Drachen in der Kunst

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Nina SARDI

am Institut für Kunstgeschichte

Begutachter: Univ.-Prof. Dr. phil. Edgard Lein

Graz, 2013

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig und ohne Benutzung anderer, als den von mir angegebenen, Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind solche kenntlich gemacht.

Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Graz, am

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung 1

I. Drachen in der Etymologie 4 II. Marduk der Muttermörder oder der Ursprung des Drachen 6 III. Göbekli Tepe 12 IV. Der Drache in der Gesellschaft 21 V. Die Drachen in China 23 VI. Legenden und Mythen in Europa 28 1. Das Alte Testament und das Neue Testament 28 2. Kleinasien und Syrien 34 3. Das alte Griechenland 37 4. Die Germanen 42 5. Die Sigurd Sage 49 6. Beowulf Legende 51 7. Zoroastrische Drachenhölle 52 8. Der heilige Ritter Georg 60

VII. Drachen in der Kunst, Bildbeschreibungen 66 1. Vase mit der Schlange Ladon und den Hesperiden 66 2. Der assyrische Sonnengott Marduk kämpft mit einem Drachen 67 3. Herkules und Hydra 68 4. Herkules und die Lernäische Hydra 70 5. Herkules bezwingt Acheloos als Schlange 71 6. Jason und der Drache 73 7. Perseus und Andromeda 74 8. Perseus und der Drache des Poseidon 76 9. Perseus befreit Andromeda 77 10. Perseus rettet die Andromeda vor dem Seeungeheuer 78 11. Der Drache verschlingt die Gefährten des Kadmus 78 12. Behemoth und Leviathan 80 13. Zerstörung des Leviathan 81

14. Der Kampf des Thor mit der Schlange des Mitgard 82 15. Siegfried im Kampf mit dem Drachen 83 16. Adam und Eva 84 17. Adam und Eva 85 18. Die Kupferstichpassion 86 19. Hl. Georg 88 20. Der Heilige Georg tötet den Drachen 89 21. Hl. Georg im Kampf gegen den Drachen 90 22. Der Heilige Georg und der Drache 90 23. Zwei Tafeln mit dem Heiligen Georg und Michael 91 24. Der im Himmel besiegelte Friede 92 25. Die Apokalypse 93 26. Versuchung des heiligen Antonius 94 27. Hl. Margaretha 96

VIII. Drachen in der modernen Zeit 96 IX. Zusammenfassung 102

Einleitung

Drachen sind bereits seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. in der Kunst nachweisbar. Aus dieser Zeit fehlen jedoch schriftliche Texte und daher sind die verschiedenen Bedeutungen und der Zweck dieser Drachen-Motive im Dunkeln geblieben. Mit der Entwicklung der Schrift wird erstmals deutlich, welchen Platz die Drachen in der Mythologie einnehmen. Darstellungen von Drachen findet man nahezu überall auf der Erde und die Unterschiede so wie die Gemeinsamkeiten ihrer Bedeutung sind sehr groß. Sei es in der Darstellung des Drachen selbst, in seiner Bedeutung von Gut und Böse oder in der Überzeugung, dass Drachen tatsächlich einst real waren, es noch immer sind, oder als Märchenwesen nur der menschlichen Fantasie entschlüpft sind. 1 „Die wissenschaftliche Drachenforschung befasst sich mit der Geschichte der menschlichen Kultur, die nicht nur die Kunst, sondern alle Lebensäußerungen menschlicher Gemeinschaften, von der Technologie über Politik und Wirtschaft bis hin zur Philosophie und der gesellschaftlichen Organisation umfasst.“2

Drachen findet man in Volks- und Kunstmärchen, Epen, Legenden, Sagen und Mythologien. Seit mindestens 5.000 Jahren gehören Drachen zur Vorstellungswelt der menschlichen Kulturen nahezu überall auf der Welt. Es gibt unendlich viele Geschichten, in denen Drachen vorkommen. So wird in der Nibelungensage der Kampf zwischen Siegfried und Fafnir beschrieben und als Fafnir stirbt erhält Siegfried durch dessen Blut eine unverwundbare Haut. In einer weiteren Geschichte kämpft der Held Beowulf gegen einen feuerspeienden Drachen. In dieser besiegt er den Drachen zwar, stirbt aber selbst an seinen Verletzungen. Im klassischen Griechenland gab es den Drachen , der schuld an Naturkatastrophen, Vulkanausbrüchen und Wirbelstürmen war. In Babylonien kämpft der Schöpfergott Marduk gegen das Chaosungeheuer Tiamat und schuf aus dessen Kadaver Himmel und Erde. Bei den Kelten war der Drache ein Feldzeichen des gesamten Volkes. Es hat den Anschein, als ob Drachen rund um die Welt in verschiedenen Variationen vorkommen, was später noch detailliert ausgeführt werden wird.

1 Hartmann, 1994, 9-10. 2 Schwerdt, 2010, 8.

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Aus der heutigen Sicht betrachtende „moderne“ Geschichten, liefern weniger Informationen über konkrete Drachenvorstellungen und -funktionen von einer bestimmten Kultur zu einer bestimmten Zeit. Dadurch verliert sich der Bezug auf ihren wahren Ursprung und ihre früheren Bedeutungen. Es sollte auch in Betracht gezogen werden, dass sich der kulturelle und menschliche Blick auf die Hinsicht des Drachen permanent verändert hat. „Alleine die Notwendigkeit eine alte Geschichte sprachlich immer wieder so zu überarbeiten, dass sie von den nachfolgenden Generationen überhaupt verstanden werden kann, bedeutet schon den Verlust eines Teils des kulturgeschichtlichen Hintergrundes des Originals.“3

Die Ursprünge der Drachenvorstellungen haben sich fast weltweit in den verschiedensten Zivilisationen entwickelt, jedoch hat es den Anschein, als ob sie sich unabhängig voneinander entwickelt haben. Dies ist aber nicht der Fall. Im Laufe der Zeit haben sich die kulturellen Zivilisationen immer mehr verbreitet, miteinander vermischt und in unterschiedlichem Maße gegenseitig beeinflusst. Obwohl das Erscheinungsbild und die Charaktereigenschaften des Drachen genauso unterschiedlich sind wie die zahlreichen Zivilisationen und deren Religionen selbst, bleibt jedoch die Bedeutung des Drachen in gewissem Maße immer gleich.

Der asiatische Drache gilt als eine legendäre Kreatur, die Glück und Wohlstand bringen kann, als glücksbringender Hüter des Universums wird er allgemein als freundlich angesehen. Doch auch die asiatische Sicht des Drachen wird, je genauer man diese untersucht, immer komplexer und vielschichtiger. Der japanische Drache ist vom chinesischen Drachen auf dem ersten Blick kaum zu unterscheiden. Bei genauerem Hinsehen sieht man aber, dass der japanische Drache nur über vier Klauen pro Bein verfügt. Im Vergleich dazu besitzt der kaiserliche chinesische Drache als einziger ostasiatischer Drache fünf Klauen pro Bein. Nur der kaiserliche chinesische Drache darf mit fünf Klauen dargestellt werden. Die fünf Klauen, sind ein „ […] Zeichen des universellen

3 Schwerdt 2010, 8.

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Herrschaftsanspruchs der göttlichen chinesischen Drachenkaiser, der ganz offensichtlich bei den anderen Kulturen anerkannt wurde.“4

Das allgemeine Denken des asiatischen Raumes bleibt mehr oder weniger im Einklang mit der Tatsache, dass Drachen etwas Positives, Mächtiges und Wertvolles sind und man sie daher respektieren und schätzen sollte. Im Westen dagegen findet sich der zivilisatorische Ursprung des Drachen in Mesopotamien und der Kaukasusregion. Es scheint jedoch, dass in den Regionen selbst der Drache in seinem Wesen ähnlich behandelt und betrachtet wird, obwohl er von seinem Aussehen her von Ort zu Ort unterschiedlich dargestellt werden kann.

Je genauer man sich mit dem Drachenbildnis und seiner Bedeutung auseinandersetzt, umso mehr muss man die zunehmenden Einflüsse von Kulturen, deren Glaubensrichtungen und die Zeiten in denen Drachen gelebt haben, in Betracht ziehen. Daraus folgt, dass sich zahlreiche und sehr verschiedene Vorstellungen von Drachen entwickelten und in den weltweiten Kulturen niedergelegt haben. „ […] auch innerhalb der einzelnen Regionen gibt es zahlreiche inhaltliche und formale Drachenvariationen, abhängig beispielsweise von Migrationshintergründen oder politischen Beziehungen zwischen den einzelnen Gemeinschaften in einer von und heute als zusammengehörend wahrgenommenen Kultur.“5

Die Gemeinsamkeit, die jedoch bestehen bleibt, ist ihre göttliche Abstammung und die zentrale Rolle, die sie in den mythologischen Entstehungsgeschichten der jeweiligen Kulturen spielen. Daher wird es uns aus unserer jetzigen Sicht vielleicht nie richtig gelingen, den wahren Uhrsprung der Drachen und ihrer Bedeutung zu finden, zu erkunden oder zu verstehen. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass der Drache noch immer ein ständiger Begleiter und ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur ist.

4 Schwerdt 2010, 9. 5 Schwerdt 2010, 10.

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I. Drachen in der Etymologie

Drache: „Drache m. Das mit lähmendem Blick und als geflügeltes Reptil vorgestellte Fabeltier der Antike lat. dracō, griech. Drákōn, eigentl. ‚scharfblickend(es Tier)‘, zu griech. dérkesthai ‚scharf, wild blicken‘, lernen die Germanen als Feldzeichen (‚Standarte‘) des röm. Heeres kennen. Die Entlehnung ahd. trahho (9. Jh.), mhd. Trache, nhd. (mit Einwirkung des lat. Anlauts) Drache wird mit dem in germ. Vorstellung bestehenden Lindwurm gleichgesetzt. Im Mhd. Oft für ‚Teufel‘, im Nhd. Geschützname (16. Jh.), in der Form Drachen m. ‚zänkisches Weib‘ (16. Jh.; vgl. auch Hausdrachen) und ein papiernes, mit langem Schweif versehenes und ehemals einen Drachen vorstellendes (Spiel)zeug (14. Jh.).“6

Schlange: „Der Name des Kriechtieres ahd. Slango (9.Jh.), mhd. Slange m. (md.f.) „Schlange“, „Drache“, auch „Teufel“, asächs. slango m. mnd. slange.m.f., mnl. Slanghe m. f., nl. Slang f. steht im Ablaut zu dem unter schlingen (s.d.) behandelten Verb in seiner Bedeutung „sich schlängelnd winden, kriechen“. Er verdrängt (als Taubwort?) alte Bezeichnungen wie Natter, Unke, Wurdm (s.d.). Fem. Genus setzt sich mit Luthers Bibelübersetzung durch. Die Schlange gilt seit alters wegen ihre kriechenden Fortbewegung, ihres giftigen Bisses, der Fähigkeit, kleine Tiere gleichsam zu hypnotisiere, sowie auf Grund der biblischen Erzählungen vom Sündefall als ein listiges, verschlagenes, falsches Wesen, vgl. klug wie eine Schlange, falsche, giftige Schlange, „hinterlistiger“, „unaufrichtiger“ Mensch, auch „böse, hinterlistige Frau“, eine Schlange an seinem Busen ziehen, nähren „für erwisene Wohltaten Undank ernten“; vgl. ferner (wie eine oder in einer) Schlange stehen „in langer (gewundener) Reihe nach etw. anstehen“, (20. Jh.). – Schlängeln Vb. „sich wie eine Schlange in Windungen fortbewegen“ (17. Jh.), seit dem 18. Jh. Reflexiv.“7

Es gibt viele Bezeichnungen für den Drachen: Im alten England hieß er dreke, später drake, die Nordvölker nannten ihn dreki und die Franzosen . Die Bezeichnung findet ihren Ursprung in dem lateinischen Wort „draco“ bzw. dem

6 Pfeifer 1995, 240. 7 Pfeifer 1995, 1207.

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griechischem „drakon“ und die Bedeutung der Wortwurzel war etwa „der fürchterlich Blickende“. Bevor sich der Begriff Drache auch bei den Germanen durchsetzen konnte, verwendeten sie den Begriff Lindwurm. Mit dem Wort Wurm, bezeichnete man alle Arten von Reptilien. Das Wort lind oder lint bedeutet ebenfalls Wurm. Also ist das Wort Lindwurm eine Verdopplung. In den Alpenländern nennt man den Drachen Tatzelwurm, Haselwurm oder Stollenwurm. Auch die Kelten verwendeten für ihre Drachen meistens die Bezeichnung Wurm, wobei aus dem altnordischem ormr das altenglische wyrm und schließlich das englische Wort worm wurde. In der Heraldik wird ein Drache mit zwei Beinen ein genannt. Ein Drache ohne Flügel ist ein Wurm. Ein kurvenreicher Drache mit Flügeln, aber ohne Beine ist ein Amphiptere und ein Drache mit Flügeln und Beinen wird als Guivre bezeichnet. Weitere Bedeutungen dieser Drachenabbildungen wurden davon bestimmt, wie der Drache abgebildet würde: angreifend (mit angehobenen Vorderbeinen) gehend (mit einem angehobenen Vorderbein), statisch (mit allen vier Beinen auf dem Boden), gespreizte Flügel (Flügel über dem Rücken), niedergedrückt oder mit verdrehtem Schwanz (verknotet).

Was ist ein Drache? Sobald man sich die Frage stellt, weiß man auch sofort die Antwort. Wir alle kennen Drachen und haben auch eine Vorstellung davon, wie Drachen ausschauen sollten. Drachen sind in der christlichen Welt dafür bekannt, dass sie böse sind, Schätze bewachen, Jungfrauen stehlen und sie gefangen halten, die dann für gewöhnlich von tapferen Rittern gerettet werden und dabei den Drachen töten müssen. Aus Märchen, Legenden und Mythen wissen wir, dass Drachen feuerspeiende Ungeheuer sind. Sie haben ein mächtiges Gebiss, fürchterliche Klauen, giftigen Atem und Fledermausflügel mit denen sie fliegen können.

Dann gibt es noch das Kapitel von der Schlange im Paradies, die Eva zum Sündefall verhalf. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass diese Schlange die „Alte Schlange“ bzw. auch der „Alte Drache“ genannt würde. Doch die „Alte Schlange“ bzw. der „Alte Drache“ war in der christlichen Religion nichts anderes als die Verkörperung des Teufels selbst. Doch dieses Tier hat nur wenig Ähnlichkeit mit Erscheinung und Konzept der bekannten Märchen- und

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Sagendrachen. Wie sich später noch bei dem Beispiel der Slawen herausstellen wird, musste das Christentum den Drachen als etwas Schlechtes und Böses, mit negativen Attributen ausgestattet darstellen, und was gibt es besserer als die Verkörperung des Bösen, des Teufels schlechthin. Es war die Aufgabe der christlichen Mönche, das Bild des Drachen, welches in den vorchristlichen Kulturen Europas durchaus positiv war, in etwas Schlechtes bzw. etwas Negatives umzuwandeln.

In Tierlexika des 17. und 18. Jahrhunderts findet man die wissenschaftliche Beschreibung von Drachen als biologische Wesen. Im Vergleich dazu kann man an dieser Stelle die Kryptozoologie erwähnen, die aus der heutigen Sicht einen direkten Zusammenhang zwischen den mythischen Ungeheuern und den Komodowaranen oder den Sauriern herstellt. Auf die Frage, ob der Drache ein Produkt religiöser Vorstellungen ist oder ein Märchenwesen, kann man nur schwer eine Antwort geben. Es gibt keine einfache Definition des Drachen. Je nach Zeit und Kultur, in denen die Drachen vorkommen, verkörpern sie andere Konzepte und andere Erscheinungsformen. Die große Wandlungsfähigkeit des Drachen begleitet uns seit Jahrtausenden. So wie es verschiedene Zeiten gegeben hatte, gab es auch verschiede Drachenvorstellungen die sich mit der Zeit verändert haben und sich anpassen mussten.

Marduk der Muttermörder oder der Ursprung des Drachen

Das Bedürfnis des Menschen liegt generell darin, dass er Ereignisse, Dinge und Phänomene einordnen kann. Geschichtliche Ereignisse kann man durch präzise Datierungen einordnen, durch Jahreszahlen und eng umrissene oder abgrenzbare Zeiträume. Es ist einfacher, Geschichte zu verstehen, wenn wir an große Persönlichkeiten, Herrscher, Philosophen und Ursprungsorte denken und sie ungefähr in einen Zeitraum, in ein Jahrhundert einordnen können: „Heute dienen Persönlichkeiten, Orte oder Datierungen eher als Matrix, als Koordinatensystem, als Beispiel für eine als vielschichtigen Prozess begriffene Kulturgeschichte. Orte

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spielen dabei vor allem als Bezugspunkte weiträumiger und langfristiger kulturgeschichtlicher Entwicklung eine Rolle.“8 Doch nicht jedes geschichtliche Ereignis, oder besser gesagt, jeden Ursprung, der in der Geschichte entstanden ist, kann man zurückverfolgen. Der Ursprung des Drachen ist, obwohl es keine genauen Quellen oder Jahreszahlen gibt, in dem mythologischen Ungeheuer bei Marduk und Tiamat zu finden. „Die Keilschriftbelege über diese Urgottheiten, vor allem der sumerisch-babylonische Schöpfungsmythos Enuma elisch, gelten als erste schriftlich dokumentierte Erwähnung des Drachen. Das Enuma elisch, ist eine Art „amtlich beglaubigte Geburtsurkunde“ des Drachen.“9 Der britische Archäologe Austen Henry Layard entdeckte im Jahr 1849 den Haupttext des Enuma elisch, des babylonische Schöpfungs-Mythos. Übersetzt bedeutet „Enūma eliš „Als oben [der Himmel noch nicht genannt war]“. Es besteht aus sieben Tontafeln mit Keilschrift und wurde in der königlichen Bibliothek in Ninive, der assyrischen Hauptstadt des ersten vorchristlichen Jahrtausends aufbewahrt. Der genaue Zeitpunkt der Entstehung ist unklar, und Wissenschaftler datieren den Altar des babylonischen Schöpfungsmythos unterschiedlich. Die Datierungen schwanken zwischen 3.000 vor Chr. und 1.100 vor Chr. Aus westlicher Perspektive ist das Enuma elisch ein Beweis dafür, wie weit verbreitet der Mythos des Drachen in den frühgeschichtlichen vorderasiatischen Kulturen war. Der Mythos des Drachen oder der Chaoskampf ist eng mit dem Aufstieg des babylonischen Stadtgottes Marduk, später der Hauptgott des babylonischen Pantheons und der unbestrittene Herrscher über die Götterwelt Mesopotamiens, verbunden.

In der Enuma elisch wird die Vernichtung des Schöpferpaares Tiamat („die sie alle gebar“) und Apsu („der Uranfängliche“) beschrieben. Tiamat ist eine Göttin in der babylonischen Mythologie, die das Salzwasser verkörpert, während der Gott Apsu das Süßwasser verkörpert. Weiters enthalten die Schriften noch die Geschichte von der Erschaffung der Welt durch neue allmächtige Göttertypen, und die Erschaffung der Menschen als Diener der Götter: „Als der Himmel oben noch nicht genannt war, als die Erde unten noch keinen Namen hatte, waren die Wasser von

8 Schwerdt 2010, 15. 9 Schwerdt 2010, 15.

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Apsu, dem Uranfang, dem Erzeuger und Tiamat, der Urmutter, die sie alle gebar, noch miteinander vermischt. Noch konnte man weder Land noch Leben erkennen und es gab noch keine Götter, die man hätte nennen können. Schließlich entstand aus der Vereinigung von Tiamat und Apsu Leben und der Uranfang (Apsu) und die Urmutter (Tiamat) schufen sich die Götter zu Kindern.“10 Einer der Nachkommen von Tiamat und Apsu war der ehrgeizige Ea. Ea fühlte sich gezwungen, die Autorität der Urmutter Tiamat in Frage zu stellen, da noch eine ungeordnete Göttergesellschaft herrschte. Es kam zu einem Konflikt zwischen den Uhrgottheiten und den ehrgeizigen Göttern. Schließlich hatte der strahlende Ea den uranfänglichen Apsu niedergemacht. Tiamats Antwort daraufhin war die endgültige Vernichtung ihrer eigenen Götterkinder. Sie gebar eine schreckliche Armee aus verschiedenen Kreaturen wie Skorpion- und Fischmenschen, Meerwiddern, riesigen Giftschlangen, Basilisken und wütende Drachen.

„Basilisk: Der Basilisk hat einen kronenähnliche Ausstülpung auf dem Kopf und eine schlangenartige Gestalt. Hat er Beine, einen Schnabel und einen Kehllappen, handelt es sich um einen Cockatrice. Feuerdrache: ein feuerspeiender Drache. Fliegender Drache: Er hält sich überwigend in der Luft auf und kämpft im flug. Halbdrachen: Bei ihm handelt es sich meist um einen verzauberten oder verwunschenen Menschen ode rum einen Drachen mit Körperteilen von anderei Tieren. Klassische Drachen: wie man sich in der Regel einen Drachen vorstellt – großer kräftiger schuppenbesetzter Leib, vier kräftige Beine und häufig, aber nicht immer, gewaltige Flügel. Korndrache: Wo er auftaucht, gehen Häuser in Flammen auf. Lindwurm: Dies ist ein zweibeiniger Drache, der hauptsächlich in der deutschen Sage vorkommt. In Britannien wird er Wyrm gennant. Tanzelwurm: ein schlangenartiges Tier mit Katzenkopf, meist nicht sehr groß. Wasserdrache: Er lebt in Gewässern aller Art. WAsseschlangendrache: EinWasserdrache, der einen Schlangenleib hat wie der Schlangendrache.

10 Schwerdt 2010, 16.

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Wetterdrache: Wenn er erscheint, droht ein mächtiges Unwetter.”11

Als Tiamat ihre mächtige Arme schickte, verkroch sich der ehrgeizige Ea vor Angst und Schrecken. Der Held der sich dem Zorn der Tiamat und der Armee stellte, war schließlich Eas Sohn, Marduk. Tiamat, die ursprünglich eine gestaltlose Gottheit war, wurde inzwischen zu einem Ungeheuer. Marduk besiegte das Ungeheuer Tiamat bzw. einen Drachen und übernahm die Rolle des Schöpfers. Er teilte den Kadaver der Urmutter bzw. Ungeheuers, also des Drachen in Erde und Himmel. Er platzierte Sterne auf den Himmel und erschuf Sonne und Mond. Aus Knochen und Blut der Chaoskreaturen bildete er Menschen, die Diener der Götter werden sollten. Von den Chaoskreaturen unterwarf sich Marduk einen Schlangen- Drachen, Drachen genannt Mushushu zu seinem Diener, den er an den Himmel setzte, als Wächter, damit niemand die Sterne stehlen konnte. Der Mushushu (Schlange-Drache) würde zum Attribut Marduks. Das Wellenmuster, auf dem Gott und Drache ruhen, symbolisiert das Meer, das Element der Urgottheit Tiamat. Das Sternbild Drache wacht noch heute über die Sterne.

Abb. 1: Marduk mit seinem Drachen

11 Rinkencah/Hodapp 2002, 19.

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Das Enuma elisch ist aber weitaus mehr als nur ein Mythos. Wenn man es im Zusammenhang mit den kulturgeschichtlichen Ereignissen dieser Region betrachtet, stellt man fest, dass es sich um die vorbabylonische südmesopotamische Welt der Sumerer im Spannungsfeld zwischen den mächtigen Flüssen Euphrat und Tigris und dem Persischem Golf handelt. Im 4. Jahrhundert ließen sich die Sumerer in diesem Land nieder und entwickelten mit den Städten Ur, Uruk und Lagasch die ersten städtischen Zivilisationen. Das Mündungsgebiet von Euphrat und Tigris reichte weiter als heute in das Landesinnere hinein. Das Meer war auch ein Handelsweg zwischen der Städten Uruk, Ur, Lagasch und der Indus-Kultur. Salzwasser und Süßwasser waren die natürliche und unberechenbare Lebensgrundlage der frühgeschichtlichen Gesellschaften dieser Region.

Mit den städtischen Zivilisationen entstand ein Kampf zwischen Mensch und Natur. Man muss sich an den natürlichen Gesetzmäßigkeiten orientieren, wenn man im Einklang mit der Natur leben will. Die Entwicklung der städtischen Zivilisationen erforderte Eingriffe in die Natur. Durch Bewässerungssysteme, Kanalisierungen, gewaltige Palast-, Tempel- und Festungsbauten und sogar durch Umleitungen der Flüsse, griffen die Menschen bereits im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung extrem in die natürlichen Kreisläufe ein und forderten damit Naturkatastrophen geradezu heraus. Diese Naturkatastrophen verstanden die Menschen als Reaktion der ursprünglichen Naturgottheiten, die sich mit den Emanzipationsbestrebungen der Menschen nicht abfinden wollten. Somit entstand die Auseinandersetzung zwischen menschlicher Kultur und natürlicher Urmutter. Doch man muss im Auge behalten, dass die Entstehung dieser städtischen Zivilisationen so hierarchisch und mächtig war, das sie von den Normalsterblichen kaum zu begreifen war. Aus den Vorfahren der Götter und Kulturheroen sind mythologische Könige und Halbgötter geworden, die den Menschen diese Kulturtechniken gebracht haben. Man sieht, dass die Natur zum Verlierer, zum Ungeheuer, zum Drachen mutierte. Obwohl man die Natur inzwischen kontrollieren konnte, blieb sie weiter hin unberechenbar und eine ständige Bedrohung der neuen göttlichen Ordnung.

„Die mythologische Beschreibung der Entstehung der städtischen Zivilisation und der gesellschaftlichen Ordnung war gleichzeitig Legitimation der bestehenden

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Herrschaftsverhältnisse. Eine solche Legitimation war umso wichtiger, als die „göttliche Ordnung“ ständig mit teils völlig anders organisierten Kulturen konfrontiert war.“12

In der vorderasiatischen Region lebten immer verschiedene Kulturen gleichzeitig, die Bündnisse miteinander schlossen, aber auch Kriege gegeneinander führten oder nebeneinander existierten. Doch es hat den Anschein, dass sich zwei Pole bildeten. Auf der einen Seite gibt es die städtischen Zivilisationen mit ihrer hochorganisierten Gesellschaft, Handelsbeziehungen und Bürokratie und auf der anderen Seite die noch relativ naturorientierten nomadischen und halbnomadischen Völkerschaften von unterschiedlicher Herkunft. „Am Ende des städtischen Zivilisationsprozesses stellte nicht mehr in erster Linie die Natur die Existenz der alten Reiche in Frage. Nun bedrohten vor allem die um die Vorherrschaft konkurrierenden Städte und Völker der kulturell so unglaublich dynamischen Großregion […] die göttliche Ordnung des jeweils vorherrschenden himmlischen und weltlichen Kosmos. Der Drache verkörpert nun auch die gegnerischen Mächte und Götter. Er war nicht lediglich ein Bild, Symbol oder Synonym, sondern eine lebendige greifbare Realität.“13

Diese Art von greifbarer Realität stellte eine Wirklichkeit dar, die eine Achse des Bösen war. Die gesellschaftlichen Modelle, die die städtischen Zivilisationen entwickelten, wie politische, kulturelle, militärische und weltanschauliche Modelle, stellten gleichzeitig auch eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem „Andersartigen“ dar und versuchten den heidnischen Glauben zu verhindern. Gegen einen Staat oder gegen Völkerschaften, die die Legitimation der kulturellen und materiellen Vorherrschaften einer Großmacht in Frage stellten, konnte sich problemlos und ohne moralische Hindernisse ein Vernichtungskrieg führen lassen. „Die Verunglimpfung einer anderen Kultur, einer anderen Macht, einer anderen Lebensweise als chaotisches, mächtiges Ungeheuer, setzt diesen Gegner der eigenen Herrschaft, der eigenen Interessen, ungeprüft ins Unrecht. Der Gegner wird entpersonalisiert, entmenschlicht, seiner kulturellen Identität beraubt. Das Töten eines Ungeheuers, eines Drachen ist jederzeit moralisch geradezu

12 Schwerdt 2010, 22. 13 Schwerdt 2010, 23.

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zwingend, ist Notwehr [...] Somit sind die Kontrahenten, der allmächtige, einzige und ordnende Gott, also „das Gute“, auf der einen Seite und der Drache, das Ungeheuer, mithin „das Böse“ auf der anderen sowie eine damit verbundene Ideologie unverzichtbarer Bestandteile von Herrschaft, zumindest in der vorderasiatischen und westlichen Kultur.“14 Um die übermächtigen Wesen nicht nur als Symbole und Metaphern zu verstehen, musste man sie als lebendige Wirklichkeit begreifen. Somit kann Herrschaftsausübung durch die Trennung von Gut und Böse oder Gott und Drache (oder Teufel) stattfinden. Sobald dies erreicht war, konnten Gott und Drache ihre kulturelle Wirksamkeit entfalten.

