55. Jahrgang · Jahresheft 2018 ISSN 0940-6638 IM LAND SACHSEN-ANHALT NATURSCHUTZ SACHSEN-ANHALT
Landesamt f r Umweltschutz Die Naturwaldzelle „L dderitz−Goldberger See“ repräsentiert den Waldtyp der Hartholz-Auenwälder auf wechsel- feuchten Standorten mit hoher Nährstofversorgung. Naturwaldzellen dienen der Dokumentation und Erforschung der eigendynamischen Entwicklung von Waldlebensgemeinschafen (s. a. Beitrag Meyer et al., S. 33 f.). Fotos: S. Ellermann. Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt
55. Jahrgang Jahresheft 2018 (ISSN 0940-6638)
Inhaltsverzeichnis Seite Aufsätze Joachim Kurths †, Herbert Bilang & Der Kiebitz im Umweltwandel der zweiten Hälfe des 20. Jahrhunderts Detlef Siemen am Beispiel der Elbniederung bei Magdeburg ...... 3 Peter Meyer, Torsten Schilling, Marcus Das Naturwaldzellen-Netz in Sachsen-Anhalt – Konzept und Stand der Schmidt & Michelle Sundermann Ausweisung ...... 33 Fred Braumann 25 Jahre Engagement der Stifung „Te Stork Foundation – St rche f r unsere Kinder“ im Dr mling ...... 47
Michael Unruh & Andreas Stark Neue Nachweise von Molluskenarten (Mollusca: Gastropoda et Bivalvia) sowie Befunde zu weiteren bemerkenswerten Arten in Sachsen-Anhalt .. 57 Informationen Lutz Reichhoff Erwiderung zum Beitrag M. Wallaschek: Eine weitere Interpretation des W rlitzer Warnungsaltars im JH 2017 (54. JG) ...... 73
Andreas Rößler Der Lärchen-Splintbock in Sachsen-Anhalt ...... 79
Mitteilungen Ehrungen
Uwe Wegener, Ottfried Wüstemann & Heinz Quitt zum 90. Geburtstag ...... 81 Hans-Ulrich Kison Wolf-Rüdiger Grosse & Frank Meyer Uwe Zuppke zum 80. Geburtstag ...... 85
Annett Schumacher & René Driechciarz Kurt Franke zum 80. Geburtstag ...... 86
Eckart Schwarze & Guido Puhlmann Hartmut Kolbe zum 80. Geburtstag ...... 88
Karen & Guido Puhlmann Eckard Schwarze zum 80. Geburtstag ...... 90
Uwe Zuppke Klaus Gl ckner zum Gedenken (1936−2018) ...... 91
Lothar Täuscher Hermann Heynig zum Gedenken (1924−2018) ...... 92
Schriftum ...... 94 Impressum ...... 96
SACHSEN-ANHALT
Landesamt f r Umweltschutz Schutz von Pfanzen, Tieren und Landschaften
Zu den Abbildungen der 2. und 3. Umschlagseite
Naturwaldzelle L dderitz–Goldberger See Insektensterben
Die 2017 nach § 19 des Landeswaldgesetzes Sachsen-Anhalt Mit mehr als 33.000 beschriebenen Arten in Deutschland ausgewiesene Naturwaldzelle „L dderitz−Goldberger See“ entfällt der Großteil der heimischen Biodiversität auf die in der Gemarkung L dderitz der Stadt Barby (Salzlandkreis) Gruppe der Insekten. Als Bestäuber, Zersetzer, Räuber, ist eine von insgesamt 20 Naturwaldzellen in Sachsen-An- Parasiten und auch als Nahrungsgrundlage anderer Or- halt, die im Rahmen eines länder bergreifenden Forschungs- ganismen sind sie von herausragender Bedeutung f r die konzeptes mit Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein Aufrechterhaltung unserer Ökosysteme. Was unter Ento- durch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt in mologen bereits länger diskutiert wird, r ckte in j ngerer G ttingen untersucht wird (vgl. Beitrag Meyer et al.). Vergangenheit auch durch die mediale Rezeption exempla- Die 40 Hektar große Naturwaldzelle befndet sich im rischer wissenschaflicher Untersuchungen verstärkt in das Wuchsgebiet Mittleres Nordostdeutsches Altmoränenland fentliche Bewusstsein und regte eine gesellschafliche und und geh rt zum Forstlichen Wuchsbezirk „Magdeburg− politische Debatte an: Die Insektenfauna ist aktuell Verän- Wittenberger Elbaue“. Sie ist Teil des Naturschutzgebietes derungen unterworfen, welche sowohl mit einem Verlust an „Steckby-L dderitzer Forst“ sowie des Biosphärenreser- Arten als auch Biomasse einhergehen. Zwar zeichnen Stu- vates „Mittelelbe“ und repräsentiert den Waldtyp der dien durchaus ein diferenziertes Bild bezogen auf einzelne Hartholz-Auenwälder auf wechselfeuchten Standorten Arten, jedoch ist der grundsätzlich negative Trend sowohl mit hoher Nährstofversorgung. 100- bis 180-jährige Stiel- auf regionaler als auch globaler Ebene sicher belegt. Eichenbestände mit Winterlinde, Bergahorn, Esche und In einer gemeinsamen Stellungnahme vom Oktober 2018 anderen Mischbaumarten sowie j ngere Stiel-Eichen-Rein- fassten der Sachverständigenrat f r Umweltfragen und der bestände prägen die Baumbestockung. Die Artenzusam- Wissenschafliche Beirat f r Biodiversität und Genetische mensetzung der Waldgesellschaf wird durch periodische Ressourcen, zwei die Bundesregierung beratende Gremien, Überfutungen als wichtigsten kologischen Faktor in ihrer die aktuelle Situation zusammen und benennen Ursachen Entwicklung bestimmt. und Handlungsempfehlungen f r den Insektenschutz. Es Aufgabe und Ziel in den aus der Nutzung genommenen Na- sind „die grundlegenden Ursachen des Insektenr ckgangs turwaldzellen ist die Dokumentation und Erforschung der […] gut bekannt.“ Hierzu zählen u. a. Landschafsstruktur- eigendynamischen Entwicklung von Waldlebensgemein- wandel, Pestizid- und Nährstofeinträge, Klimawandel und schafen. Wichtige Forschungsthemen sind: Bioenergiepfanzenanbau. Daraus folgt, dass ohne grund- • Inter- und intraspezifsche Konkurrenz der Baumarten legende Umsteuerungen in der Art der Landnutzung durch • Entwicklung des Totholzes Landwirtschaf, Siedlungen, Industrie und Forstwirtschaf • Dynamik von Kronendachl cken und der Baumverj n- ein fächenwirksamer Insektenschutz nicht gelingen kann. gung Auf Empfehlung der 89. Umweltministerkonferenz wird ein • Waldentwicklung nach St rungen (z. B. Insektenkalami- bundesweit einheitliches Insektenmonitoring etabliert, um täten oder Sturmereignissen) k nfige Entwicklungen systematisch erfassen und Maßnah- • die Zusammensetzung und Entwicklung der Vegetation. men zum Insektenschutz evaluieren zu k nnen. Die notwendigen Datenerhebungen erfolgen in einem fest ver- Bei aller Dringlichkeit des Insektenschutzes sei jedoch her- markten Probekreisraster und werden alle 10 bis 15 Jahre wie- vorzuheben, dass die Reduktion des Temas „Artensterben“ derholt. Die gewonnenen Daten und Forschungsergebnisse auf Insekten zu kurz greif: Der Weltbiodiversitätsrat der fießen in Handlungsanweisungen und Empfehlungen f r die UN (IPBES) warnt in seinem Bericht vom Mai 2019 vor einem Forstwirtschaf und den Naturschutz sowie in Publikationen weltweiten Massenaussterben von geschätzt einer Millionen ein oder beantworten konkrete Fragen aus der Praxis. Arten. Das Insektensterben ist Teil dieses Gesamtprozesses.
Torsten Schilling Daniel Rolke
2 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 3–32 Der Kiebitz im Umweltwandel der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts am Beispiel der Elbniederung bei Magdeburg Joachim Kurths †, Herbert Bilang & Detlef Siemen
1 Einleitung geben, was irref hrend war (Abb. 1). Es f hrte zu der falschen Hofnung, dass die Schwärme eine Stärkung Joachim (Achim) Kurths verstarb berraschend am der heimischen Populationen repräsentieren k nnten. 30.10. 2016. Er war ein ausgezeichneter Kenner der Die meist aus Nordost-Europa stammenden Kiebitze Vogelwelt von Magdeburg und Umgebung und hat st tzen unsere Populationen jedoch nicht, da sie in sich besonders um die Bearbeitung der Wiesenbr ter ihren Heimatgebieten auf ganz andere Bruthabitate in der Magdeburger Elbaue verdient gemacht. Achim geprägt sind. Kurths hatte Ecken und Kanten und hielt seine Mei- Die Kiebitze des mitteleuropäischen Raumes mussten nung „nie hinter dem Berg“. Velten & Bilang (2017) ber Jahrhunderte auf anthropogene Umweltverände- w rdigten in einem Nachruf seine Pers nlichkeit und rungen reagieren. Die Anpassung an unterschiedliche seine Lebensleistungen. Joachim Kurths hat sich Zeit Lebensräume gelang ihnen in ihrer sozialen Lebens- seines Lebens der Ornithologie verschrieben. Sein weise durch Prägung, wobei der Gelegestandort nur besonderes Steckenpferd waren die Kiebitze, deren sekundär ist, wie später erläutert wird. Ausschlagge- Entwicklung und Verhalten er in allen H hen und bend f r die erfolgreiche Brut ist immer das Nahrungs- Tiefen in seiner Heimat Magdeburg ber ein halbes angebot f r die Jungen im Habitat. G nstig sind Jahrhundert intensiv beobachtete und aufzeichnete. Feuchtbiotope, die f r die Jungen gut erreichbar sind Das Manuskript dieser Arbeit konnte von ihm nur und Schutz gegen Prädatoren bieten. noch handschriflich erstellt werden. Es stellt das Schon vor 200 Jahren wusste der bedeutende deutsche wichtigste St ck seines Lebenswerkes dar. Detlef Sie- Ornithologe Johann Andreas Naumann, dass in Mit- men und Herbert Bilang, Fachgruppe Ornithologie teldeutschland Kiebitze auch auf Feldern, bevorzugt am Naturkundemuseum Magdeburg, bernahmen es, im zur Brutzeit noch niedrigen Roggen, br ten (Nau- das Manuskript posthum zu redigieren und zur Ver f- mann 1834). Damals dominierten Kiebitze noch auf fentlichung zu bringen. Die Coautoren waren darum den Wiesen. In der zweiten Hälfe des 20. Jhs. änderte bem ht, den aus dem Manuskript hervorscheinenden sich das grundlegend, vor allem durch großfächige eigenen Stil von Joachim Kurths m glichst zu erhalten Umwandlung der Wiesen in Ackerland f r den ver- und wiederzugeben. Dennoch waren K rzungen und stärkten Anbau von Mais. Zusätzlich wurden die Strafungen des Urmanuskriptes notwendig. Durch meisten artenreichen Wiesenbiotope in schnellw chs- diese Publikation soll sein Lebenswerk posthum ge- ige Graskulturen mit kurzer Schnittfolge umgewan- w rdigt werden. delt. Große Rinderweiden wurden in kleine Portions- weiden umgestaltet oder die K he blieben ganzjährig im Stall. Schafe, die einst die Angerwiesen der D rfer 2 Ausgangssituation und die Dämme der Fl sse beweideten, wurden unren- tabel und abgeschaf. Diese Änderung in der Land- Der Kiebitz (Vanellus vanellus) wird im Fr hjahr und wirtschaf verlief parallel mit einer großfächigen Herbst auf Wiesen und vor allem auf Feldern noch Melioration, die ganze Landstriche veränderte und zu häufg angetrofen. Daraus wird gelegentlich ein fal- Großraumwirtschafen f hrte. scher Schluss auf die heimischen Brutsituation der Genau in dieser Zeit kam es durch g nstige klimati- Art gezogen. In der Vergangenheit wurden gelegent- sche Bedingungen und durch den verstärkten Mais- lich diese Kiebitzschwärme in Bruterfassungen ange- anbau zu einer Kiebitzexpansion in Mitteleuropa.
3 Die einst auf Wiesen br tenden Kiebitze fanden im Faktoren f r die Gr ße der Kiebitzpopulation und Fr hjahr in ihren Habitaten eine Ackerbrache vor, die, deren Bruterfolg waren. Auf diesen Zusammenhang wenn sie feucht genug war, als Brutplatz (BPL) ange- wurde zuerst von Alfred Ulrich anhand von Bruter- nommen wurde. Selbst wenn in den ersten Maitagen fassungen im ehemaligen Landkreis Wolmirstedt durch die Bestellarbeiten die Gelege verloren gingen, hingewiesen (Ulrich 1973). wurde das Ersatzgelege auf dem frisch gedrillten Mais angelegt. Um zu berleben, mussten die K ken das Maisfeld verlassen, weil es ihnen keine ausreichende 3 Methoden der Bruterfassung und Nahrung bot. Fanden sie kein geeignetes Nahrungs- Begrifsdefnitionen gebiet verhungerten sie oder wurden Opfer von Prä- datoren. Das Maisfeld wurde in ung nstigen Jahren Die vorgestellten Populationsuntersuchungen (PU) zur Sackgasse ganzer Kiebitzpopulationen mit kaum erfassen und bewerten Bruten und Bruterfolge f r den vorhandenem Bruterfolg. Kiebitz statistisch. Der Bruterfolg [%] entspricht der Ung nstige Brutjahre f r den Kiebitz gab es auch Anzahl der erfolgreichen Brutpaare (BP), d. h. BP mit schon vor dem verstärkten Maisanbau. Es waren im- f ggen Jungv geln, bezogen auf alle BP. Er ist damit mer trockene und zu warme Fr hjahre. Der geringe unterschieden vom Schlupferfolg und deutlich schwe- Bruterfolg der trockenen Jahre wurde in feuchten und rer zu bestimmen. Die Abundanz gibt die Populati- k hlen Fr hjahren meist wieder ausgeglichen. Zu den onsgr ße eines Gebietes an und ergibt sich aus der witterungsbedingten Problemen konnten im Fr hjahr Anzahl der BP/100 ha bzw. der Anzahl der BP inner- periodische Hochwasser der Mittelelbe hinzukommen, halb einer Brutgemeinschaf auf max. 10 ha. die entscheidend f r gute oder schlechte Kiebitzjahre Einige der der PU zugrundeliegenden 40 BPL waren waren (Abb. 2). F r das Gebiet der Mittelelbe bei Mag- schon 1950 und 1951 bekannt, der Rest wurde in den deburg in der zweiten Hälfe des 20. Jhs. gilt, dass Wit- Jahren 1952 und 1953 von einer Gruppe um den Orni- terung und Wasserstand der Elbe die entscheidenden thologen A. Hilprecht erfasst, zu der auch J. Kurths
Abb. 1: Kiebitzschwarm beim Fr hjahrszug. Foto: H. Sch tte, Magdeburg.
4 geh rte. Da f r die Bruterfassungen auch die Bruter- Wiesen nur noch extensiv bewirtschafet wurden, folge bekannt sein mussten, wurden die BPL von April fehlten die WK. Sie waren schon zehn Jahre zuvor bis Juni mehrfach kontrolliert. Die BPL, auch die nur verschwunden. Nur z gernd und nur unter bestimm- sporadisch besetzten, wurden meist von mehreren BP ten kologischen Bedingungen, wie einer Verschlam- besetzt. In der Statistik bekam jedes Gelege eine Code- mung, wurden einzelne FK wieder zu WK. Dies ge- Nummer mit Jahreszahl und fortlaufender Jahres- schah dann, wenn sie als Jungv gel von den Eltern an nummerierung. F r jedes Jahr wurde eine Karte mit die Feuchtstellen der Wiesen gef hrt und dort aufge- den BPL angefertigt. Die Standorte der Gelege wurden wachsen waren. in den ersten Jahren nach Vegetationstypen bewertet: Wegen der Durchz gler blieben die Erstankunfsda- f r die Wiesenbr ter nach zwei Wiesentypen und f r ten der Kiebitze unber cksichtigt. Es stellte sich im die Feldbr ter nach vier Ackerkulturen. Nach 1958 Laufe der Zeit heraus, dass die zuerst eintrefenden wurde diese Gelegestandorttypisierung aufgegeben, V gel Männchen der heimischen Population waren, da sie f r die Auswertung unwichtig erschien. die meist auch gleich ihre Reviere besetzten und mit Ab 1959 erwies sich nur noch die Unterteilung in der Balz begannen (Abb. 3). Auf die Erfassung der Wiesen- und Feldkiebitze (WK und FK) als sinnvoll, Ankunfsdaten wurde verzichtet, da sie sekundär sind denn primär war immer der Aufzuchtplatz der Jun- und die Balz sich ber mehrere Wochen hinziehen gen, der m glichst nahe am BPL sein sollte. Wird der konnte ohne dass Weibchen dazukamen. Witterungs- einstige Wiesen-BPL umgebrochen und in Feldkultu- bedingungen, Wasserverhältnisse und Dauer des ren umgewandelt, so nehmen die meisten Bewohner Aufenthalts der Durchz gler bestimmten den Brut- die neue Kultur an, wenn sie nicht zu hochgewachsen beginn. In der Auswertung wurde auf Angaben zum ist. Die Jungen hingegen, die auf den Feldern schl p- Brutbeginn verzichtet, da er schwer erkennbar war fen, bleiben i. d. R. hierauf geprägt und werden später und von der Witterung und den Wasserständen der nicht mehr auf Wiesen zur Brut schreiten. Diese Hy- Elbe abhing. Ausschlaggebend war der Schlupfermin pothese bestätigte sich später, denn als nach 1990 die der K ken, aus dem sich der Brutbeginn errechnen
Abb. 2: Kiebitze im Brutgebiet. Foto: H. Sch tte, Magdeburg.
5 Abb. 3: Balzfug in der Nähe des ausgewählten Brutplatzes. Foto: H. Sch tte, Magdeburg.
ließ. Ohne Ersatzbrut dauert eine Brutperiode beim zweiten Jahr zur Brut schreiten, of erst im Mai Eier Kiebitz wenigstens 10 bis 11 Wochen und ein fr her legen k nnen (Heinroth & Heinroth 1928). Statt Brutbeginn war immer von Vorteil. der komplizierten Trennung in die drei Gelegetypen Eine normale Brutperiode wurde in drei Abschnitte wurden alle Gelege zusammen unter dem Begrif unterteilt: Brutgr ße zusammengefasst. In der Brutgr ße sind 1. die Paarungs- und Legezeit alle begonnenen Bruten innerhalb der Population 2. die Bebr tungszeit der Eier enthalten. Sie ist entscheidend f r den Bruterfolg und 3. die Aufzuchtzeit der Jungen bis zur Flugfähigkeit. ein Indiz f r die Qualität des Habitats (Nehls 1996). Ältere Bruterfassungen verzeichneten beim Kiebitz Ging das Erstgelege verloren und kam es zur erfolgrei- vielfach keinen Bruterfolg, da nach damaliger Aufas- chen Ersatzbrut, so verlängerte sich die gesamte Brut- sung der Bruterfolg nicht in eine Bruterfassung geh rt periode um weitere Wochen und die Jungen wurden (Lauen 1941). Nach heutiger Ansicht ist der Bruter- erst in der ersten Julihälfe f gge. folg Bestandteil jeder Bruterfassung. Ob f gge Junge Weitere Korrekturen in der Auswertung der Erst-, vorhanden waren, wurde auch am Verhalten der Brut- Spät- und Ersatzgelege waren ab 1961 notwendig. An- v gel in der 5. F hrungswoche der Jungen erkannt. fangs wurden die Gelege diesen Typen schablonenhaf Das gesetzte Ziel, einen alljährlichen Reproduktions- nach Datum des Fundes zugeordnet. Ein Dreiergelege wert anhand der f ggen Jungen zu bekommen, wurde wurde als Ersatzgelege eingestuf. Es stellte sich im nicht erreicht. Es gelang aber fast alljährlich, stichpro- Laufe der Jahre heraus, dass einige Weibchen, die sich benartig diesen Wert zu ermitteln. Erst in der letzten wochenlang verpaart an einem BPL aufielten, erst im Phase der Kiebitzbesiedlung (ab 1986) konnte der Mai mit der Brut begannen und das erste Gelege of Reproduktionswert durchgehend bestimmt werden. nur drei Eier enthielt. Aus der Literatur ist bekannt, Der Reproduktionswert bzw. die angegebene Repro- dass vorjährige fr hreife Weibchen, die bereits im duktionszifer (RPZ) der Population entspricht der
6 Anzahl aller f ggen Jungen der erfassten Bruten di- weitere Mitglieder des damaligen „Ornithologischen vidiert durch die Gesamtzahl aller BP der Population Arbeitskreises Mittelelbe-B rde“ unterst tzt und in (begonnene Bruten). Briesemeister (1971) ver fentlicht. Die Jungv gel werden im Allgemeinen mit 35 bis Ab 1972 f hrte E. Briesemeister im Gebiet stlich der 36 Tagen f gge. Das angeborene Dr ckverhalten bei Elbe die Bruterfassung nach eigenen Vorlagen weiter Gefahr legen viele erst Tage danach ab, of erst wenn und publizierte die Brutergebnisse (Briesemeister sich die Familie im Laufe der 6. bis 7. F hrungswoche 1974, 1985). dem Fr hsommerzug anschließt. Diese Verbände be- Ab 1986 nahm J. Kurths die seit 1972 unterbrochene stehen aus den Familiengemeinschafen mit Jungen, eigene Erfassung der Kiebitzpopulation wieder auf. aus V geln, die ihre Bruten verloren haben, und aus Das UG umfasste nunmehr 1.500 ha, 600 ha westlich Nichtbr tern. Sie wechseln fast täglich ihre Nah- und 900 ha stlich des Elbdeiches. Die Erfassungskri- rungsplätze. Es hat daher keinen Sinn, die Jungen in terien und die statistische Auswertung wurden erwei- den Verbänden zu zählen, um dann R ckschl sse auf tert und präzisiert. den Bruterfolg der hiesigen Population zu ziehen.
5 Übersicht der Kiebitzbrutplätze 4 Untersuchungsgebiet (UG) und Beobachtungszeitraum 5.1 BPL westlich des Elbdeiches (Abb. 5) Kein Gebiet im Raum um Magdeburg wurde im Der Raum nordwestlich von Magdeburg ist seit 1951 20. Jh. mehr verändert als die nordwestliche Elbnie- bis zum Erl schen der Kiebitzpopulation intensiv durch derung. Nach Errichtung des alten Elbdeiches von E. Briesemeister und J. Kurths untersucht worden. 1864 war es zunächst die Landwirtschaf, die das Das UG umfasste zu Beginn der Untersuchungen fr her bis Barleben reichende Gr nland weitgehend (1951−1960) etwa 4.000 ha beiderseits der Elbe (Elbe- in Ackerland umwandelte. Ab 1920 wurde das Gebiet km 333−340). Es wurde im S den durch die Stadt mit dem Bau des Kanalhafens und des Mittellandka- Magdeburg und eine Waldaue begrenzt. Im Norden nals zusätzlich grundlegend verändert. Das geschah bildete der Mittellandkanal mit der Endmoränen- besonders durch die nachfolgenden Verkehrs- und kuppe des Weinberges bei Hohenwarthe die Grenze. Industriebauten mit großen Auskiesungen und Auf- Im Osten reichte es bis zur nat rlichen Grenze der sch ttungen. Von den einst ausgedehnten Barleber Gerwisch-Lostauer Binnend nenkette (Elbe-Umfut- Wiesen sind mit dem Elbdeich von 1922 nur 380 ha gebiet) und im Westen bis an den Ort Barleben, dort als Überfutungsfäche erhalten geblieben. Vielfach allerdings durch zwei Deiche von der Überfutungsfä- erinnern nur noch Namen wie Aue, Werder und La- che getrennt (Abb. 4). ken an die bei hohen Wasserständen aktiven Flutrin- Östlich der Elbe bildeten Kiebitze auf etwa 800 ha eine nen. Aber gerade die Qualmwasserbereiche am Elbe- Gemeinschaf mit den Wiesenlimikolen auf den perio- Verbindungskanal waren in der zweiten Hälfe des disch berfuteten Flächen des Elbe-Umfutkanals 20. Jhs. bei hohen Wasserständen die Hauptbrutplätze (Kurths 2011). Der gr ßere westliche Teil war Relikt der FK. Westlich des Elbdeiches (Abb. 4, Teilgebiet 1; eines großen Besiedlungsgebietes aus einer Zeit, in Abb. 5) wurden innerhalb der vier Kiebitzbesiedlungs- der das Gr nland am Fluss noch bis an Magdeburg- phasen 23 BPL erfasst, wobei bei einigen bereits in Neustadt, -Rothensee und Barleben heranreichte. den 50er Jahren letzte Brutaktivitäten zu verzeichnen Das UG wurde schon in der ersten Hälfe des 20. Jhs. waren (Anh. 1, S. 27 f.). durch Landwirtschaf sowie Verkehrs- und Indus- triebauten stark verändert. Das UG westlich der Elbe 5.2 BPL stlich des Elbdeiches (Abb. 6) (Abb. 4, Teilgebiet 1) wurde 1961, der Zeit der Kiebitz- Das Gebiet Zuwachs-Schwisau, benannt nach den expansion, auf 600 ha im Bereich des Elbeverbindungs- einstigen Elbmäandern, die schon vor 200 Jahren kanals verkleinert. Dies war notwendig, um die Über- von der Elbe abgetrennt wurden, geh rt heute zum sicht zu behalten und aus Mangel an Mitarbeitern Überschwemmungsgebiet des Elbe-Umfutkanals und (Kurths 2003). Das brige Gebiet wurde später durch wird neu als Lostauer Werder bezeichnet (Abb. 6). Es Auskiesung, Aufsch ttung und Überbauung f r die ist kein unber hrtes Gebiet, denn die Hochfäche im Industrie als Kiebitzhabitat zerst rt. Die Bruterfas- Zuwachsbogen wurde 30 Jahre lang ausgekiest. Mit sungen wurden in der Mitte der Expansionszeit durch der Einstellung des Kiesabbaus Anfang der 60er Jahre
7 Abb. 4: Das Untersuchungsgebiet (UG) in der Elbaue nordwestlich von Magdeburg.
8 Abb. 5: Brutplätze (BPL) im westlichen Teil des UG bis zum Elbdeich. Die Jahreszahlen geben die letzte Brut- aktivität an. Skizze: J. Kurths.
9 Abb. 6: Brutplätze (BPL) stlich des Elbdeiches. Die Jahreszahl gibt die letzte Brutaktivität an. Das Altwasser des Lostauer Sees wurde 2012−2013 renaturiert (entschlammt) und die Ehle wieder durch den See in die Elbe geleitet. Skizze: J. Kurths.
10 blieben zwei Baggerseen zur ck, die als Angelgewäs- 1.000 ha befanden sich im Überfutungsgebiet. Die ser und zum wilden Camping nachgenutzt wurden. Ackerfächen wurden erst bei einem Wasserstand von Die BPL stlich des Elbdeichs sind in Anhang 1 ber 5,00 m (Pegel MD) berfutet. Westlich des Elb- (S. 29 f.) beschrieben. deiches befanden sich etwa 250 ha Acker im Qualm- wasserbereich des Elbe-Verbindungskanals. 5.3 BPL außerhalb des UG Die Phase 1961 bis 1971 war gekennzeichnet durch Die BPL setzten sich außerhalb des UG n rdlich von eine Kiebitzexpansion (Tab. 2). Die dynamischen Hohenwarthe fort. Auch s dlich von Magdeburg gab Hochwasser zwischen 1961 und 1971 mit den syn- es in den Elbwiesen Kiebitz-BPL. Ergänzend werden chron verlaufenden Brutbeständen des Kiebitzes diese BPL hier ohne Nummerierung mit aufgef hrt. werden in Abbildung 7 dargestellt. Es war kein regi- Stattdessen wird ihre Lage nach Elbe-Kilometern onaler Zufall, dass der Kiebitz-Gesamtbestand im angegeben (Anh. 1, S. 30). Elbe-Gebiet ab 1961 sprunghaf anstieg. Die Statistik belegt, dass f r den Anstieg der Kiebitz-BP die FK verantwortlich waren, während sich die Anzahl der 6 Phasen der Kiebitzbesiedlung in WK nur unwesentlich veränderte. Der Anstieg der der Elbniederung nordwestlich von FK kann nicht allein vom zunehmenden Maisanbau Magdeburg ausgel st worden sein. Auch die klimatischen Bedin- gungen in Mitteleuropa sind f r die Brutbedingungen 6.1 Phase 1: 1951 bis 1960 des Kiebitzes g nstig gewesen, denn in dieser Zeit gab Im Zeitraum von 1951 bis 1960 änderte sich die An- es viele feuchte und k hle Fr hjahre, die den Anstieg zahl der WK im UG nur geringf gig. Aufällig war, generell beg nstigten. Es bestätigt sich damit, dass dass es im Jahr 1954 keinen Kiebitz-Nachwuchs gab jede wesentliche Populationsveränderung langfristig (Tab. 1). Als Erklärung liegt nahe, dass es in diesem und unter Ber cksichtigung der Witterungsbedingun- Jahr kein Hochwasser gab. gen betrachtet werden muss (Ulrich 1973). Die Po- pulationen der Art k nnen sich nur unter optimalen 6.2 Phase 2: 1961 bis 1971 Brutbedingungen wesentlich vermehren. 6.2.1 Bruterfolge unter dem Einfuss der Speziell ist der hohe Grundwasserstand im westelbi- Elbhochwasser schen Einzugsgebiet zu ber cksichtigen. An einem Bei Normalwasser bestand das UG zu zwei Dritteln Messpunkt im Bereich des Neustädter Sees erreichte aus Wiesen und zu einem Drittel aus Ackerland. Etwa er 1970 einen H chststand, der noch h her lag als
Tab. 1: Populationsentwicklung des Kiebitzes von 1951 bis 1960.
Jahr Brut- Brutpaare (BP) Abundanz Bruterfolg gr ße gesamt davon (BG)G) gesamt WK FK BP/100 ha BP/10 ha BP BP [%] WK FK 1951 9 9 6 3 0,6 2 n. b. – – – 1952 20 16 13 3 1,1 3 5 31,3 5 0 1953 12 10 8 2 0,7 3 2 20,0 2 0 1954 8 8 5 3 0,5 2 0 0,0 0 0 1955 18 13 5 8 0,9 3 4 30,8 2 2 1956 n. b. 1957 19 16 7 9 1,1 3 6 37,5 5 1 1958 n. b. 1959 23 19 12 7 1,3 3 10 52,6 5 5 1960 35 26 20 6 1,7 8 13 50,0 9 4 108 70 38 40 28 12 1952−1960* 100% 65% 35% 37% 40% 32%
* Die Jahre 1951, 1956 u. 1958 wurden hier nicht ber cksichtigt, weil der Bruterfolg nicht beobachtet wurde. Abk rzungen: FK − Feldkiebitz, n. b. – nicht bekannt, WK − Wiesenkiebitz
11 Tab. 2: Populationsentwicklung des Kiebitzes von 1961 bis 1971.
Jahr Brut- Brutpaare (BP) Abundanz Bruterfolg gr ße gesamt davon (BG) gesamt WK FK BP/100 ha BP/10 ha BP BP [%] WK FK 1961 62 48 18 30 3,2 9 18 37,5 8 10 1962 74 52 25 27 3,5 9 21 40,4 11 10 1963 41 32 15 17 2,1 9 15 46,9 11 4 1964 42 35 22 13 2,3 5 12 34,3 8 4 1965 127 95 17 78 6,3 10 22 23,2 4 18 1966 106 72 20 52 4,8 16 17 23,6 10 7 1967 110 82 31 51 5,5 10 22 26,8 10 12 1968 97 53 23 30 3,5 12 16 30,2 9 7 1969 56 44 19 25 2,9 7 17 38,6 8 9 1970 124 97 35 62 6,5 12 25 25,8 19 6 1971 47 40 13 27 2,7 6 12 30,0 7 5 650 238 412 197 105 92 1961−1971 100% 37% 63% 30% 44% 22%
Abk rzungen: FK − Feldkiebitz, n. b. – nicht bekannt, WK – Wiesenkiebitz
Anzahl Pegel MD entspricht Brutpaare Wasserstände im UG
100 600 cm totaler Überflutung Wasserstände [cm] HW-Stufe 4 8.4. Datum der Messung 90 550 cm 9/10 Überflutung Anzahl der Brutpaare (BP) HW-Stufe 3 gesamt 26.4. 16.5. Wiesenkiebitz (WK) 11.2. 1.4. 80 28.3. 500 cm 2/3 Überflutung
22.2. 5.5. HW-Stufe 2
8.6. 70 20.4. 450 cm 1/3 Überflutung HW-Stufe 1 7.5. 23.2. 20.4. 1/4 Überflutung 60 8.4. 22.4. 30.3. 400 cm 10.5. 5.4. 2.5. 4.6. 50 21.5. 24.4. 10.3. 350 cm Ausuferungen 15.6. 15.5. 1.5. 1.5. 10.5. 10.6. 40 1.5. 15.4. 10.3. 300 cm erh htem Wasserstand 1.4. 26.3. Buhnen unter 30 1.6. 25.4. 15.3. 14.5. 15.4. 250 cm 15.4. 15.4. 1.4. 1.6. 1.5. 1.6. 1.5. 20 1.6. 200 cm Normalwasser 1.6. 1.6. 1.6. 1.6. 1.6. 10 150 cm Niedrigwasser
0 100 cm Flachwasser
1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971
Abb. 7: Die Kiebitzpopulation in der Elbniederung unter dem Einfuss der Fr hjahrs-Hochwasser im Zeitraum von 1961 bis 1971. Entwurf: J. Kurths.
12 bei den Jahrhundert-Hochwassern von 2002 und getrocknet waren und wegen Vernässung noch nicht 2013. Es waren nicht die Fluten der Elbe, sondern die bearbeitet werden konnten (Abb. 8). Witterungsbedingungen mit umfangreichen Nie- Anhang 2 (S. 31 f.) dokumentiert den Bruterfolg von derschlägen, die zur großräumigen Reaktivierung 1961 bis 1971 unter besonderer Ber cksichtigung der der ehemaligen Kiebitz-BPL im Raum Magdeburg Witterungsbedingungen. BP waren erfolgreich, wenn f hrten. Sie waren vorher nur sehr sporadisch be- Jungv gel in der 5. F hrungswoche beobachtet wur- setzt oder schon vor Jahrzehnten infolge fr herer den. Die Jahre mit einem Bruterfolg ber dem Mittel- Melioration aufgegeben worden (Briesemeister wert wurden als positives Brutjahr gewertet und die 1974). Leider waren die Feuchtperioden immer mit mit einem Bruterfolg unter dem Mittelwert als nega- erneuter intensiver Melioration f r die Landwirt- tives Brutjahr. Einzelne sehr späte Bruten wurden bei schaf verbunden wie beispielsweise in den Wiesen den Schlupfzeiten nicht mit angef hrt, da sie f r den bei Lostau (Anh. 1, BPL 39, S. 30) mit dem Quellgra- Bruterfolg nicht bestimmend waren. ben. Der Kiebitz-Brutbestand in der Elbniederung wurde Weil in dieser Zeit nicht f r jedes Jahr detaillierte von 1961 bis 1971 von zu kalten Fr hjahren unter dem Wetterdaten vorlagen, wurden nachfolgend die Beson- Einfuss mehrerer Extremwinter bestimmt (Anh. 2). derheiten der Witterung in den Hochwasser-Jahren Diese wirkten sich auch auf den Bruterfolg der Popu- nach eigenen phänologischen Aufzeichnungen er- lationen aus. Durch Schneeschmelze und Nieder- gänzt (Abb. 7). schläge in den Quellgebieten der Elbe gab es acht Hochwasser-Jahre (Pegel MD >3,5 m), wovon drei die 6.2.2 Bruterfolge unter besonderer Ber cksich- Hochwasser-Stufe 2 erreichten, sodass das Umfut- tigung der Witterungsbedingungen wehr Pretzin ge fnet wurde. Jedes Hochwasser hatte Die Hochwasser der Elbe werden durch die witte- mehrere Spitzen von denen einige die Gelege der WK rungsbedingten Niederschläge in den Quellregionen berfuteten und sich so nachteilig auf den Bruterfolg und im gesamten Einzugsgebiet ausgel st und haben auswirkten. Die FK proftierten von der Bodenver- vor allem Einfuss auf die Brutgr ße der Population. nässung im Qualmwasserbereich der Deiche, da die Dagegen wird der Brutbeginn durch die Witterungs- B den landwirtschaflich erst spät bearbeitet werden bedingungen am BPL bestimmt (Anh. 2, S. 31 f. unter konnten. Monatsgeschehen). Bei den FK war ein fr her Brut- Entscheidend war, dass die Wasser- und Witterungs- beginn entscheidend f r den Bruterfolg, während die bedingungen im Einklang mit den Bruten der Kiebit- WK wegen des Hochwassers auf den BPL später mit ze standen. Trockneten die B den zu schnell ab, gab der Brut begannen. 1961 bis 1971 dominierten die FK, es große Verluste unter den FK-Bruten. Es waren doch der Bruterfolg war durchgehend geringer als bei meistens Verluste an Jungv geln, die nicht durch Er- den WK (Tab. 2). satzgelege ersetzt werden konnten. Durch lange Nachwinter und Hochwasser kam es of F r die entscheidenden Monate k nnen folgende Aus- zu verspäteten oder extremen Brutbedingungen mit sagen getrofen werden: Frost im März oder Anfang April (Anh. 2, S. 31 f.). • März: Von den elf Jahren waren neun im März ber- F r die FK war ein Brutbeginn nach dem 10. April wiegend zu kalt und winterlich, vier davon geh rten meist zu spät. Die Jungen schl pfen dann erst in der zu den kältesten und schneereichsten des vergange- ersten Maihälfe. Aus der Statistik lässt sich ableiten, nen Jahrhunderts. Kein März war zu warm und drei dass auf den Ackerbrachen, auf denen wegen der Was- waren ausgesprochen arm an Niederschlägen. serverhältnisse meistens keine Zwischenfr chte an- • April: Die meisten April-Monate waren in der ers- gebaut wurden, die Jungen m glichst bis zum 1. Mai ten Hälfe k hl und wechselhaf. Erwärmung trat geschl pf sein sollten. Mit jedem weiteren Tag sank meist erst in der zweiten Hälfe auf. Winterlich war der Schlupferfolg, weil der Mais erst im Mai ausge- die erste Hälfe im Jahr 1970 und auch die zweite bracht wird, wenn die Ackerbrachen abgetrocknet Hälfe war zu kalt. Zu warm war der April 1968. Mit sind. Die Landwirte waren bestrebt, diese Arbeiten bis Temperaturen bis 30 °C war er der wärmste des ver- zum 15. Mai abzuschließen. Auf Kiebitzbruten wurde gangenen Jahrhunderts. In der Summe standen sechs damals kaum R cksicht genommen. Selbst wenn die feuchte vier zu trockenen April-Monaten gegen ber. Jungv gel rechtzeitig vor den Feldarbeiten schl pfen, • Mai bis Juni: Der Mai und die erste Junihälfe waren so war dies noch keine Garantie f r Bruterfolg. FK die wichtigsten Zeiträume in der f nfw chigen mussten Nahrungsfächen fnden, die noch nicht aus- Jungvogel-Aufzucht. Der Mai sollte daher f r die
13 Abb. 8: Kiebitz bei der Nahrungssuche. Foto: H. Sch tte, Magdeburg.
Kiebitze feucht und k hl sein. Dieses Optimum Juni zunehmend nachteilig f r die WK. In der ersten erf llte aber nur das Jahr 1961 mit einem guten Phase bis 1960 wurde die Mahd nach dem 10. Juni Bruterfolg. Dass ein witterungsbedingt verspäteter begonnen und zog sich bis in den Juli hinein. Später Brutbeginn auch noch f r den Brutausgang positiv wurde sie meist auf den 20. Mai vorverlegt und durch sein kann, bewies das Jahr 1962. Voraussetzung f r den Einsatz neuer Technik wurden ganze Wiesenkom- die FK war, dass die B den nicht zu fr h bearbeitet plexe zum Nachteil der Feld- und Wiesenbr ter inner- wurden. halb von ein bis zwei Tagen gemäht. Zuvor hatte es nur einen Grasschnitt gegeben, danach wurde nur noch Allerdings f hrte das Witterungsgeschehen im Jahr beweidet. Im Ostteil des UG wurden durch die Bereg- 1970 in eine Katastrophe. Es kam zum spätesten Brut- nung mit G lle aus der Kläranlage Gerwisch mehrere beginn im Untersuchungszeitraum. Die Bedingungen Grasschnitte im Jahr m glich. Das Gras wurde bereits waren anfangs so gut, dass der h chste ermittelte Brut- im Mai zunehmend h her und dichter und der erste bestand bei den FK registriert wurde. Doch nach dem Schnitt erfolgte ab dem 10. Mai. Danach wurden 15 bis k hlen und feuchten Mai setzte warmes und trockenes 20 Rinder jeweils f r ca. zwei Tage auf ca. ein Hektar Juniwetter ein. Die B den trockneten schnell ab und große Portionsweiden getrieben und danach auf die die Landwirte hatten es auch nicht mehr eilig, denn nächste umgekoppelt, was letztendlich zum Totalver- f r den Mais war es bereits zu spät. Die geschwächten lust aller Bruten f hrte. Im Westteil weideten zuletzt K ken kollabierten zahlreich und wurden eine leichte 3 bis 4 Rinder/ha. Sie blieben bis Mitte Juni auf einem Beute der Prädatoren. Aus 124 Gelegen (Brutgr ße) Weidebereich und wechselten dann auf den abge- wurden nur maximal zehn K ken f gge. mähten Bereich. Brachv gel und Kiebitze zogen ihre Dar ber hinaus änderten sich auch die landwirtschaf- K ken bevorzugt im Weidebereich auf, wo sie anfangs lichen Rahmenbedingungen. Durch immer fr her einige Verluste durch temperamentvolle Jungrinder einsetzende Grasmahd wurden die Bedingungen im hatten, die später aber ausblieben.
