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Deutschlandradio Kultur - Nachspiel - 28.5.2006

„Ballzauber oder Aberglaube“ Fußball in Westafrika

Autor: Jan Tussing

Musik

Auf dem Fußballplatz der Universität Legon findet heute ein Freundschaftsspiel statt. Legon ist eine kleine westafrikanische Vorzeige-Uni. In einem ruhigen Viertel der Hauptstadt Accra. Saubere flache Gebäude, grün angelegte Rasenflächen, und ein gepflegtes Fußballfeld. Für Ghana eine Seltenheit. Alte, hohe Bäume spenden Schatten vor der erdrückenden Hitze. Es ist Sonntagnachmittag und am Rande des Fußballfeldes sorgen fünf Musiker für gute Stimmung. Unter offenen weißen Zelten sitzen die Mannschaften. Es sind alles Kinder die heute miteinander spielen und ganz offensichtlich spaß haben. Sie tragen Trikots europäischer Länder. Gerade eben spielt Deutschland gegen Italien. Frankreich und Großbritannien ruhen sich aus. Es ist europäische Woche in Accra. Und das Fußballturnier wird von der europäischen Vertretung in Ghana organisiert und gesponsert. Es gibt reichlich zu trinken und jedes Kind erhält eine Sandwichbox. Für die euphorischen Jungs ein willkommener Luxus.

Atmo Fußballspiel

Fast alle Teilnehmer sitzen unter den Zelten. Nur einer hockt direkt am Feldrand auf einem kleinen mitgebrachten Hocker. Wenn Kinder in Ghana Fußball spielen, dann darf er nicht fehlen. Karel Brokken.

Ich schaue hier zu, und halte nach Talenten Ausschau.

Karel Brokken ist Belgier. Ein sehr beleibter Belgier. Mit seiner großen Statur und seiner hellen Hautfarbe sticht er unter all den Kindern hervor und wirkt wie ein Riese.

Karel Brokken ist Scout. Scout bedeutet im englischen ja eigentlich Pfadfinder. Aber der Mitt-50er ist eher eine Art Talentsucher. Er hat vor 10 Jahren eine Fußballakademie gegründet. Für den holländischen Verein . Feyenoord Rotterdam fördert und finanziert junge Talente aus Ghana und der Region.

Das ist eine Fußballschule, ein bisschen wie ein Trainingszentrum in Frankreich.

Karel Brokken entscheidet, welcher junge Fußballspieler Talent hat. Der Belgier verschenkt außergewöhnliche Fußballerkarrieren an talentierte Kinder. Eine gute Tat? Dann trifft die Bezeichnung Scout ja vielleicht zu, denn Brokken hat bereits für 55 Kinder einen neuen Lebenspfad gefunden. 55 Kinder leben in der niederländischen Fußballakademie.

Take

Das ist ein Internat mit Schlafsälen und allem, zwei Mal im Jahr dürfen sie nach hause, und sie kommen aus der ganzen Region, aus dem Norden und Westen, wir haben sogar einen Spieler aus Burkina Faso. Das ist eine große Chance für sie.

Die Kinder werden von ihren Familien getrennt. Sie leben im Internat, und gehen dort zur Schule. Natürlich kicken sie täglich mehrere Stunden. Es ist für die meisten wie ein Sechser im Lotto: Lernen und spielen. Und wer einmal in die Akademie aufgenommen wurde, der braucht sich nicht mehr zu sorgen. Denn ihm steht die Welt offen. Und je nach Leistung – winkt auch ein Vertrag mit einem ausländischen Fußballverein.

Take 04

Es gibt einen Spieler, der seit Anfang des Jahres bereits in Rotterdam spielt und ein zweiter in Belgien. Mit dem Verein hat Feyenoord ein Vertrag.

Sadek Yacoub ist eines der glücklichen Kinder. Der junge Ghanaer lebt seit fünf Jahren in der Feyenoord Fußballakademie. Er trägt sein hellblaues Trikot, das ihn für alle heute spielenden Kinder als privilegiert ausweist.