III. Göbekli Tepe

Die Bibel war für eine sehr lange Zeit die Quelle für sehr viele wissenschaftliche Bereiche. Noch im 17. Jahrhundert vertraten führende Wissenschaftler wie der deutsche Gelehrte und Jesuit Athanasius Kircher die Ansicht, dass es Drachen schon allein deshalb geben müsste, weil sie in der Bibel erwähnt werden und damit zur Schöpfung Gottes gehören. Natürlich war die Bibel neben den Überlieferungen der griechischen klassischen Antike eine Art archäologische Landkarte für die Forscher gewesen und das auch noch im 19. und sogar im 20. Jahrhundert. Nach Babylon und anderen wichtigen vorderasiatischen Städten suchte man nicht wegen der eigenen Kultur und Zivilisation, sondern weil es Teil der biblischen Geschichte war. Man suchte eher die Ursprünge der biblischen Schöpfungsgeschichte. „[...] bei genauer Betrachtung ist es auch das geistige Koordinatensystem der Bibel, das den Drachen im westlichen Verständnis als zerstörerisch und böse erscheinen lässt.“15

Es gibt sehr viele christliche Referenzen zu Drachen und fast alle sind negativ und verurteilend. Christliche Geschichten über Heilige und Drachen stellen den Drachen immer als Verlierer da. In den Legenden aus Skandinavien, Norddeutschland und Schottland, waren die Drachen weder geflügelt noch völlig böse. Der bedeutendste und bekannteste Drache des Nordens ist Nidgodd, der

14 Schwerdt 2010, 24. 15 Schwerdt 2010, 27.

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Angstesser, der im Nifleim lebte, sich durch den Weltbaum Yggdrasil fraß und auf ihm lebte. Weil er den Baum fraß, hatte er ihn zerstört, doch so hatte er Platz gemacht, damit Neues entstehen konnte. Somit kann man ihn als Chaosdrachen bezeichnen, der eine Dualität von Zerstörung und Auferstehung erschafft.

Seit dem 16. Jahrhundert wurde der Drache in England, Schottland und Irland, mit vier Beinen und der Wyvern mit zwei Beinen dargestellt. Die zweibeinigen Wyvern werden auf dem europäischen Kontinent trotz allem als Drachen bezeichnet, genauso wie die vierbeinigen Drachen. Heute noch wird der Drache von etwa zweihundert englischen und etwa dreihundert kontinentaleuropäischen Familien als Wappentier, kombiniert mit anderen Elementen oder alleinstehend verwendet.

In der skandinavischen Legende tötete der Held Sigurd (in Deutschland Siegfried genannt) den Drachen Fafnir. In dieser Geschichte sieht man den Nutzen von Drachenblut. Nachdem Sigurd zufällig einen Tropfen davon geschluckt hatte, konnte die Sprache der Vögel verstehen. Diese neu erworbene Gabe rettete ihn vor dem verräterischen Bruder des Drachens, der plante, ihn wegen des Schatzes zu töten. Als er den Drachen aus einer Grube heraus erstach, lief das Blut des Drachen über Sigurds Körper. Dies machte ihn unverwundbar. Nur eine einzige Stelle, an der ein Blatt das Drachenblut abhielt, blieb verwundbar.

In dem Epos von Beowulf bekämpfe der Held drei Drachen. Der erste Drache wird als ein junges, zweibeiniges, männliches Monster dargestellt, das er getötet hatte. Es fiel, wenn es in der Nacht auf Nahrungssuche war, in die Häuser ein. Der zweite Drache war ein weiblicher Drache in Menschengestallt, der an seinem Laichplatz liegend getötet wurde. Der dritte Drache wurde ausdrücklich als Drache bezeichnet. Es war ein ausgewachsener, männlicher, fliegender Drache mit einem giftigen Biss.

Alte Lehren besagen, das Drachen zwei, vier oder gar keine Beine haben, ein Paar Flügel besitzen oder flügellos sind, sie spucken Feuer oder Rauch und sie haben Schuppen auf ihren Körpern. Sie besitzen giftiges und korrosives Blut, das magische Kräfte hat. Das Blut ist die Lebenskraft und ein Symbol für die Intensität ihrer element-spezifischen Energien. Die Drachen waren keineswegs nur Böse. In

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den Nordischen Ländern und auch anderswo in Europa waren die Drachen, noch bevor sich das Christentum verbreitete und es zu regelrechten Verfälschung des Drachen gekommen ist, auch für ihre Hilfsbereitschaft bekannt. Aber sie konnten auch gewalttätig werden, was wiederum davon abhing, wie die Menschen sich ihnen gegenüber verhielten. Eines steht jedoch fest: Die Menschen aller Kulturen, die von der Anwesenheit und den Umgang mit den Drachen beeinflusst wurden, behandelten die Drachen mit größtem Respekt und Ehrfurcht.

Die alten Kelten betrachteten Drachen als listig, aber klug. Sehr viel von der keltischen Überlieferung fiel leider der Zerstörung zum Opfer. Es haben sich nur noch Reste von Geschichten und Fragmente der Drachenüberlieferung erhalten. Die keltische Widderschlange wird mit Cernunnos assoziiert, dem geweihtragenden Gott der Erde. Dieser Widderdrache ist auch mit der Zahl Acht verbunden. Das Sonnenrad hat acht Speichen und wird von Widderdrachen in Bewegung gesetzt. Die Zahl Acht steht auch für die Ewigkeit. Die wenigen Skulpturen, die sich erhalten haben, stellen den Gott Cernunnos mit einem Sack voll Gold, der zu seinen Füßen liegt, und einem Gürtel in Form einer Schlange mit zwei Widderköpfen um seine Taille dar. Die zwei Widderdrachenköpfe symbolisieren die irdische und die geistige Ebene der Existenz. In den östlichen Legenden spuckten Drachen selten Feuer und sie waren auch wohlwollender, obwohl sie jähzornig und zerstörerisch werden konnten, wenn sie provoziert wurden. In Asien werden sie als flügellos dargestellt, aber können sich vom Wind treiben lassen, wenn sie wollen. Der Drache sollte angeblich auch ein sehr altes Symbol für astrales Licht oder Urprinzipien sein. Dies bedeutet, auch wenn Menschen es nicht verstehen, gibt es immer Weisheit im . Der Drache steht für psychische Regeneration und Unsterblichkeit. In einigen Kulturen wurde ein Eingeweihter „Schlange“ oder „Drache“ genannt. Die Priester Ägyptens und Babylons nannten sich Söhne des Schlangengottes oder Söhne des Drachen. Auch die Druiden sprachen von sich als Schlangen. In Mexiko nannten sich die Priester Quetzalcoatls Rasse des Drachen. Das wallische Wort „Draig“ oder Drache, wurde verwendet, um einen Führer, Helden, Kriegsherren oder Prinzen zu bezeichnen und zu ehren. König Arthur und sein Vater Uther Pendragon sollen einen Drachen als ihr Emblem verwendet haben. Noch heute ist

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auf dem königlichen Banner von Wales ein roter und goldener vierbeiniger Drache zu sehen.

Tatsache ist, dass durch das Christentum sehr viel Wissen über Drachen umgedeutet, ja sogar zerstört wurde. Es gibt selten Geschichten, Mythen und Sagen, die von biblisch-christlichen Einflüssen unberührt geblieben sind. Es gibt leider keine genauen Indizien, Fakten oder Jahreszahlen, mit welchen man die ursprüngliche vorderasiatische Drachenkultur festlegen könnte. Es gab dafür auch lange Zeit keine genauen archäologischen Indizien, lediglich den Ishtartor-Drachen in Babylon, ein Drache, der aus verschiedenen Tieren oder Wesen zusammengesetzt wurde.

Abb. 2: Ishtartor-Drachen in Babylon

Bereits seit Anfang der 1960er Jahre weiß man von der Existenz des prähistorischen Ortes Göbekli Tepe, der nahe der Stadt Urfa im Südosten der Türkei liegt. Doch erst im Jahr 1994 erkannte der Archäologe Klaus Schmidt die wahre und außergewöhnliche Bedeutung dieses Ortes. Man vermutete, dass es sich um eine der ersten monumentalen Kultstätten der Menschheit handeln könnte. Sobald die Resultate von den Ausgrabungen in mehreren Publikationen der Öffentlichkeit präsentierten wurden, war es mehr als deutlich, dass man in Europa der Erklärung des Ursprungs des Drachen ein Stück näher gekommen ist. Die mehr als 12.000 Jahre alten Monumente, waren gewaltige Kultanlagen mit zahlreichen plastischen, reliefartigen und sehr realistischen Darstellungen von

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Tieren. Diese Darstellungen waren abstrahierte Menschenfiguren, Mischwesen bzw. eine Mensch-Tier-Kombinationen.16

„Der Ausgräber von Göbekli Tepe, Klaus Schmidt, warnt zu Recht davor, die zweifellos in religiös-kultischem Zusammenhang stehenden Bilder als Beginn einer mythologischen Tradition zu sehen, die in die Schöpfungsgeschichten der mesopotamischen Hochzivilisation mündet. Für eine solche Annahme fehlen nicht nur die archäologischen Bindeglieder zwischen Göbekli Tepe und beispielsweise der babylonischen Bilderwelt. Es ist auch sehr unrealistisch anzunehmen, dass die viel älteren Bilder der gerade sesshaft werdenden steinzeitlichen Jäger- und Sammlerkultur von Göbekli Tepe die gleichen Geschichten erzählen und die gleichen Vorstellungen von der Welt vermitteln, wie die gleichen Bilder der bronzezeitlichen städtischen Hochzivilisation Babylon.“17

Abb. 3: Göbekli Tepe

Wie sehr auch die Wissenschaft nach genauen Fakten in der Geschichte sucht, es bleiben trotz allem nur Vermutungen. Zusätzlich darf man nicht vergessen, dass man von dieser Zeit auch keine schriftlichen Quellen besitzt, was die Forschung umso mehr erschwert. Obwohl die wissenschaftliche Forschung schon längst herausgefunden hatte, dass die Bibel auch eine Sammlung von Legenden, Sagen, Mythen oder Geschichten ist, bleibt sie doch für viele Menschen ein Buch, dass die Wahrheit sagt, obwohl man keine festlegenden Beweise hat und alles nur Vermutungen sind.

16 Schwerdt 2012, 31-32. 17 Schwerdt 2010, 32.

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In der Vergangenheit der Menschheitsgeschichte stellt die Suche nach dem Ursprung des Drachen eine Art von Chaos dar, in dem man sehr leicht den Überblick verlieren kann. Es stellt sich die Frage, wie man einen Ursprung festlegen kann, wenn schon die Religionen selbst keinen eigenen genauen Ursprung haben und es hat den Anschein hat, dass alle miteinander verknüpft sind und auf die eine oder andere Art miteinander verschmelzen. Sobald man die Geschichte näher untersucht und erforscht, wird immer deutlicher, wie komplex die gesamte Drachengeschichte wirklich ist, und es ist eigentlich unmöglich, den wahren Ursprung des Drachen herauszufinden. Es gibt die Vorstellung, dass die Römer den Drachen in die nördlichen Länder über die Alpen gebracht haben, denn auf den Feldzeichen der Römer, findet man den Dracon. Tatsächlich taucht der Begriff Dracon in den barbarischen Gefilden diesseits der Alpen erstmals im Zusammenhang mit den Römern auf. Wo dieser Begriff herkommt und wie er es geschafft hatte, bis auf die britischen Inseln zu gelangen, wissen wir aus den schriftlichen Überlieferungen der Griechen und Römer. Über die nordwesteuropäischen Länder und ihre Drachentradition wissen wir sehr wenig. Weder die Kelten oder Germanen, noch die hier ansässigen bronzezeitlichen Kulturen und auch nicht die ab dem 6. nachchristlichen Jahrhundert eingewanderten Slawen, haben eigene schriftlichen Überlieferungen aus vorrömischer und vorchristlicher Zeit vorzuweisen. Erst im Hochmittelalter bildete sich ein nordwesteuropäisches Drachenbild heraus, das eine Mischung von griechisch-römisch, heidnischen und biblisch-vorderasiatische Drachenvorstellungen und Interpretationen beinhaltete. Damit man sich nicht in Spekulationen über heidnische Drachenvorstellungen der schriftlosen Kulturen verliert, müssen die mittelalterlichen schriftlichen Quellen in Betracht gezogen werden. „Die Verfasser der Niederschriften über Sitten, Gebräuche, mythologische und religiöse Vorstellungen der schriftlosen Kulturen waren neben den antiken griechisch-römischen Geschichtsschreibern vor allem christliche Mönche. Da ging es beileibe nicht um den Erhalt der heidnischen Kulturen für die Nachwelt, sondern vor allem darum, einen Gegner kennen zu lernen.“18

18 Schwerdt 2010, 51.

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Man vermutet aber, dass die christlichen Mönche, gerade zu Beginn der schriftlichen Dokumentation versucht haben, ein möglichst objektives Bild der heidnischen Vorstellungen und Mythen wiederzugeben. Dies stellte auch die Vorrausetzungen einer erfolgreichen Missionierung Nordwesteuropas dar, weil es in diesen Ländern in erster Linie um den Glauben ging. Die Kirchen, Klöster und Ritualsysteme bildeten den notwendigen Verwaltungsapparat, auf dem man den Machterhalt des ganz Mitteleuropa umfassenden fränkischen Reichsgebildes aufbauen konnte. „Christliche Mönche konnten schreiben und lesen, Dokumente ausstellen, Besitzansprüche und Gesetze dokumentieren. Die Häuptlinge, Fürsten und Könige konnten dies meist nicht.“19 Für die Organisation und die Durchsetzung eines großen Reiches waren allgemeingültige Gesetzte und Normen für die Verwaltungsstrukturen notwendig. Die Bedeutung von Kirche und Religion war für die Entwicklung und Herrschaft großer Reiche bestens geeignet. Die Institution Kirche, mit ihrer christlichen Ideologie als staatstragende Institution des untergegangenen weströmischen Reiches, hatte auch hier ihre Chance ausgenutzt. Der christlich-ideologische und historische Ursprung liegt im frühgeschichtlichen Vorderasien dessen Großreiche sehr zentral organisiert waren. Hätte es die Institution christliche Kirche damals nicht gegeben, müsste man sie, „[…] für die Entwicklung des zivilisierten Europas mit Kaisertum und Heiligem Römischem Reich Deutscher Nation […]“20 neu erfinden. Mit der Ausweitung des Herrschaftsbereiches und der Übernahme der staatlichen Aufgaben, hatte sich die Kirche, nicht nur in Frankreich, stets neu erfinden müssen. „Die kirchlichen Rituale, die Feiertage und Symbole, die heiligen Stätten stehen nicht zufällig eng mit den heidnischen in Verbindung: Ostern, Weinachten, Allerheiligen und vieles mehr, sind Ereignisse heidnischen Ursprungs, versehen mit heidnischen Symbolen, die im Sinne der christlichen Heilslehre und der Geschichte des christlichen Religionsstifters umgedeutet wurden.“21 Man hatte es hauptsächlich aus dem Grund gemacht, dass man die Kulturen so gut wie es ging kennen lernen und studieren konnte, damit man die christlichen Ideen, Geschichten und Rituale an die heidnischen anpassen konnte. Das Ziel war

19 Schwerdt 2010, 52. 20 Schwerdt 2010, 52. 21 Schwerdt 2010, 52.

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weniger ein wissenschaftliches Erkenntnisgewinn, der beispielsweise für die antiken Gelehrten von so großer Bedeutung war, sondern es ging vielmehr um Methoden der Bibelinterpretation, ihre Festlegung und Verteidigung von Glaubenssätzen, der Ermittlung von Ketzerei im Rahmen der Inquisition und der Herrschaftssicherung. „[…] für die heidnische Wiedergeburt wurde, die christliche Auferstehung angeboten, für die naturreligiöse Vielgötterei ein ganzes Heer von Heiligen […] Heidnische Muttergottheiten fanden ihre Entsprechung in der Jungfrau Maria, der Muttergottes […] über heidnischen heiligen Orten wurden christliche Kirchen, Kapellen und Klöster errichtet. Um all diese Anpassungen zu leisten und damit die neue Herrschaftsstrukturen unter einer gemeinsamen christlichen Identität zu legitimieren, war die genau Kenntnis der heidnischen Vorstellungs- und Lebenswelt der zu missionierenden Religionen geradezu zwingend.“22 Die schriftlichen Überlieferungen der ersten nachrömischen Jahrhunderte sind leider verloren gegangen. Diese Überlieferungen beinhalteten noch all die zahlreichen mündlich überlieferten Mythen und Glaubenswelten der keltischen und germanischen Gesellschaften, welche auch am wenigsten verfälscht worden sind. Es waren auch oft genug die heidnischen Priester selbst, die zum christlichen Glauben konvertierten und über ganz intime Kenntnisse zum Thema verfügten. Natürlich wurden einige auch dazu gezwungen. „[…] was uns jedoch heute an schriftlichen Quellen vorliegt, ist nach bereits erfolgreicher Christianisierung und Etablierung der Kirche in Nordwesteuropa entstanden und stark geprägt von christlichen Interpretationen und veränderten Interessenlagen des jeweiligen Verfassers.“23

In das ganze Geschehen fließt natürlich auch das Drachenbild. Wie gefährlich der Drachen für das Christentum werden konnte, so dass es dringend nötig war, ihn als Böse darzustellen, zeigt das Beispiel des slawischen Drachen. Es gibt keine schriftlichen Quellen, die sich erhalten haben, sondern nur die Überlieferung in Volksliedern, Märchen und Mythen. Bei den Wenigsten, die unverfälscht geblieben sind, sieht man deutlich, dass die Verehrung des Drachen in Europa ähnlich war wie in Asien. In den überlieferten Volksmärchen stellt der slawische Drache nicht

22 Schwerdt 2010, 53. 23 Schwerdt 2010, 53.

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den Teufel bzw. das Böse dar, sondern vielmehr ein durchaus auch Glück bringendes Wesen. Man muss zwar dafür eine Gegenleistung erbringen und sich das Glück im Sinne von Wohlstand verdienen. Es gibt aber kaum Anzeichen dafür, dass man für seinen Reichtum, den der Drache beschert, seine Seele verkaufen muss. Nahrung, wie beispielsweise der beliebte Hirsebrei, reichte völlig aus. Der heidnisch-slawische Drache existierte in Form der Hausgeister als ein harmloses Relikt der Ahnenverehrung, einfach neben dem offiziellen christlichen Glauben weiter. Dies stellte natürlich ein Problem und eine Art Gefahr dar, für das christliche Machtgefüge des Mittelalters, diese gefährliche Rolle des slawischen Drachen an der volkstümlichen Vorstellung von der Niederlausitzer Schlange. In der sorbischen Spreewaldregion in der Nähe von Berlin glaubte man nämlich, dass in jedem Haus zwei Schlangen, Gospodar und Gosposa, wohnten, die allen Bewohnern Glück und Gesundheit brachten. Die Schlange trat immer als ein Freund der Armen und fleißigen Spreewaldbauern auf. Sie hatte sogar einen König mit goldener Krone und umfangreichem Hofstaat. Gospodar bedeutet Anführer der Zadruga, die südslawische Bezeichnung für die Großfamilie mit gemeinschaftlichem Landbesitz. Der slawische Drache war nicht nur ein Wesen aus der mythologischen Vorstellungswelt, sondern er repräsentierte in der Personalunion die Führungselite der slawischen Völker, „[…] ihre Clanführer, die Helden und Halbgötter waren im Verständnis der Slawen leibhaftige Drachen, eine Vorstellung, die sich in den Legenden ganz Osteuropas wieder findet.“24

Man kann also sehen, dass der Drache, bevor er in Europa eine komplett andere Bedeutung, die Bedeutung des Bösen und Negativen bekommen hatte, ähnlich behandelt und respektiert wurde wie der asiatische Drache. Das Christentum hat sich die größte Mühe gemacht, dieses Bildnis des guten Drachen in Europa nie zum Vorschein kommen zu lassen. Man hat versucht, dieses Wissen von den guten Drachen zu verheimlichen, zu zerstören, zu vernichten und zu vergessen. Dies ist aber nicht gelungen. Der Drache wurde von der katholischen Kirche als Streiter gegen die Reformation mobilisiert wurde. Die Tötung des Drachen ist nicht nur ein Symbol für die christliche Missionierung, sondern bezog sich auch im Laufe der Jahrhunderte auf

24 Schwerdt 2010, 71.

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beinahe jeden Gegner. Der heilige Georg griff bei den Kreuzzügen ein oder verteidigte die Interessen der christlichen Welt in vielen Schlachten. Der Drache ist zu einem profanen Symbol geworden, das für das Böse und Verderbliche steht. Nach und nach verlor der Drache seinen ursprünglichen religiösen Charakter und seinen göttlichen Status und wurde immer mehr als Propagandainstrument eingesetzt. Sei es, um den Gegner, das heißt die heidnische Kultur zu besiegen oder bei gesellschaftlichen Umbrüchen. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Fronleichnamsfest mit seinen wunderschönen Prozessionen zu einem sehr mächtigen Propagandainstrument im Kampf gegen die Reformation Martin Luthers eingesetzt. Es ist auch kein Wunder, dass sich den Fronleichnamsprozessionen in jener Zeit St. Georgsveranstaltungen anschlossen haben. Die so genannten „lebenden Bilder“ stellten die Drachentötung für das Volk dar. Der Drachenstich von Furth im Wald hat hier seinen Ursprung, und ist bis heute ein jährlich wiederkehrendes touristisches Großereignis. Bei den Drachenstichen führt man ein ritualisiertes Schauspiel auf, bei dem der Dialog zwischen dem Ritter und der bedrohten Jungfrau und die Tötung von Drachenattrappen dazugehören.

Abb. 4: Further Drachenstich

IV. Der Drache in der Gesellschaft25

Der Drache ist weit mehr als nur ein Phantasiewesen. Es hat den Anschein, dass der Drache ein gesellschaftliches Produkt sowie eine gesellschaftliche Herausforderung gewesen ist. Sicherlich ist er auch der Teufel im Sinne des Infragestellers von Macht- und Herrschaftsstrukturen gewesen. Diese

25 Schwerdt 2010, 121.

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Gleichsetzung von Drachen und Teufel ist nicht nur als die Personifizierung des Teufels selbst gemeint und nicht als der Teufel als Gegenspieler einer dem Volk als allmächtig verkauften ideologisch-religiösen Kopfgeburt, sondern der Teufel, der immer wieder Traditionen, Denkmuster, Institutionen oder verkrustete gesellschaftliche Strukturen in Frage stellt und diese aufzubrechen versucht. Es spielt keine Rolle, ob der Drache als gut oder böse betrachtet wird, das Entscheidende ist, dass er uns zur intellektuellen Auseinandersetzung, Polarisierung und zur Konfliktlösung zwingt. Bei der Erfüllung seiner Aufgabe, spielt auch der zeitliche und regionale Ursprung des Drachen keine wichtige Rolle, da er ohnehin immer das Produkt der jeweiligen Epoche und Kultur ist, in seiner Bedeutung, wie auch in seinem Erscheinungsbild und in den künstlerischen Ausdrucksformen. Die chaotische Natur als zentrale Herausforderung für die sich etablierenden Zivilisationen repräsentierte der Drache im frühgeschichtlichen Vorderasien. Dabei war der Drache nicht das Chaos selbst, sondern stellte in einem tieferen Sinn ein Modell dar, das die komplexen Abläufe der natürlichen Prozesse, das Wesen der Naturgewalten auf der Basis von Vertrautem, Begreifbarem und Beherrschbarem machte. Ohne solche Modelle ist der Mensch handlungsunfähig, denn jede gesellschaftliche Vision und Erkenntnis muss von Bekanntem ausgehen bzw. sollte sie zu einem Ergebnis führen. Das Modell des Drachen ist immer dann zum Einsatz gekommen, wenn es um sehr komplexe, gesellschaftliche Probleme gegangen ist. Der Drache ist das Modell, dass für die gesellschaftlichen Probleme herangezogen wurde, auf das sich die Gegner, seien sie noch so unversöhnlich, zur Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien immer einigen konnten. Im intellektuellen Disput des Mittelalters konnte man die komplizierten Verwerfungen zwischen weltlicher und religiös-ideologischer Realität an dem Modell des Drachen immer gut erklären, verstehen und bewältigen. Man hat es als gemeinsames Äußeres und innere Bedrohung angesehen, was der christlichen Kirche bei der Bewältigung ihrer gewaltigen Aufgabe half, die unzähligen barbarischen Stämme des Frankenreiches zu vereinen.

Egal in welcher Erscheinungsform, der Drache ist als Modell für gesellschaftliche Konflikte, Bedürfnisse und Interessen nur schwer zu ersetzen. Er ist einerseits Teil der menschlich-gesellschaftlichen Natur und insofern in ganz rationalem Sinn

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tatsächlich auch zu einem Naturwesen selbst geworden. Neues kann nur auf der Basis von Bekanntem entwickelt, erdacht und ersetzt werden, genauso wie Konflikte und Probleme nur bewältig werden können, wenn das intellektuelle Handwerkszeug zu ihrem Verständnis vorhanden ist. „Die Beschäftigung mit der Kulturgeschichte der Drachen, die zugleich eine Geschichte gesellschaftlicher Konfliktbewältigungsstrategien ist, könnte den dringen notwendigen lösungsorientierten Auseinandersetzungen über die Sozialsysteme, das Bildungssystem, die politischen Strukturen unserer Gesellschaft und möglicherweise sogar den Kampf gegen den heutigen so genannten Terrorismus, der dringend einer intellektuellen Ergänzung bedarf, einen gewissen Auftrieb verleihen.“26

Gesellschaftliche Probleme können nur unter Einbeziehung aller Blickwinkel bewältigt werden. Da der Drache gleichzeitig ein vertrautes und unheimliches Wesen ist und die menschliche Kultur seit tausenden von Jahren begleitet, wird man auf ihn auch in Zukunft nicht verzichten können. Der Drache verkörpert unsere äußere und innere Welt, unsere Feinde und Freunde, die Natur und die Technik, das Chaos und die Zivilisation sowie das Böse und das Gute. Er repräsentiert die ganze komplexe menschliche Kultur und das ganze Universum. Wahrscheinlich ist deswegen unsere Vorstellung von der Erscheinungsform des Drachen immer so konkret und genau, sein Wesen jedoch ist kaum zu fassen.

V. Die Drachen in China 27

Drachen in China symbolisieren Überfluss, Reichtum und Fruchtbarkeit. Die östlichen Drachen unterscheiden sich grundlegend von den westlichen Drachen. Obwohl die chinesischen Drachen keine Flügel besitzen, haben sie trotz allem die Fähigkeit, zu fliegen. Sie besitzen die Verwandlungskunst, sich in mehrere und beliebige Gestalten zu verwandeln und auch die Gestalt eines Menschen anzunehmen. Sie haben eine allgemein wohlwollende Art und sind im guten Verhältnis zu den Menschen, stehen immer in einem engen Bezug zum Wasser, insbesondere zum Regen. Die großen und majestätischen östlichen Herrscher

26 Schwerdt, 2010, 121. 27 Schuker 1995, 86-90.

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behaupteten, von den Drachen abzustammen, um damit ihre Göttlichkeit zu zeigen. Auch in der ätherischen Welt und der chinesischen Medizin werden Drachen sehr geschätzt und respektiert. Der chinesische Drache ist der bekannteste orientalische Drache überhaupt. Er hat einen langen schlangenartigen Körper und ein bärtiges wildes Gesicht. Laut Wang Fu, einem Gelehrtem aus der Han-Dynastie (202 vor Christus bis 220 nach Christus), besitzt der Drache neun Wesen in sich und wird folgend beschrieben: „Der Kopf eines Drachen ist der eines Kamels, seine Augen stimmen mit denen eines Dämons überein, seine Ohren mit denen einer Kuh, seine Hörner sind die verzweigte Geweihe eines Hirsches, sein Nachen ist der einer Schlange und sein Bauch der einer Venusmuschel. Er besitzt die Fußsohlen eines Tigers, hat Klauen wie ein Adler und 117 seiner Körper bedeckende Schuppen, wie sie ein Karpfen besitzt. 81 dieser Schuppen enthalten Wohlwollendes (Yang) und 36 Bösartiges (Yin), denn der orientalische Drache kann auch einen böswilligen Einfluß geltend machen, obwohl er meistens freundlicher Natur ist. Sogar seine Stimme ist ambivalent: lieblich und misstönend zugleich.“28 Dass der chinesische Drache ohne Flügel fliegen kann, verdankt er der Chi’ich muh, einer blasenförmigen Schwellung, die sich oben auf seinem Kopf befindet. In den Hautfalten unter seinem Kinn verborgen befindet sich eine Perle, die dem Drachen seine Kraft gibt.

Abb. 5: Chinesische Drache aus der Song Dynastie

Die Drachen in China durchlaufen einen Prozess, der 3000 Jahre dauert, in dem sie sich vom Drachenjungen zum erwachsenen Drachen entwickeln und verschiedene Phasen durchlaufen:

28 Schuker 1995, 86.

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„Aus einem edelsteinartigen Ei geschlüpft, dass ein Jahrtausend vorher gelegt wurde, ist er auf seiner Entwicklungsstufe eine Wasserschlange, die 500 Jahre braucht, um den Kopf eines Karpfens zu entwickeln. Nun wird er Kiao genannt. Die Veränderung zu einem fischartigen Wesen dauert schließlich ein weiteres Jahrtausend, in dem er sich auch die Schuppen eines Karpfens zulegt. Er entwickelt sich zu einem schlangeartigen Drachen, der vier kurze Beine hat, einen länglichem Schwanz, ein Gesicht, einen Bart und an jedem Fuß vier Klauen. In diesem Stadium seines Wachstums erhält der Drache den Namen Kiao-lung oder Lung, was mit „taub“ übersetzt werden kann, denn seine Ohren funktionieren nicht. In den nächsten 500 Jahren wachsen ihm jedoch ein Paar Hörner, durch die er hören kann. Nun heißt der Drache Kioh-lung und hat die bekannteste Gestalt der chinesischen Drachen angenommen. Aber seine Metamorphose ist noch nicht vollständig beendet. Weitere tausend Jahre sind noch notwendig, um das Charakteristische des orientalischen Drachen zu formen, eine Reihe von verzweigten Flügeln. Erwachsen wird der geflügelte Drache Ying-lung genannt.“29 Drachen besitzen die Fähigkeit, sich in verschiedene Gestalten zu verwandeln und sich mit verschiedenen anderen Spezies zu paaren, was die Ursache für viele ungewöhnliche und wunderbare Ereignisse ist.

