die der Montanmitbestimmung unterliegende Salzgitter AG (eben- falls MDAX) mit 21 Personen. Die Unternehmen der beiden Indizes sind im Hinblick auf ihre Größe grundsätz- lich vergleichbar: Auch wenn die Aufsichtsräte im DAX tendenziell größer als im MDA X sind, so haben auch 31 MDAX Unternehmen (66%) zwölf oder mehr Au fs ichtsratsmitglieder (Vorjahr 33 Unternehmen; 69%).

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Abb. 3: Häufigkeitsverteilung der Gremiengröße

Die teilweise geringere Gremiengröße zeigt sich auch in der unternehmerischen Mitbestimmung (vgl. Abb. 4): Während im DAX alle Gesellschaften der unter- nehmerischen Mitbestimmung unterliegen, ist dies im MDAX lediglich bei 37 Gesellschaften der Fall (79%).

10 (21%)

37 (79%)

Mitbestimmung keine Mitbestimmung Abb. 4: Unternehmerische Mitbestimmung (MDAX, Anzahl)

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Im Vergleich zum Vorjahr (41 Unternehmen; 85%) bedeutet dies einen Rück- gang von sechs Prozentpunkten, das heißt die Bedeutung der unternehmeri- schen Mitbestimmung im MDAX ist rückläufig.4 Die unterschiedliche Bedeutung der unternehmerischen Mitbestimmung zeigt sich auch in der Besetzung der Gremien. Die Gesamtzahl der Aufsichtsratsmit- glieder in DAX und MDAX beträgt 995, wobei 557 Personen (56%) Mitglied eines Aufsichtsrats im MDAX sind und 438 Personen (44%) Aufsichtsratsmit- glied in einem DAX-Unternehmen. Von diesen 995 Mitgliedern werden 539 (54%) durch die Hauptversammlung gewählt, bei 456 handelt es sich um Ar- beitnehmervertreter (46%) (vgl. Abb. 5). Im DAX sind jeweils 219 Personen (50%) Kapital- beziehungsweise Arbeitnehmervertreter; im MDAX ist der Anteil mit 57% der durch die Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder jedoch deutlich größer.

Mitgliederverteilung DAX & MDAX Mitgliederverteilung DAX Mitgliederverteilung MDAX

456 237 539 219 219 (43%) (46%) (50%) 50% 320 (54%) (57%)

AN-Vertreter AN-Vertreter AN-Vertreter Durch HV gewählt Durch HV gewählt Durch HV gewählt Abb. 5: Verteilung der Aufsichtsratsmitglieder nach Bänken

ƒ Sitzungen des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat arbeitet und wirkt als Kollegialorgan in seinen Sitzungen. Im Sinne einer intensiven, gemeinsamen Arbeit des gesamten Gremiums liegt somit ein wichtiger Hebel einer intensiven Überwachungstätigkeit in einer an- gemessenen Sitzungsfrequenz. Die durchschnittliche Anzahl der Aufsichts- ratssitzungen beträgt im DAX 6,3 Sitzungen je Gremium (hierzu zählen neben persönlichen Treffen auch Telefonkonferenzen; von ebenfalls möglichen Video-

4 Auf spezifische Aspekte der unternehmerischen Mitbestimmung wird in der vorlie- genden Untersuchung nicht eingegangen.

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konferenzen wurde dagegen nicht berichtet) und ist damit im Vergleich zum Vorjahr (6,6 Sitzungen) leicht rückläufig; im MDAX liegt sie dagegen mit 6,2 Sitzungen je Gremium leicht darüber (Vorjahr 5,8 Sitzungen), so dass in beiden Indices die Aufsichtsräte im Durchschnitt mehr als sechsmal tagen. Mit 13 Sitzungen des Gesamtgremiums sind in diesem Jahr Celesio und Ratio- nal (Vorjahr 6 beziehungsweise 10 Sitzungen) die Spitzenreiter bei der Sit- zungsfrequenz sowohl im MDAX als auch insgesamt. Auch Kabel Deutschland (11 Sitzungen; Vorjahr 6), Metro (10 Sitzungen; Vorjahr 7) sowie Sky (10 Sit- zungen; Vorjahr 6) wiesen im Betrachtungszeitraum zweistellige Sitzungsfre- quenzen auf. Im DAX trifft dies lediglich auf die Deutsche Börse mit 12 Sitzun- gen (Vorjahr 13 Sitzungen) zu. Die weiterhin hohe Arbeitsintensität der Gremien wird auch durch die in einigen Unternehmen stattfindende Anhebung der regulären Sitzungszahl pro Jahr deutlich. So erhöhen zum Beispiel Allianz, Bayer und Beiersdorf die Zahl der regulären Sitzungen von vier auf sechs, wobei die tatsächliche Sitzungszahl unter Berücksichtigung von außerordentlichen Sitzungen durchaus höher sein kann.

Unternehmen sollten die Anzahl der regulären Sitzungen auf sechs im Jahr erhöhen.

Auffallend ist darüber hinaus eine sehr intensive Tätigkeit des Aufsichtsrats in Krisensituationen. So tagte der Aufsichtsrat der im Jahr 2012 insgesamt neunmal mit 22 weiteren Ausschusssitzungen. Und auch der Aufsichtsrat der Celesio AG, bei der im Juli 2012 der damalige Vorstandsvorsit- zende abberufen wurde, erhöhte die Sitzungshäufigkeit von 6 Sitzungen im Jahr 2011 auf 13 Sitzungen, von denen acht im Zeitraum von Januar bis Juli 2012 stattfanden. Neben einer zu erwartenden Beanspruchung des Aufsichtsrats in Krisensituati- onen scheint ihm eine immer stärkere Rolle im Strategieprozess der Unter- nehmen zuzukommen. Exemplarisch kann hier Infineon genannt werden, die explizit betonen, die Tätigkeit des Aufsichtsrats stärker auf strategische Themen ausrichten zu wollen. Insgesamt zehn DAX-Unternehmen haben im Jahr 2012 ganztägige Strategieworkshops des Aufsichtsrats abgehalten (MDAX fünf Un- ternehmen), bei zwei Unternehmen dauerten diese sogar zwei Tage. Siemens

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berichtet immerhin von Strategiegesprächen des Aufsichtsratsvorsitzenden mit dem Vorstand - hier sollte jedoch eine Ausweitung auf das gesamte Gremi- um stattfinden, um unnötige Informationsasymmetrien zu vermeiden und die Einbindung des gesamten Gremiums zu gewährleisten.

Aufsichtsräte übernehmen sowohl in Krisensituationen als auch im Rahmen der Strategieentwicklung eine aktive Rolle.

Die Analyse der Sitzungshäufigkeit des Aufsichtsrats in Abhängigkeit von der Gremiengröße zeigt, dass sich die durchschnittliche Sitzungsfrequenz für alle Größen in einem vergleichbaren Korridor bewegt (vgl. Abb. 6). Hier fallen lediglich die Unternehmern mit „atypischen“ Gremiengrößen heraus: Rational mit drei Aufsichtsratsmitgliedern (13 Sitzungen), Deutsche Börse mit 18 Auf- sichtsratsmitgliedern (12 Sitzungen) und Salzgitter mit 21 Aufsichtsratsmitglie- dern (lediglich vier Sitzungen).

Abb. 6: Sitzungshäufigkeit in Abhängigkeit von der Aufsichtsratsgröße

Im vergangenen Jahr lag noch eine tendenziell größere Sitzungshäufigkeit bei kleineren Gremien vor, dies hat sich jedoch in diesem Jahr angeglichen. Auch die im Durchschnitt deutlich geringere Sitzungsfrequenz der MDAX-

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Gesellschaften im Vergleich zu den DAX-Gesellschaften kann nicht mehr beo- bachtet werden.

Die Kodex-Anregung zu Aufsichtsratssitzungen ohne den Vor- stand wird weiterhin unzureichend umgesetzt.

Eine wichtige Voraussetzung für eine vom Vorstand unabhängige Überwa- chungstätigkeit sind Sitzungen des Aufsichtsrats ohne den Vorstand. Dies ist auch von der Kodexkommission erkannt worden, die im vergangenen Jahr die Anregung, der Aufsichtsrat solle bei Bedarf ohne den Vorstand tagen, in eine Empfehlung hochgestuft hat. Von der Möglichkeit einer vom Vorstand un- beeinflussten Diskussion machen jedoch nur eine geringe Zahl von Unterneh- men Gebrauch. Hierzu zählen im DAX Allianz, Daimler, Deutsche Post und SAP, die über regelmäßige Executive Sessions berichten; im MDAX finden solche Executive Sessions lediglich bei Norma und ProSiebenSat.1 statt.

ƒ Anzahl und inhaltliche Ausrichtung von Ausschüssen Insbesondere in großen Gremien ist die Bildung von Ausschüssen eine we- sentliche Voraussetzung für eine angemessene Überwachung. So können komplexe Sachverhalte im Ausschuss mit einer arbeitsfähigen Personenzahl sinnvoll analysiert und bewertet werden, und die Leistungsfähigkeit des Ge- samtgremiums wird deutlich erhöht. Doch auch in kleineren Gremien kann eine Ausschussbildung zu einer besseren Entscheidungsvorbereitung und Arbeits- weise beitragen. Da jedoch in Abhängigkeit von der Zahl der Aufsichtsratsmit- glieder unterschiedliche Anforderungen insbesondere an die Anzahl der einge- richteten Ausschüsse bestehen, wird dies bei der Ermittlung des Aufsichtsrats- Scores entsprechend berücksichtigt. So erhalten kleinere Aufsichtsräte die volle Punktzahl in diesem Bereich bereits bei einer geringeren Ausschusszahl als große Gremien. Die durchschnittliche Anzahl der Ausschüsse des Aufsichtsrats liegt im DAX bei 4,3 (vgl. Abb. 7). Da eine wachsende Zahl von Unternehmen als SE keinen Vermittlungsausschuss einrichtet, wurde er in diesem Jahr nicht mehr mitge- rechnet; der Wert liegt bei Berücksichtigung dieser Veränderung auf dem Ni- veau des Vorjahres (5,1 Ausschüsse einschließlich Vermittlungsausschuss). Die Anzahl der Ausschüsse ist damit deutlich höher als im MDAX (wie im Vor- jahr durchschnittlich 3,3 Ausschüsse je Unternehmen), was zum Teil auf die

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unterschiedliche Gremiengröße zurückgeführt werden kann. So bilden neun- köpfige Aufsichtsräte im Durchschnitt 3,6 Ausschüsse (Vorjahr 3,3), sechsköp- fige Gremien begnügen sich mit durchschnittlich 2,8 Ausschüssen (Vorjahr 2,7). Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass auch gleich große Aufsichtsräte das Instrument der Ausschussbildung teilweise sehr unterschiedlich nutzen, so dass die Größe allein keine hinreichende Erklärung für die Ausschusszahl bie- tet.

Abb. 7: Durchschnittliche Anzahl von Ausschüssen in Abhängigkeit von der Aufsichts- ratsgröße

So kommt im MDAX Krones bei zwölf Aufsichtsratsmitgliedern weiterhin mit nur einem Ausschuss aus, während KUKA fünf Ausschüsse gebildet hat. Im DAX haben Continental, Daimler und Lufthansa mit drei Ausschüssen bei 20 Mitglie- dern die geringste Ausschusszahl, die Spitze im DAX bildet der gleich große Deutsche Telekom-Aufsichtsrat mit acht Ausschüssen. Auch der zwölfköpfige Adidas-Aufsichtsrat hat acht Ausschüsse gebildet, wovon vier ad-hoc- Ausschüsse waren. Eine intensive Ausschussbildung kann als Indiz für die Nut- zung des im Aufsichtsrat vorhandenen Expertenwissens und eine hohe Arbeits- intensität des Aufsichtsrats gewertet werden. Im Umkehrschluss legt eine ge- ringe Anzahl von Ausschüssen nahe, dass entweder der Aufsichtsrat noch im- mer nur eine geringe Arbeitsintensität aufweist oder die Aufsichtsratstätigkeit stark durch den Aufsichtsratsvorsitzenden dominiert wird und dieser Hauptak- teur im Verhältnis zum Vorstand ist.

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Abbildung 8 gibt einen Überblick über die im DAX und im MDAX eingerichte- ten Ausschüsse.

Abb. 8: Häufigkeit von Ausschusstypen

Wie bereits im Vorjahr verfügen alle DAX-Unternehmen sowohl über einen Prü- fungs- als auch einen Nominierungsausschuss. Auffallend ist, dass entgegen den Empfehlungen der Regierungskommission im MDAX immerhin vier Unter- nehmen keinen Prüfungsausschuss einrichten (Vorjahr drei Unternehmen); hierbei handelt es sich um Fielmann mit 16 Aufsichtsratsmitgliedern, Krones mit zwölf Aufsichtsratsmitgliedern (diese Aufgaben sind einem „Aufsichtsratsaus- schuss“ übertragen), Rational mit lediglich drei Aufsichtsratsmitgliedern sowie TAG Immobilien.