14 6.3 Phase 3: 1973 bis 1983 (nur stlicher Teil proftierten die WK von der Expansion kaum (Tab. 3). des UG) Mit dem Anstieg der FK und dem R ckgang der WK Bei der großen „Kiebitzerfassung Mittelelbe-B rde“ ging der Bruterfolg insgesamt zur ck. Bereits 1978 1972 wurden 1,5 BP/100 ha ermittelt (Briesemeister und 1980 br teten im ostelbischen Teil keine WK 1974). Damit konnte 1972 als Expansionsjahr bewertet mehr und ab 1984 blieben sie ganz aus. werden. In seinen von 1973 bis 1983 fortgef hrten Ergänzend soll hier darauf hingewiesen werden, dass Kiebitzerfassungen ging Briesemeister ausf hrli- die letzten BPL des WK im Westteil der Elbniederung cher auf diese Problematik ein und befasste sich nun auf dem Hammerswerder der Barleber Wiesen auch mit dem Brutverlauf. So wurde der Brutbestand (Abb. 6, BPL 26) und in den Verlandungszonen im vergleichend unter Ber cksichtigung der Wasser- und s dlichen Schwisau, am Westufer des Lostauer Sees Witterungsbedingungen beschrieben. Aus der Be- (Abb. 6, BPL 34) nachgewiesen wurden. Die Gr nde siedlungsdarstellung ist ersichtlich, dass es in diesem f r ihr Verschwinden blieben unbekannt. Vermutlich Zeitraum f nf feuchte, positive Brutjahre (> 30 BP) fanden die Jungv gel nicht mehr gen gend Nahrung. und f nf trockene, negative Brutjahre gab (< 30 BP). Später, ab 1977, wurde auch der Bruterfolg dokumen- 6.4 Phase 4: 1986 bis 2010 tiert, den er statistisch aus der Anzahl der BP im April Ab 1986 nahm J. Kurths die eigene Erfassung der Kie- mit noch anwesenden BP im Mai ermittelte. Um diese bitzpopulation wieder auf. Das UG umfasste jetzt Daten f r die fortlaufende Statistik nutzen zu k nnen, 1.500 ha, 600 ha westlich und 900 ha stlich des Elb- mussten sie angeglichen werden (Tab. 3). Die Gebiets- deiches. Die statistische Auswertung (Tab. 4) wurde gr ße wurde korrigiert und an die Überfutungsfäche bez glich der Aussagen zum Bruterfolg verbessert. von 900 ha angepasst. Die diferenziertere Darstellung Jetzt wurden alle Jungv gel der 5. Woche ermittelt. Es der verschiedenen Habitate wurde zum Zweck der erfolgte keine Diferenzierung in FK und WK, da fast Vergleichbarkeit auf Wiese und Feld begrenzt. nur FK im UG existierten (s. a. Kap. 8). Die Kiebitzexpansion war mit Beginn der 1980er Jahre 1991 wurde im Ostteil des Gebietes die Beregnung der beendet und die Population erreichte wieder die Wiesen mit G lle aus der Kläranlage Gerwisch einge- Gr ße von vor 1961 (Tab. 1). Wie die Statistik zeigt, stellt. Es wurde nur noch extensiv mit Mutterk hen
Tab. 3: Populationsentwicklung des Kiebitzes im Ostteil des UG von 1973 bis 1983 (nach Briesemeister 1985).
Jahr Brutpaare (BP) Abundanz Bruterfolg gesamt davon gesamt BP/100 ha BP [%] WK FK 1973 26 6 20 2,0 n. b. − 1974 15 13 2 1,2 n. b. − 1975 42 7 35 3,2 n. b. − 1976 23 15 8 1,9 n. b. − 1977 31 3 28 2,4 14 43,8 1978 30 0 30 2,4 5 15,6 1979 30 2 28 2,3 13 41,9 1980 30 0 30 2,2 4 13,3 1981 8 4 4 0,6 2 25,0 1982 15 10 5 1,1 5 33,3 1983* 15 2 13 1,1 4 26,7 265 62 203 − − − 1973−1983 100% 23% 77% 159 21 138 47 1977−1983 100% 13% 87% 30%
* Der Wert von 1983 wurde durch KURTHS (unver f.) ergänzt, die Werte 1973−1982 nach (BRIESEMEISTER 1985) Abk rzungen: BP − Brutpaar, FK − Feldkiebitz, n. b. – nicht bekannt, WK − Wiesenkiebitz
15 Tab. 4: Populationsentwicklung des Kiebitzes von 1986 bis 2010.
Jahr HW Brutpaare (BP) Abundanz Bruterfolg gesamt diferenziert nach BP/ BP/ BP juv juv/BP RPZ 100 ha 10 ha west. stl. 1986 10 6 4 0,7 3 2 4 2 0,40 1987 + 36 31 5 2,4 10 12 23 1,9 0,64 1988 + 34 33 1 2,3 11 5 7 1,2 0,21 1989 9 4 5 0,6 3 0 0 0 0 1990 8 3 5 0,5 2 0 0 0 0 1991 5 2 3 0,3 2 1 2 2,0 0,40 1992 11 0 11 0,7 3 3 5 1,7 0,45 1993 9 0 9 0,6 3 3 6 2,0 0,67 1994 + 24 16 8 1,6 7 9 18 2,0 0,75 1995 3 + 14 8 0,9 5 0 0 0 0 +3 WK 1996 3 11 6 0,7 5 1 1 1,0 0,09 +2 WK 1997 8 4 4 0,5 3 3 6 2,0 0,75 1998 5 0 5 0,3 3 0 1999 2 0 2 0,1 2 1 2 2,0 1,00 2000 + 20 12 8 1,3 5 2 4 2,0 0,20 2001 3 0 3 0,2 2 0 0 0 0 2002 3 1 2 0,2 2 1 1 1,0 0,33 2003 1 4 0 0,3 2 0 0 0 0 +3 WK 2004 2 0 2 0,1 2 0 2005 6 6 0 0,4 2 1 2 2,0 0,33 2006 + 14 6 8 0,9 4 2 3 1,5 0,21 2007 0 3 0 0,2 3 1 2 2,0 0,67 +3 WK 2008 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2009 3 3 0 0,2 3 0 0 0 0 2010 0 0 0 0 0 0 0 0 0 244 141 103 47 1986−2010 0,7 86 1,8 0,35 100% 58% 42% 19,3%
Abk rzungen: HW (+) – Hochwasserjahr (Pegel MD >5,00 m), juv – Jungvogel, RPZ – Reproduktionszifer der Population, WK – BP, die ohne dauerhaften Erfolg die Neubesiedlung der Wiesen versuchten
und Schafen beweidet. Zur Heugewinnung erfolgte nicht durchsetzen. Im Westteil gab es nur noch we- nur noch ein Grasschnitt im Juni. Es gab zwar ab 1995 nige FK und die Zunahme ihrer Bruten wurde immer im Ostteil mehrere Brutversuche auf den Wiesen und schwächer. Zu den Verlusten durch Landwirtschaf es wurden auch K ken f gge, aber die einzelnen BP und Prädation stellte sich f r die Jungen zunehmen- konnten sich gegen den erh hten Prädatorendruck der Nahrungsmangel ein.
16 Tab. 5: Anzahl der Jungv gel pro BP vom 10.06.1987 (vor) bis 20.07.1987 (nach Feldbearbeitung) im Qualm- wasserbereich des Elbe-Verbindungskanals im Bereich des BPL 22 (Anh. 1, S. 28).
10.06.1987 20.07.1987 vor Feldbearbeitung nach Feldbearbeitung Anzahl BP Jungv gel (juv) Anzahl BP Jungv gel (juv) Anzahl Alter [d] Summe Anzahl Alter [d] Summe 1 5 14−15 5* 0 5 – 0 2 4 14 u. 20 8 0 4 – 0 4 3 14−25 12 2 3 30−35 6 8 2 14−30 16 7 2 25−35 14 2 1 20 u. 30 2 3 1 20−30 3 7 zus. 20−24 >10 (Ersatzbruten) 0 n. b. – 0 3 noch br tend mit Gelegen 0 – – 0 27 63−67 12 23
Mittelwert der Bruten: 2,4 juv/Brut f r die Erstgelege und 1,9 juv/Brut f r die Zweitgelege * Von ber 700 kontrollierten Gelegen enthielten nur 4 Gelege 5 Eier (dieses waren ausschließlich FK-Gelege).
6.4.1 1987: Witterung und Konfikt mit der genau ermittelt werden, lag aber zwischen 50 und Landwirtschaft 60 Gelegen. Die K ken schl pfen in den Erstgelegen 1987 und 1988 waren die letzten beiden Jahre mit zwischen 10.5. und 24.5. und in den Zweitgelegen (Er- mehr als 25 Kiebitzbrutpaaren im Untersuchungsge- satzgelege) ab dem 30.5. bis in die zweite Juni-Dekade. biet, 1987 auch mit passablem Bruterfolg. Doch die Durch die g nstige Beobachtungslage konnten von Bestandszunahme ging am stlichen Teil vorbei. WK den umliegenden Dämmen erstmals alle BP mit ihren gab es nicht mehr, auch nicht als das Wasser die Wie- K ken in der ersten Juni-Dekade ermittelt werden sen wieder freigab. (Tab. 5). Das Kiebitz-Erstgelege enthält meist vier Eier Im Jahr 1987 beeinfussten die Wasser- und Witte- (Mittelwert 3,9, n=245, Kooiker & Buckow 1997). Es rungsbedingungen die Kiebitzbestände erheblich. wird deutlich, dass es im Magdeburger UG schon in Die Elbniederung wurde von Januar bis Mitte April der Aufzuchtphase deutliche Verluste unter den Jung- von mehreren Hochwasser-Wellen betrofen. Bei den v geln gegeben hat. letzten beiden Flutwellen mit 5,30 und 5,70 m (Pegel Es hätte ein gutes Kiebitzjahr werden k nnen, wenn MD) war das Umfutwehr vom 2.4. bis 20.4. ge fnet die Landwirte in der zweiten Juni-Dekade schonender und die Elbniederung stand zwischen den Deichen vorgegangen wären. Von den K ken berlebte nur ein komplett unter Wasser. Durch den kalten und win- Drittel, meist die großen, schon fast f ggen V gel. terlichen März (Mittel 0,3 °C) tauten die Gewässer Aber auch einzelne kleinere Kiebitze berlebten die erst Anfang April ab. Der April war niederschlags- erste Feldbearbeitung mit Scheibeneggen. Verletzte arm (18 mm) und zu warm (10,5 °C). Der Mai war und tote K ken felen sofort Prädatoren zum Opfer. zu kalt (11,7 °C) und brachte mit 70 l/m² reichlich Niederschlag. 6.4.2 1988: Auswirkungen der Witterung Fast alle Kiebitze der Population schritten Mitte April Das Jahr 1988 belegt erneut, dass sich Hochwasser im Qualmwasserbereich des Elbe-Verbindungskanals auch sehr negativ auf die Kiebitze auswirken kann. zur Brut (Abb. 5, um den BPL 22), wo sie sich mit Doch es wurden auch neue Erkenntnisse zum Brut- Brachv geln vergesellschafet hatten (Kurths 2009). verhalten der Kiebitze gewonnen. Die Anfangssitua- Im Ostteil waren es nur f nf BP, deren Gelege aber tion war bez glich der Wasser- und Witterungsbedin- durch Wasser und Prädation verloren gingen. Im gungen ähnlich dem Vorjahr. Die Kiebitze siedelten Westteil ging die Hälfe der Gelege durch Wasser ver- in fast gleicher Anzahl am Elbe-Verbindungskanal, loren, sie wurden aber trotz des späten Brutbeginns im Osten gab es nur ein BP (Tab. 4). Die ersten Ge- durch Zweitgelege ersetzt. Die Brutgr ße konnte nicht lege wurden Mitte April gefunden, doch einzelne BP
17 Abb. 9: K ken duckt sich vor dem nahenden Fotografen. Foto: H. Sch tte, Magdeburg.
verschwanden in der Legephase, ofensichtlich durch mit 15,6 °C zu warm. Erst Mitte Juni gab es ergiebi- Prädation. Aufallend waren berdurchschnittlich gere Niederschläge. viele Dreier- und Zweiergelege Anfang Mai. Als auch Doch der Regen kam f r die K ken zu spät, die zwi- länger bebr tete Gelege aufgegeben wurden, bestätigte schen dem 12. und 25. Mai schl pfen. Es gab f r sie sich, dass das Brutverhalten der V gel ungew hnlich kaum noch Feuchtstellen zur Nahrungssuche oder war. Ein Blick auf die Witterungsereignisse gab die sie waren f r sie nicht erreichbar. Der Auentonboden Erklärung. Scheinbar um keine Energie bei der Auf- trocknete ab und wurde steinhart. Die Prädatoren er- zucht von aussichtslosen Bruten zu verschwenden, beuteten die aufgegebenen Gelege und die geschwäch- gaben die Kiebitze ihre Bruten noch vor dem Schl p- ten K ken. Der Ablauf des negativen Jahres 1970 wie- fen der Jungen auf, ein bisher unbekanntes Verhalten. derholte sich, doch dieses Mal gab es keine WK, die Der Februar war niederschlagsreich und Schnee lag die Verluste ausglichen. Die 40 bis 50 geschl pfen im Flachland noch Mitte März, der mit 74 mm Nie- Jungv gel kamen zu 90 Prozent ums Leben. derschlag zu feucht und mit 3,7 °C zu k hl war. Das Tauwetter in den Bergen ließ die Elbe schnell steigen. Die Jahre 1987 und 1988 zeigten, wie komplex und Am 26. März wurde das Umfutwehr ge fnet und problematisch der Kiebitzschutz ist. Es gibt dabei der Scheitel der Elbe erreichte mit 5,90 m (Pegel MD) keine Patentrezepte. Am wichtigsten ist es, das Nah- den H chststand. Die Elbniederung stand zwischen rungsproblem der Jungen zu l sen. Es ist sinnlos die den Deichen komplett unter Wasser. Doch das Hoch- Gelege zu sch tzen, wenn die K ken anschließend wasser hielt nicht lange an und die Elbe erreichte nicht genug Nahrung fnden oder Nahrungsquellen Anfang Mai wieder Normalwasser. Der April war zu f r sie unerreichbar sind. Dass sich Trockenperioden warm und mit 5 mm Niederschlag der trockenste des f r Kiebitze auf Ackerland negativer auswirken als auf 20. Jhs. Auch im Mai änderte sich die trockene Wet- Gr nland, wurde bereits publiziert (Matter 1982, terlage nicht, es felen nur 12 mm Regen und es war Kooiker 1993).
18 Tab. 6: Beschreibung der Nahrungswanderungen in den Jahren 2000 und 2002 (s. a. Abb. 10).
2000 Die Wanderung der FK 00/11 (Abb. 10 Punktlinie, orange markiert) 8./9. 6. 4 Jungv gel schl pfen aus einem Ersatzgelege im Öl-Lein. 12. 6. Die Familie befndet sich in einer Restfeuchtstelle der Schwarzen Lake. 22. 6. Feuchtstelle ist ausgetrocknet. Familie sucht am Zaun nach neuem Nahrungsplatz. 25. 6. Die Jungv gel haben im hohen Gras und Buschwerk die Rurichslake nicht erreicht. Sie fnden im Gras keinen Weg zum Nahrungsplatz. 26. 6. Es ist nur noch das Männchen anwesend. Die Jungv gel wurden im hohen Gras wieder nicht gefunden. Mit einer Sichel wurde ein 10 m langer Pfad zur Feuchtstelle geschnitten. 2. 7. Hilfe kam zu spät. Nur 5 m von dem freigelegten Pfad Reste eines der Jungtiere gefunden. 2002 Die Wanderung FK 02/02 (Abb. 10 Strichellinie, gelb markiert) 2./3.5. 4 Jungv gel schl pfen auf einem Brachacker. 10. 5. Beide Altv gel mit 2 Jungv geln in der 400 m entfernten Feuchtfäche der Gelben Lake im Froschl felbestand gesichtet. 22. 5. Der Angrif eines Weißstorches auf die Jungen wird abgewehrt. 5. 6. Nach Unkrautbekämpfung mit Herbizid haben die Kiebitze die Lake verlassen. Das Männchen zieht mit 2 Jung- v geln zur ck auf die Wiesen. In einer Feuchtstelle der Schwarzen Lake werden beide Jungv gel f gge. 17. 6. Männchen mit beiden f ggen Jungv geln befnden sich am Lostauer Loch ( stl. Teil).
Abb. 10: Aufzeichnung der Wanderung von zwei Kiebitzpaaren mit Jungen im Jahr 2000 (punktiert, orange markiert) und 2002 (gestrichelt, gelb markiert). Skizze: J. Kurths.
19 Tab. 7: Letzte Zunahme an Bruten des Kiebitzes in der Elbniederung bei Barleben 2011.
Jahr BP Abundanz Bruterfolg ges. diferenziert nach BP/ BP/ BP juv juv/BP RPZ 100 ha 10 ha westl. stl. 2011 10 10 0 − − 8 19 2,4 1,90
6.4.3 2002: Nahrungswanderungen Im Lauf der Zeit verschlechterten sich die Aufzucht- Es wurde schon in den ersten Jahren der Untersu- bedingungen, meist durch die Intensivlandwirtschaf chung erkannt, dass die geschl pfen Jungen der FK oder unterlassene Bewirtschafung bedingt (Brachen und WK nicht immer am BPL verbleiben. Auf Wiesen wurden bis 2005 gef rdert, danach wurde die F rde- bilden Brut- und Nahrungsplatz i. d. R. eine Einheit. rung reduziert und 2008/2009 ganz eingestellt). Viele Ging das Wasser auf den Überfutungsfächen zur ck, ehemalige Aufzuchtplätze felen vorzeitig trocken, so folgten die K ken der WK dem Wasser bis in die wuchsen zu oder wurden f r die K ken unerreich- Senken, Flutrinnen und Altwasser (Abb. 9, S. 18). bar. Teilweise geschah das, weil die Rinder, die einst Of trafen sie sich dort mit den Familien der FK, die auf den Wiesen an der Elbe und an den Altwassern meistens eine längere Strecke zu den Nahrungsplätzen weideten, vom Wasser ferngehalten wurden. Die ge- zur ckzulegen hatten, doch Strecken bis zu 200 m säten Intensivgräser waren Mitte Mai schon so hoch- vom BP zum Nahrungsplatz waren normal. Gesunde gewachsen, wie einst die Gräser im Juni. Die K ken K ken waren gut zu Fuß und fanden auf den Wande- blieben auf ihren Wanderungen geschwächt im hohen rungen mit ihren Eltern einen Weg zum Ziel. Dabei Gras stecken, verhungerten oder wurden Opfer von wurden auch Dämme, Bahnlinien und kleinere Ge- Prädatoren. wässer berquert. Beispielhaf werden auf einer Karte der Barleber Wie- sen (Tab. 6, Abb. 10, S. 19) die Wanderungen zweier
Tab. 8: Erfassung der BP und Brutergebnis 2011 stlich und westlich der Bahnstrecke Magdeburg−Stendal auf Feuchtäckern mit temporären Laken.
lfd. Nr. Kontrollen und Brutverlauf 2011 Bruter- gebnisse 24.4. 15.5. 28.5. 5.6. 14.6. 26.6. 5.7. stlich der Bahnstrecke FK1107 Gelege Gelege verloren, Prädatoren, Weibchen vermutlich tot 0 FK1108 Gelege 1 1 (mit BP)1) 1 1 12) 12) 1 FK1109 Gelege 3 2 2 2 22) 22) 2 FK1110 Gelege Gelege 1 4 3 3 3 3 FK1111 BP anw. Gelege Gelege 1 3 3 3 3 FK1112 BP anw. Gelege Gelege 4 1 2 2 2 westlich der Bahnstrecke (Adamsee) FK1113 Gelege Gelege Ersatzgel. Ersatzgel. Opfer bei Feldarbeiten 0 FK1114 Gelege 1 1 2 2 2 2 2 FK1115 Gelege 4 1 3 3 3 3 3 FK1116 BP anw. Gelege Gelege 1 3 3 3 3 insgesamt 19
1) 300 m ber Bahn bergang an eine andere Feuchtstelle (Koppel) westlich der Bahn gewandert 2) am Ostufer des Adamsees
20 Kiebitzpaare mit ihren Jungen ausgehend von BPL 24 ten, kam es 2011 bei Barleben am Adamsee, einem (Abb. 6) nachgezeichnet. neuen Kiessee, zum letzten Aufegehren (Tab. 7; Die weiteste bekannte Kiebitzwanderung von einem Anh. 1, BPL 10−12, S. 27). außergew hnlichen BPL in ein untypisches Nah- Ausl ser war im Januar 2011 ein Winter-Hochwasser rungshabitat wurde 1997 an der heutigen Doppel- der Stufe 4 (6,28 m am Pegel MD, zweith chstes seit schleuse des Wasserstraßenkreuzes Hohenwarthe 1950), das zum Ansteigen des Grundwasserspiegels im registriert. Die Luflinie der Wanderung betrug etwa Westteil f hrte und die Reaktivierung der ehemaligen 800 m bis zum neuen Nahrungsgebiet. Der Weg, den BPL erm glichte (Abb. 6). Obwohl es kein feuchtes die V gel zur ckgelegt hatten, war mindestens dop- Fr hjahr war und das Fr hjahrs-Hochwasser der Elbe pelt so weit und voller Hindernisse in einem absolut ausblieb (die Monate April u. Mai waren zu trocken untypischen Habitat. Sie fanden eine Ackersenke, in und zu warm), schritten auf einer 50 ha großen Fläche der nach dem Starkregen Wasser stand und in der mit Ackerfeuchtstellen zehn BP zur Brut. die Jungen schließlich f gge wurden. Solche Nah- Allerdings war der Bruterfolg knapp außerhalb des rungswanderungen sind bekannt und k nnen bis zu UG in seinen verkleinerten Grenzen zu verzeichnen 2.500 m betragen (Brooks 2003). (Tab. 8). Die BPL befanden sich nordwestlich des UG in der Gemarkung Magdeburg-Rothensee−Barleben, 6.5 Erl schen der Kiebitzpopulation und letzte n rdlich der BAB A2, beiderseits der Bahnlinie Mag- Zunahme an Bruten bei Barleben im Jahr deburg−Stendal. Die Prädation durch Beutegreifer 2011 hielt sich in Grenzen. Leider verletzte der Landwirt- Im Jahr 1996, als der Kiebitz „Vogel des Jahres“ wurde, schafsbetrieb wieder die vom Umweltamt festgeleg- hatte in der Population nur ein Junges berlebt. Es ten Schutzzonen bei den Bestellarbeiten im Juni. war ein Junges der neuen Wiesenbr ter. Dies gab Hofnung auf eine Wiederbesiedlung der Wiesen, die 6.6 1951−2011: Zusammenfassende Betrach- sich aber letztendlich zerschlug. Der Gesamtbestand tung der Bruterfolge und Reproduktions- tendierte in den einstelligen Bereich und nur in Hoch- zifern wasser-Jahren wurden zweistellige Werte erreicht. Da der Untersuchungsraum der Phasen 1 bis 3 (1951 bis In optimalen Jahren konzentrierten sich die wenigen 1983) derselbe war, lassen sich f r diesen Zeitraum die Kiebitze auf wenige BPL entweder im Ost- oder im Mittelwerte f r den Bruterfolg vergleichen (Tab. 9). Westteil des Gebietes. Der Bruterfolg der BP sank von Mit dem prozentualen R ckgang der Wiesenkiebitze einst 37 Prozent (1952−1960, Tab. 1) auf 0 Prozent und dem prozentualen Anstieg der FK ging in der (2008−2010, Tab. 4). Als 2007 die letzten zwei Jungen Expansionsphase 1961−1971 auch der Bruterfolg ins- f gge wurden, waren es wieder WK. Die Jungen hat- gesamt zur ck. ten im Vergleich zu den FK den Vorteil, dass sie nicht In den Phasen 1 bis 3 der Kiebitzbesiedlung konnten „wandern“ mussten, sie konnten am BPL aufwachsen. aus Zeitmangel erfolgreiche Bruten mit ihren Jung- Als die Populationsuntersuchungen bereits mit dem v geln nur stichprobenartig erfasst werden. Ab 1986 verheerenden Ergebnis des Erl schens des Vorkom- wurde mit gr ßerem Zeitaufwand versucht, alle Jung- mens im Jahr 2010 (Tab. 4) aufgegeben werden muss- v gel in der 5. F hrungswoche zu erfassen. Die Anga-
Tab. 9: Zusammenhang der Anzahl der Brutpaare von WK zu FK mit dem Gesamt-Bruterfolg.
Untersuchungs- Brutpaare Mittelwerte Bruterfolg zeitraum gesamt WK FK gesamt WK FK Anzahl 108 70 38 40 28 12 1952−1960 [%] 100 65 35 37 40 32 Anzahl 650 238 412 197 105 92 1961−1971 [%] 100 37 63 30 44 22 Anzahl 159 21 138 47 1977−1983 [%] 100 13 87 30
21 Tab. 10: Erfolgreiche Bruten (n=110) in den Jahren 7 Prädatoren der Kiebitze 1951−2009 (ab 1986 fast vollständig). Diese lassen aufgeschl sselt nach der Anzahl der Jungv gel (juv) Als Prädatoren der Kiebitze (Eier, Jungv gel und in der 5. F hrungswoche pro Brut R ckschluss auf die Adulte) wurden F chse (Vulpes vulpes, meist nachts), K kenverluste zu. Ohne Verluste sollten es maximal wildernde Hunde, Steinmarder (Martes foina), Große etwa 440 K ken sein. Wiesel (Mustela nivalis), Wanderfalken (Falco pe- regrinus), Habichte (Accipiter gentilis), Rohrweihen Anzahl der Anzahl der juv gesamt Anteil an den (Circus aeruginosus), Rabenv gel (Corvus corone juv/Brut jeweiligen erfolgreichen Bruten Bruten [%] corone, Corvus corone cornix und Corvus corax seit 1980), Silberm wen (Larus argentatus) und Weißst r- 4 3 12 2,7 che (Ciconia ciconia) beobachtet. 3 24 72 21,8 2 61 122 55,5 1 22 22 20,0 8 Diskussion und Fazit insgesamt 110 228 100,0 8.1 Die Kiebitzexpansion in der Mitte des Mittelwert der erfolgreichen Bruten: 2,1 juv/Brut 20. Jahrhunderts − eine berregionale Veränderung in der Brut kologie der Art? Kernziel der von 1951 bis 2011 durchgef hrten Popu- ben in der Tabelle 10 sind Maximalwerte, da Verluste lationsuntersuchungen f r den Kiebitz war, zusätzlich in den letzten F hrungstagen nicht ausgeschlossen zu den Bruterfassungen den Bruterfolg zu ergr nden. waren. Aus den Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass die FK, die zunehmend dominierten, eine geringere F r den Fortbestand einer Kolonie ist es interessant zu Reproduktion aufwiesen als die WK. Mit dem v lli- wissen, ob die Brutpaare in der Lage sind, die nat r- gen Verschwinden der WK brach damit die gesamte lichen Altvogelverluste auszugleichen. Vielfach wird Kiebitz-Population zusammen. Von 110 Bruten in daf r in der Literatur die Reproduktionszifer ange- der 5. F hrungswoche der Jungen (Tab. 10) konnte in geben, die anfangs stichprobenartig bestimmt wurde, diesem Zeitraum die Reproduktion der Population ab 1986 durchgehend falls erfolgreiche BP vorhanden genauer ermittelt und in dieser Arbeit dargestellt wer- waren. Nur 1999 mit 1,0 juv/BP und 2011 mit 1,9 wa- den. Das Ergebnis war schockierend, denn selbst bei ren die Reproduktionszifern hinreichend groß, um den erfolgreichen BP kam fast die Hälfe aller Jungen den Fortbestand zu sichern (Nehls 1996). in der Aufzuchtzeit um. Der urspr ngliche Lebensraum des Kiebitzes war Aus Tabelle 11 wird ebenfalls deutlich, dass die RPZ wohl die eiszeitliche Tundra (Kooiker & Buckow mit Ausnahme von 2011 ber die Jahre sinkt, eine ge- 1997). Später wurden Feuchtwiesen am Meer (Salz- genläufge Tendenz zur prozentualen Zunahme der FK. wiesen) und Hochmoore als BPL angenommen. Das Flusstal der Mittelelbe wurde wohl erst im 18. Jh. großräumig vom Kiebitz besiedelt. In dieser Zeit wurden die Waldauen in Wiesenauen umgewandelt, Tab. 11: Reproduktionszifern (RZP) f r den Kiebitz die alljährlich im Fr hjahr von der Elbe berfutet in der Magdeburger Elbaue zwischen 1951 und 2011. wurden. Die Kiebitze waren fast ausschließlich Be- wohner des Gr nlandes. Eine erste brut kologische Zeitraum Anteil der FK RPZ [juv/BP] Brutpaare Umstellung der Art auf kultiviertes Gr nland setzte [%] ges. in der Mitte des 19. Jhs. ein und hielt bis etwa 1930 an. 1951−1960 35 108 0,82 Die bis dahin betriebene extensive Weidewirtschaf 1961−1971 63 650 auf dem Gr nland wurde durch Melioration und 1973−1983 76 0,28 2651) D ngung in eine intensive Weide-Heuwirtschaf ver- 1986−2010 95–100 0,35 244 ändert. Im angestandenen Gr nland verschlechterten sich die Brutbedingungen f r den Kiebitz durch Über- 2011 100 1,90 10 weidung, Anbau von Intensivgräsern und fr hen 1) aus BRIESEMEISTER (1985) Grasschnitt auf den zunehmend Nährstof-akku-
22 Abb. 11: Zwei Kiebitze verlassen das Beobachtungsgebiet. Foto: H. Sch tte, Magdeburg.
mulierenden B den. Einige Autoren wie Bauer & denn selbst in Agrarlandschafen mit ausschließlich Berthold (1996) sahen in dieser Entwicklung die Ackerbruten nahm die Anzahl der Kiebitze zu (Oelke Hauptursache f r die zunehmende Besiedlung des 1985, Beser 1987). Im Nordwestdeutschland und in Ackerlandes durch den Kiebitz. Holland, wo 32 Prozent aller europäischen Kiebitze Die zweite große Umstellung wurde in den 1950er lebten, nahmen selbst in den 1980er Jahren die Be- und 1960er Jahren durch die großfächige Umwand- stände noch zu (Kooiker 1990). Doch mit zuneh- lung von Gr n- in Ackerland mit verstärktem Fut- mender Trockenheit gingen später auch im einstigen termaisanbau vorangetrieben. Die Kiebitze nahmen Wiesenland die Bestände zur ck (Kooiker 2008). Auf das neue Ackerland als Ersatzhabitat an, auch wenn die wechselhafen Brutbedingungen in Mecklenburg sie dabei das Erstgelege durch die späte Einsaat verlo- nach dem Wiesenumbruch in Ackerland wurde von ren. Die feuchten und meist zu k hlen Fr hjahre der Prill (1976) hingewiesen. Es wurde ermittelt, dass es 1960er Jahre beg nstigten diese Entwicklung und es im trockenen Jahr 1972 nur halb so viele Kiebitze auf kam zur Expansion und Neubesiedlung großer Terri- den Feldern gab wie in den feuchteren Jahren 1967 bis torien. 1971. Diesbez gliche Angaben von Autoren aus der Zeit vor 1990 sind hierin widerspr chlich. Während einige in 8.2 Die Reproduktion der Kiebitze in der Elb- der zunehmenden Umstellung auf Ackerland schon niederung nordwestlich von Magdeburg im damals eine Gefahr f r den Fortbestand der Kiebitze nationalen und internationalen Vergleich erkannten, sahen andere die Umstellung positiv, da Der Kiebitz war ein Indikator f r eine in ihrer Diver- die V gel wegen ihrer großen Anpassungsfähigkeit sität einst artenreiche Flusslandschaf an der Mittel- ihr Brutareal ausbreiteten. Die feuchten Jahre mit elbe. Wo der Kiebitz verschwand, waren andere, optimalen Brutbedingungen stimmten optimistisch, empfndlichere Wiesenvogelarten bereits vorher ver-
23 Tab. 12: Vergleichende Reprodiktionszifern (RPZ) aus verschiedenen Gebieten Norddeutschlands (HB – Han- sestadt Bremen, NI – Niedersachsen, BB – Brandenburg), der Schweiz und Großbritanniens.
Zeitraum Bundesland Brutgebiet / Habitat RPZ [juv/BP] Literaturverweis Deutschland (D)
1988−1993 HB Extensivgr nland 1,10 SCHOPPENHORST (1996)
1988−1993 HB Intensivgr nland 0,27 SCHOPPENHORST (1996)
1978−1979 NI Salzmarsch-Gr nland 0,85 ETTRUP & BAK (1985)
1980−1995 NI Acker, Gr nland, Brache 1,20 KOOIKER & BUCKOW (1997)
1982−1986 NI Acker, Gr nland, Brache 0,33 ONNEN (1993)
1998−2000 BB Unteres Odertal 0,16 MAMMEN et al. (2005) Schweiz (CH)
1948−1974 Gr nland-Ackerland-Niedermoor 1,60 HEIM (1978)
1968−1972 Ackerland 0,4–0,6 MATTER (1982) Großbritannien (GB)
1985−1987 Extensivweide 0,88 BAINES (1989)
1985−1987 Intensivweide 0,25 BAINES (1989)
1985−1987 Ackerland 0,57 BAINES (1989)
1971−1974 Gr nland und Flugplatz 0,8–1,2 JACKSON & JACKSON (1975)
schwunden (Kurths 2009, 2010). Es war zu erwarten, duktionszifern f r den Kiebitz in der Magdeburger dass durch die Nährstofabsenkung mit der Einstel- Elbaue zwischen 1951 und 2011. Das Sinken der Re- lung der G lle-Beregnung der Wiesen im Jahr 1991 produktionszifern der Population erfolgte parallel und deren extensive Bewirtschafung die Biodiversität zum Anstieg der FK. Um die nat rlichen Altvogelver- der Wiesen innerhalb von 10−20 Jahren wiederherge- luste auszugleichen, braucht der Kiebitz einen Mit- stellt sein w rde. Doch diese Prognose war falsch, so- telwert der RPZ von 0,9 juv/BP (Nehls 1996). Dieser wohl f r den Magdeburger Raum als auch f r andere Minimalwert wurde in Norddeutschland nur noch in Bereiche der Mittelelbe und ihrer Nebenf sse. Auch wenigen Gr nlandgebieten erreicht (Tab. 12). die Ausweisung großfächiger Natura 2000-Schutz- gebiete änderten kaum etwas an der schwindenden Biodiversität. 9 Zusammenfassung Der Wandel des Kiebitzes in der Elbniederung vom alljährlichen Wiesenbr ter zum sporadischen Feld- Bruterfassungen und brut kologische Untersuchun- br ter mit geringem Bruterfolg bestätigt den deutsch- gen ber die Reproduktion einer Kiebitzpopulation in landweiten Trend der Art. Von 1950 bis 1986 nahmen der Elbniederung nordwestlich von Magdeburg wur- die Wiesenbr ter in Norddeutschland um 47 Prozent den von J. Kurths und E. Briesemeister durchgef hrt. ab und die FK im gleichen Zeitraum um 53 Prozent Dies geschah fast l ckenlos von 1951 bis 2011 in vier zu (Flade & Steiof 1990). Diese Autoren konstatier- Phasen. Das Untersuchungsgebiet umfasste anfangs ten, dass die Kiebitzbesiedlung der Ackerfächen die etwa 4.000 ha beiderseits der Elbe (Elbe-km 333–340). R ckgänge im Gr nland nicht ausgleichen kann, da ihr Bruterfolg auf Ackerland wesentlich geringer ist. In der ersten Phase der Untersuchungen (1951−1960) Zu diesem Schluss kam auch Hötker (2010). Nach wurden 40 Brutplätze beiderseits der Elbe erfasst, seinen Ergebnissen ging der Bruterfolg des Kiebitzes einige von ihnen waren schon vor 1951 bekannt. Im in weiten Teilen Deutschlands innerhalb eines halben Ostteil mit seinen Altwässern dominierten die Wie- Jahrhunderts (1950−1999) von 1,0 auf 0,25 juv/BP senkiebitze als typische Vertreter der Wiesenlimiko- zur ck. Zum Vergleich zeigt Tabelle 11 die Repro- len. Im gr ßeren Westteil dominierten dagegen die
24 Feldkiebitze, aber nur mit sporadischen Brutplätzen Brooks, C. (2003): Naturkundliche Berichte Soltau-Falling- als Relikte eines gr ßeren Besiedlungsgebietes, das bis bostel 10: 49−64. nach Magdeburg-Neustadt, -Rothensee und Barleben Ettrup, H. & B. Bak (1985): Nogle traek af danske Vibers (Vanellus vanellus) yngleforhold. − Dansk Orn. Foren. reichte. Tidskr. 79: 43−55. Flade, M. & K. Steiof (1990): Bestandstrends häufger In der zweiten Phase (1961−1971) expandierten die norddeutscher Brutv gel 1950−1985. Eine Analyse von Feldkiebitze auf beiden Seiten des Gebietes und er- ber 1400 Siedlungsdichte-Untersuchungen. − In: Elzen, reichten bisher unbekannte Gelegezahlen. In dieser R. van den, K.-L. Schuchmann & K. Schmidt-Koenig (Eds). − Current Topics in Avian Biology. J. Ornithol. Phase wurden Brutgr ße und Bruterfolg der Popula- suppl: 249−260. tion entscheidend von der Witterung und den Fr h- Heim, J. (1978): Beiträge zur Kiebitzforschung. − Wangen jahrs-Wasserständen der Elbe beeinfusst. (Selbstverlag). Heinroth, O. & M. Heinroth (1928): Die V gel Mittel- In der dritten Phase (1972−1983) f hrte E. Briesemeis- europas. In allen Lebens- und Entwicklungsstufen photographisch aufgenommen und in ihrem Seelenleben ter im ostelbischen Teil die Bruterfassung weiter. bei der Aufzucht vom Ei ab beobachtet. Bd. III. – Berlin (Berm hler) 1.924–1.934. Anfang der 1980er Jahre endete die Zeit der Kiebitz- Hötker, H. (2010): Wiesenv gel − Sorgenkinder des Natur- expansion an der Mittelelbe und mit dem Ausbleiben schutzes. − In: Michael-Otto-Institut im NABU: For- der Wiesenkiebitze begann 1984 die R ckgangsphase schungsprogramme f r V gel. − Der Falke 57: 443−449. Jackson, R. & J. Jackson (1975): A study of breeding Lap- der Population. Die Feldkiebitze konnten mit den wings in the New Forest. − Hampshire 1971–74. − Ringing sporadischen Nachwuchssch ben die hohen Jungen- and Migration 1: 18−27. verluste durch landwirtschafliche Einf sse und stei- Kooiker, G. (1990) Bestandsentwicklung und Bruterfolg genden Prädatorendruck nicht mehr ausgleichen. einer Kiebitzpopulation Vanellus vanellus im Agrarraum Die letzte Zunahme an Bruten erfolgte 2011 außerhalb bei Osnabr ck. − Vogelwelt 111: 202−216. Kooiker, G. (1993) Phänologie und Brutbiologie des Kiebit- des Untersuchungsgebietes bei Barleben. zes. − J. Ornithol. 134: 43−58. Kooiker, G. (2008) Ergänzende Ergebnisse zum Bruterfolg Aus den Untersuchungen kann geschlussfolgert wer- einer auf Ackerland br tenden Kiebitzpopulation bei den, dass feuchte, k hle Fr hjahre mit lang anhalten- Osnabr ck. − Vogelkundliche Berichte Niedersachsen 40: den, hohen Wasserständen der Elbe und starker Bo- 321−331. Kooiker, G. & C. V. Buckow (1997): Der Kiebitz-Flugk nst- denvernässung eine große Brutpopulation mit gutem ler im ofenen Land. − Wiesbaden (Aula-Verlag): 144 S. Bruterfolg und guten Reproduktionsergebnissen Kurths, J. (2002): Chronik der ornithologischen Vereine in f rdern, während trockene und warme Fr hjahre mit Magdeburg 1923−1962. Teil 1. – Magdeburg (Museum f r niedrigen Wasserständen in der Elbe kleine Populati- Naturkunde). − Abhandlungen und Berichte f r Natur- onen mit geringem Bruterfolg bewirken. kunde 25: 25−52. Kurths, J. (2009): Die Brachvogelpopulation an der Mittelelbe bei Magdeburg-Lostau. – Magdeburg (Museum f r Natur- kunde). – Abhandlungen und Berichte f r Naturkunde 32: Literatur 29–58. Kurths, J. (2011): Die Limikolenpopulation in der Elbniede- Baines, D. (1989): Te efects of improvement of upland, mar- rung bei Magdeburg-Lostau. Teil I. – Magdeburg (Museum ginal grasslands on the breeding success of Lapwings Vanel - f r Naturkunde). – Abhandlungen und Berichte f r Natur- lus vanellus and other waders. − Ibis 131: 497−506. kunde 33: 133–156. Bauer, H. G. & P. Berthold (1997): Die Brutv gel Mitteleu- Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.) ropas − Bestand und Gefährdung. − Wiesbaden (Aula- (1997): Die Naturschutzgebiete Sachsen-Anhalts. – Jena Verlag): 715 S. (Gustav Fischer): 437 S. Beser, H. J. (1987): Zur Gelegegr ße des Kiebitzes (Vanellus Lauen, B. (1941): Brutergebnisse geh ren nicht in eine Be- vanellus). − Charadrius 23: 174−182. standserhebung. – J. Ornithol. 89 (3): 1–64. Briesemeister, E. (1971): Der Bestand des Kiebitzes (Vanel- Mammen, U., T. Bahner, J. Bellebaum, W. Eikhorst, S. lus vanellus L.) in der Elbaue bei Magdeburg. − Apus 2: Fischer, I. Geiersberger, A. Helmecke, J. Hoffmann, 161−164. G. Kempf, O. Kühnast, S. Pfützke & A. Schoppenhorst Briesemeister, E. (1974): Zum Brutbestand des Kiebitzes im (2005): Grundlagen und Maßnahmen f r die Erhaltung Jahre 1972 in der Magdeburger Elbaue und in der Magde- des Wachtelk nigs und anderer Wiesenv gel in Feucht- burger B rde. − Apus 3: 98−102. gr nlandgebieten. – Bundesamt f r Naturschutz (Hrsg.). Briesemeister, E. (1985) Weitere zehnjährige Bestandserfas- – BfN-Skripten 141: 1–271. sung des Kiebitzes in der Elbaue bei Magdeburg. − Apus 6: 10−17.
