Diplomarbeit
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CORE Metadata, citation and similar papers at core.ac.uk Provided by OTHES DIPLOMARBEIT Titel der Diplomarbeit „Letzte Menschen“ Postapokalyptische Szenarien in Romanen der Neueren Deutschen Literatur nach 1945 Verfasserin Judith Schoßböck angestrebter akademischer Grad Magistra der Philosophie (Mag.phil.) Wien, 2009 Studienkennzahl lt. A 332 Studienblatt: Studienrichtung lt. Deutsche Philologie Studienblatt: Betreuerin / Betreuer: Doz. Dr. Roland Innerhofer II Danksagung Ich danke Dr. Roland Innerhofer für die Annahme des Themas, die motivierende Betreuung und seine wertvollen Anregungen. Zu Dank verpflichtet bin ich auch dem Team von postapocalypse.de, insbesondere Christian F. Hoffstadt, M.A., für inhaltliche Impulse, formelle Hinweise und Korrekturen. Verena Weigl und Markus Rührnössl hatten auf diese Arbeit ebenfalls Einfluss, ich freue mich über unsere Freundschaft. Meinen Eltern danke ich für ihre Unterstützung und Geduld. III IV Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 2 1.1. Aufgabenstellung und Problemabriss 3 2. Ein (post)apokalyptisches Zeitalter 5 2.1. Mediale Inszenierungen 5 2.2. Diachrone Aspekte 9 2.2.1. 1945 als zeitlicher Marker 10 2.2.2. Endzeitstimmung und Authentizitätssignale 13 3. Kulturwissenschaftliche Positionen zur (Post)Apokalypse und dem Motiv des „letzten Menschen“ 19 3.1. Die kupierte Apokalypse 19 3.2. Postapokalyptische Diskurse und Simulationszentren 21 3.3. „Der letzte Mensch“. Philosophische Konturen eines Begriffs 23 3.4. Derrida und das postapokalyptische Zeitalter 25 3.5. Entdramatisierung und Re-Dramatisierung des Untergangs 29 4. Postapokalyptische Narrative – Merkmale einer Textsorte 34 4.1. Veränderungen der Weltordnung und Figurenmerkmale 34 4.2. Intertextualität 38 4.3. Postapokalyptische Narrative und Zeitkritik 40 4.4. Text- und Interpretationsarten 44 5. Genreabgrenzungen und Gattungszusammenhänge 48 5.1. Utopie, Anti-Utopie und Dystopie 48 5.2. Science Fiction 50 5.3. Postapocalyptic (Science) Fiction / Cosy Catastrophe / Dying Earth 52 5.4. Robinsonade 54 6. Funktionen postapokalyptischer Szenarien und literatursoziologische Zusammenhänge 59 6.1. Angst und Lust 59 6.2. Ontologische und kontrastive Erkenntnisse 61 6.3. Realitätsbewältigung und Didaktik 64 V 7. Eingrenzung – Merkmale und Befunde der ausgewählten Romane 69 7.1. Die vage Katastrophe (Unbestimmtheit) 69 7.1.1. Unmittelbarkeit 70 7.1.2. Ein undarstellbares bzw. unerklärliches Ereignis 72 7.1.3. Zur Relevanz der Ursache 74 7.1.4. Funktionen der Uneindeutigkeit 77 7.2. Der letzte Überlebende (Globalität) 79 7.2.1. Die universale Katastrophe 80 7.2.2. Implikationen der Beschränkung auf eine Figur 82 8. Analyse ausgesuchter Motive 86 8.1. Räume und Mobilität (Letzte Orte) 88 8.1.1. Zur Umwertung von Nicht-Orten 91 8.1.2. Mobilität und Sesshaftigkeit 94 8.2. Zur Konstitution von Identität (Letzte Menschen) 98 8.2.1. Existenz und Erkenntnis 99 8.2.2. Fruchtbarkeit für Identitätsfragen 101 8.2.3. Konturen der Identität I: der/die Auserwählte 104 8.2.4. Konturen der Identität II: Abgrenzung 110 8.2.5. Konturen der Identität III: Selbstspiegelung 115 8.2.6. Konturen der Identität IV: Erinnerung 119 8.2.7. Veränderung der Identität und Neuordnung des Ichs 120 8.3. Konzepte gegen die Spurlosigkeit: Schreibpositionen (Letzte Worte) 122 8.3.1. Funktionen des Schreibens 123 8.3.2. Zur Aufwertung von Schriftlichkeit 127 8.4. Auflösungsprozesse und alternative Ordnungen (Letzte Welten) 128 8.4.1. Naturkulissen 129 8.4.2. Weltenübergänge 134 9. Ausblick 137 10. Literaturverzeichnis 140 11. Anhänge 156 11.1. Zusammenfassung (Abstract) 156 11.2. Lebenslauf 158 VI Garagentor in 1070 Wien, Neustiftgasse Ich habe das Gefühl, der einzig Übriggebliebene zu sein […]. Stellen Sie sich vor: das Telefon läutet nicht mehr, der Briefträger kommt nicht, die Straßengeräusche haben aufgehört, nur der Wind saust einen Traum weiter weg – die Welt ist schon untergegangen, ich allein weiß noch nichts von der Katastrophe. Ich bin eigentlich nur noch meine Phantomgestalt. Was ich sehe, sind die Nachbilder, was ich denke, die Nachgedanken. Eine Haarsträhne legt sich auf meinem Kopf um, und ich erschrecke zu Tode. Der nächste Moment wird der letzte sein, und die Unzeit wird anbrechen. Peter Handke: Die Unvernünftigen sterben aus Der Schuppen sieht irgendwie tot aus, wie ein Arrangement, ein Ausstellungsstück als Beispiel für den Zustand einer ganzen Stadt nach der Katastrophe, der Ort, an dem der letzte Mensch gestorben ist. Juli Zeh: Adler und Engel 1 1. Einleitung Im Sommer 2006 hielt Daniela Strigl auf der Sommertagung des Instituts für Jugendliteratur (Wien) einen Vortrag zum Thema „Reisen in der Literatur“1. Dieser bestand nicht nur aus einem Überblick des Motivs innerhalb der Klassiker und Neuerscheinungen der Neueren Deutschen Literatur, sondern behandelte auch Aspekte der Mobilität eines Einzelnen, Einsamkeit sowie die in den Romanen verhandelten Identitäten. Zuvor stellte sie auch bei den O-Tönen, Wiens Open-Air-Lesungen im Museumsquartier, im Zuge eines Vorwortes zu Thomas Glavinics Die Arbeit der Nacht (2006) jene Thematik in den Raum.2 Sie brachte den Roman aufgrund der Unbestimmtheit der Katastrophe und deren unmittelbaren Eintritt, der sich zwischen Traum- und Wachzustand vollzieht, in Zusammenhang mit Science-Fiction- Klassikern wie George R. Stewarts Earth abides (1959, dt.: Leben ohne Ende) oder Hannelore Valencaks Das Fenster zum Sommer (2006 im Residenz-Verlag wiederaufgelegt), in dem sich die Heldin von einer höheren Gewalt in die Vergangenheit zurückkatapultiert findet. Es sind diese zwei Aspekte, die mich im Rahmen meines Diplomarbeitsprojektes über die letzten Menschen in der Neueren Deutschen Literatur nach 1945 am meisten faszinieren und die ich als zentrale Merkmale und Charakteristika meines Textkorpus gewählt habe: Zum einen die katastrophische Vagheit, jenes unaufgedeckte Rätsel postapokalyptischer Räume, in der von einer konkreten Ausgestaltung der Hintergründe oder Ursachen abgesehen wird. Die Nicht-Konkretisierung dieser Impulse und Auslöser bleibt zwar bis zuletzt spannungsfördernd, bildet aber oft nur ein Grundgerüst, das den Text und die Handlungsräume der Figuren strukturell begrenzt. Zum anderen die Konzentration auf eine/n HauptprotagonistIn bzw. dessen/deren Suche und Überlebensstrategien, bei denen sich das Subjekt in einem ansonsten subjektleeren Raum neu zu formieren beginnt. Wesentliche Vorraussetzung für diese Konstellationen ist ein Hauptmotiv, das quer durch viele literarische Traditionslinien und Gattungen zu finden ist: Der/die letzte Überlebende einer (wie auch immer gearteten) Katastrophe, infolge derer die Menschheit von der Erde verschwunden ist. Dass sich das Genre der Postapokalypse, in der eine alternative Welt aus der Sicht einer/s oder weniger Überlebenden/r gezeichnet wird, nach wie vor großer Beliebtheit erfreut und 1 Vgl. Strigl, Daniela: Was den Reisenden bewegt. Über Fernweh, Heimweh, Utopie und Nostalgie. In: In die weite Welt hinein. Reisen in der Kinder- und Jugendliteratur. Reader zur 40. Tagung des Instituts für Jugendliteratur in Hall/Tirol 2006. Wien: Institut für Jugendliteratur 2007, S. 11 2 Wien, 17.08.2006 2 dessen Blütezeit nicht nur in den 80ern anzusetzen sein könnte, zeigen nicht nur neuere Bestseller wie Die Arbeit der Nacht, sondern auch der große Erfolg von Cormac McCarthys mehrfach ausgezeichnetem Roman The Road, (dt.: Die Straße, 2006, Filmstart in den USA 20093) und die Aktualität von Science-Fiction-Klassikern wie Richard Mathesons I am Legend (1959, dt.: Ich bin Legende, mehrmalige Verfilmung, zuletzt als I Am Legend 2007). Diese Überlegungen waren Anstoß und Motivation für meine Untersuchung, in der ich die Phänomene der „Postapokalypse“ und des „letzten Menschen“ verschränken möchte. Sie bilden sowohl Leitmotive als auch strukturierende Kategorien meiner Betrachtung. Im Hinblick auf die Postapokalypse als Text- und Filmgenre in seinen vielfältigen Ausprägungen sei auf die Website postapocalypse.de verwiesen, die neben Filmgesprächen eine Fülle an Materialien zum Thema sammelt und deren Mitarbeiter mir hinsichtlich der Konzeption meiner Arbeit beratend zur Seite standen und wichtige Impulse gaben. 1.1. Aufgabenstellung und Problemabriss Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus kulturwissenschaftlicher und literaturwissenschaftlicher Sicht mit dem Phänomen der Postapokalypse und dem Szenario eines „letzten Menschen“ in der Neueren Deutschen Literatur. Ein zeitlicher Marker soll nach 1945 gesetzt werden, nicht nur, weil die Bedeutung der literarischen Bearbeitung wegen den historischen Begebenheiten einen Umschwung erhält. Postapokalyptische Narrative setzen ihren Fokus auf das „Danach“ einer Katastrophe und öffnen als Erzählungen über die Welt nach dem Ende von bis dahin bekannten Koordinaten einen Fantasieraum, welcher zugleich nicht an Aktualität bzw. Relevanz für gesellschaftliche Paradigmen verliert. In einem ersten Teil sollen kulturwissenschaftliche und philosophische Positionen zur (Post)Apokalypse und dem Phänomen „Letzter Mensch“ für die Literaturwissenschaft fruchtbar gemacht werden. Welche medialen Inszenierungen rund um den Untergang der Menschheit und des „Danach“ gibt es? Welche Traditionslinien und Diskurse sind vorherrschend? Wie lässt sich literatursoziologisch die Freude am Untergang als Leseerlebnis beschreiben und welche Funktion kann postapokalyptischen Räumen zugeschrieben werden? Hier wird aufgrund der Fülle des Materials jedoch kein umfassender Überblick über (post)apokalyptische Theorien angestrengt (theoretische Reflexionen, besonders hinsichtlich