Der Fund eines vorgeschichtlichen Randleistenbeiles bei Altenahr Zur Archäologie der Bronzezeit im Kreis

Gabriel Heeren

ie archäologischen Spuren im Kreis - Randleisten- Dweiler haben in den letzten Jahrzehnten beil, Lesefund einen hohen Grad öffentlicher Aufmerksamkeit nördlich von Alten- erlangt. Hier ist besonders die Entdeckung der ahr. Römervilla „Am Silberberg“ in den 1980er- Klinge (l.) und Schäf- Jahren zu nennen. Die wieder aufgenommenen tungsbereich (r.) setzen sich deutlich voneinan- Untersuchungen eines römischen Gutshofs mit der ab. Korrosionsspuren zeugen von einer län- Eisenverhüttungsanlage „An den Maaren“ im geren oberflächennahen Lagerung des Fundes. Ahrweiler Stadtwald dürften auch überregio- nale Bekanntheit erlangt haben. gen, Vettelhoven und Holzweiler, welche der Allerdings sind unsere Kenntnisse über die Ent- späten Jungsteinzeit zugeordnet werden kön- wicklung der vorrömischen Zeitstufen im Kreis nen. Möglicherweise handelt es sich bei den Ahrweiler bislang äußerst gering. Bei diesen Fundstellen (Scheidskopf), Bad Neu- vorgeschichtlichen Epochen sollte besonders enahr-Ahrweiler (Steckenberg) und Ahrweiler die Bronzezeit genannt werden, jene Epoche (Häusschen) um Siedlungsstellen. Hierbei ist in welcher die erstmalige Verwendung von besonders ein Fundort in der gebirgigen Lage Bronze als eine besonders widerstandsfähige des Steckenberges, südlich von Bad Neuenahr- Metalllegierung das Leben der Menschen sig- Ahrweiler, von Interesse. So konnten dort von nifikant verändert hat. Die Bronzezeit folgt auf dem damaligen Heimatforscher Otto Lilienthal die späte Jungsteinzeit und beginnt im Rhein- in den ersten Jahren nach dem Zweiten Welt- land mit der ersten Stufe der frühen Bronzezeit krieg einige wichtige Entdeckungen gemacht um etwa 2200-1900 v. Chr. Abgelöst wird die werden. Neben Steinbeilen, genauer sogenann- Bronzezeit erst durch die sogenannte Eisenzeit ten Rillenbeilen aus grünlichem Granit, wurden um ca. 800 v. Chr. auch zwei gut erhaltene becherförmige Tonge- So bleibt die Frage nach den archäologischen fäße mit Linien- und Kerbverzierung geborgen. Spuren der etwa 1200 Jahre währenden Bron- Diese Funde deuten eine frühbronzezeitliche zezeit im heutigen Kreisgebiet. Die Zahl der Besiedlung auf dem Steckenberg an. Wichtig vorgeschichtlichen Fundstellen ist im Vergleich ist hier die Feststellung, dass Steinwerkzeuge zu denen der römischen Kaiserzeit deutlich vorerst in der frühen Bronzezeit weiter ver- geringer. Umso wichtiger ist daher jede Fund- wendet wurden. nachricht über Neuentdeckungen aus unserer Im Jahr 2016 konnte bei der systematischen Region. archäologischen Geländeprospektion durch Bei einer planmäßigen Fundstellenaufnahme Jürgen Halfmann (Kalenborn) auf einer Hoch- im Kreis Ahrweiler durch Prof. Dr. Otto Klee- fläche nördlich von Altenahr ein annähernd mann () im Jahre 1971 konnten bereits vollständig erhaltenes bronzenes Randleis- einige Überlegungen zur Bronzezeit und der tenbeil geborgen und der Landesarchäologie vorherigen späten Jungsteinzeit formuliert Koblenz zur wissenschaftlichen Untersuchung werden. So sind es hauptsächlich Einzelfunde vorgelegt werden. Die Abmessungen betragen von Steinbeilen aus den Gemarkungen Ben- ungefähr 9,2 cm in der Länge, sowie 4,6 cm und

Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2017 u 185 1,5 cm in Breite und Höhe. Das Gewicht liegt bei etwa 155 g. Deutlich zu erkennen sind die Klinge und der dahinter ansetzende längliche Rekonstruktion der Befesti- Schäftungsbereich. Weiterhin zeigt sich auch gung einer Beilklinge im der charakteristische Mittelsteg ungefähr auf hölzernen Knieholzschaft der Hälfte der Schäftung. Wichtig sind eben- falls die leicht geschwungenen leistenförmigen Erhöhungen, welche den mittleren Schäftungs- Ein wei- teres Randleistenbeil bereich beidseitig umschließen und für den Halt konnte bei den Untersu- des Schäftungsholzes sorgen. Die Ausprägung chungen in der Flur „An den dieser Randleisten führt zu der namengebenden Maaren“ im Ahr- weiler Stadtwald typologischen Bezeichnung. von Prof. Dr. Klee- mann in den 1960er- Anhand der Form und Gusstechnik kann ei- Jahren geborgen werden. Möglicherweise stam- ne Einordnung des vorliegenden Fundes in die men diese beiden Beile von frühen Siedler- Gruppe der parallelseitigen Randleistenbeile gruppen, welche in der gebirgigen Landschaft vom Typ Oldendorf vorgenommen werden. Da- südlich der Ahr aber auch in der fruchtbaren mit ergibt sich ein Datierungszeitraum von etwa Region nordöstlich von Altenahr, der angren- 1800-1500 v. Chr. Weiterhin ist eine Zuordnung zenden heutigen Grafschaft, einige Jahrhunder- in den Bereich der mitteleuropäischen frühen te gelebt haben. Diese Funde belegen, dass auch bis mittleren Bronzezeit möglich. Randleisten- im Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler die beile vom Typ Oldendorf waren im gesamten prähistorische Metallnutzung bereits sehr früh mitteleuropäischen Raum und besonders im Einzug gehalten hat. Rhein-Main-Mündungsgebiet verbreitet. Bislang sind unsere Kenntnisse über die bron- Funde aus den Alpen erlauben eine Rekonstruk- zezeitliche Besiedlung im Kreis Ahrweiler ge- tion der Schäftung dieser Beilform. Allgemein ring. Anhand der beschriebenen Funde kann wird eine Befestigung des Schäftungsbereiches jedoch ein deutlicheres Bild der Menschen und bis etwa zur Mitte des Randleistenbeiles in ei- ihrer Lebensweise vor mehr als 3500 Jahren in nem aufgetrennten Abzeig eines Krummholzes unserer Region gezeichnet werden. angenommen. Zusätzlich konnte mit Lederrie- So bleibt auch für die Zukunft zu hoffen, dass men und der Verklebung durch Harze eine sehr weitere Funde und Beobachtungen unser Wis- gute Stabilität erreicht werden. Eine derartige sen über die Archäologie der Bronzezeit in der Befestigung wird auch als Knieholzschäftung Region des heutigen Kreises Ahrweiler berei- bezeichnet. chern werden. Dieses Werkzeug war ein universelles Arbeits- gerät. Sicherlich hatte es seinen vorwiegenden Literatur: Einsatzzweck im Bereich der Holzbearbeitung - P. Reinecke, Mainzer Aufsätze zur Chronologie der Bronze- und Eisenzeit zur Herstellung vieler Gegenstände für den all- (Bonn 1965). - O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler (Bonn täglichen Gebrauch, aber auch die Verwendung 1971). beim Zerlegen erlegter Tiere wäre denkbar. Als - K. Kibbert, Die Äxte und Beile im mittleren Westdeutschland I. In: Prä- historische Bronzefunde, Abteilung IX, Bd. 10 (München 1980) 139ff, Waffe wurde es nicht verwendet. Tafel 17. Auch wird ein solches Werkzeug nicht von ei- - C.-H. Albrecht, Frühbronzezeitliche Fundstücke im Ahrgaumuseum. In: ner Gruppe durchreisender Jäger und Sammler Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1981, 58ff. - B. Hänsel (Hrsg.), Mensch und Umwelt in der Bronzezeit Europas. Ab- verloren worden sein. Viel wahrscheinlicher ist schlusstagung der Kampagne des Europarates: Die Bronzezeit: das erste eher, dass ein so präzise ausgearbeitetes Beil goldene Zeitalter Europas an der Freien Universität Berlin, 17.-19. März einer sesshaften und kulturell entwickelten 1997 (Kiel 1998). - H.-E. Joachim, Von den Anfängen der Metallverarbeitung bis zur mitt- Personengruppe gehört haben könnte. Oftmals leren Bronzezeit. In: H.-H. Wegner, J. Kunow (Hrsg.) Urgeschichte im handelt es sich bei diesen Beilfunden auch um Rheinland (Köln 2006) 205-210. - H. Löhr, F. Sirocko, Die ältere Bronzezeit – mehr Fragen als Antworten. Importwaren aus Süddeutschland und dem al- In: F. Sirocko (Hrsg.) Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. (Darmstadt pinen Raum. 2012) 124-128.

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