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www.vds-astro.de ISSN 1615-0880 I/2015 Nr. 52 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Schwerpunktthema Planetarische Universal-Newton Sternbedeckungen Beobachterforum Seite 70 Seite 117 Seite 134 Nebel Editorial 1

Liebe Mitglieder, liebe Sternfreunde,

das neue Jahr hat begonnen, und es ist nicht übertrieben, wenn wir es als astro- nomisch besonders spannend ankündigen. Doch vor den Freuden der Himmels- beobachtung erlauben wir uns, Sie mit einer jährlichen Pflicht zu belästigen: Diesem Heft liegt die Beitragsrechnung für das Jahr 2015 bei. Bitte kommen Sie Ihrer Zahlungspflicht so bald wie möglich nach, denn die unbezahlten Mit- Unser Titelbild: gliedsbeiträge haben sich mittlerweile zu einem stattlichen Betrag summiert. Am Skinakas-Observatorium auf Kreta/ Lesen Sie dazu auch die Informationen auf Seite 4. Griechenland entstand im August 2012 in verschiedenen Nächten diese tiefe Auf- Doch zurück zum Himmelsgeschehen: Die wichtigsten Ereignisse haben wir für nahme des Helixnebels NGC 7293. Was Sie wieder in der beiliegenden Broschüre „Astronomie 2015“ zusammenge- den meisten Lesern neu sein dürfte: Der fasst. Als weitere Beilage enthält diese Sendung das Plakat zum Astronomietag Planetarische Nebel zeigt eine polypolare 2015 und auf dessen Rückseite den von „Sterne und Weltraum“ zusammenge- Struktur. Bipolare Auswürfe unterlagen im stellten „Astro-Planer“. Nur für den wolkenlosen Himmel war in der Versand- Laufe der Zeit einer Rotation wie bei KjPn 8 tasche leider kein Platz mehr. Wir bitten, das zu entschuldigen. (siehe Bericht von Hartmut Bornemann in dieser Ausgabe). Teleskop war eine Das erste Quartal 2015 bietet uns einen echten „Hingucker“: die partielle Son- 300-mm-Flatfieldkamera (Lichtenknecker) nenfinsternis am 20. März. Auch aus diesem Grund lautet das Motto zum dies- mit 940 mm Brennweite, als Kamera wur- jährigen Astronomietag „Schattenspiele im All“. Eigentlich sind es sogar gleich de eine SBIG STL-11000M verwendet. Für zwei Astronomietage: die Sonnenfinsternis am 20. März und am Tag darauf den Rotkanal wurde mit Hα-Filter 8 x 30 der „offizielle“ Astronomietag. Nutzen Sie die Gelegenheit und zeigen Sie den min belichtet, ebenso für den Grünkanal Besuchern am Astronomietag frische Aufnahmen vom Ablauf der Finsternis. mit [S II]-Filter und für den Blaukanal mit [O III]-Filter. Um die Sterne natürlich Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe befasst sich mit weniger auffälligen wiederzugeben, wurden in RGB noch je Objekten, den „Planetarischen Nebeln“. Sofort denkt man dabei an den Ring- 5 x 3 min belichtet. Zur Schärfeerhal- nebel in der Leier oder den Hantelnebel im Füchschen. Neben diesen Klassikern tung auch in den Farben blieben alle gibt es aber noch viele weitere Planetarische Nebel, die dank Schmalbandfiltern Einzelaufnahmen ungebinnt. Bildautoren: oder Spektroskopie heutzutage auch von Amateuren erforscht werden können. Makis Palaiologou, Josef Pöpsel, Stefan Und man soll es nicht glauben: Sogar bisher unbekannte Planetarische Nebel Binnewies. Planetarische Nebel sind das kann man als Hobbyastronom noch entdecken! Schwerpunktthema dieses Heftes. Dieses „Journal für Astronomie“ bietet sicher wieder ausreichend Lesestoff. Wer schreibt all diese Artikel? Es sind zum überwiegenden Teil die Mitglieder der VdS-Fachgruppen. Viele von ihnen findet man auch im Internet: Wem das Journal nicht genug ist, der mag einen Blick auf www.sternfreunde.de in die Rubrik „Fachgruppen“ werfen. Dort finden Sie Verweise zu den Seiten der einzelnen Fachgruppen und werden vielleicht ein ganz neues Universum (der Information) für sich entdecken.

Lehrreiche Lesestunden und auch sonst eine gute Zeit wünscht Ihnen

Sven Melchert

VdS-Journal Nr. 52 2 Inhalt

SCHWERPUNKTTHEMA Planetarische Nebel 6

ATMOSPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN Antarktische Eisnebel- und Polarschneehalos 78

1 EDITORIAL FACHGRUPPENBEITRÄGE AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU 2 INHALTSVERZEICHNIS 70 Selbstbau eines 16-Zoll-Universal-Newton-Teleskops

NACH REDAKTIONSSCHLUSS ASTROFOTOGRAFIE 4 Hinweise zur Beitragsrechnung für das 73 Der Astrofotograf von morgen??? Kalenderjahr 2015 74 Die Morphologie des Systems NGC 5194/95 4 Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von „Sterne und Weltraum“ ATMOSPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN 5 Gegenseitige Jupitermonderscheinungen 2014-2015 78 Antarktische Eisnebel- und Polarschneehalos – Januar/Februar 2014 am Erzgebirgskamm SCHWERPUNKTTHEMA: PLANETARISCHE NEBEL COMPUTERASTRONOMIE 6 Zum Schwerpunktthema Planetarische Nebel 82 Selbermachen? Selbermachen! 8 Herausforderungen bei der Fotografie Planetarischer Nebel 85 Mondanalemma – die monatliche und jährliche Bewegung des Mondes am Himmel 12 Juwelen rechts und links des Weges – Planetarische Nebel in Steckbriefen GESCHICHTE Emissionslinien der Planetarischen Nebel im 15 88 Die Io-Verfinsterung vom 25. September 1671 sichtbaren Spektralbereich 89 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der 18 Für Nachteulen: M 97 visuell und fotografisch Astronomie 23 Die Planetarischen Nebel des Herschel-Katalogs 92 Der Goldbach-Himmels-Atlas von 1799 28 „Lilge1“ (Li1) – ein neuer Großstadt-Nebel im 96 Franz Ulrich Theodor Aepinus – ein exzellenter Sternbild Pfeil Beobachter 30 Planetarische Nebel und ihre Zentralsterne 36 Planetarische Nebel in kosmischer Nachbarschaft JUGENDARBEIT 39 Der Planetarische Nebel KjPn 8 98 Physik ist spannend, Physik ist überall! 43 Abells Planetarische Nebel 99 Alles ist relativ – Die AG Relativitätstheorie im 48 Fotografie Planetarischer Nebel ASL 2013 53 WeBo 1 – ein außergewöhnlicher Planetarischer Nebel 100 Astronomie … am Schreibtisch! – Gedanken zum Beruf des Astronomen 56 NGC 6826 – eine Gemeinschaftsarbeit 58 Planetarische Nebel: Sein oder Schein? KLEINE PLANETEN 62 Made in Austria – Planetarische Nebel entdeckt von 100 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten österreichischen Astronomen 102 Kleinplanetler im Zentrum der Galaxis VdS-Journal Nr. 52 105 Kosmische Begegnungen Inhalt 3

GESCHICHTE Der Goldbach-Himmels-Atlas 92

VdS VOR ORT Die Sternwarte St. Andreasberg 125

KLEINE PLANETEN Kleinplanetler im Zentrum der Galaxis 102

KOMETEN VdS VOR ORT / PODIUM 106 Fotografie schwacher Kometen nahe der 129 Volkssternwarte Ennepetal e. V. Grenzhelligkeit 129 Regionale Volks- und Schulsternwarte Tornesch e. V. 108 Die Wiederentdeckung des Kometen P/2001 BB50 SERVICE SONNE 130 Himmelsvorschau Januar – März 2015 109 Die Sonnetagung 2014 in der Sternwarte Kirchheim – ein Bericht BEOBACHTERFORUM 110 Mein Vorgehen bei der H-Alpha-Beobachtung 134 Meller Nächte sind lang – auch im Juni der Sonne 136 Venus über dem Genfer See 112 Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 137 Mein erstes astronomisches Foto-Abenteuer 1. Halbjahr 2014 138 Morgendämmerung über der Flensburger Förde

SPEKTROSKOPIE REZENSION 113 Die Auswertung spektroskopischer CCD-Aufnahmen 140 Horst Schoch: Das Geheimnis des Himmels

STERNBEDECKUNGEN VORSCHAU 117 (216) Kleopatra – Sternbedeckung durch einen 142 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen ungewöhnlichen Asteroiden 119 Zwei auf einen Streich – Sternbedeckungen durch IN MEMORIAM (58) Concordia und (656) Beagle 142 Zum Gedenken an Udo Bojarra

VERÄNDERLICHE 120 Neues aus der Fachgruppe Veränderliche HINWEISE 120 Veränderlichenbeobachter-Treffen 2014 in Hartha 7 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! VdS-NACHRICHTEN 27 Inserentenverzeichnis 122 Wir begrüßen neue Mitglieder 101 Impressum VdS-NOSTALGIE 138 Wichtige Informationen für unsere Mitglieder! 123 Das war’n noch Zeiten 143 Fachgruppen-Referenten 143 Fachgruppen-Redakteure VdS VOR ORT / PORTRÄT 144 Autorenverzeichnis 125 Dem Himmel so nah – die Sternwarte St. Andreasberg 4 Nach Redaktionsschluss

Hinweise zur Beitragsrechnung für das Kalenderjahr 2015 von Thomas Kessler, VdS-Vorstand

Dieser Ausgabe des Journals ist wieder Die Beiträge können auch mit Banklast- Bewältigung der nicht unerheblichen Ar- eine Beitragsrechnung beigefügt. Da schrift eingezogen werden. Soweit Sie beiten im Zusammenhang mit dem Jah- der Versand des Journals Nr. 52 in ei- am Banklastschriftverfahren teilneh- reswechsel! ner Fensterversandtasche erfolgt, dient men wollen und bisher noch keine das Adressfeld auf der Beitragsrechnung Bankeinzugsermächtigung erteilt haben, Da die Zahlungsmoral in letzter Zeit er- gleichzeitig dem Versand. Wer also die- setzen Sie sich bitte mit der Geschäfts- heblich nachgelassen hat, wird im Vor- ses Journal in den Händen hält, hat auch stelle in Verbindung. Bitte beachten Sie, stand zurzeit überlegt, in 2015 bei säu- eine Beitragsrechnung bekommen. Sollte dass Bankspesen, die der VdS durch eine migen Zahlern ein Inkassounternehmen die Beitragsrechnung nicht mehr vorlie- eventuelle Rückgabe der Lastschrift in mit dem Einzug der Forderungen zu be- gen, wurde sie vermutlich mit dem Um- Rechnung gestellt werden, weiterberech- auftragen. schlag „entsorgt“. Bitte setzen Sie sich net werden müssen. in diesem Fall möglichst bald mit mir in Denken Sie bitte daran, dass meine Tä- Verbindung. Wegen des hohen Verwaltungsaufwands tigkeit als Schatzmeister – wie auch die bei Schecks und wegen der hohen Kos- Tätigkeit aller Vorstandsmitglieder – Gegen das Vergessen hilft im Fall der Bei- ten bei Auslandsschecks werden Schecks, ausschließlich ehrenamtlich und damit tragsrechnung ein möglichst umgehender wie in der Beitragsordnung bestimmt, unentgeltlich erfolgt. Für den Einsatz Zahlungsausgleich, denn eine beiseite ge­ grundsätzlich nicht angenommen. meiner Freizeit hoffe ich daher als „Ge- legte Beitragsrechnung ist schnell vergessen! Mitglieder in der Schweiz überweisen genleistung“ auf Ihre Zahlungsdisziplin! bitte den Betrag mit SEPA-Überweisung Um die Beiträge in der Steuererklärung gel­- direkt an die VdS. Zahlungen über die Bei Fragen im Zusammenhang mit der tend zu machen, bedarf es keiner gesonder­ SAG sind ab 2015 nicht mehr möglich. Beitragszahlung können Sie sich direkt ten Zuwendungsbestätigung. Bis zu einem Das Verfahren ist nach der SEPA-Um- an mich wenden, entweder per E-Mail Betrag (Beitrag/Spende) von nicht mehr stellung nicht mehr notwendig und Di- unter [email protected] oder als 200,00 EUR reicht der Zahlungsnach- rektzahlungen vereinfachen den Verwal- schriftlich an Thomas Kessler, Postfach weis in Verbindung mit der auf der Bei- tungsaufwand erheblich. 1930, 21309 Lüneburg. Bitte geben Sie tragsrechnung abgedruckten Bestätigung. dabei möglichst eine Telefonnummer an, Helfen Sie bitte der Geschäftsstelle und da sich viele Fragen telefonisch schneller Sofern Sie für Ihre Zahlung nicht den Ihrem Schatzmeister durch eine recht- klären lassen. vorbereiteten Überweisungsbeleg benut- zeitige Zahlung des Beitrages bei der zen, achten Sie bitte unbedingt darauf, die Mitgliedsnummer anzugeben. Der Beleg enthält noch die „alten“ Konto­ daten, da Privatpersonen noch bis zum Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten 1. Februar 2016 die alten Kontodaten be- nutzen können. von „Sterne und Weltraum“ von Otto Guthier, VdS-Vorstand Bei SEPA-Überweisungen sind folgende Angaben notwendig: Der Vorstand hat in seiner Sitzung am 9. August in Heppenheim über die Bei- Sparkasse Starkenburg träge beraten und beschlossen, dass die Mitgliedsbeiträge für 2015 unverändert BIC/SWIFT-Code = HELADEF1HEP bleiben. Im Mitgliedsbeitrag ist auch der Bezug der Vereinszeitschrift „VdS- IBAN = DE79 5095 1469 0000 0117 45 Journal für Astronomie“ enthalten.

Hinweise auf dem Überweisungsbeleg Die Mitgliedsbeiträge für 2015 betragen: auf den Bezug einer Zeitschrift o. ä. sind Normalbeitrag Inland und EU: EUR 35,00 nicht notwendig, da die Zahlungszuord- für Schüler, Studenten und Auszubildende: EUR 25,00 nung ausschließlich über die Mitglieds- für Sternfreunde außerhalb der EU: EUR 40,00 nummer erfolgt. einmalige Aufnahmegebühr: EUR 7,00

Allgemeine Hinweise wie eine Änderung VdS-Mitglieder können die monatlich erscheinende Zeitschrift „Sterne und der Adresse o. ä. gehören nicht auf die Weltraum“ zu deutlich ermäßigten Bezugskosten über die VdS abonnieren. Überweisung. Durch die Vielzahl der zu Auch diese bleiben für 2015 unverändert, wie der Spektrum-Verlag mitteilt. verbuchenden Zahlungen können solche Die Bezugskosten für „Sterne und Weltraum“ betragen 2015: Hinweise von mir nicht ausgewertet wer- den. Bitte wenden Sie sich mit allgemei- Abo Inland: EUR 89,00; für VdS-Mitglieder EUR 69,40 nen Hinweisen direkt an die Geschäfts- Abo Inland ermäßigt: EUR 67,80; für VdS-Mitglieder EUR 57,00 stelle oder nutzen Sie den Servicebereich Abo Ausland: EUR 97,40; für VdS-Mitglieder EUR 77,80 auf der VdS-Homepage. Abo Ausland ermäßigt: EUR 76,20; für VdS-Mitglieder EUR 65,40

VdS-Journal Nr. 52 Nach Redaktionsschluss 5

Gegenseitige Jupitermonderscheinungen 2014 – 2015 von Nikolai Wünsche

Jeder Jupiterbeobachter kennt die „Jupi­ ter­monderscheinungen“, bei denen die vier Galileischen Monde zum Beispiel ihren Schatten auf die Jupiterwolken werfen oder selbst im Schatten von Ju- piter verschwinden. Doch alle sechs Jah- re bekommen wir mehr geboten. Da die Bahnen dieser Monde höchstens 0,5° 1 gegen den Jupiter-Äquator geneigt sind, kommt es um die Äquinoktien von Jupi- Europas Schatten auf Io: Am 15. Feb. 2015 erzeugt ter alle knapp sechs Jahre (das nächste Jupitermond Europa eine Sonnenfinsternis auf Io. ereignet sich am 5. Feb. 2015) auch zu Die Finsternis dauert von 1:20 bis 1:28 Uhr MEZ. gegenseitigen Verfinsterungen und Bede- ckungen der Monde untereinander. Seit Oktober 2014 und bis Juni 2015 sind sol- tometrische Messungen zu erhalten; am mit einer genauen Zeitbasis kontrolliert che Ereignisse beobachtbar. Die Jupiter- Zweckmäßigsten durch eine Bild- oder oder gestellt werden. Das kann via Inter- Deklination von rund +20° sorgt für gute Videoaufzeichnung und anschließende net (siehe ntp.org) oder einem geeigneten astronomische Beobachtungsbedingun- Auswertung. Die Beobachtungen erfol- GPS-Empfänger erfolgen. gen. Die Bahnen der Jupitermonde sind gen als relative Photometrie der Hellig- ständigen Störungen unterworfen, die keit der Monde. Als Referenz dient ein Bei der unmittelbaren Vorbereitung am hauptsächlich durch Gravitationseffekte dritter Mond im Bildfeld. Fernrohr ist es wichtig, sich gut zu orien- der Monde untereinander und mit Jupiter tieren und zu wissen, welcher Mond wo sowie durch Gezeitenreibung hervorge- Beobachtung und Auswertung zu sehen ist. Bei Bedeckungsereignissen rufen werden. Die Beobachtung gegen- Voraussetzung für erfolgreiche Beobach- kann der bedeckende Mond recht weit seitiger Jupitermonderscheinungen ist tungen ist eine stabile Montierung und vom bedeckten Mond entfernt sein! die genaueste Möglichkeit, die Positionen eine zuverlässige Nachführung. Die Be- der Monde von der Erde aus zu messen. obachtung kann mit jeder Teleskop-Ka- Die Vorhersagen sind nicht sehr genau. Bei einer Zeitgenauigkeit von 0,1 Sekun- mera-Kombination erfolgen, wenn man Deshalb wenigstens fünf Minuten vor bis de erreicht man einen Winkelfehler von folgende Anforderungen damit erreicht: fünf Minuten nach der vorhergesagten ‚‚ nur 0,015 , in Jupiterentfernung etwa – ausreichende Brennweite für eine gute Anfangs- und Endzeit aufzeichnen. 1 km. Daher besteht ein großes Interesse Trennung von Monden und Jupiter der Fachastronomie an möglichst vielen – sicherstellen, dass das Licht jedes Mon- Die Auswertung der Bilder bzw. des Vi- und genauen Messungen solcher Ereig- des auf mehrere Pixel verteilt wird, ggf. deos kann man mit unterschiedlicher nisse. Das „Institut de mécanique céleste durch leichtes Defokussieren Software erledigen. Welche geeignet ist, et de calcul des Éphémérides“ (IMCCE) – 2 bis 3 Bilder pro Sekunde aufzeich- hängt vom Bildformat ab und ist nicht in Paris bietet alle Informationen an, die nen. Ein gutes Signal-zu-Rausch-Ver- zuletzt Geschmackssache. Wichtig ist, potenzielle Beobachter zur Vorbereitung hältnis ist wichtig. Noch wichtiger ist, dass alle drei Monde separat gemessen benötigen, und sammelt die Beobachtun- die Monde keinesfalls überzubelichten, werden und dass die Software die Daten gen weltweit. Das Portal für die Kampa- sonst wird jede Photometrie unmöglich. im Format CSV ausgeben kann. gne „PHEMU15“ findet man unter www. Probeaufnahmen rechtzeitig vorher sind imcce.fr/phemu/. Ein Ephemeridenrech- eine gute Übung. Gegenseitige Jupitermondverfinsterun- ner zeigt die an einem wählbaren Stand- – Timing: Jedes Bild muss auf +/- 0,1s gen sind eines der wenigen Felder, in ort beobachtbaren Ereignisse, es gibt UTC genau zuzuordnen sein. Bei analo- denen wir Amateurastronomen auch mit umfangreiche Informationen sowie eine gen Videos (Watec, Mintron ...) empfiehlt kleinen Teleskopen und preiswerten Ka- sich ein Video Time Inserter (VTI). Bei Eingabemaske, um Daten erfolgreicher meras wissenschaftlich wertvolle Beob- digitalem Kamerasignal muss die Rech- Beobachtungen hochzuladen. achtungen machen können. Nun brau- ner-Uhr vor und nach der Beobachtung chen wir nur noch klaren Himmel ...! Diese gegenseitigen Erscheinungen sind entweder Verfinsterungen eines Mondes durch einen anderen (d. h., eine Sonnen- Beobachtungsvorschläge für gegenseitige Jupitermondereignisse finsternis auf dem verfinsterten Mond) oder Bedeckungen, bei der sich für den Datum Anfang MEZ Ende MEZ Ereignis irdischen Beobachter ein Mond vor ei- 24.1.2015 19:47 20:02 Kallisto verfinstert Io nen anderen bewegt. Der Helligkeitsab- 15.2.2015 01:20 01:28 Europa verfinstert Io fall erreicht meist nicht mehr als einige 22.2.2015 03:04 03:11 Europa bedeckt Io Zehntel Größenklassen über mehrere Mi- 4.3.2015 19:11 19:18 Europa verfinstert Io nuten. Wissenschaftlich verwertbare Be- 16.3.2015 02:33 02:44 Kallisto bedeckt Europa obachtungen sind daher nur durch pho-

VdS-Journal Nr. 52 6 Planetarische Nebel

Zum Schwerpunktthema Planetarische Nebel von Peter Riepe

Man kennt sie, die skurrilen Gashüllen um manchmal kaum sichtbare Zentral- sterne. Sicherlich haben Sie die „Muster­ exemplare“ wie den Hantelnebel M 27 oder den Ringnebel M 57 schon beob- achtet, vielleicht sogar mit einem grö- ßeren Teleskop? Dann werden Sie den Anblick eines hellen Planetarischen Ne- bels (PN) niemals vergessen. Aber es gibt viel mehr von diesen Objekten, die einen bevorstehenden Sternentod ankündigen. Insgesamt ca. 20.000 Planetarische Nebel existieren nach Schätzungen der Astro­ nomen in unserer Milchstraße, etwa 3.200 sind bis heute bekannt. Planeta- rische Nebel sind zwar nur eine Objekt- klasse, aber eine mit vielfältigen Erschei- nungsformen (Abb. 1, 2). Helle PN zeigen bei genügender Teleskopöffnung visuell sogar Farben. Blau und Grün treten deut- lich in Erscheinung. Daneben haben vie- le PN eine auffällige Außenhülle, die der Astronom „Halo“ nennt (Abb. 3). Wer die folgenden Berichte studiert, wird auch viele neue, dem Amateur bisher kaum bekannte PN entdecken. 1 Warum wird M 76 eigentlich „Kleiner Hantelnebel“ genannt? Lange belichtet zeigt Und doch sollte man es nicht beim der PN eine Schmetterlingsform. Teleskop: 12 Zoll Meade ACF, f = 2100 mm, Kamera: „Gucken“ oder beim „Knipsen“ belassen. SBIG ST-2000XM, Ort: Erdweg/Bayern, belichtet wurde L: 40 × 5 min, R: 12 × 5 min, Unser Hobby bietet nämlich viel mehr G: 10 × 5 min, B: 8 × 5 min. Bildautor: Michael Deger – auch die Beschäftigung mit dem, was wir da beobachten oder aufnehmen! Ge- rade über Planetarische Nebel (PN) gibt es eine Menge an höchst interessantem, fachlichem Hintergrund. Insofern ist das Titelbild ein besonderer Leckerbissen. Es stellt einen bekannten PN in einem ganz neuen Licht dar – gibt es doch offenbar großräumige strukturelle Bewegungen

2 NGC 1360, ein diffuser PN am Südhimmel, aufgenommen im Oktober/November 2013 auf der Farm Hakos/Namibia; Teleskop: 20-Zoll-Hypergraf der Internatio- nalen Amateursternwarte (IAS) bei f = 4500 mm, Kamera: SBIG STL- 11000, 3 × 20 min je Kanal LRGB belichtet, Bildautor: Robert Schulz

VdS-Journal Nr. 52 Planetarische Nebel 7

3 M 27 mit Halo, das Bild entstand im Mai 2014 in Nerpio, Spanien. Teleskop: Newton 368 mm/1402 mm mit Wynne-Korrektor, Kamera: FLI 8300 bei -30°C, [S II] für Rot: 3 × 15 min, Hα für Grün: 4 × 15 min, [O III] für Blau 3 × 15 min, RGB für Sterne 8 × 5 min, Bildautor: Robert Pölzl

im Laufe der PN-Entwicklung. Nicht nur dass die PN expandieren, auch Rotatio- nen treten auf.

Von all dem sollen nun auch unsere Le- ser profitieren: Wie kommen die unter- schiedlichen Formen und Farben zustan- de? Was hat es mit den Zentralsternen der PN auf sich? Wie werden neue PN gefunden? Spielen hier auch Amateure eine Rolle? Was kann ich beim Beobach- Hinweis ten in einem Amateurteleskop überhaupt von einem PN wahrnehmen? Was bringt der Einsatz von Schmalbandfiltern? Wel- Ihr Beitrag im che Details offenbaren sich fotografisch? Was ist bei den Aufnahmetechniken zu VdS-Journal für Astronomie! beachten? Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 53 „Spektroskopie“ abge- Ein großer Dank gebührt den Autoren! schlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen Wieder einmal wurden zahlreiche infor- hinweisen: mative Beiträge eingereicht. Das Schöne „Dark Sky“ in Journal Nr. 54 daran: Auch die visuelle Beobachtung Redaktionsschluss: 01.02.2015 lebt! Ich möchte mir nun die Zeit erspa- Redakteure: Torsten Güths, [email protected] ren, auf jeden einzelnen Beitrag einzu- Dr. Andreas Hänel, [email protected] gehen und hier den Inhalt in Kurzform „Sternwarten-Bau und automatische Teleskopsteuerung“ in Journal Nr. 55 bereits darzustellen – das gelingt dem Redaktionsschluss: 01.05.2015 mündigen Leser selbst viel besser. Redakteur: Herbert Zellhuber, [email protected]

Allgemein darf ich aber feststellen, dass „Der Südsternhimmel“ in Journal Nr. 56 jeder Autor seinen Beitrag mit Begeis- Redaktionsschluss: 01.08.2015 terung verfasst hat, egal ob es sich um Redakteur: Peter Riepe, [email protected] einen Bericht aus der reinen Astro-Pra- xis oder um die zusätzliche Einbindung Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann wissenschaftlicher oder historischer Zu- sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobach- tungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fo- sammenhänge handelt. Und noch etwas tografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf muss unbedingt auch einmal gesagt wer- diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen! den: Es hat mir als verantwortlichem Re- dakteur großen Spaß gemacht, verschie- Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fach- dene dieser Berichte mit den Autoren im gruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) ge- Vorfeld durchzugehen – manchmal dabei schickt werden. auch etwas intensiver zu diskutieren, nicht nur formal, sondern auch inhalt- Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Ab- lich. So wurde das Ziel gemeinsam er- druck im „VdS-Journal für Astronomie“. Es besteht jedoch keine Veröffentli- chungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter reicht: Den Inhalt so aufzubereiten, dass Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte ge- dem Leser jetzt eine informative Lektüre ben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. bevorsteht. Aber bitte – überzeugen Sie sich selbst. Die Redaktion

VdS-Journal Nr. 52 8 Planetarische Nebel

Herausforderungen bei der Fotografie Planetarischer Nebel von Manfred Mrotzek

Kaum ein astronomisches Objekt kommt weit vom Zentralstern entfernt hat, dass Mischen der Schmalbandaufnahmen mit in solch einer Vielfalt daher wie Plane- dessen Strahlung keine Ionisierung mehr RGB-Aufnahmen ist meistens nicht ganz tarische Nebel (PN). Zum einen bilden zu bewirken vermag. Größe, Helligkeits- trivial und führt auch nicht immer zum PN unterschiedliche dreidimensionale verteilung und Spektren der PN können gewünschten ästhetischen Eindruck. Strukturen aus, zum anderen sehen wir den Astrofotografen vor erhebliche Her- diese Strukturen dann unter den unter- ausforderungen stellen. Schwache Halos, helle Zentren schiedlichsten Blickwinkeln, wodurch Die Fotografie heller PN erscheint erst sie uns immer wieder anders erscheinen. Schwache Nebel in sternreichen einmal sehr einfach. Im Falle des be- Auch farblich gibt es ein weites Spek- Gebieten rühmten Ringnebels M 57 ist bekannt, trum. Alle PN sind zwar Linienstrahler Da sich die meisten PN in der Scheibe der dass der Ring außen in Rot und innen und leuchten deshalb nur in den diskre- Milchstraße befinden, ist dieser Fall sehr in Türkisblau leuchtet. Wenn man dann ten Wellenlängen der jeweils ionisierten häufig anzutreffen. Bei Luminanz- oder alle technischen Klippen der Astrofoto- Elemente, aber deren Verteilung und ihre RGB-gefilterten Aufnahmen sind die grafie meistert, hat man in der Regel ein relativen Häufigkeitsverhältnisse können schwachen Scheiben vieler PN im Stern- hübsches, buntes Bild dieses Nebels im sehr unterschiedlich sein, woraus dann gewimmel der Milchstraße kaum auszu- Fundus. Aber ist das alles? Ist das schon eben die unterschiedlichen Farben und machen. Ein Schmalbandfilter dämpft der ganze Nebel, oder ist der in Wirklich- Farbverteilungen resultieren. Das Stadi- die Helligkeit der Feldsterne wirksam keit viel größer, und seine Außenbereiche um eines PNs ist im Leben eines Sterns und lässt trotzdem das Licht des Nebels so viel lichtschwächer als der Ring, dass nur eine äußerst kurze, wenige tausend fast ungehindert passieren. Auf diese sie bei einem „normalen“ Foto gar nicht Jahre dauernde Phase. In dieser Zeit Art und Weise ist es dann auch möglich, erfasst werden können? wächst er von einem kleinen, nur wenige Strukturen in solchen lichtschwachen Bogensekunden messenden und extrem Objekten sichtbar zu machen. Beispiele In der Tat zählt M 57 zu den PN, die auf hellen Objekt zu einem viele Bogen- sind PN G075.5+1.7 (Abb. 1), Abell 61 tiefbelichteten Aufnahmen erkennen las- minuten großen und leuchtschwachen (Abb. 2) im Schwan oder Abell 74 (Abb. sen, dass sie in Wirklichkeit viel größer Gebilde, bis das Gas so dünn verteilt 3) im Füchschen. In der Regel werden sind, als sie zunächst erscheinen. Sie ist, dass die Intensität seines Leuchtens solche Aufnahmen monochrome oder haben einen lichtschwachen Halo, der kaum noch über die Helligkeit des Him- – bei Verwendung von Schmalbandfil- durchaus den mehrfachen Durchmesser melshintergrunds reicht oder es sich so tern – Falschfarbenaufnahmen sein. Das des hellen Teils des Nebels haben kann.

1 PN G075.5+1.7, bicolor (Hα[O III][O III]). Teleskop: Refraktor 2 Abell 61, Aufnahmedaten wie Bild 1, Hα: 9 x 600 s, 140 mm bei f/5,4; Kamera: Atik 460EX, Hα (HWB = 6 nm): [O III]: 9 x 600 s 14 x 600 s, [O III] (HWB = 13 nm): 14 x 600 s

VdS-Journal Nr. 52 Planetarische Nebel 9

3 Die Halos sind oft strukturiert und las- Abell 74, Aufnahmedaten wie Bild 1, nur Hα: 17 x 600 s sen Rückschlüsse auf ihre Entstehungs- geschichte zu. Gemeinsam ist ihnen ihre Lichtschwäche und damit der extreme Helligkeitsunterschied zwischen Zentral- teil des PNs und seinem Halo. Für den Astrofotografen stellt dies eine besonde- re Herausforderung dar, wenn er beide Komponenten gleichzeitig in einem Bild darstellen will.

Natürlich kann man sich dafür entschei- den, eine kurzbelichtete Aufnahme des hellen Rings auszuschneiden und pass- genau in eine tiefbelichtete Aufnahme einzukopieren, die den Halo zeigt. Mir persönlich sagt diese Lösung überhaupt nicht zu. Ich versuche deshalb, durch geschicktes, nichtlineares Anheben der lichtschwachen Bereiche diese soweit zu verstärken, dass sie gut sichtbar sind, ohne dass die hellen Bereiche ausge-

4 M 27, Aufnahmedaten wie Bild 1, Hα: 22 x 600 s, [O III]: 14 x 600 s

VdS-Journal Nr. 52 10 Planetarische Nebel

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Linkes Bild: NGC 6543, Aufnahme- daten wie Bild 1, Hα: 9 x 600 s + 22 x 60 s + 45 x 20 s, [O III]: 10 x 600 s + 22 x 60 s + 48 x 20 s

6 Rechtes Bild: NGC 6826, Teleskop: Reflektor 235 mm bei f/5; Kamera: Atik 314L, Hα: 7 x 600 s

brannt sind. Beispiele sind Aufnahmen sind kurze Belichtungszeiten im Sekun- Belichtungszeit pro Einzelbild erschien. des Hantelnebels M 27 (Abb. 4) und des denbereich vonnöten, um die Strukturen Das Ergebnis zeigt Abbildung 8. Ein wei- Katzenaugennebels NGC 6543 (Abb. 5), nicht in die Sättigung laufen zu lassen. teres Beispiel ist der Schildkrötennebel die beide einen riesigen lichtschwachen Meine besten Resultate habe ich mit ei- NGC 6210 (Abb. 9), dessen innere Struk- Halo besitzen. Werden bei den notwen- ner Watec-Kamera 120N CCTV an einem turen ich ebenfalls nur auf diesem Wege digen Belichtungszeiten für die Halos die Schmidt-Cassegrain-Teleskop bei 5.640 darstellen konnte. Kernbereiche überbelichtet, mache ich mm Brennweite und f/24 erzielt. Die auch noch Belichtungsserien mit kürze- Belichtungszeit betrug nur fünf Sekun- Schmalbandaufnahmen zum Studium ren Belichtungszeiten pro Einzelbild, um den pro Einzelbild. Die Brennweite war der Gasverteilungen auch die Zentralbereiche noch mit De- zuvor mit einem Zweifach-Telekonverter Bei PN dominieren rote und türkise Far- tails darstellen zu können. Problematisch erhöht worden (ich hatte nichts anderes ben. Die roten Farben rühren von der Hα- ist bei diesen extremen Helligkeitsunter- zur Hand). Die schärfsten Aufnahmen, Linie des angeregten Wasserstoffs und schieden die Darstellung der Sterne. Das bei denen die Luftunruhe am geringsten von der „verbotenen“ roten Doppellinie sieht man recht deutlich am Beispiel von war, wurden aussortiert und gestackt. Das [N II] des zunächst einfach ionisierten NGC 6826 (Abb. 6). Ein kontinuierlicher Ergebnis wurde im Kontrast angehoben Stickstoffs her, die türkise Farbe stammt Helligkeitsanstieg von außen nach innen, und geschärft. Deutlich sind die bekann- von „verbotenen“ [O III]-Linien des zu- der die Sterne wie gewohnt „hübsch“ ten, im Licht des ionisierten Sauerstoffs nächst zweifach ionisierten Sauerstoffs. aussehen lässt, ist kaum möglich. strahlenden Bögen zu erkennen (Abb. 7). Weitere Linien von [O III] im Blauen, Hβ im Blauen, Helium (He II) im Blauen Strukturen in winzigen PN Auch der Blaue Schneeball NGC 7662 ist und im Gelben sowie Schwefel ([S II]) im NGC 6543 stellt an den Astrofotografen solch ein Leuchtfeuer unter den PN. Erst Tiefroten sind weitaus schwächer, kön- noch eine zweite Herausforderung, weil durch die oben beschriebene Verlänge- nen aber leichte Farbverschiebungen be- sein Zentralteil sehr klein und hell ist. rung der Brennweite auf über fünf Me- wirken. Die Linien von Wasserstoff und Um ihn gut auflösen zu können, bedarf ter und (d.h. f/23) war seine Helligkeit so Stickstoff sind nur 1,5 bzw. 2,1 Nanome- es einer größeren Brennweite von min- weit gedämpft, dass er gut aufgelöst und ter voneinander entfernt, was handels- destens zwei Metern. Und selbst dann nicht ausgebrannt bei zehn Sekunden übliche Hα-Filter mit sechs Nanometer

7 9 NGC 6543, Teleskop: Reflektor 8 NGC 7662, Teleskop: Reflektor NGC 6210, Teleskop: Reflektor 235 mm bei f/24; Kamera: Watec 235 mm bei f/23; Kamera: Watec 235 mm bei f/24; Kamera: Watec 120N, 120 x 5 s 120N, 138 x 10 s 120N, 138 x 10 s

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10 NGC 2392, Teleskop: Reflektor 11 NGC 6572, Teleskop: Reflektor 12 M 76, Aufnahmedaten wie Bild 1, 235 mm bei f/10; Kamera: Watec 235 mm bei f/24; Kamera: Watec Hα: 9 x 600 s, [O III]: 9 x 600 s 120N, [O III] (HWB = 6 nm): 96 x 10 s 120N, [O III] (HWB = 6 nm): 384 x 5 s + 384 x 1,25 s und mehr Halbwertsbreite (HWB) nicht lativ trivial. Der Zentralstern ist ein Kon- Tiefer belichtete Aufnahmen zeigen noch trennen können. Bei der Schmalbandfo- tinuumsstrahler, der PN aber leuchtet nur blasenartige Ausläufer mit „Haken“ an tografie mit solchen Filtern erwischt man in diskreten Emissionslinien. Also lassen ihren Enden (Abb. 12). immer beide Linien zugleich und sollte Schmalbandfilter das Licht des Nebels deshalb Hα+[N II] angeben. In der Regel fast ungehindert durch, während die Hel- Es gibt für fast jedes Problem eine strahlen PN in Hα deutlich heller als in ligkeit des Zentralsterns stark gedämpft Lösung [S II], aber es gibt auch die umgekehrten wird. Beim Einsatz eines Schmalbandfil- Je nach Problemstellung muss der Astro­ Fälle und alles dazwischen. Ebenso kann ters und einer langen Brennweite wer- fotograf verschiede Optionen wählen Hα stärker oder auch schwächer als [O den plötzlich auch Details in der Nähe oder kombinieren, um bei der fotogra­ III] sein. des Zentralsterns sichtbar (Abb. 10). Der fischen Darstellung der PN die vielfälti- winzige PN NGC 6572 im Schlangenträ- gen Herausforderungen zu meistern. Bei Auskunft, was da rot und was in welchen ger zeigt ebenfalls erst Strukturen, wenn winzigen Nebeln helfen lange Brennwei- anderen Farben leuchtet, gibt z.B. die man den Zentralstern mit einem Schmal- ten und sehr kurze Belichtungszeiten. PN-Liste der FG Astrofotografie der VdS bandfilter wirksam unterdrückt (Abb. 11). Dann erzielt man auch mit ungekühl- [1]. Anhand der gelisteten Intensitäten ten Videokameras schöne Ergebnisse. lässt sich leicht erkennen, welches der Überraschungen Bei der Unterdrückung des kontinu- oder die Schmalbandfilter sind, die den PN sind immer wieder für Überraschun- ierlichen Lichts der Sterne haben sich größten Erfolg versprechen. Wenn man gen gut. Sei es, dass Amateure auf ih- Schmalbandfilter sowohl bei langen als jedoch mit Hilfe von Schmalbandfil- ren Aufnahmen bisher übersehene Nebel auch bei kurzen Brennweiten bewährt. tern die Verteilung von Wasserstoff und entdecken (z.B. PN G075.5+1.7), sei es, Bicolor-Aufnahmen durch Hα- und [O Stickstoff sauber darstellen will, kommt dass man selbst auf irgendeiner Aufnah- III]-Filter können bei der Kombination man nicht umhin, extrem schmalbandige me plötzlich etwas entdeckt, das ein PN Hα[O III][O III] sogar einen recht natür- Filter mit Halbwertsbreiten von zwei Na- sein könnte, und dann auch tatsächlich lichen Anblick der PN wiedergeben. Be- nometern und weniger einzusetzen. Sol- einer ist. Das ging mir so bei der Aufnah- sonderes Geschick wird dem Astrofoto- che Filter werden für Amateure meines me von Sh2-232, einem Emissionsnebel grafen abverlangt, wenn er Objekte mit Wissens nicht angeboten. Immerhin lässt im Fuhrmann, in dem ich einen kleinen riesigen Helligkeitsunterschieden­ gefällig der Blick auf die Aufnahmen des Deep runden Fleck entdeckte, der unter der in einem Bild darstellen möchte, ohne Sky Surveys (DSS) [2] meistens recht gut Bezeichnung Pu2 schon bekannt war. lichtschwache Komponenten wegfallen erahnen, mit welchen Ergebnissen man Die astronomische Datenbank Simbad oder helle Bereiche ausbrennen zu las- bei seinen eigenen fotografischen Bemü- [3] leistet bei der Identifikation solcher sen. Manchmal sind hier aber Kompro- hungen rechnen darf. Das gilt natürlich Objekte wertvolle Dienste. Manchmal misse erforderlich. Welche man dabei nur dann, wenn der Nebel eine wesent- sind PN auch mit Größenangaben gelis- eingeht, ist eine Frage des persönlichen lich größere Fläche als das Beugungs- tet, die nur ihre hellsten Teile umfassen, Geschmacks. scheibchen des Zentralsterns hat. und man stellt bei der Aufnahme fest, dass da noch viel mehr als erwartet ist, Internethinweise (Stand 2014): Extrem helle Zentralsterne dass das Objekt noch viel weiter reichen- [1] http://astrofotografie.fg-vds.de/ Was macht man aber, wenn der PN recht de schwache Ausläufer hat. Das erlebte downloads/pn_acker.xls klein und der Zentralstern extrem hell ich bei der Aufnahme von Abell 22 im [2] http://stdatu.stsci.edu/cgi-bin/ ist, so hell, dass er den PN ganz oder teil- Sternbild Kleiner Hund. Auch der Kleine dss_form weise überstrahlt? Der Eskimonebel NGC Hantelnebel M 76 wird im Allgemeinen [3] http://simbad.cfa.harvard.edu/ 2392 ist solch ein Fall. Die Lösung ist re- mit viel zu kleinen Maßen angegeben. simbad/sim-fcoo

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Juwelen rechts und links des Weges – Planetarische Nebel in Steckbriefen von Carsten Dosche

Die vier Planetarischen Nebel (PN) des Messier-Katalogs haben die meisten Hobby-Astronomen höchstwahrscheinlich schon einmal beobachtet. Viele haben zumindest auch versucht, diese einmal zu fotografieren. Daneben gibt es allerdings noch eine riesige Zahl weiterer PN, bei denen sich die Beobachtungs- und Fotografiertätigkeit jedoch auf wenige prominente Vertreter wie den Eskimonebel oder den Saturnnebel zu beschränken scheint. Die vielen anderen Nebel sind oft sehr klein oder nicht besonders hell oder aus anderen Gründen irgendwie durchs Raster gefallen. Daher soll jetzt anhand einer kleinen Auswahl gezeigt werden, welche Kleinode an interessanten PN man abseits ausgetretener Pfade für visuelle Beobachtung und Fotografie entdecken kann. Die Objektdaten sind den „Cartes du Ciel“ und SIMBAD entnommen.

Die nun folgenden PN wurden nach Rektaszension geordnet. Für jeden PN wird angegeben: Sternbild, Koordinaten (J2000), scheinbare visuelle Nebelhelligkeit und Abmessung in Bogensekunden. Alle diese PN sind in der gegenüberliegenden ganz- seitigen Abbildung in sechs Reihen zu je vier Bildern von oben links nach unten rechts dargestellt (Norden oben, Osten links). Für fast alle Bilder wurde ein Celestron 9.25 eingesetzt (f = 2350 mm, im Text abgekürzt C 9.25), dazu eine gekühlte EMCCD-Kamera Andor LucaS (DL658M), für NGC 6765, Abell 72 und PK 80-6.1 eine Andor LucaR (DL604M). Der Leser kann den Aufnahmedaten entnehmen, ob die Serien als LRGB- oder RGB-Bilder erstellt wurden und mit welchen Filtern. Meine Aufnahmetechnik zum „Lucky Imaging“ im Bereich Deep Sky habe ich im VdS-Journal Nr. 49 ab Seite 33 vorgestellt.

24 Planetarische Nebel auf einem Bild (s. Abb. rechte Seite)! In sechs Reihen zu je vier Bildern von oben links nach unten rechts sind dies: 1 IC 289 5 NGC 2022 Cassiopeia, 03 h 10 min 19 s, +61° 19’ 01’’, 12,0 mag, 37’’ , 05 h 42 min 06 s, +09° 05’ 10’’, 11,7 mag, 19’’ IC 289 im sternreichen Grenzgebiet zwischen Cassiopeia und Auch im Orion gibt es eine Reihe von PN, einer von ihnen ist Perseus ist mittels Starhopping nur schwer zu finden. Eine NGC 2022. Goto-Montierung und ein UHC-Filter sind hier zum Auffinden Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, L: 2500 × 2 s (UHC), enorm hilfreich. RGB: je 500 × 2 s Aufnahmedaten: C 9.25, L: 1000 × 5 s (UHC), RGB: je 500 × 5 s

6 Abell 12 2 NGC 1501 Orion, 06 h 02 min 20 s, +09° 39’ 14’’, 13,9 mag, 37’’ Camelopardalis, 04 h 06 min 59 s, +60° 55’ 14’’, Abell 12 ist sowohl visuell als auch fotografisch eine Heraus- 12,0 mag, 52’’ forderung, der Helligkeitsunterschied zum gerade einmal 30“ Der Austernnebel ist per Starhopping nur mit etwas Geduld zu entfernten Stern μ Orionis beträgt immerhin über acht Größen- finden, weil das Sternbild Giraffe wenig prägnant ist. klassen. Ein [O III]-Filter ist Pflicht.