25 Matter, H. (1982): Einfuß intensiver Feldbewirtschafung serstandsverhältnisse auf den jährlichen Brutbestand. – auf den Bruterfolg des Kiebitzes (Vanellus vanellus) in Apus 3: 10–16. Mitteleuropa. – Ornithol. Beob. 79: 1–24. Velten, P. & H. Bilang (2017): Joachim Kurths zum Geden- Naumann, J. A. (1834): Naturgeschichte der V gel Deutsch- ken. – Apus 22: 123–125. lands. Bd. 7. – Leipzig (E. Fleischer). Nehls, G. (1996): Der Kiebitz in der Agrarlandschaf – Per- spektiven f r den Erhalt des Vogel des Jahres 1996. – Danksagung Berichte zum Vogelschutz 34: 123–132. Oelke, H. (1985): Vogelbestände einer niedersächsischen Es wird E. Briesemeister f r die ergänzenden Daten Agrarlandschaf 1961 und 1985. – Vogelwelt 106: 246–255. Onnen, J. (1989): Zur Populations kologie des Kiebitz aus dem stlichen Teil des UG posthum gedankt. Die (Vanellus vanellus) im Weser-Ems-Gebiet. – Ökol. V gel Farbfotos wurden dankenswerterweise von Hermann 11: 209–249. Sch tte, Magdeburg, zur Verf gung gestellt. Prill, H. (1976): Auswirkungen einer Trockenperiode auf den Brutbestand einer Kiebitzpopulation. – Der Falke 23: 11–13. Anschriften der Autoren Schoppenhorst, A. (1996): Auswirkungen der Gr nland- extensivierung auf den Bruterfolg von Wiesenv geln im Bremer Raum. – Bremer Beiträge f r Naturkunde und Herbert Bilang Naturschutz 1: 117–123. Bäckerstr. 10 ∙ 39326 Colbitz Stübing, S. & G. Bauschmann (2011): Artenhilfskonzept f r den Kiebitz (Vanellus vanellus) in Hessen. Gutachten im Aufrag der Staatlichen Vogelschutzwarte f r Hessen, Prof. Dr. Detlef Siemen Rheinland-Pfalz und das Saarland. – Bad Nauheim. Am Schraderhof 24 ∙ 39116 Magdeburg 118 S. + 29 S. Anhang. E-Mail: [email protected] Ulrich, A. (1973): Die Verbreitung des Kiebitzes im Kreis Wolmirstedt und der Einfuss unterschiedlicher Was-
26 Anhang 1: Übersicht und Charakterisierung der Kiebitz-BPL ber den gesamten Beobachtungzeitraum mit Jahr der letzten Brutaktivität.
Nr. Name Prägung Jahr der Gebietsbeschreibung letzten Brutaktivität Brutplätze (BPL) westlich des Elbdeichs (Abb. 5) 1 Korbwerder WK 1951 S dl. der Str., die zur Steinkopfnsel mit dem Kanalhafen f hrte, be- fanden sich Ende der 40er Jahre grundwassernahe Restwiesen, auf denen Kiebitzeier gesammelt wurden. 1951 wurden noch zwei kleine juv gefunden. Danach wurde die Restfäche aufgef llt, u. a. mit Abfäl- len der Hexachlorcyclohexan-Produktion (Lindan) des ehem. Magde- burger Chemiebetriebes VEB Fahlberg-List. 2 S lzeanger Neustadt FK 1954 Der Anger war ein schmaler Wiesenstreifen an der Großen S lze westl. der B189 bis zur Einm ndung des Fahlberggrabens, genutzt als Schafweide und individuell von den Anliegern der Gartensparte. BPL wurde bis 1954 von 2–4 BP auf den angrenzenden Feldern besiedelt. Zu Beginn der 60er Jahre wurde der Anger mit Pappeln bepfanzt. 3 Krähenstieg FK 1964 Auf den Feldern an der Schrote befand sich bis 1964 ein BPL mit 2–3 BP. Die juv wuchsen berwiegend an dem kleineren der beiden Teiche auf, der damals an der Nordseite noch ofen und schilfrei war. 4 Hof Wardenberg FK 1963 Östl. der Schrote befand sich inmitten der Feldmark ein Einzelhof, der wegen der Auskiesung des Neustädter Sees aufgegeben wurde (1–3 BP). Letzte juv wurden 1963 an dem dortigen Ententeich gesehen. 5 Ziegeleiteich- FK 1965 Wo sich heute das FND Ziegeleiteich mit dem Pappelwäldchen befn- Koppelanger det, lagen einst die Wiesen des Koppelanger, die zur Tongewinnung f r die Ziegelei verschwanden. Geblieben waren die Kiebitze (2–5 BP), die auf den umliegenden Feldern br teten (Neustädter See II). Letztes BP br tete 1965 im Nordteil des FNDs. 6 S lzeanger Barleben n. b. 1962 BPL befand sich zwischen der B 189 und der Str. nach Neustadt an der Kleinen S lze. Die Gelege befanden sich auf den umliegenden Fel- dern. Die juv wurden an der S lze aufgezogen. Es wurden auch Eier gesammelt. Letzter Brutnachweis um 1962. 7 Metritze FK 1983 Einen großen, ausgedehnten BPL boten die Felder beiderseits der 400 m langen ehemaligen Flutrinne, die n rdl. am Scheid endete, der auch Aufzuchtplatz der juv war. 8 Kelterer Teich FK 1985 Die Felder bei den BPL 7 u. 8 gingen ineinander ber. In g nstigen Jahren stand in den Senken ehemaliger Bombentrichter gen gend Wasser und damit Nahrung f r die juv zur Verf gung. In trockenen Jahren war das S dufer des Teiches, das von Schafen ofen gehalten wurde, der einzige Nahrungsplatz der juv. Nachdem auf beiden BPL bis zu 6 BP br teten, erloschen sie um 1985 mit Aufgabe der Schafhal- tung in Rothensee. 9 Barleber Anger WK 1999 Am heutigen S dteil des Adamsees befanden sich zwischen der FK Großen S lze und dem einstigen Angelteich Wiesen und Felder (2–4 BP). Mit dem Kiesabbau gingen um das Jahr 2000 BPL und Angelteich verloren. 10 Burgenser Str. westl. n. b. 2014 Sporadischer BPL auf Feldern mit 6 BP. Selbst auf der kleinen Fläche Bahnstrecke zwischen den beiden Bahnschranken wurden juv angetrofen. Zen- trum des BPL war eine Feuchtstelle mit einem Froschl felbestand 200 m s dl. der Str. 11 Burgenser Str. stl. FK 2015 Beide BPL wurden nur sporadisch in feuchten Jahren besetzt, wenn Bahnstrecke 4 gr ßere Ackersenken durch h here Wasserstände vernässt waren 12 Burgenser Str., Str. nach n. b. 2014 (0–6 BP). 2015 schl pften die letzten juv, die aber später durch Präda- Rothensee bis BAB A2 tion verloren gingen. 13 August-Bebel-Damm, FK 1961 Bevor das Gelände auf Dammh he aufgesch ttet wurde, waren Abzw. Alte Glinden- beiderseits der Str. zwei Feuchtstellen einer ehemaligen Flutrinne, die berger Str. sporadisch bis 1961 besiedelt wurden (0–3 BP).
27 Nr. Name Prägung Jahr der Gebietsbeschreibung letzten Brutaktivität 14 Alte Glindenberger Str. FK 1994 N rdl. des Hamburger Dammes befand sich der s dl. BPL einer am alten Elbdeich ganzen Kette von BPL entlang des alten Elbdeiches. Es waren alte temporäre Flutrinnen, die unter dem Elbe-Verbindungskanal verliefen und bei gr ßeren HW aktiviert wurden (0–4 BP). 15 Im Außenbereich des FK 2001 Zeitweise die stärkste Teilpopulation der Elbniederung (0–12 BP). alten Elbdeiches Die temporäre Überfutungsfäche vor dem Siel im alten Elbdeich war der gr ßte Qualmwasserbereich am Kanal, in dem 1965 auch Uferschnepfen erfolgreich br teten (KURTHS 2011). Außerdem schritten in dem Jahr auch Lachm wen in einer kleinen Kolonie zur Brut. Dazwischen war auch ein Paar Sturmm wen (Erstbrutnachweis f r MD). 16 N rdl. an Nr. 15 FK 1984 BPL lag an einer ehemaligen temporären Flutrinne, die von den Barle- anschließend ber Wiesen kam (0–8 BP). Am Siel vor dem Dammfuß lag eine schmale Restwiese mit einer artenreichen Flora mit Kleinem Knabenkraut. Der gesamte Dammfuß wurde nach 1965 großfächig f r die Industrie aufgesch ttet und damit zerst rt. Die Kiebitze verloren auf der Fläche ihre letzten Nahrungsgr nde f r die juv. 17 Westl. des alten Deiches FK 1963 Die Flutrinnen (BPL 13, 17, 18) endeten hinter den Sielen auf weit- und der alten Str. nach räumigen Ackerfächen, die damit sehr feucht waren (0–5 BP). Diese Glindenberg Fläche wurde 1965 f r die Industrie neu aufgesch ttet. 18 Glindenberger Weg FK 1987 Als Ersatz f r die alte Str. wurde Anfang der 60er Jahre die neue Ver- bindung vom August-Bebel-Damm nach Glindenberg gebaut. Vorher gab es nur einen Feldweg von der Burgenser Str. nach den Barleber Wiesen, der zeitweise im Fr hjahr durch Vernässung unpassierbar war. Die Fläche s dlich der neuen Glindenberger Str. (0–8 BP) wurde anschließend auf Straßenniveau aufgesch ttet und bebaut. Durch Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung wuchs der n rdl. Teil bis zur BAB A2 zu. Der letzte Kiebitz br tete 1987. 19 Polder Gelbe Lake WK 2014 Die einst etwa 20 ha große Fläche, umgeben von hohen Dämmen, FK war wie ein großer Polder, der in HW-Jahren langsam volllief (2–6 BP). Der Name der Lake stammt von ihrer artenreichen, berwiegend gelb bl henden Flora mit großem Froschl felbestand. In lang anhalten- den HW-Jahren wurden Flora und Fauna durch das Wasser reaktiviert und es br teten dann auch Uferschnepfe, Rotschenkel und Großer Brachvogel (KURTHS 2009, 2011). Das Biotop ist heute zugewachsen und damit zerst rt. 20 Neuenhofer Angerlake FK 2014 Nach Norden fand das Brutfeld hinter der BAB A2 seine Fortsetzung an einer Flutrinne des Zollausiels im Elbdeich (2–8 BP). Die Gemar- kung geh rte einst zum Vorwerk Neuenhof an der Zollau, das in den 20er Jahren wegen des Baus der Hochbr cke ber die Elbe geschlif- fen wurde. An einem Siel vor dem alten Elbdeich befand sich auch ein foristisch artenreicher Wiesenstreifen mit Feuchtstellen. 21 Neuenhofer Anger FK 1994 Am BPL br teten 0–2 BP. Er ging in den BPL 20 ber und beide BPL waren durch eine feuchte Senke getrennt. Die Senke wurde beim Bau der Hochbr cke durch eine Baustraße, die später einplaniert wurde, zerst rt. 22 Rohrlake WK 2014 Die etwa 1,5 ha große Feuchtstelle (2–7 BP) mit Gelber Iris und FK Schwanenblume sollte in den 80er Jahren zugesch ttet werden und die Fläche steht seit den 90er Jahren zum Verkauf f r ein Gewerbegebiet. Bemerkenswert sind auch Bruten des Austernf- schers. 23 Barleber Wiesen − n. b. n. b. Einziger anthropogener BPL des Kiebitzes im Westteil, entstanden Sp lfeld ab 1964 und mehrmals durch Sedimentaufsp lungen nach Norden erweitert. Flussregenpfeifer br teten auf dem aufgesp lten Kies, Kiebitze mit bis zu 4 BP besiedelten den Schlamm im Absetzbecken und zogen juv auf. Habitat wuchs in den 80er Jahren zu. Gr ßter zusammenhängende Wiesenkomplex im UG, doch nur 1/6 vom Kiebitz besiedelt.
28 Nr. Name Prägung Jahr der Gebietsbeschreibung letzten Brutaktivität Brutplätze (BPL) stlich des Elbdeichs (Abb. 6) 24 Barleber Wiesen − Acker- FK 2004 Am Rande einer temporären Flutrinne nisteten FK (2–3 BP) bis zur fäche am Deich Barleber Umwandlung in Gr nland (Fuchsschwanz-Mähwiese) Anfang der 70er Teil Jahre. Die Kiebitze verschwanden als der BPL in Grasland zur ckver- wandelt wurde. 25 Barleber Wiesen − Acker- FK 1975 Geringer Bruterfolg (2–4 BP), da f r die juv zu weite Wege zu den Nah- fäche am Deich Glinden- rungsplätzen (Abb. 3). Großer Teil der Ackerfächen wurde zu Beginn berger Teil des 21. Jhs. aufgeforstet. 26 Barleber Wiesen – Ham- WK 1983 BPL (2–4 BP) auf einer Hochfäche, wurde ab 4,5 m Wasserstand ber- merswerder sp lt und war durch Zaun in Nord- und S dteil unterteilt (Glinden- berger und Barleber Teil). Die einst foristisch interessante temporäre Schwarze Lake mit Kuckuck-Lichtnelke, Zwergbinse, Wiesenschaum- kraut und Großer Margerite sollte zu Beginn der 80er Jahre melioriert und zugesch ttet werden. Da sie auch Brachvogel-BPL war (KURTHS 2009), konnte das verhindert werden. Durch fehlende Beweidung wuchs die Lake später zu und verkrautete. 27 Barleber Wiesen – Mär- WK 1976 Faunistisch artenreicher BPL (2–7 BP) bis zu Beginn der 60er Jahre − tenswerder Wiesen des Märtenswerders an der Rurichslake (KURTHS 2011), extensiv bewirtschaftet, fast alljährlich im Fr hjahr unter Wasser. Mit dem Was- ser setzten sich ber Flutrinnen auch Sedimente ab, die hauptsäch- lich am Elbufer des Maikäferwerders abgetragen wurden und zum Zuwachsen der Wiesen f hrten. Durch Tiefenerosion der Elbe fel die Rurichslake immer fter trocken. Die Jäger hatten Anteil daran, dass die Lake eutrophierte und schließlich Sauerstofmangel das Leben erl schen ließ. Sie setzten sich mit ihrer Ansicht bei den Landwirten durch, dass Gewässer eine Hegezone im Uferbereich ben tigen, die weder gemäht noch beweidet werden darf. Ein Irrtum, der sich leider vielerorts, erhalten hat. 28 Hochfäche im Westteil WK 1994 Anfangs noch Wiese, die als Schafsweide genutzt wurde, mit Aufgabe FK des Kiesbetriebes in Ackerfächen umgewandelt (0–4 BP). 29 Zuwachs − Innere Tiefe WK 1984 Das Brutgebiet (2–6 BP) setzte sich einst nach Westen fort, bevor es Wiesen am n rdl. Alt- 2007 1965 bei einem HW durch Wasserdurchbruch vom Zuwachs zum wasser Baggersee geteilt wurde. Den Kern bildete eine Senke, in der die juv aufgezogen wurden. BPL 1984 aufgegeben, dennoch Neuansiedlung 1995, 1996 und 2007, aber ohne Bestand. 30 Zuwachs − Innere Wiesen WK 1972 Das Brutfeld fand seine Fortsetzung s dl. der Br cke, nur sporadisch s dl. der Br cke besiedelt (0–2 BP). 31 Zuwachs − N rdliches WK 1984 Sporadisch besiedelt, wenn sich nach HW Schlammfächen gebildet Verlandungsgebiet 2011 hatten (0–6 BP). Nach 1984 kam es zu mehreren erfolglosen Neube- siedlungen. Der letzte Brutversuch ging 2013 im Jahrhundert-HW unter. 32 Potstrine − Felder stl. FK 2001 Die Wiesen am Bruchgraben, einer Verbindung zur Ehle, wurden nur des Zuwachses vor 1970 sporadisch besiedelt. Danach br teten die Kiebitze auf einer 60 ha großen Ackerfäche stl. des Zuwachses (0–6 BP). Entscheidend f r die Bruten war das Wasser in einer nur 10–20 m breiten und 300 m langen fachen temporären Flutrinne im Osten des BPL. 33 Bruchgraben − FK 2004 Ca. 50 ha großes Gebiet vom Fahrweg Gerwisch zu den Baggerseen in Gerwischer Binnend nen n rdlicher Richtung entlang der D nen, im Westen durch Ehle be- grenzt (0–5 BP). Auf beweideten Wiesen am Bruchgraben wiederholt juv gefunden, vermutlich von den umliegenden Feldern. Eigentlich Doppel-BPL, denn unter Briesemeister wurden auch die Absetzbe- cken der Kläranlage einbezogen, obwohl sie außerhalb des UG lagen. 34 Felder an den D nen FK 2004 Entlang der Ehle bis zum temporären Altwasser des Lostauer Sees mit bis zum Lostauer See 2007 dem Schwisau (0–4 BP), auf der etwa 50 ha großen Ackerfäche wie- (Schwisau) derholt Brutversuche des Austernfschers. Letzte Brut des Kiebitzes (damit auch im Ostteil) 2007, Vermutlich ber 10 Jahre altes Weibchen vom Habicht geschlagen.
29 Nr. Name Prägung Jahr der Gebietsbeschreibung letzten Brutaktivität 35 Felder am N rdlichen FK 2006 Gr ßter BPL im Ostteil (bis zu 20 BP), Ackerhochfäche (ca. 150 ha) Zuwachs − Lostauer erst ber 5 m Pegelstand berfutet, dann meist Wehr des Elbe-Um- Loch − Ehle bis zur Ober- futkanals in Pretzien gezogen. In den Senken des Aue-Tons hielt sich br cke das Wasser lange und alte Wurzelst cke der Iris pseudácoris und der Schwanenblume erbl hten wieder. 36 Feld stl. des Ehlekanals WK 2007 Wiesensenke westl. des Ehlekanals. Der große Wiesenkomplex n rdl. und stl. des Lostauer Loches mit der Senke geh rte einst zur Schwi- sau mit dem Elbmäander. Eine temporäre Flutrinne s dlich der Ober- br cke war ein wichtiger Aufzuchtplatz f r die juv (0–4 BP). 37 Ackerfäche westl. des FK 1996 Ca. 4 ha große Ackerhochfäche zwischen dem 1.200 m langen Ehlekanals Ehlekanal und der Elbe, durch Aufsch ttung entstanden, bei Pegel- ständen > 5 m berfutet (0–4 BP). Juv wurden in Senke des BPL 36 gef hrt. 38 Schwisauwiesen WK a) 1984 Wiesen (2–12 BP): gr ßerer Nordteil (BPL 38a) und kleinerer S dteil b) 2007 (BPL 38b) durch Kiesgraben (einst Kiesgewinnung). Gr ßter zu- sammenhängender BPL von Wiesenbr tern mit Brutvorkommen v. Großem Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine und Kampfäufer (KURTHS 2009, 2011). Durch intensive Gr nlandwirtschaft und Beregnung aus der Kläranlage in Gerwisch wurde der einstige Magerrasen mit seiner vielfältigen Flora und Fauna auf dem Plateau des Schwisau f r immer vernichtet. Kiebitze zogen sich in Randgebie- te zur ck. 39 Wiesensenke westl. des WK 2006 Der große Wiesenkomplex (0–4 BP) n rdl. und stl. des Lostauer Ehlekanals Loches mit der Senke geh rte einst zum Schwisau mit den Elbmä- andern. Eine temporäre Flutrinne s dwestl. der Oberbr cke war ein wichtiger Aufzuchtplatz f r die juv. 40 Alt-Lostau WK 1976 Wiesenfäche vor der Endmoränenkuppe des Weinberges, die ringf r- mig Alt-Lostau umgibt und durch einen alten Bahndamm im Osten geteilt wurde. Wiesen waren durch den Quellgraben recht feucht und wurden in den 70er Jahren melioriert. Der BPL (0–3 BP) befand sich vor der Melioration westl. des Bahndammes, zeitweise auch Bekassi- ne, Rotschenkel und Wiesenpieper. Benachbarte Brutplätze (BPL) außerhalb des UG Wiese Prester − Bis zu 6 BP wurden auf der Wiese einst ermittelt und am Anfang der Elbe-km 321 50er Jahre wurden auch noch Eier gesammelt. Da sie in die Obst- baumplantage mit einbezogen werden sollte, wurde sie 1986 wegen der Kiebitze vor bergehend unter Schutz gestellt (als FND zu groß). Es bleibt unklar, ob die zu der Zeit gesichteten juv auf der Wiese auch geschl pft sind oder, wie später nachgewiesen wurde, von den um- liegenden Feldern kamen. Ein Aufzuchtplatz der juv befand ich 2006 unmittelbar an der Str. nach Pechau. Die letzten 2 BP wurden 2011 in der Wiese ermittelt. Greifenwerder − Prinzen- Anfang der 60er Jahre noch 8 BP. 2006 waren es nur noch 4 BP auf ei- wiesen Elbe-km 317−318 nem Maisfeld, wovon 2 BP juv in einer fachen Flutrinne mit Rinderbe- weidung f hrten. Später wurden keine Brutaktivitäten mehr bekannt. Wiesen waren als Brachvogel-BPL bekannt (KURTHS 2009). Pilm Acker-Wiesenfäche war zeitweise mit 2 BP besetzt. 2011 war es noch 1 BP, das vermutlich juv f hrte. S lze, Sohlen-Salbke Auf der westlichen Elbseite gab es in MD-S dost noch bis Mitte der 60er Jahre 2 BPL bei Sohlen und an der Vikarienm hle in Salbke (1965,1966 je 1 BP). 1967 br teten bei Sohlen 2 BP auf Feldern. Die ur- spr nglichen BPL waren an der S lze auf kleinen kurzgrasigen Wiesen mit einer Salzfora, auf der die juv großgezogen wurden.
Abk rzungen BG − Brutgr ße, BP – Brutpaar, BPL − Brutplatz, FK − Feldkiebitz, HW – Hochwasser, juv – nicht-f gger Jungvogel, MD – Magdeburg, n. b. – nicht bekannt, RPZ – Reproduktionszifer, UG – Untersuchungsgebiet, WK – Wiesenkiebitz
30 Anhang 2: Zusammenhang zwischen Bruterfolg und Witterung 1961 bis 1971.
Jahr Bruterfolg Witterung Bewertung nach ges. Feldkiebitze (FK) Wiesenkiebitze (WK) Hoch- Monatsgeschehen Bruterfolg BP davon Schlupf- BP davon Schlupf- wasser- erfolg- zeit erfolg- zeit Spitzen [%] reich reich 1961 37,5 30 10 21.4. 18 8 1.5. 22.4. März: 1. Hälfte sonnig u. trocken, 2. k hl mit Regen + G nstiges Brutjahr mit fr hem bis bis 1.5. April: wechselhaft u. k hl mit Temp. unter 10 °C Brutbeginn 1.5. 8.5. Mai: unbeständig u. feucht bei Temp. von 8−10 °C 1962 40,4 27 10 5.5. 25 11 15.5. 8.4. März: bis 3. Dekade winterlich, teils Schnee und Temp. bis −8 °C, + Guter Bruterfolg der FK durch bis bis 2.5. weiterhin k hl mit schauerartigen Niederschlägen späte Ackerbearbeitung 15.5. 25.5. 21.5. April: bis Mitte wechselh. und k hl, 2. Hälfte langs. Erwärmung, am Ende Gewitter mit ergieb. Niederschlägen Mai: wechselh. und k hl, an 22 Tagen Regen, 1,5 °C zu kalt 1963 46,9 17 4 28.4. 15 11 15.5. März: Eiswinter, mit wenig Schnee bis 1. Dekade + Geringer Bruterfolg f r FK wg. bis bis April: Eis auf den Gewässern, erst 10.4. abgetaut, zu trocken, Trockenheit, guter Bruterfolg 15.5. 25.5. Temp. im Normalbereich f r WK Mai: zu trocken, 8 mm Regen, Temp. im Normalbereich 1964 34,3 13 4 10.5. 22 8 12.5. Februar bis Mai zu trocken (–) Brutperiode f r FK zu warm bis bis März: mit 0,1 °C kältester des 20. Jhs.! und zu trocken 18.5. 25.5. April: ab Mitte zu warm Mai: 1,5 °C zu warm, nur 80 % des normalen Niederschlags 1965 23,2 78 18 3.5. 17 4 28.3. März: 1. Hälfte winterl. mit Neuschnee (Brocken: 2,60 m), – Gute Brutergebnisse f r FK bis 5.5. Tiefsttemp. im Flachland bis −10 °C, danach Erwärmung bis durch viel Wasser, WK verloren 30.5. 16.5 18 °C, Tauwetter im Bergland ber 80 % der Gelege 8.6. April: bernormale Niederschläge, mit 7,3 °C zu kalt Mai: Niederschlag 30 % ber normal, Temp. 11,8 °C (1,5 °C zu kalt) 1966 23,6 52 7 3.5. 20 10 11.5. 23.2. März: 1. Hälfte mild, Tauwetter im Bergland, – Große Jungvogelverluste bei bis bis 22.4. 2. Hälfte Neuschnee im Bergland WK, gute Brutergebnisse f r FK 12.5. 17.5. (Schneeh he Brocken: 2,10 m), im Flachland Schneeregen April: um 2 °C zu kalt und Niederschläge 50 % ber normal Mai: anfangs noch k hl, dann sommerl. warm mit Temp. bis 30 °C und hoher Lufttrockenheit, nur 40 % der normalen Niederschläge 1967 26,8 51 12 23.4. 31 10 28.4. 11.2. März: 1. Hälfte k hl mit Schnee im Bergland – FK-Jungv gel schl pften im bis bis 30.3. (Brocken: 1,90 m) April, besseres Brutergebnis 2.5. 11.5. 10.5. April: wechselh. mit vielen Regenschauern, 15.6. ab Mitte zu trocken Mai: anfangs zu trocken, 2. Hälfte bernormale Niederschläge und Temp.-anstieg bis 28 °C 31 1968 1970 1971 1969 Jahr Bruterfolg Bruterfolg 30,2 25,8 30,0 38,6 ges. [%] BP 30 62 27 25 Feldkiebitze (FK) Feldkiebitze (FK) reich - erfolg davon 7 6 5 9 zeit - Schlupf 27.4. 25.5. 15.5. 14.5. 29.4. 6.5. 4.5. 6.5. bis bis bis bis BP 35 19 23 13 Wiesenkiebitze (WK) Wiesenkiebitze (WK) reich - erfolg davon 19 8 9 7 zeit - Schlupf 16.5. 10.5. 9.5. 8.6. 1.6. 1.5. 8.5. 2.5. bis bis bis bis Spitzen wasser- Hoch - Witterung 20.4. 26.4. 20.4. 7.5. 1.4. 1.5. 5.4. Monatsgeschehen Monatsgeschehen a: unbeständig und feucht mit normalen Temp., am Ende stellte Mai: St rungen Anfang mit Kaltlufteinbr chen Erwärmung, April: äz winterl. bis ins Flachland, mit Schneeverwehungen in Nord - März: ui mit 18,2 °C zu warm und trocken Juni: 60−80 mm, mit 12,5 °C in MD zu kalt Niederschläge Mai: Anfang noch Schneeschauer, taute Eis auf den Gewässern bis April: Schneewinter bis 2. Hälfte, Tauwetter setzte sich nur langsam März: Gewitter, am Monatsanfang danach str mte berwiegend Mai: k hl, str mte bis Mitte in der 2. Hälfte subtropische Warmluft April: äz erhebl. Temp.-unterschiede mit reichlichem bis Mitte Regen März: Mai: zu Beginn der 2. Dekade verdrängte zu Beginn der 2. Dekade Warmluft die bis dahin Mai: u. k hl niederschlagsarm April: Wintereinbruch Ende Februar, im Flachland mit Schnee bis März:
sich bis in die erste Junihälfte eine Hitzeperiode bis 30 °C ein sich bis in die erste eine Hitzeperiode Junihälfte des 20. Jhs. deutschland mit 0,5 °C zweitkältester zum 10.5. ab Schneeverwehungen auch im Flachland,Niederschläge teilsu. als Schnee Bergland weiter winterlich (Brocken: 3,80 m), ergiebige durch, 22 Tage in MD und Monatstemp. Schnee 1,1 °C, im ein, Luft maritime mit Niederschlägen Temp. normal ein mit Temp. bis 30 °C, wärmster des 20. Jhs. April und k hl April bigen Niederschlägen, mit 15,2 °C um 1,2 zu warm, Nieder bigen Niederschlägen, mehrere mit ergie Gewitterfronten vorherrschende Kaltluft, mit 1,7 °C in MD zu kalt 1. Märzhälfte, schlag: 86 mm in MD
- - Bruterfolg nach Bewertung + – – _ der FK aus sich nachteilig f r Jungv gel Zu später Brutbeginn, wirkte Juni, Trockenh. u. Prädation sensterben der FK-Jungen im Durch späten Brutbeginn- Mas Gelegen und Jungv gelnGelegen trocken, hohe Verluste bei f r FK zu warm und April warm, guter Bruterfolg f r warm, guter Bruterfolg WK F r zu trocken, FK April zu Mai
32 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 33–46 Das Naturwaldzellen-Netz in Sachsen-Anhalt – Konzept und Stand der Ausweisung Peter Meyer, Torsten Schilling, Marcus Schmidt & Michelle Sundermann
1 Einleitung konkrete Vorschläge zur Ausweisung und Erfor- schung unbewirtschafeter Waldfächen unterbreitet. Mit der Gr ndung der Nordwestdeutschen Forstli- So regte 1934 der am Waldbau-Institut der Forstlichen chen Versuchsanstalt (NW-FVA), einer gemeinsamen Hochschule Eberswalde tätige Prof. Dr. Herbert Hes- Dienststelle der Länder Hessen, Niedersachsen, Sach- mer (1904–1982) die Ausweisung eines deutschland- sen-Anhalt und Schleswig-Holstein, im Jahr 2006 weiten Netzes von 100 bis 150 jeweils 20 bis 30 Hektar bernahm das Sachgebiet Waldnaturschutz/Natur- großen „Naturwaldzellen“ an, aus deren Erforschung waldforschung der NW-FVA die Zuständigkeit f r vor allem waldbauliche Erkenntnisse gewonnen wer- die Erforschung der Naturwaldzellen (bundesweite den sollten, die aber auch „Naturschutzgebiete im Bezeichnung: Naturwaldreservate) in Sachsen-Anhalt. wirklichen Sinne“ seien (Hesmer 1934: 142). Der an Im Mai 2006 beaufragte der Steuerungsausschuss der Reichsstelle f r Naturschutz (Berlin) wirkende der NW-FVA das Sachgebiet Waldnaturschutz/Natur- Botaniker Dr. Kurt Hueck (1897–1965) verband mit waldforschung mit der Weiterentwicklung des Natur- seiner Forderung, mehr „Waldschutzgebiete“ auszu- waldzellen-Konzeptes in Sachsen-Anhalt. Im Kontext weisen, ebenfalls Forschungs- und Schutzziele. Im aller Trägerländer der NW-FVA sollten unn tige Vordergrund standen Beobachtung und Schutz von Doppelungen bei der Flächenauswahl vermieden und wichtigen Waldtypen und besonderen Baumarten etwaige Repräsentanzl cken geschlossen werden. (Hueck 1937). Das nach Bereisung aller Naturwaldzellen im April 2007 vorgelegte Konzept beinhaltete eine Analyse der Nachdem sich zuvor bereits die Sektion Forstwesen Repräsentativität der Naturwaldreservate aller vier der Deutschen Akademie der Landwirtschafswissen- Trägerländer im Hinblick auf Naturräume, Standorte schafen f r die Einrichtung von Naturwaldzellen und und Waldtypen sowie Vorschläge f r einen Umbau ihre Verankerung im Naturschutzgesetz ausgespro- des Naturwaldzellen-Netzes in Sachsen-Anhalt. chen hatte, formulierte der am Institut f r Waldkunde Nach mehr als einem Jahrzehnt steht die landesinter- in Eberswalde tätige Forstbotaniker Prof. Dr. Alexis ne Abstimmung und rechtliche Umsetzung kurz vor Scamoni (1911–1993) f r die Deutsche Demokratische ihrem Abschluss. In diesem Beitrag werden die Er- Republik schon 1953 das Ziel „m glichst in jeder gebnisse der Auswahl und der Stand der Forschung Waldgesellschaf und in jedem Waldtyp ... eine Natur- vorgestellt sowie ein R ckblick auf die Geschichte der waldzelle zu bilden“. Dieses Repräsentativitätskriteri- Naturwaldzellen in Sachsen-Anhalt gegeben. um zugrunde legend, hielt er eine Anzahl von etwa 60 auszuweisenden Naturwaldzellen von 20 bis 30 Hek- tar Gr ße mit einer Gesamtfäche von h chstens 2 Naturwaldzellen in Sachsen-Anhalt 1.500 Hektar f r erforderlich. Die Naturwaldzellen bis 2006 sollten der Erforschung und richtigen Anwendung der Naturgesetze f r eine „Produktionssteigerung“ dienen Seit dem Beginn des 20. Jhs. wurden in Deutschland und auch f r die Lehre und „Volksbildung“ nutzbar verstärkt Überlegungen zur Einrichtung nutzungs- sein (Scamoni 1953: 176). freier Waldgebiete angestellt (Kluttig 2007). Sowohl Das 1953 gegr ndete Institut f r Landesforschung vonseiten der Forstwissenschaf als auch des Natur- und Naturschutz, später Institut f r Landschafs- schutzes wurden bereits in den 1930er Jahren sehr forschung und Naturschutz (ILN) nahm unter der
33 Tab. 1: Naturwaldzellen in Sachsen-Anhalt vor Gr n- Dass eine Waldfäche forstlich nicht genutzt wird, war dung der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsan- formal mit der ersten Naturschutzgebietsverordnung stalt (NW-FVA) im Jahr 2006 in der Reihenfolge ihrer von 1957 und landesweit seit dem 1.9.1959 durch Verordnung (VO). die „Verf gung zur Neueinstufung von Wäldern in Bewirtschafungsgruppen“ m glich, in der die Nomen- Gebietsname Jahr der Gr ße Bewirtschafungsgruppe „I.3 Schutzwälder“ („Na- klatur Verordnung [ha] turschutzgebiete und Parks, in denen eine forstliche 1 Fiedelbogen 1997 40 Bewirtschafung nicht durchgef hrt wird“) defniert 2 Nievoldhagen 1999 44 wurde (Niemann 1968, Succow et al. 2012). Als 3 M llenh ft 1999 45 eigene Kategorie der Forsteinrichtung wurden Na- 4 Schlehhagen 1999 77 turwaldzellen in der DDR erstmals mit der Vierten 5 Ingrideiche 1999 30 Betriebsregelungsanweisung (BRA IV, verbindlich ab 6 Schwarzer Berg 1999 30 1.4.1970) ausgewiesen. 7 Schieferberg 2000 44 8 Uftrunger Seeberge 2000 71 Ende der 1960er Jahre waren in der DDR auf 3,6 Pro- 9 Steinberg 2000 51 zent der Fläche der Naturschutzgebiete im Wald Na- 10 Kahler Berg 2001 40 turwaldzellen ausgewiesen. Mit insgesamt 2.313 Hek- tar, verteilt auf 169 Naturwaldzellen, entsprach dies 11 Am Eisernen Kreuz 2001 41 0,08 Prozent der gesamten Waldfäche (Schauer 12 Troglodenhau 2001 41 1967). Die ersten „Handb cher der Naturschutzge- 13 Theerofener Eichen 2002 37 biete der DDR“ erschienen im Jahr 1973 (ILN 1973). 14 Teerh tte 2002 62 Sie enthielten genaue Beschreibungen der insgesamt 15 Niemegk 2005 67 67 Waldnaturschutzgebiete in den Bezirken Magde- 1−15 Summe 720 burg und Halle (Stand: 1.1.1970), meist jedoch nur un- genaue Hinweise auf Totalreservatsfächen bzw. Na- turwaldzellen. Zum Zeitpunkt der politischen Wende Leitung von Prof. Dr. Hermann Meusel (1909–1997) im Jahr 1989 existierten in diesen beiden Bezirken ab 1954 eine systematische Auswahl von Waldfächen insgesamt 19 Totalreservate mit vier integrierten Dau- vor, die den Anforderungen von Hesmer (1934) und erbeobachtungsfächen, auf denen Bestockungsanaly- Hueck (1937) entsprachen (Grosser 1993, 1997, sen durchgef hrt wurden (Knapp & Jeschke 1991). Niemann 1968). Als „System der Waldschutzgebiete“ erhielten sie den Status von Naturschutzgebieten Die Ausweisung eines eigenen Naturwaldzellen-Netzes nach dem Naturschutzgesetz der DDR vom 4.8.1954 der sachsen-anhaltischen Landesforstverwaltung (Borchert 1955, Grosser 1997). In den Bezirken wurde in der Waldbaulichen Rahmenrichtlinie von Magdeburg und Halle (im Wesentlichen dem heutigen 1993 angek ndigt. Dabei wurde ab 1996 das Ziel ver- Bundesland Sachsen-Anhalt entsprechend) wurden folgt, Naturwaldzellen in der Gr ßenordnung von ins- auf dieser rechtlichen Grundlage mit der Anordnung gesamt 800 bis 1.000 Hektar (20 bis 25 Gebiete von Nr. 1 ber Naturschutzgebiete vom 30.3.1961 insge- 40 ha Gr ße) nach Kriterien der Repräsentativität samt 81 Naturschutzgebiete ausgewiesen. Das ILN (Wuchsgebiete, Trophie, Baumarten) einzurichten hatte in Verbindung mit dem zuständigen Staatlichen (Koss 1996). Forstwirtschafsbetrieb den Aufrag, Pfege- und Nut- Im Rahmen einer Pilotstudie unterbreiteten Wegner zungspläne f r diese Gebiete zu erstellen. Innerhalb et al. (1996) den Vorschlag, dass Naturschutz und der Naturschutzgebiete im Wald (Waldschutzgebiete) Forstwirtschaf ein gemeinsames Naturwaldreservate- wurden mit einem geringen Anteil auch nutzungsfreie Netz entwickeln sollten. Die erste formale Ausweisung Flächen, sogenannte Totalreservate, ausgewiesen und einer Naturwaldzelle (Fiedelbogen) nach Paragraf 19 als Naturwaldzellen bezeichnet (Borchert 1955, des Landeswaldgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt Bauer 1968). Methodische Überlegungen zur wis- erfolgte im daraufolgenden Jahr. Zum Zeitpunkt der senschaflichen Untersuchung dieser Gebiete sind Gr ndung der NW-FVA im Jahre 2006 existierten u. a. bei Bauer & Niemann (1965), Blanckmeister dann 15 Naturwaldzellen (Tab. 1). In zwei Gebieten (1966), Grosser (1960), Grosser et al. (1967), Nie- (NWZ M llenh f und Nievoldhagen) hatten bereits mann (1968) sowie Schauer (1967) formuliert. Waldstrukturaufnahmen stattgefunden.
