Mediendossier

The Woman in the Septic Tank (Ang Babae Sa Septic Tank)

Marlon N. Rivera Philippinen 2011

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BILDMATERIAL www.trigon-film.org MITWIRKENDE

Regie Marlon N. Rivera Drehbuch Chris Martinez Kamera Larry Manda Schnitt Ike Veneracion Ausstattung Norman Regalado, Michael Labora Ton Albert M. Idioma, Addiss Tabong Musik Vincent de Jesus Choreograf Carlon Matobato Produktion Josabeth Alonso, Chris Martinez, Marlon Rivera Land Philippinen Jahr 2011 Dauer 87 Minuten Sprache/UT Tagalog/Englisch, d/f

DARSTELLENDE

EUGENE DOMINGO Eugene Domingo als Mila JM DE GUZMAN Bingbong Rainier CAI CORTEZ Jocelyn JONATHAN TADIOAN Arthur Poongbato CARLOS DALA Milas Sohn KC MARCELO Milas Tochter CHERRY PIE PICACHE Cherry Pie Picachea als Mila MERCEDES CABRAL Mercedes Cabral als Mila LANI TAPIA Mila im Dokumentarfilmteil SONNY BAUTISTA

AUSZEICHNUNGEN/FESTIVALS

Forum de Jungen Films, Berlinale 2012 Asian Film Awards: People’s Choice Award 6 Golden Screen Awards, Cinemalaya Festival, Audience Award KURZINHALT

Drei Studierende wollen ihren ersten Spielfilm drehen und träumen von einem weltweiten Erfolg bis hin zu den Oscars. Was es dazu braucht, wissen sie genau, dennoch spielen sie die Möglichkeiten durch, um sicher zu sein. Marlon N. Rivera fuhrt uns auf köstliche Weise vor Augen, was es heisst, in einem Land Filme zu drehen, in dem es auch noch ein paar andere Probleme gibt als die Finanzierung einer Filmproduktion. Eine Satire mit Tiefgang.

The Woman in The Septic Tank ist der erfolgreichste unabhängige Film in der Geschichte des philippinischen Kinos und eines der gelungendsten Beispiele fur eine intelligente Film-im-Film- Handlung.

LANGFASSUNG

The Woman in The Septic Tank ist der erfolgreichste unabhängige Film in der Geschichte des philippi- nischen Kinos und eines der gelungensten Beispiele fur eine intelligente Film-im-Film-Handlung. Der Film zeigt einen Tag im Leben von drei ambitionierten, leidenschaftlichen, aber irregefuhrten Jungfil- mern, die im Starbucks kurz die Vorproduktion skizzieren, der Hauptdarstellerin Eugene Domingo einen Höflichkeitsbesuch abstatten und einen ersten Augenschein nehmen an ihrem Hauptdrehort, ei- ner bewohnten Mullhalde.

Regisseur Rainier, Produzent Bingbong und Produktionsassistentin Jocelyn sind gebildete Filmstuden- ten aus gutem Hause, die entschlossen sind, mit dem Film einen Oscar zu gewinnen. Sie glauben, das ultimative Drehbuch, die Energie und den Schwung zu haben, um ihren Traum Wirklichkeit wer- den zu lassen. Wie die meisten Filmemacher, die sie kennen, haben sie ein Drehbuch entwickelt, das sich auf die wirkliche Essenz ihrer Kultur stutzt: die Armut.

Im Laufe des Tages spielen sie verschiedene Möglichkeiten durch, wie sie ihre Geschichte um Mila (Eugene Domingo), einer Mutter, die 7 Kinder in den Slums grosszieht und aus Verzweiflung eines an einen Pädophilen verkauft, ausgestalten könnten. Während sie die verschiedenen Varianten diskutie- ren, aufersteht der Film-im-Film in Jocelyns Fantasie immer wieder von neuem: als nuchterner neo- realistischer Autorenfilm, als strahlendes Musical, als kitschiges Melodrama und als Dokudrama mit Laiendarstellern.

Zum Schluss des Tages besuchen sie zum ersten Mal ihre Haupt-Location. Als Filmemacher, die Au- thentizität suchen, sind sie begeistert von der „Schönheit“ des Elends, das sie umgbit. Doch bald wer- den sie von der Wirklichkeit eingeholt.

The Woman in a Septic Tank ist eine Komödie uber ambitionierte, irregeleitete Jungfilmer, uber die Kunst, Kunst zu machen und uber die Romantisierung von Armut. DER REGISSEUR Marlon N. Rivera

Geboren 1967. 1987 schloss er ein Studium der Kommunikationswissenschaften an der Ateneo de University, Quezon City ab. Ab 1988 arbeitete er in der Werbung. Neben seiner Tätigkeit als Texter, Produzent, Ausstatter, Stylist und Regieassistent bei zahlreichen Werbespots, lehrte Marlon N. Rivera sieben Jahre lang am Fachbereich Visuelle Kommunikation der University of the Philippines, College of Fine Arts. Er hat sich auch als Modeschöpfer einen Namen gemacht und vor kurzem seine funfte Kollektion an der Philippinischen Fashion Week präsentiert.

2009 grundete er zusammen mit Chris Martinez die Produktionsfirma Martinez -Rivera und produzierte den Film 100. Während Chris Martinez fur Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnete, fungierte er als Koproduzent und kunstlerischer Berater. The Woman in a Septic Tank ist sein erster abendfullender Spielfilm.

«Er habe nicht Armut thematisieren wollen, sagt Regisseur Marlon Rivera, sondern die Art, wie Armut auf den Philippinen im Kino dargestellt werde. Und dass die meisten philippinischen Filme, die ein in- ternationales Publikum erreichten, immer nur von Armut handelten oder sie zumindest in einer be- stimmten Weise darstellten.» (Fünf Filmfreunde)

FILMOGRAFIE

2000 Markova: Comfort Gay von (Make-up) 2008 100 von Chris Martinez (als Produzent) 2011 Rain, Rain go Away; Shake, Rattle and Roll 13 von Chris Martinez, Richard Somes, Jerrold Tarog (Konzept) 2011 My Valentine Girls von Chris Martinez, Andoy Ranay, Dominic Zapata (Konzept) 2011 The Woman in a Septic Tank (Regie und Produktion) HAUPTDARSTELLERIN Eugene Domingo

Eugene Domingo ist am 23. Juli 1971 geboren und die wohl bekannteste, vielseitigste und produktivste zeitgenössische Schauspielerin auf den Philippinen. Sie begann ihre Ausbildung mit einem Studienprogramm an der University of the Philippines's Theatre Arts und vertiefte sie mit der universitären Theaterkompanie Dulaang UP in Schauspiel, Produktion und Buhnenmanagement. Eine Rolle im Film Foster Child von brachte ihr 2008 den Gawad-Urian-Award als beste Nebendarstellerin ein, zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten. Fur ihre Rolle in The Woman in the Septic Tank erhielt sie den Asian-Film-Award als beste Hauptdarstellerin, den Hauptpreis am Cinemalaya Independent Film Festival und den philippinischen Golden Screen Award. Über all die Jahre hatte sie Haupt- und Nebenrollen in den verschiedensten Genres und Formaten in Theater, Fernsehen und Film inne, was ihr gleichermassen Lob von der Kritikerseite einbrachte wie kommerziellen Erfolgt bescherte. Notizen zum philippinischen Filmschaffen

Europas Interesse am philippinischen Kino erreichte in den 80er Jahren einen Höhepunkt, als mit seinem engagierten Kino an zahlreiche Festivals eingeladen war. Ein Interesse, muss man sagen, das eher politischen als cineastischen Gesichtspunkten folgte, denn zu jener Zeit war die zu Ende gehende Diktatur von Ferdinand Marcos ein wichtiges Thema in den Medien, vor allem nach der Ermordung des Oppositionsfuhrers Benigno «Ninoy» Aquino 1983, als dieser aus dem Exil zuruckkam.

Doch das philippinische Kino hat schon eine ebenso lange Geschichte wie andere Kinematografien auf dieser Welt. Es ist zumindest eine Erwähnung wert, dass die Geburt des weltweiten Kinos auf den Philippinen 1898 mit dem Sieg der Aufständischen gegen die spanischen Kolonisatoren zusammenfällt. Die Spanier kamen zu keinem Übereinkommen mit den Aufständischen, verkauften den Archipel vielmehr fur einige Millionen Dollar an die USA. Der Sieg gegen die Behörden aus Madrid wurde also sofort von den amerikanischen Truppen vereinnahmt, die Manila unter ihre Kontrolle brachten. Die ersten Filme sind in ihrem Gepäck auf die Philippinen gelangt.

Naturlich akzeptierte das philippinische Volk die neue Kolonialmacht nicht und ein schrecklicher Krieg folgte, mit unzähligen Massakern, die erst 1913 mit dem Sieg der amerikanischen Truppen ein Ende nahmen. Die Besatzer waren intelligent genug, einen Grossteil der Macht an jene einheimische Bourgeoisie zu delegieren, die durch Aussenhandel reich geworden waren und noch heute an der Macht ist.

Kommen wir aber aufs Kino zuruck. Die ersten Produktionen auf dem Territorium waren naturlich amerikanischer Herkunft. Erst 1919 entstand die erste reine philippinische Produktion (Dalagang Bukid, Country Maiden). Bei den ersten Vorfuhrungen waren die Schauspielenden anwesend, um ihre Dialoge vorzutragen und zu singen. Eine Praxis, die in jener Zeit auch in und Korea gängig war (Benshis). Die Stummfilme hatten auch einen nationalistischen Hintergrund, vermieden es aber, den Besatzer direkt anzugreifen. Sie waren noch dunn gesät, da die Verbreitung des amerikanischen Kinos im grossen Stil eine wahre Entwicklung des einheimischen Kinos verhinderte.

Ein wirklicher Aufschwung des philippinischen Filmschaffens liess bis zum Ende des zweiten Weltkrieges auf sich warten. Es war immer noch von Amerika beeinflusst, basierte vor allem auf einem Starsystem, man suchte zum Beispiel Schauspieler kaukasischen Typs, um den „grossen Bruder“ besser zu imitieren. Fur viele gelten die funfziger Jahre als das goldene Zeitalter des philippinischen Films. Die Produktion uberstieg die Zahl von 200 Filmen pro Jahr. Dschingis Khan von Manuel Conde wurde 1953 fur das Filmfestival Venedig selektioniert. Aber es gab auch andere wie (heute der respektierte Patriarch des philippinischen Kinos) und vor allem Gerardo de Leon, der von der nationalen Kritik als der grösste Filmemacher jener Zeit angesehen wird.

Lange vor der Ausrufung des Kriegsrechts durch den Präsidenten Marcos Anfang 70er Jahre hatte das heimische Filmschaffen schon mit einer pruden und kleinlichen Zensur zu kämpfen, was mit der Macht katholischer Autoritäten zusammenhing. Paradoxerweise wird es dann die Diktatur sein, die einem wahrhaftig unabhängigen Kino ungewollt zum Durchbruch verhilft, als Reaktion auf eine omnipräsente und immer unerträglichere Zensur gegenuber Kunstlern jeder Couleur.

Das philippinische Kino war seit seinen Anfängen von einer Dualität geprägt, ja wies eine eigentliche Bruchstelle auf. Einerseits gab es eine Produktion, die auf die Elite ausgerichtet war, vor allem mit ausländischen und aus den USA stammenden Filmen, anderseits ein lokales Filmschaffen miserabler Qualität, wo Sex und Gewalt dominierten und das einem wenig gebildeten, um nicht zu sagen ungebildeten Publikum offenstand. Sex und Gewalt lagen naturlich in der Schusslinie einer moralisierenden Zensurbehörde.

Mitte 70er Jahre kristallisierte sich eine «Nouvelle Vague» von Cineasten heraus, zu denen Lino Brocka, Mike de Leon, , Mario O'Hara und Marilou Diaz-Abaya gehören. Ein guter Teil der Filmemacher wetzten ihre Messer im Theater, Hort des Widerstands gegen Marcos. All diese Filmemacher litten unter den Einschränkungen der Zensur, die zuweilen groteske Zuge annahm. Man versteht also, warum diese Persönlichkeiten 1982 an vorderster Front der Protestmärsche waren, die schliesslich zum Sturz von Marcos fuhrten, der von seinen Mentoren in Washington und von der Armee fallengelassen worden war. Aber das Ende der Diktatur markierte nicht unbedingt einen Wendepunkt im philippischen Filmschaffen. Mit dem Tod Brockas 1991 und Bernals 1996 verlor man zwei international anerkannte Stars und die Kinowelt fiel in einen seltsamen Dämmerschlaf zuruck, fur den vor allem die Politik der grossen Studios und die kurzfristige Profitsucht verantwortlich waren.

Erst Ende 90er Jahre entsteht ein veritabler Aufbruch, nicht zuletzt dank dem Vormarsch der digitalen Technik, die gunstige Produktionen ermöglichte. Die neue Generation von Filmschaffenden ist stark beeinflusst vom politischen Engagement Brockas und der ästhetischen Suche Bernals, charakterisiert sich aber auch durch den Willen zur Unabhängigkeit gegenuber den grossen Studios, und wird insbesondere in der Person des Lichtfigur und des Vorreiters des philippinischen Kinos verkörpert, Kidlat Tahimik (Mababangong bangungot, 1977, 10'000 Dollar, und Turumba, 1981).

Auf diesem geschichtlich reichhaltigen Nährboden keimt die aktuelle Generation von Filmschaffenden, die dem philippinischen Kino endlich den Platz verschafft, der ihm im weltumspannenden Kino gebuhrt.

Martial Knaebel