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Beim Nominierungsausschuss ist dieser Anteil noch größer. Hier verzichten weiterhin 19% der MDAX-Unternehmen auf einen eigenen Nominierungsaus- schuss (Vorjahr 25%). Dies ist bei einigen Unternehmen - etwa bei Rational - nachvollziehbarerweise auf die geringe Aufsichtsratsgröße zurückzuführen. Andere Unternehmen weisen diese Funktion aufgrund der Gremiengröße einem bestehenden Ausschuss zu, bei der Deutschen Euroshop oder Pro7Sat.1 etwa dem Präsidium. Bei einigen Unternehmen könnte dies jedoch ein Indiz für die geringe Bedeutung einer systematischen Nachfolgeplanung im Aufsichtsrat sein. Als Beispiel sei hier Südzucker genannt, die trotz eines 20-köpfigen Auf- sichtsrats auf die Einrichtung eines Nominierungsausschusses verzichten. Auch eine separate Vergütung für die Mitgliedschaft im Nominierungsausschuss wird in der Regel nicht gewährt. Vor dem Hintergrund der stark wachsenden Anfor- derungen an eine qualifizierte Besetzung des Aufsichtsrats und transparente, langfristig ausgerichtete Besetzungsprozesse ist diese Praxis zu hinterfragen. Eine zentrale Aufgabe des Aufsichtsrats liegt in der strategischen Überwa- chung des Vorstands, das heißt der konstruktiven Begleitung und inhaltlichen Überwachung der Strategieentwicklung und -umsetzung. Diese Aufgabe dürfte aufgrund der strategischen Herausforderungen zahlreicher Unternehmen noch weiter an Bedeutung gewinnen. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass nur in 19% der DAX- und 13% der MDAX-Unternehmen ein Ausschuss einge- richtet wurde, der sich explizit mit strategischen Themen befasst. Aufgrund der großen Komplexität der hiermit verbundenen Fragestellungen kann ein Strate- gieausschuss einen erheblichen Mehrwert bei der Unterstützung der Tätigkeit des Aufsichtsrats leisten, etwa bei der inhaltlichen Vorbereitung und Durchfüh- rung der immer öfter zu beobachtenden Strategieworkshops des Aufsichtsrats. Über „sonstige Ausschüsse“ verfügen immerhin mehr als ein Fünftel der be- trachteten Unternehmen. Die Bedeutung von an thematischen Besonderheiten des Unternehmens ausgerichteten Fachausschüssen beziehungsweise von temporären Sonderausschüssen scheint somit in der Praxis zuzunehmen. So hat die eingangs erwähnte Deutsche Telekom einen Sonderausschuss USA sowie einen Sonderausschuss zur Begleitung des Erwerbs der Bundeligarechte etabliert. Die Deutsche Börse verfügt über einen Technologieausschuss, KUKA über einen Technologie- und Produktionsausschuss und Rhön-Klinikum über einen Medizininnovations- und Qualitätsausschuss.

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ƒ Sitzungsfrequenz der Ausschüsse Zusätzlich zu der bloßen Einrichtung eines Ausschusses ist zu prüfen, ob dieser auch tatsächlich aktiv wurde und getagt hat. Insbesondere bei den DAX- Unternehmen weist die Mehrzahl der Ausschüsse eine beachtenswerte Sit- zungsfrequenz auf, was Rückschlüsse auf das teilweise hohe Aktivitätsniveau der Ausschüsse ermöglicht. Hervorzuheben sind Deutsche Telekom mit insge- samt 32 Ausschusssitzungen, SAP mit 26 oder die Deutsche Börse mit 25.

Abb. 9 gibt eine Übersicht über die Anzahl der Ausschusssitzungen in Abhän- gigkeit von der Gesamtzahl der im Unternehmen vorhandenen Ausschüsse.

Abb. 9: Sitzungshäufigkeit in Abhängigkeit von der Anzahl der Ausschüsse

Dabei bestätigt sich die naheliegende Vermutung, dass die Sitzungshäufigkeit positiv mit der Anzahl der Ausschüsse korreliert ist, das heißt je größer die An- zahl der Ausschüsse, desto mehr Sitzungen finden statt. Es zeigt sich jedoch auch, dass die bloße Einrichtung eines Ausschusses nicht zu einer Aktivitäts- steigerung des Gremiums führen muss: die vertikale Streuung der Sitzungszahl

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für die jeweilige Anzahl der Ausschüsse ist teilweise sehr hoch. Zum Beispiel reicht sie bei den Unternehmen mit fünf Ausschüssen von elf Sitzungen bis 26 Sitzungen. Bei einem Vergleich der DAX- und MDAX-Unternehmen fällt auf, dass die Ar- beitsintensität in den MDAX-Ausschüssen zum Teil deutlich geringer zu sein scheint (vgl. Tab. 1). Dies könnte in Verbindung mit der ebenfalls geringeren Sitzungsfrequenz des Gesamtaufsichtsrats erneut ein Indiz für eine im MDAX insgesamt weniger ausgeprägte Überwachungsintensität der Aufsichtsratstätig- keit sein.

Index DAX MDAX Anzahl der Unternehmen absolut in % absolut in % Präsidialausschuss 22 85% 25 53% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 5,0 3,8 Prüfungsausschuss 26 100% 43 91% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 5,6 4,6 Vermittlungsausschuss 22 85% 24 51% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 0,0 0,1 Personal-/Vorstandsausschuss 13 50% 26 55% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 3,6 2,8 Nominierungsausschuss 26 100% 38 81% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 1,3 1,1 Strategie-/Technologieausschuss 5 19% 6 13% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 3,2 2,0 Finanz-/Investitionsausschuss 5 19% 4 9% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 4,8 3,5 Compliance-/Risikoausschuss 4 15% 1 2% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 4,3 4,0 Sonstige Ausschüsse 6 23% 10 21% Anzahl Sitzungen je Unternehmen ׎ 3,0 1,9

Tab. 1: Ausschusstyp und -sitzungszahl

Weiterhin völlig unzureichend ist die Arbeitsintensität der Nominierungsaus- schüsse. Die durchschnittliche Sitzungsfrequenz in den DAX-Unternehmen liegt wie im Vorjahr nur bei durchschnittlich 1,3 Sitzungen je Unternehmen (MDAX im Durchschnitt 1,1 Sitzungen; Vorjahr 0,8 Sitzungen); dies kann für eine laufende, langfristig ausgerichtete Nachfolgeplanung nicht hinreichend

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sein. Die betrachteten Unternehmen scheinen sich weiterhin damit zu begnü- gen, lediglich bedarfsorientiert anstehende Nachfolgeanlässe zu entscheiden. Dies steht im Widerspruch zu der gewünschten langfristigen, an konkreten Zie- len orientierten Besetzungsplanung und lässt die Vermutung entstehen, dass die Unternehmen dem Besetzungsthema weiterhin eine zu geringe Bedeutung beimessen beziehungsweise die Besetzungsentscheidung noch immer stark durch den Aufsichtsratsvorsitzenden und den Vorstand beeinflusst wird. Auch die Tatsache, dass die Mitgliedschaft im Nominierungsausschuss im Gegensatz zu anderen Ausschüssen weiterhin in der Regel nicht vergütet wird, unterstützt diese Vermutung.

Auch im sogenannten „Superwahljahr“ haben die Nominierungs- ausschüsse nur unzureichend getagt.

Eine besondere Bedeutung ist der hohen Arbeitsintensität des Prüfungsaus- schusses beizumessen. Im DAX ist er sogar der aktivste Ausschuss mit durch- schnittlich 5,6 Sitzungen (Vorjahr 5,8). Zum einen ist eine hohe Arbeitsintensität Ausdruck der in den Bereichen Rechnungslegung, Risikomanagement und Abschlussprüfung stark gestiegenen Anforderungen an den Aufsichtsrat. Zum anderen ist sie ein Indiz für eine stärkere Delegation von Aufgaben und Kompe- tenzen durch den Aufsichtsratsvorsitzenden: Da es sich bei dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Normalfall nicht um den Aufsichtsratsvorsitzen- den handelt, kann sich der Vorsitzende des Prüfungsausschusses zu einer zweiten „starken Person“ im Aufsichtsrat entwickeln. Im DAX reicht die Spanne der Anzahl der Prüfungsausschusssitzungen von vier Sitzungen (Deutsche Lufthansa oder Bayer) bis zu neun Sitzungen (Deutsche Post) im Jahr.

Der Prüfungsausschuss ist in vielen Unternehmen sehr aktiv und sein Vorsitzender ein en ger Ges prächspartner des Finanzvor- stands.

Im Vergleich zum DAX fällt im MDAX die durchschnittliche Sitzungshäufigkeit des Prüfungsausschusses geringer aus (4,2 Sitzungen; Vorjahr 4,5). Dabei reicht die Spannweite von Unternehmen, die ganz auf einen Prüfungsaus-

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schuss verzichten (z.B. Fielmann und TAG Immobilien) oder nur sporadisch tagen lassen (BayWa oder Gerry Weber mit zwei Sitzungen) bis hin zu sehr aktiven Ausschüssen (z.B. mit neun Ausschusssitzungen). Insgesamt fällt aber auch im wichtigen Bereich des Prüfungsausschusses die geringere Überwachungsintensität der MDAX-Gesellschaften im Vergleich zum DAX auf.

ƒ Aufsichtsrats-Score - Arbeitsweise des Aufsichtsrats Der Score zur Bewertung der Arbeitsweise des Aufsichtsrats ermöglicht Rückschlüsse auf die Nutzung der vorhandenen organisatorischen Gestal- tungspotenziale in den Unternehmen. Dabei wird bei der Ermittlung des jeweili- gen Wertes die Größe des Aufsichtsrats im Rahmen der Ausschussbildung berücksichtigt. Tab. 2 gibt eine Übersicht über die Entwicklung der zehn DAX- Unternehmen mit dem höchsten Wert im Bereich der Arbeitsweise von 2011 bis 2013.

Aufsichtsrats‐Score: Arbeitsweise des Aufsichtsrats (DAX) 2013 ‐ Top10 2012 ‐ Top10 2011 ‐ Top10 SAP AG 84,7% Deutsche Börse AG 83,3% SAP AG 78,9% Deutsche Telekom AG 84,7% Deutsche Telekom AG 83,3% Allianz SE 75,0% Deutsche Börse AG 81,9% SAP AG 81,9% Deutsche Börse AG 75,0% Allianz SE 79,2% Infineon Technologies AG 76,4% Siemens AG 75,0% Deutsche Post AG 79,2% Siemens AG 72,2% Deutsche Telekom AG 73,7% E.ON AG 76,4% Allianz SE 72,2% Infineon Technologies AG 73,7% Infineon Technologies AG 76,4% RWE AG 72,2% Commerzbank AG 71,1% Siemens AG 73,6% Beiersdorf AG 70,8% ThyssenKrupp AG 68,4% Beiersdorf AG 73,6% Commerzbank AG 68,1% Metro AG 67,1% Münchener Rück AG 69,4% E.ON AG 68,1% Münchener Rück AG 67,1% 77,9% 74,9% Durchschnitt: 72,5% Tab. 2: Top10 Arbeitsweise des Aufsichtsrats im Zeitvergleich (DAX)

Der durchschnittliche Aufsichtsrats-Score der zehn besten DAX-Unternehmen im Bereich der Organisationseffizienz ist von 72,5% (2011) über 74,9% (2012) auf 77,9% (2013) deutlich gestiegen. Dies zeigt die wachsende Intensität der Arbeitsweise in den DAX-Aufsichtsräten, die auf hohem Niveau weiter zunimmt. Die führenden drei Unternehmen zeichnen sich durch eine weit überdurch- schnittliche Nutzung der vorhandenen Instrumente aus. Spitzenreiter sind SAP (7 Plenums- und 26 Ausschusssitzungen) sowie die Deutschen Telekom (acht Plenums- und 32 Ausschusssitzungen zu denen etwa vier Sitzungen eines Sonderausschusses für das USA-Geschäft zählten); die Deutsche Börse liegt

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mit zwölf Aufsichtsratssitzungen und insgesamt 25 Ausschusssitzungen nur knapp dahinter. Zudem scheint bei der Deutschen Telekom und der Deutschen Börse nur eine geringe Zentralisierung beim Aufsichtsratsvorsitzenden zu erfolgen, da die Hälfte der Ausschüsse nicht durch den Aufsichtsratsvorsitzenden selbst geführt wird. Die Deutsche Telekom und auch SAP können darüber hinaus exempla- risch für die Einrichtung temporärer Sonderausschüsse genannt werden, die zeitlich begrenzt wesentliche Themen des Unternehmens begleiten. Beide Un- ternehmen zeichnen sich zudem durch die Einrichtung eines Strategieaus- schusses aus. Im MDAX - für den die Werte erst seit dem Jahr 2012 vorliegen - kann ein An- stieg von 71,0% (2012) auf 71,9% (2013) beobachtet werden (vgl. Tab. 3). Dies zeigt zum einen den weiterhin bestehenden Abstand zwischen DAX- und MDAX-Unternehmen; zum anderen ist in der DAX-Spitzengruppe ein deutlich stärkerer Wachstumstrend zu beobachten.

Aufsichtsrats‐Score: Arbeitsweise des Aufsichtsrats (MDAX) 2013 ‐ Top10 2012 ‐ Top10 ProSiebenSat.1 AG 76,6% ProSiebenSat.1 AG 75,0% Rhön‐Klinikum AG 76,4% Deutsche Wohnen AG 75,0% AG 76,4% KUKA AG 73,6% KUKA AG 75,0% AG 71,9% Deutsche Wohnen AG 75,0% Vossloh AG 71,9% Metro AG 72,2% HHLA AG 70,8% AG 69,4% Fraport AG 69,4% GSW Immobilien AG 68,8% Hochtief AG 68,1% Brenntag AG 67,2% Brenntag AG 67,2% Sky Deutschland AG 67,2% AG 67,2% 72,4% Durchschnitt: 71,0% Tab. 3: Top10 Arbeitsweise des Aufsichtsrats im Zeitvergleich (MDAX)

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Abb. 10 enthält einen Zeitvergleich für das erste und das vierte Quartal der Un- ternehmen im DAX und im MDAX.