34 3 Entwicklung des Naturwaldzellen- Konzepts in Sachsen-Anhalt seit 2007
3.1 Auftrag zur Evaluation der Naturwaldzellen Die NW-FVA wurde im Jahr 2006 auf Wunsch des Landesforstbetriebs Sachsen-Anhalt damit beaufragt, die Naturwaldzellen Sachsen-Anhalts im Kontext der Trägerländer der NW-FVA zu evaluieren, um ein Naturwald-Netz aus nordwestdeutscher Sicht zu ent- wickeln. Explizit sollte gepr f werden, ob Naturwald- zellen in Sachsen-Anhalt entwidmet werden k nnen, da sie entweder Doppelungen zu bereits in anderen Ländern bestehenden Gebieten darstellen oder die entsprechenden Waldtypen und Naturräume auch durch Totalreservate in bereits bestehenden Natur- schutzgebieten repräsentiert werden.
3.2 Naturräumliche Ausgangssituation in Sachsen-Anhalt Der Waldanteil an der Landesfäche Sachsen-Anhalts beträgt mit 532.000 Hektar rund 26 Prozent. Davon sind 133.000 Hektar (27 %) Landeswald (MULE 2017). Der Bewaldungsanteil schwankt sehr stark zwischen den einzelnen forstlichen Wuchsgebieten. So liegt er im Harz bei ber 60 Prozent, während er in der intensiv landwirtschaflich genutzten L ss-Ebene bei unter einem Prozent liegt (Gauer & Aldinger 2005). Abb. 1: Jahresschwankung der Luftemperatur [°C] Sachsen-Anhalt unterscheidet sich in einigen Wuchs- in den Trägerländern der NW-FVA und Lage der gebieten in erheblichem Maße hinsichtlich seiner kli- Naturwaldzellen (schwarze Punkte). Klimadaten von matischen Verhältnisse von den brigen Trägerländern Wolff et al. (2003) f r die klimatische Normalperi- der NW-FVA. ode von 1961–1990. Sowohl die Jahresschwankung der Luftemperatur (Abb. 1) als auch die Niederschlagswerte (Abb. 2 u. 3) zeigen, dass in Sachsen-Anhalt naturräumliche Be- dingungen existieren, die in den anderen drei Bundes- Waldgesellschafen (reale Vegetation) in den forstli- ländern nicht oder nur kleinfächig vorhanden sind. chen Wuchsgebieten vertreten sind und eine Mindest- Insbesondere der Lee-Efekt des Harzes (Regenschat- Flächengr ße von 20 bis 40 Hektar je Waldgebiet ein- ten) und die h here Kontinentalität bewirken das Vor- gehalten wird (PG NWR 1993). kommen sehr regenarmer Gebiete mit einem Jahres- Im Gegensatz zu einem an den Flächenanteilen der niederschlag von unter 500 mm und einem Nieder- jeweiligen Standorte und Waldtypen orientierten, schlag in der Vegetationsperiode von unter 250 mm naturschutzfachlichen Repräsentanzbegrif (Wolf sowie subkontinentale Klimabedingungen mit einer & Bohn 1991) sollte nach einem wissenschaflichen Jahrestemperaturamplitude von ber 18 °C. Ansatz die naturräumlich relevante Variationsbreite innerhalb der Wuchsgebiete m glichst gleichmäßig 3.3 Bewertung der Repräsentativität abgedeckt werden (Meyer 1995). Erst eine ausrei- Die Einrichtung einer repräsentativen Flächenkulisse chende und gleichmäßige Belegung der in Frage ist eines der wichtigsten Kriterien zur Auswahl und kommenden Klassen (Wuchsgebiete, Waldtypen und Abgrenzung von Naturwaldzellen (Hesmer 1934, Standorte) schaf die Voraussetzungen f r die statisti- Lamprecht et al. 1974, Griese 1989, 1997, Meyer sche Analyse von Ursache-Wirkungsbeziehungen. 1995). Als repräsentativ kann ein Naturwaldzellen- Die Projektgruppe Naturwaldreservate des Arbeits- Netz gelten, wenn die wichtigsten Standorte und kreises Standortskartierung in der Arbeitsgemein-
35 Abb. 2: Jahresniederschlag [mm] in den Trägerlän- Abb. 3: Niederschlag in der Vegetationsperiode [mm] dern der NW-FVA und Lage der Naturwaldzellen in den Trägerländern der NW-FVA und Lage der (schwarze Punkte). Klimadaten von Wolff et al. Naturwaldzellen (schwarze Punkte). Klimadaten von (2003) f r die klimatische Normalperiode von Wolff et al. (2003) f r die klimatische Normalperi- 1961–1990. ode von 1961–1990.
schaf Forsteinrichtung (PG NWR) empfehlt eine grund der großen Variation der naturräumlichen Ge- hierarchisch aufgebaute Auswahl repräsentativer Na- gebenheiten Alleinstellungsmerkmale. Daher konnten turwaldreservate: Je Wuchsgebiet sollen die jeweiligen kaum Doppelungen mit den Naturwaldnetzen der Standorte und Waldtypen vertreten sein. Dabei die- anderen Bundesländer festgestellt werden. nen die Klassen Wuchsgebiet und Standort als stark vereinfachte Indikatoren f r die Variation der Um- In den neun relevanten Wuchsgebieten Sachsen-An- welt im Hinblick auf Klima, Geomorphologie und halts wurden 81 Referenztypen f r die Kombination Landschafsgeschichte (Wuchsgebiet) sowie Trophie zwischen Trophie (oligotroph, mesotroph, eutroph), und Wasserversorgung (Standort). Die Variation der Bodenwasserhaushalt (trocken, frisch und nass) und Bestandsstruktur wird ber den Waldtyp indiziert. Waldtyp festgelegt. Aus der Kombination der f r die jeweiligen Waldty- pen charakteristischen Standorte in den jeweiligen Die Obergrenze f r den Flächenumfang an NWZ in Wuchsgebieten ergibt sich schließlich die Anzahl der Sachsen-Anhalt wird durch die Arbeitskapazität des zu repräsentierenden Klassen (PG NWR 1993). Sachgebiets Waldnaturschutz/Naturwaldforschung f r die Untersuchung der NWZ eingegrenzt. Dies Sachsen-Anhalt besitzt im Verbund der NW-FVA mit machte einen reduzierten Ansatz zur Beurteilung seinem stark kontinental get nten Klima und auf- der Repräsentanz notwendig (Tab. 2). Dabei konnte
36 Tab. 2: Einordnung der 15 bis zum Jahr 2006 ausgewiesenen NWZ in das Referenzschema f r ein repräsentati- ves NWZ-Netz in Sachsen-Anhalt nach den Kriterien Waldtyp, Trophie und Bodenwasserhaushalt (t = trocken, f = frisch, n = nass). Die gr n hinterlegten Kombinationen sind ausreichend repräsentiert, die rot hinterlegten fehlen. Gelb hinterlegt sind vorhandene Kombinationen, die nicht zwingend erforderlich sind.
Trophie oligotroph mesotroph eutroph Waldtyp Bodenwasserhaushalt t f n t f n t f n 1 3 Kiefern- und Kiefernmischwälder 14 6 15 5 Eichen- und Eichenmischwälder 12 4 13 9 Buchen- und Buchenmischwälder 10 8 2 11 Fichten- und Fichtenmischwälder 7 Sumpf- und Bruchwälder Auenwälder
Naturwaldzellen (entsprechend Tab. 1): 1 – Fiedelbogen, 2 – Nievoldhagen, 3 – M llenh ft, 4 – Schlehhagen, 5 – Ingrideiche, 6 – Schwarzer Berg, 7 – Schieferberg, 8 – Uftrunger Seeberge, 9 – Steinberg, 10 – Kahler Berg, 11 – Am Eisernen Kreuz, 12 – Troglo- denhau, 13 – Theerofener Eichen, 14 – Teerh tte, 15 – Niemegk (graue Schrift: 2011 bis 2017 entwidmete NWZ)
Tab. 3: Einordnung der 20 NWZ des aktualisierten Konzepts in das Referenzschema (Abk. s. Tab. 2). Die gr n hinterlegten Kombinationen sind ausreichend repräsentiert, die rot hinterlegten fehlen.
Trophie oligotroph mesotroph eutroph Waldtyp Bodenwasserhaushalt t f n t f n t f n 1 3 14 Kiefern- und Kiefernmischwälder 26 6 15 23 12 Eichen- und Eichenmischwälder 20 4 22 Buchen- und Buchenmischwälder 21 8 2 Sumpf- und Bruchwälder 19
28 29 Auenwälder 30 31
Naturwaldzellen (entsprechend Tab. 4, S. 43): 1 – Fiedelbogen, 2 – Nievoldhagen, 3 – M llenh ft, 4 – Schlehhagen, 6 – Schwarzer Berg, 8 – Uftrunger Seeberge, 12 – Troglodenhau, 14 – Teerh tte, 15 – Niemegk, 19 – Mahlpfuhler Fenn, 20 – Othaler Wald, 21 – Oberes Selketal, 22 – Steinkl be, 23 – Gl cksburger Heide, 25 – Magdeburgerforth, 26 – Oranienbaumer Heide, 28 – L dderitz- Goldberger See, 29 – L dderitz-Ketzin, 30 – Olberg, 31 – Hohe Garbe
37 Abb. 4: Übergangsbereich zwischen Torfmoos-Erlenbruchwald (links) und bodensaurem Buchenwald in der Naturwaldzelle „Magdeburgerforth“. Foto: M. Schmidt.
ein Mindestmaß an Kohärenz und Repräsentanz des 4 Ergebnisse der Flächenauswahl NWZ-Netzes dadurch gewährleistet werden, dass: • das Referenzschema auf die extremen Typen und Bei der Einordnung der im Jahr 2006 vorhandenen die naturräumliche Variation Sachsen-Anhalts auf Naturwaldzellen in das Referenzschema wurde deut- zwei klimatische Bereiche reduziert wurden und lich, dass die Repräsentanzanspr che nur teilweise • die wenigen Referenztypen, die bereits in Nieder- erf llt werden konnten (Tab. 2). Zudem lag nur eine sachsen vertreten waren, unber cksichtigt blieben. Naturwaldzelle im subkontinentalen Klimabereich, den Sachsen-Anhalt im Verbund der Trägerländer der Dies f hrte in etwa zu einer Halbierung der Typenzahl. NW-FVA fast ausschließlich repräsentiert. Nach Be- reisung der Flächen durch die NW-FVA und alterna- tiven Vorschlägen von Seiten des Landesforstbetriebs wurde die Gesamtfäche zunächst reduziert, indem die folgenden f nf Gebiete zur Entwidmung vorge- schlagen wurden: • Ingrideiche (5) • Steinberg (9) • Kahler Berg (10) • Am Eisernen Kreuz (11) • Teerofener Eichen (13).
38 Abb. 5: Die Bestockung in der Naturwaldzelle „Oranienbaumer Heide“ besteht aus Kiefern oder, wie hier im Bild, aus Birkensukzession auf ehemaligen Magerrasen und Zwergstrauchheiden. Foto: M. Schmidt.
Die Entwidmungen wurdem im Jahr 2011 umgesetzt. (Gl cksburger Heide, Magdeburgerforth [Abb. 4], Gr nde hierf r waren neben fehlender Repräsentanz Oranienbaumer Heide [Abb. 5]). An der Mittelelbe hoher Wilddruck, starke Sanitärhiebe (Eichenster- bei L dderitz bzw. Steutz wurden schließlich die drei ben) oder andere Waldschutzprobleme. Die NWZ NWZ L dderitz-Goldberger See, L dderitz-Ketzin Fiedelbogen (1) wurde um 16 Hektar verkleinert, um (Abb. 6) und Olberg Ende 2017 ausgewiesen. Eine die Fläche kompakter zu gestalten und die M glich- letzte Fläche (Hohe Garbe) soll im Anschluss an das keit eines Vergleichs mit bewirtschafeten Wäldern noch laufende Flurbereinigungsverfahren voraus- zu schafen. Im Jahr 2017 wurde zudem die NWZ sichtlich im Jahr 2019 verordnet werden. Die NWZ Schieferberg (7) entwidmet, bei der es sich um einen Steinkl be und der Bereich L dderitz/Steutz wurden Fichtenbestand auf einem eutrophen Laubholzstand- bereits von Hueck (1937) als noch zu sichernde Wald- ort mit starkem Borkenkäferbefall handelte. Regel- schutzgebiete genannt. Madgeburgerforth, Trogloden- mäßig durchgef hrte Forstschutzmaßnahmen mach- hau (Großer Hakel), Steinkl be und das Obere Selke- ten hier eine eigendynamische Waldentwicklung tal (Abb. 7) bestehen als Naturschutzgebiete bereits unm glich. seit 1961. Diese neu hinzugewonnenen NWZ stellen Im Rahmen des Auswahlprozesses kamen vier neue naturschutzfachlich und auch aus Sicht der Natur- Naturwaldzellen zur Kulisse hinzu (Mahlpfuhler waldforschung sehr gut geeignete Gebiete dar. Fenn, Othaler Wald, Oberes Selketal, Steinkl be) und Zudem wurde mit ihrer Auswahl die Abdeckung der wurden 2011 verordnet. Es handelte sich dabei um Standortsvarianten und Waldtypen deutlich verbessert Flächen in bestehenden Totalreservaten. Im Jahr 2014 (Tab. 3, S. 37). Die Standortsvarianten bzw. Waldtypen, sind drei weitere Ausweisungen durchgef hrt worden f r die in Sachsen-Anhalt keine geeigneten Waldfä-
39 Abb. 6: Totholzreicher Alt-Eichenbestand in der Naturwaldzelle „L dderitz-Ketzin“. Foto: M. Schmidt.
chen gefunden werden konnten, waren entweder in 5 Stand der Untersuchungen anderen Trägerländern der NW-FVA gut repräsentiert (z.B. Buchen- und Buchenmischwälder auf oligotroph- 5.1 Überblick ber die Naturwaldforschung frischen Standorten in Niedersachsen und Hessen) der NW-FVA oder in Sachsen-Anhalt wesentlich seltener als zunächst Das Sachgebiet Waldnaturschutz/Naturwaldfor- erwartet (Eichen- und Eichenmischwälder auf oligotro- schung f hrt in den vier Trägerländern der NW-FVA phen Standorten). Umgekehrt werden die Auenwälder, in insgesamt 173 Naturwaldreservaten (Stand 2019) die in anderen Bundesländern gering repräsentiert mit einer Gesamtfäche von rund 7.000 Hektar die sind, durch vier Naturwaldzellen abgebildet. Forschung durch und koordiniert die Untersuchun- gen von Forschungspartnern. Wichtige Forschungs- Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das themen sind die Konkurrenz der Baumarten, die Ent- veränderte Naturwaldzellen-Netz in Sachsen-Anhalt wicklung von Totholz, die Dynamik von Kronen- (Abb. 8, Tab. 4) eine deutlich verbesserte Repräsen- dachl cken und Baumverj ngung, die Walddynamik tanz aufweist. Von zentraler Bedeutung f r die Konti- nach St rungen (z. B. Borkenkäferbefall, St rme), die nuität der Forschung ist die Tatsache, dass es im Rah- Zusammensetzung der Waldfauna und die Vegeta- men der Arbeitskapazität der NW-FVA f r das Land tionsentwicklung nach Aufgabe der forstlichen Nut- Sachsen-Anhalt substanziell untersucht werden kann. zung sowie die vegetationskundlichen Unterschiede Die Naturwaldzellen-Kulisse umfasst nun 20 Gebiete zwischen Naturwaldzelle und Wirtschafswald. mit insgesamt 1.007 Hektar und einer Durchschnitts- gr ße von rund 50 Hektar je Waldgebiet.
40 Abb. 7: In der Naturwaldzelle „Oberes Selketal“ besteht die aktuelle Besto- ckung aus einem Hainbuchenbestand in Mischung mit Trauben-Eiche, Rot- Buche und Winter-Linde. Foto: M. Schmidt.
5.2 Untersuchungen in Sachsen-Anhalt Zeitreihen der Struktur- und Populationsdynamik des seit 2007 Geh lzbestandes aufgebaut. Die Daten bieten vielfältige 5.2.1 Stand und Konzept der Auswertungsoptionen, so beispielsweise zur Frage der na- Waldstrukturerhebungen t rlichen Baumartenzusammensetzung, der Totholzmen- Trotz der lange Zeit unklaren Entscheidungslage wurden gen und Kleinhabitate oder der Kohlenstofspeicherung. seit 2007 bereits in neun sachsen-anhaltischen Natur- waldzellen (Troglodenhau, Fiedelbogen [2009], Ufrunger 5.2.2 Beispielhafte Datenauswertung: Entwick- Seeberge, Gl cksburger Heide, Nievoldhagen, Oranien- lungstendenz von Rot-Buche und Eiche baumer Heide, Selketal, L dderitz-Ketzin und Olberg) Die Entwicklungstendenz von Eiche (Trauben- und Waldstrukturaufnahmen nach den methodischen Stan- Stiel-Eiche) und Rot-Buche in verschiedenen Wald- dards der NW-FVA durchgef hrt (https://www.nw-fva. typen lässt sich schon heute auf der Grundlage der de/index.php?id=229). Das Monitoring der Waldstruktur Inventuren in vier Naturwaldzellen einschätzen: erfolgt dabei auf 1.000 m2 großen Probekreisen, die in • Gl cksburger Heide (Kiefernwald) einem Abstand von 100 × 100 m systematisch ber die • Fiedelbogen (Kiefernwald) Fläche der Naturwaldzelle verteilt werden. Auf den Pro- • Troglodenhau (Eichenmischwald) bekreisen werden der lebende Baumbestand ab sieben • Nievoldhagen (Buchenmischwald). Zentimeter Brusth hendurchmesser, die Geh lzver- Hierzu wurde die Wahrscheinlichkeit des Vorkom- j ngung und das stehende und liegende Totholz erfasst. mens von Eiche und Rot-Buche in Abhängigkeit von Durch Wiederholung der dauerhaf markierten Probe- der Vegetationsschicht mit einer logistischen Regres- fächen werden im Laufe der kommenden Jahrzehnte sion modelliert (Abb. 9).
41 Abb. 8: Lage der Naturwaldzellen im Land Sachsen-Anhalt. Weitere Informationen k nnen der Internetseite www.naturwaelder.de entnommen werden. Die Nummerierung der Naturwaldzellen entspricht der aktuellen Nomenklatur, die wie die Bezeichnung der Wuchsgebiete der Erläuterung zu Tab. 4 zu entnehmen ist.
42 Tab. 4: Netz der Naturwaldzellen in Sachsen-Anhalt (Stand 2018). Die Nummerierung der NWZ erfolgt der Eindeutigkeit halber im Anhalt an die Kennzifern der Nationalen Datenbank „Naturwaldreservate in Deutsch- land“ (www.naturwaelder.de).
Nummer gem. Name Fläche Alters - Auswei- Forstliches H he Vorherrschender Lage Datenbank: NWR [ha] spanne sungs- Wuchsge- . NN Bodentyp im NSG in Deutschland [a] jahr biet [m] aktuell bis 2006 1 1 Fiedelbogen 24 41–80 1997 11 79–86 Braunerde 2 2 Nievoldhagen 44 81–120 1999 20 142–148 Braunerde 3 3 M llenh ft 45 bis 40 1999 11 25 Braunerde 4 4 Schlehhagen 77 81–120 1999 22 35 Gley-Braunerde 6 6 Schwarzer Berg 30 41–80 1999 11 30–35 Podsol 8 8 Uftrunger Seeberge 71 161–200 2000 35 194–289 Terra fusca x 12 12 Troglodenhau 39 121–160 2001 20 207–243 Parabraunerde x 14 14 Teerh tte 62 121–160 2002 24 41–45 Gley-Podsol 15 15 Niemegk 73 bis 40 2005 22 71–81 Braunerde 19 Mahlpfuhler Fenn 62 41–80 2011 22 45–56 Gley x Braunerde- 20 Othaler Wald 29 121–160 2011 35 212–248 x Pseudogley 21 Oberes Selketal 25 201–240 2011 36 248–367 Braunerde x 22 Steinkl be 31 121–160 2011 35 148–241 Rendzina x 23 Gl cksburger Heide 55 41–80 2014 22 86–95 Braunerde x 25 Magdeburgerforth 104 121–160 2014 22 68–85 Parabraunerde x 26 Oranienbaumer Heide 52 bis 40 2014 22 66–68 Podsol-Braunerde x L dderitz-Goldberger 28 40 161–200 2017 22 51–53 Aueboden x See 29 L dderitz-Ketzin 45 161–200 2017 22 52–55 Aueboden x 30 Olberg 36 201–240 2017 22 53–56 Aueboden 31 Hohe Garbe 63 81–120 2019* 22 18–21 Aueboden x
* geplant Forstliche Wuchsgebiete in Sachsen-Anhalt: 11 − Ostniedersächsisch-altmärkisches Altmoränenland, 19 − Nordwestliches Harzvor- land, 20 − Nord stliche Harzvorländer, 21 − Sachsen-Anhaltinische L ss-Ebene, 22 − Mittleres nordostdeutsches Altmoränenland, 23 − Hoher Fläming, 24 − Mittelbrandenburger Talsand- und Moränenland, 25 − D ben-Niederlausitzer Altmoränenland, 31 − Säch- sisch-Th ringisches L ss-H gelland, 35 − Nordth ringisches Trias-H gelland, 36 – Harz.
In der Naturwaldzelle Gl cksburger Heide spielen we- Gegensatz dazu ist die Buche hier in allen Vegetati- der Eiche noch Buche bisher eine nennenswerte Rolle. onsschichten mit hoher Wahrscheinlichkeit präsent. Das gilt in der Naturwaldzelle Fiedelbogen auch f r die Buche. Hingegen tritt hier die Eiche in allen Vege- Dar ber hinaus wurden und werden aktuell Diplom- tationsschichten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf, und Masterarbeiten, insbesondere zu den Temen was erwarten lässt, dass sie hier auch langfristig einen Waldstruktur, Vegetation und Biodiversität von der hohen Anteil einnehmen wird. Im Eichenmischwald NW-FVA angeregt und mitbetreut. So wurden die Na- Troglodenhau deutet die H henverteilung auf fehlen- turwaldzelle Magdeburgerforth im Fläming sowie be- den Eichen-Nachwuchs in die Unterschicht und damit nachbarte Wirtschafswälder mehr als 60 Jahre nach einen langfristig abnehmenden Anteil hin. Das ist der Erstuntersuchung (Passarge 1956) vegetations- auch in der Naturwaldzelle Nievoldhagen der Fall. Im kundlich erfasst und die Vegetationsveränderungen
43 Abb. 9: Wahrscheinlichkeit f r das Vorkommen (Frequenz in Prozent) von Eiche (Trauben- und Stiel-Eiche) und Rot-Buche in verschiedenen Vegetationsschichten der Naturwaldzellen Gl cksburger Heide, Fiedelbogen, Troglodenhau und Nievoldhagen.
analysiert (Dittmann et al. 2018). Dabei zeigte sich, zu relativ basenreichen B den reichende, sehr breite dass die beobachteten allgemeinen Trends (Eutrophie- Standortsspektrum innerhalb des Untersuchungs- rung, Sukzession nach Nutzungswandel, Verlust licht- gebietes konnte aber – deutlicher als in den meisten liebender und magerkeitszeigender Pfanzenarten, bisherigen Fallstudien – gezeigt werden, dass sich die Ausbreitung von stickstofiebenden Arten und meso- Resilienz der Wälder gegen ber Vegetationsverände- philen Waldarten, Einwanderung von Neophyten, rung je nach Ausgangsgesellschaf stark unterscheidet. keine generelle Abnahme der Artenzahl) gut mit den Zwischen den Wirtschafswäldern und den in der in zahlreichen Wiederholungsuntersuchungen aus Naturwaldzelle gelegenen unbewirtschafeten Wäl- mitteleuropäischen Wäldern festgestellten Entwick- dern bestehen dabei keine prinzipiellen Unterschiede lungen bereinstimmen. Durch das von nassen bis in Bezug auf die Richtung der zu beobachtenden Ver- trockenen sowie von bodensauer-nährstofarmen bis änderungen.
44 6 Fazit / Ausblick Dittmann, T., T. Heinken & M. Schmidt (2018): Die Wälder von Magdeburgerforth (Fläming, Sachsen-Anhalt) – Eine Wiederholungsuntersuchung nach sechs Jahrzehnten. – Naturwaldzellen sind als „Nullvariante“ wichtig, Tuexenia 38: 11–42. – doi: 10.14471/2018.38.009 (letzter um sowohl die Auswirkungen unserer Waldbewirt- Zugrif: 30.11. 2018). schafung als auch das eigendynamische Entwick- Gauer, J. & E. Aldinger (Hrsg.) (2005): Wald kologische lungspotenzial unserer Wälder zu erkennen (Meyer Naturräume Deutschlands. Forstliche Wuchsgebiete und 2018). Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund Wuchsbezirke mit Karte 1:1.000.000. – Mitt. Verein Forstl. Standortsk. Forstpfanzenz cht. 43: 1–324. der rapiden anthropogen verursachten Umweltverän- Griese, F. (1989): Naturwaldreservate in Niedersachsen. – derungen durch Stickstofeinträge und die nach dem Natur & Landschaf 64 (12): 559–563. Trockenjahr 2018 immer ofenkundiger werdenden Griese, F. (1997): Naturwälder in den niedersächsischen Klimaveränderungen. Die im Rahmen der Natur- Landesforsten. – Forst & Holz 52 (18): 524–531. waldforschung gewonnenen Daten und Forschungser- Grosser, K. H. (1960): Die Bedeutung der Waldschutzgebiete f r Wissenschaf und forstliche Praxis. – Forst & Jagd gebnisse sind sowohl f r die Grundlagenforschung als 10 (2): 63–64. auch f r die Forst- und Naturschutzpraxis von hohem Grosser, K. H. (1993): Waldschutzgebiete in Brandenburg – Wert (Meyer 2011). Die Erforschung der nat rlichen Entstehung, Aufgabe, k nfige Entwicklung. – Beitr. Waldentwicklung ist eine generationen bergreifende Forstwirtsch. Landschafs kol. 27 (1): 1–8. Aufgabe, die langfristig Kontinuität voraussetzt. Grosser, K. H. (1997): Waldkunde und Naturwaldreservate in Brandenburg. – Beitr. Forstwirtsch. Landschafs kol. 31 (2): 49–54. Mit dem aktuellen Naturwaldzellen-Netz leistet das Grosser, K. H., W. Fischer & K.-H. Mansik (1967): Vege- Land Sachsen-Anhalt einen wesentlichen Beitrag zur tationskundliche Grundlagen f r die Erschließung und Naturwaldforschung. Der Umbauprozess des Flä- Pfege eines Systems von Waldreservaten. – Naturschutz- chensystems in den letzten zw lf Jahren hat zu einer arb. Berlin und Brandenb. Beih. 3: 1–96. deutlichen Verbesserung der Repräsentativität ge- Hesmer, H. (1934): Naturwaldzellen. – Dt. Forstwirt 16 (13): 133–135, 141–143. f hrt. Mit den Untersuchungen der Waldstruktur und Hueck, K. (1937): Mehr Waldschutzgebiete! – Jahrb. Na- Vegetation kn pf die NW-FVA an die Arbeiten der tursch.: 3–32. Pioniere der Naturwaldforschung wie Herbert Hes- ILN – Institut für Landschaftsforschung und Natur- mer, Kurt Hueck, Alexis Scamoni, Karl Heinz Großer, schutz (Hrsg.) (1973): Handbuch der Naturschutzgebiete Werner Schauer, Wolfgang Fischer, Karl-Heinz Man- der Deutschen Demokratischen Republik. Bd. 3. Natur- schutzgebiete der Bezirke Magdeburg und Halle (Saale). – sik und Ludwig Bauer an. Die Autoren hofen, dass die Leipzig (Urania): 277 S. Naturwaldforschung in Sachsen-Anhalt ihr Potenzial Kluttig, H. (2007): Über die Bedeutung der Naturwälder f r in den kommenden Jahrzehnten weiter entfalten den Naturschutz in Deutschland und ihre Geschichte. – kann. Die daf r notwendigen Weichenstellungen sind Forstarchiv 78: 2.002–2.004. mit dem derzeitigen Flächennetz und Forschungspro- Knapp, H. D. & L. Jeschke (1991): Naturwaldreservate und Naturwaldforschung in den ostdeutschen Bundeslän- gramm vollzogen worden. dern. – Schrifenr. Vegetationsk. 21: 21–54. Koss, H. (1996): Naturwaldzellen in Sachsen-Anhalt. – Ber. Landesamt Umweltsch. Sachsen-Anh. Sonderh. 3: 43–50. Literatur Koss, H. & E. Unterdörfer (1993): Waldbestockte Natur- schutzgebiete in Sachsen-Anhalt. – Jahresber. Forstl. Bauer, L. (1968): Die Naturschutzgebiete der Deutschen De- Versuchsanst. 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46 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 47–56 25 Jahre Engagement der Stiftung „The Stork Foundation – St rche f r unsere Kinder“ im Dr mling Fred Braumann
1 Stiftungsgr ndung und Weißstorch- aber wollte Klaus Oberwelland im Spannungsfeld von Schutzprogramm Dr mling Wirtschaf und Natur genau mit diesem Engagement außerhalb seines Geschäfsfeldes ein positives Zeichen Die Weißstorch-Brutpopulation war in den 1960er setzen, das, wie sich später zeigte, von großem Erfolg Jahren in der Norddeutschen Tiefebene stark zur ck- gekr nt sein w rde. gegangen und auch ein vom Land Niedersachsen auf- Die neu gegr ndete Stifung „THE STORK FOUN- gelegtes Weißstorch-F rderprogramm konnte keine DATION – St rche f r unsere Kinder“ wurde auf einer Trendwende herbeif hren. Die Verbindung zur s d- Pressekonferenz am 6. März 1992 in Berlin der Öfent- deutschen Weißstorchpopulation ging verloren und lichkeit präsentiert. Von Beginn an fand das Projekt ein das Aller-Urstromtal wurde als Verbundachse zu der großes mediales Echo. Zur Aufaktveranstaltung mit noch starken ostdeutschen Weißstorchpopulation im- den B rgermeistern der Dr mlingsgemeinden sowie mer bedeutsamer. Ab 1990 bot sich mit der deutschen auch in der Folge warb der bekannte Tierflmer Heinz Wiedervereinigung die Chance, ber eine Stärkung Sielmann als Kuratoriumsmitglied der Stifung nach- der Weißstorchpopulation des Dr mlings ein weiteres dr cklich f r das Projekt. F r großes fentliches Auf- Zur ckdrängen der Arealgrenze des Weißstorchs sehen sorgten auch die − aus heutiger Sicht − unglaub- nach S den und Osten zu verhindern und eine Wie- lich kurzen Zeiträume zwischen der Ank ndigung von derbesiedlung in westlicher Richtung zu f rdern. Maßnahmen durch die Stifung und deren Umsetzung. Auf Initiative des damaligen Leiters der Staatlichen 1992 wurden die ersten Ackerfächen (18 ha), die bis Vogelschutzwarte Niedersachsens, Hartmut Hecken- dahin f r Maisanbau genutzt worden waren, erworben roth, begann 1991 ein Dialog mit der neu begr ndeten und bereits 1993 in Gr nland umgewandelt. Naturparkverwaltung (NPV) Dr mling in Sachsen- Im April 1995 wurde dann eine wichtige Vereinba- Anhalt. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Sender und rung zur Zusammenarbeit zwischen der Stifung und G nter Benecke f r den fachlichen Teil sowie Helmut dem Land Sachsen-Anhalt als Träger der Naturpark- M ller f r die administrative Umsetzung wurde im verwaltung Dr mling unterzeichnet. Darin sind die März 1992 das „Weißstorch-Schutzprogramm Dr m- Kostenträgerschaf f r den Grunderwerb und die Erst- ling/Sachsen-Anhalt“ vorgelegt (Heckenroth et al. instandsetzung der Flächen durch die Stifung, die 1992). Als Träger f r die Umsetzung wichtiger in die- kostenlose Übertragung dieser Flächen an das Land sem Programm enthaltener Maßnahmen konnte die Sachsen-Anhalt und die Übernahme der Planungs-, Stifung „THE STORK FOUNDATION − St rche f r Genehmigungs- und k nfigen Unterhaltungsarbeiten unsere Kinder“ (TSF) gewonnen werden. Es ist in ho- durch das Land geregelt. hem Maße dem pers nlichen Engagement von Klaus Oberwelland, dem damaligen Firmenchef der August Storck KG, zu verdanken, dass in den Folgejahren 2 Ziele und Maßnahmen im Dr mling ein beispielhafes Wirken eines privaten Unterneh- mers f r die Belange von Storchen- und Naturschutz Die im genannten „Weißstorch-Schutzprogramm zustande kam. Vielleicht spielte auch die Nähe des Dr mling/Sachsen-Anhalt“ aufgef hrten drei Stifungs- Firmennamens „Storck“ zum „Storch“ und die bildli- ziele werden nachstehend bez glich eingesetzter In- che Darstellung im stilisierten Firmenzeichen f r das strumente und Maßnahmen sowie ihrer Umsetzung Engagement im Storchenschutz eine Rolle. Vor allem dargestellt.
47 2.1 Schutz, Verbesserung und Schafung grundwassernahen Niedermoorstandorten, die im geeigneter Lebensbedingungen Zuge von Komplexmeliorationen in den 1970er Jah- des Storches ren umgewandelt worden waren. Entsprechend dem Die Zielstellung der Stärkung der Dr mlingspopula- „Weißstorch-Schutzprogramm Dr mling/Sachsen- tion des Weißstorches war von Anfang an auf die Anhalt“ wurden hier f nf geeignete Projektgebiete Flächensicherung als Grundlage f r die nachfol- mit 422 Hektar Gesamtgr ße ausgewählt, in denen gende Umgestaltung zur Verbesserung von Lebens- ein konzentrierter Grunderwerb erfolgte (Abb. 1). raum und Nahrungsgrundlage f r Weißst rche ausgerichtet. Parallel zu dem ab Juni 1992 vom Da fr hzeitig auch außerhalb der Projektgebiete wirt- Bundesamt f r Naturschutz und dem Land Sachsen- schaflich attraktive Acker-Flurst cke durch die Stif- Anhalt gef rderten Naturschutzgroßprojekt „Dr m- tung erworben wurden, konnten Flächen im Rahmen ling/Sachsen-Anhalt“ (MUNR LSA 1996) zielte der von Freiwilligen Landtauschverfahren bzw. weiteren Grunderwerb durch die Stifung auf eine Gebiets- Flurneuordnungsverfahren aus den Projektgebieten kulisse mit großer Bedeutung f r den Weißstorch- herausgetauscht werden. Inzwischen sind 98 Prozent schutz ab, die bisher keine Ber cksichtigung im der Flächen in den Projektgebieten von der Stifung in Naturschutzgroßprojekt gefunden hatte. S dlich des das Eigentum des Landes Sachsen-Anhalt bertragen Mittellandkanals und unmittelbar an der Landes- worden. Die letzten Flurst cke werden aktuell noch grenze zu Niedersachsen gelegen, befanden sich hier im Flurneuordnungsverfahren „Gr nes Band Ohre- intensiv genutzte Gr nland- und Ackerfächen auf Dr mling“ herausgetauscht.
Abb. 1: Lage der TSF-Projektgebiete im Dr mling. Bearb.: M. Dumjahn (NPV). Topographische Grundlage: Bundesamt f r Kartographie und Geodäsie 2018.
48 2.2 F rderung konkreter Einzelmaßnahmen zur Storchenerhaltung und Unterst tzung von Forschungsprojekten Zu den wichtigsten umgesetzten biotopverbessernden Maßnahmen in den Projektgebieten zählen die Um- wandlung von Acker in Gr nland (Abb. 2), die Auf- wertung des Feuchtgr nlandes durch Wiedervernäs- sung, die Anlage von feuchten Senken und Flutmul- den als temporäre Kleingewässer (Abb. 3) sowie die Aushagerung und anschließende extensive Nutzung des Gr nlandes. Durch den erfolgreichen Grunder- werb konnten die ersten Wiedervernässungsmaßnah- men (Abb. 4) bereits Ende der 1990er Jahre auf Antrag der Naturparkverwaltung nach Genehmigung durch Abb. 2: Erste Gr nlandansaat im Projektgebiet Stau- die Wasserbeh rde und Ausf hrung durch den Unter- berg auf Maisacker 1993. Foto: W. Sender (NPV). haltungsverband „Obere Ohre“ realisiert werden. F r die vollständige Umsetzung der Wiedervernässung in allen Projektgebieten wurden dann allerdings wasser- rechtliche Erlaubnis- bzw. Planfeststellungsverfahren der erforderlichen Wasserbaumaßnahmen erfolgte erforderlich, die f r das letzte Projektgebiet 2017 erfolg- berwiegend in der zweiten Phase des Naturschutz- reich abgeschlossen werden konnten. Die Ausf hrung großprojektes „Dr mling/Sachsen-Anhalt“ durch den
Abb. 3: Umgestaltung eines ehemals tiefen Teichgrabens mit steilen B schungen zu einer fachen Wiesensenke im Projektgebiet Buschbleeke. Foto: Fa. Vicom (Rechte bei NPV).
49 Abb. 4: F r h here Stauziele umgebaute Stauanlage mit furgleichem Grabeneinstau im Projektgebiet Stauberg. Foto: F. Braumann (NPV).
Abb. 5: Angenommener Horst auf neu errichteter Horstunterlage mit Leiterschutz in Wegenstedt. Foto: J. We- ber (NPV).
