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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Stapfia

Jahr/Year: 1998

Band/Volume: 0056

Autor(en)/Author(s): Hossfeld Uwe

Artikel/Article: Die Entstehung der Moderen Synthese im deutschen Sprachraum 185- 226 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Die Entstehung der Modernen Synthese im deutschen Sprachraum

U. HOSSFELD

Herrn em. o. Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. h.c. Dietrich STARCK, Frankfurt am Main, zum 90. Geburtstag (am 29. September) in dankbarer Verehrung gewidmet.

Abstract 186 1 Vorbemerkungen 186 1.1 Die Konsensfindung 187 1.2 Probleme der Rezeption 188

2 Etappen auf dem Weg zur Modernen Synthese im deutschen Sprachraum 190 2.1 Genetik versus Paläontologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts 190 2.2 Die Sunda-Expedition RENSCH 1927 191

3 Ein verlorenes Jahrzehnt (1929-1938) 194 3.1 Die Tübinger-Tagung 1929 194 3.2 Die Würzburger-Tagung 1938 196

4 Der Wendepunkt 197

5 Die Protagonisten 198 5.1 Bernhard RENSCH (1900-1990) 198 5.2 Gerhard HEBERER (1901-1973) 198 5.3 Walter ZIMMERMANN (1892-1980) 199 5.4 Nikolaj Wladimirowitsch TIMOFEEFF-RESSOVSKY (1900-1981) 200

6 Bedeutende Publikationen 203 6.1 Vererbung erworbener Eigenschaften und Auslese (1938) 203 6.2 Die genetischen Grundlagen der Artbildung (1939) 204 6.3 Die Evolution der Organismen (1943) 205 6.4 Neuere Probleme der Abstammungslehre (1947) 208 6.5 Auswahl an Zeitschriftenartikeln 209

7 Ausblick 210

8 Dank 211

9 Zusammenfassung 212 Stapfia 56, 10 Literatur 213 zugleich Kataloge des OÖ. Landes- museums, Neue Folge Nr. 131 (1998), Anmerkungen 220 185-226

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Abstract das Beweisen der Evolution und die Erstellung von Stammbäumen gegangen, der Schwer- The Modern Synthesis in the German punkt lag in der phylogenetischen Forschung. Speaking Countries and its Context. In der Zeit danach, etwa bis zur Begründung der Modernen Synthese Mitte der 30er Jahre, From 1935 to 1947 a modern synthe- standen hingegen Kausalfragen der Evolution, sis in took place in wie z. B. nach der direkten bzw. indirekten which resembled the similar Vererbung, der Rolle von Mutation, Isolation movements in Russia and USA/UK. The und Selektion im Evolutionsprozeß bzw. über historical and scientific context of the den Verlauf der Evolution (graduell oder sal- modern synthesis in Germany are analy- tationistisch) im Vordergrund der kontrovers geführten Diskussionen und Auseinanderset- sed, its architects and major publications zungen zwischen den Forschungstraditionen presented and a summary of the latest (SENGLAUB 1982; MAYR 1984). Die mannigfa- research is given. chen Fragestellungen und verschiedenen Her- angehensweisen bereiteten aber den Evoluti- onsforschern zunächst Probleme. Da der Evo- lutionsgedanke nun in den meisten biologi- schen Teildisziplinen diskutiert wurde und 1 deren einzelne Vertreter sich mit unterschied- Vorbemerkungen lichem Erfolg an diesen Debatten beteiligten, schien eine Synthese des Gedankengutes Obwohl noch acht Jahrzehnte nach der nahezu unmöglich und in weite Ferne 3 Veröffentlichung von DARWINS „Origin of gerückt. Auch die Wiederentdeckung der species" (1859) der Widerstand einzelner Bio- MENDELschen Gesetze im Jahre 1900 durch logen in verschiedenen Ländern gegen die Carl CORRENS (1864-1933), Erich von natürliche Auslese andauerte, hatte der deut- TSCHERMAK SEYSENEGG (1871-1962) und sche Sprachraum bei der Popularisierung und Hugo DE VRIES (1848-1935) brachte bei den Übernahme der Evolutionstheorie von Char- meisten Biologen vorerst keine Änderung der les DARWIN (1809-1882) eine entscheidende Einstellung zur natürlichen Auslese, denn die 1 Rolle gespielt. Es war insbesondere dem Jena- MENDELschen Gesetze waren statischer Natur er Zoologen Ernst HAECKEL (1834-1919) zu und gaben keine Antwort auf die kausalen verdanken, diese Theorie in Deutschland Mechanismen der Evolution (SENGLAUB ziemlich schnell rezipiert, weiterverbreitet 1982: 558; JAHN 1957/58). Die Mehrzahl der und popularisiert zu haben (USCHMANN 1958, Biologen wollte und konnte aus unterschied- 1984; KRAUSSE 1984). Jedes Land und jeder lichen Gründen daher keineswegs die Tatsa- einzelne Zweig der Biologie hatte aber che akzeptieren, daß es sich bei der natürli- während der Übernahme des Darwinismus chen Auslese um die eigentliche Ursache der seine Eigenheiten und Spezifika entwickelt, Anpassung handelte. Infolge dieser Entwick- die sich zum Teil hemmend, zum Teil för- lung kamen im ersten Drittel des 20. Jahrhun- dernd, auf die jeweilige nationale wissen- derts experimentell arbeitende Genetiker und schaftliche Entwicklung der Naturwissen- Naturbeobachter (Systematiker, Paläontolo- schaften auswirkten, so auch im deutschen gen) bei der Beurteilung von evolutionsbiolo- 2 Sprachraum. gischen Prozessen zu sehr verschiedenen und Mit dem Tod DARWINS im Jahre 1882 war kontroversen Auffassungen. Diese sich unver- es zu einer Spaliung unter den Evoluiionisten söhnlich gegenüberstehenden Farschungsua- gekommen; seitdem hatten die Anhänger des ditionen unterschieden sich in ihrer Sprache, Evolutionsgedankens vielfältige Auseinander- wissenschaftlichen Interpretation und Metho- setzungen, die bis ins nächste Jahrhundert dologie derart stark, daß es aussah, ab sei ein hinüberreichen sollten, zu bestehen gehabt. Kompromiß in weite Ferne gerückt: „Die Von 1859 bis zur Jahrhundertwende war es Unfähigkeit, die Argumente der Gegner zu den Evolutionsforschern in erster Linie um verstehen, wurde noch durch die Tatsache

186 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at verschärft, daß experimentell arbeitende Bio- wickeln, die möglichst umfassend die Phä- logen und Naturalisten es im großen und nomene der Evolution, sowohl die Transfor- ganzen mit verschiedenen Ebenen in der Hier- mation von Arten als auch ihre Aufspaltung, archie der Naturerscheinungen zu tun hatten. sowie die Mikro- als auch die Makroevolution, Die Genetiker befaßten sich mit Genen, die in einer Weise zu erklären versucht, die konsi- 6 Naturforscher dagegen mit Populationen, stent mit den Ergebnissen der Genetik ist. Arten und höheren Taxa" (MAYR 1984: 435). Die internationale „scientific community" der Darwinisten stand somit um 1930 vor der 1.1 Lösung zweier zentraler Probleme: Zum einen Die Konsensfindung mußte ein Konsens zwischen den Forschungs- Der erzielte Kompromiß zwischen den traditionen gefunden und die Mißverständnis- stark divergierenden Forschungsrichtungen se in den eigenen Fachdisziplinen überwun- Mitte der 30er Jahre verlangte von den Natur- den, zum anderen der Kampf gegen die noch beobachtern, daß diese ihre lamarekistischen immer bestehenden antidarwinistischen Evo- und saltationistischen Vorstellungen über den lutionstheorien (Orthogenese, Saltationis- Ablauf der Evolution und die experimentell mus, Lamarekismus, Idealistische Morpholo- arbeitenden Biologen das typologische Den- gie) fortgeführt werden. ken beiseite ließen. Der zukünftige wissen- Zwischen 1937 und 1950 gelang dann eine schaftliche Zugang richtete sich von nun an Synthese im Evolutionsdenken zwischen verstärkt auf die Vielgestaltigkeit des Evolu- Genetikern, Systematikern und Paläontolo- tionsprozesses und die Herausarbeitung der 4 gen. Eine Mehrheit von Wissenschaftlern aus Bedeutung der natürlichen Auslese; der Gene- den unterschiedlichsten Bereichen der Biolo- tik kam innerhalb dieses Prozesses eine gie hatte zu diesem Zeitpunkt erkannt, daß die Schlüsselrolle zu. Somit verwundert nicht, Annahme von einer allmählich fortschreiten- wenn ein Genetiker als erster diesen konkre- den Evolution richtig war, die zusätzlich mit ten Schritt der Umsetzung vollzog und eine den Wirkfaktoren der Evolution (Rekombina- Synthese des Gedankengutes zwischen den tion, Variation, Isolation und natürlichen einzelnen biologischen Disziplinen propagier- Auslese) bestätigt werden konnte. Zudem te. Dieser Wissenschaftler war Theodosius wurde in Ergänzung zu den damals bekannten DOBZHANSKY (1900-1975), der 1937 bei genetischen Mechanismen und dem bisher Columbia University Press sein Buch „Gene- vorgelegten Beweismaterial der Naturbeob- tics and the origin of species" veröffentlicht achter mit der Einführung des Populations- hatte. Bereits zwei Jahre später lag dieses Buch konzeptes ein Weg aufgezeigt, die organismi- in einer deutschen Übersetzung (Witta LER- sche Vielgestaltigkeit und den Ursprung höhe- CHE, Berlin) mit dem Titel „Die genetischen rer Taxa durch „Betrachten der Arten als fort- Grundlagen der Artbildung" (1939) vor: „... pflanzungsmäßig isolierte Gruppen von Popu- DOBZHANSKYvs book signalizes very clearly lationen und durch die Analyse der Wirkung something which can only be called the Back ökologischer Faktoren" (MAYR 1984: 455) zu - to - Nature Movement. The methods learned erklären. Der englische Zoologe Julian in the laboratory are good enough now to be HUXLEY (1887-1975) war es 1942, der diesen put to the test in the open and applied in that Konsens schließlich als „Moderne [Evolu- ultimate laboratory of biology, free nature its- tionäre] Synthese" in seinem Buch „Evoluti- elf. Throughout this book we are reminded 5 on. The modern synthesis" bezeichnete. Da that the problems of evolution are given not dieser Begriff von den Fachwissenschaftlern by academic discussion and speculation, but und in der biologischen Literatur sehr unter- by the existence of the great variety of living schiedlich gebraucht wird, sei kurz die Defini- animals and plants ..." (DUNN 1937: 7). Die tion erwähnt, mit der ich im folgenden arbei- Idee zu diesem Buch ging auf eine Reihe von ten will: Unter Moderner Synthese verste- Vorlesungen zurück, die von DOBZHANSKY im he^) ich (wir) den historischen Versuch der Oktober 1936 an der Columbia Universität 30er und 40er Jahre, eine gradualistische, (New York) gehalten wurden: „Each lecture selektionistische Evolutionstheorie zu ent- was followed by a discussion in which repre-

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sentatives of various biological disciplines 1.2 took part" (Preface 1937). Probleme der Rezeption

Sein Ziel war es u. a. gewesen, mit diesem Nach dieser gedrängten Darstellung der Buch im angelsächsischen Sprachraum eine Vorgeschichte der Modernen Synthese möch- interdisziplinäre Diskussion seiner geneti- te ich nun auf ein zentrales Thema zu spre- schen Forschungsergebnisse anzuregen und chen kommen, das die Themenwahl dieses deren Resultate (zum größten Teil auf mikro- Beitrages beeinflußt hat: Die internationale evolutiver Ebene gewonnen) auch auf andere Rezeption der Modernen Synthese. Teildisziplinen innerhalb der Biowissenschaf- Die internationale Rezeption des Gedan- ten zu übertragen, was in Deutschland bis zum kengutes der Modernen Synthese ist in den Ende der 30er Jahre noch nicht gelungen war letzten Jahren so ambivalent erfolgt, daß es (s. u.). In seiner Abhandlung spielten neben unter den Wissenschaftlern zu einer Reihe allgemeinen evolutionsbiologischen Überle- von Fehlinterpretationen, Mißverständnis- gungen besonders die Ausführungen über sen, einseitigen Sichtweisen usw. gekommen Mutation, Chromosomenveränderungen und ist. Bei der Bewertung der Ereignisse, die zu Variabilität als Grundlagen der Art- und Ras- einer Modernen Synthese führten, ist eine senunterschiede die entscheidende Rolle. Differenz zwischen dem deutschen bzw. Weitere Kapitel des Buches thematisierten die sowjet-russischen8 und dem anglo-amerikani- Bedeutung der Auslese, Isolationsmecha- schen Sprachraum zu verzeichnen. In nismen, Bastardsterilität und Polyploidie für Deutschland fehlt bis heute eine detaillierte das evolutionsbiologische Geschehen sowie Beschreibung und Aufarbeitung der Ereignis- Probleme des Artbegriffs. DOBZHANSKYS Buch se, Voraussetzungen und Gegebenheiten, die spielte innerhalb der Begründung der Moder- die Begründung und Ausgestaltung einer Syn- nen Synthese der Evolution die zentrale Rolle these ermöglichten. Der Fragestellung, ob es und das nicht nur auf nationaler, sondern hier überhaupt eine solche gegeben hat, wird auch auf internationaler Ebene (HOSSFELD erst seit 19969 verstärkt von einigen Wissen- 1998c). schaftlern untersucht.10 Dieses Mißverhältnis hat verschiedene Gründe: Einerseits wurde Dieser Initialzündung folgten fünf Jahre die Bedeutung dieses Themas in den letzten später der deutsch-amerikanische Systemati- vier Jahrzehnten zum Teil verkannt bzw. stan- ker (*1904) mit dem Werk den andere Fragestellungen im Vordergrund „Systematics and the origin of species" (1942) des Interesses der deutschsprachigen Evoluti- und der bereits erwähnte mit onsbiologen und Zoologen (KRAUS & HOS- seinem Buch „Evolution. The modern synthe- SFELD 1998). Andererseits wurde die vorhan- sis", weitere zwei Jahre später legte der ameri- dene deutschsprachige bzw. sowjet-russische kanische Paläontologe George Gaylord SlMP- evolutionsbiologische Fachliteratur zu diesem SON (1902-1984) seine Abhandlung „Tempo Thema im anglo-amerikanischen Sprachraum and mode in evolution" (1944) vor, und 1950 ab Mitte der 30er Jahre fast vollständig igno- erschien noch das Werk „Variation and evolu- riert bzw. nicht rezipiert, so daß sich ein inter- tion in plants" des amerikanischen Botanikers nationaler Wissenstransfer in der Evolutions- George Ledyard STEBBINS (*1906). Diese biologie nur teilweise entwickeln konnte. Viel Autoren werden heute als „Architekten" der zu oft wird die Moderne Synthese bis zum Modernen Synthese bezeichnet.' Ihr frühzei- heutigen Tag nur aus der Sicht des angelsäch- tiges Bestreben, verschiedene Fachdisziplinen sischen Sprachraums thematisiert, obwohl im interdisziplinär zu verknüpfen und dabei das weltweit dazu erschienenen Standardwerk Hauptaugenmerk auf die neueren Ergebnisse von E. MAYR und William B. PROVINE „The der Genetik, insbesondere auf die Rolle der evolutionary synthesis" (1980), welche bis Selektion und Mutation zu legen, wird bereits 1982 noch in zwei Nachdrucken erschien, ein in der Namenwahl der Buchtitel von DOBZ- internationaler Ansatz beschrieben und HANSKY (1937) und MAYR (1942) deutlich, postuliert wurde." Somit verwundert es, die sich stark an DARWINS epochemachende wenn immer noch einzelne anglo-amerikani- Buch von 1859 anlehnen.

188 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at sehe Wissenschaftler in ihren neuesten sche Einflüsse und Ereignisse auch im deut- Publikationen nahezu vollständig und regel- schen Sprachraum zu einer Modernen Synthe- mäßig sowohl die aktuelle als auch die histori- se führten, die sich letzten Endes nicht nur als sche evolutionsbiologische Literatur unseres ein nationales Phänomen (wie aus der Sicht Sprachraums (bzw. des sowjet-russischen) der einer anglo-amerikanischen Tradition; SMO- letzten sieben Jahrzehnte negieren.12 Die der- COV1TIS 1996) präsentierte, sondern vielmehr zeit vertretene Position des angelsächsischen einen internationalen Charakter trug. Dabei Sprachraums läßt sich an zwei Beispielen ver- interessieren mich vordergründig Fragen nach deutlichen: Zum einen an dem Buch „Monad der Entwicklung der Evolutionsbiologie im to man. The concept of progress in evolutio- deutschen Sprachraum in der ersten Hälfte nary Biology" (1996) des kanadischen Wissen- unseres Jahrhunderts: Kam es hier analog zum schaftsphilosophen und -theoretikers Michael anglo-amerikanischen Sprachraum in den RUSE, zum anderen am Kompilat zweier frühe- 30er Jahren ebenso zur Begründung einer rer, bereits in der Zeitschrift „Journal of the Modernen Synthese? Wenn ja, wer waren in history of biology" (SMOCOVITIS 1992 1994) Deutschland die Protagonisten dieser Ent- erschienenen Artikel, betitelt „Unifying bio- wicklung? 1st es überhaupt berechtigt, von logy. The evolutionary synthesis and evolu- „Architekten" im Sinne MAYRS (1984) zu tionary biology" (1996) von Vassiliki Betty sprechen? Welche Titel trugen die wichtigsten SMOCOVITIS, Assistant Professor of the Publikationen? Gab es zwischen 1920 und History of Science at the University of Flori- 1950 Parallelen, Gemeinsamkeiten und da. Sowohl RUSE als auch SMOCOVITIS negie- Unterschiede in der Entwicklung gegenüber ren und bestreiten in ihren Büchern den inter- dem anglo-amerikanischen bzw. sowjet-russi- nationalen Charakter der Bedingungen, die zu schen Sprachraum? Wenn ja, welche? einer Modernen Synthese führten.13 Beide Einige dieser Fragen möchte ich nachfol- stützen sich bei ihrer Argumentation aus- gend aufgreifen und versuchen, Antworten schließlich auf die vorhandene Literatur ihres darauf zu finden. Mein Beitrag soll außerdem Sprachraums (was bei RUSE beispielsweise die Wissenschaftshistoriker und -theoretiker einen wirklich sehr guten und aktuellen unseres Sprachraums dahingehend anregen, Überblick vermittelt) und negieren nahezu sich in den nächsten Jahren mit der Bedeu- vollständig die sowjet-russische bzw. deutsch- tung und dem besonderen Stellenwert dieser sprachige Literatur zur Evolutionsbiologie aus Thematik im Gesamtkontext der Entwicklung dem 20. Jahrhundert. Es wird dem Leser damit der Evolutionsbiologie im 20. Jahrhundert in u. a. suggeriert, daß die sogenannten „Archi- eigenen Arbeiten auseinanderzusetzen, be- tekten" der Synthese, wie DOBZHANSKY, stimmte Aspekte detailliert zu hinterfragen MAYR, HUXLEY, SIMPSON und STEBBINS, die und dadurch vielleicht für eine weitere einzigen „Gründungsväter" bzw. Protagonisten internationale Popularisierung der deutsch- dieser Entwicklung gewesen seien (was den sprachigen und sowjet-russischen Literatur Tatsachen aber nicht gerecht wird) und dieser zur Evolutionsbiologie sowie zu diesem spezi- Sprachraum somit auch das „Gründungszen- ellen Fragenkontext zu sorgen.1'' Auch unser trum" darstellt. Deutschsprachige Wissen- Sprachraum besitzt in der Nachfolge schaftler wie den russisch-deutschen Geneti- HAECKELS eine nicht zu unterschätzende wis- ker Nikolaj W. TIMOFEEFF-RESSOVSKY (1900- senschaftshistorische Bedeutung innerhalb 1981), den Botaniker Walter ZIMMERMANN der Entwicklung der Evolutionsbiologie im 19. (1892-1980) sowie die Zoologen Bernhard und 20. Jahrhundert, zumal er dabei mit weit- RENSCH (1900-1990), Gerhard HEBERER aus größeren politisch-ideologischen, gesell- (1901-1973) und Wilhelm LUDWIG (1901- schaftlichen und sozio-kulturellen Schwierig- 1959) bzw. sowjet-russische Biologen sucht keiten in den letzten 100 Jahren zu kämpfen man mit ihren Publikationen vergeblich (vgl. hatte als beispielsweise der anglo-amerikani- Übersicht 2). sche Raum. DARWIN, Thomas Henry HUXLEY (1825-1895), Alfred Rüssel WALLACE (1823- An dieser Stelle möchte ich mit meinen 1913) und Herbert SPENCER (1820-1903) Ausführungen ansetzen und im folgenden zei- kannten und rezipierten im übrigen noch die gen, daß verschiedene (wissenschafts-)histori-