Aufsichtsrats‐Score: Arbeitsweise (DAX) Aufsichtsrats‐Score: Arbeitsweise (MDAX) 2013 2012 2013 2012 1. Quartil 80,8% 77,4% 1. Quartil 71,3% 70,1% 4. Quartil 46,6% 48,0% 4. Quartil 35,0% 36,8% Gesamt 64,5% 63,7% Gesamt 53,8% 53,2% Abb. 10: Arbeitsweise des Aufsichtsrats im Zeitvergleich

Das 1. Quartil der DAX-Unternehmen steigert den Score von 77,4% (2012) auf 80,8% (2013), während im 4. Quartil der Wert von 48,0% (2012) auf 46,6% (2013) sinkt. Bei den MDAX-Unternehmen steigt der Wert des 1. Quartils von 70,1% (2012) auf 71,3% (2013); im 4. Quartil sinkt er dagegen von 36,8% (2012) auf 35,0% (2013). Ein Vergleich der Entwicklung des durchschnittlichen Scores im DAX und im MDAX zeigt die weiterhin bestehende Differenz zwischen beiden Unterneh- mensgruppen auf: Er steigt im Jahresvergleich bei den DAX-Unternehmen von 63,7% um 0,9 Prozentpunkte auf 64,5%, der Anstieg im MDAX beträgt auf ge- ringerem Niveau 0,6 Prozentpunkte. Ein indexübergreifender Vergleich bestätigt diese Aussage. Eine Rangfolge aller im DAX und im MDAX gelisteten Unter- nehmen mit zwölf oder mehr Aufsichtsratsmitgliedern führt erst an sechster Stelle mit ProSiebenSat.1 ein MDAX-Unternehmen - der größte Teil der MDAX- Unternehmen findet sich dagegen in der unteren Hälfte des Feldes. Neun (Vor- jahr acht) der zehn Unternehmen mit den geringsten Scores sind ebenfalls MDAX-Unternehmen.

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Fazit

− Zur Gewährleistung einer laufenden Tätigkeit des Aufsichtsrats sollten min- destens sechs Aufsichtsratssitzungen pro Jahr stattfinden - dies kann im Ausnahmefall auch in Form von Video- oder Telefonkonferenzen erfolgen.

− Aufgrund der Komplexität de r Überwachungsthemen ist ei ne intensive Vor- bereitung der Aufsichtsratssitzungen durch Fachausschüsse erforderlich - diese sollten über die Standardausschüsse hinausgehen und unterneh- mensspezifische Kernthemen adressieren (z.B. Technologie, Regionen oder Geschäftsfelder).

− Zur Abdeckung temporärer Überwachungsschwerpunkte eignen sich Sonderausschüsse, die zeitlich befristet spezifische Themen bearbeiten.

− Der Aufsichtsrat hat eine wichtige Rolle im Rahmen der Strategieentwick- lung sowie der Kontrolle der Strategieimplementierung - eine dezidierte Stra- tegieklausur des Gremiums bietet die Möglichkeit für eine fokussierte und in- tensive Diskussion; diese sollte jedoch durch einen intensiven Abstim- mungsprozess vorbereitet werden.

− Die Ausschüsse sollten über ein angemessenes Aktivitätsniveau verfügen - fachlich verbundene Ausschüsse können aus Gründen der Arbeitseffizienz teilweise gemeinsam tagen.

− Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sollte - ebenso wie der Auf- sichtsratsvorsitzende mit dem Vorstandsvorsitzenden - in regelmäßigem Kontakt mit dem CFO stehen.

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4.2 Eignung der Aufsichtsratsmitglieder

Neben den auf Basis externer Informationen nur eingeschränkt messba- ren Kompetenzen einer Person hängt die Eignung für die Übernahme ei- nes Aufsichtsratsmandats insbesondere von der persönlichen Unabhän- gigkeit und der zeitlichen Verfügbarkeit ab. Das Kriterium der Unabhän- gigkeit umfasst zum einen die Unabhängigkeit vom überwachten Unter- nehmen, zum anderen die Unabhängigkeit von einer Stakeholdergruppe, etwa als ehemaliges Vorstandsmitglied oder als Vertreter eines Großakti- onärs. Fehlende Unabhängigkeit an sich muss dabei aus Sicht des über- wachten Unternehmens noch nicht kritisch sein. Erst wenn offene Inte- ressenkonflikte entstehen, die das Verhalten eines Aufsichtsratsmitglieds in unzulässiger Weise beeinflussen, ist die Abhängigkeit eines Aufsichts- ratsmitglieds kritisch zu bewerten. Eine effektive Mandatswahrnehmung setzt zudem eine hinreichende zeit- liche Verfügbarkeit voraus. Neben dem ausgeübten Hauptberuf wird dies insbesondere durch die Anzahl der insgesamt ausgeübten Mandate beein- flusst.

ƒ Unabhängigkeit Die Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds kann durch unterschiedliche Aspekte beschränkt sein. So sind bereits seit längerem Aufsichtsratsvorsitzen- de in der Kritik, die unmittelbar nach Beendigung ihrer Vorstandstätigkeit in ihrem Unternehmen in den Aufsichtsrat wechseln. Um dies zu vermeiden, wur- de die sogenannte Cooling-Off-Periode eingeführt, die nur mit der Zustimmung von mehr als 25% der Aktionäre umgangen werden kann. In 31% der DAX-Unternehmen (Vorjahr 50%) ist ein Aufsichtsratsmitglied vor Ablauf der Cooling-Off-Periode in den Aufsichtsrat gewechselt (MDAX 21%; Vorjahr 33%). Hierbei handelt es sich in der Regel um „Altfälle“, die bereits vor Einführung der Cooling-Off-Periode Mitglied des Aufsichtsrats waren. Der Trend ist weiterhin rückläufig, was ein deutliches Indiz für die Wirksamkeit dieser Re- gelung ist. Ebenso deutlich von zwölf auf vier ist die Zahl der DAX Unterneh- men gesunken, bei denen es sich bei dem Aufsichtsratsvorsitzenden um den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden handelt. Im MDAX ist dies sogar nur bei zwei Unternehmen der Fall.

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Die Unabhängigkeit kann auch durch die Verbindung zu einem Großaktionär eingeschränkt sein. Während im DAX nur bei 14% der Kapitalvertreter ihre Un- abhängigkeit aufgrund der Verbindung zu einem Großaktionär möglicherweise eingeschränkt ist, trifft dies im MDAX auf insgesamt 97 Personen (30%) zu. Die Ursache dürfte in der größeren Zahl von Unternehmen liegen, die durch einen Großaktionär dominiert werden, der somit großen Einfluss auf die Auswahl der Kapitalvertreter nehmen kann. Der Aufsichtsrat des Wacker-Konzerns verzich- tet etwa gänzlich auf die Einrichtung eines für die Nominierung der Aufsichts- ratsmitglieder zuständigen Ausschusses, denn „Kandidatenvorschläge sind aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ohnehin mit dem Mehrheitsaktionär abzu- stimmen“. Aber auch Unternehmen mit einem dominierenden Finanzinvestor oder unter staatlichem Einfluss zeichnen sich durch einen geringeren Anteil unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder aus. Dabei ist die Vertretung von Großaktionären in Aufsichtsräten durchaus sinn- voll, nehmen sie doch die ihnen zustehenden Eigentumsrechte wahr und üben hierdurch eine wichtige Überwachungsfunktion aus, die von Kleinaktionären oftmals nicht wahrgenommen wird.5 Kritisch ist dies jedoch zu sehen, wenn sie ihren Einfluss zu Lasten des Unternehmens oder der anderen Aktionärsgruppen ausweiten, wie dies etwa im Moment bei RWE durch die kommunalen Aktio- närsvertreter zu beobachten ist. Insbesondere eine im Verhältnis zum Aktienan- teil überproportionale Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat sollte da- bei unterbleiben.

ƒ Zeitliche Verfügbarkeit Eine effektive Mandatswahrnehmung erfordert eine hinreichende zeitliche Ver- fügbarkeit. Neben dem ausgeübten Hauptberuf wird dies insbesondere durch die Anzahl der insgesamt ausgeübten Mandate beeinflusst. Dabei hängt die Beanspruchung der Aufsichtsratsmitglieder sehr stark von der Komplexität der einzelnen Mandate, eventuell vorhandenen Back-Office-Ressourcen, der Kenntnis des Unternehmens sowie der intellektuellen Verarbeitungskapazität des jeweiligen Mitglieds ab. In 17 DAX-Unternehmen handelt es sich bei mindestens einem Aufsichtsrats- mitglied um einen aktiven Vorstand. Dies ist grundsätzlich begrüßenswert, so-

5 Vgl. hierzu Ruhwedel, Eigentümerstruktur und Unternehmenserfolg, 2003.

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lange die Person hinreichende Zeit auf das Aufsichtsratsmandat verwenden kann. Von bestehenden zeitlichen Restriktionen kann regelmäßig dann ausge- gangen werden, wenn ein aktives Vorstandsmitglied mehr als zwei Aufsichts- ratsmandate wahrnimmt. Dies ist in 15 DAX-Unternehmen (58%) bei insgesamt 37 Personen (17%) der Fall. Darüber hinaus nimmt in 15 DAX-Unternehmen der Aufsichtsratsvorsitzende insgesamt mehr als vier Aufsichtsratsmandate (oder vergleichbare Mandate) wahr. Im MDAX findet diese Art der „Ämterhäufung“ noch häufiger statt. In 38 Unter- nehmen (88%) sind aktive Vorstände Mitglied des Aufsichtsrats. In 30 Unter- nehmen (64%) verfügen 81 Personen (25%) neben ihrem Vorstandsposten über mehr als zwei Aufsichtsratsmandate; zudem haben 21 Aufsichtsratsvorsit- zende (45%) mehr als vier Aufsichtsratsmandate oder vergleichbare Mandate inne. Als Fazit kann daher festgehalten werden, dass sowohl im DAX als auch gera- de im MDAX eine Vielzahl von Aufsichtsratsmitgliedern zeitlichen Einschrän- kungen bei der Wahrnehmung ihres Mandates unterliegen. Dies mögen diese Personen durch viel Erfahrung oder einen hohen zeitlichen Einsatz wettmachen können. Zumindest aus Sicht internationaler Stimmrechtsberater stellt eine Äm- tervielzahl jedoch eine starke Einschränkung der Eignung von Personen als Aufsichtsratsmitglied dar. So hat sich in diesem Jahr ISS gegen die Wahl von Wolfgang Mayrhuber und Werner Brandt in den Lufthansa-Aufsichtsrat ausge- sprochen, da diese in der ISS-Terminologie „overboarded“ waren.

Persönliche Unabhängigkeit und ein hinreichender zeitlicher Einsatz sind die Basis einer umfassenden Mandatswahrneh- mung.

In diesem Kontext ist auch die Gesamtzahl der Mandate zu berücksichtigen, die ein Aufsichtsratsmitglied inne hat. Im DAX finden sich 26 Aufsichtsratsmitglieder (12%) mit insgesamt fünf Aufsichtsrats- oder vergleichbaren Mandaten; 64 Per- sonen (29%) verfügen sogar über sechs oder mehr Mandate. Im MDAX sind die zu beobachtenden Werte vergleichbar: 40 Personen (13%) verfügen über fünf Mandate, 83 Personen (26%) haben sechs oder mehr Mandate.

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ƒ Aufsichtsrats-Score - Eignung der Aufsichtsratsmitglieder

Tab. 4 gibt einen Überblick über die zehn Unternehmen mit der höchsten Wer- tung in der Kategorie „Eignung der Aufsichtsratsmitglieder“, in der die Bewer- tungsdimensionen Unabhängigkeit und zeitliche Verfügbarkeit zusammenge- fasst sind.

DAX MDAX Allianz SE 83,3% Bilfinger Berger SE 100,0% Deutsche Bank AG 83,3% Axel Springer AG 91,7% Münchener Rück AG 83,3% Dürr AG 87,5% Linde AG 83,3% Leoni AG 87,5% Infineon Technologies AG 75,0% Krones AG 87,5% Siemens AG 75,0% AG 83,3% adidas AG 70,8% AG 79,2% BASF SE 66,7% Fuchs Petrolub SE 79,2% Bayer AG 66,7% Glas AG 79,2% Daimler AG 66,7% Kabel Deutschland AG 75,0% Deutsche Börse AG 66,7% AG 66,7% Durchschnitt: 74,0% 85,0% Tab. 4: Top10 Eignung der Aufsichtsratsmitglieder

Die führenden Unternehmen zeichnen sich durch einen geringen Anteil (ehema- liger) Vorstandsmitglieder sowie eine große Unabhängigkeit von einzelnen Akti- onären aus. Als kritische Beispiele können hier etwa RWE oder ThyssenKrupp genannt werden, bei denen die kommunalen Eigentümer beziehungsweise die Krupp-Stiftung über ein überproportionales Entsendungsrecht von Aufsichts- ratsmitgliedern verfügen. Im Gegensatz dazu begnügt sich der Finanzinvestor Cevian - mit 18,87% größter Aktionär bei Bilfinger Berger - mit einem Aufsichts- ratsmandat. Auch der Wechsel des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden in den Aufsichtsrat der Gesellschaft ist nach Ablauf der Cooling-Off-Periode erfolgt.