Es gibt eine Vielzahl an chinesischen Drachen, vier davon sind jedoch besonders wichtig. Der himmlische Drache, T’ein lung, bewacht die Behausungen der Götter und ist der Beschützer des Himmels. Der geistige Drache, dessen Schuppen, azurblau sind, Shen-lung, ist der Herr der Stürme und bringt vom Himmel den Regen auf die Erde. Shen-lung Drache, hat fünf Klauen und nicht vier oder drei. Wenn ein Drache fünf Klauen besitzt, steht er auf der höchsten hierarchischen Stufe was die Drachen betrifft. „Der himmelblaue Drache bedeutet Osten, auch symbolisierten Drachen Wasser, und die Konturen vieler Berge und Hügel ähnelte mit ihren Wellenlinien schlafenden Drachen.“30

Darstellungen von solchen Drachen findet man auf den Gewändern und Insignien der chinesischen Kaiser. Man durfte diese nur für dekorative Zwecke verwenden.

29 Schuker 1995, 88. 30 Cherry 2009, 37.

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Wer sich nicht an dieses Gesetzt hielt, wurde mit dem Tod bestraft. Drachen wurden mit dem Kaiser gleichgestellt. Wie dem Drachen wurden auch dem Kaiser besondere wohltätige Eigenschaften zugeschrieben und man hatte beide als symbolische und geistige Wesenheiten geehrt und vergöttert. Drachen treten in der chinesischen Kunst in vielen Formen auf. In der Ming-Dynastie (1368-1644) hatte sich die Form des Drachen stabilisiert und wurde seither nicht mehr allzu sehr verändert. Es wurde für dekorative Elemente verwendet.

Es wurden viele Nachbildungen weiblicher Drachen in Form von Statuen oder Drachen, die in Tempel hausen, geschaffen, um damit den Regendrachen zu animieren, den Regen herabzusenden. Der Herr des Stroms, des Landes und des Flusses ist der so genannte Ti-lung Drache, der im Frühling im Himmel wohnt und im Herbst im Meer. Der Drache der Schätze ist der Fu-ts’ang lung Drache. „[…] Erd- und Regendrachen sind für die Fruchtbarkeit der Erde zuständig, dann ist es für Reisbauern ohne Zweifel nützlich, sich mit diesen Wesenheiten auf gutem Fuß zu stellen. […] der Kreislauf aus Fruchtbarkeit und Verwesung, im olympischen Griechenland und mehr noch in Indien ein erotisch-ekstatischer Taumel, wird im chinesischen Denken zum Hauptfaktor funktionierender Gewässer- und Agrarwirtschaft instrumentalisiert. Der Blaue Regendrache ergießt sich in die Ackerfurche, und der Erddrache sorgt dafür, dass der Schoß der Erde fruchtbar und bereit ist, den Samen des Blauen Drachen aufzunehmen.“31 Weiterhin gibt es noch das Drachenpferd, das ein göttlicher Botschafter ist, aus dem Fluß Lo stammt und das I-Ching offenbart. Das I-Ching, „Buch der Wandlung“ oder „Klassiker der Wandlung“ ist für die Chinesen so etwas wie die Bibel für den Westen. Es beinhaltet eine Sammlung von Strichzeichnungen, Trigramme des Weissagungssystems und zugeordnete Sprüche. Es gibt noch den Feuerdrachen, der einen menschlichen Körper besitzt. Er heißt Lung wang oder der unsterbliche Drachenkönig, der auf dem Grund des Ozeans in einem Palast wohnt. Der Drache mit Schuppen aus Obsidian ist der sogenannte Donnerdrache, der sich oft in einen Jungen mit ultramarinfarbener Haut verwandelt und auf einem Karpfen reitet.

31 Gößling 2003, 134.

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Der älteste Drache überhaupt ist der T’ao t’ieh Drache. „ Er hat nur einen Kopf und ein einziges Paar Vorderbeine, jedoch zwei Körper, die beide mit einem Paar Hinterbeine und einem Schwanz ausgestattet sind. Im zweitem Jahrtausend vor Christus von Kaiser Shin in den äußersten Weltraum verbannt, verkörpert dieses sechsbeinige Monster die Unersättlichkeit. Er wird oft auf Geschirr abgebildet, um die Gier zu schmälern. Mit einem zentriertem Kopf und einem Körper auf jeder Seite ist der T’ao T’ieh eine eindrucksvolle symmetrische Gestallt und ein beliebtes Modell für Künstler, die ein symmetrisches Objekt suchen, das den Mittelpunkt eines Fries oder Die Ecke einer dekorativen Schnitzerei einnehmen soll. “32

Doch nicht alle Drachen entsprechen einer Mischbildung von den vorher erwähnten neun Tierarten. Es gibt auch den Drachen, der ein Flußbewohner ist und die Beine und Hufe des Pferdes besitzt und auf seinem Rücken gekräuseltes Haar hat. Dieser Drache kann sowohl auf dem Wasser gehen als auch in der Luft fliegen. Doch in erste Linie ist er ein Flussgeist. Das Pferd repräsentiert in diesem Fall das Irdische, die Erde, während der Drache den Himmel symbolisiert.

Dass die Drachen in China die Erde geschaffen haben, war nicht so wichtig für damalige Gesellschaft. Jeder wusste es, doch man hat dem nicht so eine wichtige Bedeutung, wie z.B. in Europa geschenkt. Sehr viel wichtiger war, das die Drachen, die göttlichen Drachen, persönlich das ganze Reich erschaffen haben: Den Kaiserhof, das Ministerium, die Gesetze und den Kodex, in dem sich das nützliche und tugendhafte Handeln von Menschen wieder findet. Zusätzlich schmücken Drachen auch die Dächerlandschaft in China. Der Schriftsteller Wuh tsao tsu schrieb im Jahr 1592 ein Traktat über den Nachwuchs des Drachen. In diesem werden neun Arten von Drachenjungen beschrieben, die die Funktion der Schmuckformen haben: „[…] die p’u lao, Drachen, die gerne schreien und als Handgriffe an Glocken angebracht werden; die sze-niu, Musikliebhaber, die folglich Musikinstrumente zieren; die ch’i-wen, Drachen, die vorzugsweise verschlingen, deshalb auf Firstbalken der Häuser sitzen und die üblen Einflüsse wegschnappen; die chao-jing, mehr löwen- als drachenartigen Charakters, die die Höhle lieben und auf den vier Ecken des Daches sitzen; die ai-

32 Schuker 1995, 89.

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hwa, die Freude am Töten haben und folglich Schwertgriffe dekorieren; die hi-pi, eine Variante des Qilin, die die Literatur lieben und auf Grabornamenten erscheinen; die p’i-han, streitsüchtige Ungetüme, die als Wächter auf Gefängnistoren thronen; die swan-i, die gerne ruhen und zu den Füßen von Buddha- oder Boddhisattva-Statuen dargestellt werden; schließlich die pa-hia, das sind Schildkröten, die schwere Lasten tragen und unter Grabdenkmälern angebracht werden.33“

Man findet die Drachen noch bis heute, in vielen Facetten des alltäglichen Lebens der Menschen in China, Japan und südostasiatischen Ländern. Im Gegenzug dazu hat sich die Bedeutung des Drachen im Westen nicht bewahrt. Die Drachen in China hatte man nie versucht zu „zähmen“, zu besiegen oder zu töten. Daher lebt der Geist des Drachen noch immer im heutigen Asien und ist positiv verhaftet in der Gesellschaft.

VI. Legenden und Mythen in Europa

1. Das Alte Testament und das Neue Testament

In der jüdisch-christlichen Mythologie ist der Leviathan, hebräisch der sich Windende, ein Seeungeheuer. Die Beschreibungen enthalten Züge die von einem Krokodil, Drachen, Schlange bis zum Wal reichen. Die vorbiblischen Einflüsse, kommen aus den alten babylonischen und kanaanitischen Mythen. Die älteste Erwähnung ist die drachengestaltige mesopotamische Salzwassergöttin Tiamat, die vom Marduk, dem menschenerschaffenden Gott besiegt wurde. Beim kanaanitischen Götterpaar Ba’al und Anath, wird das Bild des drachengestaltigen Wesens noch deutlicher dargestellt und beschrieben in den gefundenen Tontafeln von Ugarit. Das siebenköpfige Seeungeheuer Lotan würden von denen besiegt. Lotan wurde auch mit dem Meeresgott Yamm gleichgesetzt. In Buch Hiob und in verschiedenen Psalmen der Bibel ist auffällig zu Beobachten, wie sich die fast gleichartigen Geschichten, wie die von dem Götterpaar Ba’al und Anath und anderen wieder finden.

33 Cherry 2009, 39.

28

Der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679), schrieb das Werk mit dem Obertitel Leviathan, erschienen im Jahr 1651. Ihm haben wir es zu verdanken, dass in die deutsche und andere europäische Sprachen, der Name eines alttestamentlichen Meeresungeheuers Eingang in den Wortschatz fand und sich dort fest verankerte. Jedoch nicht als schlangeförmiges Fabeltier, sondern im übertragenen Sinn als Symbol des allmächtigen Staates. Das Werk ist seinem Charakter nach eine Staatstheorie des aufkommenden Bürgertums. Der Untertitel lautet, „oder der kirchliche und bürgerliche Staat“. Augustinus von Hippo sah im Behemoth, den Satan, wobei Thomas Hobbes mit dem Leviathan den Staat als ein politisches Zwangssystem gemeint hatte. Sein Behemoth findet statt im 17. Jahrhundert und im englischen Burgerkrieg, wo kein Staat mehr existierte, sondern ein Zustand von Gesetzlosigkeit in einem Unstaat herrschte. Im Alten Testament wird Leviathan als vierköpfiges, schlangeartiges Seenungeheuer vorgestellt, dass von Jahwe in mythischer Vorzeit besiegt oder überwunden wurde oder dessen endgültige Vernichtung ans Ende der Zeit verlegt wird (Jes 27,I). Jahwe hat der „gewundenen“ und „schnellen“ bzw. eigentlich flüchtigen „Schlange“ (Jes 27,I), auch als tannin (Schlange, Drache, griech. drakon) bezeichnet (Ps 74,13), entweder die Köpfe abgeschlagen (Ps 74,14) oder sie gezähmt, sodass sie jetzt in den Ozeanen friedlich ruhen kann (Ps 104, 26). In der griechischen Bibelübersetzung werden tannin, Leviathan und Rahab mit drakon wiedergegeben. Im Griechischen wird, wie im Semitischen, nicht zwischen der Schlange und dem mythischen Drachen differenziert. In Jahwes Antwort auf Hiobs Frage nach der Theodizee werde darunter auch zwei furchterregende Lebewesen Leviathan (40,25ff.) und Behemot beschrieben (40,15ff.). Den erwähnten Details nach handelt es sich um das Nilpferd und das Krokodil, die beide in Palästina vorkamen. Dem Alten Testament ist die Vorstellung, dass Gott in grauer Vorzeit ein mythisches Wesen besiegte, das im Meer hauste, eigentlich fremd, denn diese Vorstellung stammt aus dem kanaanäischen Umfeld. Laut mythologischen Tradition musste sich Ba’al, ehe er seine Herrschaft als König antreten konnte, in der Stadt Ugarit diverser Konkurrenten erwehren. Mit dabei war auch der Meeresgott Yamm, („Meer“), der den Ansturm des Ba’al abwehrte. Yamm wurde auch von mehreren Wasserungeheuern im Kampf unterstutzt. Einer von Yammas

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Helfern war der Lotan, die „flüchtige Schlange“, die „gewundene Schlange“, die sieben Häupter besitzt. Lotans Charakterisierung als gewundene und flüchtige Schlange stimmt in der Wortwahl mit Jes 27,1 überein, sodass an einer Entlehnung im Kontext des Chaoskampfmotives, in dem sich Yamms Angriff widerspiegelt, kein Zweifel besteht. Die Verlegung von Leviathans endgültiger Vernichtung in die Endzeit, gehört in die Zeit, als die Prophetie bereits erloschen war. In die apokalyptische Bewegung sind Bilder und Visionsschilderungen eingeflossen, die oft mit Motiven verwoben sind, die nichtbiblischer Herkunft sind. Wenn daher in der sogenannten Jesaja-Apokalypse (Jes 24-27) der Leviathan alias Lotan auftaucht, ist es nicht verwunderlich, dass er als das Seeungeheuer wie in der ugaritischen Tradition beschrieben wird. Im Alten Testament spielt der Leviathan, zusammen mit dem Behemot, keine große Rolle. Jedoch wird ihnen in der Apokalyptik eine größere Aufmerksamkeit geschenkt. Beide Wesen sind einerseits nützliche, zu einem guten Zweck erschaffene Tiere, andererseits kann Leviathan wegen seines schlangenartigen Aussehens assoziativ auch mit dem Teufel verbunden werden. Im zweitem Teil des Henoch- oder auch Enoch-Buches, dem sogenannten Buch der Bilderreden oder dem messianischen Buch, wird der Leviathan als weibliches Seeungeheuer angesehen, das in den Tiefen des Meeres haust, wo die Wasserquellen des Urozeans entspringen. Im Gegensatz dazu ist Behemot ein schreckliches, männliches Landtier und treibt sich in der Wüste östlich des Paradieses herum (äthHen 60,7f.) Im IV. Esra Buch, das ins erste Jahrhundert n. Chr. datiert wird, klagt der Apokalyptiker, der sich den Namen des biblischen Esra zugelegt hatte, über die missliche Lage des von Gott erwählten Volkes Israel. Es beschreibt die sieben Schöpfungstage und zählt all die Wunder auf, die Gott an den einzelnen Tagen vollbracht hat. Die Krönung ist der letzte Tag mit der Erschaffung des Adam, von dem Israel als Gottes Volk abstammt. Aus Genesis I,21 erschließt sich, dass Gott am vorletzten Schöpfungstag Leviathan und Behemot erschuf. Beide Tiere werden als riesengroß beschrieben, Leviathan der in Meer lebt und Behemot, der ein Landtier ist. In der Beschreibung in IV. Esra 6,49-52 wird geheimnisvoll angedeutet, dass die beiden Tiere verzehrt werden sollten. Von wem sie verzehrt werden, verrät die Baruch-Apokalypse, die Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. geschrieben wurde. Mit dem Erscheinen des Messias lassen sich auch die beiden riesengroße Tiere Behemot und Levithan – von jeder

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ihrer Spezies gibt es wie beim Einhorn oder dem Vogel Phönix nur ein einziges Exemplar – zeigen. Leviathan taucht aus dem Meer aus und der Behemot kommt aus seinem Land herbei. Beide dienen als Speisen für die übrig gebliebenen Frommen, die alle Schrecken der Apokalypse und der Zerstörung der Endzeit überstanden haben. Obgleich die beiden Tiere uralt sind, man erfährt aus dem göttlichem Munde, dass sie erschaffen wurden, um am Ende der Tage in der messianischen Zeit aufgegessen zu werden (syrBar 29,4).34 „In dem neutestamentlichem Buch der Offenbarung („Apokalypse“) des Johannes erlebt die auf die Jesaja-Apokalypse zurückgehende Tradition eine weitere assoziative Ausdeutung und traditionsgeschichtliche Anreicherung, indem verschiedene Überlieferungen, die ursprünglich selbständig waren, miteinander verbunden werden.“35 Im Kapitel 12. der Genesis, wird der Drache in Anspielung auf das vierte Tier aus den Visionen von den vier Weltreichen in Daniel 7 als Fabeltier mit sieben Köpfen und zehn Hörnern beschrieben. Aus einem der Rachen kommt ein Wasserstrom, was daraufhin deutet, das der Drache ursprünglich nicht als Landtier, sondern als Wassertier gedacht war, bzw. dem flüssigen Element angehörte und somit als Nachfahrer Leviathans anzusehen ist. Von Michael, dem Arichistrategos des himmlischen Heeres, wird der Drache samt seinen Engeln aus dem Himmel vertrieben und auf die Erde gestürzt. Wie Johannes betont, ist der „große Drache“ niemand anderer als die „alte Schlange“, die Teufel (griech. Diabolos) und Satan heißt. Hier kommen verschiedenen Traditionen zusammen; „[…] Vernichtung der Schlangenungeheuers Leviathan am Ende der Zeiten, Engelfall aus dem ätiopischem Henochbuch 6, bzw. Sturz Luzifers als oberstem Engel (vgl. Jes 14,12f.) und seine Ablösung durch Michael und die Geschichte vom Sündenfall aus Gen 3. Der Drache wird schließlich vor Anbruch des Millenniums in Ketten gelegt und in den Abyssos (Abgrund, Tiefe, Unterwelt) geworfen, aus dem er erst wieder kurz vor dem Endgericht, wenn die 1000 Jahre dauernde glückselige Zeit abgelaufen, für kurze Zeit befreit und auf die Menschheit losgelassen wird (20.I- 3.7.10). Noch ehe das Weltgericht stattfindet, wird der Teufel, der Drache, in einen

34 Joger/Luckhardt 2007, 11-12. 35 Joger/Luckhardt 2007, 12.

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feurigen und schwefeligen See geworfen, wo er bis in alle Ewigkeit Tag und Nacht schweren Qualen ausgesetzt ist (20,10). “36

Die mandäischen Schilderungen des Weltendes verlaufen nach dem gleichen Traditionsstrang wie die Johannes-Offenbarung. Auch hier findet eine Identifikation der widergöttlichen Macht mit Leviathan statt. Der alte und große Leviathan wird mit Ur, dem Herrn der Finsternis, der großen Schlange gleichgesetzt, der die Erde verschlingt und in der Welt der Finsternis verbleibt. Das Wort Leviathan lässt sich aus dem Hebräischen ableiten und bedeutet soviel wie "gewunden" oder auch "das Geringelte". In der Bibel wird der Leviathan als Ungeheuer, Schlange, Drache beschrieben (Jesaja 27,1). Sein Name kennzeichnet gleichzeitig eine Bewegung, die das Meer bedeuten kann, das sich um den Planeten legt, aber auch die Ewigkeit in ihrer Spiralenform. Auf jeden Fall aber veranschaulicht er die Gestalt der Bestie, die sich aber nicht genau beschreiben lässt, denn Leviathan ist Drache, ein- oder mehrköpfige Schlange, Krokodil oder auch überdimensionaler Fisch bzw. Wal. Er ist die von Gott besiegte Verkörperung des Chaos, des Teufels oder des Antichrists.

Es gibt etwa 36 verschiedene Schlangenarten in Palästina, die aber, abgesehen von einigen, meist nicht giftig sind. Das Wort „nahaš“ ist das Hebräische Wort für Schlange, währen „tannin“ Seeungeheuer, Meeresdrache, für schlangenartige Fabelwesen benutzt wird, von denen man glaubte, dass sie vornehmlich im Meer leben und riesengroß werden. Nachdem der Glaube an diese Wesen ins Wanken geriet und der Glaube an ihre reale Existenz mit der Zeit nachgelassen hatte, konnte man das Wort „tannin“ unter anderem auch für große Fische, Schlangen oder das Krokodil benutzten. In Israel begegnete man den Schlangen mit einer gewissen Scheu, da sie ja nicht ganz ungefährlich waren. Schlangen bewegen sich auf eigenartige Weise fort, als ob sie sich vom Staub der Erde ernähren (vgl. Gen 3,14f.), sie haben keine Beine, sie legen Eier wie die Vögel, aus denen die kleinen Schlangen schlüpfen (Jes 59,5). Sie lieben verlassene Gemäuer als Behausung (Am 5,19; Koh 10,8), Felsen (Prov 30,19) oder die Wüste (Dt 8,15). Weil die Schlangen Schuppen besitzen,

36 Joger/Luckhardt 2007, 12.

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zählen sie zu den unreinen Tieren und durften deshalb nicht gegessen werden (Lev 11,10.42; Dt 14,10). Das Proverbienbuch (23,32) vergleicht den Biss einer Schlange mit der Wirkung des Weines. Die Schlange gilt im Volksglauben als listiges und tückisches (Ges 3,1, vgl. ferner Mt 10,16; 23,33), aber auch als kluges Tier. Kombiniert man die Klugheit mit dem Guten, dann gehören List und Tücke in die Kategorie des Bösen. Im jahwistischen Schöpfungsbericht (Gen 2,4b-3) wird die Schlange als besonders trickreich geschildert. So wie alle anderen Tiere Geschöpfe Gottes sind, ist es auch die Schlange, jedoch ist sie klüger als die anderen Tiere des Feldes. „Die Schlange symbolisiert faktisch den in Eva aufsteigenden Zweifel, der nach außen verlagert wird und in Gestalt eines sprechenden Tieres auftritt, dass Gottes Verbot kritisch hinterfragt und ihm unterstellt, dass er dem Menschen etwas vorenthalte, was ihm eigentlich von Rechts wegen zusteht.“37 Biblisch gesehen, geht es um den Wunsch des Menschen nach allumfassender Erkenntnis der Dinge, nach dem „Genuss“, von den Früchten des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen zu kosten (2,17; 3,1ff.). Das Gegensatzpaar Gut und Böse repräsentiert und stellt eine Gesamtheit an Erkenntnis dar, die eigentlich nur Gott selbst zukommt. Das erste Menschenpaar wird aus dem paradiesischem Garten verwiesen. Adam, Eva und die Schlange kommen nicht ungestraft davon. Die Schlange repräsentiert, wie schon oben erwähnt, keineswegs das Böse, sondern nur den Zweifel, der in Eva erweckt wird. „ Die Identifikation der Schlange mit dem Satan erfolgt erst in nachalttestamentlicher Zeit in der zwischentestamentlichen Literatur, im Spätjudentum und frühen Christentum, als wegen der Theodizeeproblems alles, was mit dem Bösem zu tun hat, von Gott ferngehalten wird. Der Satan kommt im Alten Testament nur dreimal vor, stets in Schriften der nachexilischen Zeit, als man sich scheute, Gott wie zuvor Schöpfer von Licht und Finsternis als Schöpfer von Gut und Böse zu sehen (Jes 45,6f.). […] der Satan („Widersacher“, griech. diabolos „Verleumder“, davon abgeleitet: Teufel, devil, diable etc.) eine Art himmlischer Staatsanwalt, der zu Gottes Bediensteten gehört. Erst im Chronikbuch (4. Jh. V. Chr.) wird Satan als Eigenname verstanden (I.Chron 21,1).“38

37 Joger/Luckhardt 2007, 13. 38 Joger/Luckhardt 2007, 13.

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In der Erzählung von der Ehernen Schlange (Num 21,4-9), wird vermutlich die Existenz eines Stabes im Jerusalemer Tempel legitimiert, an dem eine bronzene Schlange befestigt sein sollte. Das Bild dieser Schlange hieß „Nehustan“. Die Israeliten würden,

Abb. 6: Die eherne Schlange

während der Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten wurden die Israeliten von einer Schlangeplage heimgesucht und viele starben an den giftigen Bissen der Schlangen. Auf Befehl Gottes stellte Moses einen weithin sichtbaren Stab auf, an dem die Nachbildung einer Schlange aus Bronze zu sehen war. Die Erzählung besagt, dass jeder, der von einer Schlange gebissen wurde und zu dem Schlangenstab emporblickte, am Leben blieb und gerettet war. Das Schlangenbild stand im Tempel von Jerusalem und fiel der Kultreform des Königs Hiskias (725- 697 v. Chr.) zu Opfer (II. Reg 18,4.22).39

2. Kleinasien und Syrien

Hedammu ist ein schlangenförmiges Meeresungeheuer, das sich im hethitischen Mythos erhalten hat. Die Handlung findet statt auf dem Berg Sapan, der 50 km nördlich von Ugarit in der Nähe der Mündung des Orontes am Mittelmeer liegt. Hedammu ist der Sohn von Kumarbi und Šertapšuruhi, einer Tochter des „großen Meeres“. Der Hedammu soll riesengroß gewesen sein, verwüstete das Land, fraß es kahl und beraubte die Menschen ihrer Existenz. Šauška von Ninive, wie Ištar auf Hurritisch gennant wird, sah als erste den Schlangendrachen und berichtete darüber ihrem Bruder Teššub, dem Wettergott, der auf dem Berg Hazzi wohnte. Es

39 Joger/Luckhardt 2007, 11-13.

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fand eine Götterversammlung statt, an der auch Kumarbi teilnahm, und man beschloss, dem Treiben Hedammus ein Ende zu bereiten. Šauška wurde beauftragt, den Schlangendrachen mit ihren Verführungskünsten aus dem Meer locken und ihn in Schlaf zu versetzten. Šauškas Zofen, Ninatta und Kulitta, begleiteten sie zum Strand, wo Šauška ihre Kleider fallen ließ, während die beiden musizierten. Angelockt vom Klang der Musik und verzaubert vom Anblick der hüllenlosen Göttin ließ sich Hedammu in ein Gespräch verwickeln. Die Göttin schüttete ein Zaubermittel ins Meereswasser, wodurch Hedammu in einen tranceartigen Zustand verfiel und sich überreden ließ, aus dem Wasser zu kommen. Sein riesiger Körper hätte 70 Städte unter sich begraben können. Da der Text an dieser Stelle abbricht, ist nicht klar, welches Ende Hedammu nahm. Der Text nimmt an einer anderen Stelle die Erzählung wieder auf. Wir erfahren, dass Kumbari, den sein Sohn, der Wettergott, in der Herrschaft beerbt hatte, auf Rache sann und eine Konterrevolution anzettelte. An seiner Seite standen der Meeresgott und sein Gefolge. In Ugarit erzählte man von einem ähnlichen Mythos. Aus den erhaltenen Keilschriften lässt sich der Anfang des Ba’al Epos nicht genau rekonstruieren, doch thematisch kreist das Epos um die Frage, wer unter den Göttern in der Lage ist, die Herrschaft auszuüben. Das Oberhaupt des Pantheons war der König El, dem allein der Titel König zukommt. König El gestattete Yamm, dem Gott des Meeres und der Flüsse, einen Palast zu bauen, was dazu führte, dass Yamm die aktive Herrschaft über die Erde ausüben wollte. Durch einen Boten forderte Yamm eine Götterversammlung und die Auslieferung des Wettergotts Hadada, der stets nur Ba’al („Herr“) genannt wird, wofür er eine Mehrheit fand. Es kam zu einem Kampf, der mit dem Sieg des Wettergottes endete. Yamm schickte die Seeschlange, den Drachen Lotan, der sieben Köpfe hat, in den Kampf, der von Ba’al und Anat niedergerungen wurde. In leicht umgestalteter Form wurde Yamms chaotischer Ansturm ins Alte Testament übernommen und dem Jahweglauben angepasst. Es gab noch einen weiteren Mythoskomplex in Kleinasien, in dem dem Schlangedrachen eine große Rolle zugeschrieben wurde. Die Überlieferungen des Mythos kommen in zwei unterschiedlichen Fassungen vor. Beide enden damit, dass die Illuyanka-Schlange, anlässlich eines Konfliktes mit dem Wettergott ums

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Leben kommt, was aber ohne List nicht möglicht ist. Illuyanka symbolisiert die dunkle Regenwolke. In der ersten Version besiegt der Schlangedrache Illuyanka den Wettergott bei dem Ort Kiškilušša. Der unterlegene Gott bat die anderen Gottheiten um Hilfe und nur Inara, die Tochter des Wettergottes, eilte ihm zu Hilfe. Inara veranstaltete ein großes Fest und ließ große Mengen an Wein und Bier herbeischaffen. Sie versicherte sich auch Hilfe von einem Menschen aus der Stadt Zigaratta. Dieser hieß Hupašiya und versprach, alles zu tun, was Inara wünschte, unter der Bedingung, dass er mit ihr schlafen dürfe. Inara erfühlte Hupašiyas Wunsch und nahm ihm mit zu ihrem Wohnsitz, wo alles für das Fest vorbereitet war. Die Gäste, die zum Fest eingeladen wurden, waren nur Illuyanka, der natürlich dafür seine Höhle verließ, und die Familie. Nach dem Fest waren die Gäste völlig berauscht und die Schlange Illuyanka war so vollgefressen, dass sie nicht mehr durch den Spalt der Höhle passte. Hupašiya eilte hervor und fesselte den trunkenen Illuyanka. Auf den Augenblick wartete auch schon der Wettergott, der dem Hupašiya zu Hilfe kam und den Illuyanka tötete. Die zweite Version endet in einem Dilemma. Illuyanka tötete den Wettergott, nahm ihm seine Augen und sein Herz und beraubte ihn dadurch seiner Kraft. Um wieder in den Besitzt seiner Kräfte zu kommen, nahm der Wettergott die Tochter eines armen Mannes zu Frau. Ihr gemeinsamer Sohn heiratete die Tochter Illuyankas. Die Eheschließung erfolgte matrilokal, was bedeutet, dass der Sohn zu seiner Frau zieht und fortan zur Familie der Frau gehört. Bei der Morgengabe erbat er sich Herz und Augen seines Vaters, des Wettergottes, was ihm gewährt wurde. Als er die Körperteile seinem Vater brachte, gewann der Wettergott seine frühere Gestalt und Stärke wieder zurück und forderte somit den Schwiegervater seines Sohnes erneut zum Kampfe heraus. Der Sohn befand sich nun in dem Dilemma, ob er Partei für seinen Vater oder Schwiegervater ergreifen soll. Er entschied sich für seine neue Familie und erlitt mit Illuyanka den Tod.40

40 Joger/Luckhardt 2007, 14-15.

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3. Das alte Griechenland

Der Illuyanka Mythos wird im alten Griechenland weitergeführt bzw. übernommen von Zeus‘ Kampf gegen Typhon. Das Ungeheuer Typhon oder Typhoeus wird beschrieben als ein Wesen mit 100 Schlangenköpfen, die schreckliche Töne von sich gaben, und zwei riesigen Schlangenfüssen. Traditionsgeschichtlich gesehen ist er ein Nachfahre von Illuyanka, doch vom Aussehen her gehört er nicht zu den klassischen Schlangendrachen. Typhon war der Sohn des Tartaros, den die Erdgöttin Gaia in einer Grotte bei Korykos in Kilikien gebar. Gaias Sohne, die Titanen und Giganten, unterlagen in einem Kampf dem Zeus. Gaia schickte Typhon aus, der sich im Wüten der Stürme und Vulkanausbrüchen offenbarte. Mit seinen Blitzen besiegte Zeus das Ungeheuer Typhon und verbannte es in die Unterwelt. Ein weiterer Mythos handelt von der Hydra von Lerna, einer Wasserschlange. Sie war eine mehrköpfige Schlange, die in den Sümpfen von Lerna hauste. Die Bewohner von Argolis wurden von ihr tyrannisiert, da sie die Felder verwüstete und Viehherden dezimierte. Den Bewohnern kam Herakles, lateinisch Herkules genannt, zu Hilfe. Die Hydra hat meistens neun Köpfe, von denen immer einer unsterblich war. Wurde ein Kopf abgeschlagen, wuchsen zwei neue nach. Iolaos, der Neffe des Herakles aus Theben, half ihm beim Kampf gegen die Wasserschlange. Herakles schoss zuerst Brandpfeile auf die Hydra ab, um sie aus ihrer Behausung zu locken und schnitt ihr die Köpfe mit einem Sichelschwert ab, wobei sofort zwei neue nachwuchsen. Der riesige Krebs Karkinos eilte herbei, der Hydra zu helfen und zwickte Herakles ins Bein, doch der Held tötete das Tier mit einem Fußtritt. Iolaos brannte mit flammenden Holzscheiten die frisch abgeschlagenen Schlangenhälse aus, sodass keine neuen Köpfe nachwachsen konnten. Den unsterblichen Kopf der Schlange schlug Herakles ab, vergrub ihn in der Erde und setzte einen schweren Stein drauf. Anschließend tauchte er seine Pfeile in die Galle der Hydra und jeder, der von diesen Pfeilen getroffen wurde, starb an den tödlichen Wunden. Doch der König wollte die Tat nicht anerkennen, weil sich Herakles der Hilfe seines Neffen bedient hatte. Herakles war der Sohn des Zeus und der Alkmene, der Gattin des Amphitryon. Die Frau des Zeus, Hera, war über die ständigen Liebschaften ihres Göttergemahls nicht sehr erfreut und trachtete Herakles schon als Kleinkind nach dem Leben.