Aufnahmedaten: C 9.25, L: 1500 × 2 s (UHC), RGB: je 500 × 2 s Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, Hα/[O III]/Hβ je 500 × 2 s

3 NGC 1514 7 NGC 2346 Taurus, 04 h 09 min 17 s, +30° 46’ 33’’, 10,8 mag, 100’’ Monoceros, 07 h 09 min 23 s, -00° 48’ 24’’, 12,5 mag, 55’’ Dieser Nebel, obwohl einigermaßen hell und groß (Kristallkugel­ NGC 2346 ist ein für visuelle und fotografische Beobachtung nebel), ist aus irgendwelchen Gründen nicht in bekannten Beob- sehr attraktiver bipolarer PN im Einhorn. achtungsführern aufgelistet. Aufnahmedaten: C 9.25, L: 1000 × 5 s (UHC), RGB: je 500 × 5 s Aufnahmedaten: C 9.25, L: 1000 × 5 s (UHC), RGB: je 500 × 5 s

8 NGC 2371/2 4 NGC 1535 , 07 h 25 min 35 s, +29° 29’ 26’’, 11,2 mag, 44’’ Eridanus, 04 h 14 min 16 s, -12° 44’ 22’’, 9,4 mag, 56’’ Neben dem bekannten Eskimonebel NGC 2392 gibt es auch in „Cleopatras Auge“ ist sehr hell und besonders die innere Struk- den Zwillingen weitere PN, einer der größeren ist NGC 2371/2, tur ist auch visuell leicht zu sehen - wenn man denn bei diesem dem seine bipolare Form den Namen „peanut “ einge- sehr tief stehenden Objekt gutes Horizontseeing hat. bracht hat. Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, RGB je 500 × 2 s Aufnahmedaten: C 9.25, RGB je 250 × 5 s

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VdS-Journal Nr. 52 14 Planetarische Nebel

9 NGC 6058 16 NGC 6842 Hercules, 16 h 04 min 27 s, +40° 40’ 56’’, 13,0 mag, 26’’ Vulpecula, 19 h 55 min 02 s, +29° 17’ 19’’, 13,1 mag, 47’’ NGC 6058 ist ein kleiner PN, der nicht sehr hell ist. Daher ist bei Dieser PN ist nahezu unbekannt, was auch daran liegen kann, der Beobachtung ein UHC-Filter notwendig. dass er kaum mit spektakulären Details aufwarten kann. Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, RGB je 500 × 5 s Aufnahmedaten: C 9.25, L: 500 × 5 s (UHC), RGB: je 250 × 5 s

10 NGC 6210 17 NGC 6894 Hercules, 16 h 44 min 29 s, +23° 48’ 00’’, 9,7 mag, 26’’ Cygnus, 20 h 16 min 24 s, +30° 33’ 53’’, 14,4 mag, 44’’ Der Schildkrötennebel ist zwar klein, aber sehr hell. Um etwas Der „kleine Ringnebel“ ist ein sehr schwacher ringförmiger Ne- von der komplexen Struktur des Nebels zu sehen, ist sehr gutes bel mit für einen Planetarischen Nebel starken Rotanteilen. Da Seeing erforderlich. er inmitten der Milchstraße steht, ist für die Beobachtung ein UHC-Filter notwendig. Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, RGB je 100 × 1 s Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, L: 1000 × 5 s (UHC), RGB: je 500 × 5 s 11 NGC 6765 Lyra, 19 h 11 min 06 s, +30° 32’ 43’’, 12,9 mag, 38’’ 18 Neben dem Ringnebel M 57 gibt es in der Leier noch den fast NGC 6905 unbekannten PN NGC 6765, der durch seine ungewöhnliche Delphinus, 20 h 22 min 23 s, +20° 06’ 16’’, 12,0 mag, 95’’ Form auffällt. Der „Blaue Blitz“ ist ein relativ heller PN mit komplexer Struk- tur ohne nennenswerte Rotanteile, für [O III] allerdings ein sehr Aufnahmedaten: Cassegrain 300 mm/3000 mm (StW Nürnberg) dankbares Objekt. RGB je 1000 × 2 s Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, L: 1000 × 2 s (UHC), RGB: je 500 × 2 s 12 NGC 6772 , 19 h 14 min 36 s, -02° 42’ 25’’, 14,0 mag, 65’’ 19 Das Sternbild Adler beherbergt eine ganze Reihe PN, einer von Abell 72 ihnen ist NGC 6772. Delphinus, 20 h 50 min 02 s, +13° 33’ 30’’, 14,6 mag, 127’’ Aufnahmedaten: C 9.25, RGB je 250 × 5 s Abell 72 gehört noch zu den „helleren“ Vertretern des Abell- Katalogs, trotzdem ist sowohl visuell als auch fotografisch ein 13 NGC 6778 [O III]-Filter sinnvoll, da sonst der helle Nachbarstern BD+13 4532 (8,2 mag, Spektraltyp K0) stark stört. Aquila, 19 h 18 min 25 s, -01° 35’ 47’’, 13,3 mag, 16’’ Der kleine Nebel NGC 6778 erscheint wie eine kleine Ausfüh- Aufnahmedaten: C 9.25, Hα/[O III] je 750 × 10 s rung des Hantelnebels. Im Gegensatz zu vielen anderen Plane- tarischen Nebeln emittiert dieser Nebel auch stark im ionisierten 20 Stickstoff [N II]. NGC 7008 Cygnus, 21 h 00 min 33 s, +54° 32’ 36’’, 12,0 mag, 86’’ Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, RGB je 500 × 2 s Auch der Schwan beherbergt eine Fülle von PN. Neben dem „Blinkenden PN“ (NGC 6826) gehört NGC 7008 (der Fötusnebel) 14 NGC 6804 noch zu den bekannteren. Aquila, 19 h 31 min 35 s, +09° 13’ 31’’, 12,4 mag, 31’’ Aufnahmedaten: C 9.25, L: 500 × 2 s (UHC), RGB: je 500 × 2 s NGC 6804 weist wie viele andere PN eine innere Ringstruktur auf. 21 PK 80-6.1 Aufnahmedaten: C 9.25, RGB je 500 × 5 s Cygnus, 21 h 02 min 18 s, +36° 41’ 37’’, 13,5 mag, 34’’ Der winzige „egg nebula“ ist ein Protoplanetarischer Nebel, 15 NGC 6818 stellt also die erste Entwicklungsstufe eines PNs dar. Sagittarius, 19 h 43 min 58 s, -14° 09’ 13’’, 10,0 mag, Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, RGB je 1000 × 2 s 44’’ NGC 6818 ist ein kleiner kompakter PN mit hoher Flächenhellig- keit. Der Nebel steht allerdings sehr tief, so dass man auf gutes Horizontseeing angewiesen ist. Aufnahmedaten: C 9.25, f = 4700 mm, L: 1000 × 1 s, RGB: je 500 × 1 s

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22 NGC 7048 24 NGC 7354 Cygnus, 21 h 14 min 15 s, +46° 17’ 18’’, 11,0 mag, 55’’ Cepheus, 22 h 40 min 20 s, +61° 17’ 09’’, 12,9 mag, 20’’ NGC 7048 steht zwischen Schwan und Cepheus. Visuell ist leider NGC 7354 ist ein bipolarer Nebel, der in sehr lange belichteten nur eine gleichmäßig blaue Scheibe sichtbar, der rote Rand ent- Aufnahmen axiale Jets ähnlich dem Saturnnebel (NGC 7009) zieht sich der visuellen Beobachtung. zeigt. Für Planetarische Nebel unüblich ist hier ein Nebelfilter nur eingeschränkt hilfreich. Aufnahmedaten: Celestron 9.25, L: 500 × 5 s (UHC), RGB: je 250 × 5 s Aufnahmedaten: Celestron 9.25, f = 4700 mm, L: 1000 × 2 s (UHC), RGB: je 750 × 2 s 23 NGC 7094 Pegasus, 21 h 36 min 53 s, +12° 47’ 19’’, 13,4 mag, 95’’ NGC 7094 steht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kugelstern- haufen M 15. Besitzer von Teleskopen größerer Öffnungen soll- ten hier unbedingt einen Abstecher wagen. Aufnahmedaten: Celestron 9.25, L: 1500 × 5 s (UHC), RGB: je 500 × 5 s Emissionslinien der Planetarischen Nebel im sichtbaren Spektralbereich von Peter Riepe

Sterne leuchten selbstständig, d.h., sie er- zeugen Licht und senden es aus. Auch der Mond sendet Licht aus. Er erzeugt es aber nicht und leuchtet nicht selbst, sondern reflektiert lediglich das Licht der Sonne. Aussendung von Licht (Emission) und Lichtreflexion beobachten wir auch bei Gasnebeln. Selbstleuchtende Gasnebel wie H-II-Regionen, Planetarische Nebel (PN), Wolf-Rayet-Nebel und Supernova- überreste erzeugen ihr Licht selbst. Sie werden daher Emissionsnebel genannt. Nebel, die nur das Licht der benachbar- ten Sterne reflektieren, heißenReflexi - onsnebel.

Als massive Leuchtkörper strahlen die Sterne im sichtbaren Spektralbereich 1 Ein kontinuierliches Spektrum eines selbstleuchtenden Körpers (oben). Darunter kontinuierliches Licht ab – Licht aller Spektren der drei chemischen Elemente Wasserstoff H, Helium He, Quecksilber Hg. Wellenlängen zwischen etwa 400 und 700 Nanometern. Je nach Oberflächen- temperatur erscheinen uns heiße Sterne kontinuierliches Licht, sondern sen- te eines PNs. Auch im infraroten und ul- etwas blauer, kühle Sterne etwas röter. det nur Licht ganz bestimmter Wellen­ travioletten Spektralbereich besitzen die Ihr kontinuierliches Licht empfinden wir längen aus, die man „Emissions­linien“ PN Emissionslinien. Im IR-Bereich gibt als gleichmäßig ineinander übergehende nennt. William Huggins stellte dies bei es z. B. gut zugänglich die Doppellinie Farben von Violett über Blau, Grün, Gelb seiner ersten PN-Spektroskopie im Jahr des [S III] bei 906,9 und 953,2 Nanome- und Orange bis hin zu Rot (Abb. 1, oben). 1864 mit Erstaunen fest. Jedes chemi- tern sowie die starke Linie des He I bei Ganz anders ein Planetarischer Nebel. Er sche Element hat seine ihm eigenen, 1.083 Nanometern. umgibt als Gashülle einen Zentralstern, typischen Wellenlängen (Abb. 1, unten). der das Gas mit seiner starken ultravio- Kriminalisten können anhand von Fin- Was steckt hinter der Emission? letten Strahlungsenergie zur Emission gerabdrücken Verbrecher identifizieren, Heiße Sterne, welche eine genügend - bringt. Aber ein PN emittiert als selbst- Astrophysiker identifizieren mit Hilfe der ke UV-Strahlung aussenden, können ein leuchtendes Gas geringer Dichte kein Emissionslinien die chemischen Elemen- umgebendes Gas mit dieser Strahlungs-

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den Stößen durch die üblichen Übergän- ge auf niedrigere Energieniveaus beendet werden können. In diesem Fall wird dann doch eine Emission beobachtet! Die so erzeugten Emissionslinien werden „ver- botene Linien“ genannt. Und jetzt etwas, was viele Amateure und Astro-Händler einfach nicht wissen und dann auf ihren Webseiten und in ihren Werbeanzeigen unterlassen: Alle verbotenen Linien wer- den durch eckige Klammern um das ioni- sierte Element gekennzeichnet, z.B. [S II] oder [O III]. Allerdings bleibe ich skep- 2 Bei der Anregung (a) nimmt ein Elektron die Energie eines UV-Lichtquants (blau) auf tisch, ob dieser Hinweis etwas nützt … und wird dadurch von seinem Grundzustand (Position 1) in einen energetisch höhe- ren Zustand gehoben (Position 2). Bildlich wird eine „höhere Bahn“ um den positiv Eine der bekanntesten verbotenen Lini- geladenen Atomkern eingenommen. Springt das Elektron nach der Rekombination vom en ist die doppelte türkise Emissionsli- Anregungszustand 2 nach 1 zurück (b), so gibt es seine Überschussenergie spontan in nie des zweifach ionisierten Sauerstoffs Form eines Lichtquants (rot) ab. Dies ist die Lichtemission. [O III] bei 500,7 und 495,9 Nanometer Wellenlänge. Sie wurde noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Unkenntnis der energie „anregen“. Die Gasatome (z. B. Energieniveau entspricht einer exakt Physik dem chemischen Element „Ne- Wasserstoff oder Sauerstoff) nehmen definierten („diskreten“) Wellenlänge. bulium“ zugeordnet. Ira Sprague Bowen diese Anregungsenergie als zusätzliche Ein Beispiel: Jeder kennt das Licht der konnte diesen Unsinn beenden und 1927 Energie auf. Physikalisch ausgedrückt typischen Natriumdampflampen an Fuß- den wirklichen Emissionsablauf erklären. werden die Atome in einen energetisch gängerkreuzungen. Die gelbe Natrium- Er führte diese verbotene Doppellinie auf höheren, angeregten Zustand versetzt. Emissionslinie hat eine Wellenlänge von den zweifach ionisierten Sauerstoff zu- Dies kann man sich bildlich so vorstel- 589,3 Nanometern. rück. len, dass die Elektronen der Atome auf „energetisch höhere Bahnen“ angehoben Die „verbotenen Linien“ im Nebel- Welche Emissionslinien sendet ein werden (Abb. 2a). Sie können sogar aus spektrum PN aus? dem Atom herauskatapultiert werden, Nun gibt es aber höhere Energiezustän- Zunächst einmal ist Wasserstoff das häu- dann ist das Atom ionisiert. Aber irgend- de, in denen angeregte Elektronen län- figste Element im Weltall. Daher senden wann springen die Elektronen wieder ins gere Zeit verharren können. Physiker PN und andere Emissionsnebel primär die Atom zurück (Rekombination), zunächst sprechen von „metastabilen“ Zuständen. Emissionslinien des ionisierten Wasser- auf ein energetisch höheres Niveau, und So ein metastabiler Anregungszustand von da aus auf eines der energetisch kann lange anhalten, ehe die angereg- tieferen Niveaus (Abb. 2b). Bei allen ten Elektronen in den Grundzustand Die wichtigsten PN-Emissionslinien Sprüngen zurück wird die überschüssi- zurückspringen. Während dieser langen im sichtbaren Spektralbereich ge Energie in Form eines spontan emit- Zeit stoßen die Gasatome in dichten Ga- Linie Wellenlänge Farbe tierten Lichtquants wieder nach außen sen aber bereits sehr häufig zusammen. (nm) abgegeben. Das ist Lichtemission! Die Durch diese Stöße wird der metastabile Hγ 434,0 violett Summe aller abgestrahlten Lichtquanten Zustand in geringere Energiezustände [O III] 436,3 violett pro Sekunde ist der Lichtstrom. Und die zurückversetzt, ohne dass dabei spontan He II 468,6 blau Lichtfarben? Die lichtempfindlichen Zel- ein Lichtquant emittiert wird. In dich- Hβ 486,1 blau len unseres Auges empfinden höherener- tem Gas werden also mit Lichtemissi- [O III] 495,9 türkis getische Lichtquanten als blaues oder gar on verbundene reguläre Übergänge aus [O III] 500,7 türkis violettes Licht, Lichtquanten geringer metastabilen Zuständen in tiefere Ener- He I 587,6 gelb Energie erscheinen uns rot. Farbe und gieniveaus durch Stöße verhindert. Ein [O I] 630,0 rot Wellenlänge des emittierten Lichts sind solcher Übergang kann sich quasi nicht [N II] 654,8 rot jedoch eindeutig definiert: Rotes Licht ist ereignen und wird deshalb als „verbote- Hα 656,3 rot langwellig, violettes Licht ist kurzwellig. ner Übergang“ bezeichnet. [N II] 658,4 rot Die bei den Rekombinationen erzeugten [S II] 671,6 dunkelrot Emissionslinien stellen also Licht ver- Bei den galaktischen Gasnebeln oder bei [S II] 673,1 dunkelrot schiedener, aber ganz bestimmter Wel- den Planetarischen Nebeln ist die Gas- lenlängen dar (Sprünge von außen ins dichte aber so gering, dass Stöße zwi- Atom zurück, lassen wir hier einmal schen den Gasatomen nur ganz selten Tabelle 1: Die „verbotenen“ Linien weg). Das bedeutet: Jeder Sprung zurück passieren. Von daher bleibt genügend (siehe Text) stehen grundsätzlich in von einem höheren auf ein niedrigeres Zeit, dass metastabile Zustände zwischen eckigen Klammern!

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stoffs aus. Deren hellste ist die bekannte rote Hα-Linie. Aber Wasserstoff emittiert auch die blaue Hβ-Linie, sie trägt zur vi- suellen Sichtbarkeit der Emissionsnebel bei. Ferner gibt es die violette Hγ-Linie und weitere, die in ihrer Intensität immer schwächer werden. Hα, Hβ, Hγ ... zusam- men heißen Balmer-Linien (Abb. 1).

Planetarische Nebel emittieren auch Emissionslinien der Edelgase (z. B. Heli- um oder Neon). Sie sind jedoch aufgrund ihrer geringeren Häufigkeit durchweg schwächer als die Wasserstofflinien. Wichtig ist folgende Tatsache: Da der Zentralstern seine Außenschichten als umgebende, expandierende Gaswolke ab- gestoßen hat, sind im PN auch schwerere freigesetzte Elemente vorhanden. Neben den bereits genannten hellen verbotenen Emissionslinien des Sauerstoffs [O III] findet man auch die verbotenen Linien des Stickstoffs [N II] und des Schwefels [S II]. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die wichtigsten und hellsten Emissionsli- nien in Planetarischen Nebeln. Und noch einmal: Alle verbotenen Linien stehen in eckigen Klammern. Abb. 3 zeigt ein typi- sches PN-Linienspektrum.

Welche Farbe hat ein PN? 3 Für Astrofotografen von Bedeutung: Die Spektren der PN Pa 9 und Te 11 (hier als Profildarstellung aus Jacoby, Kronberger PN-Farbe wird dadurch bestimmt, wel- et al. 2009). Bei Pa 9 dominiert die [O III]-Linie, bei Te 11 dagegen kommen Hα, [N II] che Linien emittiert werden und wie die und [S II] viel stärker heraus. relative Stärke dieser Linien zueinander aussieht. Blaugrüne oder grünliche PN leuchten überwiegend in [O III]. Ein Pa- merkbar. Hier wird der Anregungsgrad radebeispiel ist NGC 7662, der „blaue erkennbar: Hoch angeregte PN sind blau, Schneeball“. Er leuchtet in [O III] sechs- gering angeregte Nebel rot. bis siebenmal stärker als in Hα. Rote PN zeigen weniger oder sogar kaum [O III], dafür emittieren sie aber stark in Hα, [N II] oder [S II]. Ist ein PN rot, so heißt das Internet- und Literaturhinweise: aber nicht, dass grundsätzlich Hα domi- [1] M. Scholz (2009): Kleines Lehrbuch niert! Der lichtschwache Sh2-78 z. B. ist der Astronomie und Astrophysik, knallrot, aber seine verbotenen [N II]- Band 15, Grundlagen der Stern- Linien sind insgesamt etwa 3,2-mal so spektroskopie; siehe auch: stark wie die Hα-Linie. Ähnliches gilt für www.astronomie.de/uploads/media/ KjPn 8 (siehe den Artikel von Hartmut Kleines_Lehrbuch_der_Astronomie_ Bornemann, S. 39). Abgesehen davon ist und_Astrophysik_Band_15.pdf die Farbe der PN auch immer ein Bild [2] http://universal_lexikon.deacademic. der Elementverteilung über die sichtbare com/314851/verbotene_Linien Fläche des Nebels. Bestimmte Strukturen [3] http://de.academic.ru/dic.nsf/ treten im Licht verschiedener Emissions- dewiki/1454009 linien auch unterschiedlich in Erschei- [4] G. H. Jacoby, M. Kronberger et al. nung. Nahe am Zentralstern ist – wie bei (2009): Searching for Faint Plane- M 57 als Musterbeispiel – die blaue Far- tary Nebulae Using the Digital Sky be am intensivsten, weiter außen macht Survey; arXiv:0910.0465v1 sich dann das Hα-Leuchten stärker be- [astro-ph.SR]

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Für Nachteulen: M 97 visuell und fotografisch von Hans Lammersen

Dass der etwa 6000 Jahre junge Plane- und hielt sie auch zeichnerisch fest, eine tarische Nebel M 97 auch als Eulen­nebel Beobachtung, die – was den Stern in der bezeichnet wird, ist auf eine bipolare westlichen Höhle betrifft – nie wieder Aushöhlung im Zentrum zurückzufüh- nachvollzogen werden konnte. Dafür ren, die auf visuelle Beobachter den Ein- übersah der Lord den wesentlich helle- druck der Augen des nachtaktiven Vogels ren Stern im Zentrum des Nebels. Dieser macht. Auch ältere Zeichnungen (z. B. von blaue Zentralstern ist mit ca. 85.000 Kel- Lord Rosse, 1848) zeigen dies. Übrigens vin sehr heiß und mit 0,7 Sonnenmassen stammt auch der Zweitname von eben wesentlich massereicher als der Nebel jenem Lord Rosse. mit seinen 0,15 Sonnenmassen. Cahn et al. (1992, [1]) haben eine Entfernung Mit den oben angesprochenen 6000 Jah- von 0,615 Kiloparsec ermittelt (ca. 2000 ren ist der im Sternbild Großer Bär liegen- Lichtjahre). de M 97 der jüngste Nebel des Messier-Ka- 1 M 97, aufgenommen im Wesent- talogs. Entdeckt wurde er aber nicht von Das Erscheinungsbild des 170 Bogense- lichen mit dem 1,23-m-Teleskop des Messier, sondern von Pierre Méchain im kunden ausgedehnten Nebels ist recht Calar-Alto-Observatoriums [5], verschie- Jahr 1781, Messier beobachtete ihn erst komplex. Nach Guerrero et al. (2003, [2]) dene Filter, Gesamtbelichtungszeit: einen Monat später. In den Jahren darauf besitzt er drei Schalen: eine wenig elon- fünf Stunden. Bildautoren: Vicent folgten weitere Beobachtungen anderer gierte, innere Schale, eine runde Außen- Peris, José Luis Lamadrid, Jack Astronomen, die teilweise differierten. schale und einen bogenförmigen Halo. Harvey und Steve Mazlin So sah Lord Rosse mit seinem 72-Zoll- Dieser mehrschalige Aufbau ist in Abb. 1 Spiegel in den augenförmigen Aushöh- gut zu erkennen. Der Nebel zeigt insge- lungen der Zentralregion zwei Sterne samt eine nur mäßige Expansionsbewe- Das liegt daran, dass die rot leuchtenden, gung. Die Expansionsgeschwindigkeit gering ionisierten Zonen wie [N II]-Kno- liegt laut Cuesta & Philipps (2000, [3]) ten weiter außen liegen, wo nach Wein- bei 27 Kilometern pro Sekunde für Hα, berger (1989, [4]) bei allen PN mit zuneh- 37 Kilometern pro Sekunde für [S II] und mendem Abstand zum Zentralstern eine 39 Kilometern pro Sekunde für [N II]. Die beschleunigte Expansion registriert wird. Expansion verläuft also für die verschie- denen chemischen Elemente nicht gleich. Der Halo des Nebels entstand in der frü- hen AGB-Phase des Zentralsterns durch Sternwinde, die mit einem nur geringen Masseverlust des Zentralsterns einher- gehen (höchstens eine Sonnenmasse in mehreren Millionen bis einer Milliar- de Jahren). Möglicherweise reichte die Entstehung des Halos auch noch in die Phase der thermischen Pulse hinein. Der Hauptbereich des Nebels ist hingegen das Ergebnis der späten AGB-Phase, als der Zentralstern durch den sogenannten „Su- perwind“ viel Masse verlor. Die Augen- höhlen sind eine Folge eines schnellen stellaren Windes, der vom Zentralstern ausging, heute aber nicht mehr existiert. Durch den ausbleibenden Gasdruck fällt 3 Material in die Augenhöhlen zurück. 2 M 97, Zeichnung von Uwe Glahn, M 97, Zeichnung von Daniel Res- 27-Zoll-Newton, Vergrößerung 419- temeier, 16-Zoll-Newton mit f/5 bei Visuell ist der Nebel eines der schwächs- fach, visuelle Grenzgröße 6,5 mag, 200-facher Vergrößerung, UHC-Filter. ten Objekte im Messier-Katalog, aller- Seeing III Das Gesichtsfeld betrug 20′, visuelle dings ist er hier durch seine hauptsäch- Grenzgröße 6,8 mag, Seeing II lich im grünen Spektralbereich emittierte

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[O III]-Strahlung mit 9,9 mag heller als fotografisch. Der Zentralstern kommt auf einen Wert von 16 mag. Visuell bleibt der Nebel auch bei größeren Instrumen- ten konturlos. Für die Eulenaugen sollte man es mit mindestens 200 Millimetern Öffnung versuchen, wobei sich unter- schiedliche Beobachter über den Sinn eines [O III]-Filters uneinig sind. Wäh- rend er von einigen Beobachtern emp- fohlen wird, raten andere eher davon ab: Dabei würden die Kontraste zwischen den dunklen Augenbereichen und dem Rest des Nebels eher undeutlicher. Uwe Glahns Zeichnung (Abb. 2) gibt den Ein- druck in einem großen Instrument bei guten bis sehr guten Sichtbedingungen ohne Filter wieder. Deutlich sichtbar sind 4 die Augen und die drei Sterne sowie ei- Spektrum von M 97 in Profilansicht (oben), aufgenommen 2013 mit einem Celestron 11 nige Strukturen innerhalb des Nebels. und dem Spektrograf Alpy 600 von Christian Buil [6]. Belichtung 9 × 10 min. Auf der Unsichtbar bleiben die diffusen Rand- Rechtsachse sind die Wellenlängen in Ångström aufgetragen (10 Å = 1 nm), auf der strukturen sowie der Halo. Diese tauchen Hochachse die Linienintensität. Das untere Spektrum wurde aus diesen Linien unter nur auf langbelichteten Fotografien auf. Beachtung der Intensitäten als Farbbild rekonstruiert (P. Riepe). Demgegenüber zeigt die Zeichnung von Daniel Restemeier (Abb. 3) den Anblick mit Filter. Linie des ionisierten Stickstoffs [N II] bei Filtern gewonnen wurde. Abb. 5 ist fast 654,8 und 658,4 Nanometern. Bemer- bei Vollmond entstanden, Schmalband- Planetarische Nebel emittieren keine kenswert ist, dass beide [N II]-Emissionen filter erhöhen also die Anzahl der nutz- Kontinuumsstrahlung, sondern haben zusammen ähnlich stark wie Hα sind. baren Nächte. Man sieht jedoch deutlich wenige, dafür aber intensiv leuchtende den Unterschied: Die engbandigen Fil- Emissionslinien. Das Spektrum von M 97 Verwendet man bei der CCD-Fotografie ter lassen nur das Licht eines schmalen (Abb. 4) zeigt, wo diese liegen: Am entsprechende Schmalbandfilter, die Wellenlängenbereichs um die leuchtin- stärksten ist die Doppellinie des zweifach im Wesentlichen nur das Licht der ge- tensiven Emissionslinien durch. Sie re- ionisierten Sauerstoffs [O III] bei 495,9 nannten Spektralbereiche durchlassen, duzieren das kontinuierliche Sternlicht und 500,7 Nanometern. Im Blaubereich ist dann kann man auch bei schlechteren drastisch, was man im Nebel besonders auch die Hβ-Linie bei 486,1 Nanometern äußeren Bedingungen wie zum Beispiel deutlich an den schwachen Sternen sieht. auffällig, unscheinbar die blaue He-II-Li- Lichtverschmutzung oder Aufhellung des In der LRGB-Aufnahme sind die Sterne nie bei 468,6 Nanometern. Im roten Be- Himmels durch Mondlicht dennoch gute hingegen schön zu sehen. Wer sich in- reich liegt die Hα-Linie des Wasserstoffs Aufnahmen gewinnen. Abb. 5 zeigt eine tensiver mit der Fotografie Planetarischer bei 656,3 Nanometern, flankiert unmit- LRGB-Aufnahme, Abb. 6 eine Aufnah- Nebel beschäftigen möchte, dem seien die telbar links und rechts durch die doppelte me, die mit Hilfe von [O III]- und Hα- weiteren Artikel von Michael Deger (S.

Anzeige 20 Planetarische Nebel

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Harald Strauß nahm M 97 am 9.3. und 20.3.2014 an der Sternwarte Gahberg auf; Teleskop: 14-Zoll- Hypergraf bei f = 3,1 m und SBIG STL-11000M, insgesamt sieben Stunden belichtet (L ohne Binning, RGB mit 2x2-Binning).

48) und Manfred Mrotzek (S. 8) in dieser MCG+9-19-14, die auch auf der Zeich- kanadischen Astronomen Paul Hickson, Ausgabe ans Herz gelegt. nung von Uwe Glahn (Abb. 2) als kleines der hundert Galaxiengruppen enthält. Anhängsel des Sterns links unten zu se- Visuell schafft man HCG 50 wohl nur bei Sowohl für den Fotografen als auch für hen ist. 350 Millimeter Öffnung braucht allerbesten Sichtbedingungen und großer den visuellen Beobachter bietet das Feld man hierfür schon. Ein richtig schwerer Öffnung. Fotografisch ist es Josef Müller um M 97 herum noch einige Besonder- Brocken ist die Hickson Compact Group gelungen, mit einer CCD-Kamera und 15 heiten. Auf vielen Bildern von M 97 ist 50 mit fünf Galaxien zwischen 19 und Minuten Belichtungszeit die kleinen Ne- auch nordwestlich die etwa 30 Millionen 21 mag etwas östlich von M 97 (Abb. belchen aufs Bild zu bannen. Lichtjahre entfernte helle Spiralgala- 8). Sie gilt als die schwierigste, weil am xie M 108 zu sehen (Abb. 7). Schwieri- weitesten entfernte Gruppe (ca. 2 Milli- ger ist da schon die Hintergrundgalaxie arden Lichtjahre) aus dem Katalog des

6 Mark Elvov belichtete M 97 am 22.05.2013 bei 86 % Mond remote in Arizona; 250-mm-Reflektor GSO RC10, CCD-Kamera QSI 683 ws. Belichtungen: R, G und B jeweils zwei Stunden, acht Stunden mit [O III]-Filterung.

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7 Linke Seite: Mosaik von M 97 mit M 108, Norden oben, 300-mm-ACF Deep-Sky-Objekte bei M 97 mit f = 2000 mm und Canon 20Da, dazu Epsilon 200 (Takahashi, Aper- Objekt Objekttyp Rektasz./Dekl. (J2000) tur f/4) mit Canon 60Da, Gesamtbe- M 108 Galaxie 11 h 11 min 31 s, +55° 40`27`` lichtung 9 h 53 min für M 97 (März M 97 PN 11 h 14 min 48 s, +55° 01` 09`` 2013) und 6 h für M 108 (Frühjahr HCG 50 Gx-Gruppe 11 h 17 min 06 s, +54° 55` 06`` 2013 und 2014). Bildautor: Bruno Mattern

Internet- und Literaturhinweise: [1] J. H. Cahn, J. B. Kaler, L. Stanghellini (1992): A catalogue of absolute fluxes and distances of planetary nebulae; Astron. & Astrophys. Suppl. Ser. 94, 399 [2] M. A. Guerrero et al. (2003): Physical structure of plane- tary nebula. I. The owl nebula. Astron. Journal 125, 3213 – 3221 [3] L. Cuesta, J. P. Philipps (2000): Excitation and density mapping of NGC 3587. Astron. Journal. 120, 2661 – 2669 [4] R. Weinberger (1989): A catalogue of expansion velocities of galactic planetary nebulae; Astronom. & Astrophys. Suppl. Ser. 78, 301-324 8 Die Galaxiengruppe Hickson 50 (Bildausschnitt), aufgenom- [5] Calar-Alto-Observatorium und M 97: www.caha.es/the-owl- men von Josef Müller mit einem 300-mm-Newton (LOMO, nebula_de.html Apertur f/5) und CCD-Kamera SBIG ST-7, Belichtung 3 x 5 [6] Christian Buil, Spektroskopie mit Alpy 600: www.astrosurf. min. Fünf Galaxien zwischen 19 und 21 mag ordnen sich – com/buil/alpy600/first_light.htm aus unserer Sicht – zu einem Ring von 45″ x 25″ an. Die Planetarischen Nebel des Herschel-Katalogs von Christian Harder

Friedrich Wilhelm Herschel (1738-1822) gelungenen 18,7-zölligen Metallspiegel IV: Planetarische Nebel entdeckte im Laufe seiner Beobachtungs- (47,5 cm) mit 20 Fuß Brennweite (600 V: sehr große Nebel tätigkeit in unserem Sonnensystem den cm). Das Teleskop wurde zuerst als New- VI: kompakte Sternhaufen Planeten Uranus, später seine beiden ton, später – um die Bildhelligkeit durch VII: kompakte Sterngruppen Monde Titania und Oberon sowie die Wegfall des Fangspiegels zu erhöhen – VIII: lockere Sterngruppen beiden inneren Saturnmonde Mimas und als „Frontview“-Variante erfolgreich be- Enceladus. Beim systematischen Durch- nutzt. Die Leistungsfähigkeit der damali- Die Klasse IV bildet einen Schmelztiegel mustern des Nachthimmels entdeckte er gen „Frontview“-Variante ist in etwa mit aus insgesamt 78 Objekten. Sie bestand darüber hinaus mehrere hundert Dop- der eines modernen, unter gutem Land- keineswegs nur aus Planetarischen Ne- pelsterne und allerlei „Nebel“. Heute wis- himmel stehenden 12-zölligen Newton- beln (PN). Herschel ordnete ihr vielmehr sen wir, dass es sich bei den meisten um Teleskops vergleichbar. diverse Objekte zu, die er nicht anderwei- ferne Galaxien handelt. Diese wurden tig einordnen konnte. später im sog. Herschel-2500-Katalog F. W. Herschel unterteilte seine beobach- (kurz: H 2500) zusammengefasst. Dieser teten Objekte zur besseren Unterschei- Bei seinen Beobachtungen am 13. März wiederum bildete die Grundlage für den dung in verschiedene Objektklassen I- 1781 stieß Herschel eher zufällig mit sei- später von J. Dreyer (1852-1926) zusam- VIII: nem 7-Fuß-Teleskop auf einen vermeint- mengestellten „“ I: helle Nebel lichen neuen Kometen. Dieser entpuppte (NGC, [1]). Herschel benutzte für seine II: schwache Nebel sich dann aber schnell wegen seiner für Beobachtungen vornehmlich einen sehr III: sehr schwache Nebel Kometen untypischen sowie seiner recht

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Die von F. W. Herschel entdeckten Planetarischen Nebel

NGC- Name Sternbild Rektasz. Dekl.‚ V Durchmesser‚ Zentralstern entdeckt H-Bez. Nr. (h min) (° ) (mag) ( ) (mag) 40* Scarabaeusnebel Cep 00 13 +72 31 10,6 1,2 x 0,8 11,6 25.11.1788 IV 58 246* Totenkopfnebel Cet 00 47 -11 52 11,8 2,75 x 2,75 11,9 27.11.1785 V 25 651* Kleiner Hantelnebel Per 01 42 +51 34 10,1 4,0 x 2,2 15,9 12.11.1780 I 193 1501* Kamelauge Cam 04 07 +60 55 11,4 0,9 x 0,9 14,4 03.11.1787 IV 53 1514 Kristallkugel Tau 04 09 +30 47 9,4 3,0 x 2,9 10,1 13.11.1790 IV 69 1535* Cleopatras Auge Eri 04 14 -12 44 10,6 0,75 x 0,7 11,6 01.02.1785 IV 26 2022* - Ori 05 42 +09 05 10,1 0,4 x 0,4 14,9 28.12.1785 IV 34 2346 - Mon 07 09 -00 48 11,3 2,5 x 1,3 11 05.03.1790 IV 65 2371* Erdnussnebel Gem 07 26 +29 29 11,2 2,2 x 1,0 15,5 12.03.1785 II 316 2372* Erdnussnebel Gem 07 26 +29 29 11,2 2,2 x 1,0 15,5 12.03.1785 II 317 2392* Eskimonebel Gem 07 29 +20 55 9,1 0,75 x 0,75 10,5 17.01.1787 IV 45 2438* - Pup 07 42 -14 44 10,8 1,1 x 1,1 17,5 19.03.1786 IV 39 2440* Insektennebel Pup 07 42 -18 13 9,4 1,2 x 1,0 18,9 04.03.1790 IV 64 2610 - Hya 08 33 -16 09 12,7 1,0 x 0,9 15,9 31.12.1785 IV 35 3242* Jupiters Geist Hya 10 25 -18 39 7 1,0 x 0,75 12,1 07.02.1785 IV 27 4361* - Cor 12 24 -18 47 10,9 2 3 x 2,1 13,2 07.02.1785 I 65 6058 - Her 16 04 +40 41 12,9 0,4 x 0,4 13,6 18.03.1787 III 637 6369* Kleiner Geist Oph 17 29 -23 46 11,4 1,1 x 1,1 15,5 21.05.1784 IV 11 6445* Kleiner Edelstein Sgr 17 49 -20 00 11,2 2,8 x 2,8 19 27.06.1785 II 586 6543* Katzenaugennebel Dra 17 59 +66 38 8,1 6,75 x 5,25 10,9 15.02.1786 IV 37 6629* - Sgr 18 26 -23 12 9,9 0,3 x 0,3 12,8 24.08.1784 II 204 6742 - Dra 18 59 +48 28 13,4 0,5 x 0,45 19,4 08.07.1788 III 742 6772 Smaragd Aql 19 15 -02 42 12,7 1 4 x 1,2 18,2 21.07.1784 IV 14 6781* Schneeball Aql 19 18 +06 32 11,8 2,5 x 2,1 16,2 20.07.1788 III 743 6804 - Aql 19 32 +09 14 12 1,0 x 0,9 14,4 25.08.1791 VI 38 6818* Kleiner Edelstein Sgr 19 44 +14 09 9,3 0,5 x 0,5 15 08.08.1787 IV 51 6826* Blinkender Nebel Cyg 19 45 +50 31 10,1 2,25 x 2,25 10,6 06.09.1793 IV 73 6894 Kleiner Ringnebel Cyg 20 16 +30 34 12,3 0,9 x 0,9 17,6 17.07.1784 IV 13 6905* Blauer Blitz Del 20 22 +20 06 11,1 1,4 x 0,6 13,5 16.09.1784 IV 16 7008* Fötusnebel Cyg 21 01 +54 33 10,7 1,8 x 1,6 13,2 14.10.1787 I 192 7009* Saturnnebel Aqr 21 04 -11 22 8 1,0 x 0,6 11,5 07.09.1782 IV 1 7076 - Cep 21 26 +62 53 13,5 0,95 x 0,95 17,4 15.10.1794 III 936 7139 - Cep 21 46 +63 47 13,3 1,3 x 1,3 18,1 05.11.1787 III 696 7354 - Cep 22 40 +61 17 12,2 0,4 x 0,4 16,1 03.11.1787 II 705 7662* Blauer Schneeball And 23 26 +42 32 8,3 0,6 x 0,5 12,5 06.10.1784 IV 18

langsamen Bewegung als neuer . Warum aber benannte Herschel eine seiner Objektklassen von feststehenden Objekten 1-6 Abbildungen von links oben nach rechts unten: nun als Planetarische Nebel? Auszüge aus Herschels Zusammen- fassung vom 1. Januar 1785 einiger seiner Beobachtungen [2] NGC 4361, 24.04.2014, 16-Zoll-Dobson, V = 192-fach, N unten, GF 30′ beantworten diese Frage: NGC 6058, 19.07.2014, 12-Zoll-Dobson, V = 192-fach, N links, GF 15′ Den ersten (NGC 7009) im Wassermann: „Klein, oval und schön definiert in dem 7-füßigen Newtonsys- NGC 6543, 16.07.2014 bei Mondschein, 12-Zoll-Dobson, V = 300-fach, tem (15,8 cm/210 cm, mit Fangspiegel ca. f/13), aber nicht scharf N oben, GF 5′ an den Enden. Im 20-Fuß-Instrument ist er sehr viel besser defi- niert, mit einer einheitlichen Helligkeit ist die Erscheinung pla- NGC 6772, 23.07.2014, 12-Zoll-Dobson, V = 125-fach, N unten, GF 15′ netarisch.“ NGC 6804, 23.07.2014, 12-Zoll-Dobson, V = 300-fach, N unten, GF 8′ Den zweiten (NGC 7662) in der Andromeda:­ „Rundlich, hell, recht schön definiertes planetarisches Scheib- NGC 6826, 16.07.2014 (Mondschein), 12-Zoll-Dobson, V = 160-fach, chen mit 12″ Durchmesser und etwas elliptisch geformt. Wenn N rechts, GF 10′

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7-11 Abbildungen von links oben nach benen Theorien erst im Jahr 1791. Denn ben, außerdem den Durchmesser des Ge- rechts unten: am 13. November 1790 entdeckte er am sichtsfeldes (GF) in Bogenminuten. später als NGC 1514 benannten Objekt, NGC 6894, 19.07.2014, 12-Zoll-Dobson, dass „ein Stern 8-ter Größe von einer V = 192-fach, N unten, GF 8′ schwachen beleuchteten Atmosphäre mit Literatur- und Softwarehinweise: einer beträchtlich Ausdehnung umhüllt [1] Wolfgang Steinicke: Nebel und NGC 6905, 19.07.2014, 12-Zoll-Dobson, wurde“ [2]. Weiter folgerte er aus seiner Sternhaufen, Books on Demand V = 300-fach, N unten, GF 8′ Beobachtung: „Der Stern ist vollkommen (2009) im Mittelpunkte, und die Atmosphäre um [2] Michael A. Hoskin: William Her- NGC 7008, 09.08.2013, 16-Zoll-Dobson, ihn ist fein und zart, dass der Gedanke, schel and the construction of the V = 192-fach, N unten, GF 6′ sie bestehe aus Sternen, ganz unzuläs- heavens (1963) sig ist, auch kann kein Zweifel über die [3] Hermann J. Klein: Astronomische NGC 7076, 09.08.2013, 16-Zoll-Dobson, augenscheinliche Verbindung zwischen Abende, 4. Auflage 1897 V = 192-fach, N rechts, GF 6′ dem Sterne und seiner Atmosphäre sein“ [4] Projekt Pluto, Astronomieprogramm [3]. Herschel schloss weiter richtig, dass Guide 9 NGC 7662, 16.07.2014 bei Mondschein, auch von ihm beobachtete PN ohne Zen- [5] Mark Bratton: The complete guide 12-Zoll-Dobson, V = 160-fach, N unten, GF 8′ tralstern, welche verborgen außerhalb to the Herschel objects; Cambridge der Reichweite seiner Optik leuchten, aus University Press (2011) demselben „Atmosphärenstoff“ bestehen man ihn mit 7-füßigen oder kleineren müssten. Optiken betrachtet, erscheint er nicht an- nähernd so definiert wie mit der größe- Ich möchte nun dazu anregen, die über- ren 20-Fuß-Optik.“ schaubare Menge der von W. Herschel entdeckten 35 PN einmal selber zu be- Den dritten (NGC 6369) im Schlangen- obachten. Legt man die H-400-Liste zu- Inserentenverzeichnis träger: grunde, reduziert sich die Zahl auf 24 „Rund, recht hell und deutlich definiert Objekte (in der Tabelle hinter der NGC- astronomie.de, Neunkirchen 49 mit einem Durchmesser von 30 Bogen- Nr. mit * gekennzeichnet). Der Tabelle ist sekunden“ in der letzten Spalte zu entnehmen, wel- Astro-Shop, Hamburg U2 cher Klasse Herschel das jeweilige Objekt Den vierten (NGC 6905) im Delphin: zugeordnet hat. Mit Hilfe der Helligkeits- Astroshop.de nimax GmbH, 21 „Perfekt rund, recht hell und schön defi- angabe der Zentralsterne [4] lässt sich Landsberg niert, ¾ Bogenminute im Durchmesser“ abwägen, welche mit der eigenen Optik erreichbar sein sollten. Zu bedenken ist, Baader Planetarium, U4 Den fünften (NGC 6894) im Schwan: dass die Zentralsterne vor hellen Hin- Mammendorf „Exakt rund, gleichmäßige Helligkeit, tergründen liegen und so der Kontrast recht schwach, mit einem Durchmesser geringer ist als bei freistehenden Ster- Bresser GmbH, Rhede 59 von einer Bogenminute“ nen mit vergleichbarer . Die erreichbare Größenklasse ist so praktisch e-enterprise, Verlag für Wissen- 127 Auffällig ist, dass der zu dieser Zeit niedriger anzusetzen. schaft, Kultur und Fotografie, 47-jährige Herschel (sicherlich mit noch Lemgo gesunden Augen ausgestattet) bei kei- Ich habe in den vergangen Jahren die ner seiner Beschreibungen eine Farbig- komplette H-400-Liste, sozusagen ein Gerd Neumann jr., Hamburg 19 keit der Objekte wahrnahm, obwohl ihm „Best of“ des H-2500-Kataloges, voll- doch das eine oder andere Objekt deut- ständig mit meinen 10- und 16-zölligen Koring, Marocco 42 lich grünlich bis bläulich erschienen sein Newtonteleskopen beobachtet. Mitte des muss. Er fand aufgrund der nicht wahr- letzten Jahres, nach Erwerb des Buches Kosmos Verlag, Stuttgart 37 genommen Farbgebung der Objekte kei- von Mark Bratton [5], entschloss ich mich ne Parallele zu seinem 1781 entdeckten, nach einigem Zögern, den H-2500-Kata- Optical Vision Ltd., UK U3 grünlich schimmernden Planeten Uranus. log anzugehen. Sämtliche aufgeführten Weiterhin stellte er bei Kontrollbeobach- PN waren generell leicht zugänglich, Optische Geräte Wolfgang Lille, 53 tungen keine Positionsveränderung und wenn ich auch einige horizontnah gele- Heinbockel somit keine für Planeten typische Eigen- gene in den südlicheren Ländern Frank- bewegung fest. Lediglich die rundliche reich und Kroatien aufgesucht habe. Spektrum der Wissenschaft Ver- 35 Form der meisten dieser Objekte erin- lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 141 nerte ihn wohl an die bekannten Pla- Hinweis der Redaktion: neten. Die wahre Natur der PN erkannte Zur besseren Orientierung des Lesers hat Verein zur Förderung der 41 Herschel nach Verwerfung seiner vorher der Autor in den Bildlegenden noch die Raumfahrt VfR e.V., München aufgestellten, hier nicht weiter beschrie- Lage der Himmelsrichtungen angege-

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„Lilge1“ (Li1) – ein neuer Großstadt- Nebel im Sternbild Pfeil von Stefan Lilge

Planetarische Nebel werden heutzuta- die sehr umfassende Internet-Datenbank Ich suchte nun auf dem Internet-Server ge in größerer Zahl auch durch Ama- „SIMBAD“, die vom „Strasbourg Astro- arXiv.org nach Veröffentlichungen zu teure entdeckt, die den Palomar Sky nomical Data Centre“ betrieben wird, Planetarischen Nebeln im Sternbild Pfeil. Survey und andere online verfügbaren fand im Umkreis von fünf Bogenminuten Natürlich gibt es in diesem in der Milch- Himmelsdurchmusterungen nach bis- um den Ort des kleinen Nebels kein pas- straße gelegenen Sternbild einige Pla- her übersehenen Objekten durchsuchen. sendes Objekt. netarische Nebel, jedoch fand ich keine Seltener geschieht es hingegen, dass Veröffentlichung, die „meinen“ Nebel Amateure neue Planetarische Nebel in So langsam wurde ich unruhig, da es mir beinhaltete. Ich war mir nun recht sicher, eigenen Aufnahmen bemerken. Dieses mittlerweile als wahrscheinlich erschien, dass ich ein bisher nicht veröffentlichtes Glück hatte ich im Juli 2013, als ich zum dass „mein“ kleiner Nebel bisher unbe- Objekt gefunden hatte. Meine Recher- wiederholten Mal den Wolf-Rayet-Nebel kannt, jedenfalls nicht katalogisiert war. che ergab, dass ich mir die Entdecker- Sh2-80 im Sternbild Pfeil fotografierte. Auch wenn ich nicht damit rechnete, dass Priorität für ein Deep-Sky-Objekt sichern es sich bei dem Objekt um einen Bildfeh- konnte, indem ich die Entdeckung in ei- Wie üblich, hatte ich mein Teleskop auf ler handeln könnte, musste diese Erklä- nem Fachmagazin veröffentlichte. Da ich meiner Dachterrasse in der Berliner In- rung dennoch ausgeschlossen werden. als „fachfremder“ Hobby-Astronom aber nenstadt (Nähe Rathaus Neukölln) auf- Ich begann daher mit der Suche nach keinen Zugang zu Fachzeitschriften oder gebaut. Sicherlich kein guter Standort, Vergleichsaufnahmen. Zuerst schaute ich Fachtagungen hatte, schien eine Veröf- aber wenn man im 5. Stock eines Hauses in den „Digitized Sky Survey“ im Inter- fentlichung nicht realistisch zu sein. Ich ohne Fahrstuhl in einer Straße wohnt, in net. Dort war an der fraglichen Stelle ein beschloss also, den Fund zumindest per der meist keine freien Parkplätze verfüg- sternartiges Objekt zu sehen, das aber E-Mail an die Internationale Astronomi- bar sind, sind Beobachtungsfahrten in wegen seiner zu geringen Auflösung sche Union (IAU) zu melden. Da deren das Umland mit einem hohen Aufwand nicht von einem Stern zu unterscheiden Internetseite nur E-Mail-Adressen für die verbunden. Als Aufnahmeoptik diente war. Dies dürfte auch die Erklärung sein, Meldung von Körpern unseres Sonnen- ein 10-zölliges Teleskop in einem mo- warum der Nebel nicht bei der Durch- systems aufführt, habe ich an die Adres- difizierten Schmidt-Cassegrain-Design, musterung der Platten des Palomar Sky se des Sekretariats der IAU geschrieben, das ich mit ca. zwei Metern Brennweite Survey aufgefallen ist. Die Suche nach aber keine Antwort bekommen. benutze. Dies ergibt mit meiner CCD-Ka- weiteren Aufnahmen, die diesen Nebel mera einen Abbildungsmaßstab von 0,57 zeigten, verlief erfolglos. Die meisten Ich benachrichtigte nun zumindest Rick Bogensekunden pro Pixel, also eine recht hochauflösenden Aufnahmen von Sh2- Johnson von der Entdeckung, schließ- hohe Auflösung, die allerdings auch ein 80 hatten ein zu kleines Gesichtsfeld und lich würde es ihn interessieren, dass er gutes Seeing voraussetzt. die Aufnahmen mit großem Gesichtsfeld den Nebel auch schon abgebildet hatte. nicht die erforderliche Auflösung, um Rick erstellte nun noch ein weiteres Foto Ich habe zwei Nächte lang vorwiegend den Nebel flächig zu zeigen. Ich erinnerte dieses Gebietes (diesmal ohne Binning) Hα-gefilterte Aufnahmen gemacht, aber mich schließlich an ein Bild des ameri- und setzte sich mit seinem britischen auch einige [O III]- und kurzbelichtete kanischen Astrofotografen Rick Johnson, Bekannten Sakib Rasool in Verbindung, RGB-Bilder. Die Daten verarbeitete ich mit dem ich seit Langem über das Inter- der wiederum Kontakt zu der bekannten zu einem Hα:[O III]:[O III]-Farbbild und net freundschaftlich verbunden bin. Die- professionellen französischen Astrono- kombinierte dies mit einem RGB-Bild, ser hatte Sh2-80 mit dem erforderlichen min Agnès Acker und zu dem ebenfalls um halbwegs realistische Sternfarben zu Bildfeld aufgenommen, allerdings seine bekannten Österreicher Matthias Kron- erhalten. Das fertig bearbeitete Bild habe CCD-Kamera 2x2 gebinnt, so dass seine berger hatte. Herr Kronberger ist zwar ich dann wie immer auf Artefakte (hot pi- Aufnahme den Nebel nur ungefähr halb auf astronomischem Gebiet Amateur, xels, cosmics) untersucht. Dabei fiel mir so groß zeigte wie meine. Trotzdem war hat aber in Himmelsdurchmusterungen nahe der linken unteren Bildecke ein klei- er, wenn man seinen Ort kannte, eindeu- schon zahlreiche Planetarische Nebel ner runder Nebel auf, den ich bei meinen tig als kleiner Ring erkennbar. Ich hatte entdeckt und sich damit auch in Fach- früheren Aufnahmen von Sh2-80 nicht nun also den Nachweis, dass die Ring- kreisen einen Namen gemacht. bemerkt hatte (Abb. 1). Er befand sich bei struktur kein Bildfehler war. Dass aus- den Koordinaten Rektasz. = 19 h 12 min gerechnet die Aufnahme eines Freundes Frau Acker wies auf die Bedeutung von 10,365 s und Dekl. = +16° 46’ 36,47’’. Er- zur Bestätigung diente, war ein beson- [O III]-Bildern hin, da Planetarische freut über diesen unerwarteten „Beifang“ ders schöner Zufall, auch wenn sich Rick Nebel meist auch in dieser Emissions- wollte ich in der Planetariumssoftware möglicherweise etwas geärgert haben linie strahlen. [O III] war auch deshalb „Guide“ den Nebel identifizieren, die- könnte, dass er den Nebel nicht selber wichtig, weil die gleiche Himmelsregion se kannte dort aber keinen Nebel. Auch bemerkt hatte. bereits von dem IPHAS-Hα-Survey fo-

VdS-Journal Nr. 52 1 Der neue PN Lilge1 (rote Pfeile) südöstlich des Emissionsnebels Sh2-80, aufgenommen in der Berliner Innenstadt mit einem 10-zölli- gen Meade ACF bei zwei Metern Brennweite auf einer G11-Montierung. Kamera war eine Atik 383L+, dazu Filter von Baader. Belichtet wurde: Hα 20 x 10 min, [O III] 4 x 10 min und RGB je 3 x 5 min.