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Fazit

− Die Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats erfordert ein hohes Maß an persönlicher Unabhängigkeit. Dies bedeutet, dass ein Aufsichtsratsmitglied bei seinen Entscheidungen ausschließlich im Interesse des überwachten Unternehmens handelt. Im Falle ehemaliger Vorstandsmitglieder, Vertreter von Großaktionären, Arbeitnehmervertretern und bei bestehenden Ge- schäftsbeziehungen besteht das Risiko, dass die Unabhängigkeit ein- schränkt ist und ein potentieller Interessenkonflikt besteht.

− Großaktionäre sollten kein im Verhältnis zum Kapitalanteil überproportiona- les Besetzungsrecht von Aufsichtsratsmitgliedern haben.

− Ein Wechsel des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden an die Spitze des Auf- sichtsrats sollte die Ausnahme sein - um seine Expertise zu nutzen, kann ei- ne einfache Mitgliedschaft nach Ablauf der Cooling-Off-Periode sinnvoll sein; dies stellt jedoch hohe Anforderungen an die Integrationsfähigkeit des Auf- sichtsratsvorsitzenden.

− Der Aufsichtsratsvorsitzende sollte zur Gewährleistung einer hinreichenden zeitlichen Verfügbarkeit kein weiteres Mandat als Aufsichtsratsvorsitzender wahrnehmen und auch kein aktives Vorstandsmitglied sein - dies ist jedoch anders zu sehen, wenn er als Vertreter der Muttergesellschaft Beteiligungs- rechte über die Gremiensteuerung wahrnimmt.

− Aktive Vorstände sollten in der Regel nicht mehr als zwei „einfache“ externe Aufsichtsratsmandate wahrnehmen; bei Aufsichtsratsvorsitzenden sollte in der Regel die gesamte Mandatszahl nicht größer als vier sein.

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4.3 Diversity

Eine Stärkung der Diversität soll die Meinungsvielfalt und die Problemlö- sungskapazität von Aufsichtsräten verbessern. Die Vielfalt in den Auf- sichtsräten kann unterschiedliche Aspekte umfassen, wobei in der vorlie- genden Untersuchung der Fokus darauf liegt, ob und wie viele weibliche beziehungsweise ausländische Mitglieder vorhanden sind. Darüber hin- aus wurde das Alter der Aufsichtsratsmitglieder untersucht.

ƒ Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder In der Besetzung der Aufsichtsräte liegt ein wesentlicher Hebel zur Verbesse- rung ihrer Überwachungsqualität. Die von der Regierungskommission geforder- ten Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder umfassen dabei neben fachlichen Aspekten auch ihre Internationalität, persönliche Unabhängigkeit, Alter und die Vielfalt der Kandidaten; ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf einer ange- messenen Beteiligung von Frauen. Es ist jedoch in jedem Fall darauf zu achten, dass Diversity kein Selbstzweck sein darf, sondern – wie viele Unternehmen es betonen – die Auswahl auf Basis der Anforderungen und der Kompetenzen erfolgt. In jedem Fall wächst bei einer stärkeren Berücksichtigung von Auslän- dern oder von Frauen das Potential qualifizierter Bewerber, wodurch sich die Auswahlmöglichkeiten der Unternehmen vergrößern. Im Vergleich zum Vorjahr (19%) ist der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder in den DAX-Unternehmen weiter auf 22% gestiegen (vgl. Abb. 11).

Anteil Frauen DAX & MDAX Anteil Frauen DAX Anteil Frauen MDAX

19% 22% 17%

81% 78% 83%

Frauen Frauen Frauen Männer Männer Männer Abb. 11: Anteil Frauen im Aufsichtsrat

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Auch im MDAX kann ein Anstieg von 14% im Vorjahr auf nun 17% beobachtet werden, so dass der Anteil von Frauen an der Gesamtgruppe der DAX- und MDAX-Unternehmen auf knapp ein Fünftel steigt. Während in allen DAX- Unternehmen mindestens eine Frau Mitglied im Aufsichtsrat ist, gilt dies „nur“ bei 85% der MDAX-Unternehmen.

Die „Androhung“ einer Frauenquote wirkt - der Umstellungspro- zess erfordert jedoch Zeit.

Betrachtet man lediglich die Anteilseignervertreter, so beträgt der Frauenanteil im DAX nun 18% nach 14% im Vorjahr; im MDAX steigt er von 11% im Vorjahr auf 14% und liegt damit weiterhin deutlich unter dem DAX-Wert. Vor dem Hintergrund des als „Superwahljahr“ ausgerufenen Jahres 2013 scheint dies weiterhin ein vergleichsweiser geringer Wert zu sein. Eine differen- zierte Betrachtung im DAX zeigt jedoch ein genaueres Bild (vgl. Abb. 12):

Gesamtzahl zu wählender Mandate Anteil Frauen an den Neuwahlen

Wahl Kein Wechsel

10 Frauen (45,5%) 22 Neuwahl1 (29,4%) 12 Männer 75 Mandate (54,5%) (30%)

175 Mandate 53 (70%) Wiederwahl (70,6%)

Abb. 12: Anteil Frauen an den Neuwahlen zum Aufsichtsrat (DAX)

Von 2007 bis 2012 hatte sich der Frauenanteil im Aufsichtsrat bereits vervier- facht. Dieser Trend hat sich in der aktuellen Hauptversammlungssaison weiter verstärkt, so dass der Anteil weiblicher Kandidaten bei den 2013 erfolgten Neuwahlen zu den DAX-Aufsichtsräten (ohne Berücksichtigung von Wieder- wahlen) bei 45 Prozent liegt. Darüber hinaus liegt das Durchschnittsalter neuer weiblicher Aufsichtsratsmitglieder im Schnitt zehn Jahre unter dem Alter ihrer männlichen Kollegen und sie verfügen häufig über bisher eher atypische beruf- liche Erfahrungen, etwa als Hochschullehrerinnen oder als Unternehmerinnen.

32 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Sehr zurückhaltend sind die Unternehmen nach wie vor bei der Verpflichtung auf konkrete Ziele. Werden Zielquoten angegeben, so liegen diese oftmals un- ter der politisch langfristig angestrebten Quote von 40%, so dass abzuwarten bleiben wird, ob der hohe Anteil von Frauen an den Neuwahlen nachhaltig auf diesem Niveau bleiben wird. Die durch die große Koalition angestrebte Frauen- quote von 30% bis 2016 dürfte hier jedoch für weiteren Druck sorgen.

ƒ Anteil ausländischer Aufsichtsratsmitglieder Der Ausländeranteil bleibt in diesem Jahr nahezu unverändert (DAX 16%, MDAX 14%). Der Internationalitätsgrad in den Aufsichtsräten der größten deut- schen Unternehmen liegt damit weiterhin deutlich unter dem Anteil ausländi- scher Aktionäre und vor allem unter ihrem Auslandsumsatzanteil.

Anteil Ausländer DAX & MDAX Anteil Ausländer DAX Anteil Ausländer MDAX

15% 16% 14%

85% 84% 86%

Ausländer Ausländer Ausländer Nicht-Ausländer Nicht-Ausländer Nicht-Ausländer Abb. 13: Anteil Ausländer im Aufsichtsrat

ƒ Alter der Aufsichtsratsmitglieder Auch das Durchschnittsalter der Aufsichtsratsmitglieder kann als Indiz für die Diversität im Aufsichtsrat gewertet werden. Je geringer das Durchschnittsalter ausfällt, desto größer wird tendenziell die Altersspanne zwischen dem jüngsten und dem ältesten Aufsichtsratsmitglied sein. Bei der Angabe des Durch- schnittsalters besteht jedoch weiterhin eine große Zurückhaltung. Lediglich 17 DAX-Unternehmen (65%) und 17 MDAX-Unternehmen (36%) geben hierzu Auskunft. Für diese beträgt das Durchschnittsalter 58 Jahre (DAX) bezie- hungsweise 54 Jahre (MDAX). Auffallend ist die große Altersspreizung zwi- schen den Bänken: Während das Durchschnittsalter der Kapitalvertreter im

33 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

DAX bei 62 Jahren liegt (MDAX: 61 Jahre), sind die Arbeitnehmervertreter im Durchschnitt 54 Jahre alt (MDAX: 53 Jahre). Nachdem im Vorjahr alle DAX-Unternehmen über eine verbindliche Alters- grenze verfügten, hat K+S diese Grenze mit einem Verweis auf die demogra- phische Entwicklung in diesem Jahr abgeschafft. Im MDAX steigt der Anteil der Unternehmen mit einer Altersgrenze von 58% auf 66%.

ƒ Aufsichtsrats-Score - Diversity im Aufsichtsrat In diesem Jahr erfüllen 11 DAX-Unternehmen die definierten Diversity- anforderungen vollständig (vgl. Tab. 5). Der durchschnittliche Score aller DAX- Unternehmen liegt bei 76,9% und weist auf eine sehr hohe Diversität in den Gremien hin. Im MDAX liegt der Durchschnitts-Score lediglich bei 50,0%. Zwei MDAX-Unternehmen erfüllen in diesem Jahr alle Diversitykriterien, gefolgt von acht Unternehmen mit einem Score von 75%. Auch hier sind somit positive Tendenzen zu beobachten.

DAX MDAX Allianz SE 100,0% Hannover Rückvers. SE 100,0% Deutsche Bank AG 100,0% Kabel Deutschland AG 100,0% Münchener Rück AG 100,0% Axel Springer AG 75,0% Siemens AG 100,0% Brenntag AG 75,0% Bayer AG 100,0% SGL Carbon SE 75,0% Daimler AG 100,0% GEA Group AG 75,0% Deutsche Börse AG 100,0% MAN SE 75,0% E.ON AG 100,0% TUI AG 75,0% SAP AG 100,0% Sky Deutschland AG 75,0% Volkswagen AG 100,0% Hugo Boss AG 75,0% Deutsche Lufthansa AG 100,0% Durchschnitt: 100,0% 80,0% Tab. 5: Top10 Diversity im Aufsichtsrat

Ausgelöst durch die intensive öffentliche und politische Diskussion hat die Diversity im Aufsichtsrat - insbesondere der Anteil von Frauen an den Aufsichts- ratsmitgliedern - sehr stark an Bedeutung gewonnen. So sind verschiedene

34 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Aktivitäten zur Stärkung der Diversity in den Unternehmen zu beobachten, ins- besondere zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen. Bei- spielhaft könnte hier Beiersdorf sein, die bereits heute einen Frauenanteil über 30% im Aufsichtsrat aufweisen und über zwei Diversitybeauftragte im Aufsichts- rat verfügen, oder die Commerzbank, die im Aufsichtsrat einen Sozialaus- schuss eingerichtet hat, der sich mit Personalentwicklungs- und Diversity- themen im Unternehmen befasst. Bei den Neubesetzungen dieses Jahres wird die politisch geforderte Frauen- quote bereits erreicht. Hier zeigt sich jedoch gleichzeitig das Dilemma der Quo- tenforderung. Da es weder sinnvoll noch realistisch zu sein scheint, kompetente und erfahrene männliche Aufsichtsratsmitglieder abzuberufen, um sie durch weibliche Mitglieder zu ersetzen, sollte eine Erhöhung der Frauen- und Auslän- derquote sukzessive über die Altersnachfolge und die natürliche Fluktuation stattfinden. Unterstützend könnten hierbei die Einführung einer Höchstman- datsdauer und die Senkung der Altersgrenzen wirken. Aber selbst wenn bei den Besetzungsentscheidungen eine 40%-Quote erreicht werden kann, wird der Umstellungsprozess Zeit erfordern. Zum einen sind die in diesem „Superwahljahr“ neu- beziehungsweise wiedergewählten Aufsichts- ratsmitglieder für fünf Jahre gebunden. Zudem müssten in den kommenden Jahren gegebenenfalls qualifizierte männliche Aufsichtsräte auf eine erneute Kandidatur verzichten, um weiblichen und ausländischen Kandidaten Platz zu machen. Dies birgt jedoch die latente Gefahr, dass durch die teilweise sehr hohe Anzahl neuer Mitglieder in einzelnen Gremien die Kontinuität und damit die Qualität der Arbeitsweise in den Aufsichtsgremien sinken. Positiv wirken solche Wechsel dagegen gegen Phänomene des Gruppendenkens, die bei einer zu langen Konstanz im Gremium eine kritische Überwachung des Vor- stands erschweren können. Dies äußert sich etwa durch eine unproduktive Gruppenkohäsion und -harmonie, einer Abschottung nach außen oder dem Schönreden falscher Entscheidungen.

35 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Fazit

− Die Vielfalt im Aufsichtsrat hat sich weiter erhöht und die Forderungen der Regierungskommission nach einer stärkeren Komplementarität durch unter- schiedliche berufliche und persönliche Biographien werden zunehmend er- füllt. Gleichzeitig ist mit einer Erhöhung der Diversität und gerade des Frau- enanteils auch ein Kompetenz- und Transparenzgewinn verbunden.

− Bei einer Erhöhung des Frauenanteils ist darauf zu achten, dass dies nicht zu kurzfristigem Aktionismus führt, sondern in einem geplanten Übergangs- prozess stattfindet. Aufgrund der nebenamtlichen Wahrnehmung eines Auf- sichtsratsmandats bei gleichzeitig zunehmender Komplexität der Aufgaben ist der erforderliche Zeitbedarf, bis ein neues Aufsichtsratsmitglied seine Aufgaben mit der notwendigen Sachkunde und Intensität wahrnehmen kann, typischerweise länger als etwa bei einem Vorstandsmitglied. Auch wird de r Aufbau eines Vertrauensverhältnisses innerhalb des Aufsichtsrates durch die Beschränkung einer persönlichen Zusammenarbeit in den Sitzungen ei- nen längeren Zeitraum erfordern. Daher darf der Wert eines intakten und konstant besetzten Aufsichtsrats nicht durch zu häufige und schnelle Verän- derungen riskiert werden.

