Stenografisches Protokoll 130 I

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 130. Sitzung - endgültige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 13. Februar 2017, 11.30 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. , MdB

Tagesordnung - Öffentliche Beweisaufnahme

Tagesordnungspunkt

Zeugenvernehmung Seite

-StaatssekretärKlaus-DieterFritsche,BK 4 (Beweisbeschluss Z-12)

-BundesministerPeterAltmaier,MdB 88 (Beweisbeschluss Z-16)

- Staatssekretär Steffen Seibert, Regierungssprecher 170 (Beweisbeschluss Z-140)

______* Hinweis: Die Zeugen Fritsche, Altmaier und Seibert haben keine Korrekturwünsche übermittelt.

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Mitglieder des Ausschusses

Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Schipanski, Tankred Marschall, Matern von Sensburg, Dr. Patrick Ostermann, Dr. Tim Warken, Nina Wendt, Marian

SPD Flisek, Christian Zimmermann, Dr. Jens Mittag, Susanne DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, Dr. André BÜNDNIS 90/DIE Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter

CDU/CSU Feser,Dr.Andreas Allers, Fried-Heye Fischer, Sebastian D. Puglisi, Livia Schrot, Jacob Wehrl, Dr. Wolfgang SPD Ahlefeldt,Johannesvon Heyer, Christian Dähne, Dr. Harald Issel, Jana Linden, Alexander Weiß, Benjamin DIE LINKE. Halbroth, Anneke Martin, Stephan BÜNDNIS 90/DIE Kant, Martina GRÜNEN Hortolani, Johanna Leopold, Nils Pohl, Jörn Mellentin, Johanna Baumann, Sophie

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Bundeskanzleramt Nur zurHeinemann, dienstlichen Martin Verwendung Jipp, Daniel Kämmerer, Marie Maas, Carsten Metscher, Andreas Neist, Dennis Pachabeyan, Maria Wolff, Philipp Bundesministerium des Innern Beyer-Pollok, Markus Brandt, Dr. Karsten Darge, Dr. Tobias Hofmann, Christian Kiehn, Eva Matthes, Thomas Hecheltjen, Dr. Martin Bundesministerium der Justiz und für Unterlöhner, Dr. Ulrike Verbraucherschutz Bundesministerium für Wirtschaft und Krüger, Philipp-Lennart Energie Bundesministerium für Verteidigung Theis, Björn Rauch Rüdiger Voigt, Björn Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz Kremer, Dr. Bernd und die Informationsfreiheit Löwnau, Gabriele Auswärtiges Amt Müller-Bernd, Kai Stephen

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1. Untersuchungsausschuss

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Bundesminister und Chef des Bundeskanzlera- mtes, und des dritten Zeugen - so hat es die Bera- (Beginn: 11.43 Uhr) tungssitzung gerade ergeben -, Steffen Seibert, Regierungssprecher. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die Zunächst werden die Zeugen Herr Fritsche und 130. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses Herr Altmaier öffentlich vernommen. Im An- der 18. Wahlperiode. Ich stelle fest: Die Öffent- schluss findet die nichtöffentliche Vernehmung lichkeit ist hergestellt und ist in großer Zahl auch der Zeugen statt. Anschließend wird der Zeuge im Sitzungssaal. Ich begrüße Sie alle ganz herz- Seibert öffentlich vernommen. Sollte sich daraus lich. Genauso begrüße ich unseren heutigen Zeu- dann noch eine nichtöffentliche Sitzung erge- gen - nicht zum ersten Mal bei uns -, Herrn ben - was ich eigentlich nicht glaube bei einem Klaus-Dieter Fritsche. Ich darf Sie herzlich begrü- Regierungssprecher -, dann wäre diese noch da- ßen und freue mich, dass Sie da sind. nach anzuberaumen; aber es ist wohl davon aus- zugehen, dass da eine öffentliche Sitzung ausrei- Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der heu- chend ist. tigen Sitzung komme, gestatten Sie mir die den meisten bekannten Vormerkungen. Vernehmung des Zeugen Klaus-Dieter Fritsche Ton- und Bildaufnahmen sind während der öf- fentlichen Beweisaufnahmesitzung nicht zuläs- Nochmals begrüße ich ganz herzlich unseren sig. Ein Verstoß gegen dieses Gebot kann nach heutigen Zeugen, Herrn Klaus-Dieter Fritsche. dem Hausrecht des Bundestages nicht nur zu ei- Ich stelle fest, dass der Zeuge ordnungsgemäß ge- nem dauernden Ausschluss von den Sitzungen laden ist. Herr Fritsche, Sie haben den Erhalt der des Ausschusses sowie des ganzen Hauses füh- Ladung am 14. Dezember 2016 bestätigt. Herzli- ren, sondern gegebenenfalls auch strafrechtliche chen Dank, dass Sie meiner Einladung gefolgt Konsequenzen nach sich ziehen. sind und dem Ausschuss für Fragen zur Verfü- gung stehen. Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung auf: Herr Fritsche, Sie wurden ja bereits am 18. Juni 2015 vor dem Ausschuss vernommen; also wer- Zeugenvernehmung den Ihnen die nachfolgenden Hinweise und Be- Staatssekretär lehrungen bekannt sein. Ich möchte sie aber Klaus-Dieter Fritsche, BK trotzdem in dieser Sitzung noch einmal machen. (Beweisbeschluss Z-12) Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- Bundesminister destagsverwaltung auch heute eine Tonbandauf- , MdB (Beweisbeschluss Z-16) nahme fertigt. Die Tonbandaufnahme dient aus- schließlich dem Zweck, die stenografische Auf- Staatssekretär zeichnung der Sitzung zu erleichtern. Die Ton- Steffen Seibert, bandaufnahme wird nach Erstellung des steno- Regierungssprecher grafischen Protokolls dann auch gelöscht. (Beweisbeschluss Z-140)

Die Beweisbeschlüsse Z-12 und Z-16 stammen Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen vom 08.05.2014; der Beweisbeschluss Z-140 ist nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben dann, vom 13.02.2017. Es wird Beweis erhoben zum falls dies gewünscht ist, zwei Wochen Zeit, etwa- Untersuchungsauftrag - Bundestagsdrucksachen ige Korrekturen oder Richtigstellungen vorzuneh- 18/843 und 18/8683 - durch Vernehmung der men und uns das Protokoll wieder zurückzusen- Zeugen Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär im den. Bundeskanzleramt, und Herrn Peter Altmaier,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Herr Fritsche, vor Ihrer Vernehmung habe ich Sie ich Sie zur Person zu befragen; auch da wird sich zunächst zu belehren. - Ich hoffe, Sie hören alles nichts geändert haben, vermute ich. Zu Beginn gut, weil ich etwas heiser bin. Ich hoffe, es der Vernehmung zur Sache haben Sie gemäß § 24 kommt alles rüber; wenn nicht, bitte melden Sie Absatz 4 des Untersuchungsausschussgesetzes sich. - Sie sind als Zeuge geladen worden. Als auch heute die Gelegenheit, zum Beweisthema Zeuge sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu sa- im Zusammenhang vorzutragen, also ein soge- gen. Ihre Aussagen müssen richtig und vollstän- nanntes Eingangsstatement abzugeben. Danach dig sein. Sie dürfen nichts weglassen, was zur Sa- werde ich Sie befragen. Anschließend erhalten che gehört, und nichts hinzufügen, was der die Mitglieder des Ausschusses das Wort für ihre Wahrheit widerspricht. Fragen. Dies geschieht nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen, immer eine Fraktion nach der an- Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- deren. rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Un- Ich darf Sie dann nun bitten, zu Beginn Ihrer tersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, Ausführungen sich dem Ausschuss mit Namen, kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des Alter, Beruf und einer ladungsfähigen Anschrift Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafen von drei vorzustellen. Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Klaus-Dieter Fritsche. Es hat Nach § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschuss- sich doch etwas geändert: 63 statt 62 bei der letz- gesetzes können Sie die Auskunft auf solche Fra- ten Einvernahme. Und Adresse: Willy-Brandt- gen verweigern, deren Beantwortung Sie selbst o- Straße 1, Bundeskanzleramt, und ich bin dort der Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Staatssekretär. Strafprozessordnung der Gefahr aussetzen würde, einer Untersuchung nach einem gesetzlich geord- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- neten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies be- chen Dank. - Dann frage ich Sie, wie ich es ge- trifft neben Verfahren wegen einer Straftat oder rade angesprochen habe: Möchten Sie davon Ge- Ordnungswidrigkeit auch Disziplinarverfahren. brauch machen, auch heute ein Eingangsstate- ment abzugeben? Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäftsge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, Herr Vorsit- heimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder zender. Ich warte auf Ihre Fragen. eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann ei- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- nen Beschluss nach § 14 bzw. § 15 des Untersu- chen Dank. - Dann würde ich mit Fragen begin- chungsausschussgesetzes fassen kann und dann nen. Und ich möchte Sie zuerst zu dem Thema die Sitzung in nichtöffentlicher bzw. eingestufter Selektoren befragen. Wann ist Ihnen zum ersten Sitzung fortführen kann und Ihnen dann die ent- Mal der Begriff „Selektor“ oder „Suchbegriff“ be- sprechenden Fragen stellen kann. - Haben Sie kannt geworden, dass der Bundesnachrichten- hierzu Fragen? dienst solche einsetzt?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, Herr Vorsit- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich kann mich zender. noch gut erinnern. Das war Freitag, der 13. März im Jahre 2015. Ich war auf einer Auslandsdienst- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke reise und bin telefonisch gebeten worden, nach schön. - Nach diesen notwendigen Vorbemerkun- der Beendigung der Dienstreise ins Kanzleramt gen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz zu kommen, dort zu einer Besprechung. Die ha- darstellen - da hat sich auch nichts geändert im ben wir dann durchgeführt. Da ging es vor allem Vergleich zur letzten Befragung -: Eingangs habe

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung darum, dass vor dem Hintergrund eines Beweis- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nach meiner beschlusses dieses Ausschusses der Bundesnach- Erinnerung gab es das nicht. Wir haben vor dem richtendienst nach meiner Kenntnis zum ersten Hintergrund der Umstellung von reiner Telefo- Mal Daten, die sich bisher in den automatisierten nie, von reinem Telefonieverkehr, auch hin zu Dateien- und Vorgangssystemen des BND befan- den internetvermittelten Paketverkehren natür- den, ausgedruckt hat, Listen ausgedruckt hat, die lich über die Problematiken ganz allgemein auch sich mit diesen Selektoren beschäftigen. in der Vergangenheit gesprochen, soweit es um die Frage von Spams ging. Das hatte ich in der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können Sie letzten Sitzung hier an der Stelle auch schon mal das Datum noch mal sagen? Das Jahr habe ich erläutert. Und es hat eine Problematik gegeben, nicht genau gehört. die ich auch in der letzten Sitzung hier schon er- läutert habe, nämlich was mit dem Schutz der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war Freitag, der G-10-Berechtigten ist. Das hat es in der 13. März 2015. Vergangenheit gegeben, diese Diskussion.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: 15. - Und da- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: „In der Ver- vor, Begrifflichkeit „Suchbegriffe/Selektoren“ gangenheit“ heißt dann, wann? war nie ein Thema? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also vor dem Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es war nicht ein 13.03.2015. Das war in der Zeit, in der ich Abtei- Thema, mit dem wir uns in der Fach- und Dienst- lungsleiter 6 im Bundeskanzleramt war, also aufsicht intensiv beschäftigt haben. circa 2008/2009.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wussten Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie war die denn in Ihrer Funktion, dass es so etwas grund- Diskussion dann 2008/2009 bezogen auf Selek- sätzlich gibt? toren, die G-10-relevant sind? Also, ich probiere herauszufinden: Wie war dieses Thema „Such- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Grundsätzlich war begriffe/Selektoren“ eingeordnet? mir natürlich bekannt - auch vor dem Hinter- grund von anderen Operationen, die es mit Part- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war vor allem nern gab -, dass es solche Suchbegriffe gibt. Aber, in die Problematik „Wie schütze ich Artikel-10- wie gesagt, in der Ausführlichkeit bisher, bis zum Berechtigte?“ eingeordnet. Hier hat es Gespräche 13. März 15, nicht. gegeben vor dem Hintergrund einer konkreten Operation, die mit einem Partner durchgeführt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gab es da worden ist, wie wir den G-10-Schutz auch in der mal irgendwann Unterrichtungen, Papiere aus Routine erhalten können. Bei dieser Diskussion ganz anderen Anlässen, was es mit den Such- hat es auch Gespräche mit dem Partner gegeben begriffen auf sich hat, wie der BND Suchbegriffe darüber, wie man den einhalten kann. Das hat im verwendet, dass man da vielleicht mehr Speicher Übrigen dazu geführt - das dürfte dem Ausschuss braucht, weil die Zahl der Suchbegriffe hoch hier auch bekannt sein -, dass letztlich diese Ope- wird, wie diese Verfahren laufen? Hat da mal ir- ration dann eingestellt worden ist. gendwer - - Man berichtet ja zu allen möglichen Sachen. Wenn nichts gerade Aktuelles aufpoppt, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn ich das dann hat man ja schon eine Situation, dass man richtig beurteile: Im Bereich SIGINT Anfang der sagt: Da berichten wir mal der Dienst- und Fach- 2000er-Jahre, egal welches Tool man nutzt, also aufsicht. - Gab es irgendwann mal so eine Art ob das XKeyscore ist oder was auch immer, ist Unterrichtung oder eine Erklärung, was der BND das Thema der richtigen Suchbegriffe, glaube ich, mit Suchbegriffen macht? das entscheidende, weil, wenn man die nicht hinreichend auswählt, nicht hinreichend ein- setzt, kommt nicht das dabei raus, was man gerne

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung möchte. Also ist das Thema der Suchbegriffe, natürlich nicht so ist, dass Fach- und Dienstauf- glaube ich, ein sehr entscheidendes für die Effi- sicht quasi eine Hundertprozentkontrolle des zienz und Effektivität der Arbeit des BND. Wie Bundesnachrichtendienstes ist - dazu bräuchte würden Sie dann den Blick auf die Dienst- und ich dann hinter jedem Mitarbeiter einen weiteren Fachaufsicht werfen? Wäre es da im Umkehr- Mitarbeiter der Fach- und Dienstaufsicht -, son- schluss nicht auch sinnvoll, dass die Dienst- und dern ich muss natürlich in einem vertrauensvol- Fachaufsicht speziell dieses so relevante Thema len Verhältnis mit dem Bundesnachrichtendienst auch in den Blick nimmt und hinterfragt: „Wie und wenn ich von außen oder von anderer Seite können wir den BND einerseits unterstützen, etwas erfahre, dem Ganzen nachgehen. In den dass das gut läuft?“, aber auf der anderen Seite: Diskussionen, die wir damals geführt haben, hat „Wie können wir auch gewährleisten, dass wir die G-10-Problematik eine Rolle gespielt und die die Dienst- und Fachaufsicht hinreichend gut Problematik, soweit ich mich erinnere, der Spam; ausüben können in einem so komplexen Feld?“? denn die Spamfilter des BND haben damals noch nicht so gewirkt, dass die Spams ausgefiltert Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, in der Zeit, als werden konnten. ich im Dezember 2005 Abteilungsleiter 6 im Kanzleramt geworden bin, haben wir damals Das ist das, woran ich mich erinnern kann im Zu- nicht nur im Hinblick darauf, dass wir die Fach- sammenhang der Diskussionen mit Selektoren. und Dienstaufsicht auch durch mehr Personal in der Abteilung hinsichtlich des Bundesnachrich- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer war tendienstes abdecken, auch darüber geredet, dass denn in der Abteilung 6 damals der Selektoren- wir den verschiedenen Abteilungen des Bundes- experte oder Suchbegriffexperte? nachrichtendienstes sogenannte Jours fixes an- bieten. Und in diesen Jours fixes sollen die The- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich glaube men, die entweder von uns aufgegriffen werden nicht, dass man in einer Fach- und Dienstauf- oder die von dem Dienst aufgegriffen werden, be- sicht unbedingt für alles, was in den technischen sprochen werden. Bereichen ist, Experten braucht. Das zuständige Referat kann ich Ihnen jetzt, weil es auch eine Die Jours fixes laufen in der Regel so ab, dass Neuorganisation in der Abteilung 6 gegeben hat, man in regelmäßigen Abständen sich trifft und die ja in der letzten Legislaturperiode wieder ein- dass der Bundesnachrichtendienst Probleme - ge- zügig geworden ist und deren Einzügigkeit jetzt hen wir jetzt mal auf die Abteilung TA -, die er auch noch besteht - - Wir haben eine andere hat, oder Anforderungen, zum Beispiel dass das Organisationsform mit dem Stab, der beim Staats- Bundeskanzleramt entsprechende rechtliche Än- sekretär angesiedelt ist. Also, das genaue Referat derungen beim Gesetzgeber zu veranlassen hat - - kann ich Ihnen aus der Erinnerung jetzt nicht sa- dass die dort besprochen werden. In diesen Jours gen. fixes, die auf Arbeitsebene in der Abteilung 6 im Kanzleramt auf der einen Seite und bei den Mit- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber erin- arbeitern der TA und des Leitungsstabes des nern Sie sich, dass es da irgendwo in irgendei- Bundesnachrichtendienstes stattgefunden haben, nem Referat welche gab, denen man zutrauen sind Problematiken, die sich mit den Selektoren konnte: „Die wissen, was Selektoren sind, und beschäftigen, nämlich die Frage, dass es Schwie- die können die auch mal prüfen, wenn man mal rigkeiten gibt mit den Selektoren, dass man die sagt: ,Wir wollen uns mit den Kollegen vom BND Auffassung der TA durch die Selektoren - - in mal was anschauen‘“, dass die auch wussten, wo- irgendeiner Weise behindert ist. Solche Fragen von die Rede ist? sind dort nicht behandelt worden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, dazu müssen wir Und ganz allgemein zur Fach- und Dienstaufsicht aber erst darauf hingewiesen werden, dass es un- kann ich Ihnen sagen, Herr Vorsitzender, dass es ter Umständen bei der Selektorenfrage ein Pro-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung blem gibt. Dann wird die Fach- und Dienstauf- weiterentwickelt, und das ist auch gut so gewe- sicht sich darum kümmern, und dann ist die sen. Folge, dass man unter Umständen sieht, dass das Problem rein technischer Art ist, wir uns also Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, die Diskus- technische Expertise holen müssen letztlich dann sion, habe ich ja einleitend gesagt, hat stattgefun- auf Dauer auch für die Fach- und Dienstaufsicht, den zu den Punkten, die ich einleitend gesagt was in der letzten Zeit in dieser Legislatur- habe. Und wir haben auch vor dem Hintergrund periode vor dem Hintergrund der aktuellen Er- einer Ausweitung des Personals in der Abtei- eignisse auch geschehen ist. lung 6 damals uns auch intensiver mit den ein- zelnen Abteilungen beschäftigt. Aber nochmals: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, richtig. Fach- und Dienstaufsicht heißt natürlich nicht Ich verstehe Dienst- und Fachaufsicht weitest- grundsätzliches Misstrauen. Und erklären Sie mir gehend auch so. Andererseits, glaube ich, gehört mal - - Im Zusammenhang mit Besuchen von der zur Dienst- und Fachaufsicht - so habe ich es zu- Geheim tagenden G 10-Kommission sind unter mindest im öffentlichen Dienst immer kennenge- anderem auch die Routinevorgänge - so nennt der lernt - auch eine gewisse Kontrolle von sich aus. BND das ja in dem Bereich - neben den G-10-Vor- Das kenne ich so bei der Bundeswehr - und der gängen auch vorgestellt worden. Dazu hat es Vor- BND ist ja nun sehr stark bundeswehrmitge- besprechungen gegeben. In diesen Besprechun- prägt -, dass man als Vorgesetzter auch mal gen, in all diesen Besprechungen hat es nie den hinschaut, auch mal hingeht und guckt: „Werden Hinweis gegeben, dass es hier problematische Befehle dementsprechend ausgeführt?“, dass man Selektoren geben könnte. mal eine Kontrolle durchführt. Und da frage ich mich: Bei einem so relevanten Bereich - deswe- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich will auch gen hatte ich die Fragen am Anfang gestellt -, der noch gar nicht so darauf hinaus, ob es da Pro- ja auch wichtig ist für den BND - man wollte ja bleme gab. Vielleicht sind die Probleme ja gar auch Anfang der 2000er besser werden im Be- nicht so groß; ich weiß das - - Da bin ich noch gar reich SIGINT, und man setzte Suchbegriffe ein nicht. Mir geht es nur darum, dass man auf einer und eben nicht nur fünf, die alle im Grunde Augenhöhe kommuniziert. Der BND machte An- kannten, sondern ein paar mehr als fünf -, da fang der 2000er einen großen Fortschritt im Be- hätte ich schon erwartet - und vielleicht ist es ja reich SIGINT. Das ist gewünscht gewesen, das ist auch so -, dass man mal sagt: Da haben wir zwei, auch vom Bundeskanzleramt so gewollt gewesen, drei, die können mit dem BND auf einer fachli- vom BND so gewollt gewesen und, ich denke, chen Ebene kommunizieren. auch vom Parlament so gewollt gewesen, weil man kann da nicht blind sein: Die Welt ist nun Das Gleiche ist ja im Bereich Nachrichtenwesen. mal digital. Das hat man mit den Amerikanern Also, wenn Sie da einen Techniker haben, der und anderen Freunden gemacht - auch gut. kann uns hier allen wahrscheinlich irgendwas er- zählen, wie ein Kabel funktioniert und weiß Aber gleichzeitig, wie der BND seine Kompetenz nicht was, und da müssen Sie irgendwo einen in großen Schritten aufgrund der Kooperation er- haben, der sich damit auskennt. Also, wir haben weitert hat, finde ich, muss man, alleine um mit- im Ausschusssekretariat am Anfang, als dieser einander kommunizieren zu können, auch im Be- Ausschuss eingesetzt wurde, mal überlegt, ob wir reich der Dienst- und Fachaufsicht - und da ist nicht einen haben müssen, der in Nachrichten- man ja auch irgendwo Vorgesetzter -, sagen wir technik eine Ausbildung hat und sich technisch mal, zumindest vom Know-how etwas nachzie- auskennt und die Expertise hat. Und da können hen; sonst weiß man ja gar nicht, wovon die wir ja auch sagen: Na ja, wenn man es uns nicht überhaupt reden. Und der Teil, der fehlt mir erzählt, weiß man es nicht. Aber hat man da ir- noch ein bisschen, wo man im Kanzleramt gesagt gendwie in der Dienst- und Fachaufsicht quasi hat - und das kann ja auf Referatsebene sein; ich parallel zur Weiterentwicklung des BND sich erwarte nicht, dass man da die ganze Abteilung 6 auch weiterentwickelt? Weil der BND hat sich ja dahin gehend ausrichtet - - Aber dass da mal

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung zwei, drei, vier Leute sitzen, die sagen: Wir ver- Frage der Spams auf der einen Seite und die stehen, was - ich sage es jetzt mal flapsig - die Frage „Wie kann ich in Kooperationen und wie modernen SIGINT-Nerds im BND uns erzählen. - kann ich als BND den G-10-Schutz“ - und das ist Weil, wenn man das gar nicht weiß, dann weiß das, was uns am meisten damals beschäftigt hat - man vielleicht gar nicht, dass es nicht nur Han- „gewährleisten?“ dynummern und E-Mail-Adressen bei Selektoren gibt, sondern ganz komplizierte Sachen, die man Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, so weit vielleicht auf den ersten Blick nicht erkennt, ob verstanden. - Jetzt sagen Sie, ein Problem kommt die G-10-relevant sind. Dann hat man die Sensi- dadurch zustande, dass aus dem BND, der Abtei- bilität vielleicht gar nicht. Und da ist einfach nur lung 6, wo auch immer, von wem zu wem, der meine Frage, weil wir ja auch schauen, wie kann Einsatz von bestimmten Selektoren nicht gemel- man besser werden, ob es da im Kanzleramt dem- det worden ist oder nicht hinreichend klar ge- entsprechend ein Nachziehen gegeben hat, wie meldet worden ist. Denn wenn man nicht weiß, der BND sein Know-how erweitert hat, was ich dass was schiefläuft, kann die Dienst- und Fach- persönlich für richtig finde. Aber da hätte ich mir aufsicht nicht ansetzen. Habe ich das richtig ver- auch gewünscht, dass man sich im Bereich der standen? Dienst- und Fachaufsicht, wenn man das schon will, dass der BND das macht, dementsprechend Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. kompetent macht - - dass man die Dienst- und Fachaufsicht auch so ausüben kann, wenn sich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer hat denn da einer mal meldet, dass man es auch versteht. dann das verbockt?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe ja ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das hat ja wohl die sagt, dass die Abteilung damals auch personell Beweisaufnahme dieses Untersuchungsausschus- verstärkt worden ist, und da ist natürlich - - hat ses bisher auch so weit ergeben - es war auch Ge- auch eine Rolle gespielt - und ich kann mich an spräch meiner letzten Einvernahme hier -, dass es die letzte Sitzung in diesem Gremium hier erin- hier wohl eine Kultur gab, dass man vor dem nern -, dass in der Fach- und Dienstaufsicht das Hintergrund des sogenannten Auftragsprofils der Know-how natürlich auch aus dem Bundesnach- Bundesregierung eben Selektoren in der eigenen richtendienst selbst kommt - was ich übrigens für Auswertung eingesetzt hat, die man für richtig absolut zulässig und notwendig halte gerade vor hielt, und dass man, was die Zusammenarbeit dem Hintergrund der Beschreibungen, die Sie mit dem Partner angeht, hier eben vieles nicht le- jetzt durchgeführt haben. Und es gab in der Ab- sen oder nicht deuten konnte, was eingesteuert teilung und es gibt heute in der Abteilung Leute, worden ist. die wissen, was die Abteilung TA macht und die hier entsprechend Kompetenz haben. Aber noch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Jetzt mal: Fach- und Dienstaufsicht: Wenn es kein noch mal genau: Wer hat es also verbockt? Aufzeigen der Problematik gibt, dann hat sich na- türlich die Fach- und Dienstaufsicht nur mit der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, so sehe ich es, generellen Problematik auseinanderzusetzen, wie dass es der Bundesnachrichtendienst nicht kri- Sie es ja richtig beschrieben haben, nämlich dass tisch genug betrachtet hat. wir neue Dienste haben und dass wir paket- vermittelte Verkehre haben, dass der BND, wenn Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Und er das Ausland für die Bundesrepublik Deutsch- wer da? land aufklären will, hier auch Kompetenz braucht. Und es hat auch eine Diskussion gerade Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach dem, was mir in dieser Zeit, als ich als Abteilungsleiter im bisher bekannt ist - und Sie wissen ja auch, dass Kanzleramt war, gegeben; die hat sich aber kon- Fach- und Dienstaufsicht auch während des lau- zentriert auf die Probleme, die der BND uns be- fenden Untersuchungsausschusses ja weiterge- nannt hat. Und die Probleme waren damals die gangen ist, auch weitergehen musste -, war es

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wohl offensichtlich so, dass auch die Amtslei- Sofortmaßnahmen, die wir ergriffen haben, natür- tung des Bundesnachrichtendienstes, was jetzt lich auch anderer Art, nämlich Selektoren, die die Selektoren in dem einen Projekt mit dem eben kritisch waren, nicht mehr zu steuern und Partner angeht, nicht unterrichtet war über die damit auch nicht der Erfassung zuzuführen. Problematiken, und das betrifft wohl auch die ei- Letztlich hat der Präsident des Bundesnachrich- gene Steuerung des Bundesnachrichtendienstes. tendienstes auch eine Organisationsunter- suchung durch einen Externen uns vorgeschla- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, das ist bei gen, und dem Vorschlag sind wir gefolgt. uns auch bisher so angekommen. Da bleibt nur noch der Abteilungsleiter TA, wenn ich es dann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War das richtig sehe. nicht schon vorher mit der Organisationsuntersu- chung durch einen Externen, dass Herr Schindler Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn ich das rich- gesagt hat: „Wir holen uns eine Beratungsfirma tig sehe, nicht nur der Abteilungsleiter TA, son- rein“? dern es ist ja teilweise der Informationsfluss, nach dem, was mir bisher bekannt ist, auch nicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Herr Schind- mal bis zum Abteilungsleiter in generellen Fra- ler hat nach meiner Erinnerung das erst nach der gen gegangen. Kenntnis - - und er hat die ja dann spätestens je- denfalls bei der nächsten Besprechung, nach dem Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also bis zum Freitag, nämlich am Sonntag, als wir uns im Unterabteilungsleiter. Kanzleramt getroffen haben - - dort das im Vor- feld erfahren. Da hat es dann den Externen gege- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Und teil- ben. Das war der Auftrag des Präsidenten. weise in den Außenstellen sind eben auch Se- lektoren generiert worden, die dann mit nieman- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann dem besprochen wurden. zur Frage „Informationsfluss sicherstellen“: Was ist da wie angeordnet worden? Gab es da eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sie sagten ge- Verfügung, oder gab es da - - Was ist da konkret rade, die Dienst- und Fachaufsicht lief ja weiter. gemacht worden? Klar, wäre ja auch schlimm, wenn die jetzt ausge- setzt wäre. Da würde ich ja sagen, da muss man Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es gab Weisungen. mal alles ab Unterabteilung durcheinanderrüt- teln, dass so was nicht mehr passiert. Ist da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. durcheinandergerüttelt worden? Oder mal anders gesagt: Hat man im Wege der Dienst- und Fach- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es gab Weisungen aufsicht da eine Umstrukturierung angeordnet, des Kanzleramtes, dass erstens der Informations- oder hat man dem BND-Präsident gesagt: „Du fluss von unten innerhalb des Dienstes an die musst umstrukturieren“? Oder was ist da als Amtsleitung sichergestellt wird, und zwar durch Konsequenz - - die Hierarchien, damit jeder hier mit einbezogen ist, und dass anschließend natürlich in diesen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Als Konsequenz hat Fragen das Kanzleramt umfassend zu unterrich- es als Erstes nun das, was uns am augenschein- ten ist. Und dann hat es natürlich eine Aufarbei- lichsten war im März 2015, nämlich dass der In- tung gegeben, die bis heute stattfindet und die formationsfluss weder bis zum Kanzleramt noch wir auch weiter machen müssen. bis zur Amtsleitung gegangen ist - - Und als Sofortmaßnahmen hat es gegeben, dass dieser Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer hat diese Informationsfluss sichergestellt werden muss, Weisung erlassen? also auch innerhalb des Bundesnachrichten- dienstes von unten nach oben, und dann gegen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das waren meine über der Fach- und Dienstaufsicht. Das waren Weisungen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Sind notwendig gewesen wäre. Hätte man das unmit- die schriftlich oder mündlich ergangen? telbar angesprochen: Man hätte die Dinge ja viel- leicht ausräumen können. - Das ist das eine. Man Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In der Regel erst hat, wenn ich es mal positiv und gutwillig be- mal mündlich und dann schriftlich nachgeholt werte, unter den Teppich gekehrt, weil man wei- worden. termachen wollte mit etwas, was für das Amt wichtig war, ohne dass man es hätte unter den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Kön- Teppich kehren müssen nach meiner Meinung. nen Sie ungefähr sagen, wann die schriftlich nachgeholt wurden, so ein grobes Zeit- - Zum Zweiten erhebt sich bei mir der Eindruck, dass man auch im Know-how wirklich in der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das muss auch Entwicklungsphase war und, glaube ich, auch im - - Also, die ersten Weisungen unmittelbar an nicht sagen wollte, dass man bestimmte Sachen dem Sonntag, glaube ich - - gab diese Sofortmaß- einfach monatelang nicht erkannt hatte. Das war nahmen - - gab es einen Vorschlag des Präsiden- einem vielleicht peinlich. - Das ist jetzt meine ten des BND für diese Sofortmaßnahmen. Die Bewertung. Wie wäre Ihre Bewertung? Weil sind mündlich von mir mitgetragen worden und irgendwie muss es sich ja erklären lassen, dass sind dann noch mal schriftlich wiederholt wor- man in einer Unterabteilung so einen Bock den Anfang der Woche dann, wenn ich mich geschossen hat, wer auch immer dafür verant- richtig erinnere. Und die Weisung, dass die Infor- wortlich ist - anscheinend ja, wenn man sieht, mationen in der gesamten TA in der Hierarchie was Disziplinarverfahren betrifft, keiner. nach oben bis zur Amtsleitung und zum Kanzler- amt müssen, müssen dann auch Ende März Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, Herr Vorsitzen- schriftlich erfolgt sein. der, ich glaube auch nicht, dass in der Abteilung die Absicht - - Also, ich bin natürlich nicht in der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, was Diskussion der Abteilung dabei gewesen, son- mich halt stutzig macht, ist, dass in einer Unter- dern ich konnte es ebenso wie Sie nur retrograd abteilung der Abteilung TA ganz sensible, wich- betrachten aus dem, was ich in der Fach- und tige Dinge eingesetzt werden - ob wir sie Selek- Dienstaufsicht in dieser Zeit gelernt habe. Ich toren nennen, Telekommunikationsmerkmale gehe nicht davon aus, dass man in der Abteilung oder Suchbegriffe -, die ja auch, wenn man sie etwas unter den Teppich kehren wollte. Das ist eigengewinnt, ein gewisser Schatz sind, weil man übrigens auch ein Grund, mutmaße ich jetzt, dass da auch was hat, was man möglicherweise mit man das auch in den Jours fixes nicht angespro- Partnern auch tauschen kann und sagt: Mensch, chen hat, sondern man hat gedacht, dass man in wir haben da Telekommunikationsmerkmale des vielen Bereichen APB-konform, also im Auf- potenziellen Terroristen X oder Y. Das ist ja auch tragsprofil der Bundesregierung, handelt. Dass ein Pfund, also was im Bereich von SIGINT wirk- hier andere Dinge eine Rolle spielen, wie der lich wichtig ist. Und da schafft es eine Unterab- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der mit ge- teilung, vor sich hinzuwurschteln, ich sage mal, wahrt werden muss, das ist dort offensichtlich besten Wissens und Gewissens, weil man viel- nicht mitbedacht worden. Und das ist auch ein leicht da einen Fortschritt erreichen wollte, keine Grund, warum eine der Weisungen von uns im Kooperationen gefährden wollte und, so wie ich Anschluss war, dass auch die juristische Kompe- es jetzt nach den Monaten dieses Untersuchungs- tenz sich nicht nur beziehen kann innerhalb der ausschusses verstehe, weil man wahrscheinlich Abteilung und sich nicht nur beziehen kann auf auch so ein bisschen dachte: „Wir sind die Zu- die Frage von G-10-Eingriffen, sondern eben auf kunft, und wir müssen das hinkriegen, weil es ganz allgemeine Fragen, wie Subsidiaritätsprin- gewollt ist; da darf jetzt auch nichts schiefgehen, zip, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Wie ist sonst stehen wir blöde da“, und hat so sensible der einzusetzen und zu berücksichtigen? Sachen einfach kaschiert, obwohl es ja gar nicht

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage wenig Techniker, wir haben zu wenig Software, mich halt auch nicht nur mit Blick auf Grund- wir können im Tausch mit anderen Partnern uns rechtseingriffe - ich denke, da werden die ande- hier nicht darstellen. - Das ist nicht erfolgt. ren Fraktionen gleich noch nach fragen -, aber al- leine von dem Blick her auf die Kompetenz: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Würden Sie Wenn ich das mal richtig beurteile, hat man ja denn sagen, das wäre etwas, was man langsam Suchbegriffe, Telekommunikationsmerkmale mal dringend anpacken muss, oder ist es viel- bzw. Selektoren gepflegt oder eben nicht gepflegt, leicht schon angepackt worden im BND? in einem Topf gehabt wie Kraut und Rüben. Sorry, dass ich das jetzt so direkt sage. Da hätte Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, erstens ist es ich mir gewünscht, wenn in einer Abteilungs- im BND angepackt worden. Und zweitens ist das leiterbesprechung oder in der Abteilungsbespre- auch jetzt eine aktuelle Aufgabe der Fach- und chung - nicht Abteilungsleiterbesprechung - mal Dienstaufsicht, sich darum zu bemühen. Und da angesprochen worden wäre: Unser Topf mit ist ja auch einer der Punkte, die Sie vorhin ange- Selektoren - sei es der BND-eigene oder der sprochen haben, nämlich das technische Know- zugelieferte -, der braucht Pflege; wir brauchen how auch innerhalb der Fach- und Dienstaufsicht mehr Personal, wir brauchen mehr Know-how; zur Verfügung zu stellen. das wird zu viel; wir kriegen es nicht mehr ordentlich gehandelt. - Weil das sehe ich jetzt aus Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil das ist meinem Blickwinkel als eine der Hauptproble- unterm Strich ja dann auch eine Aufgabe des matiken an, dass ich den Eindruck habe, dieser Deutschen Bundestages, entsprechende Mittel Topf an Suchbegriffen, der war nicht ordentlich und Möglichkeiten zu gewähren. Und, ich sage gepflegt. Und da hätte man doch irgendwann mal mal, wenn man schon so etwas macht, was hoch- rufen müssen und sagen - - Wenn meine Mitar- sensibel ist, was Grundrechtseingriffe darstellen beiter in Arbeit untergehen, irgendwann sagen kann, was auch in die Rechte von Nichtdeut- die: Sensburg, so geht es nicht weiter; das kriegen schen eingreift: Das kann man ja gegebenenfalls wir alles nicht mehr hin. - So, da hat aber sich rechtfertigen; man müsste es dann nur auch sorg- anscheinend keiner gemeldet und hat gesagt: Un- fältig handeln können, und da erscheint mir als ser Topf an Selektoren ist nicht mehr handelbar; Hauptproblem, dass das sorgfältige Handeln in wir wissen da gar nicht, was drin ist, weil wir der Masse der Telekommunikationsmerkmale jahrelang reingepackt haben, alle was reinstopft schwerfällt - wenn ich so rekapituliere, was wir haben; das ist teilweise vielleicht alt oder nicht sehen konnten, das PKGr noch intensiver sehen alt; wir wissen es nicht, weil keiner macht da mal konnte. Dann fällt mir schwer, zu glauben, da eine Verifizierung. - So was hätte doch mal kom- kann sorgsam und sorgfältig mit umgegangen men müssen, oder nicht? werden, bis hin in die Gewährleistung des G-10- Schutzes. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gebe ich Ihnen recht, so was hätte kommen müssen, sollen. Aber Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, was den G-10- in dem Fall ist das mit uns nicht diskutiert wor- Schutz angeht, hat es damals, habe ich schon ein- den. Und der Bundesnachrichtendienst hat ja leitend erwähnt, ja eine Diskussion gegeben, wie auch in der Zeit immer wieder gesagt, dass ein der gewährleistet werden kann. Und das hat erklecklicher Teil dessen, was er an den Bericht- letztlich - das weiß der Ausschuss ja auch - bei erstattungen für die Bundesregierung herstellt, einem Projekt dann dazu geführt, dass dieses Pro- aus SIGINT-Informationen besteht, nicht nur aus jekt nicht mehr weitergeführt worden ist, weil G-10-Maßnahmen, also im Speziellen in der eben die Frage der Herstellung des G-10-Schutzes Rechtsgrundlage des G-10-Gesetzes, sondern mit den damaligen Mitteln technisch nicht voll- eben auch auf der Grundlage der sogenannten ständig zu beheben war, sondern das auch hän- Routine. Und der Dienst hat hier in dem Zusam- disch durchgeführt werden musste. Das bedarf menhang auch nie gesagt: Und da haben wir fol- natürlich eines gewissen Zeitraumes, und das hat gendes Problem … Zum Beispiel: Wir haben zu

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Nur zur dienstlichen Verwendung dann letztlich zu der Entscheidung geführt, die- wird aber mit einem hohen Know-how gearbei- ses Projekt nicht mehr weiterzuführen. tet“, wenn man schon nicht jedes technische De- tail selber entwickeln kann, weil da auch die fi- Im Übrigen - da gebe ich Ihnen vollkommen nanziellen Mittel zu fehlen; aber da, was man recht - sind das Dinge, die die Fach- und Dienst- dann drinhat, also gegenlaufen lässt. Wenn da aufsicht auch aufgegriffen hat, nachdem das im der Bundesnachrichtendienst besonders penibel März 2015 bekannt geworden ist, und die wir wäre im Gegenteil zur vorherigen Praxis, wäre auch mit einer besonderen Art von Qualitätssi- das, glaube ich, etwas Positives. So ist mein Ein- cherung künftig beheben wollen, behoben haben, druck. und das Ganze weiter gerechtfertigt auch durch eine neue Rechtsgrundlage durch das BND-Ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da gebe ich Ihnen setz - hier gab es ja auch eine politische Diskus- vollständig recht. Und das ist ja auch etwas, was sion; die Bundesregierung hat hier immer gesagt, in der Diskussion im europäischen Rahmen mit dass sie von einer rechtlichen Klarstellung aus- den Partnerdiensten durchgeführt wird, nämlich geht, dass also auch die allgemeine Befugnisnorm zu erläutern, was wir mit der neuen Rechtsgrund- des § 1 Absatz 2 Satz 1 des BND-Gesetzes als lage des BND-Gesetzes, mit dem besonderen Rechtsgrundlage reicht - - dass wir aber auch vor Schutz, den es ja hier auch für EU-Bürger, Ein- dem Hintergrund von gerichtlichen Verfahren richtungen der EU und der Regierungen des Mit- hier eine deutliche Klarstellung hinsichtlich der gliedsstaaten der EU gibt - - dass das hier eine Routine brauchen. Und das hat die Bundesregie- Sichtweise ist, die es nach meiner Kenntnis im rung mit veranlasst, auch durch die Diskussion Bereich der anderen Dienste, Partnerdienste so in diesem Ausschuss. nicht gibt. Diese Diskussion führen wir; die füh- ren wir als Fach- und Dienstaufsicht auf der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Zu diesem Ebene mit den Partnern; die führt aber auch der Themenkomplex vielleicht abschließend: Wenn Bundesnachrichtendienst. man das jetzt so mal als Status quo nimmt - und Sie hatten es, glaube ich, schon angedeutet -, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, das so dann macht es schon Sinn, Engagement da rein- weit erst mal von mir zu den Selektoren. - Ich zusetzen beim BND auch mit ausreichend Perso- komme zu einem zweiten Thema, was wir viel- nal, diesen Bereich der Selektoren doch wieder leicht schnell machen können: das Thema No- klar aufzustellen, wenn ich das richtig sehe. Und Spy-Abkommen. Es ist ja schon immer wieder das könnte ja auch ein Asset sein gegenüber an- auch in diesem Untersuchungsausschuss ange- deren Nachrichtendiensten. Ich habe den Ein- sprochen worden, medial angesprochen. Es be- druck, dass die NSA beispielsweise sich diese steht die These, das wäre alles nur ein Scheinge- Mühe nicht macht, ihre Suchbegriffe ordentlich fecht gewesen, eine Nebelkerze für den Wahl- zu pflegen: Was im Topf ist, ist im Topf; wenn es kampf; so etwas hätte es nie gegeben: Gespräche einen Treffer gibt, kann man ja gucken, ob er über ein No-Spy-Abkommen, ernsthafte Gesprä- noch gut ist; Hauptsache, einen Treffer mehr als che. einen zu wenig. - Jeder kann das ja machen, wie er meint. Wenn man einen Nachrichtendienst Auf der anderen Seite wird sehr differenziert hätte, der da sehr sorgsam mit den Suchbegriffen gesagt: Doch, die gab es, die gab es einmal auf der umgeht und vielleicht auch erklären kann - - Nachrichtendienstebene, auf der politischen nicht jeder Suchbegriff ist ja erklärbar, wo er her- Ebene, die wären auch geführt worden, und auf kommt, insbesondere nicht, wenn er von einem Nachrichtendienstebene wäre da sogar etwas bei Dritten zugeliefert wird - - aber bezüglich der ei- rausgekommen, was auch immer - dazu werde genen im Einsatz befindlichen ein hohes Engage- ich gleich noch mal fragen, was das hätte sein ment daranzusetzen, dass man weiß, was man im können -, aber auf politischer Ebene wäre es Köcher hat. Ich glaube, das wäre ein Asset auch dann eingebremst und abgehakt worden. - Wie gegenüber Partnerdiensten, dass die sehen: „Da bewerten Sie die Diskussion damals, im Sommer

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2013, Herbst 2013 bis Anfang 2014, als unser jet- nachrichtendienstliche Schiene, die die Diskus- ziger Bundespräsident und damaliger Außenmi- sion zu so einem Abkommen unter Nachrichten- nister ja noch in den USA war, auch ein Pressein- diensten geführt hat, und die andere Schiene war terview gegeben hat? Wie war das mit diesem No- die politische, nämlich eine politische Erklärung Spy-Abkommen: Nebelkerze oder Versuch, der in dem Sinn zu bekommen. Wenn ich das ver- dann doch nicht zustande kam? folgt habe - - Ich habe noch im Januar am ersten oder zweiten Tag meiner neuen Tätigkeit, näm- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Zunächst einmal ge- lich im Januar 2014, als Staatssekretär mit der statten Sie mir, noch mal darauf hinzuweisen - Verantwortlichen im Weißen Haus telefoniert, das habe ich auch bei meiner letzten Einver- und damals ist das in diesem Telefonat nach mei- nahme gemacht -, dass ich den Begriff „No Spy“ ner Erinnerung nicht rundweg abgelehnt worden. für verfehlt halte. Es gibt sicher die Möglich- Also, zu dem Zeitpunkt, Januar, bin ich auch keit - - noch davon ausgegangen, dass ein solches Ab- kommen möglich erscheint. Im Laufe des Früh- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer hat den jahrs hat es sich dann sich gezeigt, dass es ein denn gebracht? Wo kam der denn her? solches Abkommen nicht geben wird. Aus mei- ner Sicht ist das eine politische Entscheidung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Der ist - - Ich weiß aufseiten unseres Partners gewesen. Wenn ich nicht, wer zuerst war: die Medien oder im An- mich zurückerinnere: Anfang August - wir hatten schluss an die Diskussion an eine der PKGr-Son- ja mit der Diensteebene dort gesprochen - hat die dersitzungen, die im Juli/August 2013 stattgefun- Diensteebene gesagt, dass sie sich so etwas vor- den haben - - Aber letztlich spielt das nicht die stellen kann, dass das aber natürlich unter einem entscheidende Rolle. Nur, aus meiner Sicht ist es politischen Vorbehalt steht. Und auf dieser Ebene wichtig, dass man die Frage des Abkommens hier ist dann weiterdiskutiert worden, auch über die sieht. Wahl hinaus bis eben ins Frühjahr 2014.

Und ich habe es schon in der letzten Einver- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt wird im- nahme gesagt: Aus meiner Sicht hat es Bestre- mer wieder gesagt: So ein No-Spy-Abkommen - bungen für ein solches Abkommen tatsächlich oder wie man es auch immer nennt -, das gibt es gegeben, und zwar nicht von unserer Seite; son- in keinem einzigen Fall; das haben die USA noch dern den Anlass dafür haben unsere Gesprächs- nie abgeschlossen. Wer kann denn glauben, dass partner in den Vereinigen Staaten gesetzt. Das das 2013/2014 mit Deutschland abgeschlossen kann ich deswegen sagen, weil Sie ja sicher aus worden wäre? Das glaubt doch keiner. - Was den Akten auch wissen, ohne dass ich das jetzt in könnte die Amerikaner denn bewogen haben da- der offenen Sitzung verbreitern muss, dass ich mals, doch so etwas zum ersten Mal zu machen? Anfang August eine Delegation geleitet habe, die nach Washington gereist ist und die dort mit den Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich kenne ja Verantwortlichen in der NSA und beim Director auch aus der öffentlichen Diskussion zwei Argu- of National Intelligence gesprochen hat, und dort mente. Zum einen: Das macht sowieso nie einer. ist uns das so vermittelt worden. Und dann das weitere Argument: Wenn wir das mit den Deutschen abschließen würden, dann Wir sind nach Hause gekommen und haben diese wären wir quasi gezwungen, das mit Chinesen Information, die wir gehabt haben, hier an die oder Russen auch abzuschließen. - Das halte ich politische Spitze gegeben. Und dann sind nach für, offen gesagt, einen Blödsinn; denn man hat meiner Kenntnis - Sie wissen ja, ich war damals natürlich Partner, mit denen man enger zusam- nicht im Kanzleramt, sondern war Innenstaats- menarbeitet, und dann hat man nicht nach dem sekretär im Bundesministerium des Innern - Gleichheitsgrundsatz die Verpflichtung, mit an- quasi auf zwei Schienen Verhandlungen darüber deren Partnern ebenfalls, weil man einmal ein weitergeführt worden. Die eine Schiene war die Abkommen abgeschlossen hat, ein weiteres Ab- kommen abzuschließen. Das war die Diskussion.

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Und wenn Sie mir noch mal helfen: Die Frage zu nicht da so ein gewisses Feeling an Peinlichkeit dem zweiten Punkt - - bei denen?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Im Endeffekt, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich kann das warum die Amerikaner im Herbst - - nicht beurteilen. Das mag ein Grund gewesen sein. Bei den Gesprächen, die wir geführt haben, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ach so, ja. - Ja, ich ist natürlich nicht zur Motivation, warum das gehe mal davon aus, dass vor dem Hintergrund Angebot kommt, mit uns gesprochen worden; der Diskussion, die in Deutschland ja öffentlich denn unterstellt, Sie haben recht und es ist ihnen geführt worden ist, die auch nach den Sondersit- peinlich, dann werden sie mit den Vertretern der zungen des PKGr im Gegensatz zu dem sonstigen Bundesrepublik Deutschland nicht auf der Ebene Verhalten nach PKGr-Sitzungen öffentlich kom- reden, sondern sagen: Wie können wir etwa ver- mentiert worden ist, sowohl von Regierungsseite lorengegangenes Vertrauen für die Zukunft wie- als auch von der Seite des Parlaments - - aus derherstellen? Und deswegen bieten wir unter Sicht der Dienste gesagt hat: In dem Fall ist es anderem ein solches Abkommen an. wichtig, dass wir hier ein entsprechendes Ab- kommen vorschlagen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber wenn man mal sieht, wie viele Standorte denn die USA Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Waren die weltweit haben, wenn man sich mal so einen Atlas Amerikaner denn eigentlich in der Zeit total ent- anguckt, dann sind relativ viele in der Bundesre- spannt drauf, so im Sinne von: „Wir haben alles publik Deutschland. Die Bundesrepublik Deutsch- richtig gemacht, was regt sich der Rest der Welt land ist, glaube ich, kein unwesentlicher Standort auf?“? für die Amerikaner. Es ist ja nicht nur so, dass wir der kleine Partner wären, der keine Rolle spielt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, bei meinem und kein Mitspracherecht hat, sondern ich glaube, Gespräch - gerade das Gespräch Anfang August - dass die Bundesrepublik Deutschland sehr wich- hat sich ganz deutlich gezeigt, dass die Amerika- tig ist für die Amerikaner - zumindest zurzeit. Es ner uns vermitteln wollten, dass sie das nicht ge- ist nur mein Eindruck; korrigieren Sie mich, wenn gen Deutschland explizit durchführen, und bei ich da völlig falsch liege. Ich glaube, dass man in diesen Gesprächen waren meine Gesprächs- so einer Phase, wo man auf Nachrichtendienst- partner auf der amerikanischen Seite nicht ent- ebene, nicht auf politischer Ebene - ich glaube, da spannt. lief die Diskussion eher in die Richtung „So was geht ja gar nicht“ -, aber auf Nachrichtendienst- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Insbesondere: ebene schon peinlich berührt war, dass einem so Wir gucken immer so entspannt, weil die Ameri- was passiert, wo man doch eigentlich so ein gro- kaner - bös, bös - uns abgehört haben. Jetzt sage ßes Know-how hat. Und ich könnte mir vorstellen, ich mal ganz locker: Ja, so ist das halt unter dass das eine Motivation mit war, zum ersten Mal Nachrichtendiensten. - Waren die vielleicht aus vielleicht, etwas einzugestehen, um wieder Ver- anderen Gründen unentspannt? Ich sage mal: Die trauen aufzubauen. Das war meine Interpretation; waren die Deppen der Welt. Sie haben Daten- aber korrigieren Sie mich, wenn ich da in eine völ- sätze in gigantischem Umfang mit Edward Snow- lig falsche Richtung gehe. Vielleicht waren die den nach China und dann nach Russland gehen auch gar nicht peinlich drauf, vielleicht haben die lassen. Also, blöder kann sich ein Nachrichten- gesagt: So what? dienst nach meiner Meinung nicht anstellen. Bei uns hat mal das ZNBw ein paar Disketten verlo- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, den Eindruck ren und ist danach aufgelöst worden, weil man hatte ich wieder nicht. Das habe ich versucht vor- so trampelig war. Also, die Amerikaner haben hin darzustellen. Es ist nicht gewesen, von oben sich einen Bock geschossen; jeder Nachrichten- herab, zu sagen: Regt euch nicht auf, ihr Deut- dienst würde sagen: Oh mein Gott, kann man mit schen, das machen alle Dienste. - Also in dem denen überhaupt noch zusammenarbeiten? - War Tenor ist das Gespräch nicht geführt worden.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 15 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Und Ihre Vermutung kann ich weder bestätigen veranlassen? Ich als Innenstaatssekretär war da- noch widerlegen. Das mag ein Motiv gewesen mals zuständig für das Bundesamt für Verfas- sein. sungsschutz als Spionageabwehrbehörde. Hier ist auch noch mal die Verfestigung des Gedankens Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Gut, gekommen, dass die Spionageabwehr insoweit, letzten Endes Anfang 2014, wie ist denn die Dis- also der sogenannte 360-Grad-Blick, der ja auch kussion beendet worden über No Spy. Können in den Medien eine Rolle spielt - - dass das ver- Sie sich da noch dran erinnern? festigt werden muss. Das hat ja dann auch im An- schluss das BfV gemacht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also letztlich in der öffentlichen Diskussion durch eine Erklärung Und was die Diskussion angeht: Zu dem Kanzle- von Herrn Seibert, glaube ich, dass man hier, so- rinnenhandy war ich sicher bei Besprechungen weit ich mich erinnere, nicht mehr davon aus- dabei, wo dann darüber gesprochen worden ist: geht, dass es zu einer politischen Erklärung, zu „Wie haben wir die Information bekommen? Was einem politischen Abkommen hier kommt. Das können wir an eigenem Know-how zu dieser Be- war ein Zeitraum, ich glaube, im März/April des hauptung“ - und das ist ja eine Behauptung ge- Jahres 2014. Ich war selbst in Person nur einbezo- wesen; bewiesen ist es ja nicht - - „Was können gen das letzte Mal in dieser Frage mit dem Tele- die Dienste dazu beitragen?“, und da hat nach fonat Mitte Januar 2014, das ich mit meiner Kol- meiner Erinnerung auch der Bundesnachrichten- legin im Weißen Haus geführt habe. dienst in einer Stellungnahme - aber da war ich ja damals nicht für zuständig - erklärt, dass es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Was sagte die plausibel erscheint. da im Januar 2014? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die hat es nicht nämlich meine Frage gewesen. Zu 100 Prozent vollständig ausgeschlossen, dass es zu einer poli- beweisen wird man es nicht, außer man hat je- tischen Erklärung kommt und zu einem Abkom- manden von einem Dienst, der sagt: Ich habe es men auf Diensteebene. gemacht, ich habe am Rechner gesessen und die Leitungen geschaltet. - Aber die Plausibilität war Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - da, und so arbeiten ja Nachrichtendienste: mit Drittes Thema: Kanzlerinnenhandy. Als die News Plausibilitäten. - Und wer war es, plausibel? kam, die NSA spioniert direkt das Handy der Bundeskanzlerin aus, was hat das bewirkt im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, die Behauptung Kanzleramt? war, dass es die NSA gewesen sei. Und die NSA ist ein SIGINT-Nachrichtendienst, und sie hat die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut, das habe ich technische Möglichkeit. Einen Beweis gab es damals nur am Rande miterlebt, weil ich der nicht, und von daher ist es eine durchaus plau- Innenstaatssekretär war. Aber Sie haben ja aus sible Überlegung gewesen, die damals ja in den Unterlagen, die Ihnen vorliegen, gesehen, dass Medien eine große Rolle gespielt hat, auch die ich zu vielen Besprechungen im Kanzleramt war Behauptung, dass es die NSA gewesen ist. schon vor dem Hinweis auf das Kanzlerinnen- handy durch die deutschen Medien. Vor dem Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also es war Kanzlerinnenhandy ging es um die Frage, die nicht der BND selber, der für die NSA die Kanz- eben im Wesentlichen auch bei meinem Besuch lerin abgehört hat, was ja auch schon mal als in Washington eine Rolle gespielt hat. These durch den Raum geisterte: Ups, man wusste gar nicht, dass man die Kanzlerin abhörte, Nach der Meldung, dass das Kanzlerinnenhandy und gibt ja alle Daten an die NSA weiter. - Das ist abgehört worden sein soll, hat es natürlich auch nicht plausibel, oder ist das auch plausibel? die Frage gegeben: Was ist hier in Deutschland zu

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 16 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist nicht plausi- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wissen Sie, bel, weil der Bundesnachrichtendienst ein Aus- ob der amerikanische Präsident das zugegeben landsnachrichtendienst ist, der für die Bundesre- hat? publik Deutschland arbeitet, und deswegen ist das nicht plausibel. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das weiß ich defini- tiv nicht; aber ich kann mir es nicht vorstellen. Im Übrigen: Nach allem, was wir auch innerhalb des BND natürlich vor dem Hintergrund geprüft Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich mir ei- haben, gibt es - und das möchte ich hier ganz gentlich auch nicht; aber man weiß es ja nicht. - deutlich sagen - selbstverständlich keinen Hin- In dem Gespräch ist auch ein weiteres Thema an- weis, dass der BND in irgendeiner Weise hier geschnitten worden, nämlich der Standort einbezogen sein könnte. Ramstein für die Steuerung von Drohnen, insbe- sondere von Kampfdrohnen. Ist Ihnen zu dem Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann war Themenkomplex etwas bekannt? eine These: Der Bundesnachrichtendienst schöpft hier Millionen und Abermillionen Datensätze Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich meine, die Dis- deutscher Bürgerinnen und Bürger ab und leitet kussion zu Ramstein gibt es ja schon länger, und sie an die NSA weiter, 580 Millionen; diese Zahl ich denke, dass auch ein Zeuge hier in diesem geisterte durch die Gegend. Könnte da die Kanz- Ausschuss eine Rolle gespielt hat. Ich sage das lerin nicht drunter gewesen sein? jetzt mal ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, weil ich der Meinung bin, dass Ramstein nach Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, das ist ja, wie dem, was wir wissen, jedenfalls nicht unter- sich herausgestellt hat und wie, glaube ich, auch suchungsgegenständlich für diesen dieser Ausschuss ja dankenswerterweise mit er- Untersuchungsausschuss ist, weil es ja um die arbeitet hat, falsch gewesen. Was mich in dem Frage hier geht, ob von Deutschland aus oder Zusammenhang ärgert, ist, dass so lange diese mithilfe Deutschlands etwas gesteuert oder falsche Meldung in den Medien geistern konnte; veranlasst wurde. Das sehe ich nicht so. Die denn es handelte sich ja wohl im Zusammenhang neueste Meldung, die ich aus den Medien kenne, mit Bad Aibling - - Und dort sind spezielle Ein- war ja - und auch wohl in einer Fragestunde im satzgebiete, die auch die Bundeswehr betreffen Deutschen Bundestag hat es der Vertreter des und deutsche Bundeswehrsoldaten betreffen, be- Auswärtigen Amtes gesagt, offen gesagt -, dass troffen, und das sind keine Daten von Deutschen. die Vereinigten Staaten gesagt haben, dass es keine Steuerung auf deutschem Boden, auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, also da nicht in Ramstein gibt, dass Ramstein allerdings war die Kanzlerin auch nicht drunter. Trotzdem eine von vielen Relaisstationen, sage ich jetzt hat die Bundeskanzlerin mit dem amerikani- mal, ist, und es kann sein, dass unter Umständen schen Präsidenten Obama gesprochen und auch Steuerungsimpulse über Ramstein laufen. Aber dieses Thema angeschnitten. Wissen Sie etwas das sehe ich nicht als ein Steuern oder von diesem Gespräch? Veranlassen von deutschem Boden aus.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nur das, was mir Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, so weit durch Aktenstudium bekannt ist und was auch stimmte ich dem zu, weil auch der Zeuge Bran- öffentlich bekannt geworden ist. Wie gesagt, ich don Bryant ja hier gesagt hat, es wird nicht aus war damals Innenstaatssekretär. Natürlich ist es Ramstein gesteuert, sondern über Ramstein. Er dann so, dass die Kanzlerin - gehe ich mal davon hätte dann angerufen, selber anrufen hätte er aus - selbstverständlich mit dem Präsidenten der nicht können; da wäre extra einer gekommen, der Vereinigten Staaten sprechen muss, wenn die Be- die Nummer gewählt hätte. Irgendwann hat er ge- hauptung in den Medien ist, dass es durch die sagt: „Wir haben auch mal auf Wiederwahl ge- Vereinigten Staaten gesteuert worden ist. drückt“, wie man sich das alles auch immer vor-

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 17 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Nur zur dienstlichen Verwendung stellen muss. Also Relaisstation. Ist das nicht ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So habe ich es auch nauso traurig, wenn man sagt: „Über eine Relais- verstanden. Aber nach meiner Kenntnis jetzt mit station werden da Kampfdrohnen gesteuert, die dem Hinweis auf die Relaisstation: aus meiner irgendwelche Leute töten“? Erinnerung, meiner Kenntnis, weil ich da nicht direkt mit einbezogen bin, jetzt durch die neue- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Vorsitzender, sten Aussagen. dass in einem bewaffneten Konflikt Leute zu Tode kommen können, ist leider eine Folge eines Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Also, bewaffneten Konfliktes. Und da macht für mich, ich hätte jetzt nichts dramatisch gefunden, wenn muss ich ehrlich sagen, auch weniger die Unter- man das wusste nach Ihrer rechtlichen und völ- scheidung, ob das ein Special Team ist oder ob kerrechtlichen Einordnung. Nur Nichtwissen eine Drohne, die letztlich dazu führt, oder ein finde ich immer schade. Lieber weiß ich was und Flugzeug oder ein sonstiges Kriegsgerät, wie Pan- habe eine klare Position dazu, als wenn ich sage: zer und Artillerie. Ich weiß es nicht.

Und im Übrigen möchte ich auch noch mal da- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, gut, aber das ist rauf hinweisen: Ich habe ja das auch gehört und tatsächlich eine Angelegenheit, die eben nicht im die Diskussion in den Medien verfolgt: Drohnen- Ressort Innenministerium - und die Diskussion einsätze, zum Beispiel in den Tribal Areas. Und war ja damals, als ich im Innenministerium war - da kann ich mich wirklich sehr gut erinnern, eine Rolle gespielt hat. weil in der Zeit, in der vorletzten Legislatur- periode, in dem dafür vorgesehenen Gremium, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Gut. Geheim tagenden Gremium darüber des Öfteren Ich würde es in der ersten Runde damit erst mal diskutiert worden ist. Drohneneinsätze an sich mit meinen Fragen bewenden lassen und später werden ja auch nach dem Völkerstrafrecht und noch mal zu anderen Themenkomplexen einstei- nach dem Völkerrecht bewertet und sind nicht gen. - Dann kämen wir jetzt zu den Fragen der generell unzulässig und nicht durchführbar, Fraktionen. Es beginnt die Fraktion Die Linke. sondern es gibt eine Diskussion. Und die Frau Kollegin Renner. - Danke schön. Vereinigten Staaten - das wissen wir ja alle - sagen, dass sie einen Krieg gegen den (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- Terrorismus führen, und zwar losgelöst von den zender. - Herr Fritsche, können Sie uns eigentlich einzelnen Einsätzen wie ISAF oder sonstigen darüber aufklären, warum Herr Schindler entlas- Einsätzen, die wir jetzt auch in Mali zum sen wurde? Das konnte er uns nämlich nicht sa- Beispiel führen, sondern sie führen diesen Krieg gen. gegen den Terrorismus. Und da gibt es ja auch eine ganz heftige Diskussion, ob die VN-Charta Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Abgeordnete, hier ein sogenanntes Selbstverteidigungsrecht Herr Schindler ist politischer Beamter, so wie ich auch generiert. Also, von daher ist es nicht so, auch, und wie Sie wissen, hat das Beamtenrecht dass wir ganz grundsätzlich davon ausgehen eine besondere Regelung hier vorgesehen: dass können, dass Drohnenangriffe an sich völker- nämlich ein politischer Beamter ohne Angabe rechtswidrig oder völkerstrafrechtswidrig sind. von Gründen aus seinem Amt entlassen werden kann, während andererseits ein politischer Beam- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Seit wann ter auch ohne Angabe von Gründen in seinem weiß die Bundesregierung denn, dass Ramstein Amt belassen werden kann. als sogenannte Relaisstation genutzt werden kann, wie einige andere Standorte übrigens auch? Martina Renner (DIE LINKE): Also es gab keine Das liegt halt wohl an der Erdkrümmung, wenn Gründe? ich das richtig verstanden habe. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann. Herr Schindler ist ohne

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 18 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

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Angabe von Gründen in den Ruhestand geschickt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. worden. Martina Renner (DIE LINKE): Das verwundert Martina Renner (DIE LINKE): Aber gab es uns, weil uns hat hier der Bundesnachrichten- Gründe? Oder wurden sie nur nicht angegeben? dienst immer so eine Geschäftsphilosophie vor- geführt, dass man nur Produkte für den Kunden Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Abgeordnete, erstellt und gar nicht im Eigeninteresse handelt. es ist bei politischen Beamten üblich, dass hier Wenn aber der Kunde, Sie, das Bundeskanzler- eine andere Äußerung nicht erfolgt. Ich kann amt, nie so ein Produkt bekommen haben, also mich an einen Fall aus der jüngeren Vergangen- wo dann mal zu sehen war, das französische Au- heit erinnern, wo es Begründungen gegeben hat, ßenministerium wird gesteuert oder ein Minister die dann auch zu personellen Schwierigkeiten oder ein Parlament oder Ähnliches, an wen sind auch in der politischen Spitze geführt haben. denn die Produkte dann gegangen aus diesen Er- Und deswegen sage ich noch mal: Es ist wohl an- fassungen? geraten, dass man sich an das Beamtenrecht hält, und hier heißt es, dass politische Beamte ohne Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Abgeordnete Angabe von Gründen in den Ruhestand geschickt Renner, Produkte des Bundesnachrichtendiens- werden können. tes, die er nach draußen gibt, und zwar nicht nur ans Kanzleramt, sondern an die Ressorts der Bun- Martina Renner (DIE LINKE): Haben wir Aus- desregierung, sind sogenannte Finished Intelli- sicht darauf, dass Herr Altmaier oder Frau Mer- gence. kel uns sagen können, welche Gründe es gab? Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das müssen Sie die beiden Zeugen fragen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, hier wird da- rüber berichtet, welche Kenntnisse man hat im Martina Renner (DIE LINKE): Werden wir tun. - Hinblick darauf, was die Bundesregierung im Ich will auf die BND-Selektorenproblematik zu Aufgabenprofil dem Bundesnachrichtendienst sprechen kommen und nicht danach fragen, ob aufgegeben hat. Daraus ist nicht zu erkennen, wo- Sie den Begriff Selektor kannten oder Suchbe- her, aus welcher Quelle diese Informationen griffe oder TKM oder Sonstiges, sondern ich stammen. würde Sie gerne fragen, ob Sie vor dem 13.03.2015 wussten, dass europäische Ziele, wie Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, gut. Aber Regierungseinrichtungen in Partnerstaaten, Bot- wenn man eine Information dann bekommt und schaften, internationale Einrichtungen, EU-Kom- die betrifft zum Beispiel Frau Clinton oder Herrn mission und Ähnliches mehr, gesteuert werden Kerry oder Herrn Netanjahu oder - ich überlege durch den BND. so einiges -, dann fragt man doch: Ist das - - Fragt man da nicht: Ist das jetzt HUMINT, SIGINT? Ist Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dass in der Routine das okay? Also, ist egal? des Bundesnachrichtendienstes die von Ihnen ge- nannten Ziele gesteuert werden sollten: Wenn Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, wenn es kei- Sie so etwas unterstellen, dann kann ich hier in nen weiteren Hinweis gibt, dass man fragen offener Sitzung nur sagen: Vorher wusste ich da- sollte, fragt man nicht. von nicht. Martina Renner (DIE LINKE): Ab welchem Punkt Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, es gab würde man fragen? auch nie eine Meldung, einen Treffer, irgendeine Unterlage, die dem Bundeskanzleramt zugegan- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das kommt, Frau gen ist, aus der man hätte schlussfolgern können, Abgeordnete Renner, auf den Einzelfall an. Hypo- dass diese Ziele erfasst werden? thetisch kann ich darauf nicht antworten.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber zum Bei- hat. In dem Zusammenhang hat man sich mit den spiel: Würde man Fragebedarf sehen, wenn man Fällen beschäftigt und hat dann festgestellt, dass eine Finished Intelligence bekommt, die ein be- eben von einer supranationalen Organisation hier freundetes Parlament betrifft? jemand zufälligerweise und nicht als Ziel in die Aufklärung gekommen ist. Deswegen, kann ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, erstens kann mich noch gut erinnern, ist damals gesagt wor- ich mich nicht erinnern, dass in dem Zusammen- den, es sollten supranationale Organisationen - hang ich jemals so eine Finished Intelligence ge- also unterstellen wir mal: die EU oder die VN - sehen habe, wo Sie dann unterstellen, dass man nicht in die - - sollten automatisiert möglichst da nachfragen sollte; sondern es wird ja immer ausgefiltert werden. Und daraufhin gab es eine vom Bundesnachrichtendienst im Hinblick auf Nachfrage, eine Verständnisfrage des Bundes- die Ziele, die die Bundesregierung ihm vorgege- nachrichtendienstes, wie denn das zu verstehen ben hat - - Und nehmen wir an, es geht um ein ist; denn das würde ja bedeuten, wenn man das Land; dann wird eben zu diesem Land berichtet, generell untersagt, dass künftig das auf alle Be- wenn es denn zulässigerweise im APB steht - da- schaffungsmethoden des Bundesnachrichten- von gehe ich aus -; dann wird zu diesem Land be- dienstes eine Auswirkung hat, also nicht nur im richtet und nicht zu einem Parlament eines be- ITO-Bereich, sondern eben auch im SIGINT-Be- freundeten Staates, um es mal so zu sagen. reich und im HUMINT-Bereich. Und der BND hat damals geschrieben, wie er es versteht. Wir ha- Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie eigent- ben keinen Anlass gesehen, an dem zu zweifeln. lich die Weisung aus dem Bundeskanzleramt aus dem 2008 bezogen auf die ITO-Aufklärung, die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr ausschließt, bestimmte Ziele zu steuern und - - Wolff.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Definitiv ja. MR Philipp Wolff (BK): Ich bitte, dass wir die De- tails dann in eingestufter Sitzung behandeln, Martina Renner (DIE LINKE): Die kennen Sie. weil wir noch - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Definitiv ja. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, wir sind ja noch im Allgemeinen. Martina Renner (DIE LINKE): Und gab es in dem Zusammenhang Überlegungen, dass, wenn dies MR Philipp Wolff (BK): Wie bitte? für die ITO-Steuerung gilt, man möglicherweise auch darüber nachdenken muss, die BND-Se- Martina Renner (DIE LINKE): Das ist nur ganz lektoren hinsichtlich jetzt der Routineerfassung allgemein gefragt. anzupassen? MR Philipp Wolff (BK): Richtig. Ich wollte nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich noch mal darauf hinweisen, dass da Doku- mich richtig erinnere, hat der ITO-Ansatz - das mente - - ist ja eine andere technische Maßnahme, die ja auch nicht in dem Bereich hier eine Rolle spielt, Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Was ich weil sie mit SIGINT nichts zu tun hat - - war ja eben nicht so verstehe, ist, wenn man sagt, im ein ganz anderer. Nach meiner Erinnerung gab es ITO-Bereich sieht man rechtliche Probleme, eine zufällige, unbeabsichtigte Aufklärung in ei- wenn man supranationale Einrichtungen steuert, nem Bereich, den die Fach- und Dienstaufsicht wieso man dann sagt, im SIGINT-Bereich ist das nicht für zulässig hielt. Das hat sich, wie die ITO- okay. Maßnahme - - Das ist ja damals öffentlich rauf- und runterdiskutiert worden hinsichtlich Afgha- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Weil wir in dem nistan und einer deutschen Journalistin, die dort Zusammenhang auch dann diskutiert haben, ob jedenfalls bei den Maßnahmen eine Rolle gespielt

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wir eine Dienstvorschrift in dem Bereich machen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - wieder sollten. wechseln. - Wir kommen in der ersten Runde zur Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek beginnt. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn ich mich der. - Herr Staatssekretär Fritsche, guten Morgen! richtig erinnere, ist dabei auch gefragt worden, ob - Ich würde erst einmal eine Frage an Sie richten im Bereich SIGINT eine Dienstvorschrift notwen- wollen in Bezug auf das Amt und die Funktion, dig ist, und das haben wir mit dem BND bespro- die Sie seit Januar 2014 im Bundeskanzleramt chen und sind zu dem Ergebnis gekommen: Nein. wahrnehmen. Das ist ja eine neue Stelle gewesen, die geschaffen worden ist ein halbes Jahr nach Martina Renner (DIE LINKE): Weil es dort eine den Snowden-Veröffentlichungen, nach den Bun- andere rechtliche Grundlage gibt? destagswahlen und nach einer absehbaren Kon- stituierung eines parlamentarischen Unter- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich weiß nicht, wie suchungsausschusses. Wer ist denn auf die Idee weit der Text jetzt eingestuft ist; aber ich könnte, gekommen, so was zu schaffen, also sozusagen glaube ich, ganz allgemein sagen, dass dort vom neben Kanzlerin, Chef des Bundeskanzleramtes BND gesagt worden ist: Ähnliche Probleme oder und Abteilungsleiter 6 jetzt zusätzlich einen Pannen, wie sie im Bereich ITO existieren, kön- Staatssekretär hinzusetzen, der die Koordinie- nen im SIGINT-Bereich nicht auftreten. rung der Geheimdienste zu übernehmen hat?

Martina Renner (DIE LINKE): Hat sich ja dann Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, dazu müssten als Fehleinschätzung rausgestellt. Sie diejenigen fragen, die die Entscheidung ge- troffen haben. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist leider so. Christian Flisek (SPD): Hat man da nicht mit Martina Renner (DIE LINKE): Für diese Fehlein- Ihnen drüber gesprochen? schätzung, trägt da jemand die Verantwortung? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Über die Gründe Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, da gilt eigentlich nicht, sondern man hat mich gefragt, ob ich diese das, was ich vorhin auf die Fragen vom Herrn Position übernehmen möchte, und ich habe ge- Vorsitzenden schon gesagt habe, - sagt: Ja.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, habe ich vermu- Christian Flisek (SPD): So, aber irgendwas muss tet. man Ihnen ja erklärt haben im Hinblick darauf, was Sie jetzt zu tun haben und was anders wer- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - nämlich dass wir den soll als früher; sonst wäre das Ganze ja eher die Verpflichtung haben als Fach- und Dienstauf- ein Versorgungsposten, und das ist es ja nicht. sicht, dafür Sorge zu tragen, dass das nicht mehr vorkommt und dass wir durch Strukturen im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das hoffe ich nicht, Bundesnachrichtendienst das verstärken müssen, auch zu meinem eigenen Selbstverständnis. Aber dass es auch innerhalb des Dienstes rechtlich ich denke, auch aus der Tätigkeit als Abteilungs- richtig abläuft. leiter im Kanzleramt, also in der vorletzten - also vor dieser Entscheidung - Legislaturperiode, war Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten es aus meiner Sicht schon klar, dass, wenn man wir - den Beauftragten für die Nachrichtendienste - den Posten gibt es ja, und den hat es immer gege- Martina Renner (DIE LINKE): Wir wechseln, ben, den hat in Personenidentität der Chef des okay. Kanzleramtes gehabt - - Wenn man in dem Zu-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung sammenhang vor dem Hintergrund unserer inter- wirklich mehr als nur notwendig behelligt wer- nationalen engeren Zusammenarbeit - und ich den“? meine jetzt nicht das Thema, das hier im Unter- suchungsausschuss eine Rolle spielt; vor allem; Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter das ist am Rande natürlich mit ein Punkt -, aber Flisek, ich will nicht ausschließen, dass das ein der Verantwortung, die die Bundesrepublik weiterer Punkt ist; aber ich halte es auch aus mei- Deutschland durch immer mehr Auslandsein- ner Erfahrung in der Vergangenheit für absolut sätze übernimmt, der Bedeutung, die dann Nach- wichtig, dass die Position gestärkt wird. Und richtendienste in dem Zusammenhang haben, wenn Chef BK vor dem Hintergrund, dass er als insbesondere auch der Auslandsnachrichten- Chef des Bundeskanzleramtes in einer Koa- dienst - - und die Frage, dass auch in anderen litionsregierung genügend Aufgaben hat, inner- Staaten, wie zum Beispiel den Vereinigten Staa- halb der Koalitionsregierung politisch wichtige ten, eine - ich will das jetzt nicht gleichsetzen, Vorhaben weiter zu befördern - - halte ich das für aber - ähnliche Position nach 9/11 und nach den durchaus gerechtfertigt und vor dem Hinter- dortigen parlamentarischen Untersuchungen ge- grund, was ich vorhin gesagt habe, nämlich dass schaffen worden ist - - hat man gesagt - und das die internationale Bedeutung von Deutschland, ist das, war mir bekannt ist -, dass man eine her- was Auslandseinsätze angeht, gestiegen ist, dass ausgehobene Position - Chef BK zum einen ent- dieser Posten geschaffen worden ist. Und deswe- lasten und mit der Beauftragtenfunktion - in ei- gen habe ich auch zugesagt. ner Staatssekretärsfunktion schaffen will. Nach den Erfahrungen - wiederhole ich noch mal -, die Christian Flisek (SPD): Hat sich denn die Befas- ich in der Zeit hier als Abteilungsleiter im Kanz- sung des Chefs BK mit Fragen der Geheimdienst- leramt hatte, halte ich das auch für richtig, und aufsicht nach Ihrer Ernennung und nach Schaf- deswegen habe ich es gerne gemacht. fung dieses Postens geändert? Ist er jetzt - Sie ha- ben ja von einer Entlastung gesprochen - weniger Christian Flisek (SPD): Also, Ihre persönliche mit solchen Fragestellungen befasst, als es in der Qualifikation, die spreche ich Ihnen überhaupt Regel früher der Fall war? nicht ab, im Gegenteil; aber die Frage ist halt jetzt noch mal, was sozusagen diese Aufgabe tatsäch- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich definitiv lich beinhaltet im Vergleich zu dem, wie es vor- bejahen. Natürlich bin ich in der Hierarchie, und her war. Es ist zumindest mal, wenn so eine Posi- der Chef des Kanzleramtes wird von mir von den tion geschaffen wird, so, dass diejenigen, die das wesentlichen Dingen auch unterrichtet; aber all bisher gemacht haben, man kann sagen, entlastet die Gespräche, die zum Beispiel mit unseren aus- werden. Einige werden vielleicht das auch eher ländischen Partnern zu führen sind - - auf dem als eine Entmachtung sehen. Also, ich denke jetzt gleichen Level bestehenden Positionen unserer da eher mal an den Abteilungsleiter 6, der ja bis- Partner auch im politischen Bereich - - denn ich her eher derjenige war, der dann unmittelbar mit bin ja an der Schnittstelle zwischen den Nach- dem Chef BK über die wichtigen Fragen korres- richtendiensten und dem politischen Bereich. pondiert hat. Und Sie haben jetzt gerade auch Diese Gespräche übernehme ich. Ich habe das ge- selber von der Entlastung des Chefs BK gespro- sehen, dass in der Zeit, als ich Abteilungsleiter chen. Was würden Sie denn zu der These sagen, war im Kanzleramt, diese Gespräche damals der wenn ich sage: „Man hat mitten in einer Zeit, wo Chef des Kanzleramtes, und zwar alle, führen die Frage der Aufsicht und Kontrolle über Ge- musste. Das schließt nicht aus, dass der heutige heimdienste ein Problem war, ein politisches Chef des Kanzleramtes natürlich, weil er der Mi- Problem war, sozusagen noch einmal eine perso- nister und der Leiter eines Kanzleramtes ist, auch nelle Firewall reingezogen, um sicherzustellen, solche Gespräche führt; aber er führt sie deutlich dass gerade die Spitzen des Kanzleramtes, na- weniger als in der Zeit, als es nur den Abtei- mentlich die Bundeskanzlerin und der Chef des lungsleiter 6 gab und den Chef des Kanzleramtes Bundeskanzleramtes, von diesen Dingen nicht gab.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Als Sie im Januar in Ihr Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, ich kann Amt gekommen sind, in Ihre neue Funktion, was mich erinnern, dass ich zum Teil natürlich zu haben Sie da für eine Situation vorgefunden? Wie laufenden Vorgängen schriftliche Unterlagen be- war sozusagen - - Es ist ja jetzt ein neues Amt; kommen habe, also wenn ich Mitte Januar dort man kann ja jetzt nicht sprechen davon, dass eingestiegen bin. Zum anderen - das ist eine Me- man sozusagen eine Amtsübergabe gemacht hat; thode, die auch ich persönlich bevorzuge - gibt es es gab keinen Vorgänger. Aber was haben Sie da natürlich nicht nur tägliche Runden mit den Re- vorgefunden, sage ich mal, bis auf ein Büro und feratsleitern, Vertretern der Referate, sondern hat vielleicht einen Schreibtisch und Mitarbeiter? es dort am Anfang natürlich in besonderer Weise Hat man Ihnen ein Briefing gegeben: Was ist die gegeben, an der die Abteilungsleitungen, Stell- aktuelle Situation insbesondere nach dem denk- vertreter und die Referatsleiter teilgenommen ha- würdigen Oktober 2013 mit den Aussagen der ben, und da fühlte ich mich à jour gesetzt. Kanzlerin, mit den Weisungen, die vom damali- gen Chef BK Pofalla erteilt worden sind in den Christian Flisek (SPD): „Laufende Vorgänge“ ist BND hinein? Was war sozusagen Ihre Einstiegs- ein gutes Stichwort. Herr Pofalla hat uns hier in situation? diesem Ausschuss unlängst gesagt - und da ha- ben wir sehr intensiv die Instrumente der Fach- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ein Briefing in aufsicht erörtert und sind auch auf die Frage ge- dem Sinne, vor allem mit den Punkten, die Sie stoßen, ob es denn ausreicht, in einer Situation, jetzt angesprochen haben, hat es nicht gegeben. wo man vielleicht Missstände feststellt, dann nur Aber zum einen war mir die Tätigkeit im Kanz- Weisungen zu erteilen -, dass er in Bezug auf die leramt ja nicht ganz unbekannt, weil ich eine Umsetzung seiner Weisungen aus dem Oktober Legislaturperiode davor als Abteilungsleiter 6 da 2013 auch einen Bericht angefordert hätte. Das war. Zum anderen war ich ja in den Diskussio- war ganz interessant. Herr Heiß, Abteilungslei- nen als Innenstaatssekretär - das habe ich vorhin ter 6 wusste davon gar nichts. Und da würde ich auf die Frage des Vorsitzenden ja schon gesagt - Sie jetzt ganz gerne mal fragen: Laufende Vor- jedenfalls in der Zeit Juli/August mit einbezogen. gänge im Januar: Ist das bei Ihnen aufgetaucht, Ich kann mich auch erinnern: Vor dem Hinter- dass da ein Bericht angefordert wurde von Herrn grund des so bezeichneten Abkommens hat es Pofalla, der eventuell mal, wenn er denn nicht auch Gespräche gegeben, an denen ich teilge- jetzt kommt, anzufordern ist noch mal? nommen habe, bevor ich diese Position hatte. Also von daher fühlte ich mich auf dem Level, je- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, ist nicht auf- denfalls was die Diskussion, die Fortführung der getaucht. Diskussion nach dem Sommer 2013 angeht. Christian Flisek (SPD): Das halte ich ja, also Christian Flisek (SPD): Dann muss ich mir das so jetzt - ich unterstelle das jetzt, was Sie sagen, vorstellen: Dann kriegen Sie Akten vorgelegt oder weil wir ja da auch eine gewisse - - Wir haben ja die Sie selber anfordern können, und Sie müssen auch zumindest mal entsprechende Vollständig- sich das selber erarbeiten? Ich meine, es ist ja keitserklärungen vom Bundeskanzleramt, wovon doch schon so: Wenn man jetzt im Innenministe- ich ausgehe, dass, wenn es einen solchen Bericht rium war, dann liest man andere Akten, gehe ich jemals gegeben hätte, er dann auch in unseren mal davon aus, als jetzt, wenn man im Kanzler- Unterlagen wäre, weil man sicherlich davon aus- amt ist. Und selbst wenn man vier Jahre vorher gehen kann, dass er untersuchungsgegenständ- da war: Die Welt hat sich in diesen vier Jahren lich ist. All das gibt es nicht; er ist noch nicht doch erheblich gedreht. Und sozusagen jetzt aus mal irgendwo angedeutet. Wir haben das aber auf der Sicht der Fachaufsichtsbehörde noch mal auf mehrfache Nachfragen Herrn Pofalla - - also ihn die Dinge zu schauen, auch mit den Informatio- damit konfrontiert, und er ist dabei geblieben: Ja, nen, die im Zweifel nur im Kanzleramt vorhan- er hat einen solchen Bericht angefordert. - Was den sind, ist ja doch noch mal eine andere Per- sagen Sie denn dann dazu? Ist das - - Hat er das spektive. erfunden?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 23 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, Christian Flisek (SPD): Also, Sie haben jetzt Be- ich kann ja nicht bewerten, was ein Zeuge gesagt zug genommen auf das Auftragsprofil. Das ist ja hat. Ich kann nur feststellen - und da bin ich als auch richtig. Das ist ja sozusagen die Blaupause, Zeuge derjenige, der feststellen muss -: „Hat es so wenn wir die Frage beantworten: Was ist inner- einen Bericht gegeben? Habe ich ihn gekannt?“, halb deutscher Interessen, und was ist nicht in- und dazu kann ich Ihnen nur sagen: Nein. nerhalb deutscher Interessen? - Jetzt würde ich Sie mal konkret fragen wollen. Wenn der BND Christian Flisek (SPD): Gut, dann müssen wir da- die Handynummer - fiktiver Fall - eines europäi- raus die Schlussfolgerungen ziehen. Und dann schen EU-Außenministers abhört - nehmen wir werden wir wohl wahrscheinlich nicht drum her- mal den Fall eines Mitgliedsstaates, was früher umkommen, zu sagen, dass das eine Schutzbe- eine Kolonialmacht war, mit vielen, vielen ehe- hauptung vielleicht von Herrn Pofalla ist. Aber maligen Kolonien in Afrika beispielsweise - und das werden wir dann noch mal insgesamt klären jetzt sagt: „Na ja, den spionieren wir aus, weil der müssen. eben oft mit irgendwelchen anderen Außenmi- nistern aus allen möglichen afrikanischen Staa- Die Frage, die ich jetzt noch mal an Sie auch ten telefoniert und wir über diesen Kontakt un- hätte, wäre also das berühmte Kanzlerinnenzitat. glaublich viele Informationen aus diesen Ländern Wir hängen uns da immer so gerne deswegen bekommen, wo viele dieser Länder oder einige dran auf, weil das eben - - Die Bundeskanzlerin zumindest auch Gegenstand des Auftragsprofils hat ja insgesamt recht wenig zu dem Thema ge- unserer Bundesregierung sind“: Würden Sie nach sagt, und deswegen ist es ganz interessant, dann dem Zitat der Bundeskanzlerin sagen, dass so et- zumindest damit zu arbeiten. was noch davon gedeckt ist, oder nicht?

Also: Ausspähen unter Freunden. Aus Ihrer Sicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das, was Sie auch dann im Januar 2014, war das, was sie da jetzt gerade geschildert hatten: Unterstellt, so et- gesagt hat, eine Beschreibung des Status quo, was hätte stattgefunden, dann ist das durch das oder war das die Ausübung, ich sage mal, der Zitat, aber auch durch das Aufgabenprofil der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin im Sinne: Bundesregierung nicht gedeckt. Es gibt auch nach „So soll es werden in Zukunft“, oder war es viel- dem neuen BND-Gesetz einen besonderen Schutz leicht was Drittes, was ich jetzt gerade nicht auf für EU-Regierungen, Mitglieder der Regierungen, dem Bildschirm habe? Institutionen und EU-Bürger.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, ich habe die Christian Flisek (SPD): Darf ich gerade kurz? Aussage der Kanzlerin - - Übrigens ist es ja nicht die einzige gewesen. Das war die Zeit nicht nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. des Wahlkampfes, sondern auch der Sommer- interviews, und da sind ja verschiedene Christian Flisek (SPD): Entschuldigen Sie, dass Aussagen der Kanzlerin, wenn ich mich richtig ich unterbreche. Natürlich, das ist sozusagen jetzt erinnere, 2013, im Sommer - auch das neue BND-Gesetz. Wir unterhalten uns halt über den damaligen Zeitpunkt. Und wir ha- Christian Flisek (SPD): Auch in diese Richtung, ben ja jetzt sozusagen damals eine andere Rechts- genau. lage gehabt. Ich würde Sie noch mal mit der alten Rechtslage gerne konfrontieren. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - gefallen. Und nach meiner Überzeugung, weil ich ja in groben Zügen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut. So groß ist der auch als Innenstaatssekretär das Auftragsprofil Unterschied nicht; denn der Auftrag des Bundes- der Bundesregierung kenne, bin ich davon ausge- nachrichtendienstes wird artikuliert durch das gangen, dass das eine Äußerung ist, die sich da- Auftragsprofil der Bundesregierung. Und nur mit deckt, dass das, was Partner angeht, nicht nach dem Auftragsprofil, also bezogen auf The- Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes ist.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 24 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung men oder Länder, die die Bundesregierung vor- irgendwie, dann haben wir da ja auch die Mög- gibt, hat der Bundesnachrichtendienst seine Auf- lichkeiten, Ausnahmen von der Regel zu machen. klärung zu betreiben. Da kann es durchaus vor- Wir haben jetzt nur nach der neuen Rechtslage kommen, dass Themen betroffen sind, die auch eine weitestgehende Gleichbehandlung zwischen in der EU eine Rolle spielen. Das habe ich auch G-10- und EU-Bürgern in diesem Bereich. Die in offenen Gesprächen meinen Partnern, die ja Ausnahmen stehen da. Die Frage ist: Passt es mit nachgefragt haben, warum wir jetzt so ein BND- dem Kanzlerinnenzitat zusammen - ich mache es Gesetz haben, dargestellt: Wir haben eben The- jetzt mal konkret -, dass man - fiktiv - den franzö- men, wie die Bekämpfung des Terrorismus oder sischen Außenminister regelmäßig abhört, weil die Bekämpfung der Proliferation, wo es durch- man weiß, er spricht mit allen möglichen Regie- aus, wenn jemand dort tätig ist - das ist wahr- rungschefs in Afrika, telefonisch, und weil man scheinlich der falsche Begriff -, aber jedenfalls in über diese Länder Informationen haben will, des- dem Bereich hier etwas, was dieses Thema an- wegen hält man die Leitung zum französischen geht, begeht oder mit involviert ist - - dass der Außenminister über Überwachung? Ist das nach Bundesnachrichtendienst zu Recht hier Aufklä- wie vor aus Ihrer Sicht kompatibel mit dem, was rung betreiben darf, und das wird es auch künftig die Kanzlerin gesagt hat? geben. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es ist kompatibel, Christian Flisek (SPD): Also, nur noch mal, da- was die Kanzlerin gesagt, und so habe ich sie ver- mit wir es jetzt richtig verstehen: Sie sagen, nach standen. Im Übrigen müssen Sie natürlich die alter wie nach neuer Rechtslage wird der BND Kanzlerin selbst dazu fragen. Aber sie hat es ja auch weiterhin EU-Regierungsmitglieder, die mit wiederholt, wie ich vorhin gesagt habe, in ver- einer hohen Wahrscheinlichkeit regelmäßig mit schiedenen Interviews, dass es natürlich nur sein anderen Regierungen aus Ländern, die in dem kann, dass der Bundesnachrichtendienst aufklärt, Auftragsprofil der Bundesregierung genannt sind, sei es HUMINT, SIGINT oder andere Maßnah- konferieren - - wird es so sein, dass man sie aus- men, wenn es sich innerhalb des Aufgabenprofils spioniert. der Bundesregierung bewegt, und dass dabei auch Grundsätze zu beachten sind, wie der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das habe ich, Herr Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Sub- Abgeordneter Flisek, nicht gesagt, - sidiaritätsgrundsatz. Ich habe, genauso wie Sie jetzt gesagt haben, ganz generell bezogen auf Poli- Christian Flisek (SPD): Sondern? tiker, Ihnen nur ein Beispiel dafür gegeben, dass es eben Themenbereiche gibt. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sondern ich habe gesagt, dass es durchaus im Auftragsprofil des Christian Flisek (SPD): Ja, ja. Noch mal, Herr Bundesnachrichtendienstes sein kann, dass er zu Fritsche: Aber ist es verhältnismäßig - jetzt frage Recht SIGINT, ob G-10-Maßnahmen oder Rou- ich Sie -, dass man zur Zweckerreichung, Infor- tine, auch im Bereich der EU durchführt, wenn mationen, ich sage jetzt mal, über beispielsweise es um die Themenfelder Terrorismus, Prolifera- ein Land wie Mali zu erreichen, ein französisches tion oder Bekämpfung von organisierter Krimina- Regierungsmitglied überwacht? Also, Stichwort lität geht. Das habe ich - - Mali, unterstelle ich mal, ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vielleicht Teil des Auf- Christian Flisek (SPD): Aber das ist doch ein tragsprofils. Weiß ich nicht, kann ich hier auch ganz anderes Feld, Herr Fritsche. Noch mal: Da nicht sagen; wissen Sie; aber unterstelle ich jetzt haben wir ja auch gar keinen Dissens, sondern mal. Nehmen wir mal den Fall - wir unterstellen das ist die neue Rechtslage. Wir haben gesagt, ge- das mal -, Mali ist Teil. Ist es verhältnismäßig, nauso wie wir beim G-10-Schutz ja kein Absolut- dass ich dann sozusagen ein französisches, also heitsschutz haben - - sondern wenn jemand ir- ein EU-Mitglied, ein Regierungsmitglied der EU gendwo terroristischer Gefährder ist oder sonst unter Überwachung nehme, und wie verhält sich das mit dem, was die Kanzlerin gesagt hat?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 25 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, das habe ich ich das gar nicht in der ersten Runde machen, Ihnen ja versucht - vielleicht liegt es an mir, dass aber wir können es jetzt gleich - - ich es nicht klar genug gemacht habe - - Das ist nicht verhältnismäßig. Das ist ja das Problem, das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Zeit wäre wir gesehen haben im Hinblick darauf, wie das auch um. APB und die Aufgaben aus dem APB seitens des Bundesnachrichtendienstes interpretiert worden Christian Flisek (SPD): Ja? sind. Ich wollte nur darauf hinweisen - und ich will jetzt nicht auf französisches Regierungsmit- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. glied oder irgendeine Region eingehen -, dass es nicht auszuschließen ist - und das war damals so Christian Flisek (SPD): Wirklich? So schnell? und ist jetzt mit einem besonderen Schutz ins BND-Gesetz aufgenommen worden -, dass es hö- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, schon here Hürden dafür gibt, dass EU-Bürger, EU-Re- deutlich. Sogar schon drei Minuten, um genau zu gierungsmitglieder in die SIGINT-Erfassung gera- sein. ten können, in die Routineerfassung geraten kön- nen. Es ist aber vor dem Hintergrund - was ich Christian Flisek (SPD): Ich hätte gar nicht „Vor- gesagt habe - zur Bekämpfung Terrorismus, sitzender“ sagen dürfen, jetzt hat er - - Proliferation nicht auszuschließen. Das wollte ich nur auch aufgrund der neuen Rechtslage Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist er wach noch mal ganz klar darstellen. geworden.