Das war eine große Leistung für mich, denn ich wurde ausgebildet gut Fußball zu spielen, hier in Ghana, wenn du in der Feyenoord Akademie bist, sehen in dir alle einen Superstar, ich war sehr glücklich und stolz für meine Eltern. Die haben mir gratuliert und waren auch sehr stolz.

Sadek Yacoub war er gerade mal 10 Jahre alt als er von Brokken entdeckt wurde. Heute ist er 15. Und mindestens zwei weitere Jahre wird er noch in der Akademie ausgebildet werden, sagt sein Entdecker.

Das ist eine Investition. Das ist aber auch ein Sozialprojekt, Wir machen das nicht, um Geld zu verdienen, wenn es sich ergibt, ok, gerne, aber im Prinzip rechnen wir nicht, und sagen: wir haben 5 Mio investiert und müssen 5 Millionen wieder herausholen. So funktioniert das hier nicht, das ist auch gar nicht möglich. In erster Linie ist es ein Sozialprojekt, denn wenn man es nicht als solches betrachtet, kommen sie hier nicht weiter.

Karel Brokken sitzt neben dem Fußballfeld und beobachtet das Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Italien. Es steht 2:0 für Deutschland. Der beleibte Mann schwitzt besonders bei den tropischen Temperaturen. Die jungen Spieler dagegen rennen ohne Mühe hinter dem Ball her. Sie sind gerade mal zwischen 10 und 12 Jahre alt. So alt wie Sadek damals, als er von Brokken angesprochen wurde.

Sie sind sehr motiviert, denn wenn sie in unsere Schule kommen, haben sie viele Vorteile. Zum Beispiel die Absicherung, eine gute Ausbildung zu erhalten. Und natürlich auch die Perspektive in Europa spielen zu können.

Musik

Von diesem Glück kann Wisdom nur träumen. Wisdom ist bereits 23 Jahre alt und spielt für einen Verein in der ersten Division in Ghana. Das entspricht etwa in Deutschland der zweiten . Auch er ist talentiert, aber ihn hat niemand gefördert. Und für die Feyenoord Fußball Akademie ist er inzwischen zu alt. Aber Wisdom ist ehrgeizig und will nach Europa. Das ist sein Traum und dafür arbeitet und trainiert er hart, jeden Tag. Auf einem staubigen Bolzplatz in seinem Viertel. jeden Tag, von Montag bis Montag

Samstags und Sonntags finden die Spiele statt. In Ghanas weitläufiger Hauptstadt Accra. In jedem Viertel wird gekickt. Zeitvertreib für die Jungs, auch bei 40 Grad Im Schatten und 100 % Luftfeuchtigkeit. Fußball ist für viele die einzige Hoffnung Geld zu verdienen. Wer einen Vertrag bekommt, wird Profi und kann sich zumindest den Bus zum Training leisten sowie zwei warme Mahlzeiten am Tag. Aber Wisdom will mehr. Er glaubt immer noch an den großen Tag. Sein Verein steigt diese Saison wahrscheinlich auf, und dann hat er Gelegenheit bei Auswärtsspielen sein Talent zu zeigen.

Ich habe einen drei Jahresvertrag mit ihnen

Wisdom hat einen Dreijahresvertrag mit seinem Verein, aber internationale Spiele sind noch in weiter Ferne.

Ich wurde noch nicht in die Nationalmannschaft berufen, aber in die Mannschaft der Unter 17jährigen, den U17 berufen, aber das war es Ich hatte einen Engel zu dem Zeitpunkt, aber seitdem nicht mehr. Vielleicht irgendwann, eines Tages.

