Was hat das mit mir zu tun?

Politisch-historische Jugendbildung in Volkshochschulen zum Thema „20 Jahre Friedliche Revolution 1989“ Was hat in Volkshochschulen das mit Jugendbildung mir zuPolitisch-historische tun? 1989“ zum Thema Revolution „20 Friedliche Jahre

Herausgegeben vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV) Herausgegeben vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV)

Obere Wilhelmstraße 32 53225 Bonn E-Mail: [email protected] Netz: www.dvv-vhs.de

Redaktion: Vinzenz Bosse, Sascha Rex, Johannes Schillo

Satz, Layout: shetani.media ohg, www.shetanimedia.com

Druck: Druckhaus Ley + Wiegandt GmbH + Co

Diese Broschüre wurde auf FSC-zertifiziertem Papier gedruckt.

ISBN 978-3-88513-778-8

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Publikation wurde durch das Bundesministe- rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Inhaltsverzeichnis

Herausgegeben vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV) 3 Zum Geleit 4 EINLEITUNG

PRAXISBEISPIELE 16 Grenzfall – was haben wir damit zu tun?

Obere Wilhelmstraße 32 20 „Erinnerungskultur für junge Erwachsene“ 53225 Bonn 22 „Die Kinder des Mauerfalls“ E-Mail: [email protected] Netz: www.dvv-vhs.de 25 An der Schnittstelle der weltpolitischen Blöcke 29 „Deutsche Passagengeschichten“

Redaktion: 34 „Jugend 89 trifft Jugend 09“ Vinzenz Bosse, Sascha Rex, Johannes Schillo 38 „Grenzinteressen 2009“ Satz, Layout: 41 Alltags- und Lokalgeschichte: nah am Menschen shetani.media ohg, www.shetanimedia.com 46 Grenzerkundung als Schatzsuche Druck: 48 „Lehrer- und Schülerschicksale im Schatten der stalinistischen Macht“ Druckhaus Ley + Wiegandt GmbH + Co 52 „Demokratie lebt vom Mitmachen“ 58 „Grenzenlose Freiheit – Traum oder Albtraum?“ 62 Eine schlichte Frage: „Wo war drüben?“ 64 Die Friedliche Revolution am Beispiel der Hauptstadt Diese Broschüre wurde auf FSC-zertifiziertem Papier gedruckt. 67 Feindschaft und Feindbilder im Kalten Krieg 70 „Als Zaun und Minen Menschen trennten“

ISBN 978-3-88513-778-8 ANHANG Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek 76 Wir über uns Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; 79 Kooperationen in der politischen Bildung detaillierte bibliographische Daten sind im Internet 84 Literatur und Materialien über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Publikation wurde durch das Bundesministe- rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

3 Bereits zum Thema erschienen: Grenzspuren - Das Leben Grenzerfahrungen - vor 1989 beiderseits der eröffnen Chancen

Grenze Dieses grenzüber-

Grenzerfahrungen Grenzerfahrungen greifende Projekt der eröffnen Chancen

Als Resultat des Modell- Chancen eröffnen KVHS Ludwigslust Dieses grenzübergreifende Projekt der Kreisvolkshochschule Ludwigslust gab Schülern aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Gelegenheit sich gemeinsam mit Schicksalen, Entwicklungen und Ansichten der jüngeren Geschichte Grenzerfahrungen projekts „Grenzspurenim grenznahen Raum zwischen Boizenburg und Zarrentin (Ost) sowie Lauenburg gab Jugendlichen aus und Gudow (West) auseinander zu setzen. Dabei ging es sowohl um geschichtliche eröffnen Chancen Ereignisse und Befindlichkeiten, als auch um Entwicklungen und Ansichten nach der - Das Lebendeutschen beiderseits Vereinigung. Schleswig-Holstein

Neben Eindrücken, politischen Wertungen und zu entwickelnden Haltungen der Grenze“wurden auch(www. Chancen aufgezeigt Unrecht nicht zu vergessen, aus Erfahrungen zu und Mecklenburg-Vor- lernen und aktiv an der Gestaltung des grenznahen Raumes mitzuwirken.

Am Projekt nahmen Schüler aus Klassen 9-11 der Schulen Büchen (S-H) und Witten- grenzspuren.de)burg (M-V) teil. Es wurden inder den Schulplan VHSintegrierte Wahlpflichtkurse eingerich- pommern Gelegenheit tet und interessierte Schüler darauf orientiert. TeilnehmerInnen am Freiwilligen Ökologischen Jahr beim NABU Büchen waren ebenfalls einbezogen.

LK Fulda undNeben Interviews der mit Zeitzeugen VHS spielten auch Aspekte der Landschaftsentwick- sich gemeinsam mit lung eine Rolle, weshalb in Exkursionen auch Begegnungen mit einem Landschaft- spflegeverein stattfanden. Über die wirtschaftliche und deren Verknüpfung mit der Wartburgkreispolitischen Entwicklung entstand wurde durch die Büchener Gruppe ein Skript entwickelt, Schicksalen, Entwick- das als Unterrichtsmaterial verwendet werden kann.

Durch Vernetzung mit dem Heimatmuseum Boizenburg konnten wertvolle Anschau- eine Video-DVD,ungsstücke von Grenzbefestigungsanlagen auf fürder die Öffentlichkeit erhalten und damit lungen und Ansichten das Spektrum von Exkursionen erweitert werden. Nach einem von der Projektgruppe entwickelten Drehbuch entstand, unter ZeitzeugenEinbezug ihre privater historischer ganz Aufnahmen und einer professionellen Drehteams, der jüngeren deutsch- dieser Film. persönliche Geschichte deutschen Geschichte im erzählen. Man erfährt grenznahen Raum aus- von Zwangsaussiedlun- einander zu setzen. Da- gen und geschleiften bei ging es sowohl um Höfen im ehemaligen geschichtliche Ereignisse Sperrgebiet der DDR, von spektakulären Fluchten, und Befindlichkeiten, als auch um Entwicklungen vom Alltag der Menschen beiderseits der Grenze. und Ansichten nach der deutschen Vereinigung. Pfarrer sprechen über die Rolle der Kirche, ehema- lige Soldaten berichten von ihrem Dienst an der Neben Eindrücken, politischen Wertungen und zu Grenze, Zeitzeugen vermitteln ein Bild deutscher entwickelnden Haltungen wurden auch Chancen Geschichte, das in keinem Lehrbuch zu finden ist. aufgezeigt, Unrecht nicht zu vergessen, aus Erfah- rungen zu lernen und aktiv an der Gestaltung des Als weiteres Ergebnis wurde eine CD mit Textmate- grenznahen Raums mitzuwirken. rialien erstellt. Zeitzeugen-Interviews, die Rolle des BGS, der Grenztruppen, der Staatssicherheit, des Neben Interviews mit Zeitzeugen spielten auch Bundes der Zwangsausgesiedelten etc. ergänzen Aspekte der Landschaftsentwicklung eine Rolle, die multimedialen Berichte. Ein Lehr- und Lernma- weshalb Exkursionen auch Begegnungen mit einem terial von Schülern für Schüler. Landschaftspflegeverein stattfanden. Über die wirt- schaftliche und deren Verknüpfung mit der politi- Diese Publikation wurde aus Mitteln des Bundes- schen Entwicklung wurde durch eine Projektgruppe ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und ein Skript entwickelt, das auch als Unterrichtsmate- Jugend gefördert und in Kooperation mit den VHS rial verwendet werden kann. aus dem Wartburgkreis und dem LK Fulda, dem Grenzmuseum Rhön „Point Alpha“ e.V. und Ju- Durch Vernetzung des Projekts mit dem Heimat- gendlichen aus Thüringen und Hessen realisiert. museum Boizenburg konnten wertvolle Anschau- ungsstücke von Grenzbefestigungsanlagen für die DVD+CD können kostenlos bestellt werden bei: Öffentlichkeit erhalten und damit das Spektrum [email protected] von Exkursionen erweitert werden.

Nach einem von der Projektgruppe entwickelten Drehbuch entstand, unter Einbezug privater histori- scher Aufnahmen und eines professionellen Dreh- teams, dieser Film.

Die DVD kann kostenlos bestellt werden bei: [email protected]

4 Zum Geleit

Im Herbst 1989 brachten viele hunderttausend Menschen die SED-Diktatur zu Fall, als sie mit den Rufen „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“ ihren Protest gegen das Regime auf die Straße trugen. Es waren die Friedliche Revolution und die Selbstdemo- kratisierung der DDR, die den Weg frei machten zur nen ist daher die Vermittlung davon, was Diktatur Deutschen Einheit im Jahr 1990. Die jahrzehntelange und Demokratie ausmacht und was sie voneinander Teilung Deutschlands wurde überwunden. Die DDR unterscheidet, von zentraler Bedeutung. Neben dem war nur noch Geschichte. Schulunterricht kommt hierbei der außerschulischen politisch-historischen Bildung eine bedeutende Rolle Der Abstand von mehr als 20 Jahren bringt es mit zu. Sie kann unabhängige, lebensweltbezogene sich, dass junge Menschen heute - im Osten wie im Angebote entwickeln, die abseits der engen Lehrplä- Westen - keine eigenen Erinnerungen an die Zeit ne eine aktive und persönliche Auseinandersetzung haben, als Deutschland und zweigeteilt waren mit der Geschichte befördern. Das historische Lernen und in der DDR ein kommunistisches Regime herrsch- über die DDR in diesem Feld vermittelt den jungen te. Sie sind auf die kompetente Vermittlung dieses Menschen so unverzichtbare Kompetenzen und Wissens angewiesen. In der Schule steht das Thema bietet ihnen Orientierung in ihrer gegenwärtigen in Konkurrenz zu den dicht gedrängten Lehrplanvor- Lebenswelt. gaben der anderen Fächer. Selbst im Geschichtsunter- richt sind in der Regel nur wenige Schulstunden da- Außerordentlich gerne hat die Bundesstiftung zur für vorgesehen; oft findet die historische Ausbildung Aufarbeitung der SED-Diktatur deshalb die Realisie- ihren chronologischen Abschluss sogar jäh mit dem rung der Veranstaltungsreihe „20 Jahre Friedliche Ende des Zweiten Weltkrieges und des Nationalsozia- Revolution“ des Deutschen Volkshochschul-Verban- lismus. Ausgerechnet die jüngste Vergangenheit, also des gefördert. Die insgesamt acht am Gesamtprojekt die historische Entwicklung im Nachkriegsdeutsch- teilnehmenden Volkshochschulen konnten mittels land, bleibt so ein blinder Fleck im Geschichtswissen innovativer Konzepte und kommunaler Ansätze der jungen Menschen. In den vergangenen Jahren die Geschichte der DDR und die Überwindung der haben mehrere Umfragen unter Schülerinnen und deutschen Teilung für eine Vielzahl von Jugendlichen Schülern sowie wissenschaftliche Studien dieses aus Ost und West aus dem Dunkel der Vergangenheit Defizit belegt: Immer weniger Mädchen und Jungen holen. In der Mehrheit der Veranstaltungen konnten verfügen über grundlegende Kenntnisse zur DDR dabei insbesondere bildungsbenachteiligte Jugend- und deutschen Teilung, immer weniger kennen die liche, auch mit Migrationshintergrund, erreicht wer- handelnden Personen, Ereignisse, Zusammenhänge den; eine Gruppe, die bei der Entwicklung von An- und Hintergründe der Jahre von 1945 bis 1990. geboten zur Geschichte der DDR und der deutschen Teilung bislang noch zu oft vernachlässigt wird. Wir Die Folgen wiegen schwer, denn wo fundiertes danken allen Beteiligten für ihre engagierte Ar- Geschichtswissen fehlt, ist der Verklärung der Ver- beit und hoffen, dass das Vorhaben vielen anderen gangenheit Tür und Tor geöffnet. Zugleich wissen Trägern der politisch-historischen Bildungsarbeit als immer weniger junge Menschen die grundlegenden Anregung dienen möge. Unterschiede zwischen unserer heutigen Demo- kratie und der Diktatur in der untergegangenen DDR zu benennen. Dies korreliert mit Umfragen, die seit Jahren eine abnehmende Tendenz bei der Zustimmung zur Frage, ob die Demokratie die beste Gesellschaftsform sei, konstatieren. Die Gefahr für Dr. Robert Grünbaum die Zukunft unseres Gemeinwesens liegt auf der stv. Geschäftsführer der Bundesstiftung zur Hand. Im Hinblick auf die nachfolgenden Generatio- Aufarbeitung der SED-Diktatur

5 EINLEITUNG

„Die Vergangenheit muss reden und wir müssen kenwind und Aufmerksamkeit verschaffen. Und sie zuhören. Vorher finden wir und sie keine Ruhe.“ Un- bieten eine Gelegenheit, den Blick auf die Vergan- ter dieses Motto Erich Kästners stellte der Deutsche genheit mit den Fragen der Gegenwart sowie den Volkshochschul-Verband (DVV) seine zentrale Fortbil- Herausforderungen der Zukunft zu verbinden – und dungsveranstaltung im November 2008, die mit Blick dies zugleich in einer multiplen, für die verschie- auf das Jubiläumsjahr 2009 Projekte der politischen denen Inhalte und Erwartungen offenen Form zu Jugendbildung, also Kursangebote, Veranstaltungs- praktizieren. reihen, Kooperationen oder öffentlichkeitswirksame Aktionen, plante und vorbereitete. Das Jubiläums- Dies gilt für die politische Bildung allgemein, aber jahr war ja in der Bundesrepublik Deutschland und umso mehr für die Jugend- und Erwachsenenbil- darüber hinaus im europäischen wie internationalen dung, also die breit gestreute, plural verfasste und Kontext ein herausgehobenes Datum der Gedenkta- vielseitig orientierte Szene der außerschulischen Bil- ge und -veranstaltungen: 90 Jahre Weimarer Ver- dung in Deutschland, die Teilnehmerinnen und Teil- fassung, 60 Jahre Grundgesetz, 20 Jahre Friedliche nehmer für ihre Angebote werben und ihr Interesse Revolution in Deutschland und Europa standen zur wecken muss. Die hier tätigen Einrichtungen und Feier an. Daneben ging es – ebenfalls ein herausra- die sie tragenden Institutionen und Organisationen, gendes „geschichtspolitisches“ Ereignis, das interna- die so genannten Träger der Bildungsarbeit, müssen tionale Aufmerksamkeit fand – um den Beginn des eben anders als die allgemein- oder fortbildenden Zweiten Weltkriegs, der sich zum 70. Mal jährte und Abteilungen des Bildungswesen von der Tatsache dessen politische Würdigung, gerade auch durch die ausgehen, dass Adressaten und Interessenten ‚mit deutsche Politik, noch einmal nachdrücklich an die den Füßen abstimmen’ und dass der Bildungsprozess Vorgeschichte der Teilung der Welt erinnerte, näm- selber auf die selbsttätige Mitwirkung aller Beteilig- lich an die Entstehungsbedingungen der tödlichen ten angewiesen ist. weltpolitischen Konfrontation, die ein halbes Jahr- hundert lang währte und die sich glücklicher Weise Da die rund 1.000 im DVV zusammengeschlossenen in den Jahren 1989/90 zum Besseren ‚wendete’. Volkshochschulen mit ihren mehr als 3.000 VHS- Außenstellen einen der größten Bildungsanbieter Nun ist der Brauch, zu runden Jahreszahlen mar- Deutschlands darstellen, der im gesamten Bundesge- kante Stationen der Zeitgeschichte für kurze Zeit biet präsent ist (zu den institutionellen Zusammen- in den Blick zu nehmen und dazu eine öffentliche hängen siehe den Anhang, Kapitel III.1), war es für Erinnerungs- bzw. Trauerarbeit zu inszenieren, nicht den Verband selbstverständlich, dass er die Chance unbedingt die intelligenteste Form, sich der Vergan- wahrnahm, historisch-politische Bildung in breitem genheit zu vergewissern und sie, im Sinne Kästners, Umfang zu leisten, sie konzeptionell voran zu brin- zum Reden zu bringen. Doch der offizielle politische gen und in der Öffentlichkeit wirksam zu positionie- Focus auf historische Ereignisse, das breite mediale ren, und dass er gemeinsam mit seinem Mitgliedern und zivilgesellschaftliche Interesse bieten eine gute ein entsprechendes Engagement entwickelte. Dabei Gelegenheit, um der politischen Bildungsarbeit Rüc- waren zwei Punkte von besonderer Bedeutung:

6 • Erstens ist mit dem inzwischen erreichten Thematisierung von Systemgegensatz und System- Abstand zu dem Prozess, der die deutsche vergleich im BRD-DDR-Verhältnis entwickelt, zahl- Einheit herbeiführte, eine Bilanz des Erreich- reiche politikdidaktische Überlegungen haben sich ten und auch Nicht-Erreichten möglich – und um angemessene Formen des Herangehens und der zudem dringend nötig, wie zahlreiche Exper- Problematisierung bemüht, entsprechende Materi- tisen gezeigt haben (vgl. die Veröffentlichun- alien wurden in großem Umfang bereitgestellt. gen von Klaus Schroeder). • Zweitens stellt die politische Jugendbildung in All diese Maßnahmen konnten sich aber darauf den Volkshochschulen einen wichtigen Ansatz verlassen, dass für jeden Teilnehmer und für jede dar, um die Demokratiekompetenz der jungen Teilnehmerin das Faktum einer gespaltenen Welt Generation zu stärken, was sich auch darin und der tödlichen Bedrohung von West- und ausdrückt, dass sich der DVV seit einigen Jah- Ostblock unmittelbar einsichtig zu machen war. ren verstärkt um Qualifizierung und Ausbau Selbst unpolitische oder „politikferne“ Jugendliche der Jugendbildungsarbeit bemüht (vgl. die – und seit den 1970er Jahren gab es ja einflussrei- DVV-Publikation „Partizipation – Respekt – che jugendkulturelle Trends eines „Rückzugs ins Demokratie – Integration“, Bonn 2006). Private“ oder einer „No-Future-Stimmung“ – ka- men aus vielfältigen persönlichen Gründen wie Deutsche Einheit Sportereignisse, verwandtschaftliche Beziehungen, Musik, Reise und Tourismus, Wehrpflicht etc. nicht Das 20. Jahr der Friedlichen Revolution in Deutsch- umhin, die militärisch befestigte deutsch-deutsche land stellt, gerade mit Blick auf Jugendliche und Grenze samt ihrer weltpolitischen Konfliktlage junge Erwachsene, ein markantes Datum dar. Jetzt zur Kenntnis zu nehmen. Politische Bildungs- und gibt es erstmals eine junge Generation, die volljäh- Begegnungsveranstaltungen, speziell die Möglich- rig sowie wahlberechtigt ist und die die Tatsache keiten für Schülerinnen und Schüler, in die DDR zu einer geteilten Welt und eines geteilten Deutsch- reisen, machten seit den 80er Jahren zunehmend land nicht mehr aus eigener Anschauung kennt, Jugendliche aus Deutschland-Ost und Deutschland- sondern auf die Vermittlung von Erfahrungen und West miteinander bekannt. Auch wenn es dabei zu Dokumenten angewiesen ist. Zwar war auch zu Zei- diversen Fremdheitserfahrungen kam, wie sie der ten des Ost-West-Gegensatzes für viele Jugendliche FAZ-Journalist Andreas Platthaus letzt in seinem der weltpolitische Konflikt in seinen politischen, viel beachteten Roman „Freispiel“ (2009) über gesellschaftlichen oder militärischen Dimensionen einen herausragenden Fall von Schüleraustausch nicht unmittelbar nachvollziehbar, vielmehr musste beschrieben hat, konnte sich politische Bildung er durch pädagogische Anstrengungen in den Mit- doch darauf verlassen, dass ihr Ansatzpunkt in der telpunkt der Aufmerksamkeit gerückt und der Re- Lebenswirklichkeit der Adressaten verankert war. flexion zugänglich gemacht werden. Die politische Jugend- und Erwachsenenbildung in Westdeutsch- land hat hier ja eine wechselreiche Geschichte der

7 Dies hat sich heute grundlegend geändert. Das deutsch-deutsche Verhältnis ist eine Vergangenheit neben anderen, zudem eine fern gerückte und, wie neuere Studien belegen, nur vage und bruch- stückhaft präsente Zeit. Professor Klaus Schroeder, Leiter der Arbeitsstelle Politik und Technik an der FU Berlin sowie des dort angesiedelten Forschungs- verbundes SED-Staat, hat hierzu in den letzten Jahren eine Reihe von Erhebungen durchgeführt – veröffentlicht etwa in der Studie „Soziales Paradies oder -Staat? Das DDR-Bild von Schülern, ein Ost-West-Vergleich“ (2008) – und eklatante Wissen- slücken sowie Fehlinformationen aufgedeckt. Schroeder beklagte, gestützt auf seine Befragung bei der nachgeborenen Generation, neben dem breiten Unwissen den deutlichen, im Osten beson- ders ausgeprägten Trend zur „ostalgischen“ Verklä- rung des SED-Regimes. Für die politische Bildung förderte seine Erhebung aber auch einen wichtigen positiven Befund zutage: „Ein geradezu sensatio- nelles und in der Eindeutigkeit von uns nicht erwar- tetes Ergebnis brachte der Vergleich von Kenntnis- stand und Bewertung der DDR: Je mehr die Schüler über den SED-Staat wussten, desto kritischer beur- teilten sie ihn.“ (M. Deutz-Schroeder/K. Schroeder, Oh wie schön ist die DDR, 2009, 30)

Das politisch-historische Unwissen der jungen Generation und die daraus folgenden krassen Fehldeutungen sind in den letzten Jahren – etwa im Rahmen verschiedener Schulstudien und -er- hebungen – immer wieder beklagt worden. Das Jubiläumsjahr 2009 wollte hier einen gezielten Kontrapunkt setzen, wobei den Veranstaltern und Initiatoren natürlich klar war, dass breite und kon- tinuierliche Bildungsanstrengungen nötig sind, um Jugendlichen eine Orientierung in nationalen, eu- ropäischen und internationalen Politikzusammen- hängen zu ermöglichen. Doch bot der Rückblick auf den Herbst 1989 und seine Vorgeschichte die Ge- legenheit, ein spezifisches Defizit des öffentlichen Bewusstseins in Deutschland aufzugreifen. Denn, schreibt Klaus Schroeder in einem kleinen Rückblick auf das Gedenkjahr („Demokratieverdruss“, FAZ, 6.1.10), „in das kollektive Gedächtnis“ sei kaum „die historische Leistung eingegangen, die SED-Diktatur friedlich gestürzt zu haben. Dieser Prozess wird offenbar nicht als Beginn der Demokratie in der DDR gewertet, sondern nur als Übertragung des westdeutschen Modells.“

8 Politische Bildung Als konkrete Empfehlung hält der Antrag u.a. die Für die politische Bildung ist die Auseinander- Notwendigkeit fest, „neue Methoden bei der Ver- setzung mit dem zeitgeschichtlichen Kontext aus mittlung von Zeitgeschichte zu entwickeln. Dabei grundsätzlichen Erwägungen eine unerlässliche sollen sowohl die Kenntnis als auch das Verständ- Voraussetzung, um ihrem Teilnehmerkreis einen nis der eigenen jüngeren deutschen Geschichte Zugang zur Politik, ein eigenverantwortliches und die Auseinandersetzung mit der NS-Terror- politisches Urteil und die Bereitschaft zur Aktivbür- herrschaft und der SED-Diktatur ein zentraler gerschaft zu eröffnen. Es gibt in dieser Sache auch Bestandteil politischer Bildung sein. Hier sollten einen großen bildungspolitischen Konsens, der von fachwissenschaftlich anerkannte Kenntnisse und den Parteien des Deutschen Bundestages getragen Informationen unter Berücksichtigung der neueren wird. Das dokumentierte etwa der von CDU/CSU Methodenvielfalt vermittelt werden. Die schuli- und SPD im Sommer 2008 eingebrachte Antrag sche politische Bildung und die außerschulische „Zur Lage der politischen Bildung in Deutschland“, Jugend- und Erwachsenenbildung müssen diese der die Bundesregierung aufforderte, „an der Herausforderungen für ihre Curricula und eine Aufgabe der politischen Bildung festzuhalten und methodisch und didaktisch adäquate zeitgeschicht- sie weiter zu entwickeln“. Bei den Oppositionspar- liche Vermittlung begreifen. Es ist daher zwingend teien, speziell bei grünen und linken Abgeordne- erforderlich, ein zwischen Bund und Ländern unter ten, zeigte sich in der parlamentarischen Beratung Einbeziehung der bestehenden Träger politischer hinsichtlich des generellen Anliegens viel Überein- Bildung abgestimmtes Gesamtkonzept der politi- stimmung. Und auch in der Fachöffentlichkeit der schen Bildung zur Vermittlung von Zeitgeschichte politischen Bildung wurde der Antrag der damali- zu erarbeiten.“ gen Regierungsfraktionen mit Zustimmung aufge- nommen und als Bestätigung bisheriger Arbeitsan- Aus dem CDU/CSU/SPD-Antrag „Zur Lage der sätze genommen. politischen Bildung in Deutschland“, Bundestags- Drucksache 16/9766, vom Sommer 2008.

„Ziel der politischen Bildung muss sein, die aktive Wahrnehmung der bürgerlichen Rechte in unserem Gerade in der politischen Jugend- und Erwachse- demokratischen Rechtsstaat zu fördern. Die Infor- nenbildung hat das deutsch-deutsche Thema vor mation über Entscheidungs- und Verantwortungs- und nach 89 eine große Rolle gespielt. In einer 2006 strukturen auf den verschiedenen Ebenen, auf erschienenen, groß angelegten Untersuchung des denen demokratische Willensbildung stattfindet, Angebots der politischen Erwachsenenbildung zum sowie über Mitwirkungs- und Teilhabechancen, die Thema DDR-Geschichte (Behrens/Ciupke/Reichling, jedem Bürger mit gleicher Stimme zustehen, ist Die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte in die Voraussetzung dafür, dass die Akzeptanz der der politischen Erwachsenenbildung, Essen 2006) Demokratie steigt, das zunehmende Gefühl eige- wurde grundsätzlich festgehalten, dass nach 1990 ner Machtlosigkeit überwunden und eine höhere eine quantitativ und qualitativ durchaus beachtli- Beteiligung an Wahlen und politischer Willensbil- che Bildungspraxis in Gang gekommen ist. Diesem dung möglich wird. Um die Identifizierung mit der positiven Gesamtbild fügten die Autoren aber parlamentarischen Demokratie und die Akzeptanz einschränkende Bemerkungen hinzu, nämlich im der freiheitlich demokratischen Grundordnung Blick darauf, dass seit dem Jahr 2000 die Zahl der zu stärken, fordern wir die Bundesregierung auf, Veranstaltungen kontinuierlich zurückgeht und sich verstärkte Aktivitäten auf dem Feld der politischen eine inhaltliche und methodische Engführung, eine Bildung zu entfalten. Politische Bildung kann wach- Art „Häppchen-Pädagogik“ zu DDR-Highlights, sende Kenntnisse und eine handlungsorientiert bemerkbar macht. Das „Jahr 2009 als Jubiläumsjahr aktivierende Wirkung entfalten – wie wissenschaft- der Friedlichen Revolution“ bot dann jedoch wie liche Untersuchungen der letzten Jahre immer wie- Paul Ciupke im Themenheft „Zeitgeschichte“ von der gezeigt haben – und damit einen wesentlichen Praxis Politische Bildung (4/09, 264ff) schrieb, „eine Beitrag gegen den allgemeinen Politikverdruss und Ausnahme, denn wir haben es mit einer geschichts- die Neigung zu autoritären Lösungen leisten.“ politisch motivierten und fast überwältigenden Flut an Projekten und Bildungsangeboten zu tun.“

9 Dieses breite Bildungsangebot konnte, wie in der Begegnungsstätte zur Aufarbeitung der SED- Auswertung der meisten Träger resümiert wurde, Diktatur sowie der Schaffung eines koordinie- mit Erfolg platziert und realisiert werden. Dabei renden Zeitzeugenbüros unter Beteiligung der kamen auch die Erfordernisse, die im professionel- durch den Bund getragenen oder finanzierten len Diskurs eine zentrale Rolle spielten, zum Zuge, Institutionen, so die Entnationalisierung bzw. Europäisierung • die Fortführung der vom Bund geförderten und die interdisziplinär angelegte Vervielfälti- Programme gegen Rechtsextremismus als‚ gung der Perspektiven. Durch eine solche multi- Extremismusbekämpfungsprogramme’ unter perspektivische Anlage der Bildungsarbeit kann Berücksichtigung der Bekämpfung linksextre- ein umfassenderes und komplexeres Verständnis mistischer und islamistischer Bestrebungen erreicht werden – eine Herangehensweise, die für sowie die Erstellung eines Jahresberichts der eine anspruchsvolle politische Bildung verpflich- Bundesregierung zur Aufarbeitung der SED- tend ist. „Eine ‚DDR-Formel’, die alles Wesentliche Diktatur. der DDR-Geschichte zu komprimieren vermag, wird sich wohl nicht finden lassen,“ betonte etwa Wir werden eine Expertenkommission einsetzen, Paul Ciupke (ebda.) und fuhr fort: „Dem Plädoy- die die Entwicklung der Aufgaben, die der Bundes- er für die mannigfachen inhaltlichen Zugänge beauftragten für die Unterlagen des Staatssicher- müsste entsprechend eines für mehr Kreativität heitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) gesetzlich und Fantasie im Lernarrangement folgen: z.B. für zugewiesen sind, analysiert und Vorschläge macht, das Aufsuchen verschiedenster Lernorte, die als ob und in welcher Form diese mittel- und langfri- Zeugen für das Geschehen dienen können; für die stig zu erfüllen sind. Die Aufarbeitung des NS- lebensgeschichtliche Kommunikation über Erfah- Terrors und der SED-Diktatur wird wie im Gedenk- rungen, Deutungen und Tradierungen; für den stättenkonzept des Bundes vorgesehen fortgesetzt klugen Einsatz von Medien und Dokumentationen, und verstärkt.“ von denen es inzwischen eine unglaubliche Zahl gibt, und schließlich für ein aktiv forschendes und Aus dem Koalitionsvertrag „Wachstum – Bildung projektförmiges Lernen, das am besten mehrtägig – Zusammenhalt“ von CDU, CSU und FDP vom 24. in Bildungsstätten realisiert werden kann. Jeden- Oktober 2009. falls hat die außerschulische politische Bildung die Chance, kreativer, mit einem anderen Zeitrhythmus als die Schule und vor allem auf der Basis freiwil- Mit diesen didaktischen Positionen sind auch zen- liger Teilnahme eine nachhaltige Auseinanderset- trale Zielsetzungen angesprochen, von denen sich zung mit der DDR- und Kommunismusgeschichte die politische Jugendbildung der Volkshochschulen anzustoßen.“ im Jubiläumsjahr 2009 leiten ließ und die sie in ein konkretes Arbeitsprogramm umsetzte. Wie diese Ansprüche eingelöst wurden, welche Chancen und „Auch zwanzig Jahre nach der friedlichen Revoluti- Schwierigkeiten sich in dem Arbeitsfeld ergaben on in der ehemaligen DDR und dem Fall von Mauer und welche Schlussfolgerungen für die weitere und Stacheldraht ist die Aufarbeitung der SED-Dik- Arbeit daraus gezogen wurden, möchte der DVV tatur eine gesellschaftspolitische Herausforderung mit der vorliegenden Publikation dokumentieren. von weiterhin großer Bedeutung. Um der Verklä- Damit beteiligt sich der DVV zugleich an einer rung der SED-Diktatur entgegenzuwirken, wird die Leistungsbilanz der außerschulischen politischen Bundesregierung ihre Maßnahmen zur geschicht- Bildung, für die ja im Jahr 2009 der historisch- lichen Aufarbeitung verstärken. Die Bundesregie- politische Rückblick – dank der Unterstützung von rung wird im Laufe des Jahres 2010 dazu konkrete Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP), Bun- Vorschläge unterbreiten. Dazu sollen zählen: desstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und • die Einrichtung eines Arbeitsschwerpunkts‚ anderer Einrichtungen – insgesamt einen Schwer- Aufarbeitung der SED-Diktatur’ bei der Bun- punkt bildete. deszentrale für politische Bildung, • die Prüfung der Errichtung einer Jugend- und

10 Mit ihren Positionsbestimmungen fügen sich die zen und Wertorientierungen sie dafür benötigen. Volkshochschulen auch in das grundsätzliche Wichtig sind hier die Fähigkeit zur Reflexion der Verständnis politischer Bildung ein, von dem sich eigenen Positionen und Interessen, die Information die großen, bundesweit tätigen Bildungsträger in über politische, ökonomische, kulturelle und nicht Deutschland leiten lassen. Als Ausgangspunkt gilt: zuletzt geschichtliche Zusammenhänge sowie das „Eine demokratische politische Kultur ist angewie- Wissen über Prozeduren und Strukturen politischer sen auf die Bereitschaft möglichst vieler, sich an der Willensbildungs- und Partizipationsmöglichkeiten. Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme in einer Weise zu beteiligen, dass gesellschaftliche Verant- Die Voraussetzungen für das Gelingen einer demo- wortung übernommen und dabei der Horizont der kratischen Kultur erfordern ständige Lernprozesse eigenen Interessen überschritten wird.“ Dies hat des Einzelnen, die, so der Konsens der verschiede- der Bundesausschuss Politische Bildung (bap), in nen Bildungsorganisationen, bei Jugendlichen und dem die Bildungsträger und Zusammenschlüsse, Erwachsenen wesentlich durch die außerschulische u.a. die Volkshochschulen, auf nationaler Ebene politische Bildung initiiert und begleitet werden kooperieren, in seiner Grundsatzerklärung aus dem müssen: „Vor diesem Hintergrund ist politische Bil- Jahr 1997 formuliert (abgedruckt in: Praxis Politi- dung ein konstitutives Element unserer demokrati- sche Bildung, 2/98), und diese Notwendigkeit einer schen politischen Kultur. Die Förderung der politi- aktivierenden Breitenarbeit ist von den Experten schen Bildung und ihrer Weiterentwicklung ist eine aus Bildungspolitik und Wissenschaft in den letzten elementare öffentliche Aufgabe. Politische Bildung Jahren immer wieder bestätigt worden. ist ein unverzichtbarer eigenständiger Bildungsbe- reich in einem Gesamtsystem der Weiterbildung.“ Die Bereitschaft aktiver Bürgerinnen und Bürger (Grundsatzerklärung des bap) Politische Bildung – das wird dabei ebenfalls betont – kann nicht zielt auf die Vermittlung von Demokratiekompe- verordnet werden, sondern nur das Ergebnis eines tenz in einem umfassenden Sinne und geht dabei breit angelegten Prozesses sein, in dem sich die über staatspolitische Unterweisung oder über den Einzelnen über die gesellschaftliche Vielfalt der – im Stundenplan nicht gerade üppig vertretenen – Werte, Einstellungen, Meinungen und Sachverhal- Politikunterricht hinaus. te gleichberechtigt austauschen. Der Prozess setzt nach Auffassung des Bundesausschusses vielgestal- tige Foren des gesellschaftlichen Dialogs voraus – kleinere und größere, spontane und organisierte, offene und strukturierte –, wobei sein Gelingen daran gebunden ist, dass die Beteiligten wissen, in welchen Sach-, Interessen- und Entstehungszu- sammenhängen sie agieren und welche Kompeten-

11 Politische Bildung soll jungen Menschen Kenntnisse bemühungen, mit beruflicher Weiterbildung oder über Gesellschaft und Staat, europäische und in- Interessenvertretung und zunehmend auch in Koope- ternationale Politik einschließlich der politisch und ration mit der schulischen Bildung. Wie zuletzt die sozial bedeutsamen Entwicklungen in Kultur, Wirt- große Evaluation der politischen Bildung (2002-2004) schaft, Technik und Wissenschaft vermitteln. Sie erbracht hat, ist mittlerweile im außerschulischen soll die Urteilsbildung über gesellschaftliche und Bereich mit seinen zahlreichen gesellschaftlichen politische Vorgänge und Konflikte ermöglichen, Organisationen und Initiativen – vom großen, mitglie- zur Wahrnehmung eigener Rechte und Interessen derstarken Bildungswerk bis zum örtlichen Ein-Mann- ebenso wie der Pflichten und Verantwortlichkeiten Betrieb – eine breite Infrastruktur mit einem pluralen gegenüber Mitmenschen, Gesellschaft und Umwelt und vielschichtigen Angebot entstanden. befähigen sowie zur Mitwirkung an der Gestaltung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschafts- Diese Entwicklung, so das Ergebnis der Evaluation, ist und Staatsordnung anregen. als eindeutiges Plus des deutschen ‚Bildungsstandorts’ zu werten. Bei den hauptamtlichen pädagogischen Richtlinien Kinder- und Jugendplan des Bundes Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der politi- (KJP) vom 28.8.2009 (GMBl 38/09), Nr. II/1: Politi- schen Jugend- und Erwachsenenbildung hat sich ein sche Bildung professionelles Profil herausgebildet, das über die unterrichtende Tätigkeit weit hinausgeht und Pla- nung, Konzeptbildung, Bildungsberatung, Marketing, Außerhalb der Schule existiert eine breit gefächer- Vernetzung etc. einbezieht. Eine besondere Stärke te Bildungslandschaft, in der vielfältige Aktivitäten des außerschulischen Bildungssektors besteht zudem betrieben werden: In Volkshochschule oder Stadttei- darin, dass er sich konsequent um Innovationen be- linitiative, in Jugendverband oder Bildungsstätte, in müht und dass er als Experimentierort für das gesam- Freizeiteinrichtung oder Zivildienstschule, in Ge- te Bildungssystem fungiert. So konnte auch im Jahr werkschaft oder Pfarrgemeinde, in parteilichen oder 2009 flexibel und mit einem vielfältigen Angebot, das verbandlichen Gremien, in ‚klassischen’ Seminarver- die örtlichen und regionalen Besonderheiten berück- anstaltungen oder in offener Gruppenarbeit kommt sichtigte, das bundespolitisch wichtige Thema eines ein breites thematisches und methodisches Spektrum zeitgeschichtlichen Rückblicks aufgegriffen werden. zum Einsatz - oft in Verbindung mit anderen Bildungs-

12 Der Beitrag der Volkshochschulen lungslinien, wobei entscheidende Impulse aus Bei den verschiedenen Bildungsaktivitäten geht es der Aufklärungsepoche und der Etablierung der immer darum, die sozialen, reflexiven und kom- bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Sozial- und munikativen Fähigkeiten der Teilnehmerinnen und Bildungsbewegungen kamen. Das heutige Ver- Teilnehmer zu stärken, die für politische Orientie- ständnis von Jugend- und Erwachsenenbildung als rung, Willensbildung und gemeinsames Handeln eine Aufgabe, die für den Prozess des lebenslangen unerlässlich sind. Hierbei stehen nicht staatliche Lernens von Relevanz ist, sowie die weltweiten ge- Vorgaben im Vordergrund, sondern die verschiede- sellschaftlichen Herausforderungen zeigen, welche nen zivilgesellschaftlichen Strömungen, die in der Bedeutung den Volkshochschulen in den nächsten politischen Kultur und der demokratischen Mei- Jahren zukommen wird. Dies erfordert auch das nungsbildung eine Rolle spielen. Politische Bildung konzeptionelle und organisatorische Zusammenwir- will die Beteiligungschancen offen und den Dialog ken der Bildungseinrichtungen. Der 1953 gegrün- wach halten – für alle Bevölkerungsgruppen, auch dete Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) setzt für diejenigen, die als „politikfern“ oder „bildungs- sich als Bundesverband der 16 VHS-Landesverbände fern“ gelten. Die Arbeit der kommunal verankerten und als Interessenvertretung der rund 1.000 Volkshochschulen bietet hier besondere Chancen, Volkshochschulen im Bundesgebiet dafür ein, dass denn sie sind in der Fläche präsent und gehören in diesen Erfordernissen Rechnung getragen wird. Deutschland zu den bekanntesten Einrichtungen der außerschulischen Bildung; sie stellen mit über 9 Der DVV macht sich für die Querschnittaufgabe Millionen Belegungen (2008) den größten Anbieter Gender Mainstreaming stark, setzt einen Schwer- von Weiterbildung. punkt bei der Arbeit mit jungen Migrantinnen und Migranten, fördert die Partizipation von Jugend- Gemeinhin werden die Volkshochschulen mit der lichen – und verstärkt damit insgesamt das Enga- Aufgabe der Fort- und Weiterbildung für Erwach- gement für die politische Bildung. Diese belegt ja sene identifiziert. Sie sind aber genau so in der au- beim Weiterbildungsangebot und bei der Wei- ßerschulischen Jugendbildung und der politischen terbildungsteilnahme in Deutschland traditionell Bildung engagiert. In den vergangenen Jahren die hinteren Plätze. Und ihr Stellenwert ist in der wurden gerade mit steigender Tendenz Angebote konkreten Bildungspraxis eher gefährdet, da sie aus dem Programmbereich „Politik – Gesellschaft durch den bildungspolitischen Mainstream, der auf – Umwelt“ wahrgenommen, dieser Bereich macht Qualifizierung und Beschäftigungsfähigkeit setzt, (Stand 2007) einen Anteil von 11 % an den Ge- an den Rand gedrängt wird. Der Volkshochschul- samtbelegungen aus. Dabei steigt auch der Anteil Verband versucht daher – neben seinen Aktivitäten jüngerer Teilnehmer. Mittlerweile nehmen jährlich in Sachen Bildungs- und Förderungspolitik –, durch mehr als eine Million junge Menschen an VHS-Kur- inhaltliche und administrative Unterstützung zur sen teil. Bei der Zielgruppe Jugend ist ferner zu be- Qualifizierung und zum Ausbau dieses Arbeits- rücksichtigen, dass es Überschneidungen zwischen feldes beizutragen. Dies findet seinen Ausdruck Erwachsenen- und Jugendbildung gibt, vor allem auch darin, dass in der Geschäftsstelle des DVV die da letztere, soweit sie aus dem Kinder- und Jugend- Zentralstelle für die politische Jugendbildung im plan des Bundes gefördert wird, das Jugendalter in Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bundes einem weiteren Sinne (bis 27 Jahre) definiert und angesiedelt ist (siehe auch die Informationen im neben Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch Anhang). Multiplikatoren einbezieht. Die Zunahme des jün- geren Teilnehmerkreises führt außerdem dazu, dass Der KJP ist das wichtigste Förderinstrument für die Zahl der Volkshochschulen steigt, die ein geson- die außerschulische (politische) Jugendbildung auf dertes Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche Bundesebene. Dem liegt der fachpolitische Konsens als „junge VHS“ eingerichtet haben. zu Grunde, dass eine rein staatliche Jugendarbeit/- bildung im bestehenden System der Kinder- und Die Volkshochschulen, die sich heute als moder- Jugendhilfe der Bundesrepublik nicht gewollt ist. ne Kompetenzzentren verstehen, können auf Für die praktische Planung und Umsetzung von eine lange Bildungsgeschichte zurückblicken. Ihre überregionalen Projekten außerhalb der Bun- Entstehung verdanken sie verschiedenen Entwick- desverwaltung müssen vielmehr bundeszentrale

13 „Träger“ der Kinder- und Jugendhilfe vorhanden sein, also Organisationen und Initiativen, die den gesellschaftlichen Pluralismus abbilden und mit Leben erfüllen. Da diese auf unterschiedlichen Traditionen und Wertorientierungen basierenden Institutionen die überregionalen Aufgaben der Kin- der- und Jugendhilfe wahrnehmen, hat der Bund grundsätzlich ein Interesse an der Existenz solcher Träger in der Vielfalt der Kinder- und Jugendhilfe.

