Kiff Aarau We Keep You in the Loop
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JUL/AUG.17 1987 EINSCHLAUFEN Betrifft: Die Prinzessin in der goldenen Kassette Impressum Nº 06.17 DER MUSIKZEITUNG LOOP 20. JAHRGANG Das ganz grosse Ereignis trat dann erst zwei Jahre in «Lethal Weapon»), aalglatte Insiderhändler später ein. Der Mauerfall in Berlin, 9. November (Michael Douglas in «Wall Street») und wun- P.S./LOOP Verlag 1989. Von den Historikern inzwischen aufgear- derschöne junge Frauen (Jennifer Grey in «Dir- Langstrasse 64, 8004 Zürich beitet und mit einer gebrauchsfertigen Chrono- ty Dancing»). In den USA tauchte erstmals die Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 logie versehen, ist noch immer nicht restlos ge- Familie Simpson auf den Fernsehbildschirmen www.loopzeitung.ch klärt, wer genau denn nun den entscheidenden auf, und der Autogigant Chrysler übernahm Hinweis gegeben hat. David Hasselhoff behaup- den Konkurrenten AMC. Letzteres ist insofern Verlag, Layout: Thierry Frochaux tet, sein Gesangsepos «Looking for Freedom» relevant, da AMC mit dem Pacer einen grossar- [email protected] habe die Menschen im Osten mit derart gewalti- tigen Kleinwagen im Angebot hatte, der erst Jah- gem Freiheitsdrang erfüllt, dass der Beton keine re später durch einen Gastauftritt in «Wayne’s Administration, Inserate: Manfred Müller Chance mehr hatte. Oder war es doch Ronald World» die verdiente Würdigung erfahren sollte. [email protected] Reagan, der im Rahmen des bei US-Präsidenten Ansonsten wurde das private Unterhaltungsuni- der Nachkriegszeit besonders beliebten Formats versum von drei Buchstaben dominiert: NES. Redaktion: Philippe Amrein (amp), «Berliner Rede» seinen sowjetischen Amtskol- Die 8-Bit-Spielkonsole aus dem Hause Ninten- Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe legen mit den Worten «Mister Gorbachev, tear do wurde zum Mittelpunkt des Wohnzimmers. down this wall!» zur symbolträchtigen Flurberei- Der geneigte Gamer zog in jenen Jahren mit den Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden nigung aufrief? Knifflige Sache. Klempnerbrüdern Mario und Luigi durch die (ash), Yves Baer, Thomas Bohnet (tb), Gesichert jedoch ist die Tatsache, dass Reagan Kanalisation, liess im nach wie vor unerreich- Jean-Martin Büttner, Dominik Dusek (duk), seinen grossen Auftritt vor dem Brandenburger ten Eishockey-Spiel «Blades of Steel» die Fäuste Marcel Elsener, Eric Facon, Christoph Fellmann, Tor im Juni 1987 hatte. Und damit wären wir auf sprechen oder schlüpfte in die Rolle des uner- Chrigel Fisch (fis), Markus Ganz, Christian der Zeitachse nun genau in jenem Jahr, dessen schrockenen kleinen Link und machte sich auf Gasser, Michael Gasser (mig), Mauro Guarise musikhistorisches Fundament in der vorliegenden die Suche nach der entführten Prinzessin Zelda. (mag), Christa Helbling (hel), David Hesse, Ausgabe abgeklopft werden soll. Ein sonderbares «The Legend of Zelda» – ein Fantasy-Game, das Erich Keller (ek), Hanspeter Künzler (hpk), Jahr, in dem sich Seltsames zugetragen hat. Wir seinen Sonderstatus auch daraus bezog, dass es Tony Lauber (tl), Susanne Loacker, erinnern uns beispielsweise an den milchgesich- in einer goldenen Kassette steckte. Markus Naegele, Philipp Niederberger, tigen Jungpiloten Mathias Rust, der mit seiner In einer Randnotiz erfährt man aber auch, dass Martin Söhnlein (söh), Thomas Speich (tsp), Cessna nach Moskau flog. Eine Meisterleistung, 1987 mit Aretha Franklin erstmals eine Frau in Veit F. Stauffer (veit), Benedetto Vigne die dann allerdings von der späteren Biografie des die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommen Protagonisten arg relativiert wurde. wurde. Ein kleines historisches Detail, das zeigt: Druck: Tagblatt Print, St. Gallen Aber auch sonst war einiges los: Im Kino sah Es ist vorbei. Aber nicht vorüber. Das nächste LOOP erscheint am 25.8.2017 man schiesseiserne Draufgänger (Mel Gibson Guido Gekko Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] ACIDSMILE Premierministerin, die ver- kündet hatte: «There is no such thing as society, just collections of individuals.» Die Szene boomte innert kürzester Zeit. Bereits im Frühsommer 1988 fanden Partys mit über 1000 Be- suchern statt. Nach dem Ende der Londoner Party- nacht «The Trip» tanzten die Clubbers jeweils auf der Charing Cross Road weiter. Als sie einmal ein Polizeiwagen mit einge- schalteter Sirene zu vertrei- ben suchte, hatte das nur noch mehr Euphorie zu- folge: Der Klang erinnerte an das Sirenensample des Todd-Terry-Hits «Can You Party». Die Kids hüpften ums Blaulicht und sangen den Refrain des Stücks: «Can you feel it?» Mit dem Ende des «Se- cond Summer of Love» 1988 begannen die Me- dien, vor der «Love Drug kleinen Jobs über Wasser, begegneten im Club Amnesia Stampede» zu warnen. In Chicago erfand DJ Pierre den dem eklektischen Mix von DJ Alfredo, zum ersten Mal Das Revolverblatt «The House-Musik und der Droge Ecstasy. Beides brachten sie Sun», das Wochen zuvor Acid House, und auf Ibiza entdeckte im Herbst zurück nach England. Dort wartete die harte seinen Lesern noch Smi- Realität: Am 15. Oktober verwüstete ein Hurrikan Sü- ley-T-Shirts für fünf Pfund die englische Jugend im Sommer 1987 dengland, drei Tage später markierte der Börsencrash vom angeboten hatte, forderte: Schwarzen Montag das endgültige Ende des 80er-Booms «Shoot These Evil Acid eine neue Partykultur. und den Beginn einer Rezession. House Barons.» Doch der Ibiza-Kids wie Paul Oakenfold oder Danny Rampling Siegeszug einer Kultur, die, 1982 brachte die japanische Firma Roland die TB-303 wollten jedoch ihre Sommerträume nicht so schnell begra- wie es der Autor Matthew heraus, einen Bass-Synthesizer, der die Bassgitarren von ben. Sie trafen sich in kleinen Zirkeln und organisierten Collin formulierte, «Wahl- Fender konkurrieren sollte. Mangels Nachfrage wurde die Partys. Im Dezember eröffnete Rampling den Club Shoom freiheit an die Stelle von Produktion bereits nach 18 Monaten und 20 000 Geräten in einem ehemaligen Fitnesscenter in London. Bald tauch- Regeln setzte», war nicht wieder eingestellt. Viele der silbernen Kistchen landeten in ten auf seinen Flyern die gelben Smileys auf und wurden mehr aufzuhalten. Acid Secondhand-Läden, wo sich DJ Pierre in Chicago eines für zum Erkennungszeichen der Szene. «Shoom war der Ka- House wurde von Sti- 50 Dollar kaufte (heutiger Ebay-Preis: 1500 – 3000 Dol- talysator für die Jugendbewegung, und die House-Musik len wie Techno abgelöst, lar). Er pröbelte mit dem Gerät völlig entgegen der Ge- in London die Blaupause für die ganze Rave-Szene», so an die Stelle der Ibiza- brauchsanleitung und entlockte ihm fiepende, blubbernde Rampling. Auf der überfüllten Tanzfläche konnte man die Träumer traten Anarcho- Töne, die er beim Projekt Phuture im Stück «Acid Tracks» Energie und das aufregend Neue mit den Händen greifen, Kapitalisten, die grosse einsetzte. und Andrew Weatherall, Carl Cox, Mark Moore von S- Raves organisierten und Als Ron Hardy in der Muzic Box den 11-minütigen Track Express oder Boy George zählten zu den Stammgästen. ein Vermögen verdienten. zum ersten Mal spielte, wiederholte er ihn viermal in «Ich wusste noch von Punk», erinnert sich eine Besuche- Und manche der Working- derselben Nacht. Zuerst war das Publikum irritiert, am rin, «wie speziell dieses Feeling ist und wie selten, dass es Class-Boys und -Girls kur- Schluss rastete es komplett aus. «Ich werde nie den Typen bloss alle zehn bis fünfzehn Jahre passiert.» belten als Superstar-DJs, vergessen, der auf dem Rücken lag und mit seinen Beinen Modedesignerinnen, La- zum Beat in die Luft kickte», erzählte Pierre später. Nach WAHLFREIHEIT STATT REGELN bel- und Clubbetreiber die dem Erfolg von «Acid Tracks» setzten unzählige weitere Wirtschaft an. Acid House Produzenten wie Armando, Bam Bam oder 808 State den In Manchester brachte eine kleine Gruppe um Happy- schickte eine ganze Gene- 303-Effekt ein, und das Genre bekam den Namen Acid Mondays-Sänger Shaun Ryder Ecstasy in den von New ration auf den Fun-Trip. House. D-Mob landeten später mit «We Call It Acieed» Order gegründeten Club The Haçienda: «Der Sommer einen Hit in England, der trotz Boykott durch die BBC auf 1987 veränderte alles. Das Leben wechselte von Schwarz- Philipp Anz Platz 3 der Charts kletterte. weiss zu Technicolor.» Mike Pickering beobachtete das Ganze von seiner DJ-Kanzel aus: «Es war wie eine Spring- RÜCKKEHR IN DIE REZESSION flut, die sich von ihrer Nische durch den Club ausbreitete. Wer auf Mixcloud «Danny Ramp- Plötzlich war die ganze Tanzfläche auf Ecstasy.» Die Mu- ling» und «6 Mix (25 Years of Auf der anderen Seite des Atlantiks flohen im Sommer sik und die Drogen boten einerseits ein Refugium in düs- Shoom)» oder «Forever Acid 1987 viele englische Working-Class-Boys und -Girls vor teren Zeiten. Andererseits war das Hochhalten alter Hip- House» eingibt, kann sich mit die- der Arbeitslosigkeit und der Tristesse der Vorstädte nach pietugenden wie «Peace» und «Love» auch als Statement sen zwei Mixes an die Musik und Ibiza. Im ehemaligen Hippieparadies hielten sie sich mit gegen die langen Thatcher-Jahre zu verstehen. Gegen eine ihre Zeit erinnern. SZENE Kindergeschichten CD/mp3 Bezahlung nach Gutdünken www.gschichtefritz.ch KULTUR STIMME FÜR ALLE Das Monatsmagazin mit Kulturkalender jetzt abonnieren. www.null41.ch 15. JULI-19. AUGUST SIND MUSIKER DIE BESSEREN SCHAUSPIELER? ODER UMGEKEHRT? xenix.ch TROUBLE BOYS Mit ihrem Meisterwerk «Pleased to Meet Me» hätten The Replacements den grossen Durchbruch schaffen sollen. Doch dann kam alles anders. Zufälle, glückliche Umstände und schlichtweg