In Ghana gibt es keine Strukturen für die vielen Fußballtalente. Jeder kickt vor sich hin und hofft irgendwann, von Scouts entdeckt zu werden, in die erste und zweite Division zu kommen. Für Förderstrukturen wie sie die Fußballer in Europa kennen gibt es kein Geld. Etwas besser sieht es dagegen in der Elfenbeinküste aus. Das Nachbarland hat Strukturen aufgebaut, die es vielen talentierten Straßenkindern ermöglicht, eine angemessene Ausbildung zu bekommen. Koro Koné zum Beispiel ist gerade mal 17 und spielt schon in der ivorischen Nationalmannschaft. Fürs Spielen bekommt er sogar Geld, wenn auch nicht viel. Gerade mal umgerechnet fünf Euro. Das reicht für ein warmes Essen und das Ticket für den Bus ins Training.

Ich habe Freunde, die bereits im Ausland spielen. Und sie erzählen mir, was sie verdienen. Und das ist mehr als hier, wo man praktisch nichts verdient.

Das weiß auch sein Trainer George Kouadio. Er trainiert die Elephanten, so heißt das Team der ivorischen Nationalmannschaft. Kouadio weiß wie sehr seine Spieler für den Erfolg kämpfen müssen. Wer sich keine Mühe gibt und nachlässt, der fliegt knallhart aus dem Team raus.

Das ist kein Trainingslager im eigentlichen Sinne. Die jungen Spieler bleiben bei sich wohnen. Viele kommen aus den Armenvierteln, den Favelas, wie man in Brasilien sagt. Von dort kommen sie zum Fußballverband und der kümmert sich um sie – mit einer Unterstützung von etwa 5 Euro pro Training. Wer Afrika kennt, der weiß, dass das nicht schlecht ist, man kann etwas damit anfangen. Zum Beispiel bequem den Bus bezahlen, zweimal essen gehen und sogar etwas der Familie helfen.

Die Kehrseite des Aufstiegs ist allerdings, dass die jungen Spieler sich an ihren Verein verkaufen. Wenn ein europäischer Trainer sie zum Beispiel jetzt bei der WM in Deutschland entdecken würde und abwerben wollte, dann kassiert ihr Heimatverein. Und nicht zu knapp. Dann hat sich die Investition von 5 Euro täglich gelohnt. Ist das Ausbeutung?

Ausbeutung? Na hören sie, sie sind gezwungen sich ausbeuten zu lassen, das ist schade, ich bin auch dagegen. Aber so ist es halt. Wenn ein Spieler und seine Familie sehr arm sind, dann haben sie doch irgendwann ausgesorgt, wenn er Erfolg hat und nach Europa gehen kann.

Irgendwo ist es doch normal zu sehen, dass sie in die Hände von unseriösen Profitmacher fallen und die Jungens ausbeuten. Das Risiko muss man eingehen. Für die einen funktioniert es und die anderen haben Pech. So läuft es im Dschungel. So ist das Leben halt.

Der Dschungel - oder das Leben – sieht laut Alain GOUAMÉNÉ, dem Sprecher des ivorischen Fußballverbands so aus: Mit 10 Jahren kommen die Jungen bereits aus ihren Armenvierteln in eine Art geordnete Trainingseinheit. Sie bleiben zu Hause wohnen, bekommen aber ein Taschengeld, um sich zu versorgen. Die guten bleiben, die schlechten müssen wieder gehen. Wer es nach oben schafft, oben heißt die Juniorenmannschaft – oder sogar die Nationalmannschaft, der hat ein regelmäßiges Einkommen.

Das bewegt sich so um die 100.000 Francs, umgerechnet rund 150 Euro. Aber unser Problem ist, dass jeder nur spielt um nach Europa zu kommen, wir haben also keine Zeit sie wirklich gut auszubilden. Und plötzlich sind sie weg. Und das führt natürlich dazu, dass das Niveau des ivorischen Fußballs niedrig ist.

Die Transfers von afrikanischen Spieler, und die Gelder, die dabei über den Tisch gehen, hat den ivorischen Fußballverband inzwischen auch dazu gebracht, einige Regeln zu verabschieden – zum Wohle der Jüngsten. Denn oft sind es noch Kinder, die plötzlich in Europa spielen sollen, sagt George Kouadio von der ivorischen Nationalmannschaft. Er trainiert die U 17, also die Unter-17jährigen.

In Afrika ist es so: wenn einer es schafft, kann er das ganze Dorf, die ganze Familie versorgen. Deshalb sind die Eltern auch oft hinter dem Erfolg ihrer Kinder her. Für sie ist es wie eine langfristige Investition. Nicht selten nehmen sie die Kinder sogar aus der Schule, damit sie im Fußball Karriere machen können. Viele denken, dass jeder soviel verdienen kann wie die Stars. Das ist ein Problem. Aber mit etwas Aufklärung und Intelligenz kommen wir darüber hinweg.

Atmo Fußballspiel

Auf dem Fußballfeld der Universität Legon in Accra wird die zweite Halbzeit gerade angepfiffen. Inzwischen steht es 3:1 für Deutschland.

Ist die Praxis mit den Kindern also gut oder schlecht? Werden sie ausgebeutet oder gefördert? Werden sie mit 17 Jahren zu früh unter Vertrag genommen, oder wird ihnen eine einzigartige Chance gegeben, von der die meisten Jugendlichen nur träumen? So wie der ivorische Nationalspieler Koro Koné.

Es war schon immer mein Ziel nach Europa zu kommen. Auch natürlich weil das fußballerische Niveau hier im Land etwas niedriger ist. Außerdem ist Fußball dort in den Medien viel präsenter, jeder sieht dich dort. Da kannst du deine Karriere zeigen und dein Talent. Es gibt nichts Wichtigeres für mich als nach Europa zu kommen. Ich weiß, dass ich dafür kämpfen muss.

Und auch Sadek Yacoub beschwert sich nicht über sein Schicksal. Zugegeben. Er sieht seine Eltern nur in den Ferien. Das ist drei Mal im Jahr, und sie fehlen ihm sehr. Aber dafür bekommt er bald vielleicht schon die Möglichkeit, in Europa zu leben.

Wir haben alle ein Ziel: für Feyenoord Rotterdam zu spielen.

Der Wunsch für Feyenoord zu spielen ist inzwischen sogar so groß, dass viele ältere Jungens ihre Geburtsurkunden fälschen, um sich jünger zu machen als sie sind. Nur um in die Akademie aufgenommen zu werden. Karel Brokken muß sich dann als Detektiv betätigen.

Das ist nicht einfach, aber wir haben unsere Mittel, um das Alter herauszufinden, das ist manchmal enttäuschend. Denn sie haben alle Mutterschaftskarten, die können sie nicht fälschen, aber die Geburtsurkunden, die kann man einfach fälschen.

Der Traum vom großen Fußball. In Westafrika ist er überall spürbar. Das liegt auch daran, dass der Traum für viele Realität geworden ist. Afrikanischer Fußball ist ein Weltexportschlager. Die gesamte ivorische Nationalmannschaft steht in Europa unter Vertrag. Kolo Touré spielt im Londoner Verein Arsenal. Guy Demel beim Hamburger SV. Auch die gesamte ghanaische Nationalmannschaft spielt in Vereinen in Europa. Im eigenen Land ist jeder aus dem Team ein Superstar. Ob , der für Chelsea kickt oder Otto Addo, bei Mainz 05. Berühmtheiten wie Steven Appiah, der Kapitän der Blackstars oder Mathew Amoah der in Dortmund unter Vertrag steht. Sie alle sind der lebende Beweis dafür, dass jeder im Fußball Karriere machen kann.

Musik

Und Fußball wird in Afrika immer wichtiger. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte nehmen Ghana, Togo und die Elfenbeinküste an einer Fußball WM teil. Die drei kleinen Staaten sind Nachbarn am Golf von Guinea. Die Fifa-WM wird das Ereignis des Jahres. Dank Fußball vergessen die Menschen ihre Armut. Aber anders als im demokratischen Ghana, wird Togo von einer Diktatur regiert und die Elfenbeinküste steckt mitten in einem Bürgerkrieg. Die politisch instabile Lage kann jeden Moment ins Chaos führen.

Seit 2001 ist der Vielvölkerstaat Cote d’Ivoire geteilt. In einen von Rebellen kontrollierten Norden und in einen von Regierungstruppen beherrschten Süden. Und trotzdem hat sich das kleine westafrikanische Land für die Fußball-WM in Deutschland qualifiziert. Passant

Beim Fußball vergessen wir den Konflikt. Fußball hilft uns auf dem Weg zum Frieden. Das ist ein versöhnender und einigender Faktor.

60 verschiedene Völker leben in der Elfenbeinküste, mehr als 60 Sprachen und noch mehr Dialekte werden hier gesprochen, und diese Vielfalt ist seit der Wirtschaftskrise zum Problem geworden. Die Elfenbeinküste – lange Zeit einer der reichsten Staaten Westafrikas – ist auf der Suche nach ihrer Identität. Was bedeutet es Ivorer zu sein?

Atmo Fußballnationalmannschaft

Selbst die ivorischen Nationalspieler streiten über das leidige Thema Staatsangehörigkeit sagt Alain GOUAMÉNÉ, der Sprecher des ivorischen Fußballverbandes. In dem Konflikt geht es um Identität. Was heißt es Ivorer zu sein?

Als wir vor zwei Jahren mit der Mannschaft zu Arbeiten begannen, gab es schon diesen Konflikt. Wir versuchen das abstrakt zu sehen. Wir wissen, dass einzige was den Spielern und den Menschen Freude macht, ist, wenn wir spielen. Klar gibt es diese Probleme. Aber wir leben damit.

Und auch für die Nationalspieler scheint es egal zu sein, wer laut Paß Ivorer ist und wer nicht. Koro KONÉ hat einen ivorischen Paß. Er ist 17 Jahre alt und kommt aus einem Armenviertel der Hauptstadt Abidjan.

Seit ich in der Nationalmannschaft bin, habe ich die Kollegen nie über Probleme reden hören, wie zum Beispiel das Thema „ivoirité", also was es bedeutet Ivorer zu sein. Wir tragen das gleiche Trikot und spielen für das selbe Land. Über die ivorische Identität streiten wir nicht. In der Nationalmannschaft gibt es diese Konflikte nicht. Natürlich läuft vieles nicht so wie früher. Aber ich bin mir sicher, dass sich bald eine Lösung findet.

Wie könnte diese Lösung wohl aussehen? Im Herbst sind in der Elfenbeinküste Wahlen angekündigt, aber jeder bezweifelt, dass es dazu kommt. Das einst stabile Land steht vor dem Zerfall. Die 60 verschiedenen Völker leben auf einem Raum, der gerade Mal so groß ist wie etwa Deutschland. Und nur die rund 10.000 UN Blauhelmtruppen verhindern, dass die Rebellen im Norden die Regierungstruppen im Süden bekämpfen. Seitdem sich die Elfenbeinküste für die Fußball-WM in Deutschland qualifiziert haben, schöpfen die Menschen aber wieder Hoffnung; der Fußball könnte die Elfenbeinküste vereinen und Frieden bringen, sagt der Journalist Moussa Touré von der Abidjaner Tageszeitung „Nord-Sud",

Es war ein einzigartiges Gefühl, als sich die Nationalmannschaft für die Fußball-Weltmeisterschaft qualifizierte. Das ganze Land war eins – in dieser Stunde, in dieser Sekunde der Qualifikation. Ein einziger Freudentaumel. Es gab den Plan, dass die Mannschaft auf der Heimkehr in Bouaké landet, dem Sitz der Rebellen im Norden und dann in einem Konvoi bis in den Süden zum Präsidentenpalast fährt. Erst im letzten Moment wurde dieser Plan vom Staatschef verworfen.

Skeptisch ist Verbandssprecher Alain GOUAMÉNÉ. Sport und Politik haben für ihn nichts miteinander zu tun. Schon gar nicht, wenn es um einen Bürgerkrieg geht.

Die Menschen glauben tatsächlich, dass wenn wir im Fußball gewinnen, alle politischen Probleme sich von selbst lösen. Aber das stimmt natürlich nicht. Hier geht es um finanzielle und politische Interessen. Zu glauben, dass Fußball die gesellschaftlichen Probleme löst, ist utopisch.

Der Trainer der ivorischen Nationalmannschaft dagegen sieht das anders. George Kouadio spürt den Geist des Zusammenhalts im Team der Elefanten.

Der Fußball hilft dem Land. Als wir beim Afrika-Cup den 2. Platz belegten, war die Wirkung fulminant. Die Rebellen, die Loyalisten, die Ivorer aller Regionen waren glücklich. Es gab keine Streiterei. Alle standen zusammen. Und das macht doch Fußball aus. Er bringt zusammen und heilt Wunden. Ich glaube er bringt Frieden.

Die Ivorer hoffen auf ein Wunder. Sie schauen auf ihre weltbekannten Nationalspieler, wie zum Beispiel, den Fußballstar Didier Drogba, der beim englischen Meister Chelsea spielt, und sie wünschen sich einen Erfolg.

Würde ein Sieg der Elefanten zum Beispiel bei dem Problem der Entwaffnung helfen? Das wäre zu schön. Ivorer wünschen ihrer Mannschaft zwar alles Glück dieser Welt. Aber ein Sieg würde genauso wenig Präsident Laurent Gbagbo zu einem Rücktritt bewegen, wenn dies dem Friedensprozess dienlich wäre. Für viele geht es in diesem Konflikt um Alles oder Nichts. Und da braucht es mehr, auch mehr als den Weltmeistertitel.

Vom Fußball den Frieden zu erwarten ist vielleicht etwas viel verlangt, aber Fakt ist, dass der Fußball in den westafrikanischen Staaten Menschenmassen elektrisiert und mobilisiert. Und diese Euphorie steckt an. Selbst in einem kleinen drögen Vorzimmer des ghanaischen Fußballverbandes.

Atmo 04 Musik aus dem Computer der Sekretärin

Ich habe ein Termin mit dem Verbandspräsidenten und warte. Seine Sekretärin Agi sitzt am PC und spielt. Mit dem Realplayer hat sie sich die Mannschaftshymne der Blackstars heruntergeladen. Die Musik der ghanaischen Nationalmannschaft. Neben mir sitzt Kenneth. Auch er will zum Präsidenten des Verbandes.

Wir sind sehr optimistisch. Da wir das erste Mal teilnehmen werden wir gewinnen.

Kenneth ist für das Marketing der Blackstars zuständig. Ghana schickt eine Mannschaft von Berühmtheiten zur WM nach Deutschland. Und er vermittelt die Sponsoren.

Ghana hat gute Chancen zu gewinnen. Jeder hat Angst vor Ghana. Jeder kennt den ghanaischen Fußball. Wir sind die besten auf dem afrikanischen Kontinent, und ich bin sicher, daß wir eine große Überraschung sein werden.

Plötzlich geht die Tür auf. Es ist nicht der Verbandspräsident, sondern eine Frau in engen Jeans. Agi die Sekretärin, zwinkert mit den Augen. Sie deutet mit dem Zeigefinger auf die Frau und dann auf den Computer, aus dem die Musik kommt.

Atmo Gespräch zwischen mir und der Sängerin

Die Frau in Jeans ist die Sängerin des Fußballsongs.

My name is Mrs Grace Ashy

Mrs Grace Ashy erfahre ich, ist in Ghana ein Star. Sie hat den Song für die Nationalmannschaft geschrieben, komponiert und gesungen. Die Blasstars, nicht Blackstars, sondern Blasstas in der Landessprache. Ich bitte Grace zu singen.

So geht der Text: Die Blastas sind gut. Wir sind da. Steven Appiah ist da. Michael Essien ist da. Ich rufe alle Spieler auf. Und will ihnen Mutmachen.

Grace nimmt das Mikrofon und beginnt zu singen. Zum Glück hat sie mir den Text erklärt. Denn Ghana Blastasié, heißt Ghanas Black stars are here.

Atmo: Gracy singt

Grace Ashy ist ein großer Fußballfan. Bigbigbigbig

Während wir sprechen kommt ihr Produzent herein. Den Verbandspräsidenten haben wir längst vergessen. Es geht zu wie im Taubenschlag. Einige Menschen kommen und gehen. Türen schlagen auf und zu. Und wir machen Party.

Atmo Gespräch zwischen uns

Zu uns gesellt sich der Präsident des Verbandes der ghanaischen Fangemeinde. Saffo heißt er und hat die gerade fertig produzierten CDs in der Hand.

My name ist Saffo and I am the president of the supperters team Ghana

Grace Ashy wird mit den Blackstars durch Deutschland reisen. Sie ist bei allen Spielen dabei und wird die Stars, die Blassas moralisch unterstützen.

Ich bin eine Musikerin, und was kann ich tun, um meine Mannschaft zu unterstützen? Wenn ich nichts habe, dann muß ich halt mein Talent einsetzen, um sie anzufeuern.

Seit der Qualifikation für die WM sind die Ghanaer wie im Fieber. Vor allem das erste Spiel wird tough, sagt Saffo – gegen Italien.

Wir werden alle da sein, und wir werden sie anfeuern, bis die Wolken vom Himmel fallen.

Deutschland hat einen guten Ruf in Ghana und alle sind überzeugt, dass die Welt zu Gast bei Freunden das Großereignis des Jahres wird. Die Deutschen sind beliebt. Immerhin investiert die Kreditanstalt für Wiederaufbau mehr Geld in Ghana als die Weltbank. 20.000 Ghanaer leben in Deutschland, die meisten davon in . Und 20.000 weitere werden wohl als Besucher zur WM anreisen. Ist das kein Grund seine Landsleute zu begrüßen? Ich halte Safo das Mikrofon hin.

Hey, hier spricht Safo, aus Accra, Ghana, Präsident der Fangemeinde der Blackstars. Rechnet mit uns, wir kommen mit voller Kraft. Die Musik im Hintergrund ist für euch, feuert damit die Leute an, ok? Und hey, Nur der Himmel ist die Grenze.

Inzwischen haben wir im Vorzimmer eine kleine Party. Agi stellt den Computer lauter, aus dem Graces Stimme kommt. Grace klatscht in die Hände und singt. Und wir alle stehen im Raum. Als die Tür aufgeht, steht der Präsident des ghanaischen Fußballverbands vor mir. Eine Stunde habe ich gewartet. Und hatte kein bisschen Langeweile. Der Fußball in Afrika steckt voller Überraschungen. Und Überraschungen aus Afrika hat es bei den vergangenen Weltmeisterschaften immer wieder gegeben. Wie zum Beispiel 1990 als Kamerun seine ehemalige Kolonialmacht Frankreich besiegte. Kann so etwas diesmal wieder passieren? Laut dem brasilianischen Fußballstar Pele auf jeden Fall. Für Pele ist Ghana der Geheimtipp der Saison. Und die euphorischen Ghanaer sind ihm dafür dankbar. Was glauben sie, wer dieses Jahr im Finale in Berlin stehen wird?

Atmo Mannschaftssong

Auf jeden Fall nicht Deutschland. Wir schauen auf Brasilien, die werden wohl ins Endspiel kommen. Brasilien Ghana im Endspiel. Das würde ein schönes Spiel geben.

Musik