Das Leitmotiv des deutschen Kinder- und Jugend- hilferechts, die partnerschaftliche Zusammenarbeit, gilt demzufolge als Maßstab für die Ausgestaltung von Bundeszentralität und die Weiterentwicklung des KJP. Im Gesamtsystem der Kinder- und Jugend- hilfe in Deutschland stellen die bundeszentralen Träger gewissermaßen das Rückgrat der konkreten Jugendbildungsarbeit dar. Dabei ist die Zentralstel- le des DVV für die Initiierung, inhaltliche Planung, Koordinierung und Verwaltung der an den Volks- hochschulen stattfindenden Veranstaltungen zuständig. Sie gestaltet diese Aufgabe im Blick auf eine verstärkte Kommunikation und Vernetzung mit den Volkshochschulen sowie durch eine inhaltli- che Schwerpunktsetzung in der Bildungspraxis. Mit dieser Aufgabenstellung trägt der DVV auch der Tatsache Rechnung, dass die beiden Bereiche der Jugend- und Erwachsenenbildung in vielerlei Hin- sicht – von den Zielgruppen über Themen, Metho- den und Formate bis zu den didaktischen Prinzipien der Freiwilligkeit, Teilnehmerorientierung oder Partizipation – Überschneidungen aufweisen.

Konkret wurden im Jahr 2009 in den Volkshoch- schulen insgesamt 200 Maßnahmen und Kurse durch das KJP-Programm „Politische Bildung“ ge- fördert. Teilgenommen haben an diesen Aktivitä- ten 5.791 Jugendliche, davon waren 3.059 Mädchen bzw. junge Frauen und 2.732 Jungen bzw. junge Männer. Für diese Angebote wurden rund 260.000 Euro an Fördermitteln eingesetzt. Ein großer Teil der Volkshochschulen engagiert sich zudem außer- halb der finanziellen Förderung durch den KJP mit einer Vielzahl von Bildungsmaßnahmen im Bereich der politischen Jugendbildung. Im vorliegenden Fall der Angebote zum Thema Deutsche Einheit hat besonders die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur die Bildungsarbeit unterstützt.

Der Hauptteil der hier vorgelegten Broschüre bietet einen Einblick in die konkrete Praxis der politischen

14 Jugendbildung an deutschen Volkshochschulen am satorischen und praktischen Fragen der politischen Beispiel des Jahres 2009, fokussiert auf Veranstal- (Jugend-)Bildung. Verzeichnet sind in der Regel tungen zum Themenbereich „20 Jahre Friedliche Titel, die die Bildungspraxis im Umkreis der Volks- Revolution und Deutsche Einheit“. 16 Projekte aus hochschulen betreffen und die die Entwicklung Volkshochschulen in Ost und West, die wichtige der letzten Jahre dokumentieren. Aufgeführt sind politische und pädagogische Herausforderungen auch verschiedene Aufsätze zur politischen Erwach- im Rahmen der Themenstellung repräsentieren, senen-/Weiterbildung, die didaktische Fragen der werden mit Praxisberichten und -reflexionen vorge- außerschulischen Bildungsarbeit oder Angebote stellt. Dadurch wird auch ein Beitrag zur fachlichen für junge Erwachsene betreffen. Zur Erschließung Debatte der politischen Bildung geleistet. Die Texte weiterer Materialien – gerade auch der ‚grauen gehen dem Stellenwert des DDR-Themas in der Literatur’ aus dem Bereich der Verbände und Or- Bildungspraxis nach und dokumentieren an einem ganisation – sei auf die Websites der aufgeführten Ausschnitt, wie sich die konkrete Umsetzung dieser Institutionen verwiesen. Bildungsaufgabe im außerschulischen Bereich voll- zieht. So tragen sie zur Klärung didaktischer Fragen und zur Praxisforschung bei, auf die in letzter Zeit besonderer Nachdruck gelegt wird.

Die 16 Kapitel – alphabetisch nach der Reihenfolge der Orte angeordnet – verstehen sich als exempla- rische Darstellungen, sie wollen kein vollständiges Bild der im VHS-Bereich geleisteten politischen Ju- gendbildung zu diesem Thema zeichnen. Teilweise hatten die vorgestellten Projekte einen Vorlauf vor dem Jahr 2009, in einem Fall („An der Schnittstelle der weltpolitischen Blöcke“) fanden die Veranstal- tungen vor 2009 statt. Insgesamt gilt festzuhalten, dass aus den Aktivitäten zahlreiche Anregungen für die weitere Arbeit hervorgegangen sind. Die koordinierte und konzentrierte Befassung mit dem zeitgeschichtlichen Thema hat so der didaktisch- methodischen Weiterentwicklung von Arbeitsan- sätzen wichtige Anstöße gegeben.

In die Präsentation der Praxisbeispiele sind die Erfahrungen verschiedener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Volkshochschulen im ganzen Bun- desgebiet eingeflossen. Die Texte wurden von einer Redaktionsgruppe im Auftrag des DVV erstellt; die wichtigsten Personen und Institutionen, auf die sich die Darstellung stützt, sind jeweils in den Ka- piteln genannt. Sonstige Adressen und Kontakthin- weise finden sich im Anhang. Dieser informiert zunächst über die herausgebende Einrichtung, den Deutschen Volkshochschul-Verband, und dann über weitere institutionelle Zusammenhänge, die für die außerschulische politische Bildung von Bedeutung sind.

Der Anhang bringt abschließend eine Literatur- und Materialauswahl zu konzeptionellen, organi-

15 PRAXISBEISPIELE

16 17 City-VHS Berlin-Mitte

Grenzfall – was haben wir Stadtteil. Entsprechend dem Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund an damit zu tun? der Gesamtschülerzahl der allgemeinbildenden Schulen im Wedding – laut Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Migrantenkinder auf Spurensuche Berlin rund 40 % – waren es überwiegend junge Menschen mit familiärer oder auch persönlicher Migrationserfahrung, die alle nach der Vereinigung Themen: Berlin und das Alltagsleben vor und nach der beiden deutschen Staaten geboren wurden. dem Fall der Mauer Eine Generation, die über keine eigene biographi- Methoden: Zeitzeugeninterviews, Einrichtung einer sche Erfahrung des gesellschaftlichen Umbruchs im Online-Lernplattform, Erstellung eines Wikis zum Herbst 1989 verfügt und meist mehr schlecht als Thema, Exkursionen recht über die Vorgänge und deren gesellschaft- liche Tragweite informiert ist. Gleichwohl eine Generation, die aufgrund ihrer Herkunft und so- Die City-VHS Berlin-Mitte thematisierte vom 11. zialen Stellung mehr als andere vor allem von den September bis zum 5. Dezember 2009 auf insge- wirtschaftlichen Folgen des Vereinigungsprozesses samt 15 zusammenhängenden Veranstaltungster- beider deutscher Staaten betroffen ist. minen Friedliche Revolution und Wende, festge- macht an den Berliner Ereignissen der historischen Herbst 89 und die Folgen für Migration Zäsur 1989/90. Im Fokus des Bildungsangebotes und Migranten standen Recherche, Diskussion und Dokumentation der Erfahrungen, die Menschen mit Migrationshin- Viele ausländische Arbeitnehmer, als so genannte tergrund infolge der „Wende“ und der Wiederver- Gastarbeiter in besonders arbeitsintensiven Berei- einigung machten. Lokaler Schwerpunkt für das chen der Industrie eingesetzt, verloren im Laufe außerschulische Bildungsprojekt „Spurensuche“ der 80er Jahre aufgrund der technischen Weiter- war das zum Bezirk Berlin-Mitte gehörende ehe- entwicklung in den Fabriken und der zunehmen- malige Arbeiterviertel Wedding - neben Neukölln den Verlagerung von Unternehmen ihren Arbeits- und Friedrichshain-Kreuzberg der Stadtteil der platz. Sie übten zuvor meist einfache, einseitige, Hauptstadt, der die höchste Quote an Menschen körperlich belastende Tätigkeiten aus, vor allem mit Migrationshintergrund aufweist und dessen in der Schwer- und Automobilindustrie, im Bauge- Sozialstruktur durch einen hohen Anteil „sozial werbe und bei der Stadt- und Gebäudereinigung. schwacher“ und „bildungsferner“ Milieus geprägt Der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt wurde ist. durch die Abwicklung der DDR-Wirtschaft mittels der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom Adressaten des historisch-politischen Bildungsan- 1. Juli 1990 verstärkt. Die in der Wirtschaftsunion gebots waren Schülerinnen und Schüler aus dem festgeschriebenen Bestimmungen veränderten die

18 ökonomischen Verhältnisse auf dem Gebiet der aber weder hüben noch drüben integriert wurden, DDR nachhaltig, die Zentralverwaltungswirtschaft erfuhren eine soziale Deklassierung. Sie verloren wurde durch die soziale Markwirtschaft ersetzt, vielerorts mit ihrem Arbeitsplatz ihre mühsam das bundesdeutsche Wirtschafts- und Arbeitsrecht erreichte (und doch meist prekäre) soziale Stellung erhielt gesamtdeutsche Geltung. und wurden weiter ins gesellschaftliche Abseits gedrängt. Eine Tendenz, die durch den Niedergang Die Folgen für die DDR-Wirtschaft und ihre Be- der UdSSR noch verstärkt wurde. Der Zerfall der schäftigten waren gravierend: Die Einrichtung Sowjetunion bewirkte wie der Niedergang aller eines gesamtdeutschen Marktes führte dazu, großen Imperien eine Zunahme der Migrationsbe- dass sich die ostdeutsche Wirtschaft nun in einer wegungen, insbesondere der Ost-West-Migration, Wettbewerbssituation mit der weit überlegenen was wiederum zeitweise die Zuwanderung nach bundesdeutschen Wirtschaft befand, der sie nicht Europa und Deutschland erhöhte. In Deutschland gewachsen war. Güter aus ostdeutscher Produktion waren dies vor allem Flüchtlinge aus dem ehemali- fanden keine Abnehmer, ganze Industriezweige gen Jugoslawien, Familiennachzug von Angehöri- wurden brachgelegt, die Wirtschaftsleistung auf gen der „Gastarbeiter“, Russlanddeutsche, Asylbe- dem Gebiet der ehemaligen DDR schrumpfte um werber aus Staaten des ehemaligen Ostblocks und mehr als die Hälfte, die Arbeitslosigkeit wuchs der so genannten Dritten Welt. enorm. Dies stellte eine Entwicklung der gesamt- wirtschaftlichen Situation dar, von der die Zuge- Die damit an die deutsche und europäische Politik wanderten aufgrund ihrer geringen Qualifikation, gestellte Herausforderung der Integration führte ihrer sprachlichen oder kulturellen Barrieren beson- bei Teilen der deutschen Bevölkerung und der Po- ders hart betroffen waren. Ausländische Arbeit- litik zu einer Ethnisierung der Folgeprobleme von nehmer in Westdeutschland, Menschen aus der Migration. Ausländerfeindliche, rassistische und Türkei, Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, ethnozentristische Positionen im politischen Diskurs Marokko und Tunesien, sowie „Vertragsarbeiter“ in erhielten Zulauf, wobei die Bundespolitik dieser Ostdeutschland, Zuwanderer oder Flüchtlinge aus Stimmung teilweise Recht gab, indem die Integra- Vietnam, Kuba, Mozambique, Angola und Polen, tionserfordernisse vor allem als „Asylantenpro- wurden aus dem untersten Segment des Arbeits- blem“ thematisiert wurden. Traurige Höhepunkte markts hinausgedrängt. Vielerorts besetzten waren die Brandanschläge von Solingen, Rostock Bürger der ehemaligen DDR die schlecht bezahlten und Mölln auf der einen Seite und die De-facto- und arbeitsintensiven Arbeitsplätze und stellten Abschaffung des Grundrechts auf Asyl durch den fortan eine Konkurrenz in diesem Teilbereich des „Asylkompromiss“ vom 6. Dezember 1992 auf der Arbeitsmarktes dar. anderen Seite.

Erschwerend kam hinzu, dass Großstädte wie Berlin Grenzfall: Bildungsarbeit im Spannungsfeld neben den industriellen Ballungsräumen (Beispiel: von Migration und Integration Ruhrgebiet) schon immer Zentren der Zuwan- derung waren. Dort kulminierten die negativen Das Vorhaben, mit dem Projekt „Spurensuche“ gesellschaftlichen Folgen der wirtschaftlichen gezielt ein historisch-politisches Bildungsangebot Lage: Menschen mit Migrationshintergrund, die für junge Menschen mit Migrationshintergrund als „Gast-“ oder „Vertragsarbeiter“ gebraucht, zu platzieren, war nicht nur der Tatsache geschul- det, dass diese einen hohen Anteil besonders der jungen Generation im „Kiez“ stellen, sondern auch der besonderen gesellschaftlichen Stellung, die diese Gruppe aus dem Blickwinkel der politischen Bildung besitzt. Menschen mit Migrationshinter- grund sind in den Prozess der politischen Willens- bildung kaum integriert; ihnen wird formal-recht- lich der Zugang zu Mitwirkung und Partizipation erschwert; das Staatsangehörigkeitsrecht und der Aufenthaltsstatus entscheiden über die eingeräum-

19 Spurensuche: Das biographische Erleben ten politischen Teilhaberechte; sprachliche und der friedlichen Revolution 1989 soziokulturelle Barrieren – z.B. mangelndes Wissen über die Rechte und Möglichkeiten der Partizipati- Die erste Phase des Projekts „Grenzfall“ bestand on, fehlende Schlüsselqualifikationen im Umgang in der Dokumentation der biographischen Erleb- mit Medien und anderen Instrumenten der gesell- nisse, die Eltern und Großeltern der jugendlichen schaftlichen Teilhabe – verhindern eine gleichbe- Teilnehmer 1989/1990 machten. In Interviews und rechtigte Teilnahme am politischen Diskurs. Gesprächen befragten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der VHS-Veranstaltungen selbständig Will politische Bildung ihrem öffentlichen Auftrag ihre Angehörigen und dokumentierten dies mit- gerecht werden, die Entwicklung und Festigung tels Handy oder MP3-Player. Die so gewonnenen demokratischer Einstellungen und Verhaltens- audiovisuellen Daten über das persönliche Erleben weisen in der Bevölkerung fördern, muss sie auf der Friedlichen Revolution wurden zur weiteren Gruppen und Schichten Rücksicht nehmen, für die Verwendung auf einen Server der VHS überspielt der Zugang zu und die Teilhabe am politischen und dienten dort als Grundlage für die Erstellung Willensbildungsprozess erschwert ist. Damit fällt eines „eKurses“ zum Thema. natürlich ein erhöhter Förderungsbedarf bei der Zielgruppe an - eine Situation, aus der sich für die Die Wortschöpfung „eKurs“ bezeichnet Kurse, bei City-VHS Berlin-Mitte ein klares Anforderungsprofil denen elektronische oder digitale Medien für die ergab: Der Themenkomplex „Friedliche Revolution Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und Wiedervereinigung“ musste auf eine Art und zum Einsatz kommen. Die Kurse sind ein Teilbereich Weise erschlossen werden, die Bezugspunkte zur des so genannten E-Learnings, des elektronisch urban, kulturell und religiös höchst ausdifferenzier- unterstützten Lernens, und ermöglichen es, Kurse ten Lebenswelt der Jugendlichen im Bezirk herstell- etwa der VHS von jedem Ort und zu jeder Zeit te. Die Thematisierung der Vorgänge vom Herbst online abzurufen. Ein wichtiges Anwendungsbei- 1989 unter den Aspekten Lebensgeschichte und spiel von E-Learning ist die Lernplattform moodle. Alltag bot diesen Zugang: Mit dem Veranstaltungs- Sie bietet ein Kursmanagementsystem auf Open- angebot „Grenzfall – was haben wir damit zu tun?“ Source-Basis, das besonders von Schulen genutzt stellte die City-VHS Berlin einen Bezugspunkt zur wird, um virtuelle Lehrgänge und Workshops individuellen Lebenswirklichkeit der 16- bis 18-Jäh- durchzuführen (der moodle-Lernraum für Berlin ist rigen her: über die Erforschung und Dokumenta- über www.lernraum-berlin.de/moodle/ zu errei- tion biographischer Erfahrungen der friedlichen chen). Dabei führten die teilnehmenden Jugend- Revolution durch Eltern und Großeltern. lichen unter Anleitung alle Arbeitsschritte, vom Rohschnitt bis zur Gestaltung des eKurses, selbst Dabei motivierte die Schnittstelle zwischen allge- durch und befassten sich so nicht nur inhaltlich mit mein-gesellschaftlichen Vorgängen und Auswir- dem Thema, sondern lernten wichtige Techniken kungen auf die eigene Biographie – in diesem Fall der digitalen Informationsbearbeitung kennen. die Folgen der Vorgänge der Friedlichen Revolution Die Ergebnisse der biographischen Recherchearbeit auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des wurden dann als eKurs auf der moodle-Plattform, Lebens der Eltern- und Großelterngeneration – die des Kooperationspartners Heinrich-von-Stephan- teilnehmenden Jugendlichen, die Ereignisse vom Gemeinschaftsschule und der Lernplattform der Herbst 89 als historisch-politisch und persönlich Berliner City-VHS veröffentlicht. relevante Momente zu begreifen. Die so hergestell- te Nähe zum Thema 20 Jahre Wiedervereinigung Die zweite Phase der Veranstaltungsreihe umfasste motivierte die oft als politikfern beschriebene die Präsentation und Diskussion der gesammelten Zielgruppe, sich der politisch-gesellschaftlichen Eindrücke und Erfahrungen. Die Ergebnisse der Vorgänge anzunehmen und sie als bedeutsame eigenständigen Recherchearbeit wurden zusam- Faktoren der eigenen Lebensbedingungen zu re- mengefasst und der Arbeitsgruppe zur Diskussion flektieren. vorgestellt. Die Ergebnisse der Diskussion wurden dann gemeinsam in ein Intranet-Wiki übertragen; die notwendigen Kenntnisse zur Pflege und Nut- zung eines solchen Wikis konnten dabei „on the

20 job“ erworben werden. Neben der gemeinsamen Christine Bartels Befassung mit dem Thema deutsche Einheit und City-VHS Berlin-Mitte Migration und der produktorientierten Aufarbei- Linienstraße 162 tung in Form eines eKurses in digitaler Lernum- 10115 Berlin gebung umfasste die Veranstaltungsreihe auch Tel.: 030/901837413 Exkursionen zu historisch bedeutsamen Orten in Fax: 030/901837488 Berlin. Die Teilnehmergruppe besuchte u.a. den E-Mail: [email protected]“, ein beliebtes Naherholungsgebiet, Website: www.city-vhs.de an dem früher die Grenze zwischen West- und Ost- Berlin verlief, und den wohl bekanntesten Berliner Das Projekt wurde aus Mitteln der Stiftung Aufar- Grenzübergang . beitung gefördert.

Dokumentation: Medienkompetenz und Partizipation Die teilnehmenden Jugendlichen konnten durch den Besuch der Bildungsveranstaltung Grundo- rientierungen zu den gesellschaftlich relevanten Vorgängen und Hintergründen der Friedlichen Revolution 1989 erwerben. Die Anlage des Kurses als Biographie-Arbeit zum Thema stellte dabei eine Verbindung zwischen dem zeitgeschichtlichen Ereignis und der heutigen Lebenssituation der Jugendlichen sowie den sich daraus ergebenden Interessenlagen her. Die notwendigen technischen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien konn- ten bei dieser Gelegenheit erarbeitet und vertieft werden. Die teilnehmenden Jugendlichen erhielten außerdem Einblick in die Produktionsbedingun- gen von Medien und lernten durch die Gestaltung eigener Medien den Bezug von Medien zur gesell- schaftlichen Wirklichkeit kennen.

Die Ergebnisse der Beschäftigung mit der Zeitge- schichte liegen in Form von neuen Kursmaterialien als Endprodukt vor. Sie bieten inhaltliche Anregun- gen sowie Informationen und Handreichungen zur Vermittlung von Medienkompetenz in der politi- schen Jugendbildung. So lassen sich die Ergebnisse auch von anderen pädagogischen Mitarbeitern in der außerschulischen Szene nutzen, die sich mit der Frage auseinander setzen, was Teilnehmende dazu befähigen könnte, Medienbotschaften kritisch zu hinterfragen und Medien zur Erweiterung der eige- nen Handlungsfähigkeit zu nutzen.

21 VHS Braunschweig „Erinnerungskultur für junge Erwachsene“

Ost-West-Erfahrungsaustausch

Themen: Alltag der DDR, Reisefreiheit, Situation von Jugendlichen in der DDR Methoden: Podiumsdiskussion, Zeitzeugengesprä- che, Erstellung von Wandzeitungen, Jugendbegeg- nung

Vom Oktober 2008 bis zum November 2009 führte gut besuchte Vortragsveranstaltung mit Prof. Klaus die VHS Braunschweig eine Veranstaltungsreihe Schroeder, Experte in Sachen DDR-Geschichte an „Erinnerungskultur - 20 Jahre Mauerfall“ für junge der Humboldt-Universität in Berlin. Erwachsene durch. Die VHS, die in einem breiten Spektrum von Bildung und Qualifizierung enga- Damit wurde der Hauptteil des Projekts in Gang giert ist, beschreibt ihr Leitbild so: „Wir wollen gesetzt: Zeitzeugen-Interviews und Textsorten- möglichst viele Menschen gleich welcher Herkunft, Produktion von Schülerinnen und Schülern eines sozialen Lage, Weltanschauung und Nationalität kooperierenden Braunschweiger Gymnasiums. erreichen und lebensbegleitendes Lernen für alle Es standen vier Interview-Partner zur Verfü- ermöglichen. Die Belange von Frauen, Kindern und gung, außerdem gab es einen Presseworkshop Männern werden dabei gleichermaßen berück- der Braunschweiger Zeitung. Schwerpunkte der sichtigt. Lernen gelingt und ist erfolgreich, wenn Interviews waren: Reisefreiheit, Alltag der DDR, Erwachsene, Kinder und Jugendliche Freude am die Sicht des Westens und, für Jugendliche nahe Lernen haben, aktiv den Lernprozess mitgestalten, liegend, Schule, Studium, Beruf. Die Teilnehmerin- motiviert sind und bleiben. Dazu gehört auch, das nen und Teilnehmer gingen im Anschluss daran, Lernen zu lernen. Lehrende und Lernende gestal- unterstützt von der Landeszentrale für politische ten in dieser Weise ihre Lernprozesse gemeinsam.“ Bildung in Sachsen-Anhalt, auf eine Exkursion nach Entsprechend dieser Zielsetzung wurde auch das Magdeburg. Besucht wurde hier die Gedenkstätte Projekt „Erinnerungskultur“ angelegt. Moritzplatz, ein ehemaliges Stasi-Gefängnis. Im be- nachbarten Bundesland bot sich dann auch die Ge- Es ging bei den zahlreichen Veranstaltungen dieser legenheit zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch Reihe um außerschulische Bildung mit mehrfachem mit Schülerinnen und Schülern aus Wansleben. Zielgruppenbezug. Das Angebot zielte auf: (1) Schülerinnen und Schüler, und zwar als Teilneh- Zur Abschlussveranstaltung „20 Jahre Mauerfall“ mer wie ernst genommene Kooperationspartner, mit Prof. Richard Schröder trugen die Braunschwei- (2) Lehrerinnen und Lehrer als Lernpartner und ger Jugendlichen vor allem dadurch bei, dass sie zur Identifizierung von Fortbildungs-Aufgaben, Ergebnisse aus ihren Interviews und Begegnun- (3) Eltern als Multiplikatoren für Neukunden- gen präsentierten, und zwar unter dem Motto: Akquise, (4) die Öffentlichkeit als Präsentations- „Wir wollen keine Mauer mehr – auch nicht in den Plattform für das VHS-Profil. Als Auftakt wurde Köpfen.“ Auf einer Wandzeitung hieß es etwa: eine öffentlichkeitswirksame Podiumsdiskussion „Durch Zeitzeugengespräche und Gefängnisbesuch mit Zeitzeugen, Schülervertretern und Kommu- haben wir Einigkeit und Recht und Freiheit in einer nalpolitikern platziert. Zur Vernetzung der ver- besonderen Form schätzen gelernt … aber ist jetzt schiedenen Partner – VHS, Schulleiter, Fachleiter, wirklich alles erreicht?“ Für die jungen Menschen Landesschulbehörde, Landeszentrale für politische waren bei dem Projekt, das zeigte die interne Bildung Sachsen-Anhalt – folgte eine Informati- Auswertung, die Öffnung des Unterrichtsraums zur onsveranstaltung. Dann gab es eine informative, Lebenswirklichkeit und die Verzahnung verschie-

22 dener Fächer und Disziplinen (Geschichte, Deutsch, nenen Erfahrungsaustausch vertiefen und mit Politik, Kommunikationsforschung, Medienpädago- einem außerschulischen Angebot in Form einer AG gik) besonders wichtig. an Braunschweiger Gymnasien Unterrichtsmateri- alien für den Geschichtsunterricht entwickeln. Zum Die VHS konnte insgesamt ein erfolgreiches Pro- andern sollen als Fortsetzung des Erfahrungsaus- gramm bilanzieren, das schon allein in quantitativer tauschs – in Zusammenarbeit mit der Landeszen- Hinsicht beachtlich war: Vortragsveranstaltungen trale für politische Bildung Sachsen-Anhalt – ins- mit insgesamt über 200 Gästen, Podiumsdiskussio- besondere der jungen Generation Einblicke in das nen/Workshops/Exkursionen mit insgesamt über politische System der Bundesrepublik Deutschland 250 Teilnehmenden, Seminarveranstaltungen/Kon- gewährt werden. Titel der Kurses: „Wie funk- ferenzen mit insgesamt rund 100 Multiplikatoren. tioniert Landespolitik in Sachsen-Anhalt und in Und unterstützt durch die Braunschweiger Zeitung Niedersachsen?“ Dabei geht es um einen Politik- und die Magdeburger Volksstimme, die einzelne kurs mit Praxisbezug, geplant ist der gegenseitige Projektphasen begleiteten, gab es eine kontinu- Besuch der Landesparlamente in Magdeburg und ierliche öffentliche Resonanz. Zu den wichtigen Hannover. Davor, danach und dazwischen soll es inhaltlichen Erfolgen gehörten: a) die Schaffung viele Informationen von unterschiedlichen Referen- außerschulischer Lernorte mit fachlich-interdiszipli- ten und Landtagsabgeordneten geben und viele närer Vernetzung, b) die Entwicklung „kommerzi- Gelegenheiten zur Begegnung und zum – hoffent- ellen Potenzials“, d.h. die Erprobung eines Projekt- lich regen – Austausch. modells, das wieder verwendbar und für andere Fächer/Zielgruppen adaptierbar ist, c) die Tatsache, dass ein neues Bild der VHS und ihrer Weiterbil- H.-Peter Lorenzen dungsangebote bei Teilnehmern und Neukunden VHS Braunschweig etabliert wurde. Alte Waage 15 38100 Braunschweig Alles in allem, so fassten die Verantwortlichen das Tel.: 0531/24120 Ergebnis zusammen, ist eine „Reanimation der Fax: 0531/2412221 politischen Bildung“ gelungen. Im Rahmen der E-Mail: [email protected] Veranstaltungsreihe ist nach Einschätzung aller Website: www.vhs-braunschweig.de Beteiligten ein konstruktiver Dialog zwischen jungen Erwachsenen aus Ost und West in Gang Das Projekt wurde aus Mitteln der Agentur für gekommen, der gerade auch zur weiteren Ausein- Erwachsenenbildung und Weiterbildung des Landes andersetzung mit politischen und zeitgeschichtli- Niedersachsen gefördert. chen Fragen motiviert. Die VHS Braunschweig hat daher beschlossen, nach Auslaufen des Projekts dessen Anliegen in weiteren Angeboten des Jahres 2010 aufzugreifen. Zum einen will sie den begon-

23 VHS Castrop-Rauxel Die Folgen für das Erwerbsleben der Menschen und die Sozialstruktur der Stadt sind gravierend und „Die Kinder des Mauerfalls“ werden von der örtlichen VHS natürlich berücksich- tigt. In ihrem Leitbild schreibt sie: „Die Volkshoch- schule sichert mit ihrem Programmangebot einen Bildungsarbeit im ehemaligen Industrierevier öffentlichen Bildungsauftrag zur Erwachsenen- und Weiterbildung. Sie steht sowohl für eine sozialver- pflichtete Bildungsarbeit als auch für eine Orientie- Themen: Geschichte und politisches System von rung am Bildungsmarkt… Als besonderen Zielgrup- DDR und Bundesrepublik pen bietet die Volkshochschule benachteiligten Methoden: Gruppenarbeit, Zeitzeugengespräche, Jugendlichen und arbeitslosen Mitbürgern Hilfen Fahrt zum historischen Ort sowie Museum und Angebote zur beruflichen Qualifizierung an. Die Volkshochschule nimmt ihren Bildungsauftrag auf dem Hintergrund der realen und zukünftigen Die VHS Castrop-Rauxel ist eine kleinstädtische Anforderungen von Arbeitswelt und deren Wech- Volkshochschule, die aufgrund ihrer geographi- selwirkungen zwischen beruflichem und privatem schen Lage im Ballungsraum des Ruhrgebietes Umfeld wahr. Dabei nimmt sie auch die veränder- von den Folgen des industriellen Strukturwandels ten Formen des Zusammenlebens, die durch zuneh- besonders betroffen ist. Das macht sich sowohl mende Alterung, Zuwanderung, Integration, aber wirtschaftlich als auch gesellschaftlich und kulturell auch gesellschaftliche Desintegration entstehen, bemerkbar. Der Wandel von der Montanindustrie ins Blickfeld der Programmentwicklung.“ zur modernen Wissens- und High-Tech-Gesellschaft stellt für die politische Bildung allgemein eine gro- Probleme der Zielgruppenansprache ße Herausforderung dar, verstärkt werden solche Herausforderungen in ehemaligen Industrieschwer- Für das Bildungsangebot zum Themenkomplex 20 punktgebieten wie dem Ruhrgebiet wirksam. Die Jahre Friedliche Revolution und Mauerfall bedeute- Wirtschaftstruktur Castrop-Rauxels wird heute nur te dies, dass die VHS im Arrangement ihres Projek- noch von mittelständischen und kleinen Unterneh- tes einen besonderen Bezug zur gesellschaftlichen men geprägt, von der ehemaligen Großindustrie Lebenswirklichkeit ihrer Adressaten herstellen ist nicht mehr viel übrig geblieben – lediglich ein musste. Zielgruppe der Veranstaltung „Die Kinder Großbetrieb der Chemieindustrie produziert hier des Mauerfalls“, mit der sich die VHS Castrop- noch. Rauxel in der ehemaligen Industriestadt und heutigen „Europastadt im Grünen“ an dem Veran-

24 staltungsschwerpunkt des DVV zum 20. Jahrestag wurde mit der Anschaulichkeit von authentischen des Bürgeraufstands in der DDR beteiligte, waren historischen Orten und Museen kombiniert. In Jugendliche und junge Erwachsene. Das heißt, wie der Bundesstadt Bonn gab es die Gelegenheit, bei vielen anderen Angeboten des Jahresschwer- Geschichte an Originalschauplätzen zu erleben; punkts, eine Generation, die die historischen Ereig- besucht wurde das ehemalige Regierungsviertel nisse nicht selbst miterlebt und oft keinen Bezug mit seinen (restlichen) Ministerien und dem „Alten dazu hat – ganz zu schweigen vom eher dürftigen Wasserwerk“, dem Sitz des Bundestages zum Ende allgemeinen Interesse an deutscher oder europä- des Kalten Krieges und während der Wendeereig- ischer Zeitgeschichte. Diesem Umstand wollte die nisse. Dabei konnten Wissenslücken, den Aufga- veranstaltende VHS dadurch Rechnung tragen, dass benbereich und die Arbeit des Bundestages betref- sie sich an junge Erwachsende wandte, die im Zeit- fend, geschlossen und Kenntnisse über die Zeit des raum von 1987 bis 1990 aus der ehemaligen DDR in Ost-West-Gegensatzes und die Folgen für die zwei den Einzugsbereich Castrop-Rauxels übergesiedelt deutschen Staaten anschaulich bestätigt werden. waren. Man hoffte so bei der jugendlichen Ziel- gruppe einen biographischen Bezug zum Thema Anschließend besuchte die Teilnehmergruppe die des Kurses zu aktivieren, der sich in Interessiertheit Dauerausstellung im Bonner Haus der Geschichte und Aufgeschlossenheit für historisch-politische der Bundesrepublik Deutschland. Diese präsentiert Zusammenhänge niederschlagen sollte. auf mehr als 4.000 qm über 7.000 Ausstellungsstüc- ke aus der deutschen Politik-, Wirtschafts-, Kul- Leider ergaben Recherchen in den Melderegi- tur- und Alltagsgeschichte von 1945 bis heute. Der stern nur drei Personen, die die Auswahlkriterien chronologisch aufgebaute Ausstellungsrundgang erfüllten. Sie zeigten aber kein Interesse an der umfasst sowohl gesamtdeutsche als auch spezielle Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte. Die Inhalte der deutschen Zweistaatlichkeit. Diese wer- VHS stellte sich flexibel auf diese Situation ein, es den in interaktiver und erlebnisorientierter Weise wurden gesellschaftlich benachteiligte Jugendli- präsentiert. Ausstellungsstücke sind Originalgegen- che und junge Erwachsene angesprochen, die im stände und Dokumente der deutschen Geschichte, Studienbereich „Grundbildung/Schulabschlüsse“ Fotos, Ton- und Filmausschnitte, die Geschichte des Bildungszentrums der VHS ihre Fachoberschul- lebendig und erfahrbar machen. Komplexe Zusam- reife erwarben. Mit Erfolg, wie die Veranstalter in menhänge aus Politik und Zeitgeschichte können einem abschließenden Bericht schreiben: „Aus dem so jugendnah vermittelt werden, der Zugang zur Teilnehmerkreis konnte eine am Thema sehr inter- Geschichte wird erleichtert und fördert das Inter- essierte Gruppe gewonnen werden, die persönlich esse der jungen Generation an Politik und Zeitge- bzw. familiär keinerlei Beziehung zu dieser Phase schichte. der deutschen Geschichte besitzt. Für die jungen Leute bedeutete die Geschichte der deutschen Tei- In den drei vorangegangen Tagen des Kurses der lung und deren Überwindung eine historische und VHS Castrop-Rauxel hatten sich die Teilnehmer zu- persönliche Erkundung auf unbekanntem Terrain.“ nächst unter folgenden Leitfragen mit dem Thema befasst: „Auf unbekanntem Terrain“ • Wie kam es zur Teilung Deutschlands und zur Die so gewonnenen Teilnehmerinnen und Teilneh- Gründung zweier deutschen Staaten? mer befassten sich vom 24. bis 27. November 2009 • Wie sah die politische und wirtschaftliche mit der deutschen Zeitgeschichte. Methodisch- Entwicklung in der Bundesrepublik und in der didaktisch wurde der gesellschaftliche Hintergrund DDR aus? der Teilnehmenden dadurch berücksichtigt, dass • Welche Rolle spielte die Stadt Berlin in dieser betont anschauliche und partizipative Herange- Zeit. hensweisen gewählt wurden. Dies wurde auch durch die Exkursion deutlich, die der Teilnehmer- Anhand von historischen Quellen und Texten wur- kreis zum Abschluss der Veranstaltung am 27. den die Fragen diskutiert, wobei auf verschiedene November nach Bonn unternahm: Die Vermittlung Arbeitstechniken zurückgegriffen wurde. Wichtig eher als ‚trocken’ geltender Geschichtsabläufe war nicht nur, dass die Zugänge zum Thema allen

25 Jugendlichen, egal ob Jungen oder Mädchen, Form, dass es sich bei den Novemberereignissen des ob Migrantin oder Einheimischer, eine gleichbe- Jahres 1989 um Vorgänge von weltbewegendem rechtigte Teilnahme am Lernprozess des Kurses Ausmaß handelte. Die auf diese Weise lebensnah ermöglichten, sondern auch, dass die Teilnehmer vermittelte Bedeutung der Friedlichen Revolution das Bildungsprojekt aktiv mitgestalteten und durch und des Mauerfalls motivierte die Jugendlichen eigene Perspektiven bereicherten. dazu, einen Austausch mit Gleichaltrigen zum Jah- restag der Wiedervereinigung anzuregen. Dieses Das so gewonnene Wissen über die allgemeine, Programm ist für den Herbst 2010 mit Jugendlichen politische und wirtschaftliche Entwicklung beider aus Frankfurt/Oder in Brandenburg geplant. deutscher Staaten wurde am zweiten Tag der Ver- anstaltung durch ein Zeitzeugengespräch und die Beschäftigung mit Konsum- und anderen Original- Thomas Jasper gegenständen aus der DDR vertieft. Die jungen VHS Castrop-Rauxel Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten so einen Europaplatz 1 Einblick in die alltägliche Ebene des realen Sozia- 44575 Castrop-Rauxel lismus und konnten sich anhand der persönlichen Tel.: 02305/1062638 Erlebnisse des Zeitzeugen ein plastisches Bild vom Fax: 02305/1062424 Leben und Arbeiten im andern deutschen Staat E-Mail: [email protected] machen. Website: www.vhs-castrop-rauxel.de

Darauf folgte die Auseinandersetzung mit den Die Veranstaltung wurde aus Mitteln der Stiftung Ereignissen, die zur Überwindung der deutschen Aufarbeitung gefördert. Teilung führten. Anhand von Abschnitten des Dokumentarfilms „Schabowskis Zettel“ wurde die Friedliche Revolution in ihrem nationalen und internationalen Kontext diskutiert und bewertet. Der Teilnehmerkreis erfuhr so in anschaulicher

26 VHS LK Fulda und VHS Wartburgkreis An der Schnittstelle der weltpolitischen Blöcke

Volkshochschulen aus Ost und West koope- rieren bei „Grenzspuren“

Themen: Alltagsleben vor 1989, Grenze, Flucht, geschleifte Höfe Methoden: Zeitzeugengespräche, Recherchen, Er- stellung einer DVD und CD-ROM, Theaterstück

Politische Jugendbildung unterscheidet sich in deutlicher Weise von der Praxis des Politikunter- richts, der zudem, wie gerade von engagierten Politiklehrerinnen und –lehrern kritisiert wird, in der Schule immer mehr zu einer Randgröße wird. Außerschulische Bildung ist vom Ausgangspunkt und den Lernbedingungen her in einer anderen Situation als der Unterricht, sie kann viel freier mit Medien und Methoden experimentieren, sie kann auch flexibler mit Lernorten umgehen. Sie hat die Möglichkeit, den Seminarraum zu verlassen und Bildungsprozesse in andere Kontexte zu verlegen. Ein Praxisansatz, der sich im Blick auf die Zeitge- schichte besonders bewährt hat, ist das Lernen am authentischen Ort.