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Abb. 7: Herkules tötet die Schlangen

Sie schickte zwei Schlangen aus, um ihn zu töten, doch Herakles, der nicht einmal ein Jahr alt war, erwürgte sie. Zu den weiteren zwölf Arbeiten von Herakles zählte auch die Reise zum Garten der Hesperiden. Der Göttergarten wurde von dem hundertköpfigen Schlangendrachen Ladon und den Hesperiden, den Töchtern der Hesperis (Abendstern) oder der Nyx (Nacht) gehütet. In dem Garten befand sich ein Baum mit goldenen Äpfeln, den einst Gaia dem Zeus und der Hera zur Hochzeit geschenkt hatte. Der Baum wurde von Ladon bewacht. Man stellt sich Ladon als opis (Schlange) oder drakon (Drache, Schlange) vor, der sich um den Baum schlang und nie schlief. Der Hüter der goldenen Äpfel wurde von Herakles besiegt oder von den Hesperiden eingeschläfert.

Ein weiterer Mythos handelt von einem Stier. Als Stier mit menschlichem Gesicht, aber mit Stierhörnern dargestellt, wurde Acheloos, der bekannteste und prominenteste unter den griechischen Flußgöttern. Acheloos war der Sohn des Okeanos und der Tethys. Die Flußgötter erschienen ansonsten in theriomorpher Gestalt als Stiere. Acheloos konnte im Gegensatz zu anderen Flußgöttern seine Gestalt verändern. Er war der Vater der Sirenen und der Nymphen. Acheloos verliebte sich in Deianeira, die Tochter des Königs Oineus bzw. Gottes Dionysos, die aber auch von Herakles begehrt wurde. Acheloos war dem Herakles nicht gewachsen, obwohl er sich zuerst in eine Schlange und dann in einen Stier

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verwandelte, um gegen ihn zu kämpfen. Herakles brach dem Acheloos ein Horn ab, schenkte es aber später dem besiegten Gegner. Im Gegenzug gab Acheloos dem Herakles das mit Blumen und Früchten gefüllte Horn der Ziege Amaltheia, das ein Geschenk des Zeus war und dem Flußgott gewidmet wurde.

Dann gibt es noch die Sage von Jason und den Argonauten. Jason reiste von seiner thessalischen Heimatstadt Jolkos am Pagasäischem Golf nach Kolchnis, um das Goldene Vlies, dass goldene Fell des Widders Chrysomallos, zu holen. Er unternahm die Fahrt mit einer Schar griechischer Helden, den Argonauten, die nach dem Schiff Argo benannt wurden. Der kolchische König Aietes, ein Sohn des Helios, wollte das Vlies besitzen, das im heiligen Hain des Gottes Ares in einer Eiche hing und von einem Drachen bewacht wurde. Der Drache war ein Sohn des Typhon und der Echidna (Schlange). Medeia, die Tochter des Königs Aietes, verliebte sich in den griechischen Helden Jason und half im, indem sie den Schlangendrachen mit einem Zaubermittel einschläferte, sodass Jason das Vlies rauben konnte.

Abb. 8: Jason und das goldene Flies

Eine weitere Legende handelt von dem Kampf zwischen Perseus und einem Meeresungeheuer, das ketos (großes Seetier, Meeresungeheuer) bekannt wurde und nicht drakon, Drache. Diese Motivik entspricht den Drachengeschichten in Märchen, in denen der Drache ein Mädchen oder eine Frau bewacht und als er es essen will, von einem jungen Mann getötet wird. Perseus war der Sohn von Zeus und Danae. Danae wurde von ihrem Vater Akrisios, dem König von Argos, eingesperrt in einem verschlossenen Gemach, da das Delphische Orakel ihm prophezeit hatte, dass er auf die Geburt eines Sohnes

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vergeblich warte, aber einen Enkel erhalten werde, der ihn töten werde. Zeus verwandelte sich in einen Goldregen und gelangte so ungehindert zu Danae. Sie zeugten den Perseus. Hermes und Athena geben Perseus eine Tarnkappe zum Geschenk. Perseus schlug der Medusa, der jüngsten von drei Gorgonen, mit einer von Hermes erhaltenen Harpe (Sichelschwert) das Haupt ab, steckte es in seine Zaubertasche (kibisis) und entkam den beiden anderen Schwestern dank der Tarnkappe und der Flügelschuhe durch die Lüfte. Er schenkte das Haupt der Göttin Athena, die es fortan als Gorgoneion auf ihrem Brustpanzer trug. Das Medusenhaupt, dem Schlangen aus dem Haar wachsen, hatte eine Unheil abwehrende und Furcht einflößende Wirkung gehabt.

Abb. 9: Minerva mit Schild auf dem der Kopf von der Medusa dargestellt ist

In der Kadmos-Sage wird berichtet, dass man ein Ungeheuer auch mit Steinwürfen töten kann. Kadmos war ein Sohn des phönizischen Königs Agenor und seiner Frau Thelephassa. Er befragte das Orakel von Delphi nach seiner entführten Schwester Europa, die von Zeus, indem er sich in einen Stier verwandelt hatte, über das Meer entführt worden war. Das Orakel sagte dem Kadmos, er solle sich um das Schicksal der Schwester nicht sorgen, sondern einer Kuh mit mondförmigen Flecken folgen und dort, wo das Tier stehen bleibe und sich hinlege, eine Stadt gründen. So wurde schließlich Kadmeia, die Burg von Theben gegründet. Als seine Gefährten Wasser von einer Quelle holten, wurden sie von

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einem Drachen angegriffen und getötet. Der Drache war eine Riesenschlange. Die antike Tradition stellte sich den Drachen als Riesenschlange vor. Kadmos tötete den Drachen mit Steinwürfen. Athena befahl ihm, dem Drachen die Zähne herauszubrechen und diese in die Furchen eines gepflügten Feldes auszusäen. Bild 10. Kadmos und der Drache

Zu den Feinden Apolls gehörte Python, der der Sohn von Gaia war. Python war ein Schlangendrache am Omphalos in Delphi, der Apoll den Weg dorthin versperrte. Der Schlangedrache wurde von dem Gott durch Pfeilschüsse getötet. Die Überwindung des Drachen trug Apoll den Beinamen Pythios ein. Die Pythischen Spiele, bei denen es zu verschiedenen Wettkämpfen kam, wurden von Apoll selbst zur Erinnerung an seine Tat gestiftet.

Abb. 11: Apoll tötet den Drachen Python

Eine der bekanntesten Statuengruppen der Antike, stellt den Tod des Laokoon und seiner Söhne dar, die von den Schlangen erwürgt werden. Laokoon warnte die Trojaner vergeblich vor dem hölzernen Weihgeschenk für Athena, das die Griechen den Trojanern vor der Stadt Troja zurückgelassen hatten, bevor sie zum Schein davonsegelten. Laokoon warf ein Speer auf das hölzerne Pferd, was einen dumpfen Ton verursachte, als wäre es hohl. Als Laokoon sich am Meeresufer auf

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eine Stieropferung vorbereitete, kamen plötzlich zwei Schlangen aus dem Meer, ringelten sich um ihn und seine Söhne und erstickten sie. Die Trojaner sahen in Laokoons Tod die Strafe, die im zugefallen war, weil er das Geschenk der Göttin vorenthalten wollte. In anderen Quellen gibt man dem Apoll die Schuld an Laokoons Tod, weil er verärgert über den Priester war, der nicht ehelos geblieben war. 41

Bild 12. Laokoons Gruppe

4. Die Germanen42

Auch in den germanischen Mythen und Sagen spielen Drachen (germ. Äquivalent: „Wurm, Lindwurm“) und auch Schlangen (altengl.: Wyrm, altnord. ormr) eine nicht unbedeutende Rolle. Die Midgardschlange (Midgardsormr), eine riesige Schlange, gehört in das Reich der Fabeltiere. Sie haust im Meer, umgibt die als Scheibe gedachte Erde und beißt sich selbst in den Schwanz. Mitgard bedeutet so viel wie der Mittelhof und liegt in der Mitte der immergrünen Weltenesche Yggdrasil und ist über Bifröst, den Regenbogen, mit Asgard verbunden, wo das Göttergeschlecht der Asen wohnt. Die riesige Midgardschlange ist ein Kind der Riesin Angrboda und ihres Geliebten Loki, Odins Blutsbruder, der in den nordischen Mythen die Funktion hat, ein

41 Joger/Luckhardt 2007, 15-19. 42 Gößling 2003, 227-257.

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Schwindler zu sein und die Asen des Öfteren aus misslichen Situationen durch eine List befreit. „[…] Loki, der Erzeuger aller Drachen und Monster des mythischen Nordens […] Loki ist der Satan des nordischen Götterhimmels, allerdings ein Mephisto im vor- und außerchristlichen Sinne: ein schamanenhafter Zauberer, Gestaltwandler und – als Blutsbruder von Allvater Odin – ein Deus inversus, der nicht das „ absolut Böse“, sondern Schalk, List und Tücke verkörpert, die auch dieser Schöpfung von Anbeginn unauflöslich beigemischt sind.43

Thor, der im Süden Donar heißt, versuchte einst die Midgardschlange mit einem Angelhaken an dessen Ende ein Stierkopf hing, zu fangen, was ihm jedoch nicht gelang. Hymir, der Riese, schnitt den Angelhaken durch, als Thor seinen Hammer Mjyollnir schwang und den Kopf der Schlange zu treffen versuchte. Der Hammer Mjyollnir wurde von den Zwergen Sindri und seinem Brüder Brock geschmiedet. Um einen Bierbottich für die Götter zu beschaffen, war Thor zusammen mit Tyr zu dem Riesen Hymir gegangen. Zuvor musste aber Thor an einem Wettfischen teilnehmen. Hymir fing ein Walfisch, und um ihn zu übertrumpfen, wollte Thor erneut die Midgardschlange fangen, was ihm aber wieder nicht gelangen. Einst suchten Thor und Loki den Riesen Utgard-Loki auf, wo sie sich verschiedenen Kraftproben stellten. Dazu gehörten Wettessen, Wetttrinken und andere Proben. Thor gelang es nicht, bei einer der Wetten, die große Katze von Utgard-Loki hochzuheben, dabei handelte es sich um die Midgardschlange. Bei der Götterdämmerung gelang es dann Thor, die Midgardschlange mit dem Hammer Mjöllnir zu vernichten, jedoch kam er selbst bei diesem Kampf ums Leben.

„Eine kostbare Ausnahme von der Regel alteuropäischer Kulturzertrümmerung bilden jene beiden nordischen Textdenkmäler, die unter dem wunderlichen Namen Edda („Urgroßmutter“) weltberühmt geworden ist. Diese in altisländischen Sprache verfassten Strophen und Sprüche (ältere Edda) und Prosa-Erzählungen (Jüngere Edda) beschwören eine „heidnische“ Götter- und Kriegerwelt, die dem Denken und der Lebenswirklichkeit Nordeuropas von Eintreffen der päpstlichen Streiter gewiß ähnlicher ist als die Zerrbilder, welche die christlichen Missionare zu entwerfen

43 Gößling 2003, 231.

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pflegten. Gleichwohl erlaubt uns auch die Edda keinen unverstellten Blick in die altnordische Welt: Diese bunte Mischung aus Kosmogonie, Götter- und Heldensagen wurde erst 800 n. Chr. (ältere Edda) beziehungsweise 1200 n.Chr. (Jüngere Edda) aufgezeichnet. Unbiblischer Geist weht uns allenthalben aus diesen Blättern entgegen, doch der Autor zumindest der Jüngeren Edda, Snorri Sturluson, war ein überzeugter Christi.“44 Währen im Nibelungenlied die mythologische Sage immer mehr christliche Züge annimmt und die ursprüngliche Geschichte mehr oder weniger beseitigt wurde, kommt die Geschichte in dem altisländischen literarischen Werk der Edda, in der Überlieferung noch ganz intakt vor. In der 3. Aventiure berichtet Hagen von Tronje den Frauen am Hof in Worms, dass Siegfried aus Xanten am Niederrhein einen Schlangendrachen tötete. Nach der Tat nahm Siegfried ein Bad in dem Blut des Schlangendrachen und wurde dadurch unverwundbar. Doch über den Drachenkampf selbst wird nicht genau berichtet. Bei einem anderem Abenteuer, kam Siegfried in den Besitzt des Nibelungenhortes. Er hatte ihn den Zwergen Nibelung und Schilbung abgenommen, die er bei einem Berg erschlug. Siegfried wurde das Schwert Balmung geschenkt von Ni-belung (abgeleitet von Nebel-heim/Nifl-heim „Nebelheim, Dunkelheim“, dem Land der Zwerge), nach dem auch der riesige Schatzt benannt war. Der Zwerg namens Alberich eilte seinen beiden Brüdern zu Hilfe und überwand Siegfried, der den Schatz stehlen wollte, jedoch machte sich Siegried mit Hilfe seiner Tarnkappe unsichtbar. Anschließend setzte ihn Alberich als Hüter des Schatzes ein. In den Überlieferungen sind die Geschichten noch stark mythologisch eingefärbt, was daraus ersichtlich ist, dass z. B. der Drachenkampf und der Schatz nicht voneinander getrennt sind so wie in den südlichen Überlieferungen, sondern zusammen gehören.45

Durch die Christianisierung Europas wurden die alteuropäischen Kulturen nahezu ausgelöscht. Da die Mythen und Bräuche des alten Europa überwiegend mündlich überliefert wurden, scheint der größte Teil der keltischen, germanischen oder slawischen Kosmogonie unwiederbringlich verloren zu sein. In den alten Kulturen,

44 Gößling 2003, 227. 45 Joger/Luckhardt 2007, 20-22.

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spielen Drachen eine herausragende Rolle bei der Erschaffung von Welten, sei es als Urstoff der Schöpfung, als Gottheit oder in beiden Wesenheiten. „[…] So wie die Kälte von Niflheim, der Eiswelt, kam und alles Ungestüm, so war die Seite, die nach Muspelheim sah, warm und licht, und Ginnungagap dort so lau wie windlose Luft und als die Glut auch dem Reif begegnete, also dass er schmolz und sich in Tropfen auflöste, da erhielten die Tropfen Leben durch die Kraft dessen, der dir Hitze sandte. Da entstand ein Menschengebild, das Ymir (ymra- rauschen) genant ward (JE 264) […].“46 Ymir war ein Riese, von dem alle späteren Riesen abstammten. Er erinnert in seiner urtümlichen Schöpferkraft wie auch hinsichtlich seines Schicksals an die babylonische Urdrachin Tiamat, die Allerschaffende und Allgebärende. Ymir war auch ein Hemaphrodit, der die ersten Kreaturen aus eigener Vollkommenheit gezeugt und geboren hatte. Doch Ymir hatte einen schlechten Ruf, sowohl bei den Asen, als auch bei den Menschen. „[…] er war böse wie alle von seinem Geschlecht, die wir Hrimthursen (Frostriesen) nennen. […] als er schlief, fing er an zu schwitzen; da wuchs ihm unter seinem linken Arm Mann und Weib, und sein einer Fuß zeugte einen Sohn mit dem anderen. Und von diesem kommt das Geschlecht der Hrimthursen; den alten Hrimthurs aber nennen wir Ymir. (JE 265).“47 Im Urriesen Ymir schließt sich der hermaphroditische Zauberkreis, den noch die mittelalterlichen Alchemisten im Bild des Oroboros darstellen. Wenn man an den Drachen denkt, der sich in den Schwanz beißt, und ihn neben den Urriesen Ymir stellt, so tritt die sexuelle Symbolik dieses Bildes unverhüllt zutage. Aus dem Urriesen Ymir schlüpfte das erste Gottmenschenpaar: Das Urrind und der felsgeborene Mann. „Als das Eis auftaute und schmolz, entstand die Kuh, die Audumla hieß, und vier Milchströme rannen aus ihrem Euter; davon ernährte sich Ymir. […] Sie (Audumla) beleckte die Eisblöcke, die salzig waren, und den ersten Tag, da sie die Steine beleckte, kam aus den Steinen am Abend Menschenhaar hervor, den anderen Tag eines Mannes Haupt, den dritten Tag war es ein ganzer Mann, der hieß Buri. Er war schön von Angesicht, groß und stark, und gewann einen Sohn, der Bör hieß. Der vermählte sich mit Bestla, der Tochter des Riesen Bölthorn; da gewannen sie

46 Gößling 2003, 228. 47 Gößling 2003, 229.

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drei Söhne: der eine hieß Odin, der andere Wili, der dritte We. Und das ist mein Glaube, dass dieser Odin und seine Brüder Himmel und Erde beherrschen. (JE 265).“48 Die nordische Kuh muss sich im Vergleich zum mithraischen Garten mit einem eher kargeren vegetativen Garten abfinden. Sie muss sich mit Salz von den Eisblöcken begnügen, währen z. B. der parsische Stier auf einer saftigen Paradieswiese weidet. Auch die erste Bluttat in der Urschöpfung richtet sich nicht gegen den Hermaphroditen, dessen Zeit der uranfänglicher Zeugungs- und Geburtstätigkeit vorbei war. Er erlitt das gleiche Schicksal wie die babylonische Urdrachin Tiamat. Es waren Börs Söhne, die Ymir töteten, und aus Ymir floss so viel Blut, dass sie darin das ganze Geschlecht der Hrimthursen ertränkten, bis auf den Riesen Bergelmir, der entkommen konnte. Von ihm und seiner Frau stammt das neue Hrimthursengeschlecht, dem dann Loki angehörte. Aus Ymir bildeten die Söhne Börs die Welt. Aus seinem Blut entstand das Meer und Wasser, aus seinem Fleisch und seinen Knochen die Erde, aus den Zähnen die Steine usw. Nachdem sie die Welt erschaffen hatten, wuchsen zwei Bäume am Seestrand empor. Die Brüder nahmen die Bäume und schufen Menschen daraus. „[…] den Mann nannten sie Ask und die Frau Embla, und von ihnen kommt das Menschengeschlecht, welchem Midgard zur Wohnung verliehen ward (JE 267).“49 Die Götter erschufen sich erst jetzt einen eigenen Wohnsitz, eine Burg mitten in der Welt, genannt Ashard, Welt der Asen, des nordischen Göttergeschlechts. Der Oberste Gott war Odin, der über Asen und die Menschen regierte. Der Lebensbaum-Drache Yggdrasil bildete die Achse und das Lebenszentrum der Welt. Die Asen stiegen täglich über die Götterbrücke Bifröst vom Himmel herab und hielten im Schatten des Baumes Gericht. „Die Esche ist der größte und beste von allen Bäumen: seine Zweige breiten sich über die ganze Welt und reichen hinauf über den Himmel. Drei Wurzeln halten den Baum aufrecht, die sich weit ausdehnen: die eine bis zu den Asen, die andere zu den Hrimthursen (nach Uthard, in die Riesenwelt), wo vormals Grinnunhahap war;

48 Gößling 2003, 230. 49 Gößling 2003, 231.

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die dritte steht über Niflheim (der Unterwelt), und unter dieser Wurzel Hwergelmir, und Nidhöggr nagt von unten auf an ihr. (JE 271f.)“50 Der Unterwelt-Drache namens Nighöggr, auch der Menschenwürger genannt, ist ein naher Verwandter eines anderen Ungeheuers im zoroastrischem Mythos des Ahura Mazda. Ahura Mazda ist der Gott des Lichtes und des Guten. Er erschuf den Lebensbaum und Angra Mainyu setzte einen riesigen Drachen unter die Wurzel, damit er den Weltbaum benage. Wichtig ist jedoch, nicht ausser Acht zu lassen, dass „[…] während Ahura Mazda den Drachen der Finsternis unschädlich machte, indem er die Wurzel des Lebensbaums durch Wächterfische behüten lässt, kann der nordische Nidhörgg unbedrängt an den Wurzel nagen. Wir ahnen also, dass die Götter- und Menschenwelt des Nordens von Anbeginn gefährdeter ist als etwa die zoroastriche Schöpfung, in der von vornherein feststeht, dass das Böse zwar eine Fülle übler Taten verrichtet, letztlich aber unterliegen wird.“51

Abb. 13: Yggdrasil mit der Nighöggr Schlange

In der Beschreibung der Weltesche taucht der Drache in verschiedenen Gestalten auf: Löwen- und adlerköpfig, mit Stierhörnern oder Hirschgeweih, geflügeltem Schlangeleib oder mit Beinen von Schlangen umwunden. Die verschiedenen

50 Gößling 2003, 232. 51 Gößling 2003, 234.

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Attribute von Adler, Schlange, Hirsch und Drache, der sich von der Weltesche nährt und im Zyklus des Werdens und Vergehens aus ihr das Leben wieder hervorbringt. Der Unterwelt-Drache ist hier ein notwendiger Bestandteil der Welt. Der Drache, der sich selbst in den Schwanz beißt, schließt somit den Kreis des Lebens. „[…] Nidhöggr, der in der Unterwelt fressende Drache, stellt ein zumindest notwendiges übel dar, sich jenseits moralischer Betrachtung auf den urtümlichen Nenner bringen; ohne Tod kein neues Leben.“52 Der germanische Mythos kennt keinen strengen Gegensatz zwischen Ober- und Unterwelt, dem Guten und dem Bösem im biblischen Sinne. „[…] Was der nagende Nidhöggr in finsterer Tiefe treibt, ist nicht schlichtweg Zerstörungswerk: Er verkörpert den Tod, der an der Lebenswurzel frisst, aber der Tod ist nicht „böse“, sondern im zyklischen Verständnis Voraussetzung für die Entstehung neuen Lebens. Daher sind auch der Drache und seine Unterweltgenossen- zahllose Schlangen – in den Kreislauf des Werdens und Vergehens eingebunden […].“53 Die Unterwelt des Nordens wird nicht von einem männlichen Widersacher des Allvaters bewacht, sondern von der Riesin Hel, einer Tochter des zwielichtigen Asen Loki. Die Unterwelt ist in neun Unterwelten geordnet, auf welche die Toten je nach Verdienst oder Versagen aufgeteilt werden. Es gibt eine Abteilung für gute Menschen sowie Helden, ebenso eine für böse Menschen, Mörder oder Ehebrecher und es gibt auch Teile dieser Ordnung, in denen die Ruhmlosen oder die durch Krankheit gestorbenen untergebracht wurden. „Niflhel ist keineswegs ein den „Sündern“ vorbehaltener Ort. […] Inmitten von Niflhel sitzt Nidhöggr, der Menschenwürgen, und saugt die Toten aus. Von den moralischen Zutaten abgesehen, ist der Drache ein Seelenfresser ohne satanische Motive. Er recycelt sozusagen die in den Toten gebundene Lebensenergie, auf dass aus dem Leichnam (wie bei mithras Stieropfer) neues Leben erwachse.“54

Der germanische Mythos kennt keinen strengen Gegensatz zwischen Ober- und Unterwelt, dem Guten und dem Bösem im biblischen Sinne. „[…] Was der nagende Nidhöggr in finsterer Tiefe treibt, ist nicht schlichtweg Zerstörungswerk:

52 Gößling 2003, 235. 53 Gößling 2003, 234. 54 Gößling 2003, 236.

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Er verkörpert den Tod, der an der Lebenswurzel frisst, aber der Tod ist nicht „böse“, sondern im zyklischen Verständnis Voraussetzung für die Entstehung neuen Lebens. Daher sind auch der Drache und seine Unterweltgenossen- zahllose Schlangen – in den Kreislauf des Werdens und Vergehens eingebunden […].“55 Die Unterwelt des Nordens wird nicht von einem männlichen Widersacher des Allvaters bewacht, sondern von der Riesin Hel, einer Tochter des zwielichtigen Asen Loki. Die Unterwelt ist in neun Unterwelten geordnet, auf welche die Toten je nach Verdienst oder Versagen aufgeteilt werden. Abteilung für Gute Menschen, sowie Helden, wie ebenso für Böse, Mörderer, oder Ehebrecher und es gibt auch Teile dieser Ordnung, wo man die Ruhmlosen oder die durch Krankheit gestorbenen unterbringt. „Niflhel ist keineswegs ein den „Sündern“ vorbehaltener Ort. […] Inmitten von Niflhel sitzt Nidhöggr, der Menschenwürgen, und saugt die Toten aus. Von den moralischen Zutaten abgesehen, ist der Drache ein Seelenfresser ohne satanische Motive. Er recycelt sozusagen die in den Toten gebundene Lebensenergie, auf dass aus dem Leichnam (wie bei mithras Stieropfer) neues Leben erwachse.“56

5. Die Sigurd Sage

Der isländische Held Sigurd, war ein törichter Jüngling, der sich als ein Instrument zweier Brüder, missbrauchen ließ. Einst streiften die drei Asen, Odin, Loki und Hönir durch Midgard, um die Menschenwelt besser kennen zu lernen. Als sie zu einem Fluss gelangten, sahen sie auf einem Wasserfall einen Otter sitzen. Der Otter hatte gerade einen Lachs gefangen und aß ihn fröhlich. Loki hob einen Stein auf und tötete damit den Otter. Die Asen nahmen den Otter und den Lachs mit sich und wanderten weiter. Am Abend gelangten sie zum Gehöft des reichen Bauern Hreidmar, der ein mächtiger Zauberer war. Sie baten, dort übernachten zu dürfen und Loki brüstete sich mit seiner Beute, dabei wurde Hreidmars Miene finster. Hreidmar rief seine Söhne, Fafnir und Regin, herbei und sagte ihnen, dass ihr Bruder Ottur, der in Ottergestalt am Fluss zu jagen pflegte, erschlagen wurde. Sie griffen die Asen sofort an und fesselten sie. Hreidmar und seine Söhne zwangen

55 Gößling 2003, 234. 56 Gößling 2003, 236.

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nun die Asen, ein Wergeld für den erschlagenen Ottur zu zahlen. Der Otterbalg solle mit Gold gefüllt und zusätzlich mit Gold bedeckt werden. Loki ging ans Meer zu Ran, die die schöne Meeresgöttin und Gemahlin von Ageris war, und lieh sich bei ihr ein Netz aus. Er kehrt an den Wasserfall namens Andvarafors zurück und warf das Netz aus, mit dem er den Hecht fing, der sich als der Zwerg Andvari (der Vorsichtige) herausstellte. Der Zwerg konnte sich aus seiner Lage nur befreien, indem er dem Loki seinen Goldschatz anbot und sich so seine Freiheit erkaufte. Loki ging darauf ein, doch als er sah, dass der Zwerg einen Goldring in seiner Hand zu verstecken versuchte, verlangte er, den Ring auch auszuliefern. Das war ein kostbarer Ring, namens Andvaranaut (Geschenk Andvaris), der den Schatz ständig mehrte. Doch Andvari verfluchte den Ring und sagte, dass er jedem, der ihn besitzen werde, Unglück bringen solle. Als Loki mit dem Schatz zum Hreidmar zurückkehrte, füllten die Asen den Otterbalg mit Gold und umschichteten das Fell auch außen mit Gold. Da man noch ein Barthaar des Otters sehen konnte, bemängelte Hreidmar, dass seine Bedingung nicht vollständig erfüllt sei. Auf die Stelle legte Loki dann den Ring Andvaranaut und warnte den Hreidmar, dass der Ring verflücht sei. Doch Hreidmar interessierte sich nicht für die Warnung des Loki. Daraufhin nahm das Verhängnis seinen Lauf. Fafnir und Regin verlangten von ihrem Vater, dass er den Goldschatz mit ihnen teilen solle und Hreidmar lehnte dieses Ansinnen ab. Daraufhin wurde er von seinem Sohn Fafnir im Schlaf getötet im. Fafnir begielt den Goldschatz für sich und teilte nichts mir seinem Bruder Regin. Fafnir zog sich samt dem Gold in die Gnitaheide, wo er sich eine selbst gegrabene Höhle machte, zurück und verwandelte sich dort in einen Lindwurm, um seinen Schatz zu bewachen. Mit seinem Furcht einflößenden Aussehen hielte er unliebsame Besucher davon ab, den Schatz zu stehlen. Niemand wagte es, sich der Höhle zu nähern, da der Lindwurm Gift schnaubte, das sich noch zusätzlich auf seinen Schatz legte. Der Erzieher des Jünglings Sigurd war niemand anderer als der betrogene Regin. Er erzählte Sigurd von Fafnir, der in der Gestalt eines Lindwurms auf einem riesigen Goldschatz in einer Höhle der Gniraheide sitzt, um so das Interesse des jugendlichen Sigurd zu wecken. Regin schmiedete das Schwert Gram, dass einst in Stücke zerbrochen und von Odin an Sigurds Vater Siegmund geschenkt worden war. Als Sigurd zu der Höhle kam, versteckte er sich in einem Graben und wartete auf Fafnir, der täglich die Stelle passierte, wenn er zu seiner Wasserstelle kroch,

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um zu trinken. Als Fafnir über den Graben kroch, stieß ihm Sigurd das Schwert Gram ins Herz. Bevor Fafnir starb, versuchte er noch vergeblich, Sigurd vor dem Fluch zu warnen und dass er auf das Gold verzichten solle, weil ihn sonst ein schmähliches Ende erwarte. Der ängstliche Regin kam erst in die Höhle, als Fafnir schon tot war. Er schnitt dem Lindwurm das Herz aus und trank sein Blut. Auf Fafnirs Bitte hin briet Sigurd das Herz am Feuer. Als er prüfen wollte, ob es gar sei, verbrannte er sich an den Fingern und schleckte sie samt Fafnirs Herzblut ab. Daraufhin konnte Sigurd die Sprache der Vögel verstehen und zwei Meisen, die sich über die finsteren Absichten Regins unterhielten. So erfuhr Sigurd die Wahrheit und erschlug seinen Mentor auf der Stelle.57 „Fafnirs Verwandlung in ein schreckliches Ungeheuer, in einen Drachenwurm, dient eigentlich nur dazu, den Goldhort auf eine besondere Art und Weise zu bewachen. Ansonsten ist er ein friedliches Tier. Die Drachengestalt hat im Prinzip nur eine Schutzfunktion. Sie ist die beste Garantie, dass der Schatz seinem Besitzer erhalten bleibt.“58

6. Beowulf Legende

Das spätwestsächische Beowulf-Lied (ca. 680-830 n. Chr.), das älteste germanische Epos, dessen Urform von den Sachsen, Angeln und den Jüten nach England gebracht wurde, handelt von einem geflügeltem Drachen (wyrm) und zeigt ihn von seiner finsteren Seite. Doch der Drache wurde erst dann böse, wenn er bis zum äußersten gereizt wurde. Das Tier besaß 50 Füße und sobald er bemerkte, dass ein wertvoller Kelch aus seinem Goldschatz geraubt wurde, den er in seiner Berghöhle bewachte, verheerte es Feuer speiend das Land der Geatas (Gauten in Südwestschweden). Dabei zerstörte er auch die königliche Residenz von Beowulf. Beowulf war zu dem Zeitpunkt schon ein alter Held und König der Geates und kam bei diesem Kampf ums Leben. Er tötete mit Hilfe seiner jungen Verwandten Wiglaf das Ungeheuer. Als Wiglaf den Drachen mit einem Schwert stark verwundete, sodass das Tier kaum Feuer und Rauch speien konnte, trennt Beowulf mit dem einschneidigen Langschwert Sachs den Schlangenleib in der Mitte durch. Doch der Drache hatte den Beowulf so sehr zugesetzt, dass er an den erlittenen

57 Gößling 2003, 244-249. 58 Joger/Luckhardt 2007, 23.

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Verletzungen und Verbrennungen starb. Ursprünglich hatte der Schatz einem Clan gehört, dessen letzter Überlebender ihn vergrub, eher er starb. Als ihn der Drache fand, bewachte und beschützte er den Schatz für die nächsten 300 Jahre. Der Drache war eigentlich der rechtmäßige Besitzer des Schatzes, da er ihm niemandem geraubt oder gestohlen hatte. Das Unheil bracht zufällig durch den Diebstahl eines besonders wertvollen Stückes aus. Daran war der Drache Unschuldig zwar unschuldig, er wurde aber trotzdem als böse dargestellt, obwohl eher die andere Seite als böse hätte dargestellt werden können.59

Zusätzlich muss man noch erwähnen, dass im Märchen Drachenkämpfe und Heirat häufig eng mit einander verbunden sind. Der Held kommt meistens nicht aus der adligen Gesellschaft, befreit jedoch die Prinzessin aus der Gewalt und Gefahr des Drachen oder Schlangendrachen und tötet das Ungeheuer. Als Belohnung heiratet dann der Held die Tochter des Königs. Somit steigt der Außenseiter in den Hochadel auf und wird durch die Heirat später König.

7. Zoroastrische Drachenhölle

Bevor wir den Sprung zum Christentum des Mittelalters machen, ist die Erwähnung des bedeutendsten Religionsstifters der letzten dreitausend Jahre, des Zoroaster, den man nicht außer Acht lassen kann, wichtig. Der arische Prediger und Prophet Zoroaster gründete etwa eintausend Jahre vor der Zeitwende im heutigen Iran einen Kultus. Zumindest eine Variante seines Namens hat sich im westlichen Kulturkreis halbwegs bewahrt, doch seine Lehre scheint längst vergessen zu sein. „In Wahrheit gerieten jedoch weniger der von Zoroaster geschaffene Schöpfungsmythos, seine ethische Teleologie und die Höllenschilderungen seiner Jünger in Vergessenheit; aus dem Gedächtnis der Menschen schwand vielmehr die Erkenntnis, dass etliche Elemente insbesondere der christlichen Heils- und Satans- lehre aus der viel älteren zoroastrischen Theologie und den Mithra-

59 Joger/Luckhardt 2007, 21-24.

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Mysterien entlehnt sind, die sich einst häretisch aus dem Kultus Zoroasters entwickelt hatten.“60 Das Vorbild für die Satans- und Drachenbrut in der römisch-katholischen Kirche, dass Urbild des teuflischen Widersachers Gottes, seine monströsen Kreaturen aus der Hölle, ist verbluffend ähnlich dargestellt und beschrieben im zoroastrischen Yasna, dem Buch der Opfer, dass ungefähr im Jahr 1000 v. Chr. entstand. Somit kommen wir also zu dem wiederum westlichen Inbegriff des Drachen in Europa bzw. zu der alten Schlange Satan. In der zoroastrischen Lehre, ist der Fürst der Finsternis kein gestürzter Engel, kein Geschöpf, das Gott geschaffen hat und über das er somit auch richten könnte. Er ist nahezu eine gleichgestellte zweite Gottheit und der Herr des Bösen und der Finsternis, der seit Anbeginn der Zeit bis zum Weltende gegen den Herren des Lichtes, des Guten, kämpft. In den zoroastrischen Lehren, ist der Satansdrache namens Angra Mainyu, Herr der Lügen, ein Dämon, das Böse, der danach strebt, die guten Werke des lichten Himmelsgottes Ahura Mazda zunichte zu machen. Mazda hatte den Herrn des Bösen nicht erschaffen und war somit auch nicht für die Taten des Angra Mainyu verantwortlich. Die beiden waren schon von Anbeginn der Zeiten da. An dieser Stelle ist der Widerspruch, in den sich insbesondere die katholische Teufelslehre seit zweitausend Jahren verwickelt hat, zu erwähnen. Laut den römischen Lehren wurde Satan vom guten Gott geschaffen und ist Böse. Der Satan ist eine Kreatur des Schöpfers und diesem in allem unterlegen, jedoch kann man ihn trotz allem nicht unschädlich machen, solange diese Welt besteht. Er ist für all das Leiden und das Böse auf der Welt verantwortlich und ist letztlich nur eine Marionette, hinter der sich der eine höchstverantwortliche Gott verbirgt. „[…] Gott manifestiert sich auch in seinem Schwarzen Drachenengel und dessen Höller voller Monster und Qualen, dann kann es kein lieber und guter Gott sein. Oder der Gott des Himmels hat den Drachen Satan nicht erschaffen, dann kann er nicht allmächtig sein. […] so ringen gläubige Christen seit Jahrtausenden mit einem Scheinparadox, dessen naheliegende Auflösung dir kirchliche Dogmatik bei Androhung ewiger Verdammnis verbietet: Wenn Gott allmächtig ist, zeichnet er auch für alles „Satanische“ seiner Schöpfung Verantwortung. Ist er aber durch und durch „gut“,

60 Gößling 2003, 165.

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dann muss eine zweite, mehr oder minder ebenbürtige Gottheit die finsteren Facetten der Schöpfung hervorgerufen haben.“61 Die zoroastrische Kosmogonie ist dualistisch dargestellt. Zwei nahezu gleichrangige Götter, der eine Gut der andere Böse, lieferten sich die Herrn des Himmels und der Fürst der Hölle seit dem Augenblick der Schöpfung einen Kampf um die Seelen der Menschen. Die Engel von Mazdas kämpften seit unvordenklichen Zeiten gegen die Drachenmonster des Mainyu. Am Anfang der Zeit schuf Ahura Mazda reine Energiewesen, ätherische Wesenheiten ohne Bewusstsein, Seelen im schimmernden Licht. Nach 3000 Jahren wurde der Dämon des Bösen, Angra Mainyu, durch den strahlenden Glanz dieser Geschöpfe erweckt. Er kam aus seinem unterirdischen Reich hervor und versuchte mit seinem Pranken nach den Wesen zu packen und sie zu zerstören, damit wieder Finsternis herrschen würde. Doch er verfehlte sie und griff ins Leere und es gelang ihm nicht, das Licht auszulöschen, denn der Herr des Himmels, Ahura Mazda, war stärker als er. Zornig verkroch sich der Angra Mainyu wieder in seiner Unterwelt, wo er ein riesiges Heer schauriger Drachen erschuf und sich rächen wollte. Er brach abermals aus der Hölle hervor mit dem Ziel, die Lichtwesen zu zerstören, doch der Ahura Mazda war um eine geringe, alles entscheidende Nuance stärker als der Fürst der Tiefe. Er trat ihm entgegen und bot ihm Frieden an. Er wusste, dass seine Macht nicht ausreichte, um den Drachenherrscher zu besiegen, doch seine Weisheit war heller und weiter als die des Fürsten. Er sah den Ausgang des Widerstreites voraus. Angra Mainyu hielt das Angebot für ein Zeichen gegnerischer Schwäche und lehnte das Angebot ab. Die zwei Götter verwickelten sich in eine Diskussion, an deren Ende Ahura Mazda vorschlug, dass sie für die nächsten 3000 Jahre um die Herrschaft über die Schöpfung ringen sollten. Danach solle entscheiden werden, wem die Erde und ihre Geschöpfe gehörten. Der Ahura Mazda sah aber voraus, dass der Streit mit einem Sieg der Himmelsgewalten enden wurde. Der Dämon des Bösen würde in den ersten 3000 Jahren die Schöpfung beherrschen, während der zweiten 3000 Jahre würden die Mächte des Lichtes und der Finsternis sich vermischen und zu allerletzt würden im dritten Jahrtausend die Mächte der Hölle zu Boden gerungen werden, denn an der Schwelle dieser Epoche würde der

61 Gößling 2003, 166.

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Erlösungsprophet und der moralische Menschheitswandler geboren werden, der Zoroaster. Der Angra Mainyu hatte dieses Wissen nicht und somit willigte er in den Handel ein. Das kosmische Schachspiel begann und die Götter brachten ihre Figuren in Position. „Ahura Mazda erschuf den Guten Sinn, Angra Mainyu den Bösen. Lächelnd schuf der Herr des Guten Himmel, die Planeten und das Licht, die Moral und die richtige Ordnung, Religion und Frömmigkeit, Vollkommenheit und Unsterblichkeit. Schnaubend konterte der Höllendespot, indem er die Planeten durcheinanderwarf und Feuergarbe in die Gewässer spie, so dass Kometen und Meteore durch den Himmel jagten und auf der Erde wüste Gegenden entstanden. Da schuf Mazda die sanften und nützlichen Tiere, sein Widersacher aber tauchte in die Tiefe der Hölle und kehrte mit Kübeln voller Scheusalen zurück, die er in der Finsternis erschaffen hatte. Schlangen und Eidechsen, Kröten, Frösche, Spinnen und Skorpione schüttete er überall auf die Erde, so dass die gesamte Schöpfung vor Ungeziefer wimmelte. […] Das Licht, versetzte den Drachenfürsten in solchen Zorn, dass die Erde erbebte und Feuer aus den aufgeworfenen Kratern schoß. Das Feuer ließ die Pflanzen verdorren, doch der Herr des Lichts wies seine Engel an, die Pflanzen zu zerstäuben und Regen herabströmen zu lassen, auf dass aus dem Staub neues Grün sprieße.“ 62 Weiter erfahren wir, dass durch den Zauber der Engel, durch den die Vegetation weiterhin bestehen blieb, in der Mitte des Weltmeeres der riesengroße Lebensbaum entstand, der aus den Samen aller Pflanzen emporwuchs und eine einzige Wurzel besaß. Als Angra Mainyu die Wurzel erblickte, erschuf er einen riesigen Drachen, der seither nahe der Wurzel des Lebensbaums lauert. An dieser Stelle können wir erkennen, dass der Drache nicht die Verkörperung des Satans ist, sondern lediglich die Aufgabe seines Herrn erfüllt und hier die Funktion übernimmt, an dem Lebensbaum zu nagen. Hier ist er ein Wächter des Bösen, gleichzeitig schuf aber auch Ahura Mazda seine eigenen Wächter des Guten, die zehn wehrhaften Fische, die in der Tiefe des Weltozeans die Wurzel des Lebensbaum umkreisen und von denen stets einer der Fische die Wurzel bewacht, so dass der Drache nicht daran nagen kann. So verlief der Kampf weiter zwischen dem Gott des Guten und dem Gott des Bösen. Der Angra Mainyu schuf später

62 Gößling 2003, 168.

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auch den gewaltigen Drachen Dahaka, der aber von dem Helden Thraitauna besiegt wurde, und kerkerte den Drachen im Vulkan Demavend ein. Seither ist der Drache in diesem Vulkan gefangen, wird aber am Ende der Zeit noch einmal ausbrechen. Doch auch dann wird er am Jüngsten Tag besiegt, so wie ein anderer schlangengestaltiger Meteordrache namens Gocihr, den der Fürst des Bösen aus dem Weltall schleudern soll. Gochir wird in glühendem Metall zergehen, Dahakar erschlagen werden und nach diesen Sieg der Mächte des Guten wird das Böse auf immer aus der Schöpfung verschwunden sein.63

Der altarische Mythos, der von dem Götterheros Mithras handelt, ist gegenüber der Lehre des Zoroaster erheblich älter und stellt im arischen Kulturkreis die Auffassung des Lebens als unendlichem Zyklus dar, in dem männlich und weiblich, gut und böse, Licht und Finsternis keine absoluten Gegensätze bilden, sondern ineinander verschlungen sind. In der zoroastrischen Theologie sinkt der Status vom Götterheros Mithras auf den Status eines Engels herab, allerdings eines von Ahura Mazda innig geliebten Engels, was wiederum im Christentum nur vergleichbar ist mit den beiden Lieblingssöhnen Gottes, dem Luzifer, Sohn der Morgenröte, und dem Erlöser, Jesus Christus. Alexander der Große trug den Hellenismus auch nach Persien, wo der Mithras-Kult eine späte Renaissance erlebte. Im 3. Jahrhundert v. Chr. taucht Mithras oft im iranischem Götterhimmel auf als Hauptakteur eines wundersamen Opferrituals, was wieder auf die uralte Vorstellung des Lebenszyklus schließen lässt. „In diesem Ritual erscheint Mithras als Vollstrecker und zugleich als Opfer, das selbstlos sein eigenes Leben hingibt. Und der Leidensweg dieses zum Sohn Ahura Mazdas verjüngten altarischen Gottes ist so unverkennbar das mythologische Vorbild der Passion des christlichen Erlösers Jesus, dass ein paar Jahrhunderte darauf die Machthaber des zerfallenden Römischen Reiches ihre liebe Not haben, die beiden Kulte auseinanderzuhalten.“64 Mithras oder Shamash (Mittler) wird als Junge aus einem Felsen geboren. Vor seiner Geburt herrscht Finsternis auf der Erde. In der einen Hand trägt er eine lichtbringende Fackel und in der anderen ein Messer. Er ist das erste menschengestaltige Wesen und vom Urparadies umgeben, in dessen Mitte sich

63 Gößling 2003, 167-169. 64 Gößling 2003, 173.

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der Feigenbaum befindet. Der Baum gibt ihm Essen, die Behausung und aus dem Laub machte er sich Kleidung. In dem Baum befindet sich keine Schlange und auch droht kein Sündefall. Mithras schließt mit dem Sonnengott (Mazda oder, unter hellenischem Einfluss, Helios) ein Bündnis. In einem Kampf muss sich der Herr des Lichtes dem jugendlichem Helden beugen, doch Mithras stürzt ihn nicht, sondern schließt mit ihm ein Freundschaftsvertrag. Damit sicherte sich der Sonnengott seine alten Rechte wieder zurück. Der Mithras ist noch immer das einzige menschengestaltige Wesen auf der Erde, ein Gott, aber in einem menschlichen Körper.

Abb. 14: Mithra und der Stier

Bei einem Spaziergang durch den Paradiesgarten sah Mithras einen riesenhaften Stier auf einer Wiese weiden. Die Augen vom Stier waren blutunterlaufen und sein fauchender Atem war heiß wie das Feuer selbst. Der Stier bemerkte den jungen Gott und brüllte so laut, das die Erde erzitterte. Im Bündnis mit dem Sonnengott musste Mithras viele Prüfungen bestehen und diese war die schwierigste von allen. Er griff den Stier an, packte ihn an den Hörnern und hielt sich auf dem Rücken des Stiers fest. Der Stier galoppiert rasend davon und war außer sich vor Zorn. Nach einiger Zeit warf er den Mithra schließlich ab, doch der hielte sich noch immer an den Hörnern fest und ließ sich vom Stier mitschleifen, bis er schließlich vor Erschöpfung zusammenbrach. Mithras zog den Stier in eine Höhle zurück, nachdem er äußerst mühselige Rituale bewältigt hatte. Auch die Stationen, an denen diese Rituale stattfanden, sind in dem Bündnis festgelegt worden. Es ist eine Art Leidensweg, der uns an die spätere Passion Christi erinnert.

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In der Höhle angelangt, wehrte sich der Stier und wollte davonlaufen, zurück auf die Paradieswiese. Der Sonnengott schickte Mithras durch einen Raben eine Botschaft, die lautete, er solle den Drachenstier töten. Mit großer Trauer und Widerstreben erfühlte Mithras den grausamen Befehl des Sonnengotts aus. Er packte den Stier an den Nüstern und stieß ihm das Messer in die Flanke. Dieser Sieg hatte jedoch nichts heroisches an sich. „Der schwarze Urstier, so sehr er auch Feuer schnaubte, so furchtbar er auch brüllte, so sehr er auch den finsteren Widersacher des Sonnengottes zu verkörpern scheint, ist alles andere als eine Ausgeburt der Hölle.“65 Anstatt das Blut aus der Wunde floss, brachen die Keime neuen Lebens hervor. Aus der Haut des Stiers sprossen Pflanzen mit Heilkräften hervor und verteilen sich überall auf der Erde. Aus seinem Rückenmark entstanden die Getreidearten und aus dem Samen des Drachenstiers entstanden alle anderen Tiere. „[…] anders als in den kanonischen Version der judäisch-christlichen Schöpfungsgeschichte wird diese Welt nicht aus dem Nichts erschaffen. Sie war bereits da, verbindlich im Urparadies in dem Mithra felsgeboren erwacht, und im Urstier, der auf der Wiese weidet.“66 Indem Mithras den Stier trauervoll opferte, brach er dem kosmischen Energiestrom Bahn und damit begann erst der Zyklus aus Leben und Tod. Indem er die lebendige Urkreatur zerteilte, formte sich die Vielfalt des Lebens aus ihm. „Die Ordnung und Vielgestaltigkeit der Schöpfung – so die mithraische Drachentöter- Botschaft – ist das Werk der Sonnengötter Mazda und Mithra. Die Lebensenergie selbst aber war, im Urdrachen verkörpert, vorher schon da.“67

Durch die Eroberungszüge Alexanders des Großen wurde der Hellenismus durch den iranischen Mythenkreis beeinflusst. Der Drache Dakar, der im Vulkan Demavend eingesperrt wurde, fand seine Fortsetzung im griechischen Mythos, in dem Zeus den Typhon im sizilischen Ätna eingekerkert hatte. Auch die Tiere, Drachen, Opfertiere, welche die griechischen Helden bezwangen, waren Kreaturen einer friedlichen Gegenmacht. So wie der Minotauros oder auch der Drachenstier, den Jason mit Hilfe von der Medea besiegte. Im Römischen Reich hatte sich der

65 Gößling 2003, 175. 66 Gößling 2003, 175. 67 Gößling 2003, 176.

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Mithraismus so weit ausgebreitet, dass er von vielen als neue Weltreligion angesehen wurde. Im Gegensatz dazu konnte man das gleiche aber nicht für die frühchristliche Kirche behaupten, die weitaus weniger beliebt war, sowohl beim einfachen Volk als auch bei den Machthabern selbst. Den Zeitgenossen konnte die Ähnlichkeit zwischen dem arischen und dem christlichen Glauben nicht entgehen. Im arischen Glauben hatte man Mithras verehrt und im christlichen Jesus, beide Religionen bzw. Kulte prophezeiten ein Jüngstes Gericht, drohten mit ewiger Verdammnis in der Hölle usw. „Viele Zeitgenossen hielten den christlichen Kult schlicht für eine Kopie des Mithraismus.“68 In der Tat spricht vieles dafür, dass das Christentum vom Mithras-Kult abgeleitet wurde. „[…] siegte die jüngere Spielart bekanntermaßen so vollständig über das kultische Original, dass es diesen vom Erdboden getilgt und aus der Erinnerung der Menschheit nahezu gelöscht wurde.“69 Die christliche Kirche war eine Feindin des römischen Reiches. Nachdem das römische Reich mit dem Mazdaismus, deren Götter und Rituale romanisiert wurden, zusammenbrach, erfreute es sich niemals mehr einem so höchststaatlichen Wohlwollen wie zuvor. Spätestens im 5. Jahrhundert n. Chr. war der Mithas-Kult in den römischen Ländern komplett verschwunden. „Es gibt einen allerhöchsten, einen allmächtigen Gott, sagt der Mithraismus. Der aber ist, was der biblische Schöpfergott um keinen Preis sein will oder darf: Herr der Engel und der Drachen zugleich. Wen wundert es da noch, dass das frühe Christentum die Kirche Mithras nicht als „heidnischen Götzenkult“ bekämpfte, sondern als „häretische Bedrohung“ ihrer eigenen Lehre?“70

Wenn man den Mithras-Kult in Betracht zieht und die Bedeutung des Stieres bzw. Drachenstieres, der darin vorkommt, verkörpert er in dem Glauben das Höchste aller Höchsten, das Leben selbst. In den alten Kulturen waren Drachen nicht böse, sondern sie waren lediglich Wächter, Beschützer von Schätzen, Lebensquellen, Lebensbäumen usw., es waren friedliche Wesen der Gegenmacht. Und als man sie tötete, wie z. B. in der Marduk- oder Jahwe-Legende, machte man gerade aus ihnen, ihrem Körper und ihrem Fleisch und Blut die sogenannte Welt. Sie

68 Gößling 2003, 179. 69 Gößling 2003, 179. 70 Gößling 2003, 181.

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verkörperten eigentlich die Lebensquelle selbst, was in dem Mithras-Kult mehr als deutlich dargestellt wurde. Nachdem jedoch das Christentum die Obermacht gewonnen hatte, wandelte sich die Bedeutung des Drachen. Mit der Zeit, ist alles was man davor über die drachenartigen Wesen geglaubt, respektiert und geschätzt hatte, in Vergessenheit geraten. Was geblieben ist, ist jedoch der Glaube, der sich fest manifestiert hatte in der Menschheit, dass Drachen vordergründig schlecht und böse sind, den Teufel verkörpern und man sie bekämpfen müsse. Die Schuld bei dieser Fehlinterpretation und Vorstellung liegt allein bei dem in der ganzen Welt verbreiteten Christentum. Das Christentum ist verantwortlich für unzählige Kreuzzüge und Kriegen, die über Jahrhunderte im Namen Gottes geführt wurden, die Unterdrückung der Frauen, (sprich die Weiblichkeit zu ehren und respektieren), die fast 400 Jahre dauernden Hexenverbrennungen und Jagd auf sie, die Inquisition, die Häresie und andere Verfehlungen. Schlussendlich hatte es das Christentum geschafft, die Menschheitsgeschichte bzw. die Drachenlegende und deren waren Ursprünge komplett umzuwandeln und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.

8. Der heilige Ritter Georg

Die Geschichte von dem römischen Ritter Georg ist eine der bekanntesten im Christentum. In der Gegend der libyschen Festungsstadt Silene, gab es einen furchtbaren Drachen, der gegen die Mauern der Festung rannte und die Bewohner von Silene bedrohte. Sie waren gezwungen, dem Drachen Menschenopfer darzubringen, andernfalls hätte der Drache die ganze Stadt zerstört. Der Ritter Georg erfuhr von der Bedrohung und eilte nach Silene, um dem Ganzen ein Ende zu machen. Silene war zu dieser Zeit eine Stadt, die von Hunger, Not und Todesangst beherrscht war, und es war eine heidnische Stadt. Die Bedrohungen des Drachen, der vor den Festungstoren lauerte, dauerten schon wochenlang an. Anfangs hatte man dem Drachen täglich zwei Schafe geopfert, damit er die Stadt verschonte. Aber als alle Schafe geopfert waren, verlangte der Drache weiterhin seine Opfer. Der Heidenkönig von Silene befahl, dass man durch Losen entscheiden solle, welcher seiner Untertanen sich zum Wohl der Stadt als nächster opfern müsse. Aus einer großen Urne mussten Frauen, Männer, Kinder und Greise ein Münzplättchen ziehen. Alle diese Münzen waren ungeprägt, bis auf

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eins, das über die ganze Fläche eingekerbt war. Wer dieses gezogen hatte, musste sich dem Drachen zum Fraß vorwerfen. Jeden Morgen versammelten sich die Menschen auf dem Platz vor dem Palast und zogen die Münzen. Auch diejenigen, die die Münze nicht gezogen hatten, empfanden keine Freude, denn alle wussten, dass die Münze ihr Leben nur um einige Tage verlängern wurde. Doch nach zwei Wochen traf das Los die schöne Tochter des Königs, die Prinzessin Sabra. Der König zögerte nur kurz, erklärte dann jedoch und mit schwerem Herzen, dass seine Tochter das Los akzeptieren müsse und sie das nächste Opfer sein werde. Die Prinzessin führte man bis zum Festungstor und band sie an einen Baumstumpf, bei dem der Drache sich auf seine Opfer zu stürzen pflegte. Um sie herum lagen Knochen der Schafe und der Menschen, die der Drache schon getötet und verschlungen hatte. Als Sabra spürte, dass die Erde erbebte und der Drache bald kommen werde, schloss sie die Augen. In dem Moment kam der Ritter Held Georg, der die Hymnen zu Ehren eines ihr unbekannten Gottes singt. Er schaffte es, noch vor dem Drachen am Opferbaum einzutreffen. Sabra erläuterte dem Ritter den Vertrag zwischen dem Drachen und der Heidenstadt und flehte ihn an, zu fliehen, weil andernfalls er sie beide töten und anschließend die Stadt zerstören werde. Georg erwiderte, dass man keinen Pakt schließen könne mit dem Satan. Er riss sein Pferd um und ritt dem Drachen mit gezücktem Schwert entgegen. Nach einem schrecklichen Kampf gelang es dem Ritter Georg, dem Drachen sein Schwert in die Flanke zu stoßen. Der Ritter trug sein Schildwappen, dass ein Bildnis der Jesusmutter Maria trug und nur deshalb konnte er den Drachen bezwingen. Er fesselte den Drachen, band ihm sein Maul zu und führte ihn zum Opferbaum. Dort befreite er die Prinzessin, hob sie in seinen Sattel und ritt im Triumph durch das Festungstor von Silene. „Bei allen Göttern“, beschwört ihn der König, „töte den Drachen, ehe er sich losreißt und uns alles verschlingt.“ „Es gibt nur einen Gott“, erwidert Georg, „und wenn du König, gelobst, dass du und alle deine Untertanen sich zum mächtigen Gott der Christenheit bekehren, dann werde ich den Drachen vor euer aller Augen enthaupten.“71 Der König akzeptierte die Befehle des Ritters, der anordnete, alle Götzenbildnisse aus den Tempeln der Stadt zu holen und alle heidnischen Idole zu zertrümmern

71 Gößling 2003, 213.

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und zu verbrennen. Bei Anbruch der Dämmerung pilgerten die Bewohner Silens am christlichen Taufbecken vorbei, neben dem der strahlende Ritter Georg stand und einen nach dem anderen taufte. Nachdem dies vollbracht war, nahm er sein Schwert und bevor er dem Drachen dem Kopf abschlug, verlangte er noch die Hand der Königstochter. Und so tötete der Ritter den Drachen. Im Heidentempel stellte man ein Kruzifix auf und ehe der König und sein Volk begriffen hatten, was ihnen geschehen war, waren sie allesamt Christen und Gott selbst hatte den Drachentöter mit der ausersehenen Drachenbraut vermählt. „Die Botschaft der Georgslegende ist eindeutig, und es ist gewiß kein Zufall, dass der Ritter Georg im Mittelalter zu den populärsten Heiligen zählt: Die Recken Christi besiegen den Drachen Satans, der Heiden, Hexen und Häretiker. Die Fromme Gleichsetzung von Drachen und Teufeln bewirkt allerdings zunächst, dass ab der ersten christlichen Jahrhundertwende Drachen in erstaunlicher Anzahl über und in Europa und vornehmlich in deutschen Landen gesichtet werden.“72 Das ist ein schöner Beweis für die sehr lebhafte Fantasie der Menschen. In der Zeit entstanden unzählige Drachengeschichten, die wir hier nur aufzählen werden. Im Deutschland gibt es die Geschichten namens; Heinrich der Löwe und der Drache, Drachen und Freimaurer, Die schöne Melusine und das Schloss Staufenberg, Der Lindwurm zu Eibelstadt, Der Drache am Schönberg, Der Drache von Geldern, Der Drache vom Drachenfels, Der Korndrache aus Lauenburg und Schleswig-Holstein, Der Körndrache von Neubäu, Drachen in der Oberpfalz, Der Drache von Godesberg. In Frankreich; Der Drachenprinz, Der Guibre, Der Drache Jilocasin, Der Drache von Mont Blanc, Gargouille, Tarasque. In Großbritannien; Der Meister der Drachen, Der Goldene Drache, Der Laidley-Wurm, Des Teufels Drache, Der Drachentöter von Sussex, Der Drache von Duck’s Pool, Earl Warrens Drachenschatz, Die Drachenstrasse, Der Neroche, Die fliegende Schlange von Cawthorne, Der zweiköpfige Drache, Der Ceowcombe-Drache, Der Held von Deerhurst, Dinas Ffareon, Boldragon, Sir Guy, Osulf und die Schlange, Der Sockburn Worm, Money Hill, Der fliegende Drache von Henham, Die Bäuerin und der Drache, St. Carantoc und der Drache, Old Ben, Der Feuerdrache von Kingston, Der Drache von Benet’s Abbey, Thomas Venables und der Drache von

72 Gößling 2003, 213.

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Moston, Der Ritter in der kristallenen Rüstung, Die Michaelsquelle, Der Bischof und der Drache. In Österreich; Die Nixe und der Drache, der Jolerbühel, Der Drachentöter von Brand, Der Drache vom Gallinatobel, Die Drachenjungfrau in der Gerloswand, Der Lindwurm von Klagenfurt, Der Drache zu Laufen im Oberland, Die Sage vom alten Malta, Der Drachensee, Der Drachentöter von Moxnitz, Der Sonderdachdrache, Der Drache und das Venedigermännlein, St. Magnus und der Drache, Drachenbäume, Der Basilisk zu Wien, Der Lindwurm vom Goggauer See usw. Die Liste der Drachengeschichten ist sehr lang und es hat den Anschein, dass man Drachen fast in jeder Ecke Europas und im gewissen Sinne auch weltweit findet.