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Arbeiten ihrer Kollegen aus Deutschland, struktionen) und bemerkte: „Der bisher vor- Rußland und Frankreich.15 handene und künstlich verstärkte Zwiespalt zwischen Phylogenese und Genetik, zwischen Morphologie und Physiologie... muß jetzt überbaut werden durch die Ganzheitsbetrach- Etappen auf dem Weg zur Moder- tung. Diese ergibt sich dadurch, daß nicht nen Synthese im deutschen nur die anatomischen Zustände beschrieben Sprachraum werden, sondern daß man sie in Vorgänge überführt, und zwar in die Vorgänge der Funk- 2.1 tion, in die der ontogenetischen und die der Genetik versus Paläontologie in der phylogenetischen Entwicklung. Die biolo- ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gische Anatomie beruht deshalb auf gene- Die eingangs angesprochenen Probleme tischem und auf konstruktivem Denken" mit der Akzeptanz der DARWINschen Lehre (BÖKER 1935a: 6).'s Paläontologen wie (natürliche Auslese etc.) in den Naturwissen- BEURLEN und von HuENE gelangten hingegen schaften waren auch in den Diskussionen zu vitalistischen, SCHINDEWOLF und der unter den deutschsprachigen Naturwissen- Genetiker Richard GOLDSCHMIDT (1940) gar schaftlern in der ersten Hälfte unseres Jahr- zu saltationistischen Positionen, und ihre hunderts an der Tagesordnung und hierbei Kollegen WEIDENREICH und HENNIG traten insbesondere die „Kausalität der stammes- frühzeitig der Selektions-Mutations-Theorie geschichtlichen Abläufe" (HEBERER 1943; entschieden entgegen (SENGLAUB 1982: 566). RENSCH 1947, 1976) bzw. das Kausalverhält- Auch Evolutionsbiologen wie MAYR, Dietrich nis von „Mikro- und Makrophylogenie (-evo- STARCK (*1908) und RENSCH, die später zur 16 lution)" noch sehr umstritten. Zwar nahm Entwicklung und Popularisierung der Synthe- man an, daß die natürliche Auslese, Muta- se im deutschen Sprachraum beigetragen tionen verschiedener Art und auch die Isola- haben, konnten sich erst allmählich von die- tion von Populationen als Faktoren der sen Vorstellungen lösen.19 RENSCH bemerkte Artbildung angesehen werden konnten dazu: „My Lamarckian explanations were (s. o.), zweifelte aber zugleich, ob es sich mainly based on my investigations on the hierbei um die einzigen in Frage kommenden climatic parallelism of size and color in Faktoren handeln würde. Obwohl der Freibur- geographic races of birds and mammals ... ger Zoologe (1834-1914) 1 defended my Lamarckian explanations for bereits um die Jahrhundertwende festgestellt the last time 1 had been invited to report hatte, daß das Keimplasma (unabhängig vom about problems of speciation during the con- Soma) die eigentlichen Determinanten der gress of the German Zoological Society in Vererbung enthielt, deuteten verschiedene 1933 ... Since 1934, I have tried, as far as Paläontologen wie Franz WEIDENREICH (1921, possible, to explain the climatic parallelism of 1929), Karl BEURLEN (1932, 1937), Otto race characteristics through natural selec- Heinrich SCHINDEWOLF (1929, 1936, 1937, tion." (1983: 37-38).2°Die Überwindung des 1944) und Erwin HENNIG (1929, 1932, 1944), Lamarekismus dauerte in Deutschland bis in Zoologen wie Paul KAMMERER (1920, 1925, die Mitte des 20. Jahrhunderts. Besonders die 1927), Ludwig PLATE (1913, 1931, 1936), dabei von den Genetikern geführten fachli- Richard SEMON (1910, 1912) und Jürgen W chen Auseinandersetzungen zur Beseitigung HARMS (1934, 1935) bzw. Anatomen wie der Irrtümer und Widersprüche mit dem wis- Hans BÖKER (1935a, 1935b, 1936, 1937) senschaftlichen Lager der Paläontologen-1 im ersten Drittel unseres Jahrhunderts die machten exemplarisch deutlich, daß in jenen stammesgeschichtliche Umwandlung der Jahren in Deutschland die Genetiker zu wenig Äxten immer noch im saltationistischen bzw. mit den Forschungsergebnissen der Paläonto- lamarckistischen Sinne.17 So betonte BÖKER logen und umgekehrt vertraut waren. SCHIN- in seinen Arbeiten den direkten kausalen DEWOLF appellierte deshalb: „[Es] muß wieder Zusammenhang zwischen Bau, Funktion und der Versuch gemacht werden, die beiden aus- Umweltbedingungen (Theorie der Umkon- einanderstrebenden Disziplinen zusammenzu-

190 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at führen. Denn letzten Endes gilt ja doch beider satz zu Deutschland, schnellere Fortschritte Arbeit, lediglich von verschiedenen Seiten auf dem Weg zu einer Modernen Synthese aus und mit verschiedenen Methoden, dem erzielt.27 gleichen Ziele einer Aufhellung der organi- In die Zeit der Synthetisierung des Gedan- schen Gesetzmäßigkeiten" (1936: 1). Des wei- kengutes von Systematikern, Genetikern und teren fehlten der deutschsprachigen Genetik Paläontologen im ersten Drittel unseres Jahr- zu jener Zeit, im Vergleich zum angelsächsi- hunderts fällt nun die Durchführung einer schen Raum, grundlegend neue Forschungser- Expedition, die für die Entwicklung der gebnisse, wie sie noch um die Jahrhundert- deutschsprachigen Evolutionsbiologie Bedeu- 22 wende erzielt worden waren. tung besitzt. Ich möchte behaupten, sogar für In Deutschland hatten sich zwar vereinzelt die Herausbildung der Modernen Synthese im Genetiker und Zoologen in ihren Lehr- deutschen Sprachraum auf Grund von Zufäl- büchern ausführlich zur Artentstehung durch ligkeiten indirekt mitbestimmend war. Mutation, Selektion und Isolation geäußert, aber vermieden, diese Aussagen bereits an die- 2.2 ser Stelle als richtiges und wissenschaftlich Die Sunda-Expedition RENSCH 1927 bewiesenes Dogma zu propagieren.23 Auch in Es handelt sich um die von RENSCH gelei- den führenden deutschen Lehrbüchern der tete Expedition zu den Kleinen Sunda-Inseln Biologie der zwanziger bis vierziger Jahre fin- im Indonesischen Archipel (1927), an der den sich ähnlich lautende und skeptische neben RENSCH auch der bekannte deutsche Bemerkungen zu diesem Themengegen- stand.24 Vielleicht hatten ja die oben erwähn- Anthropologe und Evolutionsbiologe HEBE- ten Wissenschaftler (wie z. B. SCHINDEWOLF, RER teilgenommen hat. Wie bereits erwähnt, GOLDSCHMIDT, BEURLEN &. BÖKER) doch recht gehören diese beiden Wissenschaftler zu den mit ihrer Annahme, es gäbe noch andere, bis- Protagonisten oder „Architekten" einer her unbekannte evolutionäre Mechanismen. Modernen Synthese in unserem Sprachraum. Dieser von den Genetikern und einzelnen Welchen Stellenwert besitzt diese Expedi- Zoologen eingegangene Kompromiß erwies tion innerhalb der Geschichte der deutsch- sich später als hemmend bei der Etablierung sprachigen Evolutionsbiologie des 20. Jahr- der Modernen Synthese in Deutschland, und hunderts? es mußten noch weitere Jahre vergehen, bevor Obwohl zu Beginn der Reise kein konkre- sich die stark divergierenden Forschungsrich- tes wissenschaftliches Programm vorgelegen tungen in ihren Positionen annähern sollten. hatte, wurde sie dennoch überaus erfolgreich Im Gegensatz dazu hatte sich der angelsächsi- abgeschlossen. Die Hauptaufgaben der Expe- sche Sprachraum hier bereits einen Vorteil dition lagen in erster Linie auf tropenbiologi- verschafft, denn in den 30er Jahren wurden schem, zoogeographischem und anthropologi- gleich drei allgemeine Grundrisse über das schem Gebiet. Als Teilnehmer konnten Fachgebiet der Genetik und deren integrie- neben HEBERER der 21jährige Kandidat der rende Rolle innerhalb der (Evolutions-)Biolo- Medizin Wolfgang LEHMANN (1905-1980) gie vorgelegt, die den oben genannten Mangel sowie der Frankfurter Herpetologe bzw. Kustos der deutschsprachigen Ausgaben nicht aufzu- am Senckenberg-Museum Robert MERTENS weisen hatten, vielmehr klarer argumentier- (1894-1975) und RENSCHS Ehefrau Ilse (1902- ten und somit eine frühe interdisziplinäre Dis- 1992) gewonnen werden. Im wesentlichen kussion innerhalb der anglo-amerikanischen wurde die Reise von der Notgemeinschaft der Biowissenschaften anregen konnten.25 Außer- Deutschen Wissenschaften (ab 1937 Deutsche dem bestand hier nicht solch ein widersprüch- Forschungsgemeinschaft), von der Frankfurter liches Verhältnis der Genetik zur Paläontolo- Senckenberg-Gesellschaft, dem Ministerium gie (vgl. SCHINDEWOLF für Deutschland versus für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in SIMPSON für Amerika)26 und die genetische Berlin, von der Preußischen Akademie der Forschung (Transmissionsgenetik, Populati- Wissenschaften usw. finanziert (RENSCH onsgenetik im Freiland und Labor etc.) hatte 1930). Ein Drittel der Kosten konnte aus pri- in Amerika, England und Rußland, im Gegen- vaten Mitteln gedeckt werden.28

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Das Reisegebiet erwies sich in der wissen- schaftshistorischen Tradition eines Alfred Rüssel WALLACE als besonders geeignet.:g Über die Ergebnisse der Reise berichtete RENSCH U. a. in seiner Autobiographie (1979). So konnten beispielsweise 10 neue Gattungen, 222 neue Arten und 31 neue geo- graphische Rassenkreise an Tieren und Pflan- zen aufgefunden und beschrieben werden. Ferner füllten die Expeditionsteilnehmer in den Jahrzehnten nach der Expedition (bis 1950) über 1700 Seiten Papier mit Beschrei- bungen von Neubefunden, vergleichenden Analysen und Reiseberichten. Der literari- sche Überblick über die Gesamtzahl der Publikationen ergab an Reiseberichten und Zusammenfassungen vier Titel, systematisch- faunistischen Spezialbearbeitungen 40 Titel, botanischen Bearbeitungen vier Titel, allge- meinen biologischen Arbeiten fünf Titel und anthropologischen Publikationen fünf Titel. Wie die Aufzeichnungen von RENSCH und HEBERER zeigen, fühlten sich die Expeditions- teilnehmer der historischen Tradition (WAL- LACE, HAECKEL) stets verpflichtet. Auch die Ergebnisse der RENSCH-Expedition sollten, gemäß der jahrzehntelangen Tradition von Reisen in Inselgebiete, eine Reihe neuer Ein- sichten für das allgemeine Verständnis der Speziellen Zoologie, Zoogeographie, Ornitho- logie, Botanik, Anthropologie und Ethnogra- phie dieses Gebietes erbringen. Des weiteren stellte sich während der gemeinsamen Durch- arbeitung und Diskussion des Materials her-

Abb. 1: Die Teilnehmer der Sunda-Expedition RENSCH 1927. V.l.n.r.: Gerhard HEBERER, Ilse RENSCH, Robert MERTENS, Wolfgang LEHMANN, Bernhard RENSCH (Nachlaß HEBERER, Göttingen).

Abb. 2: Bleistiftskizze HEBERERS vom Rindjani- Vulkan auf der Insel Lombok 1927 (Nachlaß HEBERER, Göttingen).

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aus, daß diese Inselgruppe :ur „indomalai- Abb. 3: ischen Übergangsregion", die westlich von der Ikatweber (Nachlaß WALLACE-Linie begrenzt wird, gehört. Es han- HEBERER, Göt- delte sich also nicht um ein ausschließliches tingen). Mischgebiet, da ein großer Prozentsatz an endemischen Gattungen und Anen gefunden werden konnte. Ein RENSCH-Schüler, der Ent- wicklungsphysiologe Wolf ENGELS aus Tübin- gen, weiß sogar noch aus Gesprächen mit RENSCH, daß es der damals 31jährige MERTENS während der Expedition war, der die jüngeren Kollegen (RENSCH und HEBERER) für Proble- me der Zoogeographie begeisterte und ihre Aufmerksamkeit auf Fragestellungen wie die Artentstehung lenkte.'0 Außerdem, denke ich, halfen RENSCH und HEBERER die täglich geführten Diskussionen während der Expediti- on, sich von den phänogenetischen und zum Abb. 4: Teil orthogenetischen Vorstellungen ihres Die Expediti- Lehrers HAECKER allmählich zu lösen (Hos- ons-Teilneh- SFELD 1996, 1997). Die Expedition vereinte mer beim Sultan von zudem Teilnehmer verschiedener wissen- Dompu auf schaftlicher Einrichtungen Deutschlands bzw. der Insel späterer „wissenschaftlicher Schulen" wie Sumbawa 1927 (Nach- Berlin, später Münster (RENSCH); Frankfurt laß HEBERER, (MERTENS); Halle, später Straßburg, Kiel Göttingen). (LEHMANN) sowie Halle, später Tübingen, Frankfurt, Jena und Göttingen (HEBERER), SO daß das Gedankengut und Sammelmatenal der Expedition nach 1927 relativ kontinuier- lich über den deutschen Raum weiterver- breitet, bearbeitet und diskutiert werden konnte." Die Teilnehmer standen zeitlebens in gutem Kontakt zueinander. So trafen sich beispielsweise alle Teilnehmer der Expedition an runden Geburtstagen von RENSCH (60., 65. Abb. 5: und 70.) jeweils in Münster, wo gleichzeitig Die Präpara- tion eines auch wissenschaftliche Symposien stattfan- Warans. Im den, zu denen ausländische Evolutionsbiolo- Hintergrund gen wie HbXLEY, MAYR, Ludwig von BER- Ilse RENSCH (links) und TALANFFY (1901-1972), J. B. S. HALDANE Bernhard RENSCH (1892-1964) und DoBZHANSKY eingeladen (rechts) waren.'2 Diese Treffen und Diskussionen stehend - haben sich sicherlich ebenso positiv auf die (Nachlaß HEBERER, Göt- Entwicklung der Evolutionsbiologie und Zoo- tingen). logie in Deutschland ausgewirkt. Es konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden, warum HEBERER dann später und im Gegensatz zu RENSCH, insbesondere während der NS-Zeit, gleichzeitig Fragestel- lungen zur Rassenkunde (Indogermanenfor- schung), Zytogenetik (Copepoden) und

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Modernen Synthese bearbeitete. Beide hatten bzw. 1938 in Würzburg stattfanden und in sich doch schließlich in Halle dieselben deren Verlauf so unterschiedliche Ergebnisse wissenschaftlichen Grundlagen angeeignet erzielt wurden, sodaß erst Ende der 30er Jahre und entstammten der traditionsreichen in Würzburg die Möglichkeit der inhaltlichen „HAECKER-Schule" (HOSSFELD 1996). Die Begründung einer Modernen Synthese gege- Auswertung des HEBERER-Nachlasses doku- ben war. Die beiden Tagungen markieren ein mentiert deutlich, daß sich HEBERER bis zum „verlorenes Jahrzehnt" in der Geschichte der Ende der 30er Jahre inhaltlich noch nicht Evolutionsbiologie im deutschen Sprachraum. festgelegt hatte. Im Gegensatz zu RENSCH mangelte es ihm zu jener Zeit an Eigenstän- 3.1 digkeit, wissenschaftlicher Genialität, evolu- Die Tübinger-Tagung 1929 tionsbiologischem Feingefühl und der Nut- zung des vorhandenen Forschungspotentials Zwei Jahre nach der Beendigung der Sun- (vgl. die Publikationen der beiden bis etwa da-Expedition kamen in Tübingen vom 8. bis 1940). Somit resultierten wahrscheinlich vor- 12. September 1929 die „Paläontologische rangig aus der persönlichen und zufälligen Gesellschaft" und die „Deutsche Gesellschaft Beziehung RENSCH-HEBERER, die von ersten für Vererbungsforschung" zu einer gemein- Kontakten in der Schulzeit (beide waren in samen Sitzung und Aussprache mit dem Ziel der naturwissenschaftlichen AG des Realgym- zusammen, bestehende Gegensätze zwischen nasiums als Limnologen bzw. Ornithologen den Vertretern der experimentellen Verer- aktiv; hatten denselben Biologielehrer bungsforschung und denen der Deszendenz- usw.),33 während des Biologiestudiums, lehre in Deutschland zu überwinden.36 Der gemeinsamer Tätigkeit als Doktoranden beim Paläontologe Franz WEIDENREICH (1873- Zoologen und Genetiker Valentin HAECKER 1948) versuchte in seinem einführenden Vor- (1864-1927)" bis zur Teilnahme an der Expe- trag „Vererbungsexperiment und vergleichen- dition ins Indonesische Archipel reichte, de Morphologie" (aus der Sicht der Evolutio- wichtige Impulse für die Mitbegründung der nisten), die Unerläßlichkeit lamarckistischer Modernen Synthese. Leider wurde das wissen- Vorstellungen für die Evolutionstheorie nach- schaftliche Potential der RENSCH-Expedition zuweisen und stellte dabei fest, daß „die Ver- nur ungenügend im Sinne einer Synthetisie- erbungslehre in keinem Falle berechtigt ist, rung von Gedankengut verwertet, so daß im lediglich auf Grund ihrer experimentellen Anschluß an die Reise der erhoffte Innovati- Erfahrungen die Möglichkeit einer Fixierung onsschub für eine kontinuierlichere Entwick- von Reaktionsformen im Laufe der Erdge- lung der Evolutionsbiologie im deutschen schichte, wie sie die Evolutionslehre als The- Sprachraum bis ca. 1938 ausblieb, wie nach- se aufstellt, zu leugnen" (1930: 19). Seiner folgende Betrachtung zeigen wird. Meinung nach behielten daher alle Schlußfol- gerungen, „zu denen die vergleichende Mor- phologie auf ihrem deduktiven Wege gekom- men" war, als Theorie weiter ihre volle Ein verlorenes Jahrzehnt Berechtigung (Ebenda). Der Genetiker Harry (1929-1938) FEDERLEY hingegen bezeichnete in seinem Coreferat „Weshalb lehnt die Genetik die Eine biologiegeschichtliche Analyse der Annahme einer Vererbung erworbener Eigen- evolutionsbiologischen Entwicklung des schaften ab?" (aus der Sicht der Genetiker) deutschsprachigen Raumes dokumentiert, daß den lamarckistischen Ansatz ab völlig über- trotz einiger Probleme unter den Fachwissen- holi: „Die Hypothese von der Vererbung schaftlern die Startvoraussetzungen für die erworbener Eigenschaften kann in unseren Etablierung einer Synthese bis zum Ende der Tagen kaum als aktuell bezeichnet werden... 20er Jahre günstig waren, aber nicht genutzt Es muß zugestanden werden, daß die Genetik wurden.33 Die ganze Brisanz der Ereignisse von heute im Verhältnis zu den alten Evoluti- dokumentiert sich deutlich am Zeitraum zwi- onstheorien einen in erster Linie negativen schen zwei Tagungen, die 1929 in Tübingen Standpunkt einnimmt... Sie kann die lam-