Junge Leute gehen auf Spurensuche, indem sie an die konkreten Hinterlassenschaften einer vergan- genen Zeit anknüpfen. Exkursionen zu den ehe- mals bedeutsamen Schauplätzen und Gebäuden, Besuche in Gedenkstätten, die Besichtigung von Mahnmalen oder landschaftlichen Ensembles, die Begegnung mit Zeitzeuginnen oder Experten in der authentischen Umgebung – all das dient dazu, ohne aufwändige Wissensvermittlung ein Stück weit in die Vergangenheit zu reisen und mit der historischen Reflexion den Horizont für aktuelle Problemlagen zu erweitern. Wer etwa am konkre- ten Fall einen Eindruck davon erhält, was seiner- zeit die Ära des Ost-West-Gegensatzes mit ihrer permanenten Weltkriegsdrohung bedeutete, wird auch besser die modernen Konfliktlinien einordnen können, die sich in der globalisierten Welt aufge- baut haben.

27 Deutsch-deutsche Kooperation

Bei der Auseinandersetzung mit der deutschen Teilung besteht eine besondere Chance darin, dass Bildungseinrichtungen aus den alten und neuen Ländern kooperieren. Eine solche Kooperation besteht seit 2005 zwischen der Volkshochschule des Landkreises Fulda in Hessen und der Volkshochschule Wartburgkreis in Thüringen. Die Volkhochschulen boten in der – auf der Grenze beider Bundesländer gelegenen – Gedenkstätte Point Alpha für Jugendli- che aus beiden Ländern Wochenendseminare an, die sich mit dem „Leben vor 1989 beiderseits der Grenze“ beschäftigten. An dem Modellprojekt beteiligten sich als Kooperationspartner neben Point Alpha das Wig- bertgymnasium Hünfeld (Hessen) und das Johann- Gottfried-Seume-Gymnasium Vacha (Thüringen).

Im Jahr 2006 gab es fünf weitere Wochenendkur- se auf Point Alpha und zahlreiche Projekttreffen. Die gesamte Arbeit wurde mit Unterstützung der Medienstelle Hünfeld dokumentiert. An der Ab- schlussveranstaltung in der Gedenkstätte, auf der die Projektergebnisse und die Projektdokumentati- on, eine DVD und eine CD-ROM „Grenzspuren“, der Der heißeste Punkt im Kalten Krieg interessierten Öffentlichkeit präsentiert wurden, Die Gedenkstätte Point Alpha, ehemals der „heiße- nahmen Vertreter der Landespolitik aus den beiden ste Punkt im Kalten Krieg“, liegt zwischen Rasdorf Bundesländern teil. Staatssekretär Kjell Eberhardt und Geisa in der Rhön, mitten im Biosphären- vom Thüringer Kultusministerium würdigte das reservat Rhön mit seinen Naturschutzgebieten. Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Der historische Ort mit Gebäuden und Anlagen des Projekts für die deutsch-deutsche Geschichte. erinnert an die Teilung Deutschlands und an die Als Anerkennung für ihre Beteiligung besuchten die bedrohlichen Perspektiven des Kalten Krieges, der Jugendlichen Ende des Jahres die Bundeshauptstadt Gesamtkomplex ist ein einmaliges Zeitzeugnis des und nahmen dort an einer Plenarsitzung des Deut- Machtkampfes, der zwischen den beiden verfein- schen Bundestages teil. deten politischen Systemen tobte. Hier standen sich über vier Jahrzehnte die Vorposten von NATO und Höhepunkt der Studienfahrt war der Besuch des Warschauer Pakt gewissermaßen Auge in Auge ge- Grenzmuseums „Checkpoint Charlie“, des Stasi- genüber, stets bereit, den Schritt vom kalten zum Gefängnisses in Hohenschönhausen und der Stasi- heißen Krieg zu tun. Zentrale in der Berliner Normannenstraße. Hier fanden die Jugendlichen zusätzliches Material zu den An diesem Punkt lässt sich auch gut die Geschichte Informationen, die sie im Rahmen ihrer Spurensuche des Grenzregimes studieren. Nachdem Deutschland ausfindig gemacht hatten. Das Modellprojekt stieß gemäß Londoner Protokoll der Siegermächte 1945 auch auf ein Medienecho, so gab es im Hessischen in Besatzungszonen aufgeteilt war, übernahm in Rundfunk einen ausführlichen Bericht über die Arbeit der sowjetischen Zone zunächst die Sowjetarmee der Jugendlichen. Das große Interesse war wichtig den Grenzdienst. 1946 wurde eine Grenzpolizei für die Fortsetzung des Projekts. Die abschließenden aufgestellt. Nach der Grenzverordnung von 1952 Veranstaltungen fanden dann im Jahr 2008 statt. Es wurden die Grenzsicherungsanlagen entlang der wurden weitere Zeitzeugen-Interviews durchgeführt, Westgrenze der DDR schrittweise zu einem tief wobei das Thema „Zwangsumsiedlungen“ im grenz- gestaffelten, nahezu unüberwindlichen System nahen Gebiet der DDR einen Schwerpunkt bildete. von Sperr- und Sicherheitsanlagen ausgebaut. 1955 übernahm die Deutsche Grenzpolizei die alleinige

28 Grenzüberwachung. Sie wurde 1961 der NVA und gen innerdeutschen Grenze. Öffentlichkeitswirksa- 1974 unter dem Namen „Grenztruppen der DDR“ mes Ergebnis war 2006 die Herausgabe der DVD/CD dem Ministerium für Nationale Verteidigung un- „Grenzspuren“. terstellt. Noch 1990 erfolgte eine Umorganisation der Grenztruppen, die nach der Wiedervereinigung In den Seminaren wurden verschiedene Aspekte dann aufgelöst wurden. der Grenzfrage aufgegriffen, z.B.: • Ursachen der Teilung Deutschlands - Ent- Auf westlicher Seite in der US-Besatzungszone wicklung in den beiden Teilen - Wiederver- geschah die Grenzüberwachung durch wechselnde einigung - Situation heute, mehr als 15 Jahre US-Einheiten. In Hessen begann die dortige Grenz- danach. polizei ab 1946 mit der Überwachung, bevor sie • „Spurensuche“ - Informationen aus Archiven 1950 in den bundeseinheitlichen Zollgrenzdienst und Presse - als Grundlage für eine Befragung überführt wurde. 1951 wurde der Bundesgrenz- von Betroffenen und Zeitzeugen zu bestimm- schutz als Polizei des Bundes gegründet und nahm ten Ereignissen, z.B. zur Schleifung von Höfen, als drittes westliches Grenzorgan den Grenzdienst zu Umsiedlungen (Aktion „Ungeziefer“) und auf. Point Alpha, bis 1989 einer der markantesten Flucht. Beobachtungsstützpunkte der US-Streitkräfte in • Befragung von Privatpersonen, von ehemali- Europa, lag im Zentrum der NATO-Vornevertei- gen Angehörigen des Bundesgrenzschutzes, digungslinie Fulda-Gap (Fulda-Senke), in der im des Zolls, der Grenztruppe etc., Befragung of- Ernstfall ein Angriff der Truppen des Warschauer fizieller Vertreter der Kirchen in Ost und West. Paktes befürchtet wurde. Hier waren US-Panzer- • Besuch und Dokumentation markanter Orte, aufklärungskräfte stationiert und wurden auch Punkte, Plätze etc. taktische Nuklearwaffen an der Grenze disloziert. • Theaterprojekt (szenische Darstellung von Das US-Militär richtete Beobachtungsstationen ent- Situationen oder Ereignissen). lang der Grenze ein, 1965 wurde ihm das Gelände • Erstellung einer Dokumentation (als Grundla- um Point Alpha zur Verfügung gestellt, auf dem ge für Maßnahmen im Bereich der politischen dann nach und nach feste Gebäude entstanden. Jugendbildung). 1968 wurde der Holzturm gebaut, von dem aus man Geisa einsehen konnte, 1985 der heute noch Dabei wurde auch mit weiteren Einrichtungen vorhandene Betonturm. 1991 räumte die US Army kooperiert, z.B. mit der Berliner Behörde der Bun- den „BOP Alpha“, der 1995 unter Denkmalschutz desbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicher- gestellt wurde. Der im selben Jahr gegründete Ver- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokrati- ein Grenzmuseum Rhön Point Alpha e.V. begann schen Republik (BStU), wenn es um die Aufarbeitung mit dem Aufbau der heutigen Mahn-, Gedenk- und der damaligen staatsschützerischen Aktivitäten ging, Begegnungsstätte. oder mit lokalen Stellen. Ziel der Veranstaltungen war es, möglichst viele Lebensbereiche einzubezie- Leben beiderseits der Grenze hen, so dass ein plastisches Bild der Alltagssituation im geteilten Deutschland entstand. Es wurden u.a. Das VHS-Modellprojekt wendete sich an junge Horte, Kindergärten, Schulen, Arbeitgeber, Vereine, Menschen der umliegenden Region und griff Behörden, Medien, Kirchengemeinden angefragt. Diskussionszusammenhänge auf, die an den Oder es wurden sachkundige Gesprächspartnerinnen kooperierenden Schulen bestanden. Im Vorfeld und -partner eingeladen. In Point Alpha waren bei der Seminare wurden an den Schulen außerschuli- früheren Veranstaltungen auch schon prominente sche Arbeitsgemeinschaften gebildet, die anhand Politiker, etwa der ehemalige deutsche Außenmi- unterschiedlicher Aufgabenstellungen das Thema nister Hans-Dietrich Genscher oder der ehemalige eigenständig bearbeiteten. Die Veranstaltungen ungarische Ministerpräsident Gyula Horn, zu Gast. waren projekt- und produktorientiert. Das heißt, Teilnehmerinnen und Teilnehmer erstellten wäh- Die Seminare waren in mehrfacher Hinsicht medien- rend des Seminars, aber auch in gemeinsamer Vor- orientiert. Sie nutzten – neben dem anschaulichen und Nachbereitung Dokumentationen über das Beispiel der Gedenk- und Begegnungsstätte, die Leben der Bürger vor 1989 beiderseits der damali- auch für die Unterbringung der Teilnehmenden

29 zur Verfügung stand – unterschiedliche Medien. So Michael Friedrich wurden, unterstützt vom Medienzentrum Hünfeld, Volkshochschule des Landkreises Fulda diverse mediale Formate zur zeitgeschichtlichen Gallasiniring 30 Vergegenwärtigung eingesetzt. Zudem wurde das 36043 Fulda Projekt von Anfang an medientechnisch mit Video-, Tel.: 0661/2519950 Foto- oder Tonaufnahmen begleitet; dazu gehörte Fax: 0661/2519930 auch ein Theaterprojekt. Während des gesamten E-Mail: [email protected] Projekts fand eine Dokumentation im Internet statt Website: www.vhs-fulda.de – durch Point Alpha, durch die beteiligten Volkshoch- schulen und Schulen sowie durch den Deutschen Hartmut Kliem Volkshochschul-Verband. Volkshochschule Wartburgkreis Karl-Liebknecht-Str. 23 So wurden einerseits für die Jugendlichen die Ergeb- 36433 Bad Salzungen nisse ihrer Arbeit in einem abschließenden Produkt Tel.: 03695/553711 greifbar; der Lernprozess endete statt mit einer Fax: 03695/553720 Benotung mit einem selbst verantworteten Resul- E-Mail: [email protected] tat, das auch an Freunde oder Eltern weitergegeben Website: www.vhs-wartburgkreis.de werden konnte. Andererseits ging es darum, die Ergebnisse medial aufzubereiten und so als Praxishilfe Das Modellprojekt wurde aus Mitteln des KJP ge- anderen interessierten Einrichtungen zur Verfügung fördert. zu stellen. So diente das Projekt auch der Qualifizie- rung historisch-politischer Jugendbildung. Zudem Projektfilm und Dokumentation unter: entstand dabei die Idee für ein weiteres Bildungsvor- www.politischejugendbildung.de haben, nämlich das Programm „Jugendgästeführer“, das Jugendliche zu Expertinnen und Experten ihrer Region im Umgang mit Fremden oder Zugewanderten machen will. Dieser Ansatz wird an anderen Volks- hochschulen weiter verfolgt (vgl. DVV, Partizipation, Respekt, Demokratie, Integration – Politische Jugend- bildung in Volkshochschulen, 2006).

Die Volkshochschule des Landkreises Fulda ist eine öffentliche Bildungseinrichtung, die als erste hessische Weiterbildungsinstitution im Jahr 2003 nach dem Qua- litätssiegel LQW testiert wurde. Sie ist eine Einrich- tung des Landkreises Fulda und untersteht dem Kreis- ausschuss. Die Volkshochschule Wartburgkreis in Bad Salzungen ist das kommunale Erwachsenenbildungs- zentrum des Landkreises. Sie wird nach dem Thüringer Erwachsenenbildungsgesetz gefördert und ist eine gemeinnützige, nicht rechtsfähige Einrichtung des öffentlichen Rechts. Neben der Geschäftsstelle in Bad Salzungen unterhält sie flächendeckend Außenstellen im Kreis. Zum Projekt „Leben vor 1989 beiderseits der deutschen Grenze“ gibt es eine eigene Homepage: www.grenzspuren.de. Die Gedenkstätte Point Alpha/ Grenzmuseum Rhön hat folgende Adresse:

Hummelsberg 1, 36169 Rasdorf, Tel. 06651/919030, E- Mail: [email protected], Netz: www.pointalpha. com.

30 Hamburger VHS

„Deutsche mit Wettbewerbscharakter zur deutsch-deutschen Geschichte. Kinder und Jugendliche der Hansestadt Passagengeschichten“ waren aufgerufen, sich mit der Geschichte und den biografischen Erfahrung derjenigen Bürger Schüler befassen sich mit Erfahrungen von Hamburgs zu befassen, deren Passage als Flüchtling oder Auswanderer aus der DDR in der norddeut- Auswanderung und Flucht schen Hafenstadt endete. Das durch Zeitzeugen vermittelte Wissen sollte reflektiert und in krea- tiven, interkulturellen Prozessen umgesetzt und Themen: Flucht- und Ausreise aus der DDR, Fluch- interpretiert werden. Die Produkte dieser intellek- terfahrungen bei Aus- und Einwanderung tuellen wie empathischen Auseinandersetzung mit Methoden: Medial aufbereitete Zeitzeugengesprä- den geschilderten Zeitzeugenerlebnissen sollten che, Wettbewerb wiederum bei der Jury der jungen VHS eingereicht werden. Die besten Werke der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten honoriert und auf der fei- „Deutsche Passagengeschichten“ lautete der Titel erlichen Preisverleihung der Öffentlichkeit präsen- des Projekts, mit dem sich die junge VHS Hamburg tiert werden. an dem Programm des DVV zum 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution beteiligte. Das Angebot der Die Wahl des Schwerpunktes „Flucht- und Ausrei- VHS in der Elbmetropole war – wie viele andere seerfahrung“ sollte dabei nicht nur ein niedrig- Aktivitäten aus dem VHS-Bereich – keine Bil- schwelliges, weil thematisch mit der Heimat der dungsveranstaltung zu Politik und Gesellschaft im Adressaten des Projekts verbundenes historisch- klassischen Sinne, sondern ein Forschungsprojekt politisches Bildungsangebot sein, sondern auch die

31 Erfahrungen und Bedeutungen einer nicht unwe- sentlichen Akteursgruppe des Themenspektrums DDR würdigen: die große Gruppe der Ausreisenden und ihre teils einschneidenden Erfahrungen bei der Ausreise und die wichtige Rolle bei dem Nieder- gang der DDR, die in der schulischen und außer- schulischen Bildung oft nur am Rande behandelt werden.

Die Idee zu dem Projekt entstand schon Ende 2008. Ausgangspunkt war die Frage, wie Jugendliche und junge Erwachsene motiviert werden können, sich mit der jüngeren deutschen Geschichte, insbeson- dere der Zeit der deutschen Zweistaatlichkeit, zu befassen. Das unter Schülerinnen und Schülern in Deutschland weit verbreitete Desinteresse am Themenspektrum DDR-Diktatur, deutsche Teilung, Flucht und Friedliche Revolution war den Veran- staltern als Problem bewusst, man stellte sich auf also der besonderen Beachtung dieser Lebens- gravierende Wissenslücken der jungen Generation wirklichkeit. Im Fokus des von der jungen VHS ein. Als örtliche Besonderheit kam hinzu, dass die ausgeschriebenen Wettbewerbs stand deshalb die Hamburger VHS mit ihrer großstädtischen Klien- persönliche und menschliche Ebene des Themen- tel auch viele Menschen erreichen will, bei denen spektrums. Durch die geschichtswissenschaftliche aufgrund ihres Migrationshintergrundes oder ihrer Methode der Oral History erfuhren die teilnehmen- sozial schwachen Stellung erhöhter Förderungsbe- den Jugendlichen wichtige Aspekte des Themenbe- darf besteht. reichs und die Relevanz für die heutige Gesellschaft sowie die jugendlich-urbane Lebenswelt. Zeitzeu- Das Projekt war daher nicht nur ein Bildungsan- gengespräche vermittelten den individuellen Alltag gebot für den engen Kreis politisch interessierter von Repression, Flucht und Vertreibung in der DDR, junger Menschen, sondern gleichzeitig ein Ver- beschrieben die Rolle der Bürgerrechtsbewegung such der politischen Bildung, den allgemeinen, im und der Friedlichen Revolution im gesellschaftli- geographischen Raum der Großstadt fokussierten chen Umbruch der Wende am persönlichen Beispiel gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu und eröffneten so den jugendlichen Zuhörern werden. Es wurde in Rechnung gestellt, dass die ju- einen lebendigen Zugang zum Thema deutsche gendliche Zielgruppe des Bildungswettbewerbs von Teilung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem dynamischen Prozess der Stadtentwicklung sollten sich durch die menschliche Schilderung der geprägt ist: Großstädte sind Zentren der Transfor- Geschichte nicht nur Wissen über die betreffende mation zur Informations-, Wissens- und Dienstlei- Zeit und ihre Bedeutung aneignen, sondern sich stungsgesellschaft; sie sind Motor gesellschaftli- in die Lage des Erzählenden versetzen und so die cher Innovation. Metropolen sind Archetypen der Besonderheit der damaligen historischen Situati- posttraditionalen Gesellschaft, Sammelpunkte der on nachempfinden. Die so erzeugte Betroffenheit Migration. Beständiges Wachsen durch Zuwande- war wichtiges didaktisches Ziel des historisch- rung führt zur Beschleunigung der sozialen und politischen Bildungsprojekts: Über die persönlich kulturellen Fragmentierung, sozial schwache und verbürgten Erfahrungen der Zeitzeugen sollte den bildungsferne Schichten prägen ganze Bezirke der Jugendlichen ein Gefühl für die Tragweite und Be- Stadt. deutung des gesellschaftlichen Klimas in der DDR und in den Umbruchzeiten vermittelt werden. Jugend wird „Zeitzeuge“ Die Auseinandersetzung mit den Zeitzeugenberich- Eine die Jugendlichen ansprechende Art der Aus- ten verdeutlichte dabei zugleich die Begrenztheit einandersetzung mit dem Phänomen DDR bedurfte der gewöhnlichen, vornehmlich auf nüchternen

32 Daten und Fakten basierenden Geschichtsauffas- Ankunft in Hamburg fanden in Form von Zeitzeu- sung, machte aber auch die historiographischen gen-Interviews Eingang in das für den Wettbewerb Probleme von Subjektivität und Authentizität der zur Verfügung gestellte Material. Dabei ging es Perspektive allgemein erfahrbar. Die Geschichten einerseits darum, dass sich die Jugendlichen durch und Erlebnisse der Flüchtlinge und Auswanderer das analoge Erleben von Migrationsprozessen mit aus der DDR boten gleichsam eine aktuelle und den Problemen der historischen Gegebenheiten der globale Perspektive auf politische wie ökonomische DDR identifizieren und sie als geschichtliche, aber Umbrüche – ein Denkanstoß, der vergleichende gleichwohl gesellschaftlich-politische relevante und Überlegungen zur gesellschaftlichen Ursache und aktuelle Ereignisse betrachten. Wirkung von Migration nahe legte. Andererseits sollte die Gegenüberstellung ähn- Das Bewusstsein der Vergleichbarkeit damaliger licher Erfahrungen von Aus- und Einwanderung und heutiger Erfahrung von Flucht und Auswan- angesichts politischer und ökonomischer Umbrüche derung, das Entdecken analoger sozioökonomi- besonders die Schüler mit Migrationshintergrund scher Triebfedern von Aus- und Einwanderung befähigen, in den Schilderungen der Fluchterfah- gestern und heute, sollte die politische Dimension rung aus dem realen Sozialismus eigene biogra- des Weltverstehens der Teilnehmer eröffnen oder phisch bedingte Erlebnisse zu entdecken, sich mit schärfen und gleichzeitig Fragen nach der eigenen den Folgeproblemen zu identifizieren und wich- Zukunftsplanung anregen. Durch das Hineinverset- tige Teilbereiche der eigenen Geschichte in den zen in die geschilderten zeitgeschichtlichen Cha- Schilderungen der DDR-Ausreisenden zu verorten. raktere, durch das Nachempfinden ihrer Gefühle Dies war ein wichtiger Anstoß zur Integration und angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit von zudem eine Integrationsbemühung, die nicht nur Fluchtgründen und Ausreiseerfahrungen wurden die gesellschaftliche und politische Integration die Hamburger Jugendlichen angeregt, sich selbst von Zuwanderern im Blick hatte, sondern auch die zu befragen: Wie hätte ich mich verhalten? Was Sensibilisierung der deutschen Jugendlichen für Mi- hätten für mich persönlich Ursachen zum Verlassen grationserfahrungen und die daraus resultierenden der Heimat sein können? Probleme der Zugewanderten in der neuen Heimat Deutschland. Verstärkt wurde die Absicht, einen Anknüpfungs- punkt in der jugendlichen Lebenswelt zu den Ereig- Stationen politischer Bildung nissen und Folgen des repressiven Alltags der DDR und der Friedlichen Revolution zu finden, durch Die erste Phase des Projekts bestand aus der Be- die Miteinbeziehung Jugendlicher und junger fragung von Zeitzeugen, die zwischen 1960 und Erwachsener mit Migrationshintergrund. Deren Er- 1989 von Osten nach Westen übersiedelten. Sie fahrungen vom Verlassen der alten Heimat bis zur wurden über die Zeitzeugenbörse des Hamburger Seniorenbüros, mit dem die junge VHS Hamburg eine fruchtbare Zusammenarbeit pflegt, und über persönliche Kontakte geworben. Letztlich standen dann zwölf Zeitzeugen zur Verfügung, die zu ihrer persönlichen Geschichte befragt wurden. Schwer- punkt war dabei die individuelle Erinnerung an die Öffnung der innerdeutschen Grenze, die persön- liche Erfahrung der Ausreise bzw. Flucht und die subjektive Einschätzung der Friedlichen Revolution.

Die Interviews wurden größtenteils per Video- kamera dokumentiert. Das Rohmaterial wurde didaktisch-methodisch aufbereitet und in kurze, prägnante Filmbeiträge geschnitten. Des Weiteren wurde mit den Zeitzeugen eine Schreibwerkstatt veranstaltet, in der diese unter fachlicher Beglei-

33 tung kurze Texte zu ihren persönlichen Erinnerun- Mauerfall und Friedliche Revolution zeitnah zum gen verfassten. Die Gesamtheit des so gewonnenen 20. Jahrestag der Ereignisse am 9. November. Die Materials wurde mit didaktischen und inhaltlichen öffentliche und mediale Präsenz des Themas konn- Hilfestellungen für Lehrer oder Jugendgruppenlei- te so genutzt werden, einen wichtigen Eckpunkt ter versehen und diesen in Form einer Textmappe deutscher Zeitgeschichte ins kollektive Bewusst- und einer DVD zur Verfügung gestellt. Ein Großteil sein zu bringen und auf das Bildungsprojekt der der Zeitzeugen-Interviews wurde außerdem über jungen VHS aufmerksam zu machen. Des Weiteren das auf DDR-Geschichte spezialisierte Online-Portal erhofften sich die Veranstalter durch die breite www.deinegeschichte.de – einem Kooperations- Anwesenheit des Themas im öffentlichen Diskurs partner des DVV - veröffentlicht. Die Beiträge des eine motivierende Wirkung auf die Jugendlichen in Hamburger Projekts sind dort unter dem Schlag- Hamburg, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen wort „Deutsche Passagengeschichten“ für die und sich eingehender mit den gesellschaftlichen Öffentlichkeit abrufbar. Ursachen und Wirkungen der Friedlichen Revoluti- on zu beschäftigen. Zeitgleich mit der Erstellung und Aufbereitung der historischen Zeitzeugnisse wurde nach Ju- Angesprochen wurden die jungen Hamburger – der gendlichen und jungen Erwachsenen mit Migra- Aufruf zum Wettbewerb „Deutsche Passagenge- tionshintergrund gesucht, die bereit waren, ihre schichten“ ging an alle Hamburger Schulen sowie Ausreise- und/oder Fluchterfahrung zu schildern. an die schulischen und außerschulischen Kooperati- Erstaunlicherweise reagierten alle angeschriebenen onspartner der jungen VHS. Eine Teilnahme an dem Institutionen zurückhaltend oder ablehnend auf Projekt war als Klasse, Kurs oder selbständige AG die Anfrage der VHS. Viele konnten in dem Projekt möglich. Die von der Hamburger Volkhochschule keine für Migrantinnen und Migranten förderliche zur Verfügung gestellten Wettbewerbsmaterialien Absicht oder Wirkung erkennen. Trotz dieser nicht eigneten sich thematisch sowohl zur Einbindung recht nachzuvollziehenden Schwierigkeit gelang es in die Curricula der Fächer Geschichte, Gemein- letztendlich dank persönlicher Kontakte doch noch, schaftskunde, Philosophie und Kunst als auch zur Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen Durchführung selbständiger Workshops und AGs und für die Zeitzeugenrolle zu gewinnen. Die von innerhalb von Jugendgruppen und außerschuli- ihnen geschilderten Erfahrungen – die Schwer- schen Initiativen. punkte bei der Befragung waren ähnlich wie bei den Zuwanderern aus der DDR – fanden ebenso Trotz der umfassenden und weit gestreuten Be- Eingang in das Wettbewerbsmaterial, das Lehrern kanntmachung des ausgeschriebenen Wettbewerbs und Schülern zur Verfügung gestellt wurde. erfolgten anfangs nur wenige Rückmeldungen. Viele Lehrerinnen und Lehrer verwiesen auf das Die zweite Phase des Forschungsprojekts „Deutsche mangelnde Interesse ihrer Schülerschaft oder wa- Passagengeschichten“ begann mit der Ausschrei- ren durch die Folgen der Hamburger Schulreform bung eines Wettbewerbs zum Themenkomplex zu sehr eingebunden, um ihrer Klasse oder ihrem

34 Kurs eine Teilnahme zu ermöglichen. Wie schon zusetzen gewürdigt und ihnen die Chance geboten beim Fall der „Zeitzeugen-Akquise“ half auch an werden, historische Schauplätze, mit denen sie sich dieser Stelle das Zurückgreifen auf das Kontakt- auseinandergesetzt hatten, kennen zu lernen. Netzwerk der Hamburger VHS – das bestätigte die allgemeine Erfahrung, dass die Vernetzung mit ge- sellschaftlichen Organisationen und Institutionen Claudia Schneider eine gute Chance bietet, Angebote der politischen Hamburger VHS Bildung in einem schwieriger werdenden Umfeld Schanzenstraße 75 zu platzieren. 20357 Hamburg Tel.: 040/20942119 Die dritte Phase, die Ausrichtung des Wettbewerbs, Fax: 040/20942144 war dann mit insgesamt 113 teilnehmenden Kin- E-Mail: [email protected] dern und Jugendlichen ein voller Erfolg. 17 ver- Website: www.vhs-hamburg.de schiedene Gruppen beteiligten sich mit Produkten kreativer Arbeit (Fotoreportagen, Kurzfilme und Das Projekt wurde aus Mitteln der Stiftung Aufar- Geschichten) an dem Projekt. Vier herausragende beitung gefördert. Resultate kreativer und interkultureller Auseinan- dersetzung mit dem Thema Mauerfall und Friedli- Zeitzeugeninterviews auf www.deinegeschichte.de, che Revolution wurden am 9. November 2009 fei- Stichwort: Passagengeschichten erlich im VHS-Bildungskontor prämiert. Den ersten Preis gewann eine Gruppe der Schule Bramfelder Dorfplatz mit einer Fotostory unter dem Titel „Weg mit der Mauer“, den zweiten Preis erhielt eine Kindergruppe der Bugenhagenschule in Flottbek („Mauerfall vor dem Fernseher im Westen“, Foto- collage), den dritten Preis teilten sich vier Jugendli- che der Geschwister-Scholl-Gesamtschule und eine weitere Gruppe der Schule Bramfelder Dorfplatz. Mit der Preisverleihung hatten alle Gruppen die Möglichkeit, ihre Projektergebnisse im Rahmen der „Nacht der Jugend“ im Hamburger Rathaus einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Aufgrund der Förderung durch die Stiftung Aufarbeitung war es möglich allen teilnehmenden Jugendlichen eine abschließende Projektfahrt nach Berlin anzubieten. So konnte das Engagement der jungen Menschen, sich mit historisch-politischen Themen auseinander-

35 VHS Leipzig „Jugend 89 trifft Jugend 09“

Aktionstag für junge Menschen Jugend89 Themen: Jugend in der DDR und Jugend heute, Opposition und Montagsdemonstrationen trifft Jugend09 Und was machst du so montags? Methoden: Partizipative Projektplanung, Zeitzeu- mitdenken, mitbestimmen, demonstrieren gengespräche als World-Café 12.09.2009 · 11 - 18 Uhr KONSUM ZENTRALE Infos und Anmeldung unter www.89jugend09.de Industriestraße 85-95

Gefördert aus Mitteln des Freistaates Sachsen. Die VHS Leipzig beteiligte sich am 12. September 2009 mit einem Aktionstag unter dem Motto „Und was machst du so montags? Mitdenken, mitbestim- men, demonstrieren - Jugend 89 triff Jugend 09“ an dem bundesweiten Veranstaltungsprogramm des DVV zum 20. Jahrestag der Friedlichen Revolu- tion. Organisiert wurde der Aktionstag im Rahmen der jungen VHS Leipzig, einem Veranstaltungsan- gebot der Volkshochschule, speziell für Jugendliche und junge Erwachsene.

Leipzig: Zentraler Ort der Friedlichen Revolution… Bei der Planung und Durchführung des Aktions- tages galt es, der herausragenden historischen Bedeutung Leipzigs im Prozess der Friedlichen Revolution gerecht zu werden. Leipzig war ja ein zentraler Ort der damaligen Ereignisse. Aus dieser Stadt kamen wichtige Impulse, die die Struktur der DDR demokratisierten, die zur Öffnung der inner- deutschen Grenze führten und schlussendlich in die Wiedervereinigung mündeten. Zu nennen sind hier vor allem die Friedensgebete und die Mon- tagsdemonstrationen. Die Friedensgebete fanden erstmals 1982 statt und wandelten sich von einem überschaubaren, fast intimen Forum, in dem die Notwendigkeit demokratischer Reformen der DDR- Gesellschaft diskutiert wurde, zu einer Institution der Öffentlichkeit, die gesellschaftliche Relevanz besaß.