2 Ausschnittsvergrößerung aus Abbildung 1. Die Ringform des PNs wird deutlich.

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tografiert (aber noch nicht veröffentlicht) Glück, denn ich weiß von Herrn Kron- Ich würde mich sehr freuen, wenn auch worden war. Aufnahmen einer anderen berger, dass der IPHAS-Hα-Survey, ein andere Astrofotografen Bilder von Lilge1 Emissionslinie würden also eine zusätzli- professionelles Suchprogramm, an dieser schießen würden. Immerhin kann mit che Information beinhalten, die über die Stelle auch etwas gefunden hat. Da wir Sh2-80 ja noch ein prächtiger Emissi- Hα- hinausging. Leider die Entdeckung aber zuerst veröffentlicht onsnebel mit in das Gesichtsfeld aufge- hatte ich nur wenige [O III]-Aufnahmen haben, ist der PN „meiner“. nommen werden. Insbesondere hochauf- gemacht, da mein eigentliches Ziel Sh2-80 lösende und tiefe Breitbandaufnahmen in [O III] fast gar nicht sichtbar war. Aber Genau genommen ist nicht sicher, dass wären interessant, um eventuell einen auch die wenigen Aufnahmen in der Sau- es sich um einen Planetarischen Nebel Zentralstern sichtbar zu machen. erstofflinie zeigten den Nebel eindeutig. handelt, solange dies nicht durch ein Spektrum nachgewiesen ist. Angesichts Der Nebel ist recht hell, liegt also in Matthias Kronberger nahm sich nun der typischen Form und Verteilung von der Reichweite fast jedes Amateur-As- der Sache an und teilte mir mit, dass er Hα und [O III] deutet aber alles darauf trofotografen. Allerdings sollte ein Ab- im September eine Aufnahme „meines“ hin, dass es ein Planetarischer Nebel sein bildungsmaßstab von mindestens 1’’/ Nebels am 2,1-m-Teleskop auf dem Kitt muss. Laut Matthias Kronberger spricht Pixel (also bei einer typischen moder- Peak in Arizona veranlassen könne. Ich dafür auch die Helligkeit im Digitized nen CCD-Kamera mit kleinen Pixeln hoffte nun sehr auf gutes Wetter am Kitt Sky Survey (sichtbar in Blau und Rot, eine Brennweite von mindestens einem Peak, denn dies war natürlich Voraus- unsichtbar auf der Infrarot-Aufnahme). Meter) verwendet werden, um auch die setzung dafür, dass ausreichend Tele- Ringstruktur sichtbar zu machen. Auch skopzeit zur Verfügung stand, um auch Ich bin mir übrigens nicht ganz sicher, bei kleinerer Brennweite kann aber bei „meinen“ Nebel aufzunehmen. Daher wie der Nebel offiziell heißt. Er wurde ausreichend belichteten Farbkanälen ein war ich sehr erfreut, als Herr Kronberger als „Li1“ publiziert, was aus meiner Sicht sternförmiges Objekt abgebildet werden, mir im September das Profi-Foto „mei- aber nur die Abkürzung für „Lilge1“ ist. das sich durch seine auffällige rötliche nes“ Nebels schickte. Dieses zeigte einen Eigentlich wollte ich ihn ja „Lilge001“ Farbe von seinem Umfeld abhebt. typischen Planetarischen Nebel. Wie der nennen, aber das wäre dann doch sehr bekannte Ringnebel in der Leier (M 57) optimistisch gewesen … Wie sicherlich auch viele andere Hobby- hatte er im Innern [O III]-Emission, wäh- Astronomen werde ich oft von Bekann- rend weiter außen Hα dominierte. Nun ist Lilge1 sicher kein Prachtobjekt, ten gefragt, ob ich schon einmal einen aber es gibt wenige Planetarische Ne- neuen Stern entdeckt hätte. Meist spare Im November 2013 konnte Herr Kron- bel, die in Amateuraufnahmen entdeckt ich mir die Erklärung, dass aufgrund berger den Nebel zusammen mit eini- wurden. Fast alle Neuentdeckungen er- ihrer fast unendlichen Anzahl die Ent- gen weiteren Neuentdeckungen auf der folgen beim Durchsuchen professioneller deckung eines Sternes nicht sehr spek- Asymmetrical-Planetary-Nebulae-VI- Durchmusterungen. Es dürfte auch der takulär sei und antworte einfach „nein“. Tagung in Mexiko präsentieren. Damit einzige Planetarische Nebel sein, der in Künftig muss ich bei dieser Frage wohl ist „Lilge1“ nun offiziell veröffentlicht. moderner Zeit auf einer Aufnahme ge- weiter ausholen. Der schnelle Ablauf von der Entdeckung funden wurde, die mitten in einer Groß- bis zur Veröffentlichung war ein großes stadt entstanden ist. Planetarische Nebel und ihre Zentralsterne von Peter Riepe

Planetarische Nebel (PN) sind sichtbare Daher erst ein kurzer Abstecher zu die- reihenstadium nur kurze Zeit. Sie gehen Dokumente später Entwicklungsphasen sem Thema. sehr verschwenderisch mit ihrem Treib- von Sternen mittlerer Masse. Im Klar- stoff um, entwickeln sich bereits wenige text: Die Zentralsterne der PN sind alt Nach seiner Geburt ist ein Stern noch Millionen Jahre später zu Überriesen und und weiter entwickelte „Nachfahren“ nicht sofort im Gleichgewicht zwischen explodieren letztlich als Supernovae. ehemaliger Roter Riesen. Die moderne Kontraktion und Energieabstrahlung Sterne kleiner Masse gehen dagegen eher Astrophysik hat unser Wissen gerade in nach außen. Er ist zunächst veränderlich sparsam mit ihrem Wasserstoffvorrat um diesem Punkt erheblich erweitert. Wurde (z. B. ein T-Tauri-Stern), stabilisiert sich und bleiben daher (je nach Masse) einige in der Fachwelt von 1892 noch über die dann allmählich und beginnt, Wasser- bis viele Milliarden Jahre stabile Haupt- Existenz der „Centralsterne“ diskutiert stoff in Helium zu fusionieren. Im Hertz- reihensterne. Sterne zwischen 0,8 und (Abb. 1), so wissen wir heute: Es gibt kei- sprung-Russell-Diagramm (HRD) sitzt der acht Sonnenmassen schließlich entwi- nen PN ohne Zentralstern! Jeder PN ist Stern dann auf der Hauptreihe (Abb. 2). ckeln sich nach ihrem Hauptreihenstadi- eine Konsequenz der Sternentwicklung. Massereiche Sterne erleben das Haupt- um zu sogenannten Roten Riesen.

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1 Oben: Der Artikel von Julius Schei- ner aus dem Jahr 1892 liest sich heute recht amüsant, nicht nur von der damaligen Rechtschreibung her, sondern auch was den Inhalt betrifft. Scheiner stellt die Zentral- sterne als „nebelige Verdichtungen“ dar. Die PN mit den Herschel-Num- mern h 2098 bzw. h 2241 sind NGC 7009 bzw. NGC 7662.

2 Rechts: Das Farbenhelligkeitsdia- gramm des Kugelsternhaufens M 3 zeigt die Sternpopulationen als Stadien der Sternentwicklung (oben). Aufgetragen sind die Sternhelligkeiten über den Farben. Sehr ähnlich ist das Hertzsprung- Russell-Diagramm aufgebaut, das die Leuchtkräfte der Sterne über der Temperatur zeigt (Farbe und Temperatur hängen direkt mitein- ander zusammen). Der Weg eines Sterns von einer Sonnenmasse vom Hauptreihenstadium über das PN- Stadium bis hin zum Weißen Zwerg ist eingetragen (unten).

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Und das geschieht so: Hat der Haupt- reicht, so kann dort erneut eine Fusion hintereinander [2]. Sie sorgen einerseits reihenstern seinen Wasserstoff im Kern zünden: Helium wandelt sich in noch dafür, dass schwerere Elemente wie Koh- verbraucht, so nimmt der innere Strah- schwerere Elemente um. Ist die Masse lenstoff, Stickstoff und Sauerstoff nach lungsdruck ab. Er hat der Gravitation des Sterns groß genug, so beginnt diese außen abgegeben werden. Auch Staub bisher entgegengewirkt und den Stern im Heliumfusion mit einer spontanen Zün- wird ausgestoßen. Planetarische Nebel stabilen thermischen Gleichgewicht ge- dung – dem Heliumflash. Dabei stößt der reichern also – ebenso wie Supernovae – halten. Nun zieht sich der Kern aufgrund Stern erstmals explosionsartig Teile sei- das Universum mit schweren Elementen der überwiegenden Gravitation zusam- nes Außenbereichs ab. Er verbringt nun an. Die thermischen Pulse erzeugen bei men, er „kontrahiert“ und erhitzt sich eine längere Zeit auf dem Horizontalast den Auswürfen auch mehrfache Schalen dabei stark. Die höhere Innentemperatur (Abb. 2). In dieser Phase wird im Kern um den Zentralstern. Folglich sind bei zündet den Wasserstoff in den Bereichen Helium in schwerere Elemente wie Stick- einem „multiple shell PN“ die am weites- außerhalb des Kerns. Dieses Schalen- stoff oder Kohlenstoff verwandelt. Ein ten außen liegenden Schalen die ältesten brennen erzeugt Helium. Der Stern wird Horizontalaststern wandert später bei er- (Abb. 3). heller und heißer. Er dehnt sich enorm höhter Leuchtkraft und größerem Radius aus, kühlt aber wegen seiner viel größe- entlang des Asymptotischen Riesenastes Bei den Hüllenabstoßungen geht viel ren Oberfläche außen deutlich ab, d. h., (Abb. 2). An dessen Spitze wirft er sei- stellare Masse verloren. Ein Stern von er wird röter. Bei dieser Entwicklung zum ne äußere Hülle, den Nebel, ab. Diesen 1,5 Sonnenmassen z. B. steckt etwa 0,7 Roten Riesen wandert er im HRD auf den Materieauswurf nennt man auch Super- Sonnenmassen in die umgebende Hülle. Roten Riesenast (Abb. 2). Ein Roter Riese wind [1]. Der Reststern ist nichts anderes Die explosiv abgestoßene Hülle stößt in stößt nachweislich Materie aus – die so- als der mit Metallen angereicherte Kern die Gaswolke, die den ehemaligen Roten genannten Sternwinde. So hüllt er sich des ehemaligen Roten Riesen. Er entwi- Riesen umgibt. Dieser Stoßprozess (die zunehmend in eine Gaswolke ein. Diese ckelt sich weiter, indem er bei konstanter Amerikaner reden hier gern blumig von Gashülle leuchtet aber nicht, weil ein Ro- Leuchtkraft kontrahiert und dabei seine „Schock“) erzeugt eine scharfe Stoßfront ter Riese wegen seiner niedrigen Effek- Effektivtemperatur erhöht. Während und (nicht Schockfront), ähnlich wie bei den tivtemperatur nicht genug Anregungs- nach der AGB-Phase folgt eine Serie leuchtenden Supernovaüberresten. Diese energie produziert. thermischer Pulsationen mit weiteren Stoßprozesse geben dem PN die äußere Materieabstoßungen. Diese Pulse von Form und liefern einen Teil der Energie, Wird im Kernbereich eines Roten Rie- jeweils einigen hundert Jahren Dau- die den PN an den Stoßfronten leuchten sen eine genügend hohe Temperatur er- er liegen zeitlich wenige 100.000 Jahre und sichtbar werden lässt. Einen weite- ren Energieanteil liefert der Zentralstern selbst. Als übrig gebliebener Kern des ehemaligen Roten Riesen strahlt er bei ef- fektiven Temperaturen zwischen 30.000 bis 120.000 gewaltige Mengen an UV-Energie aus. Der Zentralstern kann damit seine ausgestoßene und ihn um- gebende Materie selbst ionisieren und zum Leuchten anregen. Auch das macht den PN sichtbar, aber nicht nur an den Stoßfronten, sondern in seiner gesam- ten Substanz. Sternwinde, die mit ho- her Geschwindigkeit vom Zentralstern abströmen, geben dem PN schließlich die beobachtete Form. Sie kann viel- fältig variieren. Im Nebel selbst stoßen diese Sternwinde auf die langsamer ex- pandierende Nebelmaterie und bilden neue Stoßfronten. Die dabei freigesetzte Energie schafft zusätzliche Emissionen. Sternwinde formen auch dynamisch die kleinen klumpigen Objekte in den Hüllen vieler PN, die im roten [N II]-Licht leuch- ten und sich meist paarweise gegenüber liegen. Hochaufgelöste Aufnahmen mit dem Weltraumteleskop Hubble (Abb. 4) 3 zeigen diese sogenannten „Ansae“ (an- Mit dem Hubble Space Telescope aufgenommen: M 57 in der Leier, das Musterbeispiel sae, lat. = die Henkel) oder auch FLIERs für einen PN mit mehrfachen Schalen. Bildrechte: NASA, ESA, C. Robert O’Dell [3]. Nach durchschnittlich 25.000 Jah- (Vanderbilt University) und David Thompson (LBTO). ren und unter Umständen beträchtlicher

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4 HST-Aufnahmen von NGC 6543 (links oben), NGC 6826 (rechts oben), NGC 7009 (links unten) und NGC 7662 (rechts unten) zeigen „Ansae“, Paare rot leuchtender Henkel (auch FLIERs genannt, siehe Text).

Bildrechte: NGC 6826/7009: Bruce Balick (Univ. of Washington), Jason Alexander (Univ. of Washington), Arsen Hajian (U.S. Naval Observatory), Yervant Terzian (Cornell University), Mario Perinotto (Univ. of Florence, Italy), Patrizio Patriarchi (Arcetri Observatory, Italy) and NASA/ESA; NGC 6543: J.P. Harrington and K.J. Borkowski (Univ. of Maryland), and NASA/ESA; NGC 7662: B. Balick (U. Washington) et al., WFPC2, HST, NASA.

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Der erst im Jahr 2011 entdeckte, mögliche bipolare PN Outters 4 liegt innerhalb der H-II-Region Sh2- 129. Schwarzweiße Inversdarstellung; Kamera: SBIG STL-11000M und 200-mm-Objektiv (Canon), belichtet über vier Nächte Ende September 2013, LGB je 5 × 600 s, [O III] und [S II] je 15 × 600 s, Hα 22 × 600 s, Hα = R, [S II] = G, [O III] = B, kein Binning. Auf- nahmeorte: Ebbegebirge und Much/Bergisches Land, Bildautoren: Stefan Binnewies, Rainer Sparenberg.

Literaturhinweise: [1] A. Renzini (1989): Thermal pulses and the formation of planetary ne- bula shells; 131st IAU Symposium Mexico City, 1987; in: Planetary Nebulae, 131, 391-400 (S. Torres- Peimbert, ed.) [2] H. J. M. Boffin et al. (2013). AGB and planetary nebulae, in: Report on the ESO Workshop „The Deaths Wechselwirkung mit dem interstellaren um deren Rolle bei der Nebelformung zu of and the Lives of “; Material seiner Umgebung löst sich der erkunden. Aus irdischen Beobachtungen ESO, The Messenger 152, June PN auf, während der Zentralstern seinem kennt man bei vielen PN (z. B. NGC 246, 2013 (S. 38) Endstadium als Weißer Zwerg entgegen- NGC 3132 oder NGC 6826) schon doppelte [3] B. Balick et al. (1998). FLIERs and läuft. Zentralsterne [7]. Das Hubble Space Te- other microstructures in planetary lescope nahm 113 „Schnappschüsse“ von nebulae. IV. Images of elliptical PNs Nur ein kleiner Teil der PN hat sphä- Zentralsternen verschiedener PN auf, von from the Hubble space telescope; rische Gestalt. Elliptische Formen wie denen zehn recht sichere und weitere sechs Astron. Journal 116, 360-371 beim Ringnebel M 57 sind viel häufiger. mögliche Doppelsterne sind [8]. Versagen [4] O. De Marco et al. (2013). The Viele PN zeigen jetähnlich ausgedehnte, direkte optische Nachweise, so verraten binary fraction of bipolare Auswürfe. Beispiele sind NGC sich Doppelsterne spektroskopisch durch central stars - I. A high-precision, 2371-2, M 2-9 oder Outters 4 (Abb. 5). ihre periodische Linienverdoppelung. Auch I-band excess search; Mon. Not. Manche bipolaren PN wie der Kleine fotometrisch werden doppelte Zentralster- Roy. Astr. Soc. 428, 2118-2140 Hantelnebel NGC 650-51 entwickeln so- ne entdeckt, über periodische Helligkeits- [5] Soker N. (2002). Spherical plane- gar Schmetterlingsformen. Objekte wie schwankungen [9]. Mit der Spektralanaly- tary nebulae; Astron. & Astrophys. KjPn 8 (siehe Bericht von Hartmut Bor- se sind Doppelsterne indirekt nachweisbar. 386, 885-890 nemann, s. 39) zeigen Strukturen, bei So sind die „Bariumsterne“ ein klares Indiz [6] G. García-Segura et al. (1999). denen sich im Laufe der Jahre ein sol- dafür, dass sich eine der Doppelsternkom- Shaping bipolar and elliptical cher bipolarer Auswurf wiederholt hat ponenten zu einem AGB-Stern entwickelt planetary nebulae: effects of stellar mit klar gedrehter Auswurfachse. An- haben muss (Artikel von F. Sackenheim rotation, photoionization heating, dere PN haben spiralförmige Strukturen und P. Riepe über den PN WeBo 1, S. 53). and magnetic fields; Astroph. Jour- mit Punktsymmetrie. Solche Phänomene Ein informativer Bericht über doppelte nal 517, 767-781 legen die Vermutung nahe, dass in den Zentralsterne stammt von [10]. [7] Gieseking, F. (1984). Über die PN-Zentren eine rotierende Quelle sitzt, Nachweisbarkeit von Doppelsternen die den nötigen Drehimpuls für derarti- Zum Schluss noch eine astrofotografisch unter den Zentralsternen Planetari- ge Strukturen liefert. Nicht ganz neuen wichtige Anmerkung: Die anregenden scher Nebel; Mitt. der Astron. Ges. Theorien zufolge bilden Doppelsterne Zentralsterne der PN sind grundsätzlich 62, 258 einen beträchtlichen Anteil der PN-Zen- blau, weil ihre Temperaturen überaus hoch [8] R. Ciardullo et al. (1999). A Hubble tralsterne [4]. Mehr und mehr Astrono- sind. Sollte ein Zentralstern gelb oder so- Space Telescope survey for resolved men vertreten sogar den Standpunkt, PN gar orange sein, so kann sein Licht unter companions of planetary nebula nu- seien grundsätzlich nur denkbar, wenn Umständen stark gerötet sein durch die clei; Astron. Journal 118, 488-508 ein Zentralstern mit umlaufender Kom- Materie im PN selbst. Der gerötete „Zen- [9] Z. Mikulasek et al. (2004). Pre- ponente vorhanden ist. Für PN mit klarer tralstern“ könnte auch ein Vordergrund- liminary analysis of photometric sphärischer Form werden Doppelsterne stern sein, der den eigentlichen Zentral­ variations of central star of plane- in Abrede gestellt [5]. Andere Astrono- stern überstrahlt. Inzwischen wurde durch tary nebula Sh 2-71; arXiv:astro- men erklären den Drehimpulsübertrag Messungen im UV-Bereich nachgewiesen, ph/0408353v2 durch Rotation des Zentralsterns [6]. All dass kühle, rötliche Zentralsterne oft eine [10] A. A. Zijlstra (2007). Binary das führte zu einer verstärkten Suche heiße blaue Doppelsternkomponente be- central stars of planetary nebulae; nach doppelten Zentralsternen in PN, sitzen, die den PN anregt. Baltic Astronomy 16, 79-86

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Planetarische Nebel in kosmischer Nachbarschaft von Frank Leiter und Christian Weis

– Teil 1 – (im Sinne von scheinbarem Abstand am ment diametral gegenüber. Dieser wurde Firmament) eines PNs befinden. Hierbei auf 0,5 Grad fixiert. Als Letztes wurde Einleitung ergeben sich sehr hübsche Konstellatio- den Wohnorten der beiden Autoren auf Die meisten Leser verbinden den Begriff nen, die sich bei guten Bedingungen mit 53 Grad Nord bzw. 47 Grad Nord Rech- Planetarischer Nebel (PN) sicherlich mit der nötigen Ausrüstung visuell wie foto- nung getragen. Als Begrenzung für die den vier großen Messiers M 27, M 57, grafisch schön erfassen lassen. In diesem Deklination der Objekte wurde daher -15 M 76 und M 97. Wer regelmäßig beob- ersten Teil stellen wir die Auswahlkrite- Grad gewählt. achtet und Objekte jenseits des Messier- rien vor und besprechen die ersten aus- katalogs aufsucht, wird sich vielleicht gewählten Objekte, in einem zweiten Teil Die erste Hürde war das Herausfiltern auch an weitere schöne Objekte erinnern, folgen dann die restlichen Beschreibun- der Objekte. Einer der Autoren (C. W.) beispielsweise den Saturnnebel NGC gen. versuchte hier mit Hilfe der Datenbank 7009 oder den Helixnebel NGC 7293. SIMBAD zum gewünschten Ergebnis zu Beide Autoren befassen sich seit vielen Auswahlkriterien kommen. Bei entsprechenden Suchein- Jahren mit der Beobachtung von Deep- Beide Autoren beobachten mit einem gaben waren weit über eine Million Tref- Sky-Objekten und insbesondere auch mit Selbstbau-Dobson (F. L.: 16 Zoll, C. W.: fer das Resultat. Diese Datenmenge lässt PN und haben über 200 (F. L.) bzw. über 18 Zoll). Zwar lassen sich bei guten Be- sich praktisch nicht handhaben. Daher 170 (C. W.) erfolgreich beobachtet. dingungen damit und mit der richtigen wurde eine andere Datenquelle verwen- Beobachtungstechnik noch Objekte bis det, nämlich die SAC Database. Hierbei Im VdS-Journal gibt es schon lange die zu einer scheinbaren Helligkeit von ca. handelt es sich um eine Datenbank mit Rubrik „Kosmische Begegnungen“, die 17 mag erkennen. Die Grenze wurde über 10.000 ausgewählten Deep-Sky- uns Anregung für diesen Artikel war. Im aber aufgrund der Tatsache, dass sol- Objekten, die von der Internetpräsenz Gegensatz zum Besuch von Objekten des che schwachen Objekte hohe Vergröße- des Saguaro Astronomy Club herunter- Sonnensystems bei Deep-Sky-Objekten rungen benötigen, bei 15 mag gesetzt, geladen werden kann [1]. Dies machte fokussieren wir uns an dieser Stelle rein denn hohe Vergrößerungen stehen dem die Berechnung einfacher, jedoch dauer- auf Deep-Sky-Objekte, die sich nahe scheinbaren Winkelabstand am Firma- te es dann trotzdem einige Stunden, bis

1 NGC 2438, M 46 und PK 231+4.1, Teleskop: 18-Zöller mit 2 PK 38-3.2, Teleskop: 18-Zöller mit 226-fach, Gesichtsfeld ca. 94-fach, Gesichtsfeld ca. 48′ 16′; im gestrichelten Bereich sollte sich PK 38-3.3 befinden, dieser existiert aber nicht.

VdS-Journal Nr. 52 Anzeige die Daten wie gewünscht vorlagen. Das Herangehensweise auf einer simultanen Beobachtung von Ergebnis ist in der Tabelle auf S. 38 zu Es empfiehlt sich, zunächst eine Be- PN und dem benachbarten Objekt. finden. Nach einer manuellen Datenre- obachtung durchzuführen und erst im duktion von Fehltreffern (z. B. im Falle Nachhinein die eigenen Resultate mit Objekte 1 & 8: NGC 2438 / M 46 / von NGC 2371/NGC 2372 und bei Dop- anderen Beobachtungen oder fotografi- PK 231+4.1 peleinträgen von PN, die sich nahe eines schen Aufnahmen zu vergleichen. Auf Das persönliche Highlight der Liste von weiteren PNs befinden), ließen sich 14 PN diese Weise kann man möglichst unvor- einem der Beobachter (C. W.) – NGC herausfiltern, die sämtliche oben aufge- eingenommen an die Beobachtung her- 2438 – dürfte allen Beobachtern, die führten Bedingungen erfüllen. angehen. Wenn überhaupt, dann sollten den Messierkatalog­ mit einem zumindest höchstens die scheinbaren Helligkeiten kleinen Teleskop schon einmal durchbe- Dem erfahrenen Beobachter wird auf- und manchmal noch die Winkelausdeh- obachtet haben, bekannt sein. Es handelt fallen, dass zwei recht bekannte Objek- nungen am Himmel bekannt sein. Erst sich hierbei um den PN im prächtigen te nicht in der Liste geführt sind, näm- wenn ein Objekt absolut nicht gesehen Offenen Sternhaufen M 46. Der Offene lich Pease 1 (der PN in M 15) und PK wird oder ein deutlicher Zweifel hin- Sternhaufen kann bei guten Bedingungen 49+88.1 (Haro 4-1 im Coma-Cluster). sichtlich der Beobachtung besteht, kann schon mit bloßem Auge gesehen werden Beide sind nicht in der SAC Databa- weitere Hilfe zu Rate gezogen werden, und wird bereits in mittelgroßen Instru- se enthalten. Zudem wird die Helligkeit meist dann die Datenbankprogramme menten durch NGC 2438 zu einem Au- von Pease 1 in der Literatur nur mit 15,5 ALADIN und SIMBAD. genschmaus. Allein dies würde schon für mag angegeben, damit würde er nicht eine tolle Beobachtung ausreichen – es alle Bedingungen erfüllen. Gleiches gilt Resultate kommt aber noch besser. Wer die Liste für PK 49+88.1, der gar nur 16 mag hell Im Folgenden beschreiben wir den visu- genauer studiert, wird feststellen, dass ist. Beobachter und Astrofotografen mit ellen Eindruck der Objekte detallierter. NGC 2438 an achter Stelle noch ein- Teleskopen entsprechender Öffnung und Die Beobachtungen von F. L. fanden vor mal vorkommt. Es befindet sich nämlich Erfahrung sollten diese Objekte jedoch der Entstehung dieser Liste statt, wes- noch ein weiterer PN ganz in der Nähe. trotzdem versuchen – beide Autoren ha- halb er seine Beobachtungen in der Re- Dies ist der recht schwache PK 231+4.1. ben Pease 1 und C. W. hat PK 49+88.1 gel auf den PN konzentrierte. C. W. hat Der Reiz dieser einmaligen Konstellation erfolgreich beobachtet. alle Beobachtungen­ nach dem Erstellen ist fotografisch wie visuell enorm. Es ist der Liste durchgeführt, der Fokus lag hier bereits schön, einen PN in einem Offe-

VdS-Journal Nr. 52 38 Planetarische Nebel

Daten zu den 14 Objektpaarungen

Objekt Alternativ- Typ Stern- Rektasz. Dekl. V Abstand Nachbarobjekt Alternativname Typ Rektasz. Dekl. V name bild (mag) (°) (mag) 1 NGC 2438 PK 231+4.2 PN Pup 07 41.8 -14 44 11 0,08 NGC 2437 M 46 OSt 07 41.8 -14 49 6,1 2 PK 38-3.2 M1-69 PN Aql 19 13.9 +03 38 14 0,11 PK 38-3.3 K2-11 PN 19 14.3 +03 35 13,6 3 PK 107-2.1 M1-80 PN Cep 22 56.3 +57 09 14,2 0,25 NGC 7423 Berk 57 OSt 22 55.3 +57 08 15 4 PK 52-4.1 M1-74 PN Aql 19 42.3 +15 09 12,9 0,34 PK 51-3.1 M1-73 PN 19 41.2 +14 57 13,7 5 PK 43+11.1 M3-27 PN Her 18 27.8 +14 29 13,9 0,34 NGC 6635 UGC 11239 Glx 18 27.6 +14 49 14,5 6 PK 21-0.1 M3-28 PN Sct 18 32.7 -10 06 14,3 0,36 NGC 6649 OCL 66 OSt 18 33.5 -10 24 8,9 7 NGC 6543 PK 96+29.1 PN Dra 17 58.6 +66 38 8,3 0,38 NGC 6552 UGC 11096 Glx 18 00.1 +66 37 13,6 8 PK 231+4.1 M1-18 PN Pup 07 42.1 -14 21 14,4 0,39 NGC 2438 PK 231+4.2 PN 07 41.8 -14 44 11 9 IC 1295 PK 25-4.2 PN Sct 18 54.6 -08 50 12,7 0,4 NGC 6712 GCL 103 KSt 18 53.1 -08 42 8,2 10 PK 210+1.1 M1- 8 PN Mon 06 53.5 +03 12 14,5 0,42 Biur 10 Berk 28 OSt 06 52.2 +02 56 10,4 11 NGC 246 PK 118-74.1 PN Cet 00 47.1 -11 52 10,4 0,44 NGC 255 MCG-2-3-17 Glx 00 47.8 -11 28 11,9 12 PK 103+0.2 M2-52 PN Cep 22 20.5 +57 36 14 0,48 NGC 7261 OCL 237 OSt 22 20.4 +58 05 8,4 13 PK 89-0.1 Sh1-89 PN Cyg 21 14.0 +47 45 14,8 0,48 IC 1369 Cr 432 OSt 21 12.1 +47 44 8,8 14 NGC 1535 PK 206-40.1 PN Eri 04 14.3 -12 44 9,4 0,49 NGC 1538 NPM1G-13 171 Glx 04 14.9 -13 12 15

nen Sternhaufen zu betrachten, kommt beiden PN PK 38-3.2 und PK 38-3.3. Von erst aufgerufen?) und konnte schnell se- jedoch noch ein Weiterer ins Spiel (bzw. den 14 gefundenen Paaren gibt es nur hen, was los ist: PK 38-3.3 wird dort als ins Gesichtsfeld), dann ist das Glück drei reine Paarungen von PN unterein- „not a PN“ („kein PN“) und „misclassified quasi perfekt. Was man jedoch bei PK ander – zumindest auf den ersten Blick. PN: several stars“ („fehlklassifizierter PN: 231+4.1 nicht außer Acht lassen sollte, Denn diese Konstellation existiert über- mehrere Sterne“) beschrieben. Zusätzlich ist seine scheinbare Helligkeit von nur haupt nicht! wird auf eine Veröffentlichung von Lu- 14,4 mag. Um hier Erfolg zu haben, sind bos Kohoutek aus dem Jahr 2001 hinge- neben einer entsprechenden Teleskopöff- F. L.: nicht beobachtet wiesen, in welcher genau dies zu finden nung auch ein Nebelfilter sowie etwas ist [2]. Der zunächst irrtümlich als PN Erfahrung nötig. C. W.: Das scheinbar schwächere Ob- gedeutete Stern ist übrigens BD+03 3946 jekt PK 38-3.2 konnte schnell mit dem mit einer scheinbaren Helligkeit von 10,3 F. L.: Der PN in M 46 ist bei 56-fach am 18-Zoll-Dobson und einem Filter identi- mag bei Rektaszension = 19h14m24,1s ausnahmsweise verwendeten 200-Milli- fiziert werden (Abb. 2). Doch wo befin- und Deklination = +03°33′55″. Es be- meter-Dobson-Teleskop und einem UHC- det sich das Gegenstück dieses Objektes? findet sich also ein Objekt in der Liste, Filter bereits leicht und sicher zu erken- Nach längerem Suchen mit unterschied- das es gar nicht gibt. Allein dieses quasi nen. Auch im 3,5-zölligen Refraktor sind lichen Filtern glaubte ich, den Kandi- mit den eigenen Augen nachzuvollzie- M 46 und NGC 2438 leicht zugängliche daten gefunden zu haben – ein recht hen finde ich äußerst reizvoll – solche Objekte. Innerhalb des Offenen Stern- helles, stellares Objekt (deutlich heller Dinge kommen immer wieder vor, be- haufens ist der PN bei 102-fach zu er- als die angegebenen 13,6 mag für den sonders wenn man abseits ausgetretener kennen. Unter Einsatz eines UHC-Filters PN), von dem ich meinte, es zeige eine Pfade beobachtet. Dazu benötigt man erscheint er als eine gleichmäßig helle, leichte Aufhellung gegenüber den ande- nicht einmal zwangsläufig ein besonders weitgehend runde Fläche. Am Südostrand ren Sternen im Bildfeld beim Filterblink. großes Teleskop, in diesem Fall hätte ein ist ein Stern zu erkennen. Der anschließende Test mit einem Blaze- 6-Zöller ausgereicht. Man wird so auch gitter zeigte dann aber, dass es sich um immer wieder mit einer Realität konfron- C. W.: M 46 und NGC 2438 sind wunder- einen Stern handeln musste. PK 38-3.3 tiert: Astronomische Kataloge sind nicht schön, NGC 2438 ist auffällig ringförmig wurde also nicht gefunden. Nun konn- fehlerfrei. und sehr hell. Filter verstärken den Kon- te nur noch das Internet helfen: Das trast. PK231+4.1 ist sehr schwach und Bild im Aladin ist wenig aussagekräftig, erst mit Filter (UHC oder [O III]) sicher zu verzeichnet es doch an der Position, an sehen, erst ab 226-fach konnte ich ihn welcher der PN stehen sollte, ein Kreuz sicher als PN identifizieren, der ein we- im leeren Raum. Daraufhin brach ich die Internet- und Literaturhinweise: nig flächig erscheint, später bei bekann- Beobachtung dieses Objektes ab. [1] www.saguaroastro.org/content/ ter Lage ist er auch bei 94-fach sichtbar downloads.htm (Stand 2014) (Abb. 1). Im Nachgang versuchte ich herauszufin- [2] L. Kohoutek (2001): Catalogue of den, woran ich geraten war. Nach einiger Galactic Planetary Nebulae (Version Objekt 2: PK 38-3.2 / PK 38-3.3 Zeit bin ich auf SIMBAD gegangen (wie- 2000). Abhandlungen aus der Ham- Sehr interessant ist die Konstellation der so habe ich die Seite eigentlich nicht zu- burger Sternwarte, Band XII

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Der Planetarische Nebel KjPn 8 Aufnahme eines wenig bekannten Objekts von Hartmut Bornemann ‚ ‚‚ Für Astrofotografen sind Planetarische als 14 x 4 großen, bipolaren Nebel mit 1 Gesamtaufnahme von NGC 7635, Nebel (PN) eine echte Herausforderung. einem zentralen, hellen, aber nebligen NGC 7654 und KjPn 8. Der PN mit Gute Ergebnisse erzielt man deshalb nur Kernbereich. Diese zentrale Aufhellung seinen roten ausgeworfenen Nebeln mit einer sorgfältigen Planung, insbe- erscheint als Objekt von Sterngröße. Bei ist unten links zu erkennen. Norden sondere der Auswahl spezieller Filter näherem Betrachten ist dieser „Stern“ ist oben im Bild. Aufnahmedaten und der Belichtungszeiten. Andererseits aber nicht weiß, sondern zeigt sich in siehe Tab. 1. kann es aber auch passieren, dass man einem hellen Rot (Abb. 2). Dieses Rot einen kaum bekannten PN zufällig mit ist die Farbsumme aller Emissionslini- aufs Bild bekommt. So bestand auch bei en, die in Tabelle 2 aufgelistet sind und der Vorbereitung für die Aufnahme des Bubble-Nebels NGC 7635 und seines populären Partners M 52 keine Absicht, mit KjPn 8 ein für mich unbekanntes Tabelle 1: Daten der Aufnahme Objekt einzufangen (Abb. 1) und darüber zu schreiben. Erst bei der Zusammenset- Datum 29. September 2013 zung der Farbebenen fiel diese „Störung“ Belichtung HαRGB (55 min, 180 min, 60 min, 90 min), ohne Binning im Hα-Kanal auf. Angeregt durch nach- Refraktor TOA-150 mit Reducer 0,7-fach, Takahashi folgende Diskussionen mit befreundeten Kamera ML8300, Finger Lakes Instrumentation Fotografen wurde es Zeit, der Sache auf Filterrad CFW-2-7, Finger Lakes Instrumentation den Grund zu gehen. Im VdS-Journal Fokussierer PDF, Finger Lakes Instrumentation wurde über diesen PN bereits im Sommer Filter RGB und Hα (HWB = 6 nm), Astronomik 2000 berichtet [1]. Guiding Refraktor FS-60, Takahashi Kamera ST-402ME, SBIG Abb. 1 entstand nach über sechs Stunden Fokussierer Robofocus, Technical Innovations Belichtung mit meiner mobilen Anlage Montierung EM-400, Takahashi (Tabelle 1). In dem durch Optik und Ka- Software Aufnahme: Eigenbau, PinPoint, TheSky6 ‚ mera ausgewählten Feld von 1°20 × 1° Bearbeitung: PixInsight erkennt man KjPn 8 am unteren Bildrand

VdS-Journal Nr. 52 40 Planetarische Nebel

2 Links Ausschnitt aus der Region um KjPn 8 von 26′ × 21′. Der invertierte Hα-Kanal (rechts) zeigt die Nebelstruktur kontrastreicher.

in ihren Intensitäten vermessen wurden Licht durch. Die in vielen anderen PN ex- Tabelle 2: Beobachtete Intensitäten [2]. Es fällt auf, dass die bei Amateuren trem starke [O III]-Linie dagegen hat nur I(λ) der Emissionslinien von meist wenig bekannten [N II]-Linien des 16 % der Intensität aus Hα + [N II], d. h., KjPn 8 nach [2] ionisierten Stickstoffs in Summe 4,2-mal der Rotanteil ist sechsmal stärker als der Linie λ/nm I(λ) stärker als Hα sind, d. h., das Rot des Ne- Blauanteil. Zum weiteren Vergleich emp- Hγ 434,0 40,6 bels – auch wenn ein Hα-Filter verwen- fiehlt es sich, auch die roten und blauen Hβ 486,1 100 det wird – stammt vorrangig vom [N II]. und POSS-Platten anzusehen [3]. [O III] 495,9 98,5 Mein verwendeter Hα-Filter (Halbwerts- [O III] 500,7 311 breite 6 nm) lässt sowohl das Hα-Licht Misha Kazaryan und Elma Parsamian ha- He I 587,6 47,1 als auch das dominierende rote [N II]- ben das Objekt im Jahr 1971 entdeckt [4], [N II] 654,8 485 Hα 656,3 480 [N II] 658,4 1519 [S II] 671,7 125 [S II] 673,1 127

dies zur Erklärung der ungewöhnlichen PN-Bezeichnung. Zunächst wurde die Entfernung auf 1600 ± 230 (1 pc = 3,262 Lichtjahre) geschätzt, abgeleitet aus Messungen der Eigenbewegung und der Kinematik des PNs [5]. Dazu wurde zunächst gemessen, um welchen Winkel- betrag sich ein bestimmter Nebelknoten innerhalb von 37 Jahren verschoben hat- te. Dies erfolgte anhand von zwei spek- troskopischen Rot-Platten (1954, POSS I und 1991, POSS II). Dann ließ sich aus der Expansionsgeschwindigkeit die Stre- cke bestimmen, um die sich der Knoten

3

Eine erdgebundene, tief belichtete Hα- Aufnahme (oben). Der Nebel dehnt sich über ‚ ‚ 14 × 4 aus. Die Ausschnittsvergrößerung ‚‚ ‚‚ des Zentralbereichs von 12 × 12 (unten) zeigt den Konturenverlauf angeregter Was-

serstoffmoleküle (H2 bei 1,2 µm) und wurde einer [S II]-Aufnahme des HST überlagert [6]. Im Zentrum liegt ein ionisierter Ring von ‚‚ 5,4 Durchmesser mit dem Zentralstern.

VdS-Journal Nr. 52 Anzeige

4 KjPn 8, am 18.08.2011 aufgenommen mit dem 2,3-m-Ritchey-Chrétien-Tele- skop des griechischen Helmos-Observatoriums im f/8-Fokus. Oben und unten wurde jeweils ein anderer Bildkontrast dargestellt. Die Mosaike sind 5′ x 5′ groß und wurden in Hα + [N II] jeweils 30 Minuten belichtet [5].

verschoben hatte. Aus Winkel und Strecke konnte die Entfernung berechnet wer- den. Aus neuen Aufnahmen von 2011 konnte nochmals die Entfernung über die Eigenbewegung der sich ausdehnenden Knoten berechnet werden. Man erhielt nun 1800 ± 230 pc [5]. KjPn 8 hat Rektaszension = 23 h 24 min 10 s, Deklination = +60° 57′ 29´´ (J2000).

