Gaffe à Lagaffe [André Franquin]

Autor(en): Affolter, Cuno

Objekttyp: BookReview

Zeitschrift: Nebelspalter : das Humor- und Satire-Magazin

Band (Jahr): 122 (1995-1996)

Heft 12

PDF erstellt am: 28.09.2021

Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber.

Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind.

Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch

http://www.e-periodica.ch 0 AVOUE M AVO lu? p&e

Q£ c3gAV£ I McjO MV/e M I b (UT A C^6TALLAT(O(0.-^c9trflO(JS -pu sois / Vorsicht

COMIC-KRITIK VON CUNO AFFOLTER

eit zehn Jahren angekündigt, ist (ab 1947), später mit seinen bitterbösen Idee ausgelassen, um seinen S er jetzt - endlich - erschienen: «Schwarzen Gedanken» (1981) Meilensteine Sand in das Getriebe der Bürokratie der neueste Band der Comic-Kultfigur der Neunten Kunst geschaffen hat. streuen zu lassen. Gaston Lagaffe mit dem programmatischen Anders als Franquins Zeitgenossen Titel «Gaffe à Lagaffe». Der Chaot GASTON LAGAFFE IST ERSTMALS (Hergé, Jacobs, Jijé welche immer Gaston feiert 1997 sein 40jähriges 1957 in der Kinder-Comiczeitschrift wieder die Träume unserer Gesellschaft Betriebsjubiläum in der Redaktion des erschienen, als Franquins anarchistische von einer perfekten Technik im Comic fiktiven Comic-Verlages . Reaktion auf eine Leserumfrage umgesetzt haben, stets mit einem Hauch Und trotz seiner Faulheit braucht er seines Verlegers. Die Kinder wollten als von Hoffnung, einer Vorstellung vom keine Angst vor einer Kündigung zu Comic-Helden eine Art ritterlich-energischer Besserleben und individuellem Glück. haben, obwohl er für jeden Betriebswirtschafter Tarzan, einen menschlichen Superman. gerät sie bei Franquin mit schöner ein Alptraum ist und bei einer Und die Zeichner sollten auf die Regelmässigkeit zur Katastrophe. Mc-Kinsey-Analyse so sicher auf der Kinderwünsche eingehen. Lächerlich, Abschussliste stände wie ein Greenpeace- fand Franquin, und schuf den Anti-Helden KEIN GEGENSTAND IST SO PERFEKT, Kapitän beim französischen Geheimdienst. Gaston Lagaffe (faire la gaffe sich um nicht von Gaston in einem anderen Denn Gaston Lagaffe ist definitv blamieren). 900 Gags sind seither Kontext gebraucht zu werden, denn für ein héros sans emploi. entstanden, alle von erfrischendem Humor. Gaston gibt es nichts Endgültiges. «Man Franquin hat einen komplexen muss die Dinge sehen, wie sie sind» hat EIGENTLICH WURDE ER ALS BÜRO- «Mikrokosmos des Kapitalismus» er mal gesagt. Und alle seine Energie bote angestellt, als Sortierer der Leserpost (Libération) entwickelt, mit Nebenfiguren, verwendet er darauf, uns immer wieder zu und Mädchen für alles. Seine welche ihre Rolle im Welttheater zeigen, wie langweilig und sinnlos alles Arbeitszeit verbringt er aber vorwiegend der Hierarchie ohne Widerspruch spielen: im Grunde ist. schlafend oder mit dem Konstruieren Da gibt es den gewissenhaften Nur noch selten zeichnet Franquin genialer Erfindungen, die es leider nie Buchhalter Boulinier, den übereifrigen nach Genesung von einer langjährigen zur Marktreife schaffen. Chefredakteur und Oberaufseher Prunelle, Depression an seiner Lieblingsfigur Denn was Gaston anpackt geht schief. den gestressten Comic-Zeichner Lebrac, Gaston. Doch immer, wenn er zur Feder explodiert, dampft infernalisch, fällt in die naive aber gutmütige Sekretärin greift, wenn ein neues Album dieses sich zusammen, macht einen Höllenlärm. Mademoiselle Jeanne. Und allen voran genialen Zeichners (und Philosophen) Bei Jean Tinguely wäre er mit natürlich, die rechte Hand des Chefs: der erscheint, ist man ergriffen vom subtilen Bestimmtheit Chefmechaniker geworden, unterwürfig schleimige De Mesmaker, Humor. Hinter vermeintlich einfachen im Hause Dupuis allerdings treibt er dessen einzige Arbeit darin besteht, Geschichten lauern feine und versteckte seine Arbeitskollegen zur Weissglut und Verträge zu unterzeichnen. Anspielungen. Mit 72 Jahren ist Franquin damit Millionen von Lesern die (Lach-) Einzig Gaston, auf der untersten Sprosse immer noch frisch und frech, sein Name Tränen in die Augen. der Erfolgsleiter, verweigert sich der ein Qualitätssiegel erster Güteklasse. Erfinder des chaotischen Nichtsnutzes ist Rolle des autoritätsgläubigen Zudieners. der 72jährige belgische Comic-Zeichner O-Ton Gaston: «Wenn es schon mal was André Franquin Andre Franquin, der schon mit seinen zu tun gibt, dann soll es nicht in Arbeit «Gaffe à Lagaffe» Phantasie-Figuren «Spirou et » ausarten.» Franquin jedenfalls hat keine Marsu Productions

66 StWÜMlttr Nr. 12/1996