194 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at arckistischen Hypothesen nicht gutheißen. In Es wurde also in Deutschland, im Gegen- den funktioneilen Anpassungen kann sie satz zum anglo-amerikanischen Sprachraum weder das Resultat der direkten Einwirkung (RLSE 1996: 419-423), die Gelegenheit ver- der Umwelt noch des Gebrauches oder Nicht- säumt, eine Synthese zwischen den sich gebrauches erblicken und sie verneint auch gegenüberstehenden Forschungstraditionen die Übertragung von Eigenschaften von einer bereits zu diesem Zeitpunkt zu erreichen, Generation auf eine andere" (1930: 41-42).'" obwohl man den Trend in der Entwicklung Leider traten aber nach den Schilderungen der Evolutionsbiologie frühzeitig richtig des Tübinger Paläontologen Otto Heinrich erkannt hatte. Auch REN'SCH beklagte noch SCHINDEWOLF (1896-1971) die Gegensätze vier Jahre später den ergebnislosen Ausgang zwischen den beiden Parteien während der der Tagung von 1929. In seinem Eröffnungsre- Aussprache mit „so erschreckender Deutlich- ferat „Zoologische Systematik und Artbil- keit" zutage, daß letzten Endes keine gemein- dungsproblem" auf der 35. Jahresversammlung samen Ergebnisse vorgelegt werden konnten der Deutschen Zoologischen Gesellschaft am (1936: 1). Auch der Zoologe Max HARTMANN 6. Juni 1933 in Köln appellierte er deshalb (1876-1962) hatte sich in der Diskussion noch einmal an seine Fachkollegen, ähnlich gegen die lamarckistischen Auffassungen wie SCHINDEWOLF (1936: 1): „Wir sollten uns gewandt, indem er bemerkte: „... muß die daher bei evolutionistischen Untersuchungen möglichst mit den Befunden aller einschlägi- Genetik auf Grund ihrer experimentellen gen Disziplinen vertraut machen... Natürlich Ergebnisse mit aller Entschiedenheit einen wird dies bereits ziemlich allgemein ange- Übergang von Modifikationen in Mutationen strebt, aber daß es noch in ungenügender Wei- [...] und damit im Prinzip die alte lamarckisti- se geschieht, lehren Diskussionen der letzten sche Formulierung der Vererbung erworbener Jahre wie etwa die auf der gemeinsamen Eigenschaften ablehnen" (1930: 43). Der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Verer- Botaniker ZIMMERMANN (Tübingen) hingegen bungsforschung mit der Paläontologischen nahm eine diplomatische Position ein, indem Gesellschaft" (1933: 20). REN'SCH war ferner er im Lamarekismus bzw. Darwinismus die daran gelegen, eine schnelle Einigung von Ursache für die „phylogenetische Anpassungs- Genetikern und Systematikern sowie von struktur" (1930a: 44) vermutete und eine Paläontologen und vergleichenden Anatomen Lösung des Problems erst für die Zukunft erwartete. Bereits zehn Jahre später sollte sich aber ZIMMERMANN in seinem Buch „Vererbung Pro Lamarekismus Contra Lamarckismus erworbener Eigenschaften und Auslese" Franz WEIDENREICH Harry FEDERLEY Walter ZIMMERMANN (1938) viel klarer positionieren und auf brei- Walter ZIMMERMANN Waldemar WEISSERMEL Max HARTMANN ter Basis gegen die lamarekistische Theorie Edwin HENNIG wenden. Nachdem noch die Paläontologen Waldemar WEISSERMEL (1870-1944) und in Deutschland anzustreben (Ebenda: 83). Tab. 1: Edwin HENNIG (1882-1977) ihre Positionen Das Kräfteverhältnis auf dargelegt hatten, wurde die Sitzung mit den Die Tübinger Kontroverse stellte sich der Tübinger-Tagung 1929. Schlußworten der Hauptreferenten beendet. somit als ein spezifisch nationales Problem Während WEIDENREICH auf seiner Position dar. Der entscheidende Hemmfaktor für eine behante, erschien es FEDERLEY zwecklos, wei- Konsensfindung in Deutschland lag zum einen ter „eine Diskussion mit den Lamarckisten :u im unterschiedlichen Verständnis bzw. Inter- führen; denn wenn diese die Entdeckung jeder pretationsgefüge der Fachdisziplinen Genetik neuen Mutation triumphierend als einen und Paläontologie bei der Klärung der Frage Beweis für die Richtigkeit des Lamarekismus nach den Ursachen des Evolutionsablaufs, und gegen die Lehre von der Stabilität der zum anderen in der besonderen Situation der Gene begrüßen, so beweist dies klarer als Fächer Paläontologie/Geologie an den deut- etwas anderes, daß sie die Genotypenlehre schen Universitäten und Forschungseinrich- nicht verstanden haben; und in dem Fall ist tungen in den 30er und 40er Jahren begrün- ein Diskutieren vollständig überflüssig" (1930: det. Der Tübinger Paläontologe und Teilneh- 50). mer der Tagung HENNIG bemängelte noch

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(1937: 2) in seiner Darstellung über „Die behandelnde Problemstellung.« TlMOFEEFF Paläontologie in Deutschland": „Trotz der ging es in seinem Vortrag „Genetik und Evo- führenden Stellung, die sich deutsches Gei- lution (Bericht eines Zoologen)" darum, eine stesleben neben Frankreich und England auf Aufzählung und Prüfung wichtiger Prämissen paläontologischem Gebiete von jeher unbe- für die Anwendung genetischer Feststellun- stritten gewahrt hat, gibt es aber im ganzen gen und Begrifflichkeiten zur Klärung der Deutschen Reiche nur eine selbständige Evolutionsfragen zu diesem Zeitpunkt zu Hochschul-Dozentur für Paläontologie, ver- geben, die dann später als Grundlage für wei- bunden mit historischer Geologie (Leitfossili- tere Diskussionen genutzt werden konnten: en!), nämlich in München. ... von Amts „Die folgenden Abschnitte [des Vortrages] wegen geschieht wahrlich so gut wie nichts, werden deshalb dem Evolutionsmaterial, der um überhaupt das Fach noch am Leben zu relativen Bewertung der Evolutionsfaktoren erhalten. ... Es kommt hinzu, daß wir im rein und den Methoden der genetisch-evolutioni- Technischen bereits ins Hintertreffen zu gera- stischen Forschung gewidmet sein" (1939: 43 ten drohen. Die geringen wirtschaftlichen 159). TlMOFEEFF argumentierte vom Stand- Mittel etwa gegenüber gewissen für unsere punkt des Zoologen, ordnete in seinem Refe- Begriffe fast abenteuerlich ausgestatteten nor- rat alle wissenschaftlichen Befunde seines damerikanischen Forschungsstätten hat noch Fachgebietes (Stand bis 1938) dem Rahm- immer der Wille bei uns wettgemacht".38 enthema zu und versuchte, verschiedene Per- spektiven für eine Konsensfindung zwischen Es mußte erst noch ein weiteres Jahrzehnt Genetikern und Evolutionsbiologen im weite- vergehen, bevor eine Annäherung in den ren Sinne aufzuzeigen.44 Obwohl er die mei- Positionen der Forschungstraditionen in unse- sten Aspekte der Makroevolutionsforschung rem Sprachraum erreicht wurde.39 sowie das Kausalverhältnis zwischen Mikro- und Makroevolution im Vortrag nicht vorder- 3.2 gründig behandeln konnte, resümierte er: „... Die Würzburger-Tagung 1938 daß auf dem Gebiete der Mikroevolution die Von Seiten der deutschsprachigen Gene- experimentelle Genetik alle nötigen Tatsa- tiker unternahm man schließlich 1938 chen, Vorgänge und Vorstellungen für Theori- nochmals einen Vorstoß, die 1929 begonnene enbildungen über den Mechanismus der Diskussion aufzugreifen und zwischen den Mikroevolution zu liefern schon imstande ist. kontroversen Auffassungen der „research tra- ... Ob eine Kluft zwischen Mikro- und ditions" (LAUDAN 1977) zu vermitteln. Auf Makroevolution (von denen die wichtigsten der 13. Jahresversammlung der Deutschen die speziellen Anpassungen und speziellen Gesellschaft für Vererbungsforschung vom 24- Organogenesen umfassen) sich ergibt, muß bis 26. September 1938 in Würzburg wurden durch spezielle genaue Analyse der Verhält- aus meiner Sicht dann erste konkrete Ergeb- nisse geklärt werden" (Ebenda: 210-211). In nisse vorgelegt, die ein Synthetisieren der der sich anschließenden Aussprache zu unterschiedlichen Wissenschaftspositionen TlMOFEEFFS Vortrag bestätigten der Humange- netiker Friu LENZ (1897-1976) sowie die ermöglichten und die spätere Konsensbildung Botaniker Hans BuRGEFF (1883-1976) und W. förderten.40 ZIMMERMANN den Grundtenor der getroffe- Die Referate auf der Würzburger-Tagung nen Aussagen. ZIMMERMANN ergänzte zum waren thematisch breit angelegt und behan- Kausalverhältnis von Mikro- und Makroevo- delten Fragestellungen wie das Verhältnis von lution: „Es ist kein Anhaltspunkt vorhanden, Mikro- und Makroevolution, die Bedeutung daß die Makroevoluticm grundsätzlich anders von gerichteten Mutationen für den Evolu- verläuft als die Mikroevolution. ... Die tionsprozeß oder die Rolle der Evolutionsfak- Makroevolution ist also nur verständlich aus toren für die Entwicklung des Tier- bzw. Pflan- einer Folge von Mikroevolutionsabläufen" 41 zenreichs. Die Vorträge des Botanikers (1939: 219).« Der Botaniker MaCHERS (Kai- Georg MaCHERS (1906-1997) und des Zoolo- ser-Wilhelm-Institut Berlin-Dahlem, Abt. gen und Genetikers TIMOFEEFF-RESSOVSKY WETTSTEIN) plädierte in seinem Hauptreferat konturierten dabei am deutlichsten die zu

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„Genetik und Evolution (Bericht eines Bota- nochmals die Würzburger Position: „Ein nikers)" ebenso für eine thematische Gleich- Erfolg wird jedenfalls nur einer gemeinsamen behandlung der Fragen nach den Ursachen Arbeit zwischen Paläontologen, Ökologen, der Evolution an botanischen und zoologi- Morphologen und Genetikern beschieden schen Forschungsobjekten und unterstrich die sein. Und der Genetiker kommt nicht mit lee- grundsätzliche Übereinstimmung zwischen ren Händen, denn die genetische Analyse der den Auffassungen der Botaniker mit denen physiologischen Evolutionsmechanismen hat der Zoologen: „Die Vererbungsforschung schon die schönsten Ergebnisse gezeitigt. ... kennt keine grundsätzlich wichtigen Ergebnis- Die Genetik ... hat über die Einzelergebnisse se, die nicht für das Tier- und Pflanzenreich in auch nicht die Synthese vergessen" (GOTT- gleichem Maße Geltung hätten" (1939: 229). SCHEWSK1 1943: 64). Auch die Botaniker hätten in ihren Versu- chen und Untersuchungen nachgewiesen, daß Mutationen das bestimmende Material für die Evolution darstellten und Selektion bzw. Iso- Der Wendepunkt lation erst den eigentlichen Evolutionsprozeß bewirkten, aus denen dann Differenzierungen In Deutschland zeichnete sich also etwa und Anpassungen hervorgingen. MELCHERS zeitgleich zum Erscheinen von DOBZHANSKYS ging es vorwiegend darum, „Bedenken zu zer- Buch (1937) mit der oben erwähnten Würz- streuen, welche immer wieder von verglei- burger-Tagung (1938) eine positive Trend- chenden Morphologen, Ökologen und wende in den Diskussionen über den Ablauf Paläontologen gegen die evolutionistischen der Evolution zwischen Genetikern und Vorstellungen der Genetiker erhoben" wurden Paläontologen ab: „Die langen Zeiten frucht- (Ebenda: 230). Er appellierte deshalb an alle loser Stagnation sind überwunden" (HEBERER Nichtgenetiker, die aber der Evolutionsfor- 1942: 169). Diese Neubelebung der Diskussio- schung dienten, sich der durch die Genetik nen war einerseits auf die Erfolge der experi- gesicherten Fundamente in ihren Forschun- mentellen Genetik (oder von HEBERER 1942 gen und Theoriengebäuden zu bedienen. So auch als „Experimentalgenetik" bzw. „experi- konnte auch er am Ende seiner Ausführungen mentelle Evolutionistik" bezeichnet) zurück- resümieren, „daß durch die Einbeziehung der zuführen, die verläßliche Ansätze zur kausalen experimentellen Genetik in der Evolutions- Erklärung des Evolutionsablaufes geliefert hat- forschung nicht nur die vor allem von DARWIN te und vorwiegend für die Erklärung von Ent- dargelegten Fundamente dieser Wissenschaft wicklungsabläufen, die der Art- und Rassen- gestützt werden konnten, sondern daß es nicht bildung zugrunde lagen, genutzt werden konn- ausgeschlossen ist, daß in Zukunft von der ten. Andererseits hatten aber auch die neuen experimentellen Genetik aus auch wirklich Sichtweisen und wissenschaftlichen Fort- darüber hinausgehende neue Erkenntnisse schritte der Paläontologie zu einer „Renais- möglich sind" (Ebenda: 256).« sance des Transformismus" beigetragen (Eben- da).« Die Würzburger-Tagung von 1938 macht im Vergleich zur Tübinger-Tagung von 1929 In jenen Jahren beschäftigten sich aus deutlich, daß man sich Ende der 30er Jahre meiner Sicht besonders vier Biologen in ihren bemühte, parallel und zeitgleich zum angel- Publikationen, Vorträgen und in der Lehre sächsischen Sprachraum, die unterschiedli- damit, einen Konsens zwischen den For- chen Forschungsauffassungen nun auch im schungstraditionen zu finden, der Evolutions- deutschsprachigen Raum zu vereinen. Das forschung mit ihren Arbeiten wichtige Impul- Hauptaugenmerk sollte dabei den Ergebnissen se zu verleihen, um somit u. a. die eingangs der experimentellen Genetik gelten.47 Der erwähnten antidarwinistischen Theorien zu Zoologe Georg GOTTSCHEWSKI (1906-1975) widerlegen und Antworten auf das Kausalver- unterstrich vier Jahre später (23. November hältnis von „Mikro- und Makroevolution" zu 1942) in einem Vortrag „Der heutige Stand geben. Nach den bisher erfolgten Untersu- der Vererbungswissenschaft" vor der Wiener chungen und Recherchen kann man die Zoo- Biologischen- und Vererbungsgesellschaft logen und Evolutionsbiologen RENSCH und

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HEBERER, den Botaniker ZIMMERMANN sowie einen Ruf auf den Lehrstuhl für Zoologie an den russisch-deutschen Genetiker, Zoologen die Karls-Universität in Prag an. Nach Been- und Biophysiker TI.MOFEEFF-RESSOVSKY :U den digung des Krieges kehrte er zum Winterseme- Haupt-Protagonisten der Modernen Synthese ster 1945/46 nach Münster zurück und im deutschen Sprachraum zählen. begann, Lehre und Forschung hier wieder neu mitaufzubauen. Im Jahre 1947 wurde RENSCH zum Ordinarius für Zoologie und Direktor des Zoologischen Instituts ernannt; bis 1954 wid- Die Protagonisten mete er sich ebenso verstärkt dem Aufbau des Naturkundemuseums. Im Jahre 1968 wurde 5.1 RENSCH emeritiert und war bis zu seinem Tod, Bernhard RENSCH (1900-1990) am 4. April 1990, am Zoologischen Institut Bernhard RESSCH wurde am 21. Januar Münster mit großem Erfolg forschend und 1900 in Thale (Har:) geboren, wo er von publizierend tätig. 1912 his 1917 das Gymnasium besuchte und RENSCH hatte im Laufe seines Lebens 1917 das Notabitur ablegte. Nach der Teil- zahlreiche Forschungs- bzw. Vortragsreisen auf nahme am Ersten Weltkrieg und der Kriegsge- fast alle Kontinente der Erde unternommen, fangenschaft nahm er im Sommersemester Abb. 6: so u. a. 1933 nach Bulgarien, 1951 nach Aus- 1920 ein Studium der Naturwissenschaften Bernhard RENSCH. Geschenk zu tralien und die USA, 1953 nach Indien, HEBERERS 60. Geburtstag (Nachlaß (Zoologie, Botanik, Chemie) und der Philoso- 1963/64 nach Japan, Malaysia und Indien, HEBERER, Göttingen, Aufnahme 1954). phie (bei Theodor ZIEHEN) an der Universität 1968 nach Ostafrika. Sein wissenschaftliches Halle auf. Am 22. Dezember 1922 wurde er Interessengebiet war vielfältig und umfaßte beim Zoologen und Genetiker H.AECKER mit solche Themengebiete wie die Art- und Ras- einer Arbeit zum Thema „Ursachen von Rie- senbildung (Malakalogie, Ornithologie), Zoo- sen- und Zwergwuchs beim Haushuhn" pro- geographie, Tierökologie, Sinnes- und Ner- moviert. Nach zweijähriger Tätigkeit als Assi- venphysiologie, Tierpsychologie, Syntheti- stent am Hallenser Institut für Pflanzenbau sche Theorie der Evolution sowie schließlich wechselte RENSCH zum 1. Oktober 1925 als auch Biophilosophie und Kunst. Sein wissen- planmäßiger Assistent ans Berliner Zoologi- schaftliches Werk umfaßt ca. 21 Buch- und sche Museum, wo er bereits für neun Monate 240 Originalpublikationen, wobei die Bücher als wissenschaftliche Hilfskraft tätig gewesen „Das Prinzip geographischer Rassenkreise und war. In Berlin wurde RENSCH dann Leiter der das Problem der Artbildung" (1929); „Neuere Mollusken-Abteilung, beschäftigte sich hier Probleme der Abstammungslehre. Die trans- bis 1937 verstärkt mit Problemen der Art- spezifische Evolution" (1947); „Homo sapiens. und Rassenbildung und wirkte aktiv in der Vom Tier zum Halbgott" (1959); „Das univer- „Deutschen Ornithologischen Gesellschaft" sale Weltbild" (1977) und „Probleme generel- mit. Im Jahre 1927 leitete er eine, auf seine ler Determiniertheit allen Geschehens" Initiative hin durchgeführte, Expedition zu (1988) stellvertretend diese breite Palette sei- den Kleinen Sunda-Inseln ins Indonesische nes Schaffens dokumentieren. Archipel. Im Februar 1937 wurde RENSCH zum Direktor des Landesmuseums für Natur- RENSCH war (Ehren-)Mitglied zahlreicher kunde in Münster berufen und hatte diese wissenschaftlicher Organisationen bzw. Ge- Position zunächst bis 1944 inne. Im Sommer- sellschaften und bekam für sein Lebenswerk semester 1937 habilitierte er sich mit dem unzählige Preise und Auszeichnungen über- Buch „Die Geschichte des Sundabogens, eine reicht. Bernhard RENSCH gilt nicht nur im tiergeoeraphische Untersuchung" an der dor- deutschen Sprachraum ab einer der bedeu- tigen Universitär*1, im Man 1938 erfolgte die tendsten Biologen unseres Jahrhunderts.* Ernennung zum Dozenten und 1943 zum außerplanmäßigen Professor für Zoologie. 5.2 Gerhard HEBERER (1901-1973) Nach einem kurzen Kriegseinsatz während des Zweiten Weltkriegs und überstandener Gerhard HEBERER wurde am 20. Man Erkrankung nahm RENSCH Anfang 1944 1901 in Halle an der Saale geboren. Nach dem