Bei der Betrachtung der eigenen Aufnahmen sind die Objektdetails wegen der zu geringen Brennweite kaum auszumachen. Für eine genauere Sicht auf KjPn 8 wurde deshalb eine Aufnahme des Hubble Space Telescope (HST) herangezogen [6]. Abb. 3 zeigt oben in einer erdgebundenen Aufnahme zunächst einmal eine große, bipolare Struktur mit zwei entgegengesetzt ausströmenden, bikonischen Eruptionen. Sie definieren eine erste große Symmetrieachse C1-C2. Schaut man aber genauer hin, so bemerkt man mehrere eruptive Ereignisse, ähnlich wie bei anderen PN, jedoch mit zueinander gedrehten, kleineren Symmetrieachsen. So ist eine Achse A1-A2 zu sehen, ferner noch B1-B2 (hier nicht im Bild markiert). Der Formung von KjPn 8 liegen demnach bipolare Auswürfe mit wechselnden Richtungen zugrunde. Dieser Prozess verlief über Tausende von Jahren, in denen sich die bipolare Struktur allmählich in eine polypolare verändert hat. Kleinere Symmetrieachsen bedeuten, dass die dafür ursächlichen Eruptionen noch nicht so alt sind wie die primäre Eruption C1-C2. Mehrfache zeitversetzte Ausstöße über verschiedene Achsen lassen eine Interpretation zu, dass es sich hier um einen bipolar rotierenden, episodischen Jet (BRET) handelt [7], der nach heutiger Sicht- weise durch ein enthaltenes Doppelsternsystem gebildet wurde (siehe dazu auch den Artikel von P. Riepe über die Zentralsterne der PN, S. 30). KjPn 8 ist also ein PN mit zentralem Doppelstern. 42 Planetarische Nebel

und einem schwach angeregten Nebel- KjPn 8. Monthly Not. Roy. Astron. Tabelle 3: Alle Namen aus dem Simbad- Katalog des Centre de Données spektrum – belegen, dass die physikali- Soc. 296, 564-568 astronomiques de Strasbourg schen Eigenschaften von KjPn 8 reprä- [3] http://archive.stsci.edu/cgi-bin/ sentativ für einen jungen PN sind. Hinzu dss_form (Stand: 2014) PN KjPn 8 kommt, dass die Häufigkeit verstärkt [4] M. A. Kazaryan, E. S. Parsamian EQ J2324+6057 auftretender Helium- und Stickstoff­ (1971): New Planetary Nebulae, [MO2001] 104 ionen mit einem extremen PN vom Typ 1 Astron. Tsirk. 602, 6-8 GSC2 N01213014068 im Einklang steht [2]. [5] P. Boumis, J. Meaburn (2013): The PK 112-00 1 expansion proper motions of the PN G112.5-00.1 Bei KjPn 8 (weitere Bezeichnungen in extraordinary giant lobes of the PN K 3-89 Tabelle 3) handelt es sich um ein außer- planetary nebula KjPn 8 revisited; gewöhnliches Objekt in unserer Galaxis. arXiv:1301.5589v1 [astro-ph.GA] Vielleicht ist dieser Artikel eine kleine 23 Jan 2013. Siehe auch: http:// Anregung, sich näher mit ihm zu be- mnras.oxfordjournals.org/content/ Die untere Abbildung in Abb. 3 zeigt schäftigen. Mit passender Brennweite 430/4/3397 (Stand: 2014) die bereits erwähnte zentrale, sternför- und gutem Seeing wird dann aus der [6] J. A. Lopez et al. (2000): HST/ mige Nebelstruktur, jedoch in der hoch „Störung“ sicherlich ein eigenständiges WFPC2 observations of the core aufgelösten Wiedergabequalität des HST. Motiv. of KjPn 8, ASP Conference Series Hier sitzt ein winziger junger elliptischer 199, 1-4. Siehe auch: http://arxiv. Ring aus ionisiertem Gas von nur 5,4 Abschließend möchte ich mich hier bei org/pdf/astro-ph/0001020v1.pdf Bogensekunden Durchmesser, umgeben Herrn Dr. Franz Gruber aus Österreich für (Stand: 2014) von der oben erwähnten älteren und we- die wertvollen Hinweise bei der Bildbear- [7] J. A. López, Jets and Brets in sentlich größeren polypolaren Hülle. Der beitung bedanken. Planetary Nebulae. Proc. 180th Ring besteht aus angeregtem Wasserstoff Sympos. of the IAU, Groningen, und ist Teil einer größeren CO-Scheibe Netherlands, 26.-30. August 1996, mit sieben Bogensekunden Durchmesser Internet- und Literaturhinweise: Issue 180, p. 198 [6]. Auf dieser HST-Aufnahme konnte [1] Stefan Binnewies, Peter Riepe, [8] J. A. Lopez et al. (2002). Point- auch erstmals der Zentralstern abgebildet Harald Tomsik: Planetarische Nebel Symmetry and the Double Plane- werden. Eine gewisse Ähnlichkeit zum – aufgenommen mit Hα-Filter und tary Nebula KjPn 8; RevMexAA Ringnebel M 57 liegt nahe. CCD-Kamera; VdS-Journal, Som- (Ser. Conf.) 12, 123-126. Siehe mer 2000, Seite 29 auch: www.crya.unam.mx/rmaa/ Der größte und älteste Auswurf C1–C2 [2] R. Vázquez et al. (1998): Spectro- RMxAC..12/PDF/RMxAC..12_lopez. ist vor 1-2 × 104 Jahren entstanden, wo- photometry of the planetary nebula pdf (Stand: 2014) gegen die Knoten entlang der kleineren Achse A1–A2 jünger als 3400 Jahre sind [8]. Die einzelnen Abschätzungen der Zeitskalen sind dabei unabhängig von Anzeige der Entfernung zu KjPn 8. Der ionisier- te Ring selber expandiert mit 16 km/s und hat folglich nur ca. 1250 Jahre ge- braucht, um den gegenwärtigen Radius von 2,7 Bogensekunden (= 0,02 pc) zu erreichen. Er ist also von allen Nebel- strukturen die jüngste. Die aufgezeigten zeitlichen Differenzen beweisen, dass die Knoten A1-A2 bei 320 km/s und der damit verbundene bipolare Ausstoß be- reits vor der Entstehung des zentralen ionisierten Ringes geformt wurden. Die Knoten B1-B2 (Abb. 4) sind nach Mes- sungen von 2011 vor etwa 7200 Jahren ausgestoßen worden, für C1-C2 wird nun ein Alter von 50.000 Jahren veranschlagt [5]. Diese zeitlich nacheinander ablau- fenden Ausbrüche passen ins Bild eines sich zum Weißen Zwerg entwickelnden AGB-Sterns. Auch die kleinen Abmes- sungen dieses Ringes – verbunden mit der Existenz von molekularem Material

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Abells Planetarische Nebel von Stefan Binnewies

Im November 1949 begann auf dem einem Plexiglasfilter vor der Filmkasset- 1 Abell 72 im Sternbild Delfin in südkalifornischen Mount Palomar ein te (Transmission von 620 bis 670 nm). einer Aufnahme von Stefan Binne- ehrgeiziges Projekt – die fotografische Bis Dezember 1958 entstanden so 936 wies, Bernd Koch, Stefan Heutz und Durchmusterung des gesamten von die- Plattenpaare, die den Himmel bis zu -34° Josef Pöpsel. Belichtet im Sommer sem Standort aus sichtbaren Himmels Deklination vollständig abdeckten. Wei- 2008, ferngesteuert am Skinakas- in einer bisher nicht da gewesenen Tiefe tere 100 rotempfindliche Platten wurden Observatorium mit einem 60-cm- und Auflösung. Das California Institute bis 1962 eingesetzt, um die Durchmus- Hypergrafen (Ganymed) und CCD- of Technology (Caltech) war federfüh- terung noch näher an den Horizont her- Kamera SBIG STL-11000M. Gesamt- rend, Aufnahmeinstrument das als „Big anzuführen (Whiteoak Extension). Damit belichtungszeit 360 min. Schmidt“ (heute Samuel Oschin Tele- reicht der Palomar Observatory Sky Sur- scope) bekannte Schmidt-Teleskop mit vey (POSS I) nun bis zu einer Deklination der Sternkataloge war erst einmal vorbei, einem Spiegeldurchmesser von 180 cm, von -42°. Gerade mal 15° über den Ho- was jetzt kam, waren neue Listen all der einer freien Apertur (Durchmesser der rizont steigen seine südlichsten Objekte anderen Objektklassen am Himmel. Sie- Schmidtplatte) von 120 cm und einer am Palomar Mountain, ein sportliches ben davon haben auch bei den Amateur- Brennweite von 300 cm (Öffnungsver- Unterfangen und ein Hinweis auf die da- astronomen gezündet, insbesondere nach hältnis 1:2,5). Belichtet wurde auf 14 malige Dunkelheit des Himmels, wo heu- der Einführung der CCD-Fotografie bei Zoll x 14 Zoll große Fotoplatten, die je- te die Lichtglocke der Millionenstadt San den Astrofotografen und dem gezielten weils 6° x 6° Himmel abbildeten. Um zu Diego stört. Filtereinsatz bei den visuellen Beobach- den Farben der Nebel, insbesondere aber tern [1, 2]. Gemeint sind: Abells Planeta- zum Spektraltyp der aufgenommenen Später erfolgte auf verbesserten Film- rische Nebel und Galaxienhaufen, Lynds Sterne eine grobe Abschätzung treffen emulsionen der POSS II sowie seine süd- Emissions- und Dunkelnebel, Sharpless´ zu können, wurde die Durchmusterung liche Ergänzung durch den ESO/SERC- Emissionsnebel, van den Berghs Reflexi- in zwei unterschiedlichen Spektralberei- Survey. Dennoch ist der POSS I bis heute onsnebel sowie der Katalog der Palomar- chen durchgeführt: a) auf blauempfindli- eine Quelle für Neuentdeckungen geblie- Kugelsternhaufen. chen Fotoplatten des Typs Kodak 103a-O ben. Damals nach der Fertigstellung war (Empfindlichkeit von 350 bis 500 nm), er aber eine Schatztruhe, reich gefüllt mit Georg Ogden Abell war mit seinem Kata- b) auf rotempfindlichen Fotoplatten des in dieser Dichte nie gesehenen Objekten, log früh dran, bereits 1955 lag er in ei- Typs Kodak 103a-E in Verbindung mit die man nur abgreifen musste. Die Zeit ner ersten Form gedruckt vor, da war der

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POSS noch gar nicht fertiggestellt [3]. Fassung [4]. Sie enthält 86 provisorisch südlichste. Fünf Abell-PN weisen Durch- Doch Abell saß an der Quelle. Geboren am als PN bezeichnete Einträge, vor allem messer von mehr als 10 Bogenminuten 1. März 1927 in Los Angeles, verdiente er aber Ausführungen zu astrophysikali- auf, vier davon (Abell 21, Abell 31, Abell sich seine ersten astronomischen Sporen schen Aspekten wie Alter und Objektent- 35 und Abell 74) sind diesem Artikel als als Tour-Guide am Griffith Observato- fernung. Ausführlich geht Abell auch Bilder beigefügt. ry, der Volkssternwarte vor Ort. Parallel auf die Eigenschaften der Zentralsterne schlug er eine akademische Laufbahn seiner Nebel ein. Er findet extrem heiße Abell glich seine Objektentdeckungen ein, die ihn am Caltech noch vor seiner Sterne; Sterne, die „Weißen Zwergen“ auch mit älteren Nebellisten ab, zu- Promotion zu einem der Hauptbeobach- entsprechen, deren Vorgänger „Rote Rie- nächst mit den Einträgen in den Index ter am POSS I werden ließ. sen“ sind, die nach der heute allgemein Catalogues (IC), später auch mit den Ent- akzeptierten Lehrmeinung durch ihre deckungen von Luboš Kohoutek. Dabei Abells Veröffentlichung von 1955 dreht abgeblasenen Sternhüllen die Quelle der ergaben sich mehrere Treffer: IC 972 bei- sich vor allem um einige neu entdeckte Planetarischen Nebel darstellen. spielsweise ist identisch mit Abell 37 und Sternhaufen, enthält aber auch eine Lis- IC 1454 mit Abell 81. Die Objekte des IC te mit 73 bisher unbekannten Planeta- Abells PN-Liste ist wie der New General wurden überwiegend fotografisch ent- rischen Nebeln. Diese weisen, wie Abell Catalogue (NGC) nach der Rektaszension deckt, die Objekte des umfangreicheren, schreibt, eine verhältnismäßig geringe geordnet (Äquinoktium 1900 bzw. 1950). aber auch etwas älteren NGC dagegen Flächenhelligkeit auf, und er bemerkt Entsprechend dem Ablauf der Jahreszei- (bis auf ein Objekt [5]) alle visuell. Da weiter, dass der „Big Schmidt“ sich ge- ten kann man bei Abell 1 im Herbst mit Abell seine PN als alt beschreibt und das rade recht zur Entdeckung ausgedehnter der Beobachtung beginnen und ein Jahr an deren geringer Flächenhelligkeit fest- und schwacher Objekte eignet. später mit Abell 86 enden. Abell 81 im macht, hielt er es möglicherweise nicht Cepheus bei einer Deklination von +80° für nötig, einen Abgleich seiner fotogra- 1966 folgte dann Abells Liste Planeta- ist das nördlichste Ziel, Abell 23 in Pup- fischen Entdeckungen mit alten visuellen rischer Nebel (PN) in ihrer endgültigen pis mit einer Deklination von -35° das Beobachtungen durchzuführen. Jeden-

2 Linke Seite

Abell-Nr. Instrument Kamera Belichtungszeit (min) Bildautor Ø (″) [OIII] Hα [NII] 4 106-cm-Cassegrain DSLR 36 Harald Simon 20 1054 448 42 13 30-cm-Newton CCD 437,5 Andreas Rörig 153 - - - 21 30-cm-Newton CCD 340 Andreas Rörig 615 147 250 425 22 30-cm-Newton CCD 975 Andreas Rörig 84 215 100 135 24 30-cm-Newton CCD 285 Andreas Rörig 355 105 239 1518 31 30-cm-Newton CCD 665 Andreas Rörig 970 - - -

3 Seite 46

Abell-Nr. Instrument Kamera Belichtungszeit (min) Bildautor Ø (″) [OIII] Hα [NII] 35 60-cm-Hypergraf CCD 145 Stefan Binnewies 770 209 498 419 36 60-cm-Hypergraf CCD 250 Josef Pöpsel 370 117 100 32 39 60-cm-Hypergraf CCD 200 Stefan Binnewies 174 - - - 43 60-cm-Hypergraf CCD 330 Josef Pöpsel 80 611 333 - 50 60-cm-Hypergraf CCD 240 Stefan Binnewies 27 981 250 59 56 60-cm-Hypergraf CCD 255 Stefan Binnewies 181 - - -

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Abell-Nr. Instrument Kamera Belichtungszeit (min) Bildautor Ø (″) [OIII] Hα [NII] 61 60-cm-Hypergraf CCD 315 Stefan Binnewies 200 950 560 - 71 60-cm-Hypergraf CCD 280 Stefan Binnewies 157 68 100 242 74 60-cm-Hypergraf CCD 480 Stefan Binnewies 830 - - - 75 60-cm-Hypergraf CCD 270 Josef Pöpsel 56 408 230 22 78 60-cm-Hypergraf CCD 540 Josef Pöpsel 107 - - - 84 30-cm-Newton CCD 365 Andreas Rörig 120 - - -

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falls entging ihm die Vorentdeckung von Abells PN halten sich noch sehr an die nm) überdurchschnittlich stark. Liegt bei Abell 50 als NGC 6742 und die von Abell PN-typische Ring-, Scheiben- oder Han- diesen roten Emissionslinien das Intensi- 75 als NGC 7076 (beide wurden von Wil- telform. Jüngere Entdeckungen noch tätsmaximum, so erscheint das Objekt röt- liam Herschel gefunden), obwohl beide schwächerer und älterer PN weichen da- lich, liegt das Maximum dagegen bei der Einträge im Original-NGC mit korrekter von deutlich ab. Dennoch, gerade Abell [O III]-Linie (500,7 nm) erscheint der PN Position verzeichnet waren, wie eine von 21 und Abell 31 sind archetypische Bei- grünlich-blau. Wolfgang Steinicke erfolgte Recherche spiele alter PN. Diese beiden gehören zu ergab. Außerdem enthält die Abell-Liste den schwächsten der Abell-Liste. Sie sind Literaturhinweise: einige Fehlklassifikationen. Manche da- ausgedehnt, erscheinen „verdünnt“, da [1] M. Eric Honeycutt: The Best Plane- von sind schon Abell selbst aufgefallen, sich ihre Gasdichte fast schon der Dichte tary Nebulae; Sky & Telescope May z. B. Abell 85, in dem er zu Recht einen des interstellaren Mediums angenähert 2002, 98-102 Supernovarest (CTB 1) vermutete. Abell hat. Und ganz wichtig, ihre Form ist [2] Reiner Vogel: The Abell Planetaries 17 und Abell 32 sind Plattenfehler, Abell nicht mehr symmetrisch, sie wird nicht Observing Guide; PDF-file, Mai 2008 64 eine Galaxie (PGC 63630), ebenso mehr durch die physikalischen Vorgänge [3] George O. Abell (1955): Globular Abell 76 (Ringgalaxie PGC 85185). Sol- zu Beginn der PN-Entstehung bestimmt, Clusters And Planetary Nebulae che Fehlklassifikationen sind nicht sel- sondern zunehmend durch die Wechsel- Discovered On The National Geo- ten, manchmal halten sie 100 Jahre und wirkung mit dem interstellaren Medium. graphic Society-Palomar Observa- mehr, so ist erst kürzlich die Galaxie NGC tory Sky Survey; Publ. Astron. Soc. 2242 als Planetarischer Nebel umetiket- Die Seiten 44, 46, 47 zeigen 18 Abell-PN Pacific 67, 258-261 tiert worden. in fotografischen Beispielen. Neben der [4] George O. Abell (1966): Properties Abell-Nr. sind tabellarisch die Belich- of Some Old Planetary Nebulae; George Ogden Abell hat weiter Karri- tungsdaten und Instrumente, die Fotogra- Astrophys. Journal 144, 259-279 ere gemacht. Nach seiner ebenso auf fen, die Nebeldurchmesser und dann die [5] Wolfgang Steinicke: Nebel und der Durchmusterung der POSS-Platten Linienintensitäten (soweit bekannt) ver- Sternhaufen – Geschichte ihrer basierenden Liste von Galaxienhaufen schiedener PN-typischer Emissionslinien Entdeckung, Beobachtung und und deren Einbindung in kosmologische aufgeführt [6]. Dabei wird die Intensität Katalogisierung; Books on Demand, Fragestellungen erhielt er eine Professur der Hβ-Linie zu 100 gesetzt. Rot leucht- Norderstedt 2009 an der renommierten University of Cali- ende PN haben außer der Hα-Linie (656,3 [6] Agnès Acker et al. (1992): Stras- fornia in Los Angeles (UCLA), bevor er nm) oft auch eine hohe Intensität der [N bourg-ESO Catalogue of Galactic – recht jung – am 7. Oktober 1983 ver- II]-Linien (654,8/658,4 nm), manchmal Planetary Nebulae, Part II; ISBN starb. sind auch die [S II]-Linien (671,6/673,1 3-923524-41-2 Fotografie Planetarischer Nebel von Michael Deger

Planetarische Nebel (PN) sind für den en- Objektrecherche unbedingt zu empfeh- Metern und mehr benötigt. Damit wird gagierten Astrofotografen oft sehr loh- len. Dabei sollten folgende Informati- schnell klar, dass die meisten PN hohe nende Objekte. Dabei ist deren Formen- onen über das aufzunehmende Objekt Anforderungen an den Astrofotografen und Farbenvielfalt fast unerschöpflich. gesammelt werden: stellen. Je höher die Aufnahmebrenn- Es gibt so ziemlich alles – von kleinen, weite ist, desto exakter muss die Tele­ nur wenigen Bogensekunden großen – Winkelausdehnung skopnachführung funktionieren. Sind Nebelfleckchen bis zu einigen Bogenmi- – Helligkeit bzw. Flächenhelligkeit hier nur kleine Abweichungen des Leit- nuten ausgedehnten Objekten, die viele – Linienintensität sterns zu erkennen, wird die Aufnahme Strukturen und Filamente aufweisen. – Vergleichsaufnahmen meistens schon unbrauchbar. Längliche Etwa 5000 PN sind in unserer Milch- Sterne und der Verlust von Details im straße bekannt, einige Hundert davon Für PN mit relativ großer Helligkeit und Nebel sind dann leider die Folge. sind mit einer guten Ausrüstung für die Winkelausdehnung (z. B. Helixnebel NGC Astro­fotografie geeignet. Viele PN sind 7293) kann auch ein Teleskop mit gerin- Ein weiterer Aspekt ist das Seeing, das ‚‚ sehr hell und können mit relativ gerin- ger Brennweite bereits schöne Ergebnisse an meinem Standort nur selten unter 3 ger Belichtungszeit bereits gut abgelich- liefern. Bei den meisten PN mit wenigen liegt. Vor allem bei langen Brennweiten tet werden, andere Nebel wiederum sind Bogensekunden Ausdehnung kann man ist es ein ganz entscheidender Faktor. sehr lichtschwach und brauchen viele aber gar nicht genug Brennweite haben. Von den zur Auswahl stehenden Ob- Stunden Belichtungszeit. Für Objekte im Bogenminutenbereich jekten lassen sich nur bei wenigen PN sollte mindestens ein Meter Brennweite die beiden Hauptkomponenten, die Ne- Vorüberlegungen zum Einsatz kommen. Bei noch kleine- belhülle und der Zentralstern, getrennt Vor der eigentlichen Aufnahme ist eine ren PN wird eine Brennweite von zwei voneinander auflösen. Mit einer guten

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Bildbearbeitungssoftware ist es über die Anwendung verschiedener Schärfungs- algorithmen möglich, viele Bilddetails wieder herauszuarbeiten. Allerdings setzt dies auch möglichst gute Rohdaten voraus.

Objektauswahl Die PN sind überwiegend entlang der Milchstraßenebene konzentriert. Somit ist in unseren Breitengraden bei hochstehender Milchstraße der Sommer eine geeig- nete Jahreszeit für die PN-Fotografie. Sehr wichtig ist eine möglichst gute Vorbe- reitung. Um zu vermeiden, dass man doch wieder ein Standardobjekt aufnimmt, ist das Anlegen einer To-do-Liste dringend zu empfehlen. Folgende Überlegungen sollten dabei gelten:

– Objekt-Planungsliste – Wahl des Bildausschnitts – mögliche Leitsterne für die Nach- führung aussuchen – bei Einsatz von Linienfiltern die Intensitäten der Emissionslinien berücksichtigen – Planung der Belichtungszeiten

Für die eigentliche Objektauswahl bietet sich im Internet eine Fülle von Infor- mationen. Hilfreich bei der Objektsuche ist beispielsweise der „Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae“ [1]. Er beinhaltet neben Aufnahmen auch eine Vielzahl an Informationen zu fast allen PN. Für die anschließende Auf- nahmeplanung verwende ich meistens das Computerprogramm „Cartes du Ciel“ [2]. Es handelt sich hierbei um eine kostenfreie Planetariumssoftware. Für viele Objekte stehen Fits-Bilder zur Verfügung, damit lässt sich der Bildausschnitt opti- mal auswählen, auch mögliche Leitsterne für die Nachführung können bestimmt werden. Cartes du Ciel benötigt nicht zwingend einen Internetzugang und ist somit auch auf dem Notebook im Feld zu nutzen.

Fotografie mit Linienfiltern Planetarische Nebel haben ein charakteristisches Emissionsspektrum. Sie beste- hen vor allem aus leuchtendem Wasserstoffgas und aus anderen Elementen. Je nach den physikalischen Gegebenheiten senden PN unterschiedlich starke Emissi- onslinien dieser Elemente aus (siehe Artikel von P. Riepe über die Emissionslinien im Spektrum der PN, S. 15). Abhängig von Intensität und Vorkommen dieser Linien variiert die Grundfarbe des PN.

Für die PN-Fotografie sind geeignete Filter von entscheidender Bedeutung. Ein Hα-Filter und ein [O III]-Filter lassen das emittierte Licht der Nebel fast unge- hindert passieren. Das übrige Spektrum wird blockiert. Dadurch gelingen gute Aufnahmen auch an Beobachtungsorten mit großer Lichtverschmutzung, lange Belichtungszeiten vorausgesetzt. Der Einsatz verschiedener Linienfilter ermög- licht mit einer S/W-CCD-Kamera die Erstellung von Dreifarbenkomposits. Geeig- net sind zunächst einmal Hα-Filter. Korrekter sollte man sagen: Filter für Hα+[N II], denn diese Filter mit Halbwertsbreiten von etwa sechs bis 20 Nanometer lassen nicht nur das Licht des ionisierten Wasserstoffs bei 656,3 Nanometer Wellenlänge passieren, sondern auch – was kaum bedacht wird – das Licht der Doppellinie des ionisierten Stickstoffs [N II] bei 654,8 und 658,4 Nanometern. Für das Heraus- filtern der Doppellinie des ionisierten Schwefels bei 671,6 und 673,1 Nanometer kommt ein [S II]-Filter in Frage, für die bekannte doppelte Sauerstoff-Emission des zweifach ionisierten Sauerstoffs bei 495,9 und 500,7 Nanometern ein [O III]- Filter. Hα, [O III] und [S II] werden bei der Bildbearbeitung – ähnlich wie beim klassischen RGB-Verfahren – den Farben Rot, Grün und Blau zugeordnet. Diese Zuordnung kann man aber beliebig kombinieren, um unterschiedliche Bildwir- kungen zu erzielen. 50 Planetarische Nebel

‚ ‚ ‚ 1 NGC 40 im Kepheus (0,6 x 0,4 ). HαLRGB-Bild, gewonnen 2 NGC 6826, der „blinkende PN“ im Schwan (0,8 , elliptischer mit einer gekühlten CCD-Kamera vom Typ SBIG ST-2000XM PN mit Doppelschalenstruktur und zwei gegenüberliegenden an einem 12-zölligen Meade ACF (3048 mm Brennweite) Knoten). Kamera, Teleskop und LRGB-Filter wie in Abb. 1. von meinem Balkon in Erdweg (Bayern). Belichtet wurde: L 20 x 2 min, RGB je 5 x 2 min (2x2). Hα 10 x 4 min (2x2), L 36 x 4 min, RGB je 10 x 4 min (2x2). Filter: SBIG LRGB, Astronomik Hα 13 nm.

3 Abell 12 im Orion (0,6‚, elliptischer PN). Kamera, Teleskop 4 NGC 7293 (Helixnebel) im Wassermann (28,0‚ x 16,0‚, und LRGB-Filter wie in Abb. 1. Belichtungszeiten: L 20 x elliptischer PN). Hierfür kamen zwei Teleskope zum Einsatz. 2 min, RGB je 5 x 2 min (2x2). Mit der SBIG ST-2000XM wurde a) mit einem Vixen R200SS (8‚‚-Newton, f = 800 mm) und b) mit einem 4,5‚‚-Newton (f = 440 mm) wie folgt belichtet. Hα 8 x 8 min, L 12 x 8 min, RGB je 6 x 8 min. Filter: SBIG LRGB, Astronomik Hα 13 nm.

VdS-Journal Nr. 52 5 NGC 7009, Saturnnebel (0,5‚, elliptischer PN im Wassermann, 6 NGC 6781 im Adler (1,8‚, elliptischer PN). Teleskop, Kamera dessen Form mit den beidseitigen Auswürfen an Saturn und LRGB-Filter wie in Abb. 1. Belichtung: L 45 x 2 min, erinnert). Teleskop, Kamera und LRGB-Filter wie in Abb. 1. RGB je 10 x 2 min (2x2). Belichtung: L 40 x 1 min, RGB je 10 x 1 min (2x2).

7 NGC 7026 im Schwan (27‚‚ x 11‚‚, junger bipolarer PN mit zwei noch geschlossenen Blasen). Teleskop, Kamera und LRGB-Filter wie in Abb. 1. Belichtung: L 4 x 5 min, RGB je 2 x 5 min (2x2).

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Kameraauswahl Farb-CCD bringt ein sehr gutes Signal- Stunden Belichtungszeit zusammen. Sie Für hochauflösende PN-Aufnahmen mit Rausch-Verhältnis in den Einzelbildern. setzten sich wie folgt zusammen: Lumi- Schmalbandfiltern ist eine S/W-CCD- Mit einer DSLR müssen wesentlich mehr nanz: 36 x 4 min (1x1); R:10 x 4 min Kamera die beste Wahl. Bei einer mo- Bilder aufgenommen werden, um auf ein (2x2); G:10 x 4 min (2x2); B:10 x 4 min nochromen SW-Kamera enthält jedes gleich gutes Signal-Rausch-Verhältnis (2x2); Hα+[N II]:10 x 4 min (2x2). Neben Pixel die volle Bildinformation für jede wie mit einer Farb-CCD zu kommen. den eigentlichen Objektaufnahmen ist Farbe, dies sorgt für maximale Auflö- die Anfertigung von Darks und Flats un- sung und Datentiefe. Die leistungsfähige Nächtliche Praxis an NGC 40 bedingt erforderlich. Je mehr von ihnen Kühlung der S/W-CCD wirkt sich positiv NGC 40 ist ein relativ kleiner, heller PN bei der Bildbearbeitung zur Verfügung auf das Rauschverhalten und damit auf im Sternbild Kepheus. Im Vergleich zu stehen, desto besser. Darks müssen unter die Bildqualität aus. Mittlerweile gibt es den meisten PN leuchtet er kräftig rot in gleichen Bedingungen (Chiptemperatur, einige Hersteller von S/W-CCD-Kameras, Hα, [N II] und [S II], aber kaum in [O Belichtungszeit, Binning) entstehen. Um die auch größere Filterräder anbieten. III]. Mit einer Winkelausdehnung von nicht kostbare Aufnahmezeit zu ver- ‚ ‚ Das eröffnet für die Astrofotografie die 0,6 x 0,4 lechzt der Winzling förmlich schwenden, können sie auch in astro­ Möglichkeit, das Filterrad neben den nach langer Brennweite. Für die Foto- nomisch unbrauchbaren Nächten ge- ‚‚ üblichen LRGB-Filtern zusätzlich noch grafie kamen ein Meade 12 ACF (f = wonnen werden. Ebenso wichtig wie die mit Schmalbandfiltern zu bestücken. 3048 mm) und die S/W-CCD-Kamera Darks sind möglichst gute Flats. Damit Die Vorteile der S/W-CCD-Technik sind SBIG ST-2000XM mit einem Farbfilter- werden Bildfehler wie Vignettierung, in- schnell genannt: rad vom Typ CFW8A zum Einsatz. Die homogene Empfindlichkeiten des Chips Bestückung des Farbfilterrades setzte und Staub auf der Oberfläche des Sensors – volle 16 Bit Dynamikumfang sich aus LRGB-Filtern (SBIG) und einem beseitigt. Grundsätzlich sollten für jeden – maximale Auflösung, d. h., für jedes Hα-Filter mit 13 Nanometern Halbwerts- Filter separate Flats angefertigt werden. Pixel steht die volle Information zur breite (Astronomik) zusammen. Stand- Verfügung ort war Erdweg/Bayern, ca. 30 Kilome- Zuerst erstelle ich mit „Astroart“ [3] ein – jedes Pixel bekommt die volle Farb- ter nordwestlich von München gelegen. Master-Dark, bzw. Master-Flat. Dazu Information Um die rot leuchtenden Strukturen des werden die Darks und Flats gemittelt. Da- – optimal für den Einsatz von Schmal- Nebels gut abzubilden, waren neben nach habe ich für jedes einzelne Rohbild bandfiltern geeignet den LRGB-Aufnahmen auch zusätzliche folgende Arbeitsschritte durchgeführt: – Kühlung des Sensors (sehr gutes Belichtungen in Hα+[N II] geplant. Mit Signal-Rausch-Verhältnis) dieser Filterkombination habe ich mir – Abzug des Master-Darks einen merklich höheren Bildkontrast – Division durch das Master-Flat Mit einer Spiegelreflexkamera (DSLR) versprochen als mit einem reinen LRGB- – Anwendung des Filters gegen Hot- ist die PN-Fotografie nicht oder nur Komposit. Für den Luminanzkanal und pixel eingeschränkt sinnvoll. Durch die Bay- für jeden der Farbkanäle habe ich eine – evtl. Anwendung eines Gradienten- er-Matrix des Sensors sieht jedes Pixel Einzelbelichtungszeit von vier Minuten filters nur jeweils eine Farbe. Daher muss ein gewählt, jedes Bild wurde im Fits-Format großer Auflösungsverlust hingenommen abgespeichert. Es sollten so viele Details Diese so korrigierten Rohbilder werden werden. Das Signal-Rausch-Verhältnis wie möglich abgebildet werden. Ziel war anschließend für jeden einzelnen Filter ist wesentlich schlechter als bei einer auch, Teile der schwachen Außenhülle in einem Vorweg-Arbeitsgang (Pre-Pro- S/W-CCD-Kamera, da die Kühlung fehlt. von NGC 40 mit abzulichten. Somit hat- cessing) registriert und gemittelt. Wenn Außerdem stehen bei einer DSLR meist te ich mich kurzfristig entschlossen, die alle Aufnahmen zueinander ausgerichtet nur 12 Bit Dynamikumfang zur Ver- Hα-Belichtungen im 2x2-Binning-Mo- sind, werden die Farbkanäle zu einem fügung. Der auf dem Detektor aufge- dus vorzunehmen. Auf den Rohbildern Farbbild kombiniert. Dabei habe ich den brachte Infrarotschutzfilter begrenzt die waren ansatzweise zumindest Teile einer Hα-Kanal im Verhältnis 70:30 dem Rot- Rotempfindlichkeit des Chips zusätzlich. Außenhülle zu erahnen. kanal zugeordnet und mit diesem neuen Dadurch wird die Wiedergabe vieler ne- Hα/R-Kanal zusammen mit dem Grün- bulöser Deep-Sky-Objekte reduziert, die Wie so oft war der Weg zum fertigen und Blaukanal ein RGB-Bild erstellt. An- ihr Licht zum Großteil in der Hα-Linie Bild spannend. Die Bildbearbeitung von schließend werden alle bereits registrier- des Wasserstoffs aussenden. Um die PN unterscheidet sich kaum von der ten Luminanzbilder zu einem Master-L Hα-Empfindlichkeit einer DSLR zu er- Bearbeitung von Galaxien- oder Nebel- kombiniert und in Astroart einem mo- höhen, ist deshalb ein Umbau nötig und bildern. Bei schwachen PN-Strukturen deraten Schärfungsalgorithmus (Decon- möglich. Dabei wird der ursprünglich müssen oft zwei Bilder miteinander kom- volution) unterzogen. In einem weiteren vorhandene IR-Sperrfilter, der das lang- biniert werden. Bei diesem Bild von NGC Menü „LRGB Synthese“ wird das Lumi- wellige rote Licht blockiert, durch einen 40 habe ich die im 2x2-Binning-Modus nanzbild über das RGB gelegt und man speziellen Filter ersetzt. aufgenommenen Hα-Daten mit dem erhält das eigentliche LRGB-Bild, das im LRGB-Bild kombiniert. 16-Bit-Tiff-Format abgespeichert werden Im Vergleich zu DSLR-Kameras bieten sollte, um keinen Datenverlust hinneh- Farb-CCD-Kameras zumindest einige Bildbearbeitung von NGC 40 men zu müssen. Dieses LRGB-Bild wird Vorteile. Die Kühlung des Sensors einer Insgesamt kamen in zwei Nächten fünf in „Photoshop“ [4] weiter bearbeitet.

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Die Farbgewichtung erfolgt bereits in der Physik der Zentralsterne zu finden tails zum Vorschein. Empfehlenswert ist Astroart, in Photoshop werden mit der (siehe Artikel von P. Riepe, S. 30). Die ein Vergleich der eigenen PN-Bilder mit Tonwertkorrektur bzw. der Gradations- häufigsten Formen der PN sind: denen des Weltraumteleskops Hubble [5]. kurve Helligkeit, Kontrast und Bildschär- Und wer sich für mehr PN-Bilder interes- fe optimiert. Das Master-Hα habe ich – elliptische Nebel (typische PN) siert, kann meine Homepage besuchen [6]. im 16-Bit-Tiff-Format in Astroart ge- – bipolare Nebel speichert und in Photoshop dem LRGB- – sphärische Nebel Bild angepasst. Abschließend erfolgte die Anfertigung einer Maske, um die Fazit Internet- und Literaturhinweise: schwache Außenhülle von NGC 40 etwas Planetarische Nebel sind die wahren [1] Agnès Acker et al. (1992): Stras- stärker hervorzuheben. Diese Maske wird Schmuckstücke des Nachthimmels und bourg-ESO Catalogue of Galactic in Photoshop mit der Ebenen-Funktion gehören zu den gern fotografierten Ob- Planetary Nebulae, I+II; siehe auch: „Aufhellen“ vorsichtig in mehreren klei- jekten. Allerdings stellen die meisten www.vizier.u-strasbg.fr/cgi-bin/ nen Schritten eingeblendet. PN eine große Herausforderung für den VizieR?-source=V/84 Astrofotografen dar. Der Schlüssel zum [2] Cartes du Ciel: www.ap-i.net/ Erscheinungsformen Planetarischer Erfolg ist neben einer guten Ausrüstung skychart/en/start Nebel auch eine intensive Auseinandersetzung [3] Astroart: www.msb-astroart.com Die PN weisen nur zum Teil symmetri- mit dem Zielobjekt. Mit dem Einsatz von [4] Adobe Photoshop: www.adobe.com/ sche oder gar sphärische Formen auf. Linienfiltern lassen sich sogar aus der de/products/photoshop.html Daneben gibt es sehr viele stark unter- Großstadt gute Ergebnisse erzielen. Sehr [5] http://hubblesite.org/gallery/album/ schiedliche, asymmetrische Formen. Die wichtig ist die Bildbearbeitung. Sie bringt nebula/planetary Gründe für diese Formenvielfalt sind in die in den Rohdaten schlummernden De- [6] www.galaxyphoto.de WeBo 1 – ein außergewöhnlicher Planetarischer Nebel von Frank Sackenheim (Teil 1) und Peter Riepe (Teil 2)

Teil 1: Astrofotografischer Aus beruflichen Gründen fiel meine onsnebel vdB 152 für die Abendstunden Hintergrund Wahl auf das letzte Augustwochenende. und den Gasnebel IC 1805 für die Mor- Im Jahr 2013 ergab sich für mich die Das war nicht ganz optimal, da der Mond genstunden. Gelegenheit, eine astronomische Aus- in der zweiten Nachthälfte stören wür- rüstung auf die Kanareninsel Teneriffa de. Daher hatte ich mir für die insgesamt Bei Mondschein arbeite ich generell nur zu schaffen und diese dort dauerhaft zu fünf eingeplanten Beobachtungsnächte mit schmalbandigen Rotfiltern, also [S deponieren. Mein Plan ist, mindestens ein Objekt für die erste Nachthälfte, und II] oder Hα. Mein Plan war es, die Hα- ein- bis zweimal im Jahr die Insel zu ein weiteres für die zweite Nachthälfte Aufnahmen auf Teneriffa zu machen und besuchen und dort mit der Ausrüstung gesucht. Die Wahl fiel auf den Reflexi- die Aufnahmen mit [S II]- sowie [O III]- Astrofotografie zu betreiben. Die Be- dingungen auf Teneriffa sind zwar nicht Anzeige so optimal wie auf der Nachbarinsel La Palma, jedoch deutlich besser als in hei- mischen Gefilden. Die Möglichkeit, meine Ausrüstung dort zu lassen und gleichzei- tig ein Quartier zu haben, das ich über ein Familienmitglied günstig anmieten kann, erschien mir als sehr aussichtsreich, um meine Ausbeute an Bildern zu erhö- hen. Eigens zu diesem Zweck habe ich eine neue Montierung samt Steuerung angeschafft, und zwar eine Losmandy G11 mitsamt einer FS2-Steuerung von Michael Koch. Aufnahmeinstrument ist ein Apochromat von TMB/LOMO mit 80 mm Öffnung und 600 mm Brennweite, an dem ich eine CCD-Kamera SBIG ST- 8300M betreibe. 54 Planetarische Nebel

1 IC 1805, aufgenommen von Frank Sackenheim am 27.08.2013 auf Izaña/Teneriffa, Refraktor TMB 80/600 bei 520 mm, Losmandy G11 mit FS2, SBIG ST-8300M, 15 × 1200 s, Filter Hα + [N II] (Baader). Im gelb umrandeten Ausschnitt liegt der PN WeBo 1.

Filter in der heimischen Sternwarte in der Eifel zu belichten. Daraus sollte dann ein Bild gemäß der Hubble-Palette ent- stehen. Leider kam ich aus Wetter- und Berufsgründen nicht zu weiteren Belich- tungen, und so hatte ich lediglich die Hα-Aufnahmen für eine Bearbeitung zur Verfügung.

Als Aufnahmestandort wählte ich ein Gelände gleich unterhalb des Observa- toriums Izaña aus, nur wenige hundert Meter entfernt von den Sternwartenge- bäuden. Die Bedingungen waren durch- weg sehr gut. Auf fast 2400 Metern Höhe befindet man sich dort über den Passat-

2 Ausschnitt aus Abb. 1. Der PN WeBo 1 zeigt sich als 65″ × 33″ großer, dünner elliptischer Ring.

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wolken und in allen Nächten hatte ich einem Röntgenstern nahe IC 1805 in die Entdecker die Theorie: Bariumsterne einen komplett klaren Himmel. Leider der Cassiopeia. Dabei bemerkte er einen sind höchstwahrscheinlich Doppelster- ist die Lichtverschmutzung auf Tenerif- schwachen elliptischen Nebelring, der ne [1]. Der Begleiter ist ein entwickelter fa weit fortgeschritten. Das macht sich sich um einen 14-mag-Stern erstreckte. AGB-Stern, der seinem Hauptstern die insbesondere am West- und Südhorizont Die Koordinaten (J2000) des Sterns sind: schweren Elemente zuführen konnte, störend bemerkbar. Jedoch ist der Him- Rektaszension = 02 h 40 min 14 s, De- bei all seinen thermischen Pulsationen mel ab einer Horizonthöhe von ca. 20° klination = 61° 09′ 17″. Ein Jahr später und Ausstößen auf dem Weg zum Wei- sehr dunkel. M 13 war mit bloßem Auge nahm Howard E. Bond diesen Ring mit ßen Zwerg. Insgesamt sorgte der Mas- zu beobachten, ebenso sehr viele, sehr dem 90-Zentimeter-Reflektor des Kitt senausstoß für die Bildung des dünnen, lichtschwache Meteore. Peak Observatory auf, gefiltert wurde mit ringförmigen PNs in der gemeinsamen Hα + [N II] sowie [O III]. Etwas später Umlaufbahn. Für die Datenreduktion habe ich mehre- wurden die Aufnahmen am 4-Meter- re Anläufe benötigt. Immer wieder wa- Teleskop wiederholt (Abb. 4). Offenbar Inzwischen hat man in den Jahren 2012 ren Artefakte im Bild zu sehen, die ich war der Nebel in Hα + [N II] lichtschwä- und 2013 weitere Barium-Zentralsterne schließlich auf unsauber erstellte Dark- cher als in [O III]. Sehr ungewöhnlich von PN gefunden, so etwa bei und Flatframes zurückführen konnte. war, dass der Zentralstern offensicht- [2], Hen 2-39 [3] oder LoTr 1 [4]. Diese Erst nach Beseitigung dieser Probleme lich orange war! Normalerweise sollte Beobachtungsbefunde sind eine gewalti- konnte ich mich der Bildbearbeitung ein Stern, der einen Nebel zur Emission ge Stütze der Theorie, dass Bariumsterne widmen. Auf den Einzelbildern von IC anregt, blau leuchten. Heute wird in der immer Weiße Zwerge als Begleiter haben 1805 (Abb. 1) fiel mir ein ungewöhnli- Datenbank SIMBAD die V-Helligkeit mit [5]. Außerdem sind die „Barium-Dop- ches Objekt auf, das ich aufgrund seiner 14,45 mag angegeben, während die B- pelsterne“ ein weiterer Beleg dafür, dass sehr regelmäßigen Form zunächst wieder Helligkeit nur 16,25 mag erreicht. Tat- (zumindest) ein Großteil der PN durch für ein Bildartefakt hielt (Abb. 2). Erst sächlich, mit B-V = 1,8 mag ist der Zen- Doppelsterne erzeugt wird. Im Fall von der Vergleich mit anderen Bildern offen- tralstern kräftig orange! WeBo 1 wurde sogar eine Variabilität barte, dass es sich tatsächlich um eine gefunden, die zwar die Doppelsternthe- reale Struktur handelte. Eine Recherche Auch hier hilft SIMBAD weiter. Es han- orie erhärtet, aber auch durch „Sternfle- im Internet führte dann auf den Plane- delt sich um einen Riesenstern vom cken“ erklärt werden kann, die aufgrund tarischen Nebel WeBo1. Zwar hatten vor Spektraltyp K0, der in seinem Spektrum der Sternrotation zu messbaren Hellig- mir bereits Amateure diesen PN auf ihren zusätzliche Absorptionslinien des Me- keitsänderungen führen. Interessante Aufnahmen erkannt und auch benannt, talls Barium und Emissionslinien des Schlussbemerkung: In den zu WeBo 1 aber erst Peter Riepe machte mich auf der Metalls Kalzium aufweist. Dazu kommen ähnlichen PN LoTr 1, LoTr 5 und Abell

Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astro- noch Molekülbanden von C2, CN und 35 hat man im UV-Licht eindeutig hei- fotografie auf die außergewöhnliche Na- CH. Ein „normaler“ K0-Stern zeigt diese ße Begleiter eines kühlen Hauptsterns tur dieses PNs aufmerksam. Linien nicht. Wie kommen also die ver- gefunden [1]. Das beruhigt den Astrofo- ursachenden chemischen Elemente und tografen, der ja genau weiß: Jeder anre- Teil 2: Verbindungen auf den Zentralstern von gende Zentralstern­ eines PNs muss heiß Der PN WeBo 1 WeBo 1? Die plausibelste Erklärung ist: und blau sein – selbst wenn, wie bei den Offensichtlich lässt sich der dünne PN Der Stern kann sie nur von außerhalb Bariumsternen, ein gelber Stern vorge- überhaupt erst bei langen Belichtungs- bekommen haben. Und so entwickelten täuscht wird. zeiten im Hα-Licht fotografisch nach- weisen. Visuell ist er eine harte Nuss, an der man sich die Zähne ausbeißt. So jedenfalls berichtet Jens Bohle: „WeBo 1 habe ich am 5. Februar 2005 unter hei- mischen Bedingungen visuell versucht, aber außer dem Zentralstern habe ich damals nichts gesehen. Der PN reagierte weder auf einen [O III]- noch auf einen UHC-Filter. Auf dem POSS ist er ja auch nicht gerade auffällig ...“ (Abb. 3).

WeBo 1 wird nach der Strasbourg-ESO- Klassifizierung auch als PN G135.6+01.0 geführt. Was gibt es nun Wissenswertes über diesen PN zu erzählen? Zunächst einmal: der PN-Name WeBo 1 setzt sich aus den Initialen der beiden Entdecker zusammen [1]. 1995 suchte Ronald F. 3 Webbink im Digitized Sky Survey nach WeBo 1 erscheint im POSS sehr dürftig. Links: F-Platte (rot), rechts: J-Platte (blau).

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4 Aufnahmen von WeBo 1 mit dem 4-m-Spiegel des Kitt Peak Observatory, links 2 × 300 s belichtet mit [O III]-Filter, rechts 3 × 300 s mit Hα + [N II]. Bildkante: 150″. Bild aus [1].