Die Bibel ist die Quelle aller Quellen für das Christentum. Darin finden sich auch die Ausgangspunkte für das Drachen-Studium im christlichen Kontext. Obwohl im Alten und im Neuen Testament der Drache, bzw. Leviathan, stets als das Böse dargestellt wurde, repräsentiert er manchmal auch den Teufel selbst, den alten Feind, der am Ende von Gott vernichtet wird. Gelegentlich wurde die Schlange des Paradieses als Drache abgebildet, doch laut Altem Testament, bewohnten die Drachen in der Regel das Meer. Der Leviathan beschrieb Luther als Walfisch, und sie werden verschieden übersetzt. Im Ps. 74, 13-14 heißt es: „Du zertrennst das Meer durch deine Kraft und zerbrichst die Köpfe der Drachen im Wasser.“73 Eine andere Übersetzung lautet: „Du zerschlägst die Köpfe der Walfische und gibst sie zur Speise dem Volk in der Einöde.“74 Obwohl in den alttestamentarischen Büchern sowie in den Psalmen, (74,13-14; 91, 13) oder in Jesaja (27,1; 51,9) und Hiob (7,12; 26,12-13) die Drachen erwähnt werden, geben uns die Textquellen nirgends eine genaue Beschreibung von ihnen. Im Gegenzug dazu findet man in der neutestamentlichen Offenbarung des Johannes im Kapitel 12. (Offb. 12,1-15) eine Beschreibung von Drachen und deren Handeln. „Und es erschein ein großes Zeichen im Himmel: ein Weib, mit der Sonne bekleidet und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual zur Geburt. Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein

73 Cherry 2009, 55. 74 Cherry 2009, 55.

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großer roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen; Und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf dass, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße. […] Und es erhob sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen; und der Drache stritt und seine Engel. Und sie siegten nicht, auch ward ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel. Und es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satans, der die ganze Welt verführt, und ward geworden auf die Erde, und seine Engel wurden auch dahin geworfen.“75 Es gibt noch ein weiteres Ungeheuer, das aus dem Meer kam, mit mehreren Köpfen, zehn Hörnern und Kronen, worauf geschrieben war: „Namen der Lästerung“. Sein Leib ähnelte dem des Leoparden, er hatte das Maul eines Löwen und Bärentatzen. Das Tier konnte sich selbst Heilen und bezog seine Kraft von dem Drachen. Dieses Ungeheuer und noch ein weiteres, das zwei Hörner hatte und wie ein Drache sprach, wurden verehrt für ihre Heil- und Wunderkräfte, jedoch repräsentieren sie die falschen Propheten und die Ungläubigen, die Menschen von dem waren Glauben abbringen wollen. Sie werden in der Offb. 16,13-14 später als unreine Geister bezeichnet, die den Fröschen gleich sind und aus dem Maul des Drachen heraus kommen. Es sind die Sprachrohre des Teufels, der durch den Drachen verkörpert wird. Obwohl die biblischen Beschreibungen in den Texten ausdrücklich den Drachen mit mehreren Köpfen beschreiben, manifestieren sich eher die bildlichen Darstellungen, auf denen Michael und die Engelschar den einköpfigen Drachen aus dem Himmel verjagen. In diesem Falle überlagern sich zwei Darstellungskonventionen. Vielleicht liegt darin die Ursache, dass es ikonographisch mehrere Variationen dieser Darstellung gibt. Einerseits die des Drachenkampfs und andererseits die der Abbildung des Heiligen mit seinen feststehenden Attributen.

Wir haben schon den hl. Ritter Georg erwähnt. Neben ihm gab es noch viele andere Heilige, die Drachenkämpfe bestehen mussten, so der Apostel Philippus oder die heilige Margareta von Antiochien und die heilige Martha. Die Margareta

75 Cherry 2009, 56.

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weigerte sich, einen Heiden als Mann zu heiraten und wurde daraufhin ins Gefängnis geworfen. Da erschien ein Drache in der Zelle und verschlang sie. Die Margareta trug ein Kreuz mit sich und mit dessen Hilfe zerbarst der Leib des Drachen und sie konnte sich somit selber retten. Die Margareta wurde danach als Schutzheilige der Geburt bezeichnet. Die Schutzpatronin der Hausfrauen ist die hl. Martha, die nach Frankreich reiste und dort den Tarascon-Drachen besiegte, indem sie ihn mit Weihwasser besprengte. Beide Frauen wurden oft mit einem Drachen, der zu ihren Füßen liegt, dargestellt. Die hl. Margareta führt ihren Drachen am Strick und die hl. Martha hält ein Gefäß mit Weihwasser. Selten ist es in der westlichen Kirche vorgekommen, dass man einen Drachen gezähmt hat. In der Regel wurden die Drachen, Tiere und Ungeheuer getötet, doch es gibt das Beispiel vom Clemens von Metz, der einen Drachen zähmte. Eine weitere Kategorie ist die europäische Heraldik, in der auch Drachen sehr oft dargestellt wurden. Obwohl die Tiere schon im alten Griechenland auf den Wappen erschienen, beispielsweise bei Herakles, der das Emblem eines Drachen trug, entwickelte sich die Kunst der Heraldik erst ab dem 13. Jahrhundert in Europa. Es hatte sich zum Standard entwickelt, die Verzierungen mit einem Drachen zu schmücken. Damit wollte man die Feinde abschrecken, denn Drachen symbolisieren die Wildheit und die Stärke. Mit König Heinrich VII. von England (1485 -1509) erschien jedoch das erste Mal auf einem Wappen ein roter Drache, der Cadwaladr, der als Trägerfigur des Schilds mit den königlichen Waffen verwendet wurde. Laut einer walisischen Legende gab es zwei Drachen die gegeneinander kämpften. Der rote Drache symbolisierte Wales und der weiße die Angelsachsen. Der letzte einheimische Herrscher Britanniens war der Cadwaladr und stammte von dem im 6. Jahrhundert lebenden König Maeolgw ab. 76 „Die Einfügung des roten Drachen als Träger des königlichen Schilds bezeichnete, die unter den (aus Wales stammenden) Tudors erreichte Einheit Britanniens.“77

76 Cherry 2009, 55-64. 77 Cherry 2009, 64.

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VII. Drachen in der Kunst Bildbeschreibungen

1. Vase mit der Schlange Ladon und den Hesperiden, ca. 1770-1775, Manufaktur Wedgwood Abb. 15.

Die Vase mit der Ladon-Schlange und den Hesperiden, stammt aus der Zeit von Herzog Carl I. von Braunschweig-Lüneburg-Bevern (1712-1780). Sie ist Teil einer Tafelvorlage, welche zur Antikensammlung des Sir William Hammilton gehörte.78 Ihre Erwerbungsgeschichte ist jedoch unbekannt. Die Vase zeigt einen Ausschnitt aus dem antiken Mythos des Herakles im Garten der Hesperiden. Auf der Vase befinden sich drei Frauen, die Hesperiden, zwei auf der linken Seite und eine andere auf der rechten Seite. Zwei dekorative Friese, in Bronze-Farbe, der eine oben, der andere unten, umlaufen die Vase und rahmen die Hauptszene ein. In der Mitte, zwischen den Frauen steht ein Baum. Die zwei Frauen auf der linken Seite blicken in die Mitte zu dem Baum, um dessen Stamm sich eine Schlange windet. Die weibliche Figur ganz links ist mit einem vorgebeugtem Körper dargestellt und stützt sich auf die mittlere Hesperide. Diese hebt ihre Arme bis in Schulterhöhe und es hat den Anschein, als ob sie den Baum bzw. die Schlange berühren wolle. Um den Baumstamm windet sich eine große

78 Joger/Luckhardt 2007, 98.

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Schlange. Die Schlange blickt in die Richtung der beiden Frauen. Bei der Schlange handelt es sich um die Ladon-Schlange, die die Hüterin des Baumes mit den goldenen Äpfeln ist, der sich im Garten der Hesperiden befindet. Die Szene wirkt entspannt und man hat nicht das Gefühl, dass die Schlange jemanden bedroht. Sie befindet sich lediglich an dem ihr zugeteilten Platz und erfüllt ihre Aufgabe. Ladon ist ein Kind der Gaia oder des Typhon und der Echidna. Ladon beschützt auch das das Goldene Vlies in Kolchis. Der Blick der dritten weiblichen Figur, die neben einer weiteren Pflanze steht, geht ins Leere. Die antiken Darstellungen reduzieren den Ladon meist auf eine Schlangengestalt. Jedoch wird die Ladon- Schlange auch hin und wieder als ein Schlangendrache mit bis zu hundert Köpfen dargestellt, der niemals schläft. Der Lebensraum der Schlange befindet sich gemäß der antiken Vorstellung in den Tiefen der Erde, wo sich unzählige Schätze befinden, die von ihr bewacht werden. In den Mythen nimmt die Schlange die Funktion der Schatzhüterin ein. Die sogenannten schatzhütenden Motive treten in vielen Kulturen in einer so auffallenden Gleichartigkeit auf, dass oft nur der Name der Drachen das einzige Unterscheidungsmerkmal ist.79

2. Der assyrische Sonnengott Marduk kämpft mit einem Drachen, kopiert nach einem Relief in Nimrud und in A.H. Layards Buch „Ninive und Babylon“ reproduziert Abb. 16.

In der assyrischen Mythologie gab es die ursprünglich zwei Wesen, den Apsu, die männliche Verkörperung des Wassers und des Raumes, und Tiamat, die weibliche Verkörperung des Meeres und des Chaos. Von diesem Götterpaar stammte eine

79 Joger/Luckhardt 2007, 98.

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große Zahl von Göttern ab. Als die Zahl immer größer wurde und sich die Götter einmal gegen das Götterpaar erhoben, wurde Apsu wütend wegen der Respektlosigkeit und plante die Zerstörung mit der etwas zurückhaltenderen Tiamat. Es gelang ihnen jedoch nicht und Apsu wurde dabei getötet. Als Tiamat davon erfuhr, verwandelte sie sich in ein schreckliches Ungeheuer, das noch viel stärker von Zorn und Hass erfüllt war als Apsu. Sie wollte Rache für den Tod ihres geliebten Apsu und schuf eine riesige Armee von Monstern, Kreaturen, Dämonen und drachenartigen Wesen. Sie selbst verwandelte sich in einen angsteinjagenden Halbdrachen mit undurchlässigen Schuppen, vier muskulösen Beinen, dolchartigen Krallen, einem langen Hals, zwei gebogenen Hörnern auf dem Kopf und Raubvogelflügeln. Das Maul des Drachen ähnelte einem Löwenmaul und der Körper war zusammengesetzt aus Pferde- oder Hund- oder Löwenteilen. In dieser Darstellung des Reliefs sieht man Marduk, den Sonnengott und den Helden, der erklärt hatte, all die schrecklichen Kreaturen und den Tiamat-Drachen zu töten und somit die Welt zu retten. Der Drache flieht vor Marduk, der ihn mit Speeren verfolgt.

3. Herkules und Hydra, 1772, ausgeformt um 1800. Porzellan, Fürstenberg, farbig bemalt, glasiert. Abb. 17.

Johann Christof Rombrich entlehnte die Figur des Herkules einer Renaissancebronze des Mars, welche vor 1587 von dem Florentiner Bildhauer Giambologna (1529-1608) geschaffen worden war. Eine von den zwölf Taten von Herkules war, dass er das vielköpfige Schlangenungeheuer Hydra töten musste. Hydra lebte in der argolischen See bei Lerna und verpestete die Umgebung mit ihrem giftigen Atem. Herkules besiegte gemeinsam mit seinem Neffen Iolaos das

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Ungeheuer. Herkules schlug die Köpfe der Hydra ab und Iolaos brannte die Stümpfe mit brennenden Holzscheiten aus. Da eines von den Häuptern der Hydra unsterblich war, vergrub Herkules es im Boden und stellte einen großen Felsen darauf. Herkules steht in einer bewegten Haltung auf einem flachen Felsensockel. Er ist mit einem starken, muskulös jungen Körper dargestellt. Sein Körper ist nach rechts hinten gedreht, aber er wendet den Kopf nach links und schaut auf das Ungeheuer und hält mit beiden Händen eine Keule bereit, die noch auf einem Felsvorsprung ruht. Auf seinem Rücken trägt er das Löwenfell, welches um seine linke Hüfte geschlungen ist und über seine rechte Schulter fällt. Der Schwanz des Löwenfells, der auf dem Felssockel ruht, dient als Figurenstütze. Das Ungeheuer hat sieben Köpfe und liegt am Boden auf dem Felssockel, bereit, den Herkules anzugreifen. Die Köpfe der Hydra haben alle ihr Maul weit aufgerissen. Lange, ziegelrote Zungen sind in Richtung des Herkules ausgestreckt. Es hat den Anschein, als ob der vorderste Kopf das linke Bein des Herkules berühren würde mit einer Art Hornschnabel, der sich auf der vorderen Spitze des Kopfes befindet. Die Mäuler der Hydra erinnern an Raubvögel bzw. an exotische Tiere. Die Hydra hat gehörnte Köpfe und schlangenähnliche Hälse. Der grau bis schwarz bemalte Rumpf weist einen langen, gekrümmten Schwanz auf und liegt auf einem flachen, wellenförmigen Sockel. Die Hydra ist hier dargestellt mit fledermausartigen Flügeln, die an ihrer Unterseite flammenhaft bemalt sind und dadurch das Feuer auf dem Boden des Sockels farblich verstärken. Die Tischfigurengruppe ist ein dekoratives Schauobjekt. Die Hydra hat hier nicht ausschließlich die Gestalt einer Schlange. Sie besitzt vielmehr drachenartige Züge, wodurch das Motiv des Drachenkampfes erweitert wird.80

80 Joger/Luckhardt 2007, 100.

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4. Herkules und die Lernäische Hydra, 1876, Gustave Moreau (1826-1898)

Abb. 18.

Rechts befindet sich die siebenköpfige Schlange, die vor ihrer feuchten Höhle bei Lerna steht. Die Schlange ähnelt einer Kobra. Ihr Körper ist stark und kraftvoll dargestellt und sie ist fast zweieinhalb Meter hoch. Die Hauptschlange, bzw. der Hauptkopf in der Mitte schaut wie eine Kobra aus. Alle anderen Köpfe wimmeln um sie herum, in einer aufgeregten Bewegung, bereit einzugreifen, doch die Mittlere Schlange, schaut Herkules in einer bewegungslosen Haltung an. Auf der linken Seite steht Herkules, mit seiner linken Hand hält er den Bogen, er trägt das Löwenfell auf seinem Rücken und in der rechten Hand hält er die Keule. Er ist als junger, starker, kräftiger und schöner griechischer Held dargestellt. Die Landschaft im Hintergrund ist leicht verschwommen, doch man erkennt die Umrisse von einem Wald, vor dem sich der Herkules positioniert hat, und auf der rechten Seite den Eingang in die Höhle der Schlange. Überall auf dem Boden liegen Leichen, Schädel und Knochen. Es gibt tote Menschen, die sich hinter der Schlange befinden und an den Felsen herunterhängen. Von der Bildkomposition her ist zu erkennen, dass all diese Leichen Opfer von der Schlange waren und dass Herkules, der im hellen Licht dargestellt ist, als positiver Retter gekommen ist, um dem Ganzen ein Ende zu machen und die Schlange zu besiegen. Es ist interessant zu beobachten, dass, obwohl hier der Kampf zwischen der Hydra und Herkules dargestellt sein soll, es eine Szene ist, in der sich die Gegner nur gegenseitig anschauen, als ob sie gerade aufeinander getroffen sind. Es ist keine gewöhnliche Drachenkampf-Szene, sondern eine Darstellung, deren Wurzeln sich

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im alten Mythos wiederfinden. Der Kampf zwischen den männlichen, gottähnlichen Menschen gegen eine Wasserschlange, ein Urbild des Drachen, der stellvertretend für die göttliche weibliche Macht ist. Wir können an die Tiamat denken, die Urmutter Gaia, das Weibliche, die gegen den Marduk, das Männliche gekämpft hat. Aus diesem Grund unterstützte die Göttin Hera, die Statthalterin im Olymp, die Hydra, weil die Hydra das Weibliche repräsentiert und verkörpert hatte. Sie und noch viele andere repräsentieren die weibliche Kraft, das Matriarchat. Die Szene dieses Bildes schildert auch den Kampf zwischen dem Patriarchat und dem Matriarchat. Herkules weiß, dass er die Wasserschlange nicht endgültig töten kann, bzw. dass ihre Vernichtung nicht die Vernichtung ihrer Kräfte bedeutet. Dies bedeutet metaphorisch, dass man die weibliche Kraft nicht endgültig besiegen kann.

5. Herkules bezwingt Acheloos als Schlange, nach 1660, Pietro della Vecchia (1603-1678) Abb. 19.

Die Geschichte wird in den Metamorphosen des Ovid (9, 62-79) beschrieben. Das Gemälde zeigt Herkules, der gegen den Flussgott Acheloos kämpft. Als Flussgott bzw. Wassergott konnte er verschiedenste Gestalten annehmen. Herkules besiegte den Acheloos zwei Mal. Einmal hatte der Wassergott die Gestalt einer Schlange angenommen, beim zweiten Mal die Gestalt eines Stieres. Herkules ist im Profil dargestellt und als Aktfigur in dominierender Pose mit muskulösem Körper über der Schlange positioniert. Mit ausgestreckten Armen reißt er kraftvoll das große Maul der Schlange, das gefüllt ist mit spitzen und langen Zähnen, auseinander. Er beugt sich weit nach vorn. Mit seinem linken Fuß drückt er den

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gewaltigen Körper der Schlange zum Boden hin, wo auch der Lichteinfall stärker betont und die kraftvolle Handlung sichtbarer gemacht wird. Während sein rechtes Bein die gesamte Bewegung nach hinten abstützt. Die Schlange bleibt überwiegend im Dunkeln. Der Lichteinfall kommt von der linken Seite ins Bild. Erst durch die diffuse Beleuchtung erkennt man den mächtigen Körper des Tieres. Durch die düstere Darstellung ihrer Gestalt, die im Hintergrund immer mehr ins Dunkle verschwindet, und die häufige Windung ihres Körpers wird die Gefährlichkeit des Wesens noch mehr betont. Das starre, rote Auge blickt zu Herkules hinüber. Dass es sich um einen heftigen Kämpf handelt, zeigen die Rötungen an den Ellenbogen und Knien des Herkules. Jedoch erzeugt die Szene eine Art Mitleidsgefühl für die Schlange. Sie ist ihrem Schicksal und dem Herkules komplett ausgeliefert und befindet sich in einer Position, in der es den Anschein hat, Herkules werde jeden Moment ihr Maul nicht nur weiter auseinanderreißen, sondern brechen. Gerade durch die kraftvollen Windungen der Körpers wird deutlich gemacht, dass die Schlange leidet und versucht, gegen Herkules anzukämpfen und sich zu befreien. Herkules dagegen hat einen kühlen Gesichtsausdruck und vermittelt keinerlei Empathie bzw. Mitleid für die Schlange, er erfüllt kalt seinen Auftrag. Generell finden sich nur selten Darstellungen des Kampfes zwischen Herkules und Acheloos, der als Schlange dargestellt ist. Die Schlange tritt in Pietro della Vecchias Gemälde zwar als angsteinflößendes Tier auf und hat raubtierhafte Züge, jedoch ist sie nur ein Wesen, das für einen gewissen Zweck benutzt worden ist. Acheloos hatte sich lediglich des Schlangenkörpers bedient, nicht weil die Schlange das Böse ist, sondern weil sie ein kraftvolles Tier ist und er in der Gestalt versucht en konnte, den Herkules zu besiegen. Vielleicht ist es auch ein Verweis auf die frühe Kindheit des Herkules, in der er auch zwei Schlangen erwürgt hatte, die von der eifersüchtigen Hera geschickt worden waren, um ihn zu töten.81

81 Joger/Luckhardt 2007, 102.

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6. Jason und der Drache, 1668-70, Salvator Rosa (1615-1673) Abb. 20.

Ein weiteres Kunstwerk, dessen Inspiration aus den Metamorphosen des Ovid entnommen wurde, ist die Radierung von Salvator Rosa. Der Anführer der Argonauten, der Held Jason, stahl mit Hilfe eines Kräutertrankes der Zauberin Medea das Goldene Vlies von Kolchis. Das Vlies wurde von einem niemals schlafenden Drachen bewacht. Die Tochter des Königs Aietes half Jason bei dem Raub, da Jason ihr versprochen hatte, sie zu heiraten und sie mit nach Griechenland zu nehmen. Die Radierung zeigt den Augenblick, in dem Jason dem Ungeheuer ein Zauberöl in die Augen gießt. Danach konnte er das Goldene Vlies von der Eiche nehmen und damit fliehen. Jason ist in einer Rüstung dargestellt, was in dieser Epoche üblich war und von den Künstlern gerne gezeigt wurde. Mit der linken Hand gieß er das Zaubermittel auf den Drachen, während er mit einer ausfahrenden Geste über den Drachen steigt. Jason hält das Schwert in seiner rechten Hand. Er ist triumphierend dargestellt durch den wehenden Umgang über dem gefallenen Drachen. Der Drache liegt am Boden, seine Beine sind ausgestreckt und mit gespreizten Klauen dem Betrachter entgegengestreckt. Seine Augen sind weit aufgerissen und auf das Zauberöl fokussiert, das jeden Moment die Augen erreichen wird. Sein Maul ist weit geöffnet, um die Dramatik der Szene zu betonen. Der Körper des Drachen ist in einer fast erstarrten und angespannten Haltung dargestellt. Der Drache ist hier

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als ein richtiger mittelalterlicher Drache dargestellt: Mit vier Beinen, mit riesigen Krallen, Fledermausflügeln, großem Maul, Schlangenschuppen, einem kräftigem Schwanz, der jedoch wieder die Verwandtschaft mit der Schlange deutlich macht. In der Radierung finden sich die Hauptmotive der bekannten und beliebtesten Drachenerzählungen wieder. Zum einen finden wir den Drachen als Hüter eines Schatzes, zum anderen geht es um den siegreichen Kampf zwischen einem Gott oder Helden und einem Ungeheuer bzw. einer Gegenmacht. Der Drache gilt in der Jason Legende als der Sohn von Typhon und Echidna. Der griechische Drache, drakon, tritt in sehr vielen unterschiedlichen Zusammenhängen auf, sei es als Mischwesen, als Schlange, als Drachenschlange, oder, so wie hier, als ein typischer mittelalterlicher Drache. Meist werden die Drachen in den griechischen Mythen als Wächter von Wasserquellen und Schätzen eingesetzt.82

In dem folgenden Beispiel ist gut zu erkennen, wie die Darstellung des Drachen von diesen sogenannten Mischwesen bis zu den unserer allgemeinen Vorstellung von einem Drachen der Feuer spuckt entsprechenden Darstellungen gesprungen ist. Die Künstler hatten eine riesige Auswahl an Möglichkeiten, aus allen möglichen Tieren und Wesen eigene Gestalten zu erschaffen.

7. Perseus und Andromeda, um 1540-45, Werkstatt des Guido da Merlino (nachweisbar 1542-1552) Abb. 21.

Auf dem Teller befindet sich eine Darstellung aus dem Perseus-Mythos. Vom König Polydektes erhielt Perseus den Auftrag, das schlangenbesetzte Haupt der

82 Joger/Luckhardt 2007, 104.

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Gorgone Medusa zu bringen, deren bloßer Anblick jedem auf der Stelle zu Stein erstarren ließ. Als Perseus die Medusa mit einer Sichel enthauptete, gebar sie im Augenblick ihres Todes den Riesen Chrysoar und das Pferd Pegasos. Perseus konnte mit dem Medusenhaupt die äthiopische Prinzessin Andromeda vor dem Seeungeheuer Ketos retten. Poseidon hatte das Seeungeheuer geschickt, um das Land zu verwüsten, weil Kassiopeia behauptet hatte, dass sie und ihre Tochter Andromeda schöner seien als die Nereiden, welcher zugleich Töchter des Ketos waren. Perseus verliebte sich in Andromeda, die an einem Felsen gekettet worden war, tötete das Ungeheuer und heiratete die Königstochter. Die auf dem Teller dargestellte Szene ist in einer veränderten Form dargestellt worden. Andromeda befindet sich in der Mitte einer Landschaft und ist an einen Baum gefesselt. Rechts im Bild befindet sich Perseus, der in einer gebeugten Haltung über dem Leichnam der Medusa steht und deren abgetrenntes Haupt mit seiner rechten Hand emporhält. Hinter Andromeda sieht man den fliegenden Pegasus und links im Bild sitzen drei Frauen auf einem Felsen, die das ganze Geschehen beobachten. Der Drache befindet sich auf der linken Seite und wendet sich Andromeda zu und bedroht sie. Hier ist der Drache nicht als Seeungeheuer gezeigt, sondern als löwenartiges Wesen. Er hat den Köpf von einem Löwen aber ohne Mähne sowie Pfoten, die an Löwenpfoten erinnern. Das Einzige, was Proportional nicht dazu passt, ist sein langer Hals. Doch das Drachenteil verkörpert er mit seinen Fledermausflügeln und der Verweis auf die Schlange findet sich in seinem langen, kräftigen Schwanz wieder. Die Formverbindung zwischen dem Drachen und dem Löwen findet man bereits in den altorientalischen Darstellungen. Auch von der Farbe her ist diese Darstellung recht ungewöhnlich. Dem kräftigen, orange-gelben Leib des Drachens wurden blaue, dünnhäutige Fledermausflügel gegeben, an deren Enden sich lange und spitzte Stacheln befinden, die die Gefährlichkeit seiner Erscheinung betonen. Der Sieg des Perseus über den Drachen steht für den Sieg des Guten über das Böse, der Tugend über das Laster.83

83 Joger/Luckhardt 2007, 106.

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8. Perseus und der Drache des Poseidon, um 1515, Piero di Cosimo (1462-1521) Abb. 22.

Der mutige Perseus war der Sohn von Zeus und der griechischen Prinzessin Danae. Als er mit seinen geflügelten Sandalen, die er sich vom Gott Hermes ausgeliehen hatte, über Äthiopien flog, sah er Andromeda, eine junge Frau, die an einer Klippe im wilden Ozean gefesselt war. Sie war von königlichem Geschlecht, hatte langes goldenes Haar und trug ein wallendes weißes Kleid. Perseus eilte hinunter zu der jungen Frau, deren Blick voller Grauen auf den Ozean fixiert war. Sie offenbarte dem Perseus die Ereignisse, die zu ihrem Schicksal geführt hatten. Sie war die Tochter von Kassiopeia, der Frau des äthiopischen Königs Cepheus. Kassiopea hatte in einem Anfall des Stolzes gesagt, dass sie noch viel schöner sei als die Seenymphen, die als die Nereiden bekannt waren. Damit hatte sie den mächtigen Meeresgott Poseidon beleidigt, der den Ketus, einen riesigen Schlangendrachen schickte, und ihm befahl, dem Königreich des Cepheus Unglück zuzufügen. Unzählige Menschen und große Teile des Viehbestands waren bereits dem Ungeheuer zum Opfer gefallen. Schließlich sollte auch die Tochter des Königs geopfert werden. Somit waren Kassiopeia und der König gezwungen, das Undenkbare zu tun. Sobald Andromeda dem Perseus die Geschichte erzählt hatte, kam schon aus den Tiefen des Ozeans der Schlangedrache Ketus hervor. Perseus stürzte sich, ohne zu zögern, auf den Schlangedrachen und tötete ihn. Somit rettete er das Leben der Prinzessin, woraufhin sie beide heirateten. In dem Bild von Piero di Cosimo sind mehrere Szenen gleichzeitig dargestellt. Rechts oben sieht man den Perseus, der am Anfang der Geschichte über Äthiopien flog und die Andromeda erblickte, die gefesselt an den Klippen stand. Die Geschichte geht in der Mitte des Bildes weiter, wo Perseus dem

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Schlangedrachen den letzten Schlag mit dem Schwert versetzt. Die letzte Szene befindet sich rechts unten, wo Andromeda mit ihren Eltern wieder vereint ist. Der Drache besitzt riesige Schwimmflossen und zwei lange Hörner oder Stoßzähne, die unten aus seinem Kiefer herauswachsen. Das Monster scheint überrascht worden zu sein von Perseus, der sich über ihm befindet. Es hat seinen Blick auf Perseus gerichtet und die linke Schwimmflosse leicht gehoben. Es hat den Anschein, als ob der Drache nur noch darauf wartet, von Perseus mit dem Schwert getötet zu werden.