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Besuch der Mittelschule (1908-1911) und des gie des Menschen, menschliche Chromoso- Reform-Realgymnasiums (1911-1919) legte er men, Fragestellungen zur Indogermanenfra- am 14- Mai 1919 die Notreifepriifung ab. Vom ge/Rassenkunde (insbesondere während der Sommersemester 1920 bis :um Winterseme- NS-Zeit) und die Geschichte der Biologie. ster 1923/24 studierte er an der Hallenser Uni- Sein wissenschaftliches Werk umfaßt nach versität Zoologie, Anthropologie, Verglei- meinen Recherchen 436 Titel (Stand 1997). chende Anatomie und Urgeschichte. Am 21. wobei zahlreiche kompilierende Arbeiten und Februar 1924 reichte HEBERER eine Dissertati- Rezensionen darunter zu finden sind. Als Her- on mit dem Titel: „Die Spermatogenese der ausgeber und Mitautor des dreibändigen Wer- Copepoden. I. Die Spermatogenese der Cen- kes „Die Evolution der Organismen" (1943- tropagiden nebst Anhang über die Oogenese 1974) hat er ein in aller Welt bekanntes Stan- hei Diaptomus castor" bei HAECKER ein, und dardwerk der Phylogenetik geschaffen und bekam nach erfolgreicher Begutachtung der damit, parallel zu HUXLEYS Mehrautorenbuch Arbeit noch im selben Jahr (20. Dezember) „The new systematics" (1940) aus dem anglo- den Titel eines Doktors der Naturwissenschaf- amerikanischen Sprachraum, ein gleichwerti- ten verliehen. Nach zweijähriger Tätigkeit als ges theoretisches Werk zur (Mit-)Begründung wissenschaftliche Hilfskraft für (Paläo-) der Modernen Synthese im deutschen Anthropologie und Frühgeschichte bei Hans Sprachraum vorgelegt. Als weitere Bücher Abb. 7: HAHNE (1875-1935) am Museum für Vorge- sind stellvertretend zu erwähnen: „Allgemeine Gerhard HEBERER im Dezember 1943 schichte (später Volkheitskunde) in Halle Abstammungslehre" (1949), „DARWIN - WAL- (Nachlaß HEBERER, Göttingen). schloß er sich 1927 der RENSCH-Expedition LACE - Dokumente zur Begründung der nach Indonesien an. Im Anschluß daran war Abstammungslehre vor 100 Jahren" (1959), er von 1928 bis 1938 als Assistent, später als „Hundert Jahre Evolutionsforschung" (1960) Assistent in gehobener Stellung am Zoologi- und „Der gerechtfertigte HAECKEL" (1968). schen Institut in Tübingen (bei Jürgen W. Vortrags- und Forschungsreisen führten HARMS) tätig. Am 23. November 1931 HEBERER nach Süd-Ostasien, in die USA und bewarb sich HEBERER an der Tübinger Univer- nach Afrika - zu den Fundstätten der Austral- sität um die Venia legendi mit einer morpho- opitheciden, die in seinen Hypothesen zur logisch-zytogenetischen Arbeit zum Thema Abstammung des Menschen einen zentralen „Bau und Funktion des männlichen Genital- Platz einnahmen (vgl. Tier-Mensch-Über- apparates der calanoiden Copepoden" und gangsfeld-Theorie HEBERERS ab 1958). HEBE- wurde am 4. April des darauffolgenden Jahres RER war Mitglied zahlreicher wissenschaftli- :um Dozenten für „Zoologie und vergleichen- cher Organisationen und Gesellschaften. Er de Anatomie" ernannt. Nach einer kommissa- gilt nach meinen Untersuchungen neben rischen Vertretung des Lehrstuhles für Zoolo- RENSCH als Haupt-Protagonist und „Archi- gie (von Geheimrat Otto zur STRASSEN) in tekt" einer Modernen Synthese in unserem Frankfurt am Main nahm er 1938 einen Ruf Sprachraum.51 auf den neu errichteten Lehrstuhl für „Allge- meine Biologie und Anthropogenie" nach Jena an; diesen leitete er bis 1945. Nach kurz- 5.3 em Kriegsdienst und zweijähriger Kriegsge- Walter ZIMMERMANN (1892-1980) fangenschaft (Prag-Motol) kam HEBERER 1947 nach Göttingen, wo er von 1949 bis zu seiner Walter ZIMMERMANN wurde am 9. Mai Emeritierung im Jahre 1970, im Rahmen des I. 1892 in der im Odenwald gelegenen Stadt Zoologischen Institutes eine Anthropologi- Walldürn geboren. Nach dem Besuch des sche Forschungsstelle aufbaute und als Hoch- humanistischen Gymnasiums in Karlsruhe, wo schullehrer wirkte. Am 13. April 1973 ver- er im Juli 1910 das Abitur ablegte, begann starb Gerhard HEBERER in Göttingen. ZIMMERMANN zum Wintersemester 1910/11 Naturwissenschaften an der dortigen Techni- Die Hauptarbeitsgebiete von HEBERER schen Universität (bis zum SS 1911) zu stu- waren die Zytogenetik und vergleichende dieren. Im Verlauf des Studiums wechselte er Abb. 8: Morphologie der Copepoden, Probleme der nach Freiburg (WS 1911/12-SS 1912; WS Walter ZIMMERMANN (Nachlaß Dr. K. (Paläo-)Anthropologie und Evolutionsbiolo- 1913/14-SS 1914), Berlin (WS 1912/13) und ZIMMERMANN, Tübingen).

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München (SS 1913). Nach dem Einsat: im len: Systematik und Entwicklung der Algen, Ersten Weltkrieg (2. August 1914-2. Jänner Reizphysiologie, Phylogenie (Stammesge- 1919) kehrte ZIMMERMANN nach Freiburg schichte) der Pflanzen, theoretische Evoluti- zurück und wurde unter Friedrich OLTMANNS onsforschung und wissenschaftshistorische, - (1860-1945) mit einer Dissertation über Yol- philosophische Fragestellungen (JUNKER vox am 29. Man 1920 :um Doktor der Natur- 1998a): „ZIMMERMANN"» works are characteri- wissenschaften promoviert. Anschließend :ed by the clarity of the descriptions and the arbeitete er vom 1. April 1920 bis 31. Man definitions, the sharp formulation of pro- 1925 als wissenschaftlicher Assistent am blems, and the discussion of different opini- Botanischen Institut Freiburg. Am 1. April ons" (MAGDEFRAU 1990: 1011). Zu seinen 1925 wechselte ZIMMERMANN als wissen- wichtigsten Publikationen zählen die Bücher: schaftlicher Assistent (bis 31. Mär: 1930) an „Die Phylogenie der Pflanzen" (1930); „Verer- die Universität Tübingen, wo er sich im glei- bung erworbener Eigenschaften und Auslese" chen Jahr mit der Arbeit „Untersuchungen (1938); „Grundfragen der Evolution" (1948); über den plagiotropen Wuchs von Ausläu- „Evolution. Die Geschichte Ihrer Probleme fern" habilitierte. Seine Antrittsvorlesung und Erkenntnisse" (1953); „Die Telomtheo- hielt er am 5. November 1925 zum Thema rie" (1965) und „Evolution und Naturphiloso- „Die Geschichte unserer heimischen Flora phie" (1968).'- seit dem Tertiär"; bereits am 10. Juli war er zum Dozenten ernannt worden. In Tübingen, 5.4 wo er bis :u seinem Tod fast drei Jahnehnte Nikolaj Wladimirowitsch TlMOFEEFF- arbeiten und leben sollte, wurde ZIMMERMANN RESSOVSKY (1900-1981) im Jahre 1929 :um außerplanmäßigen Profes- Der russisch-deutsche Zoologe, Genetiker sor (18. Juli) und am 1. April 1930 zum außer- und Biophysiker Nikolaj W. TlMOFEEFF-RES- ordentlichen Professor für Botanik ernannt. SOVSKY wurde am 20. September 1900 in Neben dieser Tätigkeit war er zudem Kustos Moskau geboren. Bis zum Ausbruch der Okto- am Botanischen Garten. Am Zweiten Welt- berrevolution hatte er Biologie in Moskau stu- krieg nahm ZIMMERMANN als Offizier teil. diert, bevor er im Jahre 1917 die Universität Danach gelang es ihm nicht mehr, in Tübin- verließ, um in den Reihen der Roten Armee gen (für längere Zeit) ein Ordinariat :u :u kämpfen. Im Jahre 1922 kehrte TiMOFEEFF bekleiden. Nach dem Zweiten Weltkrieg an die Universität Moskau zurück und wurde bekam ZIMMERMANN :war einen Ruf auf das Schüler des Populationsgenetikers Sergej S. Ordinariat für Botanik in Karlsruhe (1947) TSCHETWERIKOW (1880-1959) bzw. von Niko- bzw. auf das Ordinariat für Botanik in Greifs- laj KOLZOW (1872-1940), dem Leiter des For- wald (1948) angeboten, die er beide jedoch schungsinstitutes für experimentelle Biologie. 1948 ablehnte. Erst unmittelbar vor seiner Beide Hochschullehrer machten ihn mit den Emeritierung (30. September 1960) ernannte genetischen Grundlagen der Evolution und die Universität Tübingen ZIMMERMANN am den Methoden der vergleichenden Anatomie, 10. Februar noch zum persönlichen Ordinari- Morphologie und Systematik vertraut. Im us für Spe:ielle Botanik. Nach seiner Emeri- Jahre 1925 erhielt TiMOFEEFF eine Einladung tierung führte er seine Lehrtätigkeit weiter, und das Angebot von Oscar VOGT (1870- indem er Vorlesungen zur Morphologie und 1959), dem damaligen Direktor des Kaiser- Stammesgeschichte abhielt und botanische Wilhelm-Institutes für Himforschung in Ber- Exkursionen leitete. ZIMMERMANN war lin, bei ihm eine Abteilung für experimentel- (Ehren-(Mitglied zahlreicher wissenschaftli- le Genetik aufzubauen. V'OGT war 1924 nach cher Gesellschaften und Organisationen und Moskau gefahren, um dort das Gehirn von wurde für sein wissenschaftliches Werk unzäh- LENIN ZU untersuchen. Nach einer Unterre- lige Male geehrt. Der Schöpfer der Telom- dung mit seinem Lehrer KOLZOW sagte theorie (ZIMMERMANN 1938b) verstarb am 30. TiMOFEEFF schließlich zu, obwohl er noch kei- Juni 1980 in Tübingen. nen akademischen Abschluß hatte (die for- Abb. 9: melle Promotion erfolgte erst 1964) und zog Das wissenschaftliche Arbeitsgebiet von Nikolaj W. TIMOFEEFF-RESSOVSKY mit seiner Ehefrau (H)ELENA 1925 nach Ber- (In MiKULiNSKU 1983: 345). ZIMMERMANN läßt sich in fünf Gebiete eintei-

200 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at lin. Hier arbeitete er zunächst als Assistent, ab Bereichen der Biologie deren Daten und 1931 als Leiter der Abteilung für Genetik und Befunde.55 So war TlMOFEEFF beispielsweise Biophysik und ab 1937 als Direktor eines seit dem 13. Mai 1943 auswärtiges Mitglied unabhängigen Institutes. Im Jahre 1937 war es der Medizinisch-Naturwissenschaftlichen bereits zu Angeboten gekommen, sodaß Gesellschaft in Jena. Diese Gesellschaft, die TlMOFEEFF in die USA hätte gehen können, am 17. Januar 1853 in Jena gegründet wurde, wie die neueste Arbeit von KONASCHEW war aus der Tradition der in den Jahren 1793 beweist (1997: 94-106). Der Umzug scheiterte bis 1801 bestehenden und auf den Biologen aber aus verschiedenen Gründen: zum einen und Mediziner August stand die Verlängerung des wissenschaftlichen BATSCH (1761-1802) Kontrakts von TlMOFEEFF mit der Option auf zurückgehenden Einladung der Medizinisch-Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena eine Dauerstellung in Berlin ab April 1937 in „Naturforschenden Ge- Aussicht bzw. wollte er nicht schon wieder sellschaft" hervorge- zur 8. Sitzung 1044 am Donnerstag, den 11. Mal, 18h C.t. umziehen (S. 99-100), zum anderen war die gangen.56 Mit der Mit- in der Aula der Universität (Eingang Fürslengraben) Garantie auf eine Lebensstellung in Amerika gliedschaft in dieser Vortrag: nicht gegeben - aus Sicht von TlMOFEEFF war altehrwürdigen Verei- Herr Prol. Dr. N. W. Tlmofeerf-Ressovsky, Berlin-Buch: Amerika ein chauvinistisches Land, des weite- nigung verband TlMO- „Über Indeterminierlheit und Verstärker- ren war die wissenschaftliche Position, die er FEEFF einerseits eine erscheinungen bei biologischen Vor- in Amerika ausüben sollte, noch ungeklärt besondere „Freude und gängen, besonders in der Phylogenese"

(junger Forscher oder Institutsdirektor) und Ehre", wie er in einem Als Mitglied angemeldet; Herr Prol. Dr. Richard Dehm, StraGburg i. E. außerdem wollte TlMOFEEFF seine Kollegen Schreiben vom 24. Als Mitglied aulgenommen: Frau Dr. Mechthitd Heinlein. Die Mitglieder werden um umgehende Mitteilung ihrer etwa geänderten Anschrift an Prol. und Mitarbeiter in Deutschland nicht im April 1943 an den Prä- Noll (Teichgraben 8) gebeten. Stich lassen (S. 100-101). In den nun folgen- sidenten Emil von den Berliner Jahren (bis 1945) entstanden fast SKRAMLIK (1886-1970) bemerkte, andererseits Abb. 10: alle bedeutenden evolutionsbiologischen wirft sie aber zugleich einige Fragen auf, die Einladungskarte der Medizinisch- Arbeiten, die TlMOFEEFFS bleibendes wissen- die Rolle von TlMOFEEFF während der NS-Zeit Naturforschenden Gesellschaft zum Vortrag von TIMOFEEFF in Jena (Nachlaß 53 schaftliches Verdienst ausmachen. So legte anschneiden. Wie war es möglich, daß inmit- FRANZ, Bestand 0, EHH). er z. B. im Jahre 1935 gemeinsam mit dem spä- ten des Zweiten Weltkrieges ein sowjetischer teren Nobelpreisträger für Physik von 1969 Staatsbürger an der unter dem Kriegsrektorat Max DELBRÜCK (1906-1981) und Karl G. ZIM- ASTELS stehenden und von ihm geführten MER die als „Dreimännerarbeit" bezeichnete „SS-Universität" (1937) mehrmals Vorträge Publikation „Über die Natur der Genmutation in der Aula der Alma mater Jenensis halten und der Genstruktur" (Treffertheorie) vor. Mit konnte (HOSSFELD 1997: 10-11)? So hatte dieser Arbeit „wurde mit einem Schlag klar, TlMOFEEFF am 23. April 1942 zum Thema daß Gene Moleküle waren" (FISCHER 1993: „Genetik und Evolutionsforschung"57a refe- 14). Durch Zufall gelangte ein Sonderdruck riert und am 11. Mai 1944 „Über Indetermi- dieser Arbeit in die Hände des aus Österreich niertheit und Verstärkererscheinungen bei stammenden Physikers und Nobelpreisträgers biologischen Vorgängen, besonders in der von 1933 Erwin SCHRÖDINGER (1887-1961), Phylogenese" (vgl. dazu HESSE 1944) gespro- der seit 1939 in Dublin lebte. SCHRÖDINGER chen. ließ sich durch den Inhalt der Abhandlung zu einer Vorlesungsreihe inspirieren, die 1944 Anhand der Archivalien zur Gesellschaft unter dem Titel „What is life?" als Buch konnte nicht geklärt werden, auf wen diese erschien.54 Einladungen zurückgehen. Vermutlich war es aber HEBERER, der versuchte, zahlreiche kom- TlMOFEEFF begründete im Deutschland der petente Wissenschaftler, die über evolutions- 30er und 40er Jahre eine Populationsgenetik, biologische Fragestellungen arbeiteten und im die auf empirisch gewonnenen Meßdaten aus Sammelwerk über „Die Evolution der Orga- Freilandversuchen und dem Laboratorium nismen" (1943) z. T. als Autoren mitgewirkt beruhte, er beschäftigte sich zudem mit der hatten, in Jena als Referenten zu gewinnen (so Rolle der Evolutionsfaktoren, analysierte die beispielsweise W. LUDWIG, R. MERTENS, H. Rolle rezessiver Mutationen und diskutierte BAUER, K. LORENZ, A. REMANE U. a.).57b Aus mit Fachkollegen aus den unterschiedlichsten dem unmittelbaren Kreis der Mitbegründer

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der Modernen Synthese im deutschen ein biophysikalisches Labor auf und leitete Sprachraum ist RENSCH als weiterer Referent zahlreiche Sommerkurse (1956-1963) an der zu finden. Er trug am 11. Man 1943 über „Die nahe gelegenen Versuchsstation Miassowo- paläontologischen Evolutionsregeln in zoolo- See. Im Jahre 1964 zog er schließlich wieder gischer Betrachtung" vor.5S Interessant ist in in die Nähe von Moskau. Im 100 Kilometer diesem Zusammenhang ebenso ein Brief des von Moskau entfernten Obninsk gründete Zoologen Victor FRANZ (1883-1950), der sich TlMOFEEFF dann am Institut für Radiologie am 29. Juli 1940 massiv gegen eine Einladung eine Abteilung für Genetik und Strahlenbio- von TlMOFEEFF aussprach: „Er [TlMOFEEFF] logie. Die LYSSENKO-Ära bereitete TlMOFEEFF kam vor wenigen Jahren als politischer bis 1968 aber enorme wissenschaftliche Flüchtling aus Russland nach Berlin und ist Schwierigkeiten, da der Agrarbiologe Trofim als solcher uns durchaus genehm. Auch ist sei- D. LYSSENKO (1898-1976) und seine Gefolgs- ne Arbeits- und Vortragsweise ganz fein, leute u. a. die Meinung vertraten, daß Gene scharfsinnig und einwandfrei, ungeachtet daß keine Moleküle seien (vgl. dazu die Gegenpo- sie in den Ergebnissen ganz nahe mit KÜHN sition von TlMOFEEFF et al. 1935).61 TlMOFEEFF übereinkommt (also für unsere Jenaer Med.- verstarb am 28. März 1981 in Obninsk. Natw. Gesellschaft nicht sehr neu ist) und Im Zeitraum von 1939 bis 1943 publizier- auch ihre Grenzen der Auswertbarkeit der te TlMOFEEFF vier umfangreiche Artikel zum Laboratoriumsbefunde hat. Im Verkehr mit Themenkomplex „Genetik und Evolutions- Kollegen nimmt er jedoch leicht eine recht- biologie", die aus meiner Sicht maßgebend für haberische und überhebliche Haltung ein, in eine Etablierung der Modernen Synthese im welcher er, wie ich es selbst miterlebt habe, deutschen Sprachraum waren. Es handelt sich geradezu verletzend wirkt... und man ihn nur um die Publikationen: 1. „Genetik und Evolu- aus Höflichkeit gewähren läßt. Bei den sehr tion" (1939a); 2. „Genetik und Evolutionsfor- [guten] Empfehlungen, die die Berlin-Dahle- schung" (1939b); 3. „Mutation and geogra- mer Herren und ihr Kreis schon beieinander phical variation" (1940) und 4- „Genetik und haben, könnte ich es nicht für sehr geeignet Evolutionsforschung bei Tieren" (1943). halten, daß wir Deutschen diesem Gast unse- MAYR ergänzt zu dieser Thematik: „Es war res Landes weitere Stärkung gegenüber den TlMOFEEFFS Vorarbeit die die Annahme von eigentlichen deutschen Volksgenossen geben. DOBZHANSKY's Buch möglich machte. [Man Heil HITLER!"59 Wie die späteren Einladungen kann berechtigt davon sprechen, daß] (1942, 1944) aber beweisen, schlug diese TlMOFEEFF der deutsche „DOBZHANSKY" war Denunziation von FRANZ fehl, denn selbst und dass er es war, der den Ton der deutschen ASTEL befürwortete überraschend die Einla- Synthese angegeben hat." MAYR ergänzt: dung kompetenter Referenten in einem „Sicher hatte TlMOFEEFF in Deutschland einen Rundschreiben vom 20. Januar 1941 -60 größeren Einfluß als DOBZHANSKY. Er war es TlMOFEEFF wurde nach dem Zweiten Welt- der RENSCH zum Darwinisten gemacht hat krieg angeklagt, mit den Nationalsozialisten (bzw. vom Lamarekismus bekehrt hat) und der kollaboriert zu haben. Daraufhin internierte auch viele andere durch persönliche Diskus- 62 man ihn in einem Arbeitslager in Sibirien, sionen durchgreifend beeinflußte." GRANIN hingegen schrieb zu TlMOFEEFFS Einfluß auf entließ ihn aber nach zwei Jahren Haft und die Evolutionsbiologie im 20. Jahrhundert brachte TlMOFEEFF 1947 in ein geheimes (1988: 174-5): „Er [TlMOFEEFF] arbeitete an militärisches Forschungszentrum (bei Swerd- einer synthetischen Evolutionstheorie. Eine lowsk) im Ural, wo er ein Laboratorium für Mikroevolutianslehre nahm Gestalt an. Sie Strahlenbiologie aufbauen sollte. Hier ent- ging von der Population aus, gründete sich auf wickelte er im folgenden Jahrzehnt das neue elementares Evolutionsmaterial, nämlich Forschungsgebiet der Strahlungs-Biogeozöno- Mutationen, und einfache, bekannte Fakto- logie (PAUL & KRIMBAS 1992: 92). Im Jahre ren wie Populationswellen, Isolierung und 1955, zwei Jahre nach dem Tod von Josif W. Auslese." TlMOFEEFF selbst bemerkte anläßlich STALIN (1879-1953), wurde TlMOFEEFF amne- der Verleihung der ÜARWIN-Plakette durch stiert. Er zog nach Swerdlowsk und baute an die Deutsche Akademie der Naturforscher der dortigen Akademie der Wissenschaften