− Eine nachhaltige und an klaren Anforderungsprofilen ausgerichtete Erhö- hung des Frauenanteils muss auf der Basis einer transparenten Beset- zungsplanung erfolgen. Darüber hinaus sollten die Unternehmen die Vo- raussetzungen für den Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern verbessern. Dies betrifft neben der Einführung einer wirksamen Altersgrenze etwa den Rhythmus von Neuwahlen zum Aufsichtsrat. Vor diesem Hintergrund sind sogenannte „Staggered Boards“, bei denen in Intervallen jeweils nur ein Teil der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner durch die Hauptversammlung gewählt wird, eine geeignete Option: Die Aufnahme neuer Mitglieder wird tendenziell einfacher als bei der kompletten Neuwahl der Anteilseignerbank. So stehen die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder für Kontinuität in der Fach- kompetenz und Zusammenarbeit des Aufsichtsrats mit dem Vorstand, wäh- rend neue Mitglieder die Risiken der Gruppenkohäsion reduzieren

.

36 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

4.4 Transparenz

Gute Unternehmensführung und eine transparente Berichterstattung ha- ben einen potenziell positiven Einfluss auf die Kapitalkosten eines Unter- nehmens. Dabei werden - wie zu Beginn der Studie ausgeführt - insbe- sondere solche Unternehmen eine größere Transparenz aufweisen, die ein ernsthaftes Interesse an der Information ihrer Shareholder und Stakeholder haben und sich in ihrer Arbeitsweise positiv abheben. Im Kern des Transparenzkriteriums steht daher die Frage, welche Informatio- nen zur Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder, zu den Besetzungspro- zessen sowie zur Arbeitsweise des Aufsichtsrats durch die Unternehmen bereitgestellt werden. Als Quelle dienen der Bericht zur Unternehmens- führung, der Bericht des Aufsichtsrats sowie weitere Informationen auf den Homepages der Unternehmen.

ƒ Transparenz über die Tätigkeit des Aufsichtsrats Der verpflichtende „Bericht zur Unternehmensführung“ (§ 289a HGB) hat den Transparenzdruck deutlich erhöht. Die betroffenen Unternehmen müssen in ihrer „Erklärung zur Unternehmensführung“ Angaben zu allen wesentlichen, über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Unternehmensführungs- praktiken und zur Arbeitsweise und zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats machen sowie mögliche Abweichungen von den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) begründen. Wie genau eine vorbildliche Berichterstattung über die Unternehmensführung aussehen soll, bleibt jedoch weitgehend unklar. Neben dem „Bericht zur Unternehmensführung“ („Corporate Governance- Bericht“) finden sich wichtige Angaben zum Aufsichtsrat in seinem Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG). Während der „Bericht zur Unter- nehmensführung“ in der Regel weitgehend formalen Anforderungen folgt und etwa Aussagen zur internen Organisation, den Besetzungszielen oder zur Zu- sammenarbeit mit dem Vorstand enthält, gibt der „Bericht des Aufsichtsrats“ Auskunft über die Tätigkeit des Aufsichtsrats im Berichtsjahr. Die nicht ab- schließende Regelung des AktG wird unter anderem durch den Deutschen Corporate Governance Kodex sowie insbesondere durch die Rechtsprechung ergänzt, durch die die Berichtsanforderungen in Folge von Anfechtungsklagen konkretisiert wurden. Inhaltlich soll der Aufsichtsrat über seine Überwachungs-

37 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

tätigkeit als Grundlage für den Entlastungsbeschluss der Hauptversammlung berichten. Dies betrifft etwa die Häufigkeit und den Gegenstand der Aufsichts- ratssitzungen, die Tätigkeit von Ausschüssen, personelle Veränderungen im Aufsichtsrat oder den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten von Auf- sichtsratsmitgliedern. Die Angaben im „Bericht zur Unternehmensführung“ sowie der „Bericht des Aufsichtsrats“ werden in der Unternehmenspraxis häufig durch weitere Informa- tionen zum Aufsichtsrat ergänzt, die insgesamt ein deutlich umfassenderes Bild ergeben. Die Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, dass die insgesamt angebotenen Informationen sachlich richtig, konsistent, nachvoll- ziehbar und adressatengerecht aufbereitet sein müssen. Für den Aufsichtsrat und insbesondere für den Aufsichtsratsvorsitzenden ergibt sich zudem die Schwierigkeit, dass häufig unterschiedliche Bereiche im Unternehmen die In- formationen bereitstellen und er oftmals nur auf den „Bericht des Aufsichtsrats“ unmittelbaren Einfluss nimmt: Dies kann eine abgestimmte und umfassende Berichterstattung behindern. Bisher scheint es zudem in vielen Unternehmen an einer klaren Kommunikationsstrategie des Aufsichtsrats zu fehlen, die sowohl rechtliche als auch freiwillige Informationsinhalte in einem abgestimmten Vor- gehen zusammenführt. Wesentliche Aussagen zur Arbeit des Aufsichtsrats finden sich im Bericht des Aufsichtsrats. Er trägt die Handschrift des Aufsichtsratsvorsitzenden und bein- haltet zum einen formale Elemente, die häufig den Wortlaut des Gesetzestextes beziehungsweise des Corporate Governance Kodex wiedergeben. Hier finden sich etwa folgende Formulierungen: „Der Aufsichtsrat hat auch im Geschäftsjahr 2011/2012 die Geschäftsführung des Vorstands kontinuierlich über- wacht und diesen bei der Leitung des Unternehmens re- gelmäßig beraten. Wir konnten uns dabei stets von deren Recht-, Zweck- und Ordnungsmäßigkeit überzeugen.“ (ThyssenKrupp AG) Diese Formulierungen erfüllen einzig den Zweck, die Rechtmäßigkeit und die Ordnungsmäßigkeit der Arbeit des Gremiums zu dokumentieren - ein Mehrwert für die Aktionäre und weitere Stakeholder des Unternehmens ergibt sich hie- raus jedoch nicht. Daher werden die Berichte des Aufsichtsrats häufig um Be- schreibungen der inhaltlichen Tätigkeit des Gremiums ergänzt. Bei dieser in-

38 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

haltlichen Beschreibung können zum Teil gravierende Unterschiede bei den betrachteten Unternehmen beobachtet werden. Im Rahmen der Bewertung der Berichte wurden unter anderem die folgenden Anforderungen berücksichtigt: ƒ Umfang und Detaillierungsgrad der Berichte ƒ Zuordnung der Arbeitsinhalte zu den Aufsichtsratssitzungen ƒ Beschreibung der Arbeitsinhalte der Ausschüsse je Sitzung ƒ Konkrete Beschreibung der Diskussionsinhalte, d.h. nicht nur Nennung abstrakter Überwachungsfelder, wie etwa die „Unternehmensplanung“ oder „die wirtschaftliche Entwicklung“ ƒ Geschäftsorientierte Darstellung der Überwachungsinhalte und Diskus- sionspunkte, wie sie in dem nachfolgenden Beispiel genannt ist. „In der Sitzung wurden wir außerdem über die Entwick- lung im Wachstumsmarkt China, die neue SAP-Service- Strategie und den erwarteten Geschäftsverlauf im ersten Quartal 2012 informiert. Zudem beschlossen wir auf Emp- fehlung des Präsidial- und Personalausschusses bezogen auf den Mid Term Incentive (MTI) 2010 und 2011 gemäß den maßgeblichen Planbedingungen eine Anpassung, um durch die Akquisition von SuccessFactors entstehende Sondereffekte für die Vorstandsvergütung zu eliminieren.“ (SAP AG) Im Ergebnis sollte der Leser des Aufsichtsratsberichts nachvollziehen können, welcher Diskussions- oder Abwägungsprozess im Aufsichtsrat stattgefunden hat und wie die Meinungsbildung erfolgt ist. Grenzen sind jedoch dann erreicht, wenn die Kommunikation sensibler Unternehmensinformationen betroffen ist oder Geheimhaltungspflichten berührt sind. Die Aufsichtsratsberichte wurden mit Hilfe der oben genannten Kriterien auf Basis einer Notenskala von eins bis sechs bewertet. Die Durchschnittsnote der MDAX-Berichte liegt mit 3,1 deutlich unter der DAX-Note von 2,4. Auch insgesamt ist die Transparenz bei den MDAX-Unternehmen häufig deutlich geringer ausgeprägt als im DAX. Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt Aufsichtsräten, regelmä- ßig eine Effizienzprüfung durchzuführen. Dabei ist für externe Betrachter nicht

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nur von Interesse, ob eine Effizienzprüfung stattgefunden hat und wie diese durchgeführt wurde. Von Belang ist darüber hinaus die Frage, zu welchem Er- gebnis diese führte. Immerhin sechs DAX-Unternehmen (23%) und 16 MDAX- Unternehmen (34%) haben Angaben zum Ergebnis der Effizienzprüfung ge- macht. Diese habe jedoch laut Aussage nahezu aller Unternehmen zu einem positiven Ergebnis ohne irgendwelche Defizite in der Tätigkeit des Aufsichtsrats geführt. Nachvollziehbarer scheint dagegen der Bericht von Fraport (auch Mün- chener Rück) zu sein, der einen Hinweis auf festgestellte Verbesserungspoten- tiale gibt und zudem angibt, dass die Effizienzprüfung durch einen externen Berater durchgeführt wurde. Auch die Commerzbank, Daimler sowie Gerry We- ber geben an, dass die Effizienzprüfung mit Hilfe externer Unterstützung erfolg- te. Bei Gerry Weber handelte es sich jedoch um den Abschussprüfer des Un- ternehmens, was aus Unabhängigkeitsgesichtspunkten durchaus problematisch sein kann. Defizite wurden hier ebenfalls nicht festgestellt, denn die „Effizienz- einschätzung“ sei positiv gewesen. Eine besondere Form der Effizienzprüfung konnte im vergangenen Jahr bei ThyssenKrupp beobachtet werden. Im Zusammenhang mit den Investitionen in zwei Stahlwerke in Brasilien und den USA wurde ex-post die Arbeitsweise des Aufsichtsrats geprüft und die Ergebnisse dieser Effizienzprüfung wurden den Aktionären als Kurzgutachten zur Verfügung gestellt. Diese im Grundsatz posi- tiv zu beurteilende Maßnahme sollte jedoch eine Ausnahme bleiben, da eine wirksame Effizienzprüfung stark von der Offenheit der Aufsichtsratsmitglieder und damit der Vertraulichkeit der Ergebnisse abhängt. Auch die detaillierte Dis- kussion möglicher Defizite sollte auf den Kreis der Aufsichtsratsmitglieder be- schränkt bleiben, da die Ergebnisse ansonsten der Gefahr unterliegen, dass sie primär Exkulpationszwecken und nicht der konstruktiven Weiterentwicklung der Arbeitsweise des Aufsichtsrats dienen. Ein Hinweis auf die Existenz von Defizi- ten sowie das Ergreifen von Verbesserungsmaßnahmen erscheint jedoch sinn- voll zu sein. Ebenfalls von Belang für den externen Betrachter ist die Frage von Schulun- gen der Aufsichtsratsmitglieder, die in den vergangenen Jahren einen immer größeren Bedeutungsgewinn zu verzeichnen haben (vgl. Abb. 14). Elf DAX- Unternehmen (42%) aber nur zwei Unternehmen aus dem MDAX (4%) machen hierzu konkrete Angaben. Da die Anteilseignervertreter in den DAX- und MDAX-Gesellschaften häufig bereits bei ihrer Berufung über umfassende Kom- petenzen verfügen, sollten Fortbildungsmaßnahmen an spezifischen Aufgaben

40 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

von Aufsichtsräten sowie an Besonderheiten des überwachten Unternehmens ansetzen. Einen solchen Weg gehen zum Beispiel die Deutsche Börse oder BMW, wo neue Aufsichtsratsmitglieder ein Einarbeitungsprogramm durchlau- fen. Auch die Deutsche Bank unterstützt die Aufsichtsratsmitglieder mit Fortbil- dungsmaßnahmen, die auf die Unternehmenssituation zugeschnitten sind. Für Arbeitnehmervertreter bestehen bereits seit langem umfangreiche Schulungs- angebote seitens der Gewerkschaften und der Hans-Böckler-Stiftung.

Anteil der Unternehmen Anteil Unternehmen Anteil Unternehmen mit Schulung DAX & MDAX mit Schulung DAX mit Schulung MDAX

18% 4% 42% 58%

82% 96%

Unternehmen mit Schulung Unternehmen mit Schulung Unternehmen mit Schulung Unternehmen ohne Schulung Unternehmen ohne Schulung Unternehmen ohne Schulung Abb. 14: Angaben zu Schulungen für Aufsichtsratsmitglieder

Schließlich gewinnt das Thema der Sitzungsteilnahme der Aufsichtsmitglie- der immer mehr an Bed eutung. In Anlehnung an die Forderungen des Corpora- te Governance Kodex gaben die Unternehmen bisher in der Regel nur darüber Auskunft, ob ein Mitglied an weniger als der Hälfte der Aufsichtsratssitzungen teilgenommen hat. Hier ist jedoch ein Umdenken zu verzeichnen. Immer mehr Unternehmen geben eine Durchschnittspräsenz an, einige schlüsseln gar die Teilnahme jedes Aufsichtsratsmitglieds nach Sitzungen auf. Beispielhaft seien hier Klöckner oder Gerresheimer genannt. Für Gerresheimer schien das Thema sogar so wichtig zu sein, dass diese das Fehlen einzelner Aufsichtsratsmitglie- der bei Sitzungen des Aufsichtsrats als Ergänzung zum Aufsichtsratsbericht veröffentlichten.