9. Perseus befreit Andromeda (Ausschnitt), 1602, Giuseppe Cesari, (1568-1649) Abb. 23.

Im Vergleich zu Piero di Cosimos Seeungeheuer ist das Monster, welches Giuseppe Cesari schuf, in Gesichtszügen und der Gestalt anders dargestellt. Das Seemonster ähnelt eher einem Hund, der aus dem Meer hervorspringt und Andromeda anbellt und versucht, sie anzugreifen. Es hat noch immer die Schwimmflossen und Pfoten, ähnliche Beine und einen langen Schwanz, der wieder einmal der Hinweis auf eine Schlange und ein Wasserwesen ist. Es gibt auch einen Unterschied in der Gestaltung des Perseus, der auf einem Pferd herbeieilt, um die Andromeda zu retten.

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10. Perseus rettet die Andromeda vor dem Seeungeheuer, um 1611, Joachim Wtewael (1566-1638) Abb. 24.

Ähnliches findet man in dem Werk vom Wteawel, der die gleiche Szene mit der Errettung Andromedas gemalt hat. Die Darstellungen der Andromeda, des Perseus auf dem Pferd, der Klippe bzw. des Felsen, auf dem die junge Frau steht, ist sehr ähnlich den beiden vorigen zwei Beispielen. Doch den größten und markantesten Unterschied findet man wieder in dem Seeungeheuer. Das Seeungeheuer bei Wteawel verkörpert ein Wesen, das drachenartige und schlangenartige Teile hat, doch, von der Pose und von den Beinen her auch an einen Hund oder Löwen erinnert.

11. Der Drache verschlingt die Gefährten des Kadmus, 1588, Hendrick Goltzius (1558-1616/17) Abb. 25.

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Der von Hendrick Goltzius geschaffene Kupferstich liefert ein gutes Beispiel dafür, dass Schlangen und Drachen als Symbole der grausamen und mächtigen Gewalt des Bösen dargestellt worden sind. Die aus den Metamorphosen des Ovid überlieferte Geschichte handelt von Kadmus und dessen Gefährten. Kadmus war der Sohn des phönizischen Königs Agenor, der sich auf den Weg gemacht hatte, seine Schwester Europa zu finden, die Zeus entführt hatte. Während ihrer Reise werden Kadmus‘ Gefährten von einem Drachen getötet, als sie Wasser bei einer Quelle holen wollten. Diese Quelle wurde von dem Drachen bewacht und alle Gefährten fielen ihm zum Opfer, außer Kadmus selbst. Der Kupferstich zeigt die Szene, in der die Gefährten auf grausige Art und Weise von dem Drachen getötet werden. Im Vordergrund wird die grausige Szenerie verstärkt durch auf dem Boden liegende Leichenteile, den abgerissenen Kopf und Knochen von Menschen und Tieren, die bereits von dem Drachen getötet wurden. Das Geschehen ist nah an den Betrachter gerückt, wodurch man das Gefühl hat, das nächste Opfer des Drachen zu sein. Mit großen, spitzen Zähnen beißt der Drache tief und fest in das Gesicht des Mannes und verschlingt es völlig. Der Mann, der in einer Rückansicht dargestellt ist, versucht mit seiner rechten Hand den Drachen am Hals festzuhalten, um sich vor dem tödlichen Biss zu schützen, was ihm jedoch nicht gelingt. Über dem Körper des Mannes liegt ein zweites Opfer, das schon zuvor sein Leben verlor. Dessen Leiche wird von den zwei kräftigen Vorderbeinen des Drachen gehalten und die Krallen des Drachen durchstechen die Haut, aus dessen Wunden Blut rinnt. Der Drache ist in einer mächtigen und dominierenden Pose dargestellt, wo er einen Gefährten nach dem anderen tötet. Wir finden wieder Teile von verschiedenen Tieren in ihm vereint, sowie z. B. der Schwanz, der an die Schlange erinnert, die Beine, die an riesige Adlerfüße und Krallen erinnern, und er besitzt Fledermausflügel, die jedoch von der Proportion her zu klein erscheinen. Auf seinem Nacken befinden sich muschelartige Schuppen, was ein Hinweis sein kann, dass der Drache ein Wasserwesen ist. Im Hintergrund ist noch ein weiterer Kampf zwischen einem weiteren Drachen dargestellt, bei dem Kadmus mit einer Lanze in das weit aufgemachte Maul des Tieres sticht und ihn somit tötet.84

84 Joger/Luckhardt 2007, 108.

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12. Behemoth und Leviathan, 1825, William Blake (1757-1827) Abb. 26.

In den biblischen Texten wird der Leviathan oft mit dem Behemoth gemeinsam dargestellt und beschrieben. Der Leviathan wird im Alten Testament als Krokodil bezeichnet und Behemoth als Nilpferd. Das Krokodil ist ein fleischfressendes Tier, ein Gottesfeind, das die Menschen fürchten. Der Stich von William Blake illustriert eine Szene aus dem Hiob Buch, in der das Krokodil und das Nilpferd noch deutlich zu erkennen sind.

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13. Zerstörung des Leviathan, 1865, Paul Gustave Dore (1832–1883) Abb. 27.

In dem Stich von Dore sehen wir den Leviathan in einer Tierform des Drachen wieder. Krokodilartige Züge sind nicht mehr vorhanden. Der Drache ist hier ein Seemonster und am Ende der Zeit wird es von Gott getötet. Der Drache herrscht über das Meer und Gott über das Himmelsreich. Gott schwebt auf einer Wolke, bewaffnet mit einem Schwert in der Hand und von Lichtstrahlen umgeben. Die Lichtstrahlen ähneln Pfeilen, die Gott auf den Drachen ausgerichtet hat. Der Drache scheint den Lichtstrahlen ausweichen zu wollen und sich vor den Strahlen zu verstecken. Sein großer Körper, der fast zwei Drittel der Bildfläche einnimmt, dreht sich auf den Rücken und ähnelt einem Tier, das sich unterwürdig zeigt. Sein langer Schwanz verschwindet im dunklen Hintergrund. Das unruhige Meer deutet auf den Gemütszustand des Drachen hin. Sein Maul ist weit aufgerissen und eine lange Zunge hängt heraus.

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14. Der Kampf des Thor mit der Schlange des Midgard, 1788, Johann Heinrich Füssli (1741-1825) Abb. 28.

Füsslis Bild zeigt die Szene von Thor und dem Riesen namens Hymir, der sich in einem Boot beim Fischen im Ozean befinden. Laut der Legende verwendete Thor beim Fischen einen Ochsenkopf als Köder. Plötzlich biss etwas unbeschreiblich Starkes und Kräftiges in den Köder und zog es in die Tiefen des Ozeans. Thor wusste, dass es sich um die Midgardschlange handelte und freute sich umso mehr über die Gelegenheit, diese endlich besiegen zu können. Dargestellt ist der Kampf zwischen Thor und der Drachenschlange, die gerade aus den Tiefen des Meeres herausgezogen wird. Ihr Körper ist dunkel, im unteren Teil des Bildes löst er sich komplett im Hintergrund auf. Die Ohren der Drachenschlange sind groß und schauen auch wie Hörner aus. Der Angelhaken befindet sich in ihrem Maul und wird an einer Kette von Thor an die Oberfläche gezogen. Nach einem langen und erbitterten Kampf steht Thor an der Spitze des Bootes. Mit seiner rechten Hand weicht er zurück, mit seinem Miolnir-Hammer will er der erschöpften Midgardschlange endlich den tödlichen Stoß versetzen. Hymir, der zusammengekrochen vor Angst und Schrecken sich im Hinterboot zu verstecken versucht, verlor jedoch im letzten Moment die Geduld, sprang hervor und schnitt ohne Zögern Thors Leine durch. Die Drachenschlange sank sofort in die dunkle Tiefe hinab, während Thor heftig und außer sich vor Wut tobte, da ihm die Midgardschlange schon wieder entwischt war. Jahrhunderte vergingen, bevor schließlich Ragnarök am letzten Tag der letzten Schlacht kam. Der kolossale Drache kam an Land und das einzige Wesen, mit

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dem er kämpfen wollte und der für ihn ein würdiger Herausforderer wäre, war Thor. Der Drache stürmte auf Thor los, wobei die ganze Erde unter der gewaltigen Kraft des Drachen erbebte. Der Himmel erhellte sich mit verbrennenden Donnerschlägen und hellen Blitzpfeilen, die Thor auf seinen todbringenden Feind warf. Thor hob den Hammer Miolnir hoch über seinen Kopf, schleuderte ihn rundherum, bis der Himmel anfing, sich in einem schwindelerregenden Strudel zu drehen, und versetzte dem Drachen einen kräftigen Schlag auf den Kopf, dessen Echo man auf der ganzen Welt hören konnte. Der Drache wurde tödlich verletzt und stieß einen letzten Wut- und Schmerzenschrei aus, der ohrenbetäubend war, bevor er leblos zum Boden fiel. Kurz danach fiel auch Thor auf dem Boden neben den Drachen. Er erstickte an dem stinkenden Gift, das die Midgardschlange beim letzten Atem ausgestoßen hatte.

15. Siegfried im Kampf mit dem Drachen, 1843, Wilhelm von Kaulbach (1804- 1874) Abb. 29.

Die Illustration Wilhelms von Kaulbach zeigt die Szene, in der Siegfried den Drachen besiegt. In der Nibelungensage kämpft der Held Siegfried am Ende der Erzählung gegen einen Drachen, der nicht nur den verfluchten Schatz bewacht, sondern auch die Tochter des Königs aus Worms, gefangen hält. Der Kampf ist ein Kampf zwischen einem Helden, der im Dienste des Guten ist, gegen das Böse. Siegfried besiegte den Drachen, erlangte so den Schatz und heiratete schließlich

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die Tochter des Königs. Die Darstellung des Drachen im 19. Jahrhundert hat schon die Formen eines großen Drachen mit riesigen Fledermausflügeln angenommen und diese Form eindeutig manifestiert. Schlangenähnliche Teile sind immer seltener zu sehen. Der uns bekannte Drache ist groß, mit riesigen Fledermausflügeln, er spuckt Feuer und Gift gleichzeitig und besitzt allgemein einen kräftigen und muskulösen Körper und auch Bärenpfoten mit langen Kralen. Siegfried stürmt auf den Drachen los, hält sein Schwert hoch oben in der Luft und ist kurz davor, dem Drachen den Kopf abzuschlagen. Er schützt sich gegen das Feuer, das aus dem Maul des Drachen kommt, mit einem großen Schild und wert es somit ab. Der Drache weicht leicht zurück. Er hebt leicht das linke Bein und es hat den Anschein, als ob er mit seinem Geschrei und dem Feuer den Angriff Siegfrieds abwenden wollte. Gleichzeitig sieht man seinen langen, schlangenartigen Schwanz, der sich um Siegfrieds Bein schwing, jedoch ohne Erfolg, er kann den Helden nicht von seiner Absicht abhalten.85

16. Adam und Eva, 1504, Albrecht Dürer (1471-1528) Abb. 30.

Die Schlange als Symbol des Bösen beim Sündenfall ist Ausgangspunkt und Gegenstand vieler metaphorischer Bezüge geworden, doch wir werden an

85 Joger/Luckhardt 2007, 120.

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folgenden Beispielen sehen, dass auch die Schlange im Paradies ihr Wesen verändert hat und man das Böse auch in einer Drachendarstellung finden kann. Die Schlange war listig und sehr klug. Sie war das klügste Tier im Paradiesgarten und konnte Eva und später auch Adam zu der verbotenen Tat anstiften. Das Böse, das dargestellt worden ist durch die Schlange, legt der Eva den Apfel direkt in die Hand. Die Krone auf dem Kopf der Schlange scheint das Indiz dafür zu sein, das die Schlange hier nicht nur ein einfaches Tier ist, sondern ein Tier, das denken kann und fähig ist, ein anderes Wesen zu verführen.86

17. Adam und Eva, 1638, Rembrandt Harmensz. Van Rijn (1606-1669) Abb. 31.

Der Sündefall gehört zu den ältesten Bildthemen der christlichen Kunst. Im Alten Testament ist es auch das am weitesten verbreiteten Bildthema. Doch nicht alle Künstler haben sich an die Gestalt einer Schlange zur Darstellung des Bösen gehalten. Zu den Erscheinungsformen, welche in den Darstellungen des Sündenfalls vorkommen, gehört auch der Drache. „[…] da der Drache nach mittelalterlicher Auffassung zur dritten Ordnung der Schlange gehörte. […] Schon im frühen Judentum war die Ansicht verbreitet, dass

86 Joger/Luckhardt 2007, 122.

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die Schlange bis zu ihrer Verdammung Füße gehabt habe. Außerdem wurde die Schlange aus dem Paradies, welche den Menschen zum Ungehorsam gegen Gottes Gebot verlockt, oft mit dem Teufel selbst assoziiert. So lässt sich die Darstellung des Teufels als Drache auf die Johannesapokalypse zurückführen.“87 In der Radierung von Rembrandt hat die Schlange die Gestalt eines Drachen angenommen. Möglicherweise nahm der Künstler den Drachen aus theologischen Gründen her. Damit konnte man auf die Erlösung des Menschengeschlechts hinweisen und auf die Überwindung des Bösen durch Christus. Der Drache befindet sich auf dem Baum, hält im Maul einen Apfel und schaut auf Adam und Eva herab. Eva hält schon den Apfel in der Hand und will hineinbeißen, doch Adam versucht sie davon abzuhalten. Der Drache besitzt wieder einmal kräftige Füße mit langen Krallen, man sieht den langen Schwanz, der an dem Baum herunterlauft und gleichzeitig erinnert der Schwanz an den Schwanz einer Ratte mit den kleinen Haaren, die am Schwanz selber vorkommen.88

18. Die Kupferstichpassion: Christus in der Vorhölle, 1512, Albrecht Dürer (1471- 1528) Abb. 32.

Um auf die Darstellung des Drachen, der eine rattenartige oder auch echsenförmige mit Fell besetzte Gestalt besitzen kann, zu kommen, knüpfen wir an dem Beispiel Christus in der Vorhölle von Dürer an. In dem Kupferstich ist

87 Joger/Luckhardt 2007, 126. 88 Joger/Luckhardt 2007, 126.

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Christus dargestellt, wie er die Stammeltern Adam und Eva sowie die Gerechten aus der Vorhölle befreit. Die nicht guten Wesen, menschliche und kreaturartige, sind durchwegs negativ und böse dargestellt und charakterisiert. Die Vorstellung von der Hölle ist, dass sich dort nur der Teufel und ähnliche Wesen sowie die Verdammten und die Sünder befinden. Vor dem Eingang zu der Hölle befinden sich Adam und Eva sowie Moses mit seiner Gesetztafel. Christus befindet sich auf der anderen Seite des Eingangs und zieht gerade den mit Fell bekleideten Johannes den Täufer aus der Tiefe der Hölle. Links im Bild versuchen auch zwei weitere Menschen und ein Drachentier aus den Tiefen sich hervorzudrängen, doch werden sie von der Last der Höllentors, das auf sie fiel, zurückgehalten. Oben auf der Mauer des Eingangs, befindet sich ein Höllenwächter. Er ist über das Eindringen Jesu sichtlich erbost, man sieht nur einen Bruchteil seines Kopfes, dennoch kann man sich sein grässliches und abschreckendes Gesicht vorstellen. Man sieht sein Auge, das fixiert und eindringlich hervorsticht und die ganze Szenerie beobachtet, als ob es das Böse selbst ist. Der tierähnliche, teufelsartige Wächter stellt aber keine Gefahr für Jesus da. Der Höllenwächter hält in seiner Hand einen riesigen Widerhaken, eine speerartige Waffe, mit der er direkt auf Adam zeigt. Er schmiegt sich mit seinem Körper an den Türbogen an. Sein Körper schaut echsenförmig aus, aber dennoch ist er mit borstigem Fell besetzt.89 „Die Kennzeichnung der Höllenwächter als Drachen bzw. als drachenähnliche Mischwesen ist der mittelalterlichen Vorstellung geschuldet, wonach sie als Werkzeuge des Teufels auftreten, aber auch den Teufel selbst verkörpern können.“90

89 Joger/Luckhardt 2007, 132. 90 Joger/Luckhardt 2007, 132.

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19. Hl. Georg, 1658, Ottmar Elliger d. Ä. (1633-1679) Abb. 33.

Dargestellt ist der Kampf zwischen dem Heiligen Georg und dem Drachen. Der Legenda Aurea des Jacobus de Voraigne zufolge lebte in einem See vor der Stadt Silena in Lybia ein Drache, der die Stadt bedrohte. Man musste dem Ungeheuer täglich Opfer bringen und als es keine Tiere und Lämmer mehr gab, wurden nach dem Losverfahren alle Bewohner von Silena geopfert. Als das Los die Tochter des Königs traf und sie auf dem Weg war, um sich ihrem Schicksal zu ergeben, kam der Ritter Georg herbei und sie erzählte ihm von dem Unglück der Stadt und dem Drachen. Als der Drache kam, um sein Opfer zu töten, wurde er von Georg angegriffen, der das Untier mit seiner Lanze durchbohrte. Der angeschlagene Drache wurde in die Stadt geführt, die Tochter des Königs gerettet und Georg versprach den Bewohnern, er werde das Untier töten, wenn sich alle zum Christentum bekehren würden und er die Tochter des Königs heiraten könnte. Der König und seine Untertanen ließen sich alle taufen und schließlich erschlug Georg den Drachen. Das Bild zeigt einen Ritter, voll gerüstet, auf einem weißen Pferd reitend. Der Drache windet sich am Boden und erhält gerade den Stich der Lanze in seinen Leib. Er hat einen kleinen Kopf, einen langen Hals, große Flügel, einen Schlangenschwanz und mit der linken Pfote hält er die Lanze, als ob er den Stoß abwehren wollte. Im Hintergrund befindet sich die Tochter des Königs, zugleich aber auch, auf Grund ihres Strahlenkranzes, ist sie die Verkörperung der Heiligen Margarethe. Seit dem 14. Jahrhundert wird häufig in den Darstellungen zur Georgslegende die Königstochter mit der Heiligen Margarethe gleichgesetzt. Georg ist hier der heldenhafte Ritter, der um die Befreiung der Tochter gegen den

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Drachen kämpft. Der Drache verkörpert den alten, heidnischen Glauben, der getötet und durch ein neues Bewusstsein des christlichen Glaubens ersetzt wird. Der Drache ist in der Georglegende ein böses Untier, dessen Vernichtung zur Bekehrung der Heiden zum Christentum führt.91

20. Der Heilige Georg tötet den Drachen, um 1440, Paolo Uccello (1397-1475) Abb. 34.

In dem Werk von Paolo Uccello wird der Drache mit zwei Beinen, statt wie gewöhnlich mit vier Beinen dargestellt. Die Drachen mit zwei Beinen werden als Wyren bezeichnet. Die Fledermausflügel besitzen jedoch Augenflecke, die selten in anderen Versionen von den Drachedarstellungen auftauchen. Der Drache besitzt jeweils nur drei Krallen, was an die Beine eines Adlers erinnert. Der Heilige Georg ist als Ritter dargestellt und sticht mit einer langen Lanze den Drachen in seine Nase. Aus der Wunde fließt Blut. Den Drachen hält die Königs Tochter and einer Leine.

91 Joger/Luckhardt 2007, 152.

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21. Hl. Georg im Kampf gegen den Drachen, um 1502, Vittore Carpaccio (1455- 1526) Abb. 35.

Im Werk von Carpaccio befindet sich wiederum ein klassischer vierbeiniger Drache. Die Drachenflügel besitzen keine Augen. Der Hl. Georg durchsticht den Kopf des Drachen durch sein Maul, das weit aufgemacht ist und in dem eine lange Zunge zu sehen ist. Der Drache besitzt fünf Krallen, die jedoch recht zart ausschauen. Der Kopf ähnelt einem Hundekopf und die Ohren hängen nach unten.

22. Der Heilige Georg und der Drache, zwischen 1432-35, Rogier van der Weyden (1399-1464) Abb. 36.

. Der Drache in dem Gemälde von Rogier van der Weyden wird von dem Ritter mit der Lanze in den Nacken gestoßen. Der Drache erinnert in Körper und Haut an eine Eidechse. Er besitzt zwei Beine und in seinem Maul befinden sich keine riesigen Zähne, so wie bei den meisten Drachendarstellungen. Seine Beine

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erinnern an Schwimmflossen. Seine Haut ist schuppenhaft wie bei einem Wassertier, und die Schuppen flimmern im Licht.

23. Zwei Tafeln mit den Heiligen Georg und Michael, um 1475, Niederdeutscher Meister Abb. 37.

Auf den goldgrundigen Tafeln befinden sich der Heilige Georg und der Erzengel Michael. Es handelt sich um einen Flügelaltar. Der Erzengel Michael steht über dem Teufel, der in der Gestalt eines in vielen Farben schimmernden Drachenwesens verkörpert ist. Michael zwingt den Drachen mit seinem rechten Fuß zum Boden, holt mit seinem Schwert, das er in seiner rechten Hand hält, zum Schlag aus und schaut herabschauend auf den Drachen hinunter. In seiner linken Hand hält er einen Schild, mit dem er die Lichtstrahlen, die aus den Augen des Drachen kommen, abwehrt. „Der Legenda Aurea des Jacobus de Voraigne nach besiegte der Erzengel Michael als Bannerträger des himmlischen Heeres Luzifer, der sich Gott gleichstellen wollte, und verstieß ihm mit seinem Gefolge aus dem Himmel. Auch streitet Michael wider die Teufel, welche die Menschen zu verführen suchen, und tötet am Ende der Welt den Antichrist.“92

Der Darstellung dieses Drachen bezieht sich auf den Teufel, die Sünde und das Böse schlechthin.

92 Joger/Luckhardt 2007, 156.

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Gegenüber befindet sich der Heilige Georg. Sein Schwert steckt in der Scheide. Der grüne Drache, welcher an eine riesige Eidechse erinnert, wurde schon besiegt und liegt gezähmt zu Füßen des Heiligen. Obwohl in der Darstellung kein Kampf zu sehen ist, handelt es sich trotzdem um einen Kampf zwischen Gut und Böse, der aber auf der Erde stattfindet. Im Gegenzug dazu findet der Kampf des Erzengels Michael mit dem Drachen im Himmel statt.93

24. Der im Himmel besiegelte Friede, 1709, Gaspard Duchange (1662-1757) Abb. 38.

In dem Kupferstich ist der Sieg über die Hydra dargestellt, der für den Friedenschluss zwischen Maria de’ Medici und ihrem Sohn, dem zukünftigem König Frankreichs, Ludwig XIII., steht. Im Werk befinden sich mehrere Darstellungen von Drachentieren. Das fallende Untier erinnert mit seinen starken Krallen und dem muskulösem Körper an einen Löwendrachen. Darunter befindet sich ein weiterer Kopf eines Drachen, der sein Maul weil aufgerissen hat. Unter ihm gibt es noch einen kleineren Drachen, der durch lederartige Flügelchen, das Maul eines Raubtiers und die Ohren gekennzeichnet ist. Sein Körper ist an der Oberseite mit Schuppen bedeckt und er hat Rippen an der Unterseite, womit auch die schlangenartigen Attribute einbezogen sind. Rechts befinden sich Maria de’

93 Joger/Luckhardt 2007, 156.

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Medici und ihr Sohn, die über einer Landschaft schweben. Alle diese Tiere symbolisieren das Böse. 94 „Verschiedentlich wurde Hydra als Personifizierung bestimmter politische Feinde Marias gedeutet, zum Beispiel Henrichs II. Von Bourbon. Der kleinere Drache hingegen wurde mit dem Connetable Luynes verglichen, das Schlangenknäuel mit dem allgemeinen Genatter am Hof. Die Letztere Bedrohung ist aber gerade im Vergleich zu den weit größeren Monstren und politischen Gegnern eher harmlos. In diesem Sinne kann der Sieg über die Gegner und die glückliche Beseitigung der Zweitracht auch als Voraussetzung für die endlich vollzogene Versöhnung gesehen werden.“ 95

25. Die Apokalypse: Das Babylonische Weib, der Engel mit dem Mühlstein, lat. Ausgabe, 1511, Albrecht Dürer (1471-1528) Abb. 39.

Es handelt sich wohl um einen der ersten von Albrecht Dürer realisierten Holzschnitte, Blatt XIII, der das Auftreten der Babylonischen Hure zeigt. Dies ist einer der letzten Holzschnitte in Dürers Apokalypse. Darin befinden sich eine Vielfalt verschiedener Darstellungen, von dem Auftreten der Babylonischen Hure, die im Mittelgrund gezeigt ist, über die Zerstörung Babylons rechts oben im Hintergrund, den Engel mit dem Mühlstein sowie das Auftreten des Himmlischen Heeres mit dem Ritter Treu und Wahrhaftig.

94 Joger/Luckhardt 2007, 144. 95 Joger/Luckhardt 2007, 144.

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Der Drache, der in der rechten unteren Ecke erscheint, ist als eine Art Mischwesen dargestellt. Es besitzt sieben Köpfe, die auf langen Hälsen positioniert sind. Die Beine erinnern wieder einmal an Adlerbeine, sein Körper ist mit Federn besetzt und jeder von den Köpfen besitzt ein oder zwei Hörner. Die Physiognomie und die Körperhaltung des Tieres sowie die Gesichter sind eher zurückhaltend und abwartend dargestellt. Das Hauptmerkmal dieses Drachen ist, dass er das Reittier der Babylonischen Hure ist. Sie sitzt majestätisch auf seinen Flügeln und schaut in Richtung der Menschenmenge. Vier von den Drachenköpfen schauen die Hure untergeordnet an, der Rest von den drei Köpfen, folgt jedoch ihrem Blick, der auf die Menschen gerichtet ist. Böse ist die Drachengestalt trotz allem zu verstehen. Der Ritter der Treue und der Wahrhaftigkeit zeigt mit seiner Schwertspitze auf den Drachen und die Hure. Damit verweist man auf die Vorbereitungen für den Kampf zwischen Gut und Böse und gleichzeitig symbolisiert er auch die Zerstörung der Stadt Babylon, die im Hintergrund schon brennt.96

26. Versuchung des heiligen Antonius, 1635, Jacques Callot (1592-1635) Abb. 40.

Bei der Radierung von Callot, handelt es sich um eine zweite Version, in der die Versuchung des heiligen Antonius Eremita dargestellt ist. Der glaubensstarke und fromme Eremit musste schwere Prüfungen bestehen, in denen er von Dämonen und Teufelserscheinungen geplagt wurde. Seine Standhaftigkeit im Glauben wurde auf die Probe gestellt. Im ganzen Bild gibt es eine Unmenge von Kreaturen, die von allen Seiten kommend auf einem Feldzug sind, gegen den Heiligen kämpfen und ihn bestrafen. Der heilige Antonius Eremita, der sich rechts unten im Bild

96 Joger/Luckhardt 2007, 138.

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befindet, wird von allen möglichen dämonischen Gestalten mit Gewalt aus seinem Gefängnis herausgezogen. Er ist umgeben von mehreren Dämonen, die wiederum unterstützt werden von einem Feuer speienden Drachen, der hinter ihnen steht, und von einem Reiter, der schlangenartige Körperzüge hat, eine Art Dämon, geritten wird. Im Vordergrund sieht man diese Art von Darstellung noch einmal, aber in Gestalt von einer Kanone, auf der sich auch ein Dämon befindet. Über dem ganzen Geschehen befindet sich ein riesiger Drache mit Hörnern, der seine Flügel weit ausgebreitet hat und auf denen sich kleine Teufelchen befinden, die die Flügel zum Teil besetzen. Der rechte Arm des Höllenwesens endet in einem Schlangenkopf, der Blitze im Maul hat und Krallen, die wie die Giftzähne der Schlange ausschauen. Auf seinem linken Arm befindet sich wiederum eine echte Schlange, die seinen Arm umschlungen hat und Feuer und Gift aus ihrem Maul speit. Aus dem Maul des Drachen selbst kommen Feuer und Rauch, begleitet wiederum von kleinen Teufelswesen, Dämonen, die fast alle Speere in den Händen halten. An dem linken Bein des Drachen befindet sich eine Kette, die auf den Teufel verweist. Gott hatte den Drachen und seine Mitteufel, Skorpione und Schlangen wie Sperlinge festgebunden, damit sie alle verspottet und von den Christen zertreten werden konnten. In Callots Radierung werden mehrere Drachendarstellungen in verschiedensten Körpergestalten gezeigt, sei es in Tier- oder Mensch- oder Dämongestalt. Man sieht an diesem Beispiel, dass der Drachendarstellungen und der Darstellung des Bösen keinerlei Grenzen gesetzt sind.97 „Der Drache als „alte Schlange“ (Apk. 20,2) verkörpert die Macht des Bösen, den Tod die Finsternis und den Versucher, dem der Heilige trotz der schweren Peinigungen zu widerstehen hat.“98

97 Joger/Luckhardt 2007, 162. 98 Joger/Luckhardt 2007, 162.

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27. Hl. Margaretha, nach Nicolas Poussin, François Chaveau (1613-1676) Abb. 41.

Der Kupferstich von François Chaveau zeigt jene Episode aus dem Leben der hl. Margaretha, in der sie den Teufel besiegt, der in der Gestalt eines Drachen erschienen ist. Am Boden liegt der bezwungene Drache, der sich zwischen den Beinen der Heiligen windet und sein Maul weit aufgerissen hält, in dem eine vorgestreckte Zunge zu sehen ist. Mit seinen Augen, die weit geöffnet sind, schaut er zu der Hl. Margaretha nach oben. Seine Pfoten haben lange Kralen, schauen löwen- oder adlerartig an. Sein Körper ist muskulös, er besitzt recht große Ohren, die nicht sehr spitz sind, was nicht üblich war, und obwohl sein Hals lang ist, braucht man damit nicht die Schlange zu assoziieren, weil die Schlange selbst dargestellt ist. Sie schlingt sich um den Drachen herum, um seinen Hals und unter seinen Beinen hindurch. Ihr Maul ist auch weit aufgerissen und ihr Blick auf die Heilige fokussiert. Sie wurde auch, so wie der Drache, von ihr besiegt.99

Drachen in der modernen Zeit100

In der heutigen Zeit können wir die Drachen nicht mehr, wie zuvor, in den europäischen Drachen, den christlichen Drachen oder den chinesischen oder den skandinavischen Drachen einteilen. Man weiß, dass Drachen Wesen der menschlichen Phantasie sind und nicht real. Man ist heute viel aufgeklärter und gebildeter als früher im Bezug auf fast alles. Zusätzlich stehen Unmengen an

99 Joger/Luckhardt 2007, 160. 100 Schwerdt 2010, 110-119.

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Informationen zu Verfügung und fast alle Menschen können lesen und schreiben. Wir müssen auch die heutige Technologie mit einbeziehen, bzw. das Medium Fernsehen und Internet, und die massenhafte Verbreitung von Büchern, die uns den Drachen erstmals global betrachten lasst. Mit Hilfe der Medien hat es den Anschein, dass der Drache erstmal in der Geschichte die Möglichkeit besitzt, sich in einem globalem Bewusstsein, getrennt von allen Religionen und Vorstellungen, die es davor von ihnen gegeben hatte, zu entwickeln. Die Fantasiedrachen, die in den Märchen, Romanen, Videospielen, Filmen und Zeichentrickfilmen weltweit vorkommen und sich verbreitet und manifestiert haben in den jüngeren Generationen, sind Träger eines völlig neuen Bildes von Drachen. Man könnte sogar sagen, dass ein neues Zeitalter der Drachen begonnen hat. Obwohl für eine große Anzahl von Menschen die Religion und der Glaube noch immer in der modernen Welt sehr wichtig sind, hat man heute einen anderen Bezug zu ihnen. Man fürchtet sich nicht mehr vor dem Drachen. Alle wissen, dass es sie in der Realität nicht gibt, dass sie nicht existieren. Ihnen wurde damit die Macht, die sie früher gehabt haben, genommen, und nicht Wenige nutzten diese Macht für ihre eigenen Zwecke, um damit den Menschen Angst einzujagen und sie zu beherrschen. Im Vergleich dazu sind die heutigen Drachen eher harmlos. Kategorisierungen in Gut und Böse gibt es zwar, was die Drachen betrifft, noch immer, jedoch hat der Drache im 20. Jahrhundert eine Art Freiheit erlangt, die er davor nicht hatte. Sobald sich das Denken der Menschen von den Religionen und deren früherer Bedeutung in Bezug auf den Drachen gelöst hatte, von z. B. den christlichen Vorstellungen, von dem Bösen und der Verkörperung des Teufels selbst usw., hatte man einen neuen Weg eingeschlagen für die Darstellungen des Drachen, der noch keine Verurteilung oder Kategorisierung bekommen hatte, sowie auch für ihre Bedeutung. Es hat sich eher eine Individuelle Vorstellung bilden können, die frei zu gestalten war und wo sich die menschliche Phantasie frei entfalten konnte in alle Richtungen und Sphären. Obwohl wir trotz allem auch in moderner Kunst böse und gute Drachen finden sowie die Attribute, dass sie Feuer spucken und Fliegen können, hat sich ein neue Sparte geöffnet, die nur der Phantasie und der menschlichen Freizeit dient. Die meisten der heutigen modernen Drachen haben weniger einen Bezug zu den

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Mythen und Religionen, sondern sich davon befreit und, falls die biologische Drachenwelt an Boden gewinnt, gehören diese Wissenschaften zu den längst widerlegten Theorien zur allgemeinen Pseudobildung. Zusätzlich hat nicht zuletzt das Internet die Verbreitung der Fantasydrachen massiv gefördert, jedoch haben diese Wesen sehr wenig mit den intellektuell so anspruchsvollen Drachen der Vergangenheit zu tun.

Das Fantasy-Epos von John Ronald Reuel Tolkien „Der Herr der Ringe“, das Kultstatus erlangte, war weitaus mehr als ein Roman und eine Phantasiegeschichte. Das Epos war nicht mehr eine politische oder religiöse Literatur, vielmehr ist es zu einem herausragenden und einzigartigen Epos und Vorbild geworden für zahlreiche weitere mythologische Romane des Fantasy-Genres. In „Der Herr der Ringe“ finden wir natürlich auch Drachen. Der Drache kommt in Tolkiens erstem Roman „Der Hobbit“ auf. Doch die bekanntesten Drachen in „Der Herr der Ringe“ sind die so genannten Nazguls.

Abb. 43: Nazgul Drache aus Der Herr der Ringe.

„In den neuzeitlichen Märchen nahmen die Drachen recht unterschiedliche Rollen ein. Zwar war hier immer noch der Drache als böser Schatzhüter und Jungfraufresser vorherrschend, in vielen Volksmärchen hatte er aber auch die

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Rolle eines Glücksbringers und Beschützers der Unterdrückten inne wie die Spreewälder Sagen beispielhaft dokumentieren.“101

Der Drache gewann mit der Zeit auch die Herzen von Kindern. „Als niedliches, gewaltfreies und pädagogisch wertvolles kleines Ungeheuer […] der kleine Drache Grisu.“102

Abb. 44.: Der Drache Grisu.

Grisu, der kleine Drache, konnte lesen und schreiben, jedoch kein Feuer spucken. Er war aber im Dienste der Feuerwehr tätig und ein richtiger Feuerwehrdrache. Peter Maffay erschuf den Tabaluga, einen grünen Umweltdrachen, der es sogar zu einem Musikstar geschafft hat und zum Namenspatron vieler Kindergärten wurde. Das Buch vom Michael Ende, „Die unendliche Geschichte“, die später auch verfilmt worden ist, ist allen bekannt, und auch der Glucksdrache Fuchur, der in der Geschichte vorkommt. Fuchur erscheint kuschelig und ist in Form eines langgestreckten Flugdrachen dargestellt. „Die Vorstellung vom Drachen als biologisches Wesen, war vor dem Hintergrund der faszinierenden Fantasywelten, die die Frage nach dem Ursprung und Bedeutung des Drachen gar nicht mehr aufkommen ließen […].“103 Im 19. Jahrhundert könnte man den Drachen noch in der Politik, Biologie, Mystik, Tiefepsychologie und Religion in vielfältiger Erscheinungsform finden. „Interessant ist diese Entwicklung allein schon deshalb, weil wir es hier mit einem kulturgeschichtlichem Drachenphänomen zu tun haben. […] Diese Erscheinungs- und Bedeutungsformen sind heute trotz des gegenteiligen Eindrucks, den Internet

101 Schwerdt 2010, 112. 102 Schwerdt 2010, 112. 103 Schwerdt 2010, 113.

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und Medien vermitteln, recht beschränkt. Unser Verständnis des Drachen als ein aus einem biologischen Vorbild entstandenes Fantasiegeschöpf, hätte die meisten großen Geister des 19. Jahrhunderts wahrscheinlich an unserem Verstand zweifeln lassen. “104 Die heutigen Vorstellungen von Drachen sind ein Bündel aus Geschichten, Sagen, Fantasy, Legenden und noch dazu den esoterischen Strömungen, die sich alle miteinander vermischt haben und neben den traditionellen Vorstellungen von Drachen eine gänzlich neue Drachespezies hervorgebracht haben. Dazu kommt noch, dass die heutige Gesellschaft mehr den je eine Konsumgesellschaft geworden ist und der Drache recht häufig als eine Manufakturware wieder zu finden ist, sei es in Billigskulpturen, thailändischen Holzschnitzereien, Schmuck oder Amuletten in Form von Drachen in Esoterikläden. „Die Drachenkämpfe unsere Zeit sind vor allem Medienereignisse, Unterhaltung. Die paläontologische Insel findet sich in der genmanipulierten Freizeitparkvariante der „Jurassic Parks“ wieder. Die romantische Variante liefern „Dragonheart“ […].“105

Abb. 42.: Eragon und Saphira.

Das jedoch beste Beispiel dafür, wie sich die Darstellung und die Sicht des Drachen verändert hat, liefert uns ein junger Schriftsteller, der einen Bestseller mit nicht einmal 16 Jahren geschrieben hatte, das Buch mit dem Titel „Eragon“. Eragon ist in der Fantasygemeinde ein recht umstrittenes Epos. Im Buch handelt

104 Schwerdt 2010, 114-115. 105 Schwerdt 2010, 118.

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es sich um einen jungen Mann namens Eragon, der eines Tagen im Wald ein Drachenei findet, das er mit Nachhause nimmt. Kurze Zeit später entschlüpft aus dem Ei ein Babydrache, namens Saphira. Interessant zu beobachten ist die emotionale sowie die magische Bindung, die Eragon und Saphira miteinander verbindet. Der männliche Eragon wurde von der weiblichen Saphira auserwählt, der nächste und zugleich auch der letzte lebende Drachenreiter zu sein. Sie repräsentieren das Gute, das gegen das Böse kämpft. In dieser Geschichte gibt es noch einen Drachenreiter und einen weiteren Drachen, die jedoch beide böse sind und die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Eragon und Saphira sind die einzigen, die gegen sie kämpfen und gewinnen können. Bei ihren Abenteuern helfen ihnen alle möglichen Wesen, Zwerge, Giganten, Ritter, Zauberer etc. Der Roman ist definitiv überwiegend esoterisch konzipiert und es wurden neue Drachenkonzepte, die es zuvor noch nicht gab, neu zusammengesetzt. Trotz allem ist es eine positive Wandlung der Drachenvorstellung, die sich so schnell entfaltet und weit verbreitet hat, was früher so nicht möglich gewesen wäre. Dieser Wandel der Vorstellung von Drachen ist bei den jüngeren Generationen zuerst eingetreten.

Es gibt auch das bekannte Videospiel namens Pokemon. In dem Spiel finden sich viele Drachen, die niedlich dargestellt sind, die besten Freunde ihrer Besitzer sind und ihnen auf Schritt und Tritt folgen. Abb. 45: Pokemon-Tiere

„Wenn man die Diskussionen über Eigenschaften und Wesen des Drachen beispielsweise in Fantasyforen verfolgt, so darf man feststellen, dass hier zwar

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meist sehr viele phantastische Vorstellungen der Fantasyliteratur reproduziert werden, eigene Gedanke, beruhend auf kulturgeschichtlichen Grundlagen, hingegen recht selten sind. Aber trotz allem oder genau deshalb vermitteln auch unsere Fantasydrachen eine kulturgeschichtliche Botschaft: Ohne eine Verankerung der Geisteswissenschaft in der Gesellschaft fehlt das Instrumentarium für eine Hinterfragung von kostenlosen und leicht zugänglichen Informationen, die vor allem das Internet bietet. Eine Überprüfung oder gar selbstständige Erarbeitung von Erkenntnissen kann nur noch beschränkt stattfinden. Wie sollte Selbstständigkeit auch geschult werden, in einer Gesellschaft, in der Bildungspolitik als Fördergrund lediglich naturwissenschaftlicher und technischer Disziplinen begriffen wird.“106

Der jetzige Drache stellt für uns keine besondere Herausforderung mehr dar, er ist lediglich ein Produkt unserer Fantasie geworden. Doch die Form des alten Drachen kann jederzeit wieder Eingang in das Bewusstsein des Menschen finden. Sei es als Erschütterer oder Verteidiger unzeitgemäßer gesellschaftlicher Strukturen. Spätestens, „[…] wenn wir uns aus eigener Betroffenheit gezwungen sehen, wieder selbst nach Ursachen, Zusammenhängen und Lösungen unserer gesellschaftlich-strukturellen Krisen zu forschen […] “107 wird der Drache wieder zurück finden.

Zusammenfassung

Drachendarstellungen in der Kunst finden sich fast überall auf der Welt. Jedoch ist zu unterscheiden, ob es sich tatsächlich um Drachen handelt oder um Mischwesen, die drachenartige oder schlangenartige Formen und Züge besitzen. Ob die Erscheinung und Darstellung des Drachen gut oder böse ist, ist vom Kontinent zu Kontinent verschieden. Man sollte nicht vergessen, dass Kreaturen, Monster, Mischwesen, Dämonen und drachenartige Tiere überall und in jeder Kultur vorkommen. Dies hat etwas mit der menschlichen Psychologie und der Angst vor dem Bösem oder dem Ungewissem zu tun, und damit, wo die Phantasie

106 Schwerdt 2010, 119. 107 Schwerdt 2010, 119.

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des Menschen zum Vorschein kommt und solche Kreaturen erschaffen kann. Die ist unabhängig davon, wo man sich befindet, in welcher Religion man aufgewachsen ist und wo man lebt.

Die Religionen waren die Hauptbereiter im Bezug auf die Beeinflussbarkeit auf das damalige menschliche Bewusstsein. Sie prägten die Drachen entweder als gute oder als für immer verdammte und bösartige Wesen. Obwohl wir uns heute in einer aufgeklärten Welt befinden, in der wir Zugang zu massenhaften Informationen haben und weitaus mehr wissen als in der Vergangenheit, finden sich trotz alledem Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass sowohl Gott und Teufel, als auch Drachen existieren und reale und echte Lebewesen sind, auch wenn wir von der astralen Ebenen reden. Diese Art der Überzeugung hat sich noch weitaus mehr manifestiert in den esoterischen Kreisen und religiösen Kulten der modernen Welt. Nichtsdestotrotz ist man heute weniger beeinflusst und gehindert, seinem individuellen Glauben freien Lauf zu lassen, und es steht den Menschen frei, zu wählen und zu entscheiden, was für sie real und nicht real ist. Zusätzlich haben heute weder die Kirche noch die Politik so eine Macht und Einfluß wie früher, dass Menschen für ihren Glauben bestraft, ja sogar getötet werden können, obwohl es noch immer in gewissen Teilen der Welt vorkommt, dass Kriege auch wegen der Religion ausbrechen. Doch meist haben die Kriege andere Gründe, sei es Wirtschaft, Nationalitätsunterschiede, Politik, Korporationen oder Ausbeutungen von Ländern wegen ihre Naturschätze, Rohöl, Diamanten, Mineralien etc. Es ist interessant, zu beobachten, dass der europäische Drache, bevor sich das Christentum etabliert hat, von verschiedenen Kulturen in Europa ähnlich behandelt wurde wie es damals und noch heute in China und Japan der Fall ist. Auch in Europa wurde der Drache als Beschützer in der Form eines Geistes oder als echter Drache angesehen, der ein Haus, ein Dorf, einen Berg oder Fluss bewachen kann. Man fürchtete die Drachen nicht, weil sie böse und negativ aufgefasst wurden, sondern weil man sie extrem geschätzt und verehrt hat und weil sie große Kräfte besaßen und äußerst kluge Wesen waren. Die Drachen haben ein äußerst positives Bild auch in Europa gehabt, jedoch musste man den Drachen genau wegen diesem positivem Bild und Einfluss, den er hatte, zu etwas Schlechtem machen. Damit man aufhörte, Drachen zu

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schätzten, musste man zuerst einen Feind aus ihm machen. Nach einer gewissen Zeit hatte sich das Bildnis des Drachen vom guten zum bösen, vom Freund zum Feind, vom Helfer zum Bösewicht und von einem göttlichen Wesen zum Teufel selbst verändert.

Die Drachen tauchen in verschiedensten Märchen, Legenden, Sagen und Mythen der Welt auf. Doch man muss vorsichtig mit der Bedeutung des Drachen umgehen, weil nicht jedes Wesen, das in den Volks- und Kunstmärchen vorkommt, automatisch ein Drache ist. Trotz allem gibt es unendlich viele Geschichten, in denen wahrhafte Drachen vorkommen in ihrer wahren Erscheinung eines echten Drachen, der Feuer spuckt, riesige Fledermausflügel besitzt und fliegen kann.

Die tatsächlich wahre und intakte Vorstellung von den Drachenwesen und ihrem Aussehen, die man schon vor dem Christentum in Europa und im Nahen Osten verehrt, gefürchtet und respektierte hatte, ist wahrscheinlich für immer auf eine gewisse Art und Weise verloren gegangen. Die Bedeutung der Drachen in Europa vor dem Christentum wird man nie genau wissenschaftlich belegen könne, weil sich leider zu wenige schriftliche und sonstige Quellen und Nachweise aus dieser Zeit erhalten haben; in einigen Kulturen wie bei den Kelten, die keine Schrift hatten, ist es noch schwieriger dessen Ursprung und Bedeutung zu erläutern. Doch in den Volksliedern, Märchen und den mündlichen Überlieferungen einiger europäischer Kulturen ist zu sehen, dass es trotz allem Drachen schon davor gegeben hat und dass dessen Bild anders war als es später in der Bibel übermittelt wurde. Jedoch haben sich die verschiedensten Kulturen und deren Religionen mehr oder weniger bis zu einem gewissen Teil vermischt bzw. beeinflusst. Das klassische Griechenland besitzt den Drachen, eine Drachenschlange namens Typhon, die schuld an den Naturkatastrophen und anderem war. Diese Vorstellung wurde von babylonischen Legenden beeinflusst, in denen wir Marduk im Kampf gegen das Chaosungeheuer Tiamat finden, und Marduk schuf aus Tiamats Leiche die Welt, bzw. die Erde und den Himmel. Dies beeinflusste wiederum den Mithraskult, in dem wir den Stierdrachen im Paradies finden, aus dessen Blut, nachdem er von Mitras getötet worden war, Leben hervorsprang und somit die Welt erschaffen wurde.

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Meistens waren die Drachenkreaturen in der Antike positiv im Glauben vorhanden. Sie waren Wächter, Beschützer von Lebensquellen, Lebensbäumen und Schätzen und falls sie sich doch auf der Seite des Bösen befanden, waren sie lediglich Kreaturen von dem friedlichem Gegenüber, jedoch keinesfalls die Verkörperung des Bösen oder wie später im Christentum mit dem Teufels selbst gleichgesetzt worden. Mit den späteren Darstellungen von Drachen und deren Bedeutung, die sich zum Bösen wandelte, hatte man in der Verkörperung des Drachen oft den Gegner oder Feind darstellen wollen, sei es von einer anderen Kultur oder Religion die man bekämpfen wollte, z. B. im Christentum gegenüber dem Heidentum.

Man muss die zunehmenden Einflüsse von Kulturen mit einbeziehen und berücksichtigen, die mit der Zeit das Bildnis des Drachen geprägt haben. Die Folge dessen war, dass sich unzählige Drachenformen und Gestalten in der Kunst finden. Ob Drachen mit vier oder zwei Beinen dargestellt wurden, ob sie nun Feuer spucken oder Gift aus ihrem Maul herauskommt, ob sie fliegen oder nicht fliegen können, gut oder böse sind, ob sie wie ein Mischwesen ausschauen, zusammengesetzt aus Hunde- Löwen- Schlangen- oder Adlerteilen, eins haben alle Drachen gemeinsam, und das ist ihre göttliche Abstammung. Die meisten Drachen hatten zentrale Rollen in der jeweiligen Entstehungsgeschichte der verschiedenen Kulturen gehabt. Sowie z. B. im Mithraskult oder in Babylonien oder bei der skandinavischer Midgardschlange, die den Lebensbaum hütete. Für Indien, Afrika, Asien und Südamerika gilt das selbstverständlich auch. Obwohl das Erscheinungsbild und die Charaktereigenschaften des Drachen genauso unterschiedlich sind wie die zahlreichen Zivilisationen und deren Religionen selbst, hat es der Drache trotz allem geschafft, obwohl er nie außerhalb der Phantasie des Menschen existiert hat, sich fest in das Bewusstsein der Menschheit zu manifestieren. In der heutigen Zeit wird nicht mehr nach dem Ursprung der Drachen geforscht, weil der Drache so eine Selbstverständlichkeit erlangt hat, dass er weiterhin ein fester Bestandteil unserer Zivilisation, Kultur, Religion und Gesellschaft bleibt und weiter existieren wird, unabhängig davon, ob Drachen real oder nichtreal, gut oder böse sind.

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Marduk mit seinem Drachen, entnommen aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Marduk (18.12.2012)

Abb. 2: Ishtartor-Drachen in Babylon, entnommen aus: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Pergamonmuseum_Ishtartor_02.jpg (15.12.2012)

Abb. 3: Göbekli Tepe, entnommen aus: http://en.wikipedia.org/wiki/File:G%C3%B6bekli_Tepe,_Urfa.jpg (27.11.2012)

Abb. 4: Further Drachenstich, entnommen aus: http://de.drachen.wikia.com/wiki/Further_Drachenstich (27.11.2012)

Abb. 5: Chinesicher Drache aus der Song Dynastie, entnommen aus: https://dragondreaming.wordpress.com/dragons-myth-legend/chinese-dragons/ (13.12.2012)

Abb. 6: Die eherne Schlange, entnommen aus: http://hansgruener.de/docs_d/glaube/bibel_bilder_04.htm (18.12.2012)

Abb. 7: Herkules tötet die Schlangen, entnommen aus: http://www.metmuseum.org/en/collections/search-the- collections?deptids=9&where=Italy&rpp=20&pg=8 (16.12.2012)

Abb. 8: Jason und das goldene Flies, entnommen aus: http://www.crystalinks.com/jasongoldenfleece.html (18.12.2012)

Abb. 9: Minerva mit Schild auf dem der Kopf von der Medusa dargestellt ist, entnommen aus: http://deyoung.famsf.org/blog/metamorphosis-medusa (18.12.2012)

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Abb.10: Kadmos und der Drache, entnommen aus: http://www.werbeka.com/bibliote/herakles/herkd033.htm (12.12.2012)

Abb.11: Apoll tötet den Drachen Python, entnommen aus: http://www.mosapedia.de/wiki/index.php/Datei:Apollon-Python.jpg (12.12.2012)

Abb.12: Laokoon Gruppe, entnommen aus: http://simonlavallee.wordpress.com/ (15.12.2012)

Abb. 13: Yggdrasil mit der Nighöggr Schlange, entnommen aus: http://en.wikipedia.org/wiki/File:The_Ash_Yggdrasil_by_Friedrich_Wilhelm_Heine.j pg (14.12.2012)

Abb. 14: Mitha und der Stier, entnommen aus: http://www.mundus-reizen.com/pages/ZO-Anatolie/Nemrut/Ideaal.html (11.12.2012)

Abb. 15: Vase mit der Schlange Ladon und den Hesperiden, entnommen aus: http://www.3landesmuseen.de/Wedgewood.809.0.html (18.12.2012)

Abb.16: Der assyrische Sonnengott Marduk kämpft mit einem Drachen, von einem Relief in Nimrud, entnommen aus: http://www.drachen-fabelwesen.de/drache-ungeheuer-tiamat-kingu-marduk.html (18.12.2012)

Abb.17: Herkules und Hydra, entnommen aus: http://www.saatchi- gallery.co.uk/museums/FullSizeMuseumPhotos/ac_id/2995/image_id/26866/image no/4 (19.12.2012)

Abb.18: Herkules und die Lernäische Hydra, entnommen aus: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Gustave_Moreau_003.jpg (8.12.2012)

Abb. 19: Herkules bezwingt Acheloos als Schlange, entnommen aus dem Buch:

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Joger Ulrich, Luckhardt Jochen, Schlangen und Drachen, Kunst und Natur, 2007 Darmstadt, Seite 102.

Abb. 20: Jason und der Drache, entnommen aus: http://www.liveauctioneers.com/item/5232752 (18.12.2012)

Abb. 21: Perseus und Andromeda, entnommen aus: Joger Ulrich, Luckhardt Jochen, Schlangen und Drachen, Kunst und Natur, 2007 Darmstadt, Seite 106.

Abb. 22: Perseus und Andromeda, entnommen aus: http://amelangeetmoi.blogspot.com/p/happy-moments.html (16.12.2012)

Abb. 23: Perseus befreit Andromeda, entnommen aus: http://www.grg23-alterlaa.ac.at/mythologie/framesets/andromeda.html (18.12.2012)

Abb. 24: Perseus rettet die Andromeda vor dem Seeungeheuer, entnommen aus: http://www.latein-pagina.de/ovid/ovid_m4.htm (13.12.2012)

Abb. 25: Der Drache verschlingt die Gefährten des Kadmus, entnommen aus: http://kultur-online.net/?q=node/19475 (14.12.2012)

Abb. 26: Behemoth und Leviathan, entnommen aus: http://www.counter-currents.com/2011/03/carl-schmitts-land-sea-part-1/ (16.12.2012)

Abb. 27: Zerstörung vom Leviathan, entnommen aus: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Destruction_of_Leviathan.png&fileti mestamp=20050821003426 (17.12.2012)

Abb. 28: Der Kampf des Thor mit der Schlange des Midgard, entnommen aus: http://www.oel-bild.de/Der-Kampf-des-Thor-mit-der-Schlange-des-Midgard.htm (14.12.2012)

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Abb. 29: Siegfried im Kampf mit dem Drachen, entnommen aus dem Buch: Joger Ulrich, Luckhardt Jochen, Schlangen und Drachen, Kunst und Natur, 2007 Darmstadt, Seite 106.

Abb. 30: Adam und Eva, entnommen aus: http://syndrome-de-stendhal.blogspot.com/2012/05/aus-apoll-wird-adam.html (6.12.2012)

Bild 31: Adam und Eva, entnommen aus: http://www.artsconnected.org/resource/38909/adam-and-eve (19.12.2012)

Abb. 32: Die Kupferstichpassion: Christus in der Vorhölle, entnommen aus: http://www.kettererkunst.de/kunst/kd/details.php?obnr=112001518&anummer=394 (19.12.2012)

Abb. 33: Hl. Georg, entnommen aus: http://www.braunschweiger-zeitung.de/kultur/der-inbegriff-des-christlichen-ritters- id427259.html (9.12.2012)

Abb. 34: Der Heilige Georg tötet den Drachen, entnommen aus: http://johannaschall.blogspot.com/2011/01/paolo-ucello-der-heilige-georg-totet.html (19.12.2012)

Abb. 35: Hl. Georg im Kampf gegen den Drachen, entnommen aus: http://www.zeno.org/Kunstwerke/B/Carpaccio,+Vittore%3A+Hl.+Georg+im+Kampf +gegen+den+Drachen (14.12.2012)

Abb. 36: Der Heilige Georg und der Drache, entnommen aus: http://www.nga.gov/kids/rogier/rogier1.htm (16.12.2012)

Abb. 37: Zwei Tafeln mit den Heiligen Georg und Michael, entnommen aus dem Buch:

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Joger Ulrich, Luckhardt Jochen, Schlangen und Drachen, Kunst und Natur, 2007 Darmstadt, Seite 157.

Abb. 38: Der im Himmel besiegte Friede, entnommen aus dem Buch: Joger Ulrich, Luckhardt Jochen, Schlangen und Drachen, Kunst und Natur, 2007 Darmstadt, Seite 144.

Abb. 39: Die Apokalypse: Das Babylonische Weib, der Engel mit dem Mühlstein, entnommen aus: http://www.bildergipfel.de/products.php/das_babylonische_weib_apokalypse_xiii_fi gur_um_1496_97_albrecht_duerer/cPath,5_27_89 (19.12.2012)

Abb. 40: Versuchung des heiligen Antonius, entnommen aus: http://www.bildergipfel.de/products.php/die_versuchung_des_heiligen_antonius_2_ zustand_von_5_1635_jacques_callot (19.12.2012)

Abb. 41: Hl. Margaretha, entnommen aus dem Buch: Joger Ulrich, Luckhardt Jochen, Schlangen und Drachen, Kunst und Natur, 2007 Darmstadt, Seite 160.

Abb.42: Eragon und Saphira, entnommen aus: http://muddycolors.blogspot.com/2012/09/dragon-wind-up.html (20.12.2012)

Abb. 43: Nazgul Drachen vom Herr der Ringe, entnommen aus: http://monstersandbeasts.blogspot.com/2011/03/nazgul.html (20.12.2012)

Abb. 44.: Der Drache Grisu, entnommen aus: http://www.feuerwehr-leina.de/bambini.htm (20.12.2012)

Abb. 45: Pokemon Tiere, entnommen aus: http://phantomluna.deviantart.com/art/Dragon-Pokemon-196676159 (18.12.2012)

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Danksagung

Ich möchte mich bei meinem Betreuer Univ.-Prod. Dr. Phil. Edgard Lein bedanken. Durch sein positives Motivieren und seine Nettigkeit, hatte er mir immer wieder aufs neues Mut uns Selbstvertrauen gegeben.

Danke auch an meine Familie, die mir ständig bei Seite gestanden ist.

Ich danke auch den Drachen, weil ohne Sie, wäre es nie dazu gekommen.

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