Christian Flisek (SPD): Gut. - Das bedeutet aber: Christian Flisek (SPD): Also, dann machen wir es Wenn es jetzt grundsätzlich keinen Fall des Ter- in der nächsten Runde. Danke. rorismusverdachts gibt gegen irgendein Regie- rungsmitglied, dann können Sie zum heutigen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke Zeitpunkt ausschließen, dass der BND weiterhin schön. - Dann kommen wir zu der Fraktion Regierungsmitglieder der EU unter diesem Vor- Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. wand unter Überwachung hat. Dr. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist eine der Fol- NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Guten gen, die wir auch in der Fach- und Dienstaufsicht Tag, Herr Fritsche! - Anknüpfend an die Gedan- mit dem Bundesnachrichtendienst besprochen ken des Kollegen Flisek und diese grundsätzliche haben und wo die Fragen eben, ob Selektoren Frage noch mal, was man denn vor dem März hier falsch gesteuert werden, in dem Sinn, wie 2015 wusste: Sie haben ja sozusagen die Snow- Sie es beschrieben haben - - die Qualitätssiche- den-Enthüllungen damals aus dem BMI praktisch rung eingeführt haben. verfolgt - nicht? -, aus der Perspektive des BMI?

Christian Flisek (SPD): Frage noch mal: Können (Der Zeuge nickt) Sie das hier heute ausschließen, dass das weiter- hin stattfindet? Und als die Kanzlerin das gesagt hat im Sommer, dieses „Abhören unter Freunden geht gar nicht“, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich muss nach hatten Sie da ein Störgefühl, oder haben Sie ge- allem, was ich in der Kontrolle des Bundesnach- dacht: „Die Frau hat recht“? richtendienstes bisher gesehen habe in der Aufar- beitung - - kann ich das ausschließen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, ich versuche es noch mal zu wiederholen, was ich auch ver- Christian Flisek (SPD): Gut. Weil der Vorsitzende sucht habe Herrn Abgeordneten Flisek zu sagen: das gerade angesprochen hatte. Eigentlich wollte Für mich war das kompatibel mit dem, was das

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 26 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Auftragsprofil der Bundesregierung ist und was dass die Praxis des Bundesnachrichtendienstes der BND zu leisten hat. selbst und die Aussagen der Bundeskanzlerin im Wahlkampf 2013 diametral auseinanderfallen, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht im Bilde? NEN): Haben Sie gesagt: „Die Frau hat recht, Ab- hören unter Freunden, das ist empörend“? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da kann ich mich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht mehr erinnern, ob ich das genau so zitiert NEN): Jetzt haben Sie gesagt, der Chef, Präsident habe; aber ich habe ein ungutes Gefühl gehabt. des BND kann ohne Angabe von Gründen entlas- sen werden. Das ist ja formaljuristisch nicht an- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zugreifen und ist sicherlich so. Aber für die öf- NEN): Sie brauchen ja nicht zu sagen, sie hat im- fentliche Rezeption dessen, was passiert ist, an- mer recht. Das würde jetzt für den einzelnen - - gesichts dieses ungeheuerlichen Zustandes, dass nach diesen Unwahrheiten, die Frau Merkel da Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das geht über den verbreitet hat im Bundestagswahlkampf 2013, die Untersuchungsgegenstand hinaus. Praxis des BND noch über zwei Jahre weiterlief, also, was haben Sie denn für Konsequenzen gezo- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen? NEN): Das stimmt. Na gut. - Aber Sie haben ge- sagt sozusagen aus der damaligen Perspektive Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das, was ich auch auch des für Spionageabwehr zuständigen BMI: einleitend auf die Frage des Vorsitzenden schon Das ist richtig, Abhören unter Freunden geht gar geantwortet habe, nämlich dass ich dafür zu sor- nicht. - Und in den Reisen, die Sie dann unter- gen habe, dass die Fehler, die geschehen sind, für nommen haben in die USA und so, da hat Ihnen die Zukunft nicht mehr geschehen werden. nie mal jemand gesagt: „Sagt mal, Leute, ihr macht das doch selbst“? Die Washington Post hat Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- doch dann da irgendwie so veröffentlicht: NEN): Ja. 300 US-Amerikaner werden - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist aber - gestat- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. ten Sie, Herr von Notz -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das wird ja irgendein amerikanischer NEN): Verzeihen Sie. Dienst dann mal zur Information der deutschen Seite öffentlich gemacht haben. - Also haben die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - natürlich der das mal an Sie adressiert, dass man das irgend- Hauptpunkt. Denn wenn wir gemeinsam zu der wie anders sieht, oder? Überzeugung kommen, dass - Grundsatz der Ver- hältnismäßigkeit und weit über das Auftragspro- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Außer dem, was Sie fil der Bundesregierung hinaus - etwas geschieht, zu Recht gesagt haben, was ich in den Medien dann hat die Fach- und Dienstaufsicht dafür zu auch gelesen habe, ist das vonseiten der US-Ge- sorgen, wenn sie es erfährt, dass sie da etwas un- sprächspartner nicht problematisiert worden und ternimmt. Das ist die Hauptsache. auch nicht von meinen Begleitern; darunter war der BND-Präsident. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber hat sie nicht eine Holschuld bezüg- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lich dieser Information, weil sich die Bundes- NEN): Also, das BMI bis zur Wahl und Koali- kanzlerin da so aus dem Fenster lehnt? Oder ist tionswechsel und dann bis zum März 2015 das das einfach so okay, dass - - Bundeskanzleramt waren im Hinblick darauf,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, für mich hat mehr durch einen Gutachter oder eine Bewer- sich die Bundeskanzlerin nicht aus dem Fenster tung. gelehnt und auch, würde ich jetzt sagen - jeden- falls aus meiner Bewertung; ich bin zwar als Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge da, aber vielleicht gestatten Sie mir eine NEN): Nein. Bewertung - - dass sie die Unwahrheit gesagt hat. Sie ist ja, wenn ich das Ganze betrachte - und ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber nach dem, was bin ja vorhin gefragt worden, ob ich da irgendwie mir selbst bekannt war, war die Äußerung der stutzig geworden bin und irgendetwas gesagt Kanzlerin insoweit logisch und im Hinblick da- hat - - Für mich war das kompatibel. Und deswe- rauf, dass in den Medien dann gesagt worden ist: gen hat die Kanzlerin das gesagt, was das Aufga- „Das kann ja wohl nicht sein, das Handy der benprofil - - und das, was der BND im Auftrag Kanzlerin, dass es hier zu Gesprächen auf hoher der Bundesregierung zu machen hat, zu machen Ebene führt“, das ist ja auch mehr als selbstver- ist. ständlich.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber die Bundeskanzlerin hat sich als Op- NEN): Jetzt Ihr Wechsel - das wurde ja eben hier fer stilisiert im Bundestagswahlkampf und da- auch schon diskutiert - ins Bundeskanzleramt: nach, 2013, während die amerikanische Seite ge- Das Interessante ist ja, dass durch den Weggang sagt hat: Così fan tutte. Und die Deutschen, die von Pofalla im Grunde so eine Art Betreuung der waren irgendwie im Empörungsmodus unter- Nachsorge Snowden-Veröffentlichungen drohte wegs, und dann stellt sich raus, im März 2015: abzureißen. So würde ich jetzt aus meinem ganz Wir machen es genauso. Deswegen: Sie können logischen Verständnis das sehen - es sei denn, jetzt sagen, hat sie die Unwahrheit gesagt oder Herr Pofalla setzt sich mit Herrn Altmaier zusam- nicht; aber sie hat ein Bild in der Öffentlichkeit men und macht eine Übergabe der Dinge: Ach, erzeugt, was den Realitäten des Bundesnachrich- übrigens, ich habe da so einen Vermerk angefor- tendienstes nicht entsprochen hat. Oder, Herr dert, der ist bis heute nicht vom Bundesnachrich- Fritsche, ich sage es mal so: Stellen Sie sich mal tendienst gekommen, und diese Selektoren und vor, die Bundeskanzlerin hätte im Bundestags- so, da müssen wir auch noch mal nachgucken wahlkampf 2013 nach den Snowden-Veröffent- und so. - Das ist offenbar ja nicht erfolgt. Das ha- lichungen gesagt oder nachdem ihre Handynum- ben jetzt mehrfach viele gefragt, und Sie wissen mer da offensichtlich im Fokus der NSA steht: wahrscheinlich davon auch nichts. Und Herr Ach, das ist alles völlig wurscht, machen wir al- Schindler hat nun mehrfach gesagt - ich zitiere les genauso. - Denn das wäre die wahrheitsge- das jetzt wörtlich -, dass Sie, Fritsche, voll im mäße Antwort gewesen: Liebe Leute, regt euch Saft gestanden hätten. nicht auf, die Geheimdienste halten sich - - die nehmen das da nicht so genau mit dem Grund- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na hoffentlich! satz der Verhältnismäßigkeit, und übrigens un- sere auch nicht. - Aber das hat sie ja nicht kom- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- muniziert, sondern sie hat gesagt: Das ist empö- NEN): Ja, mit 63 Jahren. Nein, also inhaltlich, rend, und das geht nicht. Und ich rufe jetzt mal thematisch und weil Sie offensichtlich in all den bei dem Obama an und sage dem mal, wo es Runden nach Snowden-Diskussionen und so langgeht. Und mir persönlich hat er gesagt: eben dabei gewesen sind. Das macht ja auch Meine Nummer wird er nicht mehr steuern. - So Sinn, fand ich. Jetzt ist eben die Frage, ob es da war, glaube ich, die Linie. Aber das war ja eine vielleicht dann in dem Austausch oder in dem Irreführung der Öffentlichkeit. Kenntnisstand zwischen Pofalla und dem Innen- ministerium oder wie auch immer irgendwie zu Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, auch das ist einem Informationsflussabbruch gekommen ist, weniger durch einen Zeugen zu beantworten als dass diese Ungeheuerlich, die ich ja teile, wenn man die Presseerklärung des Bundeskanzleramts

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung liest, dass eben der BND einfach zwei Jahre so schlecht. Wir haben eine Presseerklärung rausge- weitergemacht hat wie bisher - und würde es die- geben, die den BND arg gebasht hat, und das war sen Untersuchungsausschuss nicht geben, dann es jetzt“? würde das bis heute so weiterlaufen - - dass man da eben irgendwie nichts gemacht hat, also dass Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste diese Übergabe irgendwie nicht funktioniert hat. dann die letzte Frage sein. Wie gucken Sie denn darauf, denn Sie sind ja ir- gendwie auch ein Teil dieser Übergabe? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe schon Zweifel, ob diese Frage nach personellen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, zunächst ein- Konsequenzen und disziplinarrechtlichen Konse- mal haben Sie ja darauf hingewiesen, dass ich in quenzen jetzt wirklich vom Untersuchungsgegen- vielen Besprechungen im Sommer 2013 dabei stand gedeckt ist, aber ich gerne bereit, - war. Da habe ich den Papst des Bundesinnen- ministeriums zu spielen gehabt. Da war ja die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frage, die ich vorhin schon gesagt habe, Spio- NEN): Jeglicher Art von Konsequenzen, Herr Frit- nageabwehr: Wie können wir so was aufklären sche. als zuständig für die Inlandsaufklärung? Insoweit habe ich einen Part gehabt, und insoweit war ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - noch mal darauf ja auch einbezogen als Delegationsleiter Anfang hinzuweisen. Aus meiner Sicht war das Erste, August 2013, als die Reise nach Washington materielle Konsequenzen zu ziehen und zu fol- stattgefunden hat. Aber die Fragen, was jetzt die gern. Das waren die, wie ich vorhin schon auf Selektoren - - was mir bekannt geworden ist, am mehrere Fragen gesagt habe: von den ersten Wei- 13. März 2015, das ist - soweit ich mich erinnere, sungen bis hin Qualitätssicherung und der Frage, und da gehe ich wirklich fest davon aus - in kei- wie die Organisation im BND künftig verbessert ner der Besprechungen angesprochen worden werden kann. An zweiter Stelle stehen personelle und auch in keinem Übergabegespräch. Also, ich Konsequenzen. Und da sage ich ganz einfach - habe auch kein Übergabegespräch mit Herrn das habe ich versucht vorhin ja auch schon mal Pofalla geführt. Der war ja, glaube ich, schon darzustellen -, dass es hier wohl eine falsche Be- längst weg, wie ich Mitte Januar dann ins Kanz- wertung gab seitens der Mitarbeiter im Bundes- leramt gekommen bin. nachrichtendienst, was APB-konform sein könnte, und dass das sicher auch nicht in der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hierarchie nach oben getragen worden ist; denn NEN): Ja. Er ist, glaube ich, im Dezember gegan- der Präsident des Bundesnachrichtendienstes gen. - Aber können Sie denn sozusagen irgend- wusste es ja ebenfalls nicht; der hat es ja mit dem eine Konsequenz, die das Bundeskanzleramt Kanzleramt erfahren, also fast zeitgleich erfahren. dann mal, abgesehen von dieser scharfen Presse- Da gibt es sicher Dinge, die zu Umsetzungen ge- erklärung, gezogen hat, benennen im Hinblick führt haben, zu Versetzungen geführt haben, die darauf, dass man eben in Unkenntnis gehalten teilweise geplant waren. Da gibt es sicher Ein- wurde vonseiten des Bundesnachrichtendienstes schneidungen in der beruflichen Karriere; aber es über die tatsächliche Praxis und auch über das hat keinen Grund für - aus meiner Sicht - diszi- Löschen von Zehntausenden von Selektoren plinarrechtliche Maßnahmen gegeben. während der Affäre, vor der Bundestagswahl? Auch darüber hat man ja offensichtlich weder in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kom- den oberen Etagen des Bundesnachrichtendiens- men wir zur nächsten Fraktion, der Fraktion der tes noch im Bundeskanzleramt irgendjemanden CDU/CSU. Herr Kollege Schipanski beginnt. informiert. So wird uns das hier zumindest er- zählt. Und hat man da irgendwelche disziplinar- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank, rechtlichen oder irgendwie anders gearteten Kon- Herr Vorsitzender. - Guten Tag, Herr Fritsche! - sequenzen gezogen, oder sagt man einfach: Ich knüpfe vielleicht direkt an das an, was der „Künstlerpech; manchmal läuft es einfach Herr von Notz und der Herr Flisek gefragt hatten.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Noch mal mit Blick auf Januar 2014, der Amts- und von der Dienst- und Fachaufsicht - - Was ist wechsel von Ihnen ins Bundeskanzleramt. Jetzt denn jetzt konkret passiert an organisatorischen haben wir ja diskutiert, dass Herr Pofalla Sie da Umstrukturierungsmaßnahmen als Lehre aus nicht irgendwie eingewiesen hat, es gab kein dem, was da vorgefallen ist? Treffen zwischen Ihnen. Aber ich möchte da mal auf den Abteilungsleiter 6, den Herrn Heiß, bli- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also zunächst ein- cken. Inwieweit hat er Sie denn informiert, insbe- mal innerhalb der Struktur, weil wir ja gleich rea- sondere über diese Selektorenproblematik? gieren mussten, die Aufforderung, dass die Mel- dungen im Bereich der Selektoren, aber anderen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, er hat mich wichtigen Dingen bis zur Abteilungsleitung und nicht informiert; sonst würde ja nicht stimmen, von der Abteilungsleitung bis zur Dienstleitung was ich einleitend gesagt habe: dass ich erst am zu transportieren künftig, weil es ja offensicht- 13.03.2015 von dieser Selektorenproblematik er- lich in der Vergangenheit nicht passiert ist, und fahren habe. die Fach- und Dienstaufsicht entsprechend zu unterrichten. Das war das Sofortige, was wir hier Tankred Schipanski (CDU/CSU): Wie erklären leisten mussten, vor dem Hintergrund auch der Sie sich das denn? War das Thema nicht wichtig Frage, dass das Ganze ja durch den Untersu- genug für so einen Wechsel, dass man jemanden chungsausschuss befangen ist, auch Fragen, dass darauf hinweist? bis zu einem gewissen Stand, also die Listen, die hier eine Rolle gespielt haben, eingefroren wer- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da bitte ich um den und zur Verfügung gestellt werden können. Nachsicht, da müssen Sie natürlich vor allem Das hat eine Rolle gespielt. Herrn Heiß fragen. Aber für mich war nachvoll- ziehbar, dass er gesagt hat, dass das, was offen- Und dann hat eine Rolle gespielt, was ich ver- sichtlich im Sommer oder im Oktober, glaube sucht habe vorhin auch schon zu sagen, dass wir ich - nach Aktenstudium weiß ich das ja -, 2013 die Qualitätssicherung ganz allgemein verbessern passiert ist - - dass er die Verknüpfung nicht ge- müssen. Hierzu hat der Präsident des Bundes- zogen hat und dass er erst jetzt, als das im März nachrichtendienstes uns vorgeschlagen in der 2015 aufgeploppt ist, die Verknüpfung in der Fach- und Dienstaufsicht, dass er nicht nur die Deutlichkeit gesehen hat. Bundesdatenschutzbeauftragte hier enger mit ein- binden will und dass er selbst ein Kontroll- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Haben Sie im gremium im Dienst mit der behördlichen Daten- Nachhinein mit dem Herrn Heiß das mal aufgear- schutzbeauftragten eingerichtet hat, sondern dass beitet oder mal besprochen, wieso er Sie damals er auch im Hinblick auf die Organisations- da nicht hingewiesen hat, oder? defizite, die es gibt und die die Bundesregierung ja in ihrer Presseerklärung vom Frühjahr 2015 Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war seine Er- angesprochen hat - - dass hier etwas geschehen läuterung, und die war für mich nachvollziehbar. muss, dass er vorschlägt, dass das einem Exter- nen zur Untersuchung übergeben wird. Hier be- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Jetzt finden wir uns im laufenden Verfahren. Das haben wir ja festgestellt, dass Sie letztlich oder Ganze hat zu einem Abschlussbericht geführt, das Kanzleramt erst im März 2015 über die ge- und derzeit ist der Dienst dabei - ich bin gerne samte Problematik unterrichtet wurden, dass in bereit, dieses Wissen mit Ihnen zu teilen -, das der Abteilung TA das schon wesentlich länger Ganze aufzuarbeiten und zu den Vorschlägen, die lief. Sie haben ja jetzt so ein bisschen probiert zu dort gemacht worden sind, Stellung zu nehmen, erklären, wie sich dieser Umstand ergeben hat. damit wir dann gemeinsam, Fach- und Dienst- Uns würde aber schon interessieren: Was haben aufsicht und der Bundesnachrichtendienst, hier Sie jetzt - Herr von Notz hat angesprochen die die Struktur verbessern können. Weisung, die Sie gegeben haben mit Blick auf das Informationsverhalten innerhalb des Dienstes

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das heißt, ob gesagt haben seitens der Fach- und Dienstauf- diese Weisungslage ausreichend ist, um diese sicht: „Schließt das aus, möglichst automati- Informationspannen der Vergangenheit zu siert“, worauf der BND zurückgefragt hat: Ja, gilt verhindern, das ist noch offen und kommt jetzt das jetzt ganz grundsätzlich? Und wir - - Das faktisch erst im Rahmen dieses Berichtswesens Schreiben des BND, wenn ich es noch richtig in zum Ausdruck. Erinnerung habe, war: Das werden wir für die Zukunft, was das zufällige Aufgreifen angeht, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, die Weisun- also das nicht beabsichtigte Aufgreifen, verhin- gen haben natürlich zunächst einmal den Sinn dern; im Übrigen hätte natürlich das Auswirkun- gehabt, ähnliche Informationsdefizite - und da- gen auf HUMINT, SIGINT und auf die gesamte von sprechen wir ja hier - seitens der Leitung des Tätigkeit, wenn wir das grundsätzlich untersagen Dienstes und der Fach- und Dienstaufsicht für würden. - Da gilt das, was ich vorhin in der Dis- die Zukunft auszuschließen. Aber systemische kussion, ich glaube, mit dem Abgeordneten Fli- Dinge, die müssen natürlich auch dann syste- sek, gesagt habe: dass es auch nach dem neuen misch-organisatorisch aufgegriffen werden; und BND-Gesetz und nach dem Auftragsprofil der da gibt es ja Dinge, die auch die sachverständige Bundesregierung durchaus möglich ist, dass be- Vertrauensperson kritisiert hat, was Lesbarkeiten rechtigterweise der BND hier Aufklärung be- im technischen Bereich angeht und, und, und. treibt. Und das wollen wir nicht über einen Und die müssen umgesetzt werden und sind teil- Kamm scheren. Deswegen haben wir gesagt: „Bei weise auch schon umgesetzt. den zufällig Erfassten, das habt ihr auszuschlie- ßen“, und das hat der BND noch einmal rückfra- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Ich gend quasi bestätigt. Wir haben dann gesagt dazu: möchte zurückgehen auf eine Zeit, wo Sie AL 6 Damit sind wir einverstanden, müssen wir, ich im Kanzleramt waren. Sie kennen ja den PKGr- glaube, auch keine schriftliche Antwort geben. Bericht, diesen Sonderbericht von der Taskforce, die es da gab. Und die stellt nunmehr fest auf Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielleicht da Seite 15 des entsprechenden Berichtes - das ist ja auch noch mal anknüpfend - das war ja der Mali- eine Bundestagsdrucksache -: Fall vom Kollegen Flisek, also Abhören eines Franzosen, um an Informationen in Mali zu kom- Den Vorgang aus dem Jahr 2008 men -: In diesem PKGr-Bericht wird zudem emp- zu unbeabsichtigten Informations- fohlen - ich zitiere wieder -, dass erhebungen von UN und EU- Funktionsträgern hätte das Bun- … der nachrichtendienstliche deskanzleramt zum Anlass für Mehrwert gegenüber dem potenti- eine kritische Nachfrage zur Steu- ellen politischen Schaden abge- erungspraxis bei der strategischen wogen werden Fernmeldeaufklärung des BND nehmen können. sollte. - Ist das denn Ihres Wissens bislang nicht passiert? Hatten Sie denn 2008 Kenntnis von diesem Vor- gang? Sagt der Ihnen was? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist Weisungs- lage, ganz grundsätzlich. Und zwar auch schon Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist der Vorgang, vor den Vorkommnissen, also der Kenntnis, sage der vorhin schon mal eine Rolle gespielt hat. Ich ich jetzt mal, im März 2015 seitens des Kanzler- habe gesagt, dass ich von diesem Vorgang in ei- amtes und der Leitung des BND war es schon im- ner anderen Maßnahme - da möchte ich aus- mer so, dass der Nutzen abzuwägen ist mit dem, drücklich drauf hinweisen, nicht in der Frage der was man durch das Aufklären erreichen kann. Routine oder der SIGINT-Aufklärung - - dass hier Auch das ist ein Ausfluss aus dem Grundsatz der zufällig etwas in einer supranationalen Organisa- Verhältnismäßigkeit. Das betrifft aber nicht nur tion aufgefangen worden ist und dass wir damals SIGINT, sondern es betrifft auch HUMINT. Das

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung kulminiert quasi in dem Satz: Wenn ich etwas entschieden haben, nach dem, was mir bekannt durch öffentliche Quellen erreichen kann, dann ist. muss ich es mit den öffentlichen Quellen neh- men und kann es nicht noch mal nachrichten- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Nach dieser dienstlich nachsteuern, nur um festzustellen, Weisungslage, diese Abwägung entsprechend dass ich zu dem gleichen Ergebnis komme - also vorzunehmen, das oblag dem einzelnen Mitarbei- jetzt sehr pauschal ausgedrückt. ter, der diesen in der Auswertung letztlich gefun- den hat. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Wenn wir das so ähnlich pauschal sehen: Was passiert denn, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Wir haben wenn Sie politisch brisantes Aufkommen haben ja auch - und das ist auch eine Folge der von einem Botschafter oder einem Regierungs- Taskforce, auch eine Forderung der Taskforce, mitglied eines befreundeten Staates? Wie wird dass natürlich grundsätzlich die Auswertung die damit im Dienst umgegangen? Einmal vielleicht Beschaffung zu steuern hat - - Das muss auch ge- vor Oktober 13 und einmal nach Oktober 13. steuert werden, denn hier - nach meiner Kennt- nis - ist es eben teilweise so gewesen, dass die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, vor Oktober Beschaffung selbst Neues gefunden hat, ohne in 13 ist es sicher so gewesen, dass der Dienst - das Kontakt mit der Auswertung zu sein. hatten wir auch vorhin schon in der Diskussion - vieles gesagt hat. Das Thema, über das gespro- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja. Inwieweit chen worden ist, oder der Inhalt ist gedeckt oder wie detailliert wussten Sie um diese BND- durch das APB, und zwar ganz pauschal, und internen Prozesse bei der Steuerung der deswegen dürfen wir das für die Finished Intelli- Abteilung TA? gence, für unsere Berichte, nutzen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, in der Um- Nach dem März 2015 haben wir nicht nur unsere fänglichkeit, wie es mir jetzt bekannt ist, eigent- Weisungen gegeben, sondern eine der Folgen war lich erst mit dem Besuch, mit dem gemeinsamen auch, das BND-Gesetz zu reformieren, und hier Besuch von Chef BK am 20., glaube ich, am ist ganz dezidiert gesagt, dass es einen besonde- 20. März 2015, als uns auch erstmals rudimentär ren Schutz für EU-Bürger, für EU-Einrichtungen die eigene Steuerung des Bundesnachrichten- und für Regierungen von EU-Mitgliedstaaten gibt, dienstes vorgestellt worden ist, wozu wir ja dann dass das zwar nicht ausschließt - das steht auch anschließend, wie Sie den Akten entnehmen in dem Gesetz; das ist in der Routine; und hier können, eine Fülle von Rückfragen, also nicht geht es ja bei der Rechtsgrundlage nur um die nur bezogen auf die NSA-Selektoren, sondern Routineaufklärung -, dass das künftig eine Rolle auch auf die eigene Steuerung des BND, gestellt spielen könnte, aber es sind bestimmte Hürden haben. Nachdem die mit einem Abschlussbericht formeller Art, nämlich wer es zu genehmigen hat, Ende September, glaube ich, 2015 befriedigend - bis hin zum Chef des Bundeskanzleramtes, um bis dahin jedenfalls befriedigend - beantwortet mit dieser politischen Frage umzugehen. Das ist worden sind, sind wir auch an das zuständige die definitive Änderung gegenüber der Zeit vor Parlamentarische Kontrollgremium gegangen; das dem März 2015. ist der Weg, der normal ist.

Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. Aber wer Tankred Schipanski (CDU/CSU): Genau. Das hat denn letztlich diese Abwägung im BND vor- führt uns gleich zu dem besagten Besuch am 20. genommen? Wer war denn da zuständig? Waren März 2015. Vielleicht könnten Sie noch mal den das die Außenstellen, oder? Verlauf schildern, das Ergebnis ein Stück und was eigentlich der Anlass für diesen Besuch war, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn ich das rich- dass Sie mit dem Chef BK dort waren. tig sehe, dass es teilweise Mitarbeiter in der Linie waren, teilweise in den Außenstellen, die das

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, der Anlass Tankred Schipanski (CDU/CSU): Waren Sie war ganz klar gesetzt durch die Informationen, denn überrascht von den Erkenntnissen, die Sie die ich am 13. März bekommen habe. Ich habe da da in Pullach erhalten haben? telefonisch auch an dem Tag Chef BK über eine eingestufte Leitung unterrichtet. Dann haben wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich war über- am Samstag noch mal selbst die Akten aufberei- rascht, sage ich mal, von der Selbstständigkeit, tet, dem BND den Hinweis gegeben, dass er die die der jeweilige Bearbeiter hatte. Das war für Akten aufzubereiten hat. Wir hatten am Sonntag mich eine Erklärung, warum es zu solchen Se- dann eine Sitzung mit dem Präsidenten und mit lektoren gekommen ist, jetzt was die BND-eigene den Verantwortlichen aus der Abteilung TA, wo Steuerung angeht. Die Problematik der NSA-Se- uns in erster Linie mal dargestellt worden ist, be- lektoren - das hat ja auch sowohl die Taskforce, zogen auf die NSA-Selektoren - damals hat die ei- glaube ich, als auch die sachverständige Vertrau- gene Steuerung des BND noch keine Rolle ge- ensperson gesagt, bemängelt - ist, dass wir teil- spielt -, wie das Ganze grob abläuft. Dann war die weise nicht wussten, welche Selektoren wir steu- Frage, ob wir dann noch mal weitere Bespre- ern, weil es keine Erklärung, erstens keine Les- chungen in Berlin durchführen. Letztlich hat, barkeit und keine Bedeutungserklärung gegeben nachdem ich auch von der Sonntagssitzung den hat. Das ist jetzt im Moment auch ein laufendes Chef des Kanzleramtes unterrichtet habe, er ent- Verfahren, wo das Ganze überprüft wird durch schieden, dass wir nach Pullach fahren und uns die von mir beschriebene Qualitätssicherung. das vor Ort in der Abteilung TA erläutern lassen. Das hat dann am 20. März stattgefunden. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Wie hat denn der Chef BK auf die Kenntnisse oder Erkennt- Hier ist zunächst einmal vonseiten des BND ganz nisse dort reagiert? allgemein die Struktur, die Zusammenarbeit Aus- wertung-Beschaffung dargestellt worden, wie die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, er war erstens Selektoren gesteuert werden. In dem Zusammen- überrascht und hat vor allem auch gesagt, dass er hang kam dann auch die Frage der BND-eigenen sich so was nicht vorstellen konnte. Steuerung zum ersten Mal auf, nach meiner Erin- nerung. Und deswegen hatten wir dann auch, Tankred Schipanski (CDU/CSU): War der Be- glaube ich, einen Fragenkatalog beim Bundes- such, den Sie dort am 20. März getätigt haben, nachrichtendienst hinterlassen, der zu beantwor- auch ursächlich für die erste Unterrichtung des ten war. Diese Antwort haben wir dann im Laufe PKGr im Mai 2015? der nächsten Zeit bekommen und haben eine Fülle von Nachfragen gestellt. Deswegen haben Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war eine Folge. wir ja auch immer Sachstandsberichte bekom- Im Zuge des Besuchs haben wir ja diesen Fragen- men, die fortgeschrieben worden sind, die bis zur katalog und dann die Sachstandsberichte ange- Sommerpause, glaube ich, dann in einem Ab- fordert; wir haben auch den Bericht des internen schlussbericht, was die NSA-Selektoren an- Controllings, das ja der Präsident des BND selbst geht - - hat es da gegeben. In dem Teil dieses Be- eingerichtet hat, mit aufgenommen und haben richtes gab es auch immer Teile, die sich mit der dann hierüber, über den Stand zu den Se- eigenen Steuerung beschäftigt haben. Dafür ha- lektoren, berichtet - da waren ja auch die Obleute ben wir allerdings dann einen separaten Bericht dieses Gremiums mit dabei, wenn ich mich rich- angefordert; das war, glaube ich, im August. Die- tig erinnere - und haben im Übrigen gesagt, dass ser Bericht ist dann Ende September gekommen. wir auch die eigene Steuerung - das hat der Präsi- Dann haben wir Chef BK vorgeschlagen, dass wir dent nach meiner Erinnerung gesagt - aufarbeiten mit dieser Information ins Parlamentarische Kon- wollen. Dann haben wir, nachdem der Ab- trollgremium gehen, was dann im Oktober in der schlussbericht, wie gesagt, Ende September in nächsten Sitzung erfolgt ist. 2015 vorlag, das Parlamentarische Kontroll- gremium in der nächstmöglichen Sitzung - und

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung die war im Oktober - darüber, also über die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich erin- eigene Steuerung, unterrichtet. nern, dass dann im Zuge der Aufarbeitung der ei- genen Steuerung auch auf diese Weisung hinge- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Wie be- wiesen worden ist. werten Sie dann den Vorwurf der Presse, dass die Unterrichtung des PKGr im Oktober 2015 nur we- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Und gen Presserecherchen und einer bevorstehenden dann natürlich die Frage: Wann, wie und von Veröffentlichung erfolgte? wem wurde denn dann die Bundeskanzlerin über den entsprechenden Sachverhalt unterrichtet, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das ist eine den Sie bei dem Besuch im März 2015 in Pullach Fama, die von der Presse jetzt schon mehrere festgestellt hatten? Male erhoben worden ist, zuletzt in der heutigen Veröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das übliche Das ist nicht richtig. Und wenn Sie - soweit ich Verfahren ist so, dass mein Hauptansprechpart- das nachvollziehen kann - die Aktenlage sehen, ner der Chef des Kanzleramtes ist - deswegen gibt können Sie sehen, dass wir immer wieder nach- es auch an den Punkten und Bereichen Vorlagen gefragt haben, dass wir aber natürlich in der Mai- für den Chef des Kanzleramtes - und dass der sitzung nur darauf hingewiesen haben, dass wir Chef des Kanzleramtes insoweit die Bundeskanz- dran sind, dass aber - das muss man ja auch mal lerin unterrichtet. Aber es hat natürlich, gerade sagen - die gleichen Mitarbeiter im Bundesnach- vor dem Hintergrund der Frage, die dann alle be- richtendienst in der Abteilung TA für die Bedie- schäftigt hat vor der Sommerpause, nämlich nung dieses Untersuchungsausschusses mit dem „Wie kommt man dem Spannungsverhältnis - auf damaligen Untersuchungsgegenstand zuständig der einen Seite dem Untersuchungsrecht des Par- waren, dass vor der Sommerpause die Diskussion laments, auf der anderen Seite dem Staatswohl- bestand: Was geschieht mit den NSA-Selektoren? gedanken und der sogenannten Third Party Rule Werden sie dem Ausschuss zur Verfügung ge- gegenüber dem Partner - entgegen?“, auch Dis- stellt? Was ist dann? Wie gehen wir damit um? kussionen gegeben, an denen ich teilgenommen Da gab es ja dann die sachverständige Ver- habe, bei der Bundeskanzlerin. trauensperson. Das war für uns absolute Priorität. Und dann haben wir gesagt: Über die Sommer- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Aber das be- pause macht ihr jetzt die endgültige Aufarbeitung trifft ja jetzt mehr die Öffentlichkeitsarbeit, die hinsichtlich der eigenen Selektoren. - Der Bericht Sie da - - Also, unterrichtet wurde die Bundes- ist Ende September gekommen, und die nächste kanzlerin vom Chef BK; das habe ich mitgenom- Sitzung des PKGr haben wir wahrgenommen. men von Ihnen. Deswegen meine ich, dass es nicht wahrer wird, auch wenn es häufig in der Presse steht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Noch Tankred Schipanski (CDU/CSU): Sie wiesen jetzt mal auf den Besuch in Pullach blickend, auf die worauf hin? fragliche Weisung aus dem Oktober 2013 von Pofalla und Heiß damals. War das Thema gewe- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Um die Frage, die ja sen bei diesem Besuch in Pullach? auch politisch wichtig war und die ja teilweise damals stark angegriffen worden ist: dass die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Bundesregierung gesagt hat: Vor dem Hinter- grund des uns gemeinsam am Herzen liegenden Tankred Schipanski (CDU/CSU): Was haben Sie Staatswohls, also sowohl dem Parlament als auch über diese Weisung im Nachgang des Pullach-Be- der Bundesregierung, wie gehen wir damit um, suches erfahren, oder wie haben Sie überhaupt dass wir dieses Spannungsverhältnis zwischen davon erfahren? dem Untersuchungsgrundsatz auf der einen Seite und dem Staatswohlgedanken beheben können?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 34 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Und dankenswerterweise hat ja auch der Unter- des Parlamentarischen Kontrollgremiums recht suchungsausschuss sich dann einverstanden er- gut gearbeitet hat, das ja dann als offener Bericht klärt, mehrheitlich, mit der Bestellung der sach- in eine Drucksache gekommen ist, dass die Bun- verständigen Vertrauensperson, die ja dann auch desregierung in dem Zusammenhang auch aus- im Herbst hier zu ihren Ergebnissen vorgetragen drücklich unterstützt hat die Änderung, die es im hat. Und letztlich auch bestätigt durch das Bun- Parlamentarischen Kontrollgremiumsgesetz gege- desverfassungsgericht. ben hat, also auch hier die Maßnahmen zu ver- stärken. Und das bedeutet andererseits auf der Tankred Schipanski (CDU/CSU): Mhm. - Ich darf Seite der Fach- und Dienstaufsicht, dass wir dem noch mal blicken - wir hatten das ja schon an- auch personell nachkommen müssen; denn das klingen lassen - auf die Änderung im BND-Gesetz ist auch eine Forderung aus dem Taskforce-Be- jetzt speziell auch mit Blick auf europäische Inte- richt des Deutschen Bundestags. ressen. Das war ja jetzt ein erster Schritt, den das Parlament hier unternommen hat. Sehen Sie Tankred Schipanski (CDU/CSU): Auch noch mal denn über diese konkreten Regelungen, detail- mit Blick auf diese Entwicklung - Sie haben ja lierten Regelungen hinaus weitere Notwendigkei- auch betont, dieser neue § 6 Absatz 3 in dem ten organisatorischer, finanzieller und personel- BND-Gesetz, wo wir jetzt also erstmals auch ler Art, was jetzt hier insbesondere diese Fern- diese europäischen Interessen ausdrücklich er- meldeaufklärung betrifft, und vielleicht auch wähnen -: Gab es da jetzt bereits weitere Diskus- noch mal mit Blick auf die Dienst- und Fachauf- sionen mit anderen EU-Partnern oder Gesprächs- sicht? partnern, Verhandlungen, dass die sich ähnlich orientieren? Sie haben ja auf die Fragen des Vor- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich sehe wei- sitzenden schon gesagt: Das ist ja erstmalig, dass tere Maßnahmen. Das sind zum einen ganz ein- das überhaupt innerhalb der EU so detailliert in fach Personalaufwuchs sowohl in dem Bereich Gesetzesform gegossen wird. - Gilt das als Vor- im Bundesnachrichtendienst, weil, wenn Sie sich bildcharakter für andere Staaten? Wie schätzen erinnern, die öffentliche Diskussion ja auch vor Sie das ein? dem Hintergrund des Bedarfs beim Bundesnach- richtendienst seitens der Bundesregierung dazu Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich hoffe es, und führt, dass der Bundesnachrichtendienst eben ge- wir sind auch in Gesprächen mit den Partnern. rade im Bereich der SIGINT-Aufklärung neue Ich habe allerdings noch in keinem Partnerland Mittel seitens des Parlaments zur Verfügung ge- jetzt ähnliche Bestrebungen, was die Gesetzge- stellt bekommen hat, dass das auch vernünftig bung angeht, gesehen. Ich glaube, dass das in den umgesetzt wird, so wie wir seitens der Fach- und Partnerstaaten sicher noch einiger Zeit bedarf. Dienstaufsicht uns das wünschen. Personalauf- Aber wir haben ja seit dem Aufplatzen dieser wuchs natürlich auch im Bereich des Kanzleram- Selektorenlisten das Gespräch mit den europäi- tes. Hier hat es Stellen gegeben für das Kanzler- schen Partnern, und wir werden auch mit ande- amt. Derzeit werden wieder durch den Haus- ren Partnern weiter darüber reden und dranblei- haltsgesetzgeber - - Stellen sind bewilligt worden, ben. Ich hoffe, dass es eine Vorbildwirkung ha- die hier noch zur Verstärkung der Fach- und ben wird. Dienstaufsicht natürlich eingesetzt werden sol- len. Und wir sind noch lange nicht fertig in dem Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Wir ha- organisatorischen Bereich. Denn ich habe ja er- ben an dieser Stelle erst mal keine weiteren Fra- zählt: Herr Schindler hat angeboten das mit Ex- gen, und wir würden abgeben an die nächste ternen. Wir haben dem zugestimmt. Es gibt einen Fraktion. ersten Bericht. Aber das muss jetzt umgesetzt werden. Und das ist noch ein Stück Weg. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- chen Dank. Wir kommen zur zweiten Runde. Es Vielleicht noch ein Punkt, weil ja auch aus mei- beginnt wieder die Fraktion Die Linke. Frau Kol- ner persönlichen Sicht zu der Frage die Taskforce legin Renner.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 35 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Herr Fritsche, ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr würde gerne mal ein ganz anderes Thema anspre- Wolff von der Bundesregierung. chen. Was wussten Sie zu den Kontrollbesuchen der BfDI in Bad Aibling? MR Philipp Wolff (BK): Nur mal ganz kurz: Wenn wir zu den Inhalten, zu den konkreten In- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich glaube, halten kommen, machen wir das besser in einge- der eine Kontrollbesuch war schon, da war ich stufter Sitzung. Der Bericht ist auch weiterhin noch gar nicht in der Zuständigkeit; der andere, eingestuft. der zweite Kontrollbesuch hat dann während meiner Zeit im Kanzleramt stattgefunden. Da Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein. kenne ich selbstverständlich das, was seitens der BfDI gerügt worden ist. Es ist ja dankenswerter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. weise von der BfDI auch vor abschließender Stel- lungnahme der Bundesregierung an alle parla- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Danke für den Hin- mentarischen Gremien herausgegeben worden. weis. Also, all die Punkte, die aufgeschrieben Ich sage das ein bisschen, weil ich das - - worden sind - es liegt, glaube ich, Ihnen die Stel- lungnahme, die ich unterschrieben habe, ja auch Martina Renner (DIE LINKE): Wir haben es ver- vor -, sind aus meiner Sicht in den wesentlichen standen. Danke. Teilen nicht nachvollziehbar. Jetzt bin ich ge- spannt, wie das dann in dem zweijährlichen Be- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, unabhängig richt, wenn es denn aufgegriffen wird, aufgegrif- davon: Ich habe auch die Stellungnahme unter- fen wird. schrieben an die BfDI, wie wir auf die Argumen- tation der BfDI eingehen. Hier halten wir aus un- Martina Renner (DIE LINKE): Gab es denn nach serer Sicht - und das kann durchaus sein, dass den Kontrollbesuchen jeweils Beratungen im das in der öffentlichen Diskussion ja noch mal Bundeskanzleramt? Nach den Kontrollbesuchen? eine Rolle spielt, insbesondere wenn der Tätig- keitsbericht der BfDI zu diesem Punkt sich ein- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Beratung inwiefern? lassen sollte - die rechtliche Bewertung der BfDI in weiten Teilen für nicht nachvollziehbar. Das Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, dass man muss ich hier ganz deutlich sagen. Zunächst ein- vielleicht zum Beispiel darüber berät, welche In- mal hat die BfDI sich beschwert, dass ihr die formationen seitens des BND an die BfDI gehen; Kontrollkompetenz beschränkt worden sei. Das so etwas in der Art. ist aber so; denn selbst das Bundesdatenschutz- gesetz sieht eine solche Beschränkung vor, wenn Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also ganz grund- nämlich die Frage des Staatswohls eine Rolle sätzlich muss die Fach- und Dienstaufsicht hier spielt. Und Sie erinnern sich an die Diskussion, entscheiden. Das sind wir im Kanzleramt. Und die ich vorhin geführt habe: Wir haben ja aus wir haben entschieden. Staatswohlgründen die NSA-Selektorenlisten diesem Ausschuss nicht vorgelegt, und der Aus- Martina Renner (DIE LINKE): Wie war die einge- schuss war einverstanden, dass wir das mit der bunden? Also gab es dort regelmäßig Beratungen? sachverständigen Vertrauensperson machen. Hat man darüber mit entschieden, ob die BfDI be- stimmte Dinge vorgelegt bekommt, ja oder nein? Martina Renner (DIE LINKE): Nein, der Aus- schuss nicht. Die Mehrheit des Ausschusses. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Selbstverständlich.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Mehrheit des Martina Renner (DIE LINKE): Gut. Ausschusses. Sie verzeihen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das entscheiden wir, und wir haben entschieden: Nein.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 36 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben ent- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das ist ja eine schieden zum Beispiel auch: Nein, die NSA- Rüge, die ich auch aus den Medien - - die hier in Selektoren werden nicht vorgelegt. - Die Bundes- dem Ausschuss schon häufiger eine Rolle ge- datenschutzbeauftragte argumentiert ja, in dem spielt hat, jedenfalls die Diskussion darüber, dass Moment, wo sie in die Datenverarbeitung des es einen hundertprozentigen G-10-Schutz, wenn Bundesnachrichtendienstes gehen, müssen sie jemand zum Beispiel eine Telefonnummer von als eigene Datenverarbeitung in einer nachgeord- einem anderen Provider aus einem anderen neten Bundesbehörde betrachtet werden und des- Land, also nicht mit der Kennung „.de“ oder eine wegen auch zugänglich sein. Sie moniert ja ins- Telefonnummer aus einem anderen Land nutzt besondere auch, dass diese Selektoren gar nicht und dann auch noch nicht in Deutsch spricht - - hätten eingestellt werden dürfen, weil sie ja in ei- sondern weil er Doppelstaatsangehöriger ist, in nem großen Teil überhaupt nicht verstanden einer anderen Sprache spricht und es dann erst wurden vom Bundesnachrichtendienst. Das hat- später bekannt wird. Das sind Fälle, mit denen ten Sie vorhin nämlich selbst gesagt: Wir konnten wir tagtäglich leben müssen. Und der BND ist be- nicht lesen, was der Partner eingesteuert hat. müht, mit seinen Filterungen das Ganze zu ver- bessern, damit eben der G-10-Schutz insoweit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm, mhm. möglichst sichergestellt wird

Martina Renner (DIE LINKE): Hat sich das denn Martina Renner (DIE LINKE): Das war aber nicht grundsätzlich verbessert? Kann man jetzt 100 die Frage. Prozent lesen, was der Partner einsteuert? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber einen hundert- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. prozentigen Schutz wird es nach meiner Ansicht nie geben, ist aber auch rechtlich nicht gefordert. Martina Renner (DIE LINKE): Und ich meine nicht, dass die NSA eine Deutung anfügt und Martina Renner (DIE LINKE): Die Frage war, ob dann wahlweise hinten ranschreibt: Counter Ter- Sie heute, wenn zum Beispiel Messenger wie rorism, Proliferation, Drogenhandel, OK oder Threema, Signal, WhatsApp-Gruppen oder Ähn- Sonstiges, sondern ich meine: Kann das TKM, liches benutzt werden können, wenn ich Direct was vorne steht, auch wenn es sich auf einen Messaging schicke über Twitter und Ähnliches Messenger bezieht, auf einen Chat, auf ein Voice- und diese als Selektoren gesteuert werden von over-IP-Telefonat, egal was, in jedem Fall einem der NSA, aber dann beim Bundesnachrichten- Land und einer Person zugeordnet werden, um dienst verwandt werden auf den Datenbanken - - auszuschließen, dass deutsche Bürgerinnen Können Sie diese Information lesen und eindeu- betroffen sind? tig ausschließen, dass dies ein TKM ist, also ein Telekommunikationsmerkmal, was einem deut- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, da sprechen schen Bürger zuzuordnen ist? Sie, Frau Abgeordnete, von einer Grundsatzpro- blematik. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, soweit mir das bekannt ist und was mir bisher berichtet wor- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. den ist: Ja. Aber ich kann Ihnen noch mal sagen: Es gibt aber die Fälle, wo eben sich dahinter- - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also nach meiner Kenntnis ist es ja so, dass das System insoweit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da meldet verbessert worden ist. sich die Bundesregierung. Herr Wolff dazu viel- leicht? Martina Renner (DIE LINKE): Aber verbessert heißt ja nicht, dass es funktioniert, nicht? MR Philipp Wolff (BK): Nur noch mal, Frau Ren- ner, auch als Hinweis: Das sind ja jetzt erkennbar laufende Vorgänge. Also, da sind wir, glaube ich,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung auch wirklich nicht mehr im Untersuchungs- MR Philipp Wolff (BK): - - habe ich auch schon gegenstand: Was kann heute gelesen werden oder vonseiten der Großen Koalition Beschwerden be- nicht? kommen. Auch das können wir in den Protokol- len nachschauen. Martina Renner (DIE LINKE): Aber wissen Sie, was hier so eine komische Ungleichzeitigkeit ist? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Frau Wenn aufseiten der Großen Koalition, der CDU Renner. gefragt wird: „Wie ist das denn heute?“, dann werden die Fragen immer zugelassen, und dann Martina Renner (DIE LINKE): Sie verstehen ja kann man bis zum Letzten erzählen, dass jetzt die Intention der Frage. Es geht darum, irgend- nach der Novelle des BND-Gesetzes es heute bei wie, ob man tatsächlich Konsequenzen gezogen den Routineverkehren so und so ist. Da schreiten hat oder ob man sich von den Amerikanern mit Sie nie ein. Wenn ich nach Vorgängen frage, die einer Deutung, die man am Ende irgendwie das aktuell sind, dann schreiten Sie ein. Das ist ein TKM … (akustisch unverständlich), so was wie Widerspruch. abspeisen lässt.

MR Philipp Wolff (BK): Nein, Frau Renner, das MR Philipp Wolff (BK): Aber der Zeuge hat doch ist so nicht richtig. Ich habe Sie auch nicht sofort gesagt, dass Konsequenzen gezogen wurden. Das, unterbrochen; es gab sogar eine Antwort. Ich will was Sie fragen, ist wirklich ein Vorgang für das nur darauf hinweisen, dass das grundsätzlich PKGr. Wenn da solche Fragen gestellt werden, laufende Vorgänge sind. Ich bewerte auch die natürlich, aber nicht für den Untersuchungsaus- Frage nach dem BND-Gesetz - das muss ich ganz schuss. ehrlich sagen - etwas anders als die Frage nach der Erkennbarkeit von Selektoren wie Threema Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Ist Ihnen … (akustisch unverständlich) der Begriff „No Interest List“ bekannt?

Martina Renner (DIE LINKE): Ich rede von Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ist mir bekannt, ja. Grundrechtsschutz. Das ist ja schon irgendwie ein Thema, oder? Martina Renner (DIE LINKE): Und aus welchen Zusammenhängen? Seit wann kennen Sie ihn? MR Philipp Wolff (BK): Nein, von der Detailtiefe, Wie unterscheidet die No Interest List sich von was den laufenden Vorgang angeht, sind wir in anderen Listen, die wir ja hier auch zum Teil be- einer ganz anderen Dimension. Das ist Ihnen handelt haben? auch bewusst, Frau Renner. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn ich mich Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich bitte dann richtig erinnere, ist das ein Begriff, der ganz am einfach auch in Zukunft, wenn wir seitens der Anfang der Aufarbeitung der sogenannten NSA- Großen Koalition Fragen zu laufenden Vorgängen Selektoren eine Rolle gespielt hat. Es gibt ja da haben, dass Sie in ähnlicher Form was sagen und auch in anderen Bereichen eine Fülle von Listen, nicht nur bei uns. die auch andere Namen dann bekommen haben. Also das sind die abgelehnten, soweit ich mich MR Philipp Wolff (BK): Frau Renner, ich habe richtig erinnere. das in der Vergangenheit auch immer gemacht. Da können wir die Protokolle gerne noch einmal Martina Renner (DIE LINKE): Die „disapproved“ durchgehen. Wir haben uns da auch schon - - gestellten, oder was ist das?

Martina Renner (DIE LINKE): Nein, haben Sie Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die abgelehnten. nicht.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 38 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Bei denen man un- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das ist nach tersagt hat, dass sie gesteuert werden. - Inwie- meiner Erinnerung nur auf der Arbeitsebene ge- weit -aus Ihrem Kenntnisstand heraus -war denn laufen. die Problematik von abgelehnten NSA-Selektoren Gegenstand schon - ich sage mal, im Zuge des Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagen also, BfDI-Berichtes - der Korrespondenz zwischen diese Schreiben, die sind nur auf der Arbeits- BND, BfDI und Bundeskanzleramt? ebene ausgetauscht worden, die hat da niemand anderes im Haus zur Kenntnis genommen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, nur in der ab- strakten Form, wie ich es vorhin ja gesagt habe, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war ein laufen- nämlich dass der Staatswohlgedanke eine Rolle des Verfahren. Ich bin in dem Zusammenhang, spielt und deswegen keine Kenntnisse weiterge- was die Datenschutzbeauftragte angeht, natürlich geben werden. mit den Ergebnissen konfrontiert worden. Da hat es ja zunächst eine Sachverhaltsdarstellung gege- Martina Renner (DIE LINKE): Wir haben da ben und dann eine rechtliche Bewertung. Und Schriftwechsel des Bundesnachrichtendienstes ich war derjenige, der sich mit der rechtlichen an die BfDI, nachrichtlich über das Bundeskanz- Bewertung mit der Hilfe der Arbeitsebene ausei- leramt vom 12. November 2014 - das ist VS-NfD nandergesetzt hat und dann auch eine entspre- und deswegen auch verlesbar - Tagebuchnummer chende Antwort an die Datenschutzbeauftragte 212/15. Das ist dort die Seite 1 ff. Und da steht geschickt hat. auf Seite 2 zum Beispiel - - Also noch mal den Betreff, damit Sie es einordnen können: Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. - Aber das Bundeskanzleramt greift doch ganz vehement Nachbereitung der Beratung und ein. Wir haben zum Beispiel dann ein weiteres Kontrollbesuch in Bad Aibling Schreiben. Da geht es auch darum, dass be- vom 20. bis 30. Oktober 2014 stimmte Unterlagen nicht übermittelt werden sol- - Abstimmung hinsichtlich der len usw. Dann hat man sich doch sehr intensiv vom BND noch nachzureichenden mit diesen ganzen Prüfvorgängen beschäftigt. Informationen Und das immer nur auf Arbeitsebene, also - - - Benennung der Anzahl der in Bad Aibling verwandten Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist auch so in Selektoren, getrennt nach BND- der Hierarchie vorgesehen; denn auch die BfDI Selektoren und US-Selektoren hat die Arbeitsebene geschickt. Ich bin dann der- jenige, der sich mit den grundsätzlichen Schluss- - Abgabe einer Einschätzung zur Anzahl der Permutationen folgerungen sowohl der BfDI als auch unseren be- schäftigt, und das sehen Sie ja, dass ich entspre- - Angabe der Anzahl der auf chend eine Antwort zur rechtlichen Bewertung „disapproved“ gesetzten US- gegeben habe. Selektoren (?) Martina Renner (DIE LINKE): Ja, die haben Sie Diese Informationen sind offenbar zwischen Bun- vorgetragen. desnachrichtendienst und BfDI dann auch über das Bundeskanzleramt gelaufen, über Frau Pol- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Durfte ich nicht, hat zin. Jetzt kann man dann eben schlecht im Bun- Herr Wolff gesagt. Das ist alles Geheim. deskanzleramt sagen, man hat dann erst später davon Kenntnis gehabt. Oder hat Frau Polzin Martina Renner (DIE LINKE): Waren denn noch über diese Vorgänge nicht berichtet? weitere Ministerien außer dem Bundeskanzler- amt eingebunden?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 39 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sie meinen jetzt in Ich kann ja nur spekulieren. Also, hat irgend- Bezug des Kontrollbesuchs? wann mal irgendetwas aus dem PKGr zu materi- eller Wirkung verholfen beim BND? Martina Renner (DIE LINKE): Wir sind immer noch bei dieser ganzen Frage BfDI, Prüfung im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ganz klar, der BND, Bundeskanzleramt. Taskforce-Bericht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Erin- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja, aber ich nerung nicht. Das betrifft ja uns und die Fachauf- meine jetzt, davor. sicht. Das betrifft den BND, seine Steuerung, und die Fachaufsicht; das sind wir, also das Kanzler- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aus meiner Kennt- amt. nis gibt es immer wieder Anregungen - -

Martina Renner (DIE LINKE): War Herr Heiß in- Martina Renner (DIE LINKE): Nein, Anregungen, formiert zu allen einzelnen Schritten? die umgesetzt wurden.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wie gesagt, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, die werden auch ich denke, das ist alles auf der Diskussion Refe- aufgegriffen, ohne dass ich jetzt hier einen Ge- ratsleitung gelaufen, also damals Frau Polzin. heimnisverstoß begehe - - und in offener Sitzung Und Herr Heiß war natürlich in die Vorlagen sagen kann; aber in dem Zusammenhang, in dem dann mit eingebunden, die zu mir gekommen Sie beschreiben, nicht. sind, vor dem Hintergrund der Frage: Was ant- worten wir auf die BfDI? Da wird eine Vorlage für Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. - Also in mich gemacht, und da ist Herr Heiß in der dem Zusammenhang der BND- und NSA-Se- Hierarchie. lektoren gab es so etwas nicht. Das PKGr war dazu auch bis zu diesem Moment nicht infor- Martina Renner (DIE LINKE): Sie nahmen ja jetzt miert? auch regelmäßig an PKGr-Sitzungen teil. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also auch hier jetzt, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. ohne jetzt in offener Sitzung zu weit zu gehen: Das PKGr, wissen Sie ja, ist genauso nach dem Martina Renner (DIE LINKE): Da gab es ja sicher- Zeitpunkt März 2015 mit der Materie befasst ge- lich - ich bin da nicht Mitglied; aber wir können wesen wie dieser Untersuchungsausschuss. es ja annehmen - die eine oder andere kritische Nachfrage, vielleicht auch Nachfragen zum Auf- Martina Renner (DIE LINKE): Wir haben im tragsprofil oder zur Auftragssteuerung. Können Nachgang eben auch feststellen müssen, dass Sie sich an irgendeinen Vorgang erinnern, wo eine Reihe von Kleinen Anfragen - nicht nur man nach solchen kritischen Nachfragen des Kleinen Anfragen, insgesamt parlamentarische PKGr gesagt hat: „Oh, da müssen wir an der ei- Anfragen durch Abgeordnete - nicht richtig be- nen oder anderen Stelle revidieren“? antwortet wurden; ob nun mit Vorsatz, ja oder nein, können wir schwerlich beurteilen. Wo se- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Revidieren inwie- hen Sie eigentlich die Verantwortung für diese weit? Fälle?

Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, zum Beispiel Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So wie ich es Ihnen bestimmte Ziele nicht mehr zu erfassen, be- geschrieben habe, auf Ihre Frage, Frau Abgeord- stimmte Techniken nicht mehr einzusetzen, be- nete Renner. Sie hatten ja gebeten, uns darzustel- stimmte Software kritisch zu sehen, bestimmte - - len, wo die ganzen Antworten - Kleine Anfragen - auf schriftliche, mündliche bzw. Kleine Anfragen falsch sein könnten. Wir haben uns dann auch

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 40 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung der Mühe unterzogen - ursprünglich hatten wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aus Sicht der Bun- das auch selbst dem Bundesnachrichtendienst als desregierung falsch. Aus Sicht der Bundesregie- Fach- und Dienstaufsicht aufgetragen - und ha- rung - und das hat die Bundesregierung auch ben dann, glaube ich, wenn ich mich richtig erin- schon in anderen Bereichen - - das ist ja nicht nere, an sechs Stellen von solchen Beantwortun- zum ersten Mal hier geschehen - ist es so, dass gen - nicht an grundsätzlichen Beantwortungen - das Fehlen einer Dateianordnung ein formeller Nachbesserungsbedarf gesehen und haben dann, Fehler ist, der dazu führt, dass die Datenschutz- glaube ich, auch das Ihnen noch mal dargelegt. beauftragte uns darauf hinweist, dass wir hier das nachzuholen haben bzw., wenn es eine Uralt- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten datei ist, sage ich mal, und die nicht mehr exis- wir - - tiert, ob das dann überhaupt noch verhältnismä- ßig ist, eine solche Forderung zu erheben - - Aber Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber die Frage es führt nicht dazu - und das haben wir ganz war: Ist das Verantwortungsbereich des BND oder deutlich gesagt -, dass es hier zu einer materiel- des Bundeskanzleramtes, dass diese in der Ver- len Rechtswidrigkeit kommt. Das teilen wir gangenheit falsch beantwortet wurden? nicht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, die Beantwor- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. Dann tung von parlamentarischen Fragen, die bezieht darf ich noch feststellen, dass das auch die Da- sich auf die Kenntnis, die innerhalb der Bundes- tenschutzbeauftragte des BND so sieht und eben- regierung dazu vorliegen. Dazu gehört der BND falls der ehemalige Bundesdatenschutzbeauf- als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des tragte, der Herr Schaar. - Dann haben wir keine Kanzleramtes und natürlich das Kanzleramt. weiteren Fragen dazu und geben ab. Dass es in dem Zeitpunkt, als die beantwortet worden sind, zu Fehlern gekommen ist, liegt in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen dem Fall beim Bundesnachrichtendienst, weil Dank. - Dann kommen wir zur nächsten Fraktion, dort die Kenntnisse zur richtigen Beantwortung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kol- vorlagen, aber nicht eben im Kanzleramt. lege Ströbele.

Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Danke. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, danke, Herr Vorsitzender. - Herr Frit- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kom- sche, ich muss leider noch mal zurückkommen - men wir jetzt Fraktion der Union. Herr Kollege das haben wir schon mehrfach gemacht - auf das Schipanski stellt die Fragen. Abhören des Handys der Kanzlerin. Als Juristen sind wir uns doch wahrscheinlich einig darin, Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank, dass es sich dabei nicht nur um einen gravieren- Herr Vorsitzender. - Herr Zeuge, ich habe noch den Vorgang, sondern auch um eine Straftat han- mal eine kurze Nachfrage, weil der BfDI-Bericht delt, wenn das stimmt. angesprochen wurde. Das ist sonst eigentlich mehr was für die nichtöffentliche Sitzung. Jedoch Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Deswegen hat ja hat ja die Zeugin Löwnau, die Referatsleiterin bei auch der GBA hier entsprechend ermittelt. der BfDI, hier auch in öffentlicher Sitzung eine rechtliche Bewertung abgegeben, indem sie sagte, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass das Fehlen einer Dateianordnung nicht nur NEN): Ja. - Und Sie waren im Oktober - das hat- zur formellen Rechtswidrigkeit, sondern auch zur ten Sie auch schon wieder bestätigt - zuständig materiellen Rechtswidrigkeit einer Datei bzw. der im Bundesinnenministerium für öffentliche Si- erfolgten Erfassung führe. Wie bewerten Sie denn cherheit. Da frage ich mich: Warum haben Sie ei- diese Rechtsauffassung? gentlich nicht versucht, festzustellen, ob es nun wirklich stimmt? Also Sie reden ja auch heute noch, dass es plausibel ist. Das wurde damals

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 41 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung auch gesagt: Verfassungsschutz und BND sind des Kanzleramtes Wertiges gibt. Das ist, soweit der Auffassung, es ist plausibel. - Aber plausibel ich das aus der Sachlage kenne, weil ich da im heißt ja nicht, das stimmt. Was haben Sie denn BMI war, aus den Akten kenne, auch beantwortet unternommen, um das festzustellen? Es gab ja, worden. Ich habe ja vorhin auch gesagt, dass der ich sage mal, eine Zeugin, die dazu was beitragen BND eine Bewertung gegeben hat. konnte, um das mal ganz milde auszudrücken. Haben Sie jemals selber bei der Zeugin Bundes- Aber wir haben eine grundsätzliche Schwierig- kanzlerin Merkel nachgefragt, ob sie irgendwel- keit: Der Äther - und das ist ja etwas, was im che Erkenntnisse zu diesem Tatbestand hat? Äther geschieht - ist spurenlos; es wird keine Be- weise geben. Von daher ist die Frage für uns im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich bin nicht BMI gewesen: Was wird in dem Zusammenhang der ermittelnde Staatsanwalt, und ich war, wie unterstellt? Es ist nicht nur plausibel, sondern es gesagt, wie Sie richtig sagen, im Innenministe- sollte wahr sein. Was können wir insoweit ma- rium. Ich sehe gar nicht die Veranlassung, warum chen? Und da ist die Frage: Wie kann die Spio- ich bei der Bundeskanzlerin hierzu nachfragen nageabwehr - das ist die Zuständigkeit des BfV - soll, insbesondere - und das wissen Sie ja auch -: gestärkt werden? Und das ist ja dann auch eine Sobald ein Ermittlungsverfahren läuft, hat die politische Entscheidung gewesen, das zu stärken, Federführung für alles, was da geschieht, der insbesondere was den 360-Grad-Blick angeht. jeweilige Staatsanwalt, und das ist hier der Generalbundesanwalt gewesen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber ich kann mich damit nicht zufrie- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dengeben, Herr Fritsche. Die Kanzlerin oder die NEN): Ja. - Aber Sie waren ja zuständig unter an- Zeugin ist ja nicht spurenlos. Eine mögliche Wis- derem für die nachgeordneten Behörden Bundes- serin - wir wissen es ja alle nicht - sitzt da in ei- kriminalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz. nem Haus, in dem Sie ja auch regelmäßig ein und Die wiederum sind zuständig für die Spionage- aus gehen und wo Sie mit den Mitarbeitern min- abwehr. Auch deshalb war das ja für Sie von - ich destens verkehren. Liegt es da nicht mal nahe, zu sage mal - erheblicher Bedeutung, zu sagen: Müs- sagen: „Also habt ihr oder hat die Kanzlerin jetzt sen wir dieser Spur nachgehen? Sind vielleicht zusätzlich zu dem, was wir jetzt zu ermitteln ver- noch andere davon betroffen? Müssen wir da ein- suchen, über der Botschaft zu fliegen, den Äther schreiten, dass das nicht weiter passiert? Es gab abzuhören, der in der Tat vieles Spurenlose oder ja danach im Spiegel auch Veröffentlichungen, jedenfalls nicht offenbar eine Spur Hinterlas- wo drinstand, auch frühere Bundeskanzler oder sende beherbergt - - da mal nachzufragen? Also andere Teile der Bundesregierung würden darun- mich wundert das. Ich bin damals davon ausge- terfallen. Und dass der Spiegel nicht ganz dane- gangen - nun höre ich von den ganzen Mitarbei- benlag, ergab sich ja schon aus der Erstmeldung. tern auch im Kanzleramt, dass das nicht gemacht Also hatten Sie nicht Grund, von sich aus als worden ist -, dass Sie natürlich als Allererstes, Staatssekretär im Innenministerium der Frage nachdem die Kanzlerin - so wird das berichtet; nachzugehen? wir waren ja alle nicht dabei - mit einem, der es wissen muss, mit Herrn Obama telefoniert, da- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich hatte inso- nach mal fragen: Sollen wir - - Ist die ganze Sa- weit Grund, als ich natürlich - wie Sie richtig sa- che vielleicht von den Russen irgendwas oder gen - für den Staatsschutzbereich oder für das ge- stimmt jedenfalls nicht? Sie muss ja nicht Einzel- samte BKA mit seinem Staatsschutzbereich zu- heiten jetzt aus dem Gespräch - - sondern: Ist das ständig bin als auch für das BfV. Die Aufklärung bestätigt worden, ja oder nein? des konkreten Falles obliegt, wenn wir ein straf- rechtliches Ermittlungsverfahren haben, ganz al- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber noch einmal, lein der Staatsanwaltschaft, die ja dann nach Herr Abgeordneter Ströbele: Welchen Part sollte meiner Kenntnis auch nachgefragt hat, zum Bei- ich als Innenstaatssekretär hier haben? Wir haben spiel im Kanzleramt, ob es hier etwas aus Sicht ein laufendes Ermittlungsverfahren, und soweit

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 42 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung mir bekannt ist aus den Akten, hat damals das ja falsch. Dann war das eine Lüge, und diese Kanzleramt auch schriftlich dem GBA gegenüber Lüge konnte ja nicht nur für diesen Fall, sondern Stellung genommen. überhaupt zu Zweifeln führen, was die Amerika- ner da immer sagen, ob das überhaupt stimmt, ob Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- man das vielleicht irgendwie absichern müsste, NEN): Ja. - Das haben Sie nie gesehen, was da - - ob man denen noch glauben kann.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Tatsache als Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In der Allgemein- solche kenne ich nur aus den Akten. gültigkeit würde ich das nicht sagen. Aber noch mal: Ich sehe meinen Part nicht - - Ich war im Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sommer 2013 als Leiter der Delegation tätig, und NEN): Also das, was die dem Generalbundes- da ging es nicht um diese Frage; denn das Handy anwalt mitgeteilt haben, haben Sie nie gesehen, hat ja erst, wenn ich mich richtig erinnere, im haben sich auch nicht drum bemüht? Oktober des gleichen Jahres eine Rolle gespielt. Damals hat das Handy bei meinen Gesprächen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, ich will nicht überhaupt keine Rolle gespielt. ausschließen, dass ich, nachdem ich dann in der Zuständigkeit war, das gesehen habe. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): War es nicht sogar so, dass Herr Pofalla am Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 24. Oktober - das ist ein relativ berühmtes und NEN): Und was steht da drin? hier viel erwähntes Datum - 2013 gesagt hat: Sie wollen noch mal auch diese Sache zum Gegen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wie gesagt, ich will stand einer besonderen Befragung, Nachfragen, in nicht ausschließen, dass ich es gesehen habe; den USA stellen, weil das in der Tat ja möglich- aber ich habe keinen Inhalt erinnerlich. erweise zu allgemeinem Zweifeln führen könnte, was die da behaupten? Wenn das so eklatant Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht stimmt, eine Unwahrheit war, eine Lüge NEN): Ach so. war - - Sie sagen ja heute noch: Plausibel ist es, aber wir wissen es immer noch nicht. - Das ist Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Jedenfalls hat es doch für die gesamte Politik auch gegenüber den dazu geführt, dass der GBA ja auch irgendwann USA und wie man damit umgehen soll, von ganz das Verfahren eingestellt hatte. erheblicher Bedeutung. Ich will jetzt auf andere Fälle, vergleichbare Fälle, Markus R. zum Bei- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- spiel, gar nicht eingehen. Aber es gab doch NEN): Das wissen wir ja alles. Aber mich interes- Gründe, warum man daran zweifeln konnte, dass sieren Sie jetzt. Ich will Ihnen noch einen Grund die Amerikaner das, was die Chefs der Dienste da sagen, warum Sie sich vielleicht darum küm- immer wieder betonen, „Selbstverständlich hal- mern. Gerade in den Gesprächen, Auseinan- ten wir uns an Gesetz und Recht in Deutsch- dersetzungen, die im Sommer 2013 mit den US- land“ - - dass das nicht stimmte. Partnern liefen, wurde ja immer wieder betont: Herr Friedrich kam zurück; andere, ich glaube, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal - - Sie auch, kamen zurück, haben gesagt: Die haben uns noch mal versichert, sie halten sich immer in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Deutschland an deutsches Gesetz und Recht. - dann die letzte - Können Sie sich daran erinnern? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. NEN): Sie gehen immer noch davon aus, dass - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - Anmerkung, NEN): Und wenn das jetzt stimmte, dann war das vermute ich.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal: Bei mei- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - die ist von den nen Gesprächen hat es noch keine Rolle gespielt, Amerikanern initiiert worden, indem sie von so weil es zeitlich überhaupt nicht infrage kam. Im einem Abkommen gesprochen haben. Übrigen war es dann im Bereich der Staatsan- waltschaft, und von daher sehe ich keine Zustän- Christian Flisek (SPD): Die haben also wortwört- digkeit für mich, auch wenn Sie das noch so sehr lich von diesem „No-Spy-Abkommen“ gespro- betonen. chen bei diesem Besuch.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wie gesagt, die NEN): Ja. Haben Sie denn Kenntnis, dass - - Amerikaner haben den Begriff „No-Spy-Abkom- men“ nicht benutzt, sondern es ging um die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten Frage „Wirtschaftsspionage“ - wie halten wir uns jetzt wechseln, nämlich zur nächsten Fraktion, an das Recht auf deutschem Boden? - und die der Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek ist Frage: Wie arbeiten wir künftig zusammen, und dran. können wir vielleicht ein Abkommen schließen, das so weit geht, und zwar für ganz Deutschland, Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- wie es das in dem besagten MoA für das eine Pro- der. - Herr Fritsche, ich würde ganz gerne mit jekt gegeben hat? Ihnen jetzt noch mal die Thematik um das soge- nannte No-Spy-Abkommen aufgreifen. Sie hatten Christian Flisek (SPD): Ja gut, aber noch mal: vorhin gesagt, Sie stören sich an dem Begriff. Wenn Sie jetzt - - Das, was Sie jetzt gerade ge- Was stört Sie an dem Begriff? schildert haben, da gebe ich ja zu, das ist schwie- rig, wenn man das in eine Kamera reinsprechen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Konzentration muss; aber wenn man das dann trotzdem als „No- auf die Frage „No Spy“. Ein solches Abkommen Spy-Abkommen“ bezeichnet, ist das dann kein sollte weit darüber hinausgehen, jedenfalls nach Etikettenschwindel? den Vorstellungen, die auf unserer Seite - - also: Was machen wir künftig zusammen? Was versi- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aus meiner Sicht chern wir uns gegenseitig? - Das war die Inten- ist es ein Teil dessen, was mit dem Abkommen tion, die auf unserer Seite existierte. Deswegen erreicht werden soll. ist die alleinige Konzentration auf die Frage „No Spy“ aus meiner Sicht zu wenig. Christian Flisek (SPD): Also, ich habe das schon einmal auch eingeführt. Wenn Sie eine Umfrage Christian Flisek (SPD): Zu wenig? hier auf der Straße machen würden und würden draußen Menschen fragen - und an die hat man ja Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. auch im Wahlkampf kommuniziert in dieser Zeit -: „Was verstehen Sie unter einem No-Spy- Christian Flisek (SPD): Ich hätte immer gedacht Abkommen?“, ich würde mal vorwegnehmen, „No Spy“, das wäre sogar - - Also, das ist ja schon dass Ihnen eine überwältigende Mehrzahl der eine Erwartungshaltung, die mit diesem Begriff Leute sagen wird - wenn sie, ich sage mal, so viel verbunden ist, die ist ja schon gigantisch. schlechtes Englisch verstehen, dass sie entdecken können, was „No Spy“ heißt - - dass man sagen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Erwartungshal- würde: Ja, das ist halt ein Abkommen, wo man tung ist ja nicht von mir initiiert worden, son- sich verpflichtet, eben wechselseitig sich nicht dern - auszuspionieren. - So.

Christian Flisek (SPD): Von wem? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es.

Christian Flisek (SPD): Ja. Aber das ist doch völ- lig an den Haaren herbeigezogen, oder nicht?

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal, Herr Christian Flisek (SPD): Mhm. - Und wenn man in Abgeordneter Flisek: Es war nicht meine Inten- einer solchen Verhandlungssituation ist, dann tion bei der Reise Anfang August 2013, dass wir tritt man nach einer PKGr-Sitzung am 12. August dort hingehen und sagen: Wir kommen mit ei- als Chef des Bundeskanzleramtes vor die versam- nem irgendwie gearteten Abkommen heraus. - melte Medienschar und erzählt das in einer Zeit, Wir haben es auch nicht von unserer Seite aus wo, ich sage mal, ein Stück weit, was die Spiona- angesprochen, - gewelt betrifft, unmittelbar nach den Snowden- Veröffentlichungen, die heile Welt aus den Fugen Christian Flisek (SPD): Schon klar. gerät.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sondern - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal - -

Christian Flisek (SPD): Das haben die Amerika- Christian Flisek (SPD): Dann erzählt man als ner gemacht. deutsche Bundesregierung, in der Person des Chefs des Bundeskanzleramtes: Wir haben das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - es ist von den Angebot von den Amerikanern bekommen, ein Amerikanern angesprochen worden. Und von da- No-Spy-Abkommen abzuschließen. - Das erzählt her - - man. Ich meine - entschuldigen Sie -, nach dem, was ich gelernt habe darüber, was laufende Re- Christian Flisek (SPD): Die NSA; machen wir gierungsgeschäfte sind, was alles Geheim ist, was mal „die Amerikaner“ ein bissel konkreter. Streng Geheim ist, was noch nicht mal das Licht des Parlaments erblicken darf, geht der Herr Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: NSA und der zu- Pofalla her und erzählt vor versammelter Kame- ständige DNI. raschar: Es ist ein Angebot der US-Regierung da, ein No-Spy-Abkommen abzuschließen. - Das hal- Christian Flisek (SPD): NSA und der zuständige ten Sie für logisch? DNI haben ein Angebot ausgesprochen, mit Deutschland ein No-Spy-Abkommen abzuschlie- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. - Das kann ich ßen. nicht bestreiten. Aber noch mal: Ich war damals der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Beide haben ange- sprochen, dass sie sich ein Abkommen vorstellen Christian Flisek (SPD): Ja, ja. können, in dem Fragen behandelt werden dieser Art. Das Ganze müsste mit einer Arbeitsgruppe Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und es ist eine vorbereitet werden, bevor es dann finalisiert wer- Entscheidung des damaligen Chefs des Kanzler- den kann. amtes gewesen, dieses öffentlich kundzutun.

Christian Flisek (SPD): Ja, ja. Christian Flisek (SPD): Nach den Gepflogenhei- ten, die Sie jetzt als Koordinator für die Nach- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Bitte? richtendienste kennen: Wäre ein solcher Gang an die Öffentlichkeit, vorausgesetzt, es gäbe ernst- Christian Flisek (SPD): Ja. haft solche Verhandlungen, nicht ein Todesstoß für solche Verhandlungen gewesen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. - So war das nach meiner Erinnerung. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es kann ja durchaus sein, dass der Partner sogar bereit ist, Christian Flisek (SPD): Und das alles unter dem dass man an die Öffentlichkeit geht. Das will ich Vorbehalt der Administration. nicht ausschließen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Christian Flisek (SPD): War er das denn?

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aus meiner Kennt- gebot ist oder nicht, eine Täuschung der politi- nis in dem Fall, soweit ich eingebunden war, schen Öffentlichkeit wird. Und diese Grenzzie- nicht. Aber es kann durchaus sein, dass der Part- hung, die ist je nach Hierarchie, die wir hier be- ner sagt: Das ist etwas, was wir gemeinsam fragen, etwas fließend. Aber eines ist auch deut- öffentlich erklären wollen. - Das ist nicht auszu- lich: dass man, was immer da besprochen wurde schließen. und an Angebot existierte, in dem Moment, wo der erste deutsche Repräsentant den Begriff „No- Christian Flisek (SPD): Frau Donfried hat ja dann Spy-Abkommen“ in den Mund genommen hat, in der berühmt gewordenen E-Mail, die ja auch eine absichtsvolle Täuschung der Öffentlichkeit das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, vom vorgenommen hat, weil die deutsche Öffentlich- 8. Januar 2014 geschrieben: keit würde unter diesem Begriff etwas ganz ande- res verstehen als das, was Sie gerade sehr sach- ... dies wird kein No-Spy-Abkom- lich als Inhalt eines solchen Abkommens darge- men werden, und ich glaube, je- stellt haben. der ... auf unserer Seite hat das auch fortwährend die ganze Zeit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe aber auch über klar zum Ausdruck gebracht. gesagt, dass das nur ein Teil ist - - sondern dass es darüber hinausgeht. Sie selbst haben ja auf ein „Jeder ... auf unserer Seite“, „die ganze Zeit MoA im konkreten Projekt hingewiesen, und die über“, „klar zum Ausdruck gebracht“: Funktio- Äußerungen, wenn ich mich richtig erinnere, wa- nieren die deutsch-amerikanischen Verhältnisse ren ja - ähnlich wie in diesem MoA, die grund- so schlecht, dass man scheinbar sich überhaupt sätzlich dort stehen -, auf die gesamte Bundesre- nicht versteht? publik zu übertragen und auf die Tätigkeit der Dienste, der US-amerikanischen Dienste gegen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, ich denke, dass über Deutschland. Das ist das, was mir noch in das Problem eher in der Administration mit den Erinnerung ist, und das ist - auf die gesamte Bun- Diensten, also inneramerikanisch, existierte, desrepublik bezogen und nicht nur für ein kon- nach dem, was mir bekannt ist; ich bin ja bei den kretes Projekt - doch deutlich weiter gehend. Diskussionen nicht dabei. Das scheint mir eher der Grund zu sein; denn es hat - das kann nur ich Christian Flisek (SPD): Gut, aber das ist dann der sagen bzw. der ehemalige Präsident des BND und Bereich so nach dem Motto: „Wir kümmern uns der BfV-Präsident -, wie wir dort waren, dieses um G 10, wir kümmern uns um den Schutz ame- Angebot gegeben, dass es eine Arbeitsgruppe ge- rikanischer Bürger bei Kooperationen“ - ja? -, ben soll, die so etwas aushandeln soll. Und in aber auch nicht mehr. den weiteren Verhandlungen bin ich nur noch mal einbezogen worden in dem Telefonat mit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, wenn ich das dem Weißen Haus, wo das nicht ausgeschlossen noch richtig in Erinnerung habe, sind das natür- wurde. So, mehr kann ich dazu nicht sagen. lich Dinge, die in dem MoA standen, also: keine gegenseitige Spionage. Das sind Dinge, die eine Christian Flisek (SPD): Ich muss mir ja darauf ei- Rolle gespielt haben für das Projekt. Wenn man nen Reim machen, und ich glaube in der Tat, das jetzt aber auf die gesamte Bundesrepublik dass es vielleicht solche Überlegungen gab - das Deutschland überträgt, dann ist es natürlich das haben jetzt verschiedene Zeugen neben Ihnen von mir auch nicht gern so bezeichnete No-Spy- auch ausgesagt -, dass man eventuell Inhalte, die Abkommen. in einem MoA mal gestanden haben, irgendwie weiter fasst, über eine einzelne Kooperation hin- Christian Flisek (SPD): Kennen Sie ein MoA, wo aus. Wissen Sie, was das Problem an der ganzen drinsteht, dass man auf gegenseitige Spionage Sache ist? Wann aus der Interpretation eines sol- verzichtet? chen Gespräches, ob das jetzt ein konkretes An-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich Christian Flisek (SPD): Das halte ich - Entschul- mich richtig erinnere, hat das bezogen - da gehen digung, Herr Fritsche, dass ich das sage - für wir aber jetzt in den geheimen Bereich - - das weltfremd. MoA, das ja in dieser Diskussion hier im Unter- suchungsausschuss eine Rolle spielt. Das ist Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal, Herr Ab- meine Erinnerung. geordneter Flisek: Wir müssen das jetzt nicht in einer retrograden Diskussion sehen, sondern die Christian Flisek (SPD): Mhm. - Aber es wird ja Diskussion, in der wir uns damals befunden ha- auch, sage ich mal, dem Bundeskanzleramt nicht ben - - Und zu meiner Überraschung ist bei dem entgangen sein, was sozusagen parallel dazu ei- Besuch ein solches Abkommen von den Ameri- gentlich sämtliche US-offiziellen Geheimdienst- kanern angesprochen worden, und zwar von den chefs der Öffentlichkeit immer wieder gesagt ha- Amerikanern. Und da ist es durchaus möglich. ben: dass die US-Geheimdienste schlicht und er- Das hat sich halt dann erst im Frühjahr wohl greifend nur ihre eigenen nationalen Interessen durch eine politische Entscheidung, auf der poli- als Maßstab ihrer Arbeit sehen. tischen Ebene dann zerschlagen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es kann auch im na- Christian Flisek (SPD): Na ja, gut. Was heißt „im tionalen Interesse bestehen, dass man sagt: Ich Frühjahr“? Am 8. Januar gab es diese berühmte will ein solches Abkommen mit einem Partner E-Mail von Frau Donfried an Herrn Heusgen. abschließen. - Also das schließe ich nicht aus. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, und ich habe mit Christian Flisek (SPD): Isoliert? einer Person gesprochen innerhalb des Weißen Hauses, die hierarchisch nach meiner Kenntnis Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. über Frau Donfried redet. Von dem Gesprächs- vermerk - - Den kenne ich erst aus dem Studium Christian Flisek (SPD): Ich sage es mal aus der der Akten. Nach meinem Empfängerhorizont war Perspektive der US-Administration: Ich meine, in diesem Gespräch ein solches Abkommen nicht die Amerikaner - zumindest damals noch; heute ausgeschlossen. Und das war am 14. oder 15. Ja- ist das ein bisschen anders - waren an sicherlich nuar. vielen guten Kooperationen und Partnerschaften in der Welt interessiert. Und dann allen anderen Christian Flisek (SPD): Sie sind in das Amt - - Bündnispartnern und anderen Partnern, wo auch Wann genau sind Sie Geheimdienstkoordinator immer auf der Welt, erklären zu müssen, warum geworden? man jetzt ausgerechnet mit den Deutschen das macht, ist doch etwas komisch. Weil man kann Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Am 14. Januar. doch damit rechnen, dass in dem Moment, wo so was öffentlich wird - und das wird ja beobachtet; Christian Flisek (SPD): Am 14. Das heißt, Sie also man kann davon ausgehen, dass der Satz sind in dieses Amt hineingekommen noch mit von Herrn Pofalla über alle Botschaften, die hier der Agenda: Es könnte ein No-Spy-Abkommen in Berlin präsent sind, an die jeweiligen Regie- geben. rungen übermittelt worden ist -, natürlich da auch Begehrlichkeiten entstehen und dass man Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es; denn das sagt: Also dann bitte auch mit uns. war meine Kenntnis.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber diesen Be- Christian Flisek (SPD): Mhm. - Und was haben gehrlichkeiten muss man ja nicht nachkommen. Sie dann konkret noch in dieser Funktion unter- Warum soll man nicht einen Partner privilegie- nommen? ren und mit anderen das nicht machen? Und ich glaube auch nicht - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mein Telefonat mit der betroffenen Person im Weißen Haus, wo es,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wie ich gesagt habe, nicht ausgeschlossen wor- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, in Bezug auf die den ist - - politischen Fragen, also ein politisches Abkom- men, wäre das dann nach meiner Kenntnis die Christian Flisek (SPD): Wer war das? Abteilung 2 im Kanzleramt.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich weiß nicht, ob Christian Flisek (SPD): Die Abteilung 2, Herr das jetzt hier aus meiner Sicht gesagt werden Heusgen? kann. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es; in Verbin- (Der Zeuge wendet sich an dung mit dem, was aufseiten des Auswärtigen MR Philipp Wolff (BK)) Amtes dazu besprochen wird.

MR Philipp Wolff (BK): Der Vermerk ist auch Christian Flisek (SPD): Also das würde über entsprechend eingestuft zu den Inhalten. Also Herrn Heusgen laufen, und der würde unmittel- das müssten wir dann in eingestufter Sitzung be- bar die Kanzlerin im Zweifel darüber informie- handeln. ren.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also kann ich Ihnen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Davon gehe ich aus. sagen, aber nicht in offener Sitzung. Christian Flisek (SPD): Mhm. - Wie läuft denn Christian Flisek (SPD): Mhm. überhaupt die Kommunikation zur Kanzlerin in Fragen der internationalen Geheimdienstkoope- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mit der Person ist ration? gesprochen worden. Dann hatte ich über das Ge- spräch oder das Ergebnis - nämlich, dass es nicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, es gibt natürlich auszuschließen ist - Chef BK, nach meiner Erin- Unterrichtungsvorlagen, die auch an die Kanzle- nerung, unterrichtet, und dann hat es auf der po- rin gehen; aber mein Hauptansprechpartner, auch litischen Ebene, wohl eher in der Abteilung 2 lie- in solchen Fragen, ist der Chef des Bundeskanz- gend, weitere Gespräche gegeben; denn - Sie sa- leramtes. gen ja selbst - am 8. Januar hat wohl der Abtei- lungsleiter 2 mit Frau Donfried gesprochen. Diese Christian Flisek (SPD): Besprechen Sie mit Herrn Dinge sind dann nicht über meinen Tisch gelau- Altmaier, wann die Kanzlerin über bestimmte fen. Für mich war dann nur wichtig, dass wir im Dinge informiert wird und wann nicht? Gespräch bleiben, dass jedenfalls auf Dienste- ebene wir vielleicht ein Abkommen hinbekom- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Ich bespreche men, wenn auch ohne eine politische Erklärung mit ihm das Thema, und er entscheidet dann, oder ein politisches Abkommen. wie er die Kanzlerin unterrichtet.

Christian Flisek (SPD): Hat sich denn die Kanzle- Christian Flisek (SPD): Kriegen Sie eine Rück- rin über den Fortgang der Verhandlungen regel- meldung von Herrn Altmaier, welche Themen er mäßig informieren lassen? mit der Kanzlerin besprochen hat und welche nicht, oder können Sie dann aufgrund von Nach- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Davon gehe ich aus, fragen des Herrn Altmaier Rückschlüsse darauf aber jedenfalls nicht von mir. ziehen, was der Kanzlerin übermittelt wurde und was nicht? Christian Flisek (SPD): Wer wäre dann sozusagen hier derjenige, der die Informationen gibt? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann natürlich aus dem, was meinen Bereich betrifft, was ich da als Rückmeldung vom Chef BK bekomme, schlie-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

ßen, dass das mit der Kanzlerin besprochen wor- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sondern da war den ist. Noch mal: In dem Bereich, ob die sach- ich nur in den Vorbereitungen zu den Sondersit- verständige Vertrauensperson - - gab es auch Ge- zungen PKGr immer mit anwesend, um den Part spräche mit der Kanzlerin. des Bundesinnenministeriums zu vertreten. In dem Zusammenhang hat das aus meiner Sicht Christian Flisek (SPD): Umgekehrt gefragt: Der ganz allgemein - das Handy und die Veröffentli- Fall „Abwägung Staatswohl“, Untersuchungsin- chungen dazu - eine Rolle gespielt, aber nicht im teresse des Ausschusses, Aufklärungsinteresse Sinne Gespräch von mir mit der Kanzlerin. des Ausschusses, Vertrauensperson: Das haben Sie ja als einen Fall genannt, wo man offensicht- Christian Flisek (SPD): Wie oft sitzen Sie mit der lich mit der Kanzlerin unmittelbar gesprochen Kanzlerin zusammen? hat. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Immer wenn es Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. Dinge gibt, die besonders wichtig sind. Da kann ich Ihnen jetzt keine regelmäßige Thematik sa- Christian Flisek (SPD): Gibt es weitere Fälle, die gen, also keinen regelmäßigen Kalender geben. Sie hier nennen können, wo Sie wissen, das ist Wir haben ja unsere normalen Lagen. Da ist im- nach Ihren Informationen mit der Kanzlerin be- mer Chef BK dabei. Insoweit gehe ich auch davon sprochen worden? aus, dass Chef BK hier die Kanzlerin unterrichtet, und in manchen Fragen bin ich dann dabei, um Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich gehe da- da an dem Gespräch teilzunehmen; aber es gibt von aus, dass mit der Kanzlerin Verschiedenes keinen eingeschliffenen Mechanismus. besprochen worden ist. Was hier den Untersu- chungsausschuss angeht, habe ich keine weiteren Christian Flisek (SPD): Haben Sie jemals irgend- Kenntnisse - oder: das Thema des Untersu- eine Äußerung der Kanzlerin mitbekommen, ich chungsausschusses angeht, keine weiteren sage mal, dergestalt, dass man sie im Vorfeld ih- Kenntnisse. res berühmten Zitates im Oktober nicht ausrei- chend informiert hätte? Christian Flisek (SPD): Also selbst - - Ich schließe mal jetzt daraus, dass die Kanzlerin ja Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ein solches Zitat ist vielleicht nach der Veröffentlichung der Tatsa- mir nicht bekannt. che, dass ihr Handy ausspioniert wird - - Ich wende das jetzt mal auf mich: Dann ist man na- Christian Flisek (SPD): Irgendwelche Äußerun- türlich schon irgendwo, ich sage jetzt mal, belei- gen? Wahrnehmungen? digt, insbesondere wenn man dann sozusagen so einen programmatischen Satz in die Welt setzt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Keine Äuße- und gleichzeitig No-Spy-Abkommen laufen, Ver- rungen in dem Sinne, wie Sie es gerade beschrei- handlungen darüber. Gibt es da keinerlei gestei- ben. gerten Gesprächsbedarf auch mit Ihnen als dem Koordinator für die Geheimdienste? Christian Flisek (SPD): Gut. - Würden Sie denn - wie Sie sagen „retrograd“ betrachtet - das Ganze Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, um das noch so interpretieren, dass man die Kanzlerin damals mal zeitlich einzuordnen: Zu dem Zeitpunkt als - hätte besser informieren müssen, bevor sie einen im Oktober 2013, glaube ich - das Handy eine solchen Satz sagt? Rolle gespielt hat, war ich nicht im Bundeskanz- leramt, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also das ist jetzt eine Bewertung zu einer Frage, die ich als Zeuge Christian Flisek (SPD): Das ist klar. einfach nicht beantworten kann, weil ich nicht weiß, vor welchem Hintergrund das Ganze gelau- fen ist.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Mhm. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Rückblickend be- trachtet ein paarmal; das kann manchmal sogar Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wir zwei-, dreimal die Woche sein. Dann kann es müssen wechseln. auch einen längeren Zeitabschnitt geben, wo ich sie gar nicht sehe und nur Chef BK unterrichte. Christian Flisek (SPD): Dann wechseln Sie. Also ich bitte um Nachsicht, dass - - Ich verstehe gar nicht den Hintergrund Ihrer Frage. Immer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen wenn es - jetzt zur nächsten Runde. - Da beginnt wieder die Fraktion Die Linke. Herr Kollege Hahn. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Mir geht es um die Intensität des Austausches. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, vielen Dank. - Ich will noch mal an einen Punkt anknüpfen, den Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - notwendig ist, der Kollege Flisek eben schon nachgefragt hatte, spreche ich mit der Kanzlerin. weil Sie jetzt so die richtige Antwort nicht gege- ben haben: Wie oft treffen Sie denn die Kanzlerin Dr. André Hahn (DIE LINKE): Gibt es denn von zu persönlichen Gesprächen in Ihrer Funktion? diesem Telefonat der Bundeskanzlerin mit Präsi- Also, ist das im Schnitt einmal im Monat, oder dent Obama einen Aktenvermerk oder ein Proto- ist das jede Woche einmal, jede Woche zweimal? koll oder einen Vorgang, von dem Sie Kenntnis Nur damit ich da eine Vorstellung habe, wie das haben? abläuft. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, habe ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal: Es nicht. gibt keinen festen Termin, dass man sich jeden Donnerstag oder sonst wie trifft. Wenn es sein Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wie wird denn so muss, in der Zeit vor der Sommerpause des Jah- was rückgespiegelt? Also, kolportiert ist ja der res 2015, häufiger, sonst weniger. Wie gesagt, Satz der Amerikaner: Die Zusage von Obama sei, mein Hauptansprechpartner ist Chef des Kanzler- das Handy werde künftig nicht mehr abgehört. amtes, und hier gibt es die Kommunikation zwi- Das heißt ja im Umkehrschluss - oder man kann schen dem Chef des Kanzleramtes und der Kanz- es im Umkehrschluss so gelten -, dass es vorher lerin. tatsächlich abgehört worden ist. Und da steht für mich die Frage: Gibt es dann im Kanzleramt zum Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe Sie ge- Beispiel keine Gespräche darüber: „Wenn das fragt: Sehen Sie sie jede Woche zum Gespräch? jetzt für die Kanzlerin gilt, gilt das für die ge- samte Bundesregierung? Sind da andere Minister Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, sehe ich sie nach wie vor von Abhörmaßnahmen betroffen? nicht. Das habe ich doch aber gesagt, dass es hier Wie gehen wir damit um?“? Ist das nichts, was in keinen Kalender gibt, also keine regelmäßigen Ihrem Bereich dort mitdiskutiert wurde? Termine. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal: Zu Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie wissen schon, der Zeit war ich Innenstaatssekretär, und da ha- dass ich vom Schnitt jetzt rede? ben wir das unternommen, was ich als Innen- staatssekretär zu unternehmen habe, nämlich zu Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. fragen: Was kann die Spionageabwehr zur Auf- klärung leisten? Was kann der Staatsschutz zum Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich rede nicht von BKA - - dazu leisten? Wie können wir so etwas jeder Woche. Wenn Sie im Urlaub sind, treffen feststellen im spurenlosen Äther, solange wir Sie sie natürlich nicht. Ich will wissen, wirklich, nicht direkt den Beauftragten als menschliche wie oft Sie dort Beratungen mit der Kanzlerin ha- Quelle führen, was wir leider nicht machen? - ben zu wichtigen Fragen. Von daher haben wir nur das gemacht, was wir

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung machen können, was auch realistischerweise zu Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut, dann verzeihen machen ist, und das war das, was ich im Innen- Sie die Gegenfrage. Ich sehe keinen Weg. ministerium gemacht habe. Wie gesagt: Die Frage „Kanzlerinnenhandy“ war, wenn ich mich richtig Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann möchte ich erinnere, Oktober 13. Da war ich noch nicht im noch mal auf Ihre Aussage zurückkommen, Sie Kanzleramt. hätten am 13.03.2015 das erste Mal von den Se- lektoren etwas gehört. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber im Januar 14 waren Sie da, und dann hat es danach viele Ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. spräche auch mit den Amerikanern gegeben. Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das ist auch ein einfach auf sich beruhen lässt - - dass in den Ge- Punkt, der in - - Sie können jetzt wieder sagen: sprächen dann - da waren Sie dann im Amt -, das 2013 war vor Ihrer Zeit im Kanzleramt. Aber wir dort auch diskutiert worden ist, dass Sie sagen: wissen ja aus Zeugenvernehmungen hier, dass Wie sieht es denn nun eigentlich aus? Gibt es da zunächst auf Weisung von Pofalla die ganzen EU- eine neue Entwicklung? Werden weiterhin Mit- Sachen rausgenommen worden sind aus der glieder der Bundesregierung überwacht? Steuerung, also zumindest erst mal gesperrt wur- den. Wir wissen aber auch, dass in der Folge, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also natürlich hat also auch im Jahr 2014, Teile wieder eingestellt es - - worden sind, dass man zu dem Ergebnis gekom- men ist: Man braucht es doch. Da gibt es Pro- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Oder stellen Sie bleme, wenn man bestimmte Länder, die im Auf- solche Fragen nicht aus Angst vor den Amerika- tragsprofil sind, nicht drinhat. Hier ist die Rede nern? Ich möchte es ja nur verstehen. gewesen von auch NATO-Ländern. Die sind hier dann nicht weiter genannt worden; da gibt es Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal: Na- eine geschlossene Sitzung. Aber da ist ja wieder türlich hat es auch in Folge dann Fragen gegeben, was eingestellt worden. Und wenn so etwas pas- auch an NSA-Vertreter - es gibt ja Vertreter auch siert, nachdem eine Weisung vorher was anderes hier in Deutschland -; aber wir haben keine Ant- festgelegt hat, ist das nicht ein Punkt, an dem Sie wort bekommen, die jetzt hier sagt Ja oder Nein. hätten beteiligt werden müssen?

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und damit geben Also Februar, März, April 2014 waren Sie im Sie sich dann zufrieden. Amt, und da wird eine grundlegende Weisung, die der Chef BK gegeben hat, wieder verändert, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Was soll ich ma- und Sie sind der zuständige Mann für die Ge- chen? heimdienstkoordination. Davon haben Sie über- haupt nichts gehört und nichts erfahren? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sich für die Inte- ressen der Bundesrepublik und auch für die der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber noch mal, um Regierung einsetzen. es zu sagen: Ich habe das erste Mal am 13.03.15 das gehört und dann nachfolgend aus den Akten Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das machen wir tag- entnommen, dass es dort Weisungen des Abtei- täglich, Herr Abgeordneter Hahn. Aber wenn wir lungsleiters TA von 2014 gibt und, und, und. Das keine Antwort bekommen, was sollen wir dann war mir zu dem Zeitpunkt, als das Ganze passiert machen? ist, 2014, nicht bekannt.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich bin nicht da, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Meine Schwierig- Ihre Fragen zu beantworten, nicht? Aber - - keit besteht darin, überhaupt zu verstehen: Wenn Sie einen Abteilungsleiter 6 haben, der zuständig

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung ist für die Dienst- und Fachaufsicht, der ja offen- Und das andere ist das, was ich versucht habe kundig wissen musste, dass diese Einst- - Er war eingangs zu beschreiben, was die Fach- und bei dem Gespräch dabei bei Herrn Pofalla. Er Dienstaufsicht über den Bundesnachrichten- kannte die Weisung. Und jetzt wird ein Teil der dienst als solche angeht, nämlich die Jours fixes Weisung wieder rückgängig gemacht, sicherlich einzuführen, über Probleme dort zu reden. Das nicht ohne Kenntnis von Herrn Heiß. Dann ist muss dort natürlich auch vorgetragen werden; doch die Frage: Sie als der neue Mann zwischen das habe ich vorhin erläutert. Das ist in vielen Chef BK und Herrn Heiß als Abteilungsleiter - - Fällen geschehen, in diesem besagten Fall vor An Ihnen ist das alles vorbeigegangen? Die haben März 2015 nicht. Sie da nicht informiert? Keinerlei Kenntnis? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, ich frage mich: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Und es ist Wenn Sie zum Beispiel eine Information bekom- ja wohl auch, wenn ich das aus dem Aktenstu- men: „Die amerikanische Regierung plant das dium entnehme, mit der Amtsleitung des BND und das, ist aus einem Telefonat von Clinton nur unzureichend besprochen worden. mit“ - weiß ich nicht - „einem UNO-Verantwort- lichen“ - wie auch immer - „hervorgegangen“, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, die Amtslei- wenn Sie so etwas bekommen - und das ist viel- tung - Entschuldigung - hat uns ja mitgeteilt, dass leicht auch eine wichtige Information -, haben diese Sachen wieder eingestellt werden mussten, Sie sich da nie die Frage gestellt: „Wen von bei- weil man sie brauchte. den hören wir denn da ab? Wie kommen die an die Informationen? Unser Dienst? Steht beides Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. nicht im Auftragsprofil und trotzdem werden Meldungen generiert?“? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das heißt, die Amtsleitung wusste das und Herr Heiß, gehe ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal: In davon aus, auch. Die Frage ist doch, ob Ihre Aus- der sogenannten Finished Intelligence steht ja sage, Sie haben im März 2015 das erste Mal da- nicht, wer mit wem und woher wir das erfahren von gehört, richtig sein kann. Und da aber dieser haben, sondern da ist eine Bewertung des Bun- zentrale Schritt noch mal erfolgt ist im Jahr 2014, desnachrichtendiensts aufgrund der Erkennt- wo Sie im Amt waren, habe ich da eben erhebli- nisse, die er durch nachrichtendienstliche Mittel che Zweifel. erhalten hat, ohne dass man daraus ziehen könnte, wie er denn das Ganze erhalten hat, ob Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut, die kann ich das SIGINT ist und wen er dort in welchem Tele- Ihnen offensichtlich nicht nehmen. Ich kann nur fonat aufgegriffen hat. - Das ist das eine. Und das noch mal wiederholen, dass ich davon erst im andere, worauf Sie bei einem solchen Telefonat März 2015 erfahren habe. abheben könnten - - Mir sind jedenfalls solche Telefonate nicht bekannt; die sind mir erst be- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Was erhalten Sie kannt aus dem Aktenstudium. denn an Meldungen oder an - - Sie haben vorhin von Finished Intelligence gesprochen. Was erhal- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, ich kenne ja ten Sie an Informationen? diese Meldungen und diese Sachen, die Sie schriftlich bekommen in der Regel nicht. Ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das, was ich vorhin kann mir nur vorstellen, wenn man eine Mittei- beschrieben habe, also die Finished Intelligence, lung weitergibt - ich bleibe wieder bei dem Bei- die Berichte, die auch an andere Ressorts gehen, spiel: die amerikanische Regierung plant dieses wo andere Ressorts dann Rückfragen stellen. - und jenes -, dass man dann auch darunter- Das ist das eine. Weil das der Ausfluss aus dem schreibt, gerade weil man gut gearbeitet hat: Das Aufgabenprofil der Bundesregierung - da sind ja ist eine besonders wichtige und wertvolle Infor- nicht nur das Kanzleramt, sondern auch andere mation, weil die kommt eben zum Beispiel von Ressorts beteiligt - ist. der amerikanischen Außenministerin.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Macht man sicher Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht, weil ja diese Berichterstattung nicht nur NEN): Ich versuche hier mal so drei, vier Punkte fürs Kanzleramt ist, in der Fach- und Dienstauf- noch einzusammeln. - Herr Fritsche, Sie erinnern sicht, sondern eine allgemeine Beschreibung des sich daran, wie das war, als diese Frage nach der Aufgabenprofils des Bundesnachrichtendienstes Telefonnummer von Frau Merkel - von der NSA und auch an die anderen Ressorts geht. Dort wird gesteuert - aufkam? keinesfalls aufgeschrieben von welchen Quellen - SIGINT, HUMINT oder Partnerinformationen - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. das Ganze herstammt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und das Kanzler- NEN): Ich glaube, Sie müssen Ja oder Nein sagen, amt kriegt - damit der Stenograf das - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ach so, Entschuldi- wir gleich wieder wechseln. gung. - Natürlich. Das war ja damals in allen Me- dien. Dr. André Hahn (DIE LINKE): - keine eigenstän- digen Informationen? Weil Sie sagten: Das geht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- immer an alle Ressorts. NEN): Genau, das war in allen Medien. Aber das muss ja auch im BMI eine Rolle gespielt haben. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In den Fällen - - Nein, wir kriegen keine eigenst- - Es kann sein, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Habe ich vorhin wenn wir auffordern, in bestimmten Fällen, aber schon gesagt. dann nicht im Sinne von - - Wenn uns was aufge- fallen ist, wenn jemand gesagt hat: „Mit der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Quelle gibt es zum Beispiel ein Problem; das ist NEN): Genau. im Jour fixe gesagt worden“, dann werden wir uns darum kümmern, selbstverständlich. Das ist Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Natürlich habe ich die Pflicht der Fach- und Dienstaufsicht. Aber nachgefragt, ob irgendwelche Erkenntnisse exis- auch in den Berichten, wenn wir nachfragen, tieren. Es ist mir bestätigt worden weder vom wenn es eben nicht so einen Hinweis gibt, son- BKA noch BfV, dass es solche gibt. Und dann ha- dern allgemein: „Was gibt es für Berichterstat- ben wir die Frage gestellt: Wenn es nicht beweis- tung, die das Kanzleramt allein will?“ - kommt bar ist - weil ich ja gesagt habe: spurenloser auch vor -, dann ist es auch so, wie ich es Ihnen Äther -, was können wir im Rahmen der Zustän- geschildert habe. Da steht nicht drin: Und das ha- digkeit des BMI hier machen? Und da spielt na- ben wir von der wertigen Quelle XY. türlich die Spionageabwehr eine Rolle. Folge ist auch, dass jetzt die Spionageabwehr im BfV ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Dann stärkt worden ist, der sogenannte 360-Grad-Blick kommen wir jetzt zur nächsten Fraktion, der verstärkt wird. Fraktion der Union. Gibt es noch Fragen im öf- fentlichen Teil? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, den soll es ja schon vorher gegeben ha- (CDU/CSU): Momentan nicht. ben. Aber sei es drum. Danke. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Verstärkt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion Bünd- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. NEN): Gut, verstärkter 360-Grad-Blick. - Aber kam im Zusammenhang in diesen Tagen, wo das heiß diskutiert wurde - ich glaube, man war auch

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 53 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung mehrfach im Bundeskanzleramt; ich glaube, Sie Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- waren auch mit von der Partie -, die Frage auf, NEN): Nein, nein. - Ich weiß, wovon ich rede. Ich was eigentlich in Bad Aibling gesteuert wird? rede davon, was in Bad Aibling geschieht. So. Und da gibt es natürlich auch Satelliten und ir- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. gendwie Afghanistan usw.; aber es gibt eben auch viel mehr, und in der Vergangenheit gab es viel Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mehr. Woher nehmen Sie die Erkenntnis, dass NEN): Das war kein Thema. nicht bis zum heutigen Tag die Telefonnummer von Frau Merkel dort eingesteuert wird, wenn Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war kein Sie es nicht nachgeguckt haben? Thema. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, die Telefon- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nummer der Kanzlerin einzusteuern, kommt NEN): Warum eigentlich nicht? überhaupt nicht infrage. Das ist etwas, was nicht im Aufgabenprofil des BND ist. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Warum? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber wenn der Bundesnachrichten- NEN): Weil in Bad Aibling die Amerikaner meh- dienst - - Ja, na klar kommt das nicht infrage und rere Millionen Selektoren einsteuern. Und es wäre eine Ungeheuerlichkeit; aber der Bundes- leuchtet jetzt gar nicht so richtig ein, warum ei- nachrichtendienst steuert ja selbst die Telefon- gentlich ausgerechnet die Handynummer von nummern von anderen Staatschefs. Und insofern: Frau Merkel nicht dabei gewesen sein soll. Die Amerikaner machen sich vielleicht gar nicht die Mühe. - Ich sage ja gar nicht, dass das nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal - bösartig ist, sondern vielleicht ist das auch ein- ohne jetzt dann nur auf die eingestufte Sitzung fach nachlässig, und man sagt: Gut, Leute, wenn zu verweisen -: Es gab in Bad Aibling ein Projekt, ihr nicht wollt, dass das in Bad Aibling gesteuert das sich vor allem mit den Fragen und mit den wird, die Nummer von der Angela, dann müsst technischen Möglichkeiten von Bad Aibling, also ihr sie halt selbst aussortieren. - Deswegen frage auch in der Kooperation, auseinandergesetzt hat. ich Sie: Woher nehmen Sie oder nimmt das Bun- Und da war die Zielrichtung ganz klar, nämlich: deskanzleramt oder der BND die Erkenntnis, dass Einsatzgebiete der Bundeswehr und Terrorismus. nicht auch in Bad Aibling zumindest der Versuch bestand, dass in diesen Millionen von Selektoren Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch die Nummer der Kanzlerin war, wenn Sie NEN): Herr Fritsche, nein. Das - - nicht nachgeguckt haben?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So war es. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal ganz deutlich: Es wird nicht gesteuert durch den Bun- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- desnachrichtendienst. NEN): Okay. - Also keine kabelgebundene Kom- munikation wird dort durchrastert, sagen Sie. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also Sie haben es nachgeguckt. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wir sprechen jetzt von dem konkreten Projekt. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann hier in of- fener Sitzung nur sagen: Es wird nicht gesteuert. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber, Herr Fritsche, es ist doch so: Teil- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist die Se- weise mehrfach am Tag streut die NSA in dieses lektorenfrage.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 54 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

System neue Selektoren, Zehntausende, manch- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. mal Hundertausende von neuen Selektoren ein. Also, wenn Sie nicht nachgeguckt haben, woher Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wissen Sie, dass unter diesen Millionen von Se- NEN): Es sind Sachen verschüttgegangen. - Wie lektoren, die der Bundesnachrichtendienst in gesagt, Sie kennen ja unsere Position hier: Von Bad Aibling - unter anderem in Bad Aibling - für den NSA-Selektoren durften wir ja gar nichts an- die NSA gesteuert hat, die Nummer der Kanzle- gucken. Das würde jetzt ungeheuer helfen, zu sa- rin nicht war? gen: Also, wir haben uns das alles angeguckt; Frau Merkels Nummer war nicht darauf. - Das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal, Herr Ab- können wir jetzt nicht machen. Und meiner An- geordneter - ich habe versucht, das vorhin zu sa- sicht nach spricht vieles dafür, dass eben sie da- gen -: Wir haben als Folge dessen, was wir im rauf war. Und wenn niemand nachgeguckt hat - März 2015 und folgende gelernt haben, eine Qua- na ja. litätssicherung eingerichtet, die die gesamten ak- tiven Profile, die existieren, überprüft. Und eine Frage aus dem Bundeskanzleramt, nicht von Frau Merkel selbst, aber damals seiner- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zeit in Richtung Spionageabwehr oder in den NEN): Ja, aber das ist eben ab dem Zeitpunkt. Diskussionen im Bundeskanzleramt, in denen Sie Und mich interessiert die Zeit davor. Hat sozusa- da zusammenkamen nach dem Motto: „Sagt mal gen zehn Jahre lang seit „Eikonal“ die NSA - viel- Leute, machen wir das eigentlich auch?“, diese leicht zweimal am Tag - versucht, die Nummer Frage ist nie gestellt worden? der Kanzlerin einzusteuern - vielleicht anfangs noch die Nummer von Herrn Schröder oder von Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, in den Bespre- Herrn Steinmeier oder wem auch immer -, oder chungen, an denen ich teilgenommen habe, nach schließen Sie das aus? Oder sind die im Filter meiner Kenntnis nicht. Ich habe den Part über- hängen geblieben, in dem „+49“-Filter, den Frau nommen, der das BMI betrifft. Und das sind eben Merkel ja vielleicht in ihrer Nummer dann erfül- Staatsschutzfragen und Spionageabwehr. len würde? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber haben Sie das mal überprüft? Oder könnte NEN): Also weder Pofalla noch Seibert noch ir- es sein, dass tatsächlich im Auftragsprofil die gendjemand haben gesagt: Leute, sagt doch Amerikaner das regelmäßig versucht haben? mal - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Kennt- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In den Besprechun- nis nicht. gen, an denen ich teilgenommen habe - und zuge- gebenermaßen waren das sehr viele im Juli/Au- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gust -, hat das nicht stattgefunden. NEN): Aber Sie können es auch nicht ausschlie- ßen, weil Sie nicht haben nachgucken lassen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Erklärung von Herrn Pofalla am 12.08., Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, ich kann es die ist ja, ich sage mal - das kann man ja an die- nicht ausschließen, weil, wie Sie wissen, bei der sen No-Spy-Abkommen-Verhandlungen und an Vorlage der Listen - das ist ja eine lebende Liste dem Schriftverkehr da gut sehen -, von langer gewesen - teilweise ja auch - sowohl, was die ei- Hand geplant worden, diese 13-Punkte-Liste. gene Steuerung angeht, als auch die NSA - nicht Und man hat ja gerade im Hinblick auf das No- alles wiederherstellbar ist. Spy-Abkommen auf diese Erklärung von Herrn Pofalla am 12.08. hingearbeitet. Haben Sie bei der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Erstellung dieser 13-Punkte-Liste mitgearbeitet? NEN): Es war nicht alles wiederherstellbar. Ge- nau.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 55 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich glaube, soweit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, zunächst einmal jetzt nicht das BMI betroffen war - und das ist, die neue Einheit aufzustellen. Das ist ja vor dem glaube ich, direkt bei der 13-Punkte-Liste nicht Hintergrund auch - - Personalbedarf, den wir ha- der Fall gewesen -, nicht; aber das ist meine Erin- ben: Wie stellen wir uns insgesamt auf? Wie ma- nerung. chen wir das in der internationalen Zusammenar- beit? - Dann kam ja die Einrichtung des Untersu- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chungsausschusses; das hat natürlich auch einen NEN): Also, das Papier ist nicht mit dem BMI Punkt mitbetroffen. In der Zeit waren, glaube ich, ab- - Also, diese Presseerklärung hier vom 12. auch meine Reisen als Single Point of Contact in August 2013, Pressestatement von dem Zusammenhang. Das hat alles eine Rolle ge- Kanzleramtsminister Pofalla nach der Sitzung spielt. des Parlamentarischen Kontrollgremiums am 12. August 2013, die ist nicht mit dem BMI Christian Flisek (SPD): Weil für uns ist das nach abgestimmt worden. wie vor so, dass wir zwischen der Weisung von Herrn Pofalla - das habe ich auch gegenüber Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also abgestimmt in Herrn Pofalla so formuliert - und dem März 2015, dem Sinne, dass es eine Ressortabstimmung gege- dem Besuch vom neuen Chef des Bundeskanzler- ben hat, nicht. Sie wissen ja, dass es Vorbespre- amtes, Herrn Altmaier, in Pullach eben ein chungen zum Parlamentarischen Kontrollgre- schwarzes Loch haben. So ein bisschen irgend- mium gegeben hat; da ist das sicher angespro- wie: Thema ist bekannt. chen worden, aber nicht abgestimmt worden im Sinne von: Jetzt gehen wir mal Punkt eins, zwei, Eines habe ich ja gelernt: Dass man im Kanzler- drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun durch. amt nicht wirklich proaktiv Dinge angeht. - Viel- leicht werden Sie jetzt widersprechen. Aber das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist mein Eindruck, das ist meine Interpretation, NEN): Ja. dass man sozusagen nicht mal reingeht irgendwo und sagt: „Wie machen die das?“, sondern dass Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten man sozusagen sich berichten lässt und allenfalls dann schon wieder - - reagiert.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Jetzt hat man aber einen Anlass gehabt, man hat NEN): Also, von mir aus; aber dann dauert das eben eine Weisung gehabt, nach Aussagen von hier halt. Herrn Pofalla sogar eine Berichtsanforderung. Ich stelle mir übrigens die Frage: Warum hat man - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, von der jetzt unabhängig davon, ob Herr Pofalla uns hier Zeit aus. die Wahrheit gesagt hat, ob jemals von ihm ein Bericht angefordert wurde oder nicht - eigentlich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht später mal, selbst wenn das nie passiert ist, NEN): Ja, klar. selber gesagt: „Wir wollen einen Bericht“? Also, Herr Heiß hat nur mit den Schultern hier ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sind halt im- zuckt, hat auch gesagt wie Sie: Einen solchen Be- mer die gleichen Zeitansätze. - Wir kommen zur richt gibt es nicht. - Sie haben das ja auch noch nächsten Fraktion, der Fraktion der SPD. Herr mal bestätigt. Warum hat man die Umsetzung der Kollege Flisek hat nämlich auch noch Fragen. Weisung dem BND selbst überlassen in so einem sensiblen Bereich? Christian Flisek (SPD): Ja, das dauert eben. - Herr Fritsche, von Januar 2014 bis März 2015, was wa- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Zunächst einmal ren da Ihre Tätigkeits- und Arbeitsschwerpunkte war mir ja diese Weisung nicht bekannt, sondern als Koordinator? erst nach dem März 2015 - also, was meine Per- son betrifft.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 56 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Wissen Sie, da gehen mir weiter fortführen kann, dass Sie überhaupt mitei- die Nackenhaare hoch. Also dass im Prinzip an nander im März 2015 vor einer solchen Situation oberster Stelle eine Weisung vom Chef des Bun- stehen angesichts eines Besuches in Pullach, dass deskanzleramtes, die mündlich erteilt worden ist, Sie plötzlich Neuigkeiten erfahren mittendrin in in den BND eingespeist wurde, dass dazu nichts der Arbeit eines Untersuchungsausschusses, das innerhalb des Kanzleramtes existiert, wo dann, ist doch - - Also, entschuldigen Sie, aber da ist sage ich mal, jemand wie Sie, der im Januar ins Luft nach oben, oder? Amt kommt, darauf zugreifen könnte, um mal zu sagen: So, ich bin jetzt der Koordinator für die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Deswegen habe ich Geheimdienste. Der neue Chef des Bundeskanz- ganz am Anfang, glaube ich, auf verschiedene leramtes ist Herr Altmaier. Er soll jetzt entlastet Fragen gesagt, dass wir insoweit die Informa- werden; darum bin ich ja in office. Und jetzt tionsstränge verbessern müssen, dass wir die weiß ich, was der Vorgänger von Herrn Altmaier Fach- und Dienstaufsicht - - dass der BND alles angeschafft hat, und ich kümmere mich jetzt gezwungen wird, in dem Bereich die Fach- und nahtlos darum, dass das auch tatsächlich stattfin- Dienstaufsicht zu unterrichten. Das war eine det. - Niente. meiner ersten Weisungen. Das ist die Reaktion darauf. Und ich gebe Ihnen vollkommen recht: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nachdem ich die Schöner wäre es gewesen, ich hätte es eher Kenntnis erst im März 2015 habe und in dem Zu- gewusst. sammenhang dann auch zu dieser 2013er-Bespre- chung - so muss man das ja, jedenfalls nach mei- Christian Flisek (SPD): Darf ich gleich: „Gezwun- ner Kenntnis, sagen -, sind wir dem dann voll in- gen wird, die Fach- und Dienstaufsicht bes- haltlich nachgegangen. ser …“: Ich meine, das ist er doch sowieso. Nach den Regularien, die wir haben, auch für die Christian Flisek (SPD): Ja, aber noch mal: Sie Unterrichtung des Parlaments, also nicht hier, sind doch - - aber der Kolleginnen und Kollegen, die im Parla- mentarischen Kontrollgremium arbeiten, sind das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber in meiner Ver- doch alles Themen, die nach geltender Rechts- antwortung erst seit - lage vorgetragen werden müssten.

Christian Flisek (SPD): Schauen Sie - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Aber wenn es nicht funktioniert, dann muss ich auf Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - März 15. den konkreten Fall Bezug nehmend natürlich noch mal eine extra Einzelweisung geben. Es gibt Christian Flisek (SPD): Ja, gut. - Also vielleicht die Allgemeine Dienstanweisung des Bundes- zoome ich das mal ein bisschen runter, damit wir nachrichtendienstes, wo solche Dinge vorzutra- das auch nicht so persönlich machen. Es geht ja gen sind. Das existierte vorher schon; da gebe ich hier nicht nur um die Frage persönlicher Verant- Ihnen vollkommen recht. Aber vor dem Hinter- wortung. Es geht am Ende um die Frage des grund der Diskussion, die wir vorhin geführt ha- Funktionierens von organisatorischen Struktu- ben, dass ja von Mitarbeitern das eigentlich gar ren. Und am Ende geht es um die Frage, ob so et- nicht als berichtenswert gesehen worden ist, weil was wie das Kanzleramt überhaupt die geeignete sie das selbst entschieden haben, teilweise in den Aufsichtsorganisation über so was wie Nachrich- Außenstellen, an der TA, ohne die Vorgesetzten tendienste ist, was angesichts dieser Konstella- zu unterrichten - was wir jetzt auch verpflichtend tion fraglich erscheint. Weil, wenn der Chef, die hinbekommen haben -, ist das so geschehen, wie Spitze des Kanzleramtes, Weisungen erteilt, weil es geschehen ist. Die Allgemeine er Missstände entdeckt, und innerhalb des Am- Dienstanweisung existierte schon 2013, und sie tes, des Kanzleramtes, nicht sichergestellt wird, existierte lange vorher. dass ein neu eingeführter Chefkoordinator für die Nachrichtendienste den Ball aufgreifen kann und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 57 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Na ja. - Nur noch mal: nachgesteuert wird, und haben Aufträge gegeben, Also aus Sicht der Aufsichtsbehörde und - - Das wie weiter für die Zukunft noch die Abteilung findet ja auch alles nicht in einem luftleeren TA sich aufstellt. Und da sind wir noch dabei. Raum statt; da gibt es Richtlinien, wie so Auf- Also, in dem Bereich, als ich es erfahren habe, sicht auszuüben ist. Bei einer solchen Thema- haben wir definitiv in vielfältiger Art und Weise, tik - - Ich gehe vielleicht noch mit Ihnen mit, und zwar die Fach- und Dienstaufsicht des BND, dass man sagt: „Wir haben Kapazitätsprobleme“, hier gehandelt und entsprechende Weisungen er- und: „Wir haben nicht die Aufgabe“, auch wenn teilt. ich nicht so weit gehen würde wie Sie, dass man sagt: „Ich müsste hinter jeden Mitarbeiter einen Christian Flisek (SPD): Sie reden jetzt immer zweiten, der kontrolliert, stellen“ - also das ist über „nach März 2015“. ein bisschen, glaube ich, hoch gegriffen -, aber dass man sagt: „Man muss Schwerpunkte setzen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, so ist es. Weil im Rahmen beschränkter Kapazitäten und Res- das ist das, was - - sourcen“, und dass das ein Stück weit bei einzel- nen Themen dazu führt, dass man eher reaktiv Christian Flisek (SPD): Genau. Ich rede vor März dann aufgestellt ist und darauf vertraut, dass im 2015. Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung Dinge berichtet werden, auf die man reagieren Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber das habe ich kann. Aber das stellt sich doch irgendwie völlig nicht gewusst, und ich kann als Zeuge dazu anders dar, wenn man die Thematik bereits auf nichts sagen. dem Bildschirm hatte, noch dazu in Zeiten wie den damaligen, ja? Es ist da gewesen, und es ist Christian Flisek (SPD): Die Frage ist halt, welche kein banales Thema gewesen. Schlussfolgerungen man jetzt daraus zieht. - Se- hen Sie einen Punkt in der Nachbetrachtung von Also die Frage: „Welche Selektoren sind in Zu- Januar 2014, wo Sie sagen würden, da hat man kunft zu steuern und welche nicht angesichts der vielleicht auch einen Fehler gemacht und hätte Gemengelage? Was ist der Rechtsrahmen? Was aktiver, proaktiv reingehen müssen und hätte sind Interessen?“, ist durchaus eine komplexe nachfragen müssen, hätte man vielleicht unab- Thematik angesichts der Tatsache, dass man hängig von der Frage, ob vielleicht Pofalla schon durchaus Anhaltspunkte hat, dass das innerhalb einen Bericht angefordert hat, mal irgendwie sa- des BNDs vielleicht nicht optimal läuft bzw. man gen können: „Wie läuft das jetzt in Sachen Se- den Eindruck haben kann, dass vielleicht ein- lektoren bei euch?“? zelne Mitarbeiter auch in untersten Hierarchien zu viel Verantwortung haben, der sie ohne klare Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber, noch mal, Anweisung gar nicht nachkommen können. So. Herr Abgeordneter: Ich kann doch nur als Zeuge für das sprechen, was ich tatsächlich gemacht Was sagt das über die Wahrnehmung der Auf- habe. Das sind hypothetische Fragen: Was hätte, sicht aus, wenn sozusagen es bis März 2015 dau- wenn? - Ich weiß nicht, was der Punkt der Ent- ert, bis überhaupt dann mal wieder dieses Thema scheidung war im Oktober 2013, und ich weiß bei Ihnen auftaucht? nicht, wie die Diskussion weiter war.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber, Herr Abgeord- Christian Flisek (SPD): Na ja. Gut. - Also die neter, bei mir ist das Thema erstmalig da aufge- Frage, ob man selber sieht im Rahmen einer Re- taucht. Und wenn Sie das Aktenstudium sehen, flexion, dass man da eventuell sagt: „Hier hätten dann haben wir zu dieser Problematik, die wir wir vielleicht an der ein oder anderen Stelle uns genauso als schwerwiegend betrachten wie Sie anders verhalten müssen“, ist ja durchaus auch und wie der Untersuchungsausschuss insgesamt, eine Frage der eigenen Wahrnehmung, es sei uns da permanent berichten lassen, haben ent- denn, es hat so etwas nie an Gedanken bei Ihnen sprechende Weisungen erteilt, dass manches stattgefunden.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 58 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber für mich ist Christian Flisek (SPD): Und jetzt noch mal aus wichtig, wenn ich es erfahre, dass ich meine Vor- Ihrer Betrachtung heraus: Dass diese Informatio- gesetzten richtig informiere und dass wir dann nen vielleicht nicht so zeitig an Sie herangetra- sofort handeln. Und das haben wir nach meiner gen worden sind, wie das hätte passieren sollen festen Überzeugung ab März 2015 gemacht. oder müssen, wo lag der Fehler?

Christian Flisek (SPD): Ich versuche es noch mal Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe mir die Be- anders, Herr Staatssekretär Fritsche: Gibt es - Sie wertung - das habe ich, glaube ich, auf die Frage haben ja selber mal gerade den Begriff der Kultur des Vorsitzenden ganz einleitend gesagt - des Ab- verwendet - im Verhältnis BND und Kanzleramt teilungsleiters angehört. Wie gesagt, mit Pofalla eine Kultur, die da lautet vonseiten des Kanzler- habe ich ja nicht mehr gesprochen, weil er schon amtes: „Also, wir wollen im Zweifel nicht alles längst weg war, als ich ins Kanzleramt gekom- wissen. Was ihr bei euch regeln könnt, das regelt men bin. Und ich habe das nachvollzogen, was er bitte bei euch“? mir gesagt hat, warum er die Verknüpfung nicht gezogen hat. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Definitiv nicht. So- wohl als ich Abteilungsleiter 6 war im Kanzler- Und was die Frage des Berichts angeht, der vor- amt in der vorletzten Legislaturperiode als auch hin ja in Fragen eine Rolle gespielt hat: Das ist in der Zeit, in der ich jetzt als Staatsekretär die mir nicht bekannt, dass ein solcher Bericht gefor- Verantwortung trage, ist es mein stetes Reden, dert worden ist. dass irgendwelche Dinge, die bedeutend sind im Sinne der Allgemeinen Dienstanweisung und Christian Flisek (SPD): Noch mal: Was hat der sonst, mit dem Kanzleramt geteilt werden müs- Abteilungsleiter Ihnen vorgetragen? sen, weil es uns nichts nützt, wenn wir das dann von anderer Seite erfahren und hinterherhecheln. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Er hat gesagt, dass Deswegen kann ich nur deutlich sagen: Mein er das, als wir dann nach dem März, nach dem Petitum und das, was ich in den Gesprächen mit 20., in Pullach waren, nicht verknüpft hat und der Amtsleitung, egal welcher Amtsleitung, von dass er auch hier nicht - - Herrn Uhrlau bis zur jetzigen Amtsleitung - - ge- sagt worden ist und was mit den Abteilungslei- Christian Flisek (SPD): Was hat er nicht ver- tern - ich war in den Abteilungsleiterrunden - - knüpft? war mein stetiges Werben, dass hier Informa- tionspflichten seitens des BND existieren. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Verknüpft, dass die Frage, die 2013 im Oktober eine Rolle gespielt Wir haben eine Bringschuld, indem wir den BND hat, vielleicht zu dieser Frage der Selektoren insoweit als Fach- und Dienstaufsicht unterstüt- hätte führen können. zen; aber wir müssen natürlich die Informationen dazu haben, und nur dann können wir es ent- Christian Flisek (SPD): Das ist für uns natürlich sprechend aufgreifen. Und das ist meine feste sehr schwer nachvollziehbar, nicht? Also, ich Überzeugung. Deswegen bin ich auch froh, dass sage es mal so - wir haben die Zahlen vom BND die Stelle des Beauftragten mit dem Staatssekre- vorliegen -: Was ist die Bedeutung von SIGINT? tär - und da gehe ich jetzt weg von meiner Per- Mittlerweile, denke ich mal, 50 Prozent oder ir- son - hier rausgezogen worden ist, damit hier das gendwie mehr, ja? SIGINT funktioniert ganz we- auch intensiv weitergeführt werden kann. Und sentlich über Selektoren. Das heißt, wenn man wir sind, so bedauerlich das ist, dass wir es so hergeht und sagt: „Ich informiere mich mal über spät erfahren haben, derzeit in dem Bereich auf die Grundarbeitsweise dieses immer wichtiger einem guten Weg; denn wir brauchen gerade die werdenden Bereichs unseres Auslandsnachrich- Aufklärung des BND, und die muss eben dann tendienstes“, dann kommt man automatisch zu fehlerfrei erfolgen. der Frage: Was sind die Regularien, nach denen Selektoren, ob eigene oder fremde Selektoren, im

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Rahmen einer Kooperation gesteuert werden sind ganz allgemein - da war ich noch Abtei- müssen? - So. Und dann komme ich als eine Be- lungsleiter 6 im Kanzleramt - über die Problema- hörde oder - das ist ein bisschen tiefgestapelt - als tiken bei dem Neuen, also nicht nur Telefonnum- Bundeskanzleramt doch mal irgendwann zu der mern zu selektieren, sondern IP-Adressen, paket- Frage: Wer entscheidet darüber, welcher Selektor vermittelte Verkehre zu selektieren, unterrichtet scharfgestellt wird und welcher nicht? - Und vor worden. Solche Unterrichtungen hat es natürlich allen Dingen, ich komme doch irgendwann mal gegeben; aber es ist nie gesagt worden, dass wir zu der Frage: Gibt es hier irgendwelche Anwei- hier Probleme haben. Und wenn Sie sich erin- sungen, Regularien? Nach welchen Regeln findet nern an die Maßnahme im Zusammenhang mit das statt? - So. 2008/2009 mit ITO, ist ja auch vonseiten des BND uns geschrieben worden, dass insoweit, was Ich sage es Ihnen so: Das sind für mich ganz die SIGINT-Frage angeht, eine DV-SIGINT nicht grundlegende, banale, einfache Fragen der Auf- notwendig ist, weil es keinen Fehler in dem Be- stellung, so wie Sie gerade gesagt haben. Ihre reich geben kann. Und wir haben keinen Anhalt Funktion ist neu geschaffen worden; da sind Sie gehabt, in der Finished Intelligence - das habe erst mal damit beschäftigt gewesen, sozusagen ich versucht zu erklären - zu sehen, dass hier Se- das Amt oder Ihre Einheit neu aufzustellen orga- lektoren eingesteuert worden sind, die nicht trag- nisatorisch. So. Genauso wie man an so was her- bar sind. Das hatten wir nicht. angeht, geht man doch auch an so ein Problem heran, mal etwas strukturierter und nicht immer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten nur sehr punktuell, situativ, reaktiv. Und wissen dann jetzt wechseln und kommen in der nächs- Sie, das ist halt das, wo ich sage: Das fehlt. - Und ten Fragerunde wieder zur Fraktion Die Linke. ich sage auch noch mal: Deswegen ist sozusagen Herr Kollege Hahn. der Umgang des Kanzleramtes mit dieser Proble- matik - abgesehen jetzt mal von den Fehlern, die Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, Herr Fritsche, beim BDN gemacht worden sind - - aber der Um- ich möchte noch mal allgemein fragen: Wenn Sie gang: Also, das beste Bild ist das nicht. jetzt in Ihrem Amt informiert werden, dass der Bundesnachrichtendienst reihenweise europäi- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist dann sche Regierungen, Staatschefs, Ministerpräsiden- die letzte Frage. ten, Ministerien, EU-Institutionen, internationale Organisationen abhört und ausforscht, wenn das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dass es in dem Fall Ihnen mitgeteilt wird, ist das aus Ihrer Sicht ein optimaler hätte laufen müssen, haben wir gesagt, besonderer Vorgang, ein besonderes Vorkomm- hat die Bundesregierung gesagt, hat sie sofort im nis? März 2015 gesagt. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist ein besonde- Aber wir haben doch hier ein grundsätzliches rer Vorgang. Problem, Herr Abgeordneter Flisek: Wenn selbst die Amtsleitung, also die, die verantwortlich Dr. André Hahn (DIE LINKE): Warum ist dann sind, direkt verantwortlich sind für den Dienst, im Jahr 2013 das Parlamentarische Kontrollgre- das offensichtlich nicht gewusst haben, dann mium nicht über diesen Vorgang informiert wor- frage ich mich wirklich: Wie hätte hier die Fach- den, das ja über besondere Vorkommnisse zu in- und Dienstaufsicht und deren Hauptansprech- formieren ist? partner - jetzt in meiner Position ist es die Amts- leitung - reagieren sollen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dazu habe ich keine Kenntnis, weil in meiner Zuständigkeit ist das Und noch mal: Wir haben dem Dienst das Ange- Parlamentarische Kontrollgremium sofort infor- bot gemacht, dass wir den Dienst unterstützen, miert worden, wenn Sie sich an die gemeinsame dass wir aber wissen müssen, was dort läuft. Wir Sitzung mit den Obleuten dieses Ausschusses er- innern.

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wir haben ja nun Also, wenn ich erfahre, dass rund 40 000 Suchbe- den Umstand, dass sowohl Herr Pofalla als auch griffe gesperrt sind, weil sie gegen deutsche, eu- Herr Heiß - immer wieder im Übrigen der gleiche ropäische Interessen verstoßen oder eben nicht in Mann - informiert waren und trotzdem das Parla- diesen Suchprofilen laufen durften, dann wäre ment davon keine Kenntnis erlangt hat. doch eigentlich die naheliegendste Frage gewe- sen, wenigstens für Herrn Heiß: Was steuern wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal: Was die eigentlich? - Oder ist das völlig fernliegend? Motivation für die damaligen Verhaltensweisen war, kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht da- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da müssen Sie bei war, weil ich auch nicht dafür verantwortlich Herrn Heiß fragen. Mit mir ist das nicht bespro- war. Als im März 2015 das Ganze mir bekannt ge- chen worden. Und wir haben ja gleichzeitig, wie worden ist, sind alle, die unterrichtet werden wir erfahren haben - deswegen hat sich das ja müssen, unterrichtet worden, und wir haben die auch überholt - - von der BND-eigenen Steuerung notwendigen Weisungen als Fach- und Dienst- spätestens seit dem Besuch am 20. März erfahren aufsicht auch gestellt. und haben ja auch hier vom BND gefordert, dass er hier entsprechend berichtet, was er dann letzt- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wenn Sie aber sa- lich Ende September 2015 auch gemacht hat - - gen: „Es ist ein besonderes Vorkommnis“, dann und wir dann das Parlamentarische Kontrollgre- ist damals ja gegen geltendes Recht auch und ge- mium unterrichtet haben. gen die Informationspflichten der Bundesregie- rung gegenüber dem Parlament verstoßen wor- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, aber Herr Heiß den. wusste doch die ganze Zeit von 13 bis 2015 von den Steuerungen des BND. Und es ist niemand Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, auf die Idee gekommen, Sie zu unterrichten, den Sie wissen ganz genau, wie schwierig gerade die neuen Chef BK zu unterrichten? Wenn das so ist, besonderen Vorkommnisse zu definieren sind. wenn Herr Heiß das alles wusste, aber weder Sie Das ist meine Bewertung, und ich habe mich an noch Herrn Altmaier unterrichtet hat, wieso ist meiner Bewertung orientiert und habe das ge- denn der Mann eigentlich noch im Amt? macht. Wir haben in dieser Legislaturperiode - daran möchte ich Sie erinnern - auch noch mal Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das sind Ent- gemeinsam festgestellt - die Vertreter der Bundes- scheidungen, die ja im Hintergrund von verschie- regierung und das Parlamentarische Kontrollgre- denen Dingen eine Rolle spielen, nämlich ein- mium -, dass diese allgemeine auszufüllende Be- mal: Politischer Beamter, was mache ich mit schreibung ausfüllungsbedürftig ist. Und wenn dem? - Da gilt das, was ich vorhin gesagt habe, Sie sich erinnern, haben wir hier auch quasi ei- nämlich dass der politische Beamte ohne Angabe nen Katalog erstellt, um es uns beiden leichter zu von Gründen im Amt bleibt und ohne Angabe machen, was berichtswürdig ist. Aber noch mal: von Gründen aus dem Amt scheiden kann. Das Das war eine Entscheidung, die mit mir nicht be- sieht das Beamtenrecht so vor. sprochen worden ist. Als ich solche entsprechen- den Informationen hatte, sind alle die - - und vor Und was den anderen Aspekt angeht, da stellen allem das Parlamentarische Kontrollgremium, na- sich Fragen von Disziplinarrecht. Das ist aus mei- türlich auch der Untersuchungsausschuss unter- ner Sicht aber nicht einschlägig. richtet worden. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie können ja im- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, ich frage des- mer wieder auf das Beamtenrecht verweisen; - halb, weil der Herr Heiß dabei war. Der Herr Heiß war es ja offenbar auch, der keinen Zusammen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, so ist es. hang hergestellt hat zwischen, wie Sie sagen, den NSA-Selektoren und der BND-eigenen Steuerung. Dr. André Hahn (DIE LINKE): - wir reden hier aber über Verantwortlichkeiten. Und dann ist es

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Nur zur dienstlichen Verwendung immer eine Schnittstelle im Kanzleramt, wo ent- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. weder alles vorbeiläuft - angeblich - oder aber al- les gewusst wird und nie an die verantwortlichen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Da haben Sie ge- politischen Spitzen des Hauses weitergegeben sagt, schon damals hätten Sie eingeführt, dass die wird. Beides ist gleichermaßen unverantwortlich, Informationspflicht besteht, dass also wichtige und trotzdem sitzt der Mann dort noch. Weiß er Dinge auch logischerweise ans Kanzleramt dann einfach zu viel, oder was ist das Problem? gegeben werden müssen. Deshalb möchte ich Sie noch mal fragen - wir reden ja immer über März Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich weiß wirklich 2015; das Datum, das Sie genannt haben -: Mir jetzt nicht, was Sie mit der Frage wollen. Für liegt hier vor - das haben wir vorhin gekriegt, mich ist doch wirklich nur wichtig: Wann habe heute zu Beginn der Sitzung; das ist eine streng ich die Information bekommen, und wie bin ich geheime Unterlage; da darf ich jetzt also nicht da- mit der Information umgegangen? - Und das ist raus vorlesen - eine Weisung, die Herr Pauland das Entscheidende. Und Herr Heiß hat das erläu- geschrieben hat: Grundsätze der technischen tert, wie er das gesehen hat, die Verknüpfung, Aufklärung. Und da - jetzt mal ganz allgemein - und mehr kann ich dazu nicht sagen. steht drin, welche Spitzenpolitiker wie alles nicht mehr abgehört werden dürfen, welche Län- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich mache Ihnen ja der nicht abgehört werden dürfen, welche viel- den Vorwurf für das, was vor 2013 war, logi- leicht unter Ausnahmen doch noch abgehört wer- scherweise nicht; aber da war Herr Heiß ja auch den dürfen, was weiter gesteuert werden darf, schon im Amt. Und wenn wir hier erfahren, dass was nicht, alles detailliert. Das ist datiert vom einfache Sachbearbeiter ohne jede Kontrolle, 4. April 2014, also ein Jahr vor dem Termin. Das ohne jede Rücksprache, ohne jede Genehmigung ist eine zentrale Weisung für die technische von übergeordneten Vorgesetzten - angeblich - Aufklärung. Auch die haben Sie nie erhalten? Staatspräsidenten, Ministerpräsidenten, EU-Insti- tutionen, was sie wollen, einstellen in die Abhör- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Beim Studium der anlagen des BND und die entsprechenden Such- Akten. begriffe steuern, dann ist doch die Aufsicht im Kanzleramt offenbar völlig unzureichend gewe- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Bei - - Ich habe sen. Sie - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also ich kann ja nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Jetzt, im Nachgang aus den Akten von dem Vorgang etwas sagen. zur Aufbereitung nach dem März 2015; jedenfalls Und nach meiner Überzeugung ist der Umfang nicht 2014. dessen, was damals eine Rolle gespielt hat, so- wohl bei der Steuerung der NSA-Selektoren als Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die haben Sie auch bei der eigenen Steuerung, ja erst ab März selbst vorher nicht gesehen? 2015 bekannt geworden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, warum hat denn Herr Heiß nicht gefragt? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und hat Herr Heiß die auf dem Tisch gehabt? Hier sind so verschie- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gerade weil Sie den dene Verteiler drin. Ich kenne da nicht alle Ab- Umfang ja hypothetisch zitiert haben, ist dieser kürzungen, abgesehen davon, dass ich es nicht Umfang oder ist ein entsprechender Umfang - ich vorlesen darf, aber: Wissen Sie, ob Herr Heiß das will das nicht bestätigen - erst im März 2015 be- bekommen hat? kannt geworden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie waren selbst mich richtig erinnere - und weil ich die Akten ja Abteilungsleiter 6 vorher. gelesen habe -, ist das ein internes Papier, das

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Nur zur dienstlichen Verwendung den Bundesnachrichtendienst nicht verlassen Verknüpfung nicht gezogen hat und dass es ihm hat. erst im März 2015 klargeworden ist. Das andere müssen Sie Herrn Heiß fragen. Ich jedenfalls - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben aber vor- her gesagt, Sie hätten schon damals angewiesen, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, den haben wir dass solche Dinge, die wichtig sind, dann tat- ja gefragt. Nur allein für die Begründung hätte er sächlich auch dem Kanzleramt mitgeteilt werden. aus meiner Sicht gehen müssen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist eine Bewer- tung von Ihnen. Ich bin als Zeuge hier und - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also ist dagegen verstoßen worden. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und Sie sind auch sein Vorgesetzter. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege, Sie können ja einen stillen Vorhalt machen, dann Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist richtig. kann der Zeuge das Dokument auch sehen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na ja, und als Vor- (Martina Renner (DIE gesetzter sollte man auch entsprechend handeln, LINKE): Der weiß schon, wenn man merkt, eine Person ist offenkundig worum es geht!) nicht in der Lage, den Job auszuführen.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Er weiß ja offen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, seitdem ich in bar, worum es geht. Also von daher - - der Verantwortung bin - und jetzt losgelöst von dieser Problematik -, ist die Zusammenarbeit mit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: 04.04., ist mir be- Herrn Heiß gut, und die Informationen laufen. kannt, ja. Martina Renner (DIE LINKE): Wenn noch Zeit Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also ist gegen die ist, hätte ich noch Fragen. - Können Sie uns den geltenden Vorschriften verstoßen worden, und Grundsatz „do ut des“ erklären bei der Koopera- das hat weder Herrn Heiß noch Sie anschließend tion? dazu bewogen, irgendetwas dort zu verändern. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, du kriegst nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Moment! Das ist ja was, wenn du mir auch was gibst. nur eine Detailfrage in der gesamten Problematik. Es sind ja die anderen - - Die Listen, die hier eine Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Und kann Rolle spielen in diesem Untersuchungsaus- es sein, dass man für diesen Grundsatz auch das schuss, sind vor März uns auch nicht bekannt ge- eigene Auftragsprofil, die eigene Auftragsrele- wesen. Das ist ja auch ein Punkt, der unter die vanz verlässt, weil man sonst nicht das bekommt, allgemeine Informationspflicht fallen würde. Das was man will, oder der Partner beleidigt ist? ist aber auch nicht bekannt gewesen. Deswegen hat es ja die Maßnahmen gegeben, die wir jetzt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das sehe ich im Anschluss getroffen haben. nicht.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber was hat denn Martina Renner (DIE LINKE): Das sehen Sie Herr Heiß in den zwei Jahren gemacht, in denen nicht? er das alles wusste? Was hat er denn getan, um dem weiter nachzugehen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann nur noch mal wiederholen: Er hat mir erläutert, dass er die

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Martina Renner (DIE LINKE): Also dass man Martina Renner (DIE LINKE): - die unmittelbaren quasi nicht mehr unmittelbare Ziele verfolgt, son- Interessen beiseitezuschieben und mittelbare zu dern mittelbare. verfolgen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, das wider- spricht sich nicht, weil hier geht es ja darum, Martina Renner (DIE LINKE): Das mittelbare dass man AND-Kooperationen grundsätzlich Ziel, das Wohlwollen des Partners. durchführt, und nicht darum, dass man eins zu eins aufzählt: Wenn ich eine Information von dir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sehe ich nicht. habe, kriegst du eine Information von mir. - Das kann ja bei verstetigten Kooperationen gar nicht Martina Renner (DIE LINKE): Dann würde ich der Fall sein. Und darum geht es. Ihnen gerne einen stillen Vorhalt machen; das ist die Akte 281/16. Das ist ein Schriftstück, das Sie Martina Renner (DIE LINKE): Hat man dieses do selbst verfasst haben am 29. April 2016, und da ut des im Zusammenhang mit dem Einpflegen gibt es Ausführungen. Ich würde Sie bitten, die der NSA-Selektoren angewandt? aufgeschlagene Seite ganz unten und dann über- gehend auch die nächste Seite sich kurz anzuse- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe es hen. gerade gesagt: Es gibt nicht ein Eins-zu-eins, -

(Dem Zeugen werden Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, das ist aber Unterlagen vorgelegt - jetzt eine - - Der Zeuge und MR Philipp Wolff (BK) Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sondern man hat nehmen Einblick) eine Kooperation, in der die - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können Sie Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe da jetzt da die Seitenzahl noch mal uns allen - - eine konkrete Frage: Spielte dieser Grundsatz im Zusammenhang mit den NSA-Selektoren eine Martina Renner (DIE LINKE): Jetzt nicht mehr. Rolle? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber viel- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, beim Ab- leicht Herr Fritsche gleich, wenn er sie hat, dass schluss des ersten MoAs: Kann ich Ihnen nicht wir alle nachblättern können. sagen. - Es hat natürlich eine Rolle gespielt, dass man zusammenarbeitet mit anderen Diensten; da Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. - Es ist die Seite gab es ja mehrere Motivationen, warum man ge- 5. rade mit der NSA zusammenarbeiten will. Aber do ut des im Sinne von - - sehe ich nicht. Martina Renner (DIE LINKE): Da fällt dieser Be- griff. Und wenn Sie dann drumherum lesen, Martina Renner (DIE LINKE): Aber hat man viel- dürfte das der interessante Teil sein. leicht, als man gemerkt hat, dass man die Se- lektoren nicht versteht, dass dort Selektoren da- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ist mir bekannt. runter sind, die gegen deutsche und europäische Interessen verstoßen, dass die NSA immer wieder Martina Renner (DIE LINKE): Ist Ihnen bekannt. - abgelehnte Selektoren versucht erneut durch Aber da steht ja etwas anderes, als Sie eben aus- neue Umschreibungen unterzuschieben, einzu- geführt haben: dass dieser Grundsatz nicht dazu stellen, in dem Zusammenhang irgendwann ge- geeignet ist, - sagt: „Formal müssten wir es beenden, aber das Ziel der Kooperation ist zu groß. Das machen wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, widersp- - weiter“?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Kennt- Sondern das ist ja der Mangel gewesen, - nis hat es so eine Diskussion, jedenfalls die mir zur Kenntnis gekommen ist, nicht gegeben. Es Martina Renner (DIE LINKE): Dann darf man sie gab ein anderes Projekt, das auch nur, wenn Sie nicht steuern. wollen, in einer geheimen Sitzung weiter intensi- ver beraten werden kann, wo die Zusammenar- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - den wir jetzt auch beit aus anderen Gründen eingestellt worden ist. behoben haben, beheben werden.

Martina Renner (DIE LINKE): Aber das war ja Im Übrigen: Die Zahl der Selektoren kann ich na- nach den Snowden-Veröffentlichungen. türlich in offener Sitzung nicht sagen. Aber Sie wissen genau, dass die Zahl im Hinblick auf Te- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Bitte? Ich habe die lekommunikationsmerkmale - und das ist das Frage nicht verstanden. Entscheidende - deutlich geringer ist. Ich weiß aber, dass natürlich die hohe Zahl hier eine Rolle Martina Renner (DIE LINKE): Das war ja nach spielt. Ich will nur mal in offener Sitzung auch den Snowden-Veröffentlichungen. darauf hinweisen: So viele waren es eben nicht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Martina Renner (DIE LINKE): So viele waren es nicht, Selektoren? Martina Renner (DIE LINKE): Ach nein, Sie mei- nen nicht das mit den Briten. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So viele Telekom- munikationsmerkmale. - Aber wir können die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das, was ich meine, Diskussion gerne in eingestufter Sitzung fortfüh- liegt in der Zeit, als ich Abteilungsleiter im Kanz- ren. leramt war. Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Sie meinen na- Martina Renner (DIE LINKE): Also Sie schließen türlich dann die Permutationen, oder dass man aus, dass es für das Weiternutzen der NSA-Se- zu einem Ziel sowohl Messenger wie E-Mail, wie lektoren Gründe gab, die nicht aus dem unmittel- Telefonnummern, wie sonst was gesteuert hat - baren Auftragszweck des Bundesnachrichten- IMEI oder so was. Klar. Aber es geht ja darum: dienstes herrühren, sondern mittelbar sich nur Gerade unter den zuletzt Genannten sind dann erklären lassen, weil man - „das Ziel heiligt die eben auch welche, die der Bundesnachrichten- Mittel“ würde ich das mal so ein bisschen über- dienst bis heute nicht versteht. Und wäre es nicht schreiben - irgendwie unbedingt die Kooperation konsequent, diese einfach nicht im System laufen wollte und darauf in Kauf genommen hat, dass - zu lassen? In dem Moment, wo man sie nicht le- ich würde annehmen, wenn wir von 13 Millio- sen kann, darf ich sie nicht verarbeiten. nen NSA-Selektoren ausgehen, dass ein relevan- ter Anteil in Millionenhöhe nicht verstanden Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Deswegen ist eine wird - sie auf der Datenbank des Bundesnach- der Qualitätssicherungsmaßnahmen erstens, le- richtendienstes laufen. sen zu können, und zweitens, überhaupt auch mal eine Erklärung zu bekommen - was ja auch Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber jetzt noch ein Mangel war. mal - unterstellt, Sie haben Recht -: Dann, wenn sie nicht verstanden worden sind, kann man ja Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da müssten nicht schlecht vorher einen Vertrag abschließen, wir in der nächsten Runde weiter nachfragen. - indem man sagt: Drücken wir mal ein Auge zu. - Wir kommen nämlich jetzt zur Fraktion der Union. Hat die Union noch Fragen im öffentli- (Dr. André Hahn (DIE chen Teil? - Das ist nicht der Fall. - Dann sind LINKE): Man kann sie aber wir schon bei Bündnis 90/Die Grünen. Herr nicht steuern!) Kollege Ströbele.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Fritsche, Sie merken, ich bin in Vor- NEN): Ist Ihnen da schon bekannt gewesen, dass bereitung der Befragung der Kanzlerin; deshalb sowohl vom BfV als auch vom BND gesagt habe ich dazu noch ein paar Nachfragen an Sie. - wurde: „Ist plausibel“, also: „Kein Beweis; aber Sie haben vorhin gesagt, Sie waren bei mehreren es ist plausibel, dass das Handy der Kanzlerin ab- Besprechungen mit der Kanzlerin persönlich an- gehört worden ist“? wesend. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich mir aus - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. Weiß ich aus der Erinnerung nicht. Ich will es al- lerdings nicht ausschließen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Trifft das auch für die Zeit zu, als Sie noch Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht im Kanzleramt beschäftigt waren, sondern NEN): Wollen Sie nicht ausschließen. - Können noch im BMI? Mich interessiert hier vor allen Sie sich erinnern, dass in einem dieser Gespräche Dingen die Zeit beim Bekanntwerden, dass das darüber gesprochen worden ist, ob man das der Kanzlerinnenhandy abgehört worden ist, also um Kanzlerin mitteilt oder ob man es ihr schon mit- den 20. Oktober herum. Waren Sie da auch geteilt hat? Ich meine, da können ja nur ein, zwei schon, also in diesem Vierteljahr, bei Bespre- Tage dazwischen gewesen sein. chungen mit der Kanzlerin dabei? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das schließe Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. ich eher aus, weil ich ja nicht in dem zuständi- gen Geschäftsbereich war. Das werden sicher in- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- terne Gespräche gewesen sein, die es wahr- NEN): Erinnern Sie sich an ein Treffen oder an scheinlich daneben auch noch gab. Aber, wie ge- mehrere Treffen - ich glaube, es sollen sogar drei sagt - - gewesen sein nach dem Terminkalender von Herrn Pofalla -, drei Treffen an einem Tag, am Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 24.10.2013? Das war auch der Tag der Äußerun- NEN): Ja, aber dass das bei Ihnen Gegenstand gen der Kanzlerin „Geht nicht“ und so. Erinnern war: „Wir haben mit ihr gesprochen“, oder: „Wir Sie sich an diese drei Treffen an einem Tag? Viel- reden jetzt mit ihr“, - leicht außergewöhnlich. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nicht dass mir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich kann mich das - - wirklich nur daran erinnern, dass wir mehrere Treffen mit Pofalla hatten, und zwar immer in Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zeitlicher Folge oder zur Vorbereitung einer Par- NEN): - und - also, mich interessiert dann immer lamentarischen-Kontrollgremium-Sitzung, - wieder auch der Anruf - vielleicht: -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nicht, dass mir das NEN): Genau. erinnerlich ist.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - von denen wir ja Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- damals ziemlich viele hatten, wie Sie sich erin- NEN): - „Die wird dann mal bei Herrn Obama, ih- nern, Herr Abgeordneter Ströbele. Da ist sicher in rem Freund, anrufen“, so in diesem Sinne? dem Punkt auch das Handy der Kanzlerin mitbe- sprochen worden, weil das ja wohl um die Zeit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nicht, dass mir das in den Medien war, ohne dass ich mich jetzt auf erinnerlich ist. ein genaues Datum festlegen kann. Da ist das si- cher mitbesprochen worden. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Können Sie sich nicht erinnern. - Dann

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Nur zur dienstlichen Verwendung kommen wir jetzt auf die Zeit danach, als Sie im Begriff - Abkommen hatte, nämlich mein Telefo- Kanzleramt waren ab Januar: Können Sie sich er- nat, als ich da am ersten oder zweiten Tag im innern, ob in den Gesprächen, an denen Sie teil- Kanzleramt war - - mit dem Weißen Haus telefo- genommen haben und an denen auch die Kanzle- niert hatte. Aber die Problematik „Kanzlerinnen- rin teilgenommen hat, jemals über das Abhören handy“: Nein. des Handys der Kanzlerin die Rede war? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Erin- NEN): Und war in diesen Gesprächen dann ab Ja- nerung nicht. nuar dieses No-Spy-Abkommen - oder wir nen- nen es ja jetzt allgemein „Abkommen“ - - War Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- darüber die Rede, dass die Kanzlerin oder Sie der NEN): Nie erwähnt worden? Kanzlerin oder wer auch immer gesagt haben: „Da wird jetzt nichts draus“, oder: „Das war von Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In solchen Gesprä- Anfang an ein Fake“, oder: „Das war ein Irrtum“, chen nicht, nein. oder irgend so was?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich mich er- NEN): In keiner Besprechung. - Wie viele Bespre- innere, gab es mal eine Vorlage, in der die Infor- chungen waren das denn ungefähr? mation, vor allem meine Information, die ich aus diesem Telefonat gezogen habe, vorgelegt worden Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ach, das waren - ist. Dazu gab es kein Gespräch. ich habe es ja vorhin versucht - in unregelmäßi- gen Abständen - - Aber so viele Besprechungen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- waren das nicht. NEN): Gab es kein Gespräch.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kein Gespräch. NEN): Ja, ein Dutzend oder so im Laufe der Mo- nate? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also dass das jetzt - - Ich meine, es war ein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, über mehrere wichtiges Thema, muss man sehen, - Monate hinweg: Dutzend. Ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und ich kann mir trotzdem vorstellen: NEN): - vor der Bundestagswahl, dass man jetzt Auch im Januar war das noch im Fokus des Inte- möglicherweise ein No-Spy-Abkommen be- resses - übrigens auch der Kanzlerin -: „Was ist kommt - relativ sicher. Man bildet eine Arbeits- da dran?“, und: „Ist das richtig?“, und so. - Ist da gruppe und so was - war ja alles die Rede in die- nie drüber gesprochen worden, dass neue Er- sem Pressegespräch -, und jetzt zerschlägt sich kenntnisse - - oder auch dann das Verfahren, das das plötzlich. War da nicht die Rede davon, dass in Karlsruhe gelaufen ist, dass das angesprochen Sie gesagt haben: „Ach Mensch, ihr habt mir worden ist und wie man letztlich sich da verhält doch gesagt: ‚Da ist was im Gange‘“, und: „Wieso und ob sie als Zeugin verpflichtet ist, auszusa- scheitert das jetzt?“? gen, oder ähnliche Sachen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal: Das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nach meiner letzte Mal, wie ich mit den Amerikanern darüber Kenntnis ist nicht darüber gesprochen worden, gesprochen habe, - weil es keinen neuen Erkenntnisstand gab. Wich- tig für mich war in dem Zusammenhang das, was Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich vorhin zu dem sogenannten - ich lasse den NEN): Ja, das haben Sie gesagt.

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - war ich optimis- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tisch, dass es noch weiter kommt. Und dann hat NEN): Na ja, es war eine Belastung ja auch in ge- es auf anderen Ebenen noch Gespräche gegeben, wisser - - an denen ich nicht beteiligt war, wo dann letzt- lich das Ergebnis war: Daraus wird nichts. - Das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - mit in den soge- hat mich persönlich enttäuscht, gebe ich zu, aber nannten Turbo aufgenommen. Davon gehe ich nicht, weil ich nicht glaubte, dass es von Anfang definitiv aus. an nicht möglich schien, sondern weil ich doch gedacht habe nach dem Gespräch, das ich Anfang Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- August 13 geführt habe, dass doch daraus etwas NEN): Das ist schon mal ein kleiner Schritt. - werden könnte. Jetzt interessiert mich, was da gesprochen wor- den ist. Also, ist mal durchgespielt worden, ob Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sie das bei Obama ansprechen soll und in wel- NEN): Jetzt ist die Kanzlerin ja auch in die USA cher Form und - - gefahren einige Zeit später. Und vor dieser Reise: Ist da noch mal - kann ich mir vorstellen - ein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, Briefing gemacht worden im Kanzleramt, wo wir bewegen uns jetzt hier wirklich im Kern- dann vielleicht auch die Themen mit der Handy- bereich exekutiver Eigenverantwortung. Das geschichte angesprochen worden sind? betrifft insbesondere die Vorbereitungen der Bundeskanzlerin für Gespräche mit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, da kann ich ausländischen Staatsoberhäuptern. Das ist, Ihnen nur ganz allgemein sagen: Immer wenn die glaube ich, hier nicht Gegenstand des Kanzlerin reist, kriegt sie schriftliche Vorberei- Untersuchungsausschusses. Aber ich kann Ihnen tungen, - ganz allgemein sage, dass hier solche Vorbereitungen zu aktuellen Themen - und das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zähle ich dazu - natürlich existierten. NEN): Ja, das kann ich mir vorstellen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - manchmal auch NEN): Ja, aber ich habe - - mündliche Vorbereitungen, wo die Themen, die aktuell sind und die zu besprechen sind, natür- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und jetzt be- lich mit aufgenommen sind. wegen wir uns außerhalb der Fragezeit und müs- sen schon wieder die Fraktion wechseln. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Und erinnern Sie sich daran, an Ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- spräche, dass es auch um diese Abhörgeschich- NEN): Darf ich nicht noch eine Frage nach- ten ging? reichen, dann kann ich den Komplex abschlie- ßen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sie meinen jetzt das Kanzlerinnenhandy. - Kann ich mich jetzt nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann machen erinnern. wir das so, wenn es noch eine Frage ist.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Kanzlerin- - Ja, Handy und überhaupt. NEN): Ja, eine Frage. - Als die Kanzlerin dann zu- rückgekommen ist aus den USA - ich weiß nicht, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, natürlich wird waren Sie dabei in den USA? wahrscheinlich immer wieder - ich weiß nicht, ob es dann ange- nicht -, - sprochen worden ist - das, was aktuell ist - und das war ja nach wie vor aktuell -, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gesagt, dass er hier die eigene Prüfgruppe einge- NEN): - hat sie dann da berichtet, was sie mit richtet hat, also BND-intern, und letztlich, dass er Herrn Obama - - Ich will jetzt den Inhalt zunächst die Organisationsüberprüfung vorschlägt. Das ist gar nicht wissen, sondern: „War das Thema?“, im Laufe der Zeit gewesen. Also, wir haben eine weil da können wir sie ja auch selber fragen. War Fülle von Gesprächen geführt, das erste auch am das Thema, was Obama zu der Affäre „Handy“ Freitag, als ich es erfahren habe, am 13. März; da gesagt hat? war der Präsident bei mir.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, soweit ich Christian Flisek (SPD): Und war Herr Schindler mich erinnere, ist mir dazu nichts gesagt worden. da eher so als Reformer unterwegs, oder war er in einer Verteidigungshaltung? Oder wie muss ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mir das vorstellen? NEN): Oder vielleicht auch grünes Licht gegeben: „Passiert nichts mehr“, oder: „Ist geklärt“? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich das richtig interpretiere, war er selbstkritisch, sowohl Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal: Nach für den Dienst als auch für das, was die Amtslei- meiner Erinnerung ist mir nichts gesagt worden. tung nicht wusste, und hat alles unterstützt an Weisungen, die wir gegeben haben, damit der In- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- formationsfluss künftig sichergestellt ist. NEN): Schade. Christian Flisek (SPD): Genau den Eindruck Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Tja. hatte ich auch hier; wir haben ihn ja auch mehr- fach befragt. Und Sie haben ja gerade formal kor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. - rekt - das hat ja auch noch mal Kollege von Notz Dann kommen wir zur nächsten Fraktion, der betont - herausgearbeitet, dass es dann für die Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. Entlassung von Herrn Schindler keiner Angabe von Gründen bedarf. Aber da gibt es ja einen Christian Flisek (SPD): Ich habe auch noch ein sachlichen Zusammenhang offensichtlich, oder? paar Fragen, und zwar auch noch mal in Bezug eben auf das, was wir vorhin erörtert hatten. - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sie haben es selber Herr Fritsche, haben Sie denn im Nachgang zu gesagt: keine Angabe von Gründen. - Dann kann dem Besuch in Pullach, wo Sie ja sagen, Sie ha- ich natürlich auch nicht - - ben damals zum ersten Mal diese ganze Proble- matik dann mit voller Wucht zur Kenntnis ge- Christian Flisek (SPD): Kommen Sie, Herr Frit- nommen, mal ein kritisches Gespräch mit dem sche! BND-Präsidenten Schindler geführt über die Zu- stände in seinem Hause? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, Herr Abgeord- neter, da muss ich mich dran halten und keine Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Tja, es gehört zu Angabe von Gründen. meinen Aufgaben, solche Gespräche zu suchen, und es war nicht nur eins. Christian Flisek (SPD): Wie wurde das vorberei- tet, dass man Herrn Schindler ablösen wollte? Christian Flisek (SPD): Können Sie uns darüber Wann tauchte das Thema zum ersten Mal auf? mal informieren? Was ist da gesprochen worden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Auch das ist natür- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, das, was wir lich eine Frage, die unter Umständen in die Rich- die ganze Zeit heute eigentlich schon in offener tung geht, dass Sie Gründe wissen wollen. Wie Sitzung besprochen haben, nämlich welche Defi- gesagt - - zite wir gesehen haben und wie wir diese Defi- zite aufgreifen können. Und Herr Schindler hat Christian Flisek (SPD): Nein.

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es bleibt da- Christian Flisek (SPD): - über Gespräche, die bei: Es gibt keine Angabe von Gründen. stattgefunden haben.

Christian Flisek (SPD): Also, Herr Fritsche, nein, MR Philipp Wolff (BK): Aber es wäre vielleicht nein, nein. Jetzt müssen wir ein bisschen aufpas- ganz hilfreich, wenn Sie reingeschaut hätten, sen. Ich meine, man kann sich hinter allem Mög- Herr Flisek, weil auch genau diese Frage der Ver- lichen verschanzen. Und „keine Angabe von antwortlichkeiten - wer veranlasst so was? - ist Gründen“ ist okay, ja? Aber ich frage jetzt Sie als natürlich so eng mit dem Grund verknüpft. Koordinator der Geheimdienste: Wann ist bei Ge- sprächen, die Sie geführt haben, zum ersten Mal Christian Flisek (SPD): Herr Wolff, Entschuldi- aufgetaucht, dass Herr Schindler aus seinem Amt gung, jetzt muss ich mal einhaken, ja? gegebenenfalls zu entlassen ist? - So. Und das ist eine Tatsache, und da möchte ich bitte Auskunft MR Philipp Wolff (BK): Können Sie gerne ma- darüber. chen, Sie sind ja zu - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich mich er- Christian Flisek (SPD): Ich rede hier nicht über innern kann, erstmals kurz vor dem Ereignis. die Frage, wo im Beamtenrecht offiziell das auf- gehängt ist, wer wen entlassen kann - das interes- Christian Flisek (SPD): Von wessen Initiative siert mich nicht die Bohne -, sondern wann zum ging ein solches Gespräch oder eine solche Maß- ersten Mal in Gesprächen, an denen Herr Fritsche nahme aus? teilgenommen hat, das Thema auftauchte: Im Zweifel wollen wir Herrn Schindler entlassen. - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter So. Und das ist eine Tatsache. Flisek, es ist so, dass nach dem Beamtenrecht es hier um die Frage geht: politischer Beamter im MR Philipp Wolff (BK): Ich versuche Ihnen ge- Verhältnis zu dem zuständigen Ressortminister. - rade zu erklären, warum Herr Fritsche das nicht Und in dem Spannungsverhältnis spielt sich das beantworten muss. ab. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff Christian Flisek (SPD): Also, ich habe eine kon- hat jetzt das Wort, warum er meint, dass Herr krete Frage gestellt: Von wem ging es aus? Fritsche das nicht beantworten muss.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nochmals: Nach MR Philipp Wolff (BK): Weil die Verknüpfung meiner Erinnerung ist das - - des Grundes - - Es ist im Beamtenrecht geregelt, dass es ohne Angabe von Gründen geschehen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet kann. Und die Verknüpfung des Grundes mit sich auch die Bundesregierung. „Wer ist dafür verantwortlich?“ und „Wann ist das genau geschehen?“, die liegt doch auf der Christian Flisek (SPD): Jetzt bin ich ja mal ge- Hand. Also, die ganzen Umstände einer Entlas- spannt. sung eines politischen Beamten unterliegen der Option, keinen Grund zu nennen. Und da gehört MR Philipp Wolff (BK): Sie können gerne auch auch dazu: Wer ist genau dafür verantwortlich? noch mal in den Kommentar vom Bundesbeam- Wer hat wann mit wem gesprochen? - Können tengesetz schauen. Aber auch die Verantwortlich- wir gerne auch im Kommentar nachschauen. keiten zu solchen Fragen - - Christian Flisek (SPD): Entschuldigung, jetzt - - Christian Flisek (SPD): Brauche ich nicht. Ich stelle hier Fragen, Herr Wolff, über Dinge, - (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Schäuble war MR Philipp Wolff (BK): Richtig. es nicht!)

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- Ich bin dran. Christian Flisek (SPD): Ja. - Ich bleibe bei der Frage jetzt noch mal, Herr Fritsche, weil ich den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, danke Einwand von Herrn Wolff a) nicht nachvollzie- schön, Herr Wolff. - Herr Flisek ist weiter mit hen kann und auch glaube, dass er nicht den Na- Fragen dran. gel auf den Kopf trifft. Wann zum ersten Mal und durch wen ist nach Ihrer Erinnerung bei einem Christian Flisek (SPD): Ich möchte noch einmal Gespräch, an dem Sie teilgenommen haben, das auf den Herrn Wolff eingehen. Und wenn Sie das Thema aufgetaucht, Herrn Schindler aus dem gerade noch mal von der Zeit bitte - - ja? Weil es Amt des Präsidenten des Bundesnachrichten- geht nun mal nicht, dass hier die Bundesregie- dienstes zu entlassen? rung - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Und ich wiederhole Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Müssten wir noch mal, dass das kurz vor dem Ereignis war gleich eine Beratungssitzung daraus machen. und dass zu der Motivation, wer was vorgeschla- gen hat, ich das, was Herr Wolff gesagt hat, für Christian Flisek (SPD): - durch den Herrn überaus nachvollziehbar halte und deswegen Wolff - - Nein, so geht es nicht. hierzu nichts sagen kann.

Ich frage über die Tatsache, wann zum ersten Mal Christian Flisek (SPD): Ja, dann glaube ich, müs- bei einem Gespräch, an dem Herr Fritsche teilge- sen wir eine Beratungssitzung machen. nommen hat, das Thema aufgemacht wurde, Herrn Schindler zu entlassen. Und alles, was Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Muss ich mal jetzt gerade da gesagt haben, ist überhaupt kein fragen: Ist das ein Antrag? Einwand und schon gar kein Grund, zu sagen: Auf diese Frage muss Herr Staatssekretär Fritsche Christian Flisek (SPD): Ich stelle Antrag auf Bera- keine Antwort geben. tungssitzung. Ja.

MR Philipp Wolff (BK): Dann darf ich auch noch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - mal antworten: Diese Frage hat Herr Staatssekre- Das wird in der Regel von allen Fraktionen so tär Fritsche auch beantwortet: Es war vor der Ent- goutiert. - Damit unterbreche ich die Zeugenver- lassung. - Dann haben Sie weiter gefragt und ha- nehmung an dieser Stelle. Ich bitte die Öffent- ben gefragt: Wer ist dafür verantwortlich? Wer lichkeit, den Saal zu verlassen, weil Beratungssit- hat den Stein ins Rollen gebracht? zung beantragt ist, die wir auch, sobald der Saal nicht mehr öffentlich ist, so handhaben werden. Christian Flisek (SPD): Ja. (Unterbrechung des MR Philipp Wolff (BK): Und jetzt sind wir genau Sitzungsteils in dem Bereich, wo es um die Erforschung des Zeugenvernehmung, Grundes geht. Und da können wir gerne noch Öffentlich: 15.44 Uhr - Folgt Beratungssitzung) mal ins Beamtengesetz, gemeinsam in den Kom- mentar schauen; das wäre vielleicht ganz hilf- reich.

Christian Flisek (SPD): Brauchen wir nicht.

MR Philipp Wolff (BK): Gut.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Und jetzt können wir mit der Befragung weiterma- chen.

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(Fortsetzung des (Dr. André Hahn (DIE Sitzungsteils LINKE): Von Herrn Zeugenvernehmung, Schäuble auch nicht!) Öffentlich: 16.16 Uhr) Christian Flisek (SPD): Mir geht es jetzt nur noch Fortsetzung der mal nur darum: Es geht nicht um die Problema- Vernehmung des Zeugen tik, um den Komplex, - Klaus-Dieter Fritsche Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die unterbro- chene Zeugenbefragung wird fortgesetzt. - Herr Christian Flisek (SPD): - sondern nur um diesen Kollege Flisek hat weiterhin das Wort. Bitte Punkt: Herrn Schindler - - schön. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich verstehe Sie. Christian Flisek (SPD): Ja. Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Fritsche, also, ich würde ganz Christian Flisek (SPD): So. Und - - gerne dann noch mal ansetzen bei der Frage: Welche Wahrnehmung haben Sie? Wer hat zum Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Flisek, ich ver- ersten Mal die Thematik „Entlassung von Präsi- suche ja - - dent Schindler“ angesprochen? Christian Flisek (SPD): Es gibt ja eine Möglich- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe vorhin keit, dass Sie sagen, Sie können sich nicht mehr schon gesagt, dass das kurz vor dem Ereignis war, daran erinnern. also der Entlassung. Und das war nach meiner Kenntnis in einem kleinen Kreis, bei dem min- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. destens ich und Chef BK dabei waren. Ob es noch weitere Teilnehmer gab, ist mir jetzt nicht Christian Flisek (SPD): So. erinnerlich. Aber in dem Kreis ist das zum ersten Mal besprochen worden, jedenfalls in meinem Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich versuche Beisein. es, und das ist bei einer kleinen Besprechung im kleinen Kreis - - vor dem Ereignis hat das stattge- Christian Flisek (SPD): Gut. Aber jetzt noch mal: funden. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Von wem? Wer hat das zum ersten Mal angespro- chen? Christian Flisek (SPD): Aber „kleiner Kreis“ heißt, das war - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, nach meiner Er- innerung ist die Diskussion - - Ich kann mich gar Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also jedenfalls - - nicht erinnern, wer da angefangen hat. Christian Flisek (SPD): - kein Jour fixe, regelmä- Christian Flisek (SPD): War doch ein kleiner ßige offizielle Runde. Das war eine informelle Kreis, haben Sie gesagt. Runde.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ja. Aber das ist Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, nein, nein. ja - - Also, Sie müssen sich das so vorstellen: Es Das ist eine informelle Runde, und Chef BK war gibt natürlich Ereignisse, wo wir ganz allgemein dabei. dann darüber reden. Und wer dann letztlich an- fängt, die Problematik aufzugreifen - nicht, die Christian Flisek (SPD): Und Chef BK war dabei. Entscheidung zu treffen, die Problematik aufzu- greifen; das ist ja das, was Sie wissen möchten -, das kann ich Ihnen nicht sagen. Also, ich gehe eher davon aus, dass es nicht von mir kam.

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(Dr. Konstantin von Notz Christian Flisek (SPD): Und Sie hatten eine (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Agenda, eine Tagesordnung, Fragestellungen. NEN): Und das Ereignis ist die Entlassung selbst?) Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wir hatten einen Fragenkatalog, hatten allerdings dem Dienst an Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. die Hand gegeben, dass er den nicht - „den Fra- genkatalog, den übergeben wir bei diesem Be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege such“ - bei diesem Besuch vollständig zu beant- Flisek hat das Wort. worten hat, sondern dann anschließend zu beant- worten hat. Wir wollten das Verfahren kennen- (Martina Renner (DIE lernen und wie das Ganze gelaufen ist. Das ist LINKE): Ja, aber eine Ver- ständnisfrage - -) uns dargestellt worden. Ich hatte das vorhin schon mal erwähnt: Zusammenspiel, Auswer- Christian Flisek (SPD): Gut. - Also, jetzt fasse ich tung, Beschaffung. Nach dieser Besprechung, noch mal zusammen, und dann schließen wir das muss ich ehrlich sagen, bin ich noch davon aus- an der Stelle ab. Also, Sie haben keine aktive Er- gegangen - so ist es uns auch vermittelt worden -, innerung jetzt mehr, wer zum ersten Mal über dass die Auswertung ganz grundsätzlich, und eine Entlassung von Herrn Schindler in diesem zwar alles an Selektoren hier - das betrifft jetzt kleinen informellen Kreis gesprochen hat. vor allem die eigene Auswertung des BND - - dass das von der Auswertung kommt. Und zu Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. den NSA-Selektoren ist gesagt worden, was es für Mechanismen innerhalb der Abteilung TA - ist Christian Flisek (SPD): Gut. - Im März 2015 in jedenfalls versucht worden darzustellen - gibt, Pullach, haben Sie da noch Erinnerungen, wie damit man das ausscheiden kann, was erstens G- das Gespräch anlässlich des Besuches mit Herrn 10-Problematiken hat bzw. gegen deutsche Inte- Schindler ablief? ressen verstößt.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja. Wir haben Christian Flisek (SPD): Und dieser Fragenkata- dem BND gesagt, er muss sich darauf vorberei- log, den Sie in Vorbereitung übergeben haben, ten - das war im Vorfeld -, damit wir umfassend beschäftigte der sich im Schwerpunkt, vielleicht unterrichtet werden, wie die - - sogar ausschließlich, mit den NSA-Selektoren?

Christian Flisek (SPD): Wie viel Vorlauf hatte der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es, weil zu BND da? dem Zeitpunkt war für uns ja die NSA-Se- lektoren- - Darauf bin ich ja am Freitag der Wo- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das war ja am che vorher aufmerksam gemacht worden. Der Freitag nach dieser Sonntagsbesprechung. Ich BND hat aber insgesamt vorgetragen und hat hatte noch mehrere Gespräche mit unseren Leu- dann eben auch im Hinblick auf die eigene - - ten, die den Fragenkatalog aufbereitet haben. wie es bei der eigenen Beschaffung läuft, vorge- Und ursprünglich war, glaube ich, mal geplant, tragen. Und das war für uns dann Anlass, auch dass im Kanzleramt wieder diese Besprechung hier wieder nachzufragen. In den Sachstands- stattfindet. Dann hat allerdings Chef BK entschie- berichten ihrer verschiedenen Fassungen hat es den, dass wir am Freitag besuchen; das muss auch nach meiner Erinnerung immer wieder ei- Mitte der Woche gewesen sein. nen Teil gegeben, der sich mit der eigenen Steue- rung beschäftigte. Christian Flisek (SPD): Also, so zwei Tage Vor- lauf. Christian Flisek (SPD): Das müssen wir jetzt noch mal vertiefen, Herr Fritsche. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Circa zwei Tage vorher. Ja, zwei Tage vorher. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

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Christian Flisek (SPD): Hat der BND, in dem Fall Christian Flisek (SPD): Also, Sie sind fröhlich ja - - Der Präsident wird ja dort vorgetragen haben vergnügt aus Pullach wieder nach Hause gefah- bei der Gelegenheit; davon gehe ich aus. Hat Herr ren oder - - Schindler dort aktiv, aufgrund eigener Initiative, die BND-Selektoren angesprochen, oder ist das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich bin weder fröh- erst auf Nachfrage, gegebenenfalls von Herrn Alt- lich vergnügt nach Pullach gefahren noch fröh- maier, passiert? lich vergnügt aus Pullach; denn das mit den NSA-Selektoren hat ja gereicht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Erin- nerung waren unser Hauptpetitum, wie gesagt, Christian Flisek (SPD): Gut. - Aber jetzt noch mal die NSA-Selektoren. Dazu hat der Präsident, wie in Bezug auf die neue Dimension der BND-eige- es üblich ist, eingeführt und hat dann an die Zu- nen Selektoren: Diese Problematik war für Sie bei ständigen in der Abteilung TA verwiesen. Und der Abreise noch nicht in dieser Weise gravie- die haben den Gesamtmechanismus dargestellt. rend, - Und dabei hat auch die eigene Steuerung eine Rolle gespielt. Das ist nach meiner Erinnerung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: War noch - - nicht vom Präsidenten vorgetragen worden, son- dern von Mitarbeitern der TA. Christian Flisek (SPD): - wie sich das dann im Nachgang auch herausgestellt hat. Christian Flisek (SPD): Also, es war nicht so, dass man dann irgendwann am Ende vielleicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Erin- nur über NSA-Selektoren gesprochen hat, und nerung war es so. dann hat Herr Altmaier zum Schluss die Frage gestellt, ob es sonst noch was gebe, was man wis- Christian Flisek (SPD): Sie sind dann wahr- sen müsste. scheinlich geflogen, wieder nach Berlin.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es nicht dis- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. kutiert worden. Christian Flisek (SPD): Hat man auf der Rück- Christian Flisek (SPD): Also, der BND selber, fahrt - - Haben Sie mit Herrn Altmaier da Gesprä- Mitarbeiter des BND, haben die Frage der BND- che geführt? Also, ich bin auch schon mal mit Selektorenproblematik akt- - Wie wurde das dar- Herrn Altmaier geflogen. Da gibt es prima Gele- gestellt? genheiten, sich zu unterhalten. Das ist oft auch sehr interessant. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, dargestellt: Aus- wertung steuert die Beschaffung. - Und dann war Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn ich mich für uns das der Anlass, auch da nachzufragen bis richtig erinnere, hat er noch einen anderen Ter- hin zum Abschlussbericht im September 2015. min gehabt; deswegen bin ich mit den Leuten der Abteilung 6, mit ein paar, alleine geflogen. Christian Flisek (SPD): Wann machte es bei die- ser Unterrichtung durch die BND-Mitarbeiter bei Christian Flisek (SPD): Aha. Und im Nachgang, Ihnen zum ersten Mal klick, dass da irgendwas wie wurde das dann aufgegriffen? Was ist dann nicht ganz koscher ist? passiert?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Eigentlich noch Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, dann im Nach- nicht bei der Besprechung selbst, sondern erst als gang hat es natürlich eine Fülle von Gesprächen Reaktion, als wir die ersten schriftlichen, also gegeben, sowohl bei uns mit der Abteilung als nach meiner Erinnerung, Dinge bekommen ha- auch mit Chef BK. Es gab ja auch eine Fülle von ben. Vorlagen, nämlich über die Art und Weise, wie

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Nur zur dienstlichen Verwendung es im BND aufbereitet worden ist, was uns vorge- chen, die damals auch im Hinblick auf die sach- legt worden ist, wo wir gesagt haben: Da müssen verständige Vertrauensperson - - dass es da auch wir noch nachhaken. - Das hat sowohl den Punkt eine Rolle gespielt hat. „NSA-Selektoren“ als auch den Punkt „eigene Selektoren“ betroffen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten wir gleich wieder wechseln. Christian Flisek (SPD): Und wann wurde Ihnen klar, dass Sie das PKGr oder auch den Untersu- Christian Flisek (SPD): Ja. Dann wechseln wir. chungsausschuss über die neue Thematik unter- richten müssen? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Herzli- chen Dank. - Wir kommen jetzt zur fünften Frage- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sie meinen die eige- runde. Und auch in dieser Runde beginnt wieder nen Selektoren?- Ja, sobald wir aus unserer Sicht die Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Renner be- die genügende Aufbereitung gemacht haben. Wir ginnt. haben in der Sitzung, auch wenn der Taskforce- Bericht hier aus meiner Sicht etwas anderes sug- Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe auch nur geriert, von Mitte Mai/Anfang Mai darauf hinge- ein Thema erst mal, und zwar würde ich gerne wiesen - also nicht wir, das Kanzleramt, sondern fragen zum 24. Oktober 2013. nach meiner Erinnerung der Präsident des BND -, dass auch die eigenen Selektoren überprüft wer- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: 24. Oktober 13. den. Da hat ja dann im Taskforce-Bericht das PKGr gerügt, dass das keine ordnungsgemäße Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Da wissen Unterrichtung des PKGr gewesen sei zu den eige- wir aus dem Kalender von Herrn Pofalla, dass Sie nen Selektoren. Das war auch nicht beabsichtigt, um 9.30 Uhr bis 10.30 Uhr mit Herrn Schindler, sondern es ist gesagt worden im Mai, dass wir da Herrn Heusgen, Herrn Heiß, Herrn Maaßen und - dran sind, dass wir das aufgegriffen haben und hier steht noch - Herrn Seibert - der will ja mitt- dass wir dann natürlich weiter unterrichten. lerweile in Brüssel gewesen sein - zusammensa- ßen. Und das ist der Tag nach der Spiegel-Veröf- So. Und das hatten wir dann Anfang August, fentlichung zum Kanzlerinnenhandy. Und ich nachdem die eine Problematik, nämlich das, was würde gerne wissen, was man in dieser Runde den Untersuchungsausschuss vor allem interes- beredet hat. siert hat, nämlich die NSA-Selektoren - - und die sachverständige Vertrauensperson eingesetzt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Nach meiner Er- worden ist, hatten die Mitarbeiter, die sich damit innerung hat man alles, was aktuell war, beredet, zu beschäftigen hatten, dann ihre Arbeitskraft da- vor allem, weil wir eine Sondersitzung des Parla- rauf verlegt. Und wir haben einen Abschluss- mentarischen Kontrollgremiums, glaube ich, am bericht Ende September 2015 nach meiner Erin- gleichen Tag hatten - nachmittags, wenn ich nerung bekommen und dann bei der nächsten re- mich richtig erinnere. Das hat ja, glaube ich, noch gulären Sitzung des PKGr das PKGr dazu unter- mal eine Besprechung direkt für dieses Parlamen- richtet. Dann ist ja auch dort die Taskforce einge- tarische Kontrollgremium gegeben. Aber bei mir richtet worden. verwischen sich jetzt die Besprechungen. Es ist sicher über das Handy gesprochen worden. Und Christian Flisek (SPD): Ist nach dem Besuch in da hat dann auch schon zeitnah eine Rolle ge- Pullach die Bundeskanzlerin informiert worden? spielt - ich weiß nicht, ob es direkt in der Bespre- chung gesagt worden ist -, dass es plausibel ist, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es hat sicher Vorla- aber dass es schwer wird, das zu beweisen. Das gen gegeben, schriftlich, an die ich mich erinnern sind die Fragen, die dort besprochen worden kann. Es kann sein. Da kann ich mich aber defini- sind jetzt in Bezug aufs Handy. tiv nicht mehr erinnern, dass bei den Gesprä-

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Martina Renner (DIE LINKE): Also, ich würde sa- das kann ich leider nicht mehr sagen. Aber es hat gen, die Vorbereitung der PKGr-Sitzung ist ja das natürlich diese Gespräche gegeben. zweite Gespräch an dem Tag, 12.45 Uhr bis 13.45 Uhr. Der erste Termin sieht, wenn man Martina Renner (DIE LINKE): Und was jetzt das auch den Kalender in den anderen Wochen so BMI angeht, was waren konkret die Arbeitsauf- vergleicht und die PKGr-Tage sich anguckt, eher träge, mit denen Sie dort herausgegangen sind? außerordentlich aus. Und es liegt sehr nahe, dass man sich eben ad hoc zu dieser Veröffentlichung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, noch mal zu fra- verständigt hat. Neben dem, dass es plausibel er- gen vor dem Hintergrund - ich glaube, das ist scheint: Ich meine, was ist denn - da war noch auch öffentlich gewesen -, was Aufbauten auf Herr Heusgen dabei; ich meine, das war ja schon Botschaften zu tun haben, inwieweit - das ist ja eine größere Runde - noch besprochen worden an aus dem parlamentarischen Raum an die Bundes- Maßnahmen, an „Schaltet man die GBA - - Was regierung herangetragen worden - Durchsu- ist dort verhandelt worden? chungsbeschlüsse gegen Botschaften Wirkung ha- ben. Das hat sich allerdings alles, die Diskussion, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich dann in der Folge ereignet. Und die Diskussion mich richtig erinnere - und da bitte ich wirklich ist ja lebhaft befördert worden, ich glaube, durch einfach um Verständnis; ich kann Ihnen jetzt den Spiegel, in dem dann so Wärmebildaufnah- nicht unterscheiden, ob in der Morgenbespre- men von Botschaftsgebäuden in den Spiegel ge- chung extra zu diesem Punkt gesprochen worden wandert sind. Und in dem Zusammenhang hat es ist und dann anschließend in der weiteren Vorbe- die Aufklärung gegeben. sprechung zum Sonder-PKGr gesprochen worden ist -: In diesem Zeitrahmen ist ganz allgemein da- Martina Renner (DIE LINKE): Ich glaube, Herr rüber gesprochen worden: Was ist beweisbar? Hahn wollte noch fragen. Was gibt es für Möglichkeiten? - Und das ist das, was mich natürlich betroffen hat und was in mei- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. - Herr Flisek ner Erinnerung natürlich auch in meiner Zustän- hatte ja vorhin sich mit der Antwort zufriedenge- digkeit lag: Was können wir zur Aufklärung sei- geben - die Opposition geht ja immer ein Stück tens der Spionageabwehr beitragen? - Und da ist weiter -, was dieser - wie haben Sie gesagt? habe besprochen worden, dass das relativ schwierig ich richtig aufgeschrieben? - „kleine informelle ist. Nichtsdestotrotz war ja eine der Folgerungen, Kreis“ - diese 360-Grad-Blick-Betrachtung durch die Spionageabwehr zu verstärken; das ist eine di- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. rekte Folgerung. Aber ich nehme an, nachdem es so zeitlich nah mit der Erkenntnis aus den Me- Dr. André Hahn (DIE LINKE): - vor der Entlas- dien zu dem Handy war, dass hier nur der Status sung von Schindler - - Sie haben gesagt, Sie und hinsichtlich: „Was? Stimmt das? Von wem ist die der Chef BK offenbar; aber wie groß die Runde Information?“, usw. besprochen worden ist. war, haben Sie ja nicht gesagt. War denn Herr Heiß mit dabei? Martina Renner (DIE LINKE): Und wer konnte in diesem Termin einschätzen, dass die Meldung im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ist mir nicht erin- Spiegel plausibel erscheint? nerlich.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich weiß aus Dr. André Hahn (DIE LINKE): War noch ein an- der Nachbetrachtung, dass solche Plausibilitäts- derer Bundesminister mit dabei? erwägungen vom Bundesnachrichtendienst er- folgt sind. Ob die jetzt genau in dieser Sitzung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ist mir auch nicht waren oder im zeitlichen Zusammenhang dann erinnerlich. In die Gespräche, in denen ich zu anschließend, also nicht am gleichen Tag unbe- dieser Problematik dabei war, war kein anderes dingt, sondern anschließend in der Diskussion, Ressort eingebunden.

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1. Untersuchungsausschuss

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Auch kein Vertre- Die Union hat in öffentlicher Sitzung keine Fra- ter der SPD als Koalitionspartner - ist ja eine gen mehr. - Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege wichtige Entscheidung -, Herr Steinmeier. Ströbele hat noch Fragen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Fach- und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dienstaufsicht und die Verantwortung für die NEN): Ja. - Herr Fritsche, der 24.10. ist ja von mir obere Bundesbehörde Bundesnachrichtendienst schon zweimal angesprochen worden, von der liegt beim Bundeskanzleramt. Kollegin hier gerade auch. Das muss ein ganz tur- bulenter Tag gewesen sein, weil am Vorabend (Christian Flisek (SPD): Ich kam der Spiegel damit raus. Ich habe mich inzwi- war dabei!) schen, nachdem ich auch noch mal da nachgele- sen habe, erinnert, dass auch ich selber vom - Das muss ich bestreiten mit Nichtwissen. Spiegel aufgetrieben worden bin in meinem Wahlkreis und mir das vorgehalten worden ist, (Heiterkeit - Christian Fli- was Sie da wussten, und gleich eine Stellung- sek (SPD): Sehen Sie, da nahme abgeben sollte, musste und gerne getan ändern sich wieder die habe. Dinge!)

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Fritsche, ich Das heißt, am nächsten Morgen, 24.10. - also, nehme ja nur an, dass - - So eine Personalie wird 23.10. war diese Meldung abends; ich nehme mal ja nicht einfach so mit Daumen hoch, Daumen an, da waren Sie dann auch informiert -, am runter - - Da hängt ja ein bisschen was dran. 24.10. morgens, die erste Sitzung um 8 Uhr mor- gens. Ich kann mir vorstellen, da gab es gar kein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, wir sind ja auch anderes Thema, sondern da gab es diesen Spie- nicht in Gladiatorenwettkämpfen, sondern - gel. Zumal - ich will mal weitermachen - die Kanzlerin am selben Tag - - Und das kann man Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, und deshalb - - heute in der Süddeutschen Zeitung noch mal ge- nau nachlesen: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - es geht darum, Da stand am Ein- dass ein Ressort eine solche Entscheidung nach gang des Ratsgebäudes der Euro- dem Beamtenrecht trifft, und das ist allein in der päischen Union in Brüssel und Ressortverantwortung. empörte sich darüber, was kurz zuvor durch einen Bericht des Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und deshalb war Spiegel bekannt geworden war … auch kein anderes Ressort dabei, kein anderer Minister. Und dann steht da:

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich wüsste gar Merkel schien darüber ehrlich be- nicht, was das sollte. Also: Nach meiner Erinne- troffen zu sein … rung nicht. Und: Ich wüsste gar nicht, was das sollte. Also, erst morgens Ihre Sitzung, dann äußert Frau Merkel was; die Kanzlerin drastisch betroffen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Gut. Und dann war die nächste Sitzung am Nachmit- tag des Tages oder am Mittag. Und dann war eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das heißt, Sonder-PKGr-Sitzung. Haben Sie an dem Tag keine Fragen mehr, die Gestik? - Gut. Das kann überhaupt noch was anderes gemacht als „Handy ich manchmal nicht so richtig interpretieren. der Kanzlerin“? Gut. - Dann kommen wir zur nächsten Fraktion.-

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann nicht aus- Gewissen die vollständigen Unterlagen, die rich- schließen, dass ich auch noch was anderes zwi- tigen Unterlagen vorlegt. Aber ich kann nicht schen den Besprechungen gemacht habe. Aber es ausschließen, dass es zwei Schreiben waren; aber war nicht nur der Tag turbulent - das muss ich nach meiner Erinnerung eins. ganz deutlich sagen -, sondern es war seit dem Anfang - 6. Juli war das, glaube ich -, seit dem Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Snowden-Auf- - NEN): Können Sie sich noch daran erinnern, was Sie Herrn Emerson zu dem Handy der Kanzlerin Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geschrieben haben? NEN): Nein, nein, nein. Das weiß ich ja alles. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sicher um Aufklä- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Moment, Mo- rung gebeten. Kann ich jetzt nicht definitiv - - ment, Moment. Ich will nur erklären, dass wir in der ganzen Zeit permanent Sitzungen hatten, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eine Vielzahl von Sitzungen. Und ich schließe NEN): Haben Sie von einer Straftat gesprochen nicht aus - ich will Ihnen ja gar nicht widerspre- oder von strafbarer Spionage, einem Vergehen chen-, dass das das entscheidende Thema in der oder Verbrechen? ersten Sitzung am Morgen war; ich gehe auch mal davon aus. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich nicht sa- gen, weil - - Ich glaube eher nicht, weil am glei- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen Tag der GBA ja einen Beobachtungsvorgang NEN): Ja, ja. - Nein, die war - ich habe hier auch vorgelegt hat, und da gilt für mich eigentlich nor- den Plan von Herrn Pofalla - 12.45 Uhr bis malerweise das, was immer gilt, wenn Staats- 13.45 Uhr. Dann war irgendwann die PKGr-Sit- anwaltschaften sich mit der Ermittlung beschäfti- zung. Und jetzt nur zu Ihrer Beschäftigung: Mir gen: dass wir jedenfalls dazu nichts weiter sagen. liegen hier noch zwei nette Briefe von Ihnen vor. Der eine ist gerichtet an den Botschafter der Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vereinigten Staaten von Nordamerika in Berlin, NEN): Ja. Wenn ich Ihnen jetzt vorhalte - - In dem Herrn Emerson. Können Sie sich daran erinnern? einen Brief an Herrn Emerson ist davon die Rede: Den haben Sie geschrieben. „Sofern eine solche Datenerhebung erfolgte ...“ Also, man kann zu so einem Spionagefall auch Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich erin- „Datenerhebung“ sagen; aber das trifft die Sache nern, dass ich nicht nur an einen Botschafter ge- nicht richtig. „Datenerhebung“ ist ein bisschen schrieben haben, sondern auch noch an einen sehr milde ausgedrückt, nicht? weiteren, wo Fragen gestellt worden sind im Sinne von: „Was kann dazu gesagt werden?“, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich will jetzt und: „Was ist zu Aufbauten an Gebäuden zu sa- gar nicht bewerten. Es ist eine Datenerhebung. gen?“. Und wenn ich das so geschrieben habe, wird es richtig sein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Kann das auch sein, dass Sie zwei Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kann man da Briefe an Herrn Emerson am selben Tag, am 24., mal eben die Fundstelle haben, dass wir die geschrieben haben? Also, wenn das Datum hier nachblättern können? nicht gefälscht ist oder verwechselt ist; kann auch sein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. MAT A BK-1/3a, Blatt 83 und 84. Das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, von Fäl- sind dann die Seiten 76 und 77. Auf die Seite 76 schung kann sicher keine Rede sein, weil die komme ich jetzt noch mal. Bundesregierung immer nach bestem Wissen und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 78 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Super. Danke Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich so nicht schön. sagen. Es ist eine Datenerhebung, und was das Auswärtige Amt dazu als Bewertung gibt, das ist Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eine Bewertung eines anderen Ressorts. Aus mei- NEN): Ich will Ihnen das vorhalten. Das ist nicht ner Sicht war das richtig, das so zu schreiben. nur meine Idee jetzt, als ich das gelesen habe, Und wir haben ja schließlich auch Aufklärung sondern auch das Auswärtige Amt hat sich über gefordert. Und das ist der eigentlich entschei- Ihren „weichen Stil“ nicht beschwert, aber mo- dende Punkt, Herr Abgeordneter. niert und hat gesagt, das „könnte in Washington die falsche Schlussfolgerung unterfüttern …“. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Alles hartnäckig!) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Strö- bele, ganz kurz Herr Wolff. Ich halte auch die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/,DIE Zeit an. GRÜNEN): Ja. In einem sehr „weichen Stil“, um mal die Worte des Auswärtigen Amtes - MR Philipp Wolff (BK): Ich bitte, dem Zeugen das mal vorzuhalten - weil jetzt wird immer gere- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. det; der Zeuge hat das Schreiben nicht -, dass er sich es einfach auch mal anschauen kann. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - zu bemühen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich dachte, er kriegt es jetzt von der Fraktion. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich lese das doch vor. NEN): Aber Sie haben den Brief dann nicht mehr verändert. Dahinter ist dann auch der nächste Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, aber der Brief; der ist noch länger, anderthalb Seiten, Seite Zeuge braucht ja auch ein Dokument. 79. Also, noch mal die Frage, Herr Fritsche: Wenn ich das so alles lese, dann war die PKGr- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sitzung; da waren Sie ja wahrscheinlich auch an- NEN): Ist ja nicht Geheim. wesend.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Kant Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. bringt es ja schon. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dem Zeugen werden NEN): Und dann war anschließend nach der Unterlagen vorgelegt - Er PKGr-Sitzung - - gab es noch eine Presseerklä- und MR Philipp Wolff (BK) rung, wie das ja manchmal geschehen ist, von nehmen Einblick) Chef BK Pofalla. Und ich will Ihnen die ganze nicht vorlesen - die ist hier auch drin -, eine län- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gere Presseerklärung offenbar über das Ergebnis NEN): Also, das geht dann weiter: der Beratung. Und dann steht da unter anderem, es würde sich hierbei um ein Vorgehen handeln, Der weiche Stil der Briefe könnte das „unter Partnern und engen Verbündeten völ- in Washington die falsche lig inakzeptabel ist. Das würde nach meiner fes- Schlussfolgerung unterfüttern, der ten Überzeugung“ - Pofallas festen Überzeugung - Vorgang werde hier für nicht so gravierend gehalten. „einen schweren Vertrauensbruch darstellen“. Also dieser Angriff auf das Handy der Kanzle- Den Eindruck habe ich aber auch, jetzt im Nach- rin. - Schon starke Worte. Ich nehme mal an, so hinein. Ich kannte das damals - - was posaunt man nicht in die Öffentlichkeit, und

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1. Untersuchungsausschuss

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Sie schreiben auch nicht so einen Brief, wenn Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, das nennt nicht davon ausgegangen sind, dass das sehr, man Demokratie, Herr Ströbele; aber nicht jeder sehr ernst ist und auch vieles dafürspricht, dass möchte das so. das stimmt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe ja betont, NEN): Das hat mit Demokratie nichts zu tun, son- dass es eine Bewertung gab, die von Plausibilitä- dern mit Bürokratie oder bürokratischen Vorgän- ten, weil es Beweise nicht gibt, gesprochen hat. gen. - Aber jetzt kann ich ja da weitermachen. Und ich denke, wichtig ist doch, was in dem Also, dann hat an diesem selben Tag anschlie- Schreiben inhaltlich gesagt worden ist: dass wir ßend an das PKGr und anschließend an diese Er- eine vollständige und rasche Aufklärung fordern. klärung offenbar noch ein weiteres Treffen statt- gefunden, und immer sind dabei gewesen Chef Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- BK, also Herr Pofalla - der muss dann da gleich NEN): Ja, ja. hingeeilt sein -, Schindler, Maaßen und Heiß und Sie. Können Sie sich jetzt erinnern? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Und ich verstehe jetzt nicht Ihre - - Hätte ich es beleidigend ma- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, an das spe- chen sollen? Oder was hätte ich aus Ihrer Sicht zielle Treffen kann ich mich nicht erinnern. machen sollen, - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Drei sind das ja; drei sind das an NEN): Nein, nein. Aber die Sache beim Namen dem Tag. nennen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ja. - Aber noch Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - um der Bedeutung mal: Ich schließe das nicht aus. Wenn das in dem der Sache gerecht zu werden? Kalender steht, gehe ich davon aus, dass es auch in meinem Beisein stattgefunden hat. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Sache beim Namen nennen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Und können Sie sich also an diesen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das werden dramatischen Tag nicht erinnern - wir in der Runde aber nicht mehr klären können, weil wir jetzt schon wieder zur nächsten Fraktion Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich da- kommen, nämlich zur Fraktion der SPD. Herr ran - - Kollege Flisek. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Christian Flisek (SPD): Wir haben in öffentlicher NEN): - und was darüber, über dieses Handyab- Sitzung keine weiteren Fragen mehr. hören der Kanzlerin, gesprochen worden ist?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist gut. - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich kann mich Dann sind wir bei der Fraktion Die Linke. - Frau an die dramatischen Monate erinnern, - Kollegin Renner auch nicht. - Die Union auch nicht. - Herr Ströbele, Sie können weitermachen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, das haben Sie schon gesagt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Vorsitzender, damit führen Sie dieses Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - nein -, die es seit Verfahren endgültig ad absurdum. Anfang Juni gegeben hat; das möchte ich noch mal betonen.

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1. Untersuchungsausschuss

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- freundlichen Brief an den Herrn Botschafter veri- NEN): Ja. fizieren könnte oder belegen könnte, besser bele- gen könnte? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das muss man ja im Zusammenhang sehen - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich würde sagen, es ging vor allem auch darum, zu sagen: Was ma- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen wir alle? Und ich nehme nicht an, dass die NEN): Genau. beiden Schreiben, die ich an den Botschafter ge- schickt habe, nach diesem Treffen rausgegangen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und nicht einfach sind. Die werden schon vorher rausgegangen jetzt sagen: Das müsste Ihnen doch jetzt sofort als sein, am 24. im Laufe des Tages, und dann ist das aufgefallen sein, und alles andere - - zurück- wahrscheinlich noch mal besprochen worden, gestellt haben. was alle in ihrer jeweiligen Zuständigkeit ge- macht haben und was im Parlamentarischen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kontrollgremium dazu besprochen worden ist. NEN): Nein, mir geht es jetzt darum - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Und dass wir uns NEN): Ja. - Und spielte jetzt - jetzt komme ich unter Umständen nach der PKG getroffen haben, wieder auf meine Anfangsfrage zurück - bei die- ist wahrscheinlich der Diskussion, die im Parla- sen ganzen Erörterungen auch die Bundeskanzle- mentarischen Kontrollgremium darüber geführt rin eine Rolle und insbesondere, was sie viel- worden ist, geschuldet, wo dann Chef BK gesagt leicht tun könnte oder schon getan hat, um bei hat: Kommen Sie alle noch mal hin. Wie bewer- der Verifizierung oder Nichtverifizierung, bei der ten wir das insgesamt? Klärung zu helfen?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Erin- NEN): Ja. nerung nicht; denn wir haben das besprochen, was wir jeweils machen können. Ich war der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das halte ich Innenstaatssekretär und zuständig für Spionage- für ein ganz normales Vorgehen. abwehr.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Und können Sie sagen, was da bespro- NEN): Haben Sie an den beiden Tagen an einem chen worden ist? Treffen teilgenommen mit der Kanzlerin?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Im Einzelnen nicht; Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hatte ich vorhin, das habe ich schon gesagt. glaube ich, schon auf Fragen gesagt: Nein.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Erinnern Sie sich nicht, oder wollen Sie NEN): Haben Sie nicht teilgenommen? nicht, oder dürfen Sie nicht? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, ich erinnere mich nicht, was im Einzelnen ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sprochen worden ist. NEN): Also, Sie wissen überhaupt nichts von Reaktionen der Kanzlerin, außer das, was dann Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch übers Fernsehen lief? NEN): Ja. - Ging es darum oder ging es auch da- rum, wie man die Sache außer mit so einem Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Was übers Fern- sehen lief und was allgemeinkundig war, ja.

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1. Untersuchungsausschuss

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): „Allgemeinkundig“? Was war da allge- NEN): Ja. - Ich frage Sie deshalb, weil mich inte- meinkundig? ressiert - - Also, Sie sagen, Sie haben erst durch diese Aussage hier vor dem Ausschuss davon ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, durch die hört. Medien verbreitet; das halte ich für allgemein- kundig. Aber legen Sie mein Wort nicht auf die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. Goldwaage. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das war nicht irgendeiner, sondern das NEN): Nein, das tue ich gar nicht, gut. - Also, war ein Drohnenpilot mit über 1 000 Drohnen- dann bin ich jetzt erst mal mit dem 24.10.2013 einsätzen, der dafür auch einen Orden bekom- rum. Da gibt es ja noch andere Zeugen, die wir men hat in den USA. Der hat das hier sehr detail- dazu befragen. liert geschildert; das hat der Vorsitzende Ihnen ja schon vorgehalten. Aber die Frage ist: Spätestens Ich habe nur noch abschließend eine Geschichte, da, nachdem Sie jetzt davon gelesen hatten, die ich noch mal klären wollte. Da komme ich wussten, da steht so eine Behauptung - nicht von noch mal zurück auf das, was der Vorsitzende irgendjemandem, sondern von einem unzweifel- vorhin ganz am Anfang Sie gefragt hat, nämlich haften Drohnenpiloten, der so was erzählt -, ha- zu Ramstein. ben Sie da - Sie jetzt als Chef oder als Staats- sekretär im Kanzleramt - Bemühungen unternom- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. men, mal mit den Amerikanern abzuklären, was da tatsächlich läuft in Ramstein? Oder hatten Sie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- keinen Anlass dazu? NEN): War Ihnen bekannt - - Oder ab wann war Ihnen bekannt, dass der Vorwurf erhoben wurde, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es gibt ja zu- dass Ramstein, eine US-Niederlassung in ständige Ressorts, die sich mit der Frage beschäf- Deutschland, bei dem Drohnenkrieg eine erhebli- tigt haben. Das ist vor allem der Verteidigungsmi- che Rolle spielt? nister und, ich glaube, auch das Auswärtige Amt. Das sieht man ja auch, dass das Auswärtige Amt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, soweit ich Gespräche mit Diplomaten geführt hat. Das war mich erinnere, durch die Veröffentlichung über in deren Zuständigkeit. eine Zeugeneinvernahme hier in diesem Aus- schuss, als ein ehemaliger US-Mitarbeiter, Soldat Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gefragt worden ist, welche Rolle Ramstein spielt. NEN): Ja. - Weil wir alle - also, auch ich habe ja Im Anschluss, wenn ich mich richtig erinnere, mehrere Fragen dazu gestellt - haben immer von gab es verschiedene parlamentarische Anfragen der Bundesregierung die Antwort bekommen, die dazu, die, glaube ich, federführend das Verteidi- auch Herr Obama, also er selber, aber auch die gungsministerium beantwortet hat, weil es ja eine US-Administration sonst immer wieder gegeben militärische Liegenschaft ist. Das ist meine Erin- haben auf die Fragen. In Ramstein selber, als ich nerung in dem Zusammenhang. da mal war, hat mir ein General das gesagt. Die haben immer die Formel gesagt - und die hat die Und jetzt in neuester Zeit natürlich das, was Bundesregierung übernommen -, es starten keine noch mal offensichtlich aufgrund eines Ge- Drohnen aus Deutschland, und es werden keine sprächs von US-amerikanischen Diplomaten mit von Deutschland aus geleitet. Das war immer die deutschen Diplomaten dann das Ergebnis für Formel. Nun gab es ja diese neue Variante mit eine Fragestunde war, wo der zuständige Staats- Relaisstationen. minister des Auswärtigen Amtes die Erkennt- nisse, die man aufgrund dieses Gespräches hatte, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. weitergegeben hat.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hatten Sie - „Sie“, das Bundeskanzleramt - NEN): Also, Herr Fritsche, immer wenn es ein nicht Veranlassung, jetzt mal da nachzugehen: bisschen kritisch wird, dann wiederholen Sie Geben wir da immer falsche Auskünfte oder - - noch mal das, was Sie vorher alles schon gesagt Also, wir haben ja immer danach gefragt, ob haben; das habe ich ja vorhin schon gehört. Nur, Ramstein - - welche Rolle Ramstein im Drohnen- mich interessiert: Sie haben also das Leiten des krieg spielt. Wir haben nicht gefragt, ob hier ein gesamten Einsatzes der Drohne von den USA Flugzeug oder eine Drohne startet, sondern wir über Ramstein - Glasfaserkabel bis Ramstein und haben gefragt, ob überhaupt Ramstein eine Rolle von dort dann zum Satelliten - nicht als Droh- spielt. Und diese Aussagen waren meiner Ein- nenleiten angesehen? schätzung nach alle falsch, die wir bekommen haben, objektiv falsch. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es, und ich weiß gar nicht, in welcher technischen - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, alle Fragen, die sich in dem Zusammenhang Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- während des laufenden Untersuchungsausschus- NEN): Ins Ziel, sowohl Zielerkennung als auch ses mit Ramstein beschäftigt haben, habe ich im- Zielbekämpfung. mer gesehen vor dem Hintergrund des Einset- zungsauftrags des Untersuchungsausschusses, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal: Das sehe und da ging es um die Frage, ob von deutschem ich so nicht, und ich sehe das im Übrigen auch Boden aus etwas gesteuert wird bzw. veranlasst nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt. Aber wird. Das ist - - Dass Ramstein eine von vielen ich bin gerne bereit gewesen, ohne Anerkennung möglichen Relaisstationen - das ist ja die neueste einer Rechtspflicht das zu sagen, was ich dazu Aussage, die ich zur Kenntnis genommen habe - sagen kann, und das habe ich gemacht. ist, bedeutet nicht, dass das von deutschem Bo- den aus gesteuert wird oder etwas veranlasst Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wird, was die Drohnen dann tatsächlich durch- NEN): Ja. - Also, diese von mir so bezeichneten führen. Ich hatte ja auf eine vorhergehende Frage illegalen Hinrichtungen, diese Art der Beteili- auch schon mal gesagt: Für mich macht es auch gung von deutschem Boden aus, sehen Sie nicht keinen Unterschied, jetzt in einem bewaffneten problematisch als Staatssekretär im Kanzleramt? Konflikt, ob Drohnen eingesetzt werden oder Immer noch nicht? eben andere Kriegs- - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal, Herr Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abgeordneter: Das ist ja zum einen eine Unter- NEN): Ja. stellung, dass Sie von Illegalität sprechen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, noch mal, weil Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich immer sehe, dass die Frage der Drohne - NEN): Ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe versucht, NEN): Ja. Ihnen darzustellen, dass es hierzu eine Diskus- sion gibt, auch auf dem Boden der VN-Charta. Im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - hier eine beson- Übrigen weise ich nochmals darauf hin, dass so- dere Rolle spielt. Das macht für mich keinen Un- wohl der GBA als auch die Staatsanwaltschaft terschied. Wie gesagt, es gibt nach wie vor auch Frankfurt am Main, die sich mit der Sache be- eine Diskussion - die Amerikaner beurteilen das schäftigen musste aufgrund von Strafanzeigen, anders als wir - im Krieg gegen den Terrorismus, ausdrücklich gesagt haben, dass hier eine irgend- ob es hier ein Selbstverteidigungsrecht nach der wie geartete Beteiligung der Bundesregierung VN-Charta gibt. Das ist eine Diskussion, der wir uns alle stellen müssen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 83 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung und der Bundesrepublik Deutschland nicht gese- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hen werden kann. Das ist für mich auch das We- NEN): Also, es geht weiter so. Die nächsten Droh- sentliche. neneinsätze können weiter über Ramstein laufen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal: Ramstein NEN): Herr Fritsche, jetzt meine letzte Frage ist nach der Aussage eine technische Relais- dazu: Ist Ihnen bekannt, dass es im Kanzleramt station, und Ihre Unterstellung - Glasfaserkabel und in der Bundesregierung - oder „oder in der hin, Satellit weg - kann ich nicht mehr nach- Bundesregierung“ oder beides - eine Sprachrege- voll- - lung gibt oder eine Regelung gibt, möglichst an diesem Tabu nicht zu rühren und immer das nur Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu antworten, was die US-Behörden selber dazu NEN): Ja, das hat der Drohnenpilot so geschildert. sagen? Der hat ja recht gehabt.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Sie unterstel- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, gut. Aber das len jetzt, dass es eine Haltung der Bundesregie- kann - - Unser Ansprechpartner ist die Regierung rung und speziell des Kanzleramts gibt, dass man der Vereinigten Staaten, nicht ein Drohnenpilot. so antworten soll? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Regierung der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Vereinigten Staaten hat sich jüngst auch noch mal dazu geäußert, - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, das ist reiner Zufall, dass immer das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gleiche geantwortet wird? NEN): Ja.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich würde nicht sa- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und das nehme gen, dass das Zufall ist - das ist bewusst so -, ich zur Kenntnis. nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Haben Sie dann mal versucht, das NEN): Und diese neue Information, die an das konkreter zu machen, zum Beispiel indem Sie Auswärtige Amt gegeben worden ist - mit dem persönlich - oder jemand, der sich da besser aus- wir uns ja hier auch schon beschäftigt haben -, kennt - mal nach Ramstein gefahren sind und dass der Drohnenpilot recht hat, dass das genau dort die, die das durchführen, sich haben zeigen so läuft, die war für Sie auch nichts Besonderes? lassen?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Was in diesem Zu- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Definitiv nicht. Ich sammenhang diskutiert wird und was den Unter- war schon in Ramstein, aber nicht zu diesem suchungsausschuss betrifft, ist natürlich immer Zweck. was Besonderes. Aber es ändert nichts an der Einschätzung der Bundesregierung, und es ändert Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch nichts gegenüber den Informationen, die NEN): Ja. wir vorher schon - - die zuständigen Ressorts ge- habt haben. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Und nochmals: Fe- derführend in der Bundesregierung sind hier BMVg und AA.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht befassen sollten bzw. dass wir sogar noch NEN): Also, Sie sehen keine Veranlassung, das nicht mal den Operationsnamen nennen wollen. weiter aufzuklären? Die können so weiterma- Am nächsten Morgen - also, es vergingen keine chen? zwölf Stunden, meine ich - stand nun alles zu dieser Operation im Detail inklusive des Opera- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das habe ich damit tionsnamens im Focus geschrieben von einem nicht ausgedrückt, und ich habe auch nicht ge- ehemaligen BND-Mitarbeiter. sagt, dass sie so weitermachen können, sondern ich habe nur gesagt, was ich in meiner Position Ich würde jetzt gern wissen: Was haben die Bri- als Staatssekretär im Kanzleramt dazu sagen ten daraufhin gesagt? Also, ich meine, uns haben kann. Sie gesagt, wenn irgendjemand diesen Opera- tionsnamen ausspricht, dann wird die Zusam- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- menarbeit eingestellt, und dann haben wir den NEN): Sie reden für die Bundesregierung - im nächsten Anschlag auf dem Pariser Platz zu ver- Kanzleramt. antworten. Nun hat der Focus dafür gesorgt, dass am nächsten Tag der Operationsname in der Welt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das Ressortprinzip war. Wir waren es nicht, die aus dieser Sitzung wird in der Bundesregierung sehr ernst genom- informiert haben. men. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aus - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Wie auch immer der Focus dazu gekommen ist - meinethalben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Außerdem re- Die Frage ist: Was ist denn vonseiten der Briten det er jetzt hier als Zeuge von seinen Wahrneh- dann passiert? mungen und nicht als Regierungssprecher; der kommt ja gleich noch. - Gut, also, ich sehe, es Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber Sie wollen si- gibt Fragen noch von der Fraktion Die Linke. cher nicht von mir hören, dass wir es waren. Das Frau Kollegin Renner. kann ich auch nur bestreiten; wir waren es nicht. Ich halte das für einen ganz gravierenden Vor- Martina Renner (DIE LINKE): Ich hatte eben nur gang, weil das natürlich dazu geführt hat, dass zurückgestellt, damit Herr Ströbele seine Fragen wir in den Diskussionen mit unseren Partnern im Zusammenhang stellen kann. - Ich habe tat- dem Vorwurf uns ausgesetzt haben, dass, was bei sächlich noch ein ganz anderes Thema. Sie erin- uns geheimhaltenswert ist, überhaupt nicht ge- nern sich sicher wie ich an eine denkwürdige heim gehalten werden kann. Runde, in der wir zusammensaßen am 04.02.2015. Eigentlich waren wir Obleute zusam- Ich darf an der Stelle noch mal ausdrücklich sa- mengekommen. Aber dann kamen Sie und Herr gen: Eine Aufklärung auch all dessen, was das Schindler doch überraschend zu uns dazu und PKGr in seiner normalen Tätigkeit macht oder berichteten uns von einem Schreiben aus Groß- ein Untersuchungsausschuss macht, ist auch in britannien, das ich natürlich, weil es eingestuft geheimen Sitzungen möglich. Deswegen ist es ist, hier in keiner Weise zitieren will; aber der natürlich bei geheimen Tatbeständen dann sehr Vorgang ist ja nun hinlänglich auch in der schwierig. Wir waren damals in großem Druck. Öffentlichkeit. Ich glaube, das habe ich bei meinem Besuch bei den Obleuten und bei den Beratungssitzungen Da wurden ja, ich sage mal, mit Hinweis auf eine auch deutlich gesagt, dass sowohl die Vereinig- untersuchungsgegenständliche Operation zwi- ten Staaten von Amerika als auch das Vereinigte schen dem GCHQ und dem BND Bitten geäußert, Königreich uns sagen: Wenn ihr weiter so macht die Sie übermittelt hatten an den Untersuchungs- und weiter Dinge indiskretioniert werden, dann ausschuss, die dahin zielten, dass wir uns damit

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung gibt es Überlegungen, die Zusammenarbeit zu- nur - es ist damals ganz konkret in diesem rückzufahren. Schreiben angekündigt worden, die Veröffentli- chung von Details und des Namens hat diese und Ich sage gleichzeitig an dieser Stelle: Das läuft jene Folgen -: Sind diese Folgen eingetreten, ja aber bei Nachrichtendiensten nicht so ab, dass oder nein? Das wäre meine Frage. sie sagen: „Zum 01.10. kündige ich jetzt die Zu- sammenarbeit“, sondern das werden wir erst Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, es hat Verhal- nach einem längeren Zeitraum merken, ob wir In- ten gegeben, dass man gesagt hat: Wir tun uns formationen überhaupt noch bekommen, und das schwer, in manchen Operationen erstens zusam- können eben auch wertvolle und wertige Infor- menzuarbeiten und zweitens Informationen zu mationen zur Verhinderung von Terrorismus auf geben. - Ich muss allerdings gestehen, im Laufe deutschem Boden sein. der Zeit jetzt - und der Untersuchungsausschuss läuft ja auch schon einige Zeit - ist sowohl die Das haben wir damals zur Kenntnis genommen, Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten als haben bedauert, dass es in die Öffentlichkeit ge- auch mit dem Vereinigten Königreich aus meiner kommen ist, und haben versichert, dass wir Sicht so, dass ich nicht annehmen muss, dass gemeinsam mit dem Parlament - und dafür habe uns irgendeine Information vorenthalten wird. ich ja auch in den Beratungssitzungen bei Ihnen Aber ich musste es zu diesem Zeitpunkt, und ich geworben - alles unternehmen werden, um die nehme es immer, weil es ja nicht die einzige Ver- Geheimhaltung, soweit sie notwendig ist, auch öffentlichung ist, sehr ernst. herzustellen. Das ist die Reaktion sowohl von GC- - also sowohl von Vereinigtem Königreich als Martina Renner (DIE LINKE): Sie schließen aber auch von den Vereinigten Staaten gewesen. aus, dass es eine Drohgebärde gegenüber dem Untersuchungsausschuss war. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich meinte das aber jetzt doch etwas konkreter. In diesem Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe über- Schreiben sind ja konkrete Konsequenzen be- haupt keinen Anlass, Frau Abgeordnete Renner, schrieben worden, die eintreten, wenn Details das so zu sehen. aus dieser Operation - inklusive des Operations- namens - bekannt werden. Beides ist eingetreten, Martina Renner (DIE LINKE): Gut, wir hatten also binnen Einmal-Schlafen. ihn.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mhm. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich gucke mal in die Runde. - Jetzt sehe ich keine Wortmel- Martina Renner (DIE LINKE): Dann hat man da- dung mehr. Damit wären wir am Ende der öffent- nach mit dem GCHQ geredet, und dann war wie- lichen Sitzung. Jetzt gucke ich noch mal in die der alles gut, oder - - Wir würden gerne wissen, Runde, ob wir den Zeugen noch in nichtöffentli- ob dieses Szenario, was dort aufgemacht wurde, cher oder eingestufter Sitzung benötigen. - Ich ein realistisches war oder ob es eher eine Inten- hatte nicht - - tion hatte, die außerhalb nun tatsächlich den Vorhaben des GCHQ lag. Es ist schön - - Wir wer- Martina Renner (DIE LINKE): Wenn, dann nur den wahrscheinlich nie mehr klären, wie die In- kurz. formation in die Öffentlichkeit gelangte. Wir sind auf der relativ guten Seite, weil am nächsten Tag Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ja. in der Zeitung Details standen, die Sie uns nicht mehr berichten konnten, weil wir ja die Sitzung Martina Renner (DIE LINKE): Nicht unbedingt. damals abgebrochen hatten. Somit wird es ir- gendwann zu klären sein - oder auch nicht -, von Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, dann welcher Seite die Information die Sitzung verlas- müssen wir nämlich keinen Beschluss fassen. - sen hat. Wir als Obleute sind raus. Die Frage ist

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Dann danke ich Ihnen ganz herzlich, Herr Frit- sche, dass Sie bei uns waren, Fragen beantwortet haben, die uns - und nicht nur uns - auf der Seele lagen. Ganz herzlichen Dank. Es wird keine nichtöffentliche oder eingestufte Vernehmung mehr geben. Dann haben Sie für heute frei. Danke, dass Sie bei uns waren.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich bedanke mich.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Wir würden jetzt den nächsten Zeugen in den Sit- zungssaal bitten; das ist Herr Peter Altmaier. Dazu unterbrechen wir jetzt fünf bis zehn Minu- ten, bis Herr Altmaier im Saal ist.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 17.04 bis 17.12 Uhr)

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr straft werden. Nach § 22 Absatz 2 des Untersu- geehrten Damen und Herren, die unterbrochene chungsausschussgesetzes können Sie die Aus- Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses wird kunft auf solche Fragen verweigern, deren Beant- fortgesetzt. wortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung der Gefahr Vernehmung des Zeugen aussetzen würde, einer Untersuchung nach ei- Peter Altmaier nem gesetzlich geordneten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies betrifft neben Verfahren wegen Ich darf ganz herzlich unseren nächsten Zeugen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit auch ge- begrüßen, Herrn Minister Peter Altmaier. gebenenfalls Disziplinarverfahren, wenn dies in Betracht kommen sollte. Ich stelle fest: Der Zeuge ist ordnungsgemäß gela- den. Herr Altmaier, Sie haben den Erhalt der La- Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des dung am 21. Dezember 2016 bestätigt. Herzlichen Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- Dank, dass Sie meiner Ladung gefolgt sind und geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder dem Ausschuss für diese Vernehmung zur Verfü- eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie gung stehen. um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann ei- nen Beschluss gemäß § 14 oder § 15 des Unter- Vorab gibt es einige Vorbemerkungen. Das be- suchungsausschussgesetzes fassen kann und die zieht sich zum einen auf die Tonbandaufnahme, Sitzung dann in nichtöffentlicher bzw. eingestuf- die wir fertigen. Die Bundestagsverwaltung fertigt ter Weise fortsetzen kann und Ihnen dann die eine derartige Tonbandaufnahme. Diese dient entsprechenden Fragen stellen kann. - Gibt es ausschließlich dem Zweck, die stenografische hierzu Fragen? Aufzeichnung zu erleichtern. Nach Fertigstellung des stenografischen Protokolls wird die Tonband- Zeuge Peter Altmaier: Nein. aufnahme gelöscht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist nicht Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen der Fall. - Nach diesen notwendigen Vorbemer- nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben dann kungen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz zwei Wochen Zeit, etwaige Korrekturen oder darstellen. Eingangs habe ich Sie zur Person zu Ergänzungen am Protokoll vorzunehmen, wenn befragen. Danach beginnt die Vernehmung zur dies notwendig ist, und uns das Protokoll Sache. Gemäß § 24 Absatz 4 des Untersuchungs- zurückzuschicken. ausschussgesetzes haben Sie die Gelegenheit, zum Beweisthema im Zusammenhang vorzutra- Herr Altmaier, vor Ihrer Vernehmung habe ich gen, also ein sogenanntes Eingangsstatement Sie zunächst zu belehren. Sie sind als Zeuge gela- abzugeben, bei dem Sie nicht unterbrochen wer- den worden. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, die den durch weitere Nachfragen. Danach werde ich Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig Sie zunächst befragen. Anschließend erhalten die und vollständig sein. Sie dürfen nichts weglas- Mitglieder des Ausschusses das Wort für ihre sen, was zur Sache gehört, und nichts hinzufü- Nachfragen. Dies geschieht nach dem Stärkever- gen, was der Wahrheit widerspricht. hältnis der Fraktionen, eine Fraktion nach der anderen. Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Ich darf Sie dann nun bitten, zu Beginn Ihrer Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Un- Ausführungen sich dem Ausschuss mit Namen, tersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, Alter, Beruf und einer ladungsfähigen Anschrift kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des vorzustellen. Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe be- Zeuge Peter Altmaier: Vielen Dank, Herr Vorsit- zender! Mein Name ist Peter Altmaier. Ich bin

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Mitglied des Deutschen Bundestages und Bun- anwesend waren, auch in ihren Aufklärungsinte- desminister. Ich bin 58 Jahre alt, und die la- ressen unterstützt. Das war vor der Affäre Snow- dungsfähige Anschrift ist Bundeskanzleramt, den. Willy-Brandt-Straße 1. Die Affäre Snowden habe ich dann erlebt als Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- Bundesminister für Umwelt. In dieser Zeit war chen Dank. - Wie ich es gerade gesagt habe, ich mit Angelegenheiten der Nachrichtendienste möchte ich Ihnen zunächst die Möglichkeit ge- amtlicherseits nicht befasst, sondern habe meine ben, wie es § 24 Absatz 4 des Untersuchungsaus- Informationen aus der Presse und den üblichen schussgesetzes regelt, Gelegenheit für ein Ein- Quellen entnommen. Ich bin dann seit 2013, seit gangsstatement zu haben. Wünschen Sie dies? Dezember 2013, als Chef des Bundeskanzleram- Möchten Sie davon Gebrauch machen? tes insbesondere für den BND zuständig, aber auch sonst über die Gremien wie die ND-Lage Zeuge Peter Altmaier: Ja. beispielsweise mit der Arbeit aller Nachrichten- dienste des Bundes befasst. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann haben Sie das Wort. Ich war in diesen ganzen Jahren meiner Tätig- keit - und auch heute noch - zutiefst überzeugt, Zeuge Peter Altmaier: Herr Vorsitzender! Meine dass insbesondere der demokratische Rechtsstaat, Damen und Herren! Ganz herzlichen Dank für den wir in Deutschland übrigens die längste Zeit die Einladung und für die Gelegenheit zu diesem unserer Geschichte nicht hatten, zu seiner Aufga- Statement. Ich habe meinen Mitarbeiter Herrn benerfüllung und zu seiner eigenen Verteidigung Wolff gebeten, mich unsanft zu unterbrechen, auf funktionierende Sicherheitsbehörden ange- wenn ich irgendwo Sachverhalte berühre, die in wiesen ist. Dazu gehören für mich nicht nur die nichtöffentlicher Sitzung zu erörtern sind; das er- Streitkräfte und die Polizei; dazu gehören für leichtert meine Arbeit. mich ganz wesentlich auch ein funktionierender Nachrichtendienst oder funktionierende Nach- (Dr. André Hahn (DIE richtendienste, wie wir sie haben. Ohne Nach- LINKE): Wir sind öffent- richtendienste kann die innere und äußere Si- lich!) cherheit nicht effektiv gewährleistet sein. Des- halb kenne ich auch kein demokratisches Land Ich war im Laufe meiner nun ja doch schon ei- auf der Welt, das sich den Luxus leistet, auf nige Jahre dauernden politischen Tätigkeit mehr- Nachrichtendienste völlig zu verzichten. Ich fach mit Angelegenheiten der Nachrichtendienste kenne auch kein einziges Land, wo der Nachrich- befasst, das erste Mal im sogenannten Plutonium- tendienst so autistisch ist, dass er nicht mit ande- Untersuchungsausschuss von 1994 bis 98 als ren Nachrichtendiensten spricht und zusammen- stellvertretendes Mitglied; das betraf vor allen arbeitet, weil wir in einer vielfach vernetzten Dingen den BND. In meiner Zeit als Parlamenta- Welt leben, wo die Kooperation der Nachrichten- rischer Staatssekretär im Bundesinnenministe- dienste und die Unterstützung in der Abwehr rium von 2005 bis 2009 war ich alternierend mit von Gefahren für die innere oder äußere Sicher- Vorsitzender des PKGr, des heit eines Landes nur in einem gemeinsam von Parlamentarischen Kontrollgremiums; Herr Strö- Zusammenarbeit und Vertrauen geprägten Ver- bele mag sich an die Zeit erinnern. Es lag mir viel hältnis aller Beteiligten möglich ist. daran damals - obwohl ich als Erster Parlamenta- rischer Geschäftsführer der Regierungskoalition Ich bin auch zum Ergebnis gekommen, dass un- gut zu tun hatte -, dass die Kontrollrechte des sere Nachrichtendienste in ihrer Effektivität und Ausschusses gewahrt wurden. Deshalb habe ich in ihrer Wirksamkeit ganz sicherlich nicht einge- sowohl Herrn Ströbele wie damals auch Herrn schränkt, sondern eher noch unterstützt werden Neskovic, die als Vertreter der Opposition dort müssen; ich habe dazu als Kanzleramtsminister auch einiges getan. Ich bin der Auffassung, dass

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wir, so wie wir uns gerade nach den Anschlägen Ich habe dann nach der Aufnahme meiner Tätig- am Breitscheidplatz noch mal vor unsere Polizei keit sehr schnell mit den einzelnen Abteilungen gestellt haben, als Politiker auch eine Verantwor- Fachgespräche geführt, um mich in die wesentli- tung haben, uns vor die Nachrichtendienste zu chen Themen des Kanzleramtes einzuarbeiten. stellen. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Ich habe damals auch bereits mit meinen Mitar- BND, das Bundesamt für Verfassungsschutz und beiterinnen und Mitarbeitern in dieser Abteilung der MAD zu den Guten und nicht zu den Bösen darüber gesprochen, dass sich ein Untersu- gehören und dass ihre Arbeit im Interesse unse- chungsausschuss mit dem Thema „NSA, Five- rer Demokratie gemacht wird und dass ihre Mit- Eyes“ beschäftigen wird. Wir haben dann begon- arbeiterinnen und Mitarbeiter - Ausnahmen kann nen, uns darauf vorzubereiten, indem wir eine und mag es immer geben; deshalb braucht man entsprechende Arbeitseinheit aufgebaut haben auch Kontrolle - sich diesem demokratischen und indem wir das Zusammenstellen der von Rechtsstaat und dem Primat der Politik verpflich- Ihnen benötigten Unterlagen organisiert haben. tet fühlen. Ich habe dann zum ersten Mal inhaltlich zwei Weil ich glaube, dass der Primat der Politik auch Tage nach meinem Amtsantritt eine Vorlage, eine für die Arbeit der Nachrichtendienste unerläss- gemeinsame Vorlage von zwei Abteilungen be- lich ist, war und bin ich der Auffassung, dass es kommen zu dem Thema „No Spy“. Die Vorlage auch einer wirksamen Kontrolle der Nachrichten- ist eingestuft; deshalb kann ich daraus nicht zi- dienste bedarf, sowohl auf Ebene der Regierung - tieren. Sie dürfte Ihnen aber bekannt sein; es war und für mich gilt das insbesondere für den Bun- eine Vorlage vom 20. Dezember. Dort war der desnachrichtendienst - wie auch auf Ebene des Sachstand der Verhandlungen zum Thema „No Parlamentes. Deshalb habe ich mich bemüht, so- Spy“ dargestellt. Diese Vorlage hat mich sofort zu weit ich das jedenfalls beeinflussen konnte in dem Schluss gebracht, dass wir Rücksprachebe- den drei Jahren meiner Amtszeit, auch Ihre Ar- darf hatten, weil deutlich wurde, dass es erhebli- beit zu erleichtern, wo immer das ging, ohne che Differenzen gab, die bei den Verhandlungen wichtige Interessen des eigenen Landes dabei zutage getreten waren auf der Arbeitsebene. Das aufs Spiel zu setzen. hat dann dazu geführt, dass ich nach der Ankunft von Herrn Fritsche, der erst im Januar im Kanz- Ich glaube, dass die Themen, die Sie heute be- leramt begonnen hat, in einer Besprechung das schäftigen, was meine Tätigkeit und meine Ver- weitere Vorgehen geklärt habe. antwortung angeht, mich insbesondere erreicht haben in meiner Funktion als Kanzleramtsminis- Das hat dann am Ende dazu geführt, dass vor ei- ter seit dem 18. Dezember 2013. Ich habe für ner USA-Reise der Bundeskanzlerin die Bundes- meine Ernennung als Chef des Bundeskanzleram- regierung auch offiziell erklärt hat, dass auf ab- tes - - Etwa eine Woche vorher hat die Bundes- sehbare Zeit mit dem Zustandekommen eines kanzlerin mich gefragt, ob ich bereit sei, diese Ar- No-Spy-Abkommens nicht zu rechnen ist. Wenn beit zu übernehmen. Ich habe dann mit meinem Sie sich die Vorlage anschauen, dann können Vorgänger ein Übergabegespräch geführt, bei dem Sie, glaube ich, auch Rückschlüsse daraus zie- er mich über wesentliche strukturelle Abläufe im hen, wie wichtig mir dieses Thema war. Es ist ja Kanzleramt und in der Arbeit des Kanzleramts- so: Manchmal stehen Vorlagen, die wir dem Aus- ministers informiert hat. Wir haben uns dabei schuss zur Verfügung stellen, in den Zeitungen, nicht über irgendwelche Einzelheiten von Vor- allerdings noch nie eine, die für die Regierung gängen und Dossiers in den unterschiedlichen günstig war; das ist mir jedenfalls noch nicht auf- Abteilungen des Kanzleramtes unterhalten, we- gefallen. Aber für mich war es der entscheidende der im Bereich der Abteilung 6 noch aus anderen Punkt. Bereichen, sondern es ging darum, dass ein mög- lichst reibungsloser Übergang der Verantwortung Der zweite Punkt war, dass im Frühjahr 2014 der ermöglicht wurde. Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenom- men hat. Ich habe mich damals entschieden, die

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Dokumente, die wir Ihnen zur Verfügung gestellt Ich hatte die Aussage der Kanzlerin „Abhören haben - nicht jedes einzelne Blatt, aber doch alle unter Freunden geht gar nicht“ als Bundes- wichtigen Dokumente -, mir anzuschauen, sie zu umweltminister verfolgt, und ich habe sie damals diskutieren mit meinen Mitarbeiterinnen und und auch heute für richtig und absolut notwen- Mitarbeitern, und habe auf diesem Wege dann dig angesehen, weil ich glaube, dass man unter Kenntnis erlangt von den Vorgängen, die Sie Freunden auch bereit sein muss, sich gegenseitig auch kennen. Insofern haben Sie vielleicht noch zu vertrauen. Wenn Sie mit jemandem persönlich einen etwas intensiveren Kenntnisstand, weil befreundet sind und der geht austreten, dann Ihre Beschäftigung ganz frisch ist; meine war im- schauen Sie auch nicht, was er im Notizbuch auf- mer dann, wenn die Unterlagen übersandt wer- geschrieben hat. Wenn Sie wissen, wie umfäng- den mussten. Es gab auch manchmal Fälle, wo lich die Anforderungen an die Tätigkeit moder- wir diskutiert haben, ob bestimmte Stellen zu ner Nachrichtendienste sind, dann ist man aus schwärzen sind oder nicht. Ich war mit meinen meiner Sicht schlecht beraten, die begrenzten Mitarbeitern gemeinsam der Auffassung, dass wir personellen und finanziellen Ressourcen, die Ihnen so viele Informationen wie irgendwie ver- man hat, darauf zu verwenden, sich ausgerechnet tretbar zur Verfügung stellen müssen, und es gab mit der Tätigkeit der Freunde zu beschäftigen. zwei oder drei Ausnahmen von diesem Prinzip. Ich halte das für unökonomisch und habe das in Auf eine, auf die Third Party Rule, komme ich meiner Arbeit auch immer wieder zum Ausdruck dann anschließend noch zu sprechen. gebracht.

Es gab dann im Frühsommer des Jahres 2014 ei- Damals war es so, dass man den Eindruck haben nen Vorgang, in dem nämlich ein Spion mit dem konnte, dass es hier einen Verstoß gegeben hat. Namen Marcel R. [sic!] - das stand in den Zeitun- Ich habe daraufhin sehr intensiv mit dem Präsi- gen; deshalb kann ich es hier sagen - in Pullach denten Schindler zweimal gesprochen und mir enttarnt wurde und festgenommen wurde. Ich die Dinge erklären lassen. Mir war zu diesem habe mich sehr intensiv und umfänglich unter- Zeitpunkt bekannt, dass es vor meiner Amtszeit richten lassen über alle Umstände dieses Falles. einen Fall oder Fälle gegeben hat, wo deutsche Es hat dazu geführt, dass wir zum einen den ame- Botschaften - - wo also Botschaften von EU-Staa- rikanischen Botschafter ins Kanzleramt einbe- ten und anderen Staaten im Visier waren, und stellt haben; wir haben zum anderen den Vertre- dass Chef BK Pofalla das geändert hat. Ich habe ter des JIS aufgefordert, unser Land zu verlassen, es nicht von ihm erfahren. Ich kann Ihnen auch wie wir das in vergleichbaren Fällen auch tun. nicht mehr sagen, ob ich es von Herrn Schindler selber erfahren habe oder von irgendjemand an- Es kam zu einem direkten persönlichen Gespräch derem; aber mir war das bekannt. über diese Angelegenheit - auch das stand in der Zeitung, ist nachzulesen - mit meinem amerika- Nachdem ich nun diese beiden Vorgänge hatte, nischen Kollegen, dem Chief of Staff aus dem den Vorgang aus Oktober 2013, als ich noch nicht Weißen Haus, Denis McDonough, mit dem ich im Amt war, und den Vorgang vom Frühsommer dann noch einmal die Bedeutung all dieser Vor- 2014, habe ich Herrn Schindler ausdrücklich be- gänge erörtert habe und deutlich die Position der fragt - zweimal -, ob es weitere Dinge gibt, die ich Bundesregierung vertreten habe, dass in Deutsch- wissen müsse, und ob es weitere Fälle gibt, wo land deutsches Recht gilt, dass es keine Rabatte wir Freunde abhören. Herr Schindler hat mir geben kann und dass die Bundesregierung die beide Male dies verneint. Wir haben dann die Verantwortung hat, die Durchsetzung dieses Praxis im Hinblick auf sogenannten Beifang auch deutschen Rechts in Deutschland auch sicherzu- noch einmal verändert und dafür Sorge getragen, stellen. Bei dieser Gelegenheit stellte sich heraus, dass sie im Einklang mit unseren politischen dass der Beschuldigte auch Informationen über- Prinzipien künftig stattfindet. mittelt hatte, die sehr sensibel waren, weil man daraus den Schluss hätte ableiten können, dass Ich habe dann - zu dem Thema Selektoren - zum in Deutschland auch Freunde abgehört werden. ersten Mal überhaupt das Wort „Selektor“ gehört,

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Nur zur dienstlichen Verwendung als Herr Staatssekretär Fritsche mich an einem nicht parallel dazu noch weitere Nachforschun- Freitag, dem 13. März 2015, telefonisch über den gen angestellt. Aber das hier war ein Vorgang, der Sachverhalt unterrichtet hat. Das war ein Freitag- war eben nicht abgeschlossen, und es war ein abend; ich war auf einer Veranstaltung in Köln. Vorgang, der in die Zuständigkeit des Bundes- Da wir über eine geschützte Leitung telefonieren kanzleramtes als Fach- und Rechtsaufsicht fiel. mussten aufgrund der Angelegenheit und ihrer Deshalb haben wir uns damit beschäftigt. Implikationen, bin ich dann spätabends noch nach der Veranstaltung zum BfV gefahren nach Ich habe dann eine Entscheidung getroffen, die Köln. Das war das erste und bisher einzige Mal - ich im Rückblick als die einzig richtige ansehe, vermutlich auch das letzte Mal -, dass ich auf nämlich dass ich mit meinen Mitarbeiterinnen dem Sessel des Verfassungsschutzpräsidenten und Mitarbeitern am 20. März nach Pullach zur Maaßen sitzen durfte, und habe dann mit Herrn Abteilung TA gefahren bin und dass wir dort Fritsche die Angelegenheit erörtert. Mir war na- über einen Zeitraum von mehreren Stunden die türlich sofort klar, dass es sich hier um eine sehr Thematik erörtert hatten. Und zwar war es so, bedeutsame Angelegenheit handelte, weil sie im dass meine Begleitung bestand aus dem Staats- Gegensatz zu dem stand, was wir als Politik der sekretär Fritsche und Vertretern aller Arbeits- Bundesregierung nun doch schon immerhin seit ebenen im Bundeskanzleramt quer durch die zwei Jahren vertreten und auch dem BND und Hierarchie. Ich hatte darum gebeten, dass mir in anderen Diensten als Richtschnur vorgegeben ha- Pullach auch alle Verantwortlichen des BND zur ben. Verfügung stehen, sowohl die politische Lei- tungsebene mit dem Präsidenten wie auch der Ich habe mehrfach in den nächsten Tagen mit Abteilungsleiter, Unterabteilungsleiter, Referats- Herrn Fritsche telefonisch und auch persönlich leiter bis hin zu denjenigen, die konkret mit den und mündlich über diese Vorgänge gesprochen. Selektoren beschäftigt waren. Das war aus meiner Das zuständige Fachreferat hat dann am Montag, Sicht deshalb notwendig, weil mir daran gelegen der auf den 13. folgte, eine Unterrichtungsvorlage war, umfassend mir ein Bild darüber zu machen, für mich verfasst. Ich habe die dann am 17., ei- wie die Praxis des BND war, zu welchem Zeit- nen Tag später, abgezeichnet; das habe ich mir punkt sie geändert wurde und welcher Ände- noch mal rausschreiben lassen. Wir haben dann rungsbedarf für die Zukunft besteht. auch eine erste Weisung an den BND versandt und ihn angewiesen, detailliert über den gesam- Ich habe den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ten Prozess dieser Selektoren zu sprechen. Ich die selbstverständlich durch die Ankunft des habe dann auch darum gebeten, dass mir die Kanzleramtsministers natürlich auch nicht nur in Liste der Selektoren vorgelegt wird, und ich habe freudiger Erwartung waren, obwohl mein Ver- mir diese Liste persönlich angesehen, um mir ei- hältnis zum BND sehr gut ist - - Ich hatte den nen Eindruck darüber zu verschaffen, von wel- BND als Kanzleramtsminister zweimal besucht, cher Qualität und Bedeutung die betreffenden Se- einmal relativ kurz nach meiner Arbeitsauf- lektoren waren. Das hat dazu geführt, dass wir nahme und ein zweites Mal, um auch in einer dann in einem vierwöchigen Prozess sehr inten- Personalversammlung mit den Mitarbeiterinnen siv versucht haben, die Sachen - - Licht ins Dun- und Mitarbeitern zu sprechen. Das war der dritte kel zu bringen. Besuch in Pullach, den ich durchgeführt habe. Ich habe dann den Mitarbeiterinnen und Mitar- Ich will hinzufügen: Ich habe immer die Auffas- beitern gesagt, dass es mir vor allen Dingen um sung vertreten, dass für alles, was abgeschlossen Sachverhaltsaufklärung geht und dass ich gekom- war, mit dem Zeitpunkt der Einsetzung des men bin, um zu urteilen, und nicht, um zu verur- Untersuchungsausschusses die Zuständigkeit bei teilen, und dass vor einer Entscheidung über Ihnen lag, aufzuklären, wie die Dinge gelaufen Konsequenzen zunächst die Aufklärung steht. Ich waren. Wir stellen Ihnen die Dokumente zur Ver- habe allerdings auch gesagt, dass es sich um eine fügung, Sie vernehmen die Zeugen. Ich habe sehr ernste Angelegenheit handelt und dass die-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung ser Besuch am 20.03. die Gelegenheit war, um al- Ich habe darüber hinaus es für sinnvoll gehalten, les, aber auch alles auf den Tisch zu legen, und auch die zuständigen Minister der Bundesregie- dass es aus meiner Sicht nicht glücklich wäre, rung in angemessener Form in etwa ähnlicher wenn wir dann hinterher noch einmal von Detailtiefe, wie Sie auch Ihnen zuteil geworden Neuigkeiten in einer Dimension überrascht wür- ist, über die Vorgänge zu informieren, weil es den, die schwer zu erklären ist. Vorgänge von einer gesamtstaatlichen Bedeutung waren, insbesondere auch für die außenpoliti- Bei dieser Besprechung ist es dann auch noch schen Beziehungen der Bundesrepublik Deutsch- einmal - ich muss es jetzt summarisch sagen, land. weil ich ungern über Details in öffentlicher Sit- zung spreche - um die Frage gegangen, wo und in Es war mir wichtig, den Bundestag so einzubezie- welchen Fällen wir bis zur Entscheidung von hen und auch gegenüber der Öffentlichkeit Stel- befreundete Botschaften abgehört lung zu beziehen, dass die Ernsthaftigkeit unse- hätten. Das ist erläutert worden. Ich habe dann res Aufklärungswillens keine Sekunde außer noch mal nachgefragt und nachgefasst, wir sind Frage stand. Wir haben am 23. April eine Presse- die Liste durchgegangen im Hinblick auf einzelne mitteilung herausgegeben. Dort haben wir bereits Selektoren, und meine Mitarbeiter, insbesondere damals ausdrücklich festgehalten, dass wir orga- auch Herr Wolff, hatten eine große Liste von Fra- nisatorische und technische Defizite in den gen erstellt, die an den BND gerichtet worden ist Arbeitsabläufen des BND festgestellt haben. und wo wir um schriftliche Aufarbeitung gebeten Damals ist das hinterfragt worden, und es ist zum hatten, sofern es nicht möglich war, sie in der Teil auch kritisiert worden nach dem Motto: Die Besprechung zu beantworten. Bundesregierung möchte jetzt den BND für alles verantwortlich machen. Das hat dann dazu geführt, dass wir später wei- tere Erkenntnisse zu BND-eigenen Selektoren Das, was mir persönlich bei dem Besuch in hatten. Ich hatte die Abteilung ausdrücklich er- Pullach aufgefallen war, war der Umstand, dass muntert, alle diese Dinge so zu formulieren, dass eigentlich niemand im BND Kenntnis von den wir möglichst präzise Antworten vom BND erhal- Vorgängen hatte. Das kann ich nicht beurteilen ten. Nachdem ich mit den Vertretern der Abtei- und nicht bewerten. Aber es ist natürlich ein lung 4 über die Frage der US-amerikanischen Problem - - Es wäre ein Problem gewesen, wenn Selektoren gesprochen hatte und auch über die die Leitungsebene, wenn die Abteilungsleiter- Frage diskutiert hatte, was der BND selbst dar- ebene, wenn die Unterabteilungsleiterebene von über hinaus macht, war ich anschließend von der den Vorgängen gewusst hätte und sie nicht ans Existenz einer so umfangreichen BND-eigenen Kanzleramt weitergegeben hätte. Es ist aber auch Selektorenliste mit problematischen Selektoren ein Problem, wenn alle Beteiligten und Verant- überrascht und habe das auch ausdrücklich nicht wortlichen davon nichts wissen. Das hat nichts gebilligt. zu tun mit in irgendeiner Weise disziplinari- schen oder sonstigen rechtlichen Konsequenzen. Nach dem Besuch in Pullach bin ich dann mit Aber es hat viel damit zu tun, wie man den Nach- Herrn Fritsche so verblieben, dass die fachlich richtendienst künftig so organisiert, dass ähnli- zuständige Abteilung 6 die weitere Aufarbeitung che Vorgänge sich nicht wiederholen. und Klärung übernimmt. Herr Fritsche hat mich regelmäßig mündlich über Fortschritte und auch Es war dann für mich die ganz besonders schwie- über neu aufgetauchte Erkenntnisse unterrichtet. rige Frage - - Nachdem sich herausgestellt hat, Wir haben dann am 22.04. - daran werden Sie dass Sie an der Selektorenliste ein gewisses Inte- sich erinnern - die Obleute des Untersuchungs- resse hatten, war die entscheidende Frage: Wie ausschusses und des PKGr gemeinsam über den gehen wir damit um? Es war eine der schwierigs- Fund der Selektorenliste, die gewonnenen Er- ten Fragen, die ich in meinem politischen Leben kenntnisse und die initiierten Aufklärungsaktivi- zu beantworten hatte, weil ich selbstverständlich täten unterrichtet.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung weiß, dass das Aufklärungsinteresse des Parla- hat Ihnen seinen Bericht im Oktober 2015 über- mentes ein hohes Gut ist - verfassungsrechtlich mittelt und ist dazu auch vernommen worden. geschützt -, und andererseits aber auch wusste Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 2016 und weiß, dass diese Selektorenliste ja nicht ir- festgestellt, dass dieses Vorgehen verfassungs- gendein Instrument war, sondern wenn Sie so konform war. Ich habe mich über dieses Urteil eine Selektorenliste haben, dann können Sie um- sehr gefreut, auch wenn ich - - fassende Rückschlüsse aus der Arbeit eines ande- ren Nachrichtendienstes eines anderen Landes (Dr. André Hahn (DIE gewinnen. Deshalb war es für mich ganz ent- LINKE): Wir uns nicht!) scheidend, dass wir das einhalten, was wir von unseren Partnern ebenfalls erwarten, nämlich weil es deutlich macht, dass der Bundesnach- dass sie getroffene Absprachen über Vertraulich- richtendienst auch zukünftig verlässlicher Part- keit und Geheimhaltung nicht einseitig aufkündi- ner für andere Nachrichtendienste sein kann und gen. dass wir gegebene Zusagen auch einhalten, so schwierig dies im Einzelfall sein muss. Wir hatten bereits das Konsultationsverfahren laufen zu vielen Dokumenten, und wir haben Was die Selektoren des BND angeht, ist es so, dann noch einmal im Konsultationsverfahren dass bei meinem Besuch in Pullach möglicher- auch die Frage versucht zu klären, ob wir diese weise das Wort „Quarantäneliste“ gefallen ist. Ich Liste dem Parlament vorlegen dürfen oder nicht. schließe das nicht aus. Ich bin mir allerdings sehr Eine abschließende Antwort darauf ist nicht er- sicher, dass ich die Quarantäneliste damals nicht folgt. Es war eindeutig nach der völkerrechtli- mit BND-eigenen Selektoren in Verbindung ge- chen und nach der rechtlichen Lage so, dass wir bracht habe, wenn das Wort gefallen sein sollte, diese Liste nur zur Verfügung stellen durften an sondern mit den Selektoren, die im Auftrag der Stellen außerhalb der Bundesregierung mit aus- NSA gesteuert wurden. Ich habe aber meine Mit- drücklicher Zustimmung des amerikanischen arbeiter gebeten, sehr genau aufschreiben zu las- Partners. Wir haben deshalb nach Möglichkeiten sen und sehr genau zu überprüfen, inwieweit der gesucht, wie man dem Aufklärungsinteresse des BND auch mit anderen Nachrichtendiensten zu- Bundestages auf anderem Wege gerecht werden sammenarbeitet außerhalb der NSA in diesen kann. Wie Sie wissen, haben wir beispielsweise Fragen und was der BND in eigener Regie tut. ein schriftliches Testat durch den BND erstellen lassen. Wir haben die Obleute auch am 6. Mai Die Frage, wie diese Quarantäneliste zu beurtei- noch einmal informiert. Wir haben dann - und len ist, wurde dann etwas deutlicher und einfa- das war, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt - cher am 30. September 2015. Da ist mir ein um- Ihnen alle Unterlagen zum Beweisbeschluss fangreicher Bericht von etwa 60 Seiten zur Qua- BND-26 - mit der einen Ausnahme der Selekto- rantäneliste vorgelegt worden, ein Bericht des renliste - zur Verfügung gestellt. BND. Ich habe mir das alles sehr genau ange- schaut und war auch in diesem Punkt der Auffas- Die Weitergabe der Selektorenliste konnte ich sung, dass die Gruppenliste zwar kein Unter- nicht verantworten, weder rechtlich noch poli- suchungsgegenstand war, dass aber eine tisch. Deshalb haben wir nach einem Weg ge- Unterrichtung der zuständigen Gremien sucht. Ich habe am 17. Juni dann dem Unter- angezeigt war. Deshalb hat das PKGr auch eine suchungsausschuss angeboten, dass wir eine Taskforce eingesetzt, die ihre Aufklärungsarbeit unabhängige sachverständige Vertrauensperson parallel zur Aufklärungsarbeit des Kanzleramtes einsetzen, und auch dem Untersuchungs- geleistet hat und ihren Abschlussbericht ausschuss angeboten, sowohl den Auftrag zu for- veröffentlicht hat. mulieren wie auch Vorschläge für die Auswahl dieser Person zu machen. Die Mehrheit hat dann Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herrn Dr. Graulich vorgeschlagen. Wir haben ihn Herren, Sie können aus diesen einleitenden Wor- eingesetzt. Er hat die Liste einsehen können. Er

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung ten ersehen, dass mir das Thema des Unter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen suchungsausschusses und auch der Umgang mit Dank, Herr Minister Altmaier. - Jetzt sind ja den im Laufe seiner Arbeit gewonnenen Erkennt- schon die wesentlichen Punkte alle angespro- nissen sehr wichtig war und dass wir versucht chen; dafür ist ein Eingangsstatement ja auch da. haben, zu allen Zeiten und zu jedem Zeitpunkt Aber - - diejenigen Entscheidungen zu treffen, die in der Sache notwendig waren. Ich habe allerdings auch Zeuge Peter Altmaier: Ja. - Ich habe mir gedacht, den BND ermuntert und unterstützt darin, seine Sie müssen die dann nicht alle noch mal in Fra- technischen Fähigkeiten an die veränderte gen kleiden. Sicherheitslage anzupassen. Deshalb haben wir eine strategische Initiative in Gang gesetzt, die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, ich mehrere Jahre zu ihrer Umsetzung braucht, aber würde eher in Details gehen, und zwar würde ich die Fähigkeiten des BND erheblich verbessern gern beginnen mit dem Thema No-Spy-Abkom- wird. Wir haben dafür gesorgt, dass der BND, men. Da ist ja noch nicht so viel im Eingangs- auch was die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mit- statement zu gewesen, weil das ja auch so in die arbeiter angeht, mit den veränderten Herausfor- Schnittmengenzeit fällt - Regierungswechsel -, derungen der Bekämpfung des Terrorismus und und da hat sich lange Zeit hartnäckig die Sicht- der Gewährleistung der inneren Sicherheit mit- weise gehalten, dass es das gar nicht gäbe, diese halten kann. Diskussion über ein No-Spy-Übereinkommen, dass das nur eine Finte war vor der Wahl. Jetzt Ich glaube, dass es ganz entscheidend ist, auch haben eigentlich die letzten Zeugen der letzten wenn dieser Untersuchungsausschuss beendet Sitzungen - aber auch davor - nach meiner Beur- ist, dass wir all das, was im Untersuchungsaus- teilung zumindest sehr deutlich gemacht, dass schuss an Erkenntnissen zutage gefördert worden auf zwei Ebenen verhandelt wurde, auf der ist, zum Anlass nehmen, die notwendigen Kor- Diensteebene, aber auch auf der politischen rekturen zu machen - sie sind zu einem wichti- Ebene, dass die Diensteebene sehr weit war mit gen Teil bereits erfolgt -, und dass wir umgekehrt den Verhandlungen und sehr willens, auch von- aber auch immer im Auge haben, dass die ent- seiten der Amerikaner, vonseiten der Amerikaner scheidende Aufgabe des BND darin besteht, uns dieses Thema sogar erstmalig eingebracht wurde, zu schützen, auch gegen Aktivitäten anderer dass man bis in den Januar 2014 noch Chancen Nachrichtendienste beispielsweise und im Aus- sah zu einem No-Spy-Abkommen, dann aber die- land - - das BfV im Inland. ses No-Spy-Abkommen - oder wie man es auch immer nennen mag - von der politischen Ebene Wir haben das BND-Gesetz in einem großen Kon- Anfang des Jahres 2014 nicht mehr gewollt war, sens in der Großen Koalition - ich möchte mich insbesondere von der amerikanischen Seite, dafür ausdrücklich noch einmal auch bei den wenn ich es richtig beurteile. Mitgliedern meiner Fraktion und der Fraktion der SPD im Untersuchungsausschuss und im Für mich ist wichtig, mitzunehmen, dass beidsei- PKGr herzlich bedanken - geändert und damit tig - so habe ich es verstanden - ernsthaft über ein auch manche rechtlichen Fragen geklärt. Ich gehe entsprechendes Abkommen verhandelt wurde. davon aus, dass wir alle diese Fragen nicht ein Ich habe eben mit Staatssekretär Fritsche pro- für alle Mal ad acta legen können, sondern dass biert, herauszukriegen, was denn wohl die Moti- wir uns immer wieder mit der Frage auseinander- vation der Amerikaner war. Da hätte man ja auch setzen müssen, wie wir das berechtigte Informa- sagen können, gerade jetzt macht man dicht. tionsinteresse des Parlamentes und die Notwen- Meine Spekulation war, dass man doch etwas digkeit einer effektiven Arbeit des Dienstes im peinlich angegriffen war, dass einem so ein Rie- staatlich-öffentlichen Interesse so miteinander in sendatenleck passiert war, dass man ja selber ei- Einklang bringen, dass beide Ziele am Ende des gentlich als derjenige Dienst dastand, der so eine Tages erreicht werden. - Vielen Dank. Indiskretion zu verkraften hatte; dann steht man bei anderen Diensten ja nicht gut da, wenn aus

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung den eigenen Reihen einer unzählige Informatio- Diensten jeweils das geltende Recht des Landes, nen an die Presse weitergibt. Dass das vielleicht also von deutschen Diensten in den USA und eine Motivation war, das werden wir wahr- von amerikanischen Diensten in Deutschland, scheinlich im Kern nicht ergründen können. eingehalten wird. Da gab es in den Texten - ich habe in meiner Zeit als EU-Beamter in Brüssel ja Mich würde aber interessieren: Wie haben Sie viel auch mit englischen und französischen und denn diese Zeit wahrgenommen? Gab es da ernst- anderen Texten mich auseinandersetzen müs- hafte Verhandlungen, oder war es jetzt vielleicht sen - ganz klar in der englischen Sprachfassung doch nur eine Show, und alle sagen, da gab es einen deutlichen Unterschied. Das hat mich dann was Ernsthaftes? Wie haben Sie die Zeit mit den dazu gebracht, dass ich mit Herrn Fritsche, als er einzelnen Schritten erlebt? im Januar da war, mit Herrn Heusgen und auch mit Herrn Heiß diese Frage noch einmal disku- Zeuge Peter Altmaier: Also, die Zeit - - Es gab ja tiert hatte. in dieser Frage drei Phasen. Die erste Phase war die Zeit im Sommer 2013 bis zum Ins-Amt-Kom- Die dritte Phase begann dann, als der amerikani- men der neuen Bundesregierung. Das habe ich sche Präsident in einer großen Rede Anfang damals nur aus der Presse wahrgenommen. Ich 2014 - das war im Januar, glaube ich; kann auch habe mich aber, wie ich eben schon sagte, im im Februar gewesen sein; da müssen Sie in die Vorfeld des Untersuchungsausschusses intensiv Unterlagen schauen; die haben Sie garantiert - mit dem Aktenbestand beschäftigt und habe auch sich zu diesen Themen geäußert hat. Dort hat er mit Herrn Fritsche und mit Herrn Heiß darüber erklärt, dass sie keine Wirtschaftsspionage zu mehrfach gesprochen, auch mit Herrn Heusgen. Zwecken der Wirtschaftsspionage betreiben. Er Und mein Eindruck ist, dass jedenfalls wir in hat erklärt, dass sie die Kommunikation befreun- Deutschland allen Anlass hatten, davon auszuge- deter Staats- und Regierungschefs nicht abhören, hen, dass die amerikanische Seite zu ernsthaften und hat dann ausdrücklich gesagt: Und im Übri- Verhandlungen bereit war. Diese Verhandlungen gen werden wir uns nicht dafür entschuldigen, haben dann ja auch stattgefunden. Diese Ver- dass wir besser sind als andere. - Das war eine handlungen haben sich über den gesamten sehr klare Aussage. Das alles zusammengenom- Herbst, und zwar auch über den Zeitpunkt - nach men hat für mich zu dem Ergebnis geführt, dass meiner Erinnerung jetzt; wie gesagt, ich war ja da man ein No-Spy-Abkommen jedenfalls auf abseh- nicht dabei, aber so wie ich das rekonstruiert bare Zeit mit den amerikanischen Partnern nicht habe - der Bundestagswahl hinweg erstreckt. Wir erreichen kann. Das haben wir dann vor dem hatten ja eine lange Phase der Regierungsbildung. USA-Besuch der Bundeskanzlerin auch öffent- Die Große Koalition kam erst relativ spät ins lich klargestellt. Amt, nämlich Ende Dezember. Die Wahlen waren im September. Ich will hinzufügen, dass nach meiner festen Überzeugung die Debatten, die im Anschluss an Mir ist dann - das habe ich vorhin gesagt - zwei die Aussage der Bundeskanzlerin: „Abhören un- Tage nach Amtsantritt in einer Vorlage der bei- ter Freunden geht gar nicht“, entstanden sind, den zuständigen Abteilungen Außenpolitik und auch dazu beigetragen haben, dass wir in diesem BND sozusagen der Sachstand berichtet worden. Thema No-Spy durchaus Fortschritte erreicht ha- Ich konnte dort auch die Texte sehen, die ent- ben, wenn auch nicht mit dem amerikanischen worfen waren. Es gab unterschiedliche Texte, Partner. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass und sie waren von beiden Seiten mit unter- im Laufe der weiteren Entwicklung man zu dem schiedlichen Inhalten gefüllt. In bestimmten Ergebnis kommen wird, dass es im Interesse aller Punkten war man sich einig. Es gab auch Ermuti- Beteiligten wichtig ist, sich nicht gegenseitig aus- gendes. Aber mir war dann ganz entscheidend, zukundschaften, sondern sich um die Fragen zu dass an einer Stelle - an einer Stelle - ein ziemli- kümmern, die politisch in den jeweiligen Auf- cher Gegensatz war, und das war die Frage, sich tragsprofilen enthalten sind - - zu klären. Aber dazu zu committen, dass sozusagen von den

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung für uns stand fest etwa im Februar 2014, dass die- halb haben diejenigen, die diese Gespräche ge- ses Abkommen nicht erreichbar war. führt haben, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, als sie gesagt haben: Wir halten den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hat man da Abschluss dieses Abkommens für möglich. - Und vielleicht Ende der letzten Legislaturperiode sie haben auch kein schuldhaftes Zögern an den nicht beherzt genug zugegriffen? Kamen dann die Tag gelegt, sondern es war ein Prozess, der am Wahl und diese Interimszeit dazwischen, dass Ende, als ich die Fäden aufgenommen habe, dann man bei den Amerikanern nicht schnell genug ein eindeutiges Ergebnis bot, dass es nämlich gesagt hat: „So und so machen wir es“? Vielleicht nicht möglich war. war der Druck bei den Amerikanern ja wirklich sehr hoch, wieder die Partner zu besänftigen. Ha- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn dieser ben wir da geschlafen? Prozess ja sogar so weit ging, dass man Text- bestandteile verhandelte und Sie, Herr Minister, Zeuge Peter Altmaier: Ich habe ja nun auch eine eben gesagt haben, vielleicht auch über dieses gewisse Tradition der Zusammenarbeit mit unse- konkrete Abkommen mit Amerika gibt es da ren amerikanischen Partnern, weil es ja auch lei- fruchtbare Ansätze, dann frage ich mich: Liegen der Anlässe gab, die nicht nur erfreulich waren die im Bereich der Five-Eyes-Staaten? Dann wä- in dieser ganzen Zeit. Ich habe - - Sie haben das ren sie untersuchungsgegenständlich. Wenn, in Ihren Akten auch, und Sie müssen es selbst dann würde es mich natürlich interessieren, bewerten. Aber ich habe aus dem, was ich sehen wenn es in dem Zeitraum ist. Wenn nicht, freut konnte, sogar E-Mail-Verkehr auf der Arbeits- es mich trotzdem, dass es fruchtbare Ansätze ebene zwischen den Amerikanern und uns, Ge- gibt. sprächsprotokolle über Treffen, die in den USA stattgefunden haben, in Textentwürfen - - Das al- Zeuge Peter Altmaier: Ja. - Es gibt nichts, was un- les haben Sie. Für mich steht außer Frage, dass es tersuchungsgegenständlich wäre, was ich Ihnen im Sommer so aussah, als ob es ein Zeitfenster vorenthalte. gibt, in dem man das erreichen kann. Es ist auch nach meiner Einschätzung sehr intensiv und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hauptsache, ernsthaft verhandelt worden. es ist dann fruchtbar. - Gut. Weg von den No- Spy-Verhandlungen und diesem Prozess, hin Möglicherweise - möglicherweise - hat sich auf zum zweiten Thema: Selektoren. Das ist ja, der amerikanischen Seite dann ein Prozess voll- glaube ich, das Kernthema. Als wir zum ersten zogen, wo man Weiterungen und Implikationen Mal von der Relevanz der Selektoren erfahren ha- für das Verhältnis auch zu anderen Ländern mit ben, da kam das aus meiner Sicht alles ziemlich einbezogen hat. Das kann ich aber nicht beweisen scheibchenweise und war zu Beginn etwas und nicht beurteilen, weil ich bei den Gesprä- schwer zu durchdringen: verschiedene Listen, chen, wie gesagt, nicht dabei war. Ich habe dann wo man sich ja dann erst mal so Listen in Papier im Frühsommer oder im Sommer 2014 noch ein- vorstellt, als druckt da einer was aus. Dann läuft mal auch mit amerikanischen Kollegen über die- das ja technisch anders, dass man „aktiv“ setzt, ses Thema am Rande kurz gesprochen, und es hat Häkchen setzt usw. und auswählen kann. Da gab sich mein Eindruck bestätigt, dass es einen inter- es verschiedenste Listen. Dann hatten Sachbear- nen Prozess in der amerikanischen Regierung ge- beiter, Sachgebietsleiter bis hin zu Unterabtei- geben hat, der darauf hinauslief, es nicht zu ma- lungsleitern irgendwelche Dinge herausgenom- chen. Ich weiß, dass andere es so darstellen woll- men, eingestellt, und da sprach man auch von ten, als hätte die amerikanische Regierung das Listen. Dann gab es auch noch BND-eigene und von Anfang an anders gesehen. NSA-zugelieferte Selektoren. Wann ist denn nach Ihrer Erkenntnis im Kanzleramt das Thema Mein Eindruck ist: Es gab die Bereitschaft, jeden- Selektoren zum ersten Mal hochgepoppt? falls auf Ebene der Dienste in den USA, und des-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Peter Altmaier: Das kann ich Ihnen ein- jedenfalls dann eine ganze Reihe von Selektoren deutig beantworten. Es ist hochgepoppt an die- herausgenommen wurde. sem Freitag, den 13, als Herr Fritsche mich ange- rufen hat - Das Zweite war dann, dass Chef BK Ronald Pofalla im Oktober 2013 dann noch einmal den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: März, richtig? BND mündlich angewiesen hat, bestimmte Dinge nicht zu tun; darüber haben Sie, glaube ich, aus- Zeuge Peter Altmaier: - März, ja -, und zwar führlich auch hier schon gesprochen. Auch das 2015. Und ich weiß noch, dass auch Herr Frit- hat noch einmal Folgen gehabt. sche nicht nur überrascht, sondern sehr unange- nehm überrascht war über diesen Umstand. Er Und das Dritte war mein Besuch in Pullach mit hat mir glaubhaft versichert - auch Herr Heiß und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und andere -, dass sie diese Liste vorher nie gesehen auch dieser Besuch in Pullach hat dann noch ein- haben und dass ihnen auch der Begriff „Selektor“ mal dazu geführt, dass besondere und sehr inten- bis zu diesem Zeitpunkt in der täglichen Arbeit sive Überprüfungen stattgefunden haben mit ent- nicht begegnet war. sprechenden Folgen für den Gesamtbestand der Selektorenliste. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber im BND prüfte man schon deutlich vorher die Existenz Also, das war ein Prozess, und in diesem Prozess von Selektoren, richtig? sind wir, glaube ich, schrittweise da hingekom- men, dass wir heute jedenfalls davon ausgehen, Zeuge Peter Altmaier: Ja. Es hat beim BND nach dass wir den Anspruch, Freunde nicht abzuhö- meiner Erkenntnis mehrere Phasen gegeben. Das ren, auch in unserer Arbeit leben. Und das ist ein Erste war die Aussage der Bundekanzlerin. Also, Punkt, der mir, glaube ich, auch als positive Kon- das war so: Man prüfte die Selektoren natürlich sequenz aus all dem, was war, wichtig erscheint, sowieso von Anbeginn der Zusammenarbeit an, weil es zeigt, dass die Nachrichtendienste eben wenn sie eingesteuert wurden, weil wir ja auch doch dem Primat der Politik unterliegen. eine G-10-Prüfung vornehmen mussten, um zu verhindern, dass Selektoren eingesteuert werden, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, erst mal die nach deutschem Recht gar nicht eingesteuert teile ich die Sichtweise - wenn ich Sie so inter- werden dürfen. Diese Prüfung - ich habe mir das pretieren darf -, dass der Satz der Kanzlerin si- angeschaut - ist nach meiner Einschätzung die cherlich einiges bewegt hat und auch eine politi- ganze Zeit über ausgesprochen gewissenhaft und sche Message natürlich gesendet hat. Zumindest auch mit hohem Erfolg geschehen. scheint er bewegt zu haben, dass eine Unterabtei- lung im BND angefangen hat, die eigenen Zweitens gab es die Aussage der Bundeskanzle- Selektoren und die US-Selektoren dementspre- rin, dass das Abhören unter Freunden nicht geht. chend zu überprüfen im Juli 2013. Jetzt frage ich Und das hat nach meiner Wahrnehmung dann mich aber: Nach der kontinuierlichen Prüfung, dazu geführt, dass der BND tatsächlich sich die die ja auch unterschiedliche Ansätze immer wie- Liste noch mal angeschaut hat und dass eine der hatte, auch verbessert wurde irgendwann, ganze Reihe von Selektoren aus der Steuerung warum war man nicht sorgfältiger, nachdem man herausgenommen wurden; aber nach allem, was ja schon in den früheren Jahren gemerkt hatte: ich weiß, ist darüber dem Kanzleramt nicht be- „Da sind Suchbegriffe drin, Telekommunika- richtet worden. Und deshalb konnten das weder tionsmerkmale, die da nicht reingehören“? meine Mitarbeiter noch ich zum damaligen Zeit- Warum war man nicht sensibler und hat gesagt: punkt wissen. Aber es war eine richtige Reaktion, „Da müssen wir eine viel differenziertere Prüfung und sie belegt im Übrigen auch, dass der BND haben“? Denn wenn man sich die Listen tatsächlich versucht hat, die politischen Vorga- anschaut, dann muss man doch den Eindruck ben umzusetzen, und dass auf der Arbeitsebene gewinnen - ohne in Details gehen zu können -: So ganz gepflegt ist dieser Haufen der Selektoren

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung dann doch nicht. Und da wundert mich einfach, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wo lag denn dass plötzlich ein Unterabteilungsleiter sagt: jetzt der Hauptverstoß bei den Selektoren? Waren „Jetzt muss ich da mal aufräumen“ - das ist es die xy - wie viele es auch immer waren - EU- meine Wortwahl jetzt des Ganzen -, und das für Ziele, Botschaften oder was weiß ich, was auch sich behält und das nicht hochmeldet. immer? Oder war es - so wie es mein Eindruck ist - nicht eher, dass man die Pflege dieser Selek- Da habe ich eben den Staatssekretär Fritsche ge- toren, die Zuordenbarkeit, die Aktualität nicht fragt: Wenn dies Ganze mit dieser Relevanz - - hinbekommen hatte? Wenn man sagt, die Selektoren, die Suchbegriffe, die Telekommunikationsmerkmale also, das ist Zeuge Peter Altmaier: Wir haben ja in der Presse- so der Kern nachrichtendienstlicher Erkenntnis, erklärung, die wir damals veröffentlicht haben, Nachforschung, wenn man die hat, weiß man: gesagt: Es gibt inhaltliche und organisatorische Wo guckt der BND oder andere Dienste dann Defizite. So. Und zu den organisatorischen Defi- eben hin - - Wenn das so wichtig ist, dann hätte ziten gehört beispielsweise die Frage: Wie ist der man doch in so einer Situation eigentlich doch Umgang mit Selektoren so organisiert, dass man mal melden müssen, was Sache ist. Und da habe zu jedem Zeitpunkt weiß, was man steuert, und ich Fritsche gefragt: Wo hat es denn geklemmt? dass man nichts steuert, was man nicht steuern Und wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er soll, und dass die Listen so gepflegt und geführt gesagt: Ja, da in der Unterabteilung T2 hat es ge- sind, dass man auch zu jedem Zeitpunkt wissen klemmt. - Wie wird das vonseiten des Kanzler- kann, was wann gesteuert wurde und von wem amtsministers bewertet? und mit welcher Begründung. Das alles fällt un- ter die Rubrik „Organisatorisches“. Zeuge Peter Altmaier: Ganz einfach: Zunächst muss man unterscheiden zwischen dem Kanzler- Das Zweite ist die Rubrik „Inhaltliches“. Und un- amt und dem BND. Nach allem, was ich weiß, ter inhaltlich gehört für mich selbstverständlich, haben das Kanzleramt und die zuständige Abtei- dass vor dem Einsteuern von Selektoren - seien lung von der Existenz der Selektorenliste über- es eigene oder fremde - immer überprüft werden haupt erst im März 2015 erfahren. Und wenn sie muss, ob das mit der politischen Vorgabe durch vorher davon nicht erfahren haben, konnten sie die Bundesregierung und das Bundeskanzler- auch nicht stärker sensibilisieren und Druck ma- amt - - ob das davon gedeckt ist, ob es auch ge- chen. Ich war dann, als ich mit meinen Mitarbei- deckt ist vom Geltungsbereich internationaler tern in Pullach war - - habe ich dann den dorti- Abmachungen, die man getroffen hat. Das ist eine gen Mitarbeitern ausdrücklich auch diese Fragen genuin politisch-inhaltliche Aufgabe, und auch gestellt, die Sie dann ja auch hinterher im Unter- dort hat es offenbar Defizite gegeben. Deshalb suchungsausschuss erneut gestellt haben, näm- habe ich sie in dieser Presseerklärung benannt, lich die Frage: Haben Sie das hochgemeldet? Und weil mir völlig klar war, dass die Debatte sich um die Antwort war Nein. - Nun bin ich weder ein genau diese beiden Fragen drehen würde. Und Untersuchungsausschuss noch ein Gericht, und wir haben dann in der Folge auch einiges getan, ich kann deshalb mir nicht anmaßen, zu ent- um so zu sensibilisieren und auch so zu organi- scheiden, ob diese Aussagen korrekt waren oder sieren, dass es in der Zukunft möglichst nicht nicht, und wenn sie korrekt waren, warum man mehr vorkommt. es nicht getan hat. Das alles kann ich Ihnen nicht beantworten. Sie haben ja die Zeugen selber ver- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also im BND nommen. Für mich war es nur klar: In dem Au- gab es die augenscheinlich. Und das mit der kon- genblick, wo ich davon erfahren habe durch den tinuierlichen, gewissenhaften Kontrolle mit ho- Anruf von Herrn Fritsche, war für mich klar, dass her Effizienz, da wäre ich persönlich mir jetzt ich als politisch Verantwortlicher handeln muss. noch nicht so sicher in der ganzen Zeit; sonst wä- Und ich glaube, dass ich das auch in einem er- ren nicht so viele Selektoren drin gewesen, die wartbaren Umfange getan habe. man, glaube ich, erst bei der Kontrolle im Juli 2013 und dann fortlaufend gefunden hatte. Hätte

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 99 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung man da nicht geschubst - dann hinterher auch die richtigen Entscheidungen getroffen. Und ich vom Kanzleramt -, wäre, glaube ich, doch einiges weiß, dass in der Vergangenheit sehr viele Mitar- einfach weiter im Topf der Selektoren drin gewe- beiterinnen und Mitarbeiter gebunden waren da- sen. Man kann dann ja punktuell auch entschei- mit, auch die umfänglichen Unterlagen für den den, ob man es drinhaben will. Da habe ich noch Untersuchungsausschuss zusammenzustellen. nicht mal ein Problem mit, wenn man sagt: Be- Das ist ja, glaube ich, inzwischen auch alles erle- stimmte Ziele wollen wir aus Gründen steuern. - digt und getan. Und vielleicht wird es möglich Aber ich muss es schon wissen, was im Topf drin sein, das Personal dort so zu verstärken, wie es ist. Und wenn man dann irgendwann gar nicht angemessen ist. Ich gehe davon aus, dass das mehr weiß, welche Telekommunikationsmerk- auch geschieht und dass von den Mitarbeitern male man irgendwann mal reingetan hat und was meiner Abteilung 6 auch dafür Sorge getragen sie jetzt bedeuten, ist das kritisch. wird, dass das nicht nur im Dienst intern ge- schieht, sondern dass immer wieder auch an das Bei den Handynummern, E-Mail-Adressen und Kanzleramt berichtet wird. Nachdem wir diesen vergleichbar leicht zu identifizierbaren Telekom- Missstand erkannt haben, haben wir eine Verant- munikationsmerkmalen kann ich das noch nach- wortung dafür, ihn abzustellen. Und ich bin sehr vollziehen. Nun können Selektoren ja auch ganz zuversichtlich, dass uns das gelingt. andere Telekommunikationsmerkmale sein oder die Kombination von weichen oder harten Tele- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie vollzieht kommunikationsmerkmalen. Wie gewährleistet man das denn im Rahmen der Abteilung 6 nach? man denn da, dass man a) die G-10- relevanten Wenn jetzt der technische Fortschritt im BND im herausfiltert oder aber auch nun weiß, wer sich Bereich SIGINT so wunderbar mithilfe der Part- denn hinter so einem Suchbegriff verbirgt? Das ner sich weiterentwickelt, man nicht nur Tools, macht mir so ein bisschen Sorgen, weil ich Software und Gerätschaften nutzt, sondern auch könnte mir vorstellen, dass man doch jetzt erheb- neue Verfahren, da muss man doch im Wege der lich Know-how, aber auch Personal dransetzten Dienst- und Fachaufsicht auch im Kanzleramt sollte, um diesen Topf von Selektoren einmal auf das widerspiegeln, damit ich dementsprechend den aktuellen Stand zu bringen. den BND mit seinen neu erworbenen Kompeten- zen auch adäquat kontrollieren kann. Wird das Ich habe eben bei Staatssekretär Fritsche gesagt: jetzt nachgezogen? Das wäre doch mal ein Asset eines deutschen Dienstes, nicht, wie ich es bei den Amerikanern Zeuge Peter Altmaier: Das Kanzleramt steht ja sehe, alles in den Topf zu schaufeln - sei‘s drum, vor der spannenden Aufgabe, nicht nur beim was drin ist; wenn ein Treffer erfolgt, kann ich BND, sondern für alle Bereiche des Regierungs- immer noch gucken, ob es noch relevant und not- handelns nachzuhalten und nachzuziehen, was wendig ist -, sondern dass man hier punktgenau für die gesamtstaatliche Ebene und für die Ebene sagt: Unsere Selektoren, da wissen wir auch, was des Kanzleramtes von Bedeutung und wichtig ist. dahintersteckt. Nur, das, könnte ich mir vorstel- Da haben wir eine gewisse Erfahrung schon in len, erfordert deutlich mehr Personal und Auf- den letzten 60 Jahren aufgebaut. Und ich fühle wand. mich von meinen Mitarbeitern, die ja zum Teil schon ausgesagt haben, in dieser Frage ausrei- Zeuge Peter Altmaier: Nein, wir haben, glaube chend unterstützt. Ich habe immer die Parole ich, seit März 2015 wirklich gute Fortschritte er- ausgegeben - und es gilt im Übrigen auch für an- reicht in diesem Prozess. Ich bin allerdings auch dere Bereiche: im Zuständigkeitsbereich des Bun- überzeugt, dass er noch nicht abgeschlossen ist. desinnenministeriums, im Zuständigkeitsbereich Und deshalb ist es Aufgabe des BND, weiterhin des Bundesverteidigungsministeriums -, dass ge- dafür - - Es gab ja auch eine Organisationsunter- nügend Personal vorhanden sein muss, um diese suchung in der zuständigen Abteilung - das wis- Aufgaben zu stemmen. sen Sie -, die ist inzwischen abgeschlossen. Es werden weiterhin Konsequenzen gezogen und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 100 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Ich will Ihnen aber auch sagen, dass es nicht Auf- Zeuge Peter Altmaier: Wir wissen das, was Sie gabe des Kanzleramtes sein kann, für jeden BND- auch wissen, weil wir haben Ihnen die Doku- Mitarbeiter einen Spiegelmitarbeiter im Kanzler- mente vorgelegt. amt zu beschäftigen. Wir sind eine überschaubare Behörde mit rund 600 Mitarbeiterinnen und Mit- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Darüber arbeitern, und ich glaube, dass das die Vorausset- hinaus. Mehr als eine Relaisstation sieht man in zung dafür ist, dass zum Beispiel auch ein Kanz- Ramstein nicht, oder doch? leramtsminister das Kanzleramt effektiv steuern kann. Und deshalb hat die Abteilung 6 in der Zeuge Peter Altmaier: Ich habe die Dokumente, Vergangenheit zusätzliches Personal bekommen; die Sie kennen, selbst auch gelesen. Ich habe das das ist richtig. Das hat auch damit zu tun, dass zum Anlass genommen, in einer Rücksprache mit Herr Fritsche in die Abteilung 6 gekommen ist. meinen Mitarbeitern auch noch mal Fragen zu Ich habe das in meinem Eingangsstatement nicht stellen und zu formulieren, und zwar Fragen so- ausdrücklich wiederholt; aber das war eine Ent- wohl rechtlicher Natur wie auch technischer Na- scheidung, die die Bundeskanzlerin schon vor tur. Ich bin ja leider nur Jurist und kein Ingeni- meiner Ankunft im Kanzleramt getroffen hatte, eur. Dann hat man es vielleicht etwas schwerer die sich als sehr segensreich erwiesen hat, weil mit der Einschätzung bestimmter Dinge; aber ich nämlich sozusagen für die Koordinierung der kann nicht erkennen, dass in Ramstein Dinge ge- Nachrichtendienste, aber auch für die Bewälti- schehen, die nicht vereinbar wären mit den ver- gung all der Aufgaben, denen wir uns gegenüber- traglichen Grundlagen, die für die Stationierung sehen, neben dem Chef des Kanzleramtes, der der amerikanischen Streitkräfte dort maßgeblich sich in keiner Weise aus seiner Verantwortung sind. Und ich kann auch nicht beurteilen, ob - - zurückzieht, aber der darauf angewiesen ist, dass In der Presse stand ja was von diesen techni- er Mitarbeiter und Helfer hat, die ihn dabei un- schen Einrichtungen und Koordinierungen und terstützen - - Und das haben wir durch diese was auch immer. Ich kann nicht entscheiden Organisationsentscheidung sichergestellt. Das sozusagen, wie das technisch funktioniert, weil Kanzleramt ist heute in einer guten personellen ich es mir technisch nicht angeschaut habe; aber und organisatorischen Verfassung, um seine Kon- ich bin fest davon überzeugt, dass die zuständi- trollaufgaben wahrzunehmen. gen Ministerien in der Bundesregierung, die für diese Fragen zuständig sind, sich das immer wie- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ich der anschauen. Und wenn es Grund gegeben möchte einen letzten Themenbereich anschnei- hätte, einzugreifen und einzuschreiten, dann den, das ist das Thema „Drohnen und Ramstein“. wäre ich von den betreffenden Kollegen ganz si- Das Thema „Drohen und Ramstein“ kommt bei cherlich darauf auch angesprochen worden. uns im Untersuchungsausschuss immer in dem Fahrwasser daher, dass der Eindruck erweckt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir hatten ja wird, aus Ramstein werden Drohnen gesteuert, einen Amerikaner hier, der zwar kein Drohnen- gar gestartet, war mal die Vermutung, um - - pilot war, weil er nie eine Drohne geflogen ist, aber die Sensorik bedient hat (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Hans-Christian Ströbele NEN): Quatsch!) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das nennt man Pi- - Es stand in der Zeitung. Ich sage ja nicht, dass lot!) es so ist. Ich glaube, ich bin der Letzte, der sagt, dass es so ist; aber wenn Bryant das schon nicht bei vielen Hunderten von Drohnenflügen, der gesagt hat - - Und von daher stelle ich mir die uns gesagt hat, dass Ramstein als eine Relais- Frage: Was weiß man im Kanzleramt über station genutzt wird, weil - ich erkläre mir das Ramstein, was von dort gesteuert wird oder über jetzt relativ einfach, weil ich auch kein Ingenieur Ramstein gesteuert wird?

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Nur zur dienstlichen Verwendung bin und keiner, der sich mit den Dingen aus- Liste, sondern die Informationen, die sich darauf kennt - die Erdkrümmung eben so ist, dass man beziehen. irgendwo dazwischen etwas braucht, damit Sig- nale übertragen werden können. Da ist Ramstein Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, aber die Prü- eine von. Wenn das der einzige Punkt ist, dann fung in 2013 hat ja dann schon stattgefunden zu stellt sich doch eigentlich die Frage, ob das, was den NSA-Selektoren. dann über Ramstein als Relaisstation stattfindet, rechtmäßig ist - das ist die völkerrechtliche Zeuge Peter Altmaier: Ja, Moment, passen Sie - - Frage -, aber auch nicht, ob Ramstein an sich - - Bitte? ob da Drohnen starten, Drohnen gesteuert wer- den, weil auch Brandon Bryant sagte in seiner Martina Renner (DIE LINKE): Zu den NSA-Se- Vernehmung, er wisse nicht, dass aus Ramstein lektoren. Und die ganzen Prüfvorgänge, das war Drohnen gesteuert werden; ja alles schon gelaufen.

(Hans-Christian Ströbele Zeuge Peter Altmaier: Ja, im Jahre 2013; aber das (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wussten wir nicht im Kanzleramt. NEN): Über Ramstein!) Martina Renner (DIE LINKE): Deswegen konnte das sei ihm unbekannt. Deswegen frage ich die man uns die Sachen auch nicht zur Verfügung Bundesregierung, ob die Bundesregierung Er- stellen. kenntnisse in diese Richtung hat. Zeuge Peter Altmaier: Wir konnten jedenfalls Zeuge Peter Altmaier: Nein. Über die übermittel- nicht dafür sorgen. Und welche - - Stellen Sie ten Unterlagen hinaus haben wir keine Erkennt- sich - - nisse, also ich jedenfalls nicht. Martina Renner (DIE LINKE): Warum ist dann - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe jetzt ich möchte das wirklich erklärt bekommen - erst erst mal keine weiteren Fragen mehr. - Wir kom- auf Grundlage des Beweisbeschlusses BND-26 ir- men zu den Fragerunden. Und da beginnt in der gendwo der Groschen gefallen im BND, dass man ersten Fragerunde die Fraktion Die Linke mit diese Sachen hat und uns zur Verfügung stellen Frau Kollegin Renner. müsste?

Martina Renner (DIE LINKE): Herzlich willkom- Zeuge Peter Altmaier: Das müssen Sie den BND men auch von mir, Herr Altmaier. - Sie haben ja fragen. Es ist doch so, dass wir die Beweis- geschildert, dass Sie sich auch ausführlich mit beschlüsse bekommen, und dann stellt jede Ein- unseren Beweisbeschlüssen und der Aktenvor- heit in der Bundesregierung - also die Abtei- lage beschäftigt haben. Und was uns interessiert, lung 6 zum Beispiel, die Abteilung 2, aber auch ist, warum die Beweismaterialien zur Selektoren- der BND - in eigener Regie die Dokumente zu- prüfung erst nach dem expliziten Beweisbe- sammen, die zu den jeweiligen Beweisbeschlüs- schluss BND-26 zur Verfügung gestellt wurden sen gehören, und sie geben auch Vollständig- und nicht schon früher, zum Beispiel im Zusam- keitserklärungen ab. So. Und ganz offenbar war menhang mit den Beweisbeschlüssen zu man damals der Auffassung, dass die Vorlage „Eikonal“ oder anderen, also nicht zum Beispiel dieser Liste nicht erforderlich war. Und ganz schon im Sommer 2014? Gab es dafür einen ex- offenbar hat man diese Meinung im BND in der pliziten Grund? zuständigen Fachabteilung geändert, nachdem Sie einen neuen Beschluss gefasst hatten; aber Zeuge Peter Altmaier: Wenn ich die Selektoren- die Gründe, die dazu geführt haben, die müssen liste im Sommer 2014 gekannt hätten, hätte ich Sie - - die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mit- sie Ihnen zur Verfügung gestellt. Also nicht die

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Nur zur dienstlichen Verwendung arbeiter erfragen, die diese Entscheidungen tref- Zeuge Peter Altmaier: Noch einmal: Ich habe re- fen mussten. Ich war daran nicht beteiligt und lativ kurz nach meinem Amtsantritt - - Im Früh- kann es aus der Distanz auch nicht beurteilen. sommer 2014 bin ich mit dieser Frage konfron- tiert worden, weil es Unterlagen gegeben hat, die Martina Renner (DIE LINKE): Das würde ja be- uns bekannt geworden sind im Rahmen auch von deuten, dass wir bis heute davon ausgehen müs- staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Fall sen, dass teilweise unsere Beweisbeschlüsse - - des Spions Marcel R. [sic!]. Und aus diesen Un- terlagen ging hervor, dass Telefonate befreunde- Zeuge Peter Altmaier: Was „dass“? ter Politiker, wenn ich das mal so in Anführungs- zeichen sagen darf, abgehört worden sind. Ich Martina Renner (DIE LINKE): Dass teilweise un- habe darüber übrigens dann das PKGr unterrich- sere Beweisbeschlüsse nicht ordentlich erfüllt tet. Es war Sommerpause. Ich habe die alle ange- sind, weil der BND bis heute noch nicht gemerkt rufen, die Obleute aller Fraktionen - auch Ihrer -, hat - wie jetzt bei BND-26 -, was wir darunter habe sie unterrichtet. Es stand dann auch irgend- meinen könnten. wann in der Zeitung. Deshalb kann ich darüber in öffentlicher Sitzung jetzt auch reden. Und in Zeuge Peter Altmaier: Frau Renner, das können dem Zusammenhang - - Sie jedenfalls aus meinen Aussagen nicht ablei- ten. Ich gehe davon aus, dass wir Ihre Beweisbe- (MR Philipp Wolff (BK) schlüsse alle, so wie sie getroffen wurden, auch meldet sich zu Wort - umgesetzt haben. Ich biete gerne an, dass meine Dr. Konstantin von Notz Mitarbeiter Ihnen da noch einmal vielleicht (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Schauen Sie mal, schriftlich nachreichen und mit dem BND be- Herr Wolff!) sprechen, warum man der Auffassung war, dass die Vorlage der Liste bis zu dem Zeitpunkt, wo Martina Renner (DIE LINKE): Da mussten wir so Sie den neuen Beweisbeschluss gefasst hatten, lange drauf warten, Herr Wolff. nicht erforderlich war. Aber ich kann es hier nicht selber ausführen, weil ich mich Zeuge Peter Altmaier: Bitte? sozusagen - - Ich habe zwar die Akten gelesen, die vorgelegt wurden; aber ich konnte natürlich (Dr. Konstantin von Notz nicht alle anderen Akten lesen, die nicht (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorgelegt wurden, um zu entscheiden, ob sie NEN): Sie lösen positiv relevant sind. eine Diskussion, die wir seit drei Jahren führen, auf! Martina Renner (DIE LINKE): Das ist auch unser Und da sind wir sehr dank- Problem. bar! - Christian Flisek (SPD): Wir hätten Sie schon früher vernehmen sollen! - Zeuge Peter Altmaier: Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Martina Renner (DIE LINKE): Ich würde gerne NEN): Ich zitiere jetzt im- noch mal zu der Weisung von Herrn Pofalla bzw. mer Herrn Altmaier!) Herrn Schindler nachfragen aus Oktober 2013. Sie nannten es „bestimmte Dinge nicht zu tun“. MR Philipp Wolff (BK): Ich glaube, was Herr Alt- Das ist mir etwas unbestimmt. Könnten Sie noch maier bisher gesagt hat, ist durchaus noch im mal genau sagen: Wann sind Sie von wem zu Rahmen dessen, was man in öffentlicher Sitzung welchem Inhalt in Bezug auf diese Weisungen in- sagen kann. Ich enthalte mich jetzt eines Kom- formiert worden? mentares zur Frage, ob alles, was in der Zeitung ist, in öffentlicher Sitzung bestätigt werden kann. Aber das hat Herr Altmaier auch, glaube ich, nicht gesagt.

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Zeuge Peter Altmaier: Nein, habe ich nicht ge- Das, was Herr Pofalla im Oktober 2013 angeord- sagt. net hat - da ging es um Botschaften; das hat er auch so vor Ihrem Ausschuss gesagt, wenn ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da würde ich das bei netzpolitik.org richtig nachgelesen habe -, dann noch Einspruch nehmen, weil es noch das war mein Kenntnisstand zu diesem Zeit- lange nicht bedeutet, dass, wenn etwas in der punkt meines Gesprächs mit Herrn Schindler. Ich Zeitung steht, man dann aus eingestuften Sitzun- habe dann, als ich in Pullach war, noch mal aus- gen die Dinge nacherzählen darf, weil natürlich drücklich gefragt, wie das denn so ist mit diesen ein Zeuge, der - - Botschaften. Und da ist mir gesagt worden: Na ja, es gibt zum Beispiel die Situation, dass eine be- Zeuge Peter Altmaier: Ja, das ist richtig. So, aber freundete Botschaft des Landes A, die sich im noch mal - - Land B befindet, besonders gute Erkenntnisse hat zu krisenhaften Entwicklungen in der Region Martina Renner (DIE LINKE): Darf ich eine kurze und Ähnliches, und dafür interessieren wir uns. - Nachfrage stellen, weil Sie jetzt tatsächlich einen Und da habe ich gesagt: Meine Güte, dann könnte Aspekt benennen, den wir immer nachgefragt ha- auch mal der deutsche Botschafter seinen Kolle- ben, aber uns nicht bestätigt wurde - und die Ak- gen anrufen und fragen, ob er die Berichte nicht ten geben das auch nicht her -: dass es im Zusam- gleich kriegen kann. menhang mit Markus R. Gegenstände gab, die auch unseren Untersuchungsauftrag betrafen und (Dr. André Hahn (DIE eben auch bestimmte Schlussfolgerungen im LINKE): Richtig!) BND und auch im Bundeskanzleramt ausgelöst haben. Das haben wir an verschiedenen Stellen, So. An der Stelle war ich immer Freund einer auch in Beratungssitzungen, hinterfragt - Herr klaren Aussprache. Aber ich hatte im Übrigen, Wolff, Sie können nicken, ja -, haben Beweisan- als mir damals gesagt worden ist, dass Pofalla im träge zugestellt, und das ist uns in der Form nicht Oktober 2013 so eine Anweisung erlassen hat, mitgeteilt worden. Es wurde immer gesagt - - Und auch gar keinen Grund, erst mal weiter nachzu- deswegen ist das tatsächlich etwas Neues, was fragen, weil ich davon ausging: Es waren einzel- Sie sagen. nen Fälle, und sie waren abgestellt. Das Licht im Keller war schon wieder ausgemacht; das brannte Zeuge Peter Altmaier: Nein, nein, Frau Renner. - nicht mehr. Das war mein Eindruck, bis ich dann Darf ich mal fragen: War die Arbeit des BND mit leider erfahren musste im März 2015, dass es die eigenen Selektoren und seine eigene Arbeit Selektoren gab und noch viele andere Dinge, also untersuchungsgegenständlich? Nein, das war sie die NSA-Selektoren und noch andere Selektoren, nicht. Es ging um die Five Eyes; darum ging es. die nicht dem entsprachen, was wir politisch Und deshalb habe ich damals, als das mir be- vom BND erwarteten. kannt wurde, soweit ich weiß, auch nicht die Ob- leute in Ihrem Ausschuss angerufen, sondern ich Martina Renner (DIE LINKE): Als Sie sich das habe die Obleute im PKGr informiert. Und über erste Mal mit dieser Problematik „Informationen die Inhalte sage ich deshalb auch an dieser Stelle von Botschaften“ befasst haben, war Ihnen denn hier nichts und schon gar nicht in offener Sit- dann gewahr, dass es um SIGINT geht, oder sind zung. Aber in dem Zusammenhang ist mir klar Sie davon ausgegangen, das geht um menschliche geworden, dass es ein Problem gibt. So. Und da- Quellen? rüber habe ich dann mit Herrn Schindler gespro- chen, mehrfach - ich habe das in meiner Einlei- Zeuge Peter Altmaier: Nein, ich ging davon aus, tung gesagt -, zweimal insgesamt, und ich habe dass es um SIGINT geht. Ist mir aber, glaube ich, Herrn Schindler befragt, ob es über das hinaus, nicht ausdrücklich gesagt worden. was seinerzeit von Herrn Pofalla angeordnet wor- den ist, noch weitere problematische Fälle gibt. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, okay.

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Zeuge Peter Altmaier: Aber in meiner Erinnerung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste habe ich mich in all diesen Zusammenhängen die letzte Frage sein. vor allen Dingen mit SIGINT beschäftigt. Martina Renner (DIE LINKE): - genau -, als Sie Martina Renner (DIE LINKE): Und wenn man ab von dieser Weisung hinsichtlich SIGINT-Maß- einem bestimmten Moment ausschließen will, nahmen bei Botschaften erfahren haben: Was ist dass diese Botschaften gesteuert werden - so wird Ihnen erzählt worden oder erklärt worden, wie es ja dann in der Weisung formuliert gewesen diese Botschaften abgehört werden? sein - - Hatten Sie eine Vorstellung, wie so eine Steuerung aussieht? Zeuge Peter Altmaier: Also - ich bitte herzlich um Verständnis -, ich ging davon aus, dass es Zeuge Peter Altmaier: Wenn Sie nach der Tech- sich um SIGINT handelt; und wie das im Einzel- nik fragen: Nein. Diese Begriffe „Steuerung“ und nen technisch geht, das hat mich nicht interes- „Selektor“ haben vor dem März 2015 weder in siert. den Vorlagen, die für mich gefertigt wurden, noch in den Gesprächen, die ich geführt habe, Martina Renner (DIE LINKE): Okay. eine Rolle gespielt. Zeuge Peter Altmaier: Und, ich glaube, das Martina Renner (DIE LINKE): Aber man muss musste mich auch nicht interessieren, weil das doch irgendwie mitgeteilt haben - - Sache der zuständigen Experten ist. Es gibt ja, wie Sie wissen, ganz unterschiedliche Möglich- Zeuge Peter Altmaier: Wenn Sie mal auch die keiten, Kommunikation zu erfassen und abzuhö- ganzen Presseveröffentlichungen zu Snowden ren. In Saarbrücken gibt es ein Institut an der usw. sich anschauen und die Diskussion über das Universität von Herrn Professor Backes, und die Kanzlerinnenhandy usw., dann ist immer die haben beispielsweise herausbekommen, dass Rede gewesen von Abhören; das deutet sehr stark man Gespräche auch abhören kann, indem man auf SIGINT hin. Aber es ist nie etwas gesagt wor- Schwingungen auf Fensterscheiben nachvollzieht den zum Modus Operandi. und Ähnliches. Da gibt es Tausend Möglichkei- ten; und ich habe mich damit aber nicht vertieft Martina Renner (DIE LINKE): Doch! Es gibt eine beschäftigt, weil das nicht meine Aufgabe war. Folie von Snowden, - Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Danke. Zeuge Peter Altmaier: Jedenfalls das Wort Steue- rung - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dank. - Wir kommen zur nächsten Fraktion der Martina Renner (DIE LINKE): - da werden die Se- ersten Runde. Das ist die Fraktion der SPD. Herr lektorentypen genau beschrieben und Ähnliches. Kollege Flisek. Und da finden wir auch das Gros der Selektoren wieder, die auch sowohl bei NSA wie bei BND Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- eingesetzt werden. Also, das findet sich alles der. - Herr Altmaier, auch von unserer Seite: schon in den Snowden-Dokumenten. Guten Abend! Sie hatten vorhin in Ihrem Ein- gangsstatement, auf das ich zunächst einmal Zeuge Peter Altmaier: Mir persönlich ist das zurückkommen möchte, gesagt, dass Sie bei der Wort „Selektor“ zum ersten Mal aufgefallen und Übergabe der Position „Chef Bundeskanzleramt“ auch bei mir hängen geblieben im Zusammen- von Herrn Pofalla ein Übergabegespräch hatten, hang mit der NSA-Selektorenliste. wo es um allgemeine Abläufe gegangen ist inner- halb des Kanzleramtes, weniger über Einzelhei- Martina Renner (DIE LINKE): Gut. Aber dann ten gesprochen wurde. Noch mal kurz nach- würde ich gerne wissen - gefragt: Das Thema, was wir hier behandeln, hat

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung bei diesem Gespräch überhaupt keine Rolle Zeuge Peter Altmaier: Nein. gespielt? Mit keinem Wort? Christian Flisek (SPD): Wir haben eine etwas, Zeuge Peter Altmaier: Nein, hat keine Rolle ge- sage ich mal, nicht zufriedenstellende Situation spielt. Weil wir über inhaltliche Dossiers gar aufgrund der Aussage von Herrn Pofalla, der ge- nicht gesprochen hatten, sondern es ging um die sagt hat, er hat nach den Weisungen, die er ja Fragen: Wann finden die Abteilungsleiterrunden mündlich erteilt hat, die erst danach verschrift- statt? Wann wird die Kabinettssitzung vorberei- licht worden sind, einen Bericht angefordert, was tet? Wie ist die Staatssekretärsrunde? Das waren ja, sage ich mal, ein klassisches Instrument auch ja alles Dinge, die neu für mich waren; aber ich der Fachaufsicht ist - Fach- und Rechtsaufsicht -, bin ja schon lange genug in dem Betrieb, dass ich dass man sagt: Neben einer Weisung fordere ich das auch erfassen konnte. Aber über die Frage dann auch mal einen Bericht an, ob das, was ich des Umgangs mit erneuerbaren Energien oder mit angewiesen habe, im Zweifel auch zufriedenstel- dem BND oder außenpolitische Fragen zum Euro lend umgesetzt worden ist. - Herr Pofalla hat das haben wir kein Wort gesprochen. hier gesagt. Dieser Bericht findet sich nicht in un- seren Unterlagen. Ich gehe davon aus, dass das Christian Flisek (SPD): Habe ich verstanden. - vollständig alles vorgelegt worden ist, und inso- Sie haben dann gesagt, Sie haben Fachgespräche fern haben wir natürlich eine Problematik. Herr mit den Abteilungsleitern geführt. Ich gehe da- Heiß kennt so etwas auch nicht aufgrund seiner von aus, dann auch mit dem Abteilungsleiter 6, Aussage. Und jetzt würde ich Sie gerne fragen: Ist mit Herrn Heiß. Ist bei diesem Gespräch dann Ihnen mal bei dieser Gelegenheit in Gesprächen über - - Sind da Dinge angesprochen worden, die irgendwann einmal ein solcher Bericht oder unseren Untersuchungsgegenstand betreffen? überhaupt die Idee, dass ein solcher Bericht an- gefertigt werden könnte, untergekommen? Zeuge Peter Altmaier: Ja, da sind Sie angespro- chen worden. Nicht in persona, sondern, dass zu Zeuge Peter Altmaier: Nein. Eindeutig nein. Ich erwarten ist, dass ein solcher Untersuchungsaus- kenne diesen Bericht nicht. Er ist mir auch nicht schuss eingesetzt wird. Zu diesem Zeitpunkt vorgelegt worden, zu keinem Zeitpunkt. Es mag hing das in der Luft und war, glaube ich, auch unbefriedigend sein, aber es geschehen auf dem bekannt, vermutlich auch schon presseöffentlich Weg vom Referenten zum Minister manchmal angekündigt. Ich wusste ja, weil ich als Staats- Dinge zwischen Himmel und Erde, die man am sekretär im Bundesinnenministerium im Jahre Ende nur konstatieren kann. Im parallelen Unter- 2005 auch an dem damaligen BND-Unter- suchungsausschuss, im Abgasuntersuchungsaus- suchungsausschuss beteiligt war - da ging es um schuss, bin ich befragt worden zu meiner Rolle den Irakkrieg, wie Sie wissen -, dass solche als Umweltminister. Damals hatte ich ein Ge- Untersuchungsausschüsse einer umfänglichen spräch gehabt mit einer Umweltorganisation und Vorbereitung durch die Exekutive bedingen, weil habe gebeten dann, dass man dazu eine Minister- die Unterlagen aufbereitet werden müssen, weil vorlage erstellt. Die ist dann auch irgendwann er- es Ressortabstimmungen geben muss über die stellt worden; aber sie kam nie bis zum Minister, Frage, welches Ressort was vorlegt, über die weil man dann irgendwann entschieden hat, dass Frage, was geschwärzt wird und aus welchen der zuständige Mitarbeiter oder Referatsleiter das Gründen. Das alles musste organisiert werden. telefonisch erledigt, und es ist dem Minister Darüber haben wir gesprochen; aber nicht über dann nicht mehr vorgelegt worden. Das geschieht die inhaltlichen Aspekte, die Sie interessieren, vermutlich häufiger, als man glaubt, weil halt und schon gar nicht über die Selektorenliste, eben immer auch sozusagen in dem jeweiligen weil wir die nicht kannten. Referat und in der jeweiligen Abteilung entschie- den werden muss: Was ist so wichtig, dass der Christian Flisek (SPD): Auch gar nicht über die Minister es persönlich sehen muss, oder nicht? Problematik, die im Oktober 2013 aufgeschlagen war mit der Weisung von Herrn Pofalla?

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Und der Punkt, warum dieser Bericht nicht er- Ihnen eben berichtet habe. Und mehr kann ich stellt worden ist oder jedenfalls nicht vorgelegt dazu nicht sagen. worden ist - ich kenne ihn nämlich nicht -, den müssen Sie besprechen mit den Zuständigen, die Christian Flisek (SPD): Die Frage, die sich uns damals beteiligt waren; aber ich habe das in der stellt, Herr Altmaier, ist ja die - - Sie haben ja sel- Vorbereitung auf diese Sitzung heute durch netz- ber dargestellt, dass Sie erst im März 2015 dann politik.org im Protokoll zum ersten Mal gesehen. in diese Selektorenthematik tiefer eingestiegen sind. Und wir haben eben sozusagen im Oktober Christian Flisek (SPD): Ja, ich stimme da gerne 2015 dieses Thema durchaus im Kanzleramt prä- zu, dass manchmal da Dinge passieren können in sent, was zu Aufsichtsmaßnahmen führt; jeden- so hierarchisch aufgebauten Organisationen, dass falls eine Weisung, vielleicht die Anforderung ei- am Ende Dinge nicht nach oben dringen. Aber nes Berichtes; wissen wir nicht. Und die Frage, selbst wenn der Bericht erstellt worden wäre und die sich uns stellt, ist halt, wie man sich das vor- er nicht nach oben gegangen wäre, dann wäre er stellen muss im Innenleben eines solchen Kanz- auch vorgelegt worden, weil es sind, wie gesagt, leramtes, als Aufsichtsbehörde über Nachrichten- ja nicht nur uns die Dinge vorgelegt worden, die dienste, dass sozusagen ein solch langer Zeit- Ihnen vorgelegt worden sind, sondern bei uns ist raum vergeht, wo man keinen Anlass sieht, jetzt ja sozusagen alles an Aktenbestand da, was aus sozusagen an dieser Thematik dranzubleiben, dem Bundeskanzleramt in irgendeiner Weise nachzufassen. Ist das wirklich so, dass man nur oder aus dem BND in diesem Kontext erstellt reaktiv tätig wird, wenn sozusagen eine Meldung wurde. Also, hätte es einen solchen Bericht je- nach oben kommt? Wir haben das mal als mals gegeben - unabhängig jetzt von Ihrer persön- schwarzes Loch bezeichnet hier. Und die Frage lichen Kenntnisnahme -, dann würde er in den war: Wie kann das sein, dass sozusagen ein sol- Unterlagen sein. Und das ist eben nicht der Fall. cher Zeitraum vergeht, ohne dass an dieser The- Und deswegen ist es halt im Prinzip die Frage, ob matik weitergearbeitet wird, ohne dass man das am Ende eine Schutzbehauptung ist, ob nie nachfasst: „Setzt ihr das wirklich richtig um? dieser Auftrag erteilt worden ist, weil ich mir Was wird davon erfasst? Gibt es Probleme bei der persönlich überhaupt nicht vorstellen kann - das Umsetzung?“? sage ich Ihnen ganz offen -, wenn der Chef BK ei- nen Bericht anfordert, dass sich das alles in Zeuge Peter Altmaier: Es gibt kein schwarzes Schall und Rauch auflöst und überhaupt gar Loch, jedenfalls keines, das mir begegnet ist. Wir keine Konsequenzen hat. Weil ich habe so viel haben uns im gesamten Jahr 2014 intensivst mit Zutrauen in deutsche Ministerien und in deut- Ihrer Arbeit beschäftigt. Und wir haben uns im sche Beamte, dass, wenn sozusagen der Chef des Übrigen intensivst beschäftigt mit den Vorgän- Bundeskanzleramtes - jetzt nicht Sie, sondern Ihr gen, die sich aus den Akten ergeben haben. Ich Vorgänger, Herr Pofalla - sagt: „Ich möchte zu habe Ihnen ja gesagt: Es ist so im Kanzleramt - dem Thema einen Bericht“, der dann auch auch im Bereich der Abteilung 6 -, dass wir uns kommt, selbst wenn Herr Pofalla nicht mehr im natürlich ständig mit Dingen der Nachrichten- Amt ist, sondern Sie dann im Amt sind, und dienste beschäftigen. Wir haben dazu die ND- dann irgendwann über Herrn Heiß oder Herrn Lage jeden Dienstag und weitere Gremien. Es gibt Fritsche das, wenn auch nicht vielleicht zu dazu Rücksprachen von Herrn Fritsche und Ihnen, aber zumindest ins Kanzleramt kommt. Herrn Heiß mit mir. Das bezieht sich auf Fragen der Bekämpfung des Terrorismus, es bezieht sich Zeuge Peter Altmaier: Ja. - Erst mal: Ganz herzli- auf Fragen unserer außenpolitischen Interessen. chen Dank auch im Namen aller meiner Mitarbei- Das Thema der Nachrichtendienste ist ein inte- terinnen und Mitarbeiter für das große Vertrauen. graler Bestandteil der Arbeit des Kanzleramtes. Zweitens: Ich kenne diesen Vorgang nicht aus ei- genem Erleben, sondern ich habe das zur Kennt- Was nun die Aufarbeitung angeht, habe ich ja ge- nis genommen schriftlich durch Lesen, was ich sagt, dass für mich, nachdem klar war, es kommt ein Untersuchungsausschuss, klar war, dass Sie

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 107 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Nur zur dienstlichen Verwendung untersuchen und dass wir das nicht parallel ma- Grund, warum wir dann so energisch gehandelt chen, zumal es sich um abgeschlossene Vorgänge haben. handelte. Das hat aber nicht bedeutet, dass uns das nicht interessiert hat, ganz im Gegenteil. Ich Christian Flisek (SPD): Jetzt haben Sie bei der habe dann zum Beispiel, wenn es bei den Ak- Aufzählung der Mitarbeiter, ob es Zufall war oder ten - - Da ging es ja um bestimmte Projekte; das nicht, die Abteilung 6 nicht genannt. Jetzt frage stand dann meistens auch hinterher in den Zei- ich etwas provozierend: Aus der Rückschau, was tungen zu lesen. Einmal ist darüber geschrieben Sie heute wissen, seit März 2015, glauben Sie worden, was in Frankfurt so passiert ist. Dann ist oder würden Sie sagen, die Abteilung 6 des über ein Projekt geschrieben worden, was wir an- Kanzleramtes hat in diesem ganzen Zeitraum geblich mit einem europäischen Partner, der vor wirklich auch nachvollziehen können, wie ers- einiger Zeit ein Referendum hatte, mal erörtert tens SIGINT heute funktioniert, welche Bedeu- haben. Es gab also aus dem Aktenbestand, der tung Selektoren bei dieser Thematik haben und Ihnen vorgelegt worden ist, viele Dinge, die mich welche politische Sensibilität dahintersteckt? nicht nur interessiert haben, sondern die dann auch zu Nachfragen geführt haben. Zeuge Peter Altmaier: Erst mal ist man im Rück- blick immer schlauer als in der Vorschau. Das ist Ich habe das meistens besprochen mit den Mitar- nun mal so, das liegt in der Natur der Sache. beitern der Abteilung 6, und wir haben das aufge- Zweitens - das ist aber jetzt sozusagen das, was klärt, und es hat mich dann schon auch interes- ich auch aus dem Studium der Akten entnom- siert beispielsweise, ob solche Projekte noch men habe - ist es ja so, dass mit 9/11 auch die Ar- Nachwirkungen haben, ob sie fortgesetzt werden, beit der Nachrichtendienste vor neuen Herausfor- was daraus geworden ist, warum sie eingestellt derungen stand. 9/11 fiel ja zusammen - - Es war worden sind. Also, ich habe mich da nicht nur nicht nur ein terroristischer Anschlag, sondern mit den Akten zufriedengegeben; aber wir haben das war ja auch eine Zeit, wo durch die Digitali- keinen parallelen Strang der Aufklärung ge- sierung und die Weiterentwicklung von Spei- macht, weil das aus meiner Sicht mit dem Res- chermedien und anderen Dingen, neue Formen pekt vor dem Untersuchungsausschuss nicht so nachrichtendienstlicher Tätigkeit im Bereich einfach vereinbar gewesen wäre. SIGINT möglich geworden sind. Und das hat dann dazu geführt, dass meine Vorgänger im Und dann habe ich Ihnen ja gesagt, dass es erheb- Amt, nämlich Herr Steinmeier, der Bundes- liche Diskussionen und Gesprächsbedarf gegeben präsident, Herr de Maizière und Herr Pofalla, hat mit unseren amerikanischen Partnern, nicht selbstverständlich in unterschiedlicher Art und im Hinblick auf Snowden, sondern im Hinblick Weise auch mit solchen Fragen befasst worden auf das, was - angefangen vom Handy der Kanzle- sind - das habe ich in den Unterlagen feststellen rin über die Frage von Spionen und anderes - uns können - und möglicherweise nicht mit allen Fra- so umgetrieben hat. Und auch das ist geschehen. gen. Das würde ich auch für mich nicht in An- So. Und über das Thema Selektoren kann ich nur spruch nehmen. Ich muss nicht die Details wis- noch mal sagen: Hätte ich das erfahren im De- sen von jeder G-20-Maßnahme [sic!], die geneh- zember 2013 oder im März 2014, ich hätte mich migt wird. Das habe ich gewusst, als ich mit so intensiv darum gekümmert, wie ich es getan Herrn Ströbele im PKGr saß, und da hatten wir habe, als ich es im März 2015 erfahren habe. Und vorher den BND-Präsidenten Herrn Uhrlau. Der ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass hat uns immer nur gesagt: Das muss jetzt so ge- auch meine Mitarbeiter im Kanzleramt - jeden- macht werden. - Da haben wir zugestimmt, weil falls nehme ich das in Anspruch für Herrn Frit- wir der Meinung waren: Wenn der BND das sagt, sche, der ja sozusagen mit mir dort eingezogen dann ist es so. - Also, das ist jetzt eine politische ist, und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wertung, kein Bericht aus einer eingestuften Sit- in unserer Arbeitsgruppe Untersuchungsaus- zung. schuss - - dass es auch für die vollkommen neu und überraschend war. Und das war ja auch der

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 108 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Aber Herr Schindler hat beispielsweise dann sehr dann, jenseits der Arbeit dieses Ausschusses und viel intensiver auch über die Einzelheiten der des PKGr, auch einige Maßnahmen getroffen, die Fälle informiert, und so, glaube ich, dass eine die Arbeitsfähigkeit des BND erhöhen sollen. Ich stärkere Sensibilisierung stattgefunden hat. Und weiß nicht, ob das Thema S - I - T bei Ihnen die Vorgänge im Hinblick auf Snowden und NSA schon diskutiert worden ist oder SIT, wie man es haben natürlich zu einer weiteren Sensibilisie- nennen möchte, was ja einen Umfang hat, der be- rung geführt. Da sind dann auch Konsequenzen achtlich ist. Wir haben personelle Verstärkungen gezogen worden, und auch das hängt damit zu- beschlossen. Wir haben neue Herausforderungen, sammen, dass man nach diesem Vorgang klüger und ich wollte gerne, dass die Arbeits- und Funk- war als zuvor. Und deshalb bedeutet das aber tionsfähigkeit des BND auch über einen längeren nicht, dass die Art und Weise, wie die Arbeit da- Zeitraum hinweg gewährleistet ist. vor gemacht worden ist, nicht adäquat gewesen wäre. Das kann ich auch nicht beurteilen. Das Und aufgrund seines Lebensalters kann Herr sind Schlussfolgerungen, die Sie treffen müssen. Kahl für die mittelfristige Ausrichtung des BND Ich bin jedenfalls überzeugt, dass die Mitarbeite- für Kontinuität sorgen. Ich habe Herrn Kahl ge- rinnen und Mitarbeiter in der Abteilung 6 ihre kannt aus unserer gemeinsamen Zeit - die immer- Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen erle- hin vier Jahre dauerte - im Bundesinnenministe- digt haben über all die Zeit. Und ich kann es für rium, wo er Leiter Leitungsstab war; ich war Par- die Zeit, in der ich mit ihnen zusammenarbeite, lamentarischer Staatssekretär. Ich habe ihn aus auch aus eigenem Erleben ausdrücklich bestäti- dieser Zeit geschätzt. Und deshalb kam ich auf gen. Das schließt nicht aus, dass, wie überall im den Gedanken, Herrn Kahl dieses Amt zu über- Leben, mal irgendwo auch Fehler gemacht wer- tragen, weil ich auch der Auffassung war, dass den. Darüber kann man trefflich streiten; aber es die zunehmende Vernetzung in Fragen der inne- ist aus meiner Sicht so, dass die Kontrolle von ren Sicherheit, die wir ja auch in der Zusammen- Anfang an vorhanden war, dass aber ihre Wirk- arbeit der Dienste und der Sicherheitsbehörden samkeit im Laufe der Zeit aufgrund der gewonne- wiederfinden - - dass er für diese Aufgabe der nen Erkenntnisse größer geworden ist. richtige Mann ist. Ich habe mich sehr gefreut, dass er mein Angebot angenommen hat. Das ist Christian Flisek (SPD): Gut. - Eine der Konse- im Übrigen in einer Regierung für diejenigen quenzen war ja auch, dass dann Herr Schindler Positionen, die man als sogenannte „politische entlassen wurde. Wann war klar, dass Herr Positionen“ versteht, gang und gäbe. Schindler nicht mehr zu halten ist? Ich kann mich erinnern, Herr Flisek, als wir die Zeuge Peter Altmaier: Ich mache mir den Satz Große Koalition gebildet hatten, da habe ich „nicht mehr zu halten“ ausdrücklich nicht zu ei- ganz, ganz viele Briefe bekommen von Ministern, gen. Ich bin als Chef des Kanzleramtes nicht nur die auch Ihrer Partei angehören, und Ministerin- zuständig für die Aufklärung der Vergangenheit nen natürlich, die mich gebeten haben, zum Bei- und nicht nur für das Tagesgeschäft, sondern als spiel beamtete Staatssekretäre, Abteilungsleiter verantwortlicher Politiker - das wird Ihnen allen in den Ruhestand zu versetzen, was nach dem auch so gehen - stellt man sich ja immer auch die Beamtenrecht ohne Angabe von Gründen jeder- Frage: Was muss denn geschehen, damit auch zeit möglich ist, weil das Vertrauen des Ministers jenseits unserer eigenen Amtszeit, die immer entweder nicht mehr in ausreichendem Maße vom Mandat des Wählers abhängig ist, die vorhanden ist oder wie auch immer. Und eine in- Sicherheitsbehörden in einer Verfassung sind, haltliche Begründung für solche Maßnahmen die die Erledigung ihrer Aufgaben ermöglicht? wird weder von Frau Nahles noch von Frau Und ich habe mir zunächst einmal das Ziel Schwesig noch von Herrn Maas verlangt. Sie gesetzt, die Vorwürfe, die geäußert worden sind kann auch nicht verlangt werden von dem Chef im Zusammenhang mit den Selektoren, nicht nur des Kanzleramtes oder von irgendeinem anderen anzuschauen, sondern so weit wie möglich Minister, weil die Konstruktion so ist, dass die aufzuklären. Wir haben in der Zwischenzeit aber

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übergroße Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mit- Christian Flisek (SPD): Gut. arbeiter der Ministerien und der Geschäfts- bereichsbehörden eben nicht vom Vertrauen des Zeuge Peter Altmaier: Ich komme noch mal zu- Ministers abhängig sind, aber eine kleine Zahl rück auf die besagte Presseerklärung, wo wir von von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr den organisatorischen und inhaltlichen Defiziten wohl. Und deshalb habe ich diese Entscheidung gesprochen haben. Wissen Sie, mir ist das nicht getroffen. Sie ist vom Bundeskabinett bestätigt leicht gefallen, weil ich mich immer auch vor worden. Ich habe Herrn Schindler ausdrücklich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stelle. für seine Arbeit gedankt. Ich kenne auch Herrn Aber nach dem, was im Zusammenhang mit der Schindler aus meiner Zeit im Bundesinnenminis- Selektorenliste bekannt geworden war - - Wenn terium. Ich halte ihn für einen hochqualifizierten ich Ihnen gesagt hätte, es gibt überhaupt gar kei- und hochengagierten Beamten. Aber ich musste nen Grund, irgendetwas zu verändern, dann hät- eine Entscheidung darüber treffen, wie der BND ten Sie gesagt: Das Kanzleramt mauert und will in den nächsten Jahren seine erfolgreiche Arbeit nicht die notwendigen Konsequenzen ziehen. - fortsetzen kann. Und diese Entscheidung habe Wenn man so etwas sagt, dann wird gesagt: „Hier ich getroffen. haben Sie, das Kanzleramt, den BND aber mal stark kritisiert“, oder so. Für mich war immer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten maßgebend, dass ich angemessen mit den Dingen wir - - umgehe. Und das, was ich im Zusammenhang mit der Selektorenliste erfahren habe, war für Christian Flisek (SPD): Ich würde ganz gerne, mich Anlass, diese Bewertung vorzunehmen, wenn es erlaubt ist, nur eine Frage - - und ich glaube, ich kann sie auch belegen und kann sie in jeder Hinsicht rechtfertigen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na klar. Christian Flisek (SPD): In der Sache sind wir Christian Flisek (SPD): Dann kann ich den Kom- dann, glaube ich, ganz bei Ihnen. - Herzlichen plex abschließen. - Das bedeutet - - Ich meine, Dank erst mal. wir haben ja hier doch einen sehr engen zeitli- chen Zusammenhang zu, ich sage mal, zumindest Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen den Besuchsvorgängen in Pullach, andererseits, Dank. - Wir kommen zur nächsten Fraktion. Das wie ich finde, eine recht ungewöhnliche öffentli- ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Und che Einlassung des Kanzleramtes, was die Kritik Herr Kollege von Notz beginnt. am BND betrifft, wo man von sehr klaren organi- satorischen Defiziten spricht. Das heißt, diese Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Personalie hat nach dem, was Sie mir jetzt sagen, NEN): Ja. Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Guten überhaupt nichts damit zu tun, sondern es ist Abend, Herr Minister! Ich habe den letzten Punkt einfach eine Personalie gewesen im Hinblick auf nicht verstanden und frage deswegen jetzt noch eine strategische Neuaufstellung des BND. mal nach. Also, wurde jetzt Herr Schindler we- gen der Selektorenliste entlassen oder nicht? Zeuge Peter Altmaier: Ich habe Ihnen gesagt, dass über die Gründe für Neubesetzungen auf der Zeuge Peter Altmaier: Ich habe ganz eindeutig Ebene von Abteilungsleitern in Ministerien, gesagt, dass die einschlägige Vorschrift im Beam- Staatssekretären und bestimmten Geschäftsbe- tenrecht nicht verlangt, dass bei der Entlassung reichsbehörden nicht öffentlich gesprochen und eines politischen Beamten Gründe angegeben diskutiert wird. Das ist eine Entscheidung des werden, - Gesetzgebers, der hat sie so getroffen im Beam- tenrecht; das ist also das Parlament. Und solange Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diese Entscheidung Gültigkeit hat, werden Sie NEN): Genau. Die verlangt es nicht. von mir nichts anderes erfahren als das, was ich Ihnen gesagt habe.

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Zeuge Peter Altmaier: - und alle Minister, die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Minister der Grünen, der SPD, der CDU/CSU, die NEN): Dann hat es die nicht gegeben? vor mir im Amt waren, haben von dieser Mög- lichkeit vielfältig Gebrauch gemacht. Zeuge Peter Altmaier: Bitte?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Klar. NEN): Dann hat es die nicht gegeben?

Zeuge Peter Altmaier: Und ich kann mich nicht Zeuge Peter Altmaier: Die hat es nicht gegeben. erinnern, dass dann ein Bulletin veröffentlicht So ist es. wurde, wo drinstand, aus welchen Gründen der Betreffende nicht länger im Ministerium war. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also hat es keine personellen Konsequen- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zen aus dieser - - NEN): Ich habe nur acht Minuten, und das war nicht meine Frage, sondern: Hat es was mit der Zeuge Peter Altmaier: Nein. Aber es hat Verände- Selektorenliste zu tun oder nicht? Sie haben jetzt rungen gegeben - in der Antwort vorher auf Herrn Flisek gesagt, dass man das nicht mitteilen muss oder dass das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht mitzuteilen ist; so haben Sie das gesagt. NEN): Ja, mag ja sein, aber - - Aber wenn man Herrn Fromm entlässt wegen der Vorfälle beim NSU, dann sagt man das sofort. Es Zeuge Peter Altmaier: - an verschiedenen Stel- ist eine Kann-Regelung. Sie brauchen vor allen len, ja. Dingen im Innenverhältnis zu den Beamten Gründe nicht zu nennen. Das leuchtet mir ein. Und zur Frage des Präsidenten Schindler habe Aber ich frage Sie mal andersrum: Sie haben per- ich Ihnen gesagt, dass es meine Zuständigkeit als sonell aufgrund dieser Affäre trotz der Presse- sozusagen zuständiger Fachminister für den BND erklärung, die Sie rausgegeben haben, gegen den ist, darüber zu entscheiden, wie der BND geführt BND keine personellen Konsequenzen gezogen? wird. Und diese Entscheidung haben wir getrof- fen. Und wir haben beim BND auch in regelmäßi- Zeuge Peter Altmaier: Es hat sich personell eini- gen Abständen Vizepräsidentenstellen zu beset- ges verändert, auch in der Abteilung TA, und zen, und auch dann teilen wir nicht mit, aus wel- zwar von der Spitze an. Und die Frage der perso- chen Gründen jemand berufen wird oder verlän- nellen Konsequenzen, da hat ja, wenn ich das gert wird oder nicht verlängert wird. richtig verfolgt habe heute Nachmittag - ich habe das jetzt nicht im O-Ton verfolgt - - aber in den Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Presseagenturen ist auch gesagt worden, dass NEN): Gut. Aber es ist nicht nachweisbar, weil Herr Fritsche beispielsweise gefragt worden ist, Sie es nicht formulieren, dass das mit den Ver- ob es disziplinarrechtliche Maßnahmen gegeben fehlungen im BND zu tun hat. hat. Ich habe mich mit der Frage, ob man diszi- plinarrechtliche Maßnahmen ergreifen muss, Jetzt aber weitere Fragen - von den Abläufen habe sehr auseinandergesetzt. Aber dann kann ich ich es nämlich noch nicht ganz verstanden -: Wie Ihnen sagen: Wenn der zuständige Abteilungs- war das eigentlich, als Sie im Dezember 2013 ins leiter oder Unterabteilungsleiter sagt: „Mir war Bundeskanzleramt gekommen sind? Hat es eine das nicht bekannt“, dann ist das zunächst einmal Übergabe mit Herrn Pofalla gegeben, und hat der vielleicht etwas, wo man sagt, das kann man Ihnen gesagt: „Achtung, hier die Nachsorge der schwer nachvollziehen; aber eine disziplinar- Snowden-Veröffentlichungen. Da muss man noch rechtliche Maßnahme trägt es nicht. mal ein bisschen draufgucken“ und so. „Da lau- fen noch so ein paar Dinge. Da gibt es Probleme“?

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Hat man eine solche Übergabe, eine solche Be- gestiegenen Anforderungen im Bereich der inne- sprechung gemacht? ren Sicherheit, sich personell an dieser Stelle zu verstärken. So. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das hat der Zeuge eben detailliert ausgeführt. Ich weiß nicht, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ob du da nicht da warst, oder - - Da ist detailliert NEN): Aber - - drauf eingegangen worden. Zeuge Peter Altmaier: Herr Fritsche kam dann Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ungefähr, ich glaube, zehn Tage nach mir - - im NEN): Ich habe eine Nachfolge. Ich hätte gerne Amt. Und Herr Fritsche war ja jemand, der im eine kurze Antwort darauf. Das ist sehr freund- Kanzleramt bereits die Abteilung 6 geleitet hatte. lich, Herr Vorsitzender, aber - - Er war dann vier Jahre Staatssekretär im Bundes- innenministerium, und insofern kannte er die Zeuge Peter Altmaier: Ja, ich habe an demselben Materie. Und trotzdem war es dann so, dass ich Tag, an dem die Kanzlerin mich gefragt hat, ob auch Herrn Fritsche informieren konnte, weil ich ich bereit bin, das Amt des Kanzleramtsministers ja in der Zwischenzeit schon einiges gelernt hatte zu übernehmen, Herrn Pofalla, der mir seit zum Thema „No Spy“. Herr Fritsche konnte das 30 Jahren gut bekannt ist, unter anderem durch beitragen, was er erlebt hatte als Staatssekretär im 22-jährige gemeinsame Zugehörigkeit zum Deut- Innenministerium im Sommer und im Herbst schen Bundestag, aufgesucht, und wir haben eine 2013. Und den neuen Herausforderungen haben erste Runde gemacht über die Frage, wie die wir uns dann gemeinsam gestellt. Arbeit des Kanzleramtsministers organisiert ist, worauf zu achten ist. Wir haben in der Folge - es Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- waren noch ein paar Tage Zeit - noch mehrfach NEN): Also, Herr Fritsche ist explizit auch ge- gesprochen, wenn ich Nachfragen hatte. Es war kommen wegen seiner Kenntnisse in den Fragen auch klar, ich kann ihn jederzeit anrufen, wenn „Snowden“? ich Fragen hätte zu irgendwelchen Dingen, die für mich neu wären. Und als ich dann das Amt Zeuge Peter Altmaier: In den Fragen der Nach- angetreten habe, gab es noch eine offizielle Über- richtendienste. Herr Fritsche ist ja nicht nur für gabe mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Herrn Snowden zuständig, sondern Herr Fritsche des Kanzleramtes und der Bundeskanzlerin. Herr ist zuständig - das gibt es seit den 80er-Jahren - - Pofalla hat sich verabschiedet, ich habe mich vor- Er ist Koordinator der Nachrichtendienste und gestellt. Und wir haben bei all diesen Gelegenhei- damit eben auch für Angelegenheiten, die das ten über politische Einzelfragen nicht gespro- BfV betreffen, den MAD betreffen. chen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Okay. - Und auch Herr Fritsche - im Hin- blick auf seinen Wechsel ins Bundeskanzleramt - Zeuge Peter Altmaier: Und Herr Fritsche war war nicht Teil dieser Fragen? und ist ein ausgewiesener Experte in diesen Fra- gen, weil der die Abteilung 6 im Kanzleramt vier Zeuge Peter Altmaier: Nein, mir war bekannt - Jahre geleitet hat und der Sicherheitsstaats- das hatte mir die Bundeskanzlerin gesagt -, dass sekretär von Herrn de Maizière und von Herrn Herr Fritsche als beamteter Staatssekretär kommt. Friedrich war. Ich habe das sehr begrüßt, weil ich glaube, dass wir in einer Zeit, wo gerade auch der Kanzler- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- amtsminister auskömmlich zu tun hat - das kann NEN): Und auch wegen seiner Kenntnisse in Sa- ich Ihnen aus den letzten Jahren bestätigen - - chen Snowden. dass es wichtig war nach den Vorgängen in der Affäre Snowden, aber auch im Hinblick auf die Zeuge Peter Altmaier: Also, das müssen Sie - -

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und haben Sie dann - - NEN): Herr Minister, ganz kurz - - meine Frage zu Ende formulieren. - Also Dinge, die ganz offen- Zeuge Peter Altmaier: Das müssen Sie - - Ent- sichtlich noch offen waren, die Herr Pofalla nicht schuldigung. abgeschlossen hat und die bei Ihnen dann ja im März 2015 in Form einer Liste irgendwie auf- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- blitzten: Wurde darüber zwischen Ihnen und NEN): Ja. Herrn Fritsche im Vorfeld sozusagen dieser Mar- kus-R.-Geschichte und dann der Erkenntnis, die Zeuge Peter Altmaier: Das müssen Sie die Bun- man im März 2015 hatte, gesprochen? deskanzlerin fragen in dem Fall. Zeuge Peter Altmaier: Noch mal: Über die Liste Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aus dem Jahre 2015 konnten wir im Jahre 2014 NEN): Das werden wir gern tun. nicht reden, weil uns ihre Existenz nicht bekannt war; das hat Herr Fritsche Ihnen gesagt; - Zeuge Peter Altmaier: Die hat nämlich die Ent- scheidung getroffen mit Herrn Pofalla zusammen, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass Herr Fritsche kommt, und ich habe diese NEN): Ja, aber die Dinge, die auf der Liste stan- Entscheidung für exzellent gehalten und halte sie den vielleicht. nach wie vor für exzellent und habe mit Herrn Fritsche in all diesen Jahren eine extrem vertrau- Zeuge Peter Altmaier: - ich habe es Ihnen auch ensvolle und extrem gute Zusammenarbeit ge- gesagt. Im Übrigen habe ich aber mit Herrn Frit- habt, die mir geholfen hat, auch Ihre Fragen so zu sche sehr intensiv bei vielen Gelegenheiten über beantworten, wie es angemessen ist. die Arbeit des Untersuchungsausschusses gespro- chen und über die Themen, die dort abgearbeitet Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wurden. NEN): Ja, sehr gut. Sehr dankenswert. - Aber ha- ben Sie dann mit Herrn Fritsche vor der Markus- So, und da gab es ja ein Projekt, das fing mit R.-Geschichte schon über die Nachsorge der Fra- „MS“ an, und ein anderes fing mit „E“ an, und es gen im Zusammenhang mit Snowden-Veröffentli- gab - - Die hatten zum Teil eine Vorgeschichte chungen gesprochen, zum Beispiel - - seit 2002, 2003. So, und dann hatte ich Fragen aus den Akten, die ich gelesen habe, und ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist dann habe darüber - das waren alle die Snowden-Kom- die letzte Frage. plexe, von denen Sie sprechen - auch mit Herrn Fritsche gesprochen, selbstverständlich. Zeuge Peter Altmaier: Jetzt verstehe ich Ihre Frage nicht. - Über die Vorsorge der Nachsorge Aber es ergab sich aus allem, was ich studiert von Snowden oder - - hatte, keinerlei Hinweis darauf, dass es - - Wir wussten natürlich, dass es Bad Aibling gibt. Und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- es gibt in Bad Aibling auch ein Dokument, was NEN): Über die Nachsorge der Snowden-Veröf- die Arbeit dort regelt; das ist Streng Geheim. Es fentlichungen, also der Dinge, - standen Teile davon, glaube ich, auch schon ir- gendwo in der Öffentlichkeit. Aber ich habe mir Zeuge Peter Altmaier: Ja. dieses Dokument auch angeschaut, und zwar schon vor der Selektorengeschichte, und das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dokument ist nicht problematisch; problematisch NEN): - die praktisch offensichtlich - - ist das, was mit der Selektorenliste gemacht wor- den ist. Und das haben wir erfahren 2015. Zeuge Peter Altmaier: Ja, ja, natürlich, natürlich.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - mich Herr Fritsche entweder durch Vorlagen un- Wir kommen zur nächsten Fraktion, der Fraktion terrichtet, oder er hat mich mündlich unterrichtet der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken beginnt. entweder in der Abteilungsleiterrunde, die es im Kanzleramt zweimal die Woche gibt, oder wenn Nina Warken (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Herr die Information sensibel war, dann gab es auch Minister, guten Abend auch von unserer Seite vorher oder nachher eine Rücksprache zwischen und vielen Dank für Ihr Eingangsstatement. - Ich Herrn Fritsche und mir. möchte zeitlich zunächst da anknüpfen, wo auch der Kollege eben aufgehört hat: bei der Amtsüber- Im Übrigen haben wir über Fragen der Nachrich- nahme, zu der Sie ja schon einiges gesagt haben. tendienste natürlich - - reden wir jeden Dienstag Es gab keine Übergabe bzw. das Thema, das wir in der ND-Lage, und es gibt noch ein paar weitere hier behandeln, war nicht Thema der Übergabe Formate, die auch einschlägig sind. oder des Übergabegespräches mit Herrn Pofalla. Nina Warken (CDU/CSU): Wenn Sie jetzt davon Mich würde dennoch interessieren, wie es dann sprechen, dass Herr Fritsche Sie regelmäßig in- weiterging, wie Sie dann die Aufgaben, die ja formiert hat auch durch Vorlagen, auch teilweise doch im Raume standen - die Snowden-Veröf- mündlich, dann stellt sich da mir doch die Frage, fentlichungen waren ein paar Monate her -, ange- dass wir bei unserer Ausschussarbeit bei der Vor- gangen sind, wie die Aufgabenverteilung auch lage - - oder bei der Durchsicht der vorgelegten war zwischen Ihnen, Herrn Fritsche, Herrn Heiß, Unterlagen jetzt recht wenige Vorlagen oder Be- wie oft Sie sich haben unterrichten lassen und richte gefunden haben, die Ihre oder die Paraphe wie dann auch wiederum die Kanzlerin durch der Bundeskanzlerin tragen. Wie erklären Sie Sie eingebunden war. sich das? Nachdem ja jetzt schon auch rüberge- kommen ist, dass Sie sich selbst auch intensiv Zeuge Peter Altmaier: Es ist so, dass ich eigent- mit der Aufarbeitung beschäftigt haben. lich vom ersten Tag meiner Arbeit an mit diesen Fragen befasst war. Ich habe ja vorhin von der Zeuge Peter Altmaier: Es ist ganz einfach zu er- Vorlage gesprochen, die es am 20. Dezember ge- klären: weil nämlich der Kanzleramtsminister geben hat. Und das, lieber Herr von Notz, ist na- und auch die Bundeskanzlerin nicht nur für türlich sozusagen ein noch ausstehender Teil der diese Politik zuständig sind, sondern praktisch Aufarbeitung von Snowden und dessen, was war, für alle Politikbereiche. Und wenn Sie die Vorla- gewesen, dass wir diese Verhandlungen zu gen sehen würden - es ist ja nicht untersuchungs- No Spy hatten. Und dass wir die Hoffnung gegenständlich -, die mich im Laufe meiner Tä- hatten, ein solches Abkommen zustande bringen tigkeit als Kanzleramtsminister aus den unter- zu können, das hatte auch was zu tun mit den schiedlichsten Bereichen erreicht haben, dann Diskussionen über das Kanzlerinnenhandy. Und werden Sie feststellen, dass es eine sehr hohe darüber habe ich mit Herrn Fritsche und mit Zahl ist - obwohl aus den einzelnen Ministerien Herrn Heusgen und anderen nicht nur einmal, vielleicht die Zahl überschaubar ist - was weiß sondern nach meiner Erinnerung auch mehrfach ich, zum Thema - - Wir haben auch ein Referat gesprochen. Kirchenrecht; die haben vielleicht nicht ganz so viele Vorlagen wie andere. Aber wenn Sie alles Herr Fritsche hat zu bestimmten Themen Vorla- zusammennehmen, ist der Arbeitstag eines Kanz- gen gefertigt, die Sie haben, soweit sie untersu- leramtsministers ausgefüllt; denn die Vorlagen chungsgegenständlich sind. Herr Fritsche hat na- wollen ja nicht nur abgezeichnet sein, sie wollen türlich auch zu anderen Themen Vorlagen gefer- auch gelesen sein. tigt, die sich zu aktuellen Fragen der inneren Si- cherheit ergeben haben. Wir haben es auch zu Der Kopf des Kanzleramtsministers ist auch nicht tun bisweilen mit Geiselnahmen, die zu lösen viel größer und auch nicht viel besser als andere sind gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und Köpfe auf der Welt. Das heißt, ich muss ja mit dem Krisenstab dort. Und in all diesen Fällen hat meinen begrenzten Ressourcen, die ich habe, die

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Dinge angehen, die wichtig sind. Und das wird regelmäßig Gegenstand von Gesprächen zwi- entweder von mir entschieden, wenn ich eine schen Ihnen und der Kanzlerin. Anforderung stelle und bitte, mir zu etwas zu be- richten oder eine Rücksprache zu machen, weil Zeuge Peter Altmaier: Wir haben im Untersu- ich es in der Zeitung lese, weil mich ein Kollege chungsausschussrecht ein sehr schönes Wort; das darauf anspricht, weil es eine Überlegung ist, die heißt Arkanum. Das ist der geschützte Bereich ich anstelle, oder aber es wird in der Abteilung der Willensbildung der Bundesregierung, und da entschieden. bitte ich einfach um Verständnis, dass Einzelhei- ten dieser Willensbildung auch im Bereich der Und wenn in der Abteilung entschieden wird, Bundesregierung geschützt sind. Das ist zum Bei- dass es wichtig ist, dann wird es selbstverständ- spiel der Grund, warum wir über Gesprächs- lich dem Minister vorgelegt. Und das haben wir inhalte mit ausländischen Staats- und Regie- so gehandhabt. Allerdings ist es auch so, dass ge- rungschefs nicht berichten über Presseerklärun- rade in diesen Fragen sensible Informationen gen hinaus; das ist der Grund, warum auch an- sehr oft mündlich ausgetauscht werden, zum Bei- dere Gesprächsinhalte etwa der Kanzlerin mit zu- spiel dann, wenn es um Entführungsfälle geht. ständigen Ministern und auch mit dem Chef des Da gibt es nicht sehr viele Vorlagen, aber es gibt Kanzleramtes sich nur sehr unvollkommen für darüber Gespräche, und die sind in ihrer Natur, eine Erörterung in diesem Kreise - - äußern. weil es um Menschenleben geht, so sensibel, dass man auch nicht jede Einzelheit verschriften sollte Nina Warken (CDU/CSU): Die Bundeskanzlerin zum Schutz der Betroffenen; denn wenn sie ver- hat in der Regierungspressekonferenz am 19. Juli schriftet sind, dann sind sie irgendwo gespei- 2013 einen Achtpunkteplan als Konsequenz der chert, und dann kann es natürlich auch sein, dass Bundesregierung aus den in den Wochen zuvor sie in falsche Hände gelangen. bekannt gewordenen Berichten zur Tätigkeit der NSA, zu Prism und Tempora bekannt gegeben. Nina Warken (CDU/CSU): Und wie müssen wir Jetzt waren Sie zu der Zeit als Bundesumwelt- uns dann vorstellen, dass die Unterrichtung der minister Mitglied der Bundesregierung, haben Kanzlerin abläuft? Wahrscheinlich durch Sie. auch an den Kabinettssitzungen teilgenommen. Über welche Themen haben Sie sie unterrichtet? Können Sie sich an die Sitzungen im Juli, August In welchen Abständen? Natürlich jetzt nur betref- 2013 erinnern und auch daran, wie es zu dem fend den Untersuchungsausschuss. Achtpunkteplan gekommen ist?

Zeuge Peter Altmaier: Es ist meine Aufgabe als Zeuge Peter Altmaier: Nein. Ich habe die Unter- Kanzleramtsminister, die Kanzlerin über all die lagen, die Ihnen auch zur Verfügung stehen, die Dinge zu unterrichten, die sie für ihre Arbeit wis- es dazu gibt; aber ich kann mich aus meinem Er- sen muss. Und auch die Kanzlerin ist so, dass sie, leben als Bundesumweltminister an diese Dis- wenn sie sich für ein Thema interessiert, auch kussionen nicht erinnern. Das hängt aber auch von sich aus mich bittet, sie dazu zu unterrich- damit zusammen, dass wir damals - für die, die ten. Und umgekehrt entscheide ich, worüber ich sich für Umweltfragen interessieren - mit der die Kanzlerin unterrichte. Dafür habe ich die Energiewende sehr, sehr schwierige und wichtige Möglichkeit des jederzeitigen Zugangs zu ihr, Aufgaben zu lösen hatten, was mich ausgespro- und das geschieht in aller Regel mündlich. Es chen stark beansprucht hat. Und ich hatte eine gibt aber auch Fälle, wo es schriftlich geschieht. ganze Reihe von Gesetzen wie das Endlagersuch- Sie haben ja auch eine ganze Reihe von Bundes- gesetz, das noch kurz vor der Bundestagswahl kanzlerinnenvorlagen in Ihren Akten, die es in durch das Kabinett und durch das Parlament ver- den letzten Jahren gegeben hat. abschiedet wurde. Das hat dann zur Folge gehabt, dass man sich als Ressortminister natürlich in Nina Warken (CDU/CSU): Also war die Aufarbei- erster Linie auch um die eigenen Zuständigkeiten tung der Themen dieses Ausschusses schon auch kümmert. Und deshalb kann es durchaus sein,

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Nur zur dienstlichen Verwendung dass in meiner Anwesenheit auch darüber ge- Dass es im Jahre 2013 diese Überprüfung gegeben sprochen worden ist; aber erinnern kann ich hat, und zwar ganz offensichtlich wohl auch im mich daran nicht mehr. Zusammenhang damit, dass die Bundeskanzlerin eine politische Aussage getroffen hat, nämlich zu Nina Warken (CDU/CSU): Und in Ihrer jetzigen der Frage des Umgangs mit Freunden, zeigt ja im Tätigkeit: Haben Sie damit dann zu tun gehabt? Übrigen, dass der BND tatsächlich das auch auf- Also, manche Dinge des Plans konnten ja recht genommen hat und versucht hat umzusetzen, al- kurzfristig umgesetzt werden; manche Maßnah- lerdings offenbar sehr unzureichend; sonst hätten men waren längerfristig angelegt, zum Beispiel wir nicht die Probleme gehabt, die wir uns im eine Initiative des BND mit Vertretern von Nach- ganzen Jahr 2015 dann noch - - mit denen wir richtendiensten von EU-Partnern, gemeinsame uns beschäftigen mussten. Insofern finde ich, Standards der Zusammenarbeit zu erarbeiten. Ha- dass der Primat der Politik, auf dem wir bestehen ben Sie damit noch mal zu tun gehabt? müssen, nicht zu allen Zeiten und nicht zu jedem Zeitpunkt befriedigend umgesetzt worden ist. Zeuge Peter Altmaier: Ja. Mit den laufenden Vor- Das war für uns alle der Anlass und der Grund, gängen habe ich zu tun gehabt und habe immer zu überlegen, wo wir besser werden müssen. Das noch zu tun. Es gibt dort auch sehr viel Erfreuli- gilt übrigens für das Kanzleramt genauso wie für ches. - Aber wenn ich es richtig verstehe, Herr den BND; da nehme ich niemanden aus, und ich Wolff, ist es so, dass laufende Vorgänge vom Un- wage zu sagen, dass uns eine ähnliche Situation tersuchungsgegenstand ausgenommen sind. vermutlich heute - - dass es unwahrscheinlicher ist, dass uns eine ähnliche Situation passiert. Ich (MR Philipp Wolff (BK) kann allerdings natürlich über Dinge, die ich nickt) nicht kenne und die ich nicht weiß, auch nur schwer spekulieren. Nina Warken (CDU/CSU): Ich würde dann auch noch mal auf die Zusammenarbeit mit den Ame- Ich hoffe nur, dass das, was wir in der Abteilung rikanern, die Kooperation BND und NSA zu spre- TA gelernt haben, auch in anderen Bereichen chen kommen. vom BND entsprechend berücksichtigt wird. So wie ich diese Organisation kennengelernt habe - - Es gab ja bereits im Jahr 2013 auf Veranlassung Und wir haben sehr, sehr viele junge Mitarbeite- eines Unterabteilungsleiters im BND - der Zeuge rinnen und Mitarbeiter eigentlich aus allen Berei- D. B., den wir hier auch gehört haben - eine Über- chen: Sprachexpertinnen, Chemiker, Geografen, prüfung der vom BND in Bad Aibling eingesetz- Geologen, Juristen, Betriebswirte, Volkswirte. Das ten NSA-Selektoren. Die BND-Spitze und das sind alles exzellente junge Mitarbeiterinnen und Kanzleramt haben davon wohl erst mit fast zwei- Mitarbeiter, wo ich überzeugt bin, dass auch jähriger Verspätung Kenntnis erlangt. Welche diese Debatten, die wir geführt haben - teils öf- Schlüsse würden Sie daraus ziehen im Blick auf fentlich geführt haben -, ihre Wirkung hinterlas- die Frage der Funktionsfähigkeit der Kommuni- sen haben und dass der BND heute verantwor- kationsstrukturen innerhalb des BND und auch tungsbewusster damit umgeht. der Effektivität der Dienst- und Fachaufsicht des Kanzleramts über den BND? Und vor allen Dingen: Ich habe als Kanzleramts- chef mehrfach klare Ansagen gemacht über die Zeuge Peter Altmaier: Ja, zunächst einmal: Wenn Informationen, von denen ich erwarte, dass sie es Vorgänge sind, die der Leitungsebene des BND der politischen Führung vorgelegt werden. So, selber nicht bekannt waren und, so wie mir ge- und das habe ich in diesen drei Jahren immer sagt worden ist, auch der Abteilungsleiterebene wieder anlassbezogen getan, insbesondere im nicht bekannt waren, dann spricht das sehr da- Zusammenhang mit den Selektoren, und ich gehe für, dass es diese Defizite gibt oder gegeben hat. davon aus und habe auch keinen Grund, daran zu zweifeln, dass auch diese Ansagen nicht nur

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Nur zur dienstlichen Verwendung gehört wurden, sondern dass sie umgesetzt wur- Aber der entscheidende Punkt ist doch, was wir den. ab dem Zeitpunkt, wo wir Kenntnisnahme hat- ten, gemacht haben. Und da haben wir gesehen, Nina Warken (CDU/CSU): Man kann ja auch es gab dieses Defizit, und wir haben versucht, noch ein paar Jahre zurückgehen. Wir haben dieses Defizit abzustellen. rausgefunden, dass ja schon im Jahr 2005 US-Se- lektoren auffielen beim BND, die gegen deutsche Nina Warken (CDU/CSU): Was die Zusammen- und europäische Interessen und damit ja gegen arbeit mit den Amerikanern anbelangt, wie wür- die Vereinbarung, die der Kooperation in Bad den Sie denn die Kooperationsbereitschaft der Aibling zugrunde liegt, aus dem Jahr 2002 versto- Five-Eyes-Staaten zusammenfassend beschrei- ßen haben. Schlagworte sind die Firmenbezeich- ben, vor allem wenn es darum geht, auch zum nungen EADS und Eurocopter. Der BND hat die Beispiel Auskünfte für die Arbeit unseres Aus- Erkenntnisse wohl ja jahrelang für sich behalten. schusses zu erhalten, Freigabe von Dokumenten? 2010 wurde dann das Kanzleramt mal beiläufig Ich denke, es gab ja diverse Bemühungen auch informiert; aber das Thema war schon deutlich der Bundesregierung, da auch was zu erreichen, vor 2013 oder vor 2015 im Dienst und auch im auch uns was vorlegen zu können. Wir haben Kanzleramt bekannt. Wie ist es denn dann zu er- dann das Konsulationsverfahren gehabt, wo es klären, dass es weder dem BND noch dem Kanz- um die direkte Einsichtnahme der Selektoren leramt in all den Jahren gelungen ist, die US-Part- ging, das ja negativ verlaufen ist. Aber wie wür- ner dazu zu bewegen, derlei gegen deutsche oder den Sie insgesamt die Kooperationsbereitschaft europäische Interessen gerichtete Praktiken zu beschreiben? Und welche politischen Schlüsse unterlassen? War vielleicht die Vereinbarung, die oder Konsequenzen haben Sie daraus gezogen? man 2002 getroffen hat, schon ungeeignet, dieses zu gewährleisten, dass eben gegen deutsche und Zeuge Peter Altmaier: Also, erst einmal ist es so, europäische Interessen nicht verstoßen wird? dass ich glaube, dass die Zusammenarbeit der Oder woran lag es? Nachrichtendienste funktioniert, nicht nur mit Nachrichtendiensten der Five Eyes; wir haben Zeuge Peter Altmaier: Nein. Also, erst mal: Das, andere europäische Partner, außereuropäische was der Arbeit in Bad Aibling zugrunde liegt, ist Partner. Der BND ist darauf angewiesen, dass er aus meiner Sicht inhaltlich nicht zu beanstan- zur Erfüllung seiner Aufgaben mit vielfältigen den. Partnerdiensten weltweit zusammenarbeitet. Ich habe das immer ermuntert, weil ich es wirklich Der zweite Punkt war: Es gab in der Tat - das für entscheidend halte, wenn es darum geht, habe ich den Akten entnommen - Informationen Informationen zu gewinnen über geplante An- des BND an die politische Leitungsebene im schläge in einem frühen Stadium, wenn es darum Kanzleramt. Sie haben dafür den schönen Aus- geht, den internationalen Terrorismus so aufzu- druck „beiläufig“ gebraucht. Ich weiß nicht - - klären, dass man dann auch die notwendigen Oder: Ich hatte jedenfalls im Nachhinein mir die polizeilichen und richterlichen Maßnahmen Frage gestellt, ob über solche Vorgänge dann ergreifen kann. Diese Zusammenarbeit hat funk- auch nicht in anderer Weise hätte informiert wer- tioniert. den müssen. Aber ich möchte jetzt ungern über Vorgänge sprechen, die sich in der Amtszeit von Im Zuge der Aufarbeitung der Causa Snowden Herrn Uhrlau oder von Herrn Schindler abge- kam es dann auch zu einem erheblichen Ge- spielt haben, zu einem Zeitpunkt, wo ich noch sprächsbedarf. Das hatte aber auch halt eben zu nicht Kanzleramtsminister war. Ich glaube, das tun mit der Frage Kanzlerinnenhandy und mit ist eine Frage des Stils sozusagen, dass man das anderen Fragen. Und das hat dann wiederum nicht nachträglich bewertet. dazu geführt, dass es auch schwierigere Gesprä- che gegeben hat, die aber bisher die Zusammen- arbeit in der Sache - Gott sei Dank! - nicht verun- möglicht haben.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Bei dem Konsultationsverfahren war es so, dass Sie wissen ja, ich hatte mal einen Brief geschrie- Herr Fritsche in Absprache mit mir zu einem ben an den Ausschussvorsitzenden und gesagt: sehr frühen Zeitpunkt, als die Arbeit des Aus- Ich weiß nicht, wer verantwortlich ist. Vielleicht schusses angefangen hat, die Partner besucht hat lassen wir das mal klären. - Und dann ist gesagt und mit seinem sozusagen Gegenüber in den Re- worden, ich hätte dem Ausschuss gedroht. Das gierungszentralen der wichtigsten Länder da- war niemals meine Absicht - ich bin ein so zart- rüber gesprochen hat, welche Unterlagen wir vor- fühlender und feinfühlender Mensch, dass ich legen, für welche Unterlagen wir die Zustim- niemandem drohen würde -, mung benötigen. (Vereinzelt Heiterkeit) Da gab es dann auch schwierige Fälle. Wir hatten einmal einen Fall, da ging es um ein Konsulta- sondern es hätte ja auch der Ausschuss von sich tionsverfahren, wo uns die Zustimmung verwehrt aus sich an die Staatsanwaltschaft wenden kön- worden ist. Ich habe dann in Rücksprache mit nen; aber es ist nicht geschehen. Ich habe dann, Herrn Fritsche entschieden, dass wir Ihnen die nachdem Sie traurig waren, gedacht: Dann mache Dokumente trotzdem geben - das war im Trep- ich es auch nicht. - So, und so wissen wir halt tow-Verfahren -, dass Sie diese Dokumente be- eben bisher immer noch nicht, woher die Durch- kommen, weil ich das in dem konkreten Fall für stechereien kommen; aber sie finden leider Got- vertretbar gehalten habe. Das war nicht ganz ein- tes statt. fach. Ich habe dazu auch selbst Gespräche ge- führt - - also nicht das technische Konsultations- (Martina Renner (DIE verfahren - - aber auf meiner Ebene. Und am LINKE): Was? Selbstan- Ende haben wir das Ding vorgelegt im Treptow- zeige!) Verfahren, und ich war superstolz, dass vier oder fünf Wochen nichts rausgekommen ist. Und als Das ist etwas, was auf Dauer auch die Effektivität ich dann das PKGr, die Obleute, und den NSA- der parlamentarischen Kontrolle nicht leichter Ausschuss, die Obleute, unterrichtet habe über macht. Das ist meine feste persönliche Überzeu- die Selektoren, habe ich gesagt: „Mensch, jetzt gung. Ich habe immer gewollt, dass wir scho- sage ich Ihnen mal was“, und es scheint ja in nungslos und so umfassend wie irgend möglich dem anderen Fall auch funktioniert zu haben. Sie und vor allen Dingen das PKGr immer unter- Und dann hat es, glaube ich, ungefähr noch richten über alle wesentlichen Dinge, und das 14 Tage gedauert, und dann war dieser andere werden wir auch in Zukunft tun. Aber solche Gegenstand auch öffentlich. Bei den Selektoren Vorgänge erleichtern das nicht. Wir haben auch war es, glaube ich, schon nach einem halben Tag eine Verantwortung dafür, dass unsere Nach- öffentlich. Da hatte ich mir auch keine Illusionen richtendienste am Ende nicht als unzuverlässig gemacht. gelten, weil es nicht garantiert ist, dass vertrau- lich überreichte Unterlagen vertraulich bleiben. Aber Sie können sich vorstellen, dass, wenn wir sagen: „Wir halten ein bestimmtes Verfahren, Das hat übrigens nicht nur mit diesem Ausschuss Treptow, für okay, und wir sind überzeugt, es etwas zu tun. Wir hatten ja auch ein paar andere kommt nicht raus“, und es kommt dann anschlie- Fälle in der jüngeren Vergangenheit, wo es um ßend doch raus, die Partner dann, was das Kon- vereitelte terroristische Anschläge usw. ging, wo sultationsverfahren angeht, noch rigider sind. dann plötzlich Dinge öffentlich wurden - für die Sie gar nichts können, weil Sie die Unterlagen Wir hatten ja zu Anfang eine ganze Reihe von Do- nicht hatten -, die dann diejenigen, mit denen kumenten, die wir auf diese Weise auch klären wir zusammenarbeiten, in Probleme bringen. konnten und Ihnen vorlegen durften mit Zustim- (Hans-Christian Ströbele mung von Partnern, und es ist dann im Laufe der (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Arbeit schwieriger geworden. Ich kann nicht be- NEN): Gibt Ihnen das nicht urteilen, woher die Durchstechereien kommen.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

zu denken, wo die Quelle Nina Warken (CDU/CSU): Nein. ist?) Zeuge Peter Altmaier: Die Stenografin wahr- Nina Warken (CDU/CSU): Anfang Mai 2015 scheinlich ja. wurde in der Presse gemeldet, dass die NSA den größten Teil der Zusammenarbeit mit dem BND (Vereinzelt Heiterkeit) in Bad Aibling vorläufig beendet hätte; Auslöser seien Ihre Forderungen gewesen, für jeden US- Nina Warken (CDU/CSU): Ich kann dann sagen: Selektor künftig eine detaillierte Begründung Der Zeuge nickt. - Ich muss trotzdem noch mal - - mitzuliefern. - Stimmt das? Oder war es eher der Gibt es Unterschiede zur Zus- - noch mal viel- BND, der die Zusammenarbeit mit der NSA bei leicht - - der Überwachung von paketvermittelten Verkeh- ren aus Krisenregionen in Bad Aibling vorüber- Zeuge Peter Altmaier: Ja, ich verstehe ja Ihre gehend eingestellt hat? Das haben ja wiederum Frage, und Ihre Frage ist berechtigt. Ich muss nur andere Medien berichtet. entscheiden, wie ich sie beantworte. Und ich sage mal so: Wir haben auch in der Zusammenar- Zeuge Peter Altmaier: Nein. Ich habe bei meinem beit mit der amerikanischen Seite in den Dingen, Besuch in Pullach und auch bei anderen Gesprä- die Sie zu Recht monieren und beanstanden, chen immer großen Wert darauf gelegt, dass wir Fortschritte erzielt. solche Selektoren steuern, von denen wir auch wissen, was sie bedeuten. Andernfalls können Nina Warken (CDU/CSU): Gut. Dann ist meine wir unserer Verpflichtung nicht gerecht werden. Zeit rum, und ich würde nachher weiterfragen. Wir müssen ja prüfen, ob es G-10-relevant ist. Wir müssen prüfen, ob es vom Anwendungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- bereich der Abmachungen erfasst ist, und wir chen Dank. - Wir kommen jetzt in die zweite müssen auch prüfen, ob es im deutschen Fragerunde, und auch in der zweiten Fragerunde Interesse liegt. Und das hat dazu geführt, dass beginnt die Fraktion Die Linke. Frau Kollegin man sich im BND die Selektoren genauer Renner. angesehen hat. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, Sie sagten, Herr Ich weiß jetzt nicht, Herr Wolff, wie weit ich in Altmaier, aus Ihrer Erinnerung heraus hat man öffentlicher Sitzung gehen kann, aber ich will sich zu vier Anlässen mit Selektoren befasst, also vielleicht Folgendes sagen: Die amerikanische diese überprüft: im Zusammenhang mit G 10, im Seite hat das verstanden, und es hat eine gute Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kanzle- Kooperation gegeben. rin - muss ich nicht mehr zitieren -, im Zusam- menhang mit der Weisung im Oktober und mit Nina Warken (CDU/CSU): Also, hält sich die dem Besuch in Pullach. Jetzt fällt mir hier die NSA daran? Oder werden die Forderungen jetzt Zeugenaussage von D. B. ein, der sagte, man hätte erfüllt und wurde die Zusammenarbeit wieder schon früher, vor Snowden, angefangen, die Se- aufgenommen? lektoren zu prüfen und auch herauszunehmen, weil man das Gras wachsen hörte. Zeuge Peter Altmaier: Über laufende Vorgänge sollten wir, glaube ich, hier nicht reden. Zeuge Peter Altmaier: Weil man das …?

(Dr. André Hahn (DIE Martina Renner (DIE LINKE): Gras wachsen LINKE): Sie brauchen nur hörte. - Also, entweder wusste man schon, was zu nicken!) kommt mit den Snowden-Dokumenten, weil die US-amerikanische Seite gesagt hat: „Wir haben - Kriegt das Tonband eigentlich auch mit, wenn hier ein Leck; Achtung Partner: Da kommt was ich nicke?

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung auf euch zu!“, oder war auch, warum auch im- Martina Renner (DIE LINKE): Aber dass vor den mer - - Wussten Sie von diesem „schon vorher Snowden-Veröffentlichungen es schon angefangen, zu prüfen“? Selektorenprüfungen gab und auch - -

Zeuge Peter Altmaier: Nein. Also, vorher hätte Zeuge Peter Altmaier: Kann ich aus dem Kopf ich es ja nicht wissen können, weil ich nicht heraus jetzt nicht beantworten, wird sich aber Kanzleramtsminister war. aus den Akten wahrscheinlich ergeben, die Ihnen vorliegen. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ob Sie - - Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Ich gebe Zeuge Peter Altmaier: Ich kenne auch diese Aus- dann ab an meinen Kollegen an der Stelle. sage von Herrn D. B. nicht. Für mich ist der Zu- sammenhang erkennbar mit der Aussage der Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, Herr Altmaier, Bundeskanzlerin, also der zeitliche Zusammen- ich fange noch mal in der Vorbemerkung an, weil hang. Inwieweit man sich vorher schon Gedan- Sie das jetzt wieder gesagt haben mit dem parla- ken gemacht hat, weiß ich nicht. Wenn es gesche- mentarischen Raum, wenn hier Informationen hen wäre, wäre es löblich gewesen, sage ich aus- oder geheim zu haltende Dinge kommen und drücklich, weil es natürlich die Intention war - - Durchstechereien usw. Und ich muss auch sagen: Als die Bundeskanzle- rin diese Aussage gemacht hat - ich war damals Also, wir haben mehrfach erlebt, dass Sachen, Umweltminister und, wie gesagt, nicht mit den die das Parlament noch gar nicht erreicht hatten Dingen konkret befasst -, ging ich selbstverständ- und geheim zu halten waren, in den Zeitungen lich davon aus, dass wir keine Freunde abhören. standen. Das heißt, da konnten es unmöglich Weil es wäre mir gar nicht in den Kopf gekom- Abgeordnete gewesen sein. Ich will das einfach men. Also, wenn ich vor zehn Jahren Chef BK ge- hier auch noch mal so festhalten. wesen wäre, und jemand hätte mir gesagt: „Jetzt hören wir mal Freunde ab“, oder wie auch im- Ich möchte jetzt aber gerne auch noch mal zu ei- mer, hätte ich gesagt: „Haben Sie schlecht ge- ner Gesamtschau kommen, wo ich Sie dann bitte, schlafen?“ auch mal klar zu antworten. Also, wenn ich mal Revue passieren lasse, was dieser Ausschuss bis (Hans-Christian Ströbele jetzt herausgefunden hat: Da nehme ich die Ope- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ration „Eikonal“, Täuschung der G 10-Kommis- NEN): So ist es mir auch sion, „Türöffner“, wurde gesagt, um an Routine- gegangen, als ich es erfah- verkehr zu kommen am Frankfurter Knoten, die ren habe!) NSA mit am Kabel. Die G-10-Filterung, haben wir durch Berichte gehört, funktionierte in vielen - Genau, und das kann ich nachvollziehen. - Des- Fällen nicht zuverlässig, gerade auch bei halb habe ich dann versucht, als ich es 2015 ge- Domains und Adressen, die nicht nur auf „.de“ hört habe zum ersten Mal, das alles so zu rekon- endeten, usw. Wir hatten eine Funktionsträger- struieren, und kann Ihnen aber jetzt aus dem theorie, zu der uns hier erklärt worden ist, dort Kopf heraus nicht genau sagen, an welchem Tag könnte auch der deutsche EU-Kommissar - deut- der Herr D. B. damit angefangen hat und was der sche EU-Kommissare - abgehört werden; sei alles Auslöser dafür war. Die G-10-Überprüfungen, die völlig legitim. Dann haben wir mitgekriegt, dass sind immer schon gemacht worden, - ein deutscher Botschafter bei der EU tatsächlich abgehört worden ist. Wir haben die NSA-Selekto- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, klar. renliste, von der Sie ja auch schon gesprochen haben, fast 40 000 hochproblematische rechts- Zeuge Peter Altmaier: - und die sind auch gut ge- widrige Suchbegriffe gegen deutsche und europä- macht worden. ische Interessen. Wir haben circa ein Drittel der mehreren Millionen NSA-Selektoren - - haben

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wir hier gehört, die der BND nicht lesen konnte wollte man offenbar - - Das wusste entweder und trotzdem gesteuert hat, von Millionen. nichts, oder man wollte nichts wissen. Man hat aber jedenfalls auch nicht nachgefragt oder eigen- Jetzt, haben Sie gesagt, fordert man eine Begrün- ständig mal Prüfvorgänge unternommen, in all dung für Suchbegriffe. Die wird geliefert oder den Jahren nicht, auch nach den Enthüllungen auch nicht geliefert, und wenn sie geliefert wird, von Edward Snowden. Und der Mann, der dafür können wir sie nicht überprüfen. Und noch im- als Abteilungsleiter 6 die Hauptverantwortung mer gibt es offenbar viele Selektoren, die man trägt, sitzt nach wie vor auf seinem Stuhl. nicht lesen kann, und steuert sie trotzdem. Ich muss Ihnen sagen, Herr Altmaier, ich finde Nach dem Skandal um die NSA-Selektoren kam das eigentlich unglaublich, und möchte Sie jetzt offenbar niemand im Kanzleramt auf die Idee, zu hier noch mal fragen: Wo sind denn die Konse- sagen: Was machen wir denn selbst? Wie steuern quenzen, die Sie als Chef Bundeskanzleramt aus wir? Was steuern wir? Was ist da drin? Keiner diesen ganzen Vorgängen, die hier in diesem Un- hat gesagt: Wir prüfen unsere eigenen Dinge, was tersuchungsausschuss ans Licht gekommen sind, da alles so gesteuert wird. gezogen haben? Und wie können Sie es verant- worten, dass Herr Heiß immer noch in seinem Wir wissen, der Bericht - der des Parlamentari- Amt ist, angesichts all dieser Punkte, für die in schen Kontrollgremiums; Sie waren ja selbst Ihrem Amt eigentlich die Dienst- und Fachauf- auch da - beinhaltet auch, dass über Jahre EU-Re- sicht liegt? gierungen, Staats- und Regierungschefs, interna- tionale Organisationen, Botschaften in anderen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eigentlich ist Ländern durch den BND ausgeforscht worden die Redezeit jetzt um. Wir kämen zur nächsten sind. Die Kanzlerin war darüber angeblich nicht Fraktion, weil durch dieses lange Statement ist informiert. Und wir wissen auch, dass die Ein- die Redezeit verbraucht. Außer, der Zeuge würde steuerung dieser Selektoren also auch von Staats- jetzt noch antworten wollen - das geht nicht zur und Regierungschefs, von Ministerpräsidenten, Redezeit der Fraktion -; dann würde sich das um Ministern angeblich auf Sachbearbeiterebene al- die Antwort des Zeugen verlängern. Ansonsten lein entschieden worden ist, ohne Information war das ein wunderbares Statement der Fraktion der Vorgesetzten, ohne Kenntnis des Kanzler- Die Linke. amtes, und das über viele Jahre. Dann haben wir eine Weisung Ihres Amtsvorgängers Pofalla: EU Zeuge Peter Altmaier: Also, Sie sind das jetzt al- und NATO-Selektoren sollen aus der Steuerung les wieder losgeworden. Ich glaube aber nicht, genommen werden. Die stammt vom Oktober dass sich dadurch etwas an den grundlegenden 2013. Dingen verändert.

Wir wissen aus den Unterlagen, dass noch im Das Erste ist - das haben wir auch in der Presseer- April 2015 solche Selektoren, die eigentlich klärung gesagt; es steht mir nicht zu, die Arbeit herausgenommen werden sollten, weitergelaufen des Ausschusses zu bewerten, aber meine eigene sind. Die Umsetzung der Weisung hat offenbar vielleicht -, dass ich nach wie vor der Auffassung niemand kontrolliert, hat nicht überprüft, ob das bin, dass der ursprünglich erhobene Vorwurf ei- gemacht worden ist. Und dann ließ man die ner massenhaften anlasslosen Ausspähung nicht Kanzlerin im Regen stehen, als sie sagte: „Aus- belegt werden konnte. spähen unter Freunden, das geht gar nicht“, ob- wohl der BND dasselbe gemacht hat - und das al- (Dr. Konstantin von Notz les - das ist der Kern meiner Frage, die ich jetzt in (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Zusammenfassung der ganzen Punkte hier, NEN): Das stimmt nicht!) die sich noch weiter fortsetzen ließen, mal ein- kleide - unter der Fachaufsicht und Dienst- Deshalb wird darüber auch so gut wie nicht mehr aufsicht des Bundeskanzleramtes. Und dort gesprochen in der öffentlichen Diskussion. Wir

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung sprechen über den Vorgang mit den NSA-Se- Zeuge Peter Altmaier: Was Sie sagen, bezieht lektoren, und wir sprechen über einige andere - - sich auf das Thema 360-Grad-Blick. und den BND-Selektoren, - Nina Warken (CDU/CSU): Mhm. Dr. André Hahn (DIE LINKE): „Eikonal“. Zeuge Peter Altmaier: Wir müssen ja auch im In- Zeuge Peter Altmaier: - und zwar zu Recht. Und land - das ist ja dann die Zuständigkeit des BfV zwar zu Recht, ja. Und wenn Sie nun über vor allen Dingen und nicht des BND - unsere In- „Eikonal“ reden, dann muss ich Ihnen sagen, da teressen wirksam schützen, und da ist die Frage: sind die wesentlichen Entscheidungen nicht in Wo setzt man denn die Ressourcen ein? - Wir der Zuständigkeit von Herr Heiß getroffen wor- kümmern uns seit vielen Jahren intensiv darum, den. Das begann zu einem Zeitpunkt, als der Spionagetätigkeiten und andere aufzudecken, Kanzleramtsminister noch nicht von meiner und zwar mit erheblichem Erfolg auch. Das ist Fraktion gestellt wurde. Sie haben die Unterlagen meistens in der Presse kein großes Thema, aber alle und können das rekonstruieren. es geschieht regelmäßig, dass wir Verstößen ge- gen deutsches Recht auf die Spur kommen. Und Es gab dann einen Prozess, und der hat, als die das, was wir als 360-Grad-Blick bezeichnen, ist Filtermaßnahmen nicht zufriedenstellend funk- eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und sie tionierten, dazu geführt, dass das Projekt einge- ergibt sich daraus, dass wir darauf bestehen müs- stellt wurde. Also, da hat die politische Kontrolle sen, dass auf deutschem Boden deutsches Recht am Ende funktioniert. Und deshalb bitte ich ganz eingehalten wird, und deshalb ein Interesse ha- herzlich, dass man die Dinge auch so trennt, wie ben, zu wissen, welche Aktivitäten hier stattfin- man sie trennen muss, und nicht alles zusam- den. Ich habe in der Tat mit meinen Ministerkol- menrührt. legen auch darüber geredet, und das ist eigentlich auch eine Frage der Fairness unseren Partnern Im Fall der Selektoren hat es - noch einmal - De- gegenüber und unserer Verpflichtung, das deut- fizite gegeben, die waren bedeutend, sonst hätte sche Recht zu beachten. ich nicht Sie umgehend alle unterrichtet, sofern Sie Obleute sind, und die waren auch nicht hin- Der amerikanische Präsident hat gesagt: Wir hö- nehmbar; deshalb habe ich sie abgestellt. Aber ren die Kommunikation von Regierungschefs wenn mir Herr Heiß sagt und auch alle anderen nicht ab und entschuldigen uns im Übrigen nicht Mitarbeiter der Abteilung 6, dass uns das nicht dafür, dass wir besser sind als andere. - So, und bekannt war, dann muss ich davon ausgehen, dann ist es doch ganz selbstverständlich, dass dass diese Antwort ehrlich und richtig ist. wir auch dort hinschauen, wie das unsere Auf- gabe ist. Und wenn wir irgendwo einen Verstoß Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen feststellen gegen deutsches Recht, was wir ja in Dank. - Wir kommen jetzt zur nächsten Fraktion, einem Fall dann tatsächlich auch gemacht haben, der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken beginnt. obwohl das, glaube ich, noch vor Beginn dieser öffentlichen Debatte war, dann muss das deut- Nina Warken (CDU/CSU): Herr Altmaier, es gibt sche Recht durchgesetzt werden. ja Presseberichte, nach denen die Bundesregie- rung als Reaktion auf die NSA-Affäre und das an- Nina Warken (CDU/CSU): Zeugen aus der Abtei- gebliche Abhören des Handys der Bundeskanzle- lung TA des BND, aber auch Vizepräsident Mül- rin 2014 den Plan entwickelt haben soll, künftig ler haben uns berichtet, dass es einen großen auch befreundete Geheimdienste in Deutschland Know-how-Gewinn gibt im Bereich der Internet- überwachen zu lassen. Und die Berichte sagen, aufklärung aus der Zusammenarbeit mit der dass diese Entscheidung von Ihnen, Innenminis- NSA. Und Herr Müller sagte auch, dass wir die ter de Maizière und dem damaligen Außenminis- Herausforderungen, vor denen wir im Moment ter Steinmeier getroffen worden sein soll. Trifft stehen, in einer Burden-Sharing-Welt nur ge- es zu? Gab es tatsächlich solche Erwägungen? meinsam meistern können. Wie beurteilen Sie

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 122 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung denn den Wert der Kooperation mit ausländi- Und deshalb ist diese Zusammenarbeit nicht ver- schen Nachrichtendiensten, insbesondere mit de- zichtbar. nen der Five-Eyes-Staaten? Und wie kann denn bei solchen Kooperationen gewährleistet werden, Es gibt natürlich Herausforderungen: Zum Bei- dass es eben keine Hintertüren, keine Backdoors, spiel gab es vor vielen Jahren so etwas wie das gibt und leistungsstarke Dienste wie die NSA Tor-Netzwerk noch nicht. Wir reden heute nicht deutsche Bürger überwachen können? nur vom Internet, wir reden vom Darknet, wo Sie Waffen kaufen können, wo kriminelle Akte ver- Zeuge Peter Altmaier: Zunächst einmal ist es so, abredet werden. Wir haben es damit zu tun, dass dass wir die Zusammenarbeit brauchen, weil Terroristen und Gefährder heute über Verschlüs- kein einziger Nachrichtendienst der Welt so viele selungstechnologie verfügen in vielen Fällen, die Mitarbeiter beschäftigten kann und so viele Infor- wir uns vor einigen Jahren noch gar nicht vorstel- mationen verarbeiten kann, dass er sämtliche Be- len konnten. Es ist wie ein Wettrennen, wo man drohungen für die eigene innere Sicherheit er- versuchen muss, dann immer wieder bei neuen kennt. Es fallen immer wieder Erkenntnisse an, Entwicklungen den Rückstand aufzuholen, und wo uns Partnerdienste Informationen geben, so wo man niemals eine Situation hat, dass man sa- wie wir wiederum auch, wenn wir Erkenntnisse gen kann: „Jetzt haben wir diese Probleme alle haben, dass gegen die innere Sicherheit oder ge- gelöst“, weil auch die Gegenseite an diesem gen Menschen in anderen Staaten Anschläge ge- Wettrennen teilnimmt, und wir die Verpflichtung plant werden, natürlich diese Länder auch da- haben, zum Beispiel wenn es darum geht, be- rüber informieren, weil der Kampf gegen den stimmte Kommunikationen, die heute aus krimi- Terrorismus, den wir führen, ist ein gemeinsames neller Absicht verschlüsselt wird, dann auch zu und ein weltweites Anliegen. entschlüsseln. Dann müssen Sie dafür etwas tun: Sie brauchen dafür Man-and-Woman-Power, Sie Das vollzieht sich heute mehr mit technischen brauchen dafür Technologie, und all das wird ge- Mitteln und mit SIGINT, als das früher der Fall macht, aber eignet sich halt eben auch nur sehr gewesen ist, weil die technischen Möglichkeiten unvollkommen zur ausführlichen Erörterung in zugenommen haben. Das sind übrigens dann offener Sitzung. auch sehr schwierige Grenzfragen und manchmal auch juristische Fragen, denen wir uns stellen Nina Warken (CDU/CSU): Die Notwendigkeit der müssen. Und wir haben in der Vergangenheit Zusammenarbeit ist uns, glaube ich, allen be- festgestellt - vor allen Dingen in der Zeit unmit- wusst, zumindest fast allen. - Ist aus Ihrer Sicht telbar nach den Anschlägen von 9/11 -, dass der sichergestellt - allgemein gefragt -, dass bei die- BND in vielen Bereichen nicht auf der Höhe der sen Kooperationen deutsche Bürger nicht miss- Zeit war. Deshalb hat er seine Fähigkeiten in dem bräuchlich überwacht werden können, weil wir Bereich ausgebaut und verstärkt. Wir haben ja vielleicht im BND technisch nicht stark genug beispielsweise dann auch in Bad Aibling die Ver- sind, um das zu verhindern? antwortung übernommen. Zeuge Peter Altmaier: Na ja, eine absolute Si- Und das alles zusammen muss ständig wieder cherheit kann es nicht geben. Aber was ich bestä- überprüft werden, ob es im Hinblick auf den tigen kann, ist, dass die Mitarbeiter des BND das Schutz von Grundrechten, ob es im Hinblick auf ihnen Mögliche und das Menschenmögliche tun, Datenschutz, ob es im Hinblick auf andere Ge- um deutsche Bürgerinnen und Bürger zu schüt- setze gerechtfertigt und vertretbar ist. Das tun zen. Dazu gibt es Strategien; dazu gibt es Metho- wir. Da gab es in der Vergangenheit auch bei- den. Das ist auch, glaube ich, in den Unterlagen, spielsweise im BND schon mal unterschiedliche die wir Ihnen vorgelegt haben, alles beschrieben. juristische Bewertungen zu bestimmten Vorgän- gen. Das muss dann geklärt und ausgetragen wer- Aber es kann trotzdem Fälle geben, wenn bei- den. Aber es ist eine sehr anspruchsvolle Tätig- spielsweise - - Jetzt nehme ich mal an: Der Bürger keit, und der Mehrwert ist allerdings beachtlich.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 123 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung des Staates A, der hier geboren ist, der die deut- ren Sicherheit und der Nachrichtendienste ziem- sche Staatsangehörigkeit erworben hat - - Oder: lich schnell und ziemlich umfassend öffentlich Ein Deutscher wandert aus, vererbt die deutsche werden. Staatsangehörigkeit weiter; irgendwann ist der Träger der deutschen Staatsangehörigkeit in Ich sage das, Herr Hahn, bewusst nicht als Vor- zweiter oder dritter Generation jemand, der nicht wurf gegen Sie. Ich bestätige, dass es auch Durch- mehr den deutschen Namen hat, der nicht mehr stechereien schon gegeben hat, wo Sie überhaupt Deutsch spricht, sondern meinetwegen einen ara- gar nicht in den Verdacht kommen konnten, weil bischen Namen oder einen chinesischen Namen Sie diese Infos nicht hatten, weil es nicht unter- oder einen anderen Namen hat und eine Sprache suchungsgegenständlich war, sondern andere Be- spricht, die man jedenfalls - - hinter der man kei- reiche betroffen hat. Aber es hat auch schon wel- nen Deutschen vermutet. Dann ist es sehr, sehr che gegeben, wo Sie die Infos hatten, und auch schwer, zu identifizieren, dass der Deutscher ist, dann sage ich nicht: Das waren Sie oder Sie oder zumal er vielleicht sogar sich dieser deutschen Sie oder irgendeiner. - Ich kann es nicht wissen, Identität gar nicht bedient persönlich. und ich weiß es nicht. Aber der Umstand, dass so viel öffentlich wird, unterscheidet uns von der Insofern: Eine hundertprozentige Sicherheit kann Öffentlichkeit in anderen europäischen und au- es nicht geben, und trotzdem arbeitet der BND ßereuropäischen Ländern. mit Hochdruck daran, diese Verpflichtungen zu erfüllen. Und wenn ich mir angeschaut habe, wie Ich war mit Herrn Ströbele und mit Thomas viele Selektoren - auch unter dem Gesichtspunkt Oppermann mal in den USA, und dann haben G 10 - ausgesondert wurden, dann glaube ich, wir uns über das System der dortigen nachrich- dass die Arbeit nicht völlig erfolglos ist. tendienstlichen Kontrolle informieren lassen. Und das war hochspannend. Da gab es eine Gang Also, ich gehe von einem hohen Schutz aus, aber of Eight und eine Gang of Six; das waren die Vor- ich kann Ihnen nicht garantieren, dass nicht mal sitzenden der Kontrollausschüsse im Senat und das eine oder andere geschieht. Dann geschieht im Repräsentantenhaus; das waren wenige Frak- es aber versehentlich und nicht bewusst. tionsvorsitzende. Und das Ergebnis ist, dass dort relativ wenig rausgekommen ist in der Vergan- Nina Warken (CDU/CSU): Es gab im Mai 2015 genheit. Presseberichte über erste Hinweise, dass neben der NSA auch die Nachrichtendienste anderer (Dr. Konstantin von Notz Länder die Kooperation mit dem BND einschrän- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ken. Können Sie uns dazu was in öffentlicher Sit- NEN): Na ja!) zung erklären, ob das zutreffend ist? Dieses System hätten wir natürlich auch in Zeuge Peter Altmaier: Na ja, in dieser Pauschali- Deutschland einführen können; aber ich kenne tät natürlich nicht, sondern es ist sehr genau be- keine politische Fraktion im Deutschen Bundes- obachtet worden - übrigens nicht nur von Nach- tag, die sich dafür starkgemacht hat. Das ist eine richtendiensten, auch von Regierungen -, wie die Entscheidung des Parlamentes, wie die Nachrich- Diskussion hier in Deutschland abläuft. Und ich tendienste parlamentarisch kontrolliert werden. habe ja auch mit meinen Konterparts in anderen Das ist im PKGr- - auch niedergelegt. Hauptstädten - nicht nur mit einem, sondern mit mehreren -, mit Abgeordneten aus nationalen So, und deshalb ist es für uns sehr, sehr wichtig, Parlamenten, mit Ministerkollegen über alle dass wir eben nicht am Ende ein Image bekom- diese Fragen sprechen können, und es ist schon men, dass Informationen, die an Deutschland so, dass vielfach der Eindruck entstanden ist, weitergegeben werden, dort nicht sicher sind, dass bei uns sehr, sehr sensible Fragen der inne- weil das fatale Folgen haben könnte. Ich habe eben noch, als ich kam, im Vorbeigehen das Letzte gehört, was Herr Fritsche zu der einen

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 124 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Frage gesagt hat, wo er gesagt hat: Na ja, wir glau- Brüssel und viele andere mehr - - ist die Notwen- ben jetzt nicht, dass die Zusammenarbeit dras- digkeit einer Zusammenarbeit noch mal viel stär- tisch eingeschränkt ist. Wir können allerdings ker in den Fokus gerückt. Und ich glaube, dass nicht wissen, welche Informationen ein Sach- das auch dazu beiträgt, dass die Zusammenarbeit bearbeiter bei einem befreundeten Dienst in der Sache besser wird. Wir haben auf euro- weitergibt oder vielleicht nicht weitergibt, weil er päisch- - übrigens nicht nur ein Interesse an der Auffassung ist, dass er damit seine eigenen Zusammenarbeit mit der NSA und mit Five-Eyes- Interessen gefährdet. - Aber insgesamt Staaten, wir haben auch ein hohes Interesse an funktioniert die Zusammenarbeit, und wir haben Zusammenarbeit und Datenaustausch im euro- ein großes Interesse, dass sie weiter funktioniert. päischen Bereich. Da haben wir die Situation, dass die Tätigkeit der Nachrichtendienste nicht Nina Warken (CDU/CSU): Dann kann man sagen: in den Geltungsbereich des EU-Vertrages fällt, Die Situation hat sich auch ein bisschen ent- weil kein Mitgliedstaat dazu bereit gewesen spannt mittlerweile wieder zu dem - - Also, es wäre, so etwas zu tun seinerzeit, und dass des- gab damals auch eine Anfrage des Kollegen von halb diese Zusammenarbeit stattfinden muss zwi- Notz, auf die die Bundesregierung auch schrift- schen den einzelnen Nachrichtendiensten in be- lich geantwortet hat und sinngemäß gesagt hat, sonderen Formaten. Es gab mal vor einiger Zeit - dass es eben deutliche Anzeichen gebe, dass das hat man, glaube ich, umbenannt; das hieß wichtige Partner die Zusammenarbeit auf den mal SITCEN - - Das habe ich noch als Staats- Prüfstand stellen. Die Frage wäre, was es für An- sekretär in Brüssel besucht. Das war so eine zeichen gab und ob sich das dann weiterentwi- Keimzelle einer solchen Kooperation. Das ist in ckelt hat innerhalb des Untersuchungszeitraums. der Zwischenzeit weitergegangen und ist heute Können Sie dazu noch was sagen? wesentlich besser, als es vor zehn Jahren war.

Zeuge Peter Altmaier: Nein. Es hat diese Be- Nina Warken (CDU/CSU): Gut, dann würde ich fürchtung bei Partnerdiensten, aber auch bei Part- an den Kollegen abgeben. - Vielen Dank. nerregierungen tatsächlich gegeben. Das kann ich aus eigenem Erleben bestätigen, bitte aber um Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja, Herr Bun- Verständnis, dass ich keine Einzelheiten nennen desminister, ich würde bei dem Thema „BND-ei- möchte. gene Erfassung“ noch ein bisschen weitermachen wollen, das Thema ein Stückchen vertiefen. Das Jetzt ist es so, dass die Durchstechereien - und hatten wir vorhin auch mit dem Staatssekretär noch mal: ich verbinde das nicht mit einem Fritsche gehabt, und zwar noch mal mit Blick auf Schuldvorwurf an irgendeinen, weil ich nicht das allgemeine Auftragsprofil der Bundesregie- weiß, von wem sie kommen, und sie kommen rung. vermutlich auch nicht von einem oder einer, son- dern - - Das ist ja gerade das Problem. Sie sind Wenn wir also jetzt sehen, dass hier NATO- bzw. auch seltener geworden, weil die wesentlichen EU-Staaten oder Einrichtungen aufgeklärt wur- Dinge ja alle bekannt sind inzwischen, öffentlich. den: Wie ist hier Ihre rechtliche oder politische Bewertung, sofern sich das in dem allgemeinen (Vereinzelt Heiterkeit) Auftragsprofil der Bundesregierung widerspie- gelt? Ist es dann möglich und richtig, auch EU- Und das Zweite ist, dass die Notwendigkeit der und NATO-Staaten aufzuklären? Zusammenarbeit durch das Wiederaufleben des internationalen Terrorismus und insbesondere Zeuge Peter Altmaier: Das Auftragsprofil ist ja das Vordringen des IS, durch die Anschläge in ein Dokument, was lebt und was in Abständen Frankreich - Charlie Hebdo und Stade de von ein, zwei oder drei Jahren, manchmal auch France -, durch den Anschlag auf dem Breit- vier oder fünf Jahren, überarbeitet und neu ge- scheidplatz und die Vorgänge in Ansbach und in fasst wird. Dieses Auftragsprofil ist die Grund- Würzburg, durch den verheerenden Anschlag in lage, an die sich alle halten müssen. Es sagt den

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Nachrichtendiensten auch, auf welche Informa- Kanzleramtes, kennenlernen müssen. Es ist da tionen und auf welche Art der Arbeit wir Wert le- eine ganze Menge unentdeckt geblieben, was im gen. Wir haben aber, wenn ich das so sehe, mit BND gelaufen ist. dem bislang gegoltenen Auftragsprofil offenbar nicht verhindern können, dass Personen und In- Da würde uns natürlich interessieren, zum einen, stitutionen aufgeklärt wurden, von denen wir wie Sie das beurteilen, die Qualität der Dienst- nicht wollten, dass sie aufgeklärt werden. Des- und Fachaufsicht in Ihrem Hause, und zum zwei- halb haben wir auch eine Konsequenz gezogen ten, ob Sie konkrete strukturelle Defizite dazu im und haben im neuen BND-Gesetz zum ersten Mal Bundeskanzleramt sehen. dazu Aussagen aufgenommen. Das ist ein erster, aber wichtiger Schritt. Zeuge Peter Altmaier: Vielen Dank. - Niemand kann uns hindern, klüger und besser zu werden. Und wir haben bei der Überarbeitung des Auf- Das ist eine ständige Herausforderung. Wir haben tragsprofils ebenfalls Konsequenzen gezogen, auf die Erkenntnisse, die wir hatten, reagiert. Die und es hat, wie gesagt, zusätzlich noch eine klare wichtigste Maßnahme, die wir ergriffen haben, Ansage gegeben, nicht nur durch die Kanzlerin, war die Berufung von Herrn Fritsche zum beam- sondern durch Herrn Pofalla und in den letzten teten Staatssekretär und der damit verbundene, drei Jahren durch mich - - das aus meiner Sicht auch personelle Aufwuchs in der zuständigen uns heute besser davor schützt, dass die falschen Abteilung im Kanzleramt. Personen und Institutionen aufgeklärt werden, und das uns trotzdem eine hinreichende Flexibi- Im Übrigen ist es so, dass natürlich das Funktio- lität gibt, zum Beispiel in Krisenregionen und an- nieren jeder Dienst- und Fachaufsicht davon ab- derswo die notwendige Aufklärungsarbeit zu be- hängig ist, dass die Geschäftsbereichsbehörde, treiben. um die es geht, all das nach oben meldet, was sie nach oben melden muss. Die Dienst- und Fach- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay, das heißt aufsicht bedeutet nicht, dass man staatsanwalt- im Ergebnis also, im Fall von Proliferation oder schaftliche Befugnisse hat, unangekündigt zu er- Ähnlichem oder organisierter Kriminalität kann scheinen und die Akten zu durchsuchen und ich natürlich auch bei diesen NATO- und EU- mitzunehmen, sondern das ist eine Zusammenar- Partnern weiterhin aufklären. beit, die in zwei Richtungen geht, zum einen, dass die Fachbereichsbehörde die notwendigen Zeuge Peter Altmaier: Das muss im Einzelfall Informationen liefert, auch über Probleme und entschieden werden. über Dinge, die nicht so funktionieren, wie sie sollen, und dass umgekehrt die Dinge, die an uns Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Noch herangetragen werden, aufgegriffen und geprüft mal mit Blick auf die Dienst- und Fachaufsicht: werden. Ich will mich da jetzt nicht im vollen Umfang der Bewertung vom Kollegen Hahn in dem langen Wir bekommen zum Beispiel - das erleben wir ja Statement anschließen, aber Fakt ist ja - das ha- auch im PKGr - zur Arbeit der Dienste ständig ben wir ja auch gemeinsam erörtert -, dass bei- Hinweise. Manche sind mit Namen versehen, an- spielsweise die Weisung von Ihrem Amtsvorgän- dere sind eher anonym. Dann ist es für uns natür- ger am 28. Oktober 2013 ja nicht - - Ja, darüber lich immer auch Anlass, den Dingen nachzuge- wurde schlecht informiert, teilweise gar nicht in- hen. Das macht auch die Fachabteilung. Aber es formiert. nie - das habe ich eingangs gesagt - - Wir werden niemals imstande sein, neben jeden Mitarbeiter Wir haben ja - das hat Kollege Hahn auch ange- im BND einen Mitarbeiter der Abteilung 6 zu sprochen - durchaus entscheidende Informations- stellen, der ihm über die Schulter schaut und bei defizite und unseres Erachtens auch organisatori- der Arbeit zuguckt. Aber wir können organisato- sche Defizite, insbesondere eben bei der Dienst- und Fachaufsicht des BND in der Abteilung 6 des

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Nur zur dienstlichen Verwendung risch die Dinge so machen, dass sie nachvollzieh- sind. Es gibt im Auftragsprofil der Bundesregie- bar sind. Das ist, glaube ich, zu einem erhebli- rung - - Im BND-Gesetz haben wir Änderungen chen Teil auch gelungen. vorgenommen. Ich glaube, dass wir das alles ge- macht haben. Ich kann Ihnen gerne für das Proto- Ich bin niemand, der voreilig irgendwo perso- koll noch mal die genaue Aufzählung dieser nelle Konsequenzen zieht, weil ich glaube, dass Maßnahmen vorlegen. Ich habe sie hier in mei- auch die Expertise unserer Mitarbeiter ein hohes nem Sprechzettel irgendwo drin, weil es mir die Gut ist, das wir nicht verschwenderisch behan- Mitarbeiter aufgeschrieben haben. Ich will jetzt deln dürfen. Aber es ist schon so, dass wir ge- aber nicht zu lange in den Papieren blättern, aber lernt haben. Und ich hoffe, dass auch die Kolle- es ist umfassend behandelt worden. ginnen und Kollegen im BND gelernt haben. Ich bin mir sicher, dass das für die allermeisten von (Der Zeuge blättert in denen gilt. seinen Unterlagen)

Ich glaube natürlich - das will ich dann an dieser Tankred Schipanski (CDU/CSU): Gut. Wenn wir Stelle politisch sagen -, dass der Untersuchungs- dann doch mal die Übersicht haben - ich weiß ausschuss, auch wenn er zum eigentlichen Unter- nicht, ob man das noch erreichen kann oder suchungsgegenstand zum Bedauern von Herrn nicht - - Aber es wäre natürlich für uns schon von Notz und Herrn Hahn und manchen anderen hilfreich und wichtig. nicht die Sensationen erbracht hat, die man sich erhofft hat - - Aber die Arbeit hat schon dazu ge- Zeuge Peter Altmaier: Ja. führt, dass wir Defizite erkannt haben und dass wir diese Defizite abstellen. Insofern bedanke ich Tankred Schipanski (CDU/CSU): Dann darf ich mich ausgesprochen. Ich weiß, welche Arbeit da- noch mal auf einen Punkt eingehen, der schon mit für Sie in diesen drei Jahren verbunden war. ein Stück angesprochen wurde. Das war also die Das war nicht immer nur vergnügungssteuer- Amtsübergabe vom Herrn Pofalla zu Ihnen, dann pflichtig. Aber wir haben durch diese Arbeit auch noch mal mit Blick auf den 28. Oktober selbstverständlich auch viele Punkte entdeckt, 2013. Nun war ja in diese ganze Problematik wo wir dann Veränderungen vorgenommen ha- auch der Abteilungsleiter 6, der Herr Heiß, letzt- ben. lich involviert und verwickelt. Wir hatten das den Staatssekretär Fritsche vorhin schon gefragt. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Herr Bundes- Auch der wurde ja nicht informiert vom Herrn minister, existieren denn jetzt schriftliche Wei- Heiß über die Weisung Ihres Vorgängers mit sungen des Kanzleramtes hinsichtlich dessen, Blick auf die BND-eigenen Selektoren. welche Themen vorzulegen sind bei Kooperatio- nen, bei Rechtsfragen? Mich würde persönlich Haben Sie noch mal mit dem Herrn Heiß gespro- einfach noch ein Stückchen konkreter interessie- chen, warum er Ihnen das damals nicht mitgeteilt ren, welche Maßnahmen jetzt eigentlich getroffen hat, obwohl er das ja eigentlich zum damaligen wurden, damit diese Defizite, die Sie ja auch ge- Zeitpunkt schon wusste? Fehlte ihm da Gespür rade beschrieben haben, die wir hier im Aus- für die Problematik? War das Thema zwischen schuss herausgefunden haben, aufgearbeitet wer- Ihnen und dem Herrn Heiß? den. Zeuge Peter Altmaier: Nein, das hat Herr Heiß, Zeuge Peter Altmaier: Ja, wir haben selbstver- glaube ich, auch so ausgesagt. Ich kann mich ständlich Anweisungen gegeben, und zwar prak- auch nicht erinnern, dass Herr Heiß mich darauf tisch von dem zweiten oder dritten Tag an, nach- angesprochen hat. Ich habe allerdings eben auch dem damals die Selektorenliste bekannt gewor- gesagt, dass ich davon erfahren habe, entweder den ist. Es gibt mündliche Anweisungen. Es gibt von Herrn Schindler oder von jemand anderem, schriftliche Berichte, die uns vorgelegt worden der es wusste; das kann ich nicht rekonstruieren. Aber mir war der Vorgang bekannt, als wir im

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Frühsommer 2015 dieses Thema „Beifang“ hat- aus dem Bereich der Sicherheit und der Nach- ten. richtendienste, sondern Sie kamen aus dem Um- weltministerium. Ich habe dann aber zu diesem Vorgang jetzt gar keinen Anlass gesehen, tätig zu werden; denn das Zeuge Peter Altmaier: Mhm. war nach dem Motto - - Das war ja sozusagen - - Es galt ja als gelöst. Die Weisung von Herrn Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Pofalla galt als umgesetzt. Und das Problem NEN): Sie haben ja vorhin geschildert, dass Sie schien sich zu beschränken auf einige Botschaf- von Herrn Pofalla in zwei oder mehreren Bespre- ten, insbesondere in Krisenregionen. Damit war chungen informiert wurden über das Prozedere das sozusagen ein abgeschlossener Vorgang. und darüber, wie das da alles so läuft. Mich inte- Punkt! Also, ich hatte gar keinen Grund, den ressiert, wie Sie inhaltlich, als Sie dann ab De- Herrn Heiß darauf anzusprechen. zember tätig waren, eine Kontinuität hergestellt haben. Also, sind Sie zum Beispiel - - Sie haben Sie müssen sich die Arbeit im Kanzleramt auch ja selber mehrfach darauf hingewiesen: Da drohte so vorstellen, dass immer genügend davon vor- oder war in Aussicht ein Untersuchungsaus- handen ist. Es gibt einen hohen Kommunika- schuss. Es war klar, dass davon vor allen Dingen tionsbedarf, nicht nur mit allen Abteilungsleitern der Bundesnachrichtendienst und auch das und Referatsleitern, sondern mit Abgeordneten- Kanzleramt befasst oder Thema werden würden. kollegen, mit Ministerkollegen, mit Staats- sekretärskollegen. Und ich bemühe mich, soweit Wie haben Sie sich informiert über die Auffas- mir das mit meinen Möglichkeiten gegeben ist, sung im Bundeskanzleramt, beispielsweise zu wichtige Themen zu identifizieren und in der Frage: „Welche Erkenntnisse haben wir, und wichtigen Themen tätig zu werden. Das ist meine welche Auffassung haben wir darüber, dass das Aufgabe. Handy der Kanzlerin abgehört worden ist?“? Ist Ihnen - - Ich nehme mal an, Sie haben das vorher Diese Frage hier, dass der BND offenbar in der in der Zeitung mitverfolgt als Minister. Aber jetzt Vergangenheit Botschaften in Krisenregionen ab- wollten Sie doch - - Also, wenn ich dahin gekom- gehört hatte, war durchaus ein wichtiges Thema. men wäre, hätte ich erst einmal gefragt: Wie ist Aber es war zu dem Zeitpunkt, wo ich es erfah- denn da jetzt der Stand? ren habe, gelöst. Deshalb war es für mich jetzt kein Gegenstand, noch mal tätig zu werden, zu- Zeuge Peter Altmaier: Ja, ich habe mich selbst- mal dieses Thema auch nicht untersuchungs- verständlich über diese Fragen informiert. Gerade ausschussgegenständlich war - zum damaligen bei dem Kanzlerinnenhandy war es ja auch so, Zeitpunkt; heute ja, aber zum damaligen dass es, soweit ich weiß, ein staatsanwaltschaftli- Zeitpunkt nicht. ches - - oder sogar von der Generalstaatsanwalt- schaft - das weiß ich nicht mehr auswendig - Vor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Jetzt ermittlungen gegeben hat. müssten wir zur nächsten Fraktion kommen. Es beginnt Herr Kollege Ströbele, glaube ich. Ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sehe keinen, der zum Mikro greift. - Herr Kollege NEN): GBA war das. Ströbele für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Zeuge Peter Altmaier: Ja, GBA, so. - Das alles ist Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mir selbstverständlich vorgelegt worden. Selbst- NEN): Wir mussten erst mal anderthalb oder zwei verständlich habe ich mir das, was wir hatten, Stunden warten, aber gut. - Herr Altmaier, als Sie auch angeschaut und versucht, es einzuschätzen. diese neue Aufgabe Ende 2013 bekommen haben, Nur, es war halt eben nicht so schrecklich viel, da kamen Sie ja jetzt nicht vom Fach, also nicht was wir hatten. Und deshalb - - Aber ich habe mich damit auseinandergesetzt, so wie ich mich

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übrigens auch mit allen anderen Fragen, die die- Dann war für mich sehr erhellend - darüber kann sen Untersuchungsausschuss betroffen haben, an- ich offen sprechen, weil es eine offene Rede war - lässlich der Aktenübergabe auseinandergesetzt die Rede von Präsident Obama Anfang 2014. Und habe, - in dieser Rede Anfang 2014 hat er in aller Offen- heit - - Da waren für mich bestimmte Rück- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schlüsse denkbar, weil er nämlich sagte: Wir hö- NEN): Ja, aber - - ren die Kommunikation von befreundeten Staats- und Regierungschefs jetzt und künftig nicht ab. - Zeuge Peter Altmaier: - weil es mich persönlich Daraus habe ich für mich den Schluss gezogen, interessiert hat und weil ich verstehen wollte, dass für die Vergangenheit keine Aussage getrof- was vorgegangen ist, und weil ich mir auch ein fen wurde, dass das vielleicht seinen Grund hat. eigenes Urteil bilden wollte über das, was viel- leicht besser oder schlechter gelaufen ist. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Richtig!) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Welche - - Wir entschuldigen uns nicht, dass wir besser sind als andere. - Daraus habe ich für mich den Zeuge Peter Altmaier: Da gab es zum Beispiel Schluss gezogen, dass ich aus dem Umstand, eine Operation - das will ich nur sagen -, die ist dass das Handy der Kanzlerin nicht abgehört geplant worden, aber nicht zustande gekommen. wird, nicht schließen kann, dass automatisch alle Da ging es auch um die Frage: Wann wusste - - anderen Regierungshandys nicht abgehört wer- Wann hat der BND das Kanzleramt darüber infor- den. miert? So. Darüber habe ich mich natürlich mit dem Präsidenten des BND unterhalten, obwohl Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Operation nicht zustande gekommen war und NEN): Ja. Kann man unterm Strich - ich habe schon vor meiner Amtszeit eingestellt war. Aber auch nur wenige Minuten - sagen, Sie waren we- es hat mich interessiert. gen der Äußerungen von Obama und dem, was Sie da erfahren haben, der Auffassung: „Also, es Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wird schon so gewesen sein, dass das Kanzlerin- NEN): Ja. - Was war denn dann die Meinung, die nenhandy bis zu dem Zeitpunkt, vielleicht bis zu Sie vorgefunden haben und die Sie sich selber dem Telefonat abgehört wurde“? gebildet haben, über das Handy der Kanzlerin? Waren Sie der Auffassung: „Das ist wohl so“? Ich Zeuge Peter Altmaier: Nein, ich habe es nicht will jetzt gar nicht die einzelnen Informations- ausgeschlossen. quellen abfragen, sondern eine zusammenfas- sende Beurteilung. Welcher Meinung waren Sie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ende des Jahres 13? NEN): Ausschließen kann man nie.

Zeuge Peter Altmaier: Also, ich war Ende des Zeuge Peter Altmaier: Ich hatte auch keinen Jahres 13 - ich kam drei oder vier Tage vor Weih- Grund, darüber zu spekulieren. Aber ich kann nachten ins Amt, das war am 18. Dezember, am mir vorstellen, dass die Kommunikation von Re- 24. war Weihnachten - - So. Es war eine Vielzahl gierungsmitgliedern für eine ganze Reihe von von Dingen zu regeln, von der Frage der amtli- Nachrichtendiensten möglicherweise interessant chen Reihenfolge der Minister und wer wo auf ist und dass man solche Kooperationen und dass der Regierungsbank sitzt bis hin zu der Frage, man solche Kommunikationen auf unterschied- welche Abteilungsleiter und Staatssekretäre in lichste Art und Weise sozusagen auch abfangen den Ruhestand versetzt werden von den einzel- kann. nen Ministern. Also, es gab viel Arbeit. Was ich damals noch nicht so genau wusste, weil ich es mir erst im Laufe der Zeit angeschaut und

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Nur zur dienstlichen Verwendung auch angeeignet habe, war die Frage, wie das alles so gewesen sein sollte, dann war es nicht in denn technisch geht mit der Erfassung und der Ordnung. Ausleitung von Daten und der Steuerung von Se- lektoren. Das alles habe ich im Laufe der Zeit ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lernt. NEN): Aber das „Wenn“ hat sie ja nicht gesagt, sondern sie hat das ziemlich drastisch geäußert. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber wir wollen nicht ins Einzelne gehen. NEN): Ja. Wie war denn überhaupt die Auffassung, die Zeuge Peter Altmaier: Aber das haben ja meine Ihnen berichtet wurde, im Kanzleramt oder auch Vorgänger im Amt nach ihrer eigenen Aussage in von der Leitung des BND, zu Edward Snowden? ihrer Amtszeit auch nicht alles im Detail über- Wurde Ihnen vermittelt, dass die Dokumente alle schaut, weil es nicht aktuell war und nicht an sie zweifelhaft sind, möglicherweise Fake sind oder herangetragen wurde. gefälscht oder nachgemacht sind? Oder wurde Ihnen gesagt: „Es stellt sich immer mehr heraus - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch die Reaktion der Amerikaner deutet darauf NEN): Ja, das hatten Sie schon erzählt. - Jetzt hin -: Das ist wohl echt“? Das ist ja eine wichtige hatte die Kanzlerin - das haben Sie wahrschein- Frage. lich auch in der Zeitung gelesen; vielleicht wurde Ihnen auch noch mal berichtet - mehrfach, Zeuge Peter Altmaier: Ja. Mir wurde vermittelt, aber vor allen Dingen dann am 24. Oktober - da dass die Dokumente von unterschiedlicher Quali- waren Sie nur noch nicht da - sehr drastische Äu- tät und Güte waren. Es sind im Laufe der Zeit, ßerungen im Fernsehen gebracht - aus Brüssel, wahrscheinlich auch nicht nur aus dem Fundus also gar nicht mal hier aus Deutschland - anläss- von Herrn Snowden, unterschiedliche Dinge ver- lich eines netten Interviews, offenbar sehr enga- öffentlicht worden. Nicht alle waren falsch, nicht giert und sehr dahinterstehend und vielleicht alle waren unzutreffend. auch empört: Abhören oder Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gab es denn falsche? Zeuge Peter Altmaier: Ja. Zeuge Peter Altmaier: Nein. Und umgekehrt sind Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch nicht alle Dokumente gleichermaßen aussa- NEN): Lag das auf der Linie? Also, auch die gekräftig. Ich habe das mal in einem Interview im Kanzlerin geht davon aus, dass da was dran ist? Spiegel gesagt. Das ist vielleicht nicht hundertprozentig sicher, aber - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Zeuge Peter Altmaier: Das müssen Sie mit ihr diskutieren. Zeuge Peter Altmaier: Da sind Snowden-Doku- mente veröffentlicht worden. Da standen als Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nummern drin, die abgehört werden, beispiels- NEN): Ja, das tun wir auch. weise die Nummern von Ministern und Vorzim- mern von Ministern und Kanzleramtsministers. Zeuge Peter Altmaier: Aber ich kann einen Punkt Das alles stand da drin. Das hat, glaube ich, die nennen, wo ich sehr früh beschäftigt war. Das Süddeutsche Zeitung zusammen mit dem Nord- war nämlich die Abgabe der Regierungserklärung deutschen Rundfunk gebracht. der Bundeskanzlerin. Dort hat sie ja noch mal ihre Aussagen konkretisiert und wiederholt. Das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- war, glaube ich, Ende Januar oder Anfang Fe- NEN): Aber war Falsches drin? bruar. Das heißt also, dass wir sagen: Wenn das

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Zeuge Peter Altmaier: Nun ist es so: Wenn Sie ir- Zeuge Peter Altmaier: Das wird aber nicht ange- gendwo in einem Dokument lesen, dass die Num- rechnet auf Sie. mer des Kanzleramtsministers so und so ist: Das können Sie auch rauskriegen übers Internet oder Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wenn Sie meinen Briefkopf irgendwo mal genau NEN): Er wiederholt das, was er schon dreimal lesen. Da steht die Telefonnummer nämlich drin. gesagt hat. Ich würde gerne meine Fragen beant- Das sagt dann natürlich noch nichts darüber aus, wortet haben. ob dieses Telefon tatsächlich abgehört worden ist. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müssen Sie in der nächsten Runde versuchen. Denn jetzt Dann gibt es im Bereich SIGINT ganz unter- stellt die Fraktion der SPD die nächsten Fragen. schiedliche Möglichkeiten. Das eine ist, Sie grei- Herr Kollege Flisek. fen an der Quelle zu. Das ist aber nach meiner Einschätzung in den Fällen, von denen wir heute (Hans-Christian Ströbele reden, nicht in erster Linie der Fall; denn es geht (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja um Selektoren, wie wir inzwischen wissen. NEN): Dann dauert es eben Und Selektoren werden eingesetzt, um bestimmte länger!) Kommunikationen zu überprüfen im Hinblick auf Inhalte und Nummern. Christian Flisek (SPD): Herr Altmaier, ich würde ganz gerne noch mal auf einen Bereich zu spre- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen kommen, den Sie auch selber angesprochen NEN): Ja, das weiß ich alles. hatten. Das war ja damals Ihr Schreiben in Bezug auf die Frage: Wo gibt es eventuell eine Durchste- Zeuge Peter Altmaier: So. Das kann zum Beispiel cherei und wo nicht? Ich würde Sie mal ganz bedeuten, wenn ich als Kanzleramtschef telefo- gerne fragen. Sie wissen ja, wir haben eine Reise niere, dass mein Telefon völlig in Ordnung ist, als Untersuchungsausschuss in die USA ge- aber dass ich irgendwo in einem Land anrufe, wo macht. Wir sind dort eigentlich in dem Wissen zufällig irgendein anderer ausländischer Nach- hingefahren, dass es noch einen Konsultations- richtendienst diese Leitung mit einem Selektor prozess mit der US-Seite gibt. steuert. Dann kann es durchaus sein, dass meine Gespräche mitgeschnitten werden. Wir hatten dort auch in den Gesprächen vor Ort - wir haben zumindest die führenden Köpfe im Re- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- präsentantenhaus, was die Geheimdienstkon- NEN): Ja, das ist mir alles bekannt, Herr Altmaier. trolle betrifft, treffen können; im Senat war das Mich interessiert einfach, welche Auffassung be- dann nicht möglich - immer wieder mehr oder stand - - weniger freundliche Andeutungen gehabt, dass man uns sozusagen eben, ich sage mal, nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten trauen könne; alles, was man da sagt, das sei wir aber wieder wechseln, weil leider schon zehn sozusagen morgen gleich in der Zeitung. - Wir Minuten rum sind, Herr Kollege Ströbele. konnten das bei diesen Gesprächen nicht wirk- lich einordnen. Und wir haben dann im Nach- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gang erfahren, dass das Konsultationsverfahren ja NEN): Ich meine, er redet die ganze Zeit. beendet worden war. Jetzt will ich Sie ganz gerne fragen: Warum haben wir das nicht vor der Reise Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, das ist die erfahren? Aufgabe des Zeugen. Zeuge Peter Altmaier: Das Konsultationsverfah- (Heiterkeit) ren zu den Dokumenten oder zu der Selektoren- liste? Welches meinen Sie?

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Christian Flisek (SPD): Das Konsultationsverfah- Sie mit der Thematik, wann wir über die Ausset- ren, ich denke mal, was ausgesetzt wurde. zung des Konsultationsverfahren informiert wer- den sollen, befasst? Zeuge Peter Altmaier: Was ausgesetzt wurde. Zeuge Peter Altmaier: Ich bin mit dem Thema Christian Flisek (SPD): Ja, genau. Konsultationsverfahren befasst gewesen, kann aber aus eigenem Erleben jetzt nicht sagen, ers- Zeuge Peter Altmaier: Das kann ich jetzt nicht tens, wann sie informiert wurden und zweitens, nachvollziehen. Aber ich habe selbst erfahren, ob das zu spät war oder wie viele Tage zu spät. dass es ausgesetzt ist, habe auch die Begründung Das kann ich Ihnen nicht sagen. erfahren. Ich gehe eigentlich davon aus, dass man Sie darüber informiert hat. Ich weiß aber nicht, Christian Flisek (SPD): Gut. Dann lassen wir das ob das geschehen ist. an dieser Stelle dabei. - Aber noch mal auch zu dem Komplex selber. Ein solches Konsultations- Christian Flisek (SPD): Wir haben das hier ei- verfahren ist ja nur deswegen erforderlich, weil gentlich erst mit einem Jahr Verzögerung erfah- bei den Vereinbarungen, die die Dienste mitei- ren. nander über ihre Kooperation treffen - Sie haben es bereits angesprochen - eine sogenannte Third Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu kann Party Rule oder -Klausel existiert, also sinn- Herr Wolff etwas sagen. gemäß, dass das Material des jeweiligen Dienstes einer dritten Seite nur dann übermittelt werden MR Philipp Wolff (BK): Sie haben es ja intensiv darf, wenn die jeweilige Seite, von der das Mate- in einer Beratungssitzung geklärt - da war, glaube rial kommt, zustimmt. ich, auch Herr Staatssekretär Fritsche anwesend - und darüber diskutiert. Ich glaube, dass der Jetzt frage ich Sie auch mal unter dem Blick auf Zeuge dazu tatsächlich auch in seinem Zeugen- das, was wir jetzt hier gemacht haben: Kann es status weder wahrscheinlich aussagefähig ist, wie wirklich Sinn machen, dass die Bundesregierung er gerade gesagt hat, und ich gehe auch davon vielleicht auch in Zukunft noch solche Koopera- aus, dass das eher ein Fall für eine Beratungssit- tionsvereinbarungen billigt, wo genau solche zung wäre. Drittparteienklauseln drinstehen, wenn man jetzt sagt: „Die Bundesregierung stellt sich auf den Christian Flisek (SPD): Dass das was ist? Standpunkt, im Verhältnis zu ihr ist auch das Parlament und damit auch ein Untersuchungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ein Fall für ausschuss dritte Partei“? eine Beratungssitzung. Zeuge Peter Altmaier: Ja, die Vereinbarungen MR Philipp Wolff (BK): Dass das eher ein Fall für machen auf jeden Fall für die Zukunft Sinn, weil eine Beratungssitzung nochmals wäre, weil das wir ansonsten viele Informationen nicht bekä- ist jetzt wirklich die Durchführung des Konsulta- men, weil der Partner sagt: Wir vertrauen euch tionsverfahren und weniger die Frage des Unter- als Partnerdienst. Aber wir wollen nicht, dass suchungsgegenstandes. diese Information in dritte Hände gelangt, und zwar völlig egal, ob das Regierungsstellen sind Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aha. oder ob es irgendeine NGO ist oder ob es was auch immer ist. - Das ist die Voraussetzung dafür, Christian Flisek (SPD): Ich frage Sie hier jetzt au- dass wir diese Informationen bekommen. ßerhalb einer Beratungssitzung, Herr Altmaier, einfach als Zeuge natürlich über Ihre Wahrneh- Warum gibt es denn diese Third Party Rule? Sie mung. Insofern an Sie gerichtet die Frage: Sind gibt es deshalb, weil die Informationen oftmals sehr sensibel sind und weil ihre unkontrollierte

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 132 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Verbreitung und Veröffentlichung Quellen ge- herausgestellt, dass die USA eine Kommission fährden könnte, weil es dazu führt, dass man gegründet hatten, die der Exekutive zuzurechnen Arbeitsmethoden anderer Nachrichtendienste re- war, und dass die Dokumente eben nicht an den konstruieren und nachvollziehen kann, weil es Senat und ans Repräsentantenhaus gegeben wur- dazu führt, dass bestimmte Quellen auch versie- den, sondern nur an die Mitglieder dieser Kom- gen, wenn es bekannt würde. Das hat dazu ge- mission, die im Bereich der Exekutive angesie- führt, dass sich diese Praxis etabliert hat. delt war.

Sie ist sehr alt. Sie ist sozusagen einer der Grund- Das hat mich damals, als ich das nachvollzogen pfeiler der Zusammenarbeit der Nachrichten- habe aus den alten Akten - sie sind ja auch schon dienste. Diese Zusammenarbeit ist heute wichti- 15 Jahre alt -, dazu inspiriert, diese Konstruktion ger denn je. Sie war auch schon in früheren Jah- mit Herrn Professor Graulich ins Auge zu fassen, ren wichtig. Aber angesichts der Globalisierung wo man sagt: Das Informationsinteresse des Par- und der Globalisierung des Terrors und der Glo- lamentes muss zwar so weit wie möglich aner- balisierung von Proliferation und von organisier- kannt und auch erfüllt werden, aber so, dass die ter Kriminalität und vielem anderen mehr kom- geschützte Nachricht im Herrschaftsbereich der men wir ohne Zusammenarbeit mit anderen Exekutive bleibt. Das war der Grund, warum wir Nachrichtendiensten nicht aus. dafür, um Herr Graulich die Selektoren zu zei- gen, keine Zustimmung der amerikanischen Seite Christian Flisek (SPD): Jetzt würde ich Ihnen brauchten. Wenn wir aber beispielsweise zuge- aber in der Einschätzung widersprechen wollen, lassen hätten, das sie hier in diesem Untersu- dass so eine Klausel konstituierend ist für die Ko- chungsausschuss eingesehen werden, in wel- operation. Es mag sein, sage ich mal, dass die chem Verfahren auch immer, dann hätten wir Amerikaner so viel Druck erzeugen können, dass diese Zustimmung benötigt. Das Bundesverfas- die Deutschen sich dem beugen. Aber wir haben sungsgericht hat ausdrücklich anerkannt, dass aus unserer Arbeit gelernt, dass in den USA wie- dies verfassungskonform war. derum - also mit Verlaub - kein Mitglied des Kon- gresses, was mit Geheimdienstkontrollfragen be- Christian Flisek (SPD): Sehen Sie denn in dieser schäftigt ist, auf die Idee kommen würde: Ich bin Konstellation keine Problematik dahin gehend, zufrieden, wenn meine Administration mir sagt, dass die internationale Nachrichtendienstkoope- wir haben mit den Deutschen so eine Third Party ration damit in einen kontrollfreien Bereich mün- Rule vereinbart. Deswegen müssen wir sie jetzt den kann, in einen Bereich, der gerade über eine erst fragen, ob wir es vorlegen dürfen. Wenn die solche Klausel, wo man ja dann von der Zustim- Nein sagen, dann legen wir es euch nicht vor. - mung des anderen Partners abhängig ist, jeweils Da würde jedes Mitglied des Repräsentantenhau- dazu führt, dass ganze Bereiche einer solchen ses und des Senats sagen: Sorry. Da lache ich mal Kooperation einer parlamentarischen Kontrolle kurz. entzogen sind?

Zeuge Peter Altmaier: Nein. Sie sind ja mein Zeuge Peter Altmaier: Es ist eine Herausforde- großkoalitionärer, befreundeter Abgeordneter. rung; das gebe ich gerne zu. Aber erstens hat das Konsultationsverfahren in einigen Fällen ja auch (Heiterkeit) dazu geführt, dass Unterlagen vorgelegt werden dürfen; das ist so. Zweitens sind Möglichkeiten, Trotzdem kann ich mir das jetzt nicht verkneifen: wie das Verfahren mit Herrn Graulich denkbar, Genau das haben die USA respektiert, und zwar wie man dem Informationsinteresse des Parla- gab es nach 9/11 eine Untersuchungskommis- mentes entgegenkommt. Und drittens ist die Kon- sion. Da ging es um die Frage, ob bestimmte Do- trolle dieser nachrichtendienstlichen Zusammen- kumente, die die USA erhalten hatten, dem Par- arbeit dem Parlament und der Regierung gemein- lament vorgelegt werden dürfen - ohne Zustim- sam anvertraut. Das heißt, auch die Regierung hat mung des jeweils anderen. Da hat sich dann eine Verantwortung, zu kontrollieren, wie die

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Nachrichtendienste mit ihren Partnerdiensten zu- nicht. Das heißt, sie haben die Dispositions- sammenarbeiten. Und dort, wo wir alleine ent- macht, das dem Ganzen zu entziehen. Und inso- scheiden können, da ist die Stellung des Parla- fern - wir reden ja auch darüber, wie wir die Ge- mentes eine stärkere, und dort, wo aus Gründen heimdienstarbeit in Zukunft mit einem hohen der inneren und äußeren Sicherheit solche Ab- Maß an Legitimation versehen können; das ist, sprachen notwendig sind, ist die Rolle der Regie- glaube ich, unser aller Interesse, sage ich mal - ist rung eine stärkere. das einer der Bereiche, wo ich die allergrößten Bauchschmerzen habe, also die Frage: Wie kann Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir jedenfalls mit ich Kooperationen überhaupt einem Verantwort- wichtigen Partnerorganisationen - und das sind lichkeitsregime unterstellen? Wir haben in der nicht nur die Five Eyes; wir arbeiten ja mit sehr BND-Reform dazu die ersten wesentlichen vielen Nachrichtendiensten weltweit zusam- Schritte gemacht. Aber wie kann ich es auch ei- men - - mit wichtigen Partnerdiensten bekämen ner Kontrolldichte unterziehen, die nicht dazu wir ohne diese Regel diese Informationen nicht. führt, dass die vertragschließenden Parteien sel- Und wir würden auch unsere Informationen ber definieren können: Was ist drin, und was ist nicht weitergeben, wenn es nicht eine solche Re- nicht drin? gel gäbe. Zeuge Peter Altmaier: Ich halte ja die parlamen- So, jetzt können Sie die Frage stellen und sagen: tarische Kontrolle für notwendig. Allerdings ha- Ja, aber dort, wo Deutschland eine starke Stellung ben wir ja auch schon in der Vergangenheit im- hat, weil wir mit einem Land zusammenarbeiten, mer anerkannt, dass nicht alles, was die Nach- das vielleicht viel kleiner und viel ohnmächtiger richtendienste betrifft, auch einer öffentlichen ist und das im besonderen Maße auf die Zusam- Kontrolle unterworfen sein muss. Deshalb haben menarbeit mit uns angewiesen ist, da könnten wir zum Beispiel - das hat Herr Ströbele immer wir doch vielleicht einmal sagen, dass wir deren und immer wieder beklagt - im PKGr manche In- Unterlagen auch weitergeben müssen, können, formationen mitgeteilt, die für Herrn Ströbele ohne dass die zustimmen. - Ich glaube nicht, dass wohl hochinteressant waren, über die aber in der es funktionieren würde, und es wäre auch nicht Öffentlichkeit nicht berichtet wurde, was er als richtig; denn wir haben gemeinsam ein Interesse sehr unbefriedigend empfunden hat. Aber es war daran, sensible Informationen zu schützen, und ein Weg, eine solche Kontrolle zu ermöglichen, dafür halte ich diese Regel für geeignet. und zwar nicht für alle Parlamentarier gleicher- maßen, sondern für das damit beauftragte Gre- Christian Flisek (SPD): Ja, ich bin ganz bei Ihnen, mium des Deutschen Bundestages, das wir getrof- dass wir nach wie vor Kooperationen brauchen. fen haben. Ich glaube auch, dass aus diesen Kooperationen sehr wichtige, zum Teil sehr sensible Informa- So, und nun ist es ganz offenbar so, dass wir tionen herrühren. Ich glaube aber auch, dass wir nicht wissen, woher die Indiskretionen kommen, solche Kooperationen mittelfristig nur auf eine aber wir wissen, dass sie stattfinden. Wir wissen tragfähige Basis stellen können in einer rechts- nicht, ob es Abgeordnete sind, wir wissen nicht, staatlichen Demokratie, wenn wir hier eine ent- ob es Mitarbeiter der Ausschüsse sind, wir wis- sprechende Kontroll- und Aufsichtsdichte errei- sen nicht, ob es Mitarbeiter der Nachrichten- chen, auch und gerade in solchen Kooperationen. dienste sind. Das alles können wir nicht wissen. Und da sage ich ganz offen - ich adressiere das Aber was wir wissen können - auch nach diesen hier -: Da mache ich mir eben Sorgen, wenn sozu- drei Jahren -, ist, dass doch sehr, sehr vieles öf- sagen über solche vertraglichen Klauseln - das fentlich geworden ist, was aus Sicht der Partner- sind ja nichts anderes als vertragliche Klauseln - dienste und aus Sicht der Bundesregierung nicht ein Stück weit die vertragschließenden Parteien werden sollte. darüber disponieren können, was überhaupt Ge- genstand einer Kontrolle sein kann und was Die Quadratur des Kreises besteht nun darin, eine parlamentarische Kontrolle zu organisieren,

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Nur zur dienstlichen Verwendung die so effizient ist, dass verhindert wird, dass die Christian Flisek (SPD): Ja, ich bin da bei Ihnen, Dinge in falsche Kanäle und am Ende an die Öf- dass man darüber nachdenken muss, weil - noch fentlichkeit gelangen. Ich habe dafür keine Ant- mal, ich möchte das wirklich noch einmal deut- wort. Und solange ich diese Antwort nicht geben lich unterstreichen - ich glaube, dass es so etwas kann, kann ich es verstehen, dass Partnerdienste wie ein Elefantenargument in der Debatte gibt. sagen: Wir geben euch Informationen, aber nur Und das Elefantenargument lautet nach meinem dann, wenn ihr nicht darüber entscheidet, wer Dafürhalten: Wenn wir eine Kooperation gefähr- sie sonst noch alles bekommt. - Sondern es ist den und infolgedessen auch nur eine Information zum Beispiel auch so, dass bestimmte Informatio- nicht bekommen würden, die einen terroristi- nen weitgehende Rückschlüsse zulassen auf die schen Anschlag verhindern würde - diese Verant- Tätigkeit der betreffenden Nachrichtendienste. wortung will kein Mensch tragen - - dass wir Wir haben hier eine Verantwortung, den deut- sozusagen mit so einem zunächst Elefanten, der schen BND zu kontrollieren. Wir haben aber durch den Raum marschiert, schwer leben kön- keine Verantwortung und kein Recht, den Nach- nen, wenn wir gleichzeitig die Verantwortung richtendienst von Frankreich, Italien oder Groß- auch haben, gerade die immer bedeutender wer- britannien zu kontrollieren. So, und in diesem dende Kooperation von Geheimdiensten im Be- Spannungsfeld muss man Lösungen suchen. Ich reich SIGINT - weil SIGINT-Überwachung nun bin überzeugt, dass es diese Lösungen gibt. einmal ein internationales Geschäft zunehmend ist und damit auch ein Kooperationsgeschäft Und ich frage mich, wenn der Kollege von Notz ist - wie man das in den Griff bekommt. Ich das Verfassungsgerichtsurteil vielleicht schon glaube, wenn wir sagen: „Es wird weiterhin eine vorher gekannt hätte, ob er sich dann nicht doch Third Party Rule geben, die auch dazu führt, dass in die Auswahl der Vertrauenspersonen und in das PKGr dann nicht über Dinge informiert wird, die Formulierung des Mandates stärker mit ein- wenn der jeweilige Kooperationspartner es nicht geschaltet hätte. Ich hätte nicht ausgeschlossen - will“, dass wir hier sozusagen ein Loch, einen damals, als wir das mit Ihnen diskutiert haben -, Bereich haben, der kontrollfrei ist. auch jemanden zu benennen, der von der Oppo- sition vorgeschlagen wird. Ich habe mit meinen Zeuge Peter Altmaier: Noch einmal: Ich glaube Mitarbeitern darüber gesprochen und auch mit nicht, dass er kontrollfrei ist. Aber es ist ein dem Kollegen Oppermann und wenn mich nicht Spannungsfeld, und es macht die Kontrolle alles täuscht, auch mit Ihnen damals über die schwieriger. Aber ich muss hier eine Güterabwä- Frage, wie weit man auf die Opposition zugeht. gung vornehmen, und das Bundesverfassungs- Ich habe dann gesagt: Natürlich entscheidet die gericht hat diese Güterabwägung auch vorgenom- Mehrheit am Ende; aber wenn die Opposition je- men und ist dann - - Das Bundesverfassungsge- manden vorschlägt, wo wir von der Integrität der richt hätte dann ja auch sagen können: Wir hal- Person und dass sie die Auflagen zur Vertraulich- ten die Third Party Rule für unbeachtlich im Ver- keit beachtet, überzeugt sind, warum dann nicht hältnis zum Bundestag, weil wir glauben, dass auch jemanden von der Opposition nehmen? Es die Kontrolle durch das Parlament über allem ist dann kein Vorschlag gemacht worden. Aber steht. Das hat aber das Bundesverfassungsgericht vielleicht gibt es irgendwann mal, wenn ich nicht gesagt, sondern es hat in einem sehr klug längst nicht mehr in der heutigen Verantwort- argumentierenden Urteil - wobei mir nicht zu- lichkeit bin, wieder einen anderen Fall, wo man steht, Urteile des Verfassungsgerichtes zu bewer- sich dann überlegen kann: Kann man dieses Mo- ten -, in einer sehr umfänglichen Argumentation dell, was wir damals praktiziert haben, was Sie ja dargelegt, warum es glaubt, dass die Position der auch sehr engagiert vertreten haben, nicht auch Bundesregierung in der Sache angemessen und noch ausweiten und weiterentwickeln und ver- richtig war - - und das Bundesverfassungsgericht bessern, um parlamentarische Kontrolle zu er- diese Konstruktion mit der Vertrauensperson möglichen, ohne dass man diese Verpflichtungen ausdrücklich anerkannt hat als einen Versuch, so bricht oder umgeht? weit zu gehen im parlamentarischen Kontroll-

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Nur zur dienstlichen Verwendung recht wie irgend möglich, ohne das Sicherheits- dienst beteiligt ist, und dann würden Operatio- interesse der Bundesrepublik zu gefährden und nen, die das Ausland betreffen, tatsächlich weit- aufs Spiel zu setzen. Da haben Sie, die Abgeord- gehend jeder Kontrolle entzogen. neten, Rechtsgeschichte geschrieben mit diesem Institut. Und ich kann mir durchaus vorstellen, Zeuge Peter Altmaier: Ja. dass das letzte Wort in künftigen Fällen nicht ge- fallen ist. Aber ich könnte als Kanzleramtsminis- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und das kann na- ter nicht die Verantwortung dafür übernehmen, türlich nicht der Ausweg sein für die Bundesre- zu sagen: „Ich schließe solche Vereinbarungen gierung, Kontrolle nicht stattfinden zu lassen. nicht mehr ab oder ich kündige sie auf“, weil ich Dann würde sie parlamentarisch zur Farce, wenn genau weiß, dass es erhebliche Konsequenzen Sie immer einen Partner einfach dazunehmen, hätte, und das möchte ich gerne verhindern. und dann war es das mit der Kontrolle. Und das ist ja genau die Sorge, die wir haben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eigentlich sollten wir damit zur nächsten Fraktion überge- Und was die Person Graulich angeht, wo ich hen, mit so einem tollen Abschluss: „Rechtsge- dazu jetzt noch gleich eine Frage noch mal habe - schichte“. nicht die Person, sondern zu dem Vorgang -: Wir haben ja auch das Problem gehabt, a) dass er von Christian Flisek (SPD): Wir gehen nur dann über, der Mehrheit bestimmt worden ist und b) dass wenn die Zeit abgelaufen ist. die Regierung ihn eingesetzt hat. Ich möchte fra- gen, was der denn konkret geprüft hat. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, die ist seit drei Minuten abgelaufen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu hat Herr Wolff eine Anmerkung. Christian Flisek (SPD): Ja, also den Einwand respektiere ich. MR Philipp Wolff (BK): Herr Hahn, Sie werden jetzt gleich wieder sagen, ich mache das nur bei Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na, da habe der Opposition, aber - - ich Glück gehabt. - Gut, dann kommen wir jetzt zur nächsten Fraktion: Die Linke. Herr Kollege Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ist ja auch so! Hahn. MR Philipp Wolff (BK): Nein, ich habe es vorhin Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das Problem, auch sogar bei der Unionsfraktion gemacht. - Es das der Herr Flisek hat, habe ich in gewisser geht jetzt wirklich ausschließlich ums Konsulta- Weise auch. Wenn ich mir vorstelle, dass Sie tionsverfahren bzw. um die Konstruktion Grau- künftig fast alle internationalen Operationen des lich. Das ist nämlich nicht Untersuchungs- BND mit einem Partner durchführen - - gegenstand. Der Minister kann natürlich gerne was dazu sagen, ohne Anerkenntnis einer Rechts- Zeuge Peter Altmaier: Bitte? Noch mal. pflicht. Ich will nur darauf hinweisen: Es ist tat- sächlich ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wenn ich mir vor- weil es ist nicht der Gegenstand dieses Ausschus- stelle, dass Sie künftig fast jede Kooperation des ses. BND im Ausland mit anderen Partnern durchfüh- ren würden, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Zumal wir es dann auch entre nous mal diskutieren müssen. Es Zeuge Peter Altmaier: Ja. gibt da entsprechend Mehrheitsbeschlüsse in die- sem Ausschuss, die müssen ja nicht jedem gefal- Dr. André Hahn (DIE LINKE): - dann steht jedes len. Aber von daher müssten wir das unter uns Mal die Frage, dass dort ein anderer Nachrichten- diskutieren.

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, da müssten aber da konnten wir uns auf die Third Party Rule wir gar nichts diskutieren. Ich möchte einfach nicht berufen und haben es auch nicht getan. wissen, was der konkret geprüft hat. Und ich frage das aus den Zeugenaussagen, die wir hier Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das war auch nicht haben, auch Unterlagen. Wir haben ihn ja mit der meine Frage. Ich habe ausdrücklich nach NSA- Mehrheit eingesetzt als es um diese 40 000er- Selektoren gefragt. Nach dem, was wir hier erfah- Liste geht, oder 38 000 und ein paar ren haben in den letzten Wochen, sind weitere Zerquetschte. Inzwischen wissen wir, dass noch NSA-Selektoren gesperrt worden, weil rechts- mehr NSA-Selektoren rausgenommen worden widrig gegen deutsche, gegen europäische Inte- sind, gesperrt worden sind; eine ganze Menge ressen. Und die Frage, die ich habe, ist: Was ist offensichtlich in der Folgezeit. Und meine Frage dort noch dabei an möglichen riesigen Pro- ist: Wer hat die kontrolliert? Hat Graulich die blemen, Skandalen, über die wir alle nicht infor- weiteren Begriffe, die ebenfalls gesperrt worden miert sind und die offenbar auch Herr Graulich sind, weil der BND und das Kanzleramt rausge- nicht gesehen hat? Und die Frage ist: Wer hat funden haben, auch die sind problematisch, auch diese Suchbegriffe jetzt durchgesehen, und wer die sind rechtswidrig, auch die sind gegen deut- kann dem Untersuchungsausschuss für seinen sche Interessen - - Wer hat die geprüft? Sind die Abschlussbericht dort eine Information geben? überhaupt noch mal von jemandem geprüft wor- den? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Darf ich noch einmal verständnishalber - - weil ich kann gerade Zeuge Peter Altmaier: Moment! Also, Herr Grau- nicht folgen. Welche NSA-Selektoren wurden lich hat sich mit den NSA-Selektoren beschäftigt. wann herausgenommen? Über welchen Zeit- Das war in seinem Mandat ausdrücklich so for- punkt reden wir? muliert. Und es war ja so: Die Regierung hat ihn zwar eingesetzt, aber wir haben den Ausschuss Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die 40 000-er wa- gebeten, Vorschläge zu machen. So. Natürlich, ren damals relativ am Anfang. Und es sind dann - wenn wir ihn einsetzen, sind wir nicht gezwun- das ist uns mitgeteilt worden - weitere rausge- gen, jeden Vorschlag anzunehmen; aber es be- nommen worden; man hat noch mal gesucht, stand bei der Regierung die Bereitschaft, sich man hat durchgeguckt die noch in der Steuerung Vorschläge der Opposition sowohl zum Mandat befindlichen NSA-Selektoren, und es sind wei- wie auch zur Person vorurteilsfrei anzuschauen tere herausgenommen worden. Ich weiß jetzt gar und gegebenenfalls auch zu berücksichtigen. nicht, ob wir die genaue Zahl wissen. Aber es sind weitere etliche herausgenommen worden. Was Herr Graulich im Einzelnen im Hinblick auf Meine Frage ist: Wer - - die NSA-Selektoren geprüft hat, das ergibt sich aus seinem Mandat und aus seinem Abschlussbe- (Zuruf) richt. Das ist jetzt nicht Gegenstand meiner Befra- gung. Aber war die BND-Selektoren angeht: Die - Tausende! hatte er nicht zu prüfen. Zeuge Peter Altmaier: Darf ich mal dazu - - Es ist Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich rede nicht über ja eine interne Diskussion im Ausschuss. Ich will die - - abschließend vielleicht noch Folgendes dazu sa- gen: Als wir Herrn Graulich eingesetzt haben, Zeuge Peter Altmaier: Dort gibt es keine Third war es das Anliegen des Ausschusses - ich Party Rule. Da gab es ein Kontrollrecht des Parla- glaube, übrigens auch der Opposition -, dass sein mentes, und deshalb hat das PKGr eine Taskforce Bericht nicht irgendwann zum Ende der Arbeit eingesetzt, und diese Taskforce hat sich das ange- des Ausschusses kommt, sondern so zeitnah, schaut. Und das war für die Regierung auch nicht dass man die Erkenntnisse, die in dem Bericht immer einfach und nicht immer schmeichelhaft; enthalten sind, für die weitere Arbeit des Aus- schusses noch berücksichtigen kann. Und das im

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Nur zur dienstlichen Verwendung impliziert denknotwendigerweise, dass all das, nicht; hat auch Herr Graulich nicht gesehen. Und was möglich sich noch ereignet hat, nachdem er die Frage ist: Was ist dort gefunden worden? Wie den Bericht fertiggestellt hat, von ihm nicht be- brisant ist das? Und wer prüft das? Da wir es ja wertet werden konnte, weil es eben erst nach die- nicht sehen dürfen und Herr Graulich nicht ge- sem Zeitpunkt war. sehen hat, weil sein Abschlussbericht schon vor- liegt: Wer prüft, was dort noch gefunden worden (Dr. Konstantin von Notz ist in den letzten Monaten? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja!) Zeuge Peter Altmaier: Herr Hahn, ich finde jetzt das, ehrlich gesagt, nicht ganz fair. Sie hätten die Ich kann Ihnen aber so viel sagen - vielleicht be- Möglichkeit gehabt, am Mandat von Herrn Grau- ruhigt Sie das -, dass nach meiner Kenntnis und lich mitzuwirken. Und wenn Sie der Auffassung nach meiner Einschätzung alle wesentlichen waren, dass das Mandat nicht umfassend genug Dinge Herrn Graulich vorlagen, von ihm bewertet war, wenn Sie der Meinung gewesen wären, es worden sind, und alles andere, was dann viel- sollten noch andere Dinge aufgenommen werden, leicht noch bei weiteren Prüfungen, die fortlau- dann hätten Sie das beantragen können, dann fend durchgeführt werden, weil wir nämlich hätte der Ausschuss darüber befunden. Ich weiß auch wollen, dass sozusagen die Dinge ja verbes- nicht, ob Sie es gemacht haben. Nach meiner Er- sert werden - - dass das in der Qualität und innerung hat die Opposition sich an der Formu- Quantität nichts Entscheidendes verändert hat. lierung des Mandates und an den Vorschlägen Das ist mein Eindruck. für die Personen nicht beteiligt. So. Und dann finde ich es nicht ganz fair, wenn Sie hinterher Dr. André Hahn (DIE LINKE): Was heißt denn dann sagen: Und das war nicht, und das war das konkret? nicht, und das war nicht. - Das ist der erste Punkt. Zeuge Peter Altmaier: Ja, das heißt, dass Herr Graulich nur Dinge prüfen konnte, die vorlagen Der zweite Punkt ist: Hat sich nach Abschluss bis zu dem Zeitpunkt, wo er den Bericht abge- der Untersuchung von Herrn Graulich ein neuer schlossen hat. Sachverhalt ergeben, der es notwendig machen würde, noch einmal eine Prüfung vorzunehmen? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das weiß ich sel- Das kann ich nicht erkennen. Das habe ich Ihnen ber, Herr Altmaier. so gesagt. Das ist meine persönliche Auffassung. Im Übrigen ist das eine Frage, die der Ausschuss Zeuge Peter Altmaier: Ja. beurteilen muss.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Bloß, weil Sie sa- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, wir wissen ja gen, Sie wollen etwas Abschließendes sagen. Mit nicht, was dort ist. Deshalb können wir das nicht Verlaub: Wann Sie etwas Abschließendes sagen, beurteilen. Aber Fairness ist ein schönes Stich- hängt von unseren Fragen ab. wort. Es war die Bundesregierung, die gesagt hat, dass sich die Untersuchung des Beauftragten Zeuge Peter Altmaier: Ja. selbstverständlich nur auf diese gesperrte Liste beschränkt und nicht auf die noch laufenden Se- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und insofern gibt lektoren. Und demzufolge konnten wir dort nicht es dort nach wie vor Unklarheiten für mich. Herr erweitern, selbst wenn wir gewollt hätten. Das Graulich hat nicht geprüft die noch in der Steue- war die Voraussetzung, dass gesagt worden ist: rung befindlichen anderen Millionen Selektoren, nur die gesperrte Liste, nicht die laufenden Se- sondern er hat die 40 000 oder 38 900 - wie auch lektoren. Und demzufolge war nichts mit der Er- immer - geprüft. Jetzt finden Sie im BND, im weiterung durch uns möglich. Kanzleramt, weitere Suchbegriffe, vielleicht noch schlimmer oder noch gravierender. Wissen wir

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Zeuge Peter Altmaier: Also, ich kann das jetzt Schindler über die Frage selbst noch mal im nicht nachvollziehen, ob wir das so gesagt haben. Frühsommer 2015 gesprochen habe, da habe ich Aber wenn wir es so gesagt haben, hat es natür- mit Herrn Schindler über dieses Thema geredet, lich damit etwas zu tun, dass sich das Unter- und es erschien mir nicht als ein größeres Pro- suchungsrecht des Parlamentes auf abgeschlos- blem, sondern es erschien mir damals als ein sene Vorgänge bezieht, und daraus hat sich dann Problem, das einige Botschaften betroffen hat das Weitere ergeben. - Wenn es so war; ich weiß und das abgestellt und gelöst war. So. es nicht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Wir Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ja, das ist dann kommen zur nächsten Fraktion, das ist die Frak- die Fairness. Richtig. - Ich möchte aber noch mal tion der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. fragen, wie Sie das denn bewerten, wenn der BND-Präsident zum Kanzleramtschef, der jetzt Nina Warken (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Herr Sie sind, kommt - damals war es Herr Pofalla, Ihr Altmaier, Sie haben sich in der Vergangenheit ja Vorgänger -, teilt mit: Wir haben da ein größeres das eine oder andere Mal schon zu Fragen, die Problem. EU-Staaten, Botschaften usw. werden die Ausschussarbeit betreffen oder die die Tätig- von uns in der Steuerung ebenfalls überwacht. - keit des BND betreffen, ja auch via Twitter geäu- Wann ist der Punkt erreicht, wo man die Bundes- ßert, unter anderem im Mai 2015. Da haben Sie kanzlerin informieren muss aus Ihrer Sicht? Sie geäußert auf die Frage, ob der BND Europäer le- haben ja vorhin gesagt, Sie sind dafür jetzt auch gal überwachen dürfe: Es handelt sich bei der zuständig, Sie bewerten das. Wann ist der Punkt, Thematik um - ich zitiere - „keine Meinungs-, wo man die Bundeskanzlerin informieren muss, sondern eine Rechtsfrage“ und diese sei - Zitat - „ die zeitgleich durchs Land läuft und sagt: „Spio- ... von denen zu beantworten, die dazu berufen nieren, Ausspionieren unter Freunden geht gar sind“. nicht“? Zeuge Peter Altmaier: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist jetzt die letzte Frage in der Runde. Nina Warken (CDU/CSU): Der ehemalige BND- Präsident Herr Schindler hat bei uns im Aus- Zeuge Peter Altmaier: Ich bitte um Verständnis. schuss, auch im Mai 2015, gesagt - ich zitiere Ich war bei dem Gespräch zwischen Herrn ihn -: Pofalla und Herrn Schindler nicht dabei. Ich weiß nicht, was konkret besprochen worden ist. Die Aufklärung europäischer Es ist mir berichtet worden, und ich habe es aus Ziele, wenn sie denn erfolgt wäre, Ihren Unterlagen gesehen. Deshalb bitte ich ganz wäre daher kein Gesetzesverstoß, herzlich um Verständnis, dass ich da keine nach- sondern dieses vielmehr eine Frage der politischen Bewertung. trägliche Bewertung vornehme, sondern ich ent- scheide in den Fällen, in denen ich zu entschei- Wer hat denn jetzt Recht: Herr Schindler oder den habe, nach meinen besten Fähigkeiten. Sie? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wenn Sie das, was (Dr. Konstantin von Notz Sie jetzt wissen, damals gesagt bekommen hät- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten - jetzt rede ich davon, was Sie in eigener Ent- NEN): Ja, so etwas wird als scheidung tun würden -, würden Sie es wirklich Zeitspiel gepfiffen!) so halten, dass die Kanzlerin davon keine Kennt- nis erhält? Zeuge Peter Altmaier: Ich vermute übrigens, dass wir beide Recht haben. Zeuge Peter Altmaier: Noch einmal, noch ein- mal: keine hypothetischen Antworten auf hypo- thetische Fragen. Als ich damals mit Herrn

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(Hans-Christian Ströbele mit einem Vertreter dieses Landes, der mit einem (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vertreter eines europäischen Landes telefoniert NEN): Das ist einfach! - oder spricht, den wir nicht aufklären. So, und Dr. Konstantin von Notz trotzdem ist das dann sozusagen nicht die Auf- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- klärung dieses europäischen Landes, sondern es NEN): Ehrlich! Das ist so verrückt!) geht um das Land, was im Auftragsprofil der Bundesregierung enthalten ist und wo wir im Und im Übrigen ist es so, dass die Frage auch nationalen Interesse an dieser Aufklärung ein von Fall zu Fall zu entscheiden und zu beantwor- hohes Interesse haben und was dann völlig vom ten ist. Und wir haben politisch entschieden, Auftragsprofil gedeckt ist. Was dann im Übrigen dass wir Freunde nicht abhören. Und es gibt aber die Frage der Rechtsmäßigkeit angeht, so beur- immer auch Grenzfälle und Fälle, die besonders teilt die sich vor allen Dingen natürlich nach zu bewerten und zu entscheiden sind. Aber gene- dem BND-Gesetz und was dort drinsteht. Und rell ist es so, dass wir Freunde nicht abhören, das haben wir ja gerade erst novelliert, und die und das gilt insbesondere für die Mitgliedstaaten Änderungen sind Ihnen ja auch, glaube ich, alle der Europäischen Union. bekannt.

(Hans-Christian Ströbele Nina Warken (CDU/CSU): Gut. Dann gebe ich an (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den Kollegen ab. Vielen Dank. NEN): Aber wer Freunde sind, bestimmen wir!) Tankred Schipanski (CDU/CSU): Herr Bundes- minister, ich habe noch einmal eine Frage. Die Nina Warken (CDU/CSU): Wo verläuft denn Ih- Kollegin Warken hat das vorhin relativ abstrakt res Erachtens die Grenze, wenn es jetzt um strate- gefragt; ich möchte es einfach noch mal konkreter gische Fernmeldeaufklärung von Einrichtungen fassen. von Partnerstaaten geht, wenn das Ziel dabei die allgemeinpolitische Aufklärung von Drittstaaten Sie hatten ja den Besuch in Pullach am 20. März ist, sofern es sich alles innerhalb des APB be- 2015 gehabt. Dann haben Sie auch in Ihrem Ein- wegt? Wo ist da die Trennlinie des Erlaubten? gangsstatement erklärt: was war der Anlass, wie überrascht man war, was anschließend alles ge- Zeuge Peter Altmaier: Na ja, ich weiß nicht, ob schehen ist, schriftliche Anfragen usw. usf. Was ich das in öffentlicher Sitzung beantworten darf uns natürlich jetzt auch mit Blick auf diese Wo- oder - - Ich könnte das jetzt schon sehr detailliert che Donnerstag interessiert, ist, wie Sie von die- auch noch einmal auseinanderklabüsern. Zum sen Erkenntnissen, die Sie da gewonnen haben, Beispiel ist es ja so, dass es oftmals Kommunika- die Bundeskanzlerin unterrichtet haben. tionen gibt, an denen Stellen in zwei verschiede- nen Staaten beteiligt sind, unter anderem auch Zeuge Peter Altmaier: Ich habe vorhin gesagt, ein Staat, den Sie aufklären. So. Und dann erge- dass ich über diese Erkenntnisse auch Mitglieder ben sich solche Fragen. Aber ich glaube nicht, der Bundesregierung informiert habe, und ich dass ich das hier in öffentlicher Sitzung tun habe gesagt, dass ich die Bundeskanzlerin in sehr sollte, oder? wichtigen Frage informiere. Und alles andere ist - die Einzelheiten dieser Informationen, dieser MR Philipp Wolff (BK): Also den Einzelfall si- Kommunikation -, glaube ich, vom Kernbereich cher nicht. Wenn es um die Gesetzeslage geht - - exekutiver Eigenverantwortung, dem berühmten Arkanum, umfasst. Und deshalb bitte ich herz- Zeuge Peter Altmaier: Also, es ist zum Beispiel lich um Verständnis, dass ich diese Frage nicht so: Wenn wir uns entschieden haben, einen be- beantworten möchte, was die Details angeht. stimmten Staat aufzuklären, weil es dafür Gründe Aber Sie können davon ausgehen, dass dies ein gibt, dann kann es zum Beispiel auch sein, dass Kommunikation erfasst wird, die geführt wird

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Nur zur dienstlichen Verwendung sehr wichtiger und sehr bemerkenswerter Vor- dem Thema: „Können dann auch unter Umstän- gang war und dass alle informiert wurden, die den europäische Stellen, wenn sie mit ausländi- darüber informiert werden mussten. schen Stellen, die wir aufklären, sprechen, be- troffen sein?“, geäußert, in aller Vorsicht. Und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Dann selbstverständlich haben wir ein Interesse daran, bitte der Kollege Wendt weitermachen. dass wir terroristische Gefährder, organisierte Kriminelle, Leute, die mit Proliferation sich be- (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Ich schäftigen, dass wir das aufklären und dass wir will nur noch mal auf die Selektorenliste zu spre- denen möglichst das Handwerk legen. chen kommen. Es gibt ja immerhin eine Zahl von 40 000 Selektoren, und das Entscheidende ist ja Marian Wendt (CDU/CSU): Ich wollte das nur aus meiner Sicht nicht ein Selektor an sich, son- noch einmal auch erläutert darstellen, weil das dern im Endeffekt die Person dahinter, die dahin- halt oft der Vorwurf ist: Es gibt dann diese Liste, tersteht und eine gewisse Information generiert und da wird massenlos und anlasslos - oder nicht generiert. Und dann kann man ja aus- rechnen: Es gibt soundsoviele Selektoren, eine Zeuge Peter Altmaier: Nein. Person generiert soundsoviele verschiedene Da- ten, E-Mails, Telefonnummern, und dann kom- Marian Wendt (CDU/CSU): - überwacht usw. men wir vielleicht auf eine vierstellige Zahl, usf., sondern dass man ja auch ein konkretes, kann man sich herunterbrechen, je nachdem - ein - - aus Ihrer Erfahrung heraus als Chef des Nachrich- tendienstes, der Nachrichtendienste bzw. dann (Dr. Konstantin von Notz auch andere Herleitungen - - Der Vorwurf ist ja, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass dort befreundete Botschaften, befreundete NEN): „Massenlos“? Was Partner mit einer entsprechenden E-Mail-Endung ist denn das?) geführt wurden; von der Knesset zum Beispiel, haben wir gelesen, oder andere Bereiche. Ist es - Das ist ja der Vorwurf, der immer wieder im aus Ihrer Erfahrung her auch so, dass es in be- Raum steht - - sondern dass die Selektorenliste - freundeten Ländern Personen gibt, die es nötig (Dr. Konstantin von Notz machen, überwacht zu werden, auch durch uns, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weil zum Beispiel sie Anschläge planen, weil sie NEN): Massenlos, hat noch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in unse- niemand behauptet!) rem Land oder in Europa darstellen, die es even- tuell auch begründen würden, dass solche Perso- - Massenhaft - - dass das auch gewisse Gründe nen auch aus dem Grund heraus, dass Nachrich- sind, warum man auch aus gutem Grund diese tendienste im Sinne unserer Sicherheit agieren, Person eventuell im Visier hat. entsprechend geführt werden sollten? Ich will noch einmal auf einen anderen Bereich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, das war kommen. Wir sind ja als Ausschuss auch gehal- ein Beispiel, kein konkreter Fall. ten, Konsequenzen aus einem gewissen Sachver- halt, den wir erforscht haben, zu ziehen. Und Zeuge Peter Altmaier: Ja, ich habe ja gar keinen was man ja zumindest feststellen muss, ist, dass Anlass, mich über die Frage zu beklagen. - Ja, in den letzten Jahren, vielleicht seit den Snow- wenn ich sage: „Freunde hören wir nicht ab“, den-Veröffentlichungen, zumindest der Blick- dann meine ich damit, dass wir ganz grundsätz- winkel der Öffentlichkeit - von vielen Fachpoliti- lich sagen, dass wir Parlamente, Regierungen, Ge- kern und der Fachebene schon sicherlich eher - richte, Behörden befreundeter Ministerien, be- auf die ganze Frage Cybersicherheit gelenkt freundeter Staaten nicht abhören wollen und wurde. Im November 2016 wurde auch eine ent- nicht abhören werden. Ich habe mich vorhin sprechende Cybersicherheitsstrategie für schon auf die Frage, die gestellt worden ist zu Deutschland verabschiedet. Und da vielleicht

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung einmal aus der nachrichtendienstlichen Perspek- wir inzwischen, sind wir bisher - - haben wir alle tive, aus Ihrem persönlichen Standpunkt auch Angriffe und Gefahren recht erfolgreich abge- heraus, noch einmal gefragt: Tun wir bereits alles wehrt. Es gab auch andere Vorkommnisse von und sind alle erforderlichen Maßnahmen bereits Kommunikation, die nicht über IKT geschützt getan, um unsere Bürger, um unsere Unterneh- war, die nicht ganz so erfolgreich war, und das men, aber natürlich auch die Kommunikation der zeigt, dass wir besser werden müssen. Und das staatlichen Verwaltung vor Angriffen von außen ist der Grund, warum wir bei der Bundeswehr zu schützen? Aber natürlich auch, also den An- eine sozusagen nicht neue Teilstreitkraft - aber griff des Datenabflusses, dass dieser nicht pas- weit davon weg ist es auch nicht -, also einen siert, aber natürlich auch, um eine entsprechende Schwerpunkt Cyber gebildet haben. Das ist der Sicherheit zu gewährleisten: Was müsste dort Grund dafür, warum der Bundesinnenminister in noch aus politischen, finanziellen und gegebe- seinem Zuständigkeitsbereich einen neuen nenfalls auch anderen Gründen noch getan wer- Schwerpunkt in dieser Frage bildet, und das ist den, um diese Cybersicherheitsstrategie umzuset- der Grund dafür, warum der BND ein durchaus zen und im Endeffekt den Schutz unserer Gesell- finanzaufwendiges, aber absolut notwendiges schaft zu verbessern? Technikprogramm aufgelegt hat, weil wir auch nicht davon ausgehen können, dass ein einmal (Dr. Konstantin von Notz erreichter Stand für alle Zeit ausreichend ist, son- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dern die Fähigkeiten müssen ständig verbessert NEN): Nein! Das ist nicht werden, weil diejenigen, die uns über Cyber be- untersuchungsgegenständ- drohen, ihre Fähigkeiten auch verbessern. Und lich! Leute!) deshalb ist das eine sozusagen permanente Auf- gabe, wo man niemals sagen kann: „Wir haben Die Konsequenzen aus einem Sachverhalt - - absolute Sicherheit“, sondern wir müssen uns Wenn ihr beklagt, dass es so und so ist, dann immer wieder bemühen, die Firewall zu verbes- müssen wir auch Konsequenzen daraus ziehen, sern und die - - etwas zu ändern. Alleine die Detektion, das Feststellen von Nach- (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- richtenabflüssen ist eine schwierige Geschichte NEN): Wie verzweifelt und erfolgt manchmal erst mit erheblicher zeitli- muss man sein! - Heiter- cher Verzögerung. Außerdem ist die Sensibilisie- keit) rung gerade auch in der Wirtschaft ein ganz wichtiges Thema, dem sich der Bundesinnenmi- - Wir haben hier keine Verzweiflung. nister und auch viele andere, der Bundeswirt- schaftsminister, widmen, ganz wichtig, weil auch Zeuge Peter Altmaier: Also, es ist doch selbstver- viele Unternehmen noch gar nicht so sensibili- ständlich, dass wir in den letzten Jahren nicht siert sind, dass sie wissen, worauf sie achten nur erlebt haben, dass das Internet und die Kom- müssen und wie sie erkennen können, wenn sie munikation sich vervielfacht hat, sondern wir ha- Opfer eines Cyberangriffs werden. ben eben festgestellt, dass sich auch die Gefah- ren, die über Cyber, von Cyber ausgehen können, Marian Wendt (CDU/CSU): Vielen Dank. Keine von Cyberaktivitäten ausgehen können, stark zu- weiteren Fragen. genommen haben und dass nicht nur staatliche Akteure dort unterwegs sind, sondern auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- nichtstaatliche Akteure. Und das bedeutet, dass chen Dank. - Kommen wir jetzt zur nächsten wir uns darauf einstellen müssen. Wir sind nicht Fraktion: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der schlecht. Wir haben das BSI, das sich damit Kollege von Notz beginnt. schon länger beschäftigt, und, wenn ich das ein- mal so sagen darf, wir haben den Kommunika- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tionsverbund der Bundesregierung, und dort sind NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Es ehrt

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung die Opposition, dass hier so auf Zeit gespielt sozusagen, dass es das gegeben hatte, und weil wird. Es muss ja eine große Furcht vor unseren ich dann überrascht war über diese neue Proble- Fragen bestehen, aber - - matik „Beifang“, habe ich die Frage gestellt: Gibt es noch andere Dinge, die ich wissen muss, die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, die jetzt problematisch sind, die möglicherweise geändert kommen, weil das ist ja keine Theaterveranstal- werden müssen? So. Und da bin ich mir ganz si- tung hier. cher, und das weiß ich auch sehr genau. Aber ob es nun Herr Schindler selber war oder jemand Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- anders, entzieht sich meiner Kenntnis. NEN): Ach so!? Da wird es jetzt so präzise, Herr Vorsitzender, ja? So scharf dann, ja? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie wissen ganz genau, dass Sie Herr Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Immer bei Schindler diese Frage gestellt haben. der Opposition. Zeuge Peter Altmaier: Ja, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das fällt Ihnen ja früh ein, ja? Jeder diskre- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ditiert sich, so gut er kann. NEN): Genau!

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ihr seid ja Zeuge Peter Altmaier: - ich wusste zu dem Zeit- jetzt dran. punkt, als ich mit Herrn Schindler über den neuen Vorgang sprach - im Zusammenhang mit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Marcel R. [sic!], - NEN): Ja, ja, genau. - So. Herr Minister, ich komme noch einmal auf diesen Vorgang Ihrer Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kenntnisnahme der Pofalla-Weisung zurück. NEN): Markus R. Wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, war das im Frühjahr 2014, dass Sie von dieser Zeuge Peter Altmaier: - Markus R., ja, und dem Weisung erfahren haben. Beifang -, da habe ich dieses Thema auch mit Herrn Schindler aufgenommen in zwei verschie- Zeuge Peter Altmaier: Frühsommer. denen Rücksprachen. Und ich bin jemand, der natürlich auch ein bisschen immer evidenz- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- basiert denkt. Und als ich gehört habe, dass sozu- NEN): Frühsommer. Wie ist das genau passiert? sagen, nachdem wir erklärt hatten, Freunde hö- Also, wer hat Sie über diese Weisung, die ja ren wir nicht ab, und damit auch der politische mündlich erteilt worden ist, unterrichtet? Wille ja spätestens mit dieser Aussage der Kanz- lerin ganz klar erkennbar war und es dann den- Zeuge Peter Altmaier: Das habe ich, glaube ich, noch notwendig war, dass Herr Pofalla im Okto- schon gesagt. Ich weiß, dass ich darüber in zwei ber noch einmal die Praxis geändert hat und Gesprächen mit Herrn Schindler gesprochen Anweisungen gegeben hat, und dann wieder ein habe; aber ich kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, Vorgang mir auf den Tisch flattert, den ich für ob ich es von Herrn Schindler erfahren habe oder problematisch hielt - - kam mir selbstverständ- von jemand anders. Da bitte ich einfach - - lich der Gedanke: Ist es das jetzt, oder gibt es noch irgendetwas? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also Sie erinnern - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, nur - - Zeuge Peter Altmaier: Ich antworte nach bestem Wissen und Gewissen. Aber es war mir bei die- Zeuge Peter Altmaier: Und das habe ich mit sen Gesprächen bekannt, und weil ich wusste Herrn Schindler diskutiert.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das haben Sie mit Herrn Schindler disku- NEN): Aber wer hat gesagt, dass es Beifang ist, tiert. Nur: Herr Heiß hat Sie nicht informiert über Herr Minister? Wer sagte, was ist Beifang? diesen Vorgang? Zeuge Peter Altmaier: Ja, der Bundesnachrich- Zeuge Peter Altmaier: Nein, ist mir nicht be- tendienst sagte mir das. Herr Schindler. kannt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. Und daraufhin haben Sie nachge- NEN): Das können Sie nicht erinnern. Und: Wer fragt: Steuern wir die nicht etwa direkt? Und hat gesagt, dass das Beifang ist? dann haben die Sie angelogen und haben Ihnen gesagt: Nein, das haben wir zufällig erfasst. Zeuge Peter Altmaier: Herr Schindler. Zeuge Peter Altmaier: Nein, es ging ja um eine Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ganz konkrete Kommunikation. So. Und da ist NEN): Der sagte, dass das Beifang ist. mir das geschildert worden, dass es zufällig er- fasst worden ist und nicht gezielt danach gesucht Zeuge Peter Altmaier: Ja. - Nicht die Geschichte worden ist. mit den Botschaften; das war der neue Fall. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Nein. Zeuge Peter Altmaier: So. Und ich habe dann ge- Zeuge Peter Altmaier: Ich habe doch vorhin, sagt: Das ist gravierend, darüber muss ich das ohne den Fall zu nennen - es stand auch schon in PKGr unterrichten, die Obleute. Ich weiß, es war der Zeitung, und Sie werden sich bestimmt daran die Ferienzeit schon angebrochen, und ich habe erinnern - - Es gab damals Zeitungsberichte, dass dann - - Ich glaube, Herrn Hahn habe ich erst re- Kommunikation von westlichen Politikern und lativ spät erreicht, und andere habe ich sofort er- Verantwortungsträgern abgehört worden sei. reicht und habe sie darüber - auch Herrn Ströbele seinerzeit - unterrichtet in allgemeiner Form, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aber so, dass die Bedeutung des Vorgangs erkenn- NEN): Ja, zum Beispiel US-Außenministerium. bar war, und weil ich ungern wollte, dass sich dann irgendwann noch einmal zu den Obleuten Zeuge Peter Altmaier: So. Darüber ist geschrie- muss, um zu sagen: Es war noch mehr. Ich hatte ben worden. keine Ahnung von der Selektorenliste, die war nicht bekannt zu dem Zeitpunkt, habe ich aber Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gefragt: Gibt es noch sonst etwas, was nicht im NEN): Ja. Einklang steht mit dem Spruch „Freunde hören wir nicht ab“? Und dann ist mir klar gesagt wor- Zeuge Peter Altmaier: Und das war natürlich den: Das war’s. dann Gelegenheit zur Rücksprache von Herrn Schindler mit mir, als wir das festgestellt haben. Dann kam die Selektorenliste im März 2015, und Und ich habe mich dann über den Umgang mit dann habe ich selbstverständlich wieder mit BND Beifang - das heißt, das sind Informationen, die und auch mit Herrn Schindler, aber nicht nur mit man nicht gezielt sucht, sondern die sozusagen ihm, sondern auch mit anderen Verantwortlichen anlässlich einer Aufklärung beifällig sozusagen darüber gesprochen, und dann habe ich gesagt: oder beiläufig erlangt werden - , darüber infor- Sie haben mir doch damals gesagt, es gibt sonst mieren lassen. Das hat mich sehr interessiert. nichts. - So, und dann hat Herr Schindler - das hat er ja auch im Ausschuss wiederholt - mir ge- sagt: Ich wusste es halt eben nicht. - So. Und das

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung kann ich auch nicht widerlegen, und ich kann es Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht bestätigen, sondern ich muss es so nehmen, NEN): Herr Minister, ganz kurz - - wie er mir es gesagt hat und wie es mir der Leiter der Abteilung TA gesagt hat. Und das war dann Zeuge Peter Altmaier: - weil wir im Kanzleramt für mich der Grund zum Handeln und die Dinge das so wollten. zu verändern. Aber bei diesem Gespräch im Frühsommer waren die Selektoren noch keine Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Problematik. Ich wusste damals noch gar nicht, NEN): Ja, nur, die Frage ist ja - - Objektiv und was ein Selektor ist, also wie die technische Art subjektiv falsch, ist ja eine feine Unterscheidung. der Steuerung geht. Die Antwort wäre ja wohl gewesen von Herrn Schindler: „Jetzt mal ganz im Ernst, ich kann es Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihnen gar nicht genau sagen. Ich gehe mal nach NEN): Also Sie sagen: Sie sind da im Frühsom- Hause und gucke nach“, oder: „Wir diskutieren mer 2014 vom Bundesnachrichtendienst über dieses Thema seit 2005, seitdem wir EADS und den Umstand, dass man zum Beispiel ausländi- Eurocopter steuern; ich guck mal nach.“ Oder ich sche Staatschefs direkt steuert, zum Beispiel das würde fast sagen: Die Fach- und Rechtsaufsicht Außenministerium der USA, falsch informiert sagt: „Legt uns mal hier eine Auseinandersetzung worden vom Präsidenten des BND, dem Sie diese mit den Millionen von Selektoren vor, die ihr Frage direkt praktisch gestellt hatten. steuert“, also sozusagen diesen Bericht, den Pofalla meint angefordert zu haben, der dann Zeuge Peter Altmaier: Falsch hätte er mich dann eben das Bundeskanzleramt darüber informiert, informiert - es ist ja immer die Frage, ob es objek- dass man da nie eine systematische Aufarbeitung tiv oder subjektiv falsch ist -, wenn Herr Schind- gemacht hat. Aber das ist ja irgendwie nicht er- ler selbst davon ausging, dass es überhaupt gar folgt. keine derartigen Erfassungen gibt, die zielgerich- tet sind. Dann hätte er aus seiner subjektiven Zeuge Peter Altmaier: Ja. Und ich habe weder Sicht mich nicht falsch, sondern richtig infor- von - - Bis zu dem Zeitpunkt am 13. März habe miert. ich von der Frage, wie diese Steuerung von Se- lektoren funktioniert und welche gesteuert wer- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den und welche problematisch sind, nichts erfah- NEN): Ja. ren, weil es auch im Kanzleramt erst bekannt ge- worden ist mit der Vorlage dieser Liste, die an Zeuge Peter Altmaier: Ja, verstehen Sie? den Ausschuss gehen sollte.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber - - NEN): Okay.

Zeuge Peter Altmaier: Und das kann ich - - Ob- Zeuge Peter Altmaier: Ich habe im Übrigen Herrn jektiv war es natürlich falsch, weil es BND-Se- Schindler diese Frage gestellt, und wie er damit lektoren gab, die es nicht hätte geben dürfen. umgegangen ist. Das müssen Sie mit Herrn Schindler besprechen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Nur, jetzt mal - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben wir gemacht. Zeuge Peter Altmaier: Und deshalb habe ich ja auch dann entsprechend gehandelt, was die Ver- Zeuge Peter Altmaier: Genau, haben Sie gemacht, änderungen angeht, und es sind Selektoren aus und es ist nicht meine Aufgabe, das zu bewerten. der Steuerung herausgenommen worden, -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 145 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten mehr haben. Wie viele hat denn noch die Oppo- wir wieder zur nächsten Fraktion kommen, näm- sition? Vielleicht kriegen wir das ja ungefähr - - lich zur Fraktion der SPD, wenn es noch Fragen - - Ich frage ich mal in die Runde: Gibt es Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das hängt auch bei den anderen Fraktionen in öffentlicher von den Antworten ab. Ich kann nur sagen: Ich Sitzung noch Fragen? - Noch mal eben in die habe keinen Bedarf für eine nichtöffentliche Sit- Runde gucken. - Bei der Fraktion Die Linke gibt zung zum Beispiel. es noch Fragen. - Die Kollegin Warken meldet sich. (Marian Wendt (CDU/CSU): Das ist doch die Frage!) Nina Warken (CDU/CSU): Ich würde nur anre- gen, dass wir uns vielleicht mal verständigen, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Hier wie wir jetzt den Rest noch strukturieren. Weil auch nicht. wir haben ja die Stenografen für die geheime Sit- zung nur bis 12. Danach können wir ja noch un- Dr. André Hahn (DIE LINKE): In öffentlicher Sit- begrenzt öffentlich weitermachen. Ob wir dann zung habe ich schon noch ein paar Fragen. zwischendurch jetzt mal Geheim gehen wollen oder nicht oder was jetzt da - - Nur dass wir das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Bei der SPD: im Auge behalten. Ich weiß nicht, ob wir dazu Besteht Bedarf an einer nichtöffentlichen Sit- jetzt eine Beratungssitzung brauchen - - zung?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Christian Flisek (SPD): Nein. NEN): Können wir jetzt kurz mal überschlägig hören, wer wie viele Fragen gestellt hat schon Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. - Jetzt zeitmäßig? muss ich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch fragen, weil dann könnten wir entspannt Nina Warken (CDU/CSU): Nein, ich sage ja auch mit den Oppositionsfraktionen weitermachen, nicht, dass wir jetzt aufhören müssen, nur, wir mit ihren Fragen. müssen ja zwischendurch - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das könnten wir in jedem Fall tun, weil NEN): Das kann das Sekretariat mal kurz sagen. wir hier fragen, solange wir fragen wollen.

Nina Warken (CDU/CSU): Wir müssen jetzt - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber ich Mir ist es egal. Wir können ja mit ihm hier noch meinte ja, entspannt. öffentlich weitermachen, bis ihr fertig seid. Nur wir müssen ja bis 12 mit der geheimen durch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sein. Da ist die Frage, ob wir jetzt unterbrechen NEN): Aber um die gute Absicht zu dokumentie- oder ob wir das noch so fertigkriegen. ren, können auch wir auf den nichtöffentlichen Teil verzichten. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist doch eine kluge Anmerkung. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ihr seid su- per. Nina Warken (CDU/CSU): Das haben wir ja auch so vereinbart. Wir können es auch machen, wie Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ihr es wollt. NEN): Ja.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann ist der mal in die Runde: Ich höre, dass die Koalitions- Kollege Hahn jetzt in der nächsten Runde dran, fraktionen im öffentlichen Teil keine Fragen ganz ungestört und entspannt.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 146 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ich wollte jetzt Dr. André Hahn (DIE LINKE): Damit bin ich noch mal auf den letzten Punkt zurückkommen, dann auch noch wieder bei der Abteilung 6. Sie den der Kollege von Notz gefragt hat. Weil Sie haben vorhin gesagt, was vor der Zeit von Herrn sprechen vom Frühsommer 2014, und da haben Heiß war, und Sie haben gesagt, was er nicht Sie den BND-Präsidenten gefragt: Ist da noch beeinflussen konnte. Ich will wenigstens drei mehr, oder gibt es da noch was, was ich wissen Punkte noch mal nennen, und daran schließt sich müsste? Ist da noch was Problematisches? - Ich dann die Frage an, warum es keine gebe das jetzt mal so sinngemäß wieder. Wie ver- Konsequenzen gibt. einbart sich denn das damit, dass der BND-Präsi- dent im Oktober 2013 bei Herrn Pofalla war und Ich nehme mal den letzten Punkt: Es gibt eine ihm gesagt hat: „Botschaften, EU usw. steuern Weisung - die wird erlassen -, die Sachen rauszu- wir“, und Pofalla die Weisung gibt, das einzustel- nehmen, und das Ganze wird noch zum Teil an- len? Und da wusste ja der BND-Präsident, dass es derthalb Jahre länger trotz Weisung des Chefs des da noch was gibt. Und warum ist ihn das nicht Kanzleramts gesteuert. Warum hat niemand ge- gefragt worden? prüft, dass das auch rausgenommen wird? Was hat Herr Heiß, der dabei war, getan, um festzu- Zeuge Peter Altmaier: Nein, das ist ja in dem Ge- stellen, ob die Weisung umgesetzt wird? Mein spräch erörtert worden, dass es damals eingestellt Verständnis ist: Wenn eine solche Weisung worden sei. ergeht, frage ich spätestens nach zwei Monaten - das ist schon eine lange Zeit - nach: Habt ihr das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, aber es war ja getan? Ist das raus? Läuft da noch was? Das ist noch gar nicht eingestellt. doch offenkundig zu keinem Zeitpunkt gemacht worden. Warum? Zeuge Peter Altmaier: So ist es. Zeuge Peter Altmaier: Ja, aber das müssen Sie Dr. André Hahn (DIE LINKE): Es ist ja im Früh- doch mit Herrn Heiß diskutieren. Mir ist gesagt jahr 2015 immer noch gesteuert worden. worden - und das war mein Kenntnisstand, auch noch im Gespräch mit Herrn Schindler -, dass die Zeuge Peter Altmaier: Ja, so ist es. Und es sind Weisung von Herrn Pofalla umgesetzt worden ist. auch offenbar noch einzelne Selektoren auch Und damit war das Problem aus meiner Sicht ge- nach meinem Besuch - - und gerade nach mei- löst. Dass die Weisung nicht komplett umgesetzt nem Besuch noch Selektoren ausgesondert wor- war, das haben wir hinterher erfahren. Und wel- den. So ist es. Und das habe ich beschrieben mit che Maßnahmen und welche Schritte Herr Heiß den organisatorischen und inhaltlichen Defiziten, dann in der Zwischenzeit unternommen hat, das die es gegeben hat. Die habe ich öffentlich klar müssen Sie mit ihm diskutieren. Für mich ist je- benannt. Und ich möchte aber auch um Ver- denfalls auch nachvollziehbar, dass ein Abtei- ständnis bitten, dass es nicht jetzt meine Aufgabe lungsleiter im Kanzleramt davon ausgehen kann, ist, darauf endlos rumzureiten. Ich habe ein Inte- dass Weisungen, die er oder der Chef des Kanz- resse an einem funktionierenden Bundesnach- leramtes geben, dann auch tatsächlich umgesetzt richtendienst. Der Bundesnachrichtendienst werden. Das ist das Mindeste, wovon man ausge- macht eine hervorragende Arbeit. Das hier war hen muss. Ich bin den ganzen Tag mit Themati- eine Kiste, mit der ich nicht einverstanden war, ken beschäftigt, wo ich Entscheidungen treffen und das haben wir geändert. Punkt. muss, wo ich auch Weisungen geben muss - jetzt nicht im nachrichtendienstlichen Bereich - an Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, und wir wollen andere Abteilungen und Referate im Kanzleramt, gerne wissen, wer wann was gewusst hat und und ich gehe selbstverständlich davon aus, dass vielleicht auch unterlassen hat. es umgesetzt wird, und tauche da nicht unange- meldet in den Büros auf und sage: Bitte zeigt mir Zeuge Peter Altmaier: Ja. mal, was ihr umgesetzt habt. - Dass man den In- formationsfluss zwischen dem BND und dem

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 147 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

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Kanzleramt verbessern muss, das ist allerdings nem Wirken für die innere Sicherheit Deutsch- dann am 15. unabweisbar deutlich geworden, lands über viele, viele Jahre wirklich Gutes und und deshalb haben wir dann auch dafür gesorgt. Wichtiges geleistet hat.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie können sich ja Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, wenn Herr vorstellen, dass wir Herrn Heiß danach gefragt Schindler gehen musste, dann ist die Frage, wa- haben. Und daher wissen wir ja, dass er nichts rum der Abteilungsleiter immer noch da ist. Das getan hat in dieser Sache. Und da ist für mich ist der - - eben die Frage: Was heißt das für Sie als Chef Kanzleramt, wenn der zuständige Abteilungslei- Zeuge Peter Altmaier: Nun haben Sie doch - Ent- ter für Rechts- oder Dienst- und Fachaufsicht schuldigung - - Nun machen Sie schon wieder nichts tut in dieser Frage? eine Unterstellung. Ich habe vorhin eindeutig ge- sagt, dass über die Fragen, die dazu führen, dass Zeuge Peter Altmaier: Die Frage ist doch: Hätte ein politischer Beamter in den einstweiligen Ru- Herr Heiß mit dem, was er bis zum 13. oder 12. hestand versetzt wird - - dass diese Gründe nicht März 2015 wusste, Anlass haben müssen, nach- angegeben werden, und zwar aus gutem Grund - zufragen und zu fragen: „Habt ihr es auch umge- das ist gesetzlich so vorgesehen -, und dass ich setzt?“? Wenn der Präsident des BND jedenfalls deshalb auch das gesagt habe, was für mich maß- mir gesagt hat, er hat es umgesetzt, und zwar im geblich war, Herrn Kahl zu berufen, nämlich dass Jahre 2014, als ich ihn danach gefragt habe, dann der BND damit eine Entwicklungsperspektive kann ich doch - - Und dann ist die Frage: Hätte hat, auch an der Spitze, die für die Umsetzung ich, als Herr Schindler mir sagte: „Es gab da mal der großen und wichtigen Herausforderungen ein Problem mit den Botschaften in Krisenregio- notwendig ist. nen, und Herr Pofalla hat dann gesagt, wir sollen das ändern. Das haben wir geändert“, dann einen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und das war Anlass haben sollen, zu Herrn Heiß zu gehen und Ihre - - zu sagen: „Habt ihr das auch nachkontrolliert und nachgeprüft? Womöglich haben die mich an- Zeuge Peter Altmaier: Das habe ich Ihnen gesagt, geschmiert“? Ich hatte diesen Anlass auch für und alles andere habe ich Ihnen gesagt. Was die mich persönlich nicht gesehen; das sage ich Entlassung betrifft, das ist eine Frage, die nicht Ihnen ganz offen. öffentlich zu diskutieren ist.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nun, nach allen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und Herr Kahl war Erfahrungen, die man vorher, in den Monaten Ihre Idee, nicht die von Herrn Schäuble? vorher mit dem Bundesnachrichtendienst ge- macht hat, wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, Zeuge Peter Altmaier: War meine Idee, ja. Das das zu tun. hat Herr Schäuble übrigens öffentlich selbst ge- sagt. Zeuge Peter Altmaier: Nein, meine Erfahrung, die ich über einen Zeitraum von insgesamt zehn Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das sagt ja oder elf Jahren in der Zusammenarbeit mit Herrn nichts. Schindler in unterschiedlichen Funktionen hatte, als Staatssekretär, als PKGr-Mitglied und als Chef Zeuge Peter Altmaier: Ja, ich kann es Ihnen aber des Kanzleramtes, waren sehr positive Erfahrun- sagen. Ich habe Herrn Schäuble am Rande einer gen. Ich habe Herrn Schindler nicht nur in der Plenarsitzung darauf angesprochen, und Herr Vergangenheit geschätzt, ich schätze ihn auch Schäuble war, glaube ich, zunächst von der Per- heute noch und seine Person. In diesem einen sonalie selber auch überrascht, aber konnte Punkt sind die Dinge nicht gut gelaufen. Das än- meine Argumente sehr gut nachvollziehen. Und dert aber nichts daran, dass Herr Schindler in sei- ich habe dann die Personalie auch in der Bundes-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung regierung abgestimmt, mit den übrigen zuständi- noch viel später erfahren, genauso wie ich - da gen Ministern, mit der Bundeskanzlerin. Und das habe ich Ihnen ja gesagt, wann wir das Prüfergeb- ist der Vorgang, wie Herr Kahl zum BND-Präsi- nis hatten und dass ich dann eine 60-seitige Vor- denten wurde. lage hatte, wo das im Einzelnen auseinanderge- setzt war -, sodass die Aussage von Herrn Frit- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wir haben vorhin sche und die Aussage von mir nun wirklich, aber ja noch - - von der Zeugenvernehmung von Herrn millimetergenau deckungsgleich sind. Herr Frit- Fritsche noch kein Protokoll logischerweise. Mir sche hat von der NSA-Selektorenliste zu diesem ist bloß von der Erinnerung - ich versuche, das Zeitpunkt nichts gewusst, und ich habe davon mal sinngemäß wiederzugeben -, dass er gesagt auch nichts gewusst, und Herr Schindler sagt, hat, er hat erst am 13.03.2015 erfahren, dass es so auch er hat davon nichts gewusst. was gibt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weiter müss- Zeuge Peter Altmaier: Ja. ten wir dann in der nächsten Runde fragen; denn ich glaube, zumindest die Fraktion Bünd- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wenn er das ge- nis 90/Die Grünen hat noch Fragen. Herr Kollege wusst hätte, dass EU-Institutionen oder Ähnli- Ströbele. ches ausspioniert worden sind, dann hätte er das sofort unterbunden. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, Herr Altmaier, das wird ja immer bun- Zeuge Peter Altmaier: Ja. ter. Wir haben ja Herrn Schindler gehört, und zwar mehrfach. Und Herr Schindler hat erklärt, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und da frage ich das, was ihm von seinem Bundesnachrichten- jetzt noch mal: Sie haben gesagt, Frühsommer dienst mitgeteilt worden ist vor dem Gespräch 2014, wo auch die beiden Gespräche stattgefun- mit Herrn Pofalla, sei - ich lese Ihnen das jetzt den haben mit Herrn Schindler - - Da war es von hier mal vor - - Die kam auch nicht - - Wir haben Beifang - - und da waren - - die anderen Sachen ein Problem, hätten die gesagt, also seine Mitar- waren abgestellt, hatte Ihnen Herr Schindler dort beiter, weil wir etwas - - Nein. Die haben nicht gesagt. Auch das wusste Herr Fritsche nicht. Ha- gesagt: ben Sie damals über diese Situation mit Herrn Fritsche gesprochen, also nach den Gesprächen „Wir haben ein Problem, weil wir mit Schindler? Der ist ja eigentlich dazwischen- etwas Ungesetzliches machen ...“, geschaltet normalerweise. Haben Sie Herrn Frit- sondern sie haben nur auf die sche - - Problematik hingewiesen, dass doch Zeuge Peter Altmaier: Ja, natürlich habe ich mit - jetzt kommt das - Herrn Fritsche gesprochen, und Herr Fritsche war auch, glaube ich, der Erste, der mich über eine beachtliche Anzahl von EU- das Thema informiert hat. Und danach haben wir und NATO-Zielen gesteuert wird dann mit Herrn Schindler gemeinsam darüber ge- im Bundesnachrichtendienst und sprochen. Und es gab ein zweites Gespräch; das das unter dem Gesichtspunkt der habe ich mit Herrn Schindler alleine geführt. politischen Äußerung der Kanzle- Aber das ist doch kein Gegensatz zur Aussage rin möglicherweise ein Problem von Herrn Fritsche. Herr Fritsche hat Ihnen ge- werden könnte. sagt, dass er die Vorgänge der NSA-Selektoren- liste und mit den darin befindlichen Selektoren, So hat er hier ausgesagt. Und das entsprach auch die gegen unser Prinzip verstoßen haben, erst er- dem, was ich vorher wusste. fahren hat am 15. März 2015, und über die BND- Selektoren, die noch nach der Anweisung von Herrn Pofalla weiterhin gesteuert wurden, hat er

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können wir Wann soll das geschehen sein, an welchem Tag, die Quelle noch mal genau hören? Dann können in welchem Jahr? wir mal nachblättern. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Kann mir das jemand mal NEN): Das war - - Also, es geht dann weiter, dass vorlegen? er das dann Herrn Pofalla mitgeteilt hat, also das kommt auf der nächsten Seite. Sehen Sie? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, was für ein Protokoll, welche Seite? Zeuge Peter Altmaier: Ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Protokoll, Seite 26 von 82. NEN): Und so haben - -

Zeuge Peter Altmaier: Darf ich das mal sehen? Und wie haben Sie es genau Herrn Pofalla berichtet? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist - Und dann sagt er, also in der Mitte auf der ande- ren Seite: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir probie- ren, es gerade herauszukriegen, aber die Verneh- Ja, ich bin hingefahren und habe mung - - es ihm gesagt. (Dr. André Hahn (DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- LINKE): Oktober 2013!) NEN): - 19. Januar 2017, 126. Sitzung. Das ist im Oktober vor dieser ganzen - - (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Vor vier Wochen ungefähr!) Zeuge Peter Altmaier: Ja, ja, das kann ich natür- lich aus eigenem Erleben jetzt nicht bestätigen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn Sie es Das ist mir auch - - In dieser Form ist mir die haben als Fraktion, könnten Sie es ja dem Zeugen Aussage nicht bekannt gewesen. Also hier steht zur Verfügung stellen, weil wir suchen es gerade. ja, dass eine beachtliche Anzahl von EU- und NATO-Zielen - - Mir ist gesagt worden, von eini- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen Botschaften, insbesondere in Krisen- NEN): Ich wollte da noch was vorlesen. regionen - das habe ich gewusst -, und dass es ab- gestellt ist. Und alles andere entzieht sich meiner Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kriegen Kenntnis. Sie gleich unseres. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dem Zeugen werden NEN): Ja. - Ich mache den Vorhalt trotzdem wei- Unterlagen vorgelegt) ter. Dann soll dieses Gespräch mit Herrn Pofalla gewesen sein am - - Ende Oktober. Und da soll Zeuge Peter Altmaier: Wo steht das? Seite 26? auch Herr Heiß dabei gewesen sein. Und darauf- hin hätte Herr Schindler vorgeschlagen: „Wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nehmen das raus“, und da hätte Herr Pofalla ge- NEN): Das ist 26 links, der vorletzte Absatz. sagt: Ja, ja, das wird gemacht. So, das soll ge- macht werden. - Und dann haben wir auch von Zeuge Peter Altmaier: Moment. Herrn Schindler gehört und auch von anderen, dass danach - - Aber man hat sich das nachher (Der Zeuge liest in den ihm noch mal überlegt und hat einzelne Sachen wie- vorgelegten Unterlagen) der eingestellt in die Erfassung.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Peter Altmaier: Ja. Und ich habe vorhin selber gesagt, dass für mich ganz entscheidend ist, wenn ich Selektoren steu- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ere - und das ist nun mal nicht zu vermeiden, NEN): Und jetzt - - So. Das war jetzt 2013, das, dass man das tut, wenn man Nachrichten gewin- was ich Ihnen gerade vorgelesen habe. Und nen will -, dass man erstens sich darüber Rechen- 2014 - so habe ich Sie jetzt verstanden -, im Som- schaft abgibt, wen man steuert, und dass man mer hat Herr Schindler Ihnen gesagt: Da ist dann auch dafür sorgt, dass es technisch entspre- nichts mehr. - So meine Zusammenfassung. - chend umgesetzt wird. Sonst ist da nichts. - Nun kommen Sie wieder ein Dreivierteljahr später, im März 2015, 13. und 20. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und so, dann geht das weiter. Also was sagen Sie NEN): Ja. denn dazu? Also kann - - Er hat Ihnen doch of- fensichtlich die Unwahrheit gesagt. - Also was Zeuge Peter Altmaier: So. Und das habe ich klar gibt es daran noch rumzuzuckeln? Wenn das benannt. Und ansonsten werden Sie mir kein Ur- stimmt, was Sie sagen, hat er die Unwahrheit ge- teil zur Person des BND-Präsidenten entlocken, sagt. Und wir haben ihn dazu jetzt nicht befragt, auch nicht zu seinen Vorgängern im Amte, weil weil wir ja nicht wussten, was Sie sagen. ich glaube, dass der gegenseitige Respekt auch et- was wert ist. Ich will allerdings eine Sache auch Zeuge Peter Altmaier: Ja. Jetzt bitte ich - - deutlich sagen: Ich habe keinen Anlass, irgendwo auch nur zu vermuten, dass etwas geschehen ist, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- was strafrechtlich in dem Zusammenhang rele- NEN): Das wäre die Unwahrheit. Was kann ei- vant wäre. gentlich ein Präsident Schlimmeres machen, als seinem aufsichtführenden Minister im Kanzler- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- amt so was falsch zu sagen? Gibt es noch ein grö- NEN): Es kommt jetzt hier auf Wahrheit und Un- ßeres Vergehen? wahrheit an.

Zeuge Peter Altmaier: Das kann ich Ihnen - - Zeuge Peter Altmaier: Ja. Also, ich werde mich nicht auf dieses Glatteis be- geben, dass ich jetzt darüber urteile, ob Herr Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Schindler die Wahrheit oder die Unwahrheit ge- NEN): Sind Sie richtig informiert worden, als er sagt hat. Ich habe mit ihm viele Jahre gut zusam- Ihnen sagte - - Nein. Und ich kann nur sagen: mengearbeitet. Und ich hätte mir selbstverständ- Nein, Sie sind nicht richtig informiert worden. lich im BND einen anderen Umgang mit diesen Selektoren, eigenen und fremden, gewünscht, Zeuge Peter Altmaier: Ja, das ist ja alles wahr. Ich weil ich der Auffassung bin, dass spätestens mit hatte in diesem Raum die Ehre, den sogenannten der Aussage der Kanzlerin ein Grund vorhanden Wahllügenuntersuchungsausschuss im Jahre gewesen wäre, umfassend zu überprüfen, ob es 2002, 2003 als Obmann zu begleiten. Und da ging Probleme gibt. Ich weiß aber nicht und kann es es um die Frage, nur um das mal colorandi causa auch nicht einschätzen und nicht beurteilen, mitzuteilen, wann die Bundesregierung wusste, welche Überlegungen dazu im Dienst genau getä- dass der Haushalt aus dem Leim gegangen war tigt worden sind. Sie haben ja einige Zeugen und dass die Verschuldung explodierte und wer auch vernommen, die damit befasst waren. es wem gesagt hat. Und dann hat Herr Eichel bei- spielsweise, der Finanzminister - - Dem hat der Das alles wurde aus meiner Sicht der politischen Staatssekretär berichtet, dass die Verschuldung Bedeutung der Sache nicht gerecht. Und es war enorm ansteigen wird, und dann hat man ihn ge- auch - - Unabhängig von der Ansage der Kanzle- fragt: Und haben Sie dann darauf reagiert? - Und rin, Freunde hört man nicht ab, glaube ich, dass da sagte er: Nein, ich habe es nicht geglaubt. - So. es auch vorher schon die eine oder andere Gele- Und dann habe ich den Bundeskanzler gefragt in genheit gegeben hätte, genauer hinzuschauen. diesem Raum, ich habe gesagt: Wie haben Sie

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung sich denn informieren lassen darüber - den da- Kanzleramt vielleicht Hinweise geben oder Vor- maligen Bundeskanzler -, wie sich die Staatsver- schläge machen, wie man das formulieren schuldung entwickelt? - Und da guckte er mich könnte. an und sagte - also sinngemäß, ich kann es nicht zitieren aus dem Kopf - - nach dem Motto: Ich Worauf ich hinauswill, ist: Da die Kanzlerin ja in hatte damals Wichtigeres zu tun, als mich dar- ihrer Regierungserklärung im Kern erstens die über alle paar Tage informieren zu lassen. Vorgänge kritisiert hat und auch noch mal gesagt hat, dass man das eigentlich nicht macht unter So. Das können Sie dann bewerten. Aber diese Freunden oder Partnern, wie auch immer - - Bewertung kommt an Grenzen. Ich kann nur das Wenn jemand von denen, die ich jetzt genannt bewerten, was ich selbst erlebt habe in meiner habe, dabei gewesen sein sollte, wäre das nicht amtlichen Zuständigkeit als Kanzleramtsminis- spätestens der Moment gewesen, wo entweder ter. Und da habe ich versucht, die Dinge so zu or- der BND-Präsident oder Herr Heiß, die ja wuss- ganisieren, dass Fehler korrigiert werden und ten, dass der BND das macht - deshalb waren sie dass Fehler in der Zukunft unwahrscheinlicher ja bei Pofalla -, der Kanzlerin hätten sagen werden. Ob mir das gelungen ist, wird man in müssen: „Das kann so nicht bleiben“, oder: “Da späteren Jahren vielleicht abschließend beurtei- gibt es ein Problem“, wie Herr Schindler hier len können. Aber ich glaube, dass wir auf einem formuliert hat, um die Kanzlerin davor zu guten Weg sind. Und dass ich im Übrigen dann bewahren, etwas zu wiederholen, wo sowohl die aber auch den erforderlichen Respekt vor ehema- deutschen Nachrichtendienste wie auch die ligen und jetzigen Präsidenten des BND beflei- Amerikaner vermutlich wussten, dass der BND ßige, kann man, glaube ich, nachvollziehen. das genauso macht?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Zeuge Peter Altmaier: Also, ich bin ja gar nicht wir mit der Fraktion Die Linke weitermachen, in der Verlegenheit, jetzt vertrauliche Meinungs- wenn noch Fragen im öffentlichen Teil bestehen. bildungsprozesse schildern müssen; denn die Re- gierungserklärung ist ja öffentlich abgegeben wor- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Ich würde gern den. Und die Passagen, um die es geht, standen noch mal auf die Regierungserklärung der Bun- auch in allen Zeitungen, waren, glaube ich, sogar deskanzlerin kommen. Sie haben das vorhin sel- einer der Hauptpunkte, die öffentlich transpor- ber ins Spiel gebracht. Sie haben gesagt, Sie sind tiert wurden. Deshalb hätte selbstverständlich je- da ja auch noch mit befasst gewesen. Und sie hat mand, der über die Vorgänge informiert war und ja in der Regierungserklärung sich auch zu der wusste, dass es Selektorenlisten usw. gibt, auch Thematik geäußert. Nun will ich jetzt nicht im zu dem Zeitpunkt durchaus sagen können: Da ha- Detail wissen, wie das praktisch läuft, damit Sie ben wir noch ein Problem, und da müssen wir nicht wieder den Kernbereich der exekutiven Ei- noch handeln. - Das ist mir gegenüber nicht er- genverantwortung irgendwie dort mit ins Spiel folgt und auch noch ein ganzes Jahr lang nicht er- bringen. Aber ich könnte mir vorstellen, wenn folgt. Und über die Gründe und die Ursachen, man eine Passage zu Geheimdiensten schreibt wie das gekommen ist, haben wir ja ausführlich und auch zu Dingen, die die Amerikaner tatsäch- schon geredet. lich oder vermeintlich gemacht haben, und man will sich da positionieren, dass die Bundeskanz- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Meine Frage war ja lerin sich nicht mit einem Stift hinsetzt und das eher tatsächlich, wie eine solche Ausarbeitung aufschreibt, sondern dass es da Leute gibt, die da stattfindet. auch zuarbeiten. Und ich könnte mir vorstellen, wenn man Aussagen zur NSA trifft oder gegen- Zeuge Peter Altmaier: Die Regierungserklärung über der amerikanischen Regierung, dass da ne- ist eine sehr persönliche Erklärung der Bundes- ben dem Kanzleramtschef auch der BND-Präsi- kanzlerin. Sie verantwortet den Text, und der dent oder der zuständige Abteilungsleiter 6 im Text, den sie vorträgt, erfährt einen Prozess des

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Werdens und des Entstehens. Aber den hier öf- Zeuge Peter Altmaier: Er hat doch berichtet - das fentlich zu schildern, ist, glaube ich, - hat auch Herr Ströbele im Nachgang noch vorge- lesen -, dass die Runde, die zusammensaß, dann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Zumindest zum Ergebnis kam, dass man das ändern möge, nicht untersuchungsgegenständlich. und dass Herr Pofalla dann angewiesen hat, diese Praxis zu beenden. Zeuge Peter Altmaier: - das, was gerade schon ei- nen Schritt zu weit geht im Bereich der exekuti- (Hans-Christian Ströbele ven Eigenverantwortung. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja!) Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also dass da ein Prozess des Werdens und Entstehens ist, glaube So. Und von diesem Zeitpunkt an gab es keinen ich gerne. Hinweis darauf, dass irgendwo eine Selektoren- liste existiert, in der sich Ziele von EU-Mitglie- Zeuge Peter Altmaier: Ja. dern, NATO-Partnern usw. befinden, die nicht abgehört werden dürfen, sondern das ist erst wie- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe ja konkret der akut und aktuell geworden im Jahre 2015. gefragt, ob der BND-Chef oder der Abteilungslei- ter 6 in dieser Frage beteiligt waren. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also selbst mal un- terstellt, es wäre tatsächlich die Weisung umge- Zeuge Peter Altmaier: Das weiß ich nicht. setzt worden und abgestellt worden, hätte man dann nicht vielleicht doch mit einer anderen At- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und da ist dann titüde dort rangehen müssen, wenn man weiß, meine Frage: Hätten Sie die Kanzlerin nicht in- wir haben es bis vor wenigen Wochen noch formieren oder wenigstens ihr sagen müssen, was selbst gemacht, auch wenn es abgestellt ist? Man Sie wissen zu diesem Fall? hat es ihr ja offensichtlich nicht gesagt, obwohl Herr Heiß es wusste. Zeuge Peter Altmaier: Noch mal: Ich weiß nicht, ob Herr Heiß oder Herr Fritsche an der Entste- Zeuge Peter Altmaier: Also, noch einmal: Ich hung der Passage beteiligt waren. Und selbst habe den Prozess dieser Rede inso- - was die Ein- wenn es so gewesen wäre, was ich, wie gesagt, bindung der einzelnen Abteilungen angeht, kann nicht weiß, dann hätten sie ja nur dann Anlass ich Ihnen nicht schildern. Und das ist eine Frage, gehabt, etwas zu sagen, wenn sie etwas gewusst die müssen Sie mit Herrn Heiß oder mit Herrn hätten von den Praktiken. Und sowohl Herr Frit- Fritsche diskutieren, aber nicht mit dem Kanzler- sche wie Herr Heiß wie Herr Schindler haben vor amtsminister. diesem Ausschuss eindeutig und ganz klar ge- sagt, dass sie erst im Jahre 2015 davon erfahren Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das Thema haben. Ramstein hat vorhin eine Rolle gespielt; das ist der letzte Komplex oder Punkt, den ich anspre- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Entschuldigung, chen möchte. Sie sagen immer - jetzt nicht nur Herr Minister, Kollege Ströbele hat Ihnen gerade Sie; da meine ich jetzt die Bundesregierung -: Wir vorgelesen, dass Schindler von diversen Zielen haben da mal nachgefragt, und die haben uns gegen EU, NATO usw. im Oktober 2013 berichtet eine Information gegeben oder auch nicht oder hat. Und Herr Heiß saß dabei. auch nicht so richtig. - Es steht ja der Verdacht im Raum, dass Tötungen über Ramstein laufen Zeuge Peter Altmaier: Und Herr Schindler hat als Relaisstation. Und die Aussage war hier: gesagt: Das ist abgestellt worden. Keine der Drohnen in bestimmten Bereichen könnte das Ziel finden, wenn nicht Ramstein Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, da gab es existieren würde als Relaisstation. - Wäre es da eine Weisungslage, die - -

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nicht die Pflicht der Bundesregierung, dort ein- mand von der Bundesregierung hat sich das an- mal nachzuschauen, hineinzugehen, was dort los geguckt, kein Staatsanwalt, keiner hat die Sache ist, zu prüfen, was tatsächlich passiert, wenn kontrolliert. Warum? über Jahre ein solcher Vorwurf im Raum ist, der ja vom Grundsatz her richtig ist, wie wir seit eini- Zeuge Peter Altmaier: Also der Kanzleramts- gen Tagen wissen, dass es eine Relaisstation ist? minister ist ja mit vielen Dingen beschäftigt, aber Warum hat die Bundesregierung zu keinem Zeit- ich kann doch nicht die Motivationslage von punkt sich selbst ein Bild gemacht, was in Staatsanwälten nachvollziehen. Ramstein passiert? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein. Es gibt ja ei- Zeuge Peter Altmaier: Nun müssen wir aber, nen Vertrag, dass die da nicht reindürfen offen- glaube ich, mal exakt bleiben. Der Umstand, dass bar; der kommt aus dem Kanzleramt. eine Station eine Relaisstation genannt wird, sagt nichts aus über die Frage der völkerrechtlichen Zeuge Peter Altmaier: Tja. und der strafrechtlichen Bewertung, auch nicht darüber etwas aus, ob dort jemand sitzt, der Tö- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das müssen Sie ja tungen vornimmt oder der sie möglich macht wissen, nicht ich. oder wie auch immer. Und ich habe Ihnen vor- hin, glaube ich, auf Ihre Frage oder die eines Kol- Zeuge Peter Altmaier: Also, ich kann Ihnen zu legen gesagt, dass ich keinerlei belastbare Hin- der Frage nicht mehr sagen, als ich Ihnen gesagt weise darauf habe, dass dort Dinge gemacht wer- habe. Und für mich gehört auch sozusagen zu den, die mit den Vereinbarungen, die wir mit den meinen Verpflichtungen, dass ich, wenn ich ir- Amerikanern über Ramstein haben, unvereinbar gendwo belastbare Indizien habe, dann versuche, wären. diesen Dingen nachzugehen. Und ich habe in meiner Amtszeit keine neuen Indizien erfahren. Dr. André Hahn (DIE LINKE): War nie einer drin Ich habe die Unterlagen gesehen, die sich auf von Ihnen. Ramstein beziehen, die ich in öffentlicher Sit- zung nicht gerne zitieren möchte; aber Sie ken- Zeuge Peter Altmaier: Im Übrigen war das eine nen den Inhalt auch und wissen, dass ich Ihnen Frage - da bitte ich herzlich um Verständnis -, die das nur vorlesen würde. Und ich habe die Beant- bei mehreren Gelegenheiten an unterschiedliche wortung von Anfragen durch die Bundesregie- Ressorts in der Bundesregierung herangetragen rung zur Kenntnis genommen. Ich habe mir alle worden ist und auch beantwortet worden ist. Unterlagen, die ich habe, angeschaut. Das Ergeb- nis ist so, wie ich es Ihnen vor zwei Stunden (Hans-Christian Ströbele etwa schon einmal dargelegt habe. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau!) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, herzli- chen Dank. - Dann sind wir jetzt wieder bei der Und ich habe diesen Antworten nichts hinzuzu- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege fügen. Ich habe keinerlei darüber hinausgehende von Notz. Kenntnisse, vor allen Dingen keinerlei Kennt- nisse, die dazu führen müssten, dass ich von mir Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aus in dieser Frage irgendwelche Schritte unter- NEN): Vielen Dank. - Herr Minister, ich wollte nehme. noch mal ganz kurz auf die Stelle Bezug nehmen, die der Kollege Ströbele eben angesprochen hat. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das ist über Jahre Das ist ja völlig richtig, und wir können Sie nur geleugnet worden, dass es eine Relaisstation ist. befragen zu dem Kenntnisstand, den Sie haben; Jetzt gibt man es zu. Aber keiner war drin; nie- aber es ist natürlich für die Frage, seit wann das Bundeskanzleramt als Behörde praktisch von den Problemen des Bundesnachrichtendienstes

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wusste, schon relevant, was der Zeuge Schindler Wenn wir uns die Selektorenzahlen angucken im da aussagt in Gegenwart von Herrn Heiß auch ge- Verlauf der Zeit, dann sind da Millionen von Se- sagt zu haben. Sie können aber noch mal - - Des- lektoren irgendwie verschwunden. Also die wegen frage ich Sie jetzt das noch einmal expli- sind - - Am Anfang wurden ganz viele gesteuert, zit: Herr Heiß hat Sie über das, was Herr Schind- und dann verschwanden - - halbierten sich ler da sagt, so nicht informiert? irgendwie die Zahlen. Und am Ende hat sich Graulich 40 000 Stück angeguckt, und die konnte Zeuge Peter Altmaier: Ich kann mich jedenfalls er offenbar lesen. Es geisterte mal so eine Zahl nicht daran erinnern. durch den Raum, dass ein Drittel der von den USA gesteuerten Selektoren, weil es Messenger- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dienste betraf, weil es irgendwie verhashte NEN): Gut. - Ich habe noch mal eine Frage zu der Selektoren waren oder so - - dass man die eben Konstruktion Graulich, wie das hier vorhin ge- nicht lesen konnte. Und da stellt sich eben die sagt wurde, und zu der Frage, was er eigentlich Frage im Hinblick auf die Aussagekraft des Grau- überprüft hat bei den NSA-Selektoren. Jetzt ha- lich-Berichts, ob man hier eben tatsächlich nur ben wir hier mehrfach gehört, dass es eine ganze einen sehr eingezirkelten kleinen Kreis von Reihe von gesteuerten Selektoren der NSA gab, Selektoren gesehen hat, wo doch Millionen von die man eben nicht lesen konnte, also wo keine anderen nicht da sind. Erklärung stand, aber die man auch so nicht rich- tig lesen konnte. Haben Sie eine Einschätzung, Zeuge Peter Altmaier: Es ging ja um die proble- wie viele Selektoren das waren, die man nicht le- matischen Selektoren. sen konnte? Weil in dem Graulich-Bericht findet man das so nicht. Der hat sich ja 40 000 Stück an- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geguckt. NEN): Ja.

Zeuge Peter Altmaier: Nein, dazu habe ich keine Zeuge Peter Altmaier: Und dort gibt es in der Tat Einschätzung, weil meine Beschäftigung mit den unterschiedliche Zahlenangaben, die aber zu ei- Selektoren zwar eine umfangreiche war; aber es nem erheblichen Teil auch etwas zu tun haben ist auch nicht sozusagen meine Aufgabe, jeden mit den sogenannten Permutationen; darüber einzelnen Selektor zu überprüfen. Ich habe mir sind Sie, glaube ich, auch ausführlich unterrich- die Liste, diese 2 000er-Liste, die allererste, sehr tet worden. intensiv und genau angeschaut und im Übrigen dann dafür gesorgt, dass die Abteilung 6 im Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kanzleramt die Aufklärung vorangetrieben hat; NEN): Ja. darüber wurde ich auch informiert. Aber zu dem Komplex, den Sie hier vortragen - - Ich schließe Zeuge Peter Altmaier: Es gibt darüber hinaus nicht aus, dass ich darüber schriftlich informiert weitere Gründe, warum sich die Zahlen unter- worden bin; ich weiß es aber nicht mehr aus ak- scheiden. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sa- tuellem Wissen. Deshalb kann ich das nicht be- gen, als ich mich dann über die unterschiedli- antworten. chen Listen und die unterschiedlichen Inhalte gebeugt habe, dass das auch nicht einfach nach- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vollziehbar war. Ich glaube aber - das ist meine NEN): Das verstehe ich, wollte nur noch mal Be- politische Bewertung -, dass das nicht in böser zug darauf nehmen, warum ich finde, dass das Absicht erfolgt ist, sondern dass es einfach so ein schwieriger Vorgang ist, und warum wir die- war, dass der Umgang mit diesen Selektoren in sem Verfahren, praktisch dann einen Mittler ein- einer unzureichenden Art und Weise organisiert zuschalten, um die parlamentarische Kontrolle war und dokumentiert war. Deshalb haben wir auszuüben - - warum wir die kritisch sehen. dafür gesorgt, dass es verändert worden ist. Ich wiederhole noch einmal: Für mich ist ganz ent-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung scheidend, dass der Dienst weiß, welche Se- Zeuge Peter Altmaier: Doch, wir kooperieren mit lektoren er steuert, und dass es auch politisch sehr vielen Nachrichtendiensten. vertretbar sein muss, die Selektoren zu steuern. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, gut. NEN): Das teile ich absolut. Und wenn das ein Erfolg dieses Untersuchungsausschusses ist, dass Zeuge Peter Altmaier: Da haben wir auch schon das jetzt zukünftig so gehandhabt wird in mal drüber gesprochen. Deutschland - da stimme ich Ihnen völlig zu, Herr Minister -, dann ist das ein Erfolg. Trotzdem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stellt sich ja im Hinblick auf die Kooperation mit NEN): Das haben wir. den USA oder den Five Eyes insgesamt die Frage: Was passiert eigentlich außerhalb von Deutsch- Zeuge Peter Altmaier: Wir kooperieren natürlich land? Also, die NSA hat ja, glaube ich, Dutzende mit Nachrichtendiensten befreundeter Staaten solcher Kooperationen wie mit Deutschland. Und und Demokratien. Aber wir kooperieren auch mit an all diesen anderen Knotenpunkten, an denen Nachrichtendiensten aus Ländern, die keine De- Ihre E-Mails und meine E-Mails und die Telefo- mokratien in unserem Sinne sind, weil es im In- nate von Herrn Wolff und Ihnen und was weiß teresse der Sicherheit unseres Landes absolut ich nicht alles auch vorbeilaufen, da sortiert ja notwendig ist. So. Und wir versuchen, die Inte- niemand die +49-Nummern raus. ressen unserer Bürgerinnen und Bürger zu schüt- zen, wo immer wir können. Aber wir haben keine Deswegen die Frage: Gab es eine Diskussion im Ahnung und keine Kontrollmöglichkeit, wenn Bundeskanzleramt, dass man am Ende des Tages andere Nachrichtendienste in anderen Ländern - natürlich auf deutschem Boden versucht, sich an deutsches Recht irgendwie zu halten - mehr Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schlecht als recht, muss man rückschauend sa- NEN): Das - - Ja - - gen; zukünftig hoffentlich besser -, aber eben im Rest der Welt die NSA sich um deutsches Recht Zeuge Peter Altmaier: - Kommunikation auslei- überhaupt nicht schert und man deswegen in ei- ten, die auch deutsche Staatsbürger betrifft. Nur - nem, sage ich mal, Gesamtmechanismus der und das möchte ich dann auch mal sagen -, ich Überwachung mitwirkt, bei dem deutsche Grund- habe mich mit dieser ganzen Kooperation und rechte, deutsche Rechtsinteressen milliardenfach auch mit der Tätigkeit der Nachrichtendienste jeden Tag verletzt werden? Hat man das disku- doch etwas intensiver beschäftigen müssen. Und tiert? mein Eindruck ist, dass das, was dort gemacht wird, der Informationsgewinnung dient und der Zeuge Peter Altmaier: Es ist, glaube ich, ein nicht Bekämpfung von Gefahren des Terrorismus und zu bestreitender Tatbestand, dass ausländische der Proliferation. Manches, was ich gesehen Nachrichtendienste in der Wahl und Anwendung habe, erschließt sich mir in seiner Sinnhaftigkeit ihrer Methoden, wenn sie im Ausland tätig sind, nicht. Aber ich glaube, dass jedenfalls von Län- schwer zu kontrollieren sind, zumal dann, wenn dern wie den USA, Großbritannien, Frankreich, sie uns nicht alles erzählen, was sie tun. Da müs- Italien keine gezielt kriminellen Tätigkeiten ge- sen Sie gar nicht mal mehr nur nach USA gen deutsche Staatsbürger ausgehen, - schauen, da gibt es vermutlich ganz andere Nach- richtendienste aus ganz anderen Ländern, wo ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht weiß, ob die Grundrechte deutscher Grund- NEN): Das wollen wir schwer hoffen. rechtsträger in jedem Einzelfall respektiert wer- den, um das mal vorsichtig auszudrücken. Zeuge Peter Altmaier: - sondern dass es sich um Informationsgewinnung handelt, die wir nicht in Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber mit denen kooperieren wir halt nicht.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung jedem Einzelfall billigen können, aber die insge- Zeuge Peter Altmaier: Wenn ein ausländischer samt im Wesen der Nachrichtendienste begrün- Nachrichtendienst irgendwo im Ausland einen det liegt. deutschen Staatsbürger mit einem Selektor steu- ert und daraufhin Kommunikation abfängt, dann Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist das nach deutschem Recht strafbar. Man muss NEN): Okay. - Herr Altmaier, ich bin auch wirk- es nur wissen, dass es geschieht und wo es ge- lich jemand, der das hier gerne wiederholt, dass schieht, und dann muss man den Verantwortli- wir natürlich Kooperationen auch brauchen und chen noch bekommen können, weil er sich in al- dass man auch Dienste braucht; das ist alles völ- ler Regel nicht in Deutschland aufhält, sondern lig unstreitig. Die Frage ist eben: Ist das am Ende irgendwo auf der Welt. des Tages eine formaljuristische Definition, wenn man eben sagt: „Ja, gut, es sind eben nicht Milli- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- arden“ - wobei ich da auch noch einige Fragezei- NEN): Nur, da haben Sie ja eine Liste mit chen habe bei dieser Geschichte -, „nicht Milliar- 40 000 Selektoren, die Ihnen das beweisen. Ja? den von Daten täglich, die vom Frankfurter Kno- tenpunkt deutsche Grundrechtsträger verletzen, Zeuge Peter Altmaier: Nein. Entschuldigung. aber wissen wir nicht, dass sozusagen in dieser Überwachungsmühle, die insgesamt läuft, jeden Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Tag milliardenfach deutsche Grundrechtsträger NEN): Ja, ich habe sie nicht gesehen. Also inso- verletzt werden“? Und sozusagen stellt einen das fern - - nicht tatsächlich auch vor ein Problem bei der Kooperation, die man betreibt, und auch bei den Zeuge Peter Altmaier: Ja, gut, dann sind wir uns Informationen, die man von diesen Diensten an- wieder einig. nimmt? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Jetzt sagen Sie immer - das haben hier auch alle NEN): Also Sie können jetzt sagen, dass das nicht BNDler immer gesagt -: Terrorismus. Terrorismus so ist? ist ja ein gutes Argument für vieles, und Prolife- ration ist es auch. Aber Terrorismus, das sind Zeuge Peter Altmaier: Dann sind wir uns wieder noch nicht mal 10 Prozent aller Selektoren. 90 einig. Prozent betreffen vollkommen andere Sachen; bei uns übrigens auch, wenn ich das richtig - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber - - Also dieses Liste gibt es ja, dass Zeuge Peter Altmaier: Noch mal: Wir arbeiten im eben - - Und dieses System, - Bereich Terrorismus und in den anderen Berei- chen, die Sie genannt haben, zusammen, weil es Zeuge Peter Altmaier: Nein, nein, das ist - - im Interesse Deutschlands und seiner Sicherheit liegt, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - das haben wir hier nun lange betrachtet Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die letzten Jahre. Dieses System funktioniert eben NEN): Ja. global. Die USA machen sich nicht großartig die Mühe, die Nummer der Bundeskanzlerin aus den Zeuge Peter Altmaier: - diese Zusammenarbeit zu Selektorenlisten rauszufischen. machen. Zeuge Peter Altmaier: Aber ich will das, Herr Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von Notz, noch mal sagen - vielleicht war ich da NEN): Aber die 90 Prozent der anderen Se- nicht deutlich genug -: Es war auch den Amerika- lektoren, Herr Minister. nern bekannt und mit den Amerikanern bespro- chen, dass wir die Selektoren, die wir bekom- men, überprüfen im Hinblick auf deutsche

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Grundrechtsträger und dass die selbstverständ- Aber ich will noch einmal Bezug nehmen auf lich nicht gesteuert werden. Und insofern ist diese Frage - weil ich das interessant fand; ich deutsches Recht in diesem Punk beachtet wor- habe vorhin genau zugehört, als Sie das mit den. Die Amerikaner haben uns überhaupt nicht Herrn Flisek bewegt haben - der zukünftigen par- verpflichtet, irgendetwas zu steuern. Wir hätten lamentarischen Kontrolle und der kulturellen auch die Selektoren, um die es dann im Graulich- Unterschiede mit den USA, die es gibt. Das sehe Bericht ging von europäischen Partnern usw., die ich nämlich ganz ähnlich. Ich glaube, da könnte hätten wir auch jederzeit rausnehmen können. man sich tatsächlich eine Scheibe abschneiden. Wir waren nicht verpflichtet, die zu steuern. Nur Nur, wenn Sie in die USA gehen und mit denen haben wir in der politischen Führung eben davon reden, dann sagen die, bei ihnen muss die parla- erst Kenntnis bekommen im März 2015 und dann mentarische Kontrolle stärker werden - sie muss gehandelt. Und wenn wir es früher gewusst hät- stärker werden. Und das Hauptproblem, was die ten, dann hätten wir früher gehandelt. Amerikaner so kommunizieren - wie sie es zu- mindest gegenüber Abgeordneten sehen -, ist, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass hier diese Darstellung der Exekutive gegen- NEN): Ja, nur die Amerikaner haben natürlich die über der Öffentlichkeit natürlich auch viel damit deutschen Nummern gesteuert und haben gesagt: zu tun hatte, dass man es den Parlamentariern Filtert sie halt raus. nicht erzählt hatte, was man macht. Man hat ja die parlamentarischen Kontrollgremien belogen Zeuge Peter Altmaier: Ja. eigentlich zehn Jahre lang. Und dadurch war - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Wo? Bei uns, oder wo? NEN): Und das hat halt schlecht funktioniert. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Es hat unterschiedlich NEN): Bei uns, ja. funktioniert. Wenn Sie - - Zeuge Peter Altmaier: Wer hat die belogen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Bei paketvermittelten - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter Zeuge Peter Altmaier: Sie haben ja vorhin zum der Exekutive, beginnend im Jahr 2002/2003. Beispiel „Eikonal“ angesprochen. Da wissen Sie, Also es hat nichts mit politischer Couleur zu tun, dass die Probleme, die es gab, dann auch dazu aber nicht - - Man hat - - Und der BND hat das ja geführt haben, dass Dinge beendet worden sind. mehrfach auch aufgeschrieben und hat gesagt: Wenn das rauskommt, dann ist der Arsch ab, ja, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann ist sozusagen - - dann ist der Verlust des NEN): Ja, da hat man nachher die Filter so hart Vertrauens final da. Das hat man schwarz auf eingestellt, dass gar nichts mehr durchgegangen weiß eben reingeschrieben, weil man wusste das. ist. Dann wurde die Kooperation beendet. Genau. Aber danach hat man eben eine neue gemacht, So. Und was ich jetzt sagen will: Diese Arkan- und das lief eine ganze Zeit lang sehr gut. Und staatlichkeit, die ein Teil unseres Problems ist, bei der Paketvermittlung - ich sage es jetzt mal et- die ist schon was typisch Preußisches und eher was blumig - glaube ich inzwischen aufgrund der nichts US-Amerikanisches. Und deswegen: Ich Aktenlage, dass die Filter nie funktioniert haben stimme Ihnen völlig zu: Es darf nicht so viel und dass das genau das Problem war, das Kern- durchgestochen oder es darf eigentlich überhaupt problem, dass eben bei den paketvermittelten nicht durchgestochen werden. Natürlich gibt es Verkehren die Filter dann eben nicht funktioniert einen Anspruch darauf, dass rechtswidrige Vor- haben. gänge transparent werden. Aber da kann man sich bei den USA halt auch was abschneiden. Der Folterbericht, den Frau Feinstein da öffentlich

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung gemacht hat: Das möchte ich einmal in Deutsch- Und was den Umgang mit dem Muslim Ban an- land erleben, dass das Parlament sich so durch- geht, da kann man aber dann schon sehen: Das ist setzt in so einer Frage. ja ein Dekret, das erlassen worden ist, aber als dann das Gericht gesagt hat: „Wir setzen die An- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir foltern wendung aus“, und es dann auch noch in der erst gar nicht. Beratungsinstanz bestätigt worden ist, ist es nicht mehr angewendet worden. Und das unterschei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- det die USA dann immer noch von vielen ande- NEN): Bitte? ren Ländern, dass sie eben ein Rechtsstaat sind, wo in letzter Instanz die Gerichte entscheiden - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir foltern erst gar nicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So ist es. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, wir foltern erst gar nicht, genau. Ja, da Zeuge Peter Altmaier: - und nicht die politischen ist sie wieder: die Selbstgerechtigkeit diesseits Mehrheiten. des Atlantiks, Patrick, die man da drüben so schätzt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. So ist es. Aber ich sage das jetzt mal perspektivisch im Hinblick auf den neuen Präsidenten und seine of- (Nina Warken (CDU/CSU): fensichtliche Agenda - aus der er keinen Hehl Habt ihr noch Fragen, die macht -, die Europäische Union zerlegen zu wol- im Untersuchungszeitraum len, und seiner nicht sehr liebevollen Beziehung liegen?) zu Frau Merkel: Wird das diskutiert, was man jetzt zukünftig mit dieser Kooperation macht? - Vielen Dank, sehr aufmerksam. - Ja, ich habe noch eine Frage zu diesem Untersuchungszeit- Zeuge Peter Altmaier: Also, erstens gibt es unter raum, und zwar über das Gerichtsurteil, was wir den Entscheidungen der neuen Administration in hier schon miteinander bewegt haben und bei den USA ja auch zumindest eine, von der wir dessen Auswirkungen ich mir nicht so sicher bin, uns öffentlich distanziert haben; das hat nichts Herr Altmaier, ob wir uns darüber gemeinsam als mit Nachrichtendiensten zu tun. Aber ich glaube, Parlamentarier, die wir sind, aber selbst als Exe- dass wir die transatlantische Freundschaft dann kutive freuen sollten. am besten instand halten, wenn wir auch ehrlich miteinander sprechen. Und dort, wo es unter- Ich lese Ihnen mal die Seite 25 von 29 Seiten die- schiedliche Wertungen gibt, muss das zur Spra- ser Entscheidung des Zweiten Senats vor. Da che kommen. steht - ich zitiere -: Der „Third Party Rule“ wird als Bei den Nachrichtendiensten habe ich bislang - Auskunftsverweigerungsgrund ge- das sind allerdings laufende Vorgänge, nicht er- genüber Strafverfolgungsbehörden fasst von Ihrem Untersuchungsauftrag; ich sage und Gerichten Bedeutung beige- es aber trotzdem - aus den Kontakten, die zwi- messen … schen den neuen Verantwortlichen dort und un- seren Verantwortlichen geführt worden sind, kei- Dann folgen Zitate. nen Grund, irgendetwas infrage zu stellen. Wir sind weiterhin an einer sehr engen Zusammen- Ob dieser Grundsatz nachrichten- arbeit auf der Grundlage der Ihnen bekannten dienstlicher Zusammenarbeit Prinzipien, die wir vertreten, interessiert. auch gegenüber Kontrollorganen des Parlaments und selbst gegen- über Aufsichtsbehörden gilt …

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 159 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

- wieder Zitate -, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Kollege Ströbele hat noch - - bedarf keiner abschließenden Be- wertung. Denn jedenfalls im vor- Zeuge Peter Altmaier: Es ist nicht Teil der Zeu- liegenden Zusammenhang ist der genbefragung. Es ist im Übrigen auch eine vom bekundete Wille der herausgeben- Kollegen von Notz, der ja nun selber auch ein gu- den Stelle maßgeblich. Sie be- ter Jurist ist, sehr weit gehend, extensiv vorge- stimmt, wen sie als „Dritten“ an- sieht. nommene Interpretation, die ich mir so natürlich nicht zu eigen mache. Ich sage Ihnen mal: Der Bundesnachrichtendienst liest das und sagt, er muss noch nicht einmal der Im Übrigen: Ich habe ja damals wirklich vergeb- Fach- und Rechtsaufsicht sagen, was er tut. Und lich meinen ganzen politischen Charme inves- ich garantiere, dass uns - - tiert, um die Opposition für diese Konstruktion zu gewinnen, und das ist mir damals nicht gelun- Zeuge Peter Altmaier: … (akustisch unverständ- gen. Dafür haben wir jetzt aber ein Urteil, was - lich) jedenfalls aus Sicht der Bundesregierung - es er- möglicht, das Staatsinteresse und das Sicher- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- heitsinteresse zu gewähren. NEN): Ja, wenn Sie es anders interpretieren! Ich kann es Ihnen auch noch mal geben. - Aber ich Aber ich biete ausdrücklich an, dass man sich glaube, dass das von den Auswirkungen her ver- dann auch noch in Zukunft Gedanken macht, wie heerend ist im Hinblick auf die parlamentarische man bei ähnlichen oder anders gelagerten Fällen Kontrolle, und ich glaube, dass selbst die Fach- Wege der Zusammenarbeit entwickeln kann, die und Dienstaufsicht durch diesen sehr lässig da- auch dazu beitragen, dass die Opposition sich hingeschriebenen Absatz geschwächt ist. Und ich diesem neuen Instrumentarium mit Freude und bin mal sehr gespannt, wie das zukünftig im mit Erfolg nähert. Haus interpretiert wird. Vielleicht haben Sie ja schon mal eine Anfrage gestellt, wie der BND das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt blicke gedenkt zu interpretieren, wenn er bestimmt - die ich mal auf die Uhr, weil wir ja noch einen Zeu- herausgebende Stelle -, wer Dritter ist und ob gen haben. Gibt es denn noch Fragen im öffentli- nicht eventuell sogar die Bundesregierung selbst chen Teil? das sein kann. (Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber, lieber NEN): Aber natürlich!) Kollege, das wären Teile von Beratungssitzungen oder gegebenenfalls von gerichtlichen Klärungen. - Ja, gut. Wir müssen nur gucken, wie wir das dann mit dem noch übrigen Zeugen machen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Kollege Ströbele. NEN): Also, vorhin waren Sie so interessiert, als Herr Flisek diese rechtlichen Überlegungen mit Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herrn Altmaier angestrengt hat. NEN): Ich darf jetzt endlich mal so lange fragen wie die Kollegin Warken. Das muss ich doch aus- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe da nutzen. auch schon Beratungssitzungen in den Raum ge- worfen. Ich finde es auch spannend rechtlich - (Zurufe von der CDU/CSU - unstreitig. Der Zeuge kann auch gern was dazu Gegenruf des Abg. Dr. Kon- sagen - wir sind immer an Rechtsexegese interes- stantin von Notz (BÜND- siert -, nur, es ist nicht Teil einer Zeugenbefra- NIS 90/DIE GRÜNEN): Wa- gung. rum seid ihr so ungedul- dig?)

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Also, ich fange mal an. - Herr Altmaier, im An- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schluss an viele Diskussionen, die jetzt schon ge- NEN): Ich nehme mal an, die Kanzlerin liest auch wesen sind, interessiert mich noch mal: Sie ha- Zeitung. ben ja gesagt, Sie wollen jetzt über einzelne Ge- spräche mit der Kanzlerin nicht reden, also das Zeuge Peter Altmaier: Also: Ich weiß ja nicht, hier nicht darstellen. Deshalb frage ich mal an- was die Kanzlerin im Ausschuss sagen wird; aber dersrum: Ab wann wusste die Kanzlerin nach Ih- aus den Gesprächen, die ich mit der Kanzlerin rer Kenntnis, dass - jetzt in Anführungsstrichen - geführt habe, weiß ich, dass sie von der Richtig- ihr Dienst, der Bundesnachrichtendienst, doch keit des Grundsatzes „Freunde hört man nicht Freunde ausspioniert, was eigentlich gar nicht ab“ überzeugt ist, nach wie vor - und ich bin das geht? Was können Sie dazu sagen? auch, mehr denn je. Und dass in der Vergangen- heit dieser Grundsatz nicht so beachtet worden Zeuge Peter Altmaier: Ich würde - - ist, wie es hätte sein sollen, und dass sogar nach der deutlichen Aussage der Kanzlerin nicht alle Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Konsequenzen gezogen und getroffen wurden, NEN): Ab wann wusste sie das? die hätten gezogen werden müssen, das ist be- dauerlich; aber es ändert nichts daran, dass wir Zeuge Peter Altmaier: Herr Ströbele, ich würde nach wie vor der Auffassung sind, dass Nachrich- vorschlagen, dass Sie diese Frage der Kanzlerin tendienste sehr viele andere Aufgaben haben als stellen. ausgerechnet die, die eigenen Verbündeten und Freunde abzuhören, und dass wir alles tun, da- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit dieser Grundsatz auch von den Beteiligten NEN): Ja, das tue ich sowieso. nicht nur akzeptiert, sondern auch aktiv umge- setzt wird. Zeuge Peter Altmaier: Ja. Dann ist ja alles gut. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na ja, das war doch schon mal was. NEN): Da können Sie sicher sein. Zeuge Peter Altmaier: Ja. Zeuge Peter Altmaier: Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und das, sagen Sie, ist auch die Auffas- NEN): Ja. Also Sie wollen das nicht sagen. Sie sung - nach Ihrer Kenntnis - der Kanzlerin. können doch sagen: Ab dann war das bei uns ins- gesamt - - Sie brauchen ja gar nicht sagen, wer ihr Zeuge Peter Altmaier: Jedenfalls war das in den das gesagt hat. Gesprächen, die wir in meiner Amtszeit geführt haben, immer so, dass wir der Auffassung waren, Zeuge Peter Altmaier: Ich bin überzeugt, dass die dass die Dienste sich auf diejenigen konzentrie- Kanzlerin Ihre Neugierde umfassend aufklären ren sollten, von denen tatsächlich Gefahren aus- und befriedigen wird. gehen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, aber dass sie vielleicht geäußert hat: NEN): Ja. Das ist doch schon interessant, dass das „Jetzt kann ich das ja nicht mehr sagen“, oder ir- auch immer noch die Meinung der Kanzlerin ist. gendwas, was auch für den Dienst und für ihre Arbeit von Bedeutung gewesen ist. Zeuge Peter Altmaier: Na gut, das wird sie Ihnen ja dann selber noch mal erklären, aber - - Zeuge Peter Altmaier: Nein, Entschuldigung. Die Kanzlerin - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 161 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja, klar. Das ist dann noch wichtiger, als NEN): - immer wieder betont haben, dass sie sich wenn Sie es sagen. selbstverständlich in Deutschland an Gesetz und Recht halten. Zeuge Peter Altmaier: Und meine Meinung ist es nach wie vor. Zeuge Peter Altmaier: Also, es kann sein - - Was ich halt eben weiß aus meiner Erinnerung aus Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den Sommermonaten 2013 und aus den Unterla- NEN): Dann kann ich ihr das vorhalten. Ist doch gen, die wir Ihnen zur Verfügung gestellt haben, auch schon was. - So, jetzt kommt die nächste ist, dass wir auf der Ebene der Dienste die be- Frage. Die USA haben in der gesamten Diskus- rechtigte Erwartung hatten, dass man zu einem sion und auch in sonstigen Zusammenhängen sogenannten No-Spy-Abkommen kommen kann. über die Snowden-Dokumente - über den Som- mer 2013, auch im Herbst noch - immer wieder Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- betont, dass sie sich selbstverständlich - wie das NEN): Nein, nein. ja auch in dem ursprünglichen MoA drinsteht - in Deutschland an deutsches Gesetz und Recht Zeuge Peter Altmaier: Und für mich war ent- halten - haben sie immer! Da waren Sie - - Haben scheidend, für mich war das Abkommen nur Sie vielleicht auch in der Zeitung gelesen. dann etwas wert, wenn dort dringestanden hätte, dass sich die USA verpflichten, auf deutschem Zeuge Peter Altmaier: Nein. Boden deutsches Recht einzuhalten.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein? NEN): Ja.

Zeuge Peter Altmaier: Nein. Wenn sie das erklärt Zeuge Peter Altmaier: Und da eine solche Ver- hätten, wäre ich sehr froh gewesen. pflichtung dann, wie wir Ende 2013, Anfang 2014 gelernt haben, nicht zu erzielen war, kam es Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- am Ende nicht zu dem No-Spy-Abkommen. NEN): Doch, doch haben sie. Sie haben immer - - Als die ersten Boten zurückkamen aus den USA, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wurde das immer wieder betont, haben wir auch NEN): Also Sie kennen nicht - jetzt mal unabhän- hier schon von mehreren Zeugen gehört. - Das ist gig von dem No-Spy-Abkommen - die Bekundun- gar nicht Ihre Meinung oder Ihre Kenntnis. gen, die Beteuerungen aus den USA, der Dienste, aber auch aus der Politik, dass sie sich in Zeuge Peter Altmaier: Das ist nicht meine Kennt- Deutschland an Gesetz und Recht halten, was nis, aber ich habe Ihre Quellen nicht. Also wenn übrigens in dem alten MoA auch drinsteht. Sie mir da was vorhalten können, dann wäre ich Haben wir auch schon hier erörtert. sehr daran interessiert, das zu erfahren. Zeuge Peter Altmaier: Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Das sollen die Kontaktpartner hier Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Dienste, also des Bundesnachrichtendienstes, NEN): Das kennen Sie nicht, das ist Ihnen unbe- das Bundesamt für Verfassungsschutz beispiels- kannt. weise, und zwar jedenfalls die Leiter der Dienste, also Keith Alexander - von dem habe ich es zum Zeuge Peter Altmaier: Also, wenn es drinsteht, Beispiel selber gehört, also in den Nachrich- dann habe ich es wahrscheinlich auch gelesen in ten -, - der Vorbereitung der Übersendung der Unterla- gen an den Ausschuss. Zeuge Peter Altmaier: Ja, ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 162 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich auch, was drin war. Das kann ich aber in der NEN): Ja. öffentlichen Sitzung natürlich nicht sagen. Aber Sie haben ja diese Unterlage, diese Vorlage, und Zeuge Peter Altmaier: So. Dann müssten Sie es da haben Sie alle Dokumente, glaube ich, die Sie mir aber vorhalten, - brauchen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. NEN): Das heißt, wenn ich jetzt nur Ihr Gedächt- nis oder Ihre Meinung abfrage, dann sagen Sie, es Zeuge Peter Altmaier: - weil ich es im Moment ist nicht sicher, dass die sich immer an Gesetz nicht erinnern kann. - Es ist ja so: Wenn die ame- und Recht halten. rikanischen Dienste sich betätigen, dann kann es sein, dass sie sich betätigen gemeinsam mit dem Zeuge Peter Altmaier: Ja, ich möchte Sie - - BND. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sonst hätten Sie ja auf dieser Klausel nicht NEN): Ja. bestanden, die da drinsteht, weil das selbstver- ständlich ist. Zeuge Peter Altmaier: Dann ist natürlich selbst- verständlich, dass deutsches Recht eingehalten Zeuge Peter Altmaier: Ja. Und ich möchte - - werden muss. Das können wir dann ja auch mit beeinflussen natürlich, wenn wir gemeinsame Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich muss mal Operationen machen. Wir können - - Wenn die ganz kurz unterbrechen, weil ich habe den Ein- Amerikaner sich in anderen Ländern betätigen, druck, wir reden hier von einem Dokument, was dann können sie zum Beispiel auch sicherstellen, eingestuft ist, wenn ich mich nicht total vertue - dass sie ihr eigenes Recht dabei einhalten. Und nicht von den Vertragsverhandlungen hier zum weil sie ein Rechtsstaat sind, nehme ich mal an, No-Spy-Abkommen, sondern, Herr Kollege Strö- dass sie das auch tun. Und die Gretchenfrage ist bele, Sie reden von einem - - aber doch, wenn sich ein Nachrichtendienst in einem anderen Land betätigt, ob er dann das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Recht dieses Landes in jedem Fall einhält. NEN): Nein. Ich rede jetzt gar nicht - - Ich rede jetzt davon, was der Zeuge gesagt hat: Er kennt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Entwürfe von einem No-Spy-Abkommen, - NEN): Ja, genau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Zeuge Peter Altmaier: So. Und Sie wissen so gut wie ich, dass bei einer Tätigkeit von Nachrichten- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diensten, die sich im Ausland betätigen, das NEN): - in dem drinsteht als Bedingung, - nicht in jedem Einzelfall so ohne Weiteres vorausgesetzt werden kann. Sonst würden nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da können mit SIGINT-Methoden sehr viele Informationen wir gerne von reden. gewonnen, die in anderen Ländern wiederum als rechtswidrig angesehen werden - und strafbar. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - dass die sich an Gesetz und Recht halten, Ich habe jedenfalls, als ich ins Kanzleramt kam, und dass die das nicht wollten. So. festgestellt, dass die Amerikaner, amerikanische Seite nicht bereit war, diese Garantie in einer sol- Zeuge Peter Altmaier: Ich habe das Ding - - chen Weise zu geben, dass der Abschluss eines solchen Abkommens mir sinnvoll erschien. Und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da ich die Texte sehr genau gelesen habe, weiß NEN): Und daran ist das gescheitert.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 163 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Peter Altmaier: Ich habe mir das Ding - - und Recht - sind wir uns einig -, ist ein Verbre- Ich habe mir die Dokumente angesehen. chen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Wenn es erfolgte, dann NEN): Ja. entsprach es nicht dem deutschen Recht. So ist es. Zeuge Peter Altmaier: Ich habe dann entschie- den, dass es dazu sehr zeitnah eine Rücksprache Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geben muss mit Herrn Fritsche und Herrn Heus- NEN): Ja. gen. Zeuge Peter Altmaier: Und ob es erfolgt ist, das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- muss die Staatsanwaltschaft entscheiden. NEN): Ja, ja, das haben Sie alles gesagt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Genau. So ist es. NEN): Ja, ja, klar. - Gut. Jetzt kommen wir noch mal auf die Staatsanwaltschaft. Ich komme jetzt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch mal zu Ramstein. Herr Altmaier, es stimmt NEN): Okay. Gut. Also, ich ziehe daraus den ja: Wir waren gemeinsam im Parlamentarischen Schluss, Sie gehen mit mir davon aus, dass das Kontrollgremium, und wenn ich mich erinnere, nicht sicher ist, dass die US-Behörden sich in in Ihrer Zeit, als wir da gemeinsam waren, habe Deutschland an Gesetz und Recht halten, jeden- ich auch immer wieder die Frage der Beurteilung falls eine solche Verpflichtung nicht eingehen und der möglichen deutschen Hilfe beim Einsatz wollten. von Drohnen - - Ich habe die Killerdrohnen ge- nannt oder Drohnen, die illegale Hinrichtungen Zeuge Peter Altmaier: Ich hoffe sehr, dass sie betreiben. Das war auch Gegenstand vieler - auch sich daran halten und dass sie sich immer mehr damals schon - Anfragen an die Bundesregierung, daran halten. und die Bundesregierung hat damals immer ge- äußert, genauso wie die USA, wie auch Herr Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Obama sich geäußert hat - ich glaube sogar, als er NEN): Ja, ja, hoffen tun wir alle. in Berlin war -, dass keine US-Drohnen von deut- schem Gebiet aus starten und dass keine Drohnen Zeuge Peter Altmaier: Aber eine völkerrechtlich von deutschem Gebiet aus gesteuert werden. Das verbindliche Aussage dieser Qualität war ja der hat die Bundesregierung dann immer übernom- Gegenstand der No-Spy-Verhandlungen. men und hat das auch geantwortet, fast immer gleichlautend, egal welches Ministerium. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Und nun haben wir aber in diesem Jahr ganz überraschenderweise eine Erklärung, die vom Zeuge Peter Altmaier: Und die sind, wie Sie wis- Außenministerium vermittelt worden ist - auch sen, nicht zum Abschluss gekommen. dem Deutschen Bundestag -, der US-Botschaft be- kommen, dass in Ramstein zwar weder Flug- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zeuge starten noch gesteuert wird, aber sich eine NEN): Das wäre ja auch außergewöhnlich oder Relaisstation befindet und dass - - Wir haben ja würde ja auch nicht stimmen, wenn Sie das auch hier einen Zeugen gehört, einen ehemaligen für die Vergangenheit sagen, weil, wie man an Drohnenpiloten, der erklärt hat, dass über diese Markus R. sieht, aber wie man auch an dem Aus- Relaisstation der Einsatz von Drohnen aus USA spähen des Handys der Kanzlerin sieht - wenn gesteuert wird, dass er das selber gemacht hat in das stimmt, sage ich jetzt auch mal -, dann ist das weit über 1 000 Fällen - 1 400 oder so was - und ja nicht wahr, weil Ausspähen des Handys der er dafür sogar einen Orden bekommen hat in den Kanzlerin entspricht nicht dem deutschen Gesetz USA. So.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 164 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

1. Untersuchungsausschuss

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Und jetzt hat der Zeuge dies ausgesagt und hat Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- uns auch genau erklärt, wie das funktioniert. NEN): Ja, ja. Nämlich per Glasfaser wird sein Befehl, den er je- weils an die Drohnen gibt - seine Anleitung oder Zeuge Peter Altmaier: - 2016. So. Und nach die- sein Führen -, an die Drohne weitergegeben, und sen Informationen hat die US-Seite bestätigt, dass zwar über Ramstein. Er musste immer - - Die unbemannte Luftfahrzeuge von Ramstein aus we- Telefonnummer musste gewählt werden von der gestartet noch gesteuert würden. Ramstein, und dann hat er den Befehl darüber ge- leitet, und es wurde von Ramstein dann über Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Satellit der Drohne übermittelt, die woanders ge- NEN): Ja. Das ist die Form, ja. Aber dass dort eine startet war. - So haben wir das hier gelernt. Und Relaisstation ist - - Und der Zeuge, den wir hier das ist meiner Ansicht nach ein Führen einer gehört haben, hat gesagt, über diese Relaisstation Drohne über Deutschland, über Ramstein. Sehen hat er selber - nicht irgendwo mal gehört, son- Sie das auch so? dern er selber - in mühevoller Arbeit aus einer Wüste in den USA Drohnen gesteuert. Zeuge Peter Altmaier: Nein, ich sehe es nicht so. Also, erst mal ist es so - ich will das nur der (Dr. André Hahn (DIE Form halber sagen -, dass aus unserer Sicht die LINKE): Und ohne die Aktivitäten in Ramstein nicht untersuchungsge- geht’s nicht!) genständlich sind. Wir haben ja in verschiede- nen - - - Ja, genau - wir haben ihn auch gefragt -: Ohne diese Relaisstation wäre das nicht möglich. Das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nehme ich als - - NEN): Doch. Zeuge Peter Altmaier: Ja. Aber die Frage ist Zeuge Peter Altmaier: Und zwar deshalb: weil doch - - der Untersuchungsauftrag sich bezieht auf Tötun- gen auf deutschem Staatsgebiet - oder solche, die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von deutschem Staatsgebiet ausgehend durchge- NEN): Wir können dann ja immer noch im Be- führt oder veranlasst werden. richt nachher darüber streiten - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Herr Ströbele, also erst NEN): Ja, durchgeführt. mal: Ich weiß nicht, ob jemals Signale über die Relaisstation in Ramstein gesendet worden sind, Zeuge Peter Altmaier: So. Und das ist sozu- - die zur Tötung von Menschen geführt haben. Und da ist die Auffassung, dass dies bei einer bloßen Weiterleitung von Signalen nicht der Fall Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist. NEN): Ja, aber wir wissen das.

(Zuruf des Abg. Dr. André Zeuge Peter Altmaier: Ich kann es weder bestäti- Hahn (DIE LINKE)) gen noch ausschließen; ich weiß es einfach nicht. - Erster Punkt. So. Darüber ist auch vonseiten der Bundesregie- rung, zwar nicht in diesem Ausschuss, aber je- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- denfalls mit Obleuten mehrfach intensiv gespro- NEN): Das haben wir hier in der Beweisaufnahme chen worden. Wir haben dazu Fragen gestellt an geklärt. die amerikanische Seite. Wir haben die Erkennt- nisse, die wir gewonnen haben, auch den Obleu- Zeuge Peter Altmaier: Zweiter Punkt ist, dass die ten des Auswärtigen Ausschusses mitgeteilt, und Bundesregierung der Auffassung ist, dass die zwar am 26. August - bloße Weiterleitung von Signalen keine Tötung

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Nur zur dienstlichen Verwendung auf deutschem Staatsgebiet ist oder keine Tötung Sie als Chef des Kanzleramts - mit den Amerika- ist, die von einem deutschen Staatsgebiet ausge- nern in Ramstein, dass einzelne dieser Drohnen- hend durchgeführt oder veranlasst wird. einsätze, wie zum Beispiel in Somalia - die lau- fen zum Beispiel über Ramstein - möglicherweise Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- doch NEN): Ja. (MR Philipp Wolff (BK) Zeuge Peter Altmaier: Und deshalb bedeutet meldet sich zu Wort) es - - Das bedeutet nun nicht, dass es in irgendeiner Weise gerechtfertigt wird; aber es rechtlich, moralisch in höchstem Maße bedenk- bedeutet, dass es dann nicht lich sind und eine Beihilfe zur Tötung - und ich untersuchungsgegenständlich in diesem sage: zum Mord - bedeuten könnten? Ausschuss ist, - Zeuge Peter Altmaier: Also, damit das auch klar Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist - - NEN): Doch. Durchgeführt werden - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr Zeuge Peter Altmaier: - sondern Sie müssen es Wolff. - Das habe ich nicht gesehen. Und ich dann in den dafür vorgesehenen Gremien anspre- habe auch nicht gehört, ob das Land Somalia ge- chen - mit den dafür zuständigen Ressortminis- nannt war. Irgendwie kommt hier nur die Hälfte tern. an.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- MR Philipp Wolff (BK): Also, ich will noch mal NEN): Nein, Herr Altmaier. Wir werden das na- das unterstützen, was der Zeuge schon gesagt hat: türlich auch in den Bericht reinschreiben, dass Wir halten es nicht für untersuchungsgegen- das eine Art der Durchführung, eine Hilfe bei der ständlich. Wir haben das auch schon ausführlich Durchführung ist. Weil der Pilot, der Zeuge, den erläutert. wir hier gehört haben, hat erklärt, ohne diese Relaisstation geht es nicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es ist nicht Aufgabe des Zeugen, das zu Zeuge Peter Altmaier: Ja. beurteilen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- MR Philipp Wolff (BK): Es ist aber meine Auf- NEN): So. Also ist das eine „sine qua non“ - sonst gabe. Deswegen sitze ich als Beauftragter hier. - funktioniert das Ganze nicht. Zumal - und ich weiß gar nicht, ob dem Zeugen das bewusst ist - auch hier vor kurzem ohne eine Zeuge Peter Altmaier: Ja. Anerkenntnis einer Rechtspflicht das Auswärtige Amt genau zu diesen Fragen in einer Beratungs- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sitzung vorgetragen hat und entsprechende NEN): Und deshalb ist das eine Unterstützung Unterlagen auch ohne Anerkenntnis einer oder Teil einer Durchführung. Aber das sollen Rechtspflicht vorgelegt wurden. Deswegen finde Sie mir hier gar nicht lösen, sondern Sie sollen ich das jetzt auch nicht ganz fair, dass hier mir - - Nach der Mitteilung, die Sie jetzt von den gegenüber dem Zeugen suggeriert wird: „Doch, Amerikanern selber bekommen haben, die dann doch, das ist alles so“, und er muss jetzt hier die auch weitergegeben worden ist an den Auswärti- entsprechenden Fragen beantworten. gen Ausschuss, inzwischen auch bei uns gelan- det ist: Gehen Sie weiterhin davon aus, dass das (Dr. André Hahn (DIE in Ordnung ist und dass es keine Probleme gibt, LINKE): Ich habe Herrn Steinmeier danach auch ge- dass Sie auch nicht mal ein Wort reden müssen - fragt!)

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Die sind vom zuständigen Ressort auch im Rah- Der Zeuge hat ja auch ausgeführt, dass - - wie er men einer Beratungssitzung schon beantwortet das macht usw., aber, soweit ich weiß, nicht ge- worden. sagt, dass er über Ramstein Leute getötet hat. Oder sehe ich das falsch? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Wolff, das stand in der Zeitung. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, er hat ja ge- (Tankred Schipanski schossen!) (CDU/CSU): Ja, in der Zei- tung steht vieles!) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Er hat geschossen. Das war ja der Sinn sei- MR Philipp Wolff (BK): Dann hätten wir ja gar nes Handelns. nicht vortragen müssen. Warum haben Sie denn das Auswärtige Amt dann hergebeten? (Nina Warken (CDU/CSU): Er hat geschossen?) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, ich will ja jetzt von dem Zeugen wis- - Der hat die Drohne da zum Vergnügen da krei- sen, ob er als Vertreter der Bundesregierung, der sen und dann schießen lassen. - Ich meine, Sie mit dieser Sache ja auch befasst ist, mal Anlass können sich ja die Aussage sicherlich vom - - Die gesehen hat, selber oder bei den Fachkollegen tä- war ja öffentlich, - tig zu werden, dass diese Praxis abgestellt wird, dass man den Amerikanern klarmacht, dass das Zeuge Peter Altmaier: Ja. nicht geht über deutschen Boden - „geht gar nicht.“ Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - und die haben Sie ja offensichtlich. Dann Zeuge Peter Altmaier: Ich habe ja vorhin gesagt, lesen Sie noch mal nach. dass die Bundesregierung vielfältig mit unserem Partner USA im Gespräch ist zu diesen Themen Zeuge Peter Altmaier: Also, ich kann Ihnen gerne und dass wir auch um Auskünfte gebeten haben - anbieten, dass - nicht alle Auskünfte wurden erteilt -, dass wir aber auch klare Aussagen haben. Die habe ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, viel- Ihnen eben zitiert, und die kannten Sie ja schon leicht lesen wir uns - - vorher. So. Insofern ist die Bundesregierung tätig geworden, nicht in meiner Person, aber in Person Zeuge Peter Altmaier: - mir das Ausschusssekre- der zuständigen Ministerien, die dafür nach dem tariat die Aussage, wenn sie schon verschriftet Ressortprinzip zuständig sind. ist, noch mal zugänglich macht. Ich werde sie mir gerne anschauen, ob sie einen Grund bietet, Die andere Fra- - So. Und wir haben auch im in irgendeiner Weise tätig zu werden. Das muss Übrigen als Bundesregierung - um das dann auch ich dann beurteilen, wenn ich es sehe, und zu sagen - zur Frage der Tötung von Einzelperso- würde es besprechen mit den zuständigen Res- nen eine sehr klare Auffassung, die wir immer sortkollegen. Aber ich bitte herzlich um Ver- wieder auch geäußert haben. Das ist den Ameri- ständnis: Ich war bei der Vernehmung nicht an- kanern bekannt, und deshalb wirken wir auch an wesend, Sie haben mir auch keine konkreten Zi- solchen Aktionen nicht mit. Aber darüber tate vorgehalten, und im Übrigen kann ich auch hinausgehend jetzt zu verlangen, dass sämtliche die Glaubwürdigkeit des Zeugen hier nicht ein- Aktivitäten - - Es sind ja auch nicht alle Drohnen- schätzen. einsätze so, wie Sie es beschreiben. Ich weiß - - Ich habe bis heute keinen Hinweis darauf, dass Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- irgendeine konkrete Tötung über Ramstein wei- NEN): Ja, das werden wir machen. Das können terge- - also das Signal weitergeleitet worden ist. Sie ja von hier aus nicht.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Vielleicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - die ich mir lesen wir uns alle die Aussage noch mal durch in den letzten Tagen mehrmals angeguckt habe, und fangen schon damit an, dass Brandon Bryant noch mal durchzulesen. kein Drohnenpilot ist, sondern die Sensorik be- dient hat. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gemeinsam vollstrecken sie diese Tötung - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- beide. Ob der eine nun an dem Hebel drückt und NEN): Bitte? der andere an dem Hebel: Das ist wahrscheinlich dann nicht der entscheidende Punkt, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dass Brandon Bryant kein Drohnenpilot war, sondern die Sen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, schon. sorik bedient hat nach seiner eigenen Aussage. Er hat nie eine Drohne selbst geflogen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - wer auf den Auslöser drückt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, da waren immer - - Das machen im- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So. Gibt es mer zwei. denn jetzt noch Fragen an den Zeugen? Jetzt wäre die Möglichkeit. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Blasphemie ist Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das! Blasphemie!) NEN): Nein, ich bin jetzt durch.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil Sie nur Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wenn mehrmals gesagt haben, er wäre Drohnenpilot. es keine weiteren Fragen mehr an den Zeugen gibt, dann sind wir am Ende der Zeugenverneh- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mung, Herr Altmaier. NEN): Ja. Das Protokoll dieser Sitzung wird Ihnen zuge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Deswegen stellt. Sie haben dann, wie ich es am Anfang ge- rege ich an, dass doch alle die Zeugenaussage sagt habe, 14 Tage Zeit, entsprechend Korrektu- jetzt noch mal lesen die nächsten Tage. ren oder Änderungen vorzunehmen und uns das Protokoll dann wieder zurückzusenden. (Nina Warken (CDU/CSU): Auch der Fragesteller!) Ich danke Ihnen ganz herzlich für die lange Be- reitschaft, uns hier Rede und Antwort zu stehen. - Genau. Nichtöffentliche oder eingestufte Fragen sind nicht beabsichtigt von diesem Ausschuss. Die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sitzung ist damit diesbezüglich für Sie zu Ende. NEN): Es sind zwei Piloten, - Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. Ganz herzlichen Dank noch mal, dass Sie uns so Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. lange hier zur Verfügung gestanden haben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Altmaier: Vielen Dank. NEN): - und einer leitet, und der andere schießt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde da bitten, dann den nächsten Zeugen auch in den auch noch mal raten, die Zeugenaussage, - Sitzungssaal zu bitten. Und wir unterbrechen jetzt mal für fünf Minuten, um dementsprechend Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hier einmal durchzulüften. Die Sitzung ist für NEN): Ja, aber gemeinsam - - fünf bis zehn Minuten unterbrochen.

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(Unterbrechung von 22.31 bis 22.41 Uhr)

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, meine drei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geld- Damen und Herren, ich würde wieder anfangen. strafen bestraft werden. Nach § 22 Absatz 2 des Die Öffentlichkeit ist etwas geringer geworden. Untersuchungsausschussgesetzes können Sie Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass diejenigen, Antworten auf solche Fragen verweigern, deren die da sind, noch da sind. Beantwortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung Vernehmung des Zeugen der Gefahr aussetzen würde, in eine Unter- Steffen Seibert suchung nach einem gesetzlich geordneten Ver- fahren involviert zu werden. Dies betrifft neben Ich darf ganz herzlich unseren nächsten Zeugen Verfahren wegen einer Straftat oder Ordnungs- begrüßen: Herrn Steffen Seibert. widrigkeit gegebenenfalls auch Disziplinarverfah- ren, wenn dies in Betracht kommen könnte. Herr Seibert, Ihnen wurde die Ladung vom heuti- gen Tage zugestellt, und Sie haben diese auch an- Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des genommen. Ich freue mich, dass Sie so kurzfristig Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder konnten und für eine Vernehmung zur Verfügung eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie stehen. Bitte entschuldigen Sie, dass ich etwas um einen Hinweis an den Ausschuss, sodass wir heiser bin. Bis jetzt hat die Stimme gehalten; aber einen Beschluss nach § 14 oder § 15 des Unter- so langsam wird es schwierig. Wir kriegen das suchungsausschussgesetzes treffen können und aber heute noch hin. die Sitzung dann in nichtöffentlicher bzw. eingestufter Sitzung fortführen und Ihnen dann Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die die entsprechenden Fragen stellen können. Bundestagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich Nach diesen notwendigen Vorbemerkungen darf dem Zweck, die stenografische Aufzeichnung der ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz darstellen. Sitzung zu erleichtern. Die Tonbandaufnahme Eingangs habe ich Sie zur Person zu befragen. Zu wird nach Erstellung des Stenografischen Beginn der Vernehmung zur Sache haben Sie Protokolls dann auch gelöscht. Das Protokoll nach § 24 Absatz 4 des Untersuchungsausschuss- dieser Vernehmung wird Ihnen nach Fertig- gesetzes Gelegenheit, zum Beweisthema im stellung zugestellt. Sie haben, falls dies Zusammenhang vorzutragen, also ein sogenann- gewünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb von 14 tes Eingangsstatement abzugeben, wenn dies ge- Tagen Korrekturen und Ergänzungen vorzuneh- wünscht ist. Danach werde ich Ihnen einige Fra- men, wenn dies notwendig sein sollte. gen stellen. Anschließend erhalten die Mitglieder des Ausschusses die Möglichkeit, ihre Fragen zu Herr Seibert, vor Ihrer Vernehmung habe ich Sie stellen. Dies geschieht dann nach dem Stärkever- zunächst zu belehren. Sie sind als Zeuge geladen hältnis der Fraktionen, immer eine Fraktion nach worden. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, die der anderen. - Gibt es hierzu Fragen? Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und vollständig sein. Sie dürfen nichts weglas- Zeuge Steffen Seibert: Erst mal: Guten Abend! - sen, was zur Sache gehört, und nichts hinzufü- Nein, keine Fragen dazu. gen, was der Wahrheit widerspricht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- schön. - Dann darf ich Sie bitten, sich zu Beginn rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Ihrer Ausführungen dem Ausschuss mit Name, Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Alter, Beruf und einer ladungsfähigen Anschrift Untersuchungsausschuss uneidlich falsch aus- vorzustellen. sagt, kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des Strafgesetzbuchs mit Freiheitsstrafen von

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Zeuge Steffen Seibert: Ja. Mein Name ist Steffen Regierungspressekonferenzen komme ich sehr, Seibert. Ich bin 56 Jahre alt, bin Regierungsspre- sehr schnell an den Satz, dass darüber die Bun- cher und Chef des Presse- und Informationsamts desregierung den zuständigen, Geheim tagenden der Bundesregierung, und die Adresse wäre: Gremien des Deutschen Bundestages berichtet. - Bundespresseamt, Dorotheenstraße 84 in 10117 Den kennen ja alle Journalisten schon, diesen Berlin. Satz. Das heißt, das ist ein Bereich, über den ich sehr wenig öffentlich aussagen kann und über Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- den ich auch sehr wenig im Gespräch - Hinter- chen Dank. - Und ich hatte gesagt, zum Anfang grund oder andere Formate - mit Journalisten haben Sie die Möglichkeit, ein sogenanntes Ein- sage. Es verhält sich anders mit diesem Thema gangsstatement abzugeben. Möchten Sie hiervon als mit nahezu allen anderen politischen The- Gebrauch machen? men, mit denen ich zu tun habe.

Zeuge Steffen Seibert: Nein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Kanzlerin selber hat ja auch was zu dem Thema gesagt, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- nämlich den Satz: „Abhören unter Freunden, das chen Dank. - Dann hätte ich nur einige wenige geht gar nicht.“ - War der mit Ihnen abgespro- Fragen an Sie. Das ganze Thema, mit dem wir chen? uns hier im Untersuchungsausschuss beschäfti- gen: Wann hat Sie das zum ersten Mal erreicht? Zeuge Steffen Seibert: Na ja, die Bundeskanzlerin braucht ja keinen Souffleur. Sie hat diesen Satz Zeuge Steffen Seibert: In den ersten Junitagen des gesagt, weil er vollkommen ihrer Überzeugung Jahres 2013, nach meiner Erinnerung aus der entsprach, weil es ein politischer Satz ist, der ei- Presseberichterstattung, mit der dann alles be- nen Grundsatz formuliert. Inzwischen wissen gann. wir, wie anspruchsvoll dieser Grundsatz ist und dass man immer wieder aufs Neue daran arbeiten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Sind muss, den auch durchzusetzen. Ich denke, in die- Sie dann in der Funktion als Pressesprecher in- sem Sinne hat sie diesen Satz gesagt: als Aus- volviert worden? Wurde Ihnen gesagt, dass Sie zu druck ihrer tiefen Überzeugung. bestimmten Dingen den Untersuchungsausschuss betreffend Statements abgeben sollen, oder haben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Er hat ja auch Sie es nur verfolgt? viel bewirkt: ein Umdenken im Bundesnachrich- tendienst, eine erhöhte Sensibilität - zumindest Zeuge Steffen Seibert: Sie meinen ab 2013? ab dieser Aussage - und vielleicht auch eine Dis- kussion zwischen den Partnern, die dann noch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Von mir Nachdruck bekommen hat. Ich frage mich nur, ob aus auch vorher, wenn Sie es vorher wissen. sie den spontan gebracht hat - ich glaube, unsere Bundeskanzlerin kann das - oder ob sie ihn ge- Zeuge Steffen Seibert: Das Thema war ja dann ei- plant und mit Ihnen vielleicht abgesprochen ge- nes der beherrschenden Themen in der deut- sagt hat. schen Politik für viele Monate und ist auch 14, 15, 16 immer wieder aufgetaucht. Insofern habe Zeuge Steffen Seibert: Ich kann mich wirklich ich in meiner Aufgabe als Regierungssprecher nicht erinnern, wie es zu diesem Satz kam. Noch unzählige Male darüber gesprochen. einmal: Die Bundeskanzlerin hat in diesem Satz sicherlich eine sehr tiefe eigene Überzeugung Nun muss man sagen, dass der ganze Bereich der ausgedrückt, auch einen sehr politischen Satz Nachrichtendienste für einen Regierungssprecher formuliert. Und ich kann Ihnen jetzt nicht mehr in gewisser Weise ein Ausnahmebereich ist, weil sagen, wie es zu diesem Satz gekommen ist. Ich ich ja sehr wenig öffentlich darüber sagen kann. stehe aber auch vollkommen hinter diesem Satz, Wann immer ich über dieses Thema spreche: In

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Nur zur dienstlichen Verwendung habe ihn selber dann in zahlreichen oder in meh- 23.04.2015. Genau. So. Das ist also eine Presse- reren Pressekonferenzen variiert benutzt, weil ich mitteilung, die im Inhalt genau auf das zurück- glaube, dass er sehr gut beschreibt, was dazu zu geht, was die Zuständigen im Kanzleramt, denen sagen ist. die Dienst- und Fachaufsicht obliegt, mir sozusa- gen für die Öffentlichkeit mitgegeben haben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ich komme zu einer anderen Aussage, aus dem Jahre Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also Sie wür- 2015 jetzt, und die lautet: den sagen, das ist eine Bewertung, die im Kern doch im Bundeskanzleramt getroffen worden ist, Im Rahmen der Dienst- und Fach- in der Regel auf Prüfung etc. Es kommt also nicht aufsicht hat das Bundeskanzler- von Ihnen oder von der Bundeskanzlerin selbst; amt technische und organisatori- es ist im Kanzleramt, wer auch immer da beteiligt sche Defizite beim BND identifi- war, getroffen worden, diese Bewertung. ziert. Zeuge Steffen Seibert: Es ist jedenfalls aus dem Wie ist es denn dazu gekommen, dass es zu so ei- Kanzleramt und aus der zuständigen Abteilung ner doch drastischen Kritik, vielleicht abschlie- zu mir gekommen von den Zuständigen für die ßenden Kritik, über die Arbeit des Bundesnach- Dienst- und Fachaufsicht, also Büro des Chefs richtendienstes im Bereich der Abteilung TA - des Bundeskanzleramts und Abteilung 6. denn darum ging es ja - kommen konnte? Das ist ja schon ein starker Satz, oder nicht? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist danach noch mal irgendwas aus dem Kanzleramt gekom- Zeuge Steffen Seibert: Ich komme noch mal auf men, was das relativiert hat? Erinnern Sie sich da das zurück, was ich vorhin über den Bereich der an irgendwelche - Sie sagten ja, Sie haben viele Nachrichtendienste als einen gewissen Ausnah- Presseerklärungen abgegeben -, irgendwas, was mebereich beschrieben habe. Was meine ich da- dieses vom 23.04.2015 relativiert hat? mit? Damit meine ich, dass ich als Regierungs- sprecher bei diesem Thema, über das ich wenig Zeuge Steffen Seibert: Nein, es ist ja nichts relati- in der Öffentlichkeit sagen kann und darf, ver- viert worden. Im Gegenteil: Es ist ja dann umge- traue und auch vertrauen muss, aber auch ver- setzt worden - die Abstellung dieser Defizite. Das trauen kann auf die Zuständigen im Kanzleramt, war ja dann das Thema der folgenden Monate. die im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Dienst- Und auch darüber haben wir ja dann wieder in und Fachaufsicht über den BND führen. Die ha- Pressemitteilungen berichtet, was geschehen ist ben den Einblick in die operativen Einzelheiten. und welche Dinge nun verändert werden. Das ha- Die haben die Kontakte mit den Menschen aus ben Sie ja hier, glaube ich, sehr ausführlich be- den Diensten. Die formulieren gewissermaßen sprochen. auch das, womit wir dann - und da bin ich dann wieder im Spiel - an die Öffentlichkeit gehen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht Das ist in diesem Bereich der Nachrichtendienste letzte Frage von mir: Erinnern Sie sich an Erklä- eigentlich das Verfahren. Und so könnte ich jetzt rungen zum ehemaligen BND-Präsidenten auch über diesen Satz sprechen, also diese Pres- Schindler, zu seinem Ausscheiden? Hat es da semitteilung, die wir herausgegeben haben. Ich vonseiten der Bundesregierung eine Erklärung zu weiß gar nicht mehr: Oktober - ich müsste es gegeben, und von wem kam die? noch - - oder April. Zeuge Steffen Seibert: Da hat es - - Ich erinnere Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es müsste mich jetzt nicht wörtlich. Da hat es mit Sicher- 23.04.2015 gewesen sein. heit eine Erklärung gegeben, oder wir sind mit Sicherheit in Regierungspressekonferenzen Zeuge Steffen Seibert: Genau, ja. Ich hatte mir die danach gefragt worden. Und wir haben mit Pressemitteilung auch noch mal hier - - Sicherheit - das weiß ich - dafür natürlich, wie in

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Nur zur dienstlichen Verwendung solchen Fällen üblich, keinen Grund genannt, NATO-Länder ausspioniert, Regierungen, Regie- sondern ich glaube, dass ihm gedankt wurde für rungschefs -, ist das nicht etwas, was Sie hätten seinen Einsatz und dass das einfach als Faktum wissen müssen für die Öffentlichkeitsarbeit, für vermeldet wurde. Nachfragen, für eine eventuelle Sprachregelung?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Das Zeuge Steffen Seibert: Ich wiederhole - - Auf die wären schon meine Fragen. - Wir kommen jetzt Gefahr hin, mich zu wiederholen: Der Bereich zur ersten Fragerunde der Fraktionen. Es beginnt des Nachrichtendienstlichen ist ein Bereich, in die Fraktion Die Linke. Herr Kollege Hahn be- dem ich vertraue - und auch gar keinen Zweifel ginnt. habe, dass ich nicht vertrauen könnte - der Dienst- und Fachaufsicht, die im Kanzleramt aus- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dieser Satz „Aus- geführt wird, und dem, was mir von dort an spähen unter Freunden, das geht gar nicht“, der Informationen gegeben wird, die für die Öffent- ist ja nun inzwischen schon fast sprichwörtlich lichkeit bestimmt sind, im Rahmen, in dem sehr und wird immer wieder häufig verwandt. Und begrenzten Rahmen, in dem ein Regierungs- auch Sie haben den in Pressekonferenzen - haben sprecher überhaupt öffentlich über nachrichten- Sie eben gesagt - in zum Teil abgewandelter dienstliche Angelegenheiten spricht. Ich habe Form, aber vom Grundsatz mehrfach wiederholt. auch gar keinen Zweifel, dass diese Kollegen aus Ist Ihnen bekannt, dass, nachdem die Bundes- dem Kanzleramt mir zu jedem Zeitpunkt nach kanzlerin den Satz öffentlich gesagt hat, der bestem Wissen und Gewissen die Informationen BND-Präsident ins Kanzleramt gekommen ist und haben zukommen lassen, die für die Öffentlich- den Chef des Bundeskanzleramtes darüber infor- keit bestimmt waren und die auch zu dem Kennt- miert hat, dass der BND das auch macht, das nisstand, der zu diesem Zeitpunkt herrschte, die Ausspähen unter Freunden? richtigen und wahrheitsgemäßen waren.

Zeuge Steffen Seibert: Ich habe über die Art und Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die Frage war Weise, wie der Chef des Bundeskanzleramts und nicht, ob Sie der Rechts- und Fachaufsicht oder die Abteilung 6 diese Dienst- und Fachaufsicht Dienst- und Fachaufsicht vertrauen, sondern die über den BND durchführen, und welche Gesprä- Frage war, ob Sie nicht hätten darüber informiert che es da gibt, keine Kenntnis. Das ist auch nicht werden müssen. Also, dass dieses Gespräch statt- meine Rolle als Regierungssprecher. gefunden hat, wissen wir. Wir wissen es von Herrn Schindler, dem ehemaligen Präsidenten. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Sie müssen Wir wissen es von Herrn Pofalla, der hier war. aber - und wollen das sicherlich auch als Regie- Wir wissen es von Herrn Heiß. Da sind die Dinge rungssprecher - die Politik der Bundesregierung besprochen worden. Wie detailliert, da gibt es a) erläutern, verkaufen, darüber informieren usw. unterschiedliche Sichten; aber es ist angespro- Und das setzt ja nach meinem Kenntnisstand chen worden, dass die BND-Selektoren, die ei- voraus, dass man dann auch wichtige Informatio- gene Erfassung ebenfalls Partner, Freunde betref- nen hat, weil man danach gefragt werden kann fen. Insofern ist für mich überhaupt nicht nach- oder weil die eigene Chefin möglicherweise ins vollziehbar, dass man Sie - und da will ich auch Messer läuft, wenn sie immer etwas wiederholt ein Stück weit, dass Sie hier in Schutz genom- und dabei Gefahr läuft, dass sie irgendwann mal men werden - da draußen rumlaufen lässt, diesen darauf angesprochen wird, dass der eigene Nach- Satz immer wiederholend, obwohl im Kanzler- richtendienst das auch macht. amt, dem Sie ja unterstellt sind, Informationen vorliegen, aufgrund derer das, was Sie dort stän- Also, ist die Unterrichtung des Chefs des Bundes- dig sagen oder sagen müssen oder sagen wollen, kanzleramtes - - Ich kenne ja Ihre Abläufe nicht gar nicht so einfach weiter aufrechtzuerhalten ist. ganz genau; das muss ich ja sagen. Wenn der Chef Bundeskanzleramt unterrichtet wird, dass Zeuge Steffen Seibert: Ich habe dennoch, obwohl der BND das auch tut - Freunde, EU-Partner, Sie mich schützen wollen, was sehr nett ist, -

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): So bin ich, ja. ist meine Frage, ob für diese zentrale Frage nicht die Information der Bundeskanzlerin und/oder Zeuge Steffen Seibert: - keinen Zweifel daran, des Regierungssprechers erforderlich wäre, damit dass - - Also, ich sehe meine Rolle als Regie- er seinen Job vernünftig machen kann. Er sagt ja, rungssprecher und nicht als ein beigeordneter er hat die Information nicht gehabt, und wir wol- Geheimdienstkoordinator. Ich bin der Regie- len ja feststellen: Wer hätte die Pflicht gehabt, be- rungssprecher, und in diesem Bereich - da be- stimmte Informationen weiterzugeben, auch ge- harre ich darauf - halte ich es für richtig, dass der genüber der Bundeskanzlerin und dem Regie- Regierungssprecher denen vertraut, die die rungssprecher? Dienst- und Fachaufsicht führen. Ich behaupte, ich kann das auch. Ich habe das jedenfalls zu je- Zeuge Steffen Seibert: Also, ich habe jetzt für dem Zeitpunkt getan, und ich hatte nie das Ge- mich gesagt, dass ich keinen Anlass zum Zweifel fühl, dass ich nicht nach dem richtigen derzeiti- hatte und habe, dass ich von denjenigen, die die gen oder jeweiligen Kenntnisstand ausgerüstet in Dienst- und Fachaufsicht führen, nach bestem die Öffentlichkeit geschickt wurde. Wissen und Gewissen informiert bin, um die Öffentlichkeit in dem begrenzten Maße, das bei Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber Sie beraten diesem Thema überhaupt nur möglich ist, zu doch sicherlich - ich weiß nicht im Detail, wie informieren. Das galt damals, und das gilt heute. das funktioniert; noch mal - die Bundeskanzlerin auch beim sogenannten Wording: Wie geht man Es gibt im Kanzleramt eine Arbeitsteilung, wo- mit bestimmten Dingen um? Wäre es nicht we- nach die Abteilung 6 und der Chef des Bundes- nigstens notwendig gewesen - wir werden sie ja kanzleramtes zuständig für die Dienst- und Fach- fragen -, dass die Kanzlerin erfährt, dass es eine aufsicht sind und der Staatssekretär Fritsche, den solche Information im Kanzleramt gegeben hat, Sie ja heute auch schon ausführlich befragt ha- und sich darauf einstellen kann, dass sie nicht ben. Insofern hat die Bundeskanzlerin ganz an- permanent etwas wiederholt, was ihr auf die dere Ansprechpartner als mich bei diesem Füße fallen könnte? Thema. Ich schlage einfach vor, wenn ich das darf, dass Sie sie am Donnerstag dann selber fra- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr gen. Wolff von der Bundesregierung. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das werden wir MR Philipp Wolff (BK): Entschuldigung, nur machen; vorschlagen können Sie auch. - Trotz- ganz kurz. - Herr Hahn, das sind aber alles hypo- dem: Ich möchte von Ihnen gerne wissen: Sitzen thetische Fragen. Da kann der Zeuge eigentlich da fünf, sechs Leute zusammen, wenn so eine keine Aussage dazu treffen, ob es notwendig ge- Passage zu den Nachrichtendiensten geschrieben wesen wäre, dass man informiert hätte, oder wird, oder wird das - - Also, bespricht man sich nicht. Auch für den Zeugen: Es besteht einfach da? Meine Frage ist doch: Wenn es eine solche keine Rechtspflicht, auf hypothetische Fragen Runde gegeben hat, hat dort jemand der Beteilig- dieser Art zu antworten. ten gesagt: „Seid vorsichtig bei dieser Passage. Das kann uns auf die Füße fallen. Überlegt noch Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe jetzt von mal, ob ihr das so sagen wollt, weil wir machen keiner Rechtspflicht gesprochen. Ich spreche da- das auch“, oder: „Bei uns gibt es auch eventuell von, dass der Zeuge die Kanzlerin sicherlich Probleme“? Hat es so etwas gegeben im Zusam- auch berät, möglicherweise auch bei Regierungs- menhang mit der Äußerung der Bundeskanzlerin, erklärungen, die es ja dazu auch gegeben hat, mit Ihren Äußerungen bzw. dann auch der Vor- mitschreibt, mitberät, wie auch immer. Ein zen- bereitung einer Regierungserklärung? traler Punkt der Regierungserklärung, wo es dann auch eine Presseerklärung hinterher gibt, be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre schäftigt sich mit dem Thema Ausspionieren, dann auch die letzte Frage. sprich mit dem Thema Geheimdienste. Und da

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Zeuge Steffen Seibert: Also, ich stehe mit der im Kontakt sind. Wie muss man sich das vorstel- Bundeskanzlerin - das ist, glaube ich, normal für len? Gibt es da so eine Morgenlage? Man trifft einen Regierungssprecher - nahezu ständig im sich, geht die Themen des Tages durch, versucht, Kontakt, ganz sicherlich täglich im Austausch. Sprachfähigkeit in einzelnen Themenbereichen Ich weiß jetzt nicht, welches konkrete Treffen herzustellen? oder welche konkrete Sitzung Sie vor welcher Regierungserklärung ansprechen. Regierungs- Zeuge Steffen Seibert: Es gibt eine Morgenlage - erklärungen sind sehr persönliche Erklärungen. ich glaube, das ist allgemein bekannt -, und an- Da erklärt die Bundeskanzlerin am Ende genau sonsten gibt es überhaupt kein Muster, nach dem das, was ihr richtig erscheint. Da mögen vielerlei die Kontakte oder die Kommunikation mit der Einflüsse einfließen; aber ich kann Ihnen jetzt Bundeskanzlerin ablaufen, weil natürlich jeder hier nicht genau sagen, an welcher Stelle etwas Tag vollkommen unterschiedlich ist. Sie haben von mir da reingerutscht sein könnte. nur alle gemeinsam, diese Tage, dass man in der Regel viel miteinander spricht: auf Reisen, bei Dr. André Hahn (DIE LINKE): Entschuldigung, Terminen. Heute habe ich sie bei Terminen be- mir geht es - damit das noch mal klargestellt ist - gleitet, und wenn es mal keinen gemeinsamen um die Regierungserklärung nach der Wahl der Termin an einem Tag gibt, dann spricht man Bundeskanzlerin, die erste Regierungsklärung, auch auf eine andere Art. Es gibt da kein Muster die sie abgegeben hat. Das ist ja für eine Legisla- und keine feste Struktur, die ich Ihnen hier verra- tur etwas Besonderes. Die wird man ja nicht ein- ten könnte. fach so aus dem Ärmel schütteln, sondern da gibt es doch Beratungen. Eine solche Beratung habe Christian Flisek (SPD): Okay. - Aber man hat ich gemeint, wo es um die Frage der Formulie- durchaus einen Jour Fixe oder - - Also, es gibt so rung zu Geheimdiensten ging. einen festen Termin; das ist diese Morgenlage. Das Ziel - korrigieren Sie mich, wenn ich das Zeuge Steffen Seibert: Sie meinen die von 29. Ja- jetzt falsch wiedergebe - ist schon, dass man, sage nuar 2014? ich mal, natürlich eine einheitliche Sprache zu einzelnen Themenbereichen findet. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ja. Zeuge Steffen Seibert: Na gut, das gemeinsame Zeuge Steffen Seibert: Ja, genau. - Ich schreibe Sprechen über die Themen, aber auch über die nicht die Regierungserklärungen der Bundes- Kommunikation von Themen ist zentral für das kanzlerin. Am Ende verfasst die Bundeskanzlerin Verhältnis einer Bundeskanzlerin zu ihrem Re- diese Regierungserklärungen so, wie sie sie hal- gierungssprecher, ja. ten möchte. Ich habe da jetzt über meinen Anteil hier nichts weiter zu berichten. Christian Flisek (SPD): Ganz genau. - Als die Snowden-Veröffentlichungen hochploppten, das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - war mitten im deutschen Bundestagswahlkampf Wir kommen in der ersten Runde zur nächsten 2013. Können Sie uns da mal berichten aus Ihrer Fraktion, zur Fraktion der SPD. Herr Kollege Fli- Erinnerung heraus, welche Gespräche Sie mit der sek. Kanzlerin über genau diesen Punkt geführt ha- ben: „Wie kommuniziert man in dieser Affäre im Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- deutschen Bundestagswahlkampf?“? der. - Guten Abend, Herr Seibert! Zeuge Steffen Seibert: Ich kann Ihnen da wirk- Zeuge Steffen Seibert: Guten Abend! lich keine einzelnen Gespräche mehr aus meiner Erinnerung hervorholen. Das ist mir nach drei- Christian Flisek (SPD): Sie haben gerade gesagt, einhalb Jahren oder fast vier einfach nicht mehr dass Sie ständig, täglich mit der Bundeskanzlerin möglich. Das war natürlich ein Thema - neben anderen -, und es war auch ein Thema über viele

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Wochen; aber ich könnte Ihnen keinen einzigen Christian Flisek (SPD): Aber mir geht es um die Gesprächsschnipsel jetzt mehr hier liefern. Was großen Linien in dieser Frage. Noch mal: Wir hat- ich Ihnen sagen kann, war, dass die Gespräche ten eine Situation: Es war Bundestagswahlkampf. schon von dem gekennzeichnet waren, was die Es sind damals im Parlament natürlich auch zum Bundeskanzlerin an vielen Stellen auch öffent- Teil sehr ausführliche Anfragen gestellt worden. lich gesagt hat: Man konnte vielleicht auch schon auf die Idee kommen, dass so was wie ein parlamentarischer Erstens. Das muss aufgeklärt werden. Da muss Untersuchungsausschuss im Raum stehen würde. man die Berichterstattung zum Anlass nehmen, Die transatlantischen Beziehungen haben Sie ge- um Sachaufklärung zu betreiben. rade selber angesprochen, die ja durchaus mit diesem Thema belastet waren. All das - - Es kam Zweitens. Das Unverständnis für die Maßnah- sehr schnell eine Russland-Komponente dazu, men, für diese Überwachungsmaßnahmen oder weil eben Edward Snowden in Moskau sich dann Ausspähungsmaßnahmen, von denen da berich- aufgehalten hat. Können Sie zumindest in den tet wurde, sofern sich herausstellen würde, dass groben Zügen noch mal darstellen: „Was waren die stimmen - - Davon konnte man ja jetzt nicht da die internen Beratungen über die Frage: Wie von vornherein automatisch ausgehen, nur weil gehen wir damit kommunikativ öffentlich um? es berichtet wurde. Aber wenn es zugetroffen Wie stellen wir uns als Bundesregierung zu die- hätte, dann wäre da großes Unverständnis gewe- sen ganzen Punkten, insbesondere auch in der sen. Die Bundeskanzlerin hat ja auch bei späterer Frage: Wie kommunizieren wir gegenüber unse- Gelegenheit mal öffentlich gesagt, dass sie letzt- ren amerikanischen Partnern in dieser Frage?“? lich solche Überwachungen von Freunden oder von den Einrichtungen, auch diplomatischen Zeuge Steffen Seibert: Also, das Wichtigste und Einrichtungen von Partnern für eine totale Ver- sicherlich das, was am Anfang stand, war der Ge- schwendung von Zeit und Energie hält, weil wir danke, dass diese Vorwürfe, die in den Berichten eigentlich alle ganz anderen Herausforderungen erhoben wurden gegen die NSA, aufgeklärt wer- gegenüberstehen als demokratische Staaten und den müssen, dass man herausfinden muss, was als transatlantische Partner. da wirklich Sache ist. Das, denke ich, stand am Anfang, und daraus ergab sich a) die Notwendig- Also, das Thema der Sachaufklärung, das Thema keit zu Gesprächen mit den amerikanischen Part- des drohenden Vertrauensverlustes in diesem nern. Es gab dann auch - - Die Bundeskanzlerin enorm wichtigen außenpolitisch-transatlanti- hat ja in ihrer Sommerpressekonferenz 2013, schen Verhältnis, das Thema, dass immer wieder wenn ich mich recht erinnere, eine Liste von acht zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit und Punkten, acht Forderungen, in denen sie sinn- dem Bedürfnis nach Freiheit eine Balance herge- volle Konsequenzen sah, vorgestellt. Das war na- stellt werden muss, das waren die Themen, die türlich der Ausfluss aus der Berichterstattung wir da in vielerlei Weise auch in unseren Gesprä- und aus dem Bedürfnis, Sachaufklärung zu be- chen variiert haben. Aber ich kann Ihnen wirk- treiben und dann natürlich daraus auch Konse- lich beim besten Willen kein einzelnes Gespräch quenzen zu ziehen. Das ist mir noch sehr in Erin- oder einen Ausschnitt aus einem einzelnen Ge- nerung. spräch mehr wiedergeben. Und dann immer wieder dieses Thema des Ver- Christian Flisek (SPD): Mir geht es auch nicht trauens, um das es geht, also einerseits des Ver- jetzt, sage ich mal, um ein Wortprotokoll. Das trauens unter befreundeten und miteinander ver- gebe ich gerne zu, dass man aufgrund der The- bündeten Staaten, aber natürlich auch das Thema menfülle, mit der man betraut ist, nach drei Jah- des Vertrauens der Bürger, die das Recht haben, ren da nicht mehr einzelne Dinge referieren kann zu wissen, ob deutsches Recht gilt und eingehal- jetzt aus dem Gedächtnis. ten wird - nicht nur von unserem eigenen Dienst, auch von den Diensten von befreundeten Staa- Zeuge Steffen Seibert: Mhm. ten -, und die sich sicherlich auch natürlich

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Gedanken machten nach der Berichterstattung, Authentizität, das zum Teil eben jetzt im Internet wie mit ihren eigenen Daten umgegangen wird. kursiert, wo man selber gar nicht weiß: „Was ist Also, das Thema „Einen Vertrauensverlust ver- der Sachstand?“, auch in Bezug auf die eigenen meiden“ bzw. „Vertrauen wieder zurückgewin- Dienste. Dass man dann hergeht und - ich meine, nen da, wo es gestört ist“ war auch ein wichtiges. Sie sind Experte für politische Kommunikation in Ihrem Beruf - sich dann vor die deutsche Öf- Christian Flisek (SPD): Inwieweit war denn bei fentlichkeit stellt und, wenn auch nur zum Teil, diesen ganzen Gesprächen der damalige Chef des das Ganze für aufgeklärt und beendet erklärt, das Bundeskanzleramtes, Herr Pofalla, eingebunden? ist doch schon irgendwo zum damaligen Zeit- punkt - - Also, ich würde es jetzt mal freundlich Zeuge Steffen Seibert: Also, in aller Regel, wenn als „couragiert“ bezeichnen. ich jetzt von Gesprächen mit der Bundeskanzle- rin berichte, waren das Gespräche, die wir zu Zeuge Steffen Seibert: Ja, das ist Ihre Wertung. zweit geführt haben. Aber es gab natürlich auch Ich hätte da eine andere. Ich glaube - - Gespräche mit dem damaligen Chef des Bundes- kanzleramtes, und es mag auch Gespräche zu Christian Flisek (SPD): Welche? dritt gegeben haben oder in größeren Runden. Zeuge Steffen Seibert: Meine Wertung wäre, dass Christian Flisek (SPD): Wie erklären Sie denn, es richtig ist, wenn man in einem Teilaspekt Klä- wenn Sie sagen, die Bundeskanzlerin hat in den rung hat erzielen können, dass man das den Bür- Gesprächen, die Sie mit ihr geführt haben, entwe- gern auch sagt; er hat das ja auch begründet. Da- der bilateral oder vielleicht auch in einer erwei- mit ist noch nicht alles vom Tisch. Damit ist terten Runde, vor allen Dingen den Schwerpunkt noch nicht die Arbeit getan, und so ist es dann ja auf das Thema Aufklärung gesetzt, dass dann auch nicht weitergegangen. Wir haben ja dann Herr Pofalla von dieser berühmten USA-Reise ja weitergearbeitet. wiederkam mit einem Koffer voller Zusicherun- gen der Amerikaner und er sich dann in der deut- Christian Flisek (SPD): Gut. - Ein anderes Thema, schen Öffentlichkeit hingestellt hat und gesagt das damals aufgetaucht ist, auch anlässlich der hat: „Die Affäre ist beendet“? Ich finde - - Erklärung von Herrn Pofalla nach einer Sitzung des PKGr, war, dass er gesagt hat, die amerikani- Zeuge Steffen Seibert: Ich habe da eine etwas an- sche Seite hat der Bundesregierung angeboten, dere Erinnerung an das, was er gesagt hat. Ich ein No-Spy-Abkommen abzuschließen. Wann ist habe jetzt seinen O-Ton nicht dabei. Aber nach der Begriff „No-Spy-Abkommen“ bei Ihnen das meiner Erinnerung hat er ja einen Teil der Vor- erste Mal aufgetaucht? würfe sozusagen für aufgeklärt erklärt, und zwar den Vorwurf der massenhaften Abschöpfung von Zeuge Steffen Seibert: Ich glaube, es war - - Also, deutschen Datensätzen. Damit war, jedenfalls ich bin nicht sicher. Ich glaube, es war Pofalla, nach meinem Verständnis, nie alles geklärt, und der diesen Begriff möglicherweise das erste Mal erst recht nicht hatten wir schon die acht Punkte verwendet hat. umgesetzt, die die Bundeskanzlerin in ihrer Som- merpressekonferenz ja selber ins Spiel gebracht Christian Flisek (SPD): In einer internen Bespre- hatte. chung oder - -

Christian Flisek (SPD): Nun ist das vielleicht Zeuge Steffen Seibert: Bitte? eine gewisse Überforderung, wenn ich Sie als Re- gierungssprecher jetzt frage: Halten Sie das nicht Christian Flisek (SPD): In einer internen Bespre- für völlig couragiert, dass, wenn man in die USA chung, oder haben Sie es zum ersten Mal gehört, reist, also zu demjenigen, gegenüber dem diese als er da nach der PKGr-Sitzung sich - - Vorwürfe zu richten sind - - Man hat jetzt Mate- rial, das man erst mal prüfen muss auf seine

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Zeuge Steffen Seibert: Also, ich bin jetzt nicht si- mal: Es war Wahlkampf. Also, würden Sie mich cher. Der Begriff waberte irgendwie in den Me- korrigieren, wenn ich jetzt sage - - dien, weil er ja auch griffig ist, und er hat ihn öffentlich an einem bestimmten Punkt verwen- Zeuge Steffen Seibert: Na ja, der war ja dann im det. Es kam, zumindest für die Bundeskanzlerin, Oktober auch schon vorbei. nach meiner Auffassung, nach meinem Eindruck nie auf diesen Begriff an. Es kam darauf an, dass Christian Flisek (SPD): Ja, gut. Aber würden Sie wir einen besseren Kooperationsrahmen mit den mich denn - - Nein, nein, nein. Als Pofalla das - - amerikanischen Partnern ausmachen können, ei- nen, in dem vermutete Probleme der Vergangen- Zeuge Steffen Seibert: Gut, aber wir haben ja die- heit ausgeschlossen sein würden, und darüber ses - - sollte gesprochen werden. Christian Flisek (SPD): Nein, nein. Da waren wir Es war der Eindruck auf der deutschen Seite, mittendrin. dass die Amerikaner dieses angeboten hatten und dass sie bereit waren, darüber zu sprechen. Da- Zeuge Steffen Seibert: Ja. rüber wurde dann - über Monate zog sich das - immer wieder gesprochen, bis dann an einem be- Christian Flisek (SPD): Da waren wir in der hei- stimmten Punkt, im Frühjahr 2014 nach meiner ßesten aller Wahlkampfphasen, als Pofalla sich Erinnerung, klar war, dass die amerikanischen hingestellt hat; aber lassen wir das. Vorstellungen in diesem Bereich mit unseren nicht auf ein Blatt zu bringen wären und wir des- Zeuge Steffen Seibert: Richtig, aber die Gesprä- wegen nicht mehr davon ausgehen könnten, dass che über dieses Abkommen, wie auch immer, es zu dieser Vereinbarung eines anderen, besse- oder diese - - ren Kooperationsrahmens kommen würde. Also, der Begriff „No Spy“ wurde, glaube ich, in der Christian Flisek (SPD): Ich habe nur meine Frage Öffentlichkeit zuerst von Pofalla verwendet. Er vielleicht noch nicht ganz - - spielt jetzt hier keine Rolle. Ich glaube, es ging um den Kern dessen, was man wollte. Zeuge Steffen Seibert: Entschuldigung.

Christian Flisek (SPD): Na ja, da scheiden sich Christian Flisek (SPD): Lassen Sie mich gerade die Geister, Herr Seibert, weil es ist halt so, dass noch zu Ende fragen. momentan alle Zeugen irgendwo versuchen - da sind Sie in guter Gesellschaft -, diesen Begriff ein Zeuge Steffen Seibert: Pardon. Stück weit zu relativieren und zu sagen: Es ging uns eigentlich nicht um den Begriff, sondern ei- Christian Flisek (SPD): Würden Sie mich korri- gentlich um ein Paket von Standards, Maßnah- gieren, wenn ich sage, dass das schon eine ab- men, Inhalten, Rahmensetzungen. - Fakt ist aber, sichtsvolle Verwendung eines falschen Begriffes dass alle im Kanzleramt, insbesondere eben Herr war für eine Maßnahme, die eigentlich einen an- Pofalla, diesen Begriff verwendet haben. Ich deren Inhalt hatte? Hat man sich dankbar auf die- meine, das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen: sen Begriff in Wahlkampfzeiten gestürzt, weil Wenn man sozusagen - das ist ja eine Art von man gedacht hat. „Damit können wir vielleicht Framing - so einen Begriff setzt und benutzt und das Thema ein wenig in der Öffentlichkeit weiß, welche Erwartungshaltungen hinter einem beruhigen“? solchen Begriff stecken - - Also, „No-Spy-Abkom- men“ ist einfach ein Begriff, der die Erwartungs- Zeuge Steffen Seibert: Also, ich würde mich für haltung schürt, hier würde ein Land mit einem die Bundesregierung auf jeden Fall gegen die bei- anderen sozusagen einen spionagetechnischen den Begriffe „absichtsvoll“ und „falsch“ in einem Nichtangriffspakt verabreden, und alles, was jetzt Satz in diesem Zusammenhang verwehren. Ja, erklärt wird, ist weit unter dieser Messlatte. Noch das würde ich.

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(Dr. André Hahn (DIE Jetzt frage ich Sie noch mal - weil das sozusagen LINKE): Das kann man noch keine Aussage auf meine Frage war -: Wenn auch in zwei Sätzen sagen!) man diese Agenda vor Augen hat, die Sie gerade geschildert haben, und dann trotzdem nach wie - Entschuldigung? vor diesen Begriff „No Spy“ verwendet für diese Agenda, ist nach meinem Dafürhalten zwischen (Dr. André Hahn (DIE der Benutzung eines Begriffes und dem Inhalt, LINKE): Das kann man den man meint und politisch erreichen will, ein auch in zwei Sätzen sagen! - Gegenruf des Abg. Delta. Sehe ich das falsch? Tankred Schipanski (CDU/CSU): Ja, aber dann Zeuge Steffen Seibert: Also, ich war natürlich sind beide falsch!) nicht, wie der BND-Chef, der damalige, in den USA und habe deswegen auch keine Begriffe im - Dann würde ich mich dennoch dagegen ver- Gepäck mit zurückgebracht. Klar ist aber - und wehren; ich werde ja gefragt, ob ich da jetzt was davon bin ich fest überzeugt -, dass es ein Ange- zu sagen würde. bot der Amerikaner gab, über so etwas zu spre- chen - ich weiß nicht, ob die Amerikaner es so Also, wie gesagt, den Begriff gab es irgendwie, nannten oder anders; ich weiß nicht, ob der Be- und ich glaube, Pofalla hat ihn auch - - Also, er griff von den Amerikanern kam -, was wir jetzt hat ihn definitiv benutzt. Er ist in unseren Regie- mal entweder ein No-Spy-Abkommen, ein soge- rungspressekonferenzen mal benutzt worden, nanntes, nennen können oder einen besseren mal gar nicht benutzt worden, mal hieß es „soge- Kooperationsrahmen, und dass es richtig war für nanntes No-Spy-Abkommen“. Der war keines- die Vertreter der Bundesregierung, einem solchen wegs sozusagen gesetzt dafür, und es kam auf ihn Angebot nachzugehen und zu schauen, was man auch nicht an. Worauf es angekommen wäre, daraus machen kann. wäre eben, mit den Amerikanern einen Koopera- tionsrahmen, einen Modus Vivendi zu schaffen, Christian Flisek (SPD): D’accord. - Jetzt noch der stärker als das, was möglicherweise vorher mal - die Frage war aber eine andere, Herr der Fall war, dem Status als Partner und als Seibert -: - Freunde entspricht und der sicherstellt, dass be- stimmte Missstände der Vergangenheit jedenfalls Zeuge Steffen Seibert: Ja. - Ich - - nicht wieder auftauchen würden. Das war in un- serem Interesse. Das wäre auch nach meiner fes- Christian Flisek (SPD): - Wenn man sozusagen - ten Überzeugung im Interesse der Amerikaner ge- noch mal -, was Sie gerade sehr deutlich heraus- wesen; aber es ist anders gekommen. gearbeitet haben, an einem verbesserten Koopera- tionsrahmen arbeitet, der politisch wünschens- Christian Flisek (SPD): Gut. Also, ich nehme das wert ist, trotzdem hartnäckig an einem solchen zur Kenntnis. Sie haben jetzt noch mal versucht, Begriff in der öffentlichen Darstellung festhält, es ein wenig kleinzukochen. Ich meine, wir ha- dann ist nach meinem Dafürhalten zwischen In- ben hier den Zeugen Schindler ja gehabt, den halt und Verpackung oder Etikett eine erhebliche ehemaligen Präsidenten des BND, der gesagt hat, Diskrepanz. Ein No-Spy-Abkommen ist ein wech- dieser Begriff „No Spy“ ist von den Amerikanern selseitiger Pakt, sich nicht gegenseitig auszuspio- gesetzt worden. Auf mehrfachen Vorhalt hat er nieren. Ein besserer Kooperationsrahmen ist et- das - - Er hat quasi fast darauf bestanden, dass was sachlich Vernünftiges, aber etwas anderes das so war, dass das also keine deutsche Erfin- und in jedem Fall ein erhebliches Weniger. Des- dung gewesen sei. Man habe den dann sozusagen wegen verstehe ich nicht, warum man dann an mit dem Flugzeug auf dem Rückflug importiert einem solchen Begriff festgehalten hat und eine nach Deutschland und habe ihn dann hier ver- so hohe Erwartungshaltung geschürt hat in der wendet. deutschen Öffentlichkeit, wenn man doch mit

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Nur zur dienstlichen Verwendung viel besseren sachlichen Argumenten hätte erklä- Zeuge Steffen Seibert: Wer hat den erfunden? Da- ren können, was auch im Zweifel viel realisti- ran habe ich keine Erinnerung. scher gewesen wäre, nämlich einen verbesserten Kooperationsrahmen in der gemeinsamen Koope- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ration der Dienste herzustellen. NEN): Ich habe Sie im Verdacht.

Zeuge Steffen Seibert: Dieser Begriff ist ja auch Zeuge Steffen Seibert: Warum? gefallen in der Zeit. Den habe ich jetzt ja nicht er- funden. Der ist ja auch in dieser Zeit gefallen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wann immer man darüber sprach, was man ei- NEN): Weil Sie am 1. Juli, als da die Pressekonfe- gentlich damit meint, hat man ja solche Begriffe renz, - wie „besserer Kooperationsrahmen“ verwendet. Zeuge Steffen Seibert: Da habe ich den benutzt, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten ja. wir wieder wechseln. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Christian Flisek (SPD): Ja. NEN): - die 628. - - Das wissen Sie jetzt so schnell wieder? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen in der ersten Runde jetzt zur Fraktion Bündnis Zeuge Steffen Seibert: Nein. Das weiß ich, weil 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. ich das mal nachgeguckt habe.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Seibert, wer hat denn den Spruch al- NEN): Genau, da haben Sie das gesagt. - Lange ler Sprüche für unseren PUA erfunden? vor der Kanzlerin, -

Zeuge Steffen Seibert: Entschuldigung. Wer hat Zeuge Steffen Seibert: War das so? den Spruch aller Sprüche - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - praktisch im dritten oder vierten Satz, NEN): - - unseres PUAs, nämlich das „Ausspähen haben Sie gesagt: unter Freunden geht gar nicht“ erfunden? Es muss also aufgeklärt werden. Zeuge Steffen Seibert: Ach so, Entschuldigung. Das finden wir ja hier immer noch. Ich kannte die Abkürzung „PUA“ nicht. Wenn sich aber bestätigt, dass tat- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sächlich diplomatische Vertretun- gen der Europäischen Union und NEN): Entschuldigung. einzelner europäischer Länder ausgespäht worden sind, dann Zeuge Steffen Seibert: Das war natürlich jetzt müssen wir ganz klar sagen: Ab- mein Fehler. hören von Freunden ist inakzepta- bel. Das geht gar nicht. Wir sind Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht mehr im Kalten Krieg. NEN): Das ist mein Fehler. Das haben Sie, glaube ich, zuallererst gesagt. Zeuge Steffen Seibert: Aber ich erarbeite mir das, okay. Zeuge Steffen Seibert: Wenn ich der Erste war, was ich jetzt nicht mehr weiß - - Aber ich weiß, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass ich es in dieser Pressekonferenz gesagt habe; NEN): Sehr gut.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 180 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Nur zur dienstlichen Verwendung denn das habe ich jetzt in der Vorbereitung auf Ich sah mich jetzt gerade im Dia- heute Abend mal nachgelesen. log mit dem Kanzleramt, wenn Herr Seibert sich nicht angespro- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen fühlt. NEN): Ja. - Die Kanzlerin hat das viel später erst Und dann antworten Sie darauf: gesagt, und Sie haben es, glaube ich, noch mal Ich werde noch einmal mit den gesagt. Am 14.08. haben Sie das noch mal gesagt. Auslegungsexperten sprechen. Dann werden wir versuchen, dazu Zeuge Steffen Seibert: Ja. eine Antwort nachzuliefern.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Daraufhin sagt der Mensch: „Gut.“ Was haben NEN): Da stellen sich ja - - Also, deswegen: Mein denn die Auslegungsexperten, lange bevor Frau Gedanke ist so ein bisschen, dass Sie - - Also, Sie Merkel sich diesen Spruch zu eigen gemacht hat, haben ja vorhin gesagt, dass die Kanzlerin ihr ori- zu dieser Frage gesagt, ob das eigentlich nach ginäres Gefühl zu dieser Thematik damit zum deutschem Recht möglich ist und ob wir das am Ausdruck gebracht hat. Aber es könnte schon Ende des Tages - diplomatische Vertretungen, sein, dass der Satz oder dieser Gedanke so bei EU-Institutionen - nicht vielleicht sogar alles sel- Ihnen entstanden ist und die Kanzlerin das über- ber machen? nommen hat oder sich zu eigen gemacht hat. Das kann ja trotzdem ganz originär sein. Das ist ja Zeuge Steffen Seibert: Also, ich will noch mal eine symbiotische Beziehung zwischen Regie- auf den Spruch, wie Sie es sagen, eingehen. Der rungssprecher und - - Spruch, also dieser Satz, war doch eine politi- sche Reaktion auf eine sehr intensive Berichter- (Heiterkeit) stattung, -

Also, so stelle ich mir das zumindest vor; das tut Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nichts zur Sache und ist nicht untersuchungs- NEN): Klar. gegenständlich - - also dass sozusagen die Kanzlerin von Ihnen diesen Satz einfach Zeuge Steffen Seibert: - die wir bekommen hat- übernommen hat. ten.

Was mich daran wundert, Herr Seibert - um die- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sen Spannungsbogen nicht zu lange aufzu- NEN): Herr Seibert, das verstehe ich total. bauen -: In dieser 628. Bundespressekonferenz ist genau die Problematik, mit der wir uns bis heute Zeuge Steffen Seibert: Ich glaube, dass er doch befassen, aufgegriffen worden. Da kommt näm- ziemlich gut zusammenfasst, was die Reaktion lich die Zusatzfrage - - Also, Sie verweisen aufs der Bundesregierung war und was uns dann ja BND-Gesetz, weil irgendwie die Frage ist: Was auch über lange Zeit geleitet hat, dass auch - - machen wir eigentlich? Und dann wird gefragt: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das müsste doch eigentlich grund- NEN): Herr Seibert, ich sage Ihnen mal: Der Satz sätzlich nicht so schwierig zu be- fasst Folgendes gut zusammen - und darin liegt antworten sein. Dürfen wir die ein großes Talent -: Er fasst zusammen, was man diplomatischen Niederlassungen befreundeter Staaten beobachten, selbst dazu findet, mit normalem Bauchgefühl. abhören und dergleichen oder Man sagt: Das geht gar nicht. - Das bringt das zum dürfen wir es nicht? Es müsste Ausdruck. doch irgendeiner von Ihnen hier sagen können, ob das BND-Gesetz Zeuge Steffen Seibert: Ja, was aber natürlich das erlaubt oder ob das BND-Ge- auch, wenn ich das so sagen darf, Leitbild unse- setz das nicht erlaubt. rer Politik ist, -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 181 von 193 Stenografisches Protokoll 130 I

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Klar. NEN): Okay.

Zeuge Steffen Seibert: - erstens im Verhältnis zu Zeuge Steffen Seibert: - und mit den Informatio- unseren Partnern und was wir von unseren Part- nen, die mir zugeliefert werden, von denen ich nern erwarten, was aber natürlich auch unsere wiederum überzeugt bin, dass sie mir nach bes- Vorstellung von unserem eigenen Dienst ist. tem Wissen und Gewissen zugeliefert werden.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber wir haben - - Genau, aber er war halt NEN): Das glaube ich, und das ist auch logisch. falsch. Wir haben es halt selbst gemacht, und wir Aber am 01.07. - - haben - - Dieser Satz verirrt die öffentliche Mei- nung. Er gibt zwar das Bauchgefühl, was jeder Zeuge Steffen Seibert: Und das ist genau der hat, wieder, nämlich dass das gar nicht geht. Stand. Aber es verkleistert und verwischt damit die Ver- antwortung, dass wir genau das Gleiche machen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und dass auch die Bundeskanzlerin und in ihrer NEN): Genau, am 01.07. war das Ihr Stand, Herr Verantwortung der Rechts- und Fachaufsicht des Seibert - das glaube ich sogar -, wobei man hätte Bundesnachrichtendienstes wir genau dieselben da - - Aber gut, sagen wir, am 01.07. war das Ihr empörenden Praktiken so handhaben, wie die Stand. Aber dann sind Sie ja gefragt worden: Wie NSA es handhabt, nur dass es bei uns keinen ist die rechtliche Situation in Deutschland? Und deutschen Edward Snowden gab, der das öffent- da haben Sie gesagt: Ich werde die Auslegungs- lich gemacht hat. Da frage ich mich, wenn Sie die experten befragen. - Wen haben Sie befragt? Und Auslegungsexperten gesprochen haben, was Sie die Frage ist noch x-mal aufgetaucht, alles am hier sagen am 01.07.2013: Haben die Ihnen nicht 01.07. gesagt: „Das geht auch nach deutschem Recht“? Und hat Ihnen nicht der Bundesnachrichten- Zeuge Steffen Seibert: Richtig. dienst gesagt: „Leute, jetzt mal Vorsicht an der Bahnsteigkante; das machen wir alles selbst Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch“? NEN): Da wird dann gefragt:

Zeuge Steffen Seibert: Das, was ich in derselben Gibt es eine politische Ansage an Pressekonferenz gesagt habe, war damals und ist den BND, dass man Regierungen bis heute meine Überzeugung, nämlich dass der befreundeter Staaten nicht aus- Bundesnachrichtendienst auf Grundlage des forscht? Bundesnachrichtendienstgesetzes handelt; das ist meine Überzeugung. Da Sie sich ja jetzt hier in- Und da antworten Sie drauf: tensiv damit befasst haben, wissen Sie, dass Defi- Es gehört nicht zur Politik der zite festgestellt wurden, dass der damalige Bun- Bundesregierung, befreundete desminister Pofalla Anweisung gegeben hat, be- Staaten in ihren Botschaften aus- stimmte Praktiken zu ändern, dass es Konsequen- zuforschen. Ich glaube, das ver- zen gegeben hat. Das wissen Sie alles. steht sich von selbst.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wenn Sie die Selektorenliste sehen, die wir gese- NEN): Ja, für die Zukunft. hen haben, dann spottet das wirklich jeder Be- schreibung, dieser Satz, den Sie hier gesagt ha- Zeuge Steffen Seibert: Ja, gut. Ich kann aber ja ben. nur - - Ich spreche, wenn ich für die Bundesregie- rung spreche, nach bestem Wissen und Gewissen (Tankred Schipanski auf dem Kenntnisstand, den ich habe - (CDU/CSU): Wieso? Wenn

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es in das Auftragsprofil der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bundesregierung passt!) NEN): - oder haben Sie keine Auslegungsexper- ten gefragt und haben sich gesagt: „Ich will es - Bitte? mal lieber gar nicht wissen, was wir machen; Hauptsache, die Bundestagswahlen gehen jetzt (Tankred Schipanski erst mal über die Bühne“? (CDU/CSU): Aber wenn es ins Auftragsprofil der Bun- Zeuge Steffen Seibert: Erstens. Nein, ich bediene desregierung passt!) niemandes Baugefühl. - Was? Zweitens. Wenn ich gesagt habe, ich werde die (Dr. André Hahn (DIE Auslegungsexperten befragen, war das ein ande- LINKE): Der Zeuge sollte res Wort dafür, dass ich wieder mit denjenigen in lieber die Frage beantwor- Kontakt treten werde, die im Bundeskanzleramt ten! - Weiterer Zuruf: Ach, für die Dienst- und Fachaufsicht zuständig sind, lass ihn!) (Dr. André Hahn (DIE Zeuge Steffen Seibert: Ich bin jetzt etwas ver- LINKE): Haben Sie das wirrt, was die Frage an mich ist, Entschuldigung. denn auch gemacht?)

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- also mit der Abteilung 6 und dem Chef des Bun- NEN): Ja. - Der Tatortreiniger versucht hier, die deskanzleramtes. Das habe ich natürlich getan. Fragen zu verunklaren. Das tue ich regelmäßig; in den Wochen habe ich es noch regelmäßiger getan. Wenn Sie sich die (Heiterkeit) Pressekonferenzprotokolle der kommenden Wo- chen durchlesen, wo das ja fast jedes Mal Thema Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt wäre es war, sehen Sie, dass da keine veränderte - - erst trotzdem gut, wenn es hier im Sitzungssaal wie- einmal noch keine veränderte Kommunikation zu der ruhiger wäre, dass der Kollege von Notz seine bemerken ist. Frage stellen kann. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Ich habe meine Frage gestellt. Sie haben hier noch mal gesagt, dass das Abhören unter an- Zeuge Steffen Seibert: Das heißt, ich habe keine derem von Botschaften nicht zur Politik der Bun- anderen Informationen von dort bekommen als desregierung gehört, obwohl der Bundesnach- die, die mir sagten, deutsche Dienste tun das richtendienst, der Auslandsgeheimdienst der nicht. Bundesregierung, genau diese Praktiken ausgeübt hat. Deswegen die Frage, Herr Seibert: Haben Sie, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wie Sie es hier angekündigt haben gegenüber den NEN): Wer hat Ihnen das gesagt? Hat Pofalla versammelten Hauptstadtjournalisten, Ausle- Ihnen das gesagt? Oder hat Herr Heiß Ihnen das gungsexperten befragt: „Dürfen wir das eigentlich gesagt? selbst machen, und machen wir das eigentlich selbst?“ Und wie kann es dann sein, dass die Zeuge Steffen Seibert: Ich gehe in Pressekonfe- Bundeskanzlerin ein paar Wochen später genau renzen zum Thema Nachrichtendienste und be- das dann noch mal sagt? Bedienen Sie einfach komme konkrete Empfehlungen für das, was ich das Bauchgefühl der Leute fernab von der Sach- sage, aus der entsprechenden Abteilung zugelie- lage, - fert. Das ist das Verfahren bei nachrichtendienst- lichen Themen. Zeuge Steffen Seibert: Nein.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hatte und heute nicht habe und dass das auch für NEN): Der Abteilung 6? die Tage gilt, die auf diesen 23. Oktober zuliefen.

Zeuge Steffen Seibert: Ich habe vorhin versucht, Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Zu dem zu erklären, warum ich das auch für das vollkom- Thema No-Spy-Abkommen. Wir haben ja gesagt, men richtige und vernünftige Verfahren halte der Herr Pofalla hat diesen Begriff verwendet. Be- und warum ich volles Zutrauen in diese Kollegen raten Sie in Ihrer Funktion als Regierungsspre- habe. cher auch den Chef des Bundeskanzleramtes oder explizit nur die Bundeskanzlerin? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist die Abteilung 6 aus dem Bundes- Zeuge Steffen Seibert: Er braucht mich nicht als kanzleramt, die Ihnen das dann zuarbeitet? Berater. Ich habe auch mit ihm wie auch mit an- deren Ministern immer wieder zu tun. Ich bin ja Zeuge Steffen Seibert: Das ist der Regelfall, ja. auch der Sprecher der Bundesregierung, zu der er gehört. Aber ich mache da keine - - nicht in dem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sinne, wie Sie es meinen, eine Beratung, - NEN): Und war das in diesem Fall konkret so? Tankred Schipanski (CDU/CSU): Hat der - - Zeuge Steffen Seibert: Ich bin immer in diesen Wochen mit Material, mit Informationen aus der Zeuge Steffen Seibert: - zumal der Chef des Bun- Fachabteilung in die Pressekonferenzen gegan- deskanzleramtes anders als ich ja inhaltlich, ope- gen. rativ mit der Dienst- und Fachaufsicht über den BND befasst ist und deswegen eine ganz andere Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kenntnistiefe hat. NEN): Das Material haben wir, glaube ich, nicht. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Hat Zeuge Steffen Seibert: Das würde ich bei einem der - - Halten Sie den Begriff, der verwendet solchen Thema nie anders machen. wurde, den Begriff des No-Spy-Abkommens für falsch? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, ich glaube, wir haben das Material Zeuge Steffen Seibert: Ich glaube, man würde, nicht, und ich hätte großes Interesse daran, das wenn ein solches Abkommen zustande kommt, mal zu sehen. immer erklären müssen, was drin ist. Es wird sich nie in der Überschrift erschöpfen. Und drin Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Die wäre - - Darüber hätte man dann sprechen müs- restlichen Fragen müssten wir in der nächsten sen. Es ist ja leider nicht zustande gekommen. Es Runde stellen. Wir kommen jetzt zur Fraktion der ist bei Gelegenheiten ja auch mehr als nur „No- CDU/CSU. Herr Kollege Schipanski. Spy-Abkommen“ dazu gesagt worden. Es ist ge- sagt worden, was wir uns darunter vorstellen. Ich Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank. - glaube, eine Überschrift alleine macht es nie. Herr Staatssekretär, zunächst eine Frage, was die Pressemitteilung betrifft vom 23.04., wo da von Tankred Schipanski (CDU/CSU): Okay. - Die den organisatorischen Defiziten gesprochen weitere Frage noch einmal jetzt mit Blick auf die wurde. Hatten Sie Zweifel oder hatten Sie Fragen, ob es möglich ist nach altem und nach Gründe, zu zweifeln an den Informationen, die neuem BND-Gesetz, auch EU- oder NATO-Ein- Ihnen die Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes richtungen aufzuklären. Da stellt sich für uns die zur Verfügung stellt oder gibt? Rechtslage so dar, dass das sowohl nach altem als auch nach neuem BND-Gesetz erlaubt war bzw. Zeuge Steffen Seibert: Nein. Das habe ich vorhin erlaubt ist, wenn es zum Auftragsprofil der Bun- versucht zu sagen, dass ich die damals nicht desregierung gehört.

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(Dr. André Hahn (DIE Zeuge Steffen Seibert: Da kommen wir genau auf LINKE): Der sollte lieber den Punkt zurück, weswegen ich am Anfang über Märchenbücher schreiben!) die Sonderstellung, die nachrichtendienstliche Themen im Leben eines Regierungssprechers ha- Von daher erblicken wir auch keine falsche Dar- ben, gesprochen habe. Ich bin als Regierungsspre- stellung in dem Satz: „Abhören unter Freunden, cher nicht in der Lage - es ist nicht meine Rolle das geht gar nicht.“ Ich glaube, Sie haben das ja und ich darf es auch nicht -, über operative De- sehr deutlich gemacht, dass man da auf das BND- tails oder strukturelle Details der deutschen Gesetz auch abstellen muss, um zu schauen: Was Nachrichtendienste zu sprechen - ich glaube, das lässt das BND-Gesetz hier zu, oder was lässt es versteht auch jeder -, weil daraus natürlich die nicht zu? Wenn es sich um das Auftragsprofil der falschen Leute Erkenntnisse haben könnten. Da- Bundesregierung handelt, dann lässt das BND- für gibt es parlamentarische Gremien, dafür gibt Gesetz selbstverständlich auch das Aufklären von es die parlamentarische Kontrolle der Nachrich- EU- und NATO-Einrichtungen zu. - Wir haben an tendienste, und dort wird so etwas berichtet. der Stelle keine weiteren Fragen. Jeder im Bundeskanzleramt, der in dieser Dienst- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- und Fachaufsicht arbeitet, weiß, dass da meine chen Dank. - Wir kommen dann jetzt zur zweiten Auskunftsfähigkeit und Auskunftsfreude in einer Fragerunde, bei der auch wieder die Fraktion Die Regierungspressekonferenz auch endet. Das Linke beginnt. Kollege Hahn fängt an. heißt, es gab wahrscheinlich Nachfragen: Was meinen Sie damit, mit diesen Defiziten? Und Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich versuche jetzt dann habe ich darauf verwiesen, dass darüber die gar nicht, auch aus Zeitgründen, den ganzen Un- parlamentarischen Gremien, die zuständigen, in- sinn noch mal richtigzustellen; deshalb stelle ich formiert werden. Das ist genau der Punkt, lieber Fragen. warum - anders als bei 1 000 anderen Themen, die einem als Regierungssprecher begegnen (Tankred Schipanski könnten - das Nachrichtendienstliche ein Bereich (CDU/CSU): Sie brauchen ist, auf dem ich in ganz engen Grenzen mich nichts richtigzustellen, weil nichts falsch war!) bewege.

Die erste Frage bezieht sich noch mal auf die be- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, das verstehe reits erwähnte Presseerklärung mit den organisa- ich, soweit es sich um Operationen der Nachrich- torischen und strukturellen und wie auch immer tendienste handelt im In- und Ausland und ein- Defiziten beim BND, die man im Bundeskanzler- zelne Fälle, Personen, V-Leute. Da kann ich das amt ausgemacht oder festgestellt hätte. Nun gibt nachvollziehen. Aber wenn es um strukturelle es ja so eine Presseerklärung, die ja durchaus et- oder organisatorische Defizite geht, da muss man was Ungewöhnliches ist und nicht jeden Tag pas- Ihnen doch wenigstens sagen: Hat da jemand Un- siert, und es ist ja davon auszugehen, dass Sie terlagen entwendet? Hat sich da irgendwas ver- dann auch befragt werden: „Was steckt denn da selbstständigt? Was steckt - - Also, wenigstens eigentlich dahinter?“ - die Richtung muss man Ihnen doch eigentlich sa- gen. Sonst gehen Sie in eine Pressekonferenz, Zeuge Steffen Seibert: Mhm. vertreten einen Text der Bundesregierung und wissen überhaupt nicht, was damit gemeint ist. Dr. André Hahn (DIE LINKE): - und Nachfragen Da kann man Sie doch auch nicht im Regen ste- kommen; das ist ja eigentlich absehbar. Was hat hen lassen. man Ihnen denn gesagt? Also, da Sie ja selber da nicht beteiligt sind: Was waren denn das für Zeuge Steffen Seibert: Ich weiß aber, dass dieje- organisatorische und strukturelle Defizite? nigen, die diesen Text verfasst haben, wissen, Worüber hat man Sie denn da in Kenntnis ge- was gemeint ist, und dass die darüber Ihnen oder setzt, damit Sie gewappnet sind für diese Fragen?

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Nur zur dienstlichen Verwendung anderen Abgeordneten des Deutschen Bundesta- da werden ja mehrere Punkte genannt von Maß- ges auch Rede und Antwort stehen müssen; und nahmen, die eingeleitet worden sind, Maßnah- das halte ich für ein sehr gutes Prinzip demokra- men also, mit denen man diesen festgestellten tischer Kontrolle. Ich glaube, anders als Sie, dass Defiziten begegnet. Daraus kann ja der Kundige eben nicht nur eine Gefahr daraus entstehen schon ein bisschen ablesen, wo die Defizite gele- könnte, dass man über Operatives in der Öffent- gen haben mögen. lichkeit spricht, sondern dass man über Struktu- relles spricht. Ich glaube, auch das könnte den Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das war ja jetzt falschen Leuten Aufschluss geben. aber Monate später.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Gut, wenn wir im- Zeuge Steffen Seibert: Richtig. mer informiert werden würden, wäre das schon ganz gut. Aber es gibt natürlich ein berechtigtes Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und meine Frage Interesse, wenn Sie etwas öffentlich machen - an Sie war: Sind Sie über Hintergründe dieser Sa- „Sie“ meine ich jetzt nicht als Person, sondern che informiert worden damals? Den Journalisten als Regierungssprecher -, eben diese Defizite, müssen Sie vielleicht nicht antworten; aber im dass dann auch die Öffentlichkeit irgendwie wis- Untersuchungsausschuss geht es jetzt um die sen muss: Worum geht es da eigentlich? Ist da ein Frage, was Sie tatsächlich gewusst haben. Doppelagent? Was ist da eigentlich los? - Also, es muss doch eine Hintergrundinformation für Sie Zeuge Steffen Seibert: Genau. - Und ich sage, geben, was dort an Problemen vorhanden ist. Ich dass ich immer in diesen nachrichtendienstli- kann mir das überhaupt nicht anders vorstellen, chen Angelegenheiten so viel weiß, wie ich wis- dass man Sie - - und dass Sie damit zufrieden sen muss, um meine Arbeit als Regierungsspre- sind: Ihr schickt mich jetzt vor die Bundespresse- cher tun zu können, dass ich hier aber weiter- konferenz, und ich weiß gar nichts. gehende Kenntnisse nicht habe.

Zeuge Steffen Seibert: Ich habe damit kein Pro- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, nicht was blem. Sie den Journalisten sagen, sondern was Sie ge- wusst haben. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und es gab keine Hintergrundinformationen für Sie? Sie haben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das hat er, auch nicht gefragt? glaube ich, gerade gesagt.

Zeuge Steffen Seibert: Ich wusste all das, und Zeuge Steffen Seibert: Ich habe es gerade gesagt. fühle mich ohnehin von dem zuständigen Kanz- leramt immer so ausreichend und gut informiert, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und Sie haben dass ich in die Öffentlichkeit gehen kann, wenn auch nicht nachgefragt bei der Abteilung 6, wo- man bedenkt, dass ich in der Öffentlichkeit über rum es geht. Nachrichtendienstliches ohnehin sehr wenig sa- gen kann. Zeuge Steffen Seibert: Ich habe meine Arbeit als Regierungssprecher getan, wissend, dass ich über Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber hier können viele Themen des Nachrichtendienstlichen, über Sie jetzt was sagen. das allermeiste, ohnehin weder Journalisten, we- der im Hintergrund noch unter 2 noch unter 3, Zeuge Steffen Seibert: Und außerdem, wenn ich noch in der Regierungspressekonferenz berichten das noch ganz kurz sagen darf: Wenn wir jetzt kann - und auch nicht Bürgern. mal sechs Monate weiterspulen, sind wir im Ok- tober 2015. Da gibt das Bundespresseamt wieder Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aber vor dem Un- eine Presseerklärung heraus. In dem Fall war es tersuchungsausschuss schon. meine damalige Stellvertreterin Frau Wirtz. Und

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Zeuge Steffen Seibert: Ja, aber Sie haben mit Si- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist auch cherheit viel kundigere Menschen hier schon sit- zulässig. zen gehabt, die Ihnen über die operativen oder strukturellen oder organisatorischen Defizite be- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Vielleicht haben richten können. Da brauchen Sie jetzt ja nicht Sie dann die Frage auf eine andere Antwort [sic!]. mich. Es gab ja das Telefonat der Bundeskanzlerin mit Präsident Obama, wo es um ihr Kanzlerhandy Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich hätte trotzdem ging. Ich nehme ja an, das, wenn ein solches Te- gerne gewusst, was man Ihnen gesagt hat. lefonat - - Ich bin mir gar nicht mehr sicher, ob es da eine Presseerklärung gab von Ihnen oder vom (Nina Warken (CDU/CSU): Kanzleramt nach dem Telefonat. Zumindest hat Das hat er gerade gesagt!) sich ja die US-Administration dann geäußert. Da gibt es ja Positionen, dass man gesagt hat: Künftig - Nein, das hat er noch nicht gesagt. - Man hat also kein Ausspähen mehr des Handys der Kanz- Ihnen doch irgendetwas gesagt. Was war das? lerin. - Wie läuft denn das da ab? Auch da wer- den Sie ja wissen, dass es ein solches Telefonat Zeuge Steffen Seibert: Also, ich wiederhole jetzt, gibt. Und dann wird doch, vermute ich mal, das dass ich vor dieser Presseerklärung wie vor ande- Interesse groß sein bei Ihnen, zu sagen: Was hat ren Regierungspressekonferenzauftritten die not- er denn nun zu der Handysache gesagt? - Ich will wendigen Informationen an der Hand hatte, um jetzt nichts über die außenpolitischen Beziehun- meine Arbeit als Regierungssprecher zu tun. gen, über die Floskeln, die da ausgetauscht wer- den, sondern ich möchte wissen: Was ist zu dem Dr. André Hahn (DIE LINKE): Was hatten Sie Handy gesagt worden? Das ist hier Unter- denn für Informationen? Das ist doch eine ganz suchungsgegenstand. Und da muss die Kanzlerin einfache Frage. Ich verstehe das jetzt, ehrlich ge- Ihnen ja gesagt haben: Das hat der Präsident mir sagt, nicht. Sie hatten die notwendigen Informa- gesagt. tionen. Ich frage: „Welche?“, und dann schweigen Sie. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber zuerst sagt Herr Wolff was dazu. Zeuge Steffen Seibert: Ich hatte die notwendigen Informationen, die in dieser Presseerklärung MR Philipp Wolff (BK): Ich will nur darauf hin- standen. Die, und nichts Weiteres habe ich in der weisen, dass die Inhalte der Telefonate der Bun- Regierungspressekonferenz auch vorgetragen und deskanzlerin mit ausländischen Regierungschefs dann in Dutzenden von Variationen noch mal exekutiver Kernbereich sind und vor dem Hinter- vorgetragen. So ist das. grund dazu auch keine Aussage erfolgen kann.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke schön. auch in Dutzenden Variationen gesagt, was Sie vor der Presse gesagt haben, aber nicht, was man Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wir reden hier die Ihnen vorher mitgeteilt hat. ganze Zeit darüber, ob das tatsächlich passiert ist oder nicht passiert ist und hangeln uns immer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, es ist zusammen - - Und dann gehe ich mal davon aus, zulässig, auch die gleiche Frage mehrmals zu wenn er es nicht darf, die Bundeskanzlerin darf stellen; nur dass da keine Missverständnisse ent- aber über ihr Gespräch wohl reden. - Ja, wir wol- stehen. len - - Das ist doch nun ein zentraler Punkt, ob das stattgefunden hat oder nicht. Und ich bin in Zeuge Steffen Seibert: Natürlich. Ich komme nur meiner Naivität, meiner grenzenlosen, davon aus- zu keiner anderen Antwort, wenn ich da um Ver- gegangen, dass die Bundeskanzlerin ihrem mit ständnis bitten darf. engsten Mitarbeiter dann sagt: Also, stell dir vor, die haben das wirklich gemacht.

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Zeuge Steffen Seibert: Wenn ich - - als wir das bei anderen Telefonaten tun - wieder- gegeben, was die Bundeskanzlerin zu diesem Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Mit Thema in diesem Telefonat gesagt hat. dieser Selbsteinschätzung müssen wir jetzt zur nächsten Fraktion kommen. Dass wir in unserer Pressemitteilung nicht wie- dergeben, was der amerikanischer Präsident ge- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das ist aber - - sagt hat, ist, ehrlich gesagt, Usus. Wahrscheinlich Das kann doch aber kein Problem sein - - hat es auch eine Pressemitteilung der amerikani- schen Seite, des Weißen Hauses, zu dem gleichen Zeuge Steffen Seibert: Also, ein erheblicher Teil Telefonat gegeben. Wenn man die nun nebenei- dessen, was - - Oder: Immerhin ein Teil dessen, nanderlegen würde, würde man auch seine Aus- was Gegenstand dieses Gesprächs war, geht ja führungen wenigstens in groben Zügen noch er- aus der Pressemitteilung, die wir am 23. Oktober fahren. 2013 herausgegeben haben, hervor. Darin steht: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wir Die Bundeskanzlerin hat heute müssen jetzt wechseln und kommen zur Fraktion mit Präsident Obama telefoniert. der CDU/CSU. Sie machte deutlich, dass sie sol- che Praktiken, wenn sich die Hin- Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben keine Fra- weise bewahrheiten sollten, un- gen mehr. missverständlich missbilligt und als völlig inakzeptabel ansieht. Unter engen Freunden und Part- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kom- nern, wie es die Bundesrepublik men wir zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Deutschland und die USA seit Jahrzehnten sind, dürfe es solche Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Überwachung der Kommunika- NEN): Herr Seibert, haben Sie eigentlich in der tion eines Regierungschefs nicht damaligen Zeit mal eine Umfrage zu diesem geben. Dies wäre ein gravierender Thema „Snowden“ gemacht, vonseiten des Bun- Vertrauensbruch. Solche Prakti- deskanzleramts und des Bundespresseamts die ken müssten unverzüglich unter- bunden werden. Stimmung und die Lage zum Thema „Snowden“ - - Im Übrigen äußerte Bundeskanzle- rin Angela Merkel die Erwartung, Zeuge Steffen Seibert: Zum Thema „Snowden“ dass die US-Behörden Aufklärung oder zum Thema „NSA“ oder „Snowden“ spezi- über den möglichen Gesamtum- fang solcher Abhörpraktiken ge- ell? genüber Deutschland geben wer- den und damit Fragen beantwor- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten, die die Bundesregierung be- NEN): Genau. Na ja, mit „Snowden“ meine ich reits vor Monaten gestellt hat. Als nicht: „Wie finden die Leute Snowden?“, son- enger Bündnispartner der Verei- dern: „Was sagen die zu der Überwachung?“ nigten Staaten von Amerika Zeuge Steffen Seibert: Ja, okay. - Ehrlich gesagt: - ich bin gleich zu Ende - Ich weiß es nicht aus dem Hut. Es gab eine Reihe von, sagen wir mal, öffentlich zugänglichen Um- erwartet die Bundesregierung für fragen in der Zeit. Das wurde ja ständig abgefragt. die Zukunft eine klare vertragliche Ob wir dazu was gemacht haben? - Da bin ich Grundlage über die Tätigkeit der Dienste und ihre Zusammenarbeit. nicht sicher, weil unsere Umfragen sich eher so auf die größeren gesellschaftlichen Veränderun- So, das ist ja immerhin schon mal relativ aus- gen usw. beziehen. Aber ich will es auch nicht führlich - sehr viel ausführlicher, ehrlich gesagt, ausschließen. Ich weiß es nicht.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einer Linie der Kanzlerin in diesen sensiblen Fra- NEN): Hm. gen. Ich erinnere mich an ein wirklich schwieri- ges - - auf dem roten Sofa im Spreebogen da un- Zeuge Steffen Seibert: Also in meiner Erinnerung ten. Das ist das - - kann ich es jetzt nicht sagen. Das müsste ich nachreichen. Ich weiß gar nicht, ob man so was Zeuge Steffen Seibert: ARD-Sommerinterview. hier nachreichen kann. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, das NEN): ARD-Sommerinterview. Das war eher macht die Bundesregierung dann im Zweifel. nicht so gemütlich, und zwar nicht - - Wegen der Snowden-Veröffentlichungen. Da muss man doch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eine Linie abgestimmt haben, und da waren Sie NEN): Ich muss eine gewisse Bildungslücke of- doch bestimmt Teil davon. Da stellt sich doch die fenbaren: Es ist so, dass das Bundespresseamt Frage: Hat man das abgeklärt, dass dieser morali- eine eigene Bundesbehörde ist. sche Impetus und diese Aussage „Ausspähen un- ter Freunden geht gar nicht“ nicht der Wirklich- Zeuge Steffen Seibert: Ja, richtig. keit des eigenen Bundesnachrichtendienstes ent- sprochen hat? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist richtig, nicht? Zeuge Steffen Seibert: Ich bin nicht in der Lage, Ihnen zu sagen, welche Runden und Gespräche Zeuge Steffen Seibert: Ja. es dazu in der dafür zuständigen Abteilung gege- ben hat. Das weiß ich nicht. Da würde ich so was Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vermuten, weil dort die Fachkenntnis, die Kon- NEN): Und Akten von Ihnen haben wir nicht, takte mit dem Dienst, die Kenntnis der Struktu- weil wir die bisher nicht gezielt angefragt ha- ren, der Organisationen, der Operationen ange- ben. - Das kann man ja zum Glück noch ändern, siedelt ist. Ich könnte Ihnen darüber jetzt aus weil mich interessiert schon - - Herr Seibert, viel- meiner Erinnerung keine einzelne Runde nen- leicht können Sie noch erinnern. Also, wenn es nen, außer dass es natürlich so war, dass in die- Runden der Information gab, mit wem hat man sen Monaten und, ehrlich gesagt, dann auch noch denn direkt gesprochen, jetzt über diese Frage: über relativ lange Zeit das Thema immer wieder „Machen es nicht alle so wie die Amerikaner, natürlich auch Gesprächsgegenstand war. und sind wir moralisch überhaupt berechtigt, mit dem Zeigefinger in die USA zu zeigen und zu sa- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen: ‚Freunde der Nacht, so geht es nicht‘?“? NEN): Ja, aber Sie haben schriftliche Zuarbeiten Oder war man nicht in demselben Business so dazu bekommen aus der Abteilung 6. Wenn es unterwegs? keine Runden gab, wo man es besprochen hat, haben die Ihnen irgendwas geschickt, oder? Zeuge Steffen Seibert: Solche Runden soll es im Bundespresseamt gegeben haben? Zeuge Steffen Seibert: Ja, man hat sich manchmal mündlich abgesprochen, bevor ich in eine Presse- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- konferenz gegangen bin. Es kann auch - - Es gibt NEN): Nein, solche Runden soll es zur Vorberei- auch schriftliche - - tung Ihrer Bundespressekonferenzen gegeben ha- ben - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. - Und mit wem haben Sie da gespro- Zeuge Steffen Seibert: Ach so. chen, wenn es mündlich war? Also, wer ist da der Ansprechpartner? Ist das - ich habe wirklich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- keine Ahnung - Heiß selbst, oder gibt es in der NEN): - und zur Vorbereitung der Abstimmung

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Abteilung 6 jemanden, der für das Bundespresse- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- amt zuständig ist? NEN): Für das Bundespresseamt. Da haben wir ja auf jeden Fall nichts, glaube ich, vom Bundes- Zeuge Steffen Seibert: Sie wissen ja, dass dann presseamt selbst. Und das würden wir dann auch zu einem bestimmten Zeitpunkt Staats- schon machen. sekretär Fritsche installiert wurde. Das heißt, das durchläuft, bis es bei mir angekommen ist, nach Und sagen Sie, Herr Seibert - letzter Gedanke von meinem Gefühl - ich weiß es gar nicht ganz ge- mir -, dann diese Presseerklärung, die Frau Wirtz nau - sicherlich mehrere Etappen. Ich könnte gemacht hat im März 2015 [sic!], also in Reaktion Ihnen das nicht sagen. Es kommt dann meistens auf die großen organisatorischen Mängel beim über den CvD im Bundespresseamt zu mir. Bundesnachrichtendienst, ist das bei Ihnen dis- kutiert worden, dass dieser Vorwurf sich darauf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- begründet, dass das, was man - - NEN): Darf ich noch mal ganz kurz die Bundes- regierung fragen, weil wir dazu auch keine - - Zeuge Steffen Seibert: Sie meinen die vom April Oder: Ich habe das jetzt nicht erinnerlich. Also, 2015? es müsste dazu ja auch dann im Bundeskanzler- amt, in der Abteilung 6, schriftliche Vorbereitun- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen für das Bundespresseamt geben. Das ist mir NEN): April 2015. bisher nicht begegnet. Gibt es so etwas? Und, wenn ja, wo finde ich es? Oder können wir noch Zeuge Steffen Seibert: 23. April. mal nachgucken, ob man das bisher gesehen hat? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und für das Bundespresseamt selbst würden wir NEN): Genau, die aus diesem Märzbesuch und noch mal einen Beweisantrag stellen. Das kün- diesen Erkenntnissen da resultierte. - Dass im dige ich schon mal an. Grunde diese harte Kritik konsequent war, weil man eben vonseiten der Bundesregierung zwei Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, okay. Jahre lang einfach die Tatsachen falsch darge- stellt hat - - Also, dass es einen Graben gab zwi- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schen dem, was man gesagt hat, und was der NEN): Vielleicht sagt Herr Wolff was dazu? BND gemacht hat, und dass man deswegen den Bundesnachrichtendienst so hart kritisiert hat. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich dachte, Also, wurde das diskutiert, oder hat die Bundes- das wäre damit jetzt schon erledigt. kanzlerin da gesagt: „Also, Freunde, jetzt geht es aber los“? MR Philipp Wolff (BK): Kann keiner was dazu sa- gen. - Also, bei mir erinnerlich - ich muss sagen, Zeuge Steffen Seibert: Wenn man die Monate da- ich bin da jetzt auch nicht völlig auf dem Laufen- vor sieht und natürlich auch Presseveröffentli- den - - sind durchaus Sprachentwürfe an das chungen davor, dann ergibt sich, dass dieses eine Bundespresseamt auch vorgelegt worden. Ich notwendige Pressemitteilung war, die wir am müsste jetzt in die Akten gehen. Ich habe jetzt 23. April gemacht haben. Trotzdem noch einmal nicht alle Akten im Kopf. zu dem Vorwurf „falsch dargestellt“: Ich bleibe dabei, dass mit dem jeweiligen Kenntnisstand, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den wir zu bestimmten Zeiten hatten, den ich zu NEN): Okay. - Dann gucken wir auch noch mal. bestimmten Zeiten hatte, aber auch die Kollegen im Kanzleramt, wir nach bestem Wissen und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Vielleicht, Gewissen dargestellt haben gegenüber der Öffent- bevor wir einen Beweisantrag stellen, dass man lichkeit. einfach noch mal guckt, ob die notwendigen Dinge da sind.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Steffen Seibert: Nein. Ich war definitiv NEN): Na klar, aber jahrhundertelang haben nicht dabei. Ich weiß, weil mir das berichtet Leute behauptet, die Erde sei eine Scheibe, nach wurde, dass ich da auf der Liste derjenigen stand, bestem Wissen und Gewissen, aber es war trotz- die man dazu vielleicht haben wollte, oder - - Ich dem falsch, nicht? Also, wir hatten das vorhin weiß es nicht. Ich war definitiv nicht dabei. Ich schon mit dieser objektiven und der subjektiven kann mich erstens nicht an die Teilnahme an die- Falschheit. Aber wir versuchen zumindest als sem Treffen erinnern, und zweitens haben wir in Ausschuss, objektiv draufzugucken, und die den Unterlagen meiner Fahrer nachgeschaut, und Öffentlichkeit würde, glaube ich, auch gerne eine das Fahrtenbuch macht klar, dass ich zu dem objektive Aussage dazu bekommen. - Vielen Zeitpunkt dieses Treffens nicht im Kanzleramt, Dank für die späten Antworten an so einem Tag. sondern im Bundespresseamt war, erst später ins Kanzleramt zurückkehrte und dann mit der Bun- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- deskanzlerin nach Brüssel aufbrach von dort. Ich chen Dank. - Wir kommen zur nächsten Fraktion, war nicht bei diesem Treffen. der Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. Christian Flisek (SPD): Mhm. - Und die Tatsache, Christian Flisek (SPD): Danke. - Herr Seibert, dass Sie dort gern gesehener Gast gewesen wären, wann haben Sie denn zum ersten Mal erfahren, hat auch nicht dazu geführt, dass man Sie im dass als Teil der Auslandsaufklärung des BND Nachgang über den Inhalt der Gespräche infor- auch EU- und NATO-Partnerstaaten mit ins Vi- miert hat? sier genommen werden, zu welchem Zweck auch immer? Zeuge Steffen Seibert: Ich bin mit der Bundes- kanzlerin dann zum Europäischen Rat nach Brüs- Zeuge Steffen Seibert: Ich hatte da keine exklusi- sel geflogen und war dann in Brüssel mit dem be- ven Erkenntnisse. In dem Moment, wo das etwas schäftigt, was man da als Regierungssprecher so war, worüber auch - - Also, Sie wissen, dass - Sie zu tun hat. haben ja hier darüber gesprochen - Chef BK, Pofalla, da Veränderungen vorgenommen hat. In Christian Flisek (SPD): Ja gut, als Regierungs- dem Moment, wo dieses Thema überhaupt in den sprecher ist man - so stelle ich mir das zumindest Mittelpunkt rückte, auch durch Presseberichter- vor - immer mit allem beschäftigt, egal wo man stattungen, habe ich das auch erfahren. Ich habe gerade auf der Welt weilt. das nur aus der Presse erfahren. Zeuge Steffen Seibert: Irgendwie ist das auch Christian Flisek (SPD): „Nur aus der Presse“? wahr. Das stimmt.

Zeuge Steffen Seibert: Ich habe das aus der Christian Flisek (SPD): Das bedeutet natürlich, Presse erfahren, ja. auch wenn man in Brüssel ist, hat man im Zwei- fel den Draht zu dem, was in Berlin gerade so Christian Flisek (SPD): Laut dem Terminkalen- läuft. - Also, jetzt noch mal die Frage: Sie haben der von Herrn Pofalla waren Sie am 24.10., also, über dieses Treffen dort, wo Sie dann, aus wel- wenn ich mich jetzt nicht täusche, einen Tag chen Gründen auch immer, im Terminkalender nachdem die Kanzlerin dieses Zitat gesagt hat, als einzuladende Person erschienenen sind, wo bei einem Treffen dabei, wo Herr Pofalla natür- Sie sagen, da waren Sie nicht dabei, nichts, keine lich dabei war, wo Herr Schindler dabei war, wo Informationen darüber am Ende bekommen, was Herr Fritsche dabei war, Herr Heusgen, Herr dort besprochen wurde? Heiß, Herr Maaßen und Sie. Zeuge Steffen Seibert: Ich habe keine Erinnerung Zeuge Steffen Seibert: Ich war nicht dabei. daran. Ich war definitiv nicht bei dem Treffen da- bei, und ich habe keine Erinnerung daran, ob mir Christian Flisek (SPD): Sie waren nicht dabei?

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Nur zur dienstlichen Verwendung jemand danach etwas aus diesem Treffen mitge- Christian Flisek (SPD): Sie haben aber nicht ge- teilt hat. Das war ja der Tag nachdem wir die hört, dass Herr Pofalla Ihnen irgendwann mal ge- Pressemitteilung über die mögliche Abhörung sagt hätte - oder Sie es von Dritten herangetragen des Kanzlerhandys herausgegeben haben. Also, bekommen haben-, er hat sich jetzt mit Herrn in diesen Tagen war mit diesem Thema ohnehin Schindler getroffen und hat Anweisungen in den natürlich sehr viel los. Aber ich habe keine - - BND hinein erteilt? Also, ich war nicht dabei, und ich habe keine Er- innerung daran, ob mir jemand einen Inhalt aus Zeuge Steffen Seibert: Ich kann mich daran wirk- diesem Treffen mitgeteilt hat oder nicht. lich jetzt nicht im Einzelnen erinnern.

Christian Flisek (SPD): Haben Sie denn wahrge- Christian Flisek (SPD): Sie haben aber gesagt, der nommen, dass es nach dem Satz der Kanzlerin Achtpunkteplan hat Zug in die Sache reinge- eine höhere Betriebsamkeit aufseiten der Dienste bracht. Den hatten wir bisher nicht gesehen, den und auch der Fachaufsicht gegeben hat, also im Zug. Wo machen Sie das fest, dass da Zug rein- Sinne, dass die Kanzlerin mit dem Satz was aus- kam, ausgehend vom Sommerinterview? gelöst hat? Zeuge Steffen Seibert: Ich denke schon, dass da Zeuge Steffen Seibert: Na ja, ich denke mal, die Zug war. Erstens mal ging es ja in dem Acht- Kanzlerin hat von vornherein - das war mein Ein- punkteplan - ich glaube, das war einer der ersten druck, und das hat sich ja auch niedergeschla- Punkte - auch darum, dass man noch bestehende, gen -, wie ich es vorhin sagte, auf Sachaufklärung sehr alte Verwaltungsvereinbarungen mit den da- und auf Konsequenzen gedrängt. Und es war ja maligen Alliierten, die de jure noch bestanden, die Kanzlerin, die diesen Achtpunkteplan oder obwohl sie de facto schon nicht mehr genutzt wa- diese acht Forderungen in ihrer Sommerpresse- ren, abschaffen wollte. Es ging um eine Beschleu- konferenz genannt hatte und damit natürlich nigung der Arbeit an der europäischen Daten- schon den Weg beschrieben hatte, von dem sie schutzrichtlinie. Ich glaube, dass man, wenn man wollte, dass die Regierung ihn geht und dass wir die Punkte durchgeht, schon sehen kann, dass ihn mit unseren Partnerstaaten in Europa und darin Arbeitsaufträge - national und europäisch - transatlantisch gehen. Das heißt, schon dieser lagen und dass deswegen - - Das habe ich jetzt Achtpunkteplan der Bundeskanzlerin hat, wenn mal mit „Damit kam Zug in die Sache“ - - Sie das jetzt so sagen wollen, Zug in die Sache gebracht. Natürlich hat dann die Berichterstattung über die mögliche Abhörung des Handys der Bundeskanz- Christian Flisek (SPD): Na ja, gut, aber es ist ja lerin dem Ganzen noch mal eine neue Dringlich- kein Zufall, dass dann unmittelbar nach dem keit gegeben, obwohl ich eines sagen will: Der Auftritt in Brüssel, dem sehr knappen, mit dem Bundeskanzlerin - das war ganz stark mein Ein- sehr berühmten Satz dann erstmals Dinge in die druck in diesen Zeiten - ging es wirklich nie in Wege geleitet worden sind. Man hat sich getrof- erster Linie um ihr Handy, sondern der ging es fen, es wurden Weisungen erteilt - infolgedessen. natürlich um diese grundsätzlichen Fragen, die Haben Sie darüber Wahrnehmungen? sich da stellten. Ich habe es vorhin versucht zu beschreiben: diese Fragen von Vertrauen, diese Zeuge Steffen Seibert: Ich kann auch - - Wie ge- Fragen, wie man in einem Zeitalter, in dem tech- sagt: Ich war nicht bei dem Treffen dabei. Ich nisch nahezu alles möglich ist, eben dieses Ver- weiß auch nicht, ob es ähnliche Treffen in ähnli- hältnis zwischen Sicherheit und Freiheit cher Besetzung vorher schon gegeben hat. Ich justiert. - Darum ging es ihr sehr viel mehr als um war bei keinem Treffen in der ganzen Zeit in An- ihr Handy. wesenheit der Geheimdienstchefs dabei. Christian Flisek (SPD): Gut. - Wir haben keine weiteren Fragen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen halt verdammt viel durchgestochen wird und un- Dank. - Dann kommen wir jetzt zur dritten Frage- heimlich viel in der Presse landet, wovon man runde. - Es beginnt jetzt wieder die Fraktion die findet: Da gehört es eigentlich nicht hin. Aber das Linke. Herr Kollege Hahn. ist jetzt keine Bemerkung über konkrete Texte in der Bild-Zeitung, an die ich mich im Einzelnen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe nur noch auch nicht erinnere. Ich denke mal, wenn aus eine Frage, und die bezieht sich auf die Tage solchen Berichten, wie Sie sie jetzt zusammenfas- nach der Presseerklärung mit der Kritik am BND. sen, sich Fragen ergeben hätten oder ein Hand- Sie sind ja sicher auch mitverantwortlich, wenn lungsbedarf, dann hätte er doch bei denen gele- es Artikel gibt, die die Bundesregierung betreffen, gen, die die tägliche Arbeit mit dem BND ma- die kritisch sind, oder wo es gewisse Informatio- chen, nicht beim Regierungssprecher. nen gibt, die gar nicht in die Zeitung sollen, aber trotzdem drinstehen. Und da sind in den Tagen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich schaue nach der Kritik am BND mehrere Zeitungsartikel mal in die Runde. - Ich sehe, es gibt keinen Fra- in der Bild-Zeitung erschienen - ich kann Ihnen gebedarf mehr in öffentlicher Sitzung. Eine nicht- jetzt die ganzen Artikel nicht vorhalten; aber es öffentliche Sitzung ist nicht anberaumt. sind mehrere erschienen -, nach dem Motto: Das Bundeskanzleramt wusste doch das alles, die Ich darf mich daher ganz herzlich bei Ihnen be- Bundeskanzlerin hat da Fehler gemacht und da danken, dass Sie so vielen Fragen Rede und Ant- Fehler gemacht, und jetzt werden wir angezählt wort gestanden haben. Ich hatte es zu Anfang ge- als BND; aber das Bundeskanzleramt selbst ist ja sagt: Das Protokoll der Sitzung wird Ihnen zuge- eigentlich mit in der Haftung. - Ich sage das jetzt stellt. Sie haben dann zwei Wochen Zeit, etwaige mal ganz vereinfacht, ohne die Artikel zu nen- Korrekturen oder Berichtigungen vorzunehmen, nen. wenn das der Fall sein sollte. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. Haben Sie denn da mal nachgeforscht oder Infor- mationen gehabt, ob das jetzt eine beleidigte Re- Damit ist die Sitzung jetzt auch geschlossen. - Al- aktion des BND war, den man öffentlich kritisiert len anderen auch einen guten Nachhauseweg. hat, dass dort vertrauliche Informationen durch- Vermutlich bis Donnerstag! gestoßen worden sind oder durchgestochen wor- den sind? Denn die Artikel waren ja - mehrere Zeuge Steffen Seibert: Das wünsche ich auch. Ei- aufeinander - sehr heftig auch gegen die Bundes- nen schönen Abend und vielen Dank. regierung, gegen das Bundeskanzleramt. Hat das bei Ihrer Arbeit dann irgendeine Rolle gespielt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gerne. - Die Sitzung ist geschlossen. Zeuge Steffen Seibert: Sie meinen: Habe ich Nachforschungen angestellt, wer da Informatio- (Schluss: 0.05 Uhr) nen durchgestochen haben könnte?

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, oder man redet da darüber: Wo kommt das her? Wie kann das sein? - Ich dachte, dass so was auch diskutiert wird.

Zeuge Steffen Seibert: Also, Berichterstattung wird ohnehin häufig diskutiert, negative wie po- sitive. Aus der negativen kann man oft auch was lernen. Ich kann jetzt nur aus meiner Erfahrung sprechen. Das ist eine leidvolle Erfahrung, dass

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