I diamond ring planetary nebula rings but no fellowship: LoTr 1 and Literaturhinweise: Abell 70; Mon. Not. Roy. Astr. Soc. its relation to planetary nebulae [1] H. E. Bond, D. L. Pollacco, 419, 39-49 possessing barium central stars; R. F. Webbink (2003): WeBo 1: [3] B. Miszalski et al. (2013): SALT arXiv:1309.4307v1 [astro-ph.SR] a young surrounded by reveals the barium central star of 17 Sep 2013 a ringlike planetary nebula; Astron. the planetary nebula Hen 2-39; [5] R. O. Gray et al. (2011): First direct Journal 125, 260-264 Mon. Not. Roy. Astr. Soc. (2013) evidence that barium dwarfs have [2] B. Miszalski et al. (2012): A bari- doi: 10.1093/mnras/stt1795 companions; Astron. um central star binary in the type [4] A. A. Tyndall et al. (2013): Two Journal 141, 16 NGC 6826 – eine Gemeinschaftsarbeit von Ralf Burkart/Kreuels, Stephan Küppers, Michael Kunze Die Idee Als Stephan Küppers darüber nachdachte, Stephan Küppers Ralf Burkart/Kreuels welche Objekte er diesen Sommer foto- Mein Beitrag zum gemeinsamen Bild be- Bei diesem Gemeinschaftsprojekt ver- grafieren wollte, stieß er auf den Planeta- stand aus R-, G-, B-, Hα- und [O III]- wirklichten wir zum ersten Mal das rischen Nebel NGC 6826 (Blinking Plane- Aufnahmen, die ich zuhause mit der Prinzip der Arbeitsteilung. Während die tary) im Sternbild Schwan. Der Nebel hat Kamera Moravian G2 8300FW an mei- beiden anderen für die Tiefe des Bildes seinen Beinamen aufgrund der Tatsache nem 8-Zoll-Newton-Teleskop (920 mm zuständig waren, fiel mir die Aufgabe zu, bekommen, dass er bei der Beobachtung Brennweite) auf einer Losmandy G11 ein möglichst detailreiches und scharfes zu blinken scheint. Schaut man auf den aufgenommen habe. Im Einzelnen habe Bild des hellen Zentrums zu belichten. Zentralstern, überstrahlt dieser den zen- ich Belichtungen von je 180 min Hα und Hierzu nutzte ich meine Planetenkamera tralen Teil des Nebels. Schaut man dage- [O III] (600 s Belichtung pro Einzelbild) DMK 21AU618.AS und erstellte mehrere gen indirekt am Zentralstern vorbei, kann sowie 75 min R, 70 min G und 55 min Videosequenzen mit sehr kurz belichte- man den Nebel sehen. Der Zentralbereich B (300 s Belichtung pro Einzelbild) bei- ten Einzelaufnahmen. Bei meinem Ce- des Nebels hat eine scheinbare visuelle gesteuert. Fotografisch war dieser Nebel lestron C11, dessen Brennweite ich auf Helligkeit von 8,8 mag, der Zentralstern für mich deswegen interessant, weil man 1400 Millimeter reduzierte (f/5), reichten eine scheinbare Helligkeit von 10,4 mag zwar viele langbrennweitige Aufnahmen schon 0,25 Sekunden Belichtungszeit [1]. NGC 6826 ist einer der wenigen Pla- des Zentralbereichs im Netz findet, aber aus, um ganz schwach den Nebel in sei- netarischen Nebel, die drei Hüllen besit- nur wenige, die auch den Halo zeigen. nen groben Strukturen erkennen zu kön- zen. Der Zentralbereich besteht aus zwei Ich wollte testen, ob ich den Halo an nen. Insgesamt belichtete ich fast 20.000 ‚‚ ‚‚ Hüllen, deren Ausdehnung 12,7 × 8,7 meinem Standort (Stadtrandlage Krefeld, Einzelbilder, verwendete aber nur die ‚‚ ‚‚ und 27 × 24 betragen. Die äußere Hülle Sterngrenzgröße 5,2 mag) vernünftig schärfsten 4.000 davon, die ich dann in (Halo) besitzt einen Durchmesser von ca. wiedergeben kann. Ich erzählte dieses AutoStackert [4] verarbeitet habe. ‚‚ ‚‚ 130 -140 [2]. Unsere Idee bestand nun Vorhaben meinen Kollegen vom Astro- darin, NGC 6826 in einem gemeinsamen fototeam Niederrhein [3] und schnell war Michael Kunze Projekt aufzunehmen und diese Maße zu der Gedanke geboren, dies könnte unser Ich habe mich auch schon einmal mit überprüfen. nächstes Gemeinschaftsprojekt werden. dem Objekt beschäftigt und es auf mei-

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1 NGC 6826 in seinem Umfeld, Daten siehe Text

2 Zentraler Bereich von NGC 6826, Daten siehe Text ne Liste gesetzt. So kam mir die Planung ren Ansätzen. Ins des Objektes durch Stephan sehr gelegen. Auge fallen zwei Generell setze ich für meine Deep-Sky- helle Gebilde, die Aufnahmen einen Newton-Teleskop 254/ man auch „ansae“ 1250 mm ein, mit dem ich die Aufnahmen nennt [5]. Ansae für NGC 6826 in R, G und B und [O III] sind kleine Kno- aufgenommen habe. Insgesamt wurden ten, die sich bei 240 Minuten je Kanal belichtet. Für mich gleichem Abstand war NGC 6826 das erste Objekt, welches vom Zentralstern ich mit meiner neuen Kamera Moravian punktsymmetrisch G2 8300FW aufgenommen habe. 180° gegenüber liegen. In dieses Die Bildbearbeitung Bild sind im We- Michael und Stephan haben sich auf- sentlichen die Be- grund ihrer geringen Aufnahmebrenn- lichtungen von weiten auf den Halo konzentriert, Ralf hat Ralf eingeflossen, mit seiner bewährten Kurzbelichtungs- Michael und Ste- technik und längerer Brennweite den Zen- phan haben den tralbereich beigesteuert. Abb. 1 zeigt den Halo beigesteuert. Nebel in geringerer Auflösung mit seiner Um Diskussionen vorzubeugen: Die im Internet- und Literaturhinweise: Umgebung und legt den Schwerpunkt Halo sichtbare Kreuzform ist nicht echt, [1] Wolfgang Steinicke, FRAS (2013): auf die Darstellung des Halos. Hierzu sondern ein Beugungseffekt der Fang- Revised New General Catalogue and wurden überwiegend die Daten von Mi- spiegelstreben. Index Catalogue. chael und Stephan benutzt, aus Ralfs Da- [2] W. A. Feibelman (1981): The ten wurde der Zentralbereich eingebaut. Eine kleine Auswertung Planetary Nebula NGC 6826; Publ. Abb. 2 zeigt in höherer Auflösung nur Die aus [2] zitierten Ausdehnungen der Astron. Soc. Pacific 93, 719-720 den Nebel ohne Umgebung und legt den Hüllen wurden in (Abb. 2) nachgemes- [3] www.astrofototeam-niederrhein.de Schwerpunkt auf die Auflösung des Zen- sen. Dabei haben wir folgende Werte er- [4] www.autostakkert.com (Stand: 2014) tralbereichs. Es fällt auf, dass der Außen- mittelt: Die Ausdehnungen der inneren [5] B. Balick (1987): The Evolution of ‚‚ ‚‚ halo rund ist und einige Aufhellungen Hüllen haben wir zu 13,2 × 9,2 und Planetary Nebulae. I. Structures, ‚‚ ‚‚ am Halo-Rand besitzt. Der innere PN mit 29,7 × 24,1 gemessen, der Halo besitzt Ionizations, and morphological seiner deutlichen Schalenstruktur hinge- in unserem Bild einen Durchmesser von Sequences; Astronom. Journal 94, ‚‚ gen ist eher elliptisch, aber mit bipola- ca. 130 . 671-827

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Planetarische Nebel: Sein oder Schein? von Manfred Mrotzek

Bei einem Planetarischen Nebel (ab hier Der sich bewegende PN er ionisiert beim Durchqueren der Wolke PN) muss sich ein Weißer Zwerg in ei- Wenn jedoch der langsamere Sternwind einen kugelförmigen Raum um ihn her- nem selbst erzeugten Emissionsnebel und der viel später emittierte schnellere um wie eine Glühbirne den Raum um sie befinden und zugleich wegen seiner Sternwind vom interstellaren Medium herum erhellt und der erhellte Raum mit heißen Oberflächentemperatur dessen bis zum Stillstand abgebremst wur- der sich bewegenden Glühbirne mitwan- Anregungsquelle sein. Nun ist das PN- den, wird man kaum noch Stoßfronten dert. Bei einem abgebremsten PN würde Stadium sehr kurzlebig, quasi das frü- finden. Dann wird die Unterscheidung der ionisierte Sauerstoff aber hinter dem heste Säuglingsstadium im Leben des schwierig. Zum Glück sind die Fixster- Weißen Zwerg zurückbleiben. über Milliarden von Jahren abkühlenden ne ja gar nicht fix am Himmel positio- Weißen Zwergs. Was passiert, wenn ein niert, sondern bewegen sich mit einer Altersbestimmung Weißer Zwerg, der seine Phase als PN bestimmten Eigenbewegung relativ zu Untersuchungen an PN haben gezeigt, schon lange hinter sich hat, auf seinem uns und weiter entfernten Marken (z. B. dass die Anfangsgeschwindigkeit, mit Weg durch die Galaxis in eine Gaswol- entfernten Galaxien) über den Himmel. der sich das Gas ausbreitet, in einem ke gerät? Seine Oberflächentemperatur Der PN würde in der Abbremsphase an gewissen Schwankungsbereich für alle reicht immer noch aus, um die Gaswolke der Vorderfront, d. h., in der Bewegungs- PN gleich ist. Wenn man die Dichte des um ihn herum zu ionisieren, so dass je richtung des Weißen Zwergs und damit interstellaren Mediums an der Position nach Zusammensetzung des Gases Was- auch des PNs, eine hellere Stoßfront des PNs kennt oder plausible Annahmen serstoff- und Sauerstoffionen bei der Re- ausbilden. Der Weiße Zwerg selbst wird dafür treffen kann, dann kann man aus kombination ihr charakteristisches Licht durch das interstellare Medium nicht der Größe des PNs auf sein Alter schlie- aussenden. Das optische Erscheinungs- abgebremst, sondern bewegt sich unbe- ßen. Gleichzeitig kann man aus der che- bild gleicht einem PN auf verblüffende irrt durch selbiges weiter fort. Der ab- mischen Zusammensetzung des Weißen Weise. Wie kann man nun einen wahren gebremste Gasanteil des PNs bleibt also Zwergs und der Zusammensetzung des PN von einer so genannten „Strömgren- hinter dem Weißen Zwerg zurück, und Gases im PN auf die Anfangstemperatur sphäre“, wie man das ionisierte Gas um der Weiße Zwerg kann nicht mehr mittig des Weißen Zwergs schließen. Ein Weißer eine heiße Anregungsquelle nennt, un- im abgebremsten PN stehen. Insbesonde- Zwerg ist der heiße Kern eines Sterns, terscheiden? re, wenn das Gas bis zum Stillstand ab- der nicht genügend Masse hat, um weiter gebremst wurde, muss der Weiße Zwerg schwerere Elemente zu fusionieren. Der Der ruhende PN merklich außerhalb der Mitte eines PNs Weiße Zwerg kann nur eines, nämlich Dass diese Unterscheidung selbst für stehen. Er kann daher nicht im Zentrum langsam abkühlen. Somit kann durch die Fachastronomen nicht leicht ist, bewei- des ionisierten Sauerstoffs, der wesent- Messung der aktuellen Temperatur und sen etliche Fehlklassifikationen von Ob- lich schneller als z. B. ionisierter Wasser- das Abschätzen der Anfangstemperatur jekten als PN und die z. T. erbitterten stoff rekombiniert, stehen. eines Weißen Zwergs auf dessen Alter Debatten um die richtige bzw. falsche geschlossen werden. Das Alter des Wei- Klassifika­tion. Es ist klar, dass die ein- Der sich bewegende alte Weiße ßen Zwergs und das Alter des PNs müs- gangs genannten Merkmale erfüllt sein Zwerg (Strömgrensphäre) sen übereinstimmen. müssen, aber nicht ausreichen. Bei ei- Wenn sich ein PN in dichteres interstella- nem PN muss das ionisierte Gas vom res Medium oder sogar in eine Gaswolke Entfernung Vorläuferstern des Weißen Zwergs selbst hineinbewegt, ist der Verlust des äußeren Es ist ziemlich schwierig, die Entfernung stammen, als dieser seine Atmosphä- Randes des PNs durch Reibung am dich- von Gasnebeln genau zu bestimmen. Ge- re in seiner Phase als Roter Riese durch teren Medium zu erwarten. Der äußere nauso schwierig ist es auch, die Entfer- heftige Sternwinde in seine Umgebung Rand würde abgestreift und als Schleppe nung weit entfernter Sterne so genau zu blies. Dadurch wurde das Gas radial be- zurückbleiben. Da Wasserstoff viel lang- bestimmen, dass man sicher sein kann, schleunigt und wird sich solange vom samer rekombiniert, würde eine Schleppe dass der gefundene Weiße Zwerg auch Weißen Zwerg fortbewegen, bis es durch aus Wasserstoffgas viel länger leuchten tatsächlich im ionisierten Gasnebel steht das interstellare Medium zum Stillstand und nachweisbar sein. Dummerweiser und nicht nur zufällig in der Sichtlinie, gebracht wird. Die spektroskopische Un- ionisiert ein alter Weiße Zwerg beim Ein- aber in einer ganz anderen Entfernung. tersuchung des ionisierten Gases sollte dringen in eine Gaswolke aus Wasser- Wenn die Dopplerverschiebung der als Ergebnis dessen Ausbreitung zeigen. stoff und Sauerstoff das ihn umgebende Spektrallinien des Weißen Zwergs und Gleichzeitig sollte man dort, wo es beim Gas ebenfalls und bildet eine leuchtende des Nebels übereinstimmende Geschwin- Anlaufen gegen das interstellare Medi- Schleppe von Wasserstoff entlang seiner digkeiten ergeben, dann ist es sehr wahr- um gestaut wird, eine heller leuchtende Flugbahn aus. Ein alter Weißer Zwerg scheinlich, dass sich der Weiße Zwerg Stoßfront erwarten. Dies äußert sich z. B. würde sich jedoch im Zentrum des ioni- im Nebel befindet und es sich um einen in den hellen Rändern einiger PN. sierten Sauerstoffs befinden, da es sich echten PN handelt. Wie wir in den vor- um eine Strömgrensphäre handelt, d. h., herigen Abschnitten gesehen haben, ist

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1 Sh2-174 im Sternbild Kepheus. 140-mm-Refraktor, f/5,4 und Kamera Atik 460EX; Hα: 16 x 600 s, [OIII]: 13 x 600 s. Der Weiße Zwerg ist durch ein gelbes Kreuz markiert (Bildautor: Manfred Mrotzek).

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2 Sh2-68 im Sternbild Schlange. 200-mm-Newton-Teleskop, f/4 und Kamera SBIG ST-10XME (Hα und [OIII]), ALCCD10 (RGB); Hα: 20 x 900 s, [OIII]: 18 x 900 s, RGB: je 9 x 450 s (Bildautor: Andreas Rörig).

der Fall aber nur dann so einfach, wenn Sauerstoffemissionsnebel ruhen und bewegt und dabei eines Teils seines Ga- sich der PN nicht gerade durch dichteres zeigen weder eine Ausbreitung noch ses beraubt wird. Der Weiße Zwerg, der interstellares Medium bewegt. eine Bewegung in Richtung des Weißen als Zentralstern von Sh2-68 angesehen Zwergs. Stoßfronten sind keine zu sehen, wird, weist zwar eine hohe Eigenbewe- Der Australier David J. Frew hat in seiner insbesondere nicht in Bewegungsrich- gung auf, es fehlt dem Nebel aber eine Dissertation [1] Objekte untersucht, die tung des Weißen Zwergs. Dieser befindet Stoßfront in der Bewegungsrichtung als nahe PN klassifiziert worden waren. sich ziemlich mittig im ionisierten Sauer- des Weißen Zwergs, wie sie zu erwarten Er sammelte alle über sie verfügbaren stoff. Die Entfernungen von ionisiertem wäre, wenn das von Kerber et al. darge- Fakten, ermittelte selbst weitere Daten Gas und dem Weißen Zwerg stimmen gut legte Szenario zuträfe. Die hellsten Be- und wertete alle Messwerte dahingehend überein, das Alter hingegen nicht. Der reiche von Sh2-68 befinden sich an sei- aus, ob sie mit einem PN verträglich sind. Weiße Zwerg ist etwa hundertmal älter nem östlichen Rand, während der Weiße Dabei fielen ihm bei etlichen Objekten als er sein dürfte, wenn er den PN selbst Zwerg sich in südwestliche Richtung Ungereimtheiten auf, u. a. bei Sh2-174 gebildet hätte. bewegt. Weiterhin ist die Linienbreite und Sh2-68. Die Tatsache, dass beide der Spektrallinien des Nebels zu klein, Objekte nicht nur Bezeichnungen aus Daraus folgert Frew als plausibelste Er- als dass sie mit der Geschwindigkeit des Katalogen von PN tragen, sondern auch klärung, dass ein alter Weißer Zwerg Weißen Zwergs harmonieren würde. Die Bezeichnungen aus dem Sharpless-Kata- mit hoher Geschwindigkeit durch eine Geschwindigkeit des Gases ist gemäß log, der eigentlich Wasserstoffemissions- Gaswolke pflügt und dabei seine Um- Frew eher typisch für eine lokale, ruhen- nebel listet, zeigt bereits, wie schwierig gebung ionisiert. Sh2-174 ist somit eine de Gaswolke. es manchmal für die Astronomen ist, die Strömgrensphäre, und das ionisierte Gas wahre Natur von Objekten zu erkennen. stammt nicht vom Weißen Zwerg. Frew interpretiert seine Befunde so, dass auch bei Sh2-68 ein heißer Weißer Zwerg Sh2-174 (= PN G120.3+18.3) im Sh2-68 (= PN G030.6+06.2) im seine Umgebung ionisiert, während er Sternbild Kepheus Sternbild Schlange durch eine dichte Gaswolke zieht, die In Sh2-174 (Abb. 1) beobachtet man ei- Auch an Sh2-68 (Abb. 2) scheiden sich zum Serpens-Molekülwolkenkomplex nen Weißen Zwerg, der sich mit hoher die Geister. Kerber et al. [2] haben nicht gehört. Die Rekombinationszeit für Was- Eigengeschwindigkeit über den Himmel nur die hohe Eigenbewegung des Wei- serstoff sei mit der Zeit, die der Stern bewegt. Um ihn herum leuchtet ionisier- ßen Zwergs in Sh2-68 entdeckt, sondern für die Strecke der ionisierten Schleppe ter Sauerstoff, etwas weiter zurück auf auch eine etwa 45 Bogenminute lange brauchte, verträglich. seiner Bahn leuchtet ionisierter Wasser- Schleppe aus schwach ionisiertem Was- stoff, der als Fahne zurückbleibt, wäh- serstoffgas, die der Nebel hinter sich Zur selben Zeit, als Frew die nahen PN rend der Weiße Zwerg offenbar schon herzuziehen scheint. Sie interpretieren untersuchte, entwickelte C. J. Wareing [3] weitergeeilt ist. Der Nebel erscheint da- beides dahingehend, dass sich hier ein ein Modell, bei dem drei Phasen im Leben durch asymmetrisch. Wasserstoff- und PN durch dichteres interstellares Medium eines PNs berücksichtigt werden:

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1.) Ein symmetrischer, langsamer Stern- Fazit Internet- und Literaturhinweise: wind während der Phase als Roter Riese, Es ist hinlänglich bekannt, dass viele zu- [1] David J. Frew (2008): Planetary 2.) ein ebenfalls symmetrischer, schneller nächst als PN klassifizierte Objekte gar Nebulae in the Solar Neighbour- Sternwind in der Anfangsphase des PNs nicht zu dieser Objektgruppe gehören. hood: Statistics, Distance Scale and und Das bloße Erscheinungsbild oder das Function, Dissertation, 3.) ein eindimensionaler Druck (sozusa- Vorhandensein einzelner Merkmale ist Macquarie University/Australien, gen der Fahrtwind) auf die zuvor durch für die Klassifizierung von Objekten als siehe: http://physics.mq.edu. die Sternwinde emittierten Gasmassen PN unzureichend. Von daher ist es wich- au/~qap/papers/Frew_thesis_2008_ bei der Bewegung des PNs durch dichte- tig und notwendig, diese Objekte kritisch final.pdf (Stand: Juli 2014) res interstellares Medium. zu untersuchen und ihre Klassifizierung [2] F. Kerber et al. (2003): Sh2-68 - zu hinterfragen. So haben die Arbeiten A Planetary Nebula Leaving it’s (sic) Dieses Modell kann in Abhängigkeit der von Frew viel Bewegung in die Klassi- Mark on the , in eingestellten Randbedingungen das Feh- fikation einiger PN gebracht. Im Fall Planetary Nebulae: Their Evolution len einer Stoßfront in Bewegungsrich- von Sh2-174 folgen viele Astronomen and Role in the Universe, IAU Sym- tung, die Aufhellung der Nebelmassen anscheinend Frew und sehen das Objekt posium Vol. 209 senkrecht zur Bewegungsrichtung und nicht mehr als PN an. Allerdings hat die [3] C. J. Wareing (2010): The Rebrigh- die Schleppe von ionisiertem Gas er- Datenbank Simbad [4] Sh2-174 immer tening of Planetary Nebulae through klären. Durch die Bremswirkung des in- noch als PN gelistet (Stand: Juli 2014). ISM Interaction, Publ. Astr. Soc. terstellaren Mediums verliert der Weiße Bei Sh2-68 hingegen folgt man Frew Australia 27, 220 Zwerg sein Gas (den PN) und bewegt sich nicht, da bei diesem Objekt die beobach- [4] http://simbad.cfa.harvard.edu/ am Ende allein weiter, wobei der Nebel teten Erscheinungen durchaus mit einem simbad/simid?Ident=sh2174& bis zum Stillstand abgebremst werden PN vereinbar sind, wie z. B. Wareing ge- NbIdent=1&Radius=2&Radius. kann. In der Tat führt der Autor Sh2-68 zeigt hat. unit=arcmin&submit=submit+id als Beleg für sein Modell an. (Stand: Juli 2014) Made in Austria – Planetarische Nebel entdeckt von österreichischen Astronomen von Uwe Glahn

Denken wir an Planetarische Nebel (PN), fotografischen Neuentdeckungen nach Aufschluss über den Entdecker selbst er- die nach der visuellen Entdeckungsära Rektaszension geordnet und erhielten möglichte. Bis 1908 wurden im NGC und F. W. Herschels einen Platz in moderne wieder eine Nummer, die keinen direkten IC lediglich 129 PN gelistet. Kataloge fanden, fallen häufig Namen wie Abell, Henize oder Minkowski. Ein Großteil dieser Namen verweist auf ei- nen amerikanischen Ursprung rund um die damals größten Sternwarten und ak- tivsten Institute. Dagegen kaum bekannt ist, dass unserem Nachbarland Österreich ebenfalls eine Vielzahl Neuentdeckungen und wichtiger Arbeiten um das Thema Planetarische Nebel zuzuschreiben ist.

Bis zum Abschluss des New General Ca- talogue (NGC) 1888 wurden alle, meist visuellen Entdeckungen des 18. und 19. Jahrhunderts von unterschiedlichsten Astronomen fortlaufend nach Rektaszen- sion sortiert und einer „unpersönlichen“ Nummer zugeordnet. Die Ergänzungs- kataloge IC I und II (Index Catalogue) erschienen 1895 und 1908. Wie beim 1 Anzahl der PN-Entdeckungen bis zum Jahr 2000 (Quelle: CGPN 2000, NGC wurden die bereits vornehmlich L. Kohoutek, Hamburger Sternwarte)

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Doch die Neuentdeckungen endeten nicht 1908 – ganz im Gegenteil! Neue Verfahren wie die Spektroskopie oder fotografische Aufnahmen durch Objek- tivprismen, die auch kleine, vorher oft übersehene PN aufspürten, ließen die Anzahl der bekannten Objekte rasch in die Höhe steigen (Abb. 1). Neu war, dass die entdeckten PN den Namen ihrer Ent- decker zugeordnet bekamen, eine kumu- lierende Liste wie den NGC oder IC gab es ja nicht mehr. So betraten nunmehr Astronomen wie Minkowski die Bühne, die eine Vielzahl von PN fanden und de- ren Namen bzw. Namenskürzel plus eine nach dem Entdeckungszeitraum aufstei- gende Nummer erhielten. Folge dieser Nomenklatur nach einzelnen, personifi- zierten Entdeckungen war, dass die An- zahl an Namen ähnlich unübersichtlich stieg, wie die Anzahl der Objekte selbst. Eine weitere Problematik bestand darin, dass es zu Doppelentdeckungen kam, die in keinem zusammenfassenden Katalog überprüft werden konnten. Auf eine Lö- sung dieses Wirrwarrs musste bis zum Jahr 1967 gewartet werden. Die beiden Tschechoslowaken Perek und Kohoutek entwickelten einen Katalog, der alle bis dato bekannten PN nach galaktischen 2 Fotos der neu entdeckten PN aus [5] Koordinaten ordnete [1]. Die Doppelbe- zeichnung nach Namen blieb jedoch bis heute bestehen. Tabelle 1: 12 neu entdeckte Objekte aus [5] Einen Meilenstein in der Entdeckung, insbesondere der Anzahl von neu ent- Name PNG RA DEC Typ Durchmesser ‚‚ ‚‚ deckten PN, gab es mit der Veröffentli- We 1-1 121.6 + 03.5 00 38 54 +66 23 49 PN 22 x 16 ‚‚ ‚‚ chung des Palomar Observatoy Sky Sur- We 1-2 160.5 - 00.5 04 46 43 +44 28 00 PN 92 x 92 ‚‚ ‚‚ vey (POSS). In den Jahren 1949 bis 1958 We 1-3 163.1 - 00.8 04 54 31 +42 16 41 PN 123 x 108 ‚‚ ‚‚ wurden insgesamt 936 Plattenpaare mit We 1-4 201.9 - 04.6 06 14 34 +07 34 30 PN 40 x 40 ‚‚ ‚‚ dem „Big Schmidt“ auf dem Mount Pa- We 1-5 216.3 - 04.4 06 41 35 -05 02 35 PN 16 x 14 ‚‚ ‚‚ lomar aufgenommen, die den komplet- We 1-6 224.9 + 01.0 07 17 26 -10 10 38 PN 62 x 62 ‚‚ ‚‚ ten Nordhimmel bis -33° Deklination in We 1-7 021.2 - 03.9 18 44 06 -12 12 57 PN 17 x 17 ‚‚ ‚‚ zwei Farbempfindlichkeiten darstellten. We 1-8 059 - 01.2 (PK) 19 48 53 +22 25 14 PN 25 x 18 ‚‚ ‚‚ Nach Fertigstellung wurden Kopien der We 1-9 065.1 - 03.5 20 09 05 +26 26 54 PN 26 x 23 ‚‚ ‚‚ Aufnahmen an Observatorien und Insti- We 1-10 086.1 + 05.4 20 31 52 +48 52 50 PN 194 x 187 ‚‚ ‚‚ tute auf der ganzen Welt verteilt. Ohne We 1-11 091.6 + 01.8 21 10 52 +50 47 14 PN 28 x 22 maschinelle Hilfe wurde nun intensiv We 1-12 ‚‚ ‚‚ Platte für Platte visuell nach neuen Ob- (V807 Cas) 110 - 00.1 (PK) 23 12 13 +59 35 59 HII 162 x 78 jekten durchsucht. Georg Odgen Abell nutzte dabei seinen Standortvorteil aus und veröffentlichte bereits 1955 eine Lis- te von 73 neu entdeckten PN [2], die er tisch bedeutete dies, dass er Objekte bis che Objekte aufzuspüren. So reicht die mit insgesamt 86 Objekten im Jahr 1966 etwa zehn Bogensekunden Durchmesser stellare Grenzgröße bis 21,1 mag bzw. ergänzte [3]. Seine intensive Suche war als flächig erkennen und so von einem erfassbare Flächhelligkeit bis 26,5 mag/ vorrangig durch den Abbildungsmaßstab gewöhnlichen Stern unterscheiden konn- arcsec² auf den blauempfindlichen Plat- begrenzt. Auf den Fotoplatten ergab ein te. Die für damalige Verhältnisse außer- ten. Interessanterweise ließ sich Abell Millimeter Länge eine Himmelsausdeh- ordentlich hohe Qualität und Konsistenz zu der Aussage hinreißen, dass mit der nung von 67,1 Bogensekunden. Prak- der Platten ermöglichte es, sehr schwa- Veröffentlichung seiner Arbeit das Auf-

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Motiviert durch die unerwartet große Anzahl von Funden organisierte Wein- berger ab 1978 eine strukturierte Suche auf den POSS-Platten. Zusammen mit seinen zwei Kollegen Dengel und Hartl wurden nun systematisch, von allen drei Astronomen unabhängig, die 936 rotempfindlichen Platten visuell nach nicht katalogisierten Objekten abge- sucht [9/10]. Ohne optische Hilfsmittel wie vergrößernde Mikroskope war es so möglich, Objekte größer als 20 Bogen- sekunden Durchmesser zu erfassen. Als Kontrollmöglichkeit und Zuverlässig- keitsprüfung der eigenen Suche wurden die bereits bekannten 86 Abell PN ge- nutzt. Um ein neues Objekt als PN vorzu- merken, entschieden sie sich für folgende Schnellklassifikation: 3 PuWe 1, Frank Richardsen; 20-Zöller, V = 85-fach, [O III], visuelle Grenzgröße > 7 mag 1. Vorhandensein eines symmetrischen Nebels auf den rotempfindlichen POSS- Platten finden neuer Objekte mit den auf den Interesse an der Thematik an, sondern 2. Vorhandensein eines schwachen blau- verfügbaren Fotoplatten auffindbaren auch das Interesse seines zukünftigen en Sterns (angenommener Zentralstern) Abmessungen praktisch abgeschlossen Mitarbeiterstabes am Institut [5]. im Symmetriezentrum des Nebels. sei. Obwohl Abzüge der Platten nun weltweit an vielen Instituten verfügbar Doch diese österreichischen Zufallsfunde So einfach diese Schnellprüfung auch waren, verließen sich die meisten Astro- sollten nicht die einzigen bleiben. 1978 klingt, so treffsicher stellte sich diese bei nomen auf die Vollständigkeit von Abells und 1980 fand Dr. Alois Purgathofer späteren spektroskopischen Messungen Suche und Richtigkeit seiner Aussage. insgesamt zwei neue PN in der Nähe des oder auch Aufnahmen durch Linienfil- Von 1966 bis 1979 wurden lediglich 32 galaktischen Antizentrums [6/7]. Dem ter heraus. Interessanterweise blieb die Kandidaten von verschiedenen Astro- Institut für Astronomie der Universität Überprüfung vieler PN auch in europäi- nomen auf den POSS-Platten, meist als Wien sind also unabhängig von der Inns- scher Hand – allen voran durch enge Zu- „Beifang“ anderer Arbeiten, aufgefunden brucker Gruppe eigenständige Objekte sammenarbeit mit der Universität Padua [4]. Trotz dieser wenigen Neuentdeckun- zuzuschreiben. Eine Zusammenarbeit und deren leistungsfähiger Sternwarte in gen zeigte die Anzahl bereits, dass Abells zwischen Wien und Innsbruck brachte Asiago/Norditalien [11]. Schlussfolgerung nicht korrekt und die ein weiteres Objekt ans Tageslicht – der Vollständigkeit seiner Suche scheinbar mittlerweile selbst in Amateurkreisen be- Freilich war das reine Auffinden und nicht erschöpfend genug war. kannte „PuWe 1“ [8] (Abb. 3). die Katalogisierung neuer Objekte nicht

Ab Mitte der 1970er-Jahre suchte der gebürtige Österreicher Dr. Ronald Wein- Tabelle 2: 13 neu entdeckte Objekte aus [12] berger, damals noch wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Name Alternativnamen PNG RA DEC Astronomie in Heidelberg, auf den dort HDW 1 HaWe 1, EGB 1 124.0 + 10.7 01 07 08 +73 33 23 zugänglichen POSS-Abzügen nach stark HDW 2 HaWe 2, Sh 2-200 138.1 + 04.1 03 11 01 +62 47 45 geröteten Galaxien entlang des galakti- HDW 3 HaWe 4 149.4 - 09.2 03 27 15 +45 24 20 schen Äquators. Die jeweils 6°×6° großen HDW 4 HaWe 6 156.3 + 12.5 05 37 56 +55 32 16 Platten begutachtete er mittels eines Spe- HDW 5 HaWe 7 218.9 - 10.7 06 23 37 -10 13 24 zialmikroskops zwischen 16° und 230° HDW 6 HaWe 8 192.5 + 07.2 06 40 09 +21 24 49 galaktischer Länge. Und das Ergebnis HDW 7 HaWe 10 211.4 + 18.4 07 55 11 +09 33 09 barg eine Überraschung. Neben den ei- HDW 8 HaWe 11, K 6-1 358.5 + 02.6 17 31 47 -28 42 03 gentlichen Objekten der Begierde fand er HDW 9 Sh 2-68, YW 15 030.6 + 06.2 18 24 58 +00 51 36 auf den untersuchten 3400 Quadratgrad HDW 10 HaWe 12 011 - 14.1 (PK) 19 05 42 -25 23 45 ganze 12 neue PN (Abb. 2, Tab. 1). Diese HDW 11 HaWe 13 034.1 - 10.5 19 31 07 -03 42 32 Arbeit publizierte Weinberger, der 1977 HDW 12 HaWe 14 014.8 - 25.6 19 58 14 -26 28 24 an die Universität Innsbruck gewechselt HDW 13 HaWe 15 099 - 08.1 (PK) 22 30 34 +47 31 26 war, und regte damit nicht nur eigenes

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4 HDW 2, Don Goldman; RCOS 16 Zoll f/8,9 RC, Apogee U16M, Astrodon Gen 2 RGB, 3 nm Hα, [O III], 11,5 h Hα, 11 h [O III], 1,25 h RGB

das Hauptziel der Suche. Astrophysika- Neben der Liste der ersten zwölf Zu- enthaltenen PN Sharpless 2-68 kommen lisch interessanter waren Aspekte wie fallsfunde von Weinberger im Jahr 1977 jedoch die Astronomen Fesen, Gull und a) die lokale Raumdichte der PN, die als (Tabelle 1), von denen sich nach heuti- Heckathorn [13] dem österreichischen aufschlussreiche Größe für die Sternent- gem wissenschaftlichem Stand ganze elf Team bei der Identifikation um wenige wicklung angesehen wird, b) eine einge- Exemplare als reale PN bestätigt haben, Monate zuvor. Zwar war das Objekt be- hende Untersuchungen der meist alten, kann man die Liste von 1983 als Höhe- reits seit 1954 bekannt, jedoch nicht als weit entwickelten und nahen PN, zu de- punkte der Arbeit und Suche ansehen PN klassifiziert. nen die meisten, auf den Platten gefun- (Tabelle 2). Hartl, Dengel und Weinber- denen Exemplare zu zählen sind, und c) ger (HDW) listeten dort 13 neu entdeckte Ausgehend vom Innsbrucker Institut und Erkenntnisse über die Entwicklung eines Exemplare auf, von denen heute alle als meist mit dem Namen Weinberger ver- Weißen Zwerges als Produkt sehr alter reale oder mögliche PN eingestuft wer- bunden, lassen sich die Neuendeckungen PN. den [12], (Abb. 4). Mit dem in der Liste bis in die Gegenwart weiterverfolgen. Seit

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5 DeHt 5, Don Goldman; RCOS 16 Zoll f/8,9 RC, Apogee U16M, Astrodon 3 nm [O III], Hα, Gen 2 RGB, 8,5 h Hα, 7,5 h [O III], 1 h RGB

der Ausweitung der fotografischen Him- beit der Innsbrucker Gruppe genannt, die Neben der kaum erschöpfend aufzulis- melsdurchmusterung auf den Südhimmel ganze 23 Objekte umfasst [14]. Erstaun- tenden Entdeckungsgeschichte spielen Ende der 1970er-Jahre stand neben den lich ist nicht nur der späte Entdeckungs- die Objekte astrophysikalisch eine nicht bereits intensiv durchsuchten nördlichen zeitraum (die Arbeit wurde erst 1994 unbedeutende Rolle. Doch was für Ob- Breiten ein neuer Himmelsausschnitt zur publiziert), sondern die in Bezug zur Jah- jekte sind das überhaupt und was weiß Verfügung. Empfindlichere Fotoemulsio- reszahl hohe Anzahl von neu entdeckten man heute über sie? Zwei Gemeinsam- nen und eingehende Erfahrungen in der Objekten und die historisch anmutende keiten besitzen annähernd alle – ihre Durchführung von Himmelsdurchmus- Suchmethodik. So wurde ein Großteil der geringe Flächenhelligkeit (~ >20mag/ terungen ließen die Qualität zum hoch neuen PN immer noch mittels visueller arcsec²) kombiniert mit einem großen angesehenen POSS 1 nochmals steigern. Inspektion der Filmkopien aufgefunden. beobachteten linearen Durchmesser (~ ‚‚ So konnte auf neu präsentierten Listen Es kamen also weder hochauflösende >15 ). Beides deutet auf ein hohes Al- eine große Anzahl neuer Objekte gelistet Spektroskopie, noch automatische Such- ter (~ 6000 Jahre) der PN hin. Aufgrund werden. Als Beispiel sei eine weitere Ar- systeme zum Einsatz. der interstellaren Extinktion ließen sich

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jedoch auf den Platten nur verhältnismä- ßig nahe PN (~ <10 kpc) identifizieren. Weiter entfernte, alte PN waren fotogra- fisch schlichtweg nicht nachweisbar, zu- mindest entlang der von starker Extink- tion betroffenen niedrigen galaktischen Breiten. Zusammenfassend handelt es sich also um größtenteils alte und nahe PN, die wie ihre Zentralsterne im Ent- wicklungszustand weit fortgeschritten sind und sich mitten in der Transforma- tion hin zum Weißen Zwerg befinden.

Außer in den Entdeckungsarbeiten selbst fanden bisher nur wenige PN weitere wissenschaftliche Beachtung. Eines die- ser Objekte ist DeHt 5 (Abb. 5), letztes ge- 6 WeDe 1 (NGC 2141, A 12), Stephane Zoll; Tak FSQ106 f/5, Atik 4000, listetes Objekt der 1980 publizierten Liste Astrodon Hα 5 nm und RGB, 4 h Hα, 2,25 h RGB [10] und einer der nächsten bekannten PN überhaupt. Benedict et al. beschäf- tigte sich 2009 mit dem großen Problem Mittels tief belichteter, polarisierter Auf- schaftlichen Arbeiten fand. Gleich zwei der sicheren Entfernungsbestimmung nahmen im Radiowellenlängenbereich Gruppen beschäftigten sich erst 2012 von PN [15]. Mittels genauesten Paral- wurde ein dreidimensionales Modell des mit der Modellierung dieses PNs [17,18]. laxenmessungen des HST wurde eine PNs erstellt. Desweiteren wurden lange Anstoß der Untersuchungen bildete der Entfernung von 345 parsec bestimmt, Schweife entdeckt, welche die bereits Doppelstern als Zentralstern. Diese wur- also noch näher als die ursprünglich vermutete Interaktion mit der interstella- den schon länger für die sichtbare Aus- bestimmten 400 parsec. Mit der unge- ren Materie (ISM) aufzeigen. Beispielhaft bildung und Morphologie der Nebelhülle wöhnlichen Morphologie dieses PNs be- lässt sich mit HaTr 4 ein weiterer PN nen- eines PN verantwortlich gemacht. Ergeb- schäftigten sich Ransom et al. 2010 [16]. nen, der Beachtung in weiteren wissen- nisse der Arbeiten waren unter anderem

7 HDW 2, Frank Richardsen; 20-Zöller, V = 85- fach, [O III], visuelle Grenzgröße > 7 mag

8 HDW 1, Uwe Glahn; 16-Zöller, V = 100-fach, [O III], visuelle Grenzgröße > 7 mag

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Tabelle 3: Kataloge und wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Planetarische Nebel

Jahr Autoren Abk. Anzahl Publikation 1977/10 Weinberger We 12 [5] New planetary nebulae of low surface brightness, 1977A&AS…30..343W 1977/12 Weinberger We 6 [4] A list of possible, probable, and true planetary nebulae detected since 1966, 1977A&AS...30..335W 1978/6 Weinberger We 1 A possible new planetary nebula in Hercules, 1978Obs.... 98..137W 1978/11 Purgathofer Pu 1 [6] A new planetary nebula of very low surface brightness near the galactic anticenter, 1978A&A....70..589P 1979/0 Dengel, Hartl, Weinberger DHW 2 [9] The Innsbruck POSS surveying program, 1979MitAG.. 45..182D 1980/5 Degel, Hartl, Weinberger DeHt 5 [10] A search for planetary nebulae on the ‚POSS‘, 1980A&A....85..356D 1980/7 Purgathofer, Weinberger PuWe 1 [8] A huge new nearby planetary nebula, 1980A&A.... 87L...5P 1980/8 Purgathofer Pu 1 [7] A new faint planetary nebula behind the H II region S 232 and close to the galactic anticenter, 1980A&A....88..275P 1981/7 Weinberger, Sabbadin WeSb 6 Detection of six new extended planetary nebulae by means of interference filter photography, 1981A&A...100...66W 1983/0 Hartl, Dengel, Weinberger HDW 13 [12] Alte Planetarische Nebel: Neue Kandidaten, 1983MitAG..60..325H 1983/2 Weinberger, Dengel, Hartl, WeDe = WDHS 1 [21] A newly discovered nearby planetary nebula Sabbadin of old age, 1983ApJ...265..249W 1985/4 Hartl, Tritton HaTr 14 New planetary nebulae of low surface brightness detected on UK-Schmidt plates, 1985A&A...145...41H 1987/5 Ishida, Weinberger IsWe 2 Two senile nearby planetary nebulae and the local PN population, 1987A&A...178..227I 1987/6 Hartl, Weinberger HaWe 3 Planetary nebulae of low surface brightness - Gleanings from the ‚POSS‘, 1987A&AS...69..519H 1990/3 Melmer, Weinberger MeWe 16 New old PN in the southern sky, 1990MNRAS.243..236M 1993/0 Tamura, Weinberger TaWe 4 Four New Evolved Planetary Nebulae, 1993IAUS..155...34T 1994/0 Kerber, Lercher, Sauer, KLSS 23 [14] Newly detected nonstellar galactic planetary nebulae Seeberger, Weinberger (PNe), 1994AGAb...10..172K 1994/2 Weinberger, Saurer, Lercher, WSLS 1 PN G160.7-2.9: A new planetary nebula, 1994A&A... Seeberger 282..197W 1996/11 Kerber, Lercher, Weinberger KLW 12 Spectroscopy and imaging of newly discovered planetary nebulae, 1996A&AS..119..423K 1997/7 Weinberger, Kerber, Gröbner WeKG 3 New faint planetary nebulae in Centaurus/Musca, 1997 A&A...323..963W

ein genaues Bild des Doppelsternsystems aktuell die Plätze 5 und 6 ein. Trotz des hier eine untergeordnete Rolle spielt. selbst und ein dreidimensionales Modell verpassten Sieges eine Motivation für Fast zwingend erforderlich ist jedoch der der umgebenden Hülle. Amateure, diese Objekte fotografisch Einsatz von Linienfiltern. Je nach Anre- oder visuell nachzubeobachten. gungszustand des PNs ist der [O III]-Fil- Die bereits angesprochene Eigenschaft, ter die erste Wahl. Bei niedrig angeregten dass es sich bei den behandelten Objek- Für die erfolgreiche visuelle Beobach- PN, Objekten also, die im roten Bereich, ten um alte, große und nahe PN handelt, tung benötigt man vor allen Dingen ei- d. h., im Hα und der einhergehenden bestätigt ein Blick in die „Bestenliste“ nen möglichst dunklen Himmel. Hat man Hβ-Linie dominant sind, kann auch ein der Größe von PN [19, 20]. So schaffen diesen zur Verfügung, ist eine positivere breitbandiger Filter wie UHC oder NPB es ganze sechs bzw. acht Exemplare mit Ausbeute möglich, als man aufgrund der die erste Wahl sein. In Sonderfällen ist österreichischer Entdeckungsbeteiligung schwachen Flächenhelligkeiten zunächst sogar eine Beobachtung gänzlich ohne in die Listen. Das Siegerpodest wird da- annehmen könnte. Beobachtungen, die Filter möglich. Hier lassen sich nur be- bei nur knapp verfehlt. Die PN WeDe 1 mit Teleskopen der 4-Zoll-Klasse ge- dingt generelle Regeln und Aussagen [21] und PuWe 1 [8] (Abb. 6+2) nehmen wonnen wurden, zeigen, dass Öffnung treffen. Als Anhaltspunkt bietet sich die

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Begutachtung der rot- und blauempfind- lichen POSS Platten an [20]. Erscheint ein PN auf den rotempfindlichen Platten deutlich heller, so ist die Wahrscheinlich- keit eines Einsatzes breitbandiger Filter gegeben, während der [O III]-Filterein- satz bei auf den blauen Platten heller erscheinenden Objekten erfolgverspre- chender ist. Neben der Filterwahl ist der Einsatz der richtigen Austrittspupille (AP = Okularbrennweite/Öffnungsverhältnis oder Öffnung/Vergrößerung) ein wichti- ges Kriterium. Hier fällt allein aufgrund der Größe der Objekte die Wahl zwischen vier Millimetern und der maximal­ sinn- voll zur Verfügung stehenden AP (ca. 7 Millimeter). Versuche mit leicht übergro- ßen AP können bei entsprechend dunk- len Himmel ebenfalls zum Erfolg führen, da die maximal zur Verfügung gestellte Lichtmenge wichtiger ist, als ein gering- fügiger Verlust an Öffnung. Beherzigt man diese technischen Anforderungen, sind ein gutes Dutzend Objekte in visu- eller Reichweite der Amateure. Deutsch- sprachige Beobachter wie Frank Richard- 9 sen, Reiner Vogel und der Autor selbst DeHt 2, Uwe Glahn; 27-Zöller, V = 172-fach, [O III], visuelle Grenzgröße > 6,5 mag bestätigen dies mit etlichen positiven Be- obachtungsergebnissen (Abb. 7-9). Internet- und Literaturhinweise: [16] R. R. Ransom et al. (2010): Faraday Fotografisch gilt es, ähnliche Hürden zu [1] L. Perek, L. Kohoutek (1967): Cata- Rotation in the Tail of the Planetary meistern. Entscheidend ist hier neben logue of galactic planetary nebulae; Nebula DeHt 5; Astrophys. Journal Himmelsgüte, Belichtungszeit und der Prague: Publication House Czechos- 724, 946R Wahl entsprechender Abbildungsmaß- lovak Academy of Sciences [17] E. H. L. Bodman et al. (2012): stäbe ebenfalls der Einsatz von Linien- [2] G. O. Abell (1955): Globular Modeling Binary Central Stars of filtern. Ein großer Vorteil liegt in der Clusters and Planetary Nebulae Dis- Planetary Nebulae II: a Study of Nutzung der fotografisch zugänglichen covered on the National Geographic HaTr 4 and SP 1; JSARA 5, 19B [N II]-, [S II]- und Hα-Linien. Pioniere Society-Palomar Observatory Sky (2012) dieser Technik konnten bereits etliche Survey; Proc. Astr. Soc. Pacific 67, [18] A. A. Tyndall (2012): A study of angesprochene PN nachweisen, ja so- 258a the kinematics and binary-induced gar wunderbare „pretty pictures“ her- [3] G. O. Abell (1966): Properties of shaping of the planetary nebula ausarbeiten. Auch wenn diese über die Some Old Planetary Nebulae; Astro- HaTr 4; Mon. Not. Roy. Astr. Soc. „Schwierigkeit“ der Objekte hinwegtäu- phys. Journal 144, 259a 422, 1804T schen, sind sie ein sicheres Zeichen der [4-10] siehe Tabelle 3 [19] J. Bohle: Die großen PN - eine fotografischen Erreichbarkeit auch im [11] http://archive.oapd.inaf.it/asiago/ Herausforderung für visuelle Beob- Amateurbereich. (Stand 2014) achter und Astrofotografen, siehe: [12] siehe Tabelle 2+3 www.jens-bohle.de/die_grossen_ Zusammenfassend handelt es sich also [13] R. A. Fesen, T. R. Gull, J. N. pn.htm (Stand 2014) um interessante Objektlisten mit junger, Hecka­thorn (1983): Two new pos- [20] R. Vogel: Große Planetarische Nebel lokaler Entdeckungsgeschichte, die eine sible planetary nebulae; Proc. Astr. beobachten, siehe: www.reinervogel. Menge von visuellen, aber auch fotogra- Soc. Pacific 95, 614-618 net/LargePN/LargePN.html (Stand fisch anspruchsvollen, jedoch lohnenden [14] siehe Tabelle 3 2014) Objekten beinhalten. Dass man sich ab- [15] G. F. Benedict et al. (2009): Astro- [21] siehe Tabelle 3 seits ausgetretener Pfade befindet, muss metry with the Hubble Space Tele- nicht nur abschrecken, sondern kann scope: Trigonometric Parallaxes of sogar motivierend für eigene „Wieder- Planetary Nebula Nuclei NGC 6853, entdeckungen“ und für private Projekte NGC 7293, Abell 31, and DeHt 5; sein. Astron. Journal 138, 1969b

VdS-Journal Nr. 52 70 Amateurteleskope / Selbstbau

Selbstbau eines 16-Zoll- Universal-Newton-Teleskops von Burkhard Kowatsch

Ins Leben getreten ist der Newton vor vielen Jahren in einem Anfall von Öff- nungsfieber als Starfinder-Dobson. Der schwere Sono-Tube wich nach wenigen Jahren einer einfachen Stangenkons­­ truktion, der Okularauszug wurde er- setzt, der Spiegel (nach Fertigstellung eines 10-Zoll-Erstlingswerkes zur Er- kundung der Geheimnisse des Spiegel- schleifens) nachgeschliffen und eine nach Mel Bartels motorisch betriebene Dobson-Montierung gebaut. Damit hatte ich viele Jahre Spaß bei der visuellen Be- obachtung. Da ich in der Ausübung mei- nes Hobbys jedoch keinen Schwerpunkt setze und damals mit kleinerer Öffnung gerne auch die Wunder des Weltalls „CCD-grafierte“ oder Planeten aufs Korn des digitalen Bildsensors nahm, wuchs der Wunsch, mit der vorhandenen gro- ßen Optik parallaktisch montiert in die Weiten des Alls einzutauchen. Mit der bisherigen Konstruktion war das nicht machbar. Also wieder auf ans (zwischen- zeitlich digitale) Zeichenbrett und ab in die Werkstatt!