ƒ Transparenz über die Besetzung des Aufsichtsrats Ausgangspunkt für eine transparente Besetzung des Aufsichtsrats sind Aussa- gen über seine Zielzusammensetzung. Diese Ziele sollten neben Angaben zur

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Ziel-Diversität (Geschlecht, Nationalität) insbesondere auch Aussagen zur fach- lichen Zusammensetzung des Aufsichtsrats haben. Eine Zielzusammensetzung findet sich bei allen DAX-Unternehmen und bei 33 Unternehmen des MDAX (70%). Auch hier zeigt sich, dass die Transparenz im MDAX typischerweise geringer als bei den DAX-Unternehmen ausgeprägt ist. Nur 15 DAX- Unternehmen (58%) sowie 16 MDAX-Unternehmen (34%) berücksichtigen bei den Zielen auch die fachliche Dimension - bei den übrigen Unternehmen domi- nieren Diversity-Ziele, insbesondere eine angemessene Beteiligung von Frau- en in den Aufsichtsräten. Obwohl die Ist-Frauenquote in der Regel deutlich un- terhalb einer Soll-Vorstellung von 40% liegt, sehen von allen betrachteten Un- ternehmen nur vier einen deutlichen Änderungsbedarf in der Zusammenset- zung der Gremien. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die durch die Unter- nehmen formulierten Ziele hinter den öffentlich gewünschten Frauenquoten zurückbleiben.

Die Ziele zum Frauenanteil liegen bei zahlreichen Unternehmen unterhalb der für 2016 angestrebten Quote von 30%.

Neben einer Definition der Zielzusammensetzung erfordert ein strukturierter Besetzungsprozess ein klares Anforderungsprofil für die Aufsichtsratsmitglie- der. Ein solches Anforderungsprofil wird jedoch lediglich durch vier DAX- Unternehmen zur Verfügung gestellt (Allianz, Commerzbank, Deutsche Börse, RWE). Besonders auffallend ist der hohe Detaillierungsgrad bei Allianz, die eine sehr detaillierte Beschreibung der Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder erstellt und veröffentlicht haben. Die hier zu beobachtende Offenheit zeigt sich auch in allen weiteren Bereichen, so dass Allianz zum Thema Transparenz und Corporate Governance-Reporting als Best Practice dienen kann. Auch wenn bei Allianz der Fortschritt am deutlichsten zu beobachten ist, können auch für eine Vielzahl weiterer Unternehmen im DAX zum Teil deutliche Verbesserungen bei der Transparenz beobachtet werden.

Der Wahlvorschlag eines Aufsichtsratsmitglieds sollte der Hauptversammlung auf Basis eines klaren Anforderungsprofils begründet werden.

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Zur Beurteilung der Eignung eines Aufsichtsratsmitglieds sollten Unternehmen hinreichende Informationen über die Aufsichtsratsmitglieder zur Verfügung stel- len. Dies ist in den betrachteten Unternehmen jedoch völlig uneinheitlich und von einem klaren (einheitlichen) Standard weit entfernt: Hier finden sich Anga- ben zur Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder teilweise im „Bericht des Aufsichts- rats“, bei einigen Unternehmen aber auch im „Bericht zur Unternehmensfüh- rung“. Die in jedem Fall notwendige Veröffentlichung von bestimmten Pflichtin- formationen zu den Wahlvorschlägen in der Einladung zur Hauptversammlung ist bei der Mehrzahl der Unternehmen auf das rechtlich e Mindestmaß begrenzt, einige andere Unternehmen prä sentieren dagegen einen ausführlichen Lebens- lauf der Kandidaten. Da diese Informationen jedoch nicht konsequent auf der Homepage veröffentlicht werden, erhöht dies die Informationsschwellen unnötig stark. Abschließend sei noch auf die Transparenz zur Aufsichtsratsvergütung ein- gegangen. Es gehört inzwischen zum Standard guter Corporate Governance, dass die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder individualisiert und aufgeteilt in die Vergütungsbestandteile angegeben wird. Dies wird auch im DAX von allen Unternehmen so gehandhabt. Im MDAX finden sich jedoch weiterhin neun Un- ternehmen, die keine individualisierten Angaben zur Vergütung machen (vgl. Tab. 8).

ƒ Aufsichtsrats-Score - Transparenz über den Aufsichtsrat

Tab. 6 enthält die ersten zehn platzierten Unternehmen mit der höchsten Transparenz im DAX und im MDAX. Es fällt auf, dass sowohl im DAX als auch im MDAX der Durchschnittswert der Top10 ansteigt. Im DAX kann ein Anstieg von 59,7% im Vorjahr auf 65,8% beobachtet werden, im MDAX steigt der Durchschnitts-Score von 49 ,7% auf 51,3%. Auch hier besteht jedoch ein deutli- cher Abstand zwischen den DAX- und den MDAX-Unternehmen: Während alle DAX-Unternehmen im Durchschnitt einen Score von 47,8% erreichen (Vorjahr 43,4%), liegt dieser im MDAX nur bei 34,7% (Vorjahr 30,2%). Auch für die Ge- samtgruppe kann jedoch ein Transparenzanstieg verzeichnet werden

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DAX MDAX Allianz SE 87,9% Klöckner Co. SE 69,7% Daimler AG 72,7% AG 57,6% K+S Aktiengesellschaft 72,7% Fraport AG 54,5% Commerzbank AG 69,7% Aareal Bank AG 51,5% Deutsche Börse AG 66,7% Celesio AG 51,5% ThyssenKrupp AG 66,7% Gerresheimer Glas AG 51,5% Deutsche Bank AG 60,6% Dürr AG 48,5% SAP AG 57,6% Gildemeister AG 48,5% Siemens AG 51,5% Hannover Rückvers. SE 45,5% RWE AG 51,5% SGL Carbon SE 45,5% Sky Deutschland AG 45,5% KUKA AG 45,5% Durchschnitt: 65,8% 51,3% Tab. 6: Top10 Transparenz

Die Transparenz sollte insbesondere für den Bereich der Besetzung des Auf- sichtsrats verbessert werden. Zur Objektivierung des Auswahlprozesses sowie zur Verbesserung der Entscheidungsfähigkeit der Hauptversammlung ist es sinnvoll, dass die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder im Detail beschrieben werden und die Unternehmen begründen, warum der Kandidat besonders geeignet für die zu besetzende Position sind – auch sollten die Ziele zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats entsprechend weiterentwickelt wer- den.

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FAZIT

− Die Information über die Tätigkeit des Aufsichtsrats erfolgt quantitativ und qualitativ sehr unterschiedlich, so dass nicht immer ein klares Bild über die Arbeitsweise und die Besetzung des Aufsichtsrats besteht. Unter Berück- sichtigung der rechtlichen Anforderungen sollte daher durch den Aufsichts- rat eine klare Kommunikationsstrategie formuliert werden, die nicht nur die Ausgestaltung des „Berichts des Aufsichtsrats“ sondern auch alle weiteren Kommunikationselemente und -inhalte über den Aufsichtsrat umfasst. Diese sollte darüber hinaus in die übergreifende Investor Relations-Strategie des Unternehmens eingebunden sein, um eine abgestimmte Gesamtkommuni- kation mit dem Kapitalmarkt zu ermöglichen.

− Der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung sollte den Aktionä- ren eine umfassende Einschätzung der Arbeitsweise und Diskussionspro- zesse im Gremium ermöglichen - dies umfasst neben einer geschäftsorien- tierten und nicht nur formalen Beschreibung der Tätigkeit eine möglichst konkrete Nennung der Diskussionsinhalte.

− Basis der Besetzungsvorschläge des Aufsichtsrats sind klare Anforderungs- profile der Aufsichtsratsmitglieder - in Verbindung mit einem umfassenden Lebenslauf der Kandidaten wird so der Hauptversammlung eine Einschät- zung der Eignung möglich.

− Unternehmen sollten über die Durchführung einer Effizienzprüfung im Be- richt des Aufsichtsrats berichten - dies umfasst die Vorgehensweise der Effi- zienzprüfung, die Angabe einer externen Unterstützung sowie das Ergebnis. Dabei ist es jedoch nicht erforderlich, die festgestellten Defizite konkret zu benennen oder gar wie im Sonderfall ThyssenKrupp das Gutachten zu ver- öffentlichen.

− Insbesondere neue Aufsichtsratsmitglieder sollten durch geeignete Maß- nahmen unterstützt werden. Eine Beschreibung dieser Maßnahmen sowie weiterer Schulungen sollten Gegenstand der Berichterstattung des Auf- sichtsrats sein.

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4.5 Vergütung

Die Höhe und die Ausgestaltung der Vergütung der Aufsichtsratsmitglie- der werden in §113 AktG sowie in Abschnitt 5.4.6 des Deutschen Corpora- te Governance Kodex geregelt. Die Regelungen betreffen die Angemes- senheit der Vergütung sowie die Ausgestaltung eventuell vorhandener variabler Vergütungsbestandteile. Dieser Punkt ist weiterhin intensiv in der Diskussion. Dabei wird die Praxis einer variablen Vergütung zuneh- mend kritisiert und zur Stärkung der Unabhängigkeit der Aufsichtsrats- mitglieder eine Abschaffung variabler Vergütungskomponenten gefordert. Stattdessen solle stärker die Funktion im Aufsichtsrat und der Arbeits- aufwand entlohnt werden. Aus der Perspektive des Aufsichtsratsmitglieds sollte die Vergütung zum einen in einem angemessenen Verhältnis zum Arbeitsaufwand, zum übernom- menen Risiko sowie zum Erfolgsbeitrag stehen. Darüber hinaus ist die relative Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, das heißt die subjektiv empfundene Vergütungsgerechtigkeit im Vergleich zu einer für das Aufsichtsratsmitglied relevanten Peergroup. Neben materiellen Vergütungskomponenten sind zudem immaterielle Aspekte - etwa die Zugehörigkeit zu einer exklusiven Gruppe oder der mit einem Mandat verbundene Status - zu berücksichtigen. Im Vergleich zum Vorjahr ist im DAX die durchschnittliche Vergütung der Auf- sichtsratsmitglieder einschließlich der Vergütung des Vorsitzenden um 8,6% auf 152.000 Euro gestiegen (vgl. Abb. 15; Werte gerundet). Im MDAX führte ein Anstieg um 12% auf eine durchschnittliche Vergütung von 83.000 Euro.

Abb. 15: Durchschnittliche Vergütung pro Mitglied 2012 vs. 2013

46 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Da eine reine Durchschnittsbetrachtung die teilweise erheblichen Abweichun- gen der Vergütungen des Aufsichtsratsvorsitzenden nicht berücksichtigt, wurde in diesem Jahr zusätzlich eine Betrachtung des Verhältnisses der Vergütung der Aufsichtsratsvorsitzenden zu den Aufsichtsratsmitgliedern aufgenommen (vgl. Tab. 7 und Tab. 8). Hier zeigt sich neben den deutlichen Niveauunter- schieden auch eine breite Streuung des Multiplikators (Verhältnis der Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzenden zur durchschnittlichen Vergütung je „einfaches“ Aufsichtsratsmitglied).

Verhältnis ARV‐ Vergütung je AR‐Mitglied Vergütung je AR‐Mitglied DAX Vergütung ARV Vergütung zu Vergütung (incl. ARV) (ohne ARV) je AR‐Mitglied (ohne ARV)

adidas AG 160.000 € 76.667 € 69.091 € 2,3 Allianz SE 396.700 € 174.058 € 167.655 € 2,4 BASF SE 475.000 € 249.375 € 228.864 € 2,1 Bayer AG 335.000 € 148.450 € 143.895 € 2,3 Beiersdorf Aktiengesellschaft 227.500 € 116.075 € 105.946 € 2,1 BMW AG 505.000 € 223.800 € 209.000 € 2,4 Commerzbank AG 237.500 € 81.975 € 73.789 € 3,2 Continental AG 344.000 € 156.800 € 146.947 € 2,3 Daimler AG 373.200 € 150.000 € 138.253 € 2,7 Deutsche Bank AG 285.000 € 116.750 € 113.789 € 2,5 Deutsche Börse AG 283.200 € 117.083 € 112.265 € 2,5 Deutsche Post AG 161.000 € 73.075 € 68.447 € 2,4 Deutsche Telekom AG 232.800 € 100.713 € 93.761 € 2,5 E.ON SE 440.000 € 245.833 € 228.182 € 1,9 HeidelbergCement AG 130.000 € 65.915 € 60.089 € 2,2 Infineon Technologies AG 142.500 € 100.125 € 96.273 € 1,5 K+S Aktiengesellschaft 257.000 € 126.016 € 117.283 € 2,2 LANXESS AG 261.500 € 157.042 € 147.545 € 1,8 Linde AG 414.750 € 189.498 € 169.020 € 2,5 Deutsche Lufthansa AG 375.000 € 131.250 € 118.421 € 3,2 Münchener Rück AG 339.000 € 111.200 € 99.211 € 3,4 RWE AG 249.000 € 124.050 € 117.474 € 2,1 SAP AG 310.000 € 186.331 € 178.087 € 1,7 Siemens AG 560.000 € 222.361 € 204.591 € 2,7 ThyssenKrupp AG 210.500 € 74.749 € 67.604 € 3,1 Volkswagen AG 1.108.100 € 438.876 € 403.653 € 2,7 Tab. 7: Vergütung im DAX

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Das Vergütungsniveau weist innerhalb der DAX-Unternehmen große Unter- schiede auf. So erhielt ein „normales“ Aufsichtsratsmitglied bei Heidelberg- Cement eine Jahresvergütung von ca. 60.000 Euro, bei Volkswagen dagegen ca. 400.000 Euro. Darüber hinaus musste sich der Aufsichtsratsvorsitzende von HeidelbergCement mit 130.000 Euro begnügen, während der Aufsichtsratsvor- sitzende von Volkswagen im gleichen Zeitraum über 1,1 Mio. Euro und damit mehr als 8-mal so viel erhielt. Auch der Multiplikator zwischen der Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzenden und einem einfachen Mitglied variiert stark: Die durchschnittliche Vergütung eines DAX-Aufsichtsratsvorsitzenden liegt mit 339.000 Euro 2,4-mal höher als die durchschnittliche Vergütung eines einfachen Mitglieds. Während der Multi- plikator bei Infineon jedoch lediglich 1,5 beträgt, erhält der Aufsichtsratsvorsit- zende der Münchener Rück das 3,4-fache eines einfachen Mitglieds. Das absolute Vergütungsniveau im MDAX für den Aufsichtsratsvorsitzenden und auch für einfache Aufsichtsratsmitglieder liegt deutlich unter dem Niveau im DAX. So beträgt die Durchschnittsvergütung für Aufsichtsratsvorsitzende ca. 164.000 Euro und ist damit 2,4-mal höher als für Aufsichtsratsmitglieder (ca. 72.000 Euro; dieser Durchschnittswert beinhaltet nur solche Unternehmen, die eine individualisierte Angabe zur Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder ma- chen). Das durchschnittliche Vergütungsniveau ist damit um 50% geringer als bei den DAX-Unternehmen. Doch auch im MDAX sind erhebliche Streuungen zu beobachten: So erhalten einfache Aufsichtsratsmitglieder der TAG AG 20.000 Euro pro Jahr, bei Rational liegt die Durchschnittsvergütung mit 193.000 Euro fast 10-mal so hoch. Bei TAG fällt darüber hinaus auf, dass der Aufsichtsratsvorsitzende mit 175.000 Euro über als 8-mal mehr als ein einfaches Aufsichtsratsmitglied erhält - diese ungewöhnlich breite Spanne liegt deutlich über der „normalen“ Vergütungsrela- tion.

48 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Verhältnis ARV‐ Vergütung je AR‐Mitglied Vergütung je AR‐Mitglied MDAX Vergütung ARV Vergütung zu Vergütung (incl. ARV) (ohne ARV) je AR‐Mitglied (ohne ARV)

Aareal Bank AG 204.680 € 85.118 € 74.249 € 2,8 AG 186.000 € 101.667 € 94.000 € 2,0 Axel Springer AG 277.778 € Baywa AG 35.125 € Bilfinger Berger SE 179.000 € 108.833 € 102.455 € 1,7 Brenntag AG 163.000 € 137.667 € 132.600 € 1,2 Celesio AG 80.400 € 42.733 € 39.309 € 2,0 Deutsche Euroshop AG 59.500 € 29.451 € 25.695 € 2,3 Deutsche Wohnen AG 66.000 € 40.500 € 35.400 € 1,9 Dürr AG 184.250 € 82.167 € 72.886 € 2,5 Elring Klinger AG 77.874 € 48.277 € 45.587 € 1,7 Fielmann AG 28.063 € Fraport AG 64.600 € 42.670 € 41.516 € 1,6 Fuchs Petrolub SE 134.000 € 91.833 € 83.400 € 1,6 GEA Group AG 242.000 € 96.000 € 82.727 € 2,9 Gerresheimer Glas AG 155.700 € 80.454 € 73.614 € 2,1 Gerry Weber Int. AG 180.000 € 85.000 € 66.000 € 2,7 Gildemeister AG 154.875 € 74.776 € 67.494 € 2,3 GSW Immobilien AG 96.200 € 59.880 € 50.800 € 1,9 Hannover Rückvers. SE 281.400 € 94.022 € 70.600 € 4,0 Hochtief AG 183.000 € 100.896 € 95.422 € 1,9 Hugo Boss AG 167.833 € Kabel Deutschland AG 46.333 € Klöckner Co. SE 117.000 € 56.403 € 44.283 € 2,6 Krones AG 35.667 € KUKA AG 165.000 € 69.583 € 60.909 € 2,7 Leoni AG 220.000 € 113.833 € 104.182 € 2,1 MAN SE 130.000 € 59.500 € 54.800 € 2,4 Metro AG 191.712 € 94.589 € 89.477 € 2,1 MTU Aero Engines AG 135.000 € 60.417 € 53.636 € 2,5 Norma Group SE 110.000 € 72.486 € 64.984 € 1,7 ProSiebenSat.1 AG 133.000 € 76.678 € 69.638 € 1,9 SE 33.333 € Rational AG 235.000 € 207.000 € 193.000 € 1,2 AG 240.000 € 84.445 € 74.075 € 3,2 Rhön‐Klinikum AG 308.000 € 101.450 € 90.579 € 3,4 Salzgitter AG 107.500 € 49.595 € 46.700 € 2,3 SGL Carbon SE 76.200 € 40.025 € 36.736 € 2,1 Sky Deutschland AG 120.000 € 79.827 € 74.805 € 1,6 Stada Arzneimittel AG 227.000 € 96.389 € 80.063 € 2,8 Südzucker AG 115.000 € Symrise AG 132.006 € 65.769 € 59.748 € 2,2 TAG Immobilien AG 175.000 € 47.500 € 22.000 € 8,0 Talanx 390.000 € 129.000 € 111.600 € 3,5 TUI AG 194.000 € 100.125 € 93.867 € 2,1 Wacker AG 109.875 € Wincor Nixdorf AG 120.000 € 63.063 € 57.886 € 2,1 Tab. 8: Vergütung im MDAX

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Abb. 16 gibt einen Überblick über die Gehaltsintervalle in den DAX- und MDAX-Gesellschaften. Immerhin 14 MDAX-Gesellschaften (35%) zahlen ihren Aufsichtsratsmitgliedern im Durchschnitt weniger als 50.000 Euro; im DAX fin- det sich dagegen kein Unternehmen in diesem Intervall. Im DAX liegen die meisten Gesellschaften (42%) im Intervall von 100.000 Euro bis 150.000 Euro und damit deutlich oberhalb der durchschnittlichen Vergütung im MDAX.

Abb. 16: Intervalle der Aufsichtsratsvergütung

Hinsichtlich der Entwicklung der Vergütungsstruktur scheint sich der Trend zu einer Umstellung auf eine reine Fixvergütung zu verlangsamen. Im DAX liegt der Anteil der Unternehmen mit variablen Vergütungskomponenten bei 69%, im MDAX weiterhin bei 60% (vgl. Abb. 17) und damit auf Vorjahresniveau.

Anteil der Unternehmen mit Anteil Unternehmen mit Anteil Unternehmen mit flexibler/variabler Vergütung gesamt flexibler/variabler Vergütung DAX flexibler/variabler Vergütung MDAX

37% 31% 40% 63% 60% 69%

Fixe Vergütung Fixe Vergütung Fixe Vergütung Variable Vergütung Variable Vergütung Variable Vergütung Abb. 17: Struktur der Aufsichtsratsvergütung

50 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

FAZIT

− Im Vergleich zum Vorjahr steigt die durchschnittliche Vergütung je Aufsichts- ratsmitglied im DAX (152.000 Euro) und im MDAX (83.000 Euro) weiter an. Es bestehen jedoch zum Teil gravierende Unterschiede zwischen den be- trachteten Unternehmen, so dass der Eindruck entsteht, dass unterneh- mensindividuelle Rahmenbedingungen eine größere Bedeutung für die Ver- gütungshöhe haben als Anforderungen oder Einsatz der Aufsichtsratsmit- glieder.

− Die geringe Systematik und Begründbarkeit der Vergütungshöhe setzt sich beim Verhältnis der Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzen zur Vergütung ein- facher Mitglieder fort. Auch hier bestehen unternehmensindividuell große Unterschiede, so dass die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern häufig keine Funktion ihrer Leistung oder ihres Erfolgsbeitrages zu sein scheint.

− Ein Teil der Verzerrungen lässt sich mit der noch immer beobachtbaren Pra- xis kurzfristiger Vergütungen auf Basis der Dividende erklären - die variablen Vergütungsbestandteile sollten zukünftig auf langfristige Erfolgsindikatoren umgestellt werden.

− Aufgrund der beobachtbaren Verzerrungen ist eine relative Vergütungsge- rechtigkeit - wenn überhaupt - nur innerhalb eines Gremiums gegeben.

− Für die Übernahme eines Aufsichtsratsmandats ist häufig nicht die hiermit verbundene Vergütung ausschlaggebend, sondern weitere, nicht-monetäre Anreize wie das mit einem Mandat verbundene Renommee oder die Zuge- hörigkeit zu einem Netzwerk.

51 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

5 Aufsichtsrats-Score 2013

5.1 Zusammenfassung

Die Ermittlung des Aufsichtsrats-Scores unterstützt eine strukturierte und ver- gleichende Analyse der Aufsichtsräte in den DAX- und MDAX-Gesellschaften. Der Score wertet eine Vielzahl von Einzelkriterien aus, die gerade im Vergleich der Unternehmen bestehende unterschiedliche Vorgehensweisen in der Praxis verdeutlichen. Bei einigen Unternehmen zeigt sich bereits heute in allen vier Bewertungsdimensionen ein positives Bild - wie etwa bei Allianz, die in allen Dimensionen eine sehr hohe Qualität aufweisen und gerade im Bereich der Transparenz Benchmark sind. Andere Unternehmen sind dagegen in einzel- nen Dimensionen stark: hier können etwa SAP oder die Deutsche Telekom aus dem DAX oder Fraport aus dem MDAX genannt werden, die sich bereits heute durch vorbildliche Vorgehensweisen im Bereich der Arbeitsweise des Aufsichts- rats auszeichnen. Es gibt jedoch auch weiterhin zahlreiche Unternehmen, die dem Thema Corpo- rate Governance nicht die ihm zukommende Bedeutung beizumessen schei- nen. Hierfür lassen sich zum Teil unternehmensspezifische Ursachen erkennen: So sind gerade im MDAX noch immer einige Unternehmen durch einzelne Großaktionäre - in der Regel die Gründerfamilie - dominiert. Hier können ande- re Mechanismen die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats übernehmen, auch wenn dies aus Sicht der übrigen Aktionäre nicht immer von Vorteil sein muss. Dies geschieht etwa über eine starke Einbindung des Aufsichtsratsvorsit- zenden als Repräsentant des Großaktionärs oder durch ein e Entsendung einer Gruppe von Aufsichtsratsmitgliedern durch diesen. Doch nicht nur die Eigentümerstruktur ist mit ursächlich für einen im Durch- schnitt geringeren Aufsichtsrats-Score der MDAX-Unternehmen (47,2%) im Vergleich zu den DAX-Unternehmen (60,9%). Zum einen stehen DAX- Unternehmen deutlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit, so dass bei ihnen ein größerer Rechtfertigungs- und Handlungsdruck zu vermuten ist. Zudem verfü- gen sie häufig allein aufgrund ihrer Größe über eine ausgeprägte Infrastruktur mit Stäben und Assistenzfunktionen. Schließlich zeichnen sie sich durch einen größeren Anteil internationaler Aktionäre aus, so dass au ch au s dieser Rich- tung ein stärkerer Druck auf die Corporate Governance vorliegt.

52 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Doch sollten sich MDAX-Unternehmen nicht hinter dieser Argumentation ver- stecken. Auch hier finden sich vorbildliche Unternehmen, die bereits heute in einigen Bewertungsdimensionen auf DAX-Niveau agieren. Zudem finden sich Beispiele, bei denen als Folge einer massiven Krise Verbesserungen im Be- reich der Corporate Governance und insbesondere eine engere Einbindung des Aufsichtsrats erfolgt sind. Die Aufsichtsräte sollten daher nicht abwarten, bis sie durch äußere Umstände zu Veränderungen gezwungen werden.

5.2 Aufsichtsrats-Score 2013 - DAX

Tab. 9 enthält auf Basis des Aufsichtsrats-Scores die Rangfolge der Unterneh- men im DAX. Allianz ist in diesem Jahr mit 85,5% Spitzenreiter im Ranking. Dabei zeichnet sich der zwölfköpfige Allianzaufsichtsrat unter anderem durch eine Erhöhung der Sitzungsfrequenz, die Durchführung von Executive Sessions ohne den Vor- stand, einen hohen Unabhängigkeitsgrad der Aufsichtsratsmitglieder sowie eine ausgeprägte Diversity aus. Besonders auffallend ist zudem die vorbildliche Transparenz sowohl auf der Homepage des Unternehmens als auch in den entsprechenden Berichten. Durch die in diesem Jahr erfolgte stärkere Gewich- tung des Transparenzkriteriums kann Allianz im Aufsichtsrats-Score sehr stark profitieren. Die Deutsche Börse erreicht mit 77,8% erneut den zweithöchsten Wert. Be- sonders hervorzuheben ist hier die Arbeitsweise des Aufsichtsrats: Mit 8 Gre- miensitzungen, einer sehr intensiven Ausschusstätigkeit sowie zwei zusätzli- chen Vorbereitungsworkshops und zwei Strategieworkshops des Aufsichtsrats wurde ein sehr hohes Intensitätsniveau in der Aufsichtsratstätigkeit erreicht. Platz drei belegt in diesem Jahr SAP, die erneut einen Spitzenwert für die Ar- beitsweise des Aufsichtsrats aufweisen. Im Vergleich zum Spitzenreiter fällt jedoch insbesondere eine geringere Transparenz auf, obwohl auch hier der eigentliche Bericht des Aufsichtsrats vorbildlich ist.