50 Abb. 6: Ernennung der Junior-Ranger 2011 mit von der TSF gesponserten T-Shirts. Foto: Archiv NPV.
Zweckverband Natur- und Kulturlandschaf Dr m- 2.3 Verbreitung des Storchenschutz-Gedankens ling. in der Öfentlichkeit Als weitere wichtige Maßnahme f r den Weißstorch Von Anfang an legte die Stifung besonderen Wert auf wurde seitens der Naturparkverwaltung die Pfege die Kommunikation mit der rtlichen Bev lkerung und Neuerrichtung von Horstunterlagen kontinuier- und die aktive Werbung f r den Weißstorchschutz. lich durchgef hrt (Abb. 5). Durch die Mitarbeiter Jährlich stellt die Stifung Mittel f r die Ausr stung der Naturwacht wurden und werden neue Horstun- der Junior-Ranger in Grundschulen und der „Moor- terlagen angebracht, vor allem auf Strommasten mit wichtel“ im Kindergarten bereit (Abb. 6). Die Junior- Gefährdungen f r die Energieversorgung bei neu Ranger erhalten bei ihrer feierlichen Ernennung oder errichteten Storchennestern. Die Kosten bernahme bei Veranstaltungen bedruckte T-Shirt, Regenjacken, f r Materialien und Miete eines Hubsteigers erfolgt Rucksäcke und Schirmm tzen. Dies wird von den durch die Stifung. Mittlerweile hat sich hierbei eine Kindern, ihren Eltern und Großeltern als Anerken- bewährte Zusammenarbeit mit den rtlichen Energie- nung empfunden und steigert das Naturschutz-Enga- versorgern etabliert. gement. Bereits in den 1990er Jahren beteiligte sich die Stif- Die Öfentlichkeitsarbeit der Naturparkverwaltung tung an einem deutsch-israelischen Forschungspro- wird seitens der Stifung auch durch die Herausgabe jekt ber die Nahrungsaufnahme der St rche auf dem von Faltblättern und Auflebern sowie die Herstel- Zugweg. Die gute Kooperation mit israelischen For- lung von Informationstafeln und Ausschilderung von schungseinrichtungen konnte ab 2012 in einem Pro- Weißstorch-Temenwegen unterst tzt (Abb. 7). jekt zur Besenderung einiger Dr mlings-Brutst rche An den rund 70 Standorten der Storchennester im mit Datenloggern fortgef hrt werden. Die Stifung Dr mling wurden Schilder aufgestellt, auf denen der unterst tzte die Datensicherung und Analyse der jährliche Bruterfolg der hier heimischen Paare doku- Raumnutzung der Weißst rche während der Brutsai- mentiert ist. son (Benecke et al. 2015).
51 Zur F rderung von Naturtourismus wurde bereits 2006 der „Klaus-Oberwelland-Turm“ mit Blick auf das Projektgebiet Buschbleeke und die Flachgewäs- ser eingeweiht (Abb. 8). Die Errichtung weiterer vier Beobachtungst rme bzw. -h tten, die sehr gut von der ansässigen Bev lkerung und den Besuchern an- genommen werden, wurde seither durch die Stifung fnanziell unterst tzt.
3 Erfolge f r den Weißstorch und weitere Arten
Die Dr mlingspopulation des Weißstorches hat sich von 30 Brutpaaren zu Beginn der 1990er Jahre auf derzeit 50 Brutpaare erh ht (Abb. 9). Dieser Anstieg wurde wesentlich durch die Umset- zung des Naturschutzgroßprojektes „Dr mling/ Sachsen-Anhalt“ und des „Weißstorch-Schutzpro- gramms Dr mling/Sachsen-Anhalt“ mit zahlreichen biotopverbessernden Maßnahmen, Wiedervernässun- gen und umfangreichen Gr nlandextensivierungen Abb. 7: Aufstellen eines Storchenschildes durch H. bef rdert. Seit Projektbeginn 1992 wurden 2.132 junge Heckenroth (ehem. Vorstand TSF), W. Sender (NPV) Weißst rche im sachsen-anhaltischen Dr mling und E. Steinmann (ehem. Vorstand TSF) (v.l.n.r.). f gge. Damit verließen pro Jahr durchschnittlich Foto: F. Braumann (NPV). 82 Jungst rche den Dr mling und trugen zur Stär-
Abb. 8: Naturtouristen im Klaus-Oberwelland-Turm. Foto: R. Stefens.
52 Abb. 9: Bestandsentwicklung des Weißstorches im Dr mling. Bearb: W. Sender & T. Kl ber (NPV).
kung der Weißstorchpopulation und damit zum Er- des Weißstorchs als auch R ckzugsbereiche f r Nah- reichen des Stifungszieles bei. Dass sich die Brutpaar- rungstiere wie Amphibien, Insekten und Kleinsäuger anzahl um die Projektgebiete der Stifung herum sogar geschafen, sodass von hier aus eine Wiederbesied- verdoppelt hat, bestätigt den eingeschlagenen Weg und lung der gemähten Flächen erfolgen kann. Von den zeugt vom Erfolg der ergrifenen biotopverbessernden umgesetzten Maßnahmen zur Verbesserung des Maßnahmen in den Projektgebieten der TSF. Weißstorch-Lebensraumes proftieren die Vogelarten Kiebitz (Abb. 11), Bekassine und Wiesenpieper, die Besonders bedeutsam f r den Weißstorch ist die zu- Amphibienarten Laub- und Moorfrosch, die Heu- sammenhängende Gr ße des Lebensraumes im schreckenarten Sumpfschrecke und Sumpf-Grash p- Dr mling ( ber 11.000 ha Gr nland) und seine Struk- fer sowie zahlreiche weitere Tier- und auch Pfanzen- turierung mit zahlreichen Gräben und Kleingewäs- arten. Damit hat sich der Erfolg des von der Stifung sern. In den verschiedenen Schutzzonen des Natur- propagierten Schirmartenkonzepts eindrucksvoll schutzgebietes „Ohre-Dr mling“ bestehen unter- bestätigt, wonach durch den Schutz der „umbrella schiedliche Vorgaben f r Nutzungs- und Pfegeter- species“ − hier des Weißstorches − auch viele andere mine sowie Nutzungszeiträume, Besatzstärken und Arten gesichert werden. Dar ber hinaus haben sich -dichten, D ngungsarten und -h hen. In begr ndeten die Gr nländer der Projektgebiete inzwischen ber- Fällen sind Abweichungen m glich. Die Naturpark- wiegend zu besonders gesch tzten Feuchtwiesen-Bio- verwaltung Dr mling setzt dieses Instrumentarium topen oder zu Mageren Flachland-Mähwiesen entwi- gezielt ein, um großfächige einheitliche Flächennut- ckelt, die zu den europaweit durch die FFH-Richtlinie zungen zu vermeiden bzw. zu verringern. Stattdessen gesch tzten Lebensraumtypen zählen (Abb. 12). sollen die Landwirte m glichst unterschiedliche Nut- Die hohe Bedeutung der großfächigen winterlichen zungsformen und -zeiträume realisieren. Überfutungen in den Nässezonen des NSG „Ohre- Durch zeitlich versetzte Streifenmahd (Abb. 10) wer- Dr mling“ f r die Nahrungsversorgung der Brut- den sowohl ofene Bereiche f r die Nahrungssuche st rche im Mai/Juni wurde durch Benecke et al.
53 Abb. 10: Streifenmahd-Fläche im Breitenroder Dr mling. Foto: Fa. Vicom (Rechte bei NPV).
Abb. 11: Kiebitzpaar im TSF-Projekt Krämerei. Foto: W. Sender (NPV)
54 Abb. 12: Blumen- und kräuterreiches Gr nland als Ausprägung der Mageren Flachland-Mähwiesen (FFH-LRT 6510) im Projektgebiet Buschbleeke. Foto: F. Braumann (NPV).
(2015) anhand der Auswertung von Loggerdaten Schließlich hat sich der Dr mling durch die großräu- aufgezeigt. Im gesamten Fr hjahr und insbesonde- mige extensive Gr nlandbewirtschafung mit moor- re im Juni zählten die berfuteten Wiesen zu den sch tzender Wasserbewirtschafung und die dadurch präferierten Nahrungsgebieten des „Sachauer Weiß- entstandene reiche Nahrungsbasis auch zu einem storchpaares“; Ende Juni wuchs die Bedeutung der wichtigen Rast- und Übersommerungsgebiet f r Gewässer. Im Gegensatz zu vielen anderen Gr n- den Weißstorch entwickelt. Große Trupps von bis zu landgebieten kann man im Dr mling regelmäßig 80 V geln hielten sich in den letzten Jahren regelmä- St rche beobachten, die auf den nassen Wiesen und ßig zur Nahrungssuche im Dr mling auf. in den Gräben und Flachgewässern Fr sche bzw. Zusammenfassend hat sich die bereits 1992 in der Amphibien fangen (Abb. 13). Pressemitteilung zur Stifungsgr ndung postulierte Aussage, dass „… der Schutz des Storches und seiner Gerade im Trockenjahr 2018 hat sich die Bedeutung Lebensräume zwangsläufg eine Vielzahl von Vogelar- des Wasserr ckhalts mit furnahen Wasserständen ten, Insektenarten, Pfanzen und Amphibien sch tzt“, bis in den Juni hinein bestätigt. Während in anderen eindrucksvoll bewahrheitet. Auch das Stifungsziel, Gebieten durch die Trockenheit fr hzeitig Nahrungs- die Stärkung der Weißstorchpopulation im Allertal mangel aufrat und viele Jungst rche aus den Horsten als Verbindung zwischen Elbe und Weser mit einer abgeworfen wurden, reichte das Nahrungsangebot im Ausbreitung nach Westen und Nordwesten in Nieder- Dr mling f r die Jungenaufzucht aus. Mit 101 f ggen sachsen, wurde erreicht. Jungv geln aus 40 erfolgreichen Bruten wurde eines Vor dem Hintergrund der aktuell zwischen Sachsen- der Spitzenergebnisse ber alle Jahre erreicht. Die ins- Anhalt und Niedersachsen vereinbarten Entwicklung gesamt 50 Weißstorchpaare des Jahres 2018 markieren des Dr mlings zu einem länder bergreifenden zudem eine neue H chstmarke der Brutpaar-Anzahl. UNESCO-Biosphärenreservat Dr mling war und
55 Abb. 13: Storchentrupp auf Nahrungssuche in Wiesensenke-Projektgebiet Stauberg. Foto: W. Sender (NPV).
ist die Stifung „Te Stork Foundation – St rche f r Anschrift des Autors unsere Kinder“ gleichsam als Vorreiter der grenz ber- greifenden Zusammenarbeit zwischen beiden Bundes- Fred Braumann ländern zu sehen. Naturparkverwaltung Dr mling Die Stifung ist f r viele Menschen im Dr mling zu Bahnhofstr. 32 ∙ 39646 Oebisfelde-Weferlingen einer Institution geworden und es ist zu w nschen, E-Mail: [email protected] dass sie diese erfolgreiche Rolle auch k nfig wahr- anhalt.de nimmt.
Literatur Benecke, H.-G., M. Kaatz & S. Rotics (2015): Raumnut- zung von Weißst rchen Ciconia ciconia am Neststandort Sachau im Dr mling. − APUS 20: 3−15. Heckenrot, H., H.-G. Benecke & H. Müller (1992): Weiß- storch-Schutzprogramm Dr mling/Sachsen-Anhalt: 26 S. MUNR LSA − Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Sachsen-Anhalt (1996): Pfege- und Entwicklungsplan f r das Naturschutz- großprojekt Dr mling, Teilvorhaben Sachsen-Anhalt. – Kurzfassung: 88 S.
56 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 57–72 Neue Nachweise von Molluskenarten (Mollusca: Gastropoda et Bivalvia) sowie Befunde zu weiteren bemerkenswerten Arten in Sachsen-Anhalt
Michael Unruh & Andreas Stark
1 Einleitung
In dem unlängst erschienenen Werk „Die Weichtiere (Mollusca) des Landes Sachsen-Anhalt“ (Körnig et al. 2013) – nachfolgend kurz als „Molluskenatlas“ bezeichnet – sind insgesamt 198 Schnecken- und Muschelarten aufgef hrt, die derzeit in sicher nachge- wiesenen Freilandpopulationen in unserem Bundes- land leben. Bei Körnig (2016) ist von 126 Landschne- cken-, 46 Wasserschnecken- und 30 Muschelarten die Rede (Summe 202), wobei drei Wasserschnecken und eine Muschelart als „ausgestorben“ klassifziert werden. Nach vorgenanntem Autor sind dies die Gas- tropoden Anisus vorticulus (Troschel, 1834), Radix ampla (Hartmann, 1821) und Ventrosia ventrosa (Montagu, 1803) sowie die Muschel Pseudanodonta complanata (Rossmässler, 1835). Hinzu kommt mit der Großen Flussperlmuschel [Pseudunio auricularius (Spengler, 1793)] eine Art, die nur historisch im Ge- biet vorhanden war, von der aber ab und an Schalen in Flussläufen oder bei Grabungen gefunden werden und die deshalb auch Aufnahme in beide o. g. Publikatio- nen fand (vgl. Körnig et al. 2013). In den Jahren nach Erscheinen des „Molluskenatlas- ses“ gab es einen bemerkenswerten Zuwachs an neuen Funden seltener Arten sowie auch berraschende neue Nachweise f r das Bundesland Sachsen-Anhalt. Diese Befunde werden nachfolgend in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt.
2 Neue Nachweise von Molluskenarten
Alopia livida (Menke, 1828) – Rechte Bucegi- Schließmundschnecke (Abb. 1) In den 1960er Jahren wurden durch den in Qued- linburg ansässigen Molluskensammler E. Clauss Abb. 1: Gehäuse der Rechten Bucegi-Schließmund- mehrere Schneckenarten auf dem heute zu Sachsen- schnecke [Alopia livida (Menke, 1828)]. Foto: V. Wiese. Anhalt geh renden Landesgebiet ausgesetzt. Ob die
57 Abb. 2: Probenahme durch den Erstautor (M. U.) am Überlauf zur Schrempe am Nordufer des Arendsees bei Ziessau. Foto: A. Stark, 23.04.2018.
derzeitig aktiven Faunisten Kenntnis von allen auf als Mitarbeiter am Gewässermonitoring (GÜSA) im Clauss zur ckgehende Ansalbungen haben, muss Jahr 2015 der Erstnachweis dieser winzigen Art im ofen bleiben. Dass es berraschende Nachweise in Schollener See (LHW 2015). Die erneute Nachsuche Hinblick auf bislang unbemerkte Clausssche Ak- an diesem Fundort im daraufolgenden Jahr durch tivitäten geben kann, zeigte sich im Ergebnis der den Erstautor (M. U.) blieb erfolglos. Ein weiterer Kartierungsarbeiten zur Molluskenfauna des Huy. In Nachweis gelang schließlich 2017 wiederum Brink- diesem dem Harz n rdlich vorgelagerten H henzug mann & Otto, diesmal im Arendsee. Dabei handelte wiesen Stark & Unruh (2015) eine vitale Population es sich um drei lebende Exemplare (LHW 2017). Dass der Schließmundschnecke Micropontica caucasica Anisus vorticulus im Arendsee nicht nur vereinzelt, (A. Schmidt, 1868) nach (s. u.). Im „Molluskenatlas“ sondern in bemerkenswerter Individuenzahl vor- (Körnig et al. 2013) fndet mit der Linken Bucegi- kommt, konnten die Autoren des vorliegenden Beitra- Schließmundschnecke [Alopia straminicollis monacha ges bei der Beprobung von Abschnitten des n rdli- v. Kimakowicz, 1970; bei Wiese (2014) als Alopia chen Uferbereichs in unmittelbarer Nähe des den See monacha] eine weitere auf Aussetzung zur ckgehende entwässernden Überlaufs feststellen (Abb. 2, 3; Tab. 1). Clausilide Erwähnung. Wiese (2014) f hrt mit Alopia Im „Molluskenatlas“ (Körnig et al. 2013) wird Anisus livida eine dritte Schließmundschnecke auf, die nach vorticulus im Land als ausgestorben gef hrt, nachdem ihrer Ausbringung vor mehr als 50 Jahren heute noch sich der vermeintliche Fund eines Gehäuses der Zier- im Harz bzw. seinen n rdlichen Ausläufern nachweis- lichen Tellerschnecke von S. Körnig im Jahr 1989 bar ist. Diese Art fehlte bei Körnig et al. (2013). Nach (Körnig 1989, 2009) im NSG „Steckby-L dderitzer Wiese (m ndl. Mitteilung, Mai 2018) kommen die Forst“ als Fehlbestimmung herausgestellt hatte. Rechte und die Linke Bucegi-Schließmundschnecke In den Sachsen-Anhalt n rdlich angrenzenden Bun- gemeinsam in einem Waldgebiet bei R beland vor. desländern Mecklenburg-Vorpommern und Branden- Erstgenannte Spezies zählt deshalb ebenfalls zur aktu- burg konnten Brinkmann (2005, 2007), Richling & ellen Molluskenfauna Sachsen-Anhalts. Brinkmann (2007, 2011) sowie Glöer & Diercking (2010) Anisus vorticulus in zahlreichen Stillgewäs- Anisus vorticulus (Troschel, 1834) – Zierliche sern entlang der Elbe nachweisen. Auch in Hamburg Tellerschnecke (Abb. 2–5, 13) wurde sie gefunden. Man konnte vermuten, dass sie Nach eigenen, mehrjährigen und vergeblichen Versu- mit intensivierter Suche in vergleichbaren, sich s d- chen, die Zierliche Tellerschnecke im Gebiet des Bio- lich anschließenden und zu Sachsen-Anhalt geh ren- sphärenreservates Mittelelbe nachzuweisen, gl ckte den Abschnitten der Elbeaue ebenfalls zu fnden sein schließlich den Herren R. Brinkmann und C.-J. Otto w rde. Nach dem jetzigen Kenntnisstand existieren
58 in den isolierten Stillgewässern entlang der Elbe im gischen Anspr chen der Art (Glöer 2002, Glöer & sachsen-anhaltischen Teil aber keine Vorkommen Diercking 2010). Der Abfuss aus dem See ist perio- (mehr). disch und kann je nach Wasserstand des Arendsees Ausreichende Sauerstofsättigung und lichtdurchfu- auch trockenfallen. tetes, klares Wasser scheinen neben der Bindung an ppige submerse Vegetation auf schlammig-sandigem Erwähnenswert ist der Fund des K chers einer Tri- Grund nach Colling & Schröder (2006), Glöer & chopterenlarve (Gattung Limnephilus) (Abb. 4), f r Diercking (2010) und Wiese et al. (2011) entschei- den die Larve neben Gehäusen häufgerer Arten aus dende Voraussetzungen f r das Vorkommen der Zier- der Gattung Anisus auch Einzelexemplare von Anisus lichen Tellerschnecke zu sein. vorticulus (Abb. 5), Gyraulus riparius (s. u.) und Val- Die sogenannte Schrempe bei Ziessow am Nordufer vata macrostoma (s. u.) verbaute. Es sei an dieser Stelle des Arendsees ist ein wasserbaulich umgestalteter darauf verwiesen, dass die K cherfiegenlarve im vor- Landgraben, durch den Wasser aus dem See ber ein deren Abschnitt des K chers einige lebende Wasser- Wehr abfießt (Abb. 3). In diesem Abschnitt ist der schnecken festgesponnen hatte (Abb. 5). Ulmer (1928: Arendsee in Bezug auf den Gewässergrund und die 53) schreibt zum K cherbau von Limnephila: „… oder Ausbildung des Bewuchses mit hoher Strukturvielfalt die Larve ergreif ein Paar Schnecken und Muscheln, ausgestattet. Zudem herrschen hier im Vergleich zum befestigt sie mit ihrem Spinnsafe an der R hre und eher monotonen Schilfg rtel mit stagnierendem Was- baut von nun an ausschließlich mit diesem h chst serk rper ein vermutlich niedriger Nährstofgehalt eigenartigen, lebenden Baumaterial weiter.“ Auf ele- und eine hohe Sauerstofsättigung vor. Die hier vor- gante Art und Weise und ohne besondere Hilfsmittel gefundenen Bedingungen decken sich mit den kolo- kann man sich mittels dieser K cher einen schnellen
Abb. 3: Fundort der artenreichen Wassermolluskengesellschaf mit der Zierlichen Tellerschnecke (Anisus vorticulus), dem Flachen Posth rnchen (Gyraulus riparius) und der Sumpf-Federkiemenschnecke (Valvata macrostoma) sowie weiterer Arten am Abfuss in den Landgraben Schrempe (vgl. Tab. 1). Foto: M. Unruh, 23.04.2018.
59 Abb. 4: K cher einer Trichoptere der Gattung Limnephila vom Nordufer des Arendsees mit zahlreichen Ge- häusen von Wassermollusken (vgl. Tab. 1) und Pfanzensamen. Foto: A. Stark, 21.06.2018, fotografert unter Bedeckung mit Ethanol.
60 aus der Gattung Arion. Es handelte sich um juvenile Tiere. Einige hell-gelbbraune Exemplare mit dunkle- ren Flanken hielten sich im Uferbereich des k nstlich angelegten Stauteiches im fachen Wasser auf. Ein weiteres Tier wurde am Fuß des Steilhanges in einer Zone mit Quellwasseraustritt gefunden. Auf Grund des ungew hnlichen Erscheinungsbildes dieses Exem- plares – es sonderte einen hellgelben Schleim ab und war eher dunkel graubraun gefärbt (Abb. 6) – wurde es vom Zweitautor (A. S.) im Terrarium gehältert. Die nach ca. sechs Wochen ausgewachsene Arionide entsprach vom Habitus und den Fundumständen her dem Nacktschnecken-„Taxon“ des „Arion brunneus“ (Abb. 7). Der Fund soll deshalb an dieser Stelle Er-
Abb. 5: In einem K cher von Limnephila spec. lebend verbaute adulte Zierliche Tellerschnecke (Anisus vorti- culus). Beachtenswert sind die eingearbeiteten Kunst- stofeilchen. Foto: A. Stark, 28.06.2018, fotografert unter Bedeckung mit Ethanol.
Überblick zu den kleinen Molluskenarten der Uferzo- nen von Gewässern verschafen (Unruh et al. 2013). Die Zierliche Tellerschnecke ist eine Art des Anhangs IV der europäischen FFH-Richtlinie. Ihr Wiederfund in Sachsen-Anhalt zieht deshalb zunächst die Erster- Abb. 6: Jungtier eines fraglichen Arion von ca. 3 cm fassung und Bewertung der Vorkommen nach sich. Länge aus einem Erlenbruch an der Klopstockquelle. Daf r sind die aktualisierten Bewertungsschemata Foto: A. Stark, 06.04.2014. des Bundesamtes f r Naturschutz (BfN) maßgebend (BfN & BLAK FFH-Monitoring und Berichts- pflicht 2017). Anschließend ist in den Folgejahren ein regelmäßiges Monitoring adäquat zu den anderen f r das Bundesland bekannten Arten (http://www. tierartenmonitoring-sachsen-anhalt.de/) zu instal- lieren, um den Anforderungen an den Nationalen Bericht Gen ge zu tun. Dar ber hinaus machen sich Korrekturen der Roten Listen von Bund (Jungbluth et al. 2009) und dem Land Sachsen-Anhalt (Körnig et al. 2004) erforderlich. Aufgrund der lokal begrenzten Vorkommen wird landesweit die Einstufung in die Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht“ vorgeschlagen.
Arion brunneus (Lehmann, 1862) – Moor-Weg- schnecke (Abb. 6–7) Abb. 7: Ausgewachsenes Exemplar des m glicher- Anlässlich einer Exkursion zu der bei Kloster Pforta weise zu „Arion brunneus“ geh renden Exemplares am rechtsseitigen Ufer der Saale gelegenen Klopstock- von 8 cm Länge. An den Flanken ist ein dunkles Band quelle (Unruh & Stark 2015) fanden die Autoren nur zu erahnen. Foto: A. Stark, 06.07.2014. einige ungew hnlich anmutende Nacktschnecken
61 wähnung fnden, weil weiterf hrende taxonomische der Aussage, dass dieses Tier „allgegenwärtig“ sei. Erkenntnisse ihn eventuell einer exakten Ansprache Ob als beliebte Speise f r den Menschen oder als zuf hren werden oder aber am o. g. Fundort weitere „Schädling“ infolge zufälliger Verschleppung – mitt- Exemplare zur Klärung ihres Status aufgesucht wer- lerweile hat diese große und im Freiland kaum zu den k nnten. Zur „Problematik von Arion (Mesarion) bersehende Gehäuseschnecke außer den Polarre- subfuscus s. l.“ fassen Kobialka & Kappes (2008) den gionen alle Kontinente erreicht. Verwundern muss seinerzeit im Schriftum verzeichneten Stand zusam- die Tatsache, dass die malakologisch interessierte men. „Community“ in Deutschland nur l ckenhaf Notiz Die Schnecke wurde eingefroren und befndet sich in von diesem Neuank mmling nimmt. Noch beim der Sammlung des Zweitautors (A. S.). Eine Sektion Mittelschullehrer Geyer (1896) fndet die Gefeckte wurde bislang nicht vorgenommen. Nach Wiese Gartenschnecke keine Erwähnung – hatte er doch (2014) wurden Individuen, die man innerhalb des den Anspruch formuliert: „… sämtliche bis heute aus Artkomplexes von Arion fuscus/subfuscus s. l. dieser Deutschland bekannt gewordenen Arten im Texte …“ Art/Form/Morphe zuordnen kann, in zahlreichen aufzunehmen! Goldfuss (1900) nennt die Art eben- Bundesländern gefunden. Ihre Präferenz f r Quell- falls nicht. Nach Ehrmann (1956) besitzt C. aspersum s mpfe und Flachmoore ist charakteristisch. ein mediterran-westeuropäisches Verbreitungsbild. Vorgenannter Autor erwähnt anthropogen initiierte Cornu aspersum (O. F. Müller, 1774) – Gefeckte Populationsgr ndungen weitab des urspr nglichen Gartenschnecke (Abb. 8–9) Areals, die allerdings – wie z. B. jene in Kopenhagen Eine Internet-Recherche nach der „Gefeckten Garten- nach ca. 25 Jahren – wieder erloschen. Es gab nach schnecke“ oder nach ihrem derzeit g ltigen lateini- Ehrmann (1956) auch ein Vorkommen im Schloss- schen Namen Cornu aspersum liefert eine un ber- park Merseburg, wo sich die Schnecke ebenfalls nicht schaubare Menge von Trefern. In den angezeigten dauerhaf etablierte. Dennoch scheint es sich wohl um Links werden zahlreiche Temenbereiche ber hrt. eine Population gehandelt zu haben, die ber einige Zum einen ist mit dieser Schneckenart ein interes- Jahre stabil war, ansonsten hätte die Lokalität wohl santes nomenklatorisches Problem verbunden, aus kaum Erwähnung gefunden. Dieses erloschene Vor- dem letztlich die Überf hrung der Art von der Gat- kommen im Land-Sachsen Anhalt und auch die Art tung Helix in das Genus Cornu resultiert. Eine ver- sind in Körnig et al. (2013) allerdings nicht erwähnt. ständliche Zusammenfassung hierzu fndet sich bei Im Stadtgebiet von Halle (Saale) wurde diese aufällige Fraussen (2016). Zahlreiche Verweise im Ergebnis Gehäuseschnecke im Fr hjahr 2014 durch den Zweit- von Suchanfragen im Internet m nden allerdings in autor (A. S.) erneut im Freiland gefunden. An einer
Abb. 8: Das erste Exemplar der Gefeckten Gartenschnecke (Cornu aspersum) wurde im Fr hsommer 2014 als zweijähriges Jungtier in einer Gr nanlage am Rand der Gärtnerei Zeising in Halle (S.) gefunden und bis zur Ausbildung der M ndungslippe im Terrarium gehalten. Foto: A. Stark, 02.10.2014.
62 Abb. 9: Ein- und zweijährige Jungtiere der Gefeckten Gartenschnecke (Cornu aspersum) an der Unterseite eines gelagerten rindenlosen Fichtenstammes in der Gärtnerei Zeising in der Innenstadt von Halle (Saale). Foto: A. Stark, 07.05.2018.
Heckenrose saß inmitten einer Gruppe von ruhen- Jahren bestehen und es scheint sich – wie die zahl- den Hainschnirkelschnecken [Cepaea nemoralis (Lin- reichen Jungtiere veranschaulichen – um eine vitale naeus, 1758)] ein noch nicht ganz ausgewachsenes Gr ndung zu handeln. An dieser Stelle sei auch der Exemplar. Dieses wurde bis zum Oktober 2014 im Fund eines Einzeltieres im Stadtgebiet von Leipzig Terrarium gehältert und bildete hier auch eine Lippe (Sachsen) erwähnt: Gohlis, Heinrich-Budde Straße, aus (Abb. 8). Die kleine Gr nanlage mit dem Rosen- zweijähriges Exemplar ohne ausgebildete Lippe in strauch grenzt an eine Gärtnerei mit einem f r Innen- Trockenruhe an einer Hauswand, 07.07.2018, leg. stadtbereiche großen unbebauten Areal. Die Fläche A. Stark. Eine Nachsuche in der näheren Umgebung liegt in einem ansonsten eng bebauten Bereich in der dieses Fundortes, der weitab irgendwelcher Gr nanla- Stadt. Sie ist von allen Seiten von Häusern umgeben. gen liegt – in der Straße stehen nur einzelne Linden – Die gesch tzte Lage der Gärtnerei ließ die Vermutung blieb ohne Ergebnis. Bereits 2014 fanden Braasch & zu, dass die 2014 gefundene Schnecke von hier aus Braasch (2015) die Art in Leipzig-Gr nau. ihren Weg in die abseitig gelegene Gr nanlage gefun- den hat. Im Mai 2018 wurde die Gärtnerei aufgesucht, Die Gefeckte Gartenschnecke (auch als „Gefeckte um mit Erlaubnis des Inhabers, Herrn Zeising, nach Weinbergschnecke“ bezeichnet) ist nach Wiese (2014) Cornu aspersum Ausschau zu halten. Es hatte zu die- im westlichsten und s dwestlichen Deutschland etab- sem Zeitpunkt in Halle sehr lange nicht geregnet und liert und kommt auch vereinzelt nahe der Nord- und die einzige Chance, die Schnecken zu fnden, bestand Ostsee vor. In Mecklenburg-Vorpommern ist sie auch darin, unter Steinen, Balken oder Holzplatten nachzu- fernab der K ste im Innenland registriert worden suchen. Unter einigen entrindeten Fichtenstämmen, (Zettler et al. 2006). Mittlerweile ist auch in Zentral- die schräg an einer kleinen, auf der Krone mit Flieder europa und zwar in der Tschechischen Republik bei bewachsenen B schung lagerten, konnten schließlich Prag eine vitale Population etabliert (Juřičkova & junge Exemplare gefunden werden (Abb. 9). Somit Kapounek 2009). Nordsieck (2018) erwähnt eine d rfe die Population in Halle mindestens seit vier Population bei Wien, gibt aber die härteren Winter im
63 Tab. 1: Begleitfauna (Gastropoda et Bivalvia) von Gyraulus riparius (Westerlund, 1865) im Arendsee am 23.April 2018.
Art Anzahl Bemerkungen lebend leere Gehäuse
Acroloxus lacustris (LINNAEUS, 1758) 2
Anisus vortex (LINNAEUS, 1758) 4 2
Anisus vorticulus (TROSCHEL, 1834) + Bestandteile des K chers von Limnephila spec. 4 2 (s. Text) Anisus spec. 6 12 juvenil
Bathyomphalus contortus (LINNAEUS, 1758) 10
Bithynia leachii (SHEPPARD, 1823) 70
Bithynia tentaculata (LINNAEUS, 1758) 2
Galba truncatula (O. F. MÜLLER, 1774) 1
Gyraulus albus (O. F. MÜLLER, 1774) 1
Gyraulus crista (LINNAEUS, 1758) 2
Gyraulus riparius (WESTERLUND, 1865) 8 8
Hippeutis complanatus (LINNAEUS, 1758) 53 4
Lymnaea stagnalis (LINNAEUS, 1758) 2 juvenil
Oxyloma elegans (RISSO, 1826) 3 Uferbereich, genitalmorphologisch bestimmt
Planorbarius corneus (LINNAEUS, 1758) 3
Planorbis planorbis (LINNAEUS, 1758) 6 3 Planorbis spec. 2 1 juvenil
Physa fontinalis (LINNAEUS, 1758) 1
Pisidium milium HELD, 1836 22 3
Pisidium tenuilineatum STELFOX,1918 5 Radix spec. 4 juvenil
Segmentina nitida (O. F. MÜLLER, 1774) 5 5
Stagnicola palustris (O. F. MÜLLER, 1774) 2 genitalmorphologisch bestimmt
Valvata cristata O. F. MÜLLER, 1774 35 11
Valvata macrostoma MÖRCH, 1864 2 3
inneren Europas als Kriterium an, weshalb (derzeit und insbesondere die Ausbringung von K dern noch?) keine fächendeckende Ausbreitung m glich sei. („Schneckenkorn“) gefährdet auch Populationen nicht „schädlicher“ Arten. Eine Zusammenfassung der Verschleppung und Aus- breitung von Cornu aspersum in Deutschland wäre Gyraulus riparius (Westerlund, 1865) – Flaches nicht nur aus biologisch-zoogeografschem Interesse Posth rnchen (Abb. 10 u. 13) angezeigt. Als Gr nblattfresser k nnen die Tiere – im Nach Glöer (2002) und Groh & Richling (2009) ist Gegensatz zu unseren Bänderschneckenarten [Cepaea diese kleine Schnecke in Deutschland sehr selten. Sie nemoralis und C. hortensis (O. F. Müller, 1774)] – bei ist bisher nur aus den vier Bundesländern Schleswig- massenhafem Vorkommen auch Schäden in An- Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, T ringen und zuchtbeeten sowie Gem se- und Zierpfanzenkultu- Bayern, hier aus dem Reibersdorfer See im Donautal, ren anrichten. Die Bekämpfung von „Schadschne- bekannt (Glöer 2015). Gyraulus riparius besiedelt die cken“ ist aber leider in der Praxis sehr undiferenziert Uferzone von Still- und Fließgewässern Nordosteu-
64 Abb. 10: Gehäuse des Flachen Posth rnchens (Gyraulus riparius) aus dem Arendsee. Unten links und rechts Details der Struktur der Oberfäche der Schale von oben (links) und unten. Unten in der Mitte ein weiteres Exemplar vom gleichen Fundort ohne Erosionsspuren in seitlicher Ansicht. Foto: A. Stark, 28.06.2018.
ropas und Westsibiriens (Glöer & Diercking 2010). Bei einem Gehäusedurchmesser von nur zwei Milli- Der erste Nachweis mit einem einzigen Exemplar meter mag es m glich sein, dass das Flache Posth rn- gl ckte beim Abkeschern der Uferbereiche der chen mitunter bersehen worden ist. Dar ber hinaus Schrempe am 17. August 2017 binnenseitig un- sehen Jungtiere der Linsenf rmigen Tellerschnecke mittelbar am Abfuss (Abb. 2 u. 3). Das fragliche [Hippeutis complanatus (Linnaeus, 1758)] ausge- Gehäuse wurde zur Überpr fung Herrn P. Glöer wachsenen Exemplaren von Gyraulus riparius zum vorgelegt, der die Determination bestätigte. Eine Verwechseln ähnlich. Eine sichere Determination ist intensive Nachsuche am 23. April 2018 erbrachte nur unter Verwendung von berpr fem Vergleichs- zahlreiche weitere lebende Exemplare des Flachen material und einer gr ndlichen Betrachtung von Posth rnchens sowie Nachweise anderer bemer- Gehäusemorphologie und Gr ße gegeben. M glicher- kenswerter Wassermollusken (Tab. 1). Auch von weise sind die wenigen Funde in Deutschland auch dieser Art waren Exemplare in dem bei Anisus vor- darauf zur ckzuf hren. Unabhängig davon, ob dieser ticulus bereits erwähnten K cher der Trichoptere Winzling unter den kleinen Tellerschnecken hier und verbaut (Abb. 4). da bersehen wurde, sie ist eine ausgesprochene Rari-
65 Abb. 11: Kaukasus-Schließmundschnecke (Micropontica caucasica) vom Huy (Sachsen-Anhalt). Foto: A. Stark, Juli 2015.
Abb. 12: Schalen der Glatten Erbsenmuschel (Pisidium hibernicum) aus dem Stillingsgraben bei Schierau in Sach- sen-Anhalt. Länge der Schalen ca. 2,5 mm. Foto: I. Richling (Staatliches Museum f r Naturkunde Stuttgart).
66 tät innerhalb der heimischen Molluskenfauna und im Mulde zwischen Jeßnitz und M hlau und der westlich Arendsee Teil einer artenreichen Wirbellosengemein- angrenzenden Mosigkauer Heide. schaf. Die auf Bundesländerebene augenfällige Verbrei- Eine Einstufung in die Neufassung der Roten Liste tungsl cke der Glatten Erbsenmuschel in Sachsen- Sachsen-Anhalt (in Vorbereitung) und Deutschland Anhalt war Anlass zu intensiven Nachforschungen. (Jungbluth et al. 2009) in die Kategorie 1 „vom Aus- Dabei stellte sich heraus, dass der o. g. Nachweis aus sterben bedroht“ ist weiterhin angezeigt. dem Stillingsgraben nicht das einzige Vorkommen dieser seltenen Erbsenmuschel in Sachsen-Anhalt Micropontica caucasica (A. Schmidt, 1868) – Kau- markiert. Bereits 2008 konnte R. Brinkmann im kasus-Schließmundschnecke (Abb.11) Rahmen der Voruntersuchungen f r das Gewässer- Über den bemerkenswerten Fund einer bisher aus der berwachungsprogramm (GÜSA) Pisdium hiberni- Tierwelt Deutschlands unbekannten Schließmund- cum im Fließgewässer Tauber Aland bei Seehausen schnecke aus dem Huy berichteten Stark & Unruh und im Born-Dorster-Bäk bei Uthm den-Kl den bereits 2015, so dass an dieser Stelle ein Hinweis auf feststellen (LHW 2008). In den Folgeuntersuchungen die Literatur ausreicht (Stark & Unruh 2015, Wiese bestätigten die Bearbeiter W. Kleinsteuber und 2014). R. Metzger die genannten Vorkommen und lieferten weitere Erstnachweise aus dem Tanger bei Mahl- Pisidium hibernicum (Westerlund, 1894) – Glatte winkel, dem Karrenbach, dem Balsamgraben, der Erbsenmuschel (Abb. 12 u. 13) Untermilde (Altmersleben-Kalbe) sowie dem Lißbach Unter den Erbsenmuscheln, die im Stillingsgraben (Rehehausen). Daraus ergibt sich ein gegenwärtiger bei Schierau im Januar und April 2014 gesammelt Verbreitungsschwerpunkt an der Nordgrenze des wurden, befanden sich neben der im Gebiet verstreut Landes zu Niedersachsen und Brandenburg. Den vorkommenden Pisidium obtusale wenige mit einer s dlichsten Vorposten bildet der Fund im Lißbach außergew hnlichen Wirbelform, die zunächst eine (Rehehausen, nahe Eckartsberga). Alle Funde gelan- Trennung von typischen Schalenformen der letzt- gen in Fließgewässern mit gut strukturierter Wasser- genannten Spezies nach morphologischen Kriterien pfanzenvegetation. erm glichten (Glöer 2002, 2015; Killeen et al. 2004; Das Fehlen von Pisidium hibernicum im „Mollusken- Zettler & Glöer 2006). atlas“ von Körnig et al. (2013) geht auf den Umstand Ein Exemplar mit einer besonders markanten W l- zur ck, dass vor zehn Jahren die ersten Determinati- bung wurde Frau Dr. Ira Richling (Staatliches Mu- onsergebnisse zu den Erbsenmuscheln im Makrozoo- seum f r Naturkunde Stuttgart) zur Nachbestim- benthos noch mit einer gewissen Unsicherheit behaf- mung vorgelegt. Schalenform sowie die Ausbildung tet waren und die Bearbeiter erst späterhin, nach der Kardinalzähne bestätigten die Determination wiederholter, kritischer Durchsicht des Materials am durch den Erstautor. Das Exemplar ist unter der vorläufgen Bestimmungsergebnis festhielten. Dies ist Inventarnummer SMNS-ZI0058999 des Staatlichen ein erneuter Hinweis auf die Schwierigkeiten bei der Museums f r Naturkunde Stuttgart mit dem Fundort Bearbeitung der Erbsenmuscheln allein nach mor- Dessau-Roßlau, Stillinge bei Schierau, lg. Unruh vom phologischen Kriterien. Zum Informationsverlust 16.04.2014 erfasst. zwischen dem Aufraggeber LHW und dem B ro f r Pisidium hibernicum ist nach Glöer (2015) in Angewandte Limnologie (Dr. H. Reusch, Suhlendorf) Deutschland wenig verbreitet und scheint Seen mit als Aufragnehmer der Vorkartierung kam es, weil Schwingrasen zu bevorzugen. Der Fundort, ein die Nachmeldung erst Jahre später erfolgte, als die langsam fießendes Gewässer mit teils moorigem, Vorbereitungen zum Druck des Werkes bereits weit teils sandig-schlammigem Bodengrund, das in die fortgeschritten waren. Mulde entwässert, entspricht den in der Literatur angegebenen Habitatmerkmalen allerdings nicht Pisidium tenuilineatum (Stelfox, 1918) − Kleinste v llig. Zettler & Glöer (2006) fanden P. hiberni- Erbsenmuschel (Abb. 13) cum nicht nur in Seen, sondern auch in zahlreichen Als weitere faunistische Besonderheit im beprobten anderen Biotopen, u. a. in kleinen Moorgewässern. In Uferbereich des Arendsees (s. bei Anisus vorticulus) gewisser Weise hat der Stillingsgraben Ähnlichkeit ist die Kleinste Erbsenmuschel Pisidium tenuilinea- mit Moort mpeln. Er entwässert zumeist meliorierte, tum zu werten. Von dieser Muschelart kennt man in ehemalige Flachmoorstandorte im Gebiet der unteren Sachsen-Anhalt nur wenige, verstreute Vorkommen
67 68 mit Populationen im Gebiet der Helme an der Landes- (Abb. 13). R. Brinkmann und C.-J. Otto konnten ihr grenze zu T ringen und im nordwestlichen Landes- Vorkommen im Schollener See bestätigen (LHW 2016). teil (Körnig et al. 2013). K rzlich wiesen Zettler et Die Gehäuse sowohl der Gemeinen als auch der al. (2017) ein individuenreiches Vorkommen von Pisi- Sumpf-Federkiemenschnecke fanden als Baumaterial dium tenuilineatum im Uchtdorfer M hlengraben am der k cherbauenden K cherfiegenlarve Limnephila Rande der Colbitz-Letzlinger Heide nach. In der Kar- spec. Verwendung (Abb. 7). tendarstellung (Abb. 13) sind alle derzeitig bekannten Vorkommen in unserem Bundesland verzeichnet. Zusammenfassung Sinanodonta woodiana (Lea, 1834) – Chinesische Teichmuschel Die Publikation beinhaltet kommentierte Angaben Im „Molluskenatlas“ ist zu dieser Art nur ein Fund zu Funden von zehn Binnenmolluskenarten auf dem aus dem Muldestausee angegeben worden. Ofen- Gebiet Sachsen-Anhalts (Alopia livida – Rechte sichtlich hatte sich die Chinesische Teichmuschel Bucegi Schließmundschnecke, Anisus vorticulus seinerzeit aber bereits in mehreren Gewässern in – Zierliche Tellerschnecke, Arion brunneus – Moor- unserem Bundesland etabliert. In der Phase der Vor- Wegschnecke, Cornu aspersum – Gefeckte Garten- bereitung der Drucklegung des „Molluskenatlasses“ schnecke, Gyraulus riparius – Flaches Posth rnchen, im Jahr 2013 stellte der Fotograf S. Schellhorn ein Pisidium hibernicum – Glatte Erbsenmuschel, P. te- Foto des Teichgrundes eines abgelassenen Teiches zur nuilineatum – Kleinste Erbsenmuschel, Micropontica Verf gung. Dieses fand im Beitrag von Hartenauer caucasica – Kaukasus Schließmundschnecke, Sinano- (2014: 315) Verwendung. Dieses Bild veranlasste den donta woodiana – Chinesische Teichmuschel und Zweitautor (A. S.) noch im August 2013 dazu, den Valvata macrostoma – Sumpf-Federkiemenschnecke). Teich bei Ziegelrode nahe Helbra aufzusuchen. Neben Davon waren drei Land- und drei Wassermollusken- Malermuscheln (Unio pictorum) und Teichmuscheln arten nicht mit aktuellen Vorkommen im Über- (Anodonta anatina) waren hier auch Schalen der sichtswerk „Die Weichtiere (Mollusca) des Landes Chinesischen Teichmuschel in großer Zahl aufzufn- Sachsen-Anhalt“ (Körnig et al. 2013) verzeichnet. den. Der Erstautor (M. U.) konnte im August 2014 im Vom Phänomen der bewussten und zielgerichteten Braugraben, einem Fließgewässer zwischen der Stadt Aussetzung fremdländischer Landschneckenarten ist Oranienbaum-W rlitz und Kakau, eine vitale und Sachsen-Anhalt durch entsprechende Aktivitäten in individuenreiche Population von Sinanodonta woo- den 1960- bis 1970er Jahren besonders betrofen. Im diana nachweisen (Unruh 2014). Wie in Erfahrung Naturraum Harz erh hte sich dadurch die Anzahl der gebracht werden konnte, werden die Fischteiche bei nicht heimischen Schließmundschnecken auf drei. Kakau, die der Braugraben entwässert, regelmäßig Unerklärlich bleibt, warum die aufallende Gefeckte mit Besatzfschen unterschiedlichster geografscher Gartenschnecke (auch als „Gefeckte Weinberg- Herkunf besetzt. schnecke“ bezeichnet) bei Körnig et al. (2013) keine Erwähnung fand – schließlich gehen die Angaben zu Valvata macrostoma (Mörch, 1884) – Sumpf-Feder- ihrer Erstbeobachtung auf dem heutigen Landesge- kiemenschnecke (Abb. 13) biet bis in die 1930er Jahre zur ck. Auch gegenwärtig Die Sumpf-Federkiemenschnecke war bisher aus dem scheint ihr Vordringen durch Verschleppung das Inter- Saarensee bei Klieken (Reichhoff et al. 2013) sowie esse der Naturfreunde und Malakologen kaum zu aus dem Schollener See (Unruh 2008) bekannt wecken. Biotop und Habitus einer Nacktschnecke
Abb. 13: Karte von Sachsen-Anhalt mit Daten zur Verbreitung der Zierlichen Tellerschnecke (Anisus vorti- culus), des Flachen Posth rnchens (Gyraulus riparius), der Glatten Erbsenmuschel (Pisidium hibernicum), der Kleinsten Erbsenmuschel (P. tenuilineatum) und der Sumpf-Federkiemenschnecke (Valvata macrostoma). Kartengrundlage aus Körnig et al. 2013 ergänzt mit bislang unber cksichtigten Daten.
69 aus dem Saaletal bei Schulpforte berechtigen trotz (Landesbetrieb f r Hochwasserschutz, Magdeburg) ausstehender Sektion zur Vermutung, dass es sich bei gab uns wichtige Hinweise zu Genese und Zustand von diesem Fund um die Moor-Wegschnecke handeln Arendsee und Schollener See, Herr Dr. Ralph Metzger k nnte. Das Flache Posth rnchen wurde erstmals im (Landesbetrieb f r Hochwasserschutz, Magdeburg) Arendsee gefunden. Bei Recherchen stellte sich her- half bei der Zusammenstellung aller Funde von Pisi- aus, dass die Glatte Erbsenmuschel bereits seit zehn dium hibernicum. Frau Dr. Ira Richling (Staatliches Jahren aus Gewässern im Norden Sachsen-Anhalts Museum f r Naturkunde, Stuttgart) und Herrn Peter bekannt ist; diesen Nachweisen durch Dritte wird Gl er (Labor f r Biodiversitätsforschung, Hetlingen) ein eigener aus dem Biosphärenreserat Mittelelbe bei m chten die Verfasser f r die Nachbestimmung einiger Dessau hinzugef gt. Die Kleinste Erbsenmuschel, determinationskritischer Wassermollusken danken. landesweit eine Seltenheit, konnte ebenso wie die Herr Dr. Vollrath Wiese (Museum der Natur, Cismar), Sumpf-Federkiemenschnecke im Arendsee, letztere stellte nicht nur die Abbildung 1 zur Verf gung. Ihm auch im Schollener See, nachgewiesen werden. Erstere geb hrt als kenntnis- und ideenreichem, stets hilfsbe- scheint in geeigneten Fließgewässern des n rdlichen reitem Malakologen an dieser Stelle unser besonderer Landesteils verstreut verbreitet zu sein. Eine Einstu- Dank. Schließlich sei den Herren Fischer-Kagel und fung in die Neuaufage der Roten Liste ist vorzuneh- Zeising f r ihre Unterst tzung gedankt. men. Die Zierliche Tellerschnecke ist eine Art der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie. Sie wurde im Ergebnis der Gewässerkundlichen Untersuchungen Literatur des Landesbetriebes f r Hochwasserschutz in j ngs- Braasch, D. & H. Braasch (2015): Gefeckte Weinberg- ter Vergangenheit sowohl aus dem Schollener See als schnecke – Cornu aspersum (Helix aspersa) (O. F. Müller, auch aus dem Arendsee gemeldet. Individuenreiche 1774) – in Mitteldeutschland. – Club Conchylia Mitteilun- Vorkommen der Chinesischen Teichmuschel in einem gen 25: 25–26 (Harxheim). als Angelgewässer genutzten Teich bei Helbra und Brinkmann, R. (2005): Bestandsaufnahme der FFH-Art Zier- liche Tellerschnecke (Anisus vorticulus) an den bekannten einem Fischzuchtgewässer im Gebiet der mittleren Vorkommen Niedersachsens im Jahre 2005. – Niedersäch- Elbe sollte Veranlassung sein, das Vordringen dieser sischer Landesbetrieb f r Wasserwirtschaf, K sten- und invasiven Art im Rahmen faunistischer Erfassungen Naturschutz Hannover-Hildesheim (NLWKN). – Hildes- weiter zu dokumentieren. heim. – Unver f. Gutachten. Brinkmann, R. (2007): Erfassung von Bestandsdaten von Tier- und Pfanzenarten der Anhänge II und IV der FFH- Die Befunde verdeutlichen, dass kontinuierliche in- Richtlinie. Mollusca: Anisus vorticulus. – Berichtszeitraum tensive Freilanduntersuchungen unerlässlich sind, um 2003–2006. – Ministerium f r Umwelt, Natur und Forsten Bestand und Wandel einer vermeintlich gut bekann- Schleswig-Holstein. – Kiel. – Unver f. Gutachten. ten Fauna fortlaufend zu dokumentieren. Die vorge- BfN & BLAK FFH-Monitoring und Berichtspflicht – stellten Ergebnisse sind eine unerlässliche Grundlage Bundesamt für Naturschutz & Bund-Länder- Arbeitskreis FFH-Monitoring und Berichtspflicht zur Abfassung einer korrigierten Checkliste der Bin- (Hrsg.) (2017): Bewertungsschemata f r die Bewertung nenmollusken des Landes Sachsen-Anhalt sowie zur des Erhaltungsgrades von Arten und Lebensraumtypen als Fortschreibung der Roten Liste. Grundlage f r ein bundesweites FFH-Monitoring. Teil I: Arten nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie (mit Ausnahme der marinen Säugetiere). – BfN-Skripten 480: Danksagung 374 S. Colling, M. & E. Schröder (2006): Weichtiere: Anisus vorticulus. – In: Petersen, B. & G. Ellwanger (Bearb.): Ein besonderer Dank gilt den Herren Dr. Claus- Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. J rgen Otto (Fahrenkrug) und Dr. Rainer Brinkmann Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH- Richtlinie (Verden), die ihre bislang unver fentlichten Funde in Deutschland. Bd. 3: Arten der EU-Osterweiterung. – Schrifenreihe f r Landschafspfege und Naturschutz zur Verf gung stellten. Frau Martina Jährling (Mit- 69 (3): 155–163. arbeiterin des Gewässerkundlichen Dienstes des Ehrmann, P. (1956): Mollusca (Abteilung I) – In: Brohmer, Landesbetriebes f r Hochwasserschutz, Magdeburg) P., P. Ehrmann & G. Ulmer (Hrsg.): Die Tierwelt Mittel- danken wir herzlich f r die Mitteilung der Nachweise europas. Bd. 2: Mollusca / Crustacea / Isopoda / Myriapo- von Anisus vorticulus sowie die Klärung der bis 2008 da. – Leipzig (Quelle & Meyer): 264 S. u. 13 Taf. Fraussen, K. (2016): Cornu aspersum (Müller, 1774). Te zur ckreichenden Umstände bez glich der Fundmel- enigmatic ‘cornucopia’. – Pallidula. Te Magazine of the dungen von P. hibernicum. Herr Karl-Heinz Jährling British Shell Collectors’ Club 46 (1): 4–7.
70 Geyer, D. (1896): Unsere Land- und S ßwasser-Mollusken. Körnig, G., K. Hartenauer, M. Unruh, P. Schnitter & Einf hrung in die Molluskenfauna Deutschlands. – Stutt- A. Stark (Bearbeiter) (2013): Die Weichtiere (Mollusca) gart (S ddeutsches Verlagsinstitut): 85 S. des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Ber cksich- Glöer, P. (2002): Die S ßwassergastropoden Nord- und Mit- tigung der Arten der Anhänge zur Fauna-Flora-Habitat- teleuropas. Bestimmungsschl ssel, Lebensweise, Ver- Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna- breitung. – Die Tierwelt Deutschlands 73. – Hackenheim Flora-Habitat-Lebensraumtypen. – Halle/S. – Berichte des (ConchBooks): 327 S. Landesamtes f r Umweltschutz Sachsen-Anhalt 12: 336 S. Glöer, P. (2015): S ßwassermollusken. – Ein Bestimmungs- Körnig, S. 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Richling (2009): Erstnachweise des Flachen B ro f r Angewandte Limnologie Dr. Herbert Reusch, Posth rnchens Gyraulus (Lamorbis) riparius (Wes- Suhlendorf. – Bearb.: C.-J. Otto, S. Speth & R. Brinkmann. terlund 1865) in S dwestdeutschland und Nieder- – Magdeburg. – Unver f. Gutachten. sachsen (Gastropoda: Basommatophora: Planorbi- LHW – Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Was- dae). – Frankfurt/M. – Mitteilungen der Deutschen serwirtschaft Sachsen-Anhalt (2015): Gewässer ber- Malakozoologischen Gesellschaf 82: 31–39. wachungsprogramm (GÜSA). Erhebung und Bestimmung Hartenauer, K. & A. Stark (2013): Schutzmaßnahmen und von Makrozoobenthos im Eulitoral von Seen Sachsen- Gefährdung. – In: Körnig, G., K. Hartenauer, M. Un- Anhalts. Projekt-Nr. 14/N/1834/MD des Landes Sachsen- ruh, P. Schnitter & A. Stark (Bearb.): Die Weichtiere Anhalt. – Magdeburg. 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71 poda, Pulmonata, Clausilidae) in Sachsen-Anhalt. – Anisus vorticulus. – Club Conchylia Informationen. – Con- Schrifen zur Malakozoologie (Cismar) 28: 1–6. chylia 42 (1–4): 71–74. Ulmer, G. (1928): Unsere Wasserinsekten. – Naturwissen- Zettler, M. L. & P. Glöer (2006): Zur Ökologie und Mor- schafliche Bibliothek. – Leipzig (Quelle & Meyer): 157 S. phologie der Sphaeriidae der Norddeutschen Tiefebene. – Unruh, M. (2008): Mollusken (Muscheln und Schnecken) Heldia 6: 1–61. im Elbe-Havel-Winkel. – Untere Havel. – Naturkundliche Zettler, M. L., U. Jueg, H. Menzel-Harloff, U. Göllnitz, Berichte aus Altmark und Prignitz (Havelberg) 18: 26–42. S. Petrick, E. Weber & R. Seemann (2006): Die Land- Unruh, M. (2014): Die Wassermolluskenfauna im Gebiet der und S ßwassermollusken Mecklenburg-Vorpommerns. – mittleren Elbe – Inventur der Wasserschnecken und Mu- Schwerin (Obotritendruck): 318 S. scheln zwischen Steckby und Gräfenhainichen (Mollusca: Zettler, M. L., J. Polak & R. Metzger (2017): Ein indivi- Gastropoda et Bivalvia). – Naturwissenschafliche Beiträge duenreiches Vorkommen der Kleinsten Erbsenmuschel, des Museums Dessau 26: 5–30. (Pisidium tenuilineatum Stelfox, 1918) in der Altmark Unruh, M., G. Körnig & A. Stark (2013): Methodik. – In: (Sachsen-Anhalt). – Frankfurt/M. – Mitteilungen der Körnig, G., K. Hartenauer, M. Unruh, P. Schnitter & Deutschen Malakozoologischen Gesellschaf 98: 23–27. A. Stark (Bearb.): Die Weichtiere (Mollusca) des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Ber cksichtigung der Arten der Anhänge zur Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie so- wie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat- Anschriften der Autoren Lebensraumtypen. – Halle/S. – Berichte des Landesamtes f r Umweltschutz Sachsen-Anhalt 12: 17–23. Michael Unruh Unruh, M. & A. Stark (2015): Zur Kulturgeschichte und Schmale Str. 29 ∙ 06712 Gutenborn OT Großosida Fauna von Klopstockquelle und Quellteich – landschaf- E-Mail: [email protected] liche Kleinode im Burgenlandkreis. – Saale-Unstrut-Jahr- buch 20: 188–204. Wiese, V. (2014): Die Landschnecken Deutschlands. Finden – Dr. Andreas Stark Erkennen – Bestimmen. – Wiebelsheim (Quelle & Meyer): Seebener Str. 190 ∙ 06114 Halle/S. 352 S. E-Mail: [email protected] Wiese, V., I. Richling, R. Brinkmann & K. Groh (2012): Weichtier des Jahres 2011: Die Zierliche Tellerschnecke
72 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 73–80 Informationen
Erwiderung zum Beitrag M. WALLASCHEK: steht der Begrif „Natur“ vielmehr f r die genutzte Eine weitere Interpretation des W rlitzer und gestaltete Natur (die Landschaf) und bezeichnet Warnungsaltars [Naturschutz im Land damit die sich damals entwickelnde Landeskultur Sachsen-Anhalt 54 (2017) JH: 71−73] und Landschafspfege in Einheit mit der Gartenkunst (Däumel 1961, Haber 2014). Diese Interpretation Lutz Reichhoff bezieht sich auf den Ideengehalt der Auflärung, wie diese von F rst Leopold III. Friedrich Franz von An- In Jahrgang 53 der vorliegenden Zeitschrif habe ich halt-Dessau vertreten wurde und sich eben auch in (Reichhoff 2017) versucht darzulegen, dass die In- der genannten Inschrif wiederfndet. schrif auf dem Warnungsalter von 1800 in den W r- Wallaschek (2017) vertritt dagegen die Aufassung, litzer Anlagen „Wanderer achte Natur und Kunst und gemeint sei in der Inschrif tatsächlich die „wilde schone ihrer Werke“ (Abb. 1) nicht, wie vielfach inter- Natur“, da „F rst Franz auf die separate Auf hrung pretiert, als fr her Aufruf zum Naturschutz verstan- des Begrifs Kunst [hätte] verzichten k nnen, denn in den werden sollte. Nach dem damaligen Verständnis ‚Natur als Landschaf‘ wäre sie enthalten gewesen“.
Abb. 1: W rlitzer Anlagen, Warnungsaltar.
73 Abb. 2: W rlitzer Anlagen, Eisenhart im Neumarks Garten mit S dseepavillon (links) und Bibliothek.
Hier irrt Wallaschek, denn der Leitspruch des F rs- bar macht und S mpfe austrocknet, der macht Erobe- ten war „Das Sch ne mit dem N tzlichen“ und nicht rungen von der Barbarei.“ Diese Aufassung wurde „Das Sch ne mit dem Nat rlichen“ zu verbinden. von Franz ebenso vertreten. Man muss bedenken, dass Das Sch ne, vor allem Architektur und Gartengestal- die Ernährung der Bev lkerung im 18. Jahrhundert tung aber auch bildende Kunst, Musik, Literatur nicht regelmäßig gesichert war. Die Getreideerträge und Teater, sollten auch n tzlich sein. Und durch waren sehr niedrig, die Jagd ging ber die Felder und Nutzung erschlossene Natur, hier insbesondere durch beeinträchtigte die Ernte, Hochwässer und Unwetter Land- und Forstwirtschaf, Obstbau, aber auch Deich- zerst rten die Fluren mit der Folge von Hungersn - bau, Waldrodungen und Entwässerungen, aber auch ten, Kriege oder Kontributionen zehrten die Vorräte Straßenbau, sollte n tzlich und zugleich sch n sein. auf. Das alles war Grund genug, der Landwirtschaf Geschont werden sollten die n tzlichen und sch nen als bestimmenden Wirtschafszweig oberste Priorität Werke des Menschen in der Natur, eben der Land- einzuräumen und nutzbares Land zu erschließen. schaf, im Zusammenhang mit der Kunst. Um seine Aufassung zu st tzen, f hrt Wallaschek Wallaschek dehnt seine Aufassung sogar so weit verschiedene Argumente an. Zuerst geht er auf die und behauptet, „wilde Natur“ sei „den Auflärern Forschungsreisenden des 18. Jahrhunderts Johann nicht nur von hohem Wert [gewesen], sondern es kam Reinhold Forster und dessen Sohn Johann Georg ihnen sehr wohl in den Sinn, sie zu schonen und zu Adam Forster ein, die F rst Franz in London traf sch tzen“. Dies steht im Gegensatz zu den allgemein und die ihm eine kleine ethnographische Sammlung anerkannten Ideen der Auflärer, die mittels der Ver- aus der S dsee schenkten. Georg Forster besuchte nunf die Gesellschaf und ihr Verhältnis zur Natur zudem Franz 1779 in W rlitz. Aus Bruchst cken von gestalten (bzw. umgestalten, erschließen, nutzen) Zitaten glaubt er herauszulesen, dass der Kontakt zu wollten! Im Denken des 18. Jahrhunderts war „wilde den Forsters ihn veranlasst hätte, in der benannten Natur“ zu bekämpfen und zu beseitigen. Deshalb habe Inschrif unter Natur tatsächlich die „wilde Natur“ ich das Zitat von Friedrich dem Großen angef hrt: zu verstehen. Der Kontakt zu den Forsters zeitigte „Wer den Boden verbessert, w st liegendes Land ur- aber als bemerkenswertes Ergebnis die Errichtung
74 Abb. 3: W rlitzer Anlagen, Toleranzblick vom Elbedeich zur Kirche und Synagoge.
des S dseepavillons von 1779 auf dem Eisenhart in auch auf den in Berlin wirkenden Philosophen Moses W rlitz, in dem die geschenkte Sammlung ihren Platz Mendelsohn (1729−1786) zur ck, der in Dessau ge- fand (Abb. 2). Das dr ckt aus, dass Franz großes Inte- boren wurde und der die Idee der Gleichwertigkeit resse an der Kultur fernen Ländern hatte, mehr aber der Religionen vertrat. Gotthold Ephraim Lessing auch nicht. Sein Interesse erstreckte sich dem Zeit- (1729−1781) setze ihm in „Nathan der Weise“ ein geist entsprechend auch auf die Kultur Chinas. Aus Denkmal. englischen Vorbildern, denn er kannte selbst China Die Erläuterungen von Wallaschek zum Gebrauchs- nicht, bernahm er die Anregungen zur Gestaltung wert der Natur sind im Zusammenhang mit der vertre- chinoiser Innenräume. Am Rand des alten barocken tenen Ansicht ber die „wilde Natur“ schwer einzu- Parks Oranienbaum gestaltete er den Wassergarten ordnen, da er selbst die „Herstellung der Verf gungs- in einen Garten im chinesischen Stil mit Pagode und gewalt ber die vorgeblich „wertlose wilde Natur“ bis Glockenturm um – also weit mehr, als ihn die S dsee- hin zur „gewaltsamen Aneignung von Rohstofen, sammlung inspirierte. Ressourcen und Arbeitskräfen in aller Welt“ be- Weiterhin verweist Wallaschek auf eine Sicht in den schreibt (Suchanek 2001), was ja der Umwandlung W rlitzer Anlagen, die vom Elbewall nahe dem soge- der Natur durch Aneignung in Landschaf entspricht. nannten Monument auf die Kirche und die Synagoge Auch sein Verweis auf die Lehre der Physiokraten, gerichtet ist. Im Bereich dieser Sicht steht der War- nach der nur die Natur Werte hervorbringt, hilf hier nungsaltar, was Wallaschek unter Bezug auf Schil- nicht weiter, weil diese Werte der Natur eben durch ling veranlasst zu deuten, dass F rst Franz „Religion, Nutzung erschlossen wurden. Vernichtung der Natur, Kunst und Natur als gleichberechtigt“ habe darstellen die Wallaschek andeutet, durch Verwandlung in wollen. Dem ist nicht so, vielmehr handelt es sich um Landschaf, stand nirgendwo zur Diskussion. Um zu den „Toleranzblick“ auf Kirche und Synagoge, der vermeiden, dass ein Missverständnis in Bezug auf den die gleichen Wertigkeiten der Religionen verdeutlich Begrif der „Landschaf“ vorliegt, f ge ich im Anhang (Abb. 3). Das Motiv entspringt der Tatsache, dass einen Text zur Aufassung der Landschaf durch die Franz den Juden mehr Rechte einräumte. Es geht aber Auflärer an.
75 Es sei abschließend noch darauf hingewiesen dass Franz“ die historische Gestalt des F rsten wieder in der Begrif der „wilden Natur“ erst in der Gegenauf- den Mittelpunkt zu stellen (Pečar 2017). Nun zeich- klärung der Romantiker zentrale Bedeutung gewann. net Wallaschek auch noch das Bild eines „Wildnis- Dem folgend wandelt sich auch der Inhalt des Begrifs Franz“. Armer Franz! der Landschaf. Auch hierzu folgen im Anhang Erläu- terungen. Anhang Zum Abschluss seiner Abhandlung kommt Walla- schek wohl auf den eigentlichen Grund seiner Darle- Die nachfolgenden Texte sind verk rzte Ausf hrun- gungen zu sprechen, indem er auf mehrerer eigene Bei- gen aus dem Manuskript „Landschafsgeschichte von träge in der von ihm herausgegebenen Reihe „Beiträge Anhalt unter besonderer Ber cksichtigung von An- zur Geschichte der Zoogeographie“ (u. a.) verweist. Das halt Dessau (Reichhoff et al. 2017). Fazit daraus lautet: „Es ist endlich an der Zeit, mit der Legende der Ahnungslosigkeit unserer (wissenschafli- Landschaf im Denken der Auflärung – chen) Vorfahren in den Fragen des Schutzes der Natur Vorbild englische Landschaf zu brechen.“ Gut so, aber das bezweifelt ja niemand. Seit fr hester Zeit gab es immer aus Einzelmotivationen Die liberale wie die demokratische Auflärung ver- heraus veranlasste Schutzbem hungen f r bestimmte bindet das Ziel, dass die Natur besiegt und beherrscht Teile der Natur (oder eben der Landschaf). Das lässt werden muss. sich in unserem Raum schon am Schutz der Baumanns- Der Landschafsgarten, den F rst Franz auf seinen h hle [1668] (Müller et al. 1997: 17) oder der Teufels- Reisen in England kennen lernte und ihn auf das euro- mauer [1833] (Funkel, Reichhoff & Schönbrodt päische Festland zusammen mit der klassizistischen 2003: 225) und außerhalb dessen des Drachenfelsens und neogotischen Architektur als Stilrichtung seines im Siebengebirge [1836] (Schmoll 2006: 14) oder des Gartenreiches holte, war Kern der Vorstellung von Totensteins in der Oberlausitz [1844] (Giesler 2016) be- Landschaf, die in der demokratischen Auflärung eine legen. Bannwälder dienten der Jagd und es gab jagdliche besondere Rolle spielte. Im Landschafsgarten begeg- Regelungen zum Schutz von Arten. F r das Gartenreich nen sich liberale und demokratische Aufassungen der Dessau-W rlitz kann aus der ersten Hälfe des 19. Jahr- Auflärung. „Der Landschaf wurde in jener Zeit in hunderts der Schutz der Solitäreichen angef hrt wer- verschiedenen weltanschaulichen und k nstlerischen den, den der Herzog Leopold Friedrich aus ästhetischen Richtungen die Hauptaufgabe zugesprochen, den Gr nden unter Anwendung des „Eichenregals“ recht- Menschen zu bessern, oder anders formuliert, sie galt lich durchzusetzen bem ht war (Schultheis & Reich- als Erziehungsmittel. Das Spazieren in der Landschaf, hoff 2011). „So besitzt der moderne Naturschutz zwar das Leben in ihr, das Malen von Landschafen, das zahlreiche Vorläufer und Traditionslinien, die teils weit Beschreiben von Landschafen in Romanen und Ge- in die Geschichte zur ckreichen und weit ber europä- dichten, das k nstliche Herstellen von Landschafen, isch-westliche Horizonte hinausweisen. […] Aber: In all d. h. das Anlegen von Landschafsgärten, diente der Er- diesen Fällen folgen die Schutzvorstellungen partikula- ziehung der Menschen zur Tugend“ (Trepl 2012: 39). ren Interessen oder solitären Einstellungen bestimmter Dabei ging die Auflärung von einer Ideal-Landschaf sozialer Gruppen zur Natur. Insgesamt ist der Natur- aus, die sie an allen Orten in gleicher Weise erfahren schutz als eine Bewegung, die das Ideal der Bewahrung wollte. Dieser Idealtypus in Gemälden und Schilde- der nat rlichen Umwelt ber den Zweck ihrer Nutzung rungen beschrieben, war vorgegeben und nicht aus der stellt und dem Primat der Ökonomie einen Primat der Eigenart der Gegend und ihrer Nutzung ableitbar. Natur entgegensetzt, ein typisches Symptom moderner Der Landschafsgarten wurde im Gegensatz zum Gesellschafen, das erst mit der Entfaltung der industri- barocken franz sischen Garten zum Ausdruck von ellen Moderne breite gesellschafliche Resonanz fand“ Freiheit, dargestellt in idealisierter Natur. Aber nicht (Schmoll 2006). Schon aus diesem Grund kann der Be- die Regellosigkeit der Wildnis wurde hier angestrebt, grif „Natur“ auf der Inschrif des Warnungsaltars kein sondern das harmonische Bild der geordneten Natur. fr her Hinweis auf den modernen Naturschutz sein. Nicht ein zentraler Blick prägt den Garten, sondern Auf F rst Franz bezogen ist die Geschichtsforschung viele Blicke von den verschiedensten Standpunkten seit geraumer Zeit darum bem ht, nach der Entkon- und aus der Bewegung im Raum heraus erm glichen textualisierung der Erinnerungsfgur des „Vater das individuelle freie Erlebnis des Besuchers. Diese
76 sch ne und harmonische Natur grif das Arkadien- wurden. Dies barg in sich die stets wiederkehrende motiv auf. Die antike Weidelandschaf, das Hirtenle- Überraschung, das Kennenlernen des stets Neuen, ben f r Muße und Liebe, steht in der demokratischen den Wechsel in Raum und Zeit. Eine Wanderung 1797 Auflärung f r den Naturzustand von den in Frieden von Dessau nach W rlitz wurde so zum Erlebnis und Harmonie lebenden Freien und Gleichen (Ge- (Boettiger 1982). linsky 2008: 90). Die Landschaf sollte zugleich das Bild reichen Wach- Diese erzieherischen Ziele verfolgte auch F rst Franz sens und Werdens auf den Ackerfächen, die Vermitt- in seinen Gärten mit zahlreichen allegorischen Hin- lung von kultivierten und ertragreichen Flächen ver- weisen bis hin zur demonstrativen Bewirtschafung mitteln. Auf den Wiesen erwartete man weidende, gut von Äckern in diesen Gärten oder zum Anbau von genährte Tiere, die den Wohlstand des Landes vermit- Klee, zur Mergelung, zum Obstbau oder zur Stallhal- telten. Geordnete Nutzung in gestalteter Landschaf tung von Tieren. Die Bauern seines Ländchens sollten waren die Ziele, waren die Idealbilder der Auflärung. die modernen landwirtschaflichen Methoden kennen Das harmonische, sch ne und n tzliche Bild der lernen und ihnen nacheifern. Landschaf zur Zeit der Auflärung wurde entschei- dend f r das Landschafsbild des heutigen Menschen. Die englischen Gärten und Landschafen wurden Hinzu traten aber noch die Ideale der Landschaf in ihm zum Vorbild f r die Gestaltung seines ganzen der Folgezeit der Romantik, das nicht ohne Kritik F rstentums als Garten. Dabei kann mit großer am klassischen Landschafsbild war. Während in der Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Auflärung und im Klassizismus das landschafliche er in den die englischen Weidelandschafen prägen- Ideal stark intellektualisiert, ja auch aus der Distanz den Eichenwiesen das Potenzial seiner Auen erkannte, oder aus dem Wissen der antiken Vorbilder heraus in denen, aus historischer Nutzung stammend, eben geprägt war und die Empfndsamkeit einen gewissen solche Eichen die Landschaf prägten. Die Aufmerk- rationalen Grund hatte, verdrängte die Romantik samkeit f r die Eichen kommt in einer Tagebuchauf- diese Aufassung und stellte an ihre Stelle die Emo- zeichnung der F rstin Luise auf ihrer Englandreise tion, das unmittelbare tiefe Ber hrtsein durch den 1775 zum Ausdruck: „Nachdem wir dort von Insley Anblick der Landschaf und die Verinnerlichung mit (=Ainsley?) Abschied genommen, fuhren wir weiter dem eigenen Leben und Erleben. nach Windsor. Je näher man diesem Ort kommt, je mehr gleicht die Gegend der unsrigen. … Hernach Landschaf im Denken und F hlen der Romantik fuhren wir durch den Park, welcher mir schon durch Pope war bekannt gemacht worden – sch n ist er, Die Romantik ist nun die konservative Gegenbewe- freilich – aber unser Geh lze, unsere Wälder sind weit gung zur Auflärung. Mit den Napoleonischen sch ner“ (Geyer-Kordesch 2007: 190f.). Kriegen verschwanden die Ziele der Auflärung in H hepunkte der gestalteten anhaltischen Gesamt- Anhalt-Dessau. Als Herzog musste Franz erfahren, landschaf, die später als „Gartenreich“ apostrophiert dass viele Prinzipien seiner reformerischen Epoche, wurde, waren die Landschafsgärten, unter denen vor wie Weltofenheit, Dialog und Mäßigung, in restaura- allem den W rlitzer Anlagen eine bestimmende Rolle tiven Bestrebungen untergingen. Sein Enkel, Herzog zukommt. In der Summe reihen sie sich im Elbetal Leopold Friedrich, wandte sich, abgesehen von der zwischen Dessau und W rlitz wir Perlen an einer Neigung zur gestalteten Landschaf und den Gärten, Kette, so von Westen nach Osten insbesondere das mit gänzlich anderer Vorstellung, vom Denken seines Georgium, das Luisium, der Sieglitzer Berg, der Ber- Großvaters ab. tingpark und die W rlitzer Anlagen. Der grundsätzliche Unterschied im Denken von Auf- klärung und Romantik wird insbesondere in Bezug zur In die Landschaf wurden Dämme und Straßen mit Religion deutlich. Während die Religion in der Auflä- Obst bepfanzt, Kleinarchitekturen wie Sitze und rung nach Kant die subjektive Erkenntnis der Pfichten Wachhäuser errichtet, die Orte mit Kirchen und als g ttliche Gebote ist, wird sie bei Schleiermacher ein klassizistischen Zweckbauten versch nert u. a. m. Die subjektives Erlebnis, ein Grundgef hl der unendlichen Landschaf erschlossen weite Sichten, die mit dem und lebendigen Natur (Trepl 2012: 120f.). Motiv des Weiterreichens von Ort zu Ort, von Raum Die Romantik lehnt in diesem Sinne den rationalen zu Raum f hrten. Dabei wurden „Auge und Fuß ge- Zugang der Auflärung zur Natur ab, von dem diese trennt“, sodass die Ziele nie auf geradem Weg erreicht vom Wunderbaren nur das Erklärliche brig ließ.
77 „Damit wendet sich die Romantik ab von der Idee Geyer-Kordesch, J. unter Mitarbeit von A. Erbacher & eines auf Vernunf gegr ndeten, technischen wie U. Quilitzsch (Hrsg.) (2007): Die Englandreise der F rs- tin Louise von Anhalt-Dessau im Jahre 1775. – Berlin (Ni- moralisch-politischen Fortschritts […]. Fortschritt colaische Verlagsbuchhandlung). − Kataloge und Schrifen scheint den Romantikern jedoch durchaus m glich, der Kulturstifung DessauW rlitz Band 26: 288 S. allerdings auf ganz anderer Ebene. Während f r die Giesler, T. (2016): Die Felsen Eulenstein, Zeisigstein und Auflärung die Kunst vornehmlich eines der Mittel Teufelsstein – Spurensuche in den K nigshainer Bergen. – im Dienste des Fortschritts war, wird sie nun selbst G rlitz. – Berichte der Naturforschenden Gesellschaf der Oberlausitz 24: 69−82. zum Ziel. Dabei r ckt die k nstlerisch beseelte Land- Haber, W. (2014): Landwirtschaf und Naturschutz. – Wein- schaf in den Mittelpunkt“ (Trepl 2012: 123). heim (Viley-VCH): 298 S. Die Kunst sollte es im Sinne einer neuen Mythologie Hirsch, E. (1974): Das N tzliche mit dem Sch nen. Die erm glichen, die Natur als das zu zeigen, wonach man „weltweite Bedeutung“ der Dessau-W rlitzer Kulturland- sich sehnt. Dies zu sehen ist nicht nur dem K nstler schaf und ihre Rolle in unserer sozialistischen Gesell- schafsordnung. – In: Zwischen W rlitz und Mosigkau. m glich, sondern auch dem Betrachter der Kunst wie – Dessau. − Schrifenreihe zur Geschichte der Stadt Dessau auch dem Wanderer, der die Natur betrachtet. Diese und Umgebung 11: 3−22. Kunst-Religion war aufs Engste mit der Landschaf ver- Müller, J., L. Reichhoff, C. Röper & R. Schönbrodt bunden, aus der der Einzelne in pers nliche Betrach- (1997): Die Naturschutzgebiete Sachsen-Anhalts. – Jena, tung die Verheißung des Gl cks erfahren sollte. Nicht Stuttgart, L beck, Ulm (Gustav Fischer Verlag): 543 S. die reale Landschaf war der Gegenstand der Wider- Pečar, A. (2017): Vater Franz oder F rst Franz von Anhalt- Dessau? Vorbedingungen zum Verständnis des F rsten in spiegelung, sondern die Empfndung des Betrachters. seiner Residenzstadt Dessau. Der F rst und seine Stadt. Diese Ideen fnden sich in der romantischen Land- Leopold Friedrich Franz und Dessau. – Pečar, A. & F. schafsmalerei wieder. Während in der Auflärung Kreissler (Hrsg.). – Petersberg (Michael Imhof Verlag). – der Betrachter der Kunst gegen ber steht und sie ana- Ver fentlichungen des Stadtarchivs Dessau-Roßlau, lytisch erschließt, soll der Betrachter in der Romantik Band 20: 10−17. Reichhoff, L. (2016): „Wanderer achte Natur und Kunst und sich selbst im Bild fnden, in dieses eingehen. schone ihrer Werke“. Zur Interpretation der Inschrif auf Die Landschaf der Romantik ist nicht mehr die har- dem Warnungsaltar in den W rlitzer Anlagen. – Natur- monische, durch Vernunf gestaltete Natur. Vollen- schutz im Land Sachsen-Anhalt 53: 108−109. dung sollte es nicht geben, der Weg zur Vollendung Reichhoff, L. et al. (2017): Landschafsgeschichte von Anhalt war endlos. Und diese Ferne war der menschlichen unter besonderer Ber cksichtigung von Anhalt-Dessau. – Unver f. Manuskript. Vernunf nicht zugänglich. Schmoll, F. (2006): Sch nheit, Vielfalt, Eigenart. Die Formie- War in der Auflärung die Wildnis feindliche, durch rung des Naturschutzes um 1900, seine Leitbilder und ihre Vernunf zu unterwerfende und nutzbar zu machen- Geschichte. – In: Frohn, H.-W. & F. Schmoll (Bearb): den Natur, so wurde sie in der Romantik Ausdruck Natur und Staat. Staatlicher Naturschutz in Deutschland der Gr ße der Natur, vor der die menschliche Win- 1906−2006. – Bonn Bad-Godesberg. − Naturschutz und Biologische Vielfalt 35: 13−84. zigkeit erschauderte. Wildnis war g ttliche Gr ße der Schultheis, C. & L. Reichhoff (2011): Das Eichenregal – ein Natur. Damit wurde sie als Gegenwelt und „heilige Gesch tzter Landschafsbestandteil der Stadt Dessau-Roßlau Wildnis“ entdeckt. zum Schutz der Alteichen im Gartenreich Dessau-W rlitz. – Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 48 (1+2): 32−38. Suchanek, N. (2001): Mythos Wildnis. – Stuttgart (Schmet- terling Verlag): 135 S. Literatur Trepl, L. (2012): Die Idee der Landschaf. Eine Kulturge- Boetticher, C. (1982): Reise nach W rlitz 1797. Aus der schichte von der Auflärung bis zur Ökologiebewegung. – Handschrif ediert und erläutert von Ehrhard Hirsch. Bielefeld (transcript Verlag): 255 S. 4. Auf. – W rlitz: 88 S. Wallaschek, M. (2017): Eine weitere Interpretation des Däumel, G. (1961): Über die Landesversch nerung. – Grei- W rlitzer Warungsaltars. – Naturschutz im Land Sachsen- senhaim/Rheingau: 200 S. Anhalt 54: 71–73. Funkel, C., L. Reichhoff & R. Schönbrodt (2003): Die Natur- und Landschafsschutzgebiete Sachsen-Anhalts. Ergänzungsband. – Landesamt f r Umweltschutz Sachsen- Anschrift des Autors Anhalt (Hrsg.). – Halle (Saale): 456 S. Gelinsky, E. (2008): Vielfalt und regionale Eigenart als struk- Dr. sc. Lutz Reichhof turierende Prinzipien einer Kulturtheorie des Essens. LPR Landschafsplanung Dr. Reichhof GmbH Eine ideengeschichtliche Rekonstruktion am Beispiel der Organisation Slow Food. – Mainz. − Beiträge zur Kulturge- Zur Großen Halle 15 ∙ 06844 Dessau-Roßlau schichte der Natur 17: 289 S. E-Mail: [email protected]
78 Der Lärchen-Splintbock in Sachsen-Anhalt
Andreas Rößler
Von den 200 Bockkäferarten, die in Deutschland vor- kommen, wurden laut Neumann & Malchau (2016) bisher 159 Arten f r Sachsen-Anhalt nachgewiesen. Der Lärchen-Splintbock (Tetropium gabrieli, Abb. 1) ist eine in Mitteleuropa verbreitete Art, ohne bei uns häufg zu sein. In Sachsen-Anhalt tritt der xylobionte Käfer sehr regional und selten auf. So steht er in der aktuellen Roten Liste der Bockkäfer Sachsen-Anhalts in der Kategorie 3 − gefährdet (Neumann 2004). Die Art ist monophag und besiedelt nahezu ausschließlich die Europäische und Sibirische Lärche. Selten wird der Lärchen-Splintbock in Kiefer nachgewiesen.
Schimitschek (1929) hat unter anderem Untersu- chungen zur Kopula, Eiablage und Dauer des Eista- diums angestellt. Danach erfolgte die Eiablage in der Regel vom 4. bis 6. Tag nach dem Schl pfen der Tiere. Die Kopula beginnt gleich nach dem Schl pfen. Das heißt, dass die Geschlechtsorgane im Augenblick des Schl pfens bereits v llig ausgereif sind. Am 5. Tag Abb. 1: Der Lärchensplintbock ist als gefährdete Art nach der ersten Begattung vollzieht sich bereits eine in der Roten Liste Sachsen-Anhalts aufgef hrt. Foto: intensive Eiablage. Die Dauer der Eiablage erstreckt A. R ßler. sich ber rund 14 Tage. Die Eier sind 1,0 bis 1,2 mm lang und 0,2 bis 0,3 mm breit, längsoval und weißlich mit einem sehr feinen Stich ins gr nliche. Die Eiruhe Tetropium gabrieli ist eine Art, die stark an die Ört- beträgt im Durchschnitt 10 bis 14 Tage. Es werden lichkeit gebunden ist und keine weiten Strecken nicht nur stehende Stämme besiedelt, sondern auch fiegend zur cklegt. Obwohl in der Literatur immer liegendes Holz und dicke Äste. Die Embryonalent- wieder von einer dämmerungs- und nachtaktiven wicklung dauert im Durchschnitt 10 bis 14 Tage. Die Lebensweise berichtet wird, gelangen sowohl alle Larven fndet man unter und in der Rinde von krän- Nachweise des Autors im Naturschutzgebiet Diebziger kelnden und absterbenden sowie frisch abgestorbenen Busch als auch die Nachweise durch Neumann (mdl. Bäumen. Es werden aber auch frische Stubben und Mitt.) in den Mittags- und Nachmittagsstunden. Die Klafer aufgesucht (Bringmann 1994). Aufallend Art wurde noch vor ca. 90 Jahren in einigen Gegen- ist bei der Besiedlung die Bevorzugung der unteren den Tschechiens und Österreichs als Schadinsekt Stammbereiche. angesehen. Die Ende des 19. Jahrhunderts aus forst- wirtschaflichen Gr nden eingef hrte Japanische Lär- Die Larve ist meist 14 bis 28 mm lang, schwach nie- che trug nach Klausnitzer et al. (2016) sehr stark zur dergedr ckt und frisst sich in die Kambialzone, wobei Ausbreitung des Lärchen-Splintbockkäfers bei. in der Regel die Längsrichtung des Stammes bevor- J ngere Nachweise gelangen durch Dammer (2017) im zugt wird. Die Generationsdauer beträgt in der Regel Wittenberger Ortsteil Kropstädt, Neumann (schrifl. ein Jahr. Die Verpuppung erfolgt im Fr hjahr. Die Mitt.) im Hakel, bei Pechau, Colbitz, im FND „Erdfälle Puppe ist 10 bis 17 mm lang, 3 bis 4,5 mm breit und Dr beck“ sowie im FFH-Gebiet “Burgesroth und Laub- weiß. Zur Verpuppung frisst sich die Larve mit einem wälder bei Ballenstedt“. Der Autor konnte im Jahr 2017 längsovalen Gang quer in den Holzk rper hinein. Am mehrere Nachweise f r das Naturschutzgebiet „Dieb- Ende eines f r Tetropium-Larvenarten typischen Ha- ziger Busch“ erbringen. In Tabelle 1 sind die genauen kenganges befndet sich die Puppenwiege. Die Haupt- Daten und Fundortumstände aller in Sachsen-Anhalt fugzeit der Imagines ist von Mai bis August. seit 1990 nachgewiesenen Tiere dargestellt.
79 Tab. 1: Nachweise des Lärchensplintbock in Sachsen-Anhalt 1990 bis 2017.
Datum Fundort Anzahl Leg./Det. Fundumstände Jahr Tag/Monat 1990 11.–17.5. Hakel 12 M. TROST 1992 26.2. Hakel 1 C. NEUMANN 26.6. Hakel 1 C. NEUMANN, V. NEUMANN, T. HOFMANN 1993 22.6. bei Pechau 1 V. NEUMANN 1995 Anfang Mai Hakel 2 C. NEUMANN, V. NEUMANN, T. HOFMANN Ex. pupa 22.6. NSG Kreuzhorst 1 H. BREITBARTH Tagfang 1998 27.6. bei Colbitz V. NEUMANN Fraß an Lärche 1999 30.5. Kleiner Hakel 1 S. SCHORNACK 2000 5.5. Umgebung Wilhelmshall 2 M. JUNG Westteil Huy 1 2001 28.7. NSG Kreuzhorst 1 H. BREITBARTH Lichtfang 2003 19.7. NP Harz, bei Schierke 1 H. BREITBARTH Lichtfang 2005 3.6. Blankenburg, Osterholz 1 M. JUNG 2007 3.6. Umgebung Ivenrode 2 H. BREITBARTH Lichtfang 2008 18.6.–13.10. FND Erdfälle Dr beck V. NEUMANN Fraßbilder, Larven, Schlupf- l cher, Käferreste 2011 11.5.–6.8. FFH-Gebiet Nr. 177, Burgesroth V. NEUMANN Entwicklungsstadien und Laubwälder bei Ballenstedt 22. u. 26.5. Athenstedt je 1 M. JUNG Holzscheite aus dem Osthuy 2016 28.5. Kropstädt b. Wittenberg 1 J. DAMMER Holzschober 2017 28.4. NSG Diebziger Busch 1 A. RÖSSLER Lärchenklafter, 0,7 ha Ein- schlag im Jahr 2015/16, Alter 41 Jahre 12.5. NSG Diebziger Busch 8 A. RÖSSLER gleiche Stelle 13.5. 2 19.5. 2
Literatur Neumann, V., K. Neumann & T. Hofmann (2001): Die Bock- käferfauna (Coleoptera; Cerambycidae) des Hakelwaldes. Dammer, J. (2017): Nachweis von Tetropium Gabrieli (Weise, – Abh. Ber. Mus. Heineanum 5: 95–104. 1905) (Coleoptera, Cerambycidae) im Landkreis Witten- Schimitschek, E. (1929): Tetropium gabrieli Weise und Tetro- berg, Sachsen-Anhalt. – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt 25 pium fuscum F. Ein Beitrag zu ihrer Lebensgeschichte und (2): 104. Lebensgemeinschaf. – Zeitschrif f r angewandte Ento- Klausnitzer, B., U. Klausnitzer, E. Wachmann & Z. Hro- mologie 15 (2): 229–334. madko (2016): Die Bockkäfer (Cerambycidae) Mitteleuro- pas. 3., stark berarbeitete und erweiterte Aufage. – Die Neue Brehm-B cherei, Bd. 499. – Magdeburg. – 2 Bände: 693 S., 157 Abb., 324 Fotos, 40 Tabellen. Anschrift des Autors Neumann, V. (2004): Rote Liste der Bockkäfer (Coleoptera: Ce- rambycidae) des Landes Sachsen-Anhalt. – Berichte des Lan- Andreas R ßler desamtes f r Umweltschutz Sachsen-Anhalt, H. 39: 299–304. Neumann, V. & W. Malchau (2016): Bockkäfer (Coleoptera: Am Hilligbornfeld 24 ∙ 06386 Gemeinde Osternien- Cerambycidae) Bestandssituation. – In: Frank, D. & P. burger Land OT Großpaschleben Schnitter (Hrsg.): Pfanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt. E-Mail: [email protected] – Natur+Text. – Rangsdorf: 861–873.
80 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 81–93 Mitteilungen
Ehrungen
Heinz Quitt zum 90. Geburtstag
Am 27.02.2018 beging Oberf rster a. D. Heinz Quitt in Wernigerode, bei bester Gesundheit, seinen 90. Ge- burtstag. Der 1928 in Tr bsdorf bei Weimar geborene Jubilar ist seit nunmehr 67 Jahren im ehrenamtlichen Naturschutz tätig und damit wohl zu Recht ein echtes „Urgestein des Naturschutzes“. Als Jugendlicher wurde er, wie viele seiner Alters- genossen, zur Wehrmacht eingezogen. Nach kurzer Gefangenschaf gelang ihm 1945 die Flucht aus dem Kriegsgefangenenlager. Im Jahre 1946 legte er das Abitur ab, und erst nach dem erfolgreichen Abschluss einer Waldarbeiterlehre, die er im Forstamt Hachel- bich (Hainleite) absolvierte, konnte er 1949 mit dem Forststudium in Berlin-Eberswalde beginnen. Von 1949 bis 1953 studierte Heinz Quitt Forstwissenschaf an der forstlichen Fakultät der Humboldt-Universität in Eberswalde. Der Einfuss des Forstbotanikers und Hochschullehrers Prof. Dr. Alexis Scamoni, der sich nach dem Kriege um die Ausweisung von Wald- schutzgebieten in der ehemaligen DDR verdient gemacht hat, war prägend f r den jungen Quitt und weckte sein Interesse am Naturschutz. Heinz Quitt am ehemaligen „Mattengarten“ an den Nach Abschluss des Studiums arbeitete er zunächst Zeterklippen (2005). Im sogenannten Mattengarten als Oberf rster in G strow und Genthin. Ab 1957 war sollten selten Brockenpfanzen gesch tzt werden. er Mitarbeiter in der Abteilung Forstwirtschaf beim Foto: G. Karste. Rat des Bezirkes Magdeburg. 1963 ging er in den Harz und bernahm die verantwortungsvolle Funktion des Produktionsleiters im Staatlichen Forstwirtschafs- betrieb Wernigerode und ab dem 01.01.1972 leitete gang f hrte ihn dann von 1957 bis 1962 zum Rat des er bis zu seiner Pensionierung die Oberf rsterei in Bezirkes Magdeburg, wo er sich eine Übersicht ber Ilsenburg. die Waldgebiete des Bezirkes und ber die Natur- Bereits als Oberf rster in Genthin bem hte er sich schutzarbeit verschafen konnte. In dieser Zeit war er um eine ofene und enge Zusammenarbeit mit dem auch maßgeblich an der Ausweisung von 31 waldbe- ehrenamtlichen Naturschutz. Der berufiche Werde- stockten Naturschutzgebieten (NSG) im Bezirk Mag-
81 deburg beteiligt. Dazu geh rten solche klassischen entwickelte sich auch mit dem 1953 in Halle neu ge- Naturschutzgebiete wie etwa das NSG „Elendstal“ bei gr ndeten Institut f r Landesforschung und Natur- Elend, die Neuausweisung des NSG „Oberharz“, jetzt schutz, später Institut f r Landschafsforschung Bestandteil des Nationalparks Harz und das in der und Naturschutz (ILN). Heinz Quitt kannte aus der Elbeaue gelegene NSG „Steckby-L dderitzer Forst“. Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaf mittel- Im Oberharz mussten schon damals die notwendigen deutscher (später herzynischer) Floristen den Botani- und sinnvollen Erfordernisse des Naturschutzes mit ker Prof. Dr. Hermann Meusel, der gleichzeitig erster den Anspr chen der Gemeinde Schierke bez glich Institutsdirektor des ILN war. Daraus entwickelte sich des Wintersports abgestimmt werden, was f r den eine enge Zusammenarbeit mit dem ILN und den f r engagierten Natursch tzer und Forstmann nicht im- die Bezirke Halle und Magdeburg zuständigen Ar- mer einfach zu bewerkstelligen war. Im NSG „Steckby- beitsgruppenleitern Dr. Hugo Weinitschke und später L dderitzer Forst“ schafe es Heinz Quitt, das forst- Dr. Peter Hentschel, die sowohl den ehrenamtlichen liche Nutzungsvolumen der dortigen Auenwälder im Naturschutz als auch die Forstbetriebe naturschutz- Sinne eines Schutzwaldes zu minimieren, entgegen fachlich anleiteten. den Nutzungsanspr chen der damaligen Forstwirt- schaf. In der Zusammenarbeit mit den Kreisnaturschutz- Die Verdienste des Jubilars sind sehr weit gefächert beaufragten des Bezirkes und dem ILN sowie durch und betrefen durchaus nicht nur den Naturschutz, den Einsatz von forsteigenen Kräfen gelang es ihm sondern auch die Forstwirtschaf, den Landschafs- immer wieder den Naturschutz zu stärken und be- schutz, die Forstwissenschaf, und diese besonders im stehende Konfikte bei naturschutzrelevanten Fragen Spiegel ihrer langen Geschichte im Harz, die Botanik, zu entschärfen. Als Beispiele seien hier genannt: die den Umweltschutz und den speziellen Artenschutz. Überwindung der unterschiedlichen Aufassungen Seine besondere Fähigkeit bestand im Schlichten von zur Pfege des NSG „Harslebener Berge-Steinholz“, Interessenkonfikten, im Ausgleich und der Pfege die Mitwirkung bei der Zusammenlegung der NSGs zwischenmenschlicher Beziehungen. Im Naturschutz, im Huy und der Orchideenschutz im Teilgebiet Wein- wo in der Regel viele Individualisten miteinander berg sowie die Erhaltung der „Brockenmatten“ und agieren und mit Beh rden zusammenwirken, erwies des Brockengartens. Auch bei den Maßnahmen zum sich das immer als besonders wichtig. Bergwiesenschutz gab es Konsens und später eine gute Zusammenarbeit mit dem KNB Horst Eckardt, der im Fr hzeitig kn pfe er Kontakt zum hauptamtlichen Gebiet von Hasselfelde und Benneckenstein agierte. Naturschutzreferenten im Bezirk Magdeburg Walde- F r Heinz Quitt bedeuteten damit verbundene Ausein- mar Horn und zum ehrenamtlichen Bezirksnatur- andersetzungen immer, die Argumente des Partners schutzbeaufragten Dr. Oskar Ludwig. Von letzterem ernst zu nehmen, zuzuh ren und gemeinsam nach bernahm Heinz Quitt im Jahre 1963 die ehrenamt- einer L sung zu suchen. Ein Denken an die eigene liche Funktion des Bezirksnaturschutzbeaufragten Karriere lag ihm fern. f r den Bezirk Magdeburg und f hrte sie erfolgreich bis 1988 weiter. R ckblickend res miert der Jubilar, Voller Konfiktpotenzial war in der damaligen Zeit dass die Arbeit mit den ehrenamtlichen Kreisnatur- die Zusammenarbeit zwischen dem Kulturbund der schutzbeaufragten (KNB) in der Zeit von Dr. Ludwig DDR und dem ehrenamtlichen Naturschutz, der bei schwierig war, das Durchschnittsalter der KNB lag den Landkreisen angesiedelt war. Der Kulturbund der zu dieser Zeit deutlich ber 65 Jahre. Mit den meisten DDR, der mit seinen DDR-weit 60.000 Mitgliedern als KNB hatte Dr. Ludwig bereits vor dem Krieg zusam- „Massenorganisation“ den Freizeitaktivitäten interes- mengearbeitet und „Erm dungserscheinungen“ stell- sierter B rger auf vielen Gebieten eine Plattform bot, ten sich ein, auch nahm das „Durchsetzungsverm - hatte auch im Bereich Natur und Umwelt verschiede- gen“ ab. Mit viel Geschick gelang es Heinz Quitt nach ne Fachaussch sse und Fachgruppen, wie die Natur- seiner Amts bernahme 1963, j ngere Stellvertreter und Heimatfreunde oder die Fachgruppe Touristik einzusetzen, die allmählich in die Aufgaben eines und Wandern. Zwischen den Natur- und Heimat- KNB hineinwuchsen. Nach eigener r ckschauender freunden im Kulturbund und den Naturschutzhelfern Wertung hatte er diese ehrenamtliche Arbeit deutlich gab es des Öferen Meinungsverschiedenheiten ber unterschätzt, was berwiegend zu Lasten der Freizeit den Umgang mit der Natur, was zu Spannungen f hr- und der Familie ging. Eine enge Zusammenarbeit te, die Heinz Quitt durch seine ruhige sachliche Art
82 entschärfen konnte. Da er von beiden Seiten gleicher- cherzustellen. Gern hätte er nur f r das Brockengebiet maßen akzeptiert wurde, bernahm er neben dem einen strengeren Schutzstatus durchgesetzt und die Ehrenamt des Bezirksnaturschutzbeaufragten auch ausgedehnten Fichtengebiete unterhalb des Brockens die Leitung des im Kulturbund der DDR verankerten in einer nachhaltigen, naturschutzgerechten Bewirt- Bezirksfachausschusses f r Naturschutz und Landes- schafung belassen. Eine solche Vorgehensweise wäre kultur im Bezirk Magdeburg. Fachliche Reputation in einem Biosphärenreservat m glich gewesen und und menschliche Integrität bildeten die Basis f r seine daf r gab es bereits 1979 in der DDR erste Pläne. Die hochgeachtete Vertrauensposition. Ausweisung des Gebietes als Biosphärenreservat war aber aufgrund der aktuellen Rechtslage nicht m g- Dienstlich hatte Heinz Quitt als Oberf rster im Jahre lich, so wurde der Hochharz der erste Nationalpark 1972 mit der Oberf rsterei Ilsenburg eines der inter- im Harz. Heinz Quitt setzte sich dann dennoch f r essantesten Forstgebiete der DDR bernommen. Die den umfassenden Schutz des Gebietes ein und war bis Oberf rsterei umfasste die n rdlichen Harzrandla- 1996 stellvertretender Vorsitzender der „Gesellschaf gen und reichte bis zum Brocken hinauf, nicht un- zur F rderung des Nationalparks Harz“ und später ihr problematisch durch den Grenzverlauf im gesamten Ehrenmitglied. Bereich. Landnutzung und Naturschutz bildeten f r den Jubi- Die W rdigung des Jubilars wäre unvollständig, wenn lar immer eine Einheit und in seiner Oberf rsterei die Autoren nicht auf die Leistungen f r den speziel- versuchte er diese Grundsätze auch durchzusetzen, len Artenschutz eingehen w rden. Bekannt ist vor so auf dem Renneckenberg nord stlich des Brockens. allem der zoologische Artenschutz. Als Bezirksnatur- Hier sollte die Nutzung erstmals durch ein neuartiges schutzbeaufragter setzte er sich f r den Schutz des System von Sturmriegeln im Hochlagen-Fichtenwald Elbebibers, des Weißstorchs und der Großtrappe ein. in der Praxis erprobt werden. Grundlage war eine Dis- F r letztere bef rwortete er eine Aufzuchtstation in sertation von Oberforstmeister Dr. G nter Pietsch- Steckby, mit zusätzlicher personeller Besetzung. Die mann, der von 1959 bis 1962 Sonderbeaufragter f r Schutzbem hungen f r Wildkatze, Wanderfalke und Wiederauforstung im Oberharz war und anschlie- Auerhuhn waren mehr auf den Harz fokussiert. Hin- ßend eine Zeit lang als Forstamtsleiter und Fachdi- sichtlich der Wildkatzenforschung verband ihn eine rektor f r Produktion im staatlichen Forstbetrieb enge Zusammenarbeit mit dem Kustos der Universi- Wernigerode und Blankenburg arbeitete. F r Heinz tätssammlungen an der Martin-Luther-Universität in Quitt war es eine Herausforderung, diese neuartige Halle Dr. Rudolf Piechocki, der ebenfalls ein Wildkat- Nutzungsmethode mit Schafung von Schneisen in zenspezialist war. den Fichtenbeständen in die Praxis umzusetzen. Dazu Zum Schutz des Wanderfalken wurde in den 1970er mussten in den Hanglagen Seilkräne, anfangs aus der Jahren eine Arbeitsgruppe im Harz gebildet, die auch Schweiz und später aus Österreich eingesetzt werden. die Bewachung der Horste bernahm, hier gab es eine Nachdem die Verj ngung einsetzte, wurde nach 5 enge Zusammenarbeit mit dem zweiten Naturschutz- bis 15 Jahren die Schneise entgegen der Hauptwind- beaufragten des Kreises Wernigerode, Achim Groß. richtung um 20 bis 30 Meter weitergef hrt. In den Luchs und Wolf steht Heinz Quitt heute erwartungs- Aufichtungsbereichen konnten sich nicht zuletzt aus voll gegen ber, als Wildtiere unterst tzen beide Arten Naturschutzsicht wertvolle Farne und Bärlappe gut einen vielfältigen, naturnahen Waldbau. entwickeln. Ähnlich verfuhr er in den Buchenwäldern Aber auch der botanische Artenschutz lag ihm am des Harzrandes. Er ließ durchaus Buchen alt werden, Herzen. Heinz Quitt war seit der Gr ndung Mitglied sorgte aber an anderer Stelle immer wieder f r eine des Botanischen Arbeitskreises Nordharz und ar- Verj ngung, er schuf Licht an Plätzen mit Orchideen. beitete im „Arbeitskreis zur Beobachtung und zum Auf diese Weise entstand ein vielfältiges Mosaik Schutz heimischer Orchideen“ mit. unterschiedlich bestockter Flächen. Obwohl der Er ist auch ein vorz glicher Kenner des Baumbestan- Nutzungsdruck erheblich war, blieb das Bewirtschaf- des der Parkanlagen Langenstein, Wernigerode, tungsprinzip langfristig nachhaltig. Degnershausen und anderer ländlicher Parke im Mit der Nationalparkgr ndung im Hochharz gab es Harzkreis. Eine Bestandsaufnahme der Geh lze des in diesem Gebiet eine gewisse Zäsur, denn nun gab Lustgartens in Wernigerode und des Langensteiner es die Zielstellung, auf zehn Prozent der Fläche der Parks ver fentlichte er 2004 in den Berichten des Mu- Harzwälder einen strengen Schutz ohne Nutzung si- seums Heineanum in Halberstadt. Ein besonderes
83 Anliegen war die Erfassung und der Schutz der talistische Prämissen in der einen oder anderen Rich- Schwarzpappelvorkommen entlang der Fl sse im tung stellte. Das ist leider nicht allen Zeitgenossen so- fr heren Bezirk Magdeburg. Auch die Kollegen der wohl im Naturschutz als auch in der Forstwirtschaf 1991 neu gegr ndeten Naturschutzstation „Nordharz“ gelungen und hat of zur Verhinderung gemeinsamer lernten sein fachliches Wissen und seine Meinung zu Bem hungen gef hrt. Fragen der Forstwirtschaf in den von Ihnen betreuten In diesem Sinne w nschen die Autoren dem Jubilar Naturschutzgebieten schätzen. So erarbeitete er im auch weiterhin gute Gesundheit und Freude an der Aufrag des Regierungspräsidiums Magdeburg 1995 Natur und hofen, dass sie noch lange an den Erfah- gemeinsam mit dem B ro f r Umweltplanung Dr. rungen und der stillen, sachkundigen, bescheidenen Friedhelm Michael in Wernigerode einen detaillierten und ausgesprochen menschlichen Art unseres Jubilars Pfege- und Entwicklungsplan f r das Naturschutzge- teilhaben k nnen. biet „Elendstal“, der vor allem die forstlichen Belange ber cksichtigt und bis heute aktuell ist. Uwe Wegener, Ottfried Wüstemann & Hans- Er blieb aber auch nach der Pensionierung und dem Ulrich Kison altersbedingen Ausscheiden aus den Ehrenämtern als Ratgeber f r die Naturschutzbeaufragten und Natur- schutzverbände, speziell f r die waldbaulichen Ab- Literatur läufe im Nationalpark und den Naturschutzgebieten Behrens, H. & J. Hoffmann (2013): Naturschutzgeschichte(n) – ein gesuchter Ansprechpartner. Lebenswege zwischen Ostseek ste und Erzgebirge. – Der Jubilar entschied sich 1946, also vor mehr als 70 Friedland (Stefen-Verlag): 291–300. Jahren f r den Forstberuf. Fragt man ihn heute, ob Ebersbach, W. (1998): Heinz Quitt zum 70. Geburtstag. – diese Entscheidung richtig war, so stimmt er eindeu- Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 35 (1): 29–31. Kison, H.-U. & U. Wegener (2009): Heinz Quitt zum 80. tig zu. Der Forstberuf sei einer der interessantesten Geburtstag. – Abh. Ber. Mus. Heineanum 8: 129–134. Berufe berhaupt und er betont: „ich erlebte einen Quitt, H. (2004): Die Geh lze des Lustgartens Wernigerode ganz spannenden Entwicklungsabschnitt, von der und des Langensteiner Parks – eine aktuelle Bestandsauf- Pferdebespannung ber den Lanz-Bulldog und die nahme. – Abh. Ber. Mus. Heineanum 6: 131–141. LKW-Holzabfuhr bis zum Forstprozessor und dem Quitt, H. (2016): Daten zur Entwicklung der Wald- und Forstwirtschaf. – In: Brückner, J., D. Denecke, H. T. Po- Hubschraubereinsatz“. Fragt man den Jubilar nach rada & U. Wegener: Der Hochharz – Vom Brocken bis einer 67 Jahre währenden Naturschutzarbeit mit Blick in das N rdliche Vorland. – K ln, Weimar, Wien (B hlau auf die Zukunf, dann hat er keinen Zweifel, dass Verlag): 360–362. langfristig orientierter Naturschutz nur im Konsens mit den Nutzern der Landschaf erfolgen kann. F r die Zukunf w nscht er sich einen Naturschutz auf Anschriften der Autoren kologischer Grundlage im Konsens mit den Land- nutzern f r Mensch und Natur. Dr. Uwe Wegener Meisenweg 27 ∙ 38820 Halberstadt Aus all dem geht hervor, warum sein Rat f r alle, die E-Mail: [email protected] in den genannten Spannungsfeldern tätig waren und sind, so elementar wichtig ist. Sein in vielen Jahr- Otfried W stemann zehnten zusammengetragener Erfahrungsschatz als F rsterbergstr. 5a ∙ 38875 Stadt Oberharz am „Forstmann“ und „Natursch tzer“ ist durch nichts Brocken / OT Sorge zu ersetzen. Das im Sinne der Natur Wichtige und Vern nfige lässt sich von beiden Positionen klar Dr. Hans-Ulrich Kison erkennen und of ganz einfach verwirklichen. Was Wehrenpfennigstr. 7 ∙ 04684 Quedlinburg ihn f r uns alle so glaubw rdig macht, ist, dass er sein E-Mail: [email protected] Handeln nie unter ideologische oder sonst fundamen-
84 Uwe Zuppke zum 80. Geburtstag
Uwe Zuppke wurde am 6. Mai 1938 in Wittenberg ge- boren. Die Landschaf in der Region um seine Hei- matstadt wird sowohl durch die Auen der Mittelelbe und unteren Schwarzen Elster mit Altwässern, Flut- rinnen und weitläufgen Auenwiesen als auch durch die Waldgebiete des Flämings und der D bener Heide mit ihren teils noch naturnahen Bächen und Kleinge- wässern geprägt. Hier ist Uwe Zuppke aufgewachsen und hat diese Vielfalt von Landschaf, Tieren und Pfanzen bis heute verinnerlicht und gelebt. Auch wenn ihn seine Wege mal studienhalber als angehen- der Diplomagrarwissenschafler nach Meißen an die Fachhochschule oder als gestandener Wissenschafler auf Reisen nach Asien in die Mongolische W ste, nach Afrika auf den Kilimandscharo oder nach Ame- Dr. Uwe Zuppke auf der Tagung der Feldherpetologen rika in die S mpfe Floridas f hrten, behielt er seinen Sachsen-Anhalts am 3. März 2018 im Zentralmagazin Lebensmittelpunkt doch stets in und um Wittenberg. Naturwissenschaflicher Sammlungen der MLU am Beginnend mit der Schulzeit interessierte er sich f r Domplatz in Halle (Saale). Foto: F. Meyer. die Natur, sammelte Käfer oder bestaunte Stichlinge im Einweckglas. Zielgerichteter entwickelte sich sein Hobby dann im Jahr 1954, als er in die Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz des Kreises Wittenberg folgte er mit großem Interesse die teilweise spektaku- unter dem Dach des Kulturbundes eintrat und diese läre R ckkehr vieler Fischarten, die sich hier nach der später auch 23 Jahre lang bis zum Jahr 1989 leitete. sp rbaren Verbesserung der Gewässerg te nach der Weitere „Folgen“ seines ausgeprägten Naturinteresses politischen Wende wieder einstellten, wie Flussneun- waren die Mitgliedschaf im Ornithologenverband auge, Weißfossengr ndling und Lachs. Aber auch die oder im Zentralen Arbeitskreis Weißstorch. Seine kleineren Fließgewässer behielt er stets im Blick. Ob umfangreichen Beobachtungen fanden und fnden Kemberger Flieth und Buchholzbach in der D bener noch immer Eingang in zahlreiche avifaunistische Heide oder Rossel und Olbitzbach im Fläming − Uwe Einzelpublikationen und Jahresberichte sowie als Zuppke kennt alle diese Gewässer aus dem Efef und „Gesammelte Werke“ in die von ihm verfasste „Vogel- bis heute durchwatet er diese mit dem E-Gerät auf welt der Region Lutherstadt Wittenberg“. dem R cken, um Bachneunauge, Bachforelle & Co. Aber Uwe Zuppke verfolgt nicht nur die gefederte aufzusp ren und den Kenntnisstand zu dieser lange Fauna. Angesichts des Gewässerreichtums in seiner vernachlässigten Artengruppe immer weiter zu ver- Heimat war es naheliegend, dass er 1979 mit Gleich- bessern. gesinnten den Zentralen Arbeitskreis Ichthyofaunistik Ebenfalls seit Jugendzeiten fasziniert Uwe Zuppke die gr ndete. Der zentrale Datenspeicher zum Vorkom- Welt der Fr sche, Molche, Eidechsen und Schlangen, men der Fische im ehemaligen Bezirk Halle der DDR die in der D bener Heide und im Fläming genauso war und ist die Grundlage vieler anschließender Pub- zu bewundern waren wie in den Auen von Elbe und likationen, wie die „Fische im Kreis Wittenberg“ Schwarzer Elster. Rotbauchunken, Teichfr sche, Glatt- (1987), „Die Fischfauna von Sachsen-Anhalt − Ver- nattern oder Sumpfschildkr ten − er hat sie alle breitungsatlas“ (1997) oder „Die Fischfauna der Re- beobachtet, fotografert und die Funde sorgfältigst gion Lutherstadt Wittenberg“ (2010). Er ist Mitautor dokumentiert. Uwe Zuppke geh rt zu der Generation der Roten Liste der Rundmäuler und Fische des Lan- der „P nktchensammler“, deren hehres Ziel es in des Sachsen-Anhalt (2004) und nach wie vor einer der den 1980er Jahren war, unter der Leitung von Heinz renommiertesten Fischkundler des Landes Sachsen- Schiemenz einen Verbreitungsatlas der Lurche und Anhalt. An den großen, zwischenzeitlich sehr stark Kriechtiere in der ehemaligen DDR auf der Basis belasteten und streckenweise fast ver deten Str men von Messtischblattquadranten zu erstellen. Dieser Mitteldeutschlands, wie Elbe, Mulde und Saale, ver- Atlas erschien erst 1994 nach dem fr hen Tod von
85 Schiemenz im Jahr 1990 und dem Verschwinden der wirkung in verschiedenen Gremien, wie dem Natur- DDR im selben Jahr. Wesentlich schneller war da Uwe schutzbeirat des Kreises Wittenberg. Er steht auch Zuppke mit seinen Mitstreitern J rgen Berg, Wolfram heute noch seinen Mitb rgern immer dann mit Rat Jakobs und Peter Sacher, als sie bereits im Jahr 1988 und Tat zur Seite, wenn es um Fragen des Naturschut- die Regionalfauna „Lurche und Kriechtiere im Kreis zes geht. Wittenberg“ in der Schrifenreihe des Museums f r Ein ungebremster naturkundlicher Forschergeist, eine Natur- und V lkerkunde in Wittenberg herausgaben. hervorragende Landeskenntnis und eine tiefe Heimat- Auch in seiner berufichen Tätigkeit als Naturschutz- verbundenheit sind Tugenden, die Uwe Zuppke aus- fachgutachter erhob Uwe Zuppke in den 1990er Jah- zeichnen. Aufgrund seiner ofenen, liebensw rdigen ren herpetologische Daten, die dann in die erste Her- und stets freundlichen Art ist er als Mensch, Freund petofauna des Landes Sachsen-Anhalts einbezogen und Kollege immer und berall willkommen und wurden. „Die Lurche und Kriechtiere Sachsen-An- geschätzt. Ihm seien noch viele weitere gl ckliche halts. Verbreitung, Ökologie, Gefährdung und Schutz“ Jahre gew nscht, die er in bester Gesundheit und mit erschienen im Jahr 2004 unter seiner maßgeblichen unverminderter Lebensfreude verbringen m ge. Beteiligung. Gleichsam engagiert und elanvoll war er Jahre später auch beteiligt an der zweiten Landesher- Wolf-Rüdiger Grosse & Frank Meyer petofauna „Die Lurche und Kriechtiere des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Ber cksichtigung der Arten der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat- Anschriften der Autoren Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen”, erschienen PD Dr. Wolf-R diger Grosse im Jahr 2015 in den Berichten des Landesamtes f r Akazienring 5 ∙ 06188 Landsberg, OT Queis Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Die Zahl seiner natur- E-Mail: [email protected] schutzpraktischen Arbeiten scheint unersch pfich zu sein. Zu nennen sind hier beispielhaf seine Arbeiten Frank Meyer und Berichte zur faunistischen Bedeutung des Land- RANA – B ro f r Ökologie und Naturschutz schafsschutzgebietes Mittlere Elbe (1986), zur aktu- M hlweg 39 ∙ 06114 Halle (Saale) ellen Situation der Amphibienfauna des Naturparks E-Mail: [email protected] Dr mling (1995), zu Vorkommen der Rotbauchunke im Hochfäming, Roßlau-Wittenberger Vorfäming und S dlichen Flämingh gelland (2000) und zur er- folgreichen Sanierung des Feldsolls „Friedemanns Kurt Franke zum 80. Geburtstag Teich“ im Vorfäming bei Wittenberg (2012). Dr. Uwe Zuppke ist wahrlich ein zoologisches Univer- Am 26. Juni 2018 feierte Kurt Franke seinen 80. Ge- saltalent, das vor kaum einer Artengruppe halt macht. burtstag. Anlass f r uns, auf seinen Lebensweg zu- So erwecken auch Groß- und Urzeitkrebse sowie Säu- r ckzublicken und seine Leistungen zum Schutz der getiere − allen voran der Biber − sein besonderes Inte- Natur zu w rdigen. resse. Erst k rzlich, im Jahr 2017, erschien die gemein- Bereits in seiner Jugend durchstreife Kurt Franke die sam mit J rgen Berg verfasste Ver fentlichung ber Umgebung seines Geburtsortes Schmerz am Rande der „Die Säugetiere der Region Wittenberg“. D bener Heide und entwickelte so eine tiefe Verbun- Sein umfassendes publizistisches Schafen ist auch denheit zu Natur und Landschaf seiner Heimat. Zum Ausdruck der starken Neigung von Uwe Zuppke, seine Studium verschlug es ihn an die Pädagogische Hoch- Beobachtungen mit anderen zu teilen und sie f r die schule „N. A. Krupskaja“ in Halle-Kr llwitz. Doch Mit- und Nachwelt zu erhalten. Dies geschieht auch bereits im letzten Jahr seines Pädagogikstudiums f r in besonderem Maße durch populärwissenschafliche Biologie und Chemie wurde er aufgrund des Lehrer- Ver fentlichungen und selbst Naturb cher f r Kin- mangels als Junglehrer an der Schule in Gohrau einge- der, welche die naturkundlich interessierte Öfentlich- setzt. Als Wohnort wählte er seinerzeit Oranienbaum, keit aller Generationen ansprechen sollen. wo er bis zum heutigen Tage lebt. Weitere berufiche In seiner Heimatstadt Wittenberg und der gesamten Stationen waren bis zu seinem Ruhestand M hlau, Region Mittelelbe engagiert sich Uwe Zuppke f r Zschornewitz und das Landschulheim M hlau. In sei- „seine Natur“, unter anderem auch durch seine Mit- ner Sch ler-Arbeitsgemeinschaf „Junge Naturforscher“
86 sich nach der Wende in den 1990er Jahren die ehren- amtliche Naturschutzarbeit neu formierte, engagierte er sich im nun gegr ndeten Arbeitskreis Biberschutz beim NABU-Landesverband Sachsen-Anhalt e. V. als Vorstandsmitglied bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im Jahr 2017. Neben eigenen umfangrei- chen Kartierungen im W rlitzer Winkel organsierte er weiterhin die Bestandserfassungen in der Region und recherchierte hartnäckig aktuelle Informationen zu den Biberrevieren, wobei er sich ergänzend auf ein breites „inofzielles“ Netzwerk aus Anwohnern, Ang- lern und Jägern st tzen konnte. Wie auch in seiner pädagogischen Laufahn lag es ihm während all der Jahre besonders am Herzen, immer wieder neue Mitarbeiter, ob jung oder alt, als Biberbetreuer zu gewinnen. Auch die Arbeit der Naturschutzbeh rden unterst tzte er mit seinem Engagement. Seit 1998 war er zunächst Naturschutzbeaufragter f r den W r- Der Schutz des Elbebibers und der Natur im W rlitzer litzer Winkel im Landkreis Anhalt-Zerbst, nach der Winkel liegen Kurt Franke besonders am Herzen. Kreisreform dann im Landkreis Wittenberg. Die Foto: privat. Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe, die in Sachsen-Anhalt Landereferenzstelle f r Biberschutz ist, unterst tzt er als „Naturschutzbeaufragter mit besonderer Aufgabe“, nat rlich f r den Elbebiber. begeisterte er ab 1964 viele Sch ler f r naturkundliche Mit seinen jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Or- Temen und die Naturschutzarbeit, was bei einigen f r ganisation der ehrenamtlichen Biberbetreuer, der den weiteren Lebenslauf prägend war und ist. Kenntnis von Region und Menschen ist er gefragter Schon 1960 wurde er ehrenamtlicher Naturschutz- Experte bei der L sung alltäglicher Fragen der Biber- helfer im damaligen Kreis Gräfenhainichen. In den kartierung und des Biberschutzes. folgenden Jahren entwickelte sich ein enger Kontakt Wenngleich der Biber das zentrale Tema der ehren- zum Kreisnaturschutzbeaufragten (KNB) Kurt Lein, amtlichen Naturschutztätigkeit von Kurt Franke der 1970 zur Berufung als stellvertretender KNB f r bildete, so war es doch nicht das Einzige. Im Rahmen den Kreis Gräfenhainichen f hrte. Über Kurt Lein seiner Abschlussarbeit der Lehrerausbildung unter- kam der Jubilar in Kontakt mit der Biologischen suchte er die Pfanzenwelt ehemaliger Torfstiche in Station Steckby. Dort wirkte zu der Zeit Dietrich Hei- der Nähe der Waldgaststätte J sigk in der D bener decke, der wissenschafliche Arbeiten zum Elbebiber Heide. In den 1960er und Anfang der 1970er Jahre durchf hrte und ihn f r das in Aufau befndliche war er Mitstreiter der „Arbeitsgemeinschaf mittel- Biberbetreuernetz gewinnen konnte. Eine Aufgabe, deutscher Floristen“ und unterst tzte so die Erstellung die beide viele Jahre ihres Lebens verbinden sollte. der Verbreitungskarten mitteldeutscher Leitpfanzen Ab 1970 arbeitete Kurt Franke bei der Erfassung des unter Hermann Meusel. Bibers im damaligen Bezirk Halle mit. Im Laufe der Bereits in dieser Zeit entstand die „Arbeitsgemein- Jahre wurden Erfassung und Schutz des Elbebibers schaf Naturschutz“ in Oranienbaum, in der sich im zum prägenden Tema in Kurt Frankes Naturschutz- Laufe der Jahre auch einige ehemalige Mitglieder sei- engagement. So wurde er zum regionalen Koordinator ner Sch ler-Arbeitsgemeinschaf wiederfanden. Zu f r die Biberkartierung, eine Aufgabe, die er mit viel deren Tätigkeiten zählten neben foristischen und Enthusiasmus ausf llte. Ab 1978 vertrat er die „Inte- faunistischen Kartierungen u. a. die Landschafs- ressen“ der Elbebiber in der f r den Bezirk Halle neu pfege, die Pfanzung von Bäumen, die Betreuung eines gegr ndeten Bezirksarbeitsgruppe Artenschutz unter Amphibienschutzzauns zwischen Oranienbaum und Leitung von Dr. Uwe Zuppke. Er organisierte die jähr- Goltewitz oder der Bau von Nistkästen. Dank der Zu- lichen, fächendeckenden Biberkartierungen, deren sammenarbeit mit der Verwaltung des W rlitzer Ergebnisse in die zentrale Erfassung einfossen. Als Parkes und der Initiative von Kurt Lein konnte die
87 Arbeitsgemeinschaf ber ca. vier Jahrzehnte das Tau- benhaus am Deich zwischen W rlitz und Sch nitz als St tzpunkt nutzen. Sein naturkundliches Interesse f hrte Kurt Franke auch regelmäßig in die Ferne. In 120 Ländern der Erde hat er Land und Leute und so verschiedene Vegetati- onstypen wie Tropischen Regenwald, Hochgebirge, Savannenzonen oder K sten kennengelernt. F r sein jahrzehntelanges Engagement f r den Natur- schutz geb hrt Kurt Franke besonderer Dank. Die Mitarbeiter der Biospärenreservatsverwaltung und der Vorstand des Arbeitskreises Biberschutz Sachsen- Anhalt im NABU Sachsen-Anhalt e. V. w nschen ihm alles Gute zu seinem Jubiläum und f r die kommen- den Lebensjahre, vor allem noch viele sch ne Stunden im Kreise seiner Familie und bei Spaziergängen in der heimatlichen Natur. Hartmut Kolbe bei der Beringung eines Raufußkauzes Annett Schumacher & René Driechciarz (Aegolius funereus) im Fläming. Foto: privat.
Anschriften der Autoren unterst tzend f r den Kreisnaturschutzbeaufragten Annett Schumacher Karl Leetz tätig. Dabei wirkte er f r die Erhaltung und Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe Pfege der Schutzobjekte im damaligen Kreis Roßlau. Am Kapenschl sschen 1 ∙ 06785 Oranienbaum-W rlitz Auch dessen Nachfolger in diesem Ehrenamt, sein E-Mail: [email protected] Vater Ernst und Eckart Schwarze, konnten stets auf anhalt.de seine fundierte fachliche und praktische Unterst tzung zählen. Das R stzeug daf r vermittelten ihm in jun- René Driechciarz gen Jahren Fachliteratur sowie zentral durchgef hrte Arbeitskreis Biberschutz im NABU Sachsen-Anhalt e.V. Fachveranstaltungen und Studienreisen, letztere z.B. in Am M hlenberg 12 ∙ 39326 Zielitz die ČSSR und Albanien, wobei auch Erfahrungen von namhafen Biologen und Natursch tzern bernommen werden konnten. Trotz einer krankheitsbedingten Zäsur 1964 blieb er bis heute, also weit ber 60 Jahre Hartmut Kolbe zum 80. Geburtstag ambitionierter, ehrenamtlicher Naturschutzmitarbei- ter. Als Fachlehrer f r Biologie, zuletzt am Goethe- Am 05.04.2018 beging Hartmut Kolbe im Kreise von Gymnasium in Roßlau, vermittelte er seinen Sch lern, Freunden und Weggefährten seinen 80. Geburtstag. wo immer m glich, die Grundsätze f r den Natur- und Bereits anlässlich seines 70. Wiegenfestes wurde vor Umweltschutz, die auch bei seinen freizeitlichen vogel- allem sein Wirken als Ornithologe, Wasservogelz chter kundlichen Aktivitäten immer einen hohen Stellenwert und Autor von Fachb chern und -beiträgen durch E. hatten und haben. Einige von seinen Sch lern, wie Schwarze (2008, Apus 13) und R. Schmidt (2012, Zur Peter Schubert und Wolfgang Gränitz, sind heute enga- Geschichte der Vogelkunde im Raum Dessau) recht gierte Natursch tzer und Ornithologen. ausf hrlich gew rdigt, so dass dies nicht wiederholt Angrenzend an sein naturnahes Grundst ck mit den zu werden braucht. Dass sein Werdegang auch durch Wasservogel-Zuchtanlagen am Rande des Dessau-Roß- stetiges Eintreten f r den heimatlichen Naturschutz lauer Ortsteils Meinsdorf betreut er ein stabiles Vor- gekennzeichnet war, wurde dabei nur kurz angerissen. kommen des Elbebibers (Castor fber albicus) und schuf Von Vater und Großvater geprägt, vom Taufpaten bzw. erwarb mit eigenen Mitteln ein Feuchtbiotop f r Alfred Hinsche gef rdert, war er bereits ab 1956 als Amphibien, das gleichzeitig infolge regelmäßiger Pfege Jugendlicher organisiert als Mitglied der „Naturwacht“ eines der letzten Standorte des Breitblättrigen Knaben-
88 krautes (Dactylorhiza majalis) im Stadtkreis n rdlich Wald nicht zuletzt im Ergebnis des Engagements von der Elbe ist. Bei den Unteren Naturschutzbeh rden Hartmut Kolbe wieder zum wirklich berfuteten Hart- seines Heimatkreises sowie der Landkreise Witten- holzauenwald, der er ehemals war. berg und Anhalt-Bitterfeld sowie der Verwaltung des Aus ornithologischer Sicht ist noch zu ergänzen, dass UNESCO-Biosphärenreservates Mittelelbe ist er ein seine Mitwirkung an der Erarbeitung der Historie gefragter, zuweilen auch hartnäckiger und unbequemer (2012) der Vogelkunde in der stlichen Anhalt-Region Ratgeber und Mahner. So nimmt er u. a. Einfuss auf die als zweite Buchver fentlichung des „Ornithologi- Erhaltung bemerkenswerter alter Bäume, der Fläming- schen Vereins Dessau“ (OVD) ebenso entscheidend bäche mit ihren Ufergeh lzen und auf die Reduzierung war, wie die an der Avifauna der zentralen Mit- von Verst ßen gegen Naturschutzrecht. telelberegion (2006, 2018). Bezugnehmend auf eine Nach der Jahrtausendwende ist die Entdeckung der Idee von H. Kolbe f hrte der OVD 2008 eine Jubilä- waldbewohnenden Kleineulenpopulation (2009, Apus umsveranstaltung als fachliches Kolloquium durch 14) und deren F rderung mittels spezieller Nisthilfen (R. Schmidt 2009, Orn. Mitt. 61). Aufgrund einer im Flämingraum seinem nimmerm den, zeitaufwän- Festlegung der „7. Tagung der Mitarbeiter und Berin- digen und kostenintensiven Wirken zu verdanken. ger der drei deutschen Vogelwarten“ organisierte er Damit ihr Fortbestehen erm glicht und gesichert im August 2012 im Raum Zerbst den „1. Workshop: wird, kn pfe H. Kolbe folgerichtig fruchtbringende Integriertes Monitoring Rauchschwalbe, Teilprojekt Kontakte zu staatlichen und privaten Forstbetrieben. Schlafplatzfang“, bei dem den deutschen und nieder- Daraufin bernahm im Rahmen des „Projektes des ländischen Teilnehmern Vorträge, Fangpraxis und Er- Landesforstbetriebes f r mehr biologische Vielfalt“ fahrungsaustausch geboten wurden. Gerade hat er der Forstbetrieb Anhalt im Hohen Fläming die Paten- die Historie und einige Artkapitel f r die geplante schaf ber den Raufußkauz (Aegolius funereus). Die „Avifauna von Sachsen-Anhalt“ fertiggestellt. Als ignorante Entfernung eines besetzten, gekennzeichne- Beringer seit 1957 hat er bisher rund 30.000 V gel ten H hlenbaumes 2012 durch einen privaten Wald- gekennzeichnet, darunter 18.538 Rauchschwalben, besitzer konnte geahndet werden. Beispielhaf war 863 Bartmeisen und 185 Raufußkäuze. auch sein Einsatz beim Schutz von Wiesenweihen- Bei allen Tätigkeiten, sei es als international anerkann- Bruten (Circus pygargus), die 2011 und 2012 erstmals ter Wasservogelspezialist, als Buchautor, als ehren- nach ber 150 Jahren wieder im Neekener Ackerland amtlicher Natursch tzer, als Avifaunist oder als die (Anhalt-Bitterfeld) und im Zieko-D bener-Ackerland staatlichen Beh rden fordernder Mahner und Beringer durch seine privaten Sicherungsmaßnahmen in Ab- gen gen sein methodisches Vorgehen und seine Fach- stimmung mit Beh rde und Landnutzer teils erfolg- expertise h chsten wissenschaflichen Anspr chen. reich verliefen. Bezeichnend f r ihn ist das Erkennen Wir schätzen an Hartmut Kolbe seine mit Unrast von Gefahrensituationen in der Natur und das schnel- verbundenen „Macher“-Qualitäten sowie sein stets le Einleiten von Hilfsmaßnahmen, z. B. zuletzt in ungebrochenes pers nliches Engagement f r die Viel- Fr hjahr 2013, als es infolge langanhaltender Win- falt in der heimatlichen Natur und w nschen ihm im terwitterung zu Ernährungsengpässen bei rastenden nun fortgeschrittenen Alter weitere gute Jahre an der Kranichen (Grus grus) kam, wo er eine sofortige Zu- Seite seiner verständnisvollen Lebensgefährtin und satzf tterung organisierte. im Kreise der Freunde. Neben vielfältiger beratender Tätigkeit f r die Biosphä- renreservatsverwaltung nicht nur in Wasservogelfragen Eckart Schwarze & Guido Puhlmann legte Hartmut Kolbe mit seinem hartnäckigen, mutigen Widerstand gegen ein Damwildgehege in einem arten- reichen, ehemaligen Hartholzauenwald (ca. 25 ha) in Anschriften der Autoren der Kliekener Aue schon vor 1990 wichtige Grundlagen f r die vielfältigen Projekte zur Renaturierung weiter Eckart Schwarze Teile der Kliekener Aue und der „Alten Elbe Klieken“. Burgwallstr. 47 ∙ 06862 Dessau-Roßlau Der besagte Wald konnte nach 1990 auf Initiative der Biosphärenreservatsverwaltung vom WWF erworben Guido Puhlmann werden und steht nun der bevorstehenden Wiederein- Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe bindung in das Überfutungsregime der Elbe durch Am Kapenschl sschen 1 ∙ 06785 Oranienbaum-W rlitz Deichr ckverlegung zur Verf gung. Damit wird der E-Mail: [email protected]
89 Eckart Schwarze zum 80. Geburtstag
Eckart Schwarze ist einer der anerkanntesten ehren- amtlichen Natursch tzer und Ornithologen im Mit- telelbegebiet und in Sachsen-Anhalt. Wie bereits an- lässlich seines 65. Geburtstages in dieser Zeitschrif- tenreihe (Puhlmann 2004) und auch von Schmidt (2004) gew rdigt, ist sein Wirken f r den Schutz der heimischen Natur in nunmehr ber 65 Jahren exem- plarisch f r die M glichkeiten, die ehrenamtliches Engagement bietet. Davon zeugen auch die zahlrei- chen wissenschaflichen Ver fentlichungen in re- gionalen und berregionalen ornithologischen bzw. Naturschutz-Fachzeitschrifen.
Am 7. Juli 2018 wurde Eckart Schwarze 80 Jahre alt. Eckart Schwarze bekleidete viele Jahre äußerst enga- giert das Ehrenamt des Kreisnaturschutzbeaufragten im ehemaligen Landkreis Roßlau. Sein Name ist eng verbunden mit zahlreichen Naturschutzaktivitäten, die u. a. in der Erweiterung des Schutzgebietssystems insbesondere der Ausweisung von Naturdenkmalen, in der Aufstellung des Landschafspfegeplans und in Eckart Schwarze engagiert sich seit mehr als 65 Jahren maßgebenden Landschafsgestaltungsmaßnahmen an im ehrenamtlichen Naturschutz. Foto: privat. Mittelelbe und im Fläming m ndeten. Die Unteren Naturschutzbeh rden der Stadt Dessau- Roßlau und der Landkreise Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg sowie die Biosphärenreservatsverwaltung Eckart Schwarze ist f r vieles mehr zu danken und Mittelelbe k nnen sich bis heute seiner konstruktiven so kann auch diese W rdigung nur einen Ausschnitt Unterst tzung gewiss sein. Trotz gesundheitlich be - seines Schafens wiedergeben. Zahlreiche Auszeich- dingter Einschränkungen ist Eckart Schwarze weiter nungen wie die „Naturschutz-Ehrennadel“ in Gold regelmäßig ein unverzichtbarer Ratgeber sowie Autor und die Ehrennadel des Ministerpräsidenten von anspruchsvoller ornithologischer und avifaunisti- Sachsen-Anhalt sind Zeugnis von der fentlichen scher Ver fentlichungen. Gemeinsam mit seinem Anerkennung. Im Kreise seiner gleichgesinnten gleichaltrigen Freund Hartmut Kolbe hat er auch in Freunde und weit dar ber hinaus sind seine Leistun- den letzten Jahren bedeutende Beiträge als Mitautor gen und seine außergew hnliche Expertise auf dem in bemerkenswerten Publikationen zum Gartenreich Gebiet des Naturschutzes und der Ornithologie hoch Dessau-W rlitz, zur Avifauna im stlichen Anhalt anerkannt. Viele seiner Mitstreiter hat er mitgerissen und zur Geschichte der Vogelkunde im Raum Dessau und zum ehrenamtlichen Engagement bewegt. Dem geleistet. Die bis 2016 in einem letzten Abschnitt in Autor ist er zudem schon seit mehr als 40 Jahren väter- Verantwortung von EUROPARC Deutschland e. V. licher Freund und F rderer. Nachhaltige Bedeutung erfolgte Sanierung der „Alten Elbe Klieken“ hat er in hat auch seine umfangreiche Mitarbeit an der Erar- bewährter Weise wissenschaflich-fachlich fundiert, beitung und Fortschreibung der aktuellen „Kommen- mit kritischem Blick, konstruktiv und l sungsorien- tierten Artenliste der V gel im stlichen Anhalt f r tiert begleitet. Die jährliche Zusammenstellung der den Zeitraum 2006 bis 2016“ (Kolbe, Schwarze & Brutvogelbestände im NSG „Saarenbruch“ wird von Patzak 2018). ihm bis heute koordiniert, er beteiligt sich seit den 60er Jahren an der Wasservogelzählung entlang der Besonderer Dank geb hrt seiner Familie, besonders Elbe und unterst tzt die Biosphärenreservatsverwal- Ehefrau Hera f r die Partnerschaf und die verständ- tung bei der Abstimmung der Wasserstraßenunter- nisvolle Unterst tzung seiner Naturschutztätigkeit. haltung mit den Bundesbeh rden. Wir gratulieren Eckart Schwarze ganz herzlich und
90 w nschen ihm pers nlich und im Namen vieler Kol- leginnen und Kollegen der im Beitrag aufgef hrten Institutionen sowie der ihm verbundenen Freunde alles Gute und weiterhin Gesundheit, ungetr bte Freude am Umgang und Engagement mit und f r die Natur.
Karen & Guido Puhlmann
Literatur Kolbe, B, E. Schwarze & U. Patzak (2018): Kommentierte Artenliste der V gel im stlichen Anhalt f r den Zeitraum 2006 bis 2016. – APUS – Beiträge zur Avifauna Sachsen- Anhalts Bd. 23, Sonderhef: 179 S. Puhlmann, G. (2004): Eckart Schwarze – 65 Jahre und mehr als 50 Jahre im ehrenamtlichen Naturschutz. – Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 41 (2): 40–41. Schmidt, R.(2004): Eckart Schwarze zur Vollendung seines 65. Lebensjahres. – APUS Bd. 12, Hef 3: 198:
Anschriften der Autoren Klaus Gl ckner war im Raum Wittenberg vielseitig im Guido Puhlmann Naturschutz engagiert. Foto: privat. Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe Am Kapenschl sschen 1 ∙ 06785 Oranienbaum-W rlitz E-Mail: [email protected] kundigen Anleitung die Primatenausstellung nach Karen Puhlmann modernen wissenschaflichen Aspekten ausgerichtet Grieboer Dorfstrasse 1 ∙ 06886 Lutherstadt Wittenberg und neu gestaltet. Klaus Gl ckner war in vielen Wittenberger Vereinen tätig, so auch in der ornithologischen Fachgruppe des damaligen Kulturbundes. Mit ihm verloren die Klaus Gl ckner zum Gedenken Wittenberger Ornithologen einen ihrer langjährigen (geb. 14. Januar 1936 – gest. 30. März 2018) Mitstreiter, denn er war seit der Gr ndung Mitglied der Fachgruppe „Ornithologie und Vogelschutz“ Wit- Am 30. März 2018 verstarb im Alter von 82 Jahren tenberg. Klaus Gl ckner. Klaus Gl ckner war vielseitig im Naturschutz enga- Klaus Gl ckner war seit 1954 Mitarbeiter des „Mu- giert. Der Autor, der mit Klaus Gl ckner befreundet seums f r Natur- und V lkerkunde Julius Riemer“ war, hatte als langjähriger Fachgruppenleiter in ihm in Wittenberg und engagierte sich maßgeblich am einen unerm tlichen und zuverlässigen Unterst t- Auf- und Ausbau dieser kulturellen Einrichtung. Als zer. Bereits in den 1950er Jahren zu Lebzeiten Julius Diplom-Museologe hielt er Kontakte zu vielen Mu- Riemers, als die Fachgruppe noch in der Gaststätte seen in aller Welt. Beginnend mit der erfolgreichen „Goldener Adler“ am Markt tagte, sorgte Klaus Sonderausstellung „Japan − ein Streifzug durch seine Gl ckner auch daf r, dass zu den Fachgruppenaben- Vergangenheit“ organisierte er rund 60 Sonderaus- den die zum Tema entsprechenden Vogelpräparate stellungen in Wittenberg. Später wurde er bis zu sei- zur Anschauung bereitgestellt und zum Tagungsort nem Ausscheiden im Jahr 2001 amtierender Direktor transportiert wurden. Später, als die Fachgruppe dann dieser nicht nur in Wittenberg geschätzten, nunmehr im Museum „Gastrecht“ erhielt und dort ihre mo- aber leider geschlossenen kulturellen Einrichtung. natlich zweimaligen Zusammenk nfe durchf hrte, Noch in den 1980er Jahren wurde unter seiner fach- bernahm er viele organisatorische Aufgaben, zumal
91 er als Mitarbeiter der Stadt Wittenberg gute Kontakte zur Verwaltung herstellen konnte. Daher tätigte er sämtliche Beh rdengänge f r die Fachgruppe. Viele Fachgespräche, besonders aber auch Telefonate f hrte er, da der Fachgruppenleiter zur damaligen Zeit ber keinen Telefonanschluss verf gte. Klaus Gl ckner war sozusagen der „gute Geist“ der Fachgruppe. Fach- gruppenabende und -exkursionen geh rten f r ihn zum Pfichtprogramm. Als die Fachgruppe begann, eine zentrale Beobachtungskartei anzulegen, besorgte er die notwendigen Materialien, wie die damals raren Karteikarten, und bernahm auch viele der notwendi- gen organisatorisch-technischen Arbeiten. Der Autor erinnert sich auch gern an gemeinsame Unternehmungen, wenn sie beide z. B. „auf allen Vieren“ in engen Gängen und Hohlräumen im Turm des Wittenberger Schlosses die Nester der Dohlen und des Turmfalken kontrollierten, in Erf llung des Vermächtnisses des Begr nders der Wittenberger Fachgruppe Dr. Otto Kleinschmidt. Dieser hatte, als er 1927 in das Schloss einzog, notiert: „Hier wohnen nur Dohlen und Falken. M gen sie f r immer hier bleiben“. Dr. Hermann Heynig (1924−2018) während einer Daneben war Klaus Gl ckner auch in anderen Verei- Talsperrenexkursion im Osterzgebirge. Foto: U. Hey- nen engagiert tätig, z. B. in der Fachgruppe „Feldher- nig (2003). petologie“ und in der Interessengemeinschaf Natur und Umwelt in Bergwitz. Außerdem war er fachkun- diger Pilzberater im Kreis Wittenberg und hat auch auf dem Gebiet der Pilzkunde Ausstellungen organi- Dr. Hermann Heynig zum Gedenken siert und Pilzwanderungen durchgef hrt. Überhaupt (geb. 27. Januar 1924 – gest. 31. Oktober 2018) war er auch als ehrenamtlicher Naturschutzhelfer sehr aktiv, weshalb er der damaligen staatlichen Natur- Am 31. Oktober 2018 ist der Phykologe und Limnolo- schutzverwaltung manchmal sogar unbequem wurde, ge Dr. Hermann Heynig in Halle/Saale (Sachsen- wegen zu umfangreicher Aktivität. Anhalt) im Alter von 94 Jahren verstorben. Durch sein Wirken hat er dazu beigetragen, die Ak- Hermann Heynig wurde am 27. Januar 1924 in Anna- zeptanz f r Natur- und Vogelschutz bei der Bev lke- berg im Erzgebirge (Sachsen) geboren. Er studierte rung der Wittenberger Umgebung zu erh hen und Biologie in Leipzig (1942−1944), Jena (1944) und Halle sich damit f r diese Bereiche verdient gemacht. Alle (1953−1956), schrieb 1956 seine Diplomarbeit zum die ihn kannten werden ihn sehr vermissen und sein Tema „Beiträge zur Kenntnis des Phototropismus Andenken in Ehren halten. von Laubmoosprotonemen“ und 1962 seine Doktor- arbeit ber „Untersuchungen zur Limnologie und Uwe Zuppke Hygiene zweier kleiner Harztalsperren (Wipper- Vorsperre und Nordhäuser Talsperre)“ an der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zu seinen aka- Anschrift des Autors demischen Lehrern geh rten die Professoren Johan- nes Buder (1884–1966), Horst Herbert Handke (1913– Dr. Uwe Zuppke 2005), Hermann Meusel (1909–1997), Wilhelm Ruh- Heideweg 1a ∙ 06886 Lutherstadt Wittenberg land (1878–1960) und Arno Wetzel (1890–1977). Au- E-Mail: [email protected] ßerdem arbeitete er nach dem 2. Weltkrieg von 1946 bis 1953 als „Neulehrer” und Lehrer f r Biologie und
92 Chemie an der Erweiterten Oberschule (= Gymna- Taxa (Arten, Varietäten, Formen) und mit Angaben sium) in Annaberg. zur Aut kologie (wichtige abiotische Faktoren) fossen Von 1956 bis 1989 war Hermann Heynig als Hydro- in die vom Verfasser bearbeiteten Beiträge „Rote Liste biologe im Fachgebiet Wasserhygiene des Bezirks-Hy- der Algen des Landes Sachsen-Anhalt“ (2004), die gieneinstitutes in Halle tätig. Seine praktischen und dem 80. Geburtstag von Hermann Heynig gewidmet wissenschaflichen Arbeiten, auch in seiner Freizeit wurde, und in die „Checkliste der Algen (Cyanobacte- und während Urlaubsaufenthalten, waren mikrobio- ria et Phycophyta)“ in dem Buch „Pfanzen und Tiere logische (autochthone und allochthone Bakterien) in Sachsen-Anhalt“ (2016) ein. und hydrobiologische (Phyto- und Zooplankton) Zwei Arten, das Urtierchen Difugiella heynigi Schön- Untersuchungen in verschiedenen Gewässern in Mit- born 1965 und die Gr nalge Amphikrikos heynigii teldeutschland (in den Bundesländern T ringen, Krienitz 1986, und die Gr nalgen-Gattung Heynigia Sachsen und Sachsen-Anhalt, z. T. Berlin und Bran- C. Bock, Pröschold et Krienitz 2010 wurden zu denburg) und in der Tschechischen Republik. Zwi- Ehren von Dr. Hermann Heynig nach ihm benannt. schen 1976 und 1999 war er Mitherausgeber der „S ß- Außerdem wurden Laudationes (einschließlich von wasserfora von Mitteleuropa“, der Neubearbeitung Bibliographien der wissenschaflichen Ver fentli- der von Adolf Pascher (1881−1945) begr ndeten und chungen und Register der von Hermann Heynig bear- von 1913 bis 1939 herausgegebenen „Die S ßwasser- beiteten Algen-Taxa) anlässlich seiner begangenen 75., Flora Deutschlands, Österreichs und der Schweiz“ 80. und 85. Geburtstage ver fentlicht. Diese k nnen bzw. „Die S ßwasserfora Mitteleuropas“ (2. Aufage). Interessenten auf Anfrage vom Verfasser zur Verf - Die Ergebnisse seines umfangreichen Wissens auf den gung gestellt werden. Gebieten der Phykologie, Mikrobiologie und Limno- F r seine Kollegen war Dr. Hermann Heynig ein logie ver fentlichte er in 85 wissenschaflichen Publi- wissensreicher Fachmann. Die Limnologen im Land kationen von 1961 bis 2007. Außerdem gibt es von Sachsen-Anhalt und die Phykologen-Familie verlieren Hermann Heynig das beachtenswerte unver fent- einen international anerkannten Hydrobiologen und lichte Manuskript „Hydrobiologische Studien im klassischen Phykologen, der dieses Fachgebiet mit ge- Bezirk Halle (Ein 1988 berarbeiteter Vortrag zum nauen mikroskopischen Beobachtungen nach seinem Festkolloquium anläßlich der Emeritierung von Motto „… nur was man gezeichnet hat, hat man auch Prof. Dr. Handke am 1.11.1978)“. Diese leider unver- richtig verstanden …“ sehr bereichert hat. Er prägte fentlicht gebliebene Schrif ist ein wichtiger Beitrag als väterlicher Freund den langjährigen Leiter der Ar- zur Wissenschafsgeschichte der DDR (Bezirk Halle) beitsgruppe Phykologie im Leibniz-Institut f r Ge- und zur 30jährigen praktischen und wissenschafli- wässer kologie und Binnenfscherei PD Dr. habil. chen Arbeit eines Hydrobiologen in der Praxis (ange- Lothar Krienitz und mich sowohl in unserer wissen- wandte Limnologie) im Fachgebiet Wasserhygiene am schaflichen Arbeit als auch bei unseren Untersuchun- Bezirks-Hygieneinstitut Halle. 23 Neubeschreibungen gen zur Algenbesiedlung des Landes Sachsen-Anhalt. und Neukombinationen von Algen-Taxa (eine Gat- So werden viele Limnologen und Phykologen ihm in tung, mehrere Arten, Varietäten und Formen) wur- der Fortsetzung seiner Arbeiten immer gedenken. den von Hermann Heynig, zum Teil mit Bohuslav Fott (1908−1976) und Lothar Krienitz, neu f r die Lothar Täuscher Wissenschaf beschrieben. Dabei sind zum Großteil Gewässer im Land Sachsen-Anhalt der „locus classi- cus“ f r Algenarten-Neubeschreibungen. Die exakten Anschrift des Autors Dokumentationen der Algen-Vorkommen im Land Sachsen-Anhalt mit Original-Zeichnungen der Mi- Dr. Lothar Täuscher kroalgen von Hermann Heynig (mit H. H. signiert), Petersburger Straße 44 ∙ 10249 Berlin mit Angaben zur Morphologie und Taxonomie der E-mail: [email protected]
93 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 55. Jahrgang • 2018: 94–95 Schrifttum
Schindler, H., H. Stein & H.-J. Hahn (2017): Quellen im Harz. − Schrifenreihe aus dem Natio- nalpark Harz, Band 15. − 224 S. − Nationalparkver- waltung Harz, Wernigerode (Hrsg.) – ISSN 2199- 0182. − 12,00 €. In der stattlichen Schrifenreihe des Nationalparks Harz ist als neuestes Werk ein Band ber die Quellen im Harz erschienen. Mit diesem Band wurde in der Tat „Neuland“ untersucht. Während die Fließgewäs- ser von den Wasserwirtschafsbetrieben kontinuier- lich beprobt wurden und im Nationalpark seit 1990 spezieller untersucht wurden, stand die Analyse von Quellen noch aus und zahlreiche Quellstandorte wa- ren im Nationalpark bisher gar nicht bekannt. Mit diesem Band schließt sich die L cke zwischen den Fließgewässern und ihren Entstehungsgebieten. Der vorliegende Band der Schrifenreihe des National- parks Harz zu den Quellen im Harz ist ein Gemein- schafsprojekt des Instituts f r Grundwasser kologie der Universität Landau, des Landesbetriebes f r Hochwasserschutz und Wasserwirtschaf Sachsen- Anhalt und der Nationalparkverwaltung Harz, das auf Initiative der Nationalparkverwaltung zustande kam. Bei der Durchsicht des Bandes wird dem Leser klar, dass nur durch die partnerschafliche und pro- jektbezogene Zusammenarbeit aller Beteiligten eine Untersuchung in dieser Tiefenschärfe m glich war. Versauerung der Granit- und Quarzitstandorte im Neu ist auch, dass die untersuchten Quellstandorte Hochharz. ber den gesamten Harz verteilt sind, also sowohl Untersucht wurden insgesamt 73 Quellen. F r jeden Quellen in Niedersachsen, als auch in Sachsen-Anhalt Quellstandort erarbeitete das Team einen prägnanten untersucht wurden. Steckbrief, der die Lage, den Quelltyp, die Morpholo- gie, die komplette faunistische Artenliste sowie die Das Forscherteam stellte zunächst dar, dass die Quell- detaillierte chemische Analyse dokumentiert, ergänzt biotope ganz spezifsche Lebensräume mit einer ange- durch ein Foto der Quelle. Die chemische Analyse ent- passten Flora und Fauna sind. Weiterhin unterschei- hält auch eine Übersicht der gefundenen Schwerme- den sich die Quellstandorte des Harzes deutlich von talle. Der Steckbrief endet mit einer Kurzbewertung den brigen Mittelgebirgen Deutschlands und zeigen der Quelle, welche auch Hinweise zum Quellenschutz bei der Quellfauna eher Parallelen zu skandinavischen gibt. Auch f r ein weiteres Monitoring sind diese Quellstandorten, wohl bedingt durch die erhebliche Steckbriefe eine hervorragende Grundlage.
94 In den 73 Quellen wurden insgesamt 157 Taxa, davon Die botanische Seite der Quellenvegetation wurde nur 55 spezielle Quellentaxa mit 40 Rote Liste-Arten ge- grob dokumentiert, wichtige Leitarten im Umfeld der funden. Die Artenlisten des Makrozoobenthos sind Quellen wurden genannt. Hier wäre noch ein gutes Be- nach krenophilen und krenobionten Tieren geordnet tätigungsfeld f r einen Pfanzensoziologen und Moos- und nach Artengruppen in Tabelle 5 bzw. in einer spezialisten. Der wichtigste Baustein f r diese weiter- gesonderten Anhangstabelle dargestellt. Es handelt gehende Erfassung sind aber die Steckbriefe der Quel- sich berwiegend um Quellen der montanen und len und damit gleichzeitig die Ausgangsbasis f r ein obermontanen Stufe, die mit Laub- und Nadelmisch- Quellenmonitoring nach acht oder zehn Jahren. Emp- wald bestockt sind, sowie um Quellen der hochmon- fehlenswert wäre auch auf dieser Grundlage das Quel- tanen/supramontanen Stufe der Fichtenwälder und lennetz im Ostharz weiter zu erkunden und es f r den untergeordnet um Quellen der kollin-submontanen Westharz nachzuarbeiten. Laubwaldstufe. Die Hydrochemie der Quellen ist in Der Band endet mit einer Karten bersicht der Quellen erster Linie von der Geologie geprägt, dabei werden und der Landschafsgliederung, einer Grundwasser- f nf chemische Gruppen unterschieden: Sulfatreiche, karte, einer Karte der hydrogeologischen Räume, eisen- und schwermetallreiche, puferarm/silikatische, mehreren geologischen Karten und einer Karte der karbonatische und sauer/silikatische Quellen. Auf die Landnutzung der Quellgebiete. Sinnvoll zusammen- chemischen Analysenverfahren wird im Band einge- gestellt sind die Stammdaten der Quellenfauna im gangen. Die Quellenarten werden besonders in den Anhang. Steckbriefen genannt und beschrieben. Im Hochharz Ein jeder, der sich mit den Gewässern im Harz befasst, sind die Sturzquellen am häufgsten, gefolgt von den insbesondere mit der Hydrologie, Quellenchemie so- Sickerquellen, z. B. aus den Mooren, aber auch Wan- wie mit der Fauna und Flora der Quellen aber auch der- und T mpelquellen wurden im Harz festgestellt. Gewässerwanderer im Harz werden gern auf diesen Der Textteil endet mit Empfehlungen zur F rderung Grundlagenband zugreifen. der Quellenfauna und -fora. Diese Aufzählung ist zwar schon sehr umfangreich, hier hätte sich der Re- Uwe Wegener zensent aber f r einzelne Punkte noch einige ausf hr- lichere Informationen gew nscht, da sie unmittelbar dem Naturschutz dienen k nnten. Die Maßnahmen Anschrift des Autors zur Entwicklung von Quellbiotopen reichen von der Verhinderung der Verschmutzung und Zerst rung Dr. Uwe Wegener ber die F rderung der Quelltiere und -pfanzen bis Meisenweg 27 ∙ 38820 Halberstadt zur Renaturierung unter Einbeziehung der Quellen- E-Mail: [email protected] besucher.
95 Impressum
Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt Hinweise f r Autorinnen und Autoren: ISSN 0940-6638 F r unaufgefordert eingereichte Manuskripte wird keine Hafung, insbesondere keine Verpfichtung zur Herausgeber: Ver fentlichung, bernommen. Grundsätzlich werden Landesamt f r Umweltschutz Sachsen-Anhalt nur bisher unver fentlichte Beiträge angenommen. Es Fachbereich Naturschutz wird gebeten, die Manuskripte als Fließtext auf Daten- PF 200841 · 06009 Halle (Saale) träger an die Redaktion einzureichen. Der Umfang des Tel.: (0345) 5704 601 · Fax: (0345) 5704 605 Manuskriptes sollte zehn Seiten (ca. 4.200 Zeichen) E-Mail: [email protected] nicht berschreiten. Grafken und Abbildungen sollen Internet: www.lau.sachsen-anhalt.de nicht in den Text integriert sein und in Originalformat und -auf sung geliefert werden. Die Bildbreite muss Redaktion: bei einspaltiger Darstellung min. 800 Pixel, bei zwei- Stefen Szekely spaltiger Abbildung min. 1.700 Pixel betragen. Die Autoren sind f r den fachlichen Inhalt ihrer Bei- Bildredaktion: träge selbst verantwortlich. Die von ihnen vertretenen Stefan Ellermann Ansichten und Meinungen m ssen nicht mit denen Landesamt f r Umweltschutz Sachsen-Anhalt des Herausgebers bereinstimmen. Fachbereich Naturschutz Eine redaktionelle Überarbeitung wird abgestimmt. Reideburger Str. 47 · 06116 Halle (Saale) Die Beiträge k nnen nicht honoriert werden, es wer- den zehn Exemplare des jeweiligen Hefes zur Verf - Schrifleitung: gung gestellt. Prof. Dr. Erik Arndt (Hochschule Anhalt), Dr. Kath- rin Baumann (Nationalparkverwaltung Harz), Vertrieb: Dr. Wolfgang B ttcher (Ministerium f r Umwelt, Naturschutz- und andere Beh rden und Dienststellen Landwirtschaf und Energie Sachsen-Anhalt), Fred sowie haupt- und nebenamtliche Naturschutzmitar- Braumann (Naturparkverwaltung Dr mling), beiter(innen) im Land Sachsen-Anhalt erhalten die Dr. Ulrich Lange (Landesamt f r Umweltschutz Sach- Zeitschrif kostenlos. Alle kostenlos abgegebenen sen-Anhalt), Stefen Szekely (Landesamt f r Umwelt- Hefe d rfen auch nur kostenlos weitergegeben wer- schutz Sachsen-Anhalt), Dr. Uwe Talmann (Landes- den. Käuficher Bezug gegen eine Schutzgeb hr ber verwaltungsamt Sachsen-Anhalt) und Karin Windel Bestellung bei: (Untere Naturschutzbeh rde B rdekreis) NATURA Fachbuchhandlung Adolf-Grimme-Ring 12 · 14532 Kleinmachnow Gestaltung und Satz: Tel.: (033203) 22 468 Satzstudio Borngräber Albrechtstraße 10 · 06844 Dessau-Roßlau Schutzgeb hr: 4,– € Nachdrucke – auch auszugsweise – sind nur mit aus- Druck: dr cklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. Halberstädter Druckhaus GmbH Gedruckt auf Papier mit 50 Prozent Altpapieranteil. Osttangente 4 · 38820 Halberstadt Titelbild: Die Waldbereiche um den Goldberger See Kartendarstellung mit Genehmigung des Landesam- bei L dderitz sind aufgrund ihrer Nat rlichkeit und tes f r Vermessung und Geoinformation Sachsen- ihres Entwicklungspotenzials Bestandteil des Netzes Anhalt. Geobasisdaten © GeoBasis-DE | LVermGeo der Naturwaldzellen in Sachsen-Anhalt: Foto: S. El- LSA | 010312 lermann.
96 oben: Sachsen-Anhalt besitzt eines der bundesweit bedeutendsten Vorkommen des vom Aussterben bedrohten und in der FFH-Richtlinie (Anh. II u. IV) verzeichneten Eschen-Scheckenfalters (Euphydryas maturna). unten: Über die Hälfe der heimischen Bienenarten sind mehr oder weniger bestandsbedroht. Hier ein Weibchen der Blauschillernden Sandbiene (Andrena agilissima) bei der Nektaraufnahme an Gew hnlicher Nachtviole (Hesperis matronalis). Fotos: D. Rolke. Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt. Jahresheft 2018 NATURSCHUTZ SACHSEN-ANHALT IM LAND Landesamt f rUmweltschutz SACHSE La ndesa mt f N- r Umwe ANHA 55. Jahrgang·Jahresheft2018 ltsc hu tz LT ISSN 0940-6638