Zu Beginn der Planung war eines klar: Fasziniert vom Anblick eines Hypergra- fen oder den Astrograf-Newtons, sollte das Aussehen wenigstens ungefähr in die Richtung von Herrn Kellers Kon­s­ truktionen gehen. Also achteckiger Tu- 1 Maßstabsgetreue Detailskizze und Stückliste mit Abmessungen und bus in Gitterrohr-Konstruktion mit run- Winkel der einzelnen Bauelemente dem Streulichtschutz für Haupt- und Fangspiegel. Wegen der begrenzten tech- nischen Möglichkeiten waren die haupt- keine Anleitung zur Erfüllung der oben tion sollte aus 30-mm-Rechteckprofilen sächlichen Werkstoffe klar definiert. Es genannten Anforderungen geben. An mit 2 mm Wandstärke bestehen. Dann musste ein Tubus aus Aluminium und dieser Stelle sei aber auf das Programm wurden die Abmessungen und die Holz werden! Wegen dem breit gefächer- „myNewton“ unter [1] verwiesen. Mit Schnitte bzw. Winkel der Einzelteile ten Interesse an allen möglichen The- Hilfe dieser Software und des Zeichen- festgelegt. Außerdem konnte damit eine mengebieten der Astronomie sollte das programms „draw“ von OpenOffice [2] Stückliste für die Materialbeschaffung Teleskop außerdem in allen Disziplinen ging es an die Konstruktion des Tubus. erstellt werden (Abb. 1). Ein 16-Zöller ist einsetzbar sein: visuelle Beobachtung in Größe und Gewicht ein recht beacht- mit ausreichender Kontrastschärfe, Ein- Um mir einen Überblick zu verschaffen, liches Instrument. Um später den Tubus satz eines Binokulars für die Planetenbe- welche Einzelteile zum Bau des Tubus auch in einer (noch nicht ausgeführten) obachtung und ein ausgeleuchtetes Feld, notwendig sind, habe ich zuerst eine Dobson-Variante transportieren zu kön- welches es erlaubt, Sensoren im APS-C- Detailskizze gezeichnet. Dazu mussten nen, wurde der Tubus so entwickelt, dass Format auszuleuchten. Die Kunst und die Materialien in ihrer Beschaffenheit er in zwei Teile zerlegt werden kann. der Kompromiss bestanden also darin, festgelegt werden. Bei allen Holzbautei- Hierzu wurde der untere Tubus als eigen- das Teleskop so universell wie möglich len entschied ich mich für 18 mm starke ständiges Bauteil konstruiert, welches zu gestalten. Ich kann in diesem Artikel Multiplexplatten, die Stangenkonstruk- durch vier Schrauben mit dem oberen

VdS-Journal Nr. 52 Amateurteleskope / Selbstbau 71

2 Aus Kunststoffplatte gebogene Tauschutzkappe mit L-Profilen zur Verbindung der beiden Plattenenden

3 Abschlussplatte der Hauptspiegelfassung mit saugendem Hauptspiegellüfter

4 Staubschutzdeckel des Hauptspiegels mit zusätzlichem Lüfter zur weiteren Reduzierung der Auskühlzeit. Der Lüfter kann mit einer Verschlussklappe verschlossen werden (nicht abgebildet).

5 Detailansicht der Fangspiegelfassung mit eingepasster Stützmanschette um die zentrale Gewindestange

6 Oberes Tubusteil mit montiertem Okularauszug und 50-mm-Sucher

VdS-Journal Nr. 52 72 Amateurteleskope / Selbstbau

Als Fangspiegelfassung kam eine her- kömmliche Fassung von Spheretec [3] zum Einsatz. Um später bei der Arbeit mit der CCD-Kamera nicht mit taube- schlagenem Fangspiegel kämpfen zu müssen, wurde außerdem eine Fang- spiegelheizung mitbestellt. Wie spätere Tests mit der CCD-Kamera zeigten, war die Verwindungssteifigkeit im Original- zustand noch nicht ganz ausreichend. Der schwere 102-mm-Fangspiegel hat- te sich im Laufe der Nacht durch den konstruktiv bedingten großen Abstand zwischen Spinne und Fangspiegelhalter etwas verkippt, was sich an einer Drift des Bildfeldes im Laufe einer Aufnah- 7 meserie bemerkbar machte. Diesem Pro- Gesamtansicht des 16-Zoll-Universal-Newtons auf einer Alt-6AD-Montierung. blem wurde dadurch begegnet, dass die Die ebenfalls sichtbare „stützbalkenfreie“ Schiebedachhütte wird Inhalt eines zentrale Gewindestange eine Stützman- weiteren Berichts in einer späteren Ausgabe sein. schette in Form eines exakt abgeläng- ten Alu-Rundrohres bekommen hat. Das Rundrohr wurde dazu mit vier Schlitzen Tubus verbunden werden kann. Damit Für die runden Tau- und Streulicht- versehen, um auf die Fangspiegelspinne war die Grundkonstruktion abgeschlos- schutzkappen kamen als Werkstoff aufgeschoben werden zu können. Durch sen, und es konnte an die Beschaffung Kunststoffplatten aus dem örtlichen die Klemmung zwischen der Unterlags- der notwendigen Materialien gehen. Baumarkt zum Einsatz. Damit die unter scheibe der zentralen Mutter und der erheblichem Kraftaufwand zurechtgebo- Grundplatte der Fangspiegelhalterung Zuerst wurden die vier Multiplex-Ab- genen Platten ihre runde Form behalten, lässt sich die gesamte Fangspiegelhal- schlussringe der beiden Tuben mit der wurden an beiden Enden der jeweiligen terung an dieses Rundrohr pressen. Das Stichsäge ausgesägt. Um die Stabili- Platte L-Profile aus Aluminium verklebt Ergebnis ist eine extrem stabile und ver- tät weiter zu erhöhen, wurde der obere und verschraubt. Damit konnten die bei- windungssteife Fixierung der Fangspie- Abschlussring zur Aufnahme der Fang- den Enden verbunden und fixiert werden gelfassung (Abb. 5). spiegelspinne in doppelter Stärke aus- (Abb. 2). Das Ergebnis ist eine sehr form- geführt. Danach ging es an die Herstel- stabile und belastbare Rohrkonstruk- Als Grundträger für die Montage des lung der Alurohre. Das Ablängen sowie tion. Da der Kunststoff bei streifendem Okularauszugs wurde eine Multiplexplat- die Schnitte in den zuvor festgelegten Lichteinfall hoch reflektiv ist, wurde die te zwischen zwei Aluprofilen des oberen Winkeln wurden mit einer hochwertigen Innenwand mit DC-fix ausgekleidet. Das Tubusteils eingepasst und seitlich mittels Gehrungssäge von Hand vorgenommen. obere Tubusteil bekam noch eine passen- eingelassener Gewinde verschraubt. Das Nach der Herstellung aller Einzelkom- de Aussparung für den Einbau des Oku- Rundloch für den Okularauszug wurde ponenten stellte sich die Frage, wie die larauszugs. Die runden Tuben wurden an mit Hilfe einer Oberfräse in die Platte Multiplexplatten mit den Rechteckpro- den Multiplex-Abschlussplatten der Git- geschnitten. Als Okularauszug wurde ein filen verbunden werden sollten. Nach terrohrkonstruktion verschraubt. Steeltrack von Baader [4] inklusive dem dem Abwägen der Vor- und Nachteile zugehörigen Motorfokus verbaut (Abb. 6). mehrerer Möglichkeiten habe ich mich Die Hauptspiegelzelle ist eine einfache dafür entschieden, in die Rechteckpro- 9-Punkt-Zelle. Da es sich beim Haupt- Vervollständigt wird das Instrument file kurze Hartholzkerne einzulassen spiegel um einen Spiegel mit 42 mm durch einen 50-mm-Sucher sowie einem und mit dem Profil zu verkleben. Dafür Randstärke handelt, war hier kein wei- 110er-ED-Refraktor als Leitrohr. Eine wurden passgenaue Holzstücke ausge- terer Aufwand notwendig. Der Spiegel massive Aluplatte sorgt für eine sichere sägt, die mit Epoxidharz eingestrichen lässt sich mit drei durch Federn vorge- Montage auf einer ALT-6AD-Montierung. und so in die Aluprofile eingeschlagen spannte Justierschrauben präzise justie- Die Abbildung 7 zeigt das fertig aufge- wurden. Damit konnten die Multiplex- ren. Außerdem wurde ein Lüfter in die baute Instrument in seinem aktuellen platten mit den Aluprofilen verschraubt Grundplatte der Hauptspiegelfassung Zustand. Seit dem Bau des Instruments werden. Sicherheitshalber kam zusätzlich eingebaut, der im Betrieb die Luft vom sind zwischenzeitlich sieben Jahre ver- auch hier noch Epoxidharz zum Einsatz. Hauptspiegel nach hinten absaugt (Abb. gangen – genug Zeit, um sagen zu kön- Oberer und unterer Tubus wurden mit 3). Der Staubschutzdeckel enthält einen nen, dass die anfangs gesteckten Ziele vier Schrauben durch die mittleren Ab- weiteren Lüfter, der kühle Umgebungsluft erreicht wurden. Visuell sind kontrastrei- schlussringe miteinander verbunden. Im in den unteren Tubus bläst. Dadurch lässt che Beobachtungen auch im hohen Ver- nächsten Schritt stand die Herstellung sich die Auskühlzeit bei spontanen Beob- größerungsbereich möglich. Mond- und der Anbauteile an. achtungen weiter reduzieren (Abb. 4). Planetenbeobachtungen mit dem Bino-

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kular sind ein Genuss. Die fotografischen Ergebnisse haben meine Erwartungen ebenfalls erfüllt. Es gibt kein Durchbie- gen des Tubus, die Justierung bleibt auch nach größeren Schwenks erhalten. Was mit Hilfe einer CCD-Kamera bei mode- rater Belichtungszeit möglich ist, soll stellvertretend eine Aufnahme von M 31 zeigen (Abb. 8).

Vielleicht kann mein Artikel den einen oder anderen Sternfreund dazu bewegen, selbst Hand anzulegen und macht Mut, auch vor einem etwas größeren Gerät nicht zurückzuschrecken. Neben dem Spaß beim Selbstbau und der Schonung des Portemonnaies ist es immer wieder faszinierend, mit dem selbst entwickelten und gebauten Instrument in die Geheim- nisse des Weltalls einzutauchen.

Weblinks: [1] www.otterstedt.de/wiki/index.php/ Benutzer:Heiner/myTelescope/de/ Einführung [2] www.openoffice.org/product/draw. html [3] www.spheretec.de/index.php 8 Fokalaufnahme von M 31 mit dem 16-Zoll-Universal-Newton: LRGB-Komposit mit [4] www.baader-planetarium.de CCD-Kamera des Typs Artemis 4021, L: 30 x 300 s, RGB je 5 x 300 s, kein Binning, [5] www.intercon-spacetec.de Astronomik-Filtersatz

Der Astrofotograf von morgen??? von Silvia Kowollik

Hier ein Live-Erlebnis aus meinem letz- investiert, die Kamera hat automatisch heute haben. Von nix `ne Ahnung, keine ten USA-Urlaub. Danach war ich platt. gedithert, Darks, Bias und Flats ge- Zeit ins Lernen investieren, nur aufbauen Ein astronomisch völlig unbeleckter macht, das Kalibrieren hat die Software und loslegen ... Mittdreißiger hat sich eine von den ganz automatisch erledigt, aus dem Rechner neuen Montierungen geholt (GPS, Ka- fiel ein nahezu perfektes Bild. Während Selbst das Motiv wurde ihm von der mera in der Montierung integriert fürs die Montierung beschäftigt war, hat der Steuerung vorgeschlagen. Er kannte we- Alignment, Datenbank mit Millionen von Spezi am anderen Ende des Gartens eine der Sternbilder, noch hatte er eine Ah- Sternen in der Steuerung abgelegt), einen Grillparty veranstaltet – Barbecue mit nung, welche Objekte in welchen Farben fetten Akkupack, eine Farb-CMOS-Ka- Freunden ... leuchten, oder wann sie sichtbar sind. mera mit integrierter Guidingcam. Damit Ungelogen – der hat im Juli ernsthaft hat er wirklich tolle Bilder gemacht. Alles Er hatte keine Ahnung, was Kamera und nach dem Orionnebel gesucht ... zum ersten Mal im großzügigen Garten Software gemacht haben, kannte kei- ausgepackt, auf dem Handy ein Video nen einzigen Fachbegriff, hat bei den Die zwei Bilder aus der Nacht hat er dann angeguckt und parallel dazu aufgebaut, notwendigen Einstellungen dauernd auf voller Stolz ins Internet gestellt. Da gab kurz gewartet, dann die Polausrichtungs- Handyvideos geguckt (Bedienungsanlei- es dann aus seinem Bekanntenkreis auch routine auch per Handyvideo abgespult tung für Dummies) und war einfach nur Kommentare auf gleicher Wellenlänge. und dann zum allerersten Mal Deep Sky begeistert. Die Aussagen aus der Wer- Investiert hat er übrigens rund 30.000 fotografiert. Es gab wirklich runde Ster- bung haben gestimmt. Man muss nichts Dollar. Statt eines neuen Wagens eben ne bei 10 Minuten Belichtungszeit und wissen, können oder lernen. „Images like Astroausrüstung. Es war by the way sei- einem Meter Brennweite. Zwei Stunden professionell astronomers in 5 minutes“. ne Erfolgsprämie aus der Firma ... Belichtungszeit wurden auf ein Motiv Genau so will die betuchte Klientel das

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Ich hab ihm dann meine Bilder gezeigt mal 1/10 von seiner gekostet hat. Dass frustriert ohne ein einziges Bild zurück. und gesagt, dass ich das alles ohne GPS, ich die Sternbilder kannte und von vielen Sein Handy hatte in der Pampa kein Netz. Internet und teuren Schnickschnack mit Sternen sogar die einzelnen Namen, das Also keine Bedienungsanleitung, folglich einer 20 Jahre alten Montierung (New fand er extrem beeindruckend. Er kann- keine Ergebnisse. Daraufhin kaufte er Polaris) und einer sechs Jahre alten te keinen einzigen. Er hat mich bestaunt sich ein Satellitentelefon, damit ihm das DSLR für 250 Euro und Freewareprog- wie einen bunten Hund. Wie ich mir das nicht noch einmal passiert. gys gezaubert habe, dass ich alle Objekte alles merken könne, das würde er nicht händisch aufsuche und den Sucher zum hinbekommen ... Hammer, was? Wo geht das nur hin??? Guiden verwende. Mit dem Begriff „Gui- den“ konnte er nichts anfangen, meine Und als er dann ein paar Tage später vol- Bilder fand er aber gut und war völlig ler Vorfreude wegen der Lichtverschmut- erstaunt, dass meine Ausrüstung nicht zung in die Pampa fuhr, kam er total Die Morphologie des Systems NGC 5194/95 von Peter Riepe, Stefan Binnewies und Günter Kerschhuber

– Teil 2 – [1] entdeckt wurden. Im selben Jahr folg- des Max-Planck-Instituts für Radioastro- ten radio­astronomische Untersuchungen nomie in Effelsberg. Bei 21 cm Wellen- In Teil 1 (Heft 51) berichteten wir über mit dem 92,6-m-Teleskop des ameri- länge wurde nachgewiesen, dass das M 51- Struktur und Gezeitenschweife im Sys- kanischen National Radio Astronomy System in eine oder mehrere klumpige tem M 51, die 1978 von M. S. Burkhead Observa­tory und dem 100-m-Teleskop Wolken aus neutralem Wasserstoff (H I)

1 Hier ist das M 51-System (Abb. 4, Artikelteil 1) in Pseudofarben dargestellt, um die Gezeitenschweife zu betonen. Gleichzeitig haben wir eine Radiokarte überlagert, sie zeigt die Verteilung des neutralen Wasserstoffs nach [2]. Die Messung erfasst die Säulendichte im Geschwindigkeitsbereich 600-650 km/s. Die Zahlen an den Konturlinien stellen Einheiten von 1018/cm2 dar. Die beiden Kreuze markieren die Radio-Galaxienpositionen (1950.0).

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gehüllt ist [2]. Dieses umgebende Gas ro- tiert nicht mit NGC 5194, sondern bewegt sich kompliziert. Ein Ausläufer erstreckt sich, wie die schwachen von Burkhead 1978 festgestellten optischen Gezeiten- arme, in nordwestliche Richtung. Um dies zu verdeutlichen, haben wir die spektakulärere Radiokarte einer unserer CCD-Aufnahmen überlagert (Abb. 1). Die H I-Wolke, deren Gesamtmasse zu etwa 1 Milliarde Sonnenmassen abge- schätzt wurde, dehnt sich 125 kpc weit aus. Offenbar hängt ihre asymmetrische Ausdehnung mit den sichtbaren Wech- selwirkungen zwischen beiden Galaxien zusammen.

Nach sehr empfindlichen, hoch aufgelös- ten Untersuchungen am Very Large Ar- 2 Der neutrale Wasserstoff bildet nach [3] einen riesigen spiralförmigen Arm, der ray (VLA) folgt der neutrale Wasserstoff südlich von NGC 5194 nach Osten abzweigt und sich in nördliche Richtung krümmt in NGC 5194 sehr eng den Spiralarmen, (Radioauflösung: 34’’, Koordinaten 1950.0). Die Überlagerung zeigt jedoch zu wo er sich in kleinen Knoten und Wölk- diesem Gasarm kein optisches Gegenstück. chen anordnet [3]. Im Kerngebiet liegt ein klares H-I-Defizit vor. Das gesamte System NGC 5194/95 wird jedoch von ei- ner ausgedehnten Wasserstoffhülle um- Das Szenario der Bildung von Gezeiten- z. B. Abstand, Relativgeschwindigkeit, geben. Spektakulär war die Entdeckung, schweifen inspirierte 1972 Alar und Juri Winkellage der beteiligten Galaxien so- dass südlich von NGC 5194 ein riesiger, Toomre zu damals sensationellen Com- wie Rotationsgeschwindigkeit und Dreh- sehr schwacher Gasarm von der Wasser- puterrechnungen. Sie zeigten, wie sich richtung. Die Toomres haben auch NGC stoffhülle abzweigt. Er erstreckt sich als zwei Galaxien bei einer nahen Begeg- 5194/95 in ihre Rechnungen einbezogen. Fortsetzung eines optischen Spiralarms nung („Encounter“) verhalten [4]. Dazu Eine elliptische Bahn für NGC 5195 vo- erst nach Osten und biegt dann nach wurden die Galaxien als Ensemble sehr rausgesetzt zeigte das Resultat eine er- Norden ab, in einer „gewickelten Ge- vieler gravitativ gebundener „Teilchen“ staunliche Ähnlichkeit zur Realität (Abb. samtlänge“ von ca. 300.000 Lj. Ist dieser behandelt. Das Resultat war verblüffend: 3), und zwar genau für den Fall, dass Wasserstoffarm fotografisch nachweis- Eine Galaxie löst aus der anderen Sterne NGC 5195 derzeit tatsächlich hinter NGC bar? Wir haben ihn sofort mit unseren heraus. Das geschieht in Form von Brü- 5194 liegt, sich weiter von ihr entfernt Bildern überlagert, aber der Arm findet cken und langen Tentakeln, die das Paar und das Perigalaktikon schon durchlau- kein entsprechendes optisches Gegen- ziemlich kompliziert umschlingen kön- fen hat. stück (Abb. 2). nen – je nach Anfangsparametern wie

3 Die Modellrechnung von [4] ergab für die Gezeitenschweife im M-51-System eine erstaunliche Übereinstimmung mit der Realität. Die linke Ansicht zeigt das Galaxienpaar aus Blickrichtung unserer Milchstraße, das rechte ist zur besseren Vorstellung der räumlichen Situation um 90° dazu gedreht.

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4 Der Ausschnitt aus Abb. 1, Artikelteil 1 zeigt das chaotische Gebiet um NGC 5195.

Untersuchungen der Radialgeschwin- ziehen zu können, wurden Kontrast und klar aus zwei Teilschweifen. Dies geht digkeiten Planetarischer Nebel (PN) im Farbsättigung etwas angehoben. Man er- deutlich über die Arbeit von Burkhead Gebiet der Gezeitenschweife ergaben, kennt deutlich die blaue Farbe des über hinaus – dank moderner CCD-Technik. dass der Nordwestschweif aus zwei ver- NGC 5195 hinweg laufenden Spiralarms Und auf zwei Besonderheiten können schiedenen Strukturen besteht, die sich von NGC 5194. Auch nach der Passage wir mit unseren Aufnahmen auch noch in der Projektion überlappen [5]. Das ist bleibt diese blaue Farbe, jedoch wird hinweisen. Erstens besitzt der Nordwest- einmal der Gezeitenschweif von NGC die Fortsetzung diffuser. Direkt westlich schweif auf der Hälfte einen schwachen 5195, dazu kommt diffuses, von NGC davon schimmert ein weit entferntes Knick nach Norden. Und zweitens zeigt 5194 abgestreiftes Material. Eine nu- Galaxienpaar durch die Gezeitenschwei- sich das westliche Ende des Nordwest- merische Simulation belegte, dass die fe nördlich von NGC 5195. Mit etwas schweifs als separate Wolke. beobachteten Strukturen mit einer „Ein- Fantasie könnte man sich folgende Si- mal-Passage“ beider Galaxien in parabo- tuation vorstellen: Nachdem der gerade Zu unseren Aufnahmen lischem Vorbeiflug konform sind. Leider Spiralarm NGC 5195 passiert hat, verlässt Eine Aufnahme von M 51 ist ein „Muss“ wird in dieser interessanten Arbeit nicht er an seiner Spitze die Ebene von NGC im Portfolio eines Astrofotografen, zu der Bereich des markanten Nordwest- 5194, knickt bogenförmig nach hinten in attraktiv ist dieses Galaxienpaar, als Gezeitenschweifs abgedeckt. Das unter- den Raum ab und läuft auf NGC 5195 zu. dass es ausgelassen werden könnte. Ein suchte Gebiet reicht nicht so weit nach Das System der Gezeitenschweife liegt weiterer Grund für die persönliche Wie- außen. Vermutlich gab es dafür keine PN ja nicht nur in der Ebene der Fotografie, derholung eines häufig abgelichteten im Nordwestschweif, denn die tatsäch- sondern auch zwischen beiden Galaxi- Motivs dürfte aber auch sein, damit die lich verwendeten PN stammen aus einer en und ragt sogar weit über sie hinaus. eigenen fotografischen Fähigkeiten an- anderen Arbeit und liegen noch rela- NGC 5195 wird von längst bekannten hand zahlreicher Vergleichsaufnahmen tiv dicht an NGC 5194 oder NGC 5195. bräunlich erscheinenden Dunkelwolken „kalibrieren“ zu können. So ging es auch Äußerst interessant zu lesen ist, welche verdeckt. Wer aber kennt eigentlich die mir (S. B.), als ich im April 2005 wissen Technik für diese aufwändige Untersu- schwachen Dunkelwolken, die knapp wollte, was unter heimischem Himmel chung zum Einsatz kam. oberhalb des beginnenden Nordwest- mit einem 4-zölligen Refraktor bei M 51 Gezeitenschweifs liegen? Aus welcher zu holen sei. Nach fünf Stunden Belich- Fotografische Aussagen der beiden Galaxien stammen sie wohl? tung war klar: Erstaunlich viele Details Was können wir als Astrofotografen zu Die Abbildung 5 zeigt den M-51-Komplex im Zentrum ließen sich auflösen, aber die den äußeren Gezeitenschweifen feststel- im Vergleich. Trotz unterschiedlicher Tiefe, das heißt, das Erkennen schwacher len? Zunächst gibt die Abbildung 4 einen Aufnahmen sind die äußeren Gezeiten- Strukturen in den äußeren Bereichen der Ausschnitt des Gebietes nördlich von schweife deckungsgleich. Die wichtigs- Galaxie, blieb hinter meinen Erwartun- NGC 5195 wieder (vgl. Abb. 1, Teil 1). ten Schweife haben wir rot gepunktet gen zurück. Erst weitere, geschätzte zehn Um farbliche Strukturen besser nachvoll- markiert. Der Nordwestschweif besteht in die Bildbearbeitung investierte Stun-

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5 Gezeitenschweife in der Nähe von NGC 5194/95. Links: Aufnahme von Günter Kerschhuber (siehe Abb. 4, Teil 1), Mitte: Aufnahme von Josef Pöpsel und Stefan Binnewies (siehe Abb. 1, Teil 1). Beide unabhängigen Aufnahmen zeigen die gleichen Wechselwirkungsdetails. Rechts: die wichtigsten der extrem schwachen Gezeitenschweife sind rot punktiert.

den offenbarten die schwachen Schweife weiteren mir unbekannten Ausläufer mitverarbeitet werden, denn die Spuren nach Westen und Norden in einer mich dieser Galaxie in nordwestliche Richtung fallen danach heraus. Das RGB wurde auch ästhetisch ansprechenden Dar- – der Beginn einer intensiven Literatur- mit Regim nach B-V farbgewichtet. Das stellungsweise. So blieb das Bild lange Recherche (P. R.) und die Geburtsstunde Master-RGB wurde per Fitsliberator in Jahre liegen und M 51, aufgenommen dieses Artikels. Photoshop importiert und die Farbsätti- an einem ganz anderen Ort mit einem gung erhöht. ganz anderen Teleskop, gewann mein Die Luminanzaufnahmen von G. K. wur- Interesse. Inzwischen war nämlich „Ga- den bei 950 mm Brennweite und 250 mm Das Master-Luminanzbild wurde ohne nymed“, ein 24-zölliger Hypergraf, von Öffnung mit einer SBIG ST-10 und Baa- „Deblooming“ gemittelt, d. h., der Be- Namibia auf die Insel Kreta in 1.740 m der-Filtern gewonnen, simultan dazu die reich der Bloomingüberläufe wurde Höhe umgezogen und auf Remote-Be- RGB-Aufnahmen bei 540 mm Brennwei- in Photoshop transparent gestellt und trieb umgerüstet worden. Nun galt es, te und 100 mm Öffnung mit einer Star- durch die RGB-Information ersetzt. So das oftmals sehr gute Seeing am Stand- light SXVH-9 und Astrodon-Filtern. Als ist es möglich, auch Sterne, die im Bloo- ort dieser Bergsternwarte in eine Astro- Montierung diente eine Gemini G42. Die mingüberlauf untergehen, in das Endbild aufnahme zu überführen. Und was eig- Nachführung erfolgte über den internen zu retten. Der Zielkonflikt ist, wie immer net sich im Frühjahr besser dazu als ein Nachführchip der ST-10 mit „Dithering“ bei isolierten Objekten, die schwächsten scharfer Blick auf die schon tausendmal per MaxIm DL. Durch das Dithering wird Bereiche kontrastreich darzustellen. Eine abgelichteten Arme der „Whirlpool Ga- nach jeder Aufnahme das Feld geringfü- extreme Gradiationskurve ist hier nötig laxy“? Doch erst beim zweiten Versuch gig (z. B. um 1 Pixel) versetzt. Dadurch (Abb. 6). Deutlich erkennt man den stei- war die Luft so ruhig, dass während der mitteln sich nach dem Ausrichten der len Anstieg in den tiefen Tonwerten und 2,5-stündigen Luminanz-Belichtung die Einzelbilder die unterschiedlichen Dun- die Gerade im oberen Tonwertebereich, Sternscheibchen im Durchmesser knapp kelströme der Einzelpixel. Die ersten um den Galaxienkern und die hellen unter 1 Bogensekunde blieben (FWHM: Rohdaten nach dem Umstieg von 150 auf Sterne nicht in die Sättigung zu bringen 0,83’’ bis 1,0’’). Die Bildbearbeitung 250 mm Öffnung ließen schon erkennen, und dadurch Information zu verlieren. übernahm Stefan Heutz, der nicht nur wie vereinfacht die Nachbearbeitung die Schärfe der Originalaufnahmen, son- durch den Öffnungsgewinn wird. Beim Abbildungsmaßstab von 1,5’’/Pi- dern auch ihre feine farbliche Differen- xel sind Dekonvolutionsfilter nicht von zierung bis in sehr schwache Strukturen Als Standard für tiefe Aufnahmen gilt es, Vorteil. Geschärft wurde ausschließlich hinein übertragen konnte (Abb. 1, Teil in allen Kanälen Dark- und Flatfieldauf- mit dem Filter „unscharf Maskieren“ 1). Mich interessierte parallel noch ein- nahmen mit einzubeziehen. Per Sigma- bei einem Radius von 1 Pixel. Mit der mal die alte M-51-Aufnahme von 2005 Funktion wurden die Bilder gemittelt. Ebenen­technik wurde das geschärfte Bild (siehe Abb. 3, Teil 1). Spielereien mit der Einzelbilder mit Satelliten- oder Flug- ab einer Helligkeit von ca. 20 ADU mit Gradationskurve offenbarten dann einen zeugspuren können dadurch problemlos dem ungeschärften Bild bis zur Hellig-

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keit 20 mag überblendet. So ist in den Tiefen der Aufnahme das verbleibende Rauschen der ST-10 zu sehen, in den hellen Bereichen sind die Strukturen kontrastreich dargestellt.

Literaturhinweise: [1] M. S. Burkhead (1978): “A photometric study of M 51 sys- tem”, Astrophys. J. Suppl. Ser. 38, 147 [2] M. P. Haynes, R. Giovanelli, M. S. Burkhead (1978): “Exten- ded neutral hydrogen in the M 51 system”, Astron. J. 83, 938 [3] A. H. Rots et al. (1990): “High-Resolution H I Observations of the Whirlpool M51”, Astron. J. 100, 387 [4] A. Toomre, J. Toomre (1972): “Galactic Bridges and Tails”, Astrophys. J. 178, 623 [5] P. R. Durrell et al. (2003): “Kinematics of planetary nebulae in M51´s tidal debris”, Astrophys. J. 582, 170

6 Angewendete Gradationskurve über Adobe Photoshop für die Abb. 4 (Teil 1). Antarktische Eisnebel- und Polarschneehalos – Januar/Februar 2014 am Erzgebirgskamm

von Wolfgang Hinz, Fotos von Claudia und Wolfgang Hinz

Nach dem großen Display vom 27.11.2010 am Sudelfeld im Wendelsteingebiet mit 22 Haloarten und 28 Erscheinungen (s. [1]) glaubten wir, dass keine Steigerung außerhalb der Antarktis möglich sei. Nachdem wir nun in Schwarzenberg/ Erzgebirge wohnen, hatten wir uns da- mit abgefunden, so etwas außerhalb der Alpen nun nicht mehr sehen zu können. Auch der milde Winter 2013/14 trug dazu bei, dass wir uns keine Hoffnungen auf Eisnebelhalos machten. Allerdings konnten wir, dank der technischen Auf- rüstung der Skigebiete und Ortschaften im böhmischen Teil des Erzgebirges mit Webkameras, das Wettergeschehen in den oberen Kammlagen des Erzgebirges im Auge behalten. 1 25.01.2014, Neklid, 13:09 MEZ: Blick ins Böhmische Becken mit sich auflösenden Nachdem wir mehrfach umsonst auf dem Wolken. Zu sehen sind der 22°-Ring mit beiden Nebensonnen und Horizontalkreis, Erzgebirgskamm nach Eisnebelhalos der Zirkumzenitalbogen und schwach der 46°-Ring und die seitlichen Lowitzbögen Ausschau gehalten hatten, war uns das Glück an drei Tagen Ende Januar/Anfang Februar dann doch noch hold. Gleich gab), direkt an der Straße zum Keilberg zeigten. Es lässt sich dort unkompliziert hinter der Grenze im kleinen Skigebiet (1.244m) in Tschechien fanden wir Eis- und kostenfrei parken und als Fußgänger Neklid (Unruh) nahe Bozi Dar (Gottes- nebel, in dem sich wunderschöne Halos hat man einen Blick aus 1.100 Metern

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Höhe in das böhmische Becken, in dem sich häufig Wolken stauen. Zudem gibt es dort einen kleinen Imbiss, so dass wir gleich vor Ort auf die erfolgreiche Suche anstoßen konnten.

Am 30.01.2014 beobachteten wir zu- sätzlich Eisnebelhalos am und auf dem Fichtelberg (1.215m) in Sachsen, der nur 3 km Luftlinie von Neklid entfernt liegt. An den beiden anderen Tagen kamen die 2 25.01.2014, 13:15 MEZ: Horizontalkreis mit linker 120°-Nebensonne Wolken aus dem Böhmischen Becken nicht bis zum Gipfel und es zeigte sich dort die Sonne pur. terbrechungen im Erscheinungsbild der waren von 10:15 bis 10:50 Uhr zu sehen. Halos. Insgesamt wurden 10 Haloarten Der Höhepunkt war von 10:43 bis 10:48 Die gezeigten Bilder sind nur im Kontrast mit 13 Erscheinungen registriert (Abb. 1 Uhr. In dieser kurzen Zeit bildete sich etwas angehoben und in der Helligkeit und 2): 22°-Ring, linke und rechte Ne- das Halophänomen unseres Lebens und etwas angepasst worden. Es ist nur eine bensonne, Unterer Berührungsbogen am das bisher umfangreichste Halodisplay sehr kleine Auswahl! Insgesamt wurde 22°-Ring, Zirkumzenitalbogen, 46°-Ring, in Mitteleuropa! Bis auf die Untersonne der Auslöser von uns beiden 1.608-mal Teile des Horizontalkreises, beide seitli- waren alle Erscheinungen auf einmal betätigt! chen Lowitzbögen, Gegensonne, beide sichtbar! Um und über dem Beobachter 120°-Nebensonnen, Untersonne in ein- waren die Halos dreidimensional, wir 25.01.2014 – Neklid zelnen Kristallen standen mittendrin, überall glitzerte es! Die Wolkenobergrenze im Böhmischen Viele Halos bildeten sich nur in wenigen Becken lag bei ca. 1.000 m. Es wehte 30.01.2014 – Neklid (Säulchen- Kristallen. Das müssen Superhalowolken ein leichter Ostwind. Immer wieder zo- kristalle mit Parry-Orientierung) mit idealen Kristallen gewesen sein. Be- gen Wolkenfetzen aus dem Böhmischen Aus dem Böhmischen Becken wurden merkenswert war auch die 30-minütige Becken herauf und lösten sich auf. Nur durch leichten Südostwind die Wolken Sichtbarkeitsdauer des Sonnenbogens eine fahrbare Schneekanone war im am Keilberg zum Aufsteigen gezwun- und der Tapes-Bögen. Insgesamt 21 Ha- Einsatz, aber wegen der Windrichtung gen. Zwischendrin gab es kurze Zeiten loarten mit 24 Erscheinungen konnten ohne Bedeutung. Die Temperatur lag ohne Halos. Es war vor Ort fast windstill. registriert werden (Abb. 3 bis 10): 22°- bei ca. -7/-8 °C. Halos sahen wir von Temperatur: -8°C. Die Schneekanone war Ring, linke und rechte Nebensonne, Obe- 12:30-14 Uhr. Es gab immer wieder Un- nicht mehr vorhanden. Die Eisnebelhalos rer und Unterer Berührungsbogen am

3 Links: 30.01.2014, Neklid, 10:43 MEZ: Blick ins Böhmische Becken mit sich auflösenden Wolken. Der Höhepunkt des Halophänomens in Blickrichtung Sonne.

4 Oben: Vgl. Abb. 3

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5 Links: 30.01.2014, Neklid, 10:44 MEZ: Blick in den Zenit zum Maximum der seltenen Haloarten

6 Vgl. Abb. 5

7 30.01.2014, Neklid, 10:47 MEZ: Blick zum Sonnengegenpunkt mit Hori- zontalkreis und beiden 120°-Nebensonnen, um den Zenit der Sonnenbo- gen, darunter Untergegensonnenbogen, Wegeners Gegensonnenbogen, Trickers Gegensonnenbogen und diffuse Gegensonnenbögen, Unterson- nenbogen

8 30.01.2014, Neklid, 10:47 MEZ: 22°-Ring mit Horizontalkreis und rechter Nebensonne, Um- schriebener Halo, 46°-Ring mit Tapes-Bögen, unterhalb des unteren Tapes-Bogens ein Teil der Sonnenbogens

9 30.01.2014, Neklid, 10:47 MEZ: Unterer Berührungsbogen und unterer Teil des 22°-Ringes

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10 30.01.2014, Neklid, 10:46 MEZ: Zirkumzenitalbogen und 46°- 11 30.01.2014, Fichtelberg, 11:51 MEZ: 22°-Ring mit beiden Ring. Darunter das so genannte Chinesenauge, gebildet aus Nebensonnen auf dem Horizontalkreis sowie 46°-Ring und Oberem Berührungsbogen und Paarybogen der Zirkumzenitalbogen

13 04.02.2014, Neklid, 10:40 MEZ: Größte Vielfalt der Halo- erscheinungen. 22°-Ring, Oberer und Unterer Berührungs- bogen, 46°-Ring, Supra- und Infralateralbogen, Horizontal- kreis

12 30.01.2014, Fichtelberg, 11:33 MEZ: Über der Wetterwarte der 22°-Ring, ein schwacher Parrybogen, der 46°-Ring und der Zirkumzenitalbogen. Dazu ein sehr ausgeprägter Schatten- strahl des Instrumententrägers!

VdS-Journal Nr. 52 82 Computerastronomie

04.02.2014 – Neklid Anfangs war die Luft sehr klar und es waren keine Halos zu sehen. Aber unter uns im Böhmischen Becken stauten sich erneut Wolken, denen wir am Rande der Skipiste bergab entgegenliefen. Kaum hatten wir die Obergrenze der Wolken erreicht, zeigten sich die ersten Haloer- scheinungen. Durch den starken Südost- wind (5-6 Bft) kamen die Kristalle mit hoher Geschwindigkeit stark glitzernd 14 04.02.2014, Neklid, 10:26 MEZ: Die Fotografin im Unteren Berührungsbogen! auf uns zu, wodurch die Erscheinungen sehr plastisch wirkten. Die Temperatur betrug ca. -4 °C, gegen Ende -1 °C. Eine 22°-Ring, Zirkumzenitalbogen, 46°-Ring, ein starker Südostwind (5-6 Bft), der Schneekanone in den Wolken war hör- Horizontalkreis, rechter seitlicher Lowitz- die Kristalle mit hoher Geschwindigkeit bar. Halos wurden von 10:30-11 Uhr be- bogen, beide 120°-Nebensonnen, Supra- durch die Luft wirbelte. Die nächsten obachtet, jedoch nur dann, wenn wir im lateralbogen, Infralateralbogen, Parry- Schneekanonen in Oberwiesenthal stan- Eisnebel standen. bogen, Wegeners Gegensonnenbogen, den in südlicher Richtung und könnten Trickers Gegensonnenbogen, Hastings somit Einfluss auf die Kristallbildung Insgesamt waren folgende Haloerschei- Gegensonnenbogen, Diffuse Gegenson- gehabt haben. Die Temperatur betrug -7 nungen zu sehen (Abb. 13 und 14): nenbögen, Tapes-Bögen, Sonnenbogen, °C. Halos wurden von 11:10-11:50 Uhr, 22°-Ring, Oberer und sehr heller Unte- Untersonnenbogen, Untergegensonnen- kein Anfang und kein Ende, beobachtet. rer Berührungsbogen am 22°-Ring, 46°- bogen, Moilanenbogen, Untersonne. Registrierte Haloerscheinungen (Abb. 11, Ring, Horizontalkreis, Parrybogen, Moi- 12): 22°-Ring, linke und rechte Neben- lanenbogen, Sonnenbogen, in einzelnen 30.01.2014 – Fichtelberg sonne, Oberer und Unterer Berührungs- Kristallen aufglitzernd. (meist Plättchenhalos) bogen am 22°-Ring, Zirkumzenitalbogen, Nachdem sich die Wolken in Neklid auf- 46°-Ring, Horizontalkreis, Parrybogen. lösten, fuhren wir auf den Fichtelberg, der noch eine Wolkenkappe zeigte. Das Die Erscheinungen zeigten sich gleich- waren nur 3,4 km und ca. 10 Minuten mäßig in der Vollständigkeit und fast Literaturhinweis: Fahrzeit. Schon auf der Fahrt nach oben ohne Unterbrechungen. Zudem erzeugte [1] W. Hinz, 2011: „Antarktische zeigten sich der 22°- und der 46°-Ring der Gerätemast der Wetterwarte einen Eisnebel- und Polarschneehalos …“, vollständig. Der Gipfel befand sich zeit- sehr langen Schattenstrahl im Eisnebel. VdS-Journal für Astronomie 38 weise in dünnen Wolken, dazu wehte (III/2011)

++++++++++ Computer-Ecke ++++++++++ Selbermachen? Selbermachen! von Helmut Jahns, Klaus Rohe und Frank Theede

Hobbyastronomen stehen wie alle Men- der Wissenschaft baut Vieles auf bereits Einige Gründe für eine eigene Software­ schen, die eine Sache aus Freude in ih- Vorhandenem auf; es gilt gewissermaßen, entwicklung können sein: rer Freizeit betreiben, oft vor der Frage: „auf den Schultern der Riesen zu stehen“. – Es ist für die Fragestellung oder das Selbermachen oder etwas Vorgefertigtes Problem keine adäquate Software verwenden? Amateure hingegen sind nicht nur von verfügbar, weil diese einfach gar nicht der Effizienz getrieben, sondern haupt- existiert. Im professionellen Umfeld wird diese Fra- sächlich vom Spaß an der Freude. Daher – Die vorhandene Software erfüllt nicht ge meist dadurch beantwortet, dass man gibt es dann doch eine Motivation, einen den geforderten Qualitätsanspruch ein bestimmtes Ziel mit möglichst wenig Teleskopspiegel mit eigenen Händen zu oder trifft den vorgesehenen Zweck Ressourcen – Material- und Zeitaufwand schleifen, das mindestens 5342157653- nur ungenau. – erreichen muss; ansonsten wird man im ste Bild von M 42 in kalten Winternäch- – Es gibt zwar passende Software, aber Wirtschaftsleben keine konkurrenzfähigen ten aufzunehmen, Sonnenflecken mit ei- aus Freude am Programmieren oder Produkte anbieten und in der Wissenschaft genen Augen zu sehen - oder auch eine zum besseren Verständnis möchte nichts Neues entdecken können. Gerade in Software selbst zu entwickeln. man diese selber entwickeln.

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Wenn man sich dazu entschlossen hat, eine Software selbst zu schreiben, so Das Halley-Verfahren kann man sich immer noch überlegen, ob man zumindest für Teile dieser Soft- Für die Berechnung der Positionen der Himmelskörper in unserem Planetensys- ware auf bereits vorhandene Lösungen tem gibt es Rechenwege, die in vielen himmelsmechanischen Büchern vorge- zugreift. Für viele gängige Aufgaben stellt werden. Auf diesen Rechenwegen gelangt man an eine Stelle, an der die und Algorithmen sind im Internet be- Keplergleichung reits ausgereifte und gut getestete Lö- E - e sin(E) - M = 0 sungen vorhanden, sei es in Form von Codeabschnitten oder -bibliotheken oder nach E aufgelöst werden muss. Hierbei handelt es sich um eine transzendente als Library (.dll, .so). Hier hat man die Gleichung, deren Lösung für E nicht algebraisch bestimmt werden kann. Man wunderbare Möglichkeit, sich die Arbeit bedient sich an dieser Stelle mathematischer Verfahren wie z. B. des Newton-Ver- um einigen Programmier- und Testauf- fahrens, mit dem man auf numerischem Wege Lösungen für Gleichungen der Art wand zu erleichtern bzw. sein eigenes Programm um ungeahnte Fähigkeiten zu f(x) = 0 erweitern. berechnen kann. Die allgemeine Rechenvorschrift lautet ‚ x = x - f(x )/f (x ) Im Vorfeld bedarf es jedenfalls einer n+1 n n n gründlichen Analyse des Vorhandenen Es gibt aber noch weitere Varianten des Newton-Verfahrens. Eine von ihnen und man sollte sich diese Zeit unbedingt geht sogar auf Edmond Halley zurück. Dieser doppelte astronomische Bezug soll nehmen. Denn: „Um das Rad nicht neu Grund genug sein, das Halley-Verfahren hier kurz vorzustellen. ‚ ‚‚ zu erfinden, muss man erst einmal wis- Das Halley-Verfahren benutzt in der Rechenvorschrift f (x), f (x) und f (x), ‚‚ sen, dass es das Rad gibt“ (Jan Bölsche, während das Newton-Verfahren auf die zweite Ableitung f (x) verzichtet. Damit nach [1]). erreicht das Halley-Verfahren eine bessere Approximation der Kurvenkrümmung und somit eine schnellere Konvergenz. Die Zahl der gültigen Stellen verdrei- Dabei ist zu beachten, dass die Entwick- facht sich mit jedem Iterationsschritt (bei Newton verdoppelt sie sich). Dies wird lung eigener Software auf verschiedens- jedoch mit zusätzlichen Rechenoperationen erkauft. ten Ebenen stattfinden kann: Die Rechenvorschrift lautet nach Halley – Eine Funktion, die einen bestimm- ‚ ‚ ‚‚ x = x - 2 f(x )f (x ) / (2 f (x )² - f(x ) f (x ) ) ten Algorithmus implementiert (z. B. n+1 n n n n n n Runge-Kutta-Verfahren). Grundsätzlich gelten ebenso wie bei Newton Abhängigkeiten von den Startwerten. – Eine Bibliothek (z. B. zum Rechnen Das Halley-Verfahren kann auf mehrere Dimensionen erweitert werden. mit Matrizen) – Eine Erweiterung bestehender Soft- ware (z. B. Erstellung eines neuen Plugins) Software – Eine Portierung oder Anpassung be- stehender Software (z. B. die Übertra- TeamViewer 9 verfügbar Die Software zur Fernsteuerung von PCs, TeamViewer, ist in der Version 9 ver- gung aus Fortran nach Python) fügbar. Neu ist die Verwaltung mehrerer Verbindungen in separaten Tabs und – Eine eigene Software auf Basis das „Aufwecken“ eines Zielcomputers über LAN. bestehender Funktionalitäten (z. B. eine neue Oberfläche um bestehende TeamViewer ist ein Produkt der gleichnamigen Firma aus Göppingen in Baden- Algorithmen) Württemberg und findet seit Jahren eine wachsende Schar von Nutzern; so auch unter Astros. Das Programm ermöglicht die sehr einfach zu handhabende Je bekannter, üblicher und häufiger eine Fernsteuerung eines anderen PCs (Windows, Mac oder Linux) über Internet Aufgabe ist, desto größer ist die Wahr- oder LAN. Fernsteuerung bedeutet, dass nicht nur der Bildschirminhalt des scheinlichkeit, dass es gute und (fast) fernen PCs angezeigt wird, sondern dass auch Mausaktionen und Tastaturein- fehlerfreie Software gibt. Dieses gilt z. B. gaben vorgenommen werden können. Anwendungsbeispiele sind: für die Matrixmultiplikation und Null- Die Ansteuerung eines PCs einer Gartensternwarte zur Positionierung des stellensuche. Noch deutlicher wird es bei Fernrohrs oder zur Entgegennahme der Astroaufnahmen, ohne in die Kälte Algorithmen zum Suchen und Sortieren. hinaus zu müssen. Je nach verwendeter Programmierspra- che gibt es entweder im Sprachkern oder Die Hilfestellung aus der Ferne für Freunde und Bekannte bei PC-Problemen in Libraries hierfür gute und effiziente (ideal in Kombination mit einer Telefonverbindung oder Skype) Implementierungen. Manchmal ist schon Das gemeinsame Besprechen und Bearbeiten von Dokumenten, Grafiken die Wahl der geeigneten Programmier- oder Programmen ohne Reiseaufwände. sprache eine große Erleichterung. So könnte man sich für die Auswertung von TeamViewer kann entweder installiert oder auch direkt ausgeführt werden. Für Messergebnissen mit der Sprache R und Privatanwender ist die Benutzung des TeamViewers kostenlos.

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Im Netz

JTrack 3D JTrack 3D ist eine javabasierende Webanwendung, welche die au- genblickliche Position von bis zu einigen hundert Satelliten darstellt (s. Abb. 1). URL: http://science.nasa.gov/ realtime/jtrack/3d/JTrack3D.html/

Under the Milky Way tonight ... Im Internet existieren einige Web- seiten mit Milchstraßenpanoramen. Eine der wirklich gelungensten befindet sich auf der Seite von Axel Mellinger. Das Panorama ist hoch aufgelöst; das Zoomen erfolgt per Mausrad. URL: http://galaxy.phy.cmich. 1 Screenshot von JTrack 3D edu/~axel/mwpan2/krpano/

Bücherkiste

„Computational Physics“, Mark Newman santen Übungsaufgaben erläutert. Zu den vorgestellten Themen gehören: Integrale und Ableitungen, Lineare Dieses Buch des Professors für Physik an der Universi- und Nicht-Lineare-Gleichungssysteme, Fourier-Trans- ty of Michigan, USA, wendet sich an Leser, insbeson- formationen, Gewöhnliche und Partielle Differential- dere Physikstudenten, die sich in die Programmierung gleichungen sowie Zufallszahlen und Monte-Carlo- physikalischer Fragestellungen einarbeiten möchten. Simulationen. Das amerikanische Englisch ist gut und Dazu wird eine fundierte und detaillierte Einführung unterhaltsam zu lesen, Programmierkenntnisse sind in die notwendigen Elemente der Programmiersprache nicht notwendig. Für einen guten Lesefluss und die Python gegeben. Alle Schritte bis hin zur Visualisie- Bearbeitung der Aufgaben sollte der Leser aber einige rung der Ergebnisse werden an klassischen Beispielen physikalische Kenntnisse mitbringen – oder bereit sein, (z. B. Berechnungen zu Planetenbahnen) und interes- sich diese parallel zu erarbeiten.

„A Concise History of Solar and Stellar der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dem frü- Physics“, Jean-Louis und Monique Tassoul hen 20. Jahrhundert entwickelt wurden. Danach wird der Fortschritt der stellaren Astrophysik bis 1990 auf- Wer sich für die geschichtliche Entwicklung der Physik gezeigt. Das Buch beschreibt sowohl die physikalischen der Sonne und der Sterne interessiert und englisch- Grundlagen als auch die Biografien der beteiligten sprachige Bücher nicht scheut, für den ist das Buch Personen. Viele Fotos (schwarzweiß) und Diagramme „A Concise History of Solar and Stellar Physics“ von lockern den Text auf. In einem Anhang werden eini- Jean-Louis und Monique Tassoul eine sehr interessan- ge grundlegende Gleichungen der stellaren Astrophy- te Lektüre. Erschienen ist das Buch 2004 bei Prince- sik, wie die von Lane-Emden, hergeleitet. Auch ohne ton University Press, es hat die ISBN 9780691117119. Beachtung der mathematischen Formeln ist das Buch Das Werk behandelt den Zeitraum von 3000 v. Chr. bis eine interessante und spannende Lektüre. Es ist auch 1990. Ausführlich dargestellt werden die ersten physi- als Einführung in die Physik der Sonne und der Sterne kalischen Modelle der Sonne und der Sterne, wie sie in sehr gut geeignet.

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ihren leistungsfähigen Statistikmöglich- Ferner sind die Lizenzmodelle zur Ver- Literaturhinweise: keiten beschäftigen [2]. Foster Grant gibt wendung zu beachten - und ein korrek- [1] Passig, Jander, 2013: „Weniger in [3] ein schönes Beispiel für deren An- ter Hinweis auf die verwendete Leistung schlecht programmieren“, Kapitel wendung bei der Auswertung von Licht- Anderer versteht sich von selbst. 19 „Mach es nicht selbst“, O‘Reilly, kurven bei der Veränderlichen-Beobach- 1. Aufl. tung. Egal, aus welchen Gründen man sich für [2] http://de.wikipedia.org/wiki/R_ das Selbermachen entscheidet, für die (Programmiersprache) Generell gilt, dass beim Wiederverwen- Hobbyentwickler gilt wie für die Profis: [3] Grant: “Analyzing Light Curves”, den von Code einige Fallstricke lauern. Meistens überschätzt man seine eigenen lulu.com Verwendet man Libraries oder „Code- Fähigkeiten und unterschätzt die Kom- schnipsel“ anderer Entwickler, sollte man plexität des Problems. Und dann schei- sie verstehen und die Grenzen ihrer An- tern die privaten Projekte ebenso wie vie- wendbarkeit (besonders bei mathemati- le professionelle, große Softwareprojekte. schen Algorithmen) unbedingt kennen! Mondanalemma – die monatliche und jährliche Bewegung des Mondes am Himmel von Thomas Hebbeker

Ein Analemma? Das griechische Wort Die Aufnahmetechnik zu T= 24 h 50 min 28,33 s Analemma bezeichnet den Sockel einer Vor ein paar Jahren hatte ich mit einer Den Taktgeber habe ich mit einem Mi- Sonnenuhr, wo man auf einer Skala aus im Haus innen vor der Fensterscheibe krocontroller realisiert, den ich auf den dem Schattenwurf eines Stabes die Uhr- installierten, automatisch betriebenen Zeitabstand T programmiert habe. Die zeit ablesen kann. Als (Sonnen-)Analem- Spiegelreflexkamera ein Sonnenana- Abbildung 2 zeigt die Kamera (mit Alu- ma bezeichnet man auch die Kurve, die lemma aufgenommen und aus den Po- folie vor Sonneneinstrahlung geschützt) man erhält, wenn man ein Jahr lang zur sitionen die Exzentrizität und Neigung und den elektronischen Taktgeber. Ich selben Uhrzeit die Sonne am Himmel fo- der Erdbahn bestimmt [1]. Was sollte habe die Mondanalemmafotos im Zeit- tografiert und die Bilder überlagert. Das ich danach mit der arbeitslos geworde- raum 31. Juli 2012 bis 30. Okt. 2013 ge- Sonnenanalemma hat ungefähr die Form nen Kamera machen? Ich entschied mich macht; das ergab insgesamt 98 brauch- der Ziffer Acht, siehe die Abbildung 1, für ein Mondanalemma. Allerdings war bare Bilder. rechtes Bild [1]. ich nicht der Erste, der diese Idee hatte. Schon im Jahr 2005 hat Rich Richins ein Das Mondanalemma Man kann nun den Begriff des Analem- Mondanalemma erstellt [2]. Die Kamera- Die Abbildung 1 zeigt links das ferti- mas verallgemeinern; ich definiere es als ausrichtung (Südosten) und Brennweite ge Mondanalemma, es entstand durch die Summe der Fotos eines periodisch (18 mm) habe ich unverändert von mei- Überlagerung aller 98 Fotos, und durch beobachtbaren astronomischen Objektes, nen Sonnenaufnahmen übernommen. Einblenden des Vordergrundes (Bäume). dessen Position am Himmel über einen Mit einer Belichtungszeit von 1/30 s bei Man kann es direkt mit dem Sonnen- langen Zeitraum mit fester Kameraaus- Blende 8 und ISO 100 kann man den analemma rechts vergleichen, das im richtung bei konstantem Zeitabstand T Mond in den Nacht- und Dämmerungs- gleichen Maßstab abgebildet ist. Das aufgenommen wird. Die Zeit T zwischen stunden gut fotografieren, bei Tageslicht linke Analemma zeigt auch die Mond- zwei aufeinanderfolgenden Aufnahmen hat man allerdings keine Chance unse- phasen. Im Prinzip reicht ein Monat für wird so gewählt, dass die Position des ren Erdtrabanten zu erkennen. Wichtig die Erstellung eines Mondanalemmas aus Himmelskörpers auch langfristig nicht ist ein externer Taktgeber, der jeweils – aber sowohl die Mondphasen als auch aus dem durch den Fotoapparat vorgege- nach Ablauf der Analemmaperiode T die die Positionen ändern sich von Monat zu benen Himmelsausschnitt hinausdriftet. Kamera über den Fernauslöseranschluss Monat. Deshalb gibt es kein einheitliches Beim Sonnenanalemma ist T ein Tag. auslöst. T berechnet man aus der Länge Bild, sondern man erhält das „Gewackel“ des Sterntages S = 23,93447192 Stunden der Abbildung 1 links. Grund ist die wei- Interessant sind insbesondere Analemma­ und der siderischen Umlaufperiode des ter unten diskutierte Komplexität der figuren von Mond und Planeten: Diese Mondes von P = 27,32166 Tagen mit der Mondbahn. erlauben bei quantitativer Auswertung Gleichung die Bestimmung der Bahnparameter die- 1 = 1 - 1 Quantitative Auswertung ser Himmelskörper. T S P Meine numerische Auswertung beschränkt

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1 Mondanalemma (links) und Sonnenanalemma (rechts) [1] sich auf die Positionen des Mondes, die Mondphase habe ich nicht berücksich- tigt. Zuerst habe ich die Pixelkoordina- [4, 5]. Bei unterschiedlichen Abständen Mondbahn zur Ekliptik ist zeitabhängig. ten x und y des Mondmittelpunktes auf Sonne-Erde und Sonne-Mond beschleu- Die Bahnstörungen spiegeln sich natür- dem Kamerasensor mit Hilfe des Astro- nigt unser Stern Erde und Mond unter- lich auch in der Mondanalemmakurve nomieprogramms Iris bestimmt [3]. Da- schiedlich stark, und diese zeitabhängige wider, deshalb fällt sie - im Gegensatz raus habe ich die astronomischen Koor- differenzielle Beschleunigung bewirkt zum Sonnenanalemma, das jedes Jahr dinaten Azimut a und Höhe h für alle 98 die Bahnstörungen. Aus diesen resultiert gleich aussieht (von langfristigen Effek- Mondbilder bestimmt [4]. Dazu benötigt die hohe Komplexität der Mondbahn: So ten wie der Erdpräzession abgesehen) - in man den Umrechnungsfaktor zwischen variiert die Exzentrizität zwischen 0,026 jedem Monat etwas unterschiedlich aus. dem Abstand zweier benachbarter Pixel und 0,077 [5], und auch die Neigung der und dem zugehörigen Winkelabstand am Himmel – diesen hatte ich schon früher zu 72,5 Bogensekunden bestimmt. Ferner muss man noch ein paar „Kleinigkeiten“ berücksichtigen wie Objektivverzeich- nung, Kameraausrichtung und Refrakti- on in der Atmosphäre. Insgesamt konnte ich so die Mondpositionen mit einer Ge- nauigkeit von etwa 0,1° messen.

Die Mondbahn Im Prinzip beschreibt der Mond eine Kep- lerellipse mit dem Schwerpunkt des Er- de-Mond-Systems in einem Brennpunkt, ähnlich wie die Planeten, die sich auf Ellipsenbahnen um die Sonne bewegen. Bei Letzteren trifft diese Beschreibung auch in sehr guter Näherung zu. Nicht je- doch beim Mond, weil durch unser Zent- ralgestirn das Erde-Mond-System erheb- lich beeinflusst wird, die Sonne also die Mondbewegung um die Erde stark „stört“ 2 Spiegelreflexkamera für Mondaufnahmen und elektronischer Taktgeber

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Bestimmung der Bahnparameter Auf einer Webseite des schwedischen Astronomen Paul Schlyter [6] findet man eine Anleitung, wie man die Position des Mondes als Funktion der Bahnparame- ter wie Umlaufperiode und numerische Exzentrizität auf recht einfache Weise berechnen kann. Auch die näherungs- weise Berechnung von Bahnkorrekturen aufgrund der Störungen durch die Sonne ist aufgeführt. Ich habe diese Formeln in C++-Programmiercode übersetzt, so dass ich zu jedem Zeitpunkt die Hori- zontkoordinaten a und h des Erdtraban- ten ausrechnen kann. Mit Hilfe dieses Programms kann ich aus den gemesse- nen Analemmapositionsdaten die Mond- bahnparameter bestimmen. Dazu habe ich eine Anpassungsrechnung („Fit“) durchgeführt, die die 98 Messungen der Mondkoordinaten und die zugehörigen Aufnahmezeiten berücksichtigt. Freie Parameter im Fit sind sieben Bahnpa- 3 Gemessene Mondpositionen in Horizontkoordinaten (rote Punkte) und rameter, durch die die Mondbewegung Ergebnis der Anpassungsrechnung (schwarze Punkte) festgelegt wird. Gleichzeitig wurde auch die genaue Ausrichtung der Kamera mit angepasst. Allerdings habe ich die In eckigen Klammern sind die Literatur- Die erreichten Genauigkeiten sind gut – Bahnkorrekturen, die ebenfalls von den werte aufgeführt [5]. Die angegebenen die Umlaufperiode konnte ich mit einer Bahnelementen abhängen, unverändert Messfehler werden dominiert durch sys- Präzision von 0,0002 Tagen = 17 Sekun- gelassen, sonst wäre die Rechnung viel tematische Unsicherheiten. Sie wurden den messen. Die gemessenen Bahnpara- zu kompliziert geworden. Die Fitkurve abgeschätzt durch Variation des Umrech- meter stimmen mit den Literaturwerten wird in der Abbildung 3 mit den Messda- nungsfaktors zwischen Pixel- und Win- überein, nur bei der Inklination gibt es ten verglichen. Die Übereinstimmung ist kelabständen und durch Verändern der einen kleinen Unterschied von knapp gut. Die interessantesten der angepassten Verzeichnungskorrektur des Objektivs. drei Fehlerbreiten. mittleren Mondbahnparameter sind Bei der Exzentrizität und insbesondere beim Neigungswinkel muss auch noch Die Mondphase siderische Umlaufzeit: berücksichtigt werden, dass diese Bahn- Offenbar funktioniert mein auf [6] ba- P= (23,3216±0,0002) Tage [27,3217 Tage] parameter zeitlich variieren [5], und der sierendes Programm zur Berechnung numerische Exzentrizität: mittlere Wert bei einer Messperiode von der Mondposition gut. Es kann auch die ε = 0,056±0,005 [0,055] (nur) etwa einem Jahr prinzipiell nicht Mondphasen [7] berechnen, die wir jetzt Bahnneigung gegen Ekliptik: exakt bestimmt werden kann. analysieren und verstehen wollen. Die i = 4,98°±0,06° [5,15°] Abbildung 4 zeigt die berechneten Po- sitionen und Phasen für eine Dauer von

4 Berechnete Mondpositionen und -phasen für drei Monate

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jeweils einem Monat. Links ist ein „Um- dem Horizont ergeben sich wegen der verstauben lassen will? Man nimmt ein lauf“ im Winter gezeigt. Steht der Mond Exzentrizität der Erdbahn von 0,017 und Analemma auf, lernt einiges über Bewe- hoch über dem Horizont, haben wir des Neigungswinkels der Erdachse von gungen von Planeten und Monden, und Vollmond, in der Neumondphase steht etwa 23° gegenüber der Ekliptik. Je nach ist am Ende stolz, wenn man Bahnpara- der Mond dagegen sehr tief. Im Sommer Jahreszeit tragen die beiden Effekte mit meter wie die siderische Umlaufzeit des ist es genau umgekehrt, wie die mittlere unterschiedlichen Vorzeichen bei, so dass Mondes auf einige Sekunden genau be- Grafik der Abbildung 4 zeigt. Man be- die Analemmakurve mal nach links und stimmt hat … achte, dass die Kamera in südöstliche mal nach rechts von einer geraden Linie Richtung blickt, wo die Sonne am späten abweicht. Dass die Sonnenacht in der Vormittag sichtbar ist. Im Sommer steht Abbildung 1 nicht senkrecht steht, liegt Literaturhinweise und Weblinks: die Sonne tagsüber hoch über dem Ho- an der von der Südausrichtung abwei- [1] T. Hebbeker, 2013: Sterne und rizont – und damit auch der Neumond, chenden Kameraorientierung. Das trifft Weltraum, März 2013 den wir ja in ungefähr der gleichen auch für das Mondanalemma zu. Bei der [2] R. Richins, 2005: “Astronomy Richtung beobachten. Und der Vollmond Form des Mondanalemmas spielen die Picture of the Day 13.7.2005”, steht der Sonne gegenüber – im Sommer analogen Größen, nämlich die Exzentri- http://apod.nasa.gov/apod/ ist entsprechend der Abstand zum Ho- zität der Mondbahn und die Neigung der ap050713.html (geprüft Juli 2014) rizont klein, da die Sonne nachts nicht Erdrotationsachse gegen die Mondbahn [3] C. Buil, http://astrosurf.com/buil/ sehr weit unter den Horizont taucht. In die Hauptrolle. Allerdings ändern sich us/iris/iris.htm (geprüft Juli 2014) den Wintermonaten kehren sich diese Größe und Vorzeichen beider Phänomene [4] O. Montenbruck, T. Pfleger, 2009: Argumente natürlich um. im Lauf der Zeit, so dass sie sich manch- “Astronomy on the Personal Com- mal gegenseitig zu einer Birnenform puter”, 4th edition, Springer Die Form des Mondanalemmas verstärken, wie zum Beispiel im Sommer [5] E. Kuphal, 2013: „Den Mond neu Die „Acht“ des Sonnenanalemmas 2013 (Abb. 4 Mitte), aber im Jahr 2015 entdecken“, Springer Spektrum kommt so zustande: Naiv würde man werden sie sich teilweise kompensieren, [6] P. Schlyter, http://stjarnhimlen.se/ erwarten, dass zum Sommeranfang der dann wird auch das Mondanalemma eine comp/ppcomp.html (geprüft Juli höchste und zur Wintersonnenwende achtförmige Kurve beschreiben (Abb. 4 2014) der tiefste Stand erreicht wird, und alle rechts). [7] B. E. Schaefer, http:// Zwischenpositionen ungefähr eine gera- d366w3m5tf0813.cloudfront.net/ de Linie bilden. Abweichungen von der Fazit wp-content/uploads/moonfx.bas „mittleren Sonnenzeit“ und der entspre- Was macht man mit einer alten Kamera, (geprüft Juli 2014) chenden Position unseres Sterns über die man nicht einfach in einer Schublade Die Io-Verfinsterung vom 25. September 1671 von Michael Parl

Bei der Materialsuche zu Jupitermond- verfinsterungen fand ich eine interes- sante Mitteilung in den Philosophical Transactions [1]. Aus Danzig berichtet Hevelius von seiner Beobachtung eines Io-Schatteneintritts am 25.09.1671, ver- anlasst durch das „französische“ Unter- nehmen zur Bestimmung der geografi- schen Koordinaten der Sternwarte von Tycho Brahe (Kasten S. 91). Zur Längen- messung sollte hierbei erstmals die Me- thode der korrespondierenden Jupiter- mondverfinsterungen eingesetzt werden.

Das Protokoll (Abb. 2) nebst ausführli- chem Bericht (Kasten) zeigt uns Hevelius als umsichtigen Beobachter. Interessant sind hier nun speziell die Höhenmessun- gen von Prokyon. Mit ihrer Hilfe ist es 1 Beobachtungsaufruf in Phil. Trans. Bd. 6 (1671), S. 2238 [1a]

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Neues aus der Fachgruppe möglich, den genauen Zeitpunkt dieser Verfinsterung unabhängig zu berechnen und damit die Genauigkeit der damaligen Geschichte der Astronomie Zeitbestimmung zu überprüfen. von Wolfgang Steinicke

Zwischen der auf der geografischen Brei- Unsere 11. Tagung in Dresden ist bereits vorüber. Meinen Bericht dazu le- te j beobachteten Höhe h eines Sterns sen Sie im nächsten Heft (Nr. 53). Hier finden Sie die folgenden Beiträge: der Deklination d besteht die Beziehung Michael Parl hat die Beobachtung der „Io-Verfinsterung vom 25. September sin (h - r) = sin j · sin d + 1671“ durch Hevelius analysiert. Karl Bartsch berichtet über den „Goldbach cos j · cos d · cos t Himmels-Atlas von 1799“ (siehe dazu auch meine Rezension in Heft 50). Hier geht es insbesondere um die im Atlas dargestellten Deep-Sky-Objekte – eine Hieraus kann der Stundenwinkel t be- interessante Untersuchung. Und Elvira Pfitzner setzt ihre Reihe über ost- rechnet werden, da die Refraktion r be- deutsche Astronomen fort (siehe Heft 48 und 49). Im dritten Teil geht es um kannt ist [2]. „Franz Ulrich Theodor Aepinus – Astronom und Physiker in Rostock, Berlin und St. Petersburg“. Wie immer wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen und Die lokale Sternzeit Q zur Weltzeit UT versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln. Informationen eines Beobachtungsortes auf der geogra- zur Fachgruppe „Geschichte der Astronomie“ finden Sie wie immer auf un- fischen Längel ist gegeben durch serer Webseite http://geschichte.fg-vds.de

Q = a + t = Q0 + l · 4 min / 1° + 1,0027379 · UT volle Hinweise zur Lage im mittelalterli- WOZ = UT + l · 4 min / 1° + ZGL mit chen Stadtbild gibt Felix Lühning in [7].

Q0 = 24110,5 s + 8640184,8 s · Da ihr Standort im heutigen Danzig nicht Für den Beobachtungszeitraum auf der T + 0,1 s · T2 mehr auffindbar war, wurde die Positi- Hevelschen Sternwarte finde ich T = d / 36525 on aus einem alten Plan (Abb. 3) in die d = JD(Datum, 0h) - 2451545,0 topografische Karte des Reichsamtes für WOZ = UT + 1 h 14 min 36 s + 08 min 24 s Landesaufnahme (Blatt-Nr. 1677) über-

Q0 ist die Sternzeit in Greenwich um 0 h tragen. Die Hevelsche Sternwarte befand Damit ergibt sich nun die Tabelle 2. UT und a ist die Rektaszension des Sterns sich danach auf [3]. Für den 25.09.1671 (JD = 2331647,5) 18° 39’ 03’’ östl. Länge und TC („tempus correctum“) ist die wahre wird Q0 = 00 h 15 min 14 s. 54° 21’ 23’’ nördl. Breite. Ortszeit von Danzig nach Hevelius (Abb. Hevelius gibt für die Polhöhe seiner Stern- 2). Der Unterschied in den Zeitdifferen-

Die Koordinaten von Prokyon erhält man warte 54° 22’ 52’’ an [6]. Inwieweit die zen (TC2 - TC1) und (UT2 - UT1) beträgt z. B. mit den Angaben aus dem Flam- Refraktion (die etwa 40’’ ausmacht) be- 8 s und passt ganz gut zu den Fehlern, steedschen Katalog nach einfacher Rech- rücksichtigt ist, konnte ich nicht ermitteln. die man aufgrund der Messungenau- nung (s. Tab. 1). igkeit bei der Höhenmessung erwarten Über die Zeitgleichung ZGL erhält man muss (etwa 10 s pro Bogenminute). Die Desweiteren muss man die geografischen aus der Weltzeit UT die wahre Ortszeit Differenz zwischen berechneter WOZ Koordinaten der Sternwarte kennen. Wert­ WOZ gemäß und Hevelius-Uhrzeit TC beträgt rund eine Minute. Ursache hierfür dürften vor allem die Schwankungen in der Er- Tabelle 1: Koordinaten von Prokyon drotation sein. Zwischen 1671 und 2000 beträgt der Unterschied zu einer gleich- Quelle Epoche Rektasz. Dekl. förmig angenommenen Drehung, wie sie h m s ° ’ ’’ bei der Berechnung von Q0 vorausgesetzt [4] Sky Catalogue 2000.0 7 39 18,1 +05 13 30 ist, rund 40 s. [5] Flamsteed 1689.0 7 23 01,3 +05 58 45 Den Zeitpunkt UT des Schatteneintritts Änderung in 311,00 Jahren: 16 16,8 - 45 15 VA von Io (nach Hevelius TC = 05 h 12 Änderung in 17,25 Jahren: 54,2 - 02 30 VA Ort von Prokyon 1671.75 7 22 07,1 +06 01 15 min 00 s) habe ich schließlich entspre-

Tabelle 2: Überprüfung der Hevelschen Zeitbestimmung Zeitpunkt h r h-r t Q UT WOZ TC 1 34° 43,0‚ 1,5‚ 34,692° -33,382° 05:08:35 03:38:09 05:01:09 05:02:07 2 36° 39,0‚ 1,4‚ 36,627° -28,071° 05:29:50 03:59:21 05:22:21 05:23:27 2-1 21:12 21:20

VdS-Journal Nr. 52 90 Geschichte

chend der folgenden Beziehung bestimmt

UTVA = UT1 + (TCVA - TC1) / (TC2 - TC1) ·

(UT2 - UT1)

UTVA = 03 h 38 min 09 s + 593 s / 1280 s · 1272 s = 03 h 47 min 58 s Das stimmt sehr gut mit den Berechnun- gen der Jupitermondereignisse für 1671 überein, die das Institut de Mécanique Céleste et de Calcul des Ephémérides (IMCCE) veröffentlicht hat [9]. Danach erfolgte der Schatteneintritt um 03 h 47 min 20 s. Die angegebene Zeit gilt für die Mitte des Eintritts, wenn der Mond zur Hälfte verdunkelt ist und seine 2 Beobachtungsprotokoll von Hevelius in Phil. Trans. Bd. 6 (1671), S. 3030. Die Monde Helligkeit um 0,75 Größenklassen abge- sind von links nach rechts: Kallisto, Ganymed, Io und Europa. Io trat um 05:11 und nommen hat. Da Io ihren Durchmesser in Ganymed um 05:44 in den Jupiterschatten. Ab 05:18 zeigte sich der Schatten von rund 3 1/2 Minuten zurücklegt, kann sie Europa auf Jupiter, Europa trat um 06:24 vor die Planetenscheibe (Wahre Ortszeit dann noch maximal 106 Sekunden lang Danzig). gesehen werden. Dies hängt naturgemäß vom verwendeten Fernrohr ab. Nach mei- ner Erfahrung verliert man Io mit 60 mm ergebnisse anderer Astronomen. Dies ist Literaturhinweise und Bemerkungen: Öffnung nach etwa 60 Sekunden und mit enttäuschend und steht im Gegensatz [1] Philosophical Transactions, Band 6, 100 mm nach etwa 85 Sekunden. Über zur Bedeutung der neuen Methode der 1671: (www.royalsociety.org), den Nachbau eines frühen Hevelschen Längenbestimmung - aber vermutlich S. 3027 ff, “An Extract of two Fernrohrs von F. Lühning siehe [10]. wurden Beobachtungsdaten damals vor- Letters of M. Hevelius, of June 19. zugsweise in persönlicher Korrespondenz and of Octob. 7. 1671 containing Die gute zeitliche Übereinstimmung er- ausgetauscht. some of his late Celestial Observa- klärt sich auch dadurch, dass vom IMCCE tions ...“. Die Beobachtung, die in für die Berechnung der Ephemeriden ein Für die Übersetzung des lateinischen Be- lateinischer Sprache geschrieben gleichförmiges Zeitmaß zugrundegelegt obachtungstextes von Hevelius (s. Kas- ist, findet sich auch in J. Hevelius, wird (Terrestrial Time TT). Dagegen be- ten) möchte ich mich ganz herzlich bei Machinae Coelestis Pars Posterior, nutzt Lieske in seinem Katalog der Jupi- Dr. Klaus Nagel und Prof. Andreas Mehl Danzig, 1679 termondverfinsterungen [11] die von He- bedanken! [1a] S. 2231 ff, “An Accompt of some velius angegebene Zeit (umgerechnet auf Books“ Die Verfinsterungstabelle UT und Mitte des Ereignisses) und be- rechnet den Unterschied zur Jupitermon- dephemeride unter Berücksichtigung der tatsächlichen Erdrotation. Danach ergibt sich ein Fehler von lediglich 12 s.

Die von Hevelius in Danzig beobachtete Io-Verfinsterung zeigt, dass es damals für einen gut ausgestatteten Amateur mög- lich war, Zeitbestimmungen mit Sekun- dengenauigkeit durchzuführen. Unter diesem Gesichtspunkt müssen auch die Beobachtungen von Picard, Cassini und Römer, die wenige Jahre später zur Ent- deckung der Lichtgeschwindigkeit füh- ren sollten, betrachtet werden.

Hevelius hat im Verlauf des Jahres 1671 versucht, weitere Verfinsterungen zu beobachten, doch wurde dies durch schlechtes Wetter vereitelt. Außer dem Beitrag von Hevelius finden sich weder 3 in den Philosophical Transactions noch Die Sternwarte von Hevelius lag im Areal Pfefferstadt und Böttcher-Gasse im Journal des Scavans Beobachtungs- (Planquadrat B3). Ausschnitt aus einem alten Stadtplan um 1900 aus [8].

VdS-Journal Nr. 52 Geschichte 91

Beobachtungsbericht von Hevelius von Cassini folgt ganz zum Schluss auf Seite 2238. Zur Genauigkeit der Johannes Hevelius: Verfinsterung des ersten Jupiter- Vorausberechnung siehe: L. K. Kris- tensen u. K. M. Pedersen, Roemer, mondes durch den Jupiterschatten Jupiter‘s Satellites and the Velocity Als im Jahre 1671 am 25. September morgens die berühmten Herren Casi- of Light, John Wiley & Sons A/S, nus in Paris und Picard in Uranienburg auf Verabredung daran gingen, die 2012 Verfinsterung des ersten Jupitermondes zu beobachten, wollte auch ich diese [2] P. Ahnert, 1986: „Kleine prakti- Erscheinung nicht weniger sorgfältig beobachten; aber von 02:00 bis 04:27 sche Astronomie: Hilfstabellen und verhinderten dies sehr viele Wolken, so dass ich nicht ein einziges Mal Jupiter Beobachtungsobjekte“, Leipzig, J. A. gesehen habe. Als er aber erschien, fand ich alle vier Jupitermonde sichtbar: Barth Wie man aus der ersten Zeichnung erkennt (Abb. 2), nämlich drei links und [3] Zur Erklärung der Zusammenhänge einer rechts. Die beiden inneren zur Linken waren nicht weit entfernt vom Ju- siehe die einschlägigen Werke der piterrand zu sehen, genauso jener rechts, der unter den anderen Begleitern am sphärischen Astronomie. Aufgrund kleinsten erschien. Ich zweifelte aber anfangs, welcher der beiden benachbarten der relativ großen Messungenau- der zu verfinsternde sei: Weil sie sich in einem fast gleichbleibenden Abstand igkeit mit dem Quadranten sind zum Jupiter zurückbewegten und die Bewegung sehr langsam war. So erschien Aberration und Nutation hier ver- es mir fraglich, ob zu der fortgeschrittenen Morgenstunde der Schatteneintritt nachlässigt. in der zunehmenden Dämmerung noch sichtbar wäre. Freilich erschienen bis [4] A. Hirshfeld, R. W. Sinnott, 1982: 05:07 alle vier getrennt (obwohl der Himmel schon blau wurde und die Monde Sky Catalogue 2000.0, Volume 1: wegen leichter Wolken nur gelegentlich mit Mühe zu erkennen waren). Nach- Stars to Magnitude 8.0, Cambridge, dem ich schon alles Hoffen aufgegeben hatte, sah ich jedoch um 05:12 jenen Sky Publishing Corporation innersten Mond an der linken Seite verschwinden (gesehen in meinem Tubus, [5] Historiae Coelestis Britannicae, der die Objekte in umgekehrter Reihenfolge zeigt) und jene drei übrig lassend, Volumen Tertium, London 1725. wobei sich der rechte mehr und mehr dem Jupiter näherte. Von da an, solange Digitalisiert von Google (http:// ich trotz des bewölkten Himmels Sicht auf Jupiter hatte, bis 05:23, habe ich books.google.com). Der Band enthält nie mehr als drei gesehen; in ähnlicher Anordnung, wie sie in Zeichnung 3 zu auch den Sternkatalog von Hevelius sehen ist. Jene Monde zur Linken strahlten hell, besonders der nächste, dessen (in gekürzter Fassung) Nachbar sich von ihm getrennt hatte. Der andere rechts aber war wegen der [6] J. Hevelii, 1690: „Prodromus Astro­ schon weit vorgeschrittenen Dämmerung kaum noch zu sehen. Ob er zu dieser nonmiae cum Catalogo Fixarum & Zeit völlig mit Jupiter verschmolzen war, kann ich kaum zuverlässig bestä- Firmamentum Sobiescianum“, Dan- tigen. Dass jedoch die Verfinsterung selbst nicht langsam erfolgte, sondern zig. Enthält einen schönen Sternat- sich innerhalb einer einzigen Minute vollzog, konnte ich leicht feststellen. Im las Quelle: ETH-Bibliothek Zürich Oktober und November, wenn Jupiter weiter von der Sonne entfernt sein wird, (http://astronomie-rara.ethbib.ethz. denke ich diese Erscheinungen genauer untersuchen zu können. Ob aber diese ch) Ereignisse gleich gut wie Bedeckungen durch den Mond zur Berechnung der [7] F. Lühning, 2008: „Die Rekonstruk- Längenunterschiede führen, das bezweifle ich: Besonders wegen der sehr lang- tion der Hevelschen Sternwarte. Ein samen Bewegung der Jupitermonde und weil sie in diesen Monaten fast immer Indizienprozeß.” Beiträge zur Astro- in der Morgendämmerung beobachtet werden müssen, was genaue Beobach- nomiegeschichte, Band 9, S. 57-88 tungen am stärksten behindert, wie gut auch immer das Fernrohr ist (so wie ich (Acta Historica Astronomiae, Vol. ein 20-füßiges Teleskop benutze). 36), W. R. Dick, H. W. Duerbeck, J. Hamel (Hrsg.), Frankfurt/Main, Harri Deutsch [8] K. Baedeker, 1902: „Nordost- Deutschland nebst Dänemark, (alle gängigen Jahrbücher geben die Sterne und Weltraum 6/2001, 444 Handbuch für Reisende“, Leipzig Zeiten nur auf Minuten). Zu finden [11] J. H. Lieske, 1986: “A collection of (27. Auflage). Historische Topogra- sind die Datenfiles im FTP-Bereich Galilean satellite eclipse obser- fische Karten siehe beim Bundesamt von www.imcce.fr unter pub/ephem/ vations, 1652-1983: II”, Astron. für Kartografie und Geodäsie satel/phenjupiter. Astrophys. Suppl. Ser. 63, 143. (www.bkg.bund.de) [10] F. Lühning, 2001: „Saturn mit Oh- Die Beobachtung von Hevelius wird [9] Vom IMCCE wurden für die Jahre ren. Nachbau und Erprobung eines unter Nr. 73 aufgeführt. Man erhält 1668-1678 alle Jupitermondereig- Fernrohres des Johannes Hevelius”, die dort angegebene Zeit wie folgt: nisse berechnet, außerdem werden Files für die kommenden Jahre WOZ nach Hevelius 05:12:00 veröffentlicht (bisher 1996-2016). Zeitgleichung für 25.09.1671 (4:00 UT) - 8:24 Da hier die Verfinsterungszeiten auf Längenkorrektur (Lieske setzt 18,67°) - 1:14:41 Zehntelminuten angegeben werden, Korrektur auf Mitte des Ereignisses - 1:46 eignen sich diese Daten auch sehr UT 3:47:09 (= 0,15774) gut für Beobachtungsauswertung

VdS-Journal Nr. 52 92 Geschichte

Der Goldbach-Himmels-Atlas von 1799 Ein Meilenstein der populären Himmelskartografie von Karl Bartsch

Der „Neuester Himmels-Atlas“ [1], he- weisen. Die dargestellten Nebel basieren ten, wurde auf die Darstellung der von rausgegeben vom Weimarer Verleger mit Abweichungen und Ergänzungen im Herschel in den 1780er-Jahren neu ent- Friedrich Justin Bertuch, erschien 1799 Wesentlichen auf den schon im Bode- deckten und bis 1799 bereits veröffent- unter wissenschaftlicher Leitung des Atlas enthaltenen Objekten. Die über- lichten Nebel verzichtet. Sicherlich eine bekannten Naturwissenschaftlers und wiegende Zahl dieser Objekte sind die im kluge Entscheidung, zumal die Mehrzahl Astro­nomen Franz Xaver von Zach, Messier-Katalog von 1781 gelisteten Ne- der Herschel-Objekte für die Ausrüstung Direktor der Seeberger Sternwarte in bel und Sternhaufen [3]. Bei der Gestal- der damaligen Amateure nicht erreichbar Gotha. Die Ausarbeitung der Karten in tung des Atlas spürt man das Bemühen war. Kupferstichtechnik wurde dem Leipziger der Autoren, den aktuellen Stand der da- Kartografen Christian Friedrich Gold- maligen astronomischen Forschung wie- Etwas genauer habe ich mich mit den bach übertragen. Das so entstandene derzugeben und dies in einem Format, in den Karten verzeichneten Nebeln und Werk richtete sich nicht in erster Linie an welches auch für eine breitere Öffent- Sternhaufen beschäftigt. Die mit bloßem Fachastronomen der damaligen Zeit, son- lichkeit geeignet ist. Die Übersichtlich- Auge in Einzelsterne auflösbaren Stern- dern an interessierte Laien (sog. „Dilet- keit leidet dabei etwas unter der großen haufen der Hyaden und Plejaden sind tanten“) und auch an Schüler. Von Zach Menge an Einzelinformationen, was die namentlich in den Karten gekennzeich- und Goldbach gingen dabei von den Da- Herausgeber durchaus erfolgreich durch net und durch Einzelsterne der Größen 4 tensammlungen und Atlanten von Flam­ die zweifache Darstellung der Karten mit mag bis 8 mag kenntlich gemacht. Hier steed, Lalande, Messier, Bode und Fortin einer Variante ohne Text und Sternbild- ist die Identifizierung der beobachteten aus, die im 18. Jahrhundert die wissen- figuren ausgleichen wollten (vgl. Abb. 1). Himmelsobjekte aus den Karten heraus schaftlichen Standards darstellten. Ein Um den Atlas nicht weiter zu überfrach- noch möglich. Diese Art der Darstellung Vorbild war sicherlich auch der auf die gleichen Zielgruppen ausgerichtete und Tabelle 1: ähnlich strukturierte Atlas von Johann Fehlende Messier-Objekte im Elert Bode (1782) mit dem Titel „Vorstel- Goldbach-Himmels-Atlas lung der Gestirne auf XXXIV Tafeln“ [2]. Objekt Objektklasse Visuelle Sternbild Der Goldbach-Himmels-Atlas stellt den Helligkeit nördlichen Sternhimmel bis 40° südlicher M 22 Kugelsternhaufen 5,5 Schütze (Sagittarius) Breite auf 27 Doppelkarten mit und ohne M 29 Offener Sternhaufen 7 Schwan (Cygnus) Text sowie figürliche Darstellungen der M 35 Offener Sternhaufen 5 Zwillinge (Gemini) Konstellationen dar. Die Art der Präsen- M 40 Doppelstern 8,5 Großer Bär (Ursa Major) tation (helle Sterne vor dunklem Hinter- M 52 Offener Sternhaufen 7 Cassiopeia grund) hat auch den didaktischen Zweck, M 56 Kugelsternhaufen 8,5 Leier (Lyra) einen gerade für den wenig vorgebilde- M 73 Asterismus 8,5 Wassermann (Aquarius) ten Laien natürlichen Karteneindruck zu M 75 Kugelsternhaufen 9 Schütze (Sagittarius) vermitteln. Was die Detailfülle betrifft, M 76 Planetarischer Nebel 10 Perseus geht der Goldbach-Atlas mit über 10.000 M 84 Galaxie 9,5 Jungfrau (Virgo) eingetragenen Sternen (bis Grenzgröße M 85 Galaxie 9,5 Haar der Berenike () 8 mag) und 300 markierten Doppelster- M 86 Galaxie 9,5 Jungfrau (Virgo) nen aus dem Herschel-Katalog deutlich M 87 Galaxie 9 Jungfrau (Virgo) über die älteren Atlanten hinaus. Die M 88 Galaxie 10 Haar der Berenike (Coma Berenices) Karten zeigen also erheblich mehr Ster- M 89 Galaxie 10 Jungfrau (Virgo) ne als mit freiem Auge sichtbar sind. Das M 90 Galaxie 10 Jungfrau (Virgo) ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, M 91 Galaxie 10,5 Haar der Berenike (Coma Berenices) dass damals für die Kartografie keine M 93 Offener Sternhaufen 6,5 Achterschiff (Puppis) fotografischen oder digitalen Hilfsmittel M 95 Galaxie 10 Löwe (Leo) zur Verfügung standen. Die im Atlas ver- M 98 Galaxie 10,5 Haar der Berenike (Coma Berenices) zeichneten, aber unbenannten über 100 M 99 Galaxie 10 Haar der Berenike (Coma Berenices) Nebel und Nebelsterne waren erst in der M 100 Galaxie 9,5 Haar der Berenike (Coma Berenices) zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als M 102 Galaxie 10,5 Drache (Draco) „Spin-off“ der intensiven Kometenfor- M 103 Offener Sternhaufen 7,5 Cassiopeia schung entdeckt worden und verkörper- M 106 Galaxie 8,5 Jagdhunde (Canes Venatici) ten ein sehr aktuelles Forschungsfeld der M 107 Kugelsternhaufen 8,5 Schlangenträger (Ophiuchus) damaligen Astronomie. Sie sollten der M 110 Galaxie 8,5 Andromeda Wissenschaft eine ganz neue Richtung

VdS-Journal Nr. 52 1 a+b Zwei Ausschnitte aus dem „Neuester Himmels-Atlas“: links die Darstellung mit Sternbildfiguren und Legende, rechts der auf die Sterne reduzierte Himmelsanblick.

stößt jedoch schon bei Praesepe im Krebs sind ungleichmäßig über den Messier- verzeichnet sind (Abb. 2, Markierung). an ihre Grenzen. Der Sternhaufen wird Katalog verteilt (Abb. 2). Man muss dabei Die Karten enthalten lediglich die Posi- auf der Karte durch Einzelsterne von 6 berücksichtigen, dass die helleren und tionen der zeitlich früher liegenden Ent- bis 8 mag dargestellt, was korrekt ist, näheren Messier-Objekte – mit Ausnahmen deckungen von Messier, Oriani, Koehler aber nicht der Wahrnehmung mit bloßem – zuerst entdeckt wurden und die M 1 und Bode: M 49, M 58, M 59, M 60, M 61 Auge entspricht, die keine Auflösung in bis M 45 umfassende Liste bereits 1771 und M 64. Die genannten Galaxien sind Einzelsterne erlaubt. Erst die Beobach- veröffentlicht wurde. Der zweite Teil der markante und etwas separiert liegende tung im Teleskop macht die vollständi- Liste, M 46 bis M 103, enthält – wiede- Objekte des Galaxienhaufens und waren ge Auflösung des Haufens möglich. Hier rum mit Ausnahmen – lichtschwächere auch damals schon von mehreren Beob- wäre sicherlich die Darstellung des Ob- und weiter entfernte Objekte (vor allem achtern bestätigt worden. Hier folgt von jekts mit dem Nebelsymbol vorteilhafter Galaxien aus dem Coma-Virgo-Haufen) Zach genau den Eintragungen von Bode gewesen. Noch weniger anschaulich wird und wurde erst zehn Jahre später 1781 aus dem 1782er-Atlas. Die Gründe dafür diese Wiedergabeform beim Doppelstern­ ­ publiziert. Die Objekte M 104 bis M 110 sind ebenfalls unbekannt. Wahrschein- haufen h und χ im Perseus (NGC 869/ wurden erst in den 1780er-Jahren von lich waren einfach praktische Erwägun- NGC 884). Das Objekt wird auf Karte 3 Méchain entdeckt und nachträglich in gen von Herausgeber und Kartograf zur wahrscheinlich durch einige 6-mag- den Messier-Katalog aufgenommen. Im Erhaltung der Übersichtlichkeit für diese Einzelsterne repräsentiert, die allerdings Bode-Atlas sind die Messier-Objekte von selektive Auswahl der Objekte verant- in ihrer Umgebung kaum besonders auf- M 1 bis M 71 vollständig verzeichnet. wortlich. Allerdings entgeht den Auto- fallen. Eine Identifizierung dieser auf- Von den höheren Nummern sind nur ren damit auch die Möglichkeit, die sehr fälligen Sternhaufen aus den Karten ist noch fünf weitere Objekte enthalten, ungleichmäßige Verteilung der Nebel am so aber kaum möglich. Hier ist im Bode- darunter die Galaxien M 81 und M 82 Himmel, die schon bei den Messier-Ob- Atlas eine günstigere Darstellungsform sowie der Kugelsternhaufen M 92, Ei- jekten auffällig ist, darzustellen. Bei den durch Verwendung flexibler Nebelsym- genentdeckungen von Bode selbst. Im späten Messier-Objekten ist der Gold- bole gewählt worden. Goldbach-Atlas fehlen aus unbekannten bach-Atlas gegenüber Bode jedoch ein- Gründen die markanten Sternhaufen M deutig im Vorteil. Hier versucht von Zach Wie schon oben erwähnt, handelt es sich 22 im Schützen, M 29 im Schwan, M 35 offenbar den neuesten Stand der dama- bei den im Goldbach-Atlas verzeichne- in den Zwillingen, M 52 in der Cassio- ligen Forschung wiederzugeben und den ten Nebeln in den allermeisten Fällen um peia und M 56 in der Leier. Im zweiten Fortschritt seit 1782 zu dokumentieren. Objekte aus dem Messier-Katalog. 83 der Teil der Messier-Liste fällt auf, dass so- So enthält der Goldbach-Atlas auch die 110 Messier-Objekte ließen sich eindeutig wohl bei Bode als auch bei Goldbach die meisten der von Méchain erst nach 1781 identifizieren. Die 27 nicht in den Atlas Galaxien M 84 bis M 91, die das Zen- entdeckten Nebel, die erst später in die aufgenommenen Messier-Nebel (Tab. 1) trum des Virgo-Haufens bilden, nicht Messier-Liste nachgetragen wurden, so

Tabelle 2: Im Goldbach-Himmels-Atlas enthaltene Nicht-Messier-Objekte. Die im Rahmen dieser Arbeit identifizierten Objekte sind orange markiert. Karten-Nr. Objekt Objektklasse Visuelle Helligkeit Sternbild 11 NGC 7243 Offener Sternhaufen 6,5 Eidechse (Lacerta) 25 NGC 2244 Offener Sternhaufen 5 Einhorn (Monoceros) 9, 10 IC 4665 Offener Sternhaufen 4,5 Schlangenträger (Ophiuchus) 2 NGC 7008 Planetarischer Nebel 10,7 Schwan (Cygnus) 10, 11 Sh2-90 Emissionsnebel Fuchs (Vulpecula) 11 IC 4996 Offener Sternhaufen 7,5 Schwan (Cygnus) 20 NGC 6652 Kugelsternhaufen 9,0 Schütze (Sagittarius)

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ne), der in kleinen Teleskopen durchaus das Aussehen eines Nebelsterns erzeugen kann. In einem so reichen Sternfeld wie im Schwan gehen die äußeren Haufen- mitglieder einfach im Hintergrund der Milchstraße unter, während die nicht auf- lösbaren Sterne im Zentrum des Haufens einen nebelartigen Eindruck machen.

Beim dritten Nebelstern ist die Situa­tion weniger eindeutig. Nahe der Position Rekt. 19h51m/Dekl. +27,0° im Fuchs be- findet sich der Emissionsnebel Sharpless 2-90 (Rekt. 19h49m/Dekl. +26,9°). Er ist ‚ ‚ bei einer Größe von 8 x 3 aber ein sehr lichtschwaches Objekt, das erst fotogra- fisch sicher nachgewiesen werden kann. 2 Wiedergabe der Messier-Objekte im Goldbach-Himmels-Atlas von 1799 (oben) und im Unter optimalen Bedingungen sollte er Bode-Atlas von 1782 (unten). Die Objekte sind gegen ihre Entfernung in Lichtjahren aber auch visuell sichtbar sein. Ob die aufgetragen. Die gestrichelten Linien markieren die verschiedenen Teile des Messier- damaligen Beobachter diesen Nebel tat- Katalogs, links M 1 bis M 45 (publiziert 1771), Mitte M 46 bis M 103 (publiziert 1781), sächlich gesehen haben, muss also offen rechts M 104 bis M 110 (publiziert nach 1781 und erst später in den Katalog aufge- gelassen werden. nommen). Die Galaxien im Zentrum des Virgo-Haufens sind eingekreist. Das vierte Objekt ist als Nebel mit der Position Rekt. 18h29m/Dekl. -33,9° süd- z. B. die Galaxien M 104 (Sombreroga- die von Zach und Goldbach aus älteren westlich des Kugelsternhaufens M 69 im laxie in der Jungfrau), M 105 (Löwe), Karten ohne weitere Überprüfung über- Schützen eingetragen. Das einzige Deep- eventuell auch M 106 (Jagdhunde), siehe nommen haben. In vier Fällen ließen Sky-Objekt in der Nähe dieser Position ist unten, M 108 (Großer Bär) und M 109 sich jedoch passende Objekt-Kandidaten der Kugelsternhaufen NGC 6652 (Rekt. (Großer Bär). Ebenfalls verzeichnet sind identifizieren. 18h36m/Dekl. -33,0°), allerdings mit ei- die bei Bode fehlenden Galaxien M 94 ner Abweichung von sieben Minuten in (Jagdhunde), M 96 (Löwe) und M 101 So findet man ganz nahe bei der Position Rektaszension und knapp einem Grad (Großer Bär) sowie der Planetarische Rekt. 21h03m/Dekl. +53,9° im Schwan den in Deklination. Mit einer visuellen Hel- Nebel M 97 (Eulennebel, Großer Bär). Planetarischen Nebel NGC 7008 (Rekt. ligkeit von 9,0 mag und einem Durch- ‚ Sieben Nebelobjekte im Goldbach-Atlas 21h01m/Dekl. +54,6°). Der Nebel wurde messer von 3,5 ist er zwar kleiner und stammen nicht aus der Messier-Liste zuerst von Herschel unter der Katalog- lichtschwächer als M 69, aber das einzige (Tab. 2). Dies sind die Offenen Stern- nummer H 192 beschrieben. Mit einer Objekt, das in diesem Gebiet als Kandidat haufen NGC 7243 (Eidechse), NGC 2244 visuellen Helligkeit von 10,7 mag und in Frage kommt. Wahrscheinlich liegt ein ‚ ‚ im Rosettennebel (Einhorn) und IC 4665 einem Durchmesser von 1,8 x 1,6 liegt Kartierungsfehler vor. Der gleiche Posi- (Schlangenträger). Die übrigen vier Ob- er im Bereich der schwächeren Messier- tionsfehler tritt auch im Bode-Atlas auf. jekte der Gruppe konnten im Rahmen Objekte und war somit durchaus für klei- dieser Arbeit identifiziert werden (siehe nere und mittlere Teleskope des 18. Jahr- Eine Fehlkartierung könnte auch beim unten). hunderts erreichbar. Dieser Planetarische Nebel mit der Position Rekt. 11h46m/Dekl. Nebel wurde also wahrscheinlich schon +47,8° aufgetreten sein. Die Koordinaten Bei insgesamt 15 der im Goldbach-At- von früheren Beobachtern vor Herschel sind identisch mit dem Stern χ Ursae Ma- las verzeichneten Nebel und Nebelster- entdeckt und in Karten verzeichnet, al- joris, was natürlich keinen Sinn macht. ne war die Zuordnung zu einem realen lerdings noch nicht katalogisiert und nä- Bei gleicher Deklination, allerdings um Deep-Sky-Objekt problematisch (Tab. 3). her beschrieben. ca. 30 Minuten in Rektaszension ver- Um eine Identifizierung dieser Objek- schoben, liegt die helle und markante te zu ermöglichen, habe ich ihre Koor- Der zweite Fall betrifft den Nebel bei Galaxie M 106. Da, wie oben erläutert, dinaten von der Epoche 1790 auf die Rekt. 20h19m/Dekl. +37,6°, ebenfalls im im Goldbach-Atlas die meisten der erst Epoche 2000 umgerechnet und dann die Schwan. Das Objekt ist im Goldbach- nachträglich in den Messier-Katalog ein- Positionen mit dem SkyAtlas 2000.0 von Atlas als Nebelstern gekennzeichnet und gefügten Objekte von M 104 bis M 110 W. Tirion [4] abgeglichen. Bei elf der 15 liegt fast exakt auf der Position des Offe- verzeichnet sind, könnte mit diesem Ne- Nebel war keine Zuordnung zu einem nen Sternhaufens IC 4996 (Rekt. 20h17m/ bel tatsächlich M 106 gemeint sein. passenden Himmelsobjekt möglich. Hier Dekl. 37,6°) aus dem Index-Katalog. Hier handelt es sich wahrscheinlich um As- handelt es sich um einen hellen, aber Insgesamt stellt der historische Gold- terismen, Beobachtungsfehler oder fal- kompakten Sternhaufen (visuelle Hellig- bach-Himmels-Atlas ein für Ende des ‚ sche Kartierungen tatsächlicher Objekte, keit: 7,3 mag, Durchmesser: 5 , 15 Ster- 18. Jahrhunderts neuartiges, modernes

VdS-Journal Nr. 52 Geschichte 95

didaktisches Konzept der astronomischen stichtechnik voraus. Für den Benutzer der Faksimile-Ausgabe Landessternwarte Wissensvermittlung dar, das den Schwer- Karten ist vielfach eine Lupe ein geeigne- Heidelberg 2003, Astaria Verlag punkt nicht auf die Mythologie, sondern tes Hilfsmittel. [3] Kenneth Glyn Jones (1991): die Verbreitung naturwissenschaftlicher Messier’s Nebulae and Star Clusters, Informationen und Erkenntnisse legt. Literaturhinweise: Second Edition, Cambridge Universi- Nicht zuletzt ist die kartografische Erar- [1] C. F. Goldbach und F. X. von Zach ty Press, UK beitung der Himmelskarten durch Gold- (1799): Neuester Himmels-Atlas, [4] Wil Tirion und Roger W. Sinnott bach bemerkenswert. Die Vielzahl der Faksimile-Ausgabe 2013, Albireo (1998): Sky Atlas 2000.0, Second Informationen auf kleinem Raum setzen Verlag, Köln Edition, Sky Publishing Corporation, ein hohes handwerkliches Können und [2] Johann Elert Bode (1782): Vorstel- Cambridge, USA eine perfekte Beherrschung der Kupfer- lung der Gestirne auf XXXIV Tafeln,

Tabelle 3: Problematische Nebelobjekte im Goldbach-Himmels-Atlas. Die Koordinaten wurden auf die Epoche 2000 umgerechnet und die Positionen dann mit dem SkyAtlas 2000.0 von W. Tirion abgeglichen. Identifizierte Kandidatenobjekte sind orange markiert.

Karte Sternbild Koordinaten Koordinaten Mögliches Objekt Objektklasse Koordinaten Visuelle Im Bode- Bewertung (Rekt./Dekl.) (Rekt./Dekl.) (Rekt./Dekl.) Helligkeit Atlas Epoche 1790 Epoche 2000 2 Drache 18h40m / +72,5° 18h51m / +72,8° vorh. Objekt existiert nicht (Draco) Anmerkung: Möglicherweise ein Asterismus einer engen Dreiergruppe von Sternen

2 Schwan 20h52m / +53,2° 21h03m / +53,9° NGC 7008 Planetarischer Nebel 21h01m/ +54,6° 10,7 vorh. Objekt-Kandidat identifiziert (Cygnus) Anmerkung: Die Position von NGC 7008 (21:01 / +54,6°) passt gut zum verzeichneten Nebel. NGC 7008 ist relativ hell, groß und unregelmäßig geformt. 6 Großer Bär 11h36m / +49° 11h46m / +47,8° Chi Ursae Stern 3,0 fehlt Objekt existiert nicht (Ursa Major) Majoris Anmerkung: Das Objekt ist als Nebelstern gekennzeichnet und passt genau zur Position von Chi Ursae Majoris. Dort ist kein Nebel vorhanden. Möglich wäre auch eine Fehlkartierung der hellen Galaxie M106. Sie hat die gleiche Deklination, ist aber in der Rektaszension um ca. 30 Min. verschoben. 8 Hercules 17h46m / +49,0° 17h57m / +49,3° fehlt Objekt existiert nicht Anmerkung: Das Objekt ist als Nebelstern gekennzeichnet. Keine Zuordnung zu einem realen Objekt möglich, vermutlich Beobachtungsfehler

10, 11 Fuchs 19h40m / +26,5° 19h51m / +27,0° Sh2-90 Emissionsnebel 19h49m/ 26,9° vorh. Objekt-Kandidat identifiziert (Vulpecula) Sh2-88 Emissionsnebel Anmerkung: Das Objekt ist als Nebelstern gekennzeichnet. Es muss also eine kleine Flächenausdehnung haben. Das trifft auf beide der in diesem Bereich vorhandenen Emissionsnebel zu. Sh2-90: 19:49 / +26,9° Sie sind jedoch schwierige Objekte für die visuelle Beobachtung. 10, 20 Adler 18h40m / -3,4° 18h51m / -3,1° fehlt Objekt existiert nicht (Aquila) Anmerkung: Keine Zuordnung zu einem vorhandenen Objekt möglich, vielleicht Asterismus aus 2 Sternen

10 Schild 18h16m / -14,2° 18h27m / -13,9° Gamma Scuti Stern 4,0 vorh. Objekt existiert nicht (Scutum) Anmerkung: Das Objekt ist als Nebelstern gekennzeichnet. Es passt zur Position von Gamma Scuti. Ein Asterismus einer danebenliegenden Dreiergruppe von Sternen wäre aber auch möglich 11 Schwan 20h08m / +37,0° 20h19m / +37,6° IC 4996 Offener Sternhaufen 20h17m / 37,6° 7,5 vorh. Objekt-Kandidat identifiziert (Cygnus) Anmerkung: Das Objekt ist als Nebelstern gekennzeichnet. Bester Kandidat ist der kompakte (Durchmesser: 5‘), helle Haufen IC 4996 (20:17 / +37,6°). Er kann in kleinen und mittleren Optiken durchaus einen nebeligen Eindruck machen. Der bekanntere Messier-Sternhaufen M 29 passt eindeutig nicht zu dieser Position. M 29 ist im Bode-Atlas als separates Objekt verzeichnet, nicht aber bei Goldbach.

11 Schwan 20h18m / +34,8° 20h29m / +35,4° fehlt Objekt existiert nicht (Cygnus) Anmerkung: Keine Zuordnung zu einem vorhandenen Objekt möglich, vielleicht Asterismus oder Fehlkartierung eines anderen Sternhaufens, bei der hohen Sterndichte in dieser Region durchaus möglich. 18, 19 Waage 14h40m / -9,5° 14h51m / -10,5° vorh. Objekt existiert nicht (Libra) Anmerkung: In der angegebenen Position befindet sich kein passendes Objekt. Der eingetragene Nebel ist offensichtlich nicht vorhanden. 18 Jungfrau 12h30m / +12,6° 12h41m / +11,5° fehlt Objekt existiert nicht (Virgo) Anmerkung: Position direkt unter M 59. Dort ist aber keine Galaxie mit vergleichbarer Helligkeit vorhanden. Vermutlich Beobachtungs- oder Kartierungsfehler. 20 Schütze 18h18m/ -34,0° 18h29m / -33,9° NGC 6652 Kugelsternhaufen 18h36m / -33,0° 9,0 vorh. Objekt-Kandidat identifiziert (Sagittarius) Anmerkung: Der Sternhaufen NGC 6652 mit den Koordinaten 18:36 / -33,0° kommt als einziges Objekt für den verzeichneten Nebel in Frage. Die Position weicht jedoch um 7 Min. in Rektaszension ab. Wahrscheinlich Kartierungsfehler, gleicher Positionsfehler im Bode-Atlas

21 Steinbock 21h30m / -13,5° 21h41m / -12,6° fehlt Objekt existiert nicht (Capricornus) Anmerkung: In der angegebenen Position befindet sich kein passendes Objekt. Der eingetragene Nebel ist offensichtlich nicht vorhanden. 25 Wasserschlange 08h04m / -1,0° 08h15m / -1,7° vorh. Objekt existiert nicht () Anmerkung: Wahrscheinlich ist M 48 gemeint, Fehlkartierung von Messier Die tatsächliche Position von M 48 (NGC 2548) ist 08:14 / -5,8° und ist bei Goldbach und im Bode-Atlas ebenfalls eingetragen.

27 Jungfrau 12m05m / +5,4° 12m16m / +4,3° fehlt Objekt existiert nicht (Virgo) Anmerkung: Möglicherweise eine weitere Galaxie aus dem Virgo-Haufen, aufgrund der großen Anzahl von Galaxien Zuordnung schwierig

VdS-Journal Nr. 52 96 Geschichte

Franz Ulrich Theodor Aepinus – ein exzellenter Beobachter von Elvira Pfizner

– Teil 3 –

Franz Ulrich Theodor Aepinus (13.12.1724 – 10.8.1802) war eine jener Persönlichkei- ten, deren Ruf weit über ihre Heimatstadt hinausgingen. Schon als Privatdozent in Rostock waren seine mathematischen und astronomischen Vorlesungen ge- fragt. Als Astronom erwarb er sich be- sonders in Berlin und St. Petersburg blei- bende Verdienste.

Franz Ulrich Theodor Aepinus, Sohn des Professors der Theologie Franz Albert Aepinus (1673-1750), studierte ab Herbst 1736 an den Universitäten Rostock, Jena, Erfurt und Halle Theologie und Naturwis- senschaften. In jungen Jahren beschäftigte er sich bereits mit Astronomie und konnte später bei Professor Peter Becker (1672- 1753) auch in dessen Privatsternwarte umfassende theoretische und praktische astronomische Kenntnisse erwerben. 1 Rostock im 18. Jahrhundert, UB Rostock, Sondersammlungen Bereits von 1747-1755 lehrte Magister F. U. Th. Aepinus als Privatdozent Ma- thematik, Physik und Astronomie an der ten Umständen, warzunehmen. Ich kann Philosophischen Fakultät in Rostock. In mich nicht zurück halten, gleich anitzt diesen Jahren machte er durch kleinere einige vorläufige Nachrichten von der Arbeiten über Elektrizität, Magnetismus Einrichtung und dem Erfolg dieser Ob- und den Bau physikalischer und astro- servation, bekannt zu machen, da mich nomischer Instrumente auf sich auf- die müdigkeit abhält sie umständlich zu merksam. Seine astronomischen Berech- liefern. Kenner und Freunde der Wissen- nungen und Beobachtungen in Rostock, schaften, werden sie vielleicht nicht ohne welche er gewissenhaft durchführte, allem Vergnügen lesen, diejenigen aber, regten Studenten zur Mitarbeit an. So welche, Den Monden zur Latern, die Erde erwarben sie bei der Beobachtung des vierekt machen, haben die Freyheit, die- Merkurvorübergangs vor der Sonne ers- ses Blat zu überschlagen ...“ te Erfahrungen bei der exakten Messung der Kontaktzeiten des Merkurs mit dem „Mir war vor allen Dingen, nach der scheinbaren Sonnenrand und lernten, von mir erwählten Art zu observiren, welche umfangreichen Vorbereitungen welche der berühmte Hr. Prof. Meyer in hierzu nötig sind [1] (Abb. 1). Greifswald, dessen scharfe Kenntniß der Mathematik und Astronomie, meiner Über die Beobachtung des Merkurvorü- Lobsprüche nicht bedarf, ebenfalls gebil- bergangs vor der Sonne am 6. Mai 1753 liget und mir angerathen hatte, ein Ort berichtet F. U. Th. Aepinus u. a. Folgen- nothwendig, von dem ich den Horizont des [3]: „Mit dem grösten Vergnügen kann völlig übersehen, aber auch meinen In- ich anitzt meinen Lesern die Nachricht strumenten einen unverrücklichen Stand geben, daß ich so glücklich gewesen bin, geben konnte. Ich fand hiezu keinen be- den Durchgang des Merkurs, am heuti- quemern Ort, als den Thurm an der hie- 2 Vergleich mit Berechnungen durch gen Morgen, unter ziemlich vortheilhaf- sigen St. Jakobs Kirche, woselbst ich das F. U. TH. Aepinus, UB Rostock [3]

VdS-Journal Nr. 52 Geschichte 97

Stativ meines Fernglases, auf eine feste Mauer setzen konnte. Ein Vortheil, der bey meiner gebrauchten Art zu observiren ganz wesentlich ist ...“ (Abb. 3)

„Die Sonne genau betrachten zu können, versah ich mich mit 3 Seh-Röhren, einem von etwa 20, einem andern von 12, und einem dritten von ohngefehr 3 Fuß Länge. In jedes setzte ich für das Augenglas, ein angelaufenes plattes Glas, damit ich die Sonne gerade zu betrachten könnte, wel- ches nicht allein die Natur meiner Art zu observiren erforderte, sondern auch, wie die Erfahrung lehret, weit besser ist, als wenn man ihr Bild auf eine weisse Tafel fallen lässet. Durch alle 3 Ferngläser sahe man die Sonne sehr deutlich, und ihren Rand sehr scharf geschnitten. Das letzte dieser Ferngläser war in dem Brennpunkt, mit 2 sich rechtwinklicht schneidenden Fäden versehen, und lag auf einem nach Möglichkeit befestigten Stativ ...“

„Schon vor dem Aufgang der Sonnen, bestiegen wir den Thurm von neuen, al- 3 Turm der Jakobikirche in Rostock, Sammlung: Autorin lein die Morgenseite des Horizonts war beständig mit Wolken bedekt, und die- se hinderten uns einige Stunden lang genau um 11 Uhr warnahmen, Ich kann Äußerung deutlich: „Ein wohl eingerich- die Sonne zu erblicken, bis sie endlich anitzt die Zeit nicht recht richtig ange- tetes Observatorium mit kostbarem Werk- drey viertel auf sechse über dieselben ben, da ich itzt in der Eile die nöthige zeug ist in Rostock nicht zur Verfügung.“ hervorstieg. Hier sahen wir sogleich den Correction der Pendul = Uhr, nicht be- Merkur, in einiger Entfernung von dem rechnen kann.“ Mitte des 18. Jahrhunderts konnte die Mittelpunkte der Sonne, ganz deutlich, Specula den Ansprüchen nicht mehr ge- welcher sich durch seine Ründe und Auf Seite 318 meint F. U. Th. Aepinus: nügen. Sie hatte weder ein Dach noch schwarze Farbe, von den Sonnenflecken „Auf den hellen, den Merkur umgebenden eine Kuppel, sondern eine offene Platt- gar merklich unterschied ...“ Ring, dessen der Hr. De l`Isle gedencket, form. Alle Instrumente mussten nach je- habe ich sorgfältig acht gegeben, allein der Beobachtung abgebaut und in einem „Wir fiengen hierauf an, nach der Me- ich habe mit keinem der gebrauchten anderen Raum aufbewahrt werden. Dazu thode des Hrn. De Fouchy, unsere Obser- Ferngläser etwas dergleichen entdecken kam, dass in der näheren Umgebung die vationen anzustellen, deren wir auch 12 können.“ [3] Bautätigkeit intensiviert wurde. erhielten. Wir würden deren weit mehre- re haben machen können, allein die zer- Später veröffentlichte F. U. Th. Aepinus „Doch vielleicht kommt auch einmal in streueten Wolken raubeten uns die Sonne einen weiteren Bericht und fügte eine Mecklenburg ein so glücklicher Zeit- gar zu oft aus dem Gesichte ...“ Tabelle mit den beobachteten Werten im punct, darinn man sich über den Mangel Vergleich zur Vorausberechnung von E. der Aufmunterungen und Hülfsmittel zur „Um 11 Uhr aus, näherte sich Merkur Halley ein (Abb. 2). Astronomie, einer Wissenschaft, die auf dem westlichen Rande sehr stark. Wir be- das Glück der Republiken, einen wahren müheten uns deswegen unsere grösseren Für diese Beobachtung lieh P. Becker dem Einfluß hat, nicht ferner beklagen darf.“ Ferngläser gegen die Sonne zu richten, Astronomen F. U. Th. Aepinus Fernrohre Diesen Wunsch äußerte F. U. Th. Aepinus in der Absicht den Austritt genau zu be- und wohl auch die Pendel-Uhr. Seine Ge- am Ende seines ersten kurzen Beobach- obachten, allein durch ein unglückliches hilfen waren Herr v. Flotow, Königl. Dä- tungsberichtes vom Merkurvorübergang Schicksal geschah es, daß eine Wolke die nischer Hof-Junker, Candidat Röhl, Herr am 6. Mai 1753. Sonne von neuen etliche Minuten lang Wilcken aus Stockholm und Student G. verbarg, und sie nicht ehe wieder verließ, Schadeloock. Von besonderer Bedeutung sind die Ar- biß der Merkur schon völlig im Rande beiten über Elektrizität, Magnetismus war.“ ...“Wir mußten deswegen mit dem Wie sehr dem Wissenschaftler an einer und „Ueber den Bau der Mondfläche, 12füssigen Fernglase zufrieden seyn, zeitgemäßen astronomischen Forschung und den vulcanischen Ursprung ihrer durch welches wir den völligen Austritt in Rostock gelegen war, macht folgende Ungleichheiten“ [2, 4].

VdS-Journal Nr. 52 98 Jugendarbeit

4 Der Komet von 1744

rem Mitglied und als Privatdozent nach Russland. Kein geringerer als Leonhard Euler (1707-1783) hatte hierbei vermit- telt. Im Jahre 1783 wurde ihm die Auf- sicht über die Schulen übertragen und er wurde zum Ritter des St.-Annen-Ordens ernannt. Im Jahre 1797 wurde F. U. Th. Aepinus zum Geheimrat des Kaisers Paul ernannt. Bis zu seinem Lebensende blieb er in Russland.

Literaturhinweise: [1] Personalakte Aepinus, Universitäts- archiv Rostock, Bl. 1-3 [2] R. W. Home, 1979: “Aepinus`s Der Verfasser geht davon aus, dass einzel- folgenden Zitate stammen aus der Feder Essay on the Theory of Electricity ne Eruptionen, ähnlich wie bei irdischen von F. U. Th. Aepinus: „… Der Comet vom and Magnetism.”, New Jersey, UA Vulkanausbrüchen an unterschiedlichen Jahre 1744 kam dem Merkur sehr nahe. Rostock Stellen für die Verteilung der Mond- Da die himmlischen Körper sich alle in [3] Gelehrte Nachrichten auf das Jahr maria und Gebirgszüge verantwortlich Verhältnis ihrer Massen unter einander 1753, Rostock und Wismar 1753, sind. Diese Arbeit ist auch aus heutiger anziehen, muß nach denen gegründeten S. 210-213 und 490-491 Sicht sehr interessant, zeigt sie doch, Muthmassungen ... Man hat schon lan- [4] J. Hamel, 1981: „Der Beitrag v. F. dass F. U. Th. Aepinus seine umfassen- ge gemuthmasset, daß die Cometen eine U. Th. Aepinus zur Erforschung des den Kenntnisse auf im 18. Jahrhundert sehr geringe Masse besitzen. Die ange- Erdmondes“, in: Stücke der Berlini- noch ungelöste Probleme anwendet. Wei- führte Observ. überzeugt uns, daß dies schen Gesellschaft naturforschender tere Beobachtungen von F. U. Th. Aepinus wenigstens bey dem vom Jahre 1744 un- Freunde, S. 1-40 von Mondfinsternissen, die er sehr exakt streitig stat finde.“ [3, S. 318, 489] berechnete, und wohl dem Kometen des Jahres 1744 (Abb. 4) fanden ebenfalls in Die Akademie der Wissenschaften in den Veröffentlichungen in den „Gelehrten Berlin holte F. U. Th. Aepinus 1755 als Nachrichten auf das Jahr 1753 ihren Nie- Professor für Astronomie und Leiter der derschlag. Aus dieser Zeit ist bisher kein dortigen Sternwarte nach Berlin. Zwei weiterer Astronom in Rostock bekannt, Jahre später berief ihn die Akademie der so dass vermutet werden kann: Diese Wissenschaften in St. Petersburg zu ih- Physik ist spannend, Physik ist überall! von Elisabeth Arend

So lautete der Slogan des diesjährigen sitätssternwarte in Jena. Drei Tage lang (d. i. eine idealisierte Wärmestrahlungs- Workshops „Physik für Schülerinnen“ an beschäftigten wir uns intensiv in mit un- quelle, die elektromagnetische Strahlung der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. serer Sonne. vollständig absorbiert und die Energie In den Winterferien 2014 (17. bis 20. Feb­ in einem temperaturabhängigen Spekt- ruar) nahmen Schülerinnen der Klassen- Die Sonne ist ein besonders wichtiges rum aussendet) mit einer Temperatur von stufen 10 bis 13 an diesem Workshop teil, Forschungsobjekt, da sie entscheidend 5.600 °C. Die von der Sonne ausgesandte der von der Physikalisch-Astronomischen den Lebensalltag des Menschen prägt Strahlung hat ihre größte Intensität im Fakultät organisiert wurde. und ihre Strahlung die Grundvorausset- Bereich des sichtbaren Lichts im Wellen- zung für die Entstehung und Entwicklung längenbereich von 400 nm (blau) - 800 Im Mittelpunkt stand die Arbeit in Pro- von Leben auf unserem Planeten ist. Sie nm (rot). Jedoch strahlt sie auch darüber jektgruppen, in denen physikalischen ist eine sehr starke Quelle elektromagne- hinaus bis in den Bereich der langwelli- Phänomenen auf den Grund gegangen tischer Strahlung mit unterschiedlichen gen Radiowellen und, auf der kurzwel- wurde. Eine dieser Projektgruppen orga- Wellenlängen. Ihre Oberflächenstrahlung ligen Seite des Spektrums, bis in den nisierte Caroline Reinert an der Univer- entspricht der eines schwarzen Körpers energiereichen Röntgenbereich. Mit Hilfe

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eines selbstgebauten Handspektroskops Zusätzlich zum Sternwartenpraktikum den verschiedenen Projektgruppen vor. erforschten wir die Spektren verschiede- führten wir ein physikalisches Grund- Dabei ging es neben unserem Spektro- ner Lichtquellen und verglichen sie mit praktikum durch, besichtigten physikali- skop um Teilchenbeschleuniger, Solar- den Spektren verschiedener Elemente sche Institute (z. B. ein Laserlabor) und zellen, ein Elektronenmikroskop, eine und dem Spektrum des Sonnenlichts. erhielten einen Einblick in die Carl Zeiss Sonnenuhr oder um selbstgebastelte Ins- Dass das Sonnenspektrum eine Vielzahl Meditec AG. Einige Schüler hielten Vor- trumente aus Baumarktartikeln. In unse- von dunklen Linien aufweist, konnten träge aus verschiedenen Teilgebieten der rer Dreiergruppe referierten wir über die wir deutlich mit einem professionellen Physik. Im Planetarium gingen wir mit Lebensnotwendigkeit der Sonne sowie Spektroskop der Sternwarte sehen. Die- „Galileo auf Forschungsreise“ und waren die Auswirkungen des Sonnenwindes auf se nach dem deutschen Physiker Joseph live bei der Entdeckung des Weltalls da- den Lebensalltag des Menschen. von Fraunhofer benannten Absorpti- bei. Zum Thema „Ein Blick ins Innere des onslinien entstehen durch Absorption Menschen – Bildgebende Verfahren in Es war eine sehr vielseitige und lohnende der Strahlung in der Chromosphäre der der Medizin“ referierte Prof. Dr. Jürgen Veranstaltung, für die ich sehr dankbar Sonne (Gasschicht in der Sonnenatmo- Reichenbach. bin. Sie hat viele der Schülerinnen in ih- sphäre; zwischen der Photosphäre und rer Entscheidung, einen beruflichen Weg der Sonnenkorona). Am letzten Projekttag stellten alle Grup- im Bereich der Physik einzuschlagen, ge- pen in einem Kurzvortrag ihre Arbeit in stärkt. Alles ist relativ – Die AG Relativitätstheorie im ASL 2013 von Konstantin Cismak, Johannes Schlosser, Patrik Schiffer und Florian Hart

Auch in diesem Jahr wurde wieder die AG (x‘ ist die Position im System S‘) und lo- Relativitätstheorie im ASL angeboten. gischerweise auch

v‘ = v + v0 Damit wir auch alles verstehen, vermit- telte unser AG-Leiter Fabian Heimann Würde v oder v0 der Lichtgeschwindigkeit uns zunächst Grundlagenwissen aus c entsprechen, bekäme man so heraus, Physik und Mathematik. Ganz zentral dass Überlichtgeschwindigkeit möglich waren dabei z. B. die Matrizenrechnung ist. Würde man wiederum festlegen, dass und mathematische Prinzipien aus der v‘ der Lichtgeschwindigkeit entspricht, klassischen Mechanik. wäre eben diese von der Richtung von v0 abhängig und entsprechend in verschie- Zu Beginn beschäftigten uns die Kine- dene Richtungen verschieden groß. 1 Veranschaulichung der matik und die Newtonschen Axiome Galilei-Transformation sowie die Bewegungsarten der gleichför- Um einen Nachweis darüber zu erbrin- migen Bewegung und gleichmäßig be- gen, überlegten sich Michelson und schleunigten Bewegung. Jedes ruhende Morley ein Experiment, bei dem sie Das Fundament dieser neuen Transfor- oder sich geradlinig und gleichförmig Licht mithilfe eines Halbspiegels in zwei mation bilden die „Einsteinschen Pos- mit einer konstanten Geschwindigkeit Richtungen aufteilten und später wieder tulate“, deren Kernaussage ist, dass die bewegende System ist ein sogenanntes zusammenführten, so dass man Interfe- Lichtgeschwindigkeit c im Vakuum im- Intertialsystem. renzen der Lichtwellen auf einem Schirm mer den Wert c = 299.792.458 m/s hat. feststellen könnte. Die Versuchsappara- Zwischen zwei sich relativ zueinander tur wurde durch die Bewegung der Erde Wegen der hier klar werdenden herausra- bewegenden Inertialsystemen gilt das um die Sonne bewegt und von Michelson genden Relevanz der Lichtgeschwindig- „klassische Relativitätsprinzip“ und da- und Morley im Kreis bewegt, so dass die keit haben wir ein Experiment zur Be- mit die Galilei-Transformation (Abb. 1). Bewegung in verschiedene Richtungen stimmung dieser durchgeführt. Für den Dabei stellt man sich zwei Intertialsys- stattfand. Sie beobachteten jedoch keine Versuchsaufbau benötigten wir als Sen- teme S und S’ vor, die sich beide mit der Interferenzverschiebung, weshalb sie da- der eine Quelle, die Radiowellen aussen- bestimmten konstanten Geschwindigkeit raus schlossen, dass die Lichtgeschwin- det, und als Empfänger zwei Antennen, v bzw. v’ bewegen. Ihre Relativgeschwin- digkeit richtungsunabhängig ist. die an ein Oszilloskop angeschlossen digkeit sei v0. Legt man nun einen Punkt sind. Als Sender diente in unserem Fall x im System S’ fest, gilt aus Sicht des Deshalb wurde die Galilei-Transforma- ein ASURO-Roboter des DLR (Abb. 2). Systems S: tion durch die Lorentz-Transformation Anschließend variierten wir den Abstand

x = x‘ + v0 ∙ t ersetzt. zwischen den beiden Antennen und be-

VdS-Journal Nr. 52 100 Kleine Planeten

stimmten mit Hilfe des Oszilloskops die Mithilfe der Lorentz-Transformation ha- Zeitintervalle, die die Radiowellen brau- ben wir im letzten Teil der AG noch die chen, um von uns vorgegebene Strecken Zeitdilatation hergeleitet, welche besagt, zurückzulegen. Außerdem berechneten dass ein Zeitintervall einem bewegten wir noch die Wellenlänge der Radiowel- Beobachter verlängert erscheint. Zum len. Als Wellenlänge der Radiowellen er- Schluss haben wir uns noch mit der Re- gab sich ein Wert von ca. 0,70 m und lativistischen Dynamik befasst und die der Mittelwert der von uns errechneten berühmte Formel E = m ∙ c² hergeleitet. Lichtgeschwindigkeit betrug c = 2,7 ∙ 108 m/s, 2 also 88 % des tatsächlichen Wertes. Der ASURO-Roboter des DLR Astronomie … am Schreibtisch! – Gedanken zum Beruf des Astronomen von Caroline Reinert Wer glaubt, dass man als Astronom bei Welt, dem Very Large Telescope der ESO, Heute kann man darüber lächeln. sternenklarem Himmel am Teleskop steht macht man nicht einmal mehr das. Man- Und trotzdem: Das Wissen um die Geset- und wunderbare Fotos von faszinieren- che Astronomen haben sogar noch nie ein ze, denen Nebel und Sterne folgen; dieses den Nebeln und Sternen macht, der hat Teleskop bedient, haben nie wunderba- Wissen, das eben auch einen großen Teil zum Teil sicher recht, erliegt aber gleich- re Fotos von faszinierenden Nebeln und der Faszination ausmacht, das stammt zeitig einer allzu romantischen Vor- Sternen gemacht. Ich kenne sogar Astro- nicht aus dunklen Vorstadtgärten, nur stellung von der Arbeit als Astronom. nomen, die außer dem großen Wagen am bedingt aus Teleskopkuppeln. Vielmehr Vor allem tut man nämlich eines: am Himmel nicht viele Sterne zuordnen kön- stammt es von den Schreibtischen vie- Schreibtisch sitzen. nen. Vielmehr wissen sie Bescheid über ler Astronomen, die sich vielleicht nicht Modelle und Parameter, Algorithmen und alle am gestirnten Himmel auskennen, Ob die Teleskopsteuerung, das Bearbeiten die neusten Funktionen von C++. aber deswegen nicht weniger fasziniert der aufgenommenen Bilder, das Fitten von ihm sind. Sie machen mit Rechnun- von Korrelationskurven, das Lesen von Das alles scheint so unglaublich weit gen und Simulationen Dinge sichtbar, wissenschaftlichen Veröffentlichungen. weg von dem, was man früher gemacht die man auch durch das größte Teleskop Alles findet am Schreibtisch statt. In der hat: Mit dem Teleskop im Garten stehen nie sehen könnte. Sie schauen hinter die Teleskopkuppel befindet man sich einen und fasziniert an den gestirnten Himmel Kulissen. Bruchteil der Zeit: zum Abnehmen der Ob- schauen, Sternkarte und Himmelsatlas jektivdeckel. Sitzt man in der chilenischen als stete Begleiter. Und damals hielt man Vielleicht ist also alles nur ein Frage des Wüste an einem der größten Teleskope der sich für einen ganz tollen Astronomen. Blickwinkels. Neues aus der FG Kleine Planeten von Gerhard Lehmann Namensbegründungen Im Haus der Astronomie im wunder- schönen Heidelberg fand die 17. Klein- (274860) Emilylakdawalla = 2009 RE26 planetentagung 2014 statt. Einem außer- Discovered 2009 Sept. 13 by M. Busch and R. Kresken at ESA OGS. Emily ordentlichen Team an ehrenamtlichen Lakdawalla (b. 1975) is an American planetary geologist and award-win- Geistern, ohne die keine Tagung stattfin- ning science communicator who, by sharing her passion for space explora- den könnte, standen die Organisatoren tion, inspires engagement by citizen-scientists everywhere. Carolin Liefke und Lothar Kurtze vor. Nach einer am Anreisetag stattfindenden (157015) Walterstraube = 2003 QL47 Führung durch die Landessternwarte und Discovered 2003 Aug. 25 by A. Knofel and G. Lehmann at Drebach. Johann das Max-Planck-Institut für Astronomie Walter Straube (b. 1937) was a founding father of astronomy in Namibia. standen der Samstag und der Sonntag For 28 , he oversaw an astronomical research facility of the Max- ganz im Zeichen der Vorträge über Klein- Planck-Institut für Astronomie on the Gamsberg, Namibia.

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planeten. Insgesamt 65 Sternfreunde wa- ren der Einladung gefolgt und lauschten an diesen beiden Tagen 13 Vorträgen.

Matthias Busch, Mitglied der FG Kleine Planeten, und Rainer Kresken, beide be- kannt durch TOTAS (Teide Observatorium Teneriffa Asteroid Survey) [1], entdeckten am 13. September 2009 einen Kleinpla- neten am OGS (Optical Ground Station) auf Teneriffa. Für diesen dann später nummerierten Kleinplaneten reichten sie als Namensvorschlag Emilylakdawalla ein. In ihrem Blog [2] berichtete Emily Lakdawalla, eine Planetengeologin und preisgekrönte Wissenschaftsjournalistin [3], begeistert über „ihren“ Kleinplaneten. 1 Blick auf die Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V.

Wenn Sie diese Ausgabe des VdS-Jour- nals in Ihren Händen halten, ist der „Mauerfall“ bereits 25 Jahre alt. Vorher Am Schluss dieser Zeilen möchte die FG Weblinks: undenkbar, jetzt nur noch eine finanzi- Kleine Planeten ganz herzlich zur 18. [1] TOTAS: http://vmo.estec.esa.int/ elle Frage, begeistert den Autor dieser Kleinplanetentagung am 27./28. Juni totas/ Zeilen noch immer die Beobachtung 2015 nach Essen in die dortige Stern- [2] Blog: www.planetary.org/blogs des südlichen Sternhimmels. Vielen warte [5] einladen. Wenn Sie dieses VdS- emily-lakdawalla/ Sternfreunden wird die Farm Hakos [4] Journal in Ihren Händen halten, wird [3] Wikipedia: http://en.wikipedia.org/ bekannt sein und wer einmal dort war, es eine Tagungswebseite mit weiteren wiki/Emily_Lakdawalla wird sich immer wieder gern an Johann Informationen geben. Schauen Sie dazu [4] Farm Hakos: www.hakos-astrofarm. Walter Straube als dem Besitzer der Farm bitte auf die Internetseite www.kleinpla- com/ erinnern. Seit dem Juli dieses Jahres gibt netenseite.de. [5] Sternwarte Essen: www.walter- es den Kleinplaneten (157015) Walter- hohmann-sternwarte.de/ straube am Sternenhimmel.

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IMPRESSUM gruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder beitrag von 35,- E (Europa) und 40,- E (außereurop. Länder), bzw. ermäßigt Mitarbeit: Eva Garbe, Elke Lawrenz 25,- E pro Jahr enthalten

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VdS-Journal Nr. 52 102 Kleine Planeten

Kleinplanetler im Zentrum der Galaxis von Markus Griesser

Zur 17. Kleinplanetentagung pilgerten beim Fachgruppen-Obmann tagungsüb- 1 Teilnehmer an der 17. Klein- rund 70 Sternfreundinnen und Stern- lichen Statistik-Zauber mit bunten Säu- planetentagung, zu Gast im Haus freunde aus Deutschland, Österreich, len und Kringeln erwartete hatte, war der Astronomie in Heidelberg den Niederlanden und der Schweiz nach fast ein wenig enttäuscht: Gerhard, sich Heidelberg. Die beiden Gastgeber Carolin wohl bewusst, dass seine FG im bunten Liefke und Lothar Kurtze hatten mit dem Kuchen der VdS ohnehin Klassenbeste („Karl der Täufer“) 395 weiteren gefun- Fachgruppen-Obmann Gerhard Lehmann ist, beschränkte sich für einmal auf ei- denen Asteroiden galt Heidelberg über ein buntes und abwechslungsreiches Pro- nige wenige, dafür umso eindrücklichere Jahrzehnte hinweg als sowas wie ein gramm zusammengestellt, wobei das von Fakten: Die rund 70 Teilnehmenden der Weltzentrum, als eigentliches Mekka, der der Klaus-Tschira-Stiftung finanzierte heutigen Tagung stammen aus 4 Län- Kleinplanetenforschung. Zu den heraus- und in Form einer Spiralgalaxie erbau- dern, 42 davon sind Mitglieder der VdS. ragenden Funden Wolfs zählen der 1906 te „Haus der Astronomie“ gleich neben Von den insgesamt 927 nummerierten entdeckte erste Trojaner und 1932 der dem Max-Plack-Institut für Astronomie Kleinplaneten, entdeckt von Mitgliedern erste Apollo-Asteroid. ein wunderschönes Ambiente für alle Ta- der FG, tragen aktuell 304 einen Namen. gungsaktivitäten bot. Allerdings – so musste Gerhard auch Wolf war aber auch ein Meister im Sam- einräumen: Mit den neuen Regeln der meln von Spendengeldern für neue Ins- Der Auftakt erfolgte schon am frühen IAU und den immer leistungsstärkeren trumente. Das heute noch auf der Lan- Freitagabend mit einer Führung durch „himmlischen Rasenmähern“ in Über- dessternwarte erhaltene Bruce-Teleskop, die Landessternwarte und einen Teil des see sind heute Amateurentdeckungen das auf Bitten von Max Wolf von der Max-Planck-Institutes für Astronomie, schwierig geworden. amerikanischen Gönnerin Caterina wo heute hauptsächlich Peripheriege- Bruce-Wolfe mit 10.000 US-Dollar fi- räte für große, international betriebene Auf den Spuren von Max Wolf nanziert worden ist, zeugt ebenso von Beobachtungseinrichtungen entwickelt, Prof. Dietrich Lemke zeichnete in sei- diesem Talent wie der 1906 von einem getestet und gebaut werden. Eine von nem rund einstündigen und vollkommen deutschen Industriellen gestiftete 72-cm- Carolin kommentierte Planetariumsshow frei gehaltenen Referat die spannende Waltz-Reflektor, das erste von Zeiss ge- im Herzen des „galaktischen Gebäudes“ Heidelberger Astronomie-Geschichte fertigte Großteleskop, dem noch viele gab dann einen Einblick in die großar- nach. Vielen Teilnehmenden war nicht weitere folgen sollten. tigen Möglichkeiten dieses neuen und bekannt, dass auch die Grundlagen der offenbar von Schulen und weiteren pä- Astrophysik mit Kirchhoff und Bunsen Weniger bekannt sind hingegen die dagogischen Einrichtungen fleißig ge- Heidelberger Wurzeln haben. Doch die bahnbrechenden Entdeckungen von Max nutzten Astronomie-Zentrums, das der überragende Gestalt für Kleinplaneten- Wolf in der Astrophysik. So erkannte er alten Universitätsstadt Heidelberg zu Freunde ist natürlich Max Wolf, der um am Waltz-Reflektor, dass es Nebel gibt, großer Ehre gereicht. 1890 mit einer kleinen Privatsternwarte die aus Gas bestehen, während andere am elterlichen Wohnhaus in der März- ganz offensichtlich sehr viele Sterne in Erfolgreiche Fachgruppe gasse die Grundlagen für zahlreiche fo- sich vereinen, die um das Zentrum rotie- Den Auftakt in den sonnabendlichen tografische Entdeckungen legte. Dank ren. Auch mit Entfernungsbestimmungen Vortragsreigen startete dann, nach der seinen später auf dem Königstuhl 248 befasste sich Wolf. Für die Andromeda- herzlichen Begrüßung durch die Gast- selbst entdeckten Kleinplaneten und den Galaxie ermittelte er eine – verglichen geber, Gerhard Lehmann. Doch wer den von seinem Nachfolger Karl Reinmuth mit dem heutigen Wert – sehr bescheide-

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ne Distanz von 33.000 Lichtjahren, aber für seine technisch fundierten Referate. über die zu erwartenden Ergebnisse des immerhin deutlich mehr als die Entfer- So hat er, mangels Finanzen als Privat- -Astrometrie-Satelliten. Das bereits nung der Gasnebel. mann für ein größeres Instrument, mit 1993 lancierte Projekt erlebte am 19. De- Hilfe eines neuen Korrektors die Brenn- zember 2013 den Start des Satelliten, der Wolf hat viel getan für die Popularisie- weite seines 35-cm-Newton in seiner dann bereits im Januar 2014 seine Posi- rung der Astronomie, im direkten Kon- Gartensternwarte von f/4,5 auf f/3,1 tion im Lagrange-Punkt L2 bezogen hat. takt mit Sternfreunden, aber auch beim verkürzt und mit einer mechanischen Inzwischen sollte die Datengewinnung Aufbau der astronomischen Abteilung Anpassung und einem größeren Kamera- beginnen, doch der Referent berichtete als Vorstandsmitglied des Deutschen chip die Reichweite dieses Equipments auch von noch ungelösten Problemen. Museums in München. Doch mit zuneh- verbessert. Mit einer erfolgreichen Reco- mendem Lebensalter sah sich Wolf mit very seines am 30. Januar 2009 entdeck- Doch die Erwartungen, gerade auch in gesundheitlichen Problemen konfrontiert ten Asteroiden 2009 BQ73 gelang dann der Kleinplanetenforschung, sind gewal- und geriet zeitweilig in depressive Pha- auch die Feuertaufe: An der vom MPC tig: Es werden etwa 350.000 neu ent- sen. Er sah sich mit seinen Instrumenten berechneten Stelle fand Rolf am 6. März deckte Asteroiden erwartet. NEOs können in übersteigertem Maß zunehmend kon- 2014 zwar nichts. Hingegen stand dann mit diesem tollen Gerät noch bis in eine kurrenziert durch US-Sternwarten, die der gesuchte Lichtpunkt nahe bei der mit Sonnendistanz von 45 Grad verfolgt wer- von großzügigen Mäzenen mit immer FindOrb berechneten Stelle im deutlich den. Und bei den bereits bekannten As- größeren und leistungsfähigeren Tele- größeren Gesichtsfeld seines Upgrