Zur Archäologie Des Zweiten Weltkrieges Im Kreis Ahrweiler
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Zur Archäologie des Zweiten Weltkrieges im Kreis Ahrweiler Wolfgang Gückelhorn er Kreis Ahrweiler ist eine alte Kulturland- Neben solchen Geschichtszeugnissen und Bau- Dschaft. Ab vor- und frühgeschichtlicher denkmälern aus nahezu allen späteren Epo- Zeit finden sich hier Spuren von der Anwesen- chen finden zunehmend auch zeitgeschichtli- heit von Menschen. Vor allem aus römischer che Denkmäler der Neuzeit Beachtung in der ar- Zeit hat die Archäologie eindrucksvolle Funde chäologischen Denkmalpflege. im Kreisgebiet gemacht. Beispiele hierfür sind Einige Spuren und Relikte, die u. a. aus der Zeit die Römervilla in Ahrweiler und die Eisen- des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) stammen, schmelzanlage im Bad Neuenahr-Ahrweiler sollen hier kurz beispielhaft vorgestellt werden. Stadtwald. Wertvolle Einzelfunde können auch im römischen Museum in Remagen besichtigt Militärische Verkehrswege werden. In Remagen gibt es zudem noch sicht- An die Zeit des Ersten Weltkrieges (1914 – bare bauliche Reste des einstigen Kastells. 1918), aber auch an das Ende des Zweiten Das ehemalige Kasino des Luft- waffenübungsplatzes Ahrbrück 218 ◆ Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 Weltkrieges erinnern die Reste der ehemaligen Ludendorff-Brücke zwischen Remagen und Er- pel. Diese Rheinbrücke wurde im Ersten Welt- krieg für den Krieg gebaut und 1945 im Krieg zerstört. In den Remagener Brückentürmen be- findet sich heute das Friedensmuseum Brücke von Remagen. Von der sogenannten strategischen Bahnlinie, die über die Grafschaft ins Ahrtal führen soll- te, aber nie fertiggestellt wurde, sind noch Tei- le der Trasse, Brückenpfeiler in Ahrweiler so- wie Tunnelanlagen, in denen z. T. der Regie- rungsbunker eingerichtet wurde, erhalten. Luftwaffenübungsplatz Rund um das Kesselinger Tal wurden ab 1937 insgesamt 12 Dörfer geräumt, um Platz für ei- nen Luftwaffenübungsplatz der Wehrmacht zu schaffen. Bombenabwürfe wurden hier geübt und leichte Flakgeschütze schossen auf Schleppziele an Flugzeugen der Luftwaffe. In Ahrbrück entstanden damals Unterkunfts- bereiche, eine Kommandantur sowie ein Kasi- no. Teilweise existieren diese Gebäude der Reste eines Infanteriegrabens der sogenannten Wehrmacht noch. Sie sind typische Militär- Erftstellung nördlich von Unkelbach Bauwerke aus der NS-Zeit. und Landebahn planiert. In Richtung Franken Militärflugplatz und errichtete der Reichsarbeitsdienst (RAD) zudem Reichsarbeitsdienstlager ein Lager mit vier großen Baracken. Davon Auf der Mönchsheide, oberhalb von Bad Brei- zeugen heute noch Fundamente der Anlage, ei- sig, wurde ebenfalls 1937 für einen Feldflug- ne Wasserzisterne sowie Schützengräben, die platz eine West- Ost- und eine Nord-Süd Start- auch noch auf den Höhen westlich von Rema- gen gut sichtbar sind und im Zusammenhang mit der Sicherung der Remagener Rheinbrücke vor dem Einmarsch der Amerikaner entstanden. Ein weiteres RAD-Lager lag oberhalb von Re- magen in Richtung Birresdorf. Von den Ba- racken sind heute noch die Fundamente sicht- bar. Infanteriestellungen Mit enormem Aufwand schanzten ab Herbst 1944 Tausende von Zivilisten und Kriegsge- fangenen Verteidigungsstellungen, um einen amerikanischen Angriff aus der Westeifel an den Rhein zu verhindern. Eines dieser Systeme, Barackenfundamente in der Kurve der Bir- die „Erftstellung“, begann am Birgeler Kopf resdorfer Straße in Remagen erinnern an das südlich Oberwinter und zog sich an Unkelbach RAD-Lager. und Oedingen vorbei in Richtung Adendorf. Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 ◆ 219 Diese sinnlose Anlage endete bei Neuss am die Bezeichnung LSR (Luftschutzraum). So ist Rhein. Schützengräben davon sind noch im auf dem Bahnsteig 1 des Bad Neuenahrer Gelände zu sehen. Bahnhofs noch heute ein weißer Pfeil mit den Buchstaben LSR (Luftschutzraum) an der Ge- Flakstellungen bäudewand erhalten geblieben. Zum Kriegsbeginn 1939 ging die Luftwaffe u. a. mit zwei schweren Fliegerabwehrbatterien im Westen des Kreises in Stellung. Auf der Quiddelbacher Höhe und bei Wershofen wurden 8,8 cm Geschütze als Bestandteile der „Luft- verteidigungszone West“ des Reiches instal- liert. Reste der Ringbettungen für diese Ge- schütze sind noch heute in der Landschaft er- kennbar. Bombenkrieg und Luftschutzanlagen Spuren des Bombenkrieges finden sich über das ganze Kreisgebiet verteilt. Sichtbar sind sie beispielsweise im Wald nahe der Mönchsheide. Die Spuren der Luftangriffe auf Remagen, Sin- zig, Ahrweiler und andere Orte sind längst be- seitigt. Dokumentiert sind diese in Luftaufnah- men. Regelmäßig werden Blindgänger z. B. im Die Inschrift „LSR“ (Luftschutzraum) ist noch Umfeld der Rheinbrücke Remagen gefunden ein Hinweis aus der Zeit des Zweiten Weltkrie- und vom Kampfmittelräumdienst entschärft. ges auf den Luftschutzkeller im Bahnhofsge- Mehrere Hundert Bürger kamen im Kreisgebiet bäude von Bad Neuenahr. durch Bombenabwürfe ums Leben, so in Ahr- weiler, Remagen, Sinzig, im Brohltal und in Rüstungsbetrieb in Tunnelanlagen und Adenau und Umgebung. Die Bevölkerung Regierungsbunker suchte Schutz vor Bombenangriffen in Kellern Die Tunnelanlagen der nie fertiggestellten und provisorischen Bunkern. strategischen Eisenbahnlinie ins Ahrtal dienten So diente der Silberbergtunnel über 2000 Ahr- als bombensichere Ausweichproduktionsstät- weiler Bürgern Ende 1944/Anfang 1945 als Zufluchtsstätte. Hier entstand eine „Stadt im Berg“. Im Ostportal des Tunnels wurde vom Heimatverein Alt Ahrweiler eine Gedenkstätte errichtet. In Niederzissen benutzen die Dorfbewohner ei- nen selbst gegrabenen Stollen in einem Trass- berg als Bunker. Er kann heute noch an be- stimmten Tagen besichtigt werden. Ähnliche Anlagen wurden in zahlreichen Orten von den Bewohnern, Soldaten und Kriegsge- fangenen erbaut. Sie sind aber inzwischen ein- gestürzt oder zugeschüttet worden. In öffentlichen Gebäuden und Privathäusern wurden während des Krieges Kellerräume ver- stärkt und als Luftschutzräume hergerichtet. Eine Gedenktafel oberhalb von Dernau erinnert Auf diese Schutzräume verwiesen Pfeile und an die Opfer des KZ-Außenlagers. 220 ◆ Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 Der Sonderbergtunnel oberhalb von Dernau hat äußerlich rund 90 Jahre nahezu unverändert über- standen. ten der Rüstungsindustrie. Im Lager „Rebstock“ Remagen wurde am 17. März 1945 Zielpunkt zwischen Ahrweiler und Dernau wurden Bo- für die Mittelstreckenrakete V2 wurde. Insge- denanlagen für die V 2 Raketen fertiggestellt. samt wurden elf dieser neuesten Fernwaffen Dabei kamen zeitweilig auch KZ-Häftlinge vom holländischen Hellendorrn auf Remagen zum Einsatz. Ihre Unterkunftsbaracken befan- abgeschossen, verfehlten aber ihr Ziel. den sich zwischen Dernau und Rech sowie in Ein V2-Einschlag in der Burgstraße von Oe- Marienthal. Die Tunnelanlagen dienten der Be- dingen forderte Zivilopfer. völkerung später auch als Luftschutzbunker. Original erhalten ist noch der „Sonderbergtun- Gedenkorte des Leidens und Sterbens nel“ in Dernau, der von Karnevalisten heute Vielfach sind Spuren des Krieges in der Land- zum Bau und als Unterstellmöglichkeit für Kar- schaft nur noch für geübte Augen erkennbar. nevalswagen genutzt wird. Kriegerdenkmäler, Soldatengräber, Gedenkta- Trotzenberg- und Kuxbergtunnel bildeten in feln und -steine sind dagegen im gesamten den 1960er Jahren die Grundlage für den Bau Kreisgebiet sichtbare Zeugnisse unserer jüngs- des Ausweichsitzes der Verfassungsorgane des ten Geschichte, die die Erinnerung an diese Bundes (Regierungsbunker im Ahrtal). Dieser Zeit wach halten sollen. wurde inzwischen größtenteils zurückgebaut. So ruhen auf dem Bodendorfer Soldatenfried- Im Frühjahr 2008 wurde am Originalschau- hof über 1000 im Kriegsgefangenenlager Gol- platz in einem Teilabschnitt des Regierungs- dene Meile verstorbene Soldaten. Jährlich fin- bunkers die Dokumentationsstätte des Kalten det hier am Volkstrauertag die zentrale Ge- Krieges eröffnet. Sie dokumentiert eindrucks- denkfeier an die Opfer des Krieges und der Ge- voll dieses Kapitel der Nachkriegsgeschichte. waltherrschaft statt. Immer weniger Zeitzeugen leben, die den Krieg Startort und Ziel von Vergeltunswaffen bewusst mit erlebt haben. Vor diesem Hinter- V1 und V2 grund kommt den Originalschauplätzen, Ge- Einzigartig ist die Tatsache, dass vom Westrand schichtsspuren und Gedenkorten eine beson- des Kreises die V1 nach Antwerpen und Lüttich dere Bedeutung zu. gestartet worden ist. Westlich von Falkenberg, gegenüber dem Wasserbehälter von 1926 und südwestlich von Dankerath findet man die Be- Literatur: -Gückelhorn, Wolfgang: Archäologie des Zweiten Weltkrieges am Mittel- tonreste der V1-Stellungen. rhein. Teil 1, Aachen 2007 und Teil 2, Aachen 2008. (Helios Verlag) Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 ◆ 221.