Die wachsende Bedeutung war auch durch diverse Maßnahmen der SED-Führung nicht zu untermi- nieren. Sowohl Auflagen, Einschüchterungen und Festnahmen durch Volkspolizei und MfS als auch Gesprächsangebote und zeitlich begrenzte Ausrei- segenehmigungen für einige Auserwählte, führten

36 nicht zu einer Schwächung der politischen Rolle der die Friedliche Revolution geht. Dies bewies 2009 Friedensgebete und der Bürgerrechts- und Reform- nicht nur die Zahl der Gedenkveranstaltungen der bewegung. Ganz im Gegenteil: Die Repressionswel- Stadt und der sächsischen Landesregierung, son- le gegen Teilnehmer und Organisatoren hatte den dern auch die rege Teilnahme der Bevölkerung und Effekt, dass sich immer mehr Menschen nach den der (Bundes-)Politik. Das vielfältige Angebot an Gottesdiensten auf dem Nikolaikirchhof versam- Festakten, Aktionen, Tagungen etc. stellte für die melten. Dies war Anfang September 1989 schließ- junge VHS Leipzig aber nicht bloß eine Gelegenheit lich die Geburtsstunde der Montagsdemonstratio- dar, sich mit einer weiteren Aktivität am Leipziger nen. Sie mauserten sich von kleinen Kundgebungen Gedenkallerlei zu beteiligen. Es ging der Volks- zu machtvollen Großdemonstrationen, von einem hochschule vielmehr darum, etwas Besonderes zum lokalen Leipziger Ereignis zu einer flächendecken- Thema auf die Beine zu stellen, um sich bei der den Bewegung in der gesamten DDR. Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwach- senen als ein eigenständiger, unverwechselbarer Auch inhaltlich entwickelte sich die Bewegung der Bildungsanbieter zu profilieren. Montagsdemonstrationen weiter: Stand anfangs noch die Forderung nach Reisefreiheit im Mittel- Augenfällig bei der beschriebenen Vielfalt des punkt, wurden bald schon Grund- und Bürgerrech- Gedenkens und Feierns war nämlich, dass es viele te und die Demokratisierung sämtlicher Lebensbe- Veranstaltungen versäumten, explizite Angebote reiche des Arbeiter- und Bauernstaates gefordert. für die junge Generation zu machen. Jugendliche Auch Parteien und Gruppierungen wie das Bündnis und junge Erwachsene kennen die Ereignisse und 90 und das Neue Forum erhielten durch die Demon- Rahmenbedingungen der „Wende“ nicht aus eig- strationen Zulauf, die Akteure der Bürgerrechtsbe- ner zeitgeschichtlicher Erfahrung, die historische wegung agierten vermehrt öffentlich und sorgten Zäsur 1989/90 besitzt für sie keine unmittelbare so dafür, dass immer mehr Menschen die Angst vor lebensgeschichtliche Bedeutung oder gar Brisanz. Repressionen durch die Staatssicherheit verloren Auch der Enthusiasmus, das Ausmaß an Phantasie und sich den Protesten anschlossen. Die bekannte- und kreativem Potential der protestierenden und sten Demonstrationen fanden am 9. Oktober 1989 aufbegehrenden Bevölkerung sind Größen, die die und an den darauf folgenden Montagen statt. Die Nachgeborenen der deutschen Wiedervereinigung Teilnehmerzahl entwickelte sich zu der Zeit sprung- wenn nur aus zweiter oder dritter Hand kennen. haft und führte zu der bestimmenden Rolle der Bürgerrechtsbewegung, die auch vom SED-Politbü- Es dürfte mittlerweile auch weit über die politische ro nicht mehr ignoriert werden konnte. Bildungsszene hinaus bekannt sein, dass gerade die „Nachwende“-Generation erschreckend wenig Versuche der SED-Führung, das Aufbegehren der über die DDR und ihre Institutionen, den repressi- Bevölkerung durch einige Korrekturen der Parteili- ven Umgang mit Bürgern und Opposition und die nie zu besänftigen, schlugen fehl. Weder die Abset- alltägliche Unfreiheit weiß – eine Wissenslücke, die zung Honeckers Mitte Oktober noch der Austausch nicht nur auf Mängel im Lehrplan zurückzuführen ganzer Spitzenfunktionärsriegen führten zu dem ist, sondern auch auf dem mangelnden Gegen- gewünschten Erfolg. Der Druck der zunehmend wartsbezug der zu vermittelnden Geschichte und selbstbewussteren Bevölkerung erwirkte schließlich der wenig jugendnahen Aufbereitung beruht. im November 1989, dass die DDR-Obrigkeit ohne Solche Wissensdefizite haben verschiedene Studien Absprache mit ihrem großen Bruder Sowjetunion detailliert belegt, was eine wichtige Rolle bei der die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland Entscheidung der Volkshochschulen spielte, das öffnen musste. Eine Entscheidung, die nicht nur das große Geschichtsjahr 2009 für die Platzierung ent- Ende des SED-Regimes besiegelte, sondern auch sprechender Bildungsangebote zu nutzen. das Ende der DDR einläutete. Nötig war also eine orts- und zielgruppenspezifi- … und wichtiger Gedenkort am 20. Jahrestag sche geformte und zugespitzte Thematisierung der Friedlichen Revolution, die die Bedeutung Leipzigs Leipzig muss also als ein herausgehobener Gedenk- innerhalb der 1989er Ereignisse und die Relevanz ort eingestuft werden, wenn es um Rückblicke auf des Geschehenen für das Hier und Heute hervor-

37 hebt. Ein historisch-politische Bildungsprojekt, dass dies sorgte wiederum für einen persönlichen Bezug bei der jugendlichen Zielgruppe deswegen an- der jungen Erwachsenen zu den Ereignissen der kommt, weil es die Geschichte der Montagsdemon- Friedlichen Revolution. strationen in ihrer Bedeutsamkeit für die eigene Lebenswirklichkeit transparent macht und damit Dabei waren Jugendliche von Anfang an gleich- Identifikationsmomente bei den jungen Erwach- berechtigt in die Planung und Durchführung des senen schafft – auch als Anstoß für eigenes politi- Projekts mit einbezogen. Und auch bei der Infor- sches Engagement in der heutigen Gesellschaft. Ein mation der Öffentlichkeit wurde der Zielgruppe solches Bildungsziel kann nicht einfach mit ‚klassi- entsprechend, neben klassischen Werbemitteln wie scher’, für Jugendliche und junge Erwachsene oft Plakat und Postkarte, auf moderne, digitale und trockener Geschichtsvermittlung realisiert werden. jugendnahe Kommunikationsmittel gesetzt. Neben Gerade damit sich so genannte politikferne Ziel- einer Homepage (www.89Jugend09.de) wurden gruppen an solchen Bildungsangeboten beteiligen, sowohl youtube.com als auch facebook.com als bedarf es eines lebendigen und auf die individuel- Medienkanäle genutzt. len Bedürfnisse zugeschnittenen Zugangs zur Ge- schichte, der historische Fragen mit gegenwärtigen Methodisch-didaktisch orientierte sich der Pro- verbindet, kurz eine Rezeption der Geschichte des jekttag der jungen VHS an dem Dialogmodell des Arbeiter- und Bauernstaates im Horizont aktueller „World Cafés“, einer Workshop-Methode, die Probleme. ursprünglich in der Unternehmensberatung entwic- kelt wurde und heute weit verbreitete Anwendung Junge VHS Leipzig: Dialog der Generatio- erfährt. Grundlage des „World Café“-Modells ist die Annahme kollektiven Wissens, das durch konstruk- nen auf historischem Boden tive Gespräche gefördert werden soll. Die Dialog- Dieser Spannung zwischen Ausgangssituation und methode sieht vor, dass möglichst viele Beteiligte Zielvorstellung begegneten die Veranstalter des zu Wort kommen und persönlich relevante Fragen Workshops „Jugend 89 trifft Jugend 09“ dadurch, beantwortet werden. Der Ansatz hat den Effekt, dass sie die Geschichtsvermittlung als Austausch individuelle Entwicklung und Selbstorganisation zu und Gespräch mit Zeitzeugen anlegten. Diese fördern. Die Gespräche finden dabei in einem be- lebendige und personalisierte Art der Geschichts- haglichen Kaffeehausambiente statt, das allen Be- darstellung und -vermittlung schaffte durch den teiligten eine entspannte Teilnahme ermöglicht. Die gemeinsamen Bezugspunkt „Jugend“ Identifikati- einzelnen Gesprächskreise gruppieren sich um einen onsmomente zwischen Zeitzeugen und Zuhörern; Tisch, beantworten und diskutieren gemeinsam von der Moderation gestellte Fragen. Nach einer kurzen Weile suchen sich die Teilnehmer eines Gesprächs- kreises eine neue Gesprächsrunde, mit der neue Fragen beantwortet werden. Konstantes Moment ist jeweils nur ein gleich bleibender Gastgeber pro Diskussionsrunde, der die vorherigen Erfahrungen reflektiert und an die neue Runde weitergibt – im Falle des Leipziger Jugendbildungsprojekts waren dies Zeitzeugen, die aus eigener Anschauung und Erfahrung von der Zeit des Niedergangs des realen Sozialismus in Deutschland berichteten.

Die Vorteile dieses Dialog- und Workshop-Modells lagen klar auf der Hand: Die didaktische Orientie- rung des Projekttages an diesem Modell sorgte für einen hierarchiefreien und gleichberechtigten Austausch zwischen Zeitzeugen und Teilnehmen- den. Die Atmosphäre der Gleichheit und gegenseiti- gen Anerkennung ermöglichte intensive Gespräche

38 tiert und diskutiert. Politischer Ausklang war das Schlusswort durch den Leipziger Bürgermeister für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, Prof. Dr. Thomas Fabian.

Eindeutiges Ergebnis des Projekttages war eine positive Resonanz in Form von regem Interesse der Jugendlichen an den persönlichen Erfahrungen und Eindrücken der Zeitzeugen. Das Wissen über die konkreten Auswirkungen der DDR-Politik führte teilweise zu großer Betroffenheit der Anwesenden. Wissen über die Gesellschaft im realen Sozialismus der DDR, über die politischen und gesellschaft- lichen Ereignisse der Revolution, und ein Gefühl für die optimistische Aufbruchsstimmung und den Mut der Leipziger Akteure der Reformbewegung im Herbst 1989 konnten im persönlichen Gespräch erworben und gefestigt werden. Im Blick auf den und verhinderte Frontbildungen oder Selbstdar- zentralen Wert Freiheit gab es eine große Überein- stellungskunststücke. So wurde sichergestellt, dass stimmung unter den versammelten jungen Leuten, sowohl den Bedürfnissen von Jugendlichen mit Mi- auch die Wichtigkeit von politischem Engagement grationshintergrund als auch den unterschiedlichen damals wie heute wurde einhellig geteilt. Aller- Rollen von Mädchen und Jungen Rechnung getra- dings herrschte bei vielen jugendlichen Zuhörern gen wurde. Letzteres ist für die Volkshochschu- Ratlosigkeit über das „Wie“ der politischen Einmi- len überhaupt ein zentraler Punkt, da sie in ihrer schung. gesamten Praxis Wert auf Gender Mainstreaming legen. Einigkeit herrschte hinsichtlich der Fortsetzung des Projekt- und Aktionstages: Es gab großes Interesse, Projekttag: Erfolgreiche Wissensvermitt- Impulse aus der Veranstaltung in verschiedenen Vorhaben an Leipziger Schulen wieder aufzugrei- lung und Engagementbereitschaft fen. Die Effekte des Aktionstages sind also durch- Der Projekttag selbst fand im Leipziger Baudenk- aus als nachhaltig zu bezeichnen. Mit der Begeg- mal „Konsumzentrale“ statt. Nach einer Begrüßung nung der Generationen auf geschichtsträchtigem durch die Veranstalter und einem künstlerischem Boden ist es der jungen VHS Leipzig gelungen, Auftakt widmeten sich die Teilnehmerinnen und Jugendliche nicht nur als Zielgruppe zu erreichen, Teilnehmer zunächst der Einzelarbeit unter der sondern auch viele als Multiplikatoren der politi- Fragestellung „Was verbindet und was trennt die schen Jugendbildung zu gewinnen, die an einer Jugend 89 und Jugend 09?“ Die einzeln erarbeite- Fortsetzung des Projekts und an zivilgesellschaftli- ten Antworten wurden gemeinsam reflektiert und chem Engagement interessiert sind. diskutiert. Auftakt der ersten Runde des „World Cafés“ war die Frage nach Vorbildern und Idolen damals wie heute. Darauf folgten Fragen nach der Heike Büttner Bedeutung von Freiheit für das alltägliche Leben, VHS Leipzig nach persönlichen Gründen politischen Engage- Löhrstraße 3-7 ments und nach den drei wichtigsten Dingen, 04092 Leipzig die die Teilnehmer in der Gesellschaft verändern Tel.: 0341/1236059 wollten und wollen. Jede einzelne Fragestellung Fax: 0341/1236031 wurde dabei in einer neuen Runde des Seminars, E-Mail: [email protected] d.h. jeweils mit unterschiedlichen Zeitzeugen, Website: www.vhs-leipzig.de diskutiert; die Ergebnisse wurden von den jeweils neu zusammengestellten Arbeitsgruppen präsen- Das Projekt wurde aus Mitteln des KJP gefördert.

39 KVHS Ludwigslust

„Grenzinteressen 2009“ Lernstoff genutzt werden, die jungen Menschen wurden so selbst zu Akteuren der Geschichtsver- mittlung – als Modellprojekt vom DVV gefördert Jugendliche werden zu Multiplikatoren wurde. historisch-politischer Bildung Das Bildungsprojekt „Grenzinteressen 2009“ thematisierte mit dem innerdeutschen Grenzre- Themen: Grenzregime, Herrschaft und Repression gime die Aspekte „Herrschaft und Repression“ der in der DDR DDR-Geschichte. Methodisch war das Seminar so Methoden: Erhaltung und Gestaltung eines Lern- konzipiert, dass sich die jugendlichen Teilnehmer orts, Ausbildung von Multiplikatoren, Exkursionen aus Wittenburg und Hagenow in Mecklenburg-Vor- pommern selbstständig im Lernkontext bewegten: Mittels Zeitzeugen-Interviews, Exkursionen, Besich- Die Kreisvolkshochschule Ludwigslust, als Kreis- tigungen, Internetrecherchen, Filmsichtungen und volkshochschule für den größten und bevölke- gemeinsamen Diskussionen setzten sich die Ju- rungsreichsten Landkreis in Mecklenburg-Vorpom- gendlichen aktiv mit der Geschichte der deutschen mern zuständig, beteiligte sich mit dem Projekt Teilung auseinander. Besonderes Interesse galt „Grenzinteressen 2009“ an der thematischen dabei den politischen, wirtschaftlichen und ökolo- Schwerpunktsetzung des DVV zum 20. Jahrestag gischen Aspekten der Entwicklung der Grenzregion des Mauerfalls. Die historisch-politische Bildungs- zwischen Boizenburg und Zarrentin. Diese war veranstaltung der KVHS war eine Fortentwicklung zu DDR-Zeiten vor allem durch die innerdeutsche des 2007/08 durchgeführten Projekts „Grenzer- Grenze und die mit ihr für die Bevölkerung einher- fahrungen“, das aufgrund seiner besonderen gehenden Einschränkungen und Auflagen geprägt. methodischen Ausrichtung – Jugendliche wurden Die Sperrgebiete und der Todesstreifen selbst in Planung und Durchführung des Projekts mitein- beeinträchtigten die Bevölkerung der Region. bezogen, die Dokumentation ihrer Auseinanderset- Kontrolle, Überwachung und die dauernde Prä- zung mit der jüngsten Geschichte der Grenzregion senz von bewaffneten Grenztruppen dominierten kann in Schule und politischer Bildung als Lehr- und den Alltag. Das isolierte Leben der Menschen im

40 Geschichtsaufarbeitung in Praxis und Theorie Schatten des „Eisernen Vorhangs“ unterlag nicht nur ständigen Einschränkungen: Viele Menschen Stark frequentierter Lernort und zugleich zu verla- in der Region verloren durch Enteignungen und gernder Gedenkort waren die Grenzbefestigungsan- Umsiedlungen ihre Heimat, und Hunderte wurden lagen auf dem Elbberg bei Boizenburg. Die Objekte beim Versuch, die Grenze zu überwinden, getötet der Mahnung mussten aufgrund einer Umwidmung oder verletzt. des Geländes auf einen neuen Standort umgesetzt werden. Aufgabe der Jugendlichen war die Planung Heute, 20 Jahre nach Öffnung und Rückbau der des Abbaus und der Umsetzung der Grenzsicherungs- innerdeutschen Grenze, erinnert wenig, und das anlagen auf ein neues Gelände Nähe Leisterförde im nicht nur im Landkreis Ludwigslust, an die ge- Grenzstreifen zwischen Mecklenburg-Vorpommern sellschaftlich und geografisch einschneidenden und Schleswig-Holstein, aber auch die Integration der Wirkungen der innerdeutschen Grenze. Nur an Exponate in das Freilichtmuseum Leisterförde sowie einigen ausgesuchten Orten sind bauliche Relikte die Entwicklung eines Konzepts für die historisch-poli- des Todesstreifens zu besichtigen. Auch im kollekti- tische Erschließung der Teile der Grenzsicherungsanla- ven Bewusstsein der Bevölkerung, insbesondere bei gen als Gedenk- und Mahnobjekte des Grenz-Regimes Jugendlichen, herrschen große Lücken im Wissen des Arbeiter- und Bauernstaates. über die deutsche Zweistaatlichkeit. Die Erfahrung der Grenze ist kein Teil jugendlicher Lebenswelt, Die Jugendlichen entwickelten einen Rundgang durch eine Beschäftigung mit dem Thema erscheint des- das Grenzmuseum, der vor allem Auskunft über den wegen vielen uninteressant. An dieser Stelle setzte technischen Aufwand gibt, den die DDR mit ihren das Projekt der KVHS Ludwigslust an. Unter dem Grenzanlagen betrieb, um die Bevölkerung an der Motto “Grenzinteressen“ machte man der jugend- Flucht aus dem eigenen Land zu hindern. Sie erstell- lichen Zielgruppe das Angebot, sich zukunftsori- ten Texte, die in Schaukästen die einzelnen Exponate entiert mit der DDR-Vergangenheit der Region zu des Freilichtmuseums erläutern. Die Bedeutung und befassen. Funktion der beschriebenen Exponate wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbstständig Zentrale Intention des Projekts war es, durch die recherchiert – mittels Zeitenzeugeninterviews und der Erkundung der ehemaligen Grenze und die Erfor- Nutzung des Internets. Dabei führte die Befassung schung ihres zeitgeschichtlichen Kontextes, den mit Zweck und Funktion der einzelnen Elemente der Perspektivenkosmos der Lebenswelt der jugend- DDR-Grenze auf induktivem Wege zur Auseinander- lichen Teilnehmer zu bereichern. Einerseits ganz setzung mit globalen historischen und politischen praktisch in der Hinsicht, dass die Jugendlichen mit Problemstellungen. der Teilnahme an dem Bildungsprojekt die Ausbil- dung zum Touristenführer des Landkreis Ludwigs- burg absolvieren konnten – ihnen wurde damit die Chance für ehrenamtliches Engagement in der touristischen Erschließung der Grenzregion eröff- net. Andererseits dadurch, dass die Jugendlichen aus Hagenow und Wittenburg in der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit vor Ort aktiv wurden und so ein Stück Erinnerungskultur mitgestalten konn- ten. Projektziel war die Planung und Durchfüh- rung einer Standortverlagerung von Relikten der DDR-Grenzanlagen im Raum Boizenburg-Zarrentin, die Entwicklung eines Konzepts zur historisch- politischen Erschließung dieser Exponate und der Grenzregion und die Inszenierung der baulichen Überreste der DDR-Grenzanlagen zum Zweck des historischen Lernens in einem Freilichtmuseum.

41 Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) in Görslow in der Nähe von Schwerin. Die ehemalige Kaserne der Nationalen Volksarmee beherbergt heute die circa 2.300 laufenden Meter Akten der MfS Bezirksver- waltung Schwerin und gibt Auskunft über Aufbau und Funktion des Überwachungsapparats in der DDR.

Die Ergebnisse der impliziten Annäherung an be- deutende Themenaspekte der Nachkriegszeit wur- den in der Gruppe der Teilnehmenden diskutiert und unter Zuhilfenahme von Medien und durch das Einbeziehen von Alltagserfahrungen und Lebens- Beispielhafte Exponate sind ehemalige Warnschil- geschichten in den größeren Zusammenhang der der „Halt hier Grenze!“ des damaligen BGS, diese deutsch-deutschen Geschichte eingeordnet. Die Ju- sollten die Menschen auf der westdeutschen Seite gendlichen wurden so zu Experten der Geschichte der Grenze warnen, sich weiter der Grenze zu der Grenzregion, was sie bei ersten Führungen von nähern. So sollten von der DDR scharf geahndete Exkursionen mit Schweriner Lehrern in die Region „Grenzverletzungen“ vermieden werden und Leib unter Beweis stellten. Sie verwiesen auf die politi- und Leben der Bevölkerung geschützt werden. Eine sche, ökonomische und ökologische Dimension der gegenteilige Funktion hatten die Exponate „Signal- zeitgeschichtlichen Entwicklung, verorteten diese und Grenzzaun“, die auf der anderen Seite der in der Nachkriegsentwicklung der beiden deut- Grenze zu finden waren und die Menschen durch schen Staaten und multiplizierten so historisch-po- ein ausgeklügeltes Überwachungs- und Abschrec- litische Inhalte und Ideen, die sie selbst erarbeitet kungssystem samt Mienen oder Selbstschussanla- hatten. gen von der Flucht in den Westen Deutschlands abhalten sollte. Der gegensätzliche Bedeutungs- Das Projekt der KVHS Ludwigslust ist also mit Fug kontext der Exponate verweist dabei auf die und Recht als nachhaltiges Projekt politischer asymmetrisch verflochtene Nachkriegsgeschichte Bildung zu benennen. Jugendliche Adressaten von Deutschlands. politischer Bildung wurden zu Multiplikatoren historisch-politischer Inhalte. Im Zuge der Ausein- Die exemplarische Annäherung an das Thema andersetzung mit der Geschichte der DDR eigneten „Geschichte der DDR“ wurde ergänzt durch Exkur- sie sich Wissen über die Grenzregion und soziale sionen in das Gebiet um den ehemaligen Todes- Kompetenzen an, die sie dazu befähigen, anderen streifen, das nicht ohne Grund als „Grünes Band“ jungen Leuten die Geschichte der eigenen Heimat entlang der früheren innerdeutschen Grenze begreifbar zu machen. bezeichnet wird. Die jungen Teilnehmer konnten sich dort mit ökologischen, landeskundlichen und geografischen Folgen der Teilung und Wiederver- Wolfgang Kniep einigung auseinandersetzen. In einem Großteil des KVHS Ludwigslust damals für Publikum und Durchreise gesperrten Garnisonsstraße 1 Grenzgebiets sind heute seltene Pflanzen und Tier- 19288 Ludwigslust arten zu finden, die Vegetation ist unberührt und Tel.: 03874/6241118 teilweise als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Fax: 03874/6241119 Das persönliche Erlebnis der Vergangenheit durch E-Mail: [email protected] die Konfrontation mit historischen Orten und Website: www.kreis-lwl.de/Buergerservice/vhs Zeitzeugen der Geschichte war auch Schwerpunkt des weiteren Seminarverlaufs. Auf dem Pro- Das Projekt wurde aus Mitteln des KJP gefördert. gramm stand eine Besichtigung der Außenstelle der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Projektfilm zum Vorgängerprojekt „Grenzerfahrun- gen“ unter www.politischejugendbildung.de

42 VHS-Verband und VHS Rostock Alltags- und Lokalgeschichte: nah am Menschen

Politisch-historische Bildungsangebote in Mecklenburg-Vorpommern

Themen: Revolution in Rostock, Alltagsleben in der DDR Methoden: Recherchen, Zeitzeugengespräche, Aus- stellungsbesuch, Arbeit mit DDR-Alltagsprodukten, Stadtrundgang

Der Volkshochschulverband Mecklenburg-Vor- pommern e.V. thematisierte den 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten: erstens lokalgeschichtlich – the- matischer Schwerpunkt war die Geschichte und Bedeutung Rostocks in der DDR unter besonderer Berücksichtigung der historischen Aufbruchssi- tuation 1989 –, zweitens objektgeschichtlich – Gegenstand waren von Teilnehmenden und der Veranstaltungsbetreuung mitgebrachte Artefakte der realsozialistischer Alltagskultur. Beide Veran- staltungen fanden im Rahmen des bundesweiten Bildungsangebots des DVV zum Jahrestag des Mauerfalls statt. Es handelte sich um jugendnahe, historisch-politische Bildungsangebote, die Ro- stocker Schülerinnen und Schülern im Alter von 15 bis 16 Jahren einen erlebnisorientierten und auf Eigenaktivität setzenden Zugang zu verschiedenen Dimensionen der Zeitgeschichte eröffneten: Am 20. und 21. Oktober zur Gegenstandsgeschichte der DDR, Projekttitel: „Der Stoff, aus dem der Osten war“, und am 9. und 10. November zur Lokalge- schichte der norddeutschen Hansestadt, Projektti- tel: „Die Rostocker und ihre Revolution - Politischer Umbruch in Rostock 1989/90“.

Methodisch-didaktisch waren beide Angebote so konzipiert, dass sich die thematisierten Teilaspek- te der DDR-Geschichte auf die Erfahrungswelten Alltag und Kultur der Teilnehmenden bezogen. Ob persönlich fass- und greifbare Produkte des DDR-Alltags oder der sichtbare, gebaute Raum der Ostsee-Hafenstadt: Die Auseinandersetzung mit

43 Lokalgeschichte als niedrigschwellige dem Themenkomplex DDR erfolgte nicht nur theo- historisch-politische Bildung retisch-reflexiv, sondern auch sinnlich-erfahrbar. Den Jugendlichen wurde durch den Besuch authen- Lokal- und Regionalgeschichte hat in den neuen tischer, historischer Orte und die Befassung mit Ge- Bundesländern eine noch junge Tradition, was genständen der DDR-Alltagskultur die Möglichkeit auf das rund 40 Jahre vorherrschende Geschichts- gegeben, Geschichte zu erleben und zu begreifen. bild des historisch-dialektischen Materialismus in Sie wurden angeregt, sich kritisch mit Geschichte Deutschland Ost zurückzuführen ist. Sie eröffnet auseinander zu setzen. Die Aneignung notwendi- aber der politischen Bildung aufgrund ihres offe- gen Wissens über die politischen, gesellschaftlichen nen, pluralistischen Ansatzes und ihres direkten, und wirtschaftlichen Besonderheiten des Ostens persönlichen Zugangs zur Geschichte viele Chan- des geteilten Deutschlands und die Auseinander- cen. Sie bietet auch Laien und Anfängern die Mög- setzung mit Aktionen, Akteuren und Folgen der lichkeit, Geschichte konkret zu erfahren und zu Friedlichen Revolution in Rostock versetzten die erforschen – und sie vermittelt persönlich relevan- Teilnehmenden in die Lage, Geschichte als Prozess tes Geschichtsbewusstsein und kann so ein Beitrag zu begreifen. Als Prozess, der wie das mutige und für die lokale Geschichtsaufarbeitung sein. friedvolle Aufbegehren der Rostocker Bevölkerung im Herbst 1989 zeigt, der Gestaltung jedes Einzel- Gegenstand der Regionalgeschichte ist, wie das nen unterliegt, der aktiv durch Handlungen von Beispiel Rostock deutlich macht, ein überschauba- gesellschaftlichen Gruppen und auch einzelnen rer Raum, der geographisch-räumlich und inhaltlich Individuen bestimmt wird. Die jungen Teilnehmer unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle klassischer konnten sich so einen Begriff vom Wert politischen Geschichtsschreibung liegt – diese hat meist eine Engagements erarbeiten: Am zeitgeschichtlichen bestimmte Nation, einen Staat und die ‚große’ Beispiel der Friedlichen Revolution erfuhren sie die Politik zum Gegenstand. Die kleinere Einheit des Wichtigkeit, Relevanz und Aktualität von gesell- Gegenstandes von Regionalgeschichte hat zur schaftlicher Teilhabe und politischer Partizipation. Folge, dass die Perspektive nicht durch die politi- sche Dimension dominiert wird, sondern andere Dimensionen wie etwa Geschlecht, Gesellschaft,

44 Ökonomie, Kultur etc. je nach Region einen gleich- weltgruppen von 1989/90 informieren und austau- wertigen oder höheren Stellenwert erhalten. Diese schen. Sie befassten sich mit der Frage, wie sie sich Pluralität der Dimensionen entspricht der Lebens- selbst wohl in der damaligen Situation verhalten wirklichkeit der Menschen, diese haben kulturelle hätten, sie versetzten sich in die Lage der Akteure und religiöse Identitäten, sind in ökonomische und der Bürgerbewegung und diskutierten die Kon- politische Prozesse eingebettet, die eine bestimmte sequenzen des demokratischen Aufbruchs für das geschlechtsspezifische Arbeitsteilung im öffentli- heutige Leben von Jugendlichen in der Hansestadt. chen Leben, in der Arbeitswelt und in der Privat- In Zeitzeugengesprächen wurde den Schülerinnen sphäre bedingen. Auch ihre Herkunft, die Frage und Schülern auch die menschlich-persönliche Ebe- nach Folgen der Migration für politische Partizipa- ne der Zeitgeschichte erschlossen, sie erhielten ein tion und gesellschaftliche und kultureller Integrati- Gefühl für die damalige Aufbruchsstimmung, aber on, spielt dabei eine gewichtige Rolle. auch für die Ängste und Sorgen der Akteure der Friedlichen Revolution. Der offene Ansatz der Regionalgeschichte berück- sichtigt die sozialen Lebensbedingungen von Men- Prominenter außerschulischer Lernort war in diesem schen mit Migrationshintergrund und die gesell- Teil des Projekts die Dokumentations- und Gedenk- schaftlichen Rollenanforderungen, die sich aus den stätte der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des spezifischen Sozialisationsprozessen der Geschlech- Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen ter ergeben. Dies kann ein wichtiger Anknüpfungs- Demokratischen Republik (BStU) in dem Gebäude punkt für politische Bildung sein, um vermeintliche der ehemaligen Stasi-U-Haftanstalt in Rostock. Diese Randthemen wie Geschlechterverhältnisse und bietet seit Ende 1999 interessierten Besuchern die Migrationserfahrungen in den öffentlichen Diskurs Möglichkeit, sich am authentischen Ort über die Tätig- einzubringen und so die Sensibilität gegenüber ge- keit des Staatssicherheitsdienstes der DDR und über schlechts- und herkunftsbedingten Ungleichheiten die Verhältnisse im Stasi-Untersuchungsgefängnis zu zu erhöhen. informieren. In Gedenken an die Opfer von Geheim- dienst und Geheimpolizei betreibt die BStU in diesem Historisch-Politische Bildung unter lokalen Ge- Gebäude heute ein Museum, dessen ständige Aus- sichtspunkten, Regionalgeschichte und die Unter- stellung die Wirkungsweise, Struktur und Geschichte abteilungen Stadt- und Dorfgeschichte, sind offen des MfS beleuchtet. Besucher können anhand von für unterschiedliche theoretische und methodische Originaldokumenten, Videovorführungen, Fotos und Herangehensweisen, sie ermöglicht eine direkte Berichten von Zeitzeugen anschaulich die Repressions- Interaktion mit dem historischen Stoff und einen geschichte der DDR nachvollziehen; die Außenstelle konkret erfahrbaren Bezugspunkt zur heutigen des BStU erteilt außerdem Beratungen und Informa- Lebenswirklichkeit. Ein gutes Beispiel hierfür ist das tionen zu Akteneinsicht, Rehabilitierung, und For- zweitägige Seminar der VHS Rostock: schungsmöglichkeiten.

„Die Rostocker und ihre Revolution“ Die Gedenk- und Dokumentationsstelle des BstU ist allerdings nicht nur Lern- und Gedenkort der Überwa- In diesem Bildungsprojekt wurden Jugendliche chung und Repression in der DDR, sie ist gleichzeitig auf erlebnisorientierte und anschauliche Art und ein Symbol des demokratischen Protests und Wider- Weise an die Geschichte Rostocks in der Zeit von standes im Arbeiter und Bauernstaat: Die Akteure der August 1989 bis Oktober 1990 herangeführt. Sie Bürgerrechtsbewegung in Rostock konnten Anfang ergründeten das politische und gesellschaftliche Dezember 1989 die Auflösung der Haftanstalt durch- Geschehen in der Hafenstadt und entdeckten setzen. Die Stasi musste dem Druck der Rostocker De- Auswirkungen auf das heutige Leben. Mittels monstrationen nachgeben und deren Forderungen in verschiedener Methoden wie der Einsichtnahme in Bezug auf das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) historische Dokumente und Berichte, der Besichti- umsetzen: „Bürger der Stadt zur Kontrolle einlassen; gung von Schauplätzen der Zeitgeschichte bis hin Übergabe des Objektes an die Volkspolizei und Ver- zu Gruppenarbeit und Teilnehmer-Brainstorming siegelung aller Räume durch die Staatsanwaltschaft; konnten sich die Jugendlichen über die Aktivitäten Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsaus- der oppositionellen Friedens-, Kirchen- und Um- schusses.“

45 Objektgeschichte: „Der Stoff, aus dem der Die Erfahrungen und Eindrücke, die die jugendli- Osten war“ chen Seminarteilnehmer in der ehemaligen U-Haft der Stasi sammelten, wurden in Kleingruppen Das zweitägige Seminar zur Gegenstandsgeschichte diskutiert und ausgewertet. Im Anschluss an die der DDR befasste sich mit Artefakten aus der DDR. Gruppenarbeit konnten sich die Jugendlichen einen Grundgedanke der Betrachtung von Alltagsge- visuellen Eindruck von den Bürgerprotesten in der genständen des realen Sozialismus war, dass diese Hansestadt Rostock machen, sie besuchten die Fo- Dinge aufgrund ihres Entstehungskontextes – sie toausstellung „Die Friedliche Revolution in Rostock stehen in einer Wechselbeziehung von materieller von 1989/90“. Diese Eindrücke wurden durch die und immaterieller Kultur ihrer Zeit – grundlegende mitreißenden und teilweise höchstpersönlichen Eigenheiten der Gesellschaft verraten, die sie her- Erinnerungen eines Zeitzeugen, der Mitbegrün- vorgebracht hat. Als Gegenstände der materiellen der des Neuen Forums Rostock war, ergänzt und Kultur lassen sie erkennen, welchen Stand techni- bereichert. scher, ökonomischer, gesellschaftlicher, kultureller und politischer Entwicklung die hervorbringende Fortgesetzt wurde diese lebendige und zwischen- Gesellschaft hatte – sie sind direktes Produkt mate- menschlich direkte Art des Lernens und Begreifens rieller Kultur(techniken). Als Objekte der immate- von Geschichte am zweiten Tag der Bildungsveran- riellen Kultur sind sie mit Bedeutung aufgeladen, staltung. Schwerpunkt war gemeinsame Arbeit mit sie spiegeln in Form ihres Designs, ihrer Funktiona- Medien zum Thema: Die Teilnehmenden befassten lität, ihrer Symbolik und Bedeutung die kulturellen sich mit Darstellung und Bewertung der Friedli- Codes wieder, die in der erschaffenden Gesellschaft chen Revolution in Zeitungen, Zeitschriften etc. manifest waren. und analysierten und diskutierten die inhaltliche Schwerpunktsetzung, Sichtweise und Rezeption der Artefakte sind in der Geschichts- und Kulturwis- Berichte und Artikel. Des Weiteren bestand erneut senschaft eine wichtiges Mittel des Zugangs zu der die Gelegenheit, sich in Form von Zeitzeugenge- erforschenden Gesellschaft; sie sind Elementarform sprächen mit persönlichen Eindrücken, Erinnerun- gesellschaftlicher Kultur und eine fundamentale gen und Schilderungen der bewegten Umbruchzeit Dimension der Gestaltung menschlichen Lebens zu beschäftigen. Sachkundige Zeitzeugen waren schlechthin. Der Wandel ihrer Beschaffenheit und der ehemalige Oberbürgermeister der Hansestadt Bedeutung geht einher mit der Entwicklung des Rostock und ein Fotoreporter aus der Region. Diese gesellschaftlichen und kulturellen Kontextes. Dinge konnten aufgrund ihrer besonderen gesellschaftli- als Artefakte können aufgrund ihres direkten Bezu- chen Stellung als Lokalpolitiker und Journalist kom- ges zur Lebenswirklichkeit der Menschen ein Hilfs- petent auf Fragen und Interessen der Schülerinnen mittel der politischen Bildung sein, Interesse an und Schüler eingehen. historischen Ereignissen und Vorgängen zu fördern. Politische Bildung als Objekt- oder Alltagsgeschich- te versucht durch das Aufgreifen von bekannten Gegenständen deren Verbindung zum gesellschaft- lichen Zusammenhang herzustellen.

Das Seminarangebot der VHS Rostock zur Gegen- standsgeschichte der DDR befasste sich mit Objek- ten und Konsumgütern, die von den Jugendlichen oder der Seminarleitung mitgebracht wurden. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen setzten sich in Kleingruppen mit der Geschichte ihres Objekts auseinander, sie versuchten, es zu datieren, in den historischen Kontext einzuordnen und etwas über die Menschen und die Gesellschaft herauszufinden, die mit den Dingen zu tun hatten. Es wurde thema- tisiert, wozu sie gebraucht, wie sie genutzt und wie sie erworben wurden. Ein Augenmerk lag dabei auf

46 der Bedeutung, die sie für die Bevölkerung der DDR Fehlinformationen konnten teilweise korrigiert hatten und welches Image sie heute, 20 Jahre nach werden, es zeigte sich aber wieder, dass es noch dem Mauerfall, haben. Alle Erträge der Auseinan- größerer Anstrengungen einer zeitgeschichtlichen dersetzung mit dem historischen „Stoff“ wurden Auseinandersetzung bedarf. Mit Einzelveranstal- schriftlichen festgehalten und die Gegenstände tungen allein ist dem Problem nicht beizukommen. selbst fotografiert. Die kreative Gestaltung eigener Medien als Ergebnis einer politisch-historischen Dem Ziel Gender Mainstreaming wurde in beiden Auseinandersetzung – also die produktorientierte Seminaren Rechnung getragen: Es wurden explizit Anlage der Veranstaltung – vermittelte dabei ein Fragen zur geschlechtsspezifischen Rolle von Mäd- zentrales Element von Medienkompetenz. Den chen und Frauen in der DDR besprochen. Grup- kritischen Umgang mit Medien, die zweite, rezep- penarbeit fand ausschließlich gemischt statt, bei tive Seite dieser Kompetenz, konnten die jungen der Präsentation der Arbeitsergebnisse wurde auf Teilnehmer anhand des Umgangs mit historischen Geschlechtergerechtigkeit geachtet. Aufgrund des Medien einüben. Dabei lernten sie nicht nur die niedrigschwelligen Ansatzes der Seminare – beide realsozialistische Epoche der Landesgeschichte verlangten keine großen Vorkenntnisse zu Inhalt Mecklenburg-Vorpommerns kennen, sondern auch und Methodik – waren diese auch ein Angebot für Quellen und Informationen (medien-)kritisch zu Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. bewerten. Rund die Hälfte der Teilnehmer, insbesondere des zweiten Seminars, war mit ihren Eltern aus Ländern Die Aktivitäten des Seminars umfassten außerdem wie Russland, Frankreich und Asien nach Rostock einen geführten Stadtrundgang durch Rostock un- gekommen. Sie konnten zwar keine eigenen Ge- ter besonderer Berücksichtigung der Veränderung genstände aus der DDR mitbringen, interessierten des Stadtbildes, der Architektur und des sozialen sich aber aufgrund des Bezugs zu ihrer neuen Hei- Lebens. Die Jugendlichen erwarben so Kenntnisse matstadt für die Vergangenheit unter dem Diktat über Staat, Gesellschaft Kultur und Wirtschaft in der SED. der DDR, wobei ihnen der historische Bezug zur Aktualität immer wieder am Ort der Geschichte vor Augen geführt wurde. Aufgrund des regen Gerburg Alich Interesses der Jugendlichen an dem Komplex Stasi VHS Rostock und MfS wurde der Seminarplan kurzfristig geän- Alter Markt 19 dert: Die teilnehmenden Jugendlichen erhielten 18055 Rostock die Möglichkeit, sich in Kleingruppenarbeit mit Tel.: 0381/4977025 Dokumenten der Stasi auseinanderzusetzen. Dabei Fax: 0381/4977031 handelte es sich um Stasi-Akten über Jugendliche E-Mail: [email protected] im SED-Staat, die von der BStU für den Unterricht Website: www.vhs-hro.de aufgearbeitet und bereitgestellt wurden. Das erste Seminar wurde aus Mittel der Stiftung Erfahrungen und Ergebnisse Aufarbeitung gefördert, das zweite aus Mitteln des KJP. Auffallend war, wie viele falsche, beschönigende und verharmlosende Sichtweisen über das Leben im SED-Staat unter den Schülern kursierten. Solche

47 KVHS Nordhausen Grenzerkundung als Schatzsuche

Jugendliche aus Thüringen und Niedersachsen „überwinden“ die innerdeutsche Grenze

Themen: Alltagsleben und innerdeutsche Grenze vor 1989 Methoden: Geocaching, Jugendbegegnung, Zeit- zeugengespräche, Gedenkort

Im Gedenkjahr 2009 hatte die KVHS Nordhausen – am Südrand des Harz gelegen – ihr Jahrespro- gramm unter das Motto „Bildung überwindet Grenzen“ gestellt. Da die Volkshochschule direkt an der Grenze zum benachbarten Bayern liegt, hat der Fachbereich junge VHS gezielt ein Begegnungs- seminar für junge Erwachsene aus Thüringen und Niedersachsen durchgeführt. Kooperationspartner war dabei das Jugend- und Bildungshaus in Oste- rode am Harz. In diesem nicht nur erlebnispädago- gischen Seminar konnten die Jugendlichen auf den Spuren der ehemaligen innerdeutschen Grenze das Alltagsleben der Menschen in Ost und West erkunden.

Die Reise der jungen VHS begann vor Ort mit einer symbolischen Grenzüberschreitung der Jugendli- chen im Hochseilgarten von Nordhausen. Hierbei hatten die Jugendlichen aus Ost und West in einer für sie unbekannten Situation die Möglichkeit, sich kennen zu lernen und gegenseitige Vorurtei- le in gemischten Teams abzubauen. Die Übungen im Hochseilgarten zeigte den teilnehmenden Jugendlichen, dass ein Ziel leichter durch die Zusammenarbeit in einer Gruppe zu erreichen ist und dass sie sich dazu gegenseitig unterstützen müssen. Anschließend fuhren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das Jugend- und Bildungshaus Tettenborn. Hier begegneten sie dem von der Stasi verfolgten Schriftsteller Hartmut Funk, der in einer Lesung und im anschließenden Zeitzeugengespräch bildhaft seine Eindrücke von der Teilung Deutsch- lands bis zum Mauerfall am 09.11.1989 schilderte. Durch diesen persönlichen Zugang konnten die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer viel

48 Hintergrundwissen zu Geschichte und Alltag der mationen zum Alltag und zur Geschichte der DDR DDR gewinnen. und der innerdeutschen Grenze waren auch Teil der zu findenden Schätze. Vertieft wurde das neu Mit neuen Methoden Jugendliche „kö- gewonnene Wissen der jungen Erwachsenen noch durch einen geführten Rundgang durch das Grenz- dern“ museum in Ellrich. Sowohl bei den Jugendlichen als So ein Thema kann bei Jugendlichen, die bei der auch bei den Betreuern stieß das Bildungsziel des Grenzöffnung noch gar nicht geboren oder sehr Seminars, das Alltagsleben beiderseits der Grenze jung waren, nur dann „zünden“, wenn man sie erlebbar zu machen und zu thematisieren auf gro- entsprechend „ködert“, analysiert die das Projekt ße Resonanz. Der Kontakt zwischen beiden Grup- begleitende Neue Nordhäuser Zeitung (NNZ). Um pen blieb bestehen und konnte in einem Auswer- den ehemaligen Grenzverlauf gemeinsam zu erkun- tungsworkshop, in dem eine virtuelle Wandzeitung den hatte sich die junge VHS Nordhausen einer von in Form einer multimedialen CD-ROM präsentiert ihrer technischen Seite hochmodernen aber der wurde, verstetigt werden. bekannten Schnitzeljagd nicht unähnliche Methode bedient: Geocaching. Mit Hilfe von GPS-Geräten und den entsprechenden Koordinaten versuchten Giselherr Becker die jungen Erwachsenen zum jeweils nächsten KVHS Nordhausen Zielort zu gelangen, an dem eine verschlüsselte Grimmelallee 60 Nachricht – ein Schatz – zu finden ist, der auch die 99726 Nordhausen Koordinaten des jeweils nächsten Ziels verrät. Die Tel.: 03631/60910 einzelnen Verstecke werden anhand geographi- Fax: 03631/902223 scher Koordinaten im Internet veröffentlicht und E-Mail: [email protected] können anschließend mit Hilfe des GPS-Empfängers Website: www.vhs-nordhausen.de gesucht werden. Mit insgesamt fünf Stationen führte die Reise der Teilnehmerinnen und Teilneh- Das Seminar wurde aus Mittel des KJP gefördert. mer direkt entlang der ehemaligen Grenze. Infor-

49 VHS Parchim

„Lehrer- und Schüler- Haftanlagen der ehemaligen Staatssicherheit relativ häufig thematisiert und mittels Exkursionen durch schicksale im Schatten der die Teilnehmer erschlossen, auch eine Beschäftigung mit der Einparteienherrschaft der SED und dem Feh- stalinistischen Macht“ len von Pluralismus und Demokratie sind Gegenstand der Bildungsangebote. Eine explizite Beschäftigung Jugendliche engagieren sich in der Aufar- mit den Themenbereichen „Herrschaft“ und „Re- beitung stalinistischer Verfolgung pression“ zu Zeiten des Aufbaus des realen Sozialis- mus in Ostdeutschland, die Thematisierung stalini- stischer Gewaltpolitik bei Gründung des zweiten deutschen Staates nach Ende des Zweiten Weltkrieg Themen: Beispiele stalinistischer Verfolgung sind dagegen eine Besonderheit des von der VHS Methoden: Recherche, Exkursion, Erstellung eines Parchim angebotenen Seminars. Films mit Pantomime und Spielszenen Über die Biographie der Parchimer Lehrerin Dust- Wiese wurde den Teilnehmern ein niedrigschwelliger Die Volkshochschule des Landkreises Parchim im Zugang zur unmittelbaren Nachkriegsphase und zur Westen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpom- Aufbauphase der DDR ab Oktober 1949 eröffnet. mern widmete ihren Beitrag zur Veranstaltungs- Schwerpunkt der Auseinandersetzung waren das reihe des DVV aus Anlass des 20. Jahrestags der durch politische Verfolgung, Zwang und Repressi- Friedlichen Revolution einem Kapitel deutscher on geprägte Alltagsleben in der SBZ und dem noch Nachkriegsgeschichte, das nur selten durch die poli- jungen Arbeiter- und Bauernstaat. Die Schülerinnen tische Bildung aufgearbeitet wird: der historischen und Schüler erarbeiteten sich anhand biographischer Phase des Übergangs von der Sowjetischen Besat- Eckdaten der Lehrerin Dust-Wiese und durch Schil- zungszone zu Gründung und Aufbau der DDR. The- derungen von Zeitzeugen, Interviews mit Freunden ma der Veranstaltung für Schülerinnen und Schüler und Verwandten der Parchimer Pädagogin, einen verschiedener Schulformen – es nahmen sowohl Überblick über die Alltags- und Repressionsgeschich- Gymnasiasten als auch Haupt- und Realschüler teil te der SBZ und DDR. Die Biographie und das Schick- – waren „Lehrer- und Schülerschicksale im Schatten sal von A. Dust-Wiese markierten dabei die persön- der stalinistischen Macht“, festgemacht an dem lichen und menschlichen Folgen der Kontinuität von Schicksal der Parchimer Lehrerin Alexandra Dust- politischer Verfolgung in der SBZ und der DDR. Wiese und ihrer Familie.

Methodisch-didaktisch wurde damit ein zweifacher Bezug zur Lebenswirklichkeit der teilnehmenden Jugendlichen geschaffen: erstens in regional- bzw. stadtgeschichtlicher Hinsicht – die Schülerinnen und Schüler beschäftigten sich mit der Biografie einer Bürgerin ihrer Stadt; zweitens in lebensweltlicher Hinsicht – die Teilnehmenden thematisierten Unter- drückung und Verfolgung einer Lehrerin, also einer Angehörigen des Berufsstands, mit dem sie tagtäg- lich zu tun haben, der in ihrer Lebenswelt also eine bedeutende Rolle spielt.

Inhaltlich war das Bildungsangebot der Parchimer VHS eine Ergänzung und Erweiterung gängiger historisch-politischer Bildungsveranstaltungen zur Herrschafts- und Gesellschaftsgeschichte der DDR. Denn wie ein Blick auf die anderen Praxisbeispiele zeigt, werden die innerdeutsche Grenze und die

50 Politische Verfolgung und Repression im jungen Arbeiter- und Bauernstaat Die Zerstörung der bürgerlichen Existenz von A. Dust-Wiese – sie verbrachte trotz vorzeitiger Die am 15. April 1923 in Rostock geborene Leh- Haftentlassung sieben Jahre in Gefangenschaft rerin wurde kurz nach der Gründung der DDR und wurde nach der Entlassung als vorbestrafte, im Oktober 1949 zusammen mit ihrem Bruder in politisch unzuverlässige Person stigmatisiert – Parchim verhaftet. Zur Last gelegt wurde ihr laut führte den teilnehmenden Schülern eindrücklich Zeitzeugenaussage, dass sie Teilnehmerin eines vor Augen, wie umfassend die politische Feind- so genannten Hauskreises war, der sich kritisch definition des sozialistischen Staates war. Die mit dem politisch durchsetzten Alltag in der SBZ Repression richtete sich in dem betrachteten Fall und der DDR befasste. Die Mitglieder des Kreises eben nicht gegen politische Gruppen und Indivi- reflektierten in dem kleinen, fast schon intimen duen, die ihre Kritik an der DDR verbreiteten oder Forum die gesellschaftlichen Vorgänge und ihre gar praktisch den Kampf gegen die SED-Obrigkeit beengenden Auswirkungen auf Alltag und Leben antraten, sondern gegen harmlose, unprominente der beteiligten jungen Menschen. Sie kritisierten junge Menschen, die sich ihre Freiheit der privaten das Fehlen von Gedanken- und Meinungsfreiheit Meinung nicht nehmen lassen wollten. Das Durch- und die Allgegenwärtigkeit von Überwachung und führen eines Diskussionszirkels zum gemeinsamen Kontrolle durch Behörden der Sowjetmacht und Gedankenaustausch galt genau wie „die geistige der DDR. Der Hauskreis sollte dabei eine Gelegen- Beweglichkeit“ von Menschen als Gefahr für die heit sein, sich im Vertrauen und ohne Gefahr durch Herrschaft der SED. „Jeder Andersdenkende wurde die Verfolgung durch den NKWD der Sowjetunion als potenzielle Keimzelle für den Sturz des stali- und/oder die Staatssicherheit der DDR und ihrer nistischen Regimes“ betrachtet – so ein Zeitzeuge Zuträger über gemeinsame Interessen persönlicher, zusammenfassend zur persönlichen Erfahrung des kultureller und politischer Art auszutauschen. Po- damaligen gesellschaftlichen Klimas. litische Ambitionen oder gar Aktionen waren laut Erzählungen der Zeitzeugen nie Ziel des privaten Die politische Realität in der SBZ und später in der Zirkels. Trotzdem wurden die jungen Initiatoren jungen DDR war geprägt von Zwang und Repres- des Kreises kriminalisiert, verhaftet und als anti- sion – anfangs in der SBZ durch die Verfolgung sowjetische Elemente und Feinde des Sozialismus und Inhaftierung von NS-Kriegsverbrechern und dingfest gemacht, was nur auf einen Verrat durch ihren Handlangern, später durch die zunehmend einen eingeschleusten Spitzel zurückzuführen war, wahllose Verhaftung von Jugendlichen, denen vor da der Hauskreis keinerlei Außenwirkung beabsich- allem Freischärlertätigkeit innerhalb der Werwolf- tigte und hatte. Untergrundorganisation vorgeworfen wurde, dann

51 in der Konsolidierungsphase der Teilung Deutsch- lichen Methode der Erkundung wurde das Thema lands, als die Spannungen zwischen den Blöc- „stalinistische Gewaltherrschaft“ auch vor Ort ken stiegen und die SBZ immer mehr als Teil des erschlossen; die teilnehmenden Schülerinnen und Ostblocks in Stellung gebracht wurde, durch den Schüler konnten selbstständig lernen und sich vor Sowjetisierungsdruck, der sich direkt in der Ver- allem die sinnlichen und visuellen Dimensionen von schärfung des politischen Klimas in Ostdeutschland politischer Verfolgung und Repression im Arbeiter widerspiegelte. Die Blockparteien, die bisher noch und Bauernstaat aneignen. Sie betrieben eigen- eigenständig waren, wurden dem sozialistischen ständige Recherchen im Lernkontext, anhand der Kurs untergeordnet; Gruppierungen und Personen, Erzählungen der Zeitzeugen versuchten sie den die weiterhin eigene Politikangebote machten und mutmaßlichen Spitzel in der Gruppe zu benennen sich nicht dem Kurs der Ostbindung unterordneten, und zu überführen – was leider nicht abschließend wurden aus der Öffentlichkeit gedrängt, verloren gelang. ihren Einfluss und ihre Ämter und fanden sich nicht selten damit konfrontiert, dass ihnen die Gefahr Die so gewonnenen Erfahrungen und Eindrücke von Kriminalisierung und Inhaftierung drohte. wurden in einem Film dokumentiert und in der künstlerischen Form einer Pantomime inszeniert. Höhepunkt und vorläufiges Ende dieses Trans- Diese setzte die Erfahrungen und Empfindungen formationsprozess der ostdeutschen Parteien- der Teilnehmenden, die diese im Umgang mit der landschaft war, dass alle Blockparteien de facto Biographie der Parchimer Lehrerin als Beispiel für ihr eigenständiges Profil verloren und dem Herr- die alltägliche Kontrolle, Überwachung und Ver- schaftsanspruch der SED untergeordnet wurden folgung politisch Andersdenkender in der Sowje- – der Parteienpluralismus existierte fortan im tischen Besatzungszone und der DDR gewonnen sozialistischen Teil Deutschlands nur noch als Le- hatte, um – und würdigte damit die couragierte gitimation der Sozialistischen Einheitspartei, nicht und freiheitsliebende A. Dust-Wiese. So kam eine mehr als Angebot zur politischen Willensbildung historische Revue zur deutsch-deutschen Geschich- der Bevölkerung. te zustande, die auch für andere Jugendliche einen Zugang zur Zeitgeschichte bietet. Dabei übernah- Eine ähnliche Entwicklung durchliefen auch die men die teilnehmenden Jugendlichen selber alle SED und die politischen Massenorganisationen des Arbeitsschritte: Sie schrieben ein Drehbuch für Landes: Die SED wurde von sozialdemokratischen die Pantomime, stellten historische Szenen nach, Einflüssen gesäubert und nahm immer mehr den schnitten und vertonten den Film. Das hierfür Charakter einer Partei stalinistischen Typs an, die notwendige Wissen konnten sie sich während des formal eigenständigen Massenorganisation wie die VHS-Kurses aneignen. Freie Deutschen Jugend (FDJ), der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) und der Demokrati- Außerdem stellten die Jugendlichen einen Antrag sche Frauenbund (DFD) wurde den Interessen der an die kommunale Verwaltung, Leben und Person SED-Führung untergeordnet und erfüllten bis zum der widerständigen Lehrerin zu würdigen. Eine Ende der DDR ihre Aufgabe der Politisierung und konkrete, öffentlichkeitswirksame Initiative ergab Agitation der Bevölkerung in Alltag und Betrieb. sich zum Abschluss der Veranstaltung: Die Teilneh- menden regten an, den im Wikipedia-Artikel als Historische Revue Sohn der Stadt Parchim geführten SS-Obergrup- penführer, Gauleiter und Kriegsverbrecher Fried- Die Schilderung der Ereignisse und die Beschrei- rich Hildebrandt zu streichen und stattdessen die bung der Beteiligten durch Zeitzeugen machte das von NKWD und Staatssicherheit verfolgte Parchi- historisch-politische Lernen im Bildungsangebot mer Lehrerin Dust-Wiese zu würdigen. der VHS Parchim lebendig und biographisch-le- bensweltlich anschlussfähig. Die Konzeption wurde ergänzt durch eine Exkursion in die Haftanstalt, in der A. Dust-Wiese einen Teil ihrer Haftzeit verbü- ßen musste: in das berüchtigte Frauengefängnis Schloss Hoheneck. Mittels der teilnehmerfreund-

52 Dörte Steinert VHS Parchim Ziegendorfer Chaussee 11 19370 Parchim Tel.: 03871/441120 Fax: 03871/444207 E-Mail: [email protected] Website: www.vhs-parchim.de

Die Veranstaltungen wurde aus Mitteln des KJP gefördert.

Die Filmdokumentation sowie die Zeitzeugenbe- richte zum Vorgängerprojekt „Rädchen im System – Geschichten zur Schule in der DDR“ unter www.politischejugendbildung.de

53 HVHS PfalzAkademie Lambrecht „Demokratie lebt vom Mitmachen“

Jugendliche aus Thüringen und der Pfalz bei gemeinsamer Projektarbeit

Themen: Alltag im geteilten Deutschland, Friedli- che Revolution und ihr Gegenwartsbezug Methoden: Exkursion, Foto-Dokumentation, Re- cherche, Filmanalyse, Jugendbegegnung

„Mauern – Mächte – Menschen: Alltagswelten und politische Wirklichkeit in beiden Teilen Deutsch- lands“. Unter diesem Motto kamen rund 30 Schüler und Schülerinnen aus Thüringen und der Pfalz im Juli 2009 für eine Woche in der PfalzAkademie Lambrecht zusammen. Die Jugendlichen stammten aus der elften und zwölften Jahrgangsstufe des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums in Neustadt an der Weinstraße und des Holzland-Gymnasiums Herms- Fragen an Geschichte und Politik dorf im Saale-Holzland-Kreis, dem Partnerkreis des Auch bei dieser Teilnehmergruppe war wieder klar: Landkreises Bad Dürkheim. Die zwei Partnerland- Es handelte sich um „Nachgeborene“; deutsche Tei- kreise aus Rheinland-Pfalz und Ostthüringen unter- lung, das Leben in den beiden deutschen Staaten stützten die Veranstaltung. Und es ist beabsichtigt, und die Revolution 1989 waren für sie Historie, die aus dem gelungenen Beispiel einer innerdeutschen sie nur vom Hörensagen kannten. Daraus ergab sich Begegnung eine Tradition werden zu lassen. Alle die allgemeine Zielsetzung, für das Eingebunden- Gymnasien beider Kreise sollen künftig in Projekt- sein in den historischen Verlauf zu sensibilisieren wochen der PfalzAkademie eingebunden werden. und den eigenen Standort in der heutigen demo- kratischen Ordnung Deutschlands vor diesem Hin- Die Seminargruppe war in der Heimvolkshoch- tergrund zu thematisieren. Die Schüler sollten sich schule PfalzAkademie untergebracht, wo auch der also nicht als Rezipienten eines Stoffs – in diesem größte Teil des Programms stattfand. Außerdem Fall: eines Ausschnitts aus der deutschen Geschich- gab es Exkursionen: eine Reise nach Bonn ins Haus te – verstehen, sondern über Möglichkeiten einer der Geschichte sowie eine Besichtigung des Hamba- aktiven Rolle im politischen Geschehen aufgeklärt cher Schlosses, der „Wiege der deutschen Demo- und so zugleich zu einer Klärung eigener Interessen kratie“, und des Kaiserdoms in Speyer. Die Arbeit und Standpunkte angeregt werden. Gerade in die- im Seminar lebte von unterschiedlichen Methoden, ser Aktivierung sieht die außerschulische Bildung mit denen die vielen Facetten der zeitgeschichtli- ihre besondere Chance, da sie nicht wie der Schul- chen Rückschau aufbereitet und die Teilnehmen- unterricht auf die Reproduktion und Überprüfung den zu aktiver Mitgestaltung motiviert wurden. von Wissensbeständen abzielt. Im Vorfeld des Seminars war vereinbart worden, allen Teilnehmenden im Unterricht eine Einführung Die Anfragen an Geschichte und Politik betrafen zur deutschen Nachkriegsgeschichte zu bieten, so vor allem drei Punkte: dass bei Seminarbeginn ein gewisser Kenntnisstand vorausgesetzt und in der Arbeit darauf aufgebaut 1. Alltag im geteilten Deutschland. Ziel die- werden konnte. ses Schwerpunkts war es, Unterschiede und Gemeinsamkeiten sowohl im historischen Er-

54 leben wie in der Aufarbeitung von Geschichte Orientierung(en) in Deutschland zu analysie- unter die Lupe zu nehmen. Die Teilnehmerin- ren und zu bewerten. Durch das Votum der nen und Teilnehmer machten sich mit dem Teilnehmer rückte dabei besonders die Auf- gesellschaftlichen Leben im geteilten Deutsch- gabe in den Vordergrund, eigene Standpunk- land und seinen politischen, kulturellen und te gegenüber Radikalisierung, Extremismus wirtschaftlichen Implikationen vertraut. Sie und Ausländerfeindlichkeit zu formulieren. verglichen die biographischen Erfahrungen Allgemeine Fragen lauteten hier etwa: Für ihrer Eltern, die Perspektiven von erzählter wen hat sich das Leben nach 1989 am meisten Geschichte, die Berichterstattung in den Me- geändert? Wie gehen Menschen mit ihrer Ge- dien und die Mitteilungen von Zeuginnen und schichte um? Was sagt die junge Generation, Zeugen des Alltags (etwa in ästhetisch gestal- die die Teilung nicht erlebt hat, zur Geschichte teter Form). ihres Landes? Welche „Botschaften“ hat die Geschichte für uns? 2. Die Friedliche Revolution und die Wende. Ziel dieses Projektteils war es, genauer nachvoll- Da es sich um ein außerschulisches Seminar der ziehen zu können, was geschehen ist und politischen Jugendbildung handelte (und nicht wie es dazu kommen konnte, welche Akteure um die Absolvierung eines Unterrichtspensums), auf welcher Seite wie beteiligt waren. Wer musste sich die Gruppe erst konstituieren und über leistete in der DDR Widerstand und wie nahm die individuellen Zugänge verständigen. Im ersten der Westen dies wahr? Was geschah wirklich Schritt ging es also um den persönlichen Bezug bei den Montagsgebeten und den Montags- zum Thema. Gearbeitet wurde mit der Fotokartei, demonstrationen? Wer hat dafür gearbeitet, die Jugendlichen stellten sich gegenseitig vor, und dass die Mauer fiel? Wie haben diejenigen das zwar anhand ausgewählter Fotos, die den per- alles erlebt, die dabei waren? sönlichen Blickwinkel akzentuierten. Dies diente einerseits dem Kennenlernen, andererseits lernten 3. Identität und demokratisches Engagement die Teilnehmenden so, sich zu einem komplexen im geeinten Deutschland. Ziel war es bei politischen Themenfeld in Beziehung zu setzen diesem Punkt, politische Identität(en) und und dies vor der Gruppe zu vertreten. Dies wur-

55 de fortgesetzt mit der Methode der assoziativen Satzanfänge. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer führten Sätze zu Ende, mit denen sie wiederum zu inhaltlichen Themen eigene Bewertungen ins Spiel brachten. Die Sätze lauteten: 1. Meine Eltern haben über die Zeit vor und nach der friedlichen Revolu- tion erzählt, dass…; 2. was ich vor allem über die Ereignisse von 1989 wissen möchte, ist…; 3. meiner Meinung nach sind die Ereignisse von 1989 heute wichtig, weil…; 4. meine Nationalität bedeutet für mich… Beim Vortragen der Statements nahmen die Seminarteilnehmer sich mit ihren unterschiedlichen Äußerungen und Standpunkten wahr; gleichzeitig ergab sich dadurch eine thematische Strukturie- rung.

Recherchen, Gespräche und Spurensuche

Außerhalb der Bildungsstätte ging es im Haus der Geschichte in Bonn um Recherchen und um die Erstellung einer Fotodokumentation. Der Besuch im Haus der Geschichte war kein einfacher Muse- umsbesuch. Zwar gab es auch eine Überblicksfüh- rung, wesentlicher Bestandteil war aber ein für Kleingruppen vorbereitetes kleines Recherche- projekt. Die Jugendlichen erhielten Aufträge zu sieben aufeinander aufbauenden Themengebieten, deren Ergebnisse sie sich gegenseitig mit Fotos präsentierten. Dadurch konnten sie sich selbst Ein anderes Element war die geschichtliche Aufar- Inhalte erschließen und waren motiviert, diese für beitung mit Hilfe von Film und Literatur. Anhand die anderen methodisch aufzubereiten. Schwer- von Spielfilmausschnitten („Spur der Steine“, „Das punktthemen waren: Parteien der Nachkriegszeit schreckliche Mädchen“, „Nikolaikirche“), die jeweils – Berlin-Blockade – der 17. Juni 1953 – Mauerbau – 10-15 Minuten dauerten, konnte Geschichte ver- Grenzbeziehungen – Ausreisewellen – die Mauer in dichtet erlebt werden. Wichtig war dabei vor allem den Köpfen. die Perspektive, aus der heraus das jeweilige The- ma angegangen wurde. Bei der Aufarbeitung von Ferner gab es Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitgeschichte in der Literatur ging es besonders Zeitzeugen. Hierbei standen unterschiedliche As- um die Sichtweise unterschiedlicher Generationen, pekte im Vordergrund, die sich wiederum gegen- die die DDR-Gesellschaft beschrieben. Literatur- seitig ergänzten. Odulf Jakobi berichtete über den beispiele waren: Maxie Wander, „Guten Morgen, Aufstand vom 17. Juni, seine Ausreise aus der DDR du Schöne“; V.-M. Baehr, „Wir denken erst seit und Erfahrungen in der politischen Bildungsarbeit. Gorbatschow“; Thomas Rosenlöcher, „Ostgezeter“; Martin Kaiser, Leiter der PfalzAkademie und seit Jana Hensel, „Zonenkinder“; Claudia Rusch, „Meine langem in der internationalen Begegnung tätig, freie deutsche Jugend“. beschrieb seine deutsch-deutsche Kontaktarbeit vor und nach der friedlichen Revolution sowie Ein Kurzfilm und Karten zum Thema Rechtsradika- sein Erleben von Politik und Alltag im geteilten lismus legten dann wieder mehr Wert auf den Ge- Deutschland. Dörthe Luthardt ergänzte dies, indem genwartsbezug. Es wurde z.B. ein Kurzfilm zu einer sie die gleichen Themen aus Sicht einer DDR-Bür- Gewaltszene in einer Straßenbahn vorgeführt, der gerin beleuchtete. Rebecca Bahr informierte über die Frage nach zivilcouragiertem Handeln aufwarf. Familiengeschichte im deutsch-deutschen Kontext. Hier wurde der Blick darauf gerichtet, welchen Her-

56 ausforderungen sich die Demokratie im geeinten beide Politiker – von Hause aus Juristen – auf die Deutschland stellen muss. Diese Arbeitseinheit fand verfahrenstechnischen Schwierigkeiten aufmerk- auch im Blick auf das Gespräch mit den Politikern sam. Inhaltlich sei ein Verbot sinnvoll, bei einem statt. Scheitern des Verfahrens könne ein solcher Versuch jedoch die gegenteilige Wirkung haben, nämlich Demokratie braucht Demokraten die NPD stärken.

In Gesprächen mit einem Repräsentanten der Ver- Eins war am Ende klar: Wegschauen, Gleichgül- waltung auf Bundesebene (BMFSFJ) und mit politi- tigkeit und ein Mangel an Zivilcourage töten die schen Entscheidungsträgern auf regionaler Ebene Demokratie. Röhl forderte die Jugendlichen beider thematisierten die Jugendlichen Partizipations- Regionen auf: „Haben Sie Mut, bringen Sie sich ein. möglichkeiten und den Umgang mit Rechtsextre- Kenntnisse der Geschichte brauchen wir, um in der mismus in Deutschland. Beide Gespräche ergänzten Lage zu sein, gesellschaftliche Fehlentwicklungen sich und fokussierten unterschiedliche Fragen der rechtzeitig zu sehen.“ Bei den Jugendlichen war politischen Kultur und des demokratischen Enga- eine gewisse Reserve zu spüren, sich politisch zu gements. Die direkte Berührung mit der Politik be- positionieren. Bürgermeister Wieder betonte, dass werteten die Schülerinnen und Schüler ausgespro- politisches Engagement nicht zwingend auf die chen positiv, wobei sicher eine Rolle spielte, dass Parteien beschränkt sein müsse. Auch in andern durch die Befassung mit den politisch-historischen Bereichen lasse sich etwas bewegen. Deutlich Themen eine Sensibilisierung für solche Diskussio- wurde hier auch, dass die Kenntnis der Geschichte nen mit Verantwortungsträgern erfolgt war. eine wichtige Rolle spielt, denn bei dem Gespräch wurde u.a. die Reaktion der Weimarer Republik Vor Ort in Lambrecht fand das Gespräch mit Politi- auf die damalige Weltwirtschaftskrise erörtert – kern aus der Region statt, und zwar mit der Land- durchaus lehrreich für die heutige Bewältigung der rätin Sabine Röhl und dem Bezirkstagsvorsitzenden Finanzkrise! und Oberbürgermeister der Stadt Frankenthal, Theo Wieder. In der Seminargruppe hatte sich aus Erfahrungen und Ergebnisse der vorhergehenden Befassung mit der Entwick- lung seit 1989 als wichtiges Thema die Zunahme Neben der dichten Informationsvermittlung ging rechtsextremer und ausländerfeindlicher Tenden- es bei dem Seminar um mehr: nämlich darum, die zen, speziell die Rolle der NPD, herauskristallisiert. Informationen und ihre Quellen zu hinterfragen; Die Politiker nahmen sich Zeit für das Gespräch mit die Bedeutung von Ereignissen für die eigene den Schülern, die Landrätin machte sie z.B. mit dem Biographie und die Familiengeschichte zu erfas- „Lokalen Aktionsplan des Landkreises Bad Dürk- sen und darüber die wechselseitigen Einflüsse von heim gegen rechtsradikale Umtriebe“ vertraut. biographischem Erleben und politischen Rahmen- Beide Regionalpolitiker waren sich einig, dass man bedingungen zu thematisieren; und schließlich die Rechtsextremen mit demokratischen Mitteln entge- historischen Ereignisse auf ihre Bedeutung für die gen treten müsse. Gegenwart abzuklopfen. Bemerkenswerte Punkte waren: Das Gespräch entwickelte sich zu einem Ringen um demokratischen Konsens. Für die Schüler – aus • Die Begegnung von Teilnehmerinnen und Teil- Ost und West gleichermaßen – war es schwer zu nehmern aus alten und neuen Bundesländern. verstehen, dass rechtsradikale Wahlplakate gedul- Die Jugendlichen dachten zunächst, dass der det und sogar rechtsradikale Demonstrationen, Unterschied gar nicht so groß sei: Man hört sofern beide nicht verfassungswidrige Elemente die gleiche Musik, sieht die gleichen Soaps, (Hakenkreuze etc.) benutzen, polizeilich geschützt sucht die gleichen Chatrooms und Websites werden müssen. Hier entwickelte sich ein fruchtba- auf, hat ähnliche Hobbys etc. Aber schnell res Gespräch, in dem die Schüler und Schülerinnen bemerkten die Teilnehmenden aus Thüringen, ihre eigene demokratische Verantwortung ent- dass die Rheinland-Pfälzer kaum Informatio- wickelten und formulierten. In der Verbotsfrage, nen über die (Ex-)DDR besaßen; zudem waren die die Jugendlichen stark interessierte, machten die Fakten aus den Geschichtsbüchern nicht

57 mit Leben gefüllt, es fehlten die Erfahrungen gänge heruntergeholt. Spannend war dabei der Eltern oder anderer Zeitzeugen. Umge- auch zu beobachten, wie die Jugendlichen die kehrt registrierten die Westdeutschen, dass Entwicklung weiter dachten und überlegten, die Gruppe aus Thüringen besondere Sensi- welche Rückschlüsse aus der Geschichte zu zie- bilitäten zeigte, wenn es um die Geschichts- hen sind. Der Einsatz gegen den Rechtsextre- betrachtung ging, und westliche Dominanz mismus war dabei eine zentrale Konsequenz. fürchtete. Nach den ersten Arbeitseinheiten In den Gesprächen mit den politisch Verant- begannen sich die jungen Menschen über die- wortlichen wurden die jungen Leute dann se sensiblen Punkte näher auszutauschen. mit dem Standpunkt der demokratischen Ordnung konfrontiert, dass Rechtsradikale mit • Die Begegnung von Lehrerinnen und Lehrern rechtsstaatlichen Mitteln behandelt werden aus alten und neuen Bundesländern. Dieser müssen und sich beispielsweise an Demonstra- Aspekt war unvermutet spannend. Die Lehre- tionen und Wahlkämpfen beteiligen dürfen. rin aus den neuen Bundesländern berichtete über Vorbehalte vor allem älterer Kollegin- Schlussfolgerungen und Perspektiven nen und Kollegen, was eine Teilnahme an dem Projekt betraf. Mögliche Fragen nach Die Jugendlichen beschäftigte nicht so sehr die der eigenen Positionierung seien hier mit Frage, ob es Mauern in den Köpfen der Menschen Angst besetzt gewesen. Im Gegensatz zu den gibt, sondern vielmehr die Überlegung, was sie Schülern hatten die Lehrerinnen die friedliche persönlich für ein weiteres Zusammenwachsen in Revolution wirklich erlebt und konnten somit Deutschland tun können. Die Veranstaltung bewer- konkrete eigene Erfahrungen und Sichtweisen teten sie als einen erfolgreichen Schritt, um solche austauschen. Fragen zu klären. Wichtig war vor allem die Tatsa- che, dass es nicht nur um eine Bilanz historischer • Die Bedeutung von Zivilcourage und zivilge- Ereignisse, sondern auch um eine Reflexion unter- sellschaftlichem Engagement. Für die Teilneh- schiedlicher Perspektiven ging. menden war die Erarbeitung der historischen Zusammenhänge wichtig im Blick auf konkre- Alle Beteiligten waren sich darin einig, dass die tes politisches Engagement. Politik wurde für unterschiedlichen Ansätze und Methoden, speziell sie erfahrbar und greifbar, wurde von einer der Nachdruck auf erlebter Geschichte und Oral abstrakten Ebene auf die Ebene der persön- History, für den Erfolg des Projekts von entschei- lich beeinflussbaren und gestaltbaren Vor- dender Bedeutung waren. Die authentischen Quel- len (Zeitungs- und Filmmaterial aus Ost und West, Geschichtsbücher, Dokumente in den Museen) bildeten die Grundlage, um Geschichte zu verste- hen. Darüber hinaus spielten die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen eine zentrale Rolle, weil sie biogra- phisches Erleben mit der Ebene der großen Politik verbanden und diese dadurch anschaulicher mach- ten. Hierzu gehörte auch die Aufarbeitung von Ge- schichte in Film und Literatur. Diese methodischen Zugänge ermöglichten eine Blickerweiterung. Die Vielfalt der methodischen Ansätze vermittelte den Teilnehmenden eine ganzheitliche Erfahrung und sprach unterschiedliche Verarbeitungsebenen an. Das wurde positiv in der Auswertung hervorgeho- ben - und es ist auch ein konzeptioneller Bestand- teil der geplanten Folgeveranstaltungen.

Die PfalzAkademie befasst sich nämlich kontinuier- lich mit der Frage von Ausgrenzung und Mauern.

58 den deutsch-deutscher Begegnungen, eine Ausstel- lung „Begrenzte Aussicht - Bilder aus dem geteilten Deutschland“ im Foyer der Akademie (die auch in das Kooperationsseminar einbezogen wurde) oder ein internationales Projekt „Die Botschaft des Jahres 1989“ mit Teilnehmenden aus Deutschland, den USA, Polen, Ungarn und Nordirland. Für das kommende Jahr sind Folgeprojekte mit ähnlichen Formaten geplant.

Bei dem Kooperationsprojekt der PfalzAkademie mit Partnerschulen aus Rheinland-Pfalz und Thürin- gen kam der Einrichtung, die vom Bezirksverband Pfalz getragen wird und die als Heimvolkshoch- schule eine Sonderstellung im Volkshochschulbe- reich einnimmt, ihre langjährige Tätigkeit in der Begegnungsarbeit zu Gute. Die PfalzAkademie hat zahlreiche internationale Begegnungen von So wurde bei einem Projekt 2008 die Überwindung Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchge- von Mauern in einem internationalen Zusammen- führt, gerade auch im Blick auf brisante politische hang, über den deutschen Fall hinaus, thematisiert. und kulturelle Konfliktlinien, etwa im Nahen Osten Analysiert wurden einerseits Bedeutung und Bot- (vgl. Martin Kaiser, Friedensproben – Interkulturelle schaft des Mauerfalls in internationaler Perspekti- Begegnung und interreligiöser Dialog in der politi- ve, andererseits wurde die Frage diskutiert – aller- schen Bildung, Schwalbach/Ts. 2006). dings kontrovers –, welche Anregungen der Fall der Berliner Mauer zur Überwindung anderer Mauern und Grenzen in dieser Welt (Zypern, Israel/Palästi- Martin Kaiser na, Nord- und Südkorea, Mexiko) geben könnte. In PfalzAkademie Lambrecht einem Gespräch mit der Stiftung Aufarbeitung wur- Franz-Hartmann-Straße 9 de übrigens deutlich, dass sie einen solchen Ansatz 67466 Lambrecht nicht teilt; die Bedeutung der Mauern, hieß es, sei Tel.: 06325/18000 zu unterschiedlich. Dies wäre zu diskutieren. Zu- Fax: 06325/180026 mindest die Bundesregierung schien bei der Gestal- E-Mail: [email protected] tung der offiziellen Feierlichkeiten zum Jahrestag Website: www.pfalzakademie.de des Mauerfalls 2009 der Sichtweise der Stiftung zu widersprechen: Die benannten Themenfelder aus Das Projekt wurde aus Mitteln der Stiftung Aufar- dem internationalen Bereich wurden gerade in die beitung gefördert. Feier einbezogen. Das Signal der Bundesregierung, eine internationale Dimension der Vergangenheits- bearbeitung in die Arbeit einzubeziehen, deckt sich auch mit Positionen, wie sie in der Fachöffent- lichkeit der politischen Jugendbildung seit einiger Zeit formuliert werden (vgl. das Themenheft zur friedlichen Revolution von Außerschulische Bildung 2/09).

Neben dem Schulprojekt führte die PfalzAkade- mie 2009 weitere Veranstaltungen zur friedlichen Revolution und zum Fall der Mauer durch. Hierzu zählten ein Wochenendseminar zu Familienbiogra- phien in Deutschland mit ehemaligen Teilnehmen-

59 HVHS Burg Rothenfels „Grenzenlose Freiheit – Traum oder Albtraum?“

Ein Seminar bietet politisch-philosophische Reflexionsmöglichkeiten

Themen: Unterdrückung in der DDR, Jugendliche und Stasi Methoden: Partizipative Planung, Vorträge, Textar- beit, Zeitzeugengespräch

Die Burg Rothenfels, malerisch gelegen am Main in Unterfranken, gehört zur Kategorie der Heim- volkshochschulen. Sie stellt damit ebenfalls eine Sonderform der Volkshochschulen dar, als Bildungs- einrichtung im ländlichen Raum bietet sie politische Bildung in Internatsform an. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, meist Jugendliche und junge Erwach- sene, können sich fernab von Beruf, Alltag und störenden Einflüssen der Großstadt auf mehrtägi- gen Veranstaltungen mit Themen aus Gesellschaft, Politik und Kultur befassen. Die HVHS Burg Ro- thenfels ist eine Institution der Jugendbewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts aus Wandervogel und Lebensreform entstand; seit 1919 arbeitet sie als Bildungszentrum für Jugendliche. Bekanntheit erlangte sie vor allem als Bildungseinrichtung der katholischen Jugendbewegung und des Quickborn- Bundes unter der Leitung des Theologen Romano Guardini in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Der renommierte Religionsphilosoph Guardini prägte maßgeblich die Liturgische Bewegung und die Erneuerung der katholischen Jugendarbeit. Die HVHS Burg Rothenfels ist damit eine der traditions- reichsten (Jugend-)Bildungsstätten in Deutschland.

Tradition haben mittlerweile auch die Jugendta- gungen, die seit 1999 jährlich mit und von Jugend- lichen in der Heimvolkshochschule veranstaltet werden. Die einwöchige Jugendtagung vom 2. bis 9. August 2009 war eine Jugendbildungsveran- staltung „zweiten Grades“, die einen doppelten Lernprozess initiieren wollte. Es sollte nicht nur der inhaltliche Schwerpunkt der Tagung vermittelt werden – sie stand unter dem Motto „Grenzenlose Freiheit – Traum oder Albtraum?“ –, sondern auch die Selbstorganisation des Lernens und der Aus-

60 einandersetzung mit dem Stoff der Veranstaltung sozialistische Verfasstheit. Die Legitimationsfigur übernommen und eingeübt werden. Pädagogisches vom antifaschistischen Staat DDR sollte dem Füh- Ziel der HVHS war es, die Jugendlichen zur selbst- rungsanspruch der SED den Anschein historischer ständigen Erarbeitung und Durchführung eines Legitimität verleihen. Tagungskonzepts zu befähigen. „Ein Team von vier Jugendlichen im Alter von 19 Jahren hat die Andererseits konnte sich die Sozialistische Einheits- Tagung eigenhändig vorbereitet, von der Auswahl partei Deutschlands auf gesellschaftliche Steuerungs- der Einzelthemen und der Einladung der Referen- Instrumente stützen – Massenorganisationen wie FDJ ten über die Organisation aller Workshops und und FDGB, moderne Medien wie Tageszeitungen, Arbeitskreise und der musikalischen Angebote bis Radiosender und Fernsehkanäle, Bildungseinrichtun- hin zur Leitung der Tagung vor Ort“, hält das Bil- gen wie Parteischulen und Schulen der sozialistischen dungsbüro der Burg Rothenfels zur Jugendtagung Arbeit –, mit denen sie die Bevölkerung dauernd 2009 fest. dafür agitierte, die Richtigkeit der Partei-Ideologie und den daraus folgenden Führungsanspruch der Dem didaktischen Konzept der Bildungsveranstal- SED anzuerkennen. Die kommunistische Idee der SED tung entsprach, dass das Thema „Grenzenlose Frei- war dabei nicht nur der Anspruch, als Avantgarde heit“ von den Teilnehmern der Jugendtagung 2008 des realen Sozialismus im Besitz der alleinigen und im Hinblick auf das 20-jährige Jubiläum der Friedli- ungeteilten Wahrheit zu sein, sondern bedeutete chen Revolution und des Mauerfalls selbst gewählt auch den praktische Auftrag, die gesellschaftlichen wurde. Mit der Wahl dieses Schwerpunktes wollte Verhältnisse des Kapitalismus umzuwälzen und eine man einen politisch-philosophischen Bezug zu den neue sozialistische Gesellschaft zu schaffen und zu Begebenheiten 1989/90 herstellen. Die Implosion gestalten. Und wer sich dieser Deutungs- und Ent- jahrzehntelang für stabil gehaltener Machtverhält- scheidungshoheit der SED entzog, sich darüber lustig nisse in der sozialistischen Gesellschaft der DDR gin- machte oder sie gar – vielleicht sogar noch öffentlich gen vor allem darauf zurück, dass die Bevölkerung – kritisierte, zog sich die Verfolgung durch die Stasi gegen nicht gewährte Freiheits- und Bürgerrechte zu. Diese kontrollierte und überwachte die Bevölke- aufbegehrte. Die Akteure der Friedlichen Revolution rung, um sie gegebenenfalls zur Anerkennung der forderten Reisefreiheit, die Freiheit der demokrati- Führungsrolle der SED und zu sozialismuskonformem schen Wahl, freie Medien, Meinungsfreiheit und die Verhalten zu zwingen. Möglichkeit zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Dem entgegen standen der dauerhafte Führungs- Die Einschränkung und Überwachung der Rede- und anspruch der SED und die politische Herrschafts- Meinungsfreiheit, die Begrenzung und Kontrolle der struktur des Arbeiter- und Bauernstaates. Herrschaft Reisefreiheit und die Korrumpierung demokratischer in der DDR war dadurch gekennzeichnet, dass alle Teilhaberechte durch Wahlbetrug und Propaganda gesellschaftlichen Prozesse der Fortentwicklung des sollten Teil der in der Tagung zu leistenden inhaltli- Sozialismus untergeordnet wurden. Einerseits in chen Auseinandersetzung sein. Diese war als Suche ideologischer Hinsicht: Die Partei der Arbeiterklasse, nach der absoluten Freiheit konzipiert. Unter dem die SED, hatte die Entscheidungskompetenz in allen Gesichtspunkt „Verwirklichung oder Begrenzung politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen von Freiheit“ wurden verschiedene Themenfelder Fragen. Sie verfügte über die umfassende und einzig erarbeitet und diskutiert. Didaktisch reichte das richtige Ideologie, die „wissenschaftliche Weltan- Spektrum der Formate von Vorträgen, Arbeitskreisen schauung“ des Marxismus-Leninismus, die sie zur und Quellenstudium über Zeitzeugenbegegnungen, Herrschaft über die Bevölkerung ermächtigte und Exkursionen und Planspiele bis hin zu gruppendy- gleichzeitig auch die gesamte Legitimität der Exi- namisch reflektieren Prozessen, Musik- und anderen stenz der DDR ausmachte. kreativen Freizeitangeboten. Ein Teil der Workshops und Kurse wurde von Jugendlichen selbst oder von Existenziell begründet war der Arbeiter- und Bauern- ehemaligen Teilnehmern vergangener Jugendta- staat nicht durch historische Ergebnisse nationaler, gungen auf Burg Rothenfels angeboten – es kamen sozialer und/oder demokratischer Bewegungen, also gleichberechtigt verschiedene Generationen zu sondern durch die spezifische, aus dem Geist der Wort. wissenschaftlichen Weltanschauung resultierende,

61 Auch Gender Mainstreaming ist in dieser traditions- reichen Jugendbildungsstätte kein Fremdwort. Die Gleichberechtigung der Geschlechter, die besonde- re Rücksichtnahme auf rollenspezifisches Verhalten, wird auf Burg Rothenfels seit drei Generationen erfolgreich gelebt. Der frühere Träger der Bil- dungsstätte, der Quickborn-Jugendverband, hatte schon vor Einführung des allgemeinen Wahlrechts für Frauen die völlige Gleichstellung der Geschlech- ter im Verbandsleben durchgesetzt. Diese Haltung prägt die HVHS Burg Rothenfels bis heute.

Grenzen der Freiheit: Ethik und Recht

Von den Grenzen der Freiheit handelte der erste Teil der Suche nach der absoluten Freiheit. In einem Vortrag samt anschließendem Arbeitskreis mit dem der Menschenwürde definiert und darf deswegen Referenten wurde die Frage erörtert, wo der Frei- nicht beschnitten oder verwehrt werden – sie steht heit von Forschung und Wissenschaft Grenzen ge- unter dem Schutz des Gesetzes. Da dies aber für die setzt werden müssen, damit konkurrierende Güter Freiheit jedes Einzelnen gilt, endet Freiheit dort, und Werte nicht tangiert werden. Beispiel hierfür wo die des Anderen beginnt. Diese Ambivalenz von war die Debatte um die Stammzellen-Forschung. Freiheit wurde an verschiedenen Beispielen disku- Anhand der Debatte um das Für und Wider der wis- tiert. Es galt abzuwägen zwischen legitimen Ein- senschaftlichen Arbeit mit Embryonen wurde den schränkungen einzelner Bürger- und Freiheitsrechte Teilnehmern das Dilemma der kollidierenden Ziele und dem Sicherheitsbedarf der Bevölkerung und verdeutlicht: Einerseits ist die Forschung an und des Staates angesichts der weltweiten Gefahr terro- mit Stammzellen für Medizin und Pharmakologie ristischer Anschläge. Dieser Bezug zu einem Thema eine Chance, neue Medikamente und Therapien zu des aktuellen politischen Diskurses verdeutlichte entwickeln. Damit könnte vielen, gerade chronisch das von den Jugendlichen geteilte Fazit des Refe- kranken Menschen geholfen werden. Anderer- renten: Die Einschränkung von Freiheit zugunsten seits werden bei der Gewinnung von Stammzellen anderer schutzwürdiger Güter bedarf einer Über- menschliche Embryonen zerstört, die ein Teil der prüfung der Verhältnismäßigkeit. Politische Freiheit Bevölkerung als menschliches Leben betrachtet – ist untrennbar mit Verantwortung verbunden. Die dieses stehe unter dem Schutz der Menschenwürde Auseinandersetzung mit dem Wechselverhältnis durch das Grundgesetz und dürfe keiner Abwä- von Freiheit und Recht wurde in einem Workshop gung unterliegen. Auch wenn die Thematik nicht vertieft, der sich u.a. mit dem Spannungsverhältnis abschließend geklärt wurde, waren sich die Teil- zwischen Sicherheit und Freiheit anhand der aktu- nehmer darin einig, dass die Freiheit der Forschung ellen Sicherheitsgesetze auseinander setzte. der Grenzsetzung durch ethisch-moralische Maß- stäbe und rechtliche Normen bedarf. Dabei muss Grenzen der Unfreiheit: Ein Zeitzeuge be- immer im Einzelfall geklärt werden, welche For- richtet schungsvorhaben erlaubt oder zugunsten andrer Güter verboten werden sollten. Ungewöhnliche Einblicke ergaben sich bei der Be- schäftigung mit der Frage, wie in der DDR die Freiheit Grenzen der Freiheit erfuhren die teilnehmen- beschränkt wurde. Auch wenn die Textarbeit mit den Jugendlichen auch bei der Beschäftigung faksimilierten Originalakten der Stasi bestätigte, dass mit dem Zusammenhang von Freiheit und Recht. es mit der auch in der DDR proklamierten Gewissens-, Der Vortrag zum Thema „Meine Freiheit und die Glaubens- und Pressefreiheit nicht weit her war – sie Freiheit der anderen“ betrachtete das Thema aus unterlag dem höherwertigen und ebenfalls in der juristischer und staatsrechtlicher Sicht. Freiheit wird Verfassung festgeschrieben Führungsanspruch der in der Ordnung des Grundgesetzes als Ausdruck SED, diese konnte nach eigenem Ermessen die Grund-

62 Erfahrungen und Perspektiven rechte und persönliche Freiheit der Bevölkerung ein- schränken oder erweitern –, fanden die Teilnehmerin- Insgesamt wurde die Jugendtagung 2009 als voller nen und Teilnehmer doch an ganz unerwarteter Stelle Erfolg gewertet, sowohl das Bildungsbüro der Burg Momente der Freiheit, nämlich als Akt der Subversion. Rothenfels als auch die Jugendlichen bewerteten An dem im Seminar bearbeiteten Fall – es ging um die inhaltliche Arbeit und didaktische Ausrichtung mehrere Jugendliche in der DDR, die ihrem Wunsch der Tagung positiv. In dem Bericht des Bildungs- nach Freiheit damit Ausdruck verliehen, dass sie in büros der HVHS heißt es: „Auffällig ist, wie viele einer überstürzten nächtlichen Aktion regimekritische Teilnehmerinnen und Teilnehmer in diesen Sommer Parolen an Häuserwände der Rostocker Innenstadt ihre Mithilfe im Team für das kommende Jahr ange- malten – wurde deutlich, mit welchen perfiden Me- boten haben. In die Vorbereitung für 2010 werden thoden der Überwachung und Bespitzelung die Stasi sich rund doppelt so viele Jugendliche einbringen die Menschen kontrollierte. wie in diesem Jahr. Offenbar macht das Konzept einer ‘Bildungsarbeit zweiten Grades‘, in dem die In dem Rostocker Fall wurde die kirchliche Jugend- Tagung von den Jugendlichen selbst organisiert gruppe der couragierten Jungen und Mädchen durch wird, auf neue Teilnehmer Eindruck und ermuntert Spitzel beobachtet und ausgeforscht sowie Maßnah- sie zur Übernahme von Verantwortung.“ men der Staatssicherheit ergriffen, die zur Festnahme der Betreffenden führten. In Haft wurden die Jugend- Die Jugendwoche auf der Burg Rothenfels machten lichen von der Stasi verhört, diese versuchte, einen darüber hinaus deutlich, dass der Themenbereich der Beschuldigten als Spitzel zu gewinnen. Er sollte als „Die Friedliche Revolution und ihre Folgen“ nicht IM fortan seine Freunde und Bekannten beobachten. nur durch Zuhilfenahme historiographischer und/ Angesichts der drohenden Haftstrafe erklärte sich der oder politikwissenschaftlicher Methoden erschlos- Jugendliche bereit, mit dem MfS zu kooperieren – ein sen werden kann. Die praktizierte philosophisch- Entschluss, der seine noch junge Ehe zerstörte, den er ethische Auseinandersetzung mit den Ereignissen dann aber widerrief. Der eben noch als Stasi-Zuträger 1989 und der Wiedervereinigung zeigt, dass die angeworbene Jugendliche entschied sich für seine zeitliche und lebensweltliche Distanz Jugendlicher politische Anschauung und nahm sich die Freiheit, sie durch die Methoden- und Perspektivenvielfalt einer zu vertreten. Er nahm Haft und Repression in Kauf, innovativen und experimentierfreudigen politi- um seine innere Freiheit zu wahren bzw. zurück zu schen Bildung erfolgreich zu begegnen ist, dass die gewinnen. zunehmende Entfernung gerade der jungen Ge- neration von den Ereignissen der „demokratischen Nach dem Studium der Akten befassten sich die Revolution“ kein unüberwindbares Hindernis für Jugendlichen mit der Frage, welche innere Entwick- die Befassung mit Geschichte ist, wenn Teilaspekte lung der Protagonist durchlaufen haben muss, um des Themas aufgegriffen werden, die Relevanz und sich so zu entscheiden. Es wurde rege diskutiert - und Bedeutung für die jungen Adressaten besitzen. manch ein Teilnehmer wünschte sich, mit dem damals betroffenen Jugendlichen sprechen zu können, um mehr über die Zeit und die Entwicklung der einzelnen Dr. Achim Budde Persönlichkeiten zu erfahren. Zur Überraschung der HVHS Burg Rothenfels Teilnehmer wurde dies mittels einer Telefonkonferenz 97851 Rothenfels ermöglicht. Der damals durch die Repression des MfS Tel.: 09393/99999 betroffene Schüler aus Rostock, stand den Teilneh- Fax: 09393/99997 mern als Zeitzeuge Rede und Antwort. Sie konnten E-Mail: [email protected] sich so ein authentisches Bild von den Erfahrungen Website: www.burg-rothenfels.de und Gefühlen des Zeitzeugen machen und sich so selbst in die Zeit und Rolle versetzen. Als gemeinsa- Die Veranstaltung wurde aus Mitteln des KJP ge- mes Fazit blieb, dass es tief beeindruckend war, zu fördert. erfahren, welche Freiheitsräume sich öffnen, wenn Menschen den Mut und die Entschlossenheit besitzen, Filmdokumentation über die politische Sommerju- sich gegen äußeren Zwang zu ihrer Einstellung und gendwoche unter www.politischejugendbildung.de inneren Haltung zu bekennen.

63 KVHS Salzwedel Eine schlichte Frage: „Wo war drüben?“

Begegnung mit der deutschen-deutschen Vergangenheit

Themen: DDR-Grenzregime, DDR-Geschichte und Friedliche Revolution Methoden: Jugendbegegnung, Exkursionen, Erstel- lung einer Foto-Dokumentation

Die Kreisvolkshochschule Altmarkkreis Salzwedel beteiligte sich mit einem Erkundungs- und Begeg- nungsprojekt für Schülerinnen und Schüler an der thematischen Schwerpunktsetzung des DVV zum Jahrestag der Friedlichen Revolution. Teilnehmer waren Jugendliche im Alter von 14-16 Jahren aus den alten und neuen Bundesländern, die sich an mehreren Wochenenden trafen, um gemeinsam die DDR als eine „Terra incognita“ zu entdecken und zu gefördert wurde: Die Jugendlichen sollten sich erforschen. durch die Auseinandersetzung und Konfrontation mit historischen Orten wichtige Teilaspekte des Das historisch-politische Bildungsprojekt der KVHS Themenkomplexes DDR kennen lernen und diese Salzwedel berücksichtigte im Arrangement des im Kontext der deutschen Nachkriegsgeschichte Seminars, dass die jugendlichen Adressaten über verorten. keine eigenen Erfahrungen und Eindrücke der Zeit deutscher Zweistaatlichkeit verfügten und dass die Dies geschah mittels Exkursionen zu Orten der mittlerweile schon zwanzigjährige Wiedervereini- Landschaftszerstörung im damaligen Grenzrevier, gung beider deutscher Staaten nicht einfach zur besucht und besichtigt wurden „geschliffene Ort- Annäherung oder Angleichung von Ost und West schaften“, ehemalige Grenzübergangsstellen und führte, wie in der optimistischen und geradezu Kontrollpunkte der 5-Kilometer-Zone und Relikte enthusiastischen Zeit des Umbruchs von 1989/90 der Auswirkung des DDR-Grenzregimes, wie z.B. angenommen wurde. Gerade in Bezug auf die Bahnhöfe, die nach Errichtung des „Eisernen Vor- jeweilige Vergangenheit von Ost- und Westdeut- hangs“ von der Außenwelt abgeschlossen waren. schen halten sich oft stark typisierende Geschichts- Die verschiedenen Lernorte vermittelten vor allem bilder, die die Sicht auf die historische Realität der sinnliche und visuelle Eindrücke der längst ver- deutschen Nachkriegsvergangenheit durch Wahr- gangen Teilung Deutschlands und eröffneten den nehmungsklischees prägen. Jugendlichen so einen teilnehmerfreundlichen und „weichen“ Zugang zur jüngsten Geschichte. Den teilnehmenden Jugendlichen wurde mit dem Aus der Vielzahl der so gewonnenen Eindrücke Projekt ermöglicht, sich ein eigenes Bild von dem wählten die jungen Menschen diejenigen aus, die „Drüben“ zu machen und durch den Kontakt und ihnen am aussagekräftigsten in Hinblick auf die die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen aus dem Charakterisierung des „Drüben“ erschienen, um sie jeweils anderen Teil Deutschlands Gemeinsamkei- für die Dokumentation des Seminars festzuhalten. ten und Trennendes zu entdecken. Das Seminarkon- Die ausgewählten Relikte der Zeit der deutschen zept der KVHS Salzwedel war dabei so gestaltet, Teilung wurden fotografiert und mithilfe einer dass der aktive Lernhabitus der Teilnehmenden Zeitschiene in den Zusammenhang der Entwicklung

64 beider deutscher Staaten gestellt. Produkt der arbeiten. Dank der Unterstützung der Lehrerschaft historisch-politischen Bildungsveranstaltung war beider Schülergruppen soll es im Jahr 2010 zu einer eine Fotodokumentation samt Beschreibung der Fortsetzung der Zusammenarbeit in Verbindung historischen Exponate, die fortan im Unterricht und mit dem Schulunterricht kommen. in der außerschulischen Bildung genutzt werden kann. Dr. Herbert Teichert Die ergebnis- und erlebnisorientierte Bildungsar- KVHS Salzwedel beit mit den Jugendlichen beiderseits der Grenze Karl-Marx-Str. 15 zwischen alten und neuen Bundesländern wurde 29410 Salzwedel ergänzt durch Gruppenarbeit und das Erleben von Tel.: 03901/422031 Gemeinschaft an den Seminarwochenenden. In Fax: 03901/35084 Gesprächsrunden, Diskussionen und der Arbeit mit E-Mail: [email protected] zeitdokumentarischen Medien wie Filmen wurde Website: www.vhs-salzwedel.de den Teilnehmenden ein Überblick der DDR-Ge- schichte vermittelt. Wichtiger Schwerpunkt waren Die Veranstaltung wurde aus Mitteln der Stiftung dabei die Entwicklungen, die in den Wendejahren Aufarbeitung gefördert. zur Demokratisierung des Arbeiter- und Bauern- staates und schließlich zur Wiedervereinigung Deutschlands führten.

Die gemeinsame Beschäftigung mit der trennen- den Vergangenheit im VHS-Seminar hatte bereits nach kurzer Zeit das Resultat, dass Ost-West-Wahr- nehmungsstereotype der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen überwunden wurden. Sie regten gemeinsam an, auch über das Seminar hinaus weiter zusammenzu-

65 VHS Schaumburg Die Friedliche Revolution am Beispiel der Hauptstadt

Vom Schaumburger Land nach Berlin

Themen: Geschichte und Alltag in DDR und Bundes- republik, Wiedervereinigung Methoden: Berlin-Fahrt, Museumsbesuche, Zeitzeu- gengespräche

Die VHS Schaumburg – eine Einrichtung des Land- kreises Schaumburg im mittleren Niedersachsen – beteiligte sich 2009 an der Veranstaltungsreihe des DVV zum Jahrestag der Friedlichen Revoluti- on und der Öffnung der innerdeutschen Grenze. Geographischer wie inhaltlicher Schwerpunkt des Bildungsangebots war dabei Berlin. Dies hatte zwei Gründe. gelassene Doppelreihe Kopfsteinpflaster markiert Zum einen ist die Hauptstadt Berlin ein wichtiges –, bietet das heutige Berlin immer noch überdurch- Symbol des Kalten Krieges, des gesellschaftlichen schnittlich viele authentische Orte zur Geschichte Um- und Aufbruchs zu Zeiten der friedlichen Re- der ehemaligen Frontstadt. Ergänzt wird dies durch volution und des wiedervereinigten Deutschlands. eine erhöhte Präsenz an Museen, Gedenkstätten Die Berliner Stadtgeschichte vereint viele wichtige und anderweitigen als Lernorte für die historisch- Stationen und Momente der deutschen Teilung und politische Bildung geeigneten Institutionen. Vereinigung. Ein Synonym für die zentrale Bedeu- tung als Brennpunkt der Geschichte der Lernen vor Ort deutschen Teilung und des Kalten Krieges ist dabei die Berliner Mauer. An ihr, ihrem Bau, ihrem fast Die Veranstaltung der VHS Schaumburg war ein dreißigjährigen Bestand und ihrem Fall am 9. No- Angebot, die Geschichte der beiden deutschen vember 1989 lassen sich Phasen der deutschen und Staaten am authentischen Ort zu erfahren, nachzu- europäischen Zeitgeschichte festmachen. Sie ist vollziehen und zu analysieren. Zielgruppe und Teil- dabei gleichzeitig ein Beispiel für den repressiven nehmer der Exkursion vom 11. bis 14. Februar 2009 Umgang der DDR-Führung mit ihrer Bevölkerung. nach Berlin waren junge Erwachsene, die ihren Die Opfer der Berliner Mauer, Menschen die getö- Schulabschluss nachmachen - also eine Zielgruppe, tet, verletzt und verhaftet wurden, sind Beispiel die besonderer Förderung und Weiterbildungsmaß- und Mahnung für die unmenschlichen Folgen des nahmen bedarf. Eine solche Orientierung wird auch realen Sozialismus. im Leitbild der niedersächsischen VHS festgehalten: „Die Angebote der VHS orientieren sich an den Be- Zum anderen ist Berlin aufgrund seiner historischen dürfnissen und Interessen der Kunden und berück- Bedeutung ein wichtiger Lernort für das Erfahren sichtigen zugleich die Anforderungen und Erwar- und Nachvollziehen der jüngeren deutschen Ge- tungen, die aus der gesellschaftlichen Entwicklung schichte. Auch wenn es in Berlin nur noch wenige resultieren. Das Spektrum der Aktivitäten reicht Überreste der Berliner Mauer gibt – der Verlauf von der individuellen Beratung über das Angebot der Grenze zwischen Ost und West wird heute an von Kursen, Seminaren und Lehrgängen bis zur vielen Stellen durch eine in den Straßenbelag ein- gezielten Förderung ganzer Einrichtungen.“

66 gewonnene Wissen wurde in Gruppenarbeit theo- retisch reflektiert und in Form einer Tagungsdoku- mentation festgehalten.

Die Entwicklung Berlins zu Zeiten des Ost- West-Gegensatzes Einen Einstieg in die Stadtgeschichte Berlins, die in komprimierter Form und auf vergleichsweise engem geographischem Raum die allgemeine Entwicklung der beiden deutschen Staaten wieder- gibt, wurde durch den Besuch des privaten Muse- ums „Story of Berlin“ ermöglicht. Das Museum im Zentrum der Stadt bietet mit seinen über zwanzig Themenräumen, die mit moderner Multimediatech- nik und begehbaren Kulissen ausgestattet sind, eine spannende Reise durch die Geschichte der Hauptstadt. Zur Ausstellung des Museums gehört ein vollständig erhaltener Atomschutzbunker unter dem Kurfürstendamm, der heute noch funktions- fähig ist und im Ernstfall rund dreieinhalbtausend Menschen Schutz bietet. Des Weiteren vermittelt das Museum einen lebendigen und im Wortsinne fassbaren Eindruck Berlins in der Zeit des Eisernen Die angebotene Bildungsreise nach Berlin sollte Vorhangs. Verschiedene Exponate und interaktive den jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf Installationen beleuchten die Entwicklung im Ost- anschauliche Art und Weise die Bedeutung der Ge- und Westteil der Stadt. schichte der deutschen Zweistaatlichkeit nahe brin- gen. Mittels partizipativer und erlebnisorientierter Das Leben der Menschen im realen Sozialismus Lernmethoden sollte ihnen historisch-politisches ist Thema des „DDR-Museums“. In dem außer- Wissen und Hilfestellung bei der Orientierung in gewöhnlichen, ebenfalls privat getragenen, und politischen Grundsatzfragen vermittelt werden. Die (laut Selbstangabe) meistbesuchten Museum der jungen Frauen und Männer sollten gleichberech- deutschen Hauptstadt dreht sich alles um den tigt vor Ort lernen, was Ursache und Wirkung der Alltag der ostdeutschen Bevölkerung. Damit ist Teilung Deutschlands war. Sie sollten: das DDR-Museum eine der wenigen Einrichtungen, die den Focus der Aufarbeitung nicht nur auf die • verstehen, dass/warum es zwei deutsche Staa- Repression durch die Stasi richten, sondern einen ten gab; umfassenden Blick auf die gesellschaftliche Wirk- • Unterschiede entdecken und verstehen im lichkeit der Deutschen Demokratischen Republik Blick auf die politische, wirtschaftliche und ermöglichen. Dabei geht es, wie die Betreiber des gesellschaftliche Situation und das Alltagsle- Museum betonen, um das Aufwerfen und Beant- ben; worten folgender Fragen: • verstehen, was zur Wiedervereinigung führte; • die Wiedervereinigung in der Rückschau beur- • Wie hat sich das Leben drüben vom Leben im teilen und bewerten können. Westen unterschieden? • Wie hat der SED-Staat das Leben der Men- Das hierfür notwendige Wissen sollten sie über all- schen beeinflusst? tagsgeschichtliche und biographische Zugänge und • Wo war die Diktatur im Alltag spürbar? Was Exkursionen zu historischen Lernorten erarbeiten. sind die so oft aufgezählten positiven Errun- Das so im Aneignungs- und Auseinandersetzungs- genschaften der DDR – und sind sie wirklich so prozess mit den geschichtspolitischen „Quellen“ positiv?

67 • Haben die Bilder und Eindrücke aus Filmen und Anekdoten ihre Richtigkeit oder sind sie grundfalsch?

Der Schlüsselbegriff „Alltag“ stand dabei nicht nur für die betrachtete Alltagskultur im realen Sozialis- mus, sondern auch für das besondere methodische Arrangement des Schaumburger VHS-Seminars. Die Adressaten der Bildungsveranstaltung sollten nicht durch Theorielastigkeit eines nur auf Wis- sensvermittlung ausgerichteten Bildungsangebots abgeschreckt werden, und der Lernprozess des Pro- jekts sollte nicht einseitig von der Seminarleitung ausgehen. Der veranstaltenden VHS ging es darum, dass sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst aktiv in den Lernprozessen einbringen und diesen mitgestalten. Die Teilnehmenden sollten zu Hunderte Gefangene ums Leben kamen. Danach Alltagsexperten werden, die über Auswirkungen baute die sowjetische Geheimpolizei ein Kellerge- der politischen Dimension auf die Ebene des priva- fängnis, das als zentrale Untersuchungshaftanstalt ten Lebens im Arbeiter- und Bauernstaat Auskunft diente - das so genannte U-Boot. Schließlich über- geben können. nahm das Ministerium für Staatssicherheit der DDR das Gefängnis und nutzte es bis 1990 als zentrale Repression in der DDR Untersuchungshaftanstalt.“

Die Teilnehmer der Exkursion nach Berlin konnten Die Gedenkstätte Hohenschönhausen ist mithin sich also ein eigenes Bild von der sozialistischen ein Ort, an dem der zunehmenden Unwissenheit Vergangenheit machen und das alltägliche Leben über die diktatorischen Züge des Arbeiter- und in der Diktatur nachvollziehen. Neben Museen und Bauernstaates entgegengewirkt wird. Die junge historischen Erinnerungsorten war vor allem die Generation, die das kommunistische System in Gedenkstätte Hohenschönhausen eine wichtige Ostdeutschland nur vom Hörensagen kennt, hat Lernstation des Stadterkundungsseminars. Die ehe- hier die Möglichkeit, sich mit allen Sinnen und auf malige Haftanstalt Hohenschönhausen und heuti- anschauliche Art mit der Geschichte der Unterdrüc- ge Gedenkstätte der Bundesbeauftragten für die kung in der DDR zu befassen. Von dieser Möglich- Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes (BStU) am keit machten die teilnehmenden jungen Erwachse- Rande Berlins ist Symbol der politischen Verfolgung nen Gebrauch - eine Beschäftigung, die u.a. zu dem und Unterdrückung in der DDR. Die Führungen Wunsch des Teilnehmerkreises führte, die Ausein- durch ehemalige Häftlinge machten den Besuch andersetzung mit dem Thema zu vertiefen. Eine besonders eindringlich, da für die Jugendlichen so weitere Bildungsreise nach Berlin ist in Planung. nicht nur der Bezug zum Ort der Geschichte, son- dern auch zu den Menschen, die hier viele Jahre ihr Leben fristen mussten, hergestellt wurde. Liesel Sachteleben VHS Schaumburg Die ehemalige Haftanstalt ist also im doppelten Jahnstraße 21A Sinne ein außergewöhnlicher und prominenter 31655 Stadthagen Lernort oder wie die Stiftung, die die Gedenkstät- Tel.: 05721/787115 te betreibt und betreut, festhält: „Wie kaum ein Fax: 05721/787199 anderer Ort spiegelt das Gelände die Geschichte E-Mail: [email protected] politischer Verfolgung während der jahrzehntelan- Website: www.vhs-schaumburg.de gen kommunistischen Diktatur in Ostdeutschland: Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier Die Veranstaltung wurde aus Mitteln des KJP ge- ein sowjetisches Speziallager eingerichtet, in dem fördert.

68 Harri-Reinert-VHS Spandau Feindschaft und Feind- bilder im Kalten Krieg

Vier Projekte zum Thema Herrschaft und Repression

Themen: Kalter Krieg, Unterdrückung in der DDR, Alltag in der DDR Methoden: Exkursion, Zeitzeugengespräch, Filmer- stellung, Schreibwerkstatt

Die ideologischen Wechselwirkungen zwischen bei- den deutschen Staaten und Gesellschaften waren Anknüpfungspunkt für die historisch-politischen Bildungsveranstaltungen, die die Volkshochschule Spandau im Kontext des bundesweiten Veran- westlichen Einflüssen und Übergriffen zu schützen staltungsschwerpunkts des DVV zum Jahrestag – eine Legitimation der Grenzbefestigung, die in der Friedlichen Revolution veranstaltete. In insge- dem euphemistischen Sprachdenkmal vom „antifa- samt vier Projekten unter dem Titel „FeindBilder“ schistischen Schutzwall“ ihren Höhepunkt erreich- thematisierte die Spandauer VHS die ideologische te. Ebene der Blockkonfrontation des Kalten Krieges und der politischen Herrschaft in der Deutschen Feinbilder als thematischer Zugang beleuchteten Demokratischen Republik. Damit wurde berücksich- aber auch den global-politischen Kontext des tigt, dass sich die Geschichte der DDR keinesfalls Themenkomplex „DDR“. Der Ost-West-Gegensatzes solitär vollzog, sondern eingeordnet war in die spiegelte sich in der Beschreibung der „Anderen“ Entwicklung des kommunistischen Ostblocks und und in der Beurteilung der Eigengruppe wieder: des ihm entgegen gesetzten westlichen Lagers. Die Die monolithischen Feindbilder, die von der DDR- „FeindBilder“ des realen Sozialismus erlaubten als Obrigkeit gezeichnet und verbreitet wurden, waren Schwerpunkt einer Auseinandersetzung mit der durch das bipolare Schema der Zuschreibungen Gesellschafts- und Herrschaftsgeschichte der DDR positiv und negativ bestimmt, was dazu führte, aber auch einen teilnehmerorientierten Zugang dass inhaltlich gleiche Handlungen des (Klassen-) zum Thema – es wurde z.B. kein umfangreiches Feindes und der eigenen Gruppe verschieden Wissen über die Zeit der deutschen Teilung vor- interpretiert und bewertet wurden. So wurde z.B. ausgesetzt – und charakterisierten gleichzeitig mit die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in der „Herrschaft und Repression“ wesentliche Merkmale Bundesrepublik (1956) als Ausdruck des „impe- des SED-Staates. rialistischen Charakters“ der „US-amerikanischen Kolonie BRD“ gewertet – eine „Mobilisierung der Feindbilder waren Kommunikationsangebote alten Wehrmacht“, gegen die sich die DDR nur mit der DDR-Führung an die Bevölkerung, sie sollten einer eigenen Armee von Wehrpflichtigen „vertei- die Menschen auf Linie bringen, die Feindschaft digen“ konnte. gegenüber dem westlichen Lager begründen, untermauern und festigen. Sie waren Ausdruck des Die Auseinandersetzung mit politischen Feindbil- politischen Willens der SED-Führung, der in der dern und Stereotypen ist aber auch jenseits der Bevölkerung für Zustimmung zu den politischen deutschen Zeitgeschichte ein integraler Bestandteil Entscheidungen und Maßnahmen des Arbeiter- und der politischen Bildung, wie sie heute an Volks- Bauernstaates werben wollte. Nach dieser Lesart hochschulen betrieben wird. Aus der Volkshoch- war z.B. der Bau der Berliner Mauer ein selbstlo- schularbeit ist z.B. das „Argumentationstraining ser Akt, um die DDR-Bevölkerung vor feindlichen gegen Stammtischparolen“ von PD Dr. Klaus-Peter

69 Hufer (KVHS Viersen) hervorgegangen, das sich tigkeit ein Gesicht bekam. Der Zeitzeuge schilder- als ein Erfolgmodell in der politischen Bildungs- te seine Jugend, seine Inhaftierung und Haftzeit szene etabliert hat. An solche Ansätze knüpfte die sowie das Leben nach 1989 und seinen Umgang Spandauer VHS mit ihren Bildungsprojekten an: mit diesem persönlichen Schicksal. Dies vermit- Veranstaltet wurden zwei Exkursionen nach Berlin telt er so glaubhaft, dass einige Schülerinnen sich – Teilnehmer waren Jugendliche im Alter von 15 sehr betroffen mit den Worten bedankten ‘hätten bis 17 Jahren aus Lübeck und Magdeburg –, eine sie uns das jetzt nicht erzählt, an diesem Ort, wir Schreibwerkstatt mit 16- bis 18jährigen Schülerin- würden das nicht glauben … und wir müssen sehr nen und Schülern aus Spandau und ein Filmprojekt dankbar sein, dass wir so viel Freiheit in Deutsch- mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus land haben’.“ verschiedenen Freizeiteinrichtungen der Stadt. Dies war eine Erfahrung, die in ähnlicher Art und Exkursionen zu Orten der deutsch- Weise auch von den Schülerinnen und Schülern eines Magdeburgers Gymnasium bei ihrer Exkursi- deutschen Geschichte on gemacht wurde. Auch diese besuchten neben Die Exkursion mit den Schülerinnen und Schülern anderen geschichtsträchtigen Orten der Hauptstadt eines Lübecker Gymnasiums war darauf ausgelegt, die Gedenkstätte Hohenschönhausen und waren den Teilnehmern zunächst einen Überblick über die gleichermaßen betroffen von den dort präsen- wichtigsten Plätze der ehemals geteilten Stadt zu tierten Haftbedingungen und den Berichten, die verschaffen und ihnen so die Vergangenheit der ehemalige Inhaftierte gaben. Im Anschluss an die deutschen Teilung anschaulich zu machen. Besucht Besichtigung traf sich die Gruppe im ehemaligen wurden authentische Schauplätze der deutschen Jugendtheater der DDR, „Theater an der Parkaue“, Teilungsgeschichte, u.a. der Flughafen Tempelhof, mit Verantwortlichen aus der Zeit der DDR-Theater- das Schöneberger Rathaus, das Brandenburger arbeit, mit einem Schauspieler und einem Drama- Tor, der Alexanderplatz und die Bernauer Straße. turgen. Die Positionen, die hier zur Sprache kamen, Die Jugendlichen hatten so die Gelegenheit, die waren äußerst kontrovers und stützten sich auf Geschichte deutscher Zweistaatlichkeit an histo- biografische Erfahrungen und die Thematisierung rischen Orten zu erfahren und nachzuvollziehen. des DDR-Alltags, die dem Bild der DDR als bloßes Dabei gelang es, über die Anmutung der Lern- und Unterdrückungsinstrument entgegengehalten Gedenkorte mit historischem Bezug die Teilneh- wurden. Auch wenn die Debatte aus Zeitgründen menden für die Nachkriegsgeschichte der beiden nicht beendet werden konnte, gelang es doch, deutschen Staaten zu interessieren, was sich in der durch die Einbeziehung von subjektiven Eindrücken ergänzenden Gruppenarbeit, bei der Vorführung verschiedener Filme zum Thema und der Diskussion der Erfahrungen und Eindrücke niederschlug.

Höhepunkt der Berlin-Exkursion war der Besuch der Gedenkstätte Hohenschönhausen der Bun- desbeauftragten für die Unterlagen des Staatsi- cherheitsdienstes (BStU), in der man sich nach einer geführten Besichtigung mit Zeitzeugen zum Gespräch traf. Themen waren die Kontrolle, Bespit- zelung und Repression durch die Staatssicherheit, was neben den Lernorten zur innerberliner Grenze in Form der Mauer ein eindrückliches Bild der DDR als umfassender Kontroll- und Überwachungsstaat zeichnete. In einem Bericht der VHS Spandau zur Berlin-Exkursion mit den Jugendlichen heißt es dazu: „Das eindrücklichste Erlebnis für alle Schüler war das Zeitzeugengespräch in Hohenschönhausen, wo … das Geschehen und die unfassbare Ungerech-

70 und Alltagserfahrungen ein facettenreiches Bild Doris Blank der DDR zu zeichnen und durch die verschiedenen VHS Spandau Perspektiven und Ebenen des Themenbereichs zur Reformationsplatz 2 Enttypisierung von einseitigen und verfälschenden 13597 Berlin Geschichtsbildern entgegenzuwirken. Tel.: 030/902795012 Fax: 030/902795001 Kreative Auseinandersetzung mit Feinbil- E-Mail: [email protected] Website: www.vhs-spandau.de dern der DDR Eine andere Herangehensweise an das Thema Die Veranstaltung wurde aus Mitteln der Stiftung Feinbilder in der DDR wurde mit der Schreibwerk- Aufarbeitung gefördert. statt und dem Filmprojekt gewählt. Hier stand die Auseinandersetzung mit den politischen Inhalten Der entstandene Film „Feindbilder“ mit unter dem Vorzeichen der produktorientierten und Zeitzeugeninterviews unter kreativen Umsetzung. In dem Filmprojekt hatten www.politischejugendbildung.de Jugendliche und junge Erwachsene die Möglich- keit, sich mit filmischen Mitteln mit der DDR und ihren Feindbildern auseinanderzusetzen. Dabei wurden sowohl die notwendigen Fertigkeiten für Interviews vor der Kamera vermittelt als auch die Auseinandersetzung mit Zeitzeugen ermöglicht. Die Zeitzeugeninterviews sind Gegenstand einer siebzehnminütigen Dokumentation, die als Produkt der Filmwerkstatt entstand.

Aufgabenstellung der Schreibwerkstatt „Mauer im Kopf“, die mit Teilnehmern des Leistungskurses Geschichte/Sozialkunde eines Spandauer Gymna- siums durchgeführt wurde, war es, nach Sichtung und Auswertung einschlägiger Quellen, einen Text aus Sicht eines Ministers eines imaginären Staates zu verfassen. Dieser sollte in einer Presseerklärung rechtfertigen, warum sein Land, die „Demokrati- sche Positanische Republik“, die Grenzen schließt und die Freizügigkeit der Menschen beschränkt. Ziel dieser Herangehensweise war es, den Jugend- lichen ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie damals beim Mauerbau alle Argumentationen der SED- Führung im Dienst des in Moskau beschlossenen Programms – der Errichtung des Eisernen Vorhangs – standen. Die historische Wirklichkeit des Vor- gangs sollte dabei Grundlage für die Erarbeitung einer fiktiven Presseerklärung sein.

71 VHS Suhl

„Als Zaun und Minen re Einheit“ der Bundesrepublik war Ansatzpunkt der Bildungsveranstaltung der Volkshochschule Menschen trennten“ Suhl im Rahmen der bundesweiten Schwerpunkt- setzung des DVV zum 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution und des Mauerfalls. Die Jugend der Partnerstädte Suhl und Würzburg trifft sich zum Ost-West-Dialog Das Bildungsangebot der VHS richtete sich grenz- übergreifend an Schülerinnen und Schüler der Partnerstädte Suhl (Thüringen) und Würzburg Themen: Grenze zwischen BRD und DDR und ihr (Bayern); den ost- und westdeutschen Jugendlichen Alltag, Friedliche Revolution und Opposition in der wurde so die Möglichkeit eröffnet, gemeinsam DDR das Gebiet der ehemaligen Grenze zwischen der Methoden: Jugendbegegnung, Exkursion, Zeitzeu- Bundesrepublik und der DDR zu erkunden und so gengespräche, Passantenbefragungen Gemeinsames in der Geschichte des Trennenden zu erfahren. Der zeitliche Rahmen des Bildungsse- minars, angesetzt war es als dreitägiges Seminar Auch zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung bei gemeinsamer Unterbringung und Verpflegung, der beiden deutschen Staaten herrscht vielerorts sollte den Jugendlichen aus den neuen und alten noch eine Distanz, manchmal sogar Fremdheit Bundesländern außerdem die Gelegenheit bieten, zwischen Ost- und Westdeutschen. Gerade Men- sich alltags- und lebensweltlich zu begegnen, ken- schen, die nicht schon zu Zeiten der deutschen nen zu lernen und in einen gemeinsamen Dialog zu Teilung über Kontakte, z.B. familiäre oder freund- treten. schaftliche Bindungen, in den jeweils anderen Teil Deutschlands verfügten, leben heute getrennt ver- Das Projekt „Als Zaun und Minen Menschen trenn- eint in der gemeinsamen Republik: Die „Mauer in ten“ war ein niedrigschwelliges Bildungsangebot, den Köpfen“ nährt sich nach wie vor aus wechsel- das sich an Jugendliche richtete, die die Zeit der seitigem Desinteresse und gegenseitigen Wahrneh- Teilung Deutschlands nicht aus eigenem Erleben mungsklischees. Diese noch nicht vollendete „inne- kennen und die sich im Prozess der Geschichte von

72 der deutschen Zweistaatlichkeit bis hin zur Wie- lagen der DDR auch lokale Ereignisse und Vorgän- dervereinigung nur ansatzweise – egal ob dank Er- ge in Suhl und Umgebung, die dem Gesamtprozess zählungen der älteren Generation oder bisherigem der Friedlichen Revolution zuzuordnen sind. Die Schulunterricht – auskennen. Den Teilnehmerin- Jugendlichen erhielten so die Möglichkeit, sich nen und Teilnehmern aus dem Osten und Westen durch das Erfahren einzelner Geschichts-Stationen Deutschlands wurde es durch das Projekt der VHS einen Begriff von der Entwicklung zu machen, die Suhl ermöglicht, sich auf ein erlebnisorientierte mitten im autoritären SED-Regime zur Herausbil- Art und Weise mit der ehemaligen Grenze, ihrem dung einer Oppositions- und Bürgerrechtsbewe- Verlauf, den gesellschaftlichen und politischen gung führte und die die Allein- bzw. Vorherrschaft Konsequenzen und ihrer Überwindung im Herbst der SED beendete, indem die Opposition wichtige 1989 zu befassen. Im Vordergrund stand dabei, demokratische Änderungen herbeiführte und dass die Jugendlichen einen direkten Bezug zu letztlich die Öffnung der Grenze erwirkte – und der Geschichte der Grenzregion und ihren histori- so einen maßgeblichen Beitrag zur Wiedervereini- schen Ursachen, dem realsozialistischen System der gung Deutschlands im Jahre 1990 leistete. DDR, dem Kalten Krieg der beiden weltpolitischen Blöcke, erhalten sollten. Dies wurde durch betont Die deutsch-deutsche Grenze: anschauliche und gruppendynamische Methoden Demarkationslinie der Systeme der Wissensvermittlung umgesetzt: Neben Exkur- sionen zu Lern- und Gedenkorten der ehemaligen Die noch sichtbaren Relikte der DDR-Grenzanlagen innerdeutschen Grenze, Gesprächen und Diskussio- verdeutlichen anschaulich, dass es sich bei dieser nen mit Zeitzeugen und direktem Kontakt zu der Grenze um keine normale Trennlinie zwischen Bevölkerung beiderseits des ehemaligen Eisernen zwei Staatsgebieten handelte. Dies konnten die Vorhangs stand auch das Erleben von Gemeinschaft teilnehmenden jungen Menschen nicht nur vor auf der Tagesordnung. Ort anhand der baulichen Überbleibsel erfahren, sondern auch in Gesprächen mit Menschen, die die Ort der Begegnung, der Erfahrung und des Aus- technisch hochgerüstete und fast unüberwindbare tausches war die Akademie Frankenwarte in Grenze aus eignem Erleben kannten. Die Jugend- Würzburg. Die Jugendlichen konnten sich dort im lichen erfuhren das Ausmaß der Einschränkungen, März 2009 intensiv mit dem Grenzregime der DDR die den Menschen in der DDR auferlegt wurden: befassen. Gesichtspunkte der Auseinandersetzung Entlang dem innerdeutschen Grenzverlauf bestand waren neben regional-räumlichen und gesellschaft- seit 1954 offiziell ein „Sperrgebiet“, das sich aus lichen Auswirkungen der hochgerüsteten Grenzan- einem zehn Meter breiten „Kontrollstreifen“, dem

73 so genannten „Todesstreifen“, einem 500 Meter der strafbar und wurden verhaftet breiten Schutzstreifen, einem mit Stacheldraht oder beim Fluchtversuch durch Grenzer, Minen und gesicherten Gebiet, das vollständig von Gebäuden Selbstschussanlagen verletzt bzw. getötet. Durch und unübersichtlicher Vegetation geräumt wurde, diese umfassende Grenzüberwachung und Kontrol- und einer fünf Kilometer ins Landesinnere der DDR le, aber auch durch die abschreckende Wirkung der reichenden Sperrzone, die nur mit Genehmigung Anordnung zum Schusswaffengebrauch gelang es der DDR-Grenztruppen betreten werden durfte, den Staatsorganen, einen Großteil der „Grenzver- zusammensetzte. letzer“ schon vor Erreichen der eigentlichen Grenze zu verhaften und ein Grenzregime mit zugleich er- Die Bewegungsfreiheit der Menschen in der und abschreckender Wirkung zu installieren. Grenzregion Ost unterlag damit dem Diktat der Behörden, die mit der Grenzsicherung betraut Dies erfuhren die teilnehmenden Jugendlichen bei waren. Neben den Grenztruppen, die zunächst als ihrem Besuch im „Museum für Grenzgänger“ in paramilitärische Polizeieinheit, dann als Teil der Bad Königshofen – neben der Besichtigung authen- nationalen Volksarmee und später, ab 1973 als tischer Teile der DDR-Grenzanlagen stand auch formal selbstständige Organisation Dienst an der die Beschäftigung mit den für den Grenzübertritt Zonengrenze leisteten, waren dies insbesondere notwendigen bürokratischen Formalien auf dem Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit Programm. Die Schülerinnen und Schüler versetz- (MfS), die die nachrichtendienstliche „Aufklärung“ ten sich in Form eines Rollenspiels in die Lage und „Überwachung“ der Grenzregion sicherstell- derjenigen, die ihre Bekannten, Freunde und Ver- ten. In den Fokus der Grenzer und ihrer geheim- wandten im anderen Teil Deutschlands besuchen dienstlichen Zuarbeiter gerieten nicht nur die als wollten, und konnten nachvollziehen, wie schwer feindlich bestimmten Kräfte des Westens, Bundes- den Menschen die Reise gemacht und wie oft sie grenzschutz und Bundeswehr- bzw. NATO-Truppen, wegen nicht zu erfüllender Formalien von Seiten sondern auch und besonders die eigene Bevölke- der DDR verhindert wurde. rung. Persönliches und Politisches Bevölkerungsteile der Grenzregion, die als „un- zuverlässig“ galten, wurden zwangsweise umge- Persönliche Eindrücke wurden den Jugendlichen aber siedelt, ganze Dörfer und Höfe nahe der Grenze auch durch Zeitzeugengespräche und Exkursionen geräumt und durch das „Schleifen“ dem Erdboden unter fachlicher Leitung eines ehemaligen Mitarbei- gleichgemacht. Aber auch jeglicher Personenver- ters des BGS vermittelt. Diese erweckten vor Ort im kehr in der Grenzregion unterlag der Kontrolle Grenzgebiet oder mittels Foto- und Videoaufnahmen der mit der Überwachung betrauten Polizei und ein Gefühl für Ausmaß und Umfang der DDR-Grenze- Geheimdienste: Personen, die ohne gültigen anlagen und konnten zum Teil durch ganz persönliche Passierschein im Sperrgebiet angetroffen oder Erlebnisse und Erinnerungen eine menschliche, empa- aufgespürt wurden, machten sich des Versuchs thische Verbindung der Jugendlichen zur Geschichte

74 und den Folgen der Teilung Deutschlands aufbauen. Eindrücke und Erfahrungen wurden in Arbeitsgrup- Dies war ein Ansatz, der auch bei andern Schwer- pen diskutiert und in einer Seminardokumentation punkten des Seminars zum Tragen kam, z.B. in der festgehalten. Auseinandersetzung mit dem lokalen Ableger der Oppositionsbewegung im thüringischen Suhl sowie Das auf diese Weise erzeugte gemeinsame Erleben bei der Recherche zur Einstellung der Bevölkerung im von wichtigen Stationen der deutsch-deutschen Blick auf Grenze und Grenzöffnung. In beiden Fällen Geschichte wurde von sämtlichen Teilnehmern als war der Kontakt mit Zeitzeugen das Mittel, das den fruchtbarer Ansatz betrachtet, den es fortzufüh- Jugendlichen die Geschichte der Grenzregion zugäng- ren gelte. Erfreulich auch in Zeiten, wo Ost immer lich machte. Sie erfuhren durch ehemalige Aktive wieder gegen West gestellt wird: Die Jugendlichen der Oppositionsbewegung, u.a. durch ein Mitglied aus Thüringen und Bayern hatten keinerlei Berüh- des Neuen Forums in Suhl, von den beklemmenden rungsängste und sie formulierten gemeinsam den gesellschaftlichen Bedingungen in der DDR, erhielten Wunsch nach Fortführung des Seminars in Thürin- Einblicke in den demokratischen Aufbruch vor Ort gen. und die Arbeit und Forderungen der Bürgerrechts- bewegung. Sie konnten sich dadurch ein eigenes Bild von der Gefahr machen, der sich die Akteure der Dr. Margot Metzner oppositionellen Gruppierungen aussetzten, wenn sie Volkshochschule Suhl sich für die Demokratie, Meinungs- und Reisefreiheit Ziegenbergweg 1 engagierten. Den jungen Menschen aus Thüringen 98528 Suhl und Bayern konnte so die Relevanz von politischem Tel.: 03681/743119 Engagement nahegelegt werden; sie lernten den Fax: 03681/743116 Wert und die Wichtigkeit politischer Partizipation E-Mail: [email protected] anhand der zeitgeschichtlichen Vorgänge kennen. Website: www.vhs-suhl.de

Sie erarbeiteten sich durch Passantenbefragungen Das Projekt wurde aus Mitteln der Stiftung Aufar- und Zeitzeugeninterviews ein Stimmungsbild der beitung gefördert. Bevölkerung im ehemaligen Grenzgebiet. Schwer- punkt waren Fragen nach politischen, sozialen und kulturellen Hoffnungen und Ängsten, die die Menschen in der Grenzregion zu Zeiten des po- litischen Umbruchs und der Wiedervereinigung bewegten, Fragen nach der retrospektiven Be- wertung der Ereignisse der friedlichen Revolution, nach dem Stand des mentalen Zusammenwachsens, des Kontakts und Dialogs von Ost und West in der wiedervereinigten Republik. Die so gesammelten

75 ANHANG

76 77 Wir über uns weltweit Projekte der Entwicklungszusammenar- beit im Feld der Erwachsenenbildung durchführt. Die Zentrale des Instituts hat einen gemeinsam Sitz mit der Bundesgeschäftsstelle des DVV in Bonn (sie- he unten). Der DVV ist Mitglied des Trägervereins des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung Der Deutsche Volkshochschul-Verband (siehe unten). Er ist Mehrheits-Gesellschafter des ebenfalls vom DVV gegründeten Adolf Grimme In- Der Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. (DVV) stituts (siehe unten) und alleiniger Eigentümer der ist der Dachverband der Volkshochschularbeit in telc GmbH, der früheren Prüfungszentrale des DVV. Deutschland. Er wurde am 17. Juni 1953 in Berlin Eine spezielle Einrichtung zur politischen Jugend- gegründet. Im DVV sind die 16 Volkshochschul- und Erwachsenenbildung im Volkshochschulbereich Landesverbände in der Bundesrepublik Deutsch- ist der Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben, der land mit rund 1.000 Volkshochschulen und mehr vom Deutschen Gewerkschaftsbund und dem DVV als 3.000 VHS-Außenstellen zusammengeschlossen. gemeinsam getragen wird (siehe unten). Die Landesverbände der fünf neuen Bundeslän- der traten dem Dachverband 1991 bei. Zweck des Verbandes ist es, die Bildungsarbeit in den Volks- Präsidentin des DVV: Prof. Dr. Rita Süssmuth; hochschulen zu fördern und die dafür notwendige Vorsitzender: Dr. Ernst-Dieter Rossmann, MdB; Interessenvertretung auf nationaler, europäischer Stellvertretende Vorsitzende: Stadträtin Anne Janz und internationaler Ebene wahrzunehmen. Der und Prof. Dr. Klaus Meisel; Verbandsdirektor: Ulrich DVV erfüllt diese Aufgaben insbesondere durch Aengenvoort. Die Bundesgeschäftsstelle hat ihren Sitz in Bonn: Obere Wilhelmstr. 32, 53225 Bonn, Tel. • die Förderung der Zusammenarbeit und des 0228/9756920, Fax 0228/9756930, E-Mail: info@dvv- Erfahrungsaustausches der Mitglieder, vhs.de, Netz: www.dvv-vhs.de. Die Adressen der • die Entwicklung von Grundsätzen und Leitlini- deutschen Volkshochschulen, der Landesverbände en für die Volkshochschularbeit, sowie der Partnerinstitutionen finden sich im Netz • die Information der Öffentlichkeit über Auf- unter: www.meine-vhs.de. gaben und Leistungen der Volkshochschulen, • die Förderung der Qualität der pädagogischen Arbeit, Zentralstelle Politische Jugendbildung • die Planung und Durchführung von Veranstal- tungen, Der DVV ist Zentralstelle im Rahmen des Kinder- • die Förderung des globalen Lernens und der und Jugendplans des Bundes (KJP), des wichtigsten internationalen Zusammenarbeit. Förderinstruments für die außerschulische (politi- sche) Jugendbildung, das in die Zuständigkeit des Der DVV realisiert in Zusammenarbeit mit natio- Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen nalen und internationalen Partnern Projekte zu und Jugend (BMFSFJ) fällt (siehe unter „Koopera- didaktischen und weiterbildungspolitischen Fragen, tionen in der politischen Bildung“). Aufgabe der etwa zur Integration und Migration, zu Alphabe- Zentralstelle ist die Koordination und Verwaltung tisierung und Grundbildung, zur Ökologie und der an den Volkshochschulen durchgeführten poli- ländlichen Entwicklung, zur Geschlechtergerechtig- tischen Jugendbildung, die aus dem KJP gefördert keit, zum interkulturellen und globalen Lernen. Er wird. Der DVV schließt mit den Volkshochschulen veröffentlicht Stellungnahmen, Materialien, Berich- vor Ort als Letztempfängern der KJP-Mittel einen te; vierteljährlich gibt er dis.kurs, das Magazin des Kooperationsvertrag ab. Ein Teil der Mittel steht DVV, heraus. zur Verfügung, um zusammen mit der Zentralstelle Modellkonzepte zu entwickeln. Zusätzlich können Aus der Tradition internationaler Fachkontakte der Mittel über Einzelanträge an weitere Volkshoch- Volkshochschulen ist das Institut für Internationale schulen vergeben werden. Zusammenarbeit des Deutsche Volkshochschul-Ver- Als Dachverband der Volkshochschulen verfügt bandes (dvv international) erwachsen, das heute der DVV über interne Informations- und Gremi-

78 enstrukturen, wodurch sich ein stabiler Rahmen ihrer erworbenen Qualifikationen ermöglichen und für die Verständigung über Ziele und Profile der im Sinne einer zunehmenden Professionalisierung politischen Jugendbildung ergibt. Dazu gehört positiv auf die Programmqualität und Methoden- ein Arbeitskreis Politische Bildung, in dem sich die kompetenz der politischen Jugendbildung wirken. Landesfachreferentinnen und -referenten aus- Vielerorts wurde die „junge vhs“ als eigener Fach- tauschen und die Ergebnisse ihrer Beratungen zu bereich oder eigenständige Abteilung der Volks- Konzepten, Zielen oder Programmen politischer hochschulen aufgebaut. In diesem Fachbereich Bildung als Multiplikatorinnen und Multiplikato- sollen die Angebote der politischen Jugendbildung ren in ihre Volkshochschulen weitergeben. Die –speziell im Blick auf zunehmende rechtsextreme Zentralstellenreferenten vermitteln den vor Ort oder gewaltbereite Tendenzen und angesichts verantwortlichen pädagogischen Fachkräften durch von Politikverdrossenheit oder -verweigerung bei vorhandene Vernetzungsstrukturen sowie durch re- Jugendlichen – weiter ausgebaut werden. Neben gelmäßige Arbeitstagungen aktuelle Schwerpunkte der Steuerung des KJP-Programms hat die Zentral- und führen einen Konsens über Inhalte und Ziele stelle die Aufgabe, die Evaluation der bundesweit herbei. Darüber hinaus haben sie die Aufgabe, für durchgeführten Maßnahmen zu intensivieren. Dazu die VHS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die gehören die Auswertung der Erfahrungen und die jeweiligen Maßnahmen durchführen, entsprechen- Reflexion von Einzelergebnissen hin zu verallge- de Kommunikations- und Vernetzungsstrukturen meinerbaren Erkenntnissen, die eine Weiterent- auf der technischen Plattform der Geschäftsstelle zu wicklung der Jugendhilfe anregen und innovati- intensivieren, um den Fachaustausch zu verstetigen. ve Konzepte hervorbringen können. Es werden regelmäßige Hospitationen der Veranstaltungen In der Zentralstelle sind drei Jugendbildungsrefe- vor Ort durchgeführt und die Praxisreflexion der renten beschäftigt. Sie sind für die Initiierung, in- pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haltliche Planung, Koordinierung, Verwaltung und in gemeinsamen Arbeitstagungen koordiniert. zentrale Steuerung der an den Volkshochschulen Ergebnisse der Beratungen wiederum werden allen stattfindenden Veranstaltungen zuständig. Sie ge- Beteiligten durch gemeinsame Planungstagungen stalten diese Aufgabe orientiert an einer verstärk- zur Verfügung gestellt. ten Kommunikation und Vernetzung der örtlichen Einrichtungen sowie einer inhaltliche Schwerpunkt- Die Zentralstelle betreut die Aufgaben der Presse- setzung innerhalb der politischen Jugendbildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, und zwar in Abstimmung arbeit. Die Zentralstellenreferenten sind im Kontakt mit dem Informations- und Publikationsreferat mit benachbarten Arbeitsfeldern und allgemei- im dvv international und dem Referat Presse- und nen Aufgabenstellungen der Weiterbildung (z.B. Öffentlichkeitsarbeit des DVV. Eine Publikation E-Learning, Grundbildung und Alphabetisierung) zur Darstellung der politischen Jugendbildung in sowie dvv international (IIZ/DVV), das im nationa- Volkshochschulen legte die Zentralstelle 2006 unter len Rahmen einen besonderen Schwerpunkt auf dem Titel „Partizipation – Respekt – Demokratie – entwicklungspolitisches und interkulturelles Lernen Integration“ vor, dem folgte 2008 die Vorstellung legt. eines Modellprojektes aus den Bundesprogrammen „Xenos“ und „Soziale Stadt“ unter dem Titel „Bil- Ein wichtiges Arbeitsfeld sind ferner Entwicklung dungschancen – Lebenschancen – Chancen gegen und Erprobung neuer Konzepte für die politische rechts“. Für die konkrete Unterrichtspraxis wurden Jugendbildung. Diese Maßnahmen werden in enger Handbücher zur interkulturellen Kompetenz für Anlehnung an die Themenschwerpunkte des KJP Jugendbildnerinnen und –bildner aber auch für so geplant und im Rahmen eines Qualitätssicherungs- genannte bildungsferne Jugendliche veröffentlicht. systems evaluiert, das sich der Erarbeitung von Zur Publikationspraxis der Zentralstelle gehören ne- Qualitätsstandards und dem Ausbau vorhandener ben DVDs, die die politische Bildungsarbeit einzel- Systeme widmet. In Kooperation mit den VHS-Lan- ner VHS darstellen auch das Medienzentrum www. desverbänden entwickelt die Zentralstelle langfri- politischejugendbildung.de Hier wird in einem stig zertifizierte Fortbildungsreihen, die den VHS- aktuellen Kalender ein Programmüberblick er- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den möglicht aber auch Veranstaltungsergebnisse und Mitarbeitenden anderer Träger eine Darstellung –dokumentationen veröffentlicht. Diese ermögli-

79 chen es sowohl Volkshochschulen als auch anderen sellschaftliche und individuelle Entwicklung, Einrichtungen politischer Jugendbildung Methoden • die historische Bedingtheit und kulturelle und Konzepte für ihre Bildungspraxis zu übertra- Prägung ihrer Ziele, Inhalte, Formen und gen. Zu den Aufgaben der Zentralstellenreferenten Methoden, gehört es zudem, sich über die Mitwirkung in der • die Solidarität mit den Entwicklungsbestre- Jugendbildungsinitiative GEMINI (siehe unten) bungen der Menschen in den Partnerländern, und der programmspezifischen Arbeitsgruppe des • die fachliche Qualität der Zielsetzung, die in Jugendministeriums (BMFSFJ) am Erfahrungsaus- einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit tausch wie dem Ergebnistransfer in den politischen anzustreben ist. Raum hinein zu beteiligen und den Austausch mit dem Ministerium zu vertiefen. So findet auch ein Inhaltliche Schwerpunkte setzt das IIZ in seinem Einsatz für die Sicherung und Förderung der politi- Engagement in der Grund-, Umwelt- und De- schen Jugendbildung statt. mokratiebildung. Dabei zielt es besonders auf Armutsbekämpfung, Frauenförderung und Selbst- hilfestärkung. Die Arbeits- und Berufsorientierung Kontakt zur Zentralstelle über: Sascha Rex, DVV, des Bildungsansatzes strebt Einkommensverbes- gleiche Adresse wie Geschäftsstelle des DVV. serungen benachteiligter Bevölkerungsgruppen an, richtet sich auf die Integration der Menschen in Arbeitsprozesse und stärkt die Organisation in Kooperativen. dvv international Institut für Internationale Zusammenarbeit dvv international beschäftigt Personal in der des Deutschen Volkshochschul-Verbandes Bonner Zentrale und als entsandte Projektleiter/- innen im Ausland, etwa 60 einheimische Kollegin- dvv international nen und Kollegen wirken in den Projektbüros mit. Das IIZ hat seinen Sitz in der Geschäftsstelle des Das Institut für Internationale Zusammenarbeit des DVV in Bonn, Leiter ist Dr. Roland Schwartz. Tel. Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V. (IIZ/DVV) 0228/97569-0, Fax 0228/97569-55, E-Mail: info@dvv- arbeitet national und international. Seit 40 Jahren international.de, Netz: www.dvv-international.de. kooperiert es mit staatlichen, zivilgesellschaftli- chen und universitären Partnerorganisationen der Erwachsenenbildung in fast allen Teilen der Welt. In den Entwicklungs- und Transformationsländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Europas be- müht es sich um die Etablierung und Stärkung einer Erwachsenenbildung, die die Situation der jewei- ligen Partnerländer aufgreift, sich an fachlichen Kriterien orientiert und im Interesse der ärmsten Teile der Bevölkerung agiert. Mit Industrieländern pflegt es den Fachaustausch und zunehmend die Projektkooperation. Gemeinsam mit den regional und global wirkenden Fachverbänden der Erwach- senenbildung beteiligt es sich an der international notwendigen Informations- und Lobbyarbeit.

Die Leitlinien der Institutsarbeit betonen • die orientierende und qualifizierende Funk- tion der Erwachsenenbildung als Bestandteil des lebenslangen Lernens, • ihre emanzipatorische Bedeutung für die ge-

80 Kooperationen in der Die Stiftung will sich für eine lebendige und plura- listische Auseinandersetzung mit der kommunisti- politischen Bildung schen Diktatur und ihren Folgewirkungen für das Die VHS-Projekte zu 20 Jahren Friedliche Revo- vereinigte Deutschland einsetzen. Sie versteht sich lution, die diese Publikation vorstellt, wurden in als Ansprechpartnerin und Mittlerin zwischen ge- Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung zur Aufar- sellschaftlicher Aufarbeitung, Wissenschaft, Politik, beitung der SED-Diktatur vorbereitet und durch- Medien und Öffentlichkeit. Die Stiftung unterhält geführt, wobei die Stiftung sowohl materielle wie ein Archiv und eine wissenschaftliche Spezialbi- ideelle Unterstützung leistete. Wichtigster Koope- bliothek, in denen u.a. Zeugnisse von Widerstand rationspartner bei der Förderung der politischen und Repression gesammelt und als historisches Jugendbildung im Deutschen Volkshochschul-Ver- Quellenmaterial zugänglich gemacht werden. In band (DVV) ist das Bundesjugendministerium mit regelmäßigen Abständen informiert die Stiftung seinem Kinder- und Jugendplan des Bundes. Dane- in Tätigkeitsberichten über ihre Arbeit. Als Schwer- ben sind die Volkshochschulen in die bundesweiten punkte nennt die Stiftung Aufarbeitung folgende Kooperationsstrukturen eingebunden, die sich für Aufgaben: die Belange der politischen Bildung einsetzen, die weitere Professionalisierung unterstützen und die • Sie fördert und berät Projekte der gesell- außerschulische Bildungspraxis koordinieren. Hier schaftlichen Aufarbeitung, der privaten Archi- ein Überblick: ve und Opferverbände, der Wissenschaft und der politischen Bildung. • Sie trägt zur Sicherung, Sammlung und Doku- mentation von Materialien insbesondere aus Widerstand und Opposition gegen die SED- Diktatur bei. • Sie unterstützt Beratung und Betreuung von Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED- Opfern politischer Verfolgung. • Sie fördert die internationale Zusammenarbeit Diktatur bei der Aufarbeitung von Diktaturen. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Dik- • Sie meldet sich mit eigenen Publikationen und tatur ist eine bundesunmittelbare Stiftung öffent- Veranstaltungen in der öffentlichen Debatte lichen Rechts, die 1998 ins Leben gerufen wurde. zu Wort. Der Deutsche Bundestag folgte damit den Empfeh- • Sie vergibt Stipendien und Preise. lungen der vom ihm 1992 und 1995 eingesetzten Enquete-Kommissionen, die sich der Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Deutschland widmeten und damit der Errichtung Kronenstraße 5, 10117 Berlin, Tel. 030/319895-0, Fax einer Bundesstiftung den Weg ebneten. An der 030/319895-210, E-Mail: buero@stiftung-aufarbei- Spitze der Stiftung steht der auf fünf Jahre gewähl- tung.de, Netz: www.stiftung-aufarbeitung.de. te Stiftungsrat, dem Vertreter des Bundestages, der Bundesregierung, des Landes Berlin sowie Personen angehören, die sich in Fragen der historisch-politi- schen Aufarbeitung besonders engagieren. Vorsit- zender des Gremiums ist Markus Meckel, MdB. Der Stiftungsrat beschließt über alle Fragen von grund- sätzlicher Bedeutung, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören, und kontrolliert die Tätigkeit des Vorstandes. Der ehrenamtlich tätige Vorstand führt die Geschäfte der Stiftung; Vorsitzender ist Rainer Eppelmann. Drei Fachbeiräte unterstützen Vorstand und Rat in ihrer Arbeit.

81 Angeboten, die Qualifizierung von Fachkräften und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern, die träger- und fachübergreifende Zusammen- arbeit; b) Projekte von bundesweit (‚gesamtstaat- Kinder- und Jugendplan lich’) repräsentativer Bedeutung...“

Der Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) ist Im Rahmen dieser Bestimmungen ist die DVV- seit 1950 das Instrument auf Bundesebene, mit Zentralstelle für politische Jugendbildung tätig. Um dem das zuständige Bundesministerium für Fami- die langjährige Arbeit des Jugendreferentenpro- lie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf der gramms des DVV, das aus dem KJP gefördert wird, Grundlage des SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe – unter veränderten Förderbedingungen fortsetzen die Tätigkeit der Kinder- und Jugendarbeit, inklu- und weiterentwickeln zu können, wurde 2005 die sive Jugendbildung, anregt und fördert. Zuwen- Zentralstelle in Bonn ausgebaut (s.o.). dungen aus dem KJP sollen dazu beitragen, dass junge Menschen ihre Persönlichkeit frei entfalten, ihre Rechte wahrnehmen und ihrer Verantwortung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen in Gesellschaft und Staat nachkommen können. Sie und Jugend, 11018 Berlin, E-Mail: info@bmfsfjser- sollen das Zusammenwachsen der jungen Generati- vice.bund.de, Netz: www.bmfsfj.de. on in Deutschland und Europa fördern und zur Ver- besserung des Dialogs zwischen den Generationen beitragen. Der KJP schafft damit Rahmenbedin- gungen für eine leistungsfähige Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe auf Bundesebene. Allein im Jahr 2009 stellt der Plan über 140 Millionen Euro zur Verfügung, um jungen Menschen möglichst viele unterschiedliche Angebote machen zu kön- Bundesausschuss Politische Bildung nen. In den letzten Jahren ist dabei immer wieder die Bildungsaufgabe betont worden. „Die außer- Der Bundesausschuss Politische Bildung (bap), eins schulische Kinder- und Jugendbildung unterstützt der wichtigsten Kooperationsgremien der außer- und ergänzt die Anstrengungen von Eltern, Leh- schulischen Szene, ist eine Arbeitsgemeinschaft, in rern und Pädagogen. Das gemeinsame Ziel ist, dass der rund 30 selbstständige und eigenverantwortliche unsere Kinder und Jugendlichen fest auf eigenen Träger politischer Jugend- und Erwachsenenbildung Beinen stehen.“ (Ursula von der Leyen, bis Ende bundesweit kooperieren, darunter die Volkshoch- 2009 Bundesjugendministerin) schulen, die Zusammenschlüsse der konfessionellen oder gewerkschaftlichen Bildung, die Jugendver- Laut Richtlinien (I.4.1) gelten als Grundsätze der bandsarbeit oder die parteinahen Stiftungen. Der Förderpolitik des KJP: „Gefördert werden können Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) ist seit Be- a) zentrale Maßnahmen nichtstaatlicher Organi- ginn Mitglied. Der Bundesausschuss wurde 1966 von sationen, die für das Bundesgebiet als Ganzes von bundeszentralen Trägern und Verbänden gegrün- Bedeutung sind und die ihrer Art nach nicht durch det. An den Plenarversammlungen des Ausschusses ein Land allein wirksam gefördert werden können. nehmen neben den stimmberechtigten Mitgliedern Die Aufgaben werden in der Regel durch zentrale auch Vertreter und Vertreterinnen der mit politischer Fachorganisationen und -einrichtungen wahrge- Bildung befassten Bundesbehörden (Jugendmini- nommen, denen qualifizierte Mitarbeiterinnen und sterium, Bundeszentrale für politische Bildung etc.) Mitarbeiter zur Verfügung stehen; die Fachorga- beratend teil. Sein Selbstverständnis hat der bap in nisationen und -einrichtungen unterstützen und der Erklärung „Außerschulische Politische Bildung ist begleiten insbesondere die Schaffung, Erhaltung ein konstitutives Element demokratischer politischer und Verbesserung von Diensten und Einrichtungen, Kultur“ (1997) formuliert. Die prekäre förderungs- die Entwicklung und Durchführung von Modell- politische Lage der außerschulischen Bildung hat er vorhaben, die Initiierung von bedarfsgerechten zuletzt in seiner Erklärung „Erhöhung versprochen – Kürzung beschlossen?“ (2004) deutlich gemacht.

82 Gemeinsames Ziel der unterschiedlich orientierten sche politische Bildung versteht. Die Vierteljahres- Organisationen im Bundesausschuss ist es, zeitschrift erscheint seit 1997. Die Grundsatzerklä- • sich für die Entwicklung und Verbesserung der rung des bap ist in PPB 2/98 abgedruckt, weitere politischen Jugend- und Erwachsenenbildung Stellungnahmen finden sich in PPB 1/05 und 4/08. durch Erfahrungsaustausch und Kooperation Der Bundesausschuss, seine Mitglieder oder von zu engagieren, ihm Beauftragte haben an verschiedenen Publi- • die Einsicht in die Bedeutung dieses Bil- kationen mitgewirkt, die sich mit pädagogischen, dungsbereichs und die Notwendigkeit seiner organisatorischen oder bildungspolitischen Fragen öffentlichen Förderung zu verbreiten und der außerschulischen Arbeit auseinandersetzen. durchzusetzen. Der bap hat keine hauptamtliche Struktur, son- Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass eine dern wird durch das Engagement seiner Mitglieder demokratische politische Kultur auf die Bereit- getragen. Aufgaben und Tätigkeit des Ausschusses schaft möglichst vieler angewiesen ist, sich an der sind in der Satzung (Stand: 2007) festgelegt. Der Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme zu betei- Ausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vorstand, ligen. Voraussetzung dafür sind aus Sicht des bap der aus drei Personen besteht. Der Vorsitz wird zur vielgestaltige Foren des gesellschaftlichen Dialogs, Zeit von Lothar Harles (Arbeitsgemeinschaft katho- wie sie die außerschulische Bildung anbietet. Die lisch-sozialer Bildungswerke) wahrgenommen. Der Grundsatzerklärung betont, dass die Förderung Bundesausschuss tritt mindestens zweimal jährlich der politischen Bildung außerhalb der Schule eine zu Mitgliederversammlungen zusammen, er bildet unverzichtbare öffentliche Aufgabe ist. Daher Fachausschüsse oder Projektgruppen und erteilt müsse die institutionelle Grundsicherung einer Viel- Arbeitsaufträge an einzelne Organisationen oder falt von Trägern erreicht werden – eine Aufgabe, Personen. Im Rahmen des bap ist auch die Gemein- die auf längere Frist eine angemessene personelle same Initiative (GEMINI) der Träger politischer Ju- Ausstattung sowie die für die Veranstaltungen und gendbildung angesiedelt, in der der DVV ebenfalls Innovationen notwendigen Finanzmittel zu ge- mitarbeitet. Der Bundesausschuss beauftragt eine währleisten hat. Mitgliedsorganisation mit der Wahrnehmung der Geschäftsführung. Geschäftsführerin ist zur Zeit Von den Aktivitäten des bap sind vor allem drei Ina Bielenberg (Arbeitskreis deutscher Bildungs- Dinge zu nennen: (1) Interessenvertretung. Er setzt stätten - AdB). sich im politischen Raum dafür ein, dass die Not- wendigkeit politischer Bildung Berücksichtigung findet, und zwar in der Fachöffentlichkeit (z.B. Kontaktadresse und Geschäftsführung: Bundes- Mitwirkung bei der Evaluation der politischen ausschuss Politische Bildung, AdB, Mühlendamm 3, Jugend- und Erwachsenenbildung) und im öf- 10178 Berlin, Tel. 030/40040100, Fax 030/40040122, fentlichen Diskurs (z.B. durch den 2009 ins Leben E-Mail: [email protected]. gerufenen Preis Politische Bildung). Der bap ist Die Homepage des bap ist erreichbar unter: www. auch am Runden Tisch, dem Kooperationsgremium bap-politischebildung.de. von Bundeszentrale und Trägerszene, beteiligt. (2) Veranstaltungen. Der Bundesausschuss bietet, vornehmlich für die Mitarbeiter und Mitarbeite- rinnen seiner Mitgliedsinstitutionen, Fortbildungs- veranstaltungen an, wobei die Durchführung von einzelnen Mitgliedseinrichtungen übernommen wird. Darüber hinaus beteiligt sich der bap an Konferenzen und Kongressen oder an Kampagnen wie den Aktionstagen zur politischen Bildung, die inzwischen regelmäßig stattfinden. (3) Veröffent- lichungen. Der Bundesausschuss gibt neben einem Newsletter die Zeitschrift Praxis Politische Bildung (PPB) heraus, die sich als Forum für die außerschuli-

83 Gemeinsame Initiative der Träger politi- Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben scher Jugendbildung Der Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben e.V. Die Gemeinsame Initiative der Träger politischer ist eine Einrichtung der politischen Jugend- und Jugendbildung, kurz GEMINI, ist ein Zusammen- Erwachsenenbildung. Träger sind der Deutsche Ge- schluss im Rahmen des bap. Der GEMINI gehören werkschaftsbund (DGB) und der Deutsche Volks- folgende Trägerverbände an: Arbeitsgemeinschaft hochschul-Verband (DVV). Durch die Gründung katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesre- brachten beide Partner ihren Willen zum Ausdruck, publik Deutschland e.V. (AKSB), Arbeitskreis deut- mit einer auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeit- scher Bildungsstätten e.V. (AdB), Bundesarbeitskreis nehmer bezogenen Weiterbildung deren Stellung Arbeit und Leben e.V. (AL), Deutscher Volkshoch- in Gesellschaft und Beruf zu verbessern und den schul-Verband (DVV), Evangelische Trägergruppe demokratischen Neubeginn in Deutschland zu für gesellschaftspolitische Jugendbildung, Verband unterstützen. Mit Landesorganisationen in den der Bildungszentren im ländlichen Raum e.V. Bundesländern und ca. 160 lokalen und regionalen Einrichtungen sowie dem Bundesarbeitskreis als Die in der GEMINI kooperierenden Träger sehen es gemeinsamem Dach ist Arbeit und Leben (AL) bun- als gemeinsame Herausforderung an, das Interesse desweit präsent und erreicht jährlich ca. 300.000 von Kindern und Jugendlichen an der Mitgestal- Jugendliche und Erwachsene. tung ihrer eigenen Lebenswelt und des Gemeinwe- sens zu wecken und ihre Partizipationsfähigkeiten Der Bundesarbeitskreis nimmt die weiterbildungs- zu fördern. Die Initiative politischen Interessen von Arbeit und Leben auf • versteht sich als Netzwerk eigenständiger, der Bundesebene wahr, ist im Interesse seiner Mit- unabhängiger und freier Träger politischer glieder förderungspolitisch tätig und gibt fachliche Jugendbildung; Impulse durch bundesweite innovative Projekte. • vertritt die Anliegen politischer Jugendbil- So versucht er dazu beizutragen, dass sich Arbeits- dung gegenüber politisch Verantwortlichen, und Lebenswelt der Menschen nach den Prämis- Ministerien und weiteren Fördern; sen von sozialer Gerechtigkeit, Chancengleichheit • organisiert fachliche Diskurse über aktuelle und Solidarität mit dem Ziel einer demokratischen Herausforderungen und Perspektiven der Kultur der Partizipation entwickeln. Arbeit und Arbeit; Leben will mit Bildungsangeboten Möglichkeiten • beschäftigt sich mit der Entwicklung von Qua- schaffen, Menschen Wissen zu vermitteln und litätsstandards; Urteilsbildung zu fördern, und allgemein zur ge- • führt überregionale Veranstaltungen durch, sellschaftlichen Mitwirkung anregen. Methodisch- um das Profil der politischen Jugendbildung in didaktischer Ansatzpunkt der Bildungsarbeit sind der Öffentlichkeit sichtbar zu machen; die Interessen, die Alltags- und Lebenswelt der • wirkt in bundesweiten Arbeitszusammenhän- Menschen. gen mit. Arbeit und Leben organisiert und begleitet Lern- prozesse in Workshops, Seminaren, internationalen Kontaktadresse und Geschäftsführung: wie bap Begegnungen, lokalen Initiativen und Projekten. (siehe oben). Informationen zu GEMINI finden sich Dabei werden weitere Formate und Themen in auf der Homepage des bap: www.bap-politischebil- Absprache mit Gruppen und Kooperationspart- dung.de. nern entwickelt und die Praxis in einem ständigen Bearbeitungs- und Verbesserungsprozess nach den Maßstäben eines weiterbildungsgerechten Qualitätsmanagements qualifiziert. Gender- Mainstreaming ist für die Bildungsorganisation

84 Adolf Grimme Institut Auftrag in Planung und Durchführung, Gestaltung von Arbeitsabläufen, Organisations- und Perso- Das Adolf Grimme Institut in Marl zählt zu den nalentwicklung. AL setzt sich ein für den Bestand renommierten Forschungs- und Dienstleistungs- und die Weiterentwicklung der politischen Bildung einrichtungen in Europa, die sich mit Fragen der auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene und Medienpolitik und Kommunikationskultur befassen engagiert sich dafür, dass alle Menschen an Weiter- und die die Belange der außerschulischen Bildung bildung teilhaben können. Dazu gehört auch das im Blick haben. Das Institut versteht sich als Fo- Recht auf Bildungsurlaub für Arbeitnehmerinnen rum für die kommunikationspolitische Debatte und Arbeitnehmer. und leistet medientheoretische und medienprak- tische Bildungsarbeit. Seine Aufgaben liegen in der Beobachtung, Analyse und Bewertung von Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben e.V., Robert- Medienangeboten und -entwicklungen – von Film straße 5a, 42107 Wuppertal, Tel. 0202/974040, Fax und Fernsehen über den Hörfunk bis zu den neuen 0202/9740420, E-Mail: [email protected], Medien – sowie im Kompetenz- und Wissenstrans- Netz: www.arbeitundleben.de. fer zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Das Adolf Grimme Institut hat die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH, Gesellschafter ist u.a. der Deutsche Volkshochschul-Verband.

Adolf Grimme Institut GmbH, Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH, Eduard-Weitsch- Weg 25, 45768 Marl, Tel. 02365/9189-0, Fax 02365/9189-89, E-Mail: [email protected], Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Netz: www.grimme-institut.de. Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen (DIE), ehemals die Pädagogische Arbeitsstelle des Deut- schen Volkshochschul-Verbandes, ist ein zentrales Forum für Wissenschaft und Praxis der Weiter- bildung in Deutschland. Das DIE unterstützt die Forschung zur Weiterbildung, es forscht selbst und setzt Forschungsergebnisse in Dienstleistungen für die Praxis um. Als wissenschaftliches Serviceinstitut vermittelt es zwischen Forschung und Praxis der außerschulischen Bildung, liefert Grundlagen für eine praxisorientierte Forschung und entwickelt innovative Konzepte. Dienstleistung, Entwicklungs- forschung, Vernetzung und internationale Aktivitä- ten sind die Eckpfeiler der Institutsarbeit. Die Ser- viceleistungen des DIE richten sich an professionelle Weiterbildner/innen und Wissenschaftler/innen im Bereich Weiterbildung. Das Institut gibt zahlreiche Periodica und Publikationen heraus.

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Fried- rich-Ebert-Allee 38, 53113 Bonn, Tel. 0228/3294-0, Fax 0228/3294-399, E-Mail: [email protected], Netz: www.die-bonn.de.

85 Literatur und Benno Hafeneger (Hg.), Handbuch politische Ju- Materialien gendbildung. Schwalbach/Ts. 1997. Benno Hafeneger, Trendbericht: außerschulische Allgemeines politische Jugendbildung – Politisch denken lernen, in: Kursiv 2/07. Wolfgang Beer, Politische Bildung im Epochen- wechsel – Grundlagen und Perspektiven. Weinheim Klaus-Peter Hufer, Politische Bildung im Selbstver- und München 1998. ständnis und in der Praxis von Volkshochschulen – Thesen zu ihrer Entwicklung, in: Praxis Politische Lothar Böhnisch/Wolfgang Schröer, Politische Bildung 2/08. Pädagogik – Eine problemorientierte Einführung. Weinheim und München 2007. Klaus-Peter Hufer, Erwachsenenbildung – Eine Ein- führung. Schwalbach/Ts. 2009. Michael Brodowski u.a. (Hg.), Informelles Lernen und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – Klaus-Peter Hufer, Krise der Gesellschaft – Krise der Beiträge aus Theorie und Praxis. Opladen u.a. 2009. Weiterbildung?, in: Praxis Politische Bildung 1/10. Martin Kaiser, Friedensproben – Interkulturelle Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Begegnung und interreligiöser Dialog in der politi- und Jugend (Hg.), Bilden – Integrieren – Teilhaben. schen Bildung. Schwalbach/Ts. 2006. Die Bildungsprogramme im Kinder- und Jugend- plan des Bundes. Berlin 2009. Martin Kaiser, „Ausgesetzt“ - Jugendliche Migran- tInnen gestalten ihre Situation, in: Praxis Politische Paul Ciupke/Franz-Josef Jelich (Hg.), Ein neuer An- Bildung 3/08. fang – Politische Jugend- und Erwachsenenbildung in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Essen Martin Kaiser, Beim Wort genommen? Interkultu- 1999. relles Lernen im Literaturcafé, in: Außerschulische Bildung 3/09. Joachim Detjen, Politische Bildung – Geschichte und Gegenwart in Deutschland. München und Wien Martin Kaiser/Anne Moellers (Hg.), Giving the 2007. Future a Better Past – Cross-cultural Encounter and Interreligious Dialogue in Europe and the Middle Deutscher Volkshochschul-Verband (Hg.), Geschich- East. Trier 2009. te – Geschichten – Gesichter. Ein halbes Jahrhun- dert Deutscher Volkshochschul-Verband e.V. Bonn Dirk Lange/Ayça Polat (Hg.), Unsere Wirklichkeit 2003. ist anders – Migration und Alltag. Perspektiven politischer Bildung. Bundeszentrale für politische Peter Faulstich/Mechthild Bayer (Hg.), Lernorte – Bildung, Schriftenreihe Nr. 1001, Bonn 2009. Vielfalt von Weiterbildungs- und Lernmöglichkei- ten. Hamburg 2009. Dirk Lange, Monitor politische Bildung – Daten zur Lage der politischen Bildung in der Bundesrepublik Karsten Fritz/Katharina Maier/Lothar Böhnisch, Deutschland. Schwalbach/Ts. 2009 (i.E.). Politische Erwachsenenbildung – Trendbericht zur empirischen Wirklichkeit der politischen Bildungs- Theo W. Länge, Die Evaluation der politischen Ju- arbeit in Deutschland. Weinheim und München gendbildung – Ein vorläufig letzter Kommentar, in: 2006. Praxis Politische Bildung 4/04.

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86 Bildung und gesellschaftliche Teilhabe – 50 Jahre senenbildung – lost in space? Bezugswissenschaften Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben. Recklinghau- und Wissenschaftsbezüge der Profession, in: Praxis sen 2006. Politische Bildung 3/07.

Bettina Lösch/Andreas Thimmel (Hg.), Kritische Historisch-politische Bildung politische Bildung – Ein Handbuch. Schwalbach/Ts. 2010 (i.E.). Klaus Ahlheim/Bardo Heger, Die unbequeme Ver- gangenheit – NS-Vergangenheit, Holocaust und Janne Mende/Stefan Müller (Hg.), Emanzipation die Schwierigkeiten des Erinnerns. Schwalbach/Ts. in der politischen Bildung. Theorien – Konzepte – 2002. Möglichkeiten. Schwalbach/Ts. 2009. Klaus Ahlheim, Politische Bildung als Schlussstrich. Barbara Menke/Manfred Jastrzemski/Klaus Wald- 60 Jahre danach – sind Nazivergangenheit und -ver- mann/Peter Wirtz (Hg.), Ermutigung zur Zivilcou- brechen immer noch ein Thema für die politische rage – Beiträge der politischen Bildung zu einer Bildung?, in: Erwachsenenbildung 3/05. Kultur der Anerkennung und Vielfalt. Schwalbach/ Ts. 2003. Klaus Ahlheim, Erinnern und Aufklären – Interven- tionen zur historisch-politischen Bildung. Hannover Heinrich Oberreuter (Hg.), Standortbestimmung 2009. Politische Bildung. Schwalbach/Ts. 2009. Paul Ciupke/Norbert Reichling, „Unbewältigte Wolfgang Sander (Hg.), Handbuch politische Bil- Vergangenheit“ als Bildungsangebot. Frankfurt/M. dung. 3., völlig überarbeitete Auflage, Schwalbach/ 1996. Ts. 2005. Siegfried Grillmeyer/Peter Wirtz (Hg.), Ortstermine Wolfgang Sander (Hg.), Über politische Bildung – – Politisches Lernen an historischen Orten. Schwal- Politik-Lernen nach dem „politischen Jahrhundert“. bach/Ts. 2006. Schwalbach/Ts. 2009. Freerk Huisken, Auch ein Fall von Nationalerzie- Johannes Schillo, Professionalität in der außerschu- hung – Anmerkungen zur deutschen Erinnerungs- lischen politischen Bildung - Anmerkungen zur ak- kultur, in: Praxis Politische Bildung 4/09. tuellen Diskussion, in: Praxis Politische Bildung 3/07 . Martin Kaiser, „Make your world a better place“ Achim Schröder/Nadine Balzter/Tommy Schroedter, – Geschichte und politische Bildung in der interna- Politische Jugendbildung auf dem Prüfstand. Wein- tionalen Jugendarbeit, in: Arbeitskreis deutscher heim und München 2004. Bildungsstätten (Hg.), Werkstatt der Demokratie – 50 Jahre AdB. Essen 2009. Benedikt Sturzenhecker/Werner Lindner (Hg.), Bildung in der Kinder- und Jugendarbeit – Vom Bil- Hubert Klingenberger, Erinnerungskultur und dungsanspruch zur Bildungspraxis. Weinheim und Biografiearbeit – Argumente für eine persönliche München 2004. Erinnerungskultur, in: Erwachsenenbildung 3/05.

Klaus Waldmann, Vielschichtige Erwartungen, Dirk Lange, Geschichtspolitische Bildung, in: Polis begrenzte Möglichkeiten – Zum Diskurs über die 2/05. politische Jugendbildung, in: Kursiv 4/09. Manfred Pappenberger, Zeitzeugen – lebendige Georg Weißeno/Klaus-Peter Hufer/Hans-Werner Erinnerung, in: Praxis Politische Bildung 1/10. Kuhn/Peter Massing/Dagmar Richter (Hg.), Wörter- buch Politische Bildung. Schwalbach/Ts. 2007. Brigitte Rauschenbach, Vom nationalen zum euro- päischen Mythos? Perspektiven der Erinnerung für Benedikt Widmaier, Politische Jugend- und Erwach- Europa, in: Erwachsenenbildung 3/05.

87 Peter Reichel, Von der ‚Vergangenheitsbewälti- die politische Bildung, in: Praxis Politische Bildung gung’ zur ‚Geschichtspolitik’, in: Polis 2/05. 4/09.

Johannes Schillo, Ein Erbe, das nicht ausgeschlagen Bodo von Borries, Europäische Erinnerung an werden kann – Politische Bildung vor oder nach „1989“ – Herausforderung für die Politische Bil- zeitgeschichtlichen Herausforderungen, in: Praxis dung, in: Außerschulische Bildung 2/09. Politische Bildung 1/05. Paul Ciupke, Mehr Perspektivenvielfalt möglich – Johannes Schillo, Zur deutsch-deutschen Geschichte Zur Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte in der politischen Bildung, in: Praxis Politische Bildung der historisch-politischen Bildung, in: Praxis Politi- 1/08. sche Bildung 4/09.

Anne Schlüter/Ines Schell-Kiehl (Hg.), Erfahrung mit Monika Deutz-Schroeder/Klaus Schroeder, Oh, wie Biographien – Tagungsdokumentation der Duisbur- schön ist die DDR – Kommentare und Materialien zu ger Tagungen zum Thema „Erfahrung mit Biogra- den Ergebnissen einer Studie. Schwalbach/Ts. 2009. phien“. Bielefeld 2004. Fritz Dorgerloh, Geschichte der evangelischen Wolfgang Wippermann, Geschichtspolitik – Zu ak- Jugendarbeit. Teil 1: Junge Gemeinde in der DDR. tuellen zeitgeschichtlichen Kontroversen, in: Praxis Hannover 1999. Politische Bildung 4/99. Bernd Faulenbach/Franz-Josef Jelich (Hg.), “Trans- Deutsche Teilung und friedliche Revolution formationen“ der Erinnerungskulturen in Europa nach 1989. Essen 2006. Heidi Behrens/Paul Ciupke/Norbert Reichling, Die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte in der Saskia Handro, Alltagsgeschichte – Alltag, Arbeit, politischen Erwachsenenbildung. Essen 2006. Mit Politik und Kultur in SBZ und DDR. Schwalbach/Ts. beigefügter Kurzfassung. Studie des Bildungswerks 2004. der Humanistischen Union (HU), im Internet unter: www.hu-bildungswerk.de. Jens Hüttmann, Friedliche Revolution, Deutsche Ein- heit und der Wert der Erinnerung vor Ort – Projekte Heidi Behrens/Paul Ciupke/Norbert Reichling, Mehr und Initiativen in den Erinnerungsjahren 2009 und als eine „Fußnote“ – DDR-Geschichte in der poli- 2010, in: Außerschulische Bildung 2/09. tischen Erwachsenenbildung, in: Praxis Politische Bildung 4/06. KAW - Konzertierte Aktion Weiterbildung (Hg.), Auf unterschiedlichen Wegen? Politische Weiterbildung Heidi Behrens/Paul Ciupke/Norbert Reichling (Hg.), im Prozess der deutsch-deutschen Vereinigung. Lernfeld DDR-Geschichte – Ein Handbuch für die po- Tagungsdokumentation. Bonn 1996. litische Jugend- und Erwachsenenbildung. Schwal- bach/Ts. 2009. Georg Meusel, Von der Bürgerrechtsbewegung der DDR zu einer neuen Bildungsinitiative – Alternative Bildungskatalog SED-Diktatur und deutsche Teilung politische Bildungsarbeit in DDR-Vergangenheit und - Materialien für die schulische und außerschulische bundesdeutscher Gegenwart, in: Praxis Politische Bildungsarbeit. Schwalbach/Ts. 2009. Bildung 4/09.

Sigrid Biskupek, Transformationsprozesse in der Manfred Pappenberger, Das grüne Band – vom To- politischen Bildung – Von der Staatsbürgerkunde in desstreifen zum Lebensband, in: Zivildienst 1/10. der DDR zum Politikunterricht in den neuen Län- dern. Schwalbach/Ts. 2002. Matthias Pfüller, „Historisch-politische Bildung zur Geschichte der DDR und der kommunistischen Werner Blumenthal/Melanie Piepenschneider, Fried- Diktatur(en)“ – Eine leichte Polemik, in: Außerschu- liche Revolution und Deutsche Einheit – Auftrag für lische Bildung 2/09.

88 Alexander von Plato, Die Vereinigung Deutschlands – ein weltpolitisches Machtspiel. Berlin 2002, auch Dorothee Wierling, Sechzig Jahre danach: Vergan- als Band 381 der Schriftenreihe der Bundeszentrale genheitspolitik, Gedenkkultur und Erinnerungen in für politische Bildung erschienen. Nachkriegsdeutschland, in: Außerschulische Bildung 1/05. Sibylle Reinhardt, 20 Jahre Deutsche Vereinigung – Fragen an Everhard Holtmann, in Gesellschaft – Hasko Zimmer, Der Buchenwald-Konflikt – Zum Wirtschaft – Politik 1/09. Streit um Geschichte und Erinnerung. In Zusammen- arbeit mit Katja Flesser und Julia Volmer. Münster Steffi Robak, Volkshochschule als Transformations- 1999. institution – Abschürfungen und Angleichungen im empirischen Rückblick, in: Hessische Blätter für Periodica Volksbildung 4/08. Praxis Politische Bildung (PPB), Nr. 4/09, Schwer- Aribert Rothe, Macht – Bildung – Aktion. Wie sich punkt „Zeitgeschichte“, herausgegeben vom Minderheiten in der DDR bildeten, in: Praxis Politi- Bundesausschuss Politische Bildung (bap), Juventa- sche Bildung 4/09. Verlag, Weinheim.

Martin Sabrow u.a. (Hg.), Wohin treibt die DDR- Außerschulische Bildung (AB), Nr. 2/09, Schwer- Erinnerung? Dokumentation einer Debatte. Göttin- punkt „Historisch-politische Bildung zur Geschichte gen 2007, auch als Band 619 der Schriftenreihe der der DDR und zum Ende kommunistischer Diktatu- Bundeszentrale für politische Bildung erschienen. ren“, herausgegeben und verlegt vom Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB), Berlin. Johannes Schillo, Von der Eingemeindung einer po- litischen Identität, in: Praxis Politische Bildung 2/99. Politische Bildung – Beiträge zur wissenschaftlichen Grundlegung und zur Unterrichtspraxis, Nr. 4/08, Johannes Schillo, Born in the GDR – Zu Rockmusik Schwerpunkt „Deutschland 1949 – 1989 – 2009“, und Politik in der DDR, in: Praxis Politische Bildung Wochenschau-Verlag, Schwalbach/Ts. 2/09. Report – Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, Klaus Schroeder, Das neue Deutschland – Was sich Nr. 4/08, Schwerpunkt „Biographie und Bildung“, seit der Wiedervereinigung geändert hat, in: Politi- herausgegeben vom Deutschen Institut für Erwach- sche Bildung 4/08. senenbildung (DIE), W.Bertelsmann-Verlag, Biele- feld. Wolfgang Thierse/Ilse Spittmann-Rühle/Johannes L. Kuppe (Hg.), Zehn Jahre Deutsche Einheit – Eine Hessische Blätter für Volksbildung, Nr. 4/08, Schwer- Bilanz. Opladen 2000, auch von der Bundeszentrale punkt „Im Osten nichts Neues? Erwachsenenbildung für politische Bildung veröffentlicht. in den neuen Bundesländern“, herausgegeben vom Hessischen Volkshochschulverband, W.Bertelsmann- Wolfram Tschiche, Wie lässt sich das politische Sy- Verlag, Bielefeld. stem der DDR charakterisieren?, in: Außerschulische Bildung 2/09. Polis – Report der Deutschen Vereinigung für Politi- sche Bildung (DVPB), Nr. 2/05, Schwerpunkt „Ge- Klaus Waldmann, Protest und Anpassung im ge- schichtspolitik“, Westermann-Verlag, Braunschweig. teilten Deutschland der 60er und 70er Jahre – Ein Projekt historisch-politischer Jugendbildung, in: Geschichte für heute – Fachzeitschrift für historisch- Außerschulische Bildung 2/08. politische Bildung, Wochenschau-Verlag, Schwal- bach/Ts. Klaus Peter Wallraven (Hg.), Handbuch politische Bildung in den neuen Bundesländern. Schwalbach/ Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, Wochenschau- Ts. 2003. Verlag, Schwalbach/Ts.

89 Internet wirklichkeit der Jugendlichen an. Dabei versucht das Projekt insbesondere in den redaktionellen Zeitzeugenportal Beiträgen, persönliche Geschichten aufzugrei- fen, die einen besonderen Aspekt der deutschen Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED- Teilung verdeutlichen. Träger des Projekts ist der Diktatur hat gemeinsam mit dem Bundesministeri- gemeinnützige Verein Lichtschliff - bilder und töne um des Innern und den deutschen Bundesländern, berlin e.V. Lichtschliff ist ein Mitglied der „Koope- vertreten durch die Sächsische Staatskanzlei, ein rative Berlin“, ein Netzwerk von Medienentwick- hilfreiches Internetportal zur Planung und Durch- lern, Projektmanagern, Filmemachern, Autoren und führung von Bildungsveranstaltungen erstellt. Das Redakteuren. Das Projekt wird maßgeblich von der Zeitzeugenportal „20 Jahre Friedliche Revolution Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und Deutsche Einheit“ ist im Netz unter und der Bundeszentrale für politische Bildung www.zeitzeugenportal8990.de erreichbar. Dort gefördert und arbeitet mit Unterstützung weiterer können sich Internetnutzer einen Überblick über Kooperationspartner. Lehrmaterialien, Publikationen, CDs und DVDs zum Thema verschaffen. In einem passwortgeschützten Bereich können die Biografien von Zeitzeugen in Kontakt: Lichtschliff - bilder und töne berlin e.V., einer Datenbank recherchiert, gelesen und Kontakt c/o Kooperative Berlin, Kopenhagener Straße 15, mit den ausgewählten Personen aufgenommen 10437 Berlin, Tel. 030/44356595, E-Mail: info@ werden. Das Zeitzeugenportal wendet sich an kooperative-berlin.de, Netz: www.kooperative- Schulen und außerschulische Träger der historisch- berlin.de. politischen Bildungsarbeit.

Chronik der Mauer Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Kronenstraße 5, 10117 Berlin, Tel. 030/319895-0, E- Unter www.chronik-der-mauer.de finden sich seit Mail: [email protected], Netz: www. dem Sommer 2009 Daten und Dokumente zu 136 stiftung-aufarbeitung.de. Todesopfern, die es an der Berliner Mauer gab. Ver- antwortlich für die Website sind die Bundeszentra- le für politische Bildung (bpb), das Deutschlandra- „Deine Geschichte“ dio und das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, das vom Beauftragten der Bundesregie- Zur Unterstützung der historisch-politischen Bil- rung für Kultur und Medien (BKM) gefördert wird. dung gibt es im Netz die Website „Deine Geschich- Nach den Angaben der Website sind an der Mauer te“ (www.deinegeschichte.de), die verschiedene mindestens 98 DDR-Flüchtlinge, 30 Menschen aus Materialien zur Verfügung stellt, vor allem aber Ost und West ohne Fluchtabsichten sowie acht einen grundlegenden Gedanken verfolgt: Geschich- Grenzsoldaten ums Leben gekommen. Dem Pro- te besteht aus Geschichten. Wer die Geschichte jekt liegt eine doppelte Definition des Begriffs verstehen will, so das Netzprojekt, muss sich dar- „Todesopfer an der Mauer“ zugrunde: Entweder über im Klaren sein, dass die Geschichte eigentlich ist ein Fluchthintergrund offensichtlich oder ein ein Plural ist und sich aus vielen Einzelgeschichten enger kausaler Zusammenhang mit dem Grenzre- zusammensetzt – aus kleinen Geschichten, von gime sowohl zeitlich als auch räumlich gegeben. denen auch Verwandte, Freunde und Bekannte Verfügbar ist auf der Website der aktuelle Stand erzählen und die auf die große Geschichte zurück- der neueren Untersuchungen. Das Forschungs- verweisen, da diese aus ihnen besteht und zugleich vorhaben erfasste alle verfügbaren Angaben zu die Lebensläufe der Menschen bestimmt. Während Todes- und Verdachtsfällen. Grundlage waren Geschichtsbücher sich häufig um die abstrakten zum einen amtliche und publizierte Todesopfer- Linien, um den Wettlauf der Systeme, um die Ein- Listen. Zum anderen stützte sich die Untersuchung bettung in die europäische und die Weltgeschichte auf eigene, umfassende Quellenrecherchen und bemühen, strebt „Deine Geschichte“ die Verzah- Zeitzeugengespräche. Bislang existierten mehrere nung der deutschen Geschichte mit der Lebens- Listen mit deutlich von einander abweichenden

90 Zahlen: Je nach Art der Berechnung bewegten derzeit etwa 270 kommentierten Links sind: sich die Angaben zwischen 86 (Staatsanwaltschaft • Einführungen und Überblicke Berlin), mindestens 92 (der Polizeipräsident von • Wichtige Phasen und Daten Berlin), 114 (Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter), • Politik und Herrschaft 122 (Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und • Arbeit und Wirtschaft Vereinigungskriminalität) und weit mehr als 200 • Kultur Todesopfern (Arbeitsgemeinschaft 13. August). Ziel • Alltag und Gesellschaft des Forschungsprojektes war es, dieses Defizit zu • Kinder und Jugendliche beheben und die Zahl der Todesopfer an der Mauer • Bildung und Erziehung zu ermitteln, die Lebensgeschichten und Todesum- • Ideologie, Geschichtsbilder, Antifaschismus stände aller Mauertoten durch solide Quellen zu • Opposition dokumentieren. Auf diese Weise sind Portraits • Repression zu 136 Todesopfern entstanden (Stand: 7. August • Mauer, Grenze, Flucht 2009). • Osteuropäischer Kontext • Internationale Kontexte im Westen • Deutsch-deutsche Kontakte und Parallelge- In der Bundeszentrale für politische Bildung ist der schichte Fachbereich Multimedia für die Website zuständig. • Friedliche Revolution 1989 Kontakt: Tel. 0228/99515-0 (Zentrale), E-Mail: info@ • Aufarbeitung und Rezeptionsgeschichte(n) bpb.de, Netz: www.bpb.de. Die Internetseite ist mit Unterstützung der Bun- desstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur DDR-Geschichte entstanden. Ihre (laufend aktualisierte) Link-Liste ergänzt den Service-Anhang, der in dem Sammel- Seit 2008 ist eine neue Website für die politische band „Lernfeld DDR-Geschichte - Ein Handbuch für Bildung zugänglich: www.ddr-geschichte-vermit- die politische Jugend- und Erwachsenenbildung“ teln.de. Das vom Bildungswerk der Humanistischen (herausgegeben von Behrens/Ciupke/Reichling, Union erstellte Portal sammelt Materialien und Schwalbach/Ts. 2009) erschienen ist. Medien, Handreichungen und Praxisreflexionen zur politischen Bildung in Sachen DDR-Geschichte. Nicht nur die Forschung dazu, auch die Auseinan- Kontakt: Bildungswerk der Humanistischen Uni- dersetzung mit dieser Geschichte in der Bildungsar- on NRW, Kronprinzenstraße 15, 45128 Essen, Tel. beit hat einen kaum zu überblickenden Umfang an- 0201/227982, Fax 0201/235505, E-Mail: buero@hu- genommen. Manche Experten konstatieren große bildungswerk.de. Wissens- und Orientierungsdefizite über die DDR- Geschichte, andere unterstreichen die Notwendig- keit, thematisch vielfältigere Angebote zu machen. Deshalb wird hier der Versuch gemacht, Wichtiges zu bündeln, auf vernachlässigte Aspekte hinzuwei- sen und die Aufmerksamkeit auf seriöse Quellen zu lenken. Überblick und schnelle Einarbeitung in neue Themenaspekte werden so erleichtert. Diese Sammlung konzentriert sich auf die Erfordernisse der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbil- dung – dennoch sind auch Hinweise auf schulische Materialien, Quellen und Unterrichtsskizzen sowie kürzere Texte aus der Forschung aufgenommen, soweit diese Materialien in der übrigen politischen Bildungsarbeit verwendbar erscheinen. Der Schwer- punkt liegt auf kostenlos verfügbaren Online-Res- sourcen. Die Themengebiete des Portals mit seinen

91 Sonstiges Weitere Informationen zu den Projektaktivitäten bei: Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben, Robert- Arbeit und Leben: „Jubiläumskinder“ str. 5a, 42107 Wuppertal, Netz: www.arbeitundleben.de. An die „Jubiläumskinder“, die erste ostdeutsche Generation im wiedervereinten Deutschland, richtet sich das Projekt „Die DDR und die friedliche Filmprojekt: „Und jetzt?!“ Revolution im ‚kulturellen Gedächtnis’ der 1989 geborenen ostdeutschen Jugend“. Es wird seit Deutschland feierte 2009 zahlreiche Geschichtsju- 2009 vom Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben biläen, dabei spielte das Thema 20 Jahre Mauerfall (AL), der Arbeitsgemeinschaft von Volkshochschu- eine herausragende Rolle. Mit dem Projekt „Und len und Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) für jetzt?!“ der Bundeszentrale für politische Bildung die politische Bildung, durchgeführt. Ausgangs- sollte Geschichte für junge Menschen interessant these des Projekts ist, dass in dieser Generation und erfahrbar gemacht werden. Zu diesem Zweck insbesondere der Alltag und die sozialpolitischen produzierten Jugendliche aus sozialen Brennpunk- Maßnahmen der SED-Diktatur verklärt werden ten in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Thierry und somit (unreflektiert) im kulturellen Gedächt- Bruehl einen Kurzfilm, der mit schnellen Bildern nis weiterleben. Davon ausgehend ist es Ziel des und Schnitten durch die Geschichte von 1919 bis in Projekts, überständige DDR- bzw. diktaturspezi- die heutige Zeit führt. Zum Jubiläum des Mauer- fische Momente aus unterschiedlichen Bereichen falls entstand zudem ein zweiter Clip, der speziell des gesellschaftlichen, politischen, kulturellen den 9. November 1989 thematisiert. Die Filme und Lebens, des Alltags und der Freizeit als solche weitere Informationen zu dem Projekt finden sich wahrzunehmen und einzuordnen. Das Projekt unter www.undjetzt.tv. Für den Einsatz im Unter- umfasst einen Wettbewerb, die Durchführung von richt wurde außerdem ein Begleitheft erstellt. Das Bildungsveranstaltungen und die Entwicklung einer Heft enthält einen didaktischen, auf den Unter- Wanderausstellung. Im Wettbewerb sollen sich die richt zugeschnittenen, Leitfaden für die Arbeit mit Jugendlichen zielgerichtet, aber mit selbst gewähl- dem Film, dazugehörige Arbeitsblätter sowie die ten formalen Mitteln zu Fragen und Themen ihrer DVD mit dem Film und weiterem Videomaterial. Sozialisation im vereinten Deutschland äußern. Die DVD bietet Schülerinnen und Schülern einen Dabei zielt die Frageperspektive darauf, wie DDR Anreiz, über das Geschichtsjubiläum zu diskutieren und Diktatur ihre Sozialisation geprägt haben. Die und sich weiter zu informieren. eindruckvollsten Beispiele werden ausgewählt, prämiert und zu einer sachhaltigen Wanderaus- stellung verarbeitet, wobei Ausstellungsprofis mit Das Heft ist kostenfrei unter www.bpb.de/publika- den Jugendlichen zusammenarbeiten sollen. Die tionen/XEGNYX zu bestellen. Kontakt: Bundeszen- Ausstellung zeichnet im besten Fall ein farbiges, trale für politische Bildung, Fachbereich Politikfer- vielfältiges, aber vermutlich auch widersprüchliches ne Zielgruppen, Adenauerallee 86, 53113 Bonn, Tel. Bild des Geschichts- und Gegenwartsbewusstseins 0228/99515-279, E-Mail: [email protected], so genannter „Jubiläumskinder“, also eines mar- Netz: www.bpb.de. kanten Teils der gesamtdeutschen Jugend. Zur künstlerischen Auseinandersetzung und zur kriti- schen Fragehaltung werden den Jugendlichen in Schulprojekttagen, Diskussionsrunden und Arbeits- gruppen Impulse gegeben. Das Projekt wird durch Medienpartnerschaften (MDR, RBB, NDR) begleitet und durch Schirmherrschaften und Patenschaften öffentlich kommuniziert.

92 93 Ebenfalls erhältlich: PARTIZIPATION RESPEKT DEMOKRATIE INTEGRATION RESPEKT DEMOKRATIE PARTIZIPATION PARTIZIPATION RESPEKT

PARTIZIPATION RESPEKT DEMOKRATIE INTEGRATION RESPEKT DEMOKRATIE PARTIZIPATION DEMOKRATIE PARTIZIPATION BILDUNGSCHANCEN RESPEKT DEMOKRATIE BILDUNGSCHANCEN INTEGRATION INTEGRATION LEBENSCHANCEN LEBENSCHANCEN CHANCEN GEGEN RECHTS Politische Jugendbildung in Volkshochschulen

Neue Chancen für Jugendliche und junge Erwachsene. Ein Modellprojekt des Deutschen Volkshochschul-Verbands und des Volkshochschulverbands Mecklenburg-Vorpommern CHANCEN GEGEN RECHTS

Politische Jugendbildung in Volkshochschulen Neue Chancen für Jugendliche und junge Erwachsene. Ein Modellprojekt des Deutschen Volkshochschul-Verbands Politische Volkshochschulen Jugendbildung in und des Volkshochschulverbands Mecklenburg-Vorpommern

Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und den Europäischen Sozialfonds

Partizipation, Respekt, Bildungschancen, Demokratie, Integration Lebenschancen, Chancen

Die VHS gehören in Deutschland zu den bekannte- gegen Rechts

Politische Volkshochschulen Jugendbildung in sten Einrichtungen der außerschulischen Bildung. Ge- Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und den Europäischen Sozialfonds meinhin werden sie mit der Praxis der Erwachsenen- Im Rahmen des Sonderprogramms „Beschäftigung, und Weiterbildung identifiziert. Zu ihren Aufgaben Bildung und Teilhabe vor Ort“ führte der DVV ge- gehört aber auch die außerschulische Jugendbildung meinsam mit dem Volkshochschulverband Mecklen- und hier speziell die politische Bildung. burg-Vorpommern e.V. und zehn vhs in Mecklen- burg-Vorpommern das Projekt „Bildungschancen Die Broschüre bietet einen Einblick in die Praxis der - Lebenschancen - Chancen gegen Rechts“ durch. politischen Jugendbildung in deutschen VHS, die zu einem Teil mit Mitteln des Kinder- und Jugend- Ziel des Projekts waren die bessere berufliche plan des Bundes (KJP) ermöglicht wurden. Die Texte Integration von jungen Menschen aus Kursen der verstehen sich als exemplarische Darstellungen, nachholenden Schulabschlüsse und den Integrati- sie wollen keinesfalls ein vollständiges Bild der im onskursen. Hierzu wurden den Jugendlichen und VHS-Bereich geleisteten (politischen) Jugendbildung jungen Erwachsenen ein „Integrationscoach“ zur zeichnen. Seite gestellt. Dieser Coach führte Bewerbungs- In die Präsentation der Praxisbeispiele sind die Erfah- trainings, Betriebsbesichtigungen, Arbeit mit dem rungen verschiedener Mitarbeiterinnen und Mitar- ProfilPASS uvm. durch. Gleichzeitig erhielten die beiter aus den Volkshochschulen eingeflossen. Der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Chance in Anhang informiert zunächst über die herausgebende gemeinsamen „Bildungscamps“ neue Lernformen Einrichtung, den DVV, und dann über weitere institu- und -inhalte kennenzulernen. Zusätzlich erhielten tionelle Zusammenhänge, die für die außerschulische die haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiterinnen politische Bildung von Bedeutung sind und bringt und Mitarbeiter, die mit dieser Zielgruppe arbeiten abschließend eine Literaturauswahl zu konzeptionel- Schulungen ihrer interkulturellen Kompetenz mit len, organisatorischen und praktischen Fragen der Hilfe des zertifizierten Lehrgangssystems Xpert- politischen Jugendbildung. Interkulturelle Kompetenz.

Diese Publikation kann bestellt werden bei: Die Broschüre ist kostenlos erhältlich bei: [email protected] [email protected]

94 Herausgegeben vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV)

Obere Wilhelmstraße 32 53225 Bonn E-Mail: [email protected] Netz: www.dvv-vhs.de

Redaktion: Vinzenz Bosse, Sascha Rex, Johannes Schillo

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Druck: Druckhaus Ley + Wiegandt GmbH + Co

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ISBN 978-3-88513-778-8

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Publikation wurde durch das Bundesministe- rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Was hat das mit mir zu tun?

Politisch-historische Jugendbildung in Volkshochschulen zum Thema „20 Jahre Friedliche Revolution 1989“ Was hat in Volkshochschulen das mit Jugendbildung mir zuPolitisch-historische tun? 1989“ zum Thema Revolution „20 Friedliche Jahre

Herausgegeben vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV)