# 7 März/April/Mai 2017 Linz 2, – Euro/2, – Giblinge DI E REFERENTIN Kunst und kulturelle Nahversorgung

Fahren, fahren, fahren: Über den Urfahraner Markt und SchaustellerInnen schreibt Veronika Barnaš +++ Literarische Odyssee, Textauszug 1: Lisa Spalts Neuerscheinung „Die zwei Henriettas“ +++ Wider die Enge, Textauszug 2: Walter Kohls „Out Demons Out“ +++ Existenzielle Düsternis: Pamela Neuwirth über die Filmemacher Sasnal +++ Groteske von Kurt Palm: Christian Wellmann im Oberstübchen Österreichs +++ Comic von Anna Haifisch: The Artist im Eis +++ Die Referentin #7: 100% Artisten, Grenzen, Sensationen. Editorial

Vom Cover blickt dieses Mal Gertrude Avi: Möglicherweise 1982 Next Comic das zweite Festival, das wir als Must in unserer Früh - gerade mit ihrem Mercedes am Gelände des Urfahraner Marktes jahrausgabe betrachten: Hier stellte uns Anna Haifisch diejenige angekommen, ist sie Mitglied einer derjenigen Schaustellerfami - Arbeit aus ihrer Artist-Serie zur Verfügung, die den Artist ins lien, die Fahrgeschäfte für Jahrmärkte betreiben. Anlässlich der kühle Eis verfrachtet. Während sie selbst sich, man darf es sagen, Ausstellung „Urfahraner Markt – 200 Jahre Linzer Lustbarkei - als Next Comic-Artist-in-Residence im Salzamt pudelwohl fühlt. ten“ haben wir Veronika Barnaš gebeten, speziell über die aben - Eine letzte inhaltliche Klammer hier am Ende dieses Editorials: teurerischen wie unternehmerischen Lebensrealitäten dieser Be - Widmet sich Silvana Steinbacher in ihrem Interview mit Chris - rufsgruppe zu schreiben. toph Leitgeb der Angst, dem Fremden und dem Unheimlichen an Es ist uns eine besondere Freude, in dieser Ausgabe zwei Text - sich, mit einem besonderen Fokus auf die Literatur, geht es im auszüge abdrucken zu können, die man vielleicht von „Faction- Interview mit Helena Waldmann auf tänzerische Weise zur Sache. Roman“ bis hin zu einer literarischen Odyssee, in der „alles er - In Waldmanns Stück, das bei den Posthof Tanztagen gezeigt wird, funden, aber nichts Fiktion“ ist, in einem Satz zusammenfassten entspinnt sich – laut des noch während der Stückerarbeitung ge - könnte. Es handelt sich damit um die wunderbaren Texte aus führten Interviews – ein symbolisches Battle zwischen zeitgenös - Walter Kohls „Out Demons Out“ und Lisa Spalts „Die zwei Hen - sischen TänzerInnen und Artisten des „neuen Zirkus“. Neben der riettas – Eine Odyssee“. Vom Inhalt und literarischem Ansatz ungewöhnlichen, jedoch höchst bildhaften Entsprechung auf die sind diese beiden aktuell erschienen Bücher sicherlich grundver - feinen kulturellen Unterschiede geht es im Stück jedoch auch viel - schieden. Jedoch entfliehen sie, jedes auf seine Weise, einer allzu mehr um Bewertung, die Angst vor dem Fremden, um Grenzen simplen vorgefundenen Realität: Ist Spalts Buch ohnehin als Odys - und das Comeback von Mauern. see angelegt, ins Netz, in Vergangenheit und auf einen anderen Wir meinen: Es geht in dieser Ausgabe, positiv gesprochen, also Kontinent, so verhalf Kohl in den 60er und 70er Jahren der Psy - ums Fahren, Fliehen, Überwinden. Und stellen außerdem fest: chedelik-Rock-Berserker Edgar Broughton, mitten in der öster - Selbst so manches Inserat ziert diesmal eine Mauer. reichischen Enge, den größeren, weiteren Horizont zu entdecken. Es geht weiter mit zwei Festivals, auf die wir hinweisen möchten: Ihre Referentinnen, Tanja Brandmayr und Olivia Schütz So hat Pamela Neuwirth bereits im Vorfeld von Crossing Europe die Filme der diesjährigen Filmkünstler Anka und Wilhelm Sasnal " www.diereferentin.at gesehen, denen heuer das Tribute gewidmet ist. Und natürlich ist

DI E REFERENTIN Kunst und kulturelle Nahversorgung Die Referentin kommt gratis mit der Versorgerin ins Haus. Einfach ein Mail mit Namen und Adresse schicken an: [email protected] oder [email protected] www.diereferentin.at versorgerin.stwst.at

Inhalt

KUNST UND KULTUR KINDER Fahren, Fahren, Fahren. Veronika Barnaš 3 Die kleine Referentin Terri Frühling/Elke Punkt Fleisch 27 Wenn ein Toter plötzlich niesen muss … Silvana Steinbacher 7 KOLUMNE The Sun. The Sun blinded me. Pamela Neuwirth 9 … some women actually find it attractive … Wiltrud Hackl 28 Die Odysse der zwei Henriettas Lisa Spalt 11 Zeitbasiertes Kegeln, Schnappatmung Andrea Winter 29 Out Demons Out Walter Kohl 14 Unser Adabei Slowdude. The Slow Dude 30 „Don’t Dance with Fear and the Rain will disappear“ Daniel Steiner 18 Die Unmöglichkeit der Zeit Christian Wellmann 20 MOBILITÄT Von Menschen und Flaggen Tanja Brandmayr 23 Manner-Wafferl, ein Apferl und rasierte Beine Johannes Staudinger 32 NEXT COMIC Anna Haifisch 29 TIPPS RUBRIK Das Professionelle Publikum 34 Literatur sagt … 8 Poesie sagt … 10 BLICK AUF LINZ Stadtblick 22

2 DIE REFERENTIN Fahren, Fahren, Fahren. Das Schöne am Eintauchen in ein vermeintlich lokales kulturgeschichtliches Thema ist, welche Vielzahl an unerwarteten Welten sich eröffnen. Das erlebte Veronika Barnaš während der Mitarbeit an der Ausstellung „Urfahraner Markt – 200 Jahre Linzer Lustbarkeiten“. Für die Referentin schrieb sie über oberösterreichische SchaustellerInnen – von Urfahr bis in den „Orient“.

Text Veronika Barnaš eim Blick hinter die wenigen Schausteller-Familien betrieben schaft der oberösterreichischen Schaustel - Kulissen des größten wird, die dort auch leben, ist landläufig ler-Familien untereinander, kamen zur Jahrmarkts Österreichs bekannt. Die Frage, wer die Kettenkarus - Überraschung hinzu. war die größte Überra - selle und Autodrome auf den Kirtagen, schung für mich die Stadt- und Dorffesten sowie Weihnachts - Wer kennt heute noch die „Erste europäi - Entdeckung der Berufs - märkten betreibt, kam mir allerdings nie sche Todeskugelfahrerin“ Theresia Sonn - Bgruppe der SchaustellerInnen. Als solche in den Sinn. berger – eine der fünf Sonnberger-Schwes - bezeichnen sich die BesitzerInnen und Be - tern? Aus einer alten Schaustellerfamilie treiberInnen der unterschiedlichen Fahr - Die bewegten (Familien-)Geschichten, die stammend, trat sie in den 1930ern mit geschäfte wie Kettenkarussell, Autodrom, sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts Heinrich Straßmeier sehr erfolgreich unter Riesenrad und Hochschaubahn sowie von nachvollziehen lassen und die sich in ver - dem Künstlernamen „Heinz und Gitta diversen Schießbuden. Dass der Wiener ändernden Lebens- und Arbeitsbedingun - Gordon“ auf. Mit Motorrädern in einer Prater z. B. seit Generationen von einigen gen widerspiegeln, sowie die Verwandt - Stahlkugel fahrend unterhielten sie die Be -

Urfahraner Markt, 1933. Foto Archiv Fam. Schlader, Wels

DIE REFERENTIN 3 Auch den Ururenkel von Johannes Mayerott zog es sehr weit in die Welt hinaus: Erich Avi und seine Frau Elfriede fuhren, in den 1990er-Jahren, sieben Jahre lang mit dem selbsterfundenen Fahr - geschäft „Typhoon“ (600 qm Grundfläche, 200 t) über Hamburg und Antwerpen nach Zypern, wo sie mehrere Jahre Station mach - ten. Der Anlass bzw. Auslöser für die Reise war simpel wie drän - gend – endlich der Kälte im Wohnwagen in den österreichischen Gefilden zu entkommen. Danach fuhren die Avis durch den Na - hen Osten, mit Stationen u. a. im Libanon, Oman, Katar und Bahrain und weiter über Dubai bis nach China. Dort lebten und arbeiteten sie eineinhalb Jahre in Shanghai und Peking. Alles ohne vorherige Sprach- und Ortskenntnisse, natürlich selbst am Steuer der tonnenschweren Lastenzüge und mit dem Ziel, zumin - dest genügend Geschäft für den Rücktransport zu verdienen (rund 150 000 Euro ). Die sogenannten „Rekommandier-Kom - mandos“ („Kommen Sie! Steigen Sie ein! Bitte anschnallen!“ etc.) wurden von Elfriede Avi von z. B. arabischer Lautschrift abgele - sen. Mit dabei immer zwei Reisepässe und das gesamte Bargeld am Körper, um gegebenenfalls rasch das Land verlassen zu kön - nen, was sich zumindest einmal als notwendig erwies. Im Nahen und Fernen Osten herrschen andere Gesetze. In China verkaufte das Ehepaar Avi schließlich „Typhoon“, welches heute noch in Dubai in Betrieb ist. Heute betreiben sie noch einige Kinderge - schäfte u. a. am Urfahraner Markt und die Ideen für neue gehen ihnen nicht aus. Natürlich sind dies zwei sehr außergewöhnliche Geschichten, bei der die Faszination neben der Abenteuerlust der SchaustellerIn - nen, wohl nicht zuletzt mit den Klischees und dem Sehnsuchtsort des „Orients“ zusammenhängt. Emma Strobl (geb. Mayerott), Wolfsdompteurin, um 1900. Firma Avi, Wels Foto Die sicher auch abenteuerliche wie typische Route oberösterrei - chischer SchaustellerInnen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts führte vom Urfahraner Frühjahrsmarkt über Ried, Kufstein, Wörgl und Schwaz wieder zurück nach Wels und Ried. Der Ur - sucherInnen – „Stirbt heute eine/r oder nicht?“ Theresia Sonn - fahraner Herbstmarkt im Oktober markierte für viele das Ende berger verließ zwar das Metier und wurde „privat“, ihre Schwes - der Saison. Die größere Tour folgte immer der Sonne nach – im ter Olga heiratete allerdings in die Schausteller-Familie Rieger. Sommer u ̈ber Villach in den Norden nach Deutschland und im Eine weitere der „Sonnberger-Girls“, Aloisia, heiratet wiederum Herbst über den Brenner nach (Süd-)Italien, wo man gerne den Heinrich Straßmeier und auch ihre Nachfahren sind heute noch Winter verbrachte. Im Winter wurden die Fahrgeschäfte und am Urfahraner Markt tätig. Wohnwagen repariert und teilweise auch Saisonarbeit angenom - men. Bis in die 1930er-Jahre reisten die SchaustellerInnen oft nur Oder wer kennt heute noch die Geschichte von Johannes Maye - mit von Pferden gezogenen Wohn- und Lastenwagen (auch über rott (1840 –1909), der mit seinem „Panorama“ (einer Vorstufe die Alpen). Später wurden die Wohnwägen und Fahrgeschäfte der Kinematografie) 30 Jahre lang durch Europa und bis den mittels Zug transportiert. Die Kinder waren selbstverständlich „Orient“ reiste? Das Panorama war ein in der 2. Hälfte des 19. immer dabei, mussten/durften mitarbeiten und lernten das Hand - Jahrhunderts populäres Freizeitvergnu ̈gen. Es ermöglichte mehre - werk und Geschäft von der Pike auf. Dieser Umstand brachte mit ren Personen gleichzeitig, stereoskopische Bilderserien in auto - sich, dass Kinder und Jugendliche bis in die 1970er-Jahre offi - matischer Abfolge durch ein Guckloch zu betrachten. Gezeigt zielle „WanderschülerInnen“ waren, was bedeutete, dass sie oft wurden hauptsächlich exotische, aber auch erotische Motive. Mit alle paar Tage, je nach Jahrmärkten und Route, die Schule wech - der Erfindung der Kinematographie im Jahr 1895 ging die Zeit selten. Schulstempel dokumentieren dies im sogenannten „Wan - der Panoramen zu Ende. 1905 stellte Johannes Mayerott den Be - derschulbuch“. Die WanderschülerInnen waren beliebte Klassen - trieb ein und starb 1909 in Urfahr. Seine Töchter Auguste, Fran - kollegInnen, da sie natürlich auch Jetons verteilten und so Frei - ziska und Emma führten das Gewerbe der fahrenden Schaustelle - fahrten ermöglichten. Ab der Mitte der 1970er-Jahre war das rinnen in unterschiedlichster Weise fort – Auguste Seitz betrieb WanderschülerInnenleben dann zu Ende und wurde durch ein an - ein Wanderkino, während ihre Schwester Emma Strobl u. a. als deres Extrem ersetzt – das Internat. Wolfsdompteurin auftrat.

4 DIE REFERENTIN In den Gesprächen mit den verschiedenen die v. a. als fahrende Händler arbeiteten. Wels erwerben, auf dem dann ein Wohn - SchaustellerInnen bestätigte sich auch, Diese hatten kaum Genehmigungen oder haus und Lager gebaut wurde. dass sie lange mit den Stereotypen und Staatsbürgerschaften, was sich nach dem Vorurteilen des so genannten „Fahrenden Überleben und Ende des Zweiten Welt - Die Rolle der Schaustellerinnen und Frau - Volkes“ – im positiven wie negativen Sin - kriegs als fatal für ihren weiteren Lebens - en von Schaustellern war schon immer ne – assoziiert und konfrontiert wurden. weg herausstellte. Die österreichische Bü - eine starke und sehr präsente, und dies Früher wurden unter diesem Begriff zahl - rokratie verweigerte ihnen ob der „fehlen - nicht erst seit dem Männermangel wäh - reiche Professionen zusammengefasst wie den“ Nachweise teilweise bis in die rend des Ersten und des Zweiten Welt - mobile HändlerInnen, wandernde Heil - 1990er-Jahre die Staatsbürgerschaft, und kriegs. Sie waren und sind nicht nur für kundige, Quacksalber, Theater- und Pup - somit auch Gewerbelizenzen, verunmög - Kinder und Haushalt verantwortlich, son - penspieler und Artisten wie Seiltänzer, lichte also legales Arbeiten. Schausteller- dern auch in alle Bereiche des Unterneh - Athleten oder Zauberer. Familien besitzen übrigens bis heute Wan - mens eingebunden – als Buchhalterin, Lo - Die „Freiheit“ des Unterwegsseins, das derbücher, in denen man Route und gistikerin, Erfinderin, Lastwagenfahrerin, Risiko, das Spektakel und das „Fremde“, Standorte durch offizielle Stempel von Ge - Kassiererin und mehrsprachige Rekom - mitunter Exotische, das sie lebten und in meinden bis über 150 Jahre zurückverfol - mandeurin am Mikrofon. entlegene Ortschaften brachten, hatte sei - gen und nachweisen kann. nen Reiz. Ihre durch und durch „anti-bür - Bei den zahlreichen Gesprächen mit den gerliche“ Lebensweise wurde zugleich mit Viele der Schausteller-Familien erwarben zwei Familien Schlader (Linz und Wels), Sehnsucht und Abwehr belegt. Und doch erst ab den 1950er-Jahren Grund und Avi, Gschwandtner, Straßmeier und Rie - waren SchaustellerInnen durch ihre Haut - wurden oft erst in den 1970er-Jahren qua - ger wurde immer wieder erwähnt, dass sie farbe und Sprache und nicht zuletzt durch si sesshaft. Christine Avi (geb. Schlader) alle irgendwie verwandt seien. Einen ge - die entsprechenden Lizenzen und Geneh - verkaufte z. B. über amerikanische Besat - meinsamen Stammbaum gäbe es aber migungen anerkannt, „zugehörig“. Ganz zungssoldaten ein Pferdekarussell in die nicht. Ob meiner Leidenschaft in unter - im Gegensatz zu vielen Roma und Sinti, USA und konnte dadurch einen Grund in schiedlichster Form mit und zu Biogra -

Schausteller-Familie Avi beim Transport des Fahrgeschäft Typhoon im Oman, um 2004. Foto Archiv Firma Avi, Wels

DIE REFERENTIN 5 phien sowie Lebenswegen zu arbeiten, Schlader (1841 –1847) und seiner Gattin . Katalog war dies gleich ein besonderer Reiz. Nach Theresia (geb. Juretka, 1847 –1928), de - Andrea Bina, Georg Thiel und nach, wie ein Puzzle und durch viele ren Nachfahren die Familien Schlader Urfahraner Markt Telefonate konnte ich die erste Fassung ei - (Wels und Linz) und Gschwandtner sind, 200 Jahre Linzer Lustbarkeiten nes gemeinsamen Stammbaums von eini - die durch Heirat mit den Familien Avi, Herausgeber: NORDICO Stadtmuseum Linz gen oberösterreichischen Schausteller-Fa - Bachmair und Wiesbauer verbunden sind, ISBN: 978-3-7025-0859-3 milien erstellen: ausgehend von Georg sowie auch mit den Familien Deisenham - Verlag Anton Pustet, Salzburg mer und Schorn verwandt. Die erste Ver - sion dieses Stammbaums ist neben zahlrei - chen Photos, Dokumenten, Interviews und Exponaten von und zu den Schaustel - Ankündigungsplakat für die „Erste europäische Veronika Barnaš arbeitete bei der Ausstel - ler-Familien in der Ausstellung „Urfahra - Todeskugelfahrerin“ Theresia Sonnberger. Foto Straßmeier, Schwertberg lung „Urfahraner Markt. 200 Jahre Linzer ner Markt. 200 Jahre Linzer Lustbarkei - Lustbarkeiten“ im NORDICO Stadtmuseum ten“ im NORDICO Stadtmuseum Linz zu Linz im kuratorischen Team gemeinsam mit sehen und kann dort auch ergänzt und er - Andrea Bina und Georg Thiel sowie als Red - weitert werden. akteurin für den Ausstellungskatalog. Für die Ausstellung hat sie, an einem Berührungs - Was allen Schausteller-Familien, die ich punkt zur eigenen künstlerischen Arbeit, eine traf, gemein ist, ist eine ungebrochene Lei - erste Fassung eines gemeinsamen Stamm - denschaft für ihren Beruf, der starke Fa - baums von einigen oberösterreichischen milienzusammenhalt, eine große Men - Schausteller-Familien erstellt, der ebenfalls in schenfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft. der Ausstellung zu sehen ist. Die Referentin Außerdem ein gewisser Stolz auf ihre Be - hat Veronika Barnaš gebeten, quasi von hin - rufsgruppe, der sich nicht zuletzt dadurch ter den Kulissen des Jahrmarkts zu berichten, ausdrückt, dass zugeheiratete Personen, und speziell an der Überscheidung zu den ei - die nicht aus Schausteller-Familien stam - genen künstlerischen Interessen ganz konkret men, „Private“ genannt werden. Der oder über die Schausteller-Familien zu schreiben. die sei ja „von Privat“. Trotz der Begeisterung für ihr Metier er - Veronika Barnaš ist Künstlerin, Kuratorin und teilen sie geschlossen einer falschen Ro - Projektentwicklerin. Sie arbeitet forschend, mantik eine Absage. Sie sind Unternehme - orts-/kontextbezogen und genreübergreifend rInnen, die seit dem Aufkommen der Kin - (Bildende Kunst/Literatur/Theater) – von In - derfahrgeschäfte auf Weihnachtsmärkten szenierungen und Bühnenbildern über Instal - und der inzwischen zahlreichen Nachfra - lationen bis hin zu Mappings von historisch- ge von Firmenfeiern quasi das ganze Jahr biografischen Zusammenhängen („Subjektive arbeiten. Teils unter widrigsten (Wetter-) Kartographien“). Produktionen für das Volks - Bedingungen und weder Gewinn noch theater Wien: u. a. Ich bin Zeuge! (Ge-)denk - Verlust des Tages wirklich voraussehend. soirée zu den Novemberpogromen 1938, Und vor allem fahren sie weiterhin. Inzwi - 2014; Ich gehe. Ein szenisches Essay nach schen allerdings sternförmig von ihrem je - Texten von Brigitte Schwaiger, 2013; Auftau - weiligen Wohnsitz weg (u. a. Wels, Linz, chen gemeinsam mit Julya Rabinowich, 2010. Traun, Marchtrenk) und mit entspre - Sowie freie Produktionen: u. a. Souvenir. chend schweren und modernen Lastenzü - Subjektive Kartographien von Israel (2013 –), gen. unORTnung – Eine Ausstellungsreihe in Ihr Geschäft ist es, weiterhin die Leute Wien (2006 –2010). glücklich zu machen. n Geboren 1978 in Wien. 1999 –2006 Studium an der Kunstuniversität Linz – Meisterklasse é Ausstellung „Metall“ und MA in der Studienrichtung „raum „Urfahraner Markt. & designstrategien“. Seit 2014 Univ. Ass. für 200 Jahre Linzer Lustbarkeiten“ Künstlerische Praxis am Institut für Kunst und NORDICO Stadtmuseum Linz Bildung, Kunstuniversität Linz. Lebt und arbei - 3. Februar bis 21. Mai 2017 tet in Wien und Linz.

" www.veronikabarnas.net

6 DIE REFERENTIN Wenn ein Toter plötzlich niesen muss …

Wodurch entsteht das sogenannte Unheimliche? Durch das Fremde, wenig Vertraute? Sigmund Freud vertritt eine entgegengesetzte These und formuliert in seinem Essay Das Unheimliche eine erstaunliche Erkenntnis: Unheimlich kann nur sein, was uns einst vertraut und nahe war. Den in Linz lebenden Literaturwissenschaftler Christoph Leitgeb interessiert in literarischen Texten vor allem das Unheimliche der Erinnerung an den Nationalsozialismus.

Text und Interview Silvana Steinbacher as Unheimliche beglei - tet Christoph Leitgeb schon seit vielen Jah - ren. Derzeit schreibt er an einem Buch zu Un - heimlichkeit und Erin - Dnerung, das nächstes Jahr erscheinen wird. In seinem letzten Buch arbeitete Leitgeb über Ironie. Das Unheimliche und das Komische der Ironie sieht er aber kei - neswegs als Widerspruch. Wir treffen uns an einem Sonntagnachmittag, es sollte ur - sprünglich ein Gespräch über sein neues Buch und seine Forschungsarbeit zum Un - Das Unheimliche im Fokus. Foto Cornelia Hülmbauer, Tate Modern. heimlichen in der Literatur werden, doch bald drängen sich auch andere Themen auf, und so spannen wir gemeinsam einen Bogen in die aktuelle Gegenwart. Chris - ben die Bestimmung der beiden Räume ment zu beziehen, als ihre Großmutter ins toph Leitgeb analysiert den gezielten Ein - aber später modifiziert und weniger psycho - Konzentrationslager deportiert wurde, satz des Begriffs Flüchtlingswelle, die analytisch als kulturtheoretisch interpretiert. das war der Moment, in dem Wien für sie Fremdheit der Herrschenden, das Bedürf - als Heimat ins Unheimliche gekippt ist. nis nach dosierter Angst und was es be - Du analysierst in diesem Zusammenhang Ilse Aichinger wurde auch von ihrer Zwil - deutet, wenn ein Toter auf der Bühne hauptsächlich literarische Texte, auf wel - lingsschwester Helga, die nach England plötzlich niesen muss. chen Begriff des Unheimlichen fokussierst geflohen ist, getrennt; sie ist zurückgeblie - du dabei? ben, um ihre Mutter vor den Rassengeset - Du beschäftigst dich in deiner wissen - Eigentlich möchte ich mich nicht wirklich zen zu schützen. schaftlichen Arbeit derzeit mit dem Be - für eine eigene, einheitliche Definition des Freud nennt zum Unheimlichen den Ödi - griff des „Unheimlichen“, was versteht Unheimlichen entscheiden. Das klingt un - puskomplex, das ist für ihn eine allgemei - man darunter? seriös, aber vielleicht kann ich das am Bei - ne Formel für: ein Trieb wird verdrängt Da gibt es mehrere mögliche und sinnvol - spiel von Ilse Aichinger erklären. In Kleist, und kehrt als Unheimliches wieder. Ai - le Definitionen. Allgemein geht es um ein Moos, Fasane hat sie eine Poetologie der chingers Vater – er stammte übrigens aus Grenzphänomen zwischen zwei Bereichen Angst vertreten. „Die Stille zur Angst Linz – hätte Mutter und Tochter schützen oder Räumen, einem bekannten und ei - mißbrauchen“ (1954); „Jeden Tag mit können und hat sie verlassen, auch hier nem nicht bekannten, und die Theoretiker Grauen und unabgeschwächter Angst be - könnte eine psychoanalytische Interpreta - des Unheimlichen gehen davon aus, dass ginnen, kein schlechter Rat“ (1971); das tion der Angst ansetzen. Diese Möglich - bei der Grenzverletzung Angst auftritt. sind so ein paar ihrer Tagebuchnotizen keit der Interpretation möchte ich anbie - Freud etwa vertrat spezifisch die These, diesbezüglich. In ihrem Werk findet sich ten, aber zugleich andere Möglichkeiten dass Verdrängtes Angst auslöst. Wenn Ele - die Angst ständig, der Begriff kehrt immer offenhalten. mente, die ins Unbewusste verdrängt wur - wieder. Wenn Ilse Aichinger in ihrer Erzählsamm - den, wiederkehren, entsteht Angst, der lung Schlechte Wörter heimische Balkone Grund der Verdrängung wird bewusst und Ist Ilse Aichinger in dieser Hinsicht her - unheimlich macht, dann kann man das in löst dann das Unheimliche aus. Alle im ausragend? diesem Rahmen psychoanalytisch deuten, weitesten Sinn psychoanalytischen Defini - Ja, es gibt wenige Autorinnen und Auto - sich aber auch die Frage stellen: Warum tionen des Unheimlichen arbeiten mit ei - ren, die sich so fundamental auf ihre ausgerechnet Balkone? Der Text Zweifel nem Begriff der Angst. Philosophinnen und Angst berufen. Ein Ansatz könnte nun an Balkonen stammt aus den frühen Philosophen wie etwa Jacques Derrida ha - darin bestehen, diese Angst auf den Mo - 1970er-Jahren, ich lese ihn trotzdem als

DIE REFERENTIN 7 eine Replik auf den Beginn der Zweiten Um das also auf die jetzige Situation zu zer eingeschlossen, über den Krabben, Republik, auf den Balkon, von dem Leo - übertragen: Wenn uns syrische oder af - Schnecken und Quallen kriechen. Sie pold Figl die Zweite Republik verkündet ghanische Männer ängstigen, dann ist es kehrt das Bild also um und beschreibt das hat. Für Menschen mit der Vergangenheit vielleicht am wenigsten das Syrische oder Ozeanische als Überschwemmung. Und Aichingers musste dieser Gründungsakt Afghanische an diesen Menschen, das uns auch diese Metapher taucht in der All - unheimlich sein, der einen neuen Staat unheimlich ist. Darüber wissen die meis - tagssprache auf, wenn wir zusätzlich zur gleichsam im Handstreich mit der Stunde ten von uns wirklich konkret auch fast „Überschwemmung“ an das Bild des null beginnt. Der Text wäre also Replik nichts. Aber was wir in ihnen wie in einem „Flüchtlingsstroms“ oder an die „Flücht - auf die Wiederkehr einer „Verdrängung“ Zerrspiegel erkennen, ist zum Beispiel ein lingswelle“ denken. Solche Bilder wirken innerhalb der Kultur, und diese Interpre - kultureller und ökonomischer Anpas - unheimlich und kanalisieren Angst. tation ist mit einem theoriegeschichtlich sungsdruck, unter dem nicht nur sie ste - späteren Begriff des Unheimlichen, mit hen und vielleicht auch ihre rückwärtsge - Seit einigen Jahren boomt die Kriminalli - Derrida etwa, besser zu fassen als mit wandte Orientierung auf den Krieg. So teratur. Zusätzlich ist ein Trend festzustel - Freud. angedeutet, ist das Wiedererkennen des len, dass besonders grausame Krimis, wie Eigenen im Unheimlichen vielleicht zu ab - sie auch aus dem Norden zu uns schwap - Freud verortet das Unheimliche im Be - strakt und abgehoben von der jeweiligen pen, besonders erfolgreich sind. Könnte reich des Eigenen, was zunächst erstaunt. Situation. Aber es ist nie einfach nur „das ein Erklärungsversuch dafür auch darin Wenn wir die heutigen Ängste betrachten, Fremde“, das uns unheimlich ist. bestehen, dass ein vom Leben irritiertes so könnte man den Eindruck gewinnen, Ich selbst habe drei Jahre in Japan gelebt oder verängstigtes Publikum seine Angst dass sich das Unheimliche zum überwie - und fand das Land weniger unheimlich als durch unheimliche Lektüre kontrollieren genden Teil nicht auf das Bekannte, son - etwa England oder Tschechien. Für Japan möchte? Kann man sich durch die Fiktion dern auf das Fremde bezieht. Ist da eine setzte ich voraus, dass dort alles völlig von realer Angst distanzieren? Situation mit veränderten Vorzeichen ent - fremd ist. In Japan glaubte ich von vorn - Ja, so würde ich diesen Krimiboom erklä - standen? herein zu wissen, dass ein Lächeln etwas ren. Angst, die man oft gar nicht fassen, Naja. Dieses Problem drückt sich am di - anderes bedeutet als bei uns. Darauf bin geschweige denn aussprechen kann, wird rektesten in Theorien des Postkolonia - ich in England oder Tschechien nicht vor - auf die unheimliche Lektüre projiziert. lismus aus, die mit der psychoanalytischen bereitet. Und gerade, wenn dann das Lä - Man kann dann die Angst mit der Gewalt Tradition davon ausgehen, dass man sich cheln in einer Situation doch etwas ande - in der Fiktion dem Anschein nach ausa - das „Eigene“, also auch das Persönlichste, res bedeutet, kann es unheimlich wirken. gieren und die Lösung des Krimis beseitigt Individuellste nicht ohne den Blick in den das Unheimliche dann schließlich ganz, Spiegel des Anderen bewusst machen Du beschäftigst dich in deiner Forschung wenn auch fiktiv. Der Soziologe Luc Bolt - kann. Das Unheimliche der kolonialen Si - vor allem mit Autorinnen und Autoren, anski hat in einem seiner Bücher vor allem tuation – beispielsweise für Engländer in die sich literarisch mit der Zeit des Natio - klassische Krimis analysiert. Er behauptet, Indien – ist, dass die Kolonialisierten nicht nalsozialismus beschäftigen, wieso gerade dass die Lust am Krimi dadurch entsteht, einfach „die Fremden“, „die Anderen“ dieser Bereich? dass die scheinbar vertraute Wirklichkeit bleiben. Situationsabhängig beginnen sie, Die österreichische Literaturwissenschaft durch das Rätsel des Kriminalfalls un - sich in einer Art Mimikry anzupassen, hat sich mit einigen dieser Texte von Le - heimlich gemacht wird. Regeln werden und sie beginnen zugleich, ein schwer aus - bert über Jelinek bis Haderlap schon aus - außer Kraft gesetzt, im Unheimlichen rechenbarer Spiegel für das „Eigene“ zu führlicher beschäftigt. Wenn man diese wird die sichere, langweilige Wirklichkeit sein: Für den Kolonialherrn ist weniger Texte also durch die Brille des Unheim - zur Welt erweitert. Und durch die Auflö - der fremd gebliebene, traditionelle indi - lichen neu beschreibt und interpretiert, sung des Falls kippt alles wieder ins Ver - sche Bauer unheimlich als der angestellte dann muss sich diese Interpretation zu - traute, der Krimi ist konservativ. Lakai, der im englischen Anzug steckt und gleich vor einer bestimmten Forschungs - Englisch mit merkwürdigem Akzent spricht. tradition bewähren. In einem deiner Bücher thematisierst du zentral die Ironie, siehst du eine Ver - Der jüngst verstorbene Soziologe Zyg - wandtschaft zwischen dem Unheimlichen munt Bauman hat den Zustand einer per - und der Ironie? Rubrik manenten, unbestimmten Angst in der Ge - Eine bestimmte Sicht der Ironie gab mir sellschaft als „Titanic-Syndrom“ beschrie - den Impuls, mich mit dem Unheimlichen Literatur sagt … ben: als Gefühl, durch eine dünne, tragen - zu beschäftigen. Robert Pfaller zitiert in de Oberfläche durchzubrechen und in der seinem Buch Die Illusionen der anderen „… aber im Anfang“, sagst du, Tiefe des Meeres zu verschwinden. Fin - das Beispiel eines Schauspielers, der als „war das Wort, und das Wort dest du dieses Bild auch in der Literatur? Toter auf der Bühne liegt und plötzlich war eine Mordsgeschichte in ei - Mit den Bildern der „dünnen Membran“ niesen muss. Diese Situation kann für ner dieser Umsonstzeitungen, die und des „Ozeanischen“ hat auch schon Theaterbesucher komisch sein, sie kann neuerdings die ganze Stadt bede - Freud den Übergang vom Bewussten ins aber auch unheimlich sein für jene, die in cken. Ja, sie sind dafür gemacht, Unbewusste beschrieben. Die Meeresme - der Theaterillusion befangen sind. n zu- und nicht aufzudecken, und taphorik findet man in Texten über Krieg und Holocaust, auch in der österreichi - Silvana Steinbacher ist Autorin und Journalistin. siehe, das Wort wurde wahr.“ schen Literatur. Maja Haderlap beschreibt Zitat vom Beginn von „Die zwei Henriettas. in Engel des Vergessens, wie ihre sloweni - Christoph Leitgeb, Univ. Doz. Für Neuere deut - Eine Odysse“ von Lisa Spalt. Leseprobe auf Seite 11. sche Protagonistin die Kärntner Täler sche Literatur, Literaturwissenschaftler, wissen - wahrnimmt, als seien sie in einem Eispan - schaftlicher Redakteur der Zeitschrift Sprachkunst.

8 DIE REFERENTIN The Sun. The Sun blinded me.

Das Tribute beim diesjährigen Filmfestival Crossing Europe ist Anka und Wilhelm Sasnal gewidmet. Pamela Neuwirth hat den diesjährigen Eröffnungsfilm The Sun bereits gesehen und einen Blick auf das Filmschaffen des Regie-Ehepaares geworfen. Politische Haltung, Polen, die Tristesse am Land und ein unverhohlenes Interesse an den menschlich dunklen Seiten: Wegen Vieldeutigkeit und existenzieller Offenheit der Filme garantiert kein Spoileralarm.

Text Pamela Neuwirth enn The Sun mit ei - den er sich weitgehend unkommentiert Sun. The Sun blinded me an einen namen - ner Sequenz zweier und scheinbar unbeteiligt hineinziehen losen Strand im heutigen Polen verlegt, aufeinandertreffen - lässt. Später werden andere die tödliche das, wie jedes andere Land und jede ande - der, trauriger, sich Eskalation erklären und als Nichtbeteilig - re Gesellschaft in Europa, mit den aktuel - nicht weiter be - te die Tat und ihn richten. Dem Künstle - len Migrationsentwicklungen zurecht - kannter Männer, de - rInnenpaar Anka und Wilhelm Sasnal, die kommen muss. Das Polen der Sasnals ist Wren Wege sich ebenso abrupt wieder tren - neben der bildenden Kunst (Wilhelm Sas - ein enges Gehäuse aus Staatsreligion und nen, beginnt, ist noch nicht offensichtlich, nal) Spielfilme wie auch Kurzfilme produ - ihrer orthodoxen Riten, aus xenophoben warum gerade diese Geschichte als Eröff - zieren, haben mit dem heurigen Eröff - Gerede über Ebola und „den Ukrainern“, nungsfilm des Crossing Europe Filmfesti - nungsfilm von Crossing Europe einen das sich während einer Feier beim polni - val ausgesucht ist. Das Vexierspiel aus Rückgriff auf das 1942 erschienene Buch schen Barbecue unverhohlen zeigt. Das Angst und Konvention entspinnt sich erst Der Fremde von Albert Camus gemacht Heilige trifft auf das Profane, wobei die langsam mit dem laufenden Protagonis - und eine filmische Neuadaption realisiert. beiden naturgemäß gegensätzlichen Pole – ten; nennen wir den Helden im Folgenden Der Fremde ist die Geschichte eines Mor - an anderer Stelle auch in der Figur des den Läufer. Er, der Läufer, der jeden Tag des. Camus’ Geschichte und deren Tatort Pfarrers vereint – ins Bodenlose zu stürzen seine Runden dreht, gerät in einen Sog, in haben die Filmemacher Sasnal für The scheinen. In der Stille seines kleinen Le -

The Sun. The Sun blinded me – die letzte Filmarbeit der Sasnals von 2016. Bild The Sun. Filmstill.

DIE REFERENTIN 9 bens wird der Geistliche ohne seine heili - surd-perverser Kosmos auf einem fast land in der polnischen Weite, Menschen gen Insignien etwa zum gewöhnlichen normalen polnischen Bauernhof angesie - organisieren im Familienbund ihren All - Menschen, der in Unterhosen sein Käse - delt. Swineherd ist ein Paralleluniversum, tag. Die heute wieder vielfach verklärte brot isst und zu viel Aftershave benutzt, indem die Währung der Menschen aus Natürlichkeit des Landlebens wird uns bevor er später wortreich die Auferste - Brotkrumen und Habseligkeiten besteht, nüchtern vor Augen geführt. Beispiels - hung verkündet. Erlösung, Mitgefühl und die man sich heimlich zusteckt oder weise wird die Schlachtung eines Hasen Gnade, Werte, denen der Geistliche und stiehlt. Swineherd erzählt vom technolo - minutiös dokumentiert: als Anatomie des seine fromme Schar bei einem Begräbnis giefreien Leben, von Kitteln und Hosenta - Lebens und des Sterbens. Und last, but huldigen, werden letztlich niemandem zu - schen, die als Kommunikationskanäle für not least: Parasite, der 2014 übrigens sei - teil und reduzieren sich auf Konventionen Zettelchen dienen – falls man kein Anal - ne Österreich-Premiere bei Crossing Euro - und Rituale. Nur der eingangs erwähnte phabet ist. Swineherd zeigt eine Welt, in pe hatte, ist wiederum ein Film, in dem die Läufer schweigt und läuft emotionslos sei - der der Bauer längst selbst zum Knecht menschliche Existenz in ihrer Endlichkeit nem Schicksal entgegen, das mit dem degradiert worden ist und trotzdem das reflektiert wird. Das Leben eines Säu - Fremden auf geheimnisvolle Weise ver - Hegelsche Herr-Knecht-Verhältnis weiter - glings wird gegengeschnitten mit dem Le - bunden scheint. Durch die Filmkunst des spielt. Und so vom Gutsbesitzer-Knecht ben eines alten Mannes, der mal in der polnischen Regie-Paars ist die Erzählung kontrolliert, entwickelt auch das rare so - schmutzigen Fabrik, dann im sterilen nahe an die Untiefen der Gesellschaft her - ziale Leben seine täglichen Heimsuchun - Krankenhaus zu sehen ist. Der Gegensatz angeführt. Ein Kunstgriff ist es auch, dass gen und Sabotagen, wodurch auch das fällt dort zusammen, wo das Künstlerpaar jener, der vordergründig Schuld auf sich einzige moderne Kommunikationsgerät – betont, mit wie wenig die Menschen von geladen hat, seltsamerweise – um in der ein Radio – bald ertränkt wird, somit nie - Beginn bis zum Ende zurechtkommen religiösen Diktion zu bleiben – davon mand sich daran erfreuen kann. Wer hat müssen. Er wird für einen kurzen surrea - trotzdem unbefleckt scheint. Es gibt Din - etwas zu sagen und wer ist der Gute in der len Moment, der fast wie auf ein Gemälde ge und Verhältnisse im Leben, die nicht Geschichte vom Schweinehirten? Ist es der gebannt wirkt, zärtlich, wo der alte begründet und auch durch Urteile nicht dem Gutsbesitzer-Knecht unterstellte jun - Mensch mit dem Baby auf der Brust zu se - mit Sicherheit geklärt werden können. Die ge Knecht-Knecht, der mit einem Stock im hen ist. Der Trost auf einen Kreislauf des Dinge und Verhältnisse sind meistens grö - sprichwörtlichen Trüben fischt und doch Lebens wird jedoch gleich wieder auf Re - ßer, als es das Individuum ist und sie ver - nur Nazi-Devotionalien aus dem verse gesetzt: als künstlerisches Stilmittel weisen sehr oft auf gesellschaftliche Kräf - Schlammloch angelt? Sind es die jungen kehrt etwa der aufsteigende Fabriksrauch te im Hintergrund. So bleibt das Motiv Leute, die ein Dorffest veranstalten und aus dem Schornstein wieder in diesen zu - der Tat eines Vereinzelten vordergründig von Hippie- bis neuerer Musik beschallt, rück. rätselhaft und kann auch vor der Ge - etwas zu sagen haben? Die Jugend, das richtsbarkeit nur mit unzureichenden Fest, ein Musikant in Lumpen, der des Neben den fünf Spielfilmen präsentiert Gründen erklärt werden: The Sun. The Weges kommt und später in einer eigen - Crossing Europe auch Kurzfilme aus dem Sun blinded me. Es wird jemand anderer tümlichen Bondage-Variante im Schwei - Sasnal-Kosmos. Allen Filmen des Regie - die Runden des Läufers im Weltgeschehen nestall zurückgelassen wird – Szenen in duos liegt zwar ein gemeinsamer existen - drehen müssen. Schwarz/Weiß zwischen unverputzten tieller Ton zugrunde, oftmals spielen diese Häusern, Stacheldraht, Nutztieren, seltsa - Kurzfilme aber nicht im ländlichen Polen Von der Idylle des Landlebens freilich men Stillleben aus Wurst auf Brot auf und an seinem existenziellen Minimum. kann man sich beim Eintritt ins Kino auch Hut, und ein noch merkwürdigeres Ende Sondern es spielt sich neben der Tristesse bei Swineherd (2008) verabschieden. als Ausstieg: Nur ein bisschen Swing aus etwas Kreatives in den Vordergrund, im - Swine herd versteht sich als Referenz auf dem ertränkten Radio und vielleicht mer taucht da auch etwas klar Lebensbe - das gleichnamige Märchen von Hans könnte die Flucht aus der Trostlosigkeit jahendes auf, mit der eine Schwierigkeit Christian Andersen und ist im Film als ab - letztlich doch noch gelingen? überwunden wird: Mit dem Skateboard über ein zuvor abgesägtes Autodach fah - In Polen bleibt es auch in drei weiteren ren, mit Protest der Unterdrückung begeg - Filmen rätselhaft: It Looks Pretty Nice nen – popkulturelle Bezüge und Freiheits - Rubrik From A Distance, ein Film von 2011, gefühl helfen aus der Enge eines regulier - stellt keine eindeutige Aussage in den ten Lebens. Ein Werk, das insgesamt am Theorie sagt … Vordergrund. Verfremdete Geräusche und feinen Grat zwischen Pessimismus, Dysto - zumeist Stille halten eine sich grausam am pie und existenzieller Offenheit angesie - „Übergang oder Austausch müs - ländlichen und menschlichen Minimum delt ist. n sen dann nach Umwegen oder dahinentwickelnde Geschichte in der paradoxen Verbindungen su - Schwebe. Eine Stringenz der Erzählung Pamela Neuwirth ist unter anderem Autorin und chen, nach Korridoren, deren wird auch durch eine fast aufgehoben wir - Radiojournalistin. schräge Durchquerung nicht im - kende Zeit verunmöglicht. Dass auch so das klassische Anfang-Mitte-Schluss-Para - é Crossing Europe findet 25. –30. April in Linz statt. mer der exakten Identität der digma des Films aufgehoben wird, kann Das umfangreiche Programm findet sich auf Dinge folgt.“ jedoch das Filmpublikum näher an ihre ei - " crossingeurope.at Wir zitieren „Die zwei Henriettas. Eine Odyssee“ gene Lebensrealität heranführen, wo diese von Lisa Spalt, die wiederum dieses Zitat von Scheinordnungen ja trotzdem auch nur Michel Serres’ „Atlas“ ihrem neuen Buch voran - schwerlich existieren. Alexander (2013) gestellt hat. Leseprobe der „zwei Henriettas“ auf Seite 11. zeigt ebenso, jedoch etwas freundlicher, die ländliche Lebenswelt als Niemands -

10 DIE REFERENTIN Die Odysse der zwei Henriettas „Henrietta“, sagst du dir, „jetzt hast du es kapiert: Die Frage an dich lautet, ob du überhaupt existierst.“. Von Lisa Spalt ist soeben der Roman „Die zwei Henriettas“ erschienen – eine Geschichte, in der nichts erfunden, aber alles Fiktion ist. Ausgangspunkt einer Recherche von hier bis in die USA ist ein Konvolut von Fotografien. Die Sehnsucht nach Wahrheit, Hintergründen und Räumlichkeit prallt auf der Suche nach Information am flachen Bildschirm ebenso ab wie an einer ganz normal irrealen Realität. Ein Textauszug.

Textauszug aus „Die zwei Henriettas“ von Lisa Spalt enrietta. Das Bild tritt goutieren würde / Schrägstrich / da der gegenübertreten und sich selbstständig mit deinem Jahrhun - kommt es zu unschönen Szenen und so um die Sendezeit im Stadt-TV prügeln. Da dert in Verbindung. fort. Und natürlich lässt du diesen unap - trifft die Soldatin als Foltermagd aus dem Ein Paket von Scans petitlichen Tragödienkeks hier angebissen Mittelalter auf den futuristischen Sternen - vergilbter Fotografien liegen. Denn deine Zeit ist eine Einkäufe - reisenden, der beleidigt die Mundwinkel liegt auf deinem rin und Nicht-Konsumentin, ein Jahrhun - runterzieht, weil es immer noch keine App HSchreibtisch, mit Rändern, die diese bös - dert der Buyies, Messies und Schmeißies, gibt, die ihm die Zehennägel in Lachsrosa artige Schlampe von Zeit, in der du lebst, eine Karikatur ihrer ernsten, älteren Ge - lackiert. Und für beide stand kurz zuvor an den Ecken angeknabbert hat, als wären schwister, die vielleicht erwachsener, aber dieselbe Darstellerin Modell, aber trotz - es Tafeln von im Schrank der Oma weiß natürlich auch völlig irre waren. Jeden dem passen die Bilder nicht zusammen. angelaufener Schokolade. Du sagst dir: Tag zieht das Gespenst des Jahrhunderts, Denn von uns billigen Props schaffen es Henrietta, schau dir diese Zeit an, in der das seit Menschengedenken immer wieder eben nur ganz wenige, zu hundert Prozent du ungefähr so lasziv herumliegst wie eine eine neue Verkleidung annimmt, die Ge - gefilmt zu werden. Es klaffen meist Lü - Dame im Burkini irgendwo am Baller - sichter der Menschen von den Köpfen ab, cken zwischen unseren schlecht bezahlten, mann. Schau dir diese Zeit an, die in ih - indem es sie in Pixel übersetzt. Jeden Tag schlecht beleumundeten Auftritten; der rem Messie-Haushalt einfach alles ver - erzeugt es tausende von zusammenhang - Morphing-Prozess des Alterns, der zwi - gammeln lässt, die jeden Käse so lange losen Bildern, von denen die meisten am schen zwei Bildern vermitteln könnte, ist liebt, bis er sich aufbläst und vor Eitelkeit Gängelband toter Links verschimmeln aus Kostengründen komplett gestrichen. aufrecht zu gehen beginnt, wahlweise in und nie ihrer Bestimmung des Betrachtet - Die erwähnten Zombies von Gesichtern Gestalt eines schnittigen Lehrers aus werdens zugeführt werden. Dennoch exis - dagegen sind wirklich erst, wenn der letz - Nordrhein-Westfalen im vielleicht gewollt tieren die oft noch, wenn die abgelichteten te Online-Speicher eingeht, auf dem sie unvorteilhaften, mit Kreuze bildenden Ka - Menschen schon lange in allen angesagten herumliegen, erledigt. Da tut es dann auch ros bedruckten Look, der vor dem Mikro Shops Hausverbot haben oder sich die nichts mehr zur Sache, ob die Schauspiele - des landesweiten Broadcastings zu flirren Augenbrauen, die sie sich ein Leben lang rin, die sie geschnitten hat und darum beginnt mit dem Ziel, den Hohlraum um weggezupft haben, wieder rauftätowieren denkt, es sei irgendwann auf sie angekom - sich herum mit einer Art Vervielfältigung haben lassen, weswegen manche jetzt aus - men, sich nun irgendwo noch „Fuck you seiner selbst zu stopfen, diesen Raum, den sehen wie nicht ganz fertig gewordene Re - Goethe“ reinzieht und meint: „Ego video, man ihm zugemessen hat wie einen zu pliken der Schwester Tutanchamuns. Ja, also bin ich“. Die sitzt dann an diesem großen Taucheranzug. Und in deiner Ge - die Menschen, die heute zu hundert Pro - Punkt ihres Lebens mehr oder weniger un - schichte, die, wenn sie gelungen ist, ein zent davon leben, als Models für irgend - sichtbar in ihrer ungeheizten Blockhütte Gleichnis sein wird, geht es natürlich um welche Bilder zu dienen, welche haupt - eines stromlosen Jenseits und denkt darü - die letzte Frage. Es geht um die Frage: Ist sächlich dazu da sind, weggeklickt wer - ber nach, ob sie sich mit einer Bombe in dieser Käse ein Gedicht. Ja, darum hat den, gibt es nur einmal, und das in einem die Nachrichten und damit zurück ins Le - dieser vorhin hier eingeführte Mann jetzt einzigen, unförmigen, länglichen Zeit - ben sprengen könnte. „Henrietta“, sagst etwas zur längst fälligen Schulreform zu stück. Diese Menschen werden immer du dir, „jetzt hast du es kapiert: Die Frage sagen, nämlich dass man doch bitte end - noch in der Zeit spaghettifiziert, sie wer - an dich lautet, ob du überhaupt exis - lich den Konjunktiv zwei und, seien wir den miteinander verknüpft und langgezo - tierst.“ uns ehrlich, den Geschichtsunterricht gen, bis sie als ihre Lebensfäden reißen, stanzen solle im Lehrplan et cetera, aber während die bunten und perfekten Ge - Hey, freie Dienstnehmerin. Du bist heute sagen wir ruhig „und so weiter“. Du sichter derselben Personen aus verschiede - im Krankenstand, was eben gerade nicht stellst dir vor, wie die Jugend, unsere Zu - nen Zeiten in Filmen und Fotos als Erben bedeutet, dass deine Arbeitszeit ausgeht, kunft, in irgendeiner beliebigen Bäckerei nebeneinandertreten, um gegeneinander will sagen: was eben gerade nicht bedeu - herumsteht und stottert: „Ich habe so gern vollkommen unversöhnlich zu wirken; tet, dass deine Arbeitszeit ins Gewand des ein Kipferl, bitteschön.“ Ja, da käme es zu während sogar die total unterschiedlichen Feiertags schlüpft, sondern vielmehr, dass unschönen Szenen, die der Pfarrer nicht Gesichter der gesamten Menschheit einan - sie, wenn ihre Nachfolgerin aus der näch -

DIE REFERENTIN 11 Henrietta Goeritz aus dem Roman „Die zwei Henriettas“. Foto Privat sten Woche sich bereits zur Tür rein - nur ein Knallbonbon. Okay, du klickst, ren, du musst nur immer wieder alles ge - schwingt in ihrem heißen Lederkostüm, klickst, klickst, das geht dann so hin und ben, dann wirst du immer wieder anfan - seit Längerem ungeduldig auf dich wartet her, und am Ende übernimmst du die Rol - gen dürfen, ein bisschen etwas zu werden; wie die Braut am Wochenende auf ihren le der Protagonistin, weil du klamm bist daher also – unter anderem – derzeit das Schatz, der sie auf seinem Motorrad mit und nie weißt, ob morgen ein anderer Unternehmen Henrietta. Kriegst du die ins Grüne nimmt. Und die beiden Damen Auftrag reinkommen wird. Dein momen - Sache diesmal gebacken? Verflixt: Hen - werden natürlich nächste Woche keppelnd taner Job läuft sowieso bald wieder aus rietta hat es dir, das merkst du an den vom vor dir stehen und sich in die Wolle krie - beziehungsweise ist das eigentlich immer Beginn der Unternehmung an freiwillig gen, weil jede von ihnen deinen Luxus- gerade der Fall, so dass du die Bemerkung und entgeltfrei geleisteten Überstunden, Körper ganz für sich allein haben will. Be - stehen lassen kannst, auf dass sie ihre Prä - bereits angetan. Sie hat, das wird dir klar, zahlen aber musst du sowieso für beide senz eines Sich-Wiederholens im Dablei - tatsächlich dich ausgesucht, um sich zu mit deinem Leben, aber nur für eine ben entfalte. Also auf ähnliche Weise verkörpern, nicht umgekehrt. Ja, das his - kriegst du zur Hälfte bezahlt. Also klickst bleibst ja auch du selbst du selber, wäh - torische Bild sucht sich den Menschen du jetzt, eine quasi nicht existierende Zeit rend du vorübergehend Betreuerin, Leih- aus, den es als sein Ebenbild formen kann, wie ein aus einem Comic entkommenes Sandsack diverser Danke-dann-doch- aber bei der allgemein herrschenden Blas - Sauerstoffbläschen im Weltall nutzend, nicht-Chefs oder Schulkrankenschwester phemie, die wie alle anderen Erscheinun - probeweise auf www.vorname.com, um Henrietta bist. Das alles bist du, dieser gen des heutigen Lebens zunächst auch als zu sehen, wie Henrietta, dein neues Ich, Umstand ist so verbürgt wie die Tatsache, ein verlockendes Bild existiert hat, denkt beim altgedienten Personal deines Lebens dass Melchisedek, Haile Selassie und Jesus man jetzt, es gehe auch umgekehrt, und ankommt. Vielleicht solltest du die Rolle von ein und demselben Gott gespielt wur - hält sich für den Prototypen des Men - annehmen? Henrietta, Herrin des Hauses: den, der nur aufgrund dieser drei Rollen schen, nach dem das Ideal produziert wer - gilt durchwegs als intelligent und extra - ein Stipendium für die Unendlichkeit aus - den könnte. Es ist sicher kein Zufall, dass vertiert. Schart ihre Leute mit einfachem handeln konnte. Dagegen gerätst du bei die schöne Henrietta gerade in deinem un - Runterziehen eines Mundwinkels um sich. deinen immer schneller aufeinanderfol - zulänglichen Körper geboren werden will: Nun, vielleicht hättest du eine bescheiden genden Engagements zunehmend in einen Es gibt da etwas an dir, das hoffnungslos die Beine übereinanderschlagende junge Zustand manischer Panik, ein bisschen so, antiquiert ist, und in so einem Biotop Dame mit leiser, rauchiger Stimme, die als würde der Zugangscode zu deinem fühlt sich ein Gespenst eben wohl, es be - sich bei Partys in einer dunklen Ecke ihre System fortlaufend gewechselt und als findet sich da sozusagen in seiner ihm von Slim-Zigarette reinzieht und der heimliche würde dir daher dreimal täglich ein Adre - einem evolutionären Schneider angemes - Magnet des männlichen Teils der anwe - nalinschub diesen Schrecken, die gerade senen ökologischen Nische. Also freu dich senden Gesellschaft ist, bevorzugt. Du aktuelle Zahlenkombination vergessen zu jetzt einfach mal, dass die Benutzerober - hattest dir ja eigentlich fix vorgenommen, haben, durch die Adern jagen. Aber du fläche von Henrietta schön und cool er - dieses Mal auf die Glamour-Karte zu set - musst dich ja nur immer wieder ruhig mit scheint, so assoziierst du dich leichter mit zen. Aber schon wieder wird das alles hier deinem neuesten Unternehmen identifizie - ihr. Ist doch ein guter Job, auf jeden Fall

12 DIE REFERENTIN um Längen besser, als sich zum Beispiel und mit extra-langer Laufzeit punktender sang erinnert dich an etwas, was sie der - mit einem Hersteller von lustigen rosafar - Smartphone-Akkus am Aufmerksamkeits - einst werden wird. Gleich machst du da - benen Weichplastik-Kaktus-Penissen, die entzug langsam verreckende Internet aus - her den Mund auf, weil schließlich du hier inzwischen den größten Teil des Umsatzes dünsten würde. Der Tod der Medien wäre leibhaftig die Zukunft darstellst, welche von Schreibwarenketten ausmachen, zu unausweichlich und damit der des einzi - über sich schon so einiges zu erzählen identifizieren, nur damit man ein beschei - gen Instruments, das es unserer unterent - wüsste. Und natürlich entwickeln sich in denes Einkommen hat, mit dem man wickelten Logik ermöglichen konnte, je - diesem Setting tumulthafte Szenen, weil dann, wenn man, weil man ja selber ein - mals unsere Kohorte zu finden. Mensch, du dich in der Zeit Henriettas überhaupt fach nicht so bescheiden sein kann wie das beschäftige dich zur Beruhigung ein bis - nicht auskennst und dementsprechend un - Einkommen, nebenbei ein ganz kleines schen mit der schönen Henrietta, die zu verständlich wirkst. Du dagegen verstehst bisschen auf einer der städtischen Müll - verkörpern du dir vorgenommen hast – zwar alles – aber auch wirklich alles halden die Kunststoff-Sammlerin gibt, eine Frau aus einer Zeit, die zu einem gro - falsch. Die Zeit scheint aufgeplatzt wie recht gut auskommen kann. Rohstoffe ßen Teil ohne Elektrizität klarkommen der Stoffbauch einer alten, mit seltsam sind Wertstoffe, like me, like me!, Dau - konnte. Bewundere ihre schlanke Daten - harten Kunststoffgliedmaßen versehenen men hoch. Du bohrst deinen rechten Dau - gestalt. Erkenne, dass, je weiter du bei dei - Plinkerpuppe. Das ganze von Babyspucke men in die darob glücklich erstrahlende nen Recherchen in der Zeit zurückgehst, aus mehreren Kindheiten imprägnierte Bildschirmluft, die wieder einmal nicht die Leute, die an den zugigen Ecken der Füllmaterial quillt raus, aber du hast den merkt, was ihr widerfährt, und fragst Links rumlungern, immer prominenter Eindruck, man stopfe es dir in den Mund. dich, ob Facebook für die Länder, in de - und daher immer seltener werden. Es sind Und so erzählst du, dumpf brabbelnd, wie nen diese Geste als obszön gilt, eigentlich fast keine Frauen darunter, und so wun - durch das undeutliche Gleichnis eines Ro - ein eigenes Symbol erfunden hat. Klick, derst du dich nicht, dass die Geschichte mans hindurch irgendetwas Verqueres klick. Im Netz, in dessen vieldimensiona - immer wieder abreißt: Mit wem hätten die von einer Wohnung, die du gerade besich - lem Koordinatensystem du tagtäglich mit Herren Nachkommen zeugen sollen? Al - tigt hast – da erwartete dich vor der Tür eingeklippt wirst, scheint es, als du neu - lein: Henrietta ist zu finden. ganz Österreich, das hier in Denver keiner gierig nachhakst, die Frage nicht zu ge - auf einer Landkarte fände, ja, ein Öster - ben. Sie ist, technisch gesehen, stellbar, Wir nähern uns den Fakten, wir nähern reich, das an diesem Ort der Welt wahr - also formulier- respektive ins Suchfeld ein - uns der Welt. Du sagst dir: Die Daten wer - scheinlich gar nicht existiert, wartete auf tippbar, aber das kollektive Gehirn kann den heute in so großen Mengen aus den dich mit blutunterlaufenem Blick, wieder auf sie offensichtlich keine Antwort gene - Tuben gepresst, dass die Geschwindigkeit mal ziemlich blöd personifiziert als ein zit - rieren. Dieses ganz persönliche Auffang - ihres Erscheinens über ein kritisches Maß ternder Alkoholiker, der dich, indem er netz für deine Gegenwärtigkeit dreht dir der Wahrnehmbarkeit hinausgetreten ist. dir im jammernden Ton versicherte, er sei auf diese Weise gerade die hellrosa Schul - Auf diese Weise lernten sie als Erfahrun - schlicht für gar nichts, wirklich gar nichts ter einer Schaufensterpuppe kaukasischen gen in vier Dimensionen laufen. Und das zuständig oder haftbar zu machen, mit tau - Typs ins Blickfeld, sodass dir wieder ein - ist so ähnlich passiert, wie einst die Bilder melndem Schweißgruß willkommen hieß. n mal die Angst vor einem europaweiten im Film beweglich geworden sind. „Was Stromausfall wie ein kalter Kuschelhor - willst du mit dieser Henrietta, geboren, . Textauszug: Lisa Spalt „Die zwei Henriettas. mon-Entzug den Rücken hochkriecht. Du gelebt, gestorben“, fragst du dich. „Hm“, Eine Odyssee“, Czernin Verlag, Wien 2017 weißt, was dir in diesem Fall blüht! Dan - sagst du dir, „du willst eigentlich nur auf tes Inferno wäre der blühende Dachgarten die Kommode deiner Vergangenheit dei - é Buchpräsentation 04. Mai 2017 im StifterHaus eines Penthouses bei Abendrot dagegen. nen Plasma-Schirm der Gegenwart stel - " www.stifter-haus.at Die rund um die Uhr lächelnde und sich len.“ Dazwischen liegen dann die pol - bedankende Koreanerin im Sushi-Laden, sternden Luftmaschen einer gehäkelten die, das hast durch ein paar einfache Fra - Zeit – nicht, um die Zeitfenster und ihre ge-und-Antwort-Spielchen herausgefun - Aussichten zu verbinden, sondern damit den, in Wirklichkeit ein Pflege-Roboter sie, weil sie allem Anschein nach spröde ist, könnte sich nicht merken, was du be - sind, nicht aneinander zersplittern. Nimm stellt hast. Die Leute wüssten ohne sozia - das Deckchen weg, und du ragst zappelnd le Netzwerke nicht, ob sie gerade beliebt aus Henriettas gepolstertem JPEG-Sofa sind oder nicht, Massenselbstmorde wür - vom Anfang der Zwanzigerjahre – genau, den einer beispiellosen, alle erfassenden das mit den stoffüberzogenen Knöpfen, Verunsicherung, die man als endlose das jetzt an deiner Stelle steht. Nimm sie Challenge einer beliebten Reality-Show weg, und die Zweige der Zimmerpalme empfinden würde, auf dem Fuße folgen. lappen schmerzhaft aus dir heraus. Oder Am Ende würden sich die U-Bahn-Garni - du siehst kurz an dir herunter und ent - turen in den Schächten zu Haufen von deckst, dass du bereits im Körper der bild - Blech verspießen, und wir würden alle auf schönen Henrietta steckst, dass du in ei - der Suche nach unseren Liebsten zerlumpt ner Runde von kleinen Gören hockst, die durch die Städte humpeln – Städte, die die Kaffeetassen in den Händen gegen die aufgrund massenhaft auftretender Aspar - Untertassen klappern lassen. Gerade liest tam-Hypos von in der Folge randalieren - deine Protagonistin, die du fährst wie die Fotos: Skizzen Ausstellungsbeitrag Feminismus den Familienvätern wie zerbombt wirken Kranführerin ihre Maschine, mit der sie und Krawall (f.u.k.) bei Kristallin#33 im Salzamt Linz würden unter dem stinkenden Gelbfilter, im Laufe ihrer Dienstjahre verwachsen ist, © Feminismus und Krawall den das trotz aller Notstrom-Aggregate die Zukunft aus ihrem Törtchen. Ihr Sing - " www.feminismus-krawall.at

DIE REFERENTIN 13 Out Demons Out

Ein altgewordener Fan aus Österreich trifft den einstigen Polit-Rock-Berserker Edgar Broughton und versucht ihm klarzumachen, wie dessen Musik ihn damals vor der Enge und Bedrückung im dörflichen Post-Nazi- Österreich gerettet hat. „Out Demons Out!“ ist ein Faction-Roman über die – Walter Kohl hat einen Textauszug des eben erschienenen Buches zur Verfügung gestellt.

Textauszug aus Out Deamons Out. Von Walter Kohl ... do you wanna be a hero? träufelten wie Regentropfen. Er hatte Charly und sein Bruder waren Buben ge - Oh Sir, I do. wahrgenommen, dass die paar Gammler wesen, wie sie in den ersten zwei Jahr - One more question: aus den Nachbardörfern, die manchmal zehnten nach dem Krieg zu Zigtausenden Right, Sir. mit ihren auffrisierten Mopeds durch das auf den Dörfern lebten: Simpel gestrickt, Do you wanna go to war, boy? Dorf geknattert waren, in Lederjacken an nicht viel mehr interessiert als mög - Oh yes please Sir, yes please Sir! und mit Ketten behängt, auf einmal alle lichst wenig Zeit mit der Schule und den die grünen Armeejacken trugen, Ami-Ja - Hausaufgaben zu verschwenden, als Win - Charly hatte sie immer beneidet, die cken nannten sie sie. Sie gaben an vor den netou und Old Shatterhand über die Kuh - Rockmusiker. Wegen der vielen Frauen, jüngeren Buben und den Mädchen, es wiesen und durch das Unterholz in der Au der Hotelnachtorgien, der langen Haare seien original amerikanische Uniformja - zu schleichen, sich Nachmittage lang mit und wilden Bärte, hatte er gedacht, als er cken aus Vietnam, gebraucht, die Zell - verfeindeten Bubenbanden zu prügeln und selber sechzehn war und ihm Hilda und stofffabrik drüben beim Flughafen kaufe die bunten Bildchen aus den Verpackun - der Maurer und die Klosterschule, auf die die auf, um daraus Papier zu machen, die gen der Schokoladeriegel mit dem italieni - sie ihn geschickt hatten, vorschrieben, wie Arbeiter suchten die wenig beschädigten schen Namen zu sammeln, zu tauschen lang seine Haare sein durften. Nicht sehr Jacken raus und verkauften sie unter der und in die Alben zu kleben, zuerst Tiere lang nämlich. Nur unwesentlich länger, Hand. Da, sagten die Burschen auf den der Welt und dann Szenen aus Karl May- als sie der Maurer getragen hatte, damals, Mopeds und zeigten auf Löcher im grünen Romanen. Abends dann ein bisschen fern - bei der Hitlerjugend und im Reichsar - Stoff, das sind Einschusslöcher. sehen. beitsdienst und beim U-Boot-Corps. Die Welt draußen wurde einem einfach er - ... Im Kino sah er den Woodstock-Film, die klärt, wenn man als junger Mensch in ei - unsägliche frühe deutsche Synchronfas - nem Dorf lebte. Die Vietnamesen waren Nichts Besonderes war an so einem Land - sung mit der oberlehrerhaften Kommen - die Guten, die Amerikaner die Bösen. Die leben junger Menschen. Musik spielte kei - tarstimme, die mit leicht empörter Be - Mopedrocker mit ihren Country Joe-Ja - ne Rolle. Musik, das war das Gedudel aus sorgtheit vor Drogenmissbrauch warnt. cken waren auf der richtigen Seite. Wa - dem Saal des Wirtshauses, das in den Am tiefsten beeindruckten ihn Grace rum viele von ihnen die amerikanische Nächten der Feuerwehr- und Kamerad - Slick, weil sie so schön war, und Country Flagge auf den Parka-Rücken genäht und schaftsbund- und Landjugendbälle im hal - Joe McDonald, weil er so wütend anschrie etliche die Tanks ihrer Mopeds und ihre ben Dorf zu hören war, Polkas und Mär - gegen – ja, wogegen eigentlich? Charly Helme mit den Stars and Stripes bemalt sche und Walzer, wenn die Kapelle des wusste nicht, wogegen dieser Mann im hatten, wie Fonda in Easy Rider, das irri - Musikvereins aufspielte, schlecht interpre - Army-Parka wütete, doch es war gut. In tierte keinen, die Rocker nicht, und auch tierte Schlager, wenn eine Tanzcombo ihre der Wiener Stadthalle sah er Hair. Die nicht die jüngeren Burschen, die sein woll - elektrifizierten Instrumente quälte. Mu - Progressiven aus der Maturaklasse hatten ten wie sie. Und auch nicht, dass sich so - sik, das waren scheppernde Klänge aus die Busreise in die Hauptstadt organisiert, gar die Väter irgendwie klammheimlich zu den Musicboxen in den Wirtshäusern. gegen zähen Widerstand des Gymnasialdi - freuen schienen, weil die amerikanischen Von hundert Singles, die zur Auswahl rektors hatten sie durchgesetzt, dass auch Soldaten jetzt die Arschlöcher waren, die standen, war die Hälfte von Slavko Avse - Schüler aus der fünften und sechsten Klas - Amerikaner, denen sie sich ergeben hatten nic und seinen Original Oberkrainern, die se teilnehmen durften. müssen, die dann zehn Jahre lang das andere Hälfte Schlagerlieder, so überar - Charly verstand nichts von dem, was vor - Kommando hatten, mit denen ihre Mäd - rangiert und im Studio aufgemotzt, dass ne vorging. Irgendwie drehte es sich um chen vögelten, denen ihre Kinder um Kau - sie unwirklich klangen. Ganz zu schwei - Vietnam. Er wusste nichts von Vietnam. gummi bettelnd nachliefen. gen von den Texten, die wirklich aus einer Er kannte die Fotos aus dem Stern, das Es hatte für junge Menschen einfach alles, nirgendwo existierenden Unwirklichkeit rennende nackte Kind mit der verbrann - was jung und neu und aufregend war, kommen mussten. Am Abend träumen sie ten Haut, der eine Vietnamese, der einem irgendwie mit Vietnam zu tun in diesen von Santo Domingo und weißen Or - anderen Vietnamesen in kariertem Hemd Jahren. Doch in der Wiener Stadthalle sah chideen. Die Liebe ist ein seltsames Spiel, mitten auf der Straße mit einer kleinen Charly auf der Bühne in all dem Hippie- sie kommt und geht von einem zum an - Pistole in den Schädel schoss, die riesigen Flower-Power-Getue nur die nackten dern. Es hörte sich genau so schmalzig Flugzeuge, die irgendwie zu eckig und zu Brüste und Ärsche der Schauspielerinnen und bescheuert an wie die Opern, die sich lang aussahen, aus denen die Bomben im Trockeneis-Nebelgewabber. Hilda manchmal im Fernsehen ansah. Am

14 DIE REFERENTIN Tag als der Regen kam, lang ersehnt, heiß erfleht, klang wie ein schlechter Witz in dieser feuchten kalten Donau- und Voral - penlandschaft. Aber da sah wenigstens die Sängerin auf dem Single-Cover, das innen an die Glaswand der Musicbox geklebt war, geil aus, ganz anders als die Frauen und Mädchen im Dorf. Zaghaft und anfangs kaum wahrnehmbar kam die Rockmusik in die Provinz. Neben Connie Francis und Dalida und Wanda Jackson und den Oberkrainern tauchte was auf in den Musicboxen, das anders klang. Jack the Ripper von Casey Jones, Keep on running von Spencer Davis, Paint it black von den Rolling Stones. Es gefiel Charly, weil es die Alten deutlich sichtbar ärgerte, wenn man eine Fünf-Schilling- Münze einwarf und fünf mal hintereinan - der Led Zeppelins Whole Lotta Love lau - fen ließ, stellt die Negermusik ab!, brüll - ten sie im Wirtshaus. Aber zu einem Fan, einem fanatischen Anhänger, machte es Charly nicht. Dann hörte er das erste Mal Edgar und seine Band. Und sah ihn. Im Fernsehen, im Beat-Club aus Bremen. American boy soldier hieß der Song. Fasziniert saß er vor dem Bildschirm und wusste sofort: Das ist etwas anderes. Die meinen es ernst. Da geht es um mehr als bei den Troggs und Zu Zeiten, als ihn der Rock’n’Roll rettete … Foto Walter Kohl Tremeloes und Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick und Tich. Es musste um Vietnam gehen, um Krieg jedenfalls, die Panzerattrappe, das viele Yes Sir-Gerede ließen keine andere Inter - Faustfeuerwaffen für Kinder. Meist Revol - lierband umwickelten. Mit Schleifpapier pretation zu. Doch Vietnam war Charly ver, möglichst langläufig, in Halftern aus rieben sie den Rost von den Klingen, egal. Was ihn gebannt zusehen ließ, war Kunstleder an breiten Gürteln mit rund - schärften sie mit Wetzsteinen, die die Bau - der erste Satz, den er von Edgar Brough - um laufenden Schlaufen für die Patronen, ern für ihre Sensen benutzten. Und dann ton hörte. Der erste Frage in dem Song: wie sie die Cowboys in den Wildwestfil - zogen sie durch die Gegend, rechts am Pa - What d’you wanna do boy? Genau. Das men trugen, am beliebtesten waren silbern tronengürtel die silbernen Colts, links die war es. Das war die Frage. DIE Frage. lackierte Colts mit Griffschalen aus rotem Bajonette, und fühlten sich für eine Weile ... Plastik, darauf als flache Reliefs Köpfe stark und sicher. von Pferden oder Indianerhäuptlingen im Eigentlich waren wir auch boy soldiers, Charly konnte die Popmusik nicht ernst Profil, mit wehenden Mähnen. sagte Charly, noch immer den Arm um die nehmen. Es schien ihm Mädchenzeugs zu Die Mütter und Väter hatten nichts einzu - Schulter des Bruders gelegt. sein. Ihm, dem Kind, kam dieses Getue wenden gegen diese Spiele. Es schien ih - Ja, sagte der Bruder, kleine Scheißer mit und Gesinge vor wie Kinderkram. Letzten nen eine Selbstverständlichkeit zu sein für Kapselrevolvern und Jungschar-Dolchen Endes kamen diese Erwachsenen, die sich Buben. Es war gerade ein paar Jahre her, und stumpfen Bajonetten. Und voller seltsam verkleideten und einfache Lieder da hatten die Väter alle Pistolen getragen Angst. trällerten, dem Kind Charly vor wie Kin - und Karabiner. Was sie aber nicht dulde - ... der. Wohingegen er und die anderen ten, und was man vor den Alten verste - männlichen Kinder im Dorf die Erwachse - cken musste, waren echte Waffen. Die gab Ich spüre heute noch ein Kribbeln, so was nen waren, in ihren Spielen. Sie beschäf - es in großen Mengen. Die Söhne der ein - wie Aufregung, wenn ich American Boy tigten sich mit ernsthaften Erwachsenen - stigen Wehrmachtssoldaten fanden Bajo - Soldier höre, sagte Charly. Ich mag dieses dingen. Sie waren Krieger. Soldatenkinder. nette und HJ-Dolche überall in den Wäl - Lied. Kindersoldaten. dern rund ums Dorf. Die Landser hatten Ich mag es auch sehr, sagte Edgar. Da sind Alle Buben trugen Waffen, immerzu, eini - sie weggeworfen, als es vorbei gewesen so viele Geschichten damit verbunden. ge schon vor Erreichen der Schulpflicht. war, damals im Mai. Es war bei den Konzerten die langsame Spielzeugrevolver, Stoppelgewehre, Luft - Die Klingen waren rostig, und die Heft - Nummer. Die Fans warteten darauf. Aber druckgewehre. Auf den Kirtagen in den schalen fehlten meistens. Die Buben nicht weil es die Ballade war, die jede umliegenden Dörfern gab es mehrere schnitzten flache Holzstücke, die sie an Rockband im Repertoire hatte. Sondern Stände, die nichts anderes verkauften als den Griff klebten und dann dick mit Iso - weil es den Leuten, die den Song hörten

DIE REFERENTIN 15 … der Autor Walter Kohl 1973 on the Road. Foto Walter Kohl

und ihn mochten, etwas bedeutete. Das ste Gitarrenakkorde, dann ein paar hinge - nicht nett, sie schicken mich heim, die Lied galt als das Underground-Protestlied tupfte Klopfer auf den Becken, anschwel - Knochen zerschossen, Arthur und Steve gegen den Krieg. Doch es verbreitet keine lender Trommelwirbel wie bei Militärmu - pfeifen dazu und spicken Edgars Zy - Parolen, verkündet keine Botschaften. Es sik, so fängt es an. nismus – lasst mich euch erzählen, was für legt einfach los wie ein kleiner Sketch, Also, die Version, die Charly und sein ein gutes Leben die Army einem jungen eine Vertonung des damals in vielen Ju - Bruder an diesem späten Märznachmittag Mann bieten kann – mit la-la-la und shoo- gendzimmern und Wohngemeinschaften 1970 im Fernsehen sahen, beginnt so. bee-doo-wah und Zeilen aus Baby Love hängenden Posters vom klischeehaft dar - Magst du die Farbe Grün? Davon gibt's von den Surpremes. gestellten Uncle Sam mit den bösen ste - massenhaft dort, wo du hingehst! Magst ... chenden Augen, der mit dem Zeigefinger du kleine gelbe Menschen? Möchtest du wie mit einem Revolver auf den Betrach - nicht ein paar umlegen!? Möchtest du in In jener Zeit, als Charly und sein Bruder ter zielt, I want YOU for US-Army! den Krieg ziehen? Und Arthur Grant sagt das erste Mal auf den Platten - Zwei Stimmen, ein Rekrutierungswerber, nur noch und immer wieder, oh ja Sir, bit - teller legten und sich American Boy Sol - der einem unbedarften gelangweilten Jun - te Sir, bitte Sir, und Steve Broughton trom - dier wieder und wieder anhörten, war die gen das Soldatenleben schmackhaft melt heftig los, aber nur ganz kurz, gleich Edgar Broughton Band auf Tournee, macht, das ein Held-Sein, ein kurzer Dia - wird aus dem Ganzen ein folkiges nettes unterwegs in ganz Deutschland. log wie auf einer Theaterbühne, sparsam - Liedchen, aber was Edgar singt, ist gar Da ist diese Geschichte mit amerikani -

16 DIE REFERENTIN schen Soldaten, sagte Edgar. Wir hatten Schwierigkeiten mit dem Tour-Manage - é Buchpräsentationen am 20. April im Tunnel drei Gigs in einer Woche, ich weiß die ment, da gab es Streitereien wegen Ab - Wien und am 25. April im StifterHaus Linz. Orte nicht mehr, in Bonn war einer, und rechnungen, unangenehme Geldgeschich - An beiden Abenden wird Edgar Broughton die anderen recht nahe. Darum waren wir ten. Der Löwe und der Tiger redeten von persönlich das musikalische Begleitprogramm die ganze Zeit im selben Hotel, was auf Vietnam. Was sie dort getan hatten. Es gestalten. Tour sonst nicht oft vorkommt. Irgend - waren schlimme Dinge. wann mal wollten wir was rauchen, wir Die beiden waren Killer, sagte Edgar in haben einfach Typen gefragt, wo kriegen der oberösterreichischen Terrassennacht. wir hier Gras oder Haschisch. Fahrt in Sondereinsätze. Marines. Oder Navy Se - den und den Ort, haben die uns gesagt, da als, irgend so was. Wirklich üble schlim - hängen immer zwei Schwarze rum, Solda - me Geschichten haben die erzählt. ten, Amerikaner, da kriegt ihr was. Und so Am Tag der Abreise lud die Band den Lö - war es auch. Wir haben die getroffen, sie wen und den Tiger ein zum Frühstücken sind rein in unseren Range Rover. Die ha - im Hotel. Wieder fingen sie an zu schwär - ben einen Chillum dabei gehabt, ein Rie - men von ihren Abenteuern im Dschungel, sending! Apocalypse-Now-Drogentrips voller Ge - Edgar lachte und hob die Hände, um die walt und Mord. Länge des Tonrohrs zu zeigen, dreißig Hey, sagte dann der Tiger. Ihr seid coole „Charly, längst jenseits der sechzig angelangt, Zentimeter mindestens. Oh Mann, stöhn - Typen. Wir mögen euch. Wir kommen zu trifft auf den Helden seiner Jugendtage: Edgar te er, die haben mehr Hasch reingepackt, euch nach London. Broughton, der mit seiner Band in den siebzi - als wir in einer ganzen Woche geraucht Ja, sagte der Löwe. Ihr habt doch dieses ger Jahren Leben und Weltsicht einer Genera - haben. Da hast du dir Schwaden reingezo - Problem mit dem Management. Wir kom - tion von Jugendlichen geprägt hat. In einem gen! Lachte wieder und spielte vor, wie er men und lösen es! trostlosen Dorf aufgewachsen, idealisierte an dem Rohr gesaugt hatte, röchelnd wie Wir machen das für euch, sagte der Tiger. Charly Broughton, der seine Zugehörigkeit zur einer der am Ersticken ist. Und geriet ins Kostet euch nichts. Wir mögen euch. Arbeiterklasse nie verleugnete und für die Schwärmen: Das waren so wunderschöne Ihr sagt uns den Namen von jedem, der raue, politische Facette der Rockmusik stand. Kerle! Absolut fit, muskelbepackt, mit euch Probleme macht, sagte der Löwe, ihr Seine Musik (vor allem aber, was Charly in de - strahlenden Augen. Der Löwe und der Ti - sagt uns, wo er lebt, und dann müsst ihr ren Texte hineinfantasierte) erhob ihn aus der ger, so haben wir sie genannt, sagte Edgar. euch nie wieder Gedanken machen wegen spießigen Idylle in eine größere, mutigere Ge - Die hatten drei Einsätze in Vietnam hinter der Sache. dankenwelt. Nun, Jahrzehnte später, ergreift sich und warteten nun auf den Flug zu - Edgar fiel das Herz in die Hose. Nein, Charly die Gelegenheit und bucht sein Idol für rück in die Heimat. nein, nein, stammelte er, so wild ist das die Geburtstagsfeier seines Bruders. Es fol - Ist irre, Mann, sagten die Musiker, wie nicht, wir regeln das am Zivilgericht. gen Abende, Nächte, Tage, in denen nicht nur schafft ihr das? Wenn du einen überlebst, Danke euch, Jungs, das ist toll - aber wir Edgar sich erinnert, sondern in denen Charly ist es Glück, zwei ist der Wahnsinn, aber wollen wirklich keine Auftragskiller, die lernt, sein Leben ein wenig mehr zu akzeptie - drei!? für die Edgar Broughton Band arbeiten! ren.“ So heißt es im Verlagstext und weiter: Kein Problem für uns, lachten der Löwe Die Fans würden es nicht verstehen. Nie - „Walter Kohl nähert sich in seiner Huldigung und der Tiger. Uns hat es dort gefallen. mand würde es verstehen! n an eine der prägenden Figuren der britischen Die GIs und die Band trafen sich ein paar Rockmusik literarisch an – und erfährt ganz Mal während dieser Woche in der Nähe . Out Demons Out nebenbei seine eigene Geistervertreibung.“ von Bonn. Sie zogen sich den Rauch aus Ein Roman über die Edgar Broughton Band dem Riesen-Chillum rein, und erzählten von Walter Kohl Geschichten, die Musiker über ihre Kon - erschienen im Frühjahr 2017 zerte und die verrückten Fans und die im Picus Verlag, Wien Groupies. Und über ihre aktuellen e g i e z n A e t l h a z e B

DIE REFERENTIN 17 „Don’t Dance with Fear and the Rain will disappear“

Christine Hinterkörner sorgte bereits im Winter mit dem ersten Album „Fat Black Spider“ ihres Avantgarde- Pop-Projekts Madame Humtata in der Musikwelt für Aufsehen. Daniel Steiner hat sie getroffen und fragt nach, was Madame Humptata aktuell betreibt.

Text Daniel Steiner

L’antic Teatre, Barcelona, Foto L’antic Teatre

it einer auf Klavier, Bass und Schlagzeug basierenden Instru - mentierung und von der herausragenden Gesangsleistung MHinterkörners lebend, erntete Fat Black Spider in den Rezensionen der Musikpres - Auf dem Weg ins Studio in Spanien. Foto Privat se großes Lob. Referenzen auf Björk, Soap and Skin bis zu Kate Bush wurden ge - macht. Doch Madame Humtata wird den – gerne in Schubladen kategorisieren - den – MusikjournalistInnen das Leben in Zukunft nicht leicht machen und mit dem sich gerade in Arbeit befindlichen neuen Werk musikalisch gänzlich neue Wege ge - hen. Das Wort Techno steht im Raum!

Gleich vorweg möchte ich anmerken, dass es sich bei diesem Artikel um keine Re - zension des neuen Madame Humtata-Al - bums handeln wird. Die Arbeiten am Werk sind noch im Gange, folglich gibt es für produktionsfremde Ohren auch noch keinen Ton zu hören. Das Erscheinungs - datum des neuen Albums, dessen Titel noch geheim ist, ist für Herbst 2017 anvi - siert. Gespräche mit Labels laufen, Details können hier aus verhandlungstaktischen Gründen selbstredend nicht veröffentlicht Teatre Calderon, Alcoj, Foto Reinhold Bidner werden. Alle meine Informationen über

18 DIE REFERENTIN die neuen Stücke stammen aus einem im ner für Madame Humtata das Experiment Cafe Traxlmayr geführten Gespräch mit wagen, diese Texte mit ihrer Stimme und Christine Hinterkörner. Trotzdem er - ihrer Art zu singen kollidieren lassen. scheint es mir opportun, bereits jetzt zu versuchen, die in mir in diesem Gespräch In puncto Kostüm hingegen greift Hinter - geweckte Neugier durch einige Zeilen auf körner wieder auf eine bewährte Zu - die geneigte LeserInnenschaft zu übertra - sammenarbeit zurück. Basierend auf eige - gen. nen Entwürfen entsteht die oft surreale „Humtata Couture“ gemeinsam mit der Bereits Werner Gröbchen bemerkte zu Fat bekannten Modeschöpferin Daniela Kar - Black Spider, dass „permanente Verwand - linger, die unter anderem auch für die lung und Zurückverwandlung, dieses Konkurrenz wie Lady Gaga tätig war. Be - Hin- und Her, die ständige Häutung und reits fertig ist die „Sculpture of Zig Zag“, Freilegung immer neuer, tiefer und tiefer ein analoges 3D-Kostüm aus Spitzen, wel - liegender Persönlichkeitsschichten“ 1 zen - ches auch als schattenwerfender, orga - tral für das Verständnis des Projekts Ma - nisch-digitaler Kristall oder als dunkle Er - dame Humtata sind. Musik, Choreogra - leuchtung zu beschreiben ist. phie und Kostüme bei der Life-Performan - ce sowie die Videoarbeiten stellen viel - Diejenigen, welche ich erfolgreich mit mehr gleichberechtigte Teile eines Ganzen meiner Neugier angesteckt habe, müssen dar, die zwar auch einzeln für sich genom - sich, wie eingangs erwähnt noch bis zum men funktionieren, ihre ganze Kraft je - Herbst gedulden. Zur Überbrückung der doch erst in Kombination entfalten. Ganz - Wartezeit kann ich aber folgende Projek - heitlich betrachtet könnte also auch der te, bei denen Christine Hinterkörner mit - angekündigte radikale musikalische Para - wirken wird, empfehlen: „End of the digmenwechsel Madame Humtata an sich Rain“, ein interdisziplinärer Ausbruch ba - gar nicht so radikal verändern wie zuerst sierend auf Texten aus dem Buch „Poems gedacht. for Anarchy“ von Patrik Huber im Rah - men des Tanzhafenfestivals am 29. Mai in Christine Hinterkörner beschreibt die mu - Linz. Und „Wallflowering“, eine Perfor - sikalische Gefühlslage ihrer neuen Arbei - mance gemeinsam mit Iris Heitzinger und ten als großstädtisch, gegenüber einem Franceoise Boillant in der ARGE Salzburg mediterranen, mit Sicherheit ihren häufi - Ottensheim Open Air, Foto Oskar am 8. März. Viel Vergnügen! n gen Barcelona-Aufenthalten geschuldeten Grundgefühl der Fat Black Spider- Zeit. 1 www.be24.at/blog/entry/651693/ Fast-Forward statt Laid Back, eine Auf - madame-humtata-fat-black-spider forderung zum Ausbruch durch Tanz. von Grenzen. Im Schaffensprozess eines 2 Als Nebenprojekt ist eine spätere Veröffent - Komponiert am Klavier funktionieren die Lieds steht daher der Text an der zweiten lichung in reduzierter Version angedacht neuen Stücke auch als Songs 2, die elektro - Stelle, nicht von der Wertigkeit, sondern nische Umsetzung erfolgt erst in einem ganz profan in der Reihenfolge des Ma - Daniel Steiner ist Musiker, Schreiberling und TV- weiteren Schritt. Hier kommt wie bereits chens. Während sie die Texte der Fat Moderator und im Brotberuf Sozialbetreuer. beim Debüt-Album Jazzpianist Michael Black Spider- Songkollektion selbst schrieb, Hornek als Produzent ins Spiel. Die Inspi - werden diese beim neuen Album von Pa - ration für die Kompositionen bezieht trik Huber aka Georgie Gold beigesteuert. Hinterkörner von Außen, von neuen Städ - Fasziniert von dessen tiefgründiger bild - ten, Landschaften, durch das Ausloten hafter Sprache wollte Christine Hinter kör -

DIE REFERENTIN 19 Die Unmöglichkeit der Zeit „Ein Sommernachtstraum oder Badewannengriffe im Preisvergleich“: Kurt Palm inszeniert ein Stück, das als Probe für ein Obdachlosen-Shakespeare-Festival angelegt ist. Groteske Zeiten und verstaubte Konventionen: Wer hat an der Uhr gedreht? fragt sich Christian Wellmann angesichts des Stücks und definiert einen DEFCON-Modus „65 Minuten nach 5 vor 12“ am Theater Phönix.

Text Christian Wellmann „Ist es wirklich schon so spät“, trällerte endet abrupt. In „Ein Sommernachts - Aktentasche (und Diaprojektor) zum Pink Panther Paulchen mit dem Cartoon- traum oder Badewannengriffe im Preis - wiederkehrenden Indikator, als Vorbote Clouseau im Vorabend-Fernsehen. Bett- vergleich“, einer dem Geiste des Sozia - zum Tod 1. Seine stoischen Auftritte als hupferl, Zeit vorbei, gute Nacht. Traum - lismus verpflichteten Groteske/Palmeske, DDR-Diavortragender (grandios repetitiv panther gleitet, Roadmovie in den Wolken wird der Slapstick-Inspektor Clouseau mit gespielt von Tom Pohl), der als Clouseau

Im Geiste der untergegangenen Zeiten: Palmeske im Oberstübchen von Österreich.

20 DIE REFERENTIN von der Bühne abgeht, werden zu einer rung „Der Zwerg ruft“ in ebenjenem The - Endlosschleife, in der die Zeit aussetzt. ater Phönix, liegt dieser Zeit-Loop als „Es wird ja immer absurder“, dieser Steh - Verfremdungseffekt im Epizentrum des satz beendet dann stets dieses absurde Zeitlochs, das sich über das ganze Stück Treiben und alles danach scheint unge - erstreckt. Darin werden jegliche Illusionen trübt weiterzulaufen, nichts ist passiert. des Publikums wie ein Rudel Kätzchen er - tränkt. Die Zeit springt von Klippe zu „Wer hat an der Uhr gedreht?“ Im neuen Klippe, von einer möglichen nahen Zu - Theaterstück von Kurt Palm, einer lose kunft (Marslandung), dem Jetzt (Trump- angelegten Fortsetzung der 09-Auffüh - Bezug), einer stehengebliebenen Zeit (So - zialismus/Kommunismus), zur Vergangen - heit (der Original-Sommernachtstraum, das Schwelgen der drei Hauptcharaktere, DDR) bis zur direkten Zukunft des Stücks Foto Christian Herzenberger selbst, das (zu) oft angesprochene Ende Foto Christian Herzenberger des Stücks. Alles von postmodernen Sprenkeln durchzogen, die ebenfalls in der Zeit eingefroren sind. Gitterstäbe der Postmoderne, am Bestehenden fummelnd. Nichts wird unversucht gelassen, die Zeit nachts-Interpretation funktioniert, weil ungreifbar, glitschig zu machen. Darum einem Brocken apportiert werden, die ei - herum schlängelt sich eine vordergründig nen beschämen, vordergründig (absicht - seichte Story mit Kalauern, üppig aufge - lich) platt rüberkommen, provozieren. tischt, wie's sich fürs ländliche OÖ ge - Landestheater-Polemik, OÖN, Stadtwa - hört. Fettig, triefend, die (zu) oft erwähn - che, rechte Hirnstillständler, der gsöchte te Abneigung Palms gegen das konservativ Pforra – mit Genuss bohrt Palm in die eingeschnürte Land ob der Enns schmach - Fontanelle des Jetzt-Zustands, hier, im tet sich am Abgrund des gerade noch Ver - Oberstübchen von Österreich. Den Skan - träglichen vorbei. Der DEFCON-Modus dal suchend, obwohl einem dabei manch - der zentral im Theaterraum hängenden mal auch eine, äh, Face-Palm auskommt Uhr ist auf 1 Uhr festgenagelt, natürlich ob der Pop-Politik mit seichten Schmähs bleibt die Zeit hier stehen, auf 65-Minu - abzulenken, unterhalten um zu vergessen. ten-nach-5-vor-12. Wobei DEFCON 1 = Da wären wir wieder beim Zeitbegriff. Uhrzeit 1 Uhr die maximale Einsatzbereit - schaft bedeutet, alle Truppen werden ein - Episches Theater nach Brecht ist hier ge - gesetzt = Trump-Zeit? Fake Time? nauso drinnen wie Beckett, Flann O’ - Brien, klar, ist ja eh immer bei Palm dabei, Der Begriff der Zeit verschmilzt mit dem aber: Handelt es sich hier eigentlich um ein Ursprungsmaterial Shakespeares. Eine Theaterstück? Oder einen Laienschelmen - Gratwanderung entlang eines verstaubten schwank? Eine zufällige Probe, von zufäl - Kommunismus-Begriffs, den Palm jetzt lig vorbeischauenden Probenden? Den festhalten und in die Gegenwart/Zukunft Versuch einer Probe? Ist die DDR der hier retten will. „Der Sommernachtstraum“ ist auftretende Tod? Auf alle Fälle schimmert Trash-Theater, ein Messie-Versatzstück, ein durchgängiger, jedoch disziplinierter eine postmoderne Zeitkapsel – sie nimmt Dilettantismus durch, alle drei Hauptdar - alles, das direkt greifbar ist (Requisiten) steller (solidarisch: gefühlt gleichlange oder überhöht werden kann (politisches Texte) erblühen in dieser von ihnen abver - Geschäft/Gesellschaft), lädt es ironisch langten Gratwanderung glaubhaft. auf, und wickelt es um das Original-Stück herum. Metafiktion, selbstreflektierend, „Der Sommernachtstraum“ hat als Klassi - ja teilweise selbstverliebt, eitel. Der Über - ker der Laientheater-Inszenierung (im en - raschungseffekt bleibt (zu) oft auf der glischen Sprachraum) immer noch eine Strecke, aber auch das ist wohl Absicht, große Tradition. Reflexionen auf zeitge - um Reaktionen im Publikum zu generie - nössische Irrungen lassen sich treffender – ren. Die Gehirnwäsche in Palms Sommer - zeitlos – bestreiten, wenn sie in klassische,

DIE REFERENTIN 21 erprobte Universalstücke getränkt sind. spenst) staubbewedelt. Im besten Wer-hat- ist ein Probegalopp eines Beschreibungs - Das gibt es schon, seit das Gilgamesch- uns-verraten-Sozialdemokraten-Chic, in versuchs, der nur einen Zweck verfolgt: Epos, das Ursprungswerk der Literatur, Linz täglich Brot, rollt dieser surreale eure dafür verwendete Zeit unabänderlich von griechischen Dichtern geplündert wur - Traum über alles und jeden. Der Tod tanzt an dieser Stelle abzule - de – eines der meist kopierten Stücke über - vor dem Bildnis Stalins, Mekka ist dort, gen. Zum Wiederauffinden und immer wie - haupt, auch William Shakespeare bedien - wo die Toiletten sind. der Zurückkehren, als Mahnmal für ein te sich bei dieser Mutter aller Schriften. nie mehr wiederkehrendes Zeitgefühl. n Mit Konservativem ebensolches in den Probe der Probe: die Vorzüge, die Haupt - Arm kneifen. Im Original sind es Hand - probe des Stücks besucht zu haben und in 1 Aktentaschen-Indikator, humoristischer Versuch, werker, die ein Theaterstück proben, hier der letzten Reihe zu sitzen – hinter einem aus dem Füllungszustand der Aktentasche von sind es drei gefallene Engel, die eine Probe nur Regie und Assistenz – „viel zu leise“, Alan Greenspan schon bei dessen Erscheinen zu einem Obdachlosen-Shakespeare-Festi - „leere Plätze“ (Anm.: 22 leere Plätze bei zur jeweiligen US-Notenbank-Sitzung auf die val im Vereinsheim der KP Linz abhalten der Hauptprobe im frostigen Jänner, glat - späteren Entscheidungen zu schließen. – und mit Tod, Geistern und dem DDR- teisbedingt!), Block gefüllt, Knacken von Clouseau in ebenjenes Zeitloch kippen. Bleistiftspitzen, murmelmurmel ... So ge - Christian Wellmann, Feldmaus auf der Flucht, Dieses Stück im Stück wird dort geprobt sehen war die öffentliche Hauptprobe ei - Entenversteher, sammelt Knochen, die er in seinen (eigentlich nur der Versuch), und steht im gentlich die wahre Premiere, das eigentli - Elefantenfriedhof namens Linz mitnimmt – und Mittelpunkt von Palms Inszenierung. De - che Stück, bzw. eines Stückes, das sich Kurator von NEXTCOMIC. maskierung eines Klassikers mit Lokalko - selbst als Probe definiert, mehr Probe geht lorit, das einen vermeintlich verstaubten nicht, nach dem ersten Mal, dieser Haupt - é „Ein Sommernachtstraum oder Badewannen - Inhalt (Shakespeare) mit dem verstaubten probe, ist’s keine Probe mehr ... griffe im Preisvergleich“ Linz (Athen) und Kommunismus (Ge - Alle Dinge ändern sich. Auch dieser Text Noch bis 9. April im Theater Phönix " theater-phoenix.at

. Claus Harringer hat auf Radio FRO einen Bei - Stadtblick trag übers Stück verfasst – unter anderem ist Foto Die Referentin darin über Kurt Palms Abneigungen gegen die Theaterkonventionen und das Theater an sich zu hören. " fro.at/article.php?id=11934

Kurt Palm liest außerdem im März im Stifter - Haus aus seinem Roman „Strandbadrevolution“. Wir zitieren aus dem Verlagstext: „Im Sommer 1972, in dem die Amerikaner Nordvietnam bombardieren, bereitet Ernst, der sich nach sei - nem Idol von den Rolling Stones Mick nennt, mit seinen Freunden im Strandbad die Revolution vor. Während sein Vater meistens in der Gara - ge beschäftigt ist und seine Mutter die Tief - kühltruhe zum Bersten anfüllt, sollte Mick ei - gentlich für die Französisch-Nachprüfung ler - nen, lässt sich jedoch von zwei bislang im Bad noch nie gesichteten Mädchen ablenken. Doch schließlich endet dieser Sommer nicht nur für Candy, den jüngsten der Freunde, mit einer Ka - tastrophe. Kurt Palm erzählt, wie lange ein Sommer in der Provinz in Österreich sein kann und wie kurz und unerbittlich das Leben.“

é Lesung StifterHaus 16. 03. 2017 19.30 –21.00 h Neue Warnhinweise auf großen Zigarettenpackungen: KURT PALM: „Strandbadrevolution. Roman“ Einkaufen in der Tabakfabrik kann Ihre Gesundheit gefährden!

22 DIE REFERENTIN Von Menschen und Flaggen Mitte März wird bei den Tanztagen im Posthof Helena Waldmanns neues Stück „Gute Pässe Schlechte Pässe – eine Grenzerfahrung“ gezeigt. Die Choreographin und Regisseurin gab – im Vorfeld und noch während der Erarbeitungsphase des Stücks – ein Interview über Flaggen, Grenzen und politische Haltung in der Tanzkunst.