53 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Anzahl AR‐ Durchschnitts‐ Summe AR‐ Mitglieder vergütung Arbeitsweise Eignung Diversity Transparenz Score Allianz SE 12 174.058 € 79,2% 83,3% 100,0% 87,9% 85,5% Deutsche Börse AG 18 117.083 € 81,9% 66,7% 100,0% 66,7% 77,8% SAP AG 16 186.331 € 84,7% 62,5% 100,0% 57,6% 75,5% Deutsche Bank AG 20 116.750 € 68,1% 83,3% 100,0% 60,6% 72,9% Daimler AG 20 150.000 € 62,5% 66,7% 100,0% 72,7% 71,8% Siemens AG 20 222.361 € 73,6% 75,0% 100,0% 51,5% 71,1% Münchener Rück AG 20 111.200 € 69,4% 83,3% 100,0% 45,5% 68,9% E.ON AG 12 245.833 € 76,4% 62,5% 100,0% 42,4% 67,7% Commerzbank AG 20 81.975 € 68,1% 41,7% 75,0% 69,7% 65,6% ThyssenKrupp AG 20 74.749 € 66,7% 50,0% 75,0% 66,7% 65,4% Deutsche Telekom AG 20 100.713 € 84,7% 50,0% 75,0% 36,4% 63,5% Bayer AG 20 148.450 € 63,9% 66,7% 100,0% 42,4% 63,3% Infineon Technologies AG 12 100.125 € 76,4% 75,0% 50,0% 36,4% 60,2% Beiersdorf AG 12 116.075 € 73,6% 62,5% 75,0% 33,3% 60,1% Volkswagen AG 20 438.876 € 62,5% 58,3% 100,0% 33,3% 58,8% adidas AG 12 76.667 € 54,2% 70,8% 75,0% 48,5% 58,1% RWE AG 20 124.050 € 54,2% 58,3% 75,0% 51,5% 57,1% Deutsche Post AG 20 73.075 € 79,2% 58,3% 50,0% 27,3% 56,1% BMW AG 20 223.800 € 65,3% 33,3% 75,0% 42,4% 55,1% K+S Aktiengesellschaft 16 126.016 € 45,8% 41,7% 50,0% 72,7% 53,9% LANXESS AG 12 157.042 € 50,0% 66,7% 50,0% 45,5% 51,1% Deutsche Lufthansa AG 20 131.250 € 43,1% 41,7% 100,0% 30,3% 47,6% Continental AG 20 156.800 € 58,3% 58,3% 50,0% 24,2% 46,9% BASF SE 12 249.375 € 45,8% 66,7% 50,0% 33,3% 45,8% Linde AG 12 189.498 € 38,9% 83,3% 25,0% 36,4% 42,7% HeidelbergCement AG 12 65.915 € 47,2% 41,7% 50,0% 27,3% 40,8% Tab. 9: Aufsichtsrats-Score 2013 (DAX)

5.3 Aufsichtsrats-Score 2013 - MDAX

Der Aufsichtsrats-Score der MDAX-Unternehmen wird in Tab. 10 dargestellt. Spitzenreiter ist in diesem Jahr Klöckner (60,9%), die insbesondere im Bereich der Transparenz gute Werte aufweisen. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Aareal Bank (60,5%) und SGL Carbon (60,3%). Die Aareal Bank hat nicht nur die Arbeitsweise des Gremiums weiter intensiviert, sie hat darüber hinaus durch Veränderungen im Aufsichtsrat die Unabhängigkeit und die zeitliche Verfügbar- keit der Aufsichtsratsmitglieder verbessert. Auch bei SGL Carbon haben Verän- derungen im Aufsichtsrat stattgefunden, was sich unter anderem in dem An- stieg der Sitzungszahl des Nominierungsausschusses von eins auf drei zeigt.

54 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Anzahl AR‐ Durchschnitts‐ Summe AR‐ Mitglieder vergütung Arbeitsweise Eignung Diversity Transparenz Score Klöckner Co. SE 6 56.403 59,4% 58,3% 50,0% 69,7% 60,9% Aareal Bank AG 12 85.118 62,5% 83,3% 50,0% 51,5% 60,5% SGL Carbon SE 12 40.025 66,7% 58,3% 75,0% 45,5% 60,3% Rhön‐Klinikum AG 20 101.450 76,4% 58,3% 50,0% 36,4% 57,7% Brenntag AG 6 137.667 67,2% 50,0% 75,0% 39,4% 57,4% KUKA AG 12 69.583 75,0% 41,7% 50,0% 45,5% 57,4% Metro AG 20 94.589 72,2% 50,0% 50,0% 42,4% 56,6% Axel Springer AG 9 277.778 59,4% 91,7% 75,0% 24,2% 56,0% Fraport AG 20 42.670 76,4% 33,3% 25,0% 54,5% 55,7% Hannover Rückvers. SE 9 94.022 54,7% 33,3% 100,0% 45,5% 55,5% Sky Deutschland AG 9 79.827 67,2% 25,0% 75,0% 45,5% 55,5% Gerresheimer Glas AG 12 80.454 51,4% 79,2% 50,0% 51,5% 55,4% Gildemeister AG 12 74.776 56,9% 66,7% 50,0% 48,5% 54,8% ProSiebenSat.1 AG 9 76.678 76,6% 62,5% 50,0% 24,2% 54,8% TUI AG 16 100.125 58,3% 58,3% 75,0% 36,4% 54,2% GSW Immobilien AG 5 59.880 68,8% 70,8% 50,0% 27,3% 53,8% Hugo Boss AG 12 167.833 58,3% 79,2% 75,0% 24,2% 53,7% Dürr AG 12 82.167 45,8% 87,5% 50,0% 48,5% 53,5% Bilfinger Berger SE 12 108.833 51,4% 100,0% 50,0% 33,3% 53,1% Kabel Deutschland AG 12 46.333 44,4% 75,0% 100,0% 24,2% 51,3% GEA Group AG 12 96.000 52,8% 50,0% 75,0% 36,4% 50,8% MAN SE 16 59.500 56,9% 33,3% 75,0% 36,4% 49,9% Norma Group SE 6 72.486 64,1% 50,0% 50,0% 30,3% 49,7% Celesio AG 12 42.733 51,4% 37,5% 50,0% 51,5% 49,1% Symrise AG 12 65.769 43,1% 45,8% 50,0% 57,6% 48,9% Hochtief AG 16 100.896 69,4% 29,2% 50,0% 30,3% 48,7% Fuchs Petrolub SE 6 91.833 56,3% 79,2% 25,0% 33,3% 48,1% Wincor Nixdorf AG 12 63.063 48,6% 62,5% 50,0% 36,4% 47,2% Leoni AG 12 113.833 40,3% 87,5% 25,0% 39,4% 44,8% Rheinmetall AG 16 84.445 43,1% 58,3% 50,0% 36,4% 44,4% Stada Arzneimittel AG 9 96.389 45,3% 66,7% 25,0% 39,4% 43,7% Deutsche Wohnen AG 6 40.500 75,0% 66,7% 0,0% 12,1% 43,6% MTU Aero Engines AG 12 60.417 55,6% 33,3% 25,0% 39,4% 42,8% Talanx Aktiengesellschaft 16 129.000 40,6% 33,3% 50,0% 39,4% 40,6% Südzucker AG 20 115.000 45,8% 58,3% 25,0% 30,3% 39,9% Deutsche Euroshop AG 9 29.451 48,4% 50,0% 25,0% 30,3% 39,7% Krones AG 12 35.667 38,9% 87,5% 25,0% 21,2% 38,8% Baywa AG 16 35.125 51,4% 33,3% 50,0% 18,2% 38,5% Puma SE 9 33.333 59,4% 8,3% 50,0% 18,2% 38,0% Elring Klinger AG 12 48.277 26,4% 62,5% 50,0% 30,3% 36,5% Wacker AG 16 109.875 34,7% 58,3% 25,0% 30,3% 35,5% Rational AG 3 207.000 64,3% 62,5% 0,0% 0,0% 35,1% Salzgitter AG 21 49.595 58,3% 50,0% 25,0% 0,0% 34,6% TAG Immobilien AG 6 47.500 18,8% 50,0% 50,0% 21,2% 28,9% Gerry Weber Int. AG 6 85.000 28,1% 25,0% 25,0% 33,3% 28,8% Aurubis AG 12 101.667 33,3% 33,3% 25,0% 18,2% 27,5% Fielmann AG 16 28.063 27,8% 33,3% 50,0% 12,1% 27,2% Tab. 10: Aufsichtsrats-Score 2013 (MDAX)

55 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

6 Best Practices der Aufsichtsratstätigkeit

Auch in diesem Jahr hat die Studie Aufsichtsrats-Score das breite Spektrum der gelebten Überwachungspraxis in den Aufsichtsgremien der DAX- und MDAX- Gesellschaften gezeigt. Erneut konnte eine größere Zahl von Unternehmen identifiziert werden, die über eine vorbildliche Corporate Governance verfü- gen. Zudem können manche Unternehmen, deren Gesamtsystem noch nicht als vorbildlich zu bezeichnen ist, in Einzelaspekten der Aufsichtsratsarbeit durchaus Vorbildcharakter haben. Abb. 18 fasst die im Rahmen der Studie iden- tifizierten Best Practices der Aufsichtsratstätigkeit zusammen und kann als An- haltspunkt für weitere Unternehmen dienen, diese Vorgehensweisen für sich zu prüfen und anzuwenden.

Abb. 18: Best Practices der Aufsichtsratstätigkeit

56 KCU − Schriftenreihe Band 4, Ruhwedel: Aufsichtsrats-Score 2013

Über den Autor der Studie

Peter Ruhwedel ist Professor für Strategisches Management und Organi- sation an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Duisburg und Wissenschaftlicher Leiter des KompetenzCentrums für Unterneh- mensführung und Corporate Governance (www.fom.de/kcu) an der FOM Hochschule. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Studien und Fachartikel zum Thema Corporate Governance und Geschäftsführender Gesellschafter einer auf Corporate Governance-Fragen spezialisierten Beratungsgesellschaft (www.ruhwedel.com).

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Bisher erschienene Bände

Band 1 (2012) Ruhwedel, Peter Aufsichtsrats-Score 2012 Studie zu Effizienz, Besetzung, Transparenz und Vergütung der DAX- und MDAX-Aufsichtsräte ISSN 2195-2922

Band 2 (2013) Rosset, Christophe Haftung von Ratingagenturen ISSN 2195-2922

Band 3 (2013) Weber, Marc Vergütungssysteme von Vorständen und Aufsichtsräten – Eine empirische Analyse der Entwicklung seit 2008 auf Basis der MDAX- Unternehmen ISSN 2195-2922

ISSN 2195-2922

KCC KompetenzCentrum KCU KompetenzCentrum für Corporate Social Responsibility für Unternehmensführung & Corporate Governance der FOM Hochschule für Oekonomie & Management der FOM Hochschule für Oekonomie & Management

FOM Hochschule KCU

FOM – eine Hochschule, viele Möglichkeiten. Das KCU KompetenzCentrum für Unternehmens- Die mit bundesweit über 21.000 Studierenden führung & Corporate Governance (KCU) ist eine größte private Hochschule Deutschlands führt wissenschaftliche Einrichtung der FOM Hochschule seit 1993 Studiengänge für Berufstätige durch, und arbeitet anwendungsorientiert und fach- die einen staatlich und international anerkannten übergreifend. Das KCU zielt auf die Entwicklung Hochschulabschluss (Bachelor/Master) erlangen anwendungsorientierter und fachübergreifender wollen. Forschungsergebnisse in den Bereichen Unterneh- mensführung und Corporate Governance. Hierfür Da die Bildungslebensläufe der Menschen hier- arbeitet das KCU intensiv mit einem Netzwerk aus zulande immer unterschiedlicher geworden sind, Unternehmen, Fachverbänden und wissenschaft- können Studierende an der FOM heute verschie- lichen Forschungseinrichtungen zusammen. Über dene Wege gehen, um den Bachelorabschluss zu die Einbindung von Experten aus unterschiedlichen erlangen: Die FOM Open Business School wendet Fachbereichen und gesellschaftlichen Gruppen sich an Studierende ohne klassische Hochschulzu- werden aktuelle Herausforderungen einer „guten gangsberechtigung, die School of Engineering ver- Unternehmensführung und -überwachung“ einer eint alle Ingenieursprogramme in sich, die School kritischen Analyse und Bewertung unterzogen, of Dual Studies richtet sich an Studierende in der um Antworten auf zentrale Fragestellungen einer Ausbildung und die School of Health & Social „Good Governance“ zu entwickeln. Management bündelt das Studienangebot im In der KCU-Schriftenreihe werden aktuelle Ergebnisse Bereich Gesundheitswesen. der Tätigkeit des KCU veröffentlicht.

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