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Leopoldina (Halle) im Jahre 1959 rück- Buch „Vererbung erworbener Eigenschaften blickend: „Ich glaube, daß wir alle iu einem und Auslese" im Gustav Fischer Verlag Jena, Strom der modernen Forschung gehören, dem welches die erste umfassende Kritik des Lam- die reizvolle Aufgabe zufiel, die klassische arekismus in Deutschland in dieser Form dar- Evolutionsforschung zu beleben, zu moderni- stellte. Bereits im Vorwort beschrieb der sieren und zu neuer Blüte zu erheben ... Es Autor die Schwierigkeit des zu behandelnden freut mich ungeheuer, Teilnehmer an dieser Problems: „Die Hauptarbeit bei der Erfassung Arbeit zu sein" (ElCHLER 1987: 347). der Probleme einer .Vererbung erworbener Hans NACHTSHEIM (1890-1979) sah sogar Eigenschaften' ist also methodischer Natur. in TIMOFEEFF-RESSOVSKY und DOBZHANSKY die Wir müssen die geistigen Voraussetzungen zu bedeutendsten Genetiker der Gegenwart: unseren Fragen finden und verstehen. - So „zwei Russen, die beide in der Emigration groß erklärt sich das Fehlen eines neueren Werkes geworden sind" (KRÖNER 1998: 213). über die .Vererbung erworbener Eigenschaf- ten' aus der Größe und Schwierigkeit dieser Aufgabe" (S. 6). ZIM- MERMANNS Ziel (S. VII) war es deshalb, Vererbung Bedeutende Publikationen mit diesem Buch die Fragestellung und erworbener Eigenschaften" Nachdem ich unter Punkt 5 die Protago- methodischen Voraus- nisten in kurzen Biographien eingeführt habe, setzungen dieser The- sollen nun einige, in deutscher Sprache und Auslese matik zu klären, die erschienene, wissenschaftliche Hauptwerke Kenntnisse zu sichten und Zeitschriftenartikel vorgestellt werden, in und letztlich einen denen Gedankengut der Modernen Synthese aktuellen Überblick innerhalb des Gründungszeitraums von 1930 Dr. Walter Zimmermann über das Tatsachenma- ao. Profenor der Universität Tübingen bis 1947 zu finden war. terial zu geben sowie die Grenzen des Wis- 6.1 sens aufzuzeigen: „Es Mit SO Abbildungen in Text Vererbung erworbener Eigenschaften gibt wenige Fragen und und Auslese (1938) Fragenkomplexe, die so Der Botaniker ZIMMERMANN hatte als tief eingreifen in die Teilnehmer und Diskutand an den Tagungen verschiedensten von Tübingen (1929) und Würzburg (1938) Gebiete biologischer teilgenommen und so die spezifischen Proble- Wissenschaften, aber me bei der Klärung der Fragen über den auch brennende Tages- Ablauf der Evolution in Deutschland kennen- fragen und weitrei- gelernt. Zudem hatte auch er während der chende Geistesproble- Jena Tübinger Diskussion einen eher diplomati- Verlag von Gustav Fischer me, wie die Frage einer 1938 schen Standpunkt in der Debatte des Verhält- , Vererbung erworbener nisses von Lamarekismus und Darwinismus Eigenschaften' (S. 5). Abb. 11: vertreten und damit ebenso zum Mißlingen Titelblatt „Vererbung erworbener Das Buch war dem Genetiker Erwin BAUR dieser Tagung (i. S. einer Konsensfindung) Eigenschaften und Auslese" (1938). (1875-1933)M gewidmet, bestand aus drei Tei- beigetragen. Auch noch ein Jahr später, in sei- len und hatte den Umfang von 347 Seiten. Im nem 1930 erschienenen Buch über „Die Phy- ersten Teil, der Einführung, gab ZIMMERMANN logenie der Pflanzen", wendete sich ZIMMER- einen historischen (S. 3-19) und methodolo- MANN zwar gegen die „irrationalen Geistes- gischen Überblick (S. 19-39) zum Gesamtthe- strömungen" (S. 6) wie die Idealistische Mor- ma. Im zweiten und umfangreichsten Teil (S. phologie63 bzw. den Saltationismus, diskutier- 40-286) diskutierte er dann die aus seiner te aber wiederum das Verhältnis von Darwi- Sicht wichtigen vier Hauptfragen der „Verer- nismus und Lamarekismus mit großer Zurück- bung erworbener Eigenschaften": „1. die Frage haltung (S. 400). Fast zeitgleich zur Würzbur- der „Vererbung erworbener Eigenschaften" ger-Tagung erschien dann ZIMMERMANNS

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ohne Rücksicht auf Ursache und Anpassung; voraussetzungen zur Etablierung der Moder- 2. die Frage der „Vererbung erworbener Eigen- nen Synthese in Deutschland. Sie war femer schaften" mit Berücksichtigung der Ursachen- die erste umfassende Kritik dieser Art (nach frage, aber ohne Rücksicht auf die Frage der TlETZE 1911) aus unserem Sprachraum und Anpassung; 3. die Frage der „Vererbung veranlaßte sicherlich auch HEBERER nach erworbener Eigenschaften" mit Berücksichti- deren Lektüre, ZIMMERMANN in dem von ihm gung der Anpassungsfrage, aber ohne Rück- herausgegebenen und konzipierten Sammel- sicht auf die Frage der Ursache, und 4. die Fra- band über „Die Evolution der Organismen" ge der „Vererbung erworbener Eigenschaften" (1943) einen Beitrag zum Thema „Die mit Berücksichtigung der Ursachenfrage und Methoden der Phylogenetik" (S. 20-46) der Anpassungsfrage" (S. 38). Der dritte Teil schreiben zu lassen.66 Mit dem Buch (1938) (S. 287-303) sollte schließ- und dem Artikel (1943) legte ZIMMERMANN lich die praktischen Schluß- seinerseits die Grundlagen einer Modernen Die genetischen Grundlagen folgerungen für den Men- Synthese aus der Sicht des Botanikers, zumal der Artbildung schen aus der Sicht von ZIM- er sich mit diesen Beiträgen auch von Schrif- MERMANN beinhalten. Hier ten gleichen Inhaltes abgesetzt hatte.67 Er wich er in seiner Argumenta- kann deshalb mit Recht als einer der frühen tion von der in den vorange- „Gründungsväter" der Synthese in Deutsch- Von gangenen zwei Buchab- land angesehen werden. In späteren Veröf- Theodosius Dobzhansky schnitten vorgegebenen fentlichungen über das Thema der Evolution PTOfmor *r Genetik an CiDfoento tottJtsU «f Teetaototr Linie ab, denn im dritten baute ZIMMERMANN kontinuierlich diese Teil politisierte-polemisierte Ansätze von 1938 weiter aus.

Nach der englischen Ausgabe ins Deutsche übertragen ZIMMERMANN seine For- von Dr. Witta Leiche, Berlin schungsergebnisse und gab 6.2 eugenische Empfehlungen Die genetischen Grundlagen der

Mil 22 Abbildungen im Teil für die Erhaltung des Erbgut- Artbildung (1939) es beim Menschen. Er berief Unter Punkt 1 habe ich bereits erwähnt, sich bei diesen rassenhygie- daß das Buch „Genetics and the origin of spe- nischen Äußerungen am cies" von DOBZHANSKY (1937) bereits nach Ende der 30er Jahre sogar auf zwei Jahren in deutscher Übersetzung mit dem HITLERS Buch „Mein Titel „Die genetischen Grundlagen der Art- Kampf, indem er daraus bildung" (1939) vorlag. Das Original bzw. die zitierte: „Nur wer gesund ist, Übersetzung spielten bei der Etablierung der darf Kinder zeugen. Es ist Modernen Synthese im deutschen verwerflich, gesunde Kinder Sprachraum eine entscheidende Rolle.68 Ana- Verlag von Gustav Fischer in Jena der Nation vorzuenthalten. lysen und Befragungen von Zeitzeugen haben 1939 ... Hier wurzelt nicht nur die gezeigt, daß viele naturwissenschaftlich Inter- Abb. 12: Erkenntnis, hier wurzelt die essierte das Buch von 1939 kannten, kauften, Titelblatt „Die genetischen Grundla- Tat" (S. 300)« 69 gen der Artbildung" (1939). gelesen und rezipiert haben. Der eingangs Als Resümee kann festgestellt werden, erwähnte Zoologe HARTMANN schrieb im daß das Buch von ZIMMERMANN einen Geleitwort zur deutschen Ausgabe: „DOBZ- gelungenen Versuch darstellt, die antidarwi- HANSKY hat 1937 in seinem Buch ... zum nistische Theorie des Lamarekismus wissen- erstenmal eine derartige moderne zusammen- schaftlich zu widerlegen: „Im übrigen bin fassende Darstellung des Evolutionsproblems auch ich [LENZ] der Ansicht, daß aller Lam- vom Standpunkte des Genetikers aus gegeben arekismus im Sinne einer Vererbung tndiviii- ... Möge die vorliegende demsche Überset- ell erworbener Eigenschaften im Grunde auf zung daiu beitragen, die Bedeutung der Gene- Vitalismus hinausläuft. ... Das Buch kann zur tik für das Evolutionsproblem den breitesten Orientierung über die allgemeinen Fragen der Biologenkreisen näherzubringen" (1939: 3-4). Abstammungslehre empfohlen werden" (LENZ Der Ornithologe (1889- 1939: 66). ZIMMERMANN schuf mit dieser 1972) betonte statt dessen, daß DoBZHANStCYS Abhandlung eine der entscheidenden Grund- Darlegungen „allen lamarckistischen Vorstel-

204 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at lungen bei den ornithologischen Systemati- 6.3 kern ein sofortiges Ende" [bereiteten], „und Die Evolution der Organismen (1943)71 die Ornithologen ... es von nun an [waren], Ich habe an anderer Stelle schon darauf die die neue Evolutionsforschung am wirksam- hingewiesen, daß drei Jahre nach dem Mehr- sten unterstützten" (1951: 281). autoren-Buch von HUXLEY „The new systema- Das Echo auf die Originalausgabe (1937) tics" (1940) auch in Deutschland - mitten im und Übersetzung (1939) war in Deutschland Zweiten Weltkrieg - ein durchweg positiv, wie alle von mir in deutsch- ähnliches Buch erschien, das sprachigen Fachzeitschriften und Buchzitatio- in seiner Bedeutung dem Die Evolution nen gefundenen Rezensionen bzw. Meinungs- Werk von HUXLEY gleich- äußerungen beweisen. Die meisten Rezens- berechtigt gegenübersteht. der Organismen enten erkannten dabei unabhängig voneinan- Es handelt sich um das von Ergebnisse und Probleme der Abstammungslehre der den historischen Stellenwert der Abhand- HEBERER herausgegebene lung. Der Genetiker und Zoologe Hans BAUER Sammelwerk über „Die Evo- Bearbeitet von lution der Organismen", das M. BAUER-Berlin, H. DiNOLER-München. V. FüANZ-Jena, W. GIESELER- (1904-1988) schrieb die Rezensionen für die Tübingen, O. HEBERER-Jena, W. HERRE-Halic, C v. KROOH-München, Zeitschrift „Die Naturwissenschaften", die an ebenso als wesentlicher K. LoRENZ-Königsberg, W. LUDWIO-Halle, K. MÄODEFRAU-Straßburg, O. RECHE-Leipzig, B. RENSCH-Münstcr, L RÜOER-Jena, F. SCHWANITZ- dieser Stelle stellvertretend erwähnt seien. Beitrag zur Begründung der Müncheberg-Rosenhof.N.W.TlMOFEEFF-RESSOvSKV-BeriinJ.WEiQELT- BAUER bemerkte zur Originalausgabe: „Das in Modernen Synthese in Malle, M. WEiNERT-KieJ, W. ZiMMERMANN-Tübingen, VC. ZÜNDORF-Jcna Sprache und Beweisführung gleicherweise Deutschland gewertet wer- 72 Herausgegeben von anziehende Buch eines Meisters der Genetik, den kann. GERHARD HEBERER der zugleich gründlicher Kenner der übrigen Zur Entstehungsge- biologischen Fachgebiete ist, stellt jedenfalls schichte bemerkte HEBERER einen sehr gelungenen Versuch dar, die schon 1951 in der von ihm vorge- Mit 323 Abbildungen im Text schematisch gewordene Form der Abstam- nommenen deutschen Über- mungsbücher von der lebendigen Wissen- setzung zu SIMPSONS Buch schaft her zu erklären" (1938: 368). Zwei Jah- „Tempo and mode in evolu- re später ergänzte er nach dem Erscheinen der tion"» (1944): „Damals, deutschen Fassung: „Das Buch gehört über den mitten im Kriege, blieben engeren Fachkreis hinaus in die Hand jedes uns diese Publikationen [aus modern eingestellten Biologen; es verpflichtet Amerika und England] Jena besonders die Anhänger lamarckistischer unbekannt. Daß unabhängig Verlag von Gustav Fischer Gedankengänge zu einer Überprüfung ihrer von ihnen in Deutschland 1943 sachlichen Einstellung" (1940: 208). Trotz ein ähnliches synthetisches Werk entstand, Abb. 13: allen Lobes bemängelte BAUER, daß sich der beweist, daß auch hier das Streben nach einer Titelblatt „Die Evolution der Organis- men" (1943). inhaltliche Rahmen des Buches zum größten „synthetischen Theorie der Evolution" Teil aber nur auf der Ebene der Mikroevoluti- bestand und die Möglichkeit zu einer solchen on bewegte und Fragen nach den Ursachen Synthese erkannt worden war" (S. 4). Nach und Abläufen der Makroevolution ausgespart HEBERERS Meinung hatte sich Ende der 30er 70 bzw. nur am Rande diskutiert wurden. Jahre die Abstammungslehre in Deutschland in einer merkwürdigen Situation befunden. Im Kontext mit dem Buch von ZIMMER- Die experimentelle Genetik bemühte sich MANN (1938) war den deutschsprachigen einerseits, die Grundlagen für ein kausales Naturwissenschaftlern damit ein Grundgerüst Verstehen der Phylogenese zu erarbeiten, vorgegeben, auf das man aufbauen konnte: während die Paläontologie andererseits in „Das ZlMMERMANNsche Buch zeigt uns ein- unerwarteter Fülle „die historischen Archiva- dringlich, wie weit eine naturwissenschaftli- lien der Stammesgeschichte" (1943: 4) ver- che Phylogenetik heute vorgedrungen ist. Im mehrte. Dieses Material galt es nun, auf einen Verein mit dem Buche DOBZHANSKY's gibt es gemeinsamen Nenner gebracht und trotz welt- einen vollständigen Umriß der Phylogenetik anschaulicher Probleme74, in den überhaupt" (HEBERER 1939: 43). Gesamtablauf der Phylogenese zu integrieren: „Bei einer solchen Sachlage gewann der Her- ausgeber immer dringender die Überzeugung

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Anglo-amerikanischer Deutscher Sowjetrussischer Sprachraum Sprachraum Sprachraum

Hauptwerke Genetics and the Origin of Species (1937) Vererbung erworbener Eigenschaften Die materiellen Grundlagen der Verer- und Auslese (1938) bung (1924)

The New Systematic (1940) Die genetischen Grundlagen der Über verschiedene Aspekte des Evolu- Artbildung (1939) tionsprozesses vom Standpunkt moder- ner Genetik (1926)

Evolution. The Modern Synthesis (1942) Die Evolution der Organismen (1943) Morphologische Gesetzmäßigkeiten der Evolution (1931)

Systematic* and the Origin of Species Neuere Probleme der Abstammungsleh- Wege und Gesetzmäßigkeiten des Evolu- (1942) re. Die transspezifische Evolution (1947) tionsprozesses (1939)

Tempo and Mode in Evolution (1944) Die Evolutionsfaktoren (1946) Variation and Evolution in Plants (1950) Probleme des Darwinismus (1946)

Protagonisten Theodosius DOBZHANSKY (1900-1975) Bernhard RENSCH (1900-1990) Aleksej N. SEWERTZOFF (1866-1936) Ernst MAYR (geb. 1904) Gerhard HEBERER (1901-1973) Nikolaj K. KOLZOW (1872-1940)

Julian HUXLEY (1887-1975) Walter ZIMMERMANN (1892-1980 Nikolaj I.VAVILOV (1887-1943)

George GAYLORD SIMPSON (1902-1984) Nikolaj W. TIMOFEEFF-RESSOVSKY (1900-1981) Ivan I. SCHMALHAUSEN (1884-1963)

George LEDYARD STEBBINS (geb. 1906) Sergej S. TSCHETWERIKOW (1880-1959) u. a. u. a. u. a.

Tab. 2: von der Notwendigkeit einer klaren und ein- Abstammung des Menschen, Die Phylogenie Die Internationalität der Modernen deutigen Stellungnahme der hier allein kom- der Hominiden.7* Insgesamt beteiligten sich Synthese - Protagonisten und Haupt- werke (eine Auswahl). petenten arbeitenden Fachforschung zu den 19 Wissenschaftler als Autoren, so u. a. der Ergebnissen und zu der Gesamtproblematik Philosoph Hugo DINGLER (1881-1954), die der Abstammungslehre. Dazu kam, daß über- bereits mehrfach schon erwähnten ZIMMER- haupt seit langer Zeit im deutschen Schrift- MANN, RENSCH, LUDWIG, TIMOFEEFF-RESSOVS- tum eine zusammenfassende Darstellung der KY sowie der Zoologe Wolf HERRE (1909- modernen Phylogenetik fehlte. Ein Einzelner 1997) und der Ethologe Konrad LORENZ allerdings konnte ein solches Buch nicht (1903-1989), der Anthropologe Hans WEI- mehr schreiben!" (Ebenda).7S Jeder Aufsatz NERT (1887-1967) bzw. die Paläontologen des Sammelwerkes war ein in sich abgeschlos- Ludwig RUGER (1896-1955) und Johannes senes Kapitel, während alle Aufsätze, anein- WEIGELT (1890-1948). Die Aufzählung zeigt, andergereiht, eine „folgerichtige Kette" erga- daß es sich bei den entsprechenden Mitarbei- ben, die sich wiederum als harmonisches und tern der Erstauflage um die fachkompetente- transdisziplinäres Gefüge der „Vereinigung der sten deutschsprachigen Vertreter der einzel- Ergehnisse des Theoretikers und Praktikers, nen Wissenschaftszweige jener Zeit handelte, des Geophysikers, Paläontologen, Zoologen, ausgenommen die Gegner der Modernen Syn- Botanikers, Genetikers, Anthropologen, Psy- these wie z. B. die Paläontologen ScHINDE- chologen und Philosophen" (Ebenda: 5) prä- WOLF und BELRLEN. Bei dieser großen Anzahl von Mitarbeitern war es für den Herausgeber sentiertet Im Zeitraum von dreißig Jahren schwer, neben einer Einheitlichkeit auch eine (1943-1974) erschienen drei Auflagen, die gleichwertige Qualität der Einzelpublikatio- sich inhaltlich unterschieden.77 Der dabei von nen und Teilkomplexe zu garantieren. Es wür- HEBERER gewählte theoretisch-methodologi- de an dieser Stelle zu weit rühren, die einzel- sche Zugang, ein Viererschetna zu benutzen, nen Beiträge im Detail zu analysieren.70 war bei allen erschienenen Bänden gleich: I. Komplex: Allgemeine Grundlagen, Grundla- Als Fazit läßt sich festhalten, daß mit den gen und Methoden, Zur allgemeinen Grund- Beiträgen im Sammelwerk zum Teil an beste- legung; II. Komplex: Die Geschichte der hende Erkenntnisse und Theorien aus dem Organismen; III. Komplex: Die Kausalität der angelsächsischen Sprachraum (vgl. Literatur- Stammesgeschichte und IV. Komplex: Die verzeichnisse der einzelnen Beiträge) ange-