Interview Tanja Brandmayr eweils vier TänzerInnen und agierende Künstlerin. Weitläufige Einflüs - auf ihre Homepage gestellt, auf dem eine AkrobatInnen treffen auf 20 se für ihre ungewöhnlichen Arbeiten durchsichtige Flagge zu sehen ist, die im Mauerbauer – das ist in Kurz - nimmt sie aus der ganzen Welt und aus Wind weht. Ich fand dieses Bild ungemein beschreibung der Plot des unerwarteten Lebensbereichen mit auf die zart und widersprüchlich in einem, gleich - Stücks „Gute Pässe Schlechte Bühne. Anfang März hat das neue Stück zeitig hoffnungsvoll und unheimlich. Viel - Pässe – eine Grenzerfahrung“. in Ludwigshafen Premiere, die Österreich - leicht können Sie verraten, wo sie diese JDahinter und darunter liegt die Ausein - premiere erfolgt kurz danach im Linzer Visualisierung gefunden haben, bzw. wie andersetzung mit Grenzen und Grenz - Posthof. Hier das Interview, die Fragen Sie darauf gekommen sind und ob diese übertritten, mit Tanz, Akrobatik, kultu - hat Tanja Brandmayr gestellt. durchsichtige Flagge auch im Stück vor - reller Differenz und ökonomischer Dis - kommt? krepanz. Helena Waldmann ist internatio - Zum aktuellen Stück „Gute Pässe Bei einem der ersten Treffen mit meinem nal tätige Choreographin und Regisseurin Schlechte Pässe – eine Grenzerfahrung“ Dramaturgen Tobias Staab sprachen wir und gilt als eine mit globalen Themen haben Sie ein etwa halbminütiges Video über Nationalhymnen und Fahnen. Ich er -

Sprungakrobatik während eines Probendurchlaufs. Foto Wonge Bergmann

DIE REFERENTIN 23 Die menschliche Flagge in Helena Waldmanns neuem Stück.

zählte ihm, dass die Akrobaten, mit denen scheint das Thema Grenzen perfekt einzu - Differenz scheint umso nötiger zu werden, ich arbeiten werde, eine „human flag“ fangen: Geld oder Warenströme passieren desto deutlicher wird, dass die Grenze gar performen können. Da „weht“ ein zunehmend ungehindert die Grenzen, nicht oder nur virtuell existiert.“ Ist das Mensch sozusagen wie eine Flagge am Menschen hingegen nicht. Sie sprechen von die Analyse des Jetztzustandes – die große Mast. Vom menschlichen Körper als Fah - guten Pässen, etwa dem deutschen Pass, Ähnlichkeit nach innen, andererseits der nenmaterial sind wir auf transparentes der die Einreise in 178 Länder ermöglicht, Ausschluss, und insgesamt eine unüber - Fahnenmaterial gekommen und so auf die und schlechten Pässen, die das in weit ge - windbare gesellschaftspolitische, kulturel - Künstlerin Edith Dekyndt und ihr wun - ringerem Ausmaß tun. Sie sprechen da - le und ökonomische Diskrepanz? derbares Video „One Second of Silence – von, dass die Bewegungsfreiheit von Men - Ich glaube, es ist immer eine Frage, wie (Part 1) N.Y.“ von 2008. Das Original ist schen von der Kreditfähigkeit ihrer Staats - und an wen die Menschen ihr legitimes Si - 18:29 min lang*. Da ich im Stück mit zugehörigkeit abhängt. Und hinsichtlich cherheitsbedürfnis delegieren. Eine Gren - richtigen „human flags“ arbeiten kann, der Grenzen von den großen zeitlosen ze kann der eigene Gartenzaun sein, aber werde ich in der Inszenierung auf die existenziellen Fragen nach Identität, dem auch die Atmosphäre unserer Erde. Wie durchsichtige Flagge aber verzichten. Widerspruch von Sicherheit und Freiheit. man Grenzen definiert, zumal als stabile Sie schreiben interessanterweise zu Ihrem Gebilde, die sie mit einem kurzen Blick in Diese Ambivalenz der Unsichtbarkeit Stück: „Die einmal errichtete kulturelle die Geschichte ja niemals gewesen sind,

24 DIE REFERENTIN Binnenmarkts oder eines virtuellen Brut - werden, und die sich, wie das bei Jugend - toinlandsprodukts. All diese Kennzahlen lichen normalerweise der Fall ist, gegen - bezeichnen in Wirklichkeit doch nur das, seitig auch ein wenig verachten. Die einen was in die Kasse einzelner Staaten gelangt, machen Show, die anderen Theater. Die während die tatsächlichen Geld- und Wa - einen können erstaunliche Tricks, die an - renströme nahezu ungehindert um den deren nicht. Dafür werden Tänzer vom ganzen Globus reisen. Warum Menschen Staat alimentiert, Akrobaten nach Mög - nicht genauso reisen können, oder nur lichkeit aber nicht. Auch hier wimmelt es analog zum Ansehen ihres Reisepasses, vor virtuellen Grenzziehungen und es ist will mir nicht in den Kopf. Liegt es viel - wohl tatsächlich der Postmoderne und ih - leicht daran, dass sich der Wert eines Pas - rer Idee vom Patchwork zu verdanken, ses in genau dem Maße bestimmt, wie es dass sich die Unterschiede nach Möglich - gerade um die Kreditwürdigkeit eines keit so horizontal wie möglich einebnen Landes bestellt ist? Zumindest ist es doch sollten. Heute hingegen geht es gegen den erstaunlich, dass die Pässe, die einem den Schlachtruf „Alles ist möglich“ wieder Eintritt in andere Länder ohne Visum tüchtig zur Sache. Das Theaterensemble oder mit Visa on arrival erlauben, in der sei besser als eine freie Gruppe. Die Oper Regel von Ländern ausgestellt werden, die besser als der Tanz. Das historisch Ge - auch die internationalen Finanzagenturen wachsene besser als irgendetwas in der im Ranking mit AAA, also top bewerten, Gegenwart Entstehendes. Richtig lachen während die Kreditwürdigkeit afrikani - kann ich da nicht. Und auf der Bühne von sche Länder oder Afghanistan, Syrien „Gute Pässe Schlechte Pässe“ werden wir usw. auf demselben Ramsch-Niveau be - genau diese künstlichen Differenzen weid - wertet sind wie die Pässe ihrer Einwohner. lich ausschlachten.

Als Bühnenkünstlerin lassen Sie zur Ver - deutlichung der kulturellen Differenz Tän - zer und Akrobaten aufeinandertreffen, als symbolische Kollision von unterschied - lichen ästhetischen Überzeugungen und Traditionen. 20 menschliche „Mauerbau - er“ formieren außerdem Menschenmau - ern – oder versinnbildlichen die vierte Wand zum Geschehen an sich … Im Sinne Foto Andreas J. Etter einer Annäherung, etwa, dass sowohl der zeitgenössische Tanz als auch der Cirque Nouveau seine Grenzen ständig erweitert, und sich die Formen ja auch annähern: Ist das ist meines Erachtens eine kulturelle das konkret ästhetisch-kulturell dann Verabredung. Man denkt bei Grenzen doch nicht auch ein Match des eher feinen gleich an Sprachgrenzen, aber nur ein zeitgenössischen Unterschiedes? Das hat Blick in die Schweiz zeigt, dass selbst die - ja auch was Humoreskes? se Grenze nur eine gedachte sein kann. Humor finde ich schön, und angesichts Dabei unternehmen wir doch fast alles, der auch ästhetischen Debatten sehr nötig. um uns dieser Grenzen gewiss bleiben zu Ist das jetzt noch Ballett oder etwa nicht? können. Wir jubeln für Nationalmann - Hat das noch Stil oder wurde er dem zeit - schaften, wir identifizieren unsere Zuge - genössischen Tanz geopfert? Wann wird hörigkeit mit der Farbe unseres Passes – endlich mal wieder „richtig“ getanzt? All was aber, sobald es um die Farbe der Haut diese Erwartungen finden ihren Ausgangs - geht, auch nicht immer zu helfen scheint. punkt in der Ausbildung, also in den jun - Wir versuchen bunt zu sein, aber immer gen Jahren von Tänzern und Akrobaten, Fotos: Skizzen Ausstellungsbeitrag Feminismus und Krawall (f.u.k.) nur innerhalb von Grenzen, und das mei - die nominell zwar, wie in Rotterdam oder bei Kristallin#33 im Salzamt Linz ne ich, gebildet aus tatsächlich völlig vir - Berlin, zusammen studieren, tatsächlich © Feminismus und Krawall tuellen Volkswirtschaften eines virtuellen aber sehr früh zu Spezialisten erzogen " www.feminismus-krawall.at

DIE REFERENTIN 25 Ihre politische Haltung ist unübersehbar, matisiert – und das als klassisches Solo - sich immerhin hoch gearbeitet und ihre re - sie agieren global. Sie hatten ein Stück ballett in gewisser Weise den Verlust der lative Rechtlosigkeit in ihrem Dorf hinter über den Nahostkonflikt, eines über Tex - strengen Form auf die Bühne bringt. Was sich gelassen hatten. Wie sollte ich da nun tilarbeiterinnen in Bangladesch, „Letters treibt Sie um, welche Fragen, welche Bild - die Situation der Tänzer übersehen, auch from Tentland“ handelte von iranischen sprachen – und was sind die Dinge, die Sie wenn es im Stück zunächst um die Ursa - Frauen. Sie arbeiten mit Menschen vor als verbindende Elemente betrachten? chen der globalen Dumping-Spirale geht? Ort zusammen. Wie kommen Sie zu ihren Mich treibt das Nomadische. Die Neugi - Gibt es die denn nicht auch bei uns? Im - AkteurInnen? erde auf den Rest der Welt. Ich habe alle mer mehr gut ausgebildete Künstler Über das Interesse. Meist leite ich, wie in Kontinente der Welt bereist und auf vier kämpfen um einen immer geringer finan - Teheran, einen 1 –2wöchigen Workshop. von ihnen mit meinen Stücken gespielt. zierten Theaterjob. Es fällt mir wirklich Oder finde eine Partnerschaft wie in Manchmal fällt mir auf den Reisen etwas schwer, da die Augen zu verschließen. Ich Bangladesch, eine Tanzschule. Aus der auf, das ich nicht vergessen kann. Ich nen - bin nicht absichtlich eine politische Künst - Auswahl der Teilnehmer dort entwickelt ne das meine „Fundstücke“. Aus diesen lerin. Ich weiß nur nicht, wie man das Po - sich dann das Casting für eine Produk - Fundstücken entwickeln sich oft auch die litische übersehen soll. Manchmal beneide tion. Auch für „Gute Pässe Schlechte Päs - Themen für meine Tanz-Inszenierungen. ich Künstler, die das können und sich für se“ wurde ich bei einer Tänzer-Audition in „BurkaBondage“ zum Beispiel beruht auf die übrige Welt gar nicht interessieren. Berlin fündig. Bei den Akrobaten war es Workshop-Erfahrungen in zwei so unter - allerdings etwas energie- und zeitaufwen - schiedlichen Ländern wie Japan und Af - Die abschließende Frage: Sie befinden sich diger. Ich bin ein Neuling in dieser Szene, ghanistan. Die Zuschreibungen, die bei zum Zeitpunkt des Interviews noch in der bekam hier aber Hilfe von Anke Politz, uns etwa das japanische Shirbari, also Stückerarbeitung. Wie entwickelt sich das der Geschäftsführerin des Berliner Thea - Bondage, und die Burka in Afghanistan Stück, wie geht es Ihnen persönlich mit ters Chamäleon, um an die richtigen Ar - erfahren, hat nicht unbedingt etwas mit dem Status Quo der Erarbeitung? tisten heran zu kommen. Bis ich die vier der Wirklichkeit zu tun. Zuschreibungen Gut, danke der Nachfrage, sehr gut, weil Akrobaten gefunden hatte, die sich auch sind etwas Trennendes. Guck mal, die das Stück von Neugierde angetrieben auf mich einlassen konnten, das hat län - unterdrückte Frau unter der Burka. Guck wird, von der Lust, Neues von Tänzern ger gedauert, was vor allem am System mal, die gefesselte Frau, total das Opfer. und den Akrobaten zu lernen, von Zeitge - der Akrobaten liegt. Ein Artist arbeitet in Zuschreibungen trennen. Das ist ein As - nossen, die sich etwas trauen, die etwas der Regel mindestens 3 Monate, oft aber pekt, der mich auch bei „Gute Pässe wagen, die etwas riskieren. Jetzt tun sie es auch 6 Monate lang en suite an einem Va - Schlechte Pässe“ interessiert. Was, wenn mit mir, aber an allen anderen Tagen auch rietétheater. Man kann ihn also für einzel - nicht Unterstellungen, bringt Menschen ohne mich. Ich bin ziemlich elektrisiert ne Vorstellungen an verschiedenen Orten dazu, überhaupt Grenzen zu ziehen? Und von einem Team, das sich schon am ersten gar nicht engagieren, da sie sich aus ihren was, wenn nicht die Suche nach dem Probentag getraut hat, mit wildfremden täglichen Vorstellungen nicht verabschie - Glück oder die Phänomenologie des Ver - Menschen, die ich als „Mauerbauer“ ein - den können. Es gibt aber Akrobaten, die gessen treibt uns an? fach mit eingeladen habe, umzugehen. ihr starres System satthaben – und die hab Was übrigens verblüffend einfach war. Sie ich jetzt in meiner Gang. Vielleicht können Sie über das Verhältnis haben sich einfach menschlich einander des Ästhetischen und des Politischen ein genähert und herausgefordert. n Welche Beziehungen entstehen während, paar Worte sagen? Ihre Bühnenarbeiten oder auch nach einer Stückerarbeitung? sind, wie oben angedeutet, thematisch Helena Waldmann: " www.ecotopiadance.com, Da ich von beteiligten Künstlern immer und global weit gestreut, bleiben dabei " www.helenawaldmann.com erwarte, dass sie an der Autorenschaft des aber auch selbstreflexiv auf den eigenen * Die im Interview erwähnte durchsichtige Flagge Stücks beteiligt sind, wird unsere Bezie - Bühnenkosmos bezogen, sind Ästhetik, der Künstlerin Edith Dekyndt hung in den meisten Fällen sehr eng und Analyse und Wagnis – oder in der Gegen - " vimeopro.com/user15725279/edith/video/ vertraut. überstellung auch Provokation. Bei 65647087 „Made in Bangladesh“ haben Sie etwa Was die Formensprache ihrer Arbeiten an - auch die harte Arbeit der TextilarbeiterIn - é „Gute Pässe Schlechte Pässe – belangt: Empfinden Sie sich selbst als eine nen dem westlichen TänzerInnenprekariat eine Grenzerfahrung“, Helena Waldmann: Art Grenzgängerin, in dem Sinn, dass Sie gegenübergestellt. Der sich emanzipieren - 14. März, 20 Uhr, Posthof Linz derartig verschiedene künstlerische Stil - de Mensch als das politische und ästheti - Das Stück wird innerhalb der Tanztage Linz mittel einfangen, tänzerische Stile, thea - sche Thema schlechthin? gezeigt. tralische Mittel? Ich meine etwa „Glück - Das ist nicht falsch. In „Made in Bangla - Alle Stücke: " www.posthof.at Stück“, das die starke Macht des tänze - desh“ ging es um Textilfabriken, um die risch-theatralen Ausagierens feierte, fast Arbeitsbedingungen dort, aber es war anarchisch wirkend – im Gegensatz zu doch ein Stück für Tänzer, denen es oft „revolver besorgen“, das die Demenz the - nicht besser ging als den Näherinnen, die

26 DIE REFERENTIN Die kleine Referentin Auflösung, siehe Seite 31 ster Linie eines: jene Parameter, die definieren, gar nicht zugetraut“ öffentlich verabschiedet was „führen“ in der gegenwärtigen Arbeitswelt wird. Und der Betreffende das nicht einmal bedeutet, geben nach wie vor Männer vor oder böse meint. Und die betreffende Frau einmal jene Frauen, die es nach männlichen Kriterien mehr ihre Stärke beweist, indem sie den Satz „geschafft“ haben, sich dadurch Männern nonchalant überhört. Und dennoch bleiben gegenüber als „gleichwertig“ bewiesen haben Aussagen wie diese nichts anderes als Beispiele und demzufolge als befähigt wahrgenommen für einen strukturellen Sexismus, der Frauen werden, anderen Frauen in einer männlich do - damit beschäftigt hält, sich aus einer Schublade minierten Welt der Führungskräfte Ratschläge nach der anderen zu befreien. zu geben. Dass diese Kriterien, die „beruflichen Generell gilt: Bevor ich über Frauen, die nicht Erfolg“ oder „Karriere“ definieren, obsolet sein nach überkommenen Kriterien „führen“ wol - könnten, daran wird kaum ein Gedanke ver - len, urteilen möchte und darüber, ob sich eine … some women actu - schwendet, im Gegenteil werden mit solchen Quote für Frauen unter Umständen auch nega - ally find it attractive … Studien und Aussagen Grenzen des beruflichen tiv auswirken könnte, will ich erst einmal Aufstiegs manifestiert, Grenzen, die bei Kinder - hinterfragen, auf welcher Basis eigentlich die Frau weiß gar nicht, womit sie diesmal diese wunsch oder Wunsch nach Arbeitszeitverkür - Jahrhunderte lang etablierte Männerquote sich Kolumne beginnen soll – es tut sich ja so wahn - zungen als „typisch weibliche“ Defizite be - legitimiert und ob der angeblich „männliche“ sinnig viel auf dem Parkett der Frauenverach - zeichnet werden, die durchaus auch abwertend Führungsstil noch adäquat ist in einer Welt, die tung, und nicht immer ist sie auf den ersten auf Männer angewandt werden, wenn diese eigentlich nichts weniger braucht als dünnhäu - Blick als solche erkennbar. Immerhin steht ja sich zum Beispiel für eine längere Karenzzeit tige, „typisch“ männliche Autokraten. auch der Internationale Frauentag vor der Tür, oder verkürzte Arbeitszeiten entscheiden wür - Er sei für eine 100% Quote für Frauen in allen Tageszeitungen werden womöglich einen Tag den. Von Rahmenbedingungen, die die Kompe - Gremien, Interessensvertretungen, Regierungen lang ausschließlich die weibliche Schreibweise tenzen, Bedürfnisse und Lebensentwürfe aller und Aufsichtsräten, meinte ein Freund kürzlich. verwenden (und werden damit ungewollt mani - Geschlechter ernstnehmen und mitdenken wür - Denn, wenn eines klar sei, dann: „Wir haben es festieren, wie ungewöhnlich dies ist, „Zurück den, sind wir weiter entfernt denn je. (Auch verkackt“. Es sei, betont er, spätestens nach zur Normalität!“ würde es Heinz Mayer* ver - dank manch konservativer Jungpolitikerin, die Trump wohl für jeden sichtbar, wie wenig weit zweifelt formulieren). Und es werden wohl er - bei frauenpolitisch relevanten Themen offenbar Männer die Welt im positiven Sinn gebracht neut erschreckende Zahlen veröffentlicht zu eher an Heidi Klum als an Johanna Dohnal hätten. Und wie möglichst schnell sie ihnen ent - Themen wie: Frauen auf der Flucht, Mädchen denkt.) Es heißt: Frauen, lernt von Männern, rissen werden sollte. Bis es soweit ist, richte ich in die Technik, häusliche Gewalt und gläserne die machen’s richtig. Da wird nicht Kritik an mich an Facebook-Seiten wie Man who has it Decke. Zu letzterem Thema haben an einem starren Bedingungen formuliert, sondern Kritik all immer wieder auf. Es ist das Gegenteil der Wochenende bereits im Februar zwei Artikel an jenen Frauen (gleichermaßen dadurch auch gutgemeinten „für-einen-Tag-gendergerechten- versucht, mich darüber zu informieren, weshalb an „führungsunwilligen“ Männern), die sich Schreibweise“ am Internationalen Frauentag. wir auf Geschlechtergerechtigkeit in österrei - nicht einlassen wollen auf ein uninspiriertes, Es ist böse, sarkastisch und sexistisch. Nur in chischen Führungsetagen noch länger warten phantasieloses und sehr unmodernes Bild einer die andere Richtung halt: To all intelligent men. werden. Einer war im Karriereteil des Standard „Karriere“ im klassischen Sinn. Im Rahmen ei - Don’t be AFRAID of your Intelligence. It’s OK zu finden, wo eine Studie aus dem Jahr 2016 ner so engen Denke können Frauen also nur to be a man and be intelligent. Some women ac - präsentiert wurde, die darlegt, dass „Frauen gar führen und reüssieren, wenn sie es den Män - tually find it attractive.** n nicht führen wollen“ (Frauen haben weniger nern gleichmachen, oder gar die „besseren Selbstbewusstsein. Frauen steuern weniger be - Männer“ sind, um gleich noch ein nicht totzu - Wiltrud Hackl ist Journalistin, Autorin und wusst eine Führungsposition an). In der Tages - kriegendes Stereotyp zu bemühen. Unter diesem Moderatorin. zeitung Die Presse rät ein Human Resources Gesichtspunkt wird nachvollziehbar, wie es Berater im Rahmen einer Diskussion zur „glä - passieren kann, dass eine sehr erfolgreiche Frau * Heinz Mayer und Eva Blimlinger über das sernen Decke“ Frauen, doch „ruhig einmal nar - nach über 10 Jahren in Führungsverantwortung Binnen I, ORF 2, ZIB 2, 15. 7. 2014 zisstisch“ zu sein. Beide Beispiele zeigen in er - mit den Worten „Das haben wir dir zu Beginn ** Man who has it all, facebook, 4. 11. 2015 e g i e z n A

e t l h a z e B

28 DIE REFERENTIN hinaus um die Lungen in ihrer Arbeitsleistung zu fordern und die Zellen mit ausreichend Sauerstoff versorgen. Seine Grenzen erkennen. Außer Atem kommen. Entgiftendes Schwitzen. Körperlich müde werden und in der Nacht in einen daraus resultierenden tiefen regenerativen Schlaf ver - sinken. Aus diesem erfrischt aufwachen und frohen Mutes in den Tag star - ten.

Auf einen Tag im Jahr freue ich mich besonders. Den Weltfrauentag am 8. März. Liebe Frauen, nehmen wir uns Zeit für unsere Rechte! Österreich schließt sich dem globalen Frauenstreik an und verbündet sich mit allen Frauen dieser Welt. In der Linzer Innenstadt stößt die Allianz Feminismus & Krawall kraftvoll und lautstark ins selbe Horn: Aus!!! Es reicht! n Zeitbasiertes Kegeln, Schnappatmung Andrea Winter, krawall-feministische SKVrau mit sportwissenschaftlichem Blick. Neuerdings gibt es auf der Kunstuniversität Linz ein Institut für Sport. Ein Sportinstitut auf der Kunstuni? Wird die tägliche Turnstunde zuerst an é 1. Linzer Bikerinnen* Gang „FMC Cobra “ den Universitäten umgesetzt?! Nein, die Zeitbasierten Medien und ihre trifft sich zur 1. Ausfahrt am 8. März 2017 um 15.00h beim Musiktheater. ProtagonistInnen wollen sich zerstreuen. Und sie wollen ins Gespräch Über den Martin-Luther-Platz gehts zum Hauptplatz, wo wir die Ausfahrt mit kommen. Unverbindlich und offen wird am Gang an der installierten Ke - Feuer und Flamme gesellig ausklingen lassen. gelbahn nach der Lust am Scheitern und der Freude am Erfolg gefragt. Die Antwort liefert eine selbstgebastelte Bowlingkugel. Sie demontiert U-ma - tic-Kassetten, die als Kegel dienen – mit ungewissem Ausgang. Altes wird umgestoßen. Doch das Umstürzen des Alten droht in den Gebärden des Neuen wieder aufzublühen. Das Alte verfestigt sich im neuen Gewand. Wir brauchen uns keine Gedanken mehr zu machen, wie unsere Großel - tern gehandelt haben, wir erfahren es jetzt am eigenen Leib. Unmittelbar, NEXT COMIC unverhohlen, ein Schlag ins Gesicht. Sport als Zerstörung. Als Vorberei - " www.nextcomic.org tung auf den Krieg. Als Vorbereitung zur Politikform der Leistung und des Kampfes im alltäglichen Leben. Kommentiert mit zeitbasierten Medien. Anna Haifisch ist eine der featured artists beim Festival Next Comic, das von 16. –24. März in Linz stattfindet. Wir haben sie im Salzamt besucht, wo sie im Uuuups, nein, ganz falsche Schiene … sondern: Sport als eine Kulturtech - Februar und März Artist in Residence ist. Anna Haifisch hat uns für die Refe - nik der Zerstreuung. Prozessorientiert an der Freude am Tun und am so - rentin einen Comic zur Verfügung gestellt, der aus ihrer Artists-Serie stammt. zialen Miteinander. In der entspannten Zerstreuung kommen wir ins Ge - Wir können verraten, dass Sie sich selbst, im Gegensatz zum dargestellten spräch und suchen das Verbindende im Gegenüber. Gelebte Völkerver - Artist, im Salzamt sehr gut aufgehoben fühlt. " hai-life.com. ständigung am Gang der Kunstuniversität.

Eine Völkerverständigung der anderen Art liefern sich chinesische Marti - al Arts und afghanische Frauen. Sie lehnen sich gegen das ultrakonserva - tive Denken und die zerstörerischen Einstellungen gegen Frauen in ihrem Land auf und wollen sich nicht weiter beherrschen lassen. Die Trainerin Seema Azimi will durch das Unterrichten der Kampfkunst Wushu auch das Selbstbewusstsein ihrer Schülerinnen stärken und ruft alle Frauen auf, ihre Fähigkeiten zu erkennen und sich den harten Um - ständen und der Hilflosigkeit entgegenzusetzen. So auch in den Straßen von Kabul, wo Frauen regelmäßig belästigt werden, können sich die Kampfsportlerinnen vor Diebstählen und Übergriffen besser schützen.

Die Frauenverachtung, die die ultrakonservative Herrschaftsform ganz of - fen auf den Tisch legt, versteckt sich in unseren aufgeklärten Breitengra - den meist viel subtiler, kommt gerne durch die Sprache zum Vorschein und enthüllt das heimatliche Denken in einer brachial gewaltigen Elo - quenz auf erschütterndem Niveau. Ist gewaltfreie Kommunikation mit je - nem Gegenüber nicht möglich, so hilft ein schneller Sprint weg, wohin auch immer. Sport als Mittel zur Befreiung und als Selbstschutz zum Ab - wehren von Angriffen. Sexuelle Belästigung ist leider auch bei uns nor - maler Frauenalltag. Ja, meine Damen und Herren, falls sie es nicht glau - ben, so fragen sie doch bitte in ihrem Bekanntenkreis nach ehrlichen Ant - worten. Leider wahr.

Den Körper als sicheren und selbstbestimmten Raum zu erleben ist die Ba - sis gesunder menschlicher Entwicklung. Fehlt diese Erfahrung kann Be - wegung und Sport dies einleiten und der Körper kann und darf wieder fühlbar werden. Mächtiges Stichwort: Atmen! Über die Schnappatmung

DIE REFERENTIN 29 Recht. Alles andere ist falsch. Aber nun zum dem Anspruch auf ein wenig Qualität und Aus - Thema: Die deprimierte Stimmung und resigna - sage, was das Essen selbst betrifft. tive Einstellung resultiert aus Jahren des hoff - nungsvollen Beobachtens der heimischen Me - Sieht man sich das gesammelte gastrojournalis - dienlandschaft, gepaart mit einem ernsthaften tische Potential des sogenannten Landeshaupt - Interesse an gutem Essen und den Menschen, blattes an, so müssen wir folgendes feststellen: die dieses ermöglichen, produzieren, bereitstel - 1. Ein armer Koch, der schon genug Sorgen mit len – und die darüber schreiben. dem ewigen Wirrwarr von Vor- und Nachna - men hat und selbst ein Restaurant betreibt, das Die größte Falle der journalistischen Ausein - wie aus den 70er Jahren gefallen scheint. 2. Ein andersetzung mit KöchInnen, Küche, Nah - Mensch mit einer Art Bobtailfrisur, der ver - Unser Adabei rungsmitteln und kulinarischen Produkten ist sucht, den eigentlich radikalen und politischen das Ego der handelnden Personen. Denn dieses Content der Slowfood-Bewegung auf launiges Slowdude. Ego wird früher oder später durch die Adabei- Weinkostniveau zu senken. Und dies auch bra - Sehnsucht gefangen genommen und ist danach vourös meistert. 3. Eine Dame, die ihre sprach - nur mehr in Fotos gegossen in zweit- oder dritt - beschränkten Tagebucheinträge auf Zeitungs - klassigen Tageszeitungen wahrzunehmen: Idio - papier bringt und sich allen Ernstes beim Pro - tisch lächelnd neben einem Koch in Uniform, filfoto mit einem Küchenutensil ablichten lässt. mit einem hippen Winzer mit neckischer Frisur oder einer coolen Küchenboygroup. Um Credi - Der Slowdude fühlt sich da in Facebookforen bility zu behalten, werden dann noch Fotos und deutlich wohler. Hier wird pragmatisch berich - Berichte von der Qualität eines Schulaufsatzes tet und analysiert – ohne große Umschweife. aus der Gefängnisküche beigestellt. Oder Bild - Oder gefakenewst oder geschleichwerbt, was Nicht nur das Essen ist zum großen Teil strecken mit meist alten, „urigen“ Menschen – das Zeug hält. Aber: Es geht einfach nur ums schlecht. Linz und sein pulsierender oberöster - denen man das harte Leben, aber auch die Essen. Das Adabei-Getue ist – bis auf ein paar reichischer Zentralraum sind auch gastrojour - „echte“ Passion ansieht – in deren genuiner ModeratorInnen der Foren, die gerne etwas nalistische Ödnis. Ja, wieder mal – Grant, Är - Umgebung. Keep it real. Das Niveau wird aber schulmeisterlich kommentieren und auch ab ger und schlechte Stimmung beim Dude. Aber noch weiter runtergeschraubt: Wenn ganze Sei - und an im fahlen Scheinwerferlicht der lokalen darf eine Kolumne eines Dilettanten so sein? Ja, ten über das Wunder der Tischwäsche unter Presse stehen – kein Thema. n sie darf – in Zeiten wie diesen. Und überhaupt: dem Motto „Ich bin für Opulenz“ abgedruckt der Slowdude darf sich das erlauben. Der hat werden. Das ist die völlige Kapitulation vor

30 DIE REFERENTIN Impressum Die Referentin: 2, – Euro/2, – Giblinge Erscheinungsweise: vierteljährlich Dank an: servus.at Die Referentin – Kunst und kulturelle Nahversorgung Herausgeber, Medieninhaber: Verein spotsZ Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Die Referentin ist Redaktion und Gesamtprojekt: Tanja Brandmayr, ein vierteljährlich erscheinendes Printmedium für Kunst und Olivia Schütz. Die Referentin ist ein Kooperationsprojekt kulturelle Nahversorgung von Linz und Oberösterreich – und mit der Zeitung Versorgerin. darüber hinaus. Erscheinungstermin: 3. März 2017 Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von In - AutorInnen dieser Ausgabe: Veronika Barnaš, Silvana seraten haftet ausschließlich der Inserent/die Inserentin. Für Steinbacher, Pamela Neuwirth, Lisa Spalt (Textauszug „Die unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine zwei Henriettas“), Walter Kohl (Textauszug „Out Demons Haftung übernommen. Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Art Out!“), Daniel Steiner, Christian Wellmann, Tanja Brandmayr, der Vervielfältigung bedarf der vorherigen schriftlichen Zustim - Terri Frühling/Elke Punkt Fleisch, Wiltrud Hackl, Andrea Win - mung durch die Herausgeberinnen bzw. durch die UrheberIn - ter, The Slow Dude, Johannes Staudinger. nen. Das Professionelle Publikum dieser Ausgabe: Beni Altmüller, Harald Gebhartl, Philippe Gerlach, Katharina Gruzei, Kontakt: Herta Gurtner, Alexander Jöchl, Angelika Daphne Katzinger, Internet: www.diereferentin.at Andrea Lehmann, Genoveva Rückert, Gitti Vasicek. Mail: [email protected] Postadresse: Die Referentin, Verein spotsZ, Cover: Gertrude Avi (geb. Schlader), 1982, Herrenstr. 7/1, A-4020 Linz Foto: Firma Avi, Wels. „Urfahraner Markt – 200 Jahre Linzer Lustbarkeiten“ Die nächste Ausgabe erscheint NORDICO Stadtmuseum Linz am 2. Juni 2017 Bericht auf Seite 3.

Lektorat: Sandra Brandmayr Layout: Elisabeth Schedlberger 1 Hermann Nitsch – „Orgien Mysterien Theater“ Druck: Landesverlag Wels 2 VALIE EXPORT – „TAPP- und TASTKINO“ 3 Günther Brus – „Kunst und Revolution“ Auflage: 10.000 Stück davon 6.000 Stück Postversand als 4 Marina Abramovic – „Thomas Lips“ Einlage in der Zeitung Versorgerin. 5 Arnulf Rainer – „Übermalungen“ Vertrieb: Für den innerstädtischen Vertrieb hat die Redaktion den Fahrradbotendienst VeloTeam engagiert. Die Referentin wird gemeinsam mit der Zeitung Versorgerin vertrieben. Die Referentin liegt in diversen kulturellen Institutionen und anderen Szene-Knotenpunkten in Linz und darüber hinaus ständig auf. Watch out. Die Referentin kommt außerdem mit der Versorgerin gratis Die Referentin wird gefördert von der Stadt Linz (den Res - ins Haus! Bestellungen unter: [email protected] oder sorts von Eva Schobesberger, Christian Forsterleitner und [email protected] Doris Lang-Mayerhofer) – und dem Land OÖ.

Fotos: Skizzen Ausstellungsbeitrag Feminismus und Krawall (f.u.k.) bei Kristallin#33 im Salzamt Linz © Feminismus und Krawall " www.feminismus-krawall.at

DIE REFERENTIN 31 Manner-Wafferl, ein Apferl und rasierte Beine

Über seine frühe und spätere Leidenschaft für den Radrennsport unterhält sich Johannes Staudinger mit Andreas Baumgartner, der auch Leiter des Theaters des Kindes ist.

Text Johannes Staudinger Wie viele Jugendfahrer wart ihr? Zwei, drei. Ganz wenige, ...

Wie lange bist du dem Radrennzirkus treu geblieben? Bis 1993, 1994. Das war die brutale Zeit, wo EPO gekommen ist (Anm. Red: EPO wurde als Dopingmittel verwendet). Ich bin dann in meinem zweiten Junioren-Jahr, dieses Erlebnis erzähl ich immer wieder, am Start der Dusika-Tour gestanden und neben mir stand ein Pole oder ein Bulgare, so genau weiß ich das nicht mehr. Ich blickte auf die Seite, sagte Hello!, woraufhin mein Gegenüber langsam den Kopf hob und mich mit starrem, leerem Blick nicht mehr aus den Augen ließ. Dann gab es den Startschuss und die sind gefahren wie die Wahnsinnigen.

Die jungen Fahrer wurden damals mit EPO versorgt? Andreas Baumgartner (links) mit Harald Bodingbauer im Stück „Am Anfang“, Das kann ich nicht sagen, ich weiß nur, dass damals einiges nicht Foto Theater des Kindes mit rechten Dingen zuging! Ich selber hab mir viel erkämpft, von der Technik her hat alles gepasst, aber ich habe nicht unbedingt die besten körperlichen Voraussetzungen gehabt. Ich wusste, ich kann in Österreich mitfahren, vielleicht einmal mit viel Glück raußen ist es noch Winter bei null Grad Cel - eine Österreich-Rundfahrt fahren, aber mehr auch nicht. Das war sius, einige wenige huschen am Cafehaus in es mir dann einfach nicht mehr wert. der Herrenstraße mit ihren Rädern Richtung Frühling vorbei. Drinnen, im Warmen sitze Wie hast du das Band zum Radsport aufrecht gehalten, oder hast ich bei kubanischer Musik, Hundegebell und du einen totalen Schnitt gemacht? Kaffeetratsch mit Andreas Baumgartner. Wir Ich machte einen totalen Cut. Aber ich blieb immer am Radsport Dführen ein Gespräch über Andreas’ Engagement im Radsport und interessiert. Zum Beispiel war die Tour de France im Fernsehen über seine Arbeit als Theatermacher und Schauspieler. ein Fixpunkt im Sommer, oder auch die Österreich-Radrund - fahrt. Mit welchem Alter hast du begonnen Rennen zu fahren? Mit 17, so um 1990, 1991, relativ spät. Wie kamst du dann zu Schauspiel und Theater? Wir gründeten eine Amateur-Theatergruppe in Schwanenstadt. Du bist also in einem Alter eingestiegen, wo man eigentlich be - Dort haben wir u.a. „Die Munde“ von Felix Mitterer gespielt. ginnt auszugehen! Was hat dich grundsätzlich zur Entscheidung Ein Jahr später machten wir dann noch eine Lesung. Danach ent - gebracht, dich für den Radrennsport zu interessieren? schied ich mich, die Aufnahmeprüfung in Linz zu machen, wo ich Mein Bruder ging in eine Lehre. In der Berufschule hatte er einen sofort aufgenommen wurde. Von 1996 bis 1999 studierte ich Kollegen, der ist beim RC Lambach gefahren. Mein Bruder hat dort Schauspiel. Währenddessen haben wir in Linz unsere eigene mir immer von diesem Radfahrer erzählt, dass der zum Beispiel Theatergruppe gegründet, die hieß „TheaterUnser“. am Morgen zum Frühstück immer ein Packerl Manner-Wafferl und einen Apfel aß. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mir Wer war da noch dabei? irgendwann ein Rennrad kaufte. Rudi Mühllehner, Karl Lindner und Henry Mason. Henry ist jetzt wieder in Linz und macht bei mir im Theater des Kindes eine In - Konntest du dir das Rennrad gleich selber leisten? szenierung. Nach der Gründung der Gruppe haben wir gleich viel Ich glaube, es haben mir meine Eltern gekauft und ich hab etwas gespielt. Ich bin ein Kind der Freien Szene. Ich bin nicht nach dem dazugezahlt. Ich bin dann gleich nach Lambach zum Radgeschäft Studium in die Freie Szene, sondern während des Studiums. Wir Grassinger gefahren und hab gefragt, ob ich nicht beim Lamba - waren sehr aktiv und ich habe extrem viel gelernt, vor allem auch cher Verein fahren könnte? Nach dem ersten Training ist es gleich im organisatorischen Bereich. ratzfatz gegangen und ich war drinnen.

32 DIE REFERENTIN Nun bist du seit 2003 künstlerischer Leiter beim Theater des Kin - des. Was würdest du als eine Besonderheit eures Hauses heraus - heben? Stücke nicht unbedingt so umzusetzen, wie man es erwartet. Her - ausforderungen suchen, gewisse Aspekte aus dem Stück heraus - kitzeln, die uns besonders interessieren, mit Ästhetiken spielen. Wir arbeiten mit vielen verschiedenen Menschen zusammen. Wir holen immer wieder neue Bühnenbildnerinnen, neue Musiker. Wir haben viele Leute dafür gewinnen können, in ihrem Leben erstmals für Kinder zu arbeiten. Wir machen sehr eigene Ge - schichten, zum Beispiel eine Heidi-Inszenierung für drei Schau - spieler. Mit diesem Stück haben wir auch den Stella 2014 gewon - nen, den Preis für herausragendes Theater für Kinder und Ju - gendliche. Dieses Stück haben wir bereits über 150 Mal gespielt. Auch wenn wir Klassiker machen, versuchen wir sie auf unsere Art und Weise umzusetzen. Das ist unser großes Ding.

Wie kannst du fürs Theater des Kindes deine Begeisterung auf - Das Radteam 2017 von Feldbinder Owayo KTM, Foto Privat rechterhalten? Ich hab immer gesagt, solange mir noch was einfällt, solange mach ich diesen Job. Und uns fällt immer noch was ein, es macht Spaß, und es laufen uns immer wieder neue Themen über den 2016 traf ich mich mit meinem Teamkollegen Simon und erzähl - Weg. Es soll sich nicht zu wiederholen beginnen, denn dann wird te ihm, dass ich ein U-23 Elite-Team gründen möchte. Wir schrie - es gefährlich. ben ein Konzept für Sponsoren, ich habe mit den jungen Fahrern von meinem alten Verein gesprochen, ob sie das wollen und wenn Wie bist du dann wieder zum Radsport zurückgekommen? ja, dann ziehen wir das durch. Ich hab den ganzen Sommer Das hat 2011 begonnen. Ich bekam immer mehr körperliche und durchgearbeitet. Ich schrieb hunderte E-Mails, machte hunderte vor allem psychische Probleme. Es stellte sich heraus, dass ich un - Anrufe und bekam hunderte Absagen. Überall hab ich es probiert ter Panikattacken litt. Meine Frau hat mir geraten, professionelle und schlussendlich auch viel aufgestellt. Es war ein langer und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Was ich dann auch tat. Im Sommer mühsamer Prozess, aber im August war dann klar, dass KTM ein - darauf lag ich auf der Couch und schaute Tour de France. Meine steigt. Danach ging es Schlag auf Schlag, und viele weitere Spon - Frau kam zu mir rein und fragte, hast du dich schon mal in den soren kamen dazu. Nun fahren wir als Team FELDBINDER Spiegel geschaut? Ich schnaufte einmal durch und sagte, gut, OWAYO KTM auf internationalem Terrain. dann geh ich Radlfahren. Ich hab mich auf mein Citybike gesetzt und bin losgeradelt. Nach zwei Wochen sagte ich zu meiner Frau, Ihr nehmt im März auch gleich an der Tour of Rhodos teil. dass ich mir wieder ein Rennrad kaufe. In diesem Sommer hab Das wird der Wahnsinn! Dort stehen wir am Start mit Wiggins, ich innerhalb kürzester Zeit 10 Kilo abgenommen. Im Herbst bin Hrinkow, Lotto, also mit richtig starken Continentalteams. 186 ich dann gleich bei einem Radmarathon mitgefahren. Über den Starter! Winter trainierte ich weiter und bin dann wieder in den Rennzir - kus eingestiegen. Das Kirschblütenrennen 2013 war dann wieder Wie viele Betreuer nehmt ihr nach Rhodos mit? mein erstes Rennen. Wir fahren mit allen neun Fahrern nach Rhodos, es dürfen aber nur jeweils sechs starten. Zum Auftakt bestreiten wir auch noch Eigentlich gleich wieder voll in das nächste Szenario rein? den GP of Rhodos. Wir wollten allen die Möglichkeit geben zu fah - Ja, aber das hat mir das Leben gerettet. Ich hab einfach gemerkt, ren. Drei verzichten auf das Tagesrennen, drei verzichten auf die dass ich nach einer Stunde am Rad in einen Flow kam, wo die Rundfahrt. Gleichzeitig machen wir dort auch ein Trainingslager. Gedanken wieder leichter wurden. Somit bin nur ich als Betreuer mit und die drei, die gerade keinen Renneinsatz haben, müssen mithelfen. Das ist gut, denn so wach - Hast du dir zu Beginn gleich wieder die Beine rasiert? sen wir als Team zusammen und jeder sieht, wie es abläuft. Unser Sicher! ... Dank meines Vorstandes und meiner Kollegen konnte Team hat in Österreich sicher eine Monopolstellung, denn nie - ich die Arbeit am Theater für ein halbes Jahr reduzieren. Dadurch mand verschreibt sich so dezidiert der Nachwuchsarbeit wie wir. n konnte ich mich fast ausschließlich auf das Training konzentrie - ren. Ich bin die 13er, 14er und die 15er Saison voll gefahren und Theater des Kindes, " www.theater-des-kindes.at hatte aber dann in der Steiermark ein prägnantes Erlebnis. Bei ei - Team Feldbinder Owayo KTM, " www.rennteam-ooe.at nem Rennen in Hartberg hatte ich plötzlich einen Puls von 208. Ich ließ die Beine hängen, rollte ins Ziel und sagte mir, so Andre - Johannes Staudinger ist Kolumnist in Angelegenheiten rund ums Fahrrad, as, jetzt heißt es wirklich aufpassen. ... Sprecher des Vereins Velodrom Linz und Mitglied der Gruppe MerkerTV.

DIE REFERENTIN 33 Das Professionelle Publikum* Wir freuen uns über die Veranstaltungsempfehlungen von Beni Altmüller, Harald Gebhartl, Philippe Gerlach, Katharina Gruzei, Herta Gurtner, Alexander Jöchl, Angelika Daphne Katzinger, Andrea Lehmann, Genoveva Rückert und Gitti Vasicek.

1. –11.3. 23.3. 20.4.

4.3. 29.3. 25. –30.4. 23.3. 7.3. 6.4. 28. –30.4. 9.,10., 24.3. 11.3. 9.4. . 4 . 9

– 25.3. 3. –6.5. . 3 . 1

1 Jänner bis November 13.3. 25.3. 18.4.

17.3. 19.4. 26.3.

* Das Professionelle Publikum ist eine pro Ausgabe wechselnde Gruppe an Personen aus Kunst und Kultur, die von der Redaktion eingeladen wird, für den jeweiligen Geltungszeitraum Veranstaltungsempfehlungen für unsere Leserinnen und Leser zu geben.

Beni Altmüller sich aus den Mitgliedern, den Räu - Das theatralische Musikfestival, Die erste EP von Slavica wird in arbeitet mit ver - men und der Umgebung autonom bei dem TheatermacherInnen „die der Kapu präsentiert! Kann man schiedenen Me - heraus. Jedesmal faszinierend! Spur wechseln“ und ihre musikali - später erzählen, dass man von dien und Mate - Infos: " www.odeon-theater.at schen Projekte vorstellen. ganz am Anfang dabei war! rialien in ange - Äußerst spannend, unbekannten Infos: " www.kapu.or.at wandten und Harald und bekannten Theatermacherin - freien Bereichen Gebhartl nen dabei zuzusehen und zuzuhö - Sa 04. 03. 2017 03.00–04.00 h der Kunst. Lebt in Linz und im ist Künstlerischer ren, wie sie mit ihrem zweiten Elevate Festival Graz, Dungeon Piemont. Leiter des Thea - Standbein bzw. „anderem Talent“, TCF ter Phönix, Au - Musikprojekte auf die Bühne brin - Eröffnung: Mi 19. 04. 2017 19.00 h tor (20 Dramen, gen und dann rocken und perfor - Galerie der Stadt Traun 1 Roman), Re - men, dass es „nur so kracht“ oder gisseur, Mitbegründer und Akteur „unter die Haut geht“. des Musikprojektes Reanimation- Infos: " www.drachengasse.at de-Luxe, er lebt derzeit in Linz.

Bis So 09. 04. 2017 Theater Phönix TCF auf dem Elevate Festival in „Ein Sommernachtstraum Graz! Einer der interessantesten oder Badewannengriffe zeitgenössischen norwegischen Beni Altmüller im Preisvergleich“ Künstler, Lars TCF Holdhus, des - „Weltbeziehungen“ von Kurt Palm, groteskes Volksstück. sen Praxis neben Coding und Ver - Skulptur und Malerei Reanimation de Luxe DIE LIEBE SCHREIT schlüsselung auch musikalische NACH MEER! eine musikalische Heimsuchung Ausstellung mit einem Kunst- Komposition einschließt, performt vermittlungsprogramm für in Graz auf dem fantastisch kura - SchülerInnen von Lydia Altmann. Philippe tierten Festival. Wir wachsen aus dem Unbestimm - Gerlach Info: " www.elevate.at ten. Die Welt hält uns am Leben. ist Künstler und Dazwischen entwickeln sich Bezie - Fotograf zwi - Katharina hungen, die unsere Bilder malen. schen Berlin und Gruzei Infos: " www.benialtmueller.eu Foto: Christian Herzenberger Linz ist bildende Ausstellungsdauer bis 29. 05. 2017 Weil es weniger Stück, sondern Künstlerin und viel mehr „Sozialskulptur“ ist, mit Sa 25. 03. 2017 21.00 h arbeitet in den 09., 10., 11. 03. 2017 20.00 h genialen, unkonventionellen Dar - KAPU Medien Fotogra - Odeon, Wien stellern. „Zum Niederknien“, wie SLAVICA EP Präsentation fie, Installation, „Das Rauschen der Flügel“ Ferry Öllinger, Karl-Ferdinand Video, Sound und Film. 1. Teil der Serapions-Ensemble- Kratzl, Georg Lindorfer und Tom Trilogie „Fidèles d’amour“ Pohl agieren. Do 23. 03. 2017 19.00 h Ich bin seit der Gründung dieses Infos: " www.theater-phoenix.at Landesgalerie Linz Theaters 1978 ein Fan des Ensem - Buchpräsentation bles und habe fast jede neue Pro - Mi 01. bis Sa 11. 03. 2017 20.00 h WAR ROOMS duktion gesehen. Es folgt keinen Theater Drachengasse, Wien Gabriele Spindler im Gespräch Trends und die Stücke entwickeln „Spurwechsel XII“ mit Katharina Gruzei

34 DIE REFERENTIN ten, die sich mit temporärer Kunst Eröffnung Do 06. 04. 2017 20.00 h Screening: Nina Fischer & im öffentlichen Raum in Verbin - Galerie 20ger Haus Maroan El Sani. dung mit den Medien Fotografie in Ried i. I./Innviertel FREEDOM OF MOVEMENT und Video auseinandersetzen. Da - Elisa Andessner_ Empfehlung für alle, die es im bei spannt sich der Bogen von from the other side Frühjahr in den Süden zieht, denn Klassikern zu aktuellen Werken im das MAXXI in Rom ist schon al - öffentlichen Raum. Sie zeigt, wie lein wegen seiner Architektur einen künstlerische Prozesse auf vielfäl - Besuch wert. Das Video FREE - War Room 6 – Crossing of the Dnieper Diorama, tige Weise in den öffentlichen DOM OF MOVEMENT geht von Katharina Gruzei 2016 Raum eingreifen können und ist dem Marathonläufer Abebe Bikila, Im Dialog mit Gabriele Spindler auf alle Fälle einen Besuch wert! dem ersten Gewinner einer Gold - spreche ich über meine Fotoserie Ausstellungsdauer bis 07. 04. 2017 medaille bei Olympischen Spielen WAR ROOMS, die kürzlich als Infos: " www.maerz.at für Afrika 1960 in Rom aus. Ge - Publikation bei Fotohof edition Elisa Andessner_from the other side meinsam mit Refugees haben Fi - erschienen ist. Für diese Bildserie Elisa Andessner wird im Innviertel scher & el Sani ein Rennen in Kon - habe ich sonderbare Räume im Arbeiten im Zwischenraum von text mit der faschistischen Archi - Museum des Zweiten Weltkriegs Performativität, Raum und Foto - tektur des EUR in Rom (Esposizio - in Moskau fotografiert. Dort tre - grafie zeigen. Schon bekannte und ne Universale di Roma) gesetzt, ten pathetische Kriegsmalereien an auch neue Prints werden im um damit Anspruch auf „freedom den Wänden in einen skurrilen Di - „20ger Haus“, einem offenen of movement“ und positive Auf - alog mit der funktionalen Ebene Raum für Kunst, Kultur und Ex - nahme in einem anderen Land zu des Museums. Mit einem Augen - Jonas Jetty von Marlene Hausegger perimente in Ried i. I. präsentiert. erheben. zwinkern eröffnet die Serie Einbli - Eine gute Gelegenheit für die Lin - Infos: " www.fondazionemaxxi.it cke in die Strategien der musealen Herta Gurtner zerInnen eine spannende Location Re-Inszenierung des Krieges. arbeitet bei außerhalb des bekannten Aktions - Infos: Ö1/Kommuni - radius kennenzulernen. " www.katharinagruzei.com kation, lebt in Ausstellungsdauer bis 29. 04. 2017 Linz/Innviertel/ Infos: " www.20gerhaus.at Eröffnung Di 07. 03. 2017 19.30 h Rom (sooft wie Galerie MAERZ möglich) und Sa 11. 03. bis So 09. 04. 2017 Foto: Daniela Wage - Das Bild als neder-Stelzhammer engagiert sich MAXXI Museo nazionale delle arti temporäre Intervention ehrenamtlich im Kunst- und Kul - del XXI secolo/Rom video installation, Nina Fischer & Maroan el Sani, Die Ausstellung versammelt Arbei - turbereich da und dort! 2017 © VG Bild-Kunst and the artists e g i e z n A e t l h a z e B

DIE REFERENTIN 35 Mi 03. bis Sa 06. 05. 2017 Arlberg. Sie durchmisst das ge - nerie“ von Gabriel Sierra im Unter - hören sind MONOPHOBE (live), Brucknerhaus Linz samte Bundesland in einer geraden geschoß bildet dazu einen sehens - MISCHMEISTER M (live), AN - Festival 4020 – Mehr als Musik Linie. In der Mitte am Boznerplatz werten Kontrast, der ungewohnte DAKA (DJ-Set), DJ ODD (DJ Set) Endlich wieder eine Gelegenheit (Ibk) ist die U-Bahn vom Innsbru - Einblicke in die Institution erlaubt. und als Gast, der Musiker SWE - „Neue Musik“ in Linz zu hören cker Platz in Berlin zu hören. Im Infos: " www.secession.at DE:ART (DJ Set) aus Hamburg. und das bei freiem Eintritt! Lo - globalen Dorf wird am Netz von Shash Records sitzt zwischen den benswert zu erwähnen ist der M. Kippenberger weitergebaut. Stühlen von Glitch und Dubstep Kompositionsauftrag an Judith Infos: und allem, was weltweit dazwischen Unterpertinger mit Text von Mag - " www.joechlTRAGSEILER.com liegt oder Welten entfernt ist. Das dalena Knapp-Menzel, auch wenn Metronom einer Musik am Puls im weiteren Programm die Kom - der Zeit, die noch entstehen will. ponisten wieder überwiegen. Ein guter Platz für vielseitige Infos: " www.festival4020.at Künstler, die offen und bereit sind Ausstellungsansicht Angelika Loderer über den Tellerrand zu schauen Alexander und die Landes- und Genregren - Jöchl Angelika zen hinter sich zu lassen. ist Künstler und Daphne Infos: Kurator. Kunst - joechlTRAGSEILER METRO Fieberbrunn Katzinger " shashrecords.blogspot.co.at referent der Diö - ist DJ, A&R zese Linz und im bis So 26. 03. 2017 beim Musiklabel

Foto: Michael Vorstand der IG Secession Wien SHASH Naumberger Bildende Kunst. Angelika Loderer (o. T.) & RECORDS und © HELGA TRAXLER I Lebt und arbeitet in Wien und Gabriel Sierra, The First photosalonhelga.com freischaffende Linz. Impressions of the Year 2018 Kostüm- und Bühnenbildnerin (During the early days of the mit Atelier in Linz. Jänner bis November 2017 year 2017) joechlTRAGSEILER Eine spannende Auseinanderset - Sa 25. 03. 2017 Einlass 22.00 h METRO – Vom Bozner Platz zung von A. Loderer mit Material - STADTWERKSTATT Di 18. 04. 2017 Einlass 21.00 h durch Tirol nach Innsbruck eigenschaften und den Verände - SHASH RECORDS STADTWERKSTATT Kunst im öffentlichen Raum rungsprozessen der Werkstoffe. LABEL NIGHT THE FUTURE SOUND presents Eine „U-Bahn“ quer durch Tirol Der experimentelle Umgang mit Das Linzer Musiklabel Shashre - LOW LEAF & BAND (LA) mit den Stationen Fieberbrunn, Materialien wird sehr schön im cords zeigt die musikalische Viel - F!NO (DJ SET) Innsbruck und St. Christoph am Obergeschoß inszeniert. Die „Sze - falt der eigenen KünstlerInnen. Zu Die aus Los Angeles stammende e g i e z n A

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36 DIE REFERENTIN Multiinstrumentalistin und Har - Andrea fenvirtuosin LOW LEAF kommt Lehmann nach Linz, um ihr neues Album ist bildende PALM PSALMS: A LIGHT TO Künstlerin und RESOLVE ALL DARKNESS vor - lebt in Linz. zustellen, erstmals mit Band. Die ZuhörerInnen erwartet ein un end - Foto: liches Spektrum an Klängen und Reinhard Winkler Sphären, verwoben mit der überir - dischen Stimme und Genia lität ei - Eröffnung Do 20. 04. 2017 19.00 h ner einzigartigen Künstlerin. Kunstverein Paradigma Die THE FUTURE SOUND Ver - Andrea Lehmann „Getriggert“ anstaltungsreihe sorgt seit 2010 dafür, dass innovative KünstlerIn - nen aus allen Bereichen elektroni - scher Musik ihren Weg nach Linz finden. Monatlich stattfindend und mit hohem internationalen Anteil teilen sich hier weltbekann - te Musikacts mit lokalen Künstle - rInnen eine Bühne – Einzigartig! Foto: Reinhard Winkler Infos: " www.facebook.com/ Das Rudimentäre in der Zeich - thefuturesound.linz nung ist mein Schlüssel zur Frei - " www.lowleaf.bandcamp.com heit. Alles in den Bildern der Aus - stellung ist lesbar und transparent, in der Unmittelbarkeit am stärk - sten. In Darstellungen von Behält - nissen, Vegetativem, Gegenstän - den und „menschlichen Räumen“ treffen und verknüpfen sich ver - schiedene Wahrnehmungsebenen. Zeitgleich zeigt Angelika Ober - hauser im Kunstverein Paradigma e e g g i i e e z z n n A A

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DIE REFERENTIN 37 ihre Siebdrucke. sellschaft und ihr aufklärerisches Mo 13. 03. 2017 19.00–21.00 h Wiederholung, für die Außenfas - Dauer: 21. 04. –19. 05. 2017 Potential – zugesagt. Kunstuniversität Linz, sade des OÖ Kulturquartiers kon - Im Rahmen dieser englisch-spra - Domgasse 1, 4. Stock zipiert und begleitet das Filmfesti - Galerie Hofkabinett chigen Veranstaltung wird auch Remix, not mixup! val Crossing Europe durch die In der Linzer Szenegalerie von die Publikation „CRISTINA LU - Platten release im Abend- und Nachtstunden. Paul Fischnaller wird seit Jahr - CAS“ vorgestellt. Ferran Barenblit Zeitbasierten Wohnzimmer Infos: " www.youtube.com/ zehnten Durchhaltevermögen an spricht nicht Deutsch. watch?v=PTtgLwTrOAw den Tag gelegt. Wer in eine der Infos: " www.ok-centrum.at Linzer Maler- und Künstlerszenen eintauchen will, ist dort gut aufge - Eröffnung Fr 17. 03. 2017 20.00 h hoben. Galerie am Stein/ Infos: " [email protected] Monika Perzl in Schärding Filmstill „Nähe*Distanz“ Werner Reiterer Genoveva Wer bisher noch nie von der Lust Studierende der Kunstuni Linz er - Tipps von Die Referentin Rückert und der intellektuellen Freude mit stellen in der Vorlesung „Soundla - DI E REFERENTIN ist Kuratorin am Werner Reiterer zu scherzen ge - bor & Tonstudio“ (von Wolfgang Kunst und kulturelle Nahversorgung OK im OÖ Kul - kostet hat, dem sei der 2015 fer - „Fadi“ Dorninger) stilistisch Wer - turquartier. tiggestellte Film von Ralph Goertz ke, von Pop bis Sound Art, die sie Fr 24. 03. 2017 21.00 h „Werner Reiterer, Jetzt bloß nicht bei Dr. Dub https://drdub.com, KAPU das Feuer verschütten!“ empfoh - auf Dubplates (Vinylschallplatte) Äffchen & Craigs releasen das Do 23. 03. 2017 19.00 h len. Oder eine Fahrt nach Schär - pressen lassen. Debütalbum „Hop Hop“ + OK Offenes Kulturhaus ding am Inn in die Galerie am Stein. Infos: " www.zeitbasiertemedien. Filmscreening „Februar.Null“ TALK zur Ausstellung Skandal Ausstellungsdauer bis 31. 05. 2017 wordpress.com + The Sicker Boys Normal? und Cristina Lucas Infos: " www.galerieamstein.at Was darf die Kunst? Um über die Di 25. bis So 30. 04. 2017 Einflussnahme von Politik und Gitti Vasicek, Fassade am OK-Platz Medien auf die Kunst zu sprechen, engagiert bei der Experimentalfilm haben sich im Rahmen der Ge - Kunstuni Linz, „Nähe*Distanz“ von Denise sprächsreihe im OK zwei hochka - Feminismus und Mair und Christoph Frey rätige Gäste – Enrico Lunghi & Krawall, dorf Das 42-Stunden-Werk „Nähe* Ferran Barrenblit, beide Museums - TV, Stadtwerk - Distanz“ von Christoph Frey und direktoren und Experten für die statt, feministi - Denise Mair wurde als fünfteilige Stephan „Äffchen“ Roiss & Christoph „Craigs“ Stadler (v. r. n. l.) Reibung zwischen Kunst und Ge - scher Rat. Projektion, ohne eine einzige e g i e z n A

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38 DIE REFERENTIN „Nach langen Jahren allwöchent - Wolfgang Fuchs, die während der licher Vertagung kommen wir drei Tage in den Galerieräumen plötzlich mit einer Überschallplat - des Jazzateliers zu sehen ist. te um die Ecke“, meinen Äffchen Infos: " www.jazzatelier.at & Craigs. „Hop Hop“ hingehen " www.turntabling.firstfloor.org und tanzen, meinen wir. Infos: " dorftv.at/video/26572 " www.interstellarrecords.at

Fr 28. bis So 30. 04. 2017 Wolfgang Fuchs Kammerflimmern Jazzatelier Ulrichsberg Ulrichsberger Kaleidophon Eröffnung Mi 29. 03. 2017 19.00 h 2017 Galerie Forum Wels Zehn Konzerte mit aktueller Mu - „Vor und Zurück“ sik aus den Bereichen Jazz, Neue Unter dem Titel „Vor und Zu - Musik und Improvisation stehen rück“ werden Arbeiten von Alen - auf dem Programm der 32. Ausga - ka Maly, Bibiana Weber und Edith be des Ulrichsberger Kaleidophons. Stauber gezeigt. Der subjektive Blick auf Vergangenes und die Re - flexion darüber steht im Mittel - punkt der Werke, die Malerei, Zeichnung, Objekt und Video um - fassen. Ausstellungsdauer bis 22. 04. 2017 Infos: " www.galerie-forum.at

Denoise/Agnes Hvizdalek und Klaus Filip Besonders wollen wir ans Herz le - gen: Denoise: Agnes Hvizdalek/ Stimme und Klaus Filip/Sinuswel - e

len am Sa 29. 04. um 18.00 h und g i e z

„Kammerflimmern“, die Installa - n A

e t

tion des Linzer Soundkünstlers l h a z e B e g i e z n A e t l h a z e B

DIE REFERENTIN 39 Bezahlte Anzeige