206 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at knüpft wurde, andererseits sich aber auch HEBERERS Sammelwerk auch im deutschen eigene Konturen innerhalb der Diskussionen Sprachraum mit wissenschaftlichen Argumen- im deutschsprachigen Raum abzeichneten. ten widerlegt und verworfen wurden.82 Als Besonderheit seien hier die Bemerkungen Zur politischen Dimension des Sammel- über das bestehende Mißverhältnis von Gene- werkes läßt sich an dieser Stelle folgendes tik und Paläontologie bei der Beurteilung des bemerken: Eine nationalsozialistische Politi- Evolutionsprozesses in den 30er Jahren in sierung des Gedankengutes in HEBERERS „Evo- Deutschland, die Debatten um den „Typus- lution der Organismen" (1943) erwies sich aus Begriff" und zum Kausalverhältnis von Mikro- inhaltlichen Gründen als problematisch für oder Makrophylogenie (auch Mikro- und die NS-Wissenschaftsideologen; vergleiche Makroevolution), das Fehlen einer Populati- hierzu stellvertretend die fünf Rezensionen in onsgenetik, die Unterschätzung der histori- den Zeitschriften: a) „Der Biologe" (1944: schen Rolle und Bedeutung der Systematik im 127-131, P. G. HESSE); b) „Nationalsozialisti- Evolutionsprozeß usw. erwähnt. Es wurde mit sche Monatshefte" (1944: 316-318, H. der „Evolution der Organismen" erstmals in BRÜCHER); C) „Volk und Rasse" (1943: 14-16; dieser Form der Versuch unternommen, eine Rezensent H. HOFFMANN),83 d) „Zeitschrift für Synthese des damaligen Wissensstandes in Rassenkunde" (1943, 14. Band: 100-101, Deutschland zu erreichen, einzelne Wissen- Rezensent 1. SCHWIDETZKY) und e) „Archiv schaftsgebiete transdisziplinär zu verknüpfen für Rassen- und Gesellschaftskunde (1943, 37. 84 und die Ergebnisse in einem ausgewogenem Band: 71-73, Rezensent A. HARRASSER). Verhältnis von theoretischer und praktischer Interessant ist auch die Meinung des Haupt- Forschung darzustellen. Die Beiträge und das popularisators der nationalsozialistischen Ras- Sammelwerk (als Ganzes) trugen deshalb zu senlehre Hans F. K. GÜNTHER (1891-1968), einer Modernen Synthese im deutschen auch als „Rasse-GüNTHER" bekannt, zu HEBE- Sprachraum bei, die sich universal und inter- RERS Sammelwerk. In einem Brief vom 17. national präsentierte, denn letzten Endes November 1943 an den damaligen Direktor waren die thematisierten Fragestellungen und des Ernst-Haeckel-Hauses in Jena, den Zoolo- Kontexte keinesfalls nur ein nationales Pro- gen Victor FRANZ, schrieb GÜNTHER: „Das blem. Auch in Deutschland knüpfte man ab sehr reichhaltige Werk, welches HEBERER eben unter dem Titel .Evolution der Organismen' 1937 an das klassische Werk von DOBZHANSKY herausgegeben hat, ist ja schon wieder viel zu an und verwendete es als Grundlage für wei- umfangreich [für die Lehre] und setzt auch tergehende Untersuchungen und Argumenta- eine sehr hohe Stufe der wissenschaftlichen tionen innerhalb der Biowissenschaften.80 Ausbildung beim Leser voraus" (Nachlaß HEBERERS Sammelwerk stellt deshalb einen FRANZ, Bestand O, EHH). Außerdem muß innovativen und originären Beitrag zur ergänzt werden, daß sich einerseits das Gedan- Geschichte der Evolutionsbiologie in kengut der Modernen Synthese zwar völlig Deutschland dar. Einerseits war es sowohl unabhängig von den Strömungen der „Deut- inhaltlich als auch didaktisch-methodisch ori- schen Biologie" (Ernst LEHMANN u. a.), des ginell konzipiert und grenzte sich mit diesem „Holismus" (BöKER, Adolf MEYER-ABICH) spezifischen Profil von bisher erschienenen sowie der „Eugenik und Rassenkunde" (Hans Publikationen innerhalb des deutschsprachi- F. K. GÜNTHER, Fritz LENZ U. a.) während der gen Schrifttums zur Evolutionsbiologie ab. NS-Zeit herausbildete und etablierte, anderer- Andererseits unterschied es sich in seiner seits sich aber auch eine Vielzahl der Autoren Gesamtkonzeption und Strukturierung vom der „Evolution der Organismen" mit der eingangs erwähnten Buch von HUXLEY nur un- nationalsozialistischen Ideologie und Wissen- wesentlich, da beide Werke ja das gleiche schaftsauffassung eng verbunden fühlten, so Grundanliegen verfolgten und sich somit ideal z. B. HEBERER, ZIMMERMANN, Otto RECHE 81 ergänzten. Hervorzuheben ist außerdem, daß (1879-1966), WEINERT, Wilhelm GlESELER die damals zum Teil immer noch populären (1900-1976) und LORENZ, so daß man derzeit nichtdarwinistischen Theorien wie Orthoge- nicht mit absoluter Bestimmtheit sagen kann, nese, Lamarekismus, Idealistische Morpholo- es habe keinen Einfluß nationalsozialistischen gie und Saltationismus durch die Beiträge in

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Gedankengutes auf die Entste- von HUXLEY, MAYR und SIMPSON, deren ein- NEUERE PROBLEME DER hungsbedingungen der Modernen gehendes Studium gerade den deutschen Synthese in Deutschland gege- Fachgenossen besonders angelegentlich emp- ABSTAMMUNGSLEHRE ben.^ fohlen sei, lassen erhoffen, daß sich in abseh- DIE TRANSSPEZIFISCHE EVOLUTION barer Zeit eine verhältnismäßig einheitliche 6.4 Gesamtauffassung der so wichtigen Evolu- Neuere Probleme der Abstam- tionsprobleme ergeben wird" (Ebenda: 375). mungslehre (1947) Mit seinem 393 Seiten umfassenden Buch In den Kriegsjahren war par- versuchte RENSCH anhand umfangreichen PROF. DR. BERNHARD RENSCH MONSTER allel zu HEBERERS Sammelwerk Materials (das zum Teil noch von den Sunda- ein weiteres Buch entstanden, das Inseln stammte), zur Lösung der Fragen über zu den Gründungswerken einer den Evolutionsprozeß beizutragen: „Hauptauf-

Mil 1O3 Abbilds Synthese gerechnet werden muß gabe meiner Untersuchungen war es, alle bei und den Zeitraum der Begrün- transspezifischer Evolution auftretenden Son- dung in unserem Sprachraum derfaktoren und Regeln auf ihre Gültigkeit beschließt. Es handelt sich um das sowie daraufhin zu prüfen, wieweit sie durch mehrfach schon erwähnte Buch bereits erkannte Evolutionsmechanismen von RENSCH über „Neuere Pro- gedeutet werden können ... Zugleich soll aber bleme der Abstammungslehre. auch gezeigt werden, daß derartige Fragen Die transspezifische Evolution", ebenfalls an rezentem Tiermaterial erfolgreich welches erst 1947 im F. Enke Ver- in Angriff genommen werden können" FERDINAND ENKE VERLAG STUTTGART lag (Stuttgart) gedruckt werden (Ebenda: 2). So thematisierte er beispielswei- konnte. Zu den Besonderheiten se die bei intraspezifischer Evolution wirksa- Abb. 14: des Buches bemerkte RENSCH im Vorwort der Titelblatt „Neuere Probleme der men Faktoren (S. 3-14), die in freier Natur ersten Auflage: „Es war mehrfach nicht mög- Abstammungslehre" (1947). auftretenden Typen der Art- und Rassenbil- lich, die notwendige außerdeutsche Literatur dung (S. 14-54), die Regelhaftigkeiten der im Original zu beschaffen, und es mußten Kladogenese - Stammverzweigung (S. 95- einige geplante experimentelle Untersuchun- 282), Probleme der Anagenese - Höherent- gen wegen technischer Schwierigkeiten wicklung (S. 282-316) und im letzten unterbleiben. Die Hoffnung, diese Lücken Abschnitt Fragen der Evolution von Bewußt- nach Kriegsende ergänzen zu können, hat sich seinsbildungen (S. 331-372). Mit diesem bisher nicht erfüllt ... So entschloß ich mich, Buch gelang RENSCH der Nachweis, daß die Arbeit in ihrem vorliegendem Zustande gleichartige gesetzesähnliche Faktoren, wie abzuschließen, zumal ihr Umfang durch die sie für die Artentstehung nachgewiesen wor- Fülle des einschlägigen Schrifttums ohnehin den waren (Isolation, Mutation, natürliche schon beträchtlich geworden ... war" (1947: Auslese), auch auf die Ausprägung höherer 5). RENSCH äußerte 1947 ebenso die Vermu- systematischer Kategorien (Familie, Ordnung, tung, daß eventuell in den angelsächsischen Klasse usw.) angewendet werden konnten Werken von HUXLEY (1942), MAYR (1942) (RENSCH 1979; RAHMANN 1990). Die dabei und SIMPSON (1944), die er nur dem Titel von RENSCH geschaffenen biologischen nach kannte, ähnliche Argumente und Begriffe, wie „intraspezifische" und „transspe- Grundeinstellungen zum Evolutionsablauf zu zifische" Evolution, anstelle der philologisch finden wären. Während der Drucklegung unschönen „griechisch-lateinischen Misch- nach dem Ende des Zweiten Weitkrieges wörter" Mikro- und Makroevolution, haben gelangten diese Bücher dann noch in den Besin von REN5CH, seine Vermutung bestätig- heute noch in der biologischen Terminologie te sich, so daß er im Anhang noch auf deren ihren festen Plan (1947: 1). Das Buch wurde Inhalte vergleichend-kompilierend eingehen noch zweimal aufgelegt (1954, 1972) und konnte (1947: 374-375). Bereits an dieser 1959 auf Empfehlung von DOBZHANSKY sogar Stelle sprach RENSCH im Sinne einer interna- ins Englische übersetzt. Es erschien unter dem tionalen (evolutionsbiologischen) Sichtweise Titel „Evolution above the species level" folgende Hoffnung aus: „Die drei ... Werke (REXSCH 1979: 185).

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6.5 REMANE A. (1941): Die Abstammungslehre im gegen- Auswahl an Zeitschriftenartikeln86 wärtigen Meinungskampf. — Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie 35: 89-122.

HAASE-BESSELL G. (1941): Evolution. — Der Biologe 10, RENSCH B. (1933): Zoologische Systematik und Artbil- Heft 7/8: 233-247. dungsproblem. — Verhandlungen der Deut- Jouos V. (1931): Genetik und Evolutionsproblem. — schen Zoologischen Gesellschaft, 6. Supple- Verhandlungen der Deutschen Zoologischen ment-Band: 19-83. Gesellschaft, 5. Supplementband (Zoologischer RENSCH B. (1939): Typen der Artbildung. — Biological Anzeiger): 252-295, Leipzig. Reviews 14: 180-222.

LUDWIG W. (1938): Beitrag zur Frage nach den Ursa- RENSCH B. (1943): Die paläontologischen Evolutions- chen der Evolution auf theoretischer und expe- regeln in zoologischer Betrachtung. — Biologia rimenteller Basis. — Verhandlungen der Deut- Generaiis 17: 1-55. schen Zoologischen Gesellschaft in Gießen, 11. TIMOFEEFF-RESSOVSKY N.W. (1939a): Genetik und Evolu- Supplementband (Zoologischer Anzeiger): 182- tion (Bericht eines Zoologen). — Zeitschrift für 193, Leipzig. Induktive Abstammungs- und Vererbungslehre LUDWIG W. (1940): Selektion und Stammesentwick- 76: 158-219. lung. — Naturwiss. 28: 689-705. TIMOFEEFF-RESSOVSKY N.W. (1939b): Genetik und Evolu- PÄTAU K. (1939): Die mathematische Analyse der Evo- tionsforschung. — Verhandlungen der Deut- lutionsvorgänge. — Zeitschrift für Induktive schen Zoologischen Gesellschaft, 12. Supple- Abstammungs- und Vererbungslehre 76: 220- mentband (Zoologischer Anzeiger): 157-169, 228. Leipzig.

PÄTAU K. (1944): Das WRiGHTSche Modell der Evoluti- ZIMMERMANN W. (1941): Grundfragen der Stammesge- on. — Naturwiss. 32: 196-202. schichte, erläutert am Beispiel der Küchenschel- le. — Der Biologe 10, Heft 11/12: 404-414. REMANE A. (1939): Der Geltungsbereich der Mutati- onstheorie. — Verhandlungen der Deutschen WETTSTEIN F.V (1942): Botanik, Paläobotanik, Verer- Zoologischen Gesellschaft, Supplementband 12 bungsforschung und Abstammungslehre. — (Zoologischer Anzeiger), S. 206-220. Paläobiologica 7: 154-168.

Positive Einflüsse Negative Einflüsse Sunda-Expedition RENSCH 1927 Stagnation in der Entwicklung der Morpho logie/Anatomie von 1920-1950 DZG-Tagung in Köln (5.-10.6.) 1933 Mißverhältnis zwischen Genetik und Paläon tologie (1910-1940) Würzburger-Tagung (24.-26.9.) 1938 Rolle des Paläontologen Otto Heinrich SCHINDEWOLF (1940-1950) Konsensfindung zwischen den Fachdisziplinen Genetik und Paläontologie zu Beginn der 40er Jahre Tübinger-Tagung (8.-12.9.) 1929 Einbeziehung der Ergebnisse der experi- mentellen Genetik in die Untersuchungen über den Ablauf der Evolution Fehlen einer Populationsgenetik i.e.S. DZG-Tagung in Rostock (30.7.-3.8.) 1939 Antidarwinistische Theorien (Orthogenese, Saltationismus, Lamarekismus, Idealistische Morphologie) DZG-Tagung in Mainz (2.-6.8.) 1949 _»Deutsche Biologie" Theorien wie Holismus, Vitalismus und Phä- nogenetik Tab. 3: I. und II. Weltkrieg mit ihren Folgeerschei- Einflüsse auf die Entwicklung der nungen Modernen Synthese im deutschen Sprachraum (eine Auswahl).

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7. Bis in die Mitte der 40er Jahre beherrsch- Ausblick ten zudem weitgehend antidarwinistische Theorien (Lamarekismus, Saltationismus, In der vorliegenden Darstellung konnte Idealistische Morphologie, Orthogenese) die gezeigt werden, daß parallel (etwa ab 1935) naturwissenschaftlichen Diskussionen in und zum Teil unabhängig (während der Zeit Deutschland. Diese Theorien mußten des Zweiten Weltkrieges) eine Moderne Syn- zunächst von einer Vielzahl von Wissen- these im deutschsprachigen Raum begründet schaftlern überwunden werden, um damit wurde und stattgefunden hat. Es handelt sich eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen daher bei der Modernen Synthese vielmehr für die Etablierung der Modernen Synthese um ein internationales Phänomen und nicht erfüllen zu können. nur um ein spezifisch angelsächsisches, wie Die 1927 von RENSCH durchgeführte Sun- von SMOCOVITIS (1996) behauptet wurde." da-Expedition war auf dem Weg zu einer Der deutsche Sprachraum zeichnete sich in Modernen Synthese im deutschsprachigen Abweichung vom angelsächsischen und Raum ein wichtiger Meilenstein. sowjet-russischen Sprachraum vor, während Als maßgebendes Hindernis bei der frühen und nach der Gründungsphase der Synthese Etablierung der Synthese erwies sich die zwei- aber durch eine Anzahl von spezifischen Cha- malige Isolation des deutschen Sprachraums rakteristika aus, die abschließend als Leitsätze auf Gebieten wie der Politik, Kultur und Wis- genannt seien und den derzeitigen For- senschaft, als Folgeerscheinung der beiden schungsstand dokumentieren (vgl. Übersicht Weltkriege. So bemerkte nach dem Ersten 3 im Anhang): Weltkrieg beispielsweise der Zoologe PLATE: Zwischen 1920 und 1950 kam es in „Damals tobte der Weltkrieg, und machte es Deutschland zwischen Genetikern und Paläon- uns Deutschen unmöglich, die so wichtige tologen zu einer Reihe von wissenschaftlichen amerikanische Drosof>/ii/a-Literatur zu verwer- Diskussionen über den Ablauf der Evolution, ten" (1932a: 4, 1932b). Eine ähnliche Situati- in deren Verlauf (bis etwa zur Würzburger- on war nach 1945 zu beobachten. ASH (1995) Tagung 1938) kein Konsens erzielt werden spricht in diesem Zusammenhang von der konnte. Bereits 1929 hätte aber in Tübingen „Umgestaltung von Ressourcenkonstellatio- eine Annäherung zwischen den Forschungs- nen", die sich u. a. in „konstruierten Konti- traditionen erreicht werden können. nuitäten" äußerten. Die Siegermächte teilten Die Genetik in Deutschland war, im Deutschland in vier Besatzungszonen auf, so Gegensatz zu Amerika, England und Rußland, daß hier bereits (bewußt oder unbewußt) eine in den 20er und 30er Jahren (nach meinen unterschiedliche Entwicklung (auch in der bisherigen Recherchen) mit anderen The- Wissenschaft) vorprogrammiert war. Während menstellungen (u. a. zytoplasmatische Verer- die Amerikaner, Engländer und Franzosen an bung) beschäftigt. Daher fehlten Forschungs- einem schnellen Wiederaufbau in der Westzo- resultate, wie sie zur selben Zeit vergleichs- ne interessiert waren, behinderten die Russen weise im anglo-amerikanischen (MORGAN, diesen in der Ostzone erheblich, so daß „pseu- FISHER, WRIGHT, HALDANE, JOHANNSEN) und dowissenschaftliche" Tendenzen wie der Lys- sowjet-russischen Sprachraum (vgl. MlKU- senkoismus und Mitschurinismus sich in den 89 LINSKIJ 1983) erzielt worden waren. Die Biowissenschaften ausbreiten konnten. Im deutschsprachige Genetik hatte nach der Gegensatz zum angebächsischen Raum war die Wissenschaftsentwicklung in Deutschland Jahrhundertwende ihre führende Position im außerdem zum großen Teil durch Unterbre- Weltmaßstab verloren.53 Dieser Ansicht war chungen wie Krieg, Nachkriegszeit, Inflation auch DOBZHANSKY, als er 1960 bemerkte: usw. gekennzeichnet gewesen. Trotz dieser „Eine genetische Theorie der Evolution wur- Schwierigkeiten und Restriktionen gelang es de, weithin unabhängig voneinander, geschaf- den Wissenschaftlern aber immer relativ fen von CHETVERIKOV (1926) in Rußland, Fis- schnell, an die wissenschaftlichen Leistungen HER (1930) und HALDANE (1932) in England in verschiedenen Bereichen im Weltmaßstab und Sewall WRIGHT (1931) in Amerika" (S. anzuknüpfen.90 34).

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Ein Wendepunkt dieser unter Kapitel 7 geführten Arbeiten ergeben hat ... Trotz ... (Punkt 5) besprochenen Entwicklung war die Lücken zeigt unser Bericht, daß auf vielen Tagung der deutschen Zoologen (vom 2. bis 6. Gebieten der Biologie auch während der August 1949 in Mainz), die durch Wolfgang Kriegszeit neue Probleme in Angriff genom- von BUDDENBROOK (1884-1964) nach dem men und wesentliche Fortschritte erzielt wer- zwanglosen Zoologentreffen in Kiel (1948 bei den konnten. Insbesondere heben sich hier HERRE) organisiert worden war. Hier trafen auch die Verknüpfungen heraus, die sich zwi- sich erstmals nach dem Krieg alle noch leben- schen verschiedenen Teilgebieten der biologi- den deutschsprachigen Zoologen, um ihre schen Forschung, Morphologie und Physiolo- Gedanken auszutauschen und die „Marschrou- gie, Systematik, Ökologie, Entwicklungsphy- te" für die Zukunft festzulegen: „Die Einladung siologie, Genetik ... ergeben haben" (Vor- stieß auf lebhaften Widerhall; eine sehr rege wort, Bd. 52, 1947).« Beteiligung, welche die der Kieler Tagung Sowohl in Amerika als auch in Deutsch- übertraf, war zu verzeichnen" (HERRE 1950: land war das Buch von DOBZHANSKY „Gene- 3).91 Außerdem nutzte man auf dieser Veran- tics and the origin of species" der Beginn einer staltung die Gelegenheit, der Verstorbenen Modernen Synthese. Es wurde 1939 von Wit- und gefallenen Kollegen im Zeitraum von ta LERCHE ins Deutsche übersetzt und erschien 1939 bis 1945 zu gedenken, die mit einer im Jenaer G. Fischer Verlag. Gesamtzahl von 341 beziffert werden müssen (Ebenda: 8-15). Die in Kriegsgefangenschaft Durch den Aufenthalt von TlMOFEEFF und befindlichen Kollegen waren in der Statistik DOBZHANSKY in Deutschland ist ein direkter nicht erfaßt. Diese hohen Verluste an Wissen- Einfluß der „russisch-genetischen (biologi- schaftlern mußten in den nächsten Jahren erst schen) Schule" auf unseren Sprachraum einmal ausgeglichen werden; der angelsächsi- unverkennbar. Um so mehr erscheint es des- sche Sprachraum hatte diese Art von personel- halb angebracht, die Synthese in einem inter- len und strukturellen Problemen (infolge von nationalen Licht zu betrachten, denn in der Kriegen) hingegen nie zu beklagen gehabt. sowjet-russischen Entwicklung der 20er bis 40er Jahre gab es ähnliche Parallelen (wie im Das Datum der wissenschaftlichen Isolati- deutschsprachigen Raum) bei der Begründung on während des Zweiten Weltkrieges ist wis- einer Modernen Synthese. senschaftshistorisch nicht eindeutig zu bele- gen. Während der Paläontologe REIF (Tübin- Die Biologen RENSCH, HEBERER, ZIMMER- gen) den Zeitpunkt 1941/42 setzt92, tendiere MANN und TIMOFEEFF-RESSOVSKY zählen zu ich nach meinen Recherchen und geführten den Mitbegründern, die Bücher „Vererbung Interviews mit Zeitzeugen dazu, bereits das erworbener Eigenschaften und Auslese" Winterhalbjahr 1939/40 als Isolationsbeginn (1938), „Die Evolution der Organismen" anzusehen. Zusätzlich dokumentieren läßt (1943) und „Neuere Probleme der Abstam- sich dieser Fakt anhand der von Erwin BüN- mungslehre. Die transspezifische Evolution" NINC (1906-1990) und Alfred KÜHN (1885- (1947) zu den Meilensteinen einer Synthese 1965) herausgegebenen Schriftenreihe im deutschen Sprachraum. Außerdem ergänz- „Naturforschung und Medizin in Deutschland ten und komplettierten unzählige Artikel in 1939-1946" (z. B. die Bände 52-54), einer für Fachzeitschriften das in diesen Büchern vorge- Deutschland bestimmten Ausgabe der „FIAT zeichnete Bild nachhaltig. Review of German science" bzw. der Bände „Fortschritte der Botanik" (8/1939-11/1944) von Fritz von WETTSTEIN (1863-1931) und 8 der von M. HARTMANN herausgegebenen Rei- Dank he über „Fortschritte der Zoologie (4/1939- 8/1947). So schrieben beispielsweise BüNNING Dieser Aufsatz entstand während eines und KÜHN: „Als die Herausgeber der Bände Post-Doc-Aufenthaltes am Institut für Wis- .Biologie' ihre Aufgabe übernahmen, erwarte- senschaftsgeschichte in Göttingen, der mir ten sie die reiche Ausbeute nicht, welche die durch ein Stipendium der Volkswagen-Stif- Sammlung der in den Jahren 1939-1946 aus- tung gewährt wurde. Meinem Gastgeber, Prof.

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Dr. Nicolaas A. RUPKE, sei an dieser Stelle für seine Gastfreundschaft und die zahlreichen Zusammenfassung fördernden Gespräche, der VW-Stiftung für die finanzielle Unterstützung gedankt. Weiter- Zwischen 1935 und 1947 kam es im hin danke ich den Professoren Olaf BREID- deutschen Sprachraum, ähnlich wie im BACH (Jena), Wolf ENGELS (Tübingen), Wolf anglo-amerikanischen (1937-1947/50) HERRE (t), Eduard 1. KOLCHINSKY (St. Peters- und sowjet-russischen (1930er Jahre), burg), Ernst MAYR (Cambridge, MA), Wolf- innerhalb der Biowissenschaften (insbe- Ernst REIF (Tübingen), Otto KRAUS (Ham- sondere in der Evolutionsbiologie) zur burg) und Dietrich STARCK (Frankfurt) sowie Herausbildung der Modernen (Evolu- Dr. Thomas JUNKER (Tübingen), Dr. Martin tionären) Synthese. In diesem Beitrag wer- BERGER (Münster), Dr. Hermann MANITZ (Jena) und Frau Dr. Erika KRAUßE (Jena) für den die (wissenschafts-)historischen ergänzende Hinweise zu einer früheren Versi- Bedingungen und das Umfeld bei der Her- on des Manuskripts bzw. für ihre Gespräche, ausbildung der Modernen Synthese im Diskussionen und Briefe zum Themengegen- deutschen Sprachraum näher untersucht, stand. die Protagonisten und wichtigsten Publika- tionen vorgestellt und in der Zusammen- fassung der derzeitige Forschungsstand präsentiert.

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ZIEGLER H.E. (1918): Die Vererbungslehre in der Biolo- Anmerkungen gie und in der Soziologie. — G. Fischer Verlag, Jena. 1 Vgl. MAYR (1984, 1995), ENGELS (1995) und JUNKER ZIMMER K.G. (1982): N. W. TIMOFEEFF-RESSOVSKY, 1900- & RICHMOND (1996). 1981. — Mutation Research 106: 191-193. 2 Vgl. HEBERER & SCHWANITZ (1960), JAHN (1982), ZIMMERMANN W. (1930a): Die Phylogenie der Pflan- BOWLER (1983), KOHN (1985), GUCK (1988), PANCAL- zen. — G. Fischer Verlag, Jena. DI (1991), TORT (1992, 1996) und ENGELS (1995).

ZIMMERMANN W. (1930b): Diskussion zu den Beiträgen 3 In diese Periode fällt auch die Aufspaltung der von WEIDENREICH (1930) und FEDERLEY (1930). — Biologie in verschiedene neue Fachdisziplinen Zeitschr. Induktive Abstammungs- und Verer- wie Genetik, Embryologie, Ökologie, Ethologie bungslehre 54: 44. und Zytologie. Die Zeit von Mitte der 30er bis zum Beginn der 70er Jahre stand dann später ZIMMERMANN W. (1938a): Vererbung „erworbener ganz unter dem Zeichen der Synthetisierung Eigenschaften" und Auslese. — G. Fischer Ver- des evolutionsbiologischen Gedankengutes und lag, Jena. kann auch als „Blütezeit" der Modernen Syn- ZIMMERMANN W. (1938b): Die Telomtheorie. — Biolo- these beschrieben werden. ge 7: 385-391. 4 Der Begründungszeitraum der Modernen Syn- ZIMMERMANN W. (1941): Grundfragen der Stammesge- these wird in der Literatur verschieden gefaßt. schichte, erläutert am Beispiel der Küchenschel- Für den angelsächsischen Sprachraum gilt das le. — Biologe 10: 404-414. Jahr 1937 als Beginn (Erscheinungsjahr von DOB- ZIMMERMANN W. (1943): Die Methoden der Phyloge- ZHANSKYS .Genetics and the origin of species") netik. — In: HEBERER G. (Hrsg.): Die Evolution der und als Endphase die Jahre 1947 (Princeton- Organismen, 2. Aufl. — G. Fischer Verlag, Jena. Konferenz vom 2. bis 4. Januar) bzw. 1950 (Erscheinungsjahr von STEBBINS Buch „Variation ZIMMERMANN W. (1948): Grundfragen der Evolution. and evolution in plants"). Die Synthese im — V. Klastermaiui, Frankfurt/Main. deutschsprachigen Raum, d:e Teil dieser Ent- ZCOSRMANN W. (1953): Evolution. Die Geschichte wicklung war, hat die Edcdaten 1937 (identisch Ihrer Probleme und Erkenntnisse. — Verlag K. mit dem angelsächsischen Sprachraum) und Alber, Freiburg, München. 1947 (Erscheinungsjahr von REKSCHS Buch .Neuere Probleme der Abstammungslehre"). ZONDORF W. (1939): Der Lamarekismus in der heuti- Für den sowjet-russischen Sprachraum läßt sich gen Biologie. — Archiv Rassen- und Gesell- der Beginn einer Synthese bereits auf den schafts-Biologie 33: 281-303. Anfang der 30er Jahre zurückdatieren (BUCHARIN ZÜNDORF W. (1940): Phylogenetische oder Idealisti- 1932, MIKUUNSKU 1983, PETERS 1985, KOLCHINSKY sche Morphologie. — Biologe 9: 10-24. 1997).

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5 Bereits 1932 hatte der sowjet-russische Biologe se bei dieser Synthese waren wahrscheinlich die Nikolaj BUCHARIN auf einer dem 50. Todestag Veröffentlichungen von MAYR (1942) und STEB- DARWINS gewidmeten Sitzung den Darwinismus BINS (1950) über Evolutionismus und Systematik, als „Synthetische Theorie der Evolution" von SIMPSON (1944) und RENSCH (1947, 1954) über bezeichnet (KOLCHINSKY 1997: 2). Paläontologie und Morphologie, von SCHMAL- HAUSEN (1949) über Morphologie und Embryolo- 6 Vorschlag von JUNKER auf der Göttinger-Tagung gie, von DARUNGTON (1939) und WHITE (1945) .Evolutionsbiologie von DARWIN bis heute, in über Zytologie und das umfassende Sammel- Anlehnung an die gemeinsamen Forschungen werk von HEBERER (1943, 1959)" (DOBZHANSKY mit REIF und HOSSFELD. 1960: 34).

7 Vgl. MAYR (1995), RUSE (1996) und SMOCOVITIS 12 Eine Hauptursache darin zu sehen, daß Englisch (1996). Siehe ebenso Tab. 2. die Weltsprache ist und man als Wissenschaftler

8 dieser Entwicklung Rechnung tragen müsse, Für den sowjet-russischen Sprachraum haben reicht als wissenschaftshistorische Begründung ADAMS (1970, 1980, 1994), DOBZHANSKY (1980), an dieser Stelle sicherlich nicht aus. Vgl. dazu MIKULINSKI; (1983) und PETERS (1985) einige nochmals KRAUS S HOSSFELD (1998). Arbeiten über den Einfluß der sowjet-russi- schen Biologie auf die Herausbildung der 13 So behauptete SMOCOVITIS: „... the evolutionary Modernen Synthese vorgelegt; ebenso sind die synthesis was primarily an American (to some neueren Publikationen von KOLCHINSKY (1994, extent, an Anglo-American) phenomenon" 1997, 1997a) und GALL (1997) zu erwähnen. Aus (1996: 147, Fußnote 151). Vgl. weiterführend dem französischen Sprachraum wären die von REIF (1997b). TORT herausgegebenen Sammelbände (1992, 14 1996) zu nennen, in denen versucht wurde, die Der Jenaer Zoologe Eduard UHLMANN (1888- Darwinismus-Diskussion internationaler zu 1974) bemerkte bereits 1921 im Vorwort seines gestalten. Buches „Entwicklungsgedanke und Artbegriff": „Wir Biologen können aus der Geschichte der 9 Am Lehrstuhl für Ethik in den Biowissenschaf- Biologie [...] lernen, [...], daß sich die biologi- ten der Universität Tübingen wurde im Dezem- sche Forschung - wie schon DARWIN betont hat - ber 1996 ein Workshop zur Fragestellung: „Gab niemals in einer Theorie oder Methode einsei- es eine 'Moderne Synthese' in Deutschland"? tig festlegen darf." (1923: 2). Alle bisher organisiert, an dem zahlreiche Wissenschaftler gemachten Bemerkungen lassen sich auch aus den verschiedensten Fachgebieten teilge- uneingeschränkt auf den sowjet-russischen nommen haben. Im Ergebnis dieser Tagung ist Sprachraum übertragen. der Sammelband von JUNKER & ENGELS (1998) 15 Vgl. ENGELS (1995), Dl GREGORIO (1984, 1995a, entstanden. Im Dezember 1997 wurde ein wei- 1995b), JAHN (1982) und TORT (1996). terer internationaler Workshop, mit finanziel- ler Unterstützung der VW-Stiftung, zum Thema 16 Nach HEBERER (1974: 396) findet sich die Unter- „Evolutionsbiologie von DARWIN bis heute" am scheidung von Mikro- und Makroevolution Institut für Wissenschaftsgeschichte der Univer- erstmalig bei Juri PHILIPTSCHENKO (1927: 93). ZIM- sität Göttingen veranstaltet, in dessen Verlauf MERMANN plädierte (1943: 28) dann für die Ein- einige Fragestellungen von 1996 aufgegriffen führung der philologisch besseren Begriffe und weiter diskutiert wurden. Es ist ebenfalls „Makro- und Mikrophylogenie", die RENSCH geplant, Ergebnisse dieses Workshops als Sam- dann 1947 durch „infraspezifische Evolution" melband 1999 im Berliner VWB-Verlag zu publi- (Mikroevolution) und „transspezifische Evoluti- zieren. on" (Makroevolution) ersetzte. Vgl. ebenso ZIM- MERMANN (1941). 10 Vgl. JUNKER & ENGELS (1998), HAFFER (1997a,b; 1998), HOSSFELD & JUNKER (1998), HOSSFELD (1997, 17 Der Lamarekismus postuliert, daß stammesge- 1998a-c), JUNKER (1998a), REIF (1997b, 1998). Sie- schichtliche Veränderungen im Evolutionspro- he ergänzend die einzelnen Argumente in den zeß auf das allmähliche Erblichwerden von deutschsprachigen Publikationen von MAYR (ab Modifikationen, die durch Umwelteinflüsse 1942), HEBERER (ab 1939), RENSCH (ab 1929), STRE- bzw. durch Gebrauch oder Nichtgebrauch SEMANN (1951), ZIMMERMANN (1948, 1953), OSCHE zustande kamen, zurückzuführen seien. Die (1972), LüERS et al. (1974), REIF (1983, 1986, Saltationstheorie hingegen behauptet, daß 1993), HOPPE (1985), KÄMPFE (1992), STEITZ (1993), neue Organismentypen durch das plötzliche HENKE & ROTHE (1994), BEURTON (1994, 1995), JUN- Auftreten eines einzelnen neuen Individuums KER (1996a, 1998b), (DEHLER (1996) und WUKETITS entstanden seien (spontaner, sprunghafter (1980, 1984, 1988, 1989, 1992). Übergang), das zum Vorgänger dieser neuen Organismenart wurde. Vgl. stellvertretend 11 Bereits zwanzig Jahre zuvor hatte DOBZHANSKY MAYR (1985) und LÖTHER (1989). bemerkt: „In neuerer Zeit erfolgte eine andere wichtige Entwicklung. Das, was ursprünglich 18 „BÖKERS großes Verdienst liegt darin, daß er auf eine genetische Theorie der Evolution war, wur- breiter Basis das lebende Tier in seiner natürli- de zu einer biologischen Theorie der Evolution chen Umwelt beobachtet und eine Fülle von verbreitert. Zeugnisse aus allen biologischen Beobachtungen zur vergleichenden Funktions- Wissenschaften wurden synthetisiert und morphologie erarbeitet hat. Aber seine Theorie brachten Beiträge zum Verständnis dafür, wie ist axiomatisch und typologisch" (STARCK 1977: die Evolution erfolgt. Die wichtigsten Ereignis- 99; vgl. ebenso 1965: 61-62, und FÜLLER 1955/56).

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19 Vgl. das ausführliche Veto von ZIMMERMANN nach der „Beagle-Reise" (1831-1836) auf seinem (1938) gegen den Lamarekismus. Siehe weiter- englischen Landsitz Down. Vgl. weiterführend führend RENSCH (1929-1983), MAYR & PROVINE DARWIN (1962), CAMERINI (1993, 1996), ENGLAND (1998), HOSSFELD S JUNKER (1998) und HOSSFELD (1997) und OOSTERZEE (1997). (1998a-c). Bereits vor dem Such von ZIMMERMANN 30 Gespräch mit dem Verfasser am 27. Juni 1997 in (1938) hatte Sigfried TIETZE im Jahre 1911 die Tübingen (Institut für Entwicklungsphysiolo- Abhandlung „Das Rätsel der Evolution. Ein Ver- gie). Vgl. weiterführend MERTENS (1928, 1934) such seiner Lösung und zugleich eine Widerle- und MERTENS & MÜLLER (1928). gung des Lamarekismus und der Zweckmäßig- 31 keitslehre" vorgelegt und darin u. a. bemerkt: Die unterstrichenen Orte im Haupttext bezie- „Daß dem früher in den Himmel gehobenen hen sich auf das Jahr 1927/28. Vgl. stellver- Darwin in der jüngsten Zeit der Lorbeerkranz tretend die Publikationen der Nichtteilnehmer: vom Haupte gerissen und LAMARCK gereicht E. AHL: Zur Kenntnis der Leuchtfische der Gat- wird, geschieht zu Unrecht..." (S. 5). tung Myctophum. Zool. Anz. 81, Heft 7/10: 134- 197, 1929; F. KIEFER (Dilsbero): Neue Ruderfuß- 20 Siehe ebenso RENSCH (1976: 228, 1979, 1980). krebse von den Sunda-Inseln. Zool. Anz. 84: 46- 49, 1929; J. Rux (Berlin): Süßwasserdecapoden 21 Z. B. mit SCHINDEWOLF, HENNIG, Edgar DACQUE von den Sunda-Inseln, gesammelt durch die (1935), BEURLEN, Oskar KUHN (1943, 1947) und Sunda-Expedition RENSCH. Sitz. ber. der Ges. HUENE (1941). Naturfor. Fr. zu Berlin, 1. Mai 1929; C. ATTEMS 22 Vgl. BARTHELMESS (1952), MAYR (1984), HARWOOD (Wien): Myriopoden der Kleinen Sunda-Inseln, (1985, 1987, 1993) und SAPP(1983, 1987). gesammelt von der Expedition Dr. RENSCH. Mit- teil, aus dem Zool. Mus. Berlin 16, Heft 1: 117- 23 Vgl. Valentin HAECKER (1911), Ludwig PLATE 184, 1930: A. SCHELLENBERG (Berlin): Amphipoden (1913), Heinrich Ernst ZIEGLER (1918), Erwin BAUR der Sunda-Expeditionen THIENEMANN und RENSCH. (1922), Johannes MEISENHEIMER (1923), Richard Arch. f. Hydrobiologie, Suppl.-Bd. VIII: 493-511, GOLDSCHMIDT (1923) und Alfred KÜHN (1939). 1931; H. UDE (Hannover): Beiträge zur Kenntnis 24 „Lehrbücher sind ein gewisser Gradmesser für der Gattung Pheretina und ihrer geographi- die allgemeinere Verbreitung von Fakten, schen Verbreitung. Arch. f. Naturgesch., Zeitsch. Hypothesen und Theorien." (SENGLAUB 1982: f. wiss. Zool. 1, N. F., Heft 1: 114-190, 1932; £ 570). Siehe dazu Oscar HERTWIG „Allgemeine Bio- SACK (Frankfurt): Syrphiden (Diptera) von den logie" (1923); Max HARTMANN „Allgemeine Bio- Kleinen Sunda-Inseln. Zool. Anz. 100, Heft 9/10: logie" (1927); Carl CLAUS, Karl GROBBEN & Alfred 225-234, 1932; E. REISMOSER (Wien): Arachnoidea KÜHN „Lehrbuch der Zoologie" (1932); Richard der Sunda-Expedition RENSCH. Mitteilg. aus dem WOLTERECK „Grundzüge einer allgemeinen Biolo- Zool. Mus. Berlin 17, Heft 5: 744-752, 1932; C gie" (1932); Walter STEMPELL „Grundriß der Zoo- HEINRICH (Dresden): Farne und Bärlappe der Sun- logie" (1935); Richard HESSE S Franz DOFLEIN da-Expedition RENSCH. Hedwigia 74: 224-256, „Tierbau und Tierleben" (1935) und Paul BUCH- 1934: J. VON MALM (Berlin): Die Phanerogamen- NER „Allgemeine Zoologie" (1938). flora der Kleinen Sunda-Inseln und ihre Bezie- hungen. Dissertation, A. W. Hayns Erben, Pots- 25 Vgl. J. B. S. HALDANE (1932), Thomas H. MORGAN dam 1934. (1932) und DOBZHANSKY (1937). 32 Vgl. RENSCH (1979) und HOSSFELD (1998b); Brief 2^ Siehe weiterführend zu SCHINDEWOLF die Publika- von W. ENGELS an den Verfasser (9. Jänner 1997). tionen von HAASE-BESSELL (1941), BEURTON (1979) 33 Ebenda. und REIF (1993, 1997a, 1998); zur Kontroverse 3 SCHINDEWOLF VS. HEBERER: HOSSFELD (1997). Zu SIMP- " RENSCH wurde am 22. Dezember 1922 bei SON vgl. SIMPSON (1949) und JUNKER (1998C). HAECKER mit einer Promotion zum Thema: „Ursa- chen von Riesen- und Zwergwuchs beim Haus- 27 Vgl. DOBZHANSKY (1960), MAYR (1984), SAPP (1983, huhn" in Halle promoviert. HEBERER folgte zwei 1987) und HARWOOD (1993). Jahre später (20. Dezember 1924) mit der Arbeit 28 Vgl. HOSSFELD (1997) zur Vorbereitung und über „Die Spermatogenese der Copepoden. I. Durchführung der Reise. Die Spermatogenese der Centropagiden nebst Anhang über die Oogenese bei Diaptomus 2 ^ WALLACE hatte auf seinen Reisen von 1854-62 Castor." durch den Indonesischen Archipel eine Grenzli- 35 nie zwischen asiatisch-malaiischer Fauna und Vgl. RENSCH (1980), HAMBURGER (1980), MAYR (1980), HOPPE (1985), HAFFER (1997b), HOSSFELD & der Obergangszone zur australischen von JUNKER (1998) und HOSSFELD (1998a-c). Papua-Neuguinea/Australien sowie zwischen Bali und Lombok, durch d:e Makassar-Straße 3f* Man wollte „dem leidigen Zustand ein Ende und die Celebes-See und zwischen den südli- [bereiten], daß zwei Disziplinen, deren Zusam- chen Philippinen-Inseln und den Molukken menwirken für eine fruchtbare weitere Arbeit gezogen, die heute noch seinen Namen trägt. in den Grundfragen der Biologie dringend Diese Straße von Lombok ist als „WALLACE- nötig wäre, dauernd aneinander vorbeireden." Linie/WAUACESche Linie" in der biologischen Ter- (WEIDENREICH 1930: 19). Die Vorträge wurden im minologie fest verankert. Außerdem war WAL- Anschluß an die Tagung in den entsprechenden LACE während seiner Reisen im Archipel zu den Fachzeitschriften der Gesellschaften abge- gleichen Antworten auf die Frage nach der Ver- druckt; für die Paläontologen war das die schiedenheit der Arten gelangt, wie DARWIN „Paläontologische Zeitschrift" (1929) und für

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die Genetiker die „Zeitschrift für Induktive mosomenbestand". LUDWIGS wissenschaftliches Abstammungs- und Vererbungslehre" (1930). Verdienst war es, in späteren Jahren die Ergeb- nisse aus den Fachgebieten der Genetik, Zoolo- 37 Vgl. FEDERLEY (1929, 1930), WEIDENREICH (1921, gie, Evolutionsbiologie, Mathematik und Physik 1929, 1930), SCHINDEWOLF (1936), RENSCH (1980) auf einen gemeinsamen Nenner gebracht zu und MAYR (1980). haben, so u. a. in seinen Beiträgen von (1939a, 38 Vgl. weiterführend KOHRING (1997). 1939b, 1943, 1953).

39 Siehe ebenso die Bemerkungen von RENSCH 48 Vgl. weiterführend REIF (1993, 1997a, 1998). (1980), MAYR (1984), HARWOOD (1993) und REIF 49 Der RENSCH-Schüler Wolf ENGELS (Tübingen) (1997a, 1998). berichtete am 25. September 1997 in einem 40 Vgl. auch BARTHELMESS (1952). Gespräch dem Verfasser davon, daß die Habili- 41 Vgl. Zeitschrift für Induktive Abstammungs- tation von RENSCH 1935 in Berlin absichtlich von und Vererbungslehre (ZIAV) 76, 1939: BAUER H.: den „Offiziellen" verschleppt worden war und Die Chromosomenmutation (S. 309-322); MEL- RENSCH sich deshalb in Münster habilitieren CHERS G.: Genetik und Evolution [Bericht eines mußte. Trotzdem sei RENSCH dann später in den Botanikers] (S. 229-259); PÄTAU K.: Die mathe- 40er Jahren wöchentlich nach Berlin-Dahlem matische Analyse der Evolutionsvorgänge (S. (KWI) zu Gesprächen mit TIMOFEEFF, HEISENBERG 220-228); REINI. W. F.: Die genetisch-chorologi- und C. F. v. WEIZSÄCKER gefahren. Prinzipiell soll schen Grundlagen der gerichteten geographi- RENSCH den empirischen Daten mehr Glauben schen Variabilität (S. 260-308); TIMOFEEFF-RESSOVS- geschenkt haben als den „theoretischen Befun- KY N. W.: Genetik und Evolution [Bericht eines den". Zoologen], (S. 158-219) und MÜNTZIG A.: Chro- 5° Zur Biographie siehe weiterführend die Akten mosomenabberrationen bei Pflanzen und ihre im MfN Berlin; RENSCH (1960, 1979), ALTEVOGT genetische Wirkung (S. 323-351). (1960), MAYR (1981), DÜCKER (1985), ANT (1990), 42 Vgl. zum Einfluß von TIMOFEEFF auf die deutsch- RAHMANN (1990), GERKEN (1992), THURM (1992), sprachige Evolutionsbiologie: HOSSFELD (1998C). WUKETITS (1992), SCHULZ (1994) und HAGENCORD (1997). 43 Der Vortrag war in fünf Teile gegliedert: I. Ein- 51 Vgl. weiterführend zur Biographie: HOSSFELD leitung (S. 159-161); II. Das Evolutionsmaterial (1997) bzw. die Archivalien im BDC (jetzt Bun- (S. 161-187); III. Evolutionsmechanismus (S. 187- desarchiv Berlin-Lichterfelde), UAJ, UAG, UAT, 206); IV. Methoden der genetisch-evolutionisti- EHH und JE. schen Forschung (5. 206-210); V. Schlußbemer- kungen (S. 210-211). Das Literaturverzeichnis 52 Vgl. weiterführend zur Biographie: Schwäbi- der gedruckten Vortragsfassung umfaßt 255 sches Tagblatt vom 9. Mai 1967, DABER (1982), internationale Publikationen (ZIAV LXXVI, MÄGDEFRAU (1990) und JUNKER (1998a) bzw. die 1939, S. 211-218). Archivalien im UAT 193/4679.

44 In einer Rezension schrieb der Jenaer Botaniker 53 Vgl. weiterführend MAYR & PROVINE (1980), BETH- Werner ZÜNDORF (1911-1943): „Der Vortrag wird GE (1980), EICHLER (1982, 1987), ZIMMER (1982), für Diskussionen über das Evolutionsproblem GRANIN (1988), MÜLLER-HILL (1988), PAUL S KRIMBAS von grundsätzlicher Bedeutung sein, da er in (1992), FISCHER (1993), ADAMS (1994), MOORE konzentriertester Form alle wesentlichsten und (1994), BEYLER (1996), HOSSFELD (1998C) und JUN- neuesten Argumente für eine genetische Theo- KER (1998b). rie der Evolution bietet." (Zeitschrift für Ras- 54 Siehe ergänzend BREIDBACH (1996). senkunde 11: 81, 1943). 55 TIMOFEEFF war zudem in seiner Berliner Zeit 4^ TIMOFEEFFS Biograph GRANIN schrieb zum histori- bemüht, diese aktuellen Forschungsergebnisse schen Stellenwert des Würzburger-Vortrages: der zukünftigen Forschergeneration wert- und „1938 hält er in der Jahresversammlung der ideologiefrei vorzustellen und verfügbar zu genetischen Gesellschaft den sensationellen machen. So findet man 1934 bzw. 1939 (mit Vortrag „Genetik und Evolution vom Stand- Hans BAUER) zwei Artikel in der Zeitschrift „Der punkt des Zoologen"..." (1988: 103-104). Biologe", der Monatsschrift des Reichsbundes für Biologie und des Sachgebietes Biologie des 4*" Fast fünf Jahrzehnte später bemerkte MELCHERS NSLB (Nationalsozialistischer Lehrerbund). zu seinem Vortrag: „Von WETTSTEIN und HART- MANN hatten mich für einen Hauptvortrag 56 UAJ, Best. U, Abt. 10, Nr. 14. Siehe weiter- „Genetik und Evolution, Bericht eines Botani- führend KRAUSE (1993).

kers" vorgesehen, und das im Anschluß an 57a Im Vorab-Essay für eine Zeitungsnotiz bemerk- TIMOFEEFF-RESSOVSKYS „Bericht eines Zoologen"! te TIMOFEEFF U. a.: „Neben der klassischen Evolu- Es war der schlechteste Vortrag, den ich jemals tionsforschung, die die morphologischen gehalten habe. Ich interessierte mich nicht für Hauptphänomene und phylogenetischen Haup- das, was ich zu sagen hatte. Alles prinzipiell tetappen der Makroevolution schon weitge- Wichtige hatte TIMOFEEFF mit seinem umwerfen- hend geklärt hat, kann heutzutage, ausgehend den Temperament gesagt" (1987: 386). von den Erkenntnissen der experimentellen 47 Vgl. hierzu das 1938 beim Stuttgarter Georg Genetik, Überlegungen, Beobachtungen und Thieme Verlag erschienene Buch des Zoologen Versuche zur Feststellung der tatsächlichen W. LUDWIG über „Faktorenkopplung und Fakto- Mechanismen der Mikroevolution durchge- rentausch bei normalem und abberratem Chro- führt werden, wobei unter letzterer die Evolu-

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tionsabläufe innerhalb niederer systematischer in einem speziellen Aufsatz zu diesem Themen- Kategorien und übersehbarer zeitlicher und punkt habe ich versucht, diesen konkreten Bei- räumlicher Verhältnisse verstanden werden." trag von DOBZHANSKY näher zu skizzieren (vgl. (Ebd., Nr. 54). HOSSFELD 1998C). Vgl. ebenso MIKUUNSKU (1983) „Donnerstag 11. Mai [1944]: TIMOF£EFF von der und ADAMS (1994). 69 Bahn abgeholt (in alter Frische!) - bei SKRAMUK Vgl. HOSSFELD S JUNKER (1998); HOSSFELD (1998a, abgeliefert ... Freitag... TIMOFEEFF bei SKRAMUK 1998b). abgeholt. Zu mir - Gespräche über die Lage in 7u „DOBZHANSKY" s Buch 1937 war grossartig, aber der Biologie - er kann als Russe manche Deut- gerade in Bezug auf Art + Artbildung nur viel sche natürlich nicht verstehen" (HEBERER-Auf- zu kurz. Es enthielt nicht einmal ein Kapitel zeichnungen von 1944; Nachlaß). über Speciation. Er machte auch allerlei Fehler, Ebd., Nr. 14, RENSCH an SKRAMUK in einem Brief wie z. B. die Definition der Isolating Mecha- vom 3. März 1943. Zu den besonderen Begleit- nisms." (E. MAYR in einem Brief an den Verfasser umständen seines Kommens bemerkte er: „Ich vom 11. Juni 1997.) bin als Reserve-Offizier nur evorläufigi aus der 71 Wehrmacht entlassen, weil ich mir bei Peters- Bestimmte Passagen dieses Abschnittes sind burg eine Myocarditis zugezogen hatte." (Brief meinem Beitrag im Sammelband von JUNKER & an SKRAMUK vom 15. Februar 1943, Nr. 54). ENGELS (1998) entnommen und für diesen Auf- satz leicht verändert worden. Ebd., Nr. 48. Eine Vielzahl der von FRANZ 72 gemachten Aussagen stimmen nicht, wie mein Vgl. PÄTAU (1948), HEBERER (1951), DOBZHANSKY biographischer Abriß verdeutlicht. (1960), MAYR (1984), HAFFER (1997b), HOSSFELD (1997, 1998a-c), HOSSFELD & JUNKER (1998) und 60 Ebd., Nr. 34. REIF (1997b, 1998).

Zu LYSSENKO vgl. stellvertretend LYSSENKO (1951), Mit dieser Übersetzung wurde das zweite JORAVSKY (1970), REGELMANN (1980), EICHLER (1992), bedeutende Buch (nach DOBZHANSKY) der angel- SOYFER (1994), SIEMENS (1997) und ROSSMANITH & sächsischen Modernen Synthese dem deutsch- RIESS (1997). sprachigen Leserkreis zugänglich gemacht. E. MAYR in einem Brief an den Verfasser vom 11. 74 Vgl. HOSSFELD (1997: 126-128). Juni 1997. Im Vorwort zur zweiten Auflage (1959) ergänz- Siehe stellvertretend die Bemerkungen zur Ide- te HEBERER: „Eine Darstellung des aktuellen Stan- alistischen Morphologie, einem Spezifikum des der Abstammungslehre erschien auch des- innerhalb der geführten evolutiven Auseinan- halb angebracht, weil bei der damaligen Lage dersetzungen im deutschen Sprachraum, bei mit weltanschaulich-politischen Mitteln der Ver- ZÜNDORF (1939, 1940, 1942, 1943), STARCK (1965, such unternommen wurde, dieses zentrale 1980) und NICKEL (1996). Insbesondere ZÜNDORF Gebiet der naturwissenschaftlichen Biologie zu wandte sich „im klassischen Land der idealisti- diskreditieren". schen Morphologie" (STARCK 1965: 61) während seiner Jenaer Jahre (1938-1943) verstärkt in Natürlich durfte eine weltanschauliche Einord- Publikationen gegen diese antidarwinistische nung des Sammelwerkes an dieser Stelle nicht Theorie. fehlen. HEBERER bemerkte im Vorwort (geschrie- ben im Herbst 1942): „Das Werk ist inmitten des 64 „Had he lived longer, according to Stebbins, europäischen Freiheitskampfes geschrieben Baur would have been a major-contributor of worden. Es ist aber nicht nur ein Buch der Hei- the synthetic theory of evolution in plants" mat; denn mehrere Mitarbeiter haben ihre (HARWOOD 1993: 110). Beiträge als Soldaten verfaßt und selbst 65 An anderer Stelle heißt es: „Nur die Auslese des während des Fronteinsatzes die Arbeit nicht Lebenstüchtigen ist auch beim Menschen der vergessen! Es sind dies W. HERRE, C. V. KROGH, W. richtende Faktor, der auf Häufung 'zweckmäßi- LUDWIG, B. RENSCH, W. ZIMMERMANN und W. ZÜN- ger, arterhaltender' Einrichtungen hinwirkt" (S. DORF ... So ist das Buch zugleich auch eine Gabe 294). Vgl. weiterführend zur Ambivalenz der der kämpfenden Front!" (1943c: V). Persönlichkeit von ZIMMERMANN: JUNKER (1998a). 77 Vgl. HOSSFELD (1997, 1998a) und REIF (1998). 66 Beide hatten sich in Tübingen kennengelernt „Es bestand kein Anlaß, den bewährten Plan und hier bereits über phylogenetische Probleme des Werkes grundsätzlich zu ändern." (1959, 2. diskutiert, denn ZIMMERMANN schrieb im Vorwort Aufl., S. 7). (1938: VIII): .Besonders wertvoll war mir die ein- gehende Beratung auf zoologischem Gebiete 79 Hier möchte ich auf meinen Beitrag im Sammel- durch meinen zoo!og3ihen Kollegen Gerhard baitd von £2x3. & EKSLS {19S8) verweisen. HEBERER, der auch mein Buch im Werden gelesen 80 Vgl. die Hinweise in den Beiträgen des Sammet- hat." Die Witwe HEBERERS bestätigte in einem werkes bzw. die Zitation im Literaturverzeichnis Gespräch am 17. Dezember 1997 in Göttingen bei ZIMMERMANN (S. 55), RENSCH (S. 84), ZÜNDORF (S. dem Verfasser diesen Sachverhalt. 103), WEIGELT (S. 180), BAUER et al. (S. 418), SCHWA- 67 Vgl. stellvertretend Eugenio RIGNANO (1907), NITZ (S. 475), LUDWIG (S. 518). HERRE (S. 543), HEBE- Richard SEMON (1912), Eduard STUDY (1920), Paul RER (S. 583) und RECHE (S. 705). Vgl. ergänzend KAMMERER (1925), Ludwig PLATE (1931), Richard die Interviews (mit STARCK und HERRE) im Sam- GOLDSCHMIDT (1931). melband von JUNKER & ENGELS (1998).

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81 Vgl. HOSSFELD (1997: 139, Fußnote 37). gemeines Buch über Evolution geschrieben hat- te, ein sehr ähnliches Gegenstück zu meiner "2 in der Schlußbemerkung seines Beitrages Evolution, the Modern Synthesis. Keiner von .Theorie der additiven Typogenese" (3. Aufla- uns hatte gewußt, was der andere tat doch das ge) formulierte HEBERER: „Die von uns erstmalig Zusammentreffen zeigte uns, daß die Zeit für in der ersten Auflage dieses Werkes dargestell- eine Neubewertung ... reif war" (HUXLEY 1974: te Auffassung des phyletischen Typenproblemes 337). (der transspezifischen Evolution i. S. RENSCHS, 1947) hat also durch die Entwicklung der 88 Vgl. weiterführend HARWOOD (1993). Diese Aus- Paläontologie und der Evolutionsgenetik ihre sage muß ebenso in den nächsten Jahren noch vollständige Bestätigung gefunden. Es scheint durch weitere Untersuchungen belegt werden. daher in der Tat, als ob die experimentelle Phy- 89 Vgl. z. B. SMIRNOW (1948), SCHNEIDER (1950, 1951), logenetik mit der Analyse des aktuellen Evoluti- SCHNEIDER (1952) und MORTON (1954). onsmechanismus die Grundzüge der Kausalität der Evolution überhaupt erfaßt hat" (1974: 90 Vgl. RENSCH (1947), HOSSFELD (1997), HÖXTERMANN 440). (1997), HOSSFELD & JUNKER (1998) und JUNKER & ENGELS (1998). Siehe hierzu auch die Bemerkun- 83 „Es war ein glücklicher Gedanke des Herausge- gen des amerikanischen Nobelpreisträgers für bers ... dieses Werk als eine Gemeinschaftsar- Medizin James D. WATSON (*1928) „Leichte beit erster Fachkenner zu gestalten und so von Schatten über Berlin" in der FAZ, Nr. 165 vom vornherein den Vorwurf auszuschalten, das 19. Juli 1997. Darin heißt es u. a.: „Nach dem Buch sei einseitig" (S. 15). Ende des Krieges wurden die an den Greueln 84 „Ein gleichmäßig abgewogenes Bild der heuti- direkt Beteiligten in Nürnberg verurteilt. Einige gen Abstammungsforschung wird jedoch nicht begingen Selbstmord, einige wurden hingerich- angestrebt und erreicht. Das Werk stellt sich tet. Aber die Gelehrten, deren Hände nicht vielmehr in aller Eindeutigkeit auf den Boden direkt blutig geworden waren und die sagen des Mechanismus und hier, was die Kausalfor- konnten, daß sie nie mehr als wissenschaftliche schung betrifft, auf den des Darwinismus oder Berater waren, besetzten wieder die führenden besser Neodarwinismus (Selektionstheorie). akademischen Positionen in Genetik, Psychiatrie Andere Richtungen kommen nur soweit zu und Anthropologie. Die Deutschen hatten nie Wort, wie sie widerlegt werden sollen" (S. 101). die sittliche Verkommenheit, die im Namen der Die EicKSTEDT-Schülerin fährt fort, daß insbeson- Genetik begangen worden war, nieder- dere W. LUDWIG und G. HEBERER ZU den „Optimi- gekämpft. Ein wirkungsvolles Moratorium die- sten" gehörten, „die glauben, für die Makroe- ser Fächer für zehn oder zwanzig Jahre nach volution keine anderen Mechanismen anneh- dem Krieg wäre besser gewesen. Statt dessen men zu brauchen, als sie für die Mikroevolution befleckte die Fäulnis der Nazi-Genetik das deut- bekannt sind." sche Universitätssystem bis in die späten sechzi- 85 Dieses ambivalente Verhalten einiger Wissen- ger Jahre". schaftler während der NS-Zeit muß in den näch- 91 sten Jahren noch eingehender untersucht wer- Siehe ebenso ANKEL (1957), GEUS S QUERNER den. Vgl. dazu die Beiträge von HOSSFELD und (1990) sowie HOSSFELD (1998a). JUNKER im Göttinger-Sammelband (1999, in Vor- 9^ Entsprechend den Literaturangaben in HEBERER bereitung, Hrsg. R. BRÖMER, U. HOSSFELD & N.A. (1943). RUPKE). 93 Zu den Autoren der Bände gehörten z. B.: G. 85 Aus Platzgründen ist es an dieser Stelle nicht MELCHERS, E. v. HOLST, O. KOEHLER, H. AUTRUM, H. möglich, eine Kommentierung der einzelnen MARQUARDT, F. OEHLKERS, H. BAUER, K. PÄTAU, W. Artikel vorzunehmen. Auch diese Übersichts- ZIMMERMANN und W. TROLL. Andere Bände the- darstellung zeigt, daß sich unter den Autoren matisierten u.a. Themen wie Biophysik (Bände die bereits mehrfach schon erwähnten Biologen 21 und 22; Hrsg. von B. RAJEWSKY und M. SCHÖN) wiederfinden. bzw. Biochemie (Band 39; Hrsg. A. KÜHN). Auch 87 Diese Aussage läßt sich zusätzlich durch ein wei- in ZIMMERMANNS Buch von 1948 finden sich kaum teres Zitat von J. HUXLEY belegen: „... suchte angelsächsische Literaturangaben (zitiert wer- mich [während einer Tagung in Schweden] Pro- den nur die Arbeiten von WRIGHT 1932, OSBORN fessor BERNHARD RENSCH auf, der im Krieg ein all- 1934 und FISHER 1930).

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Anschrift des Verfassers: Dr. Uwe HOSSFELD Ernst-Haeckel-Haus Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik Friedrich-Schiller-Universität Berggasse 7 D-07745 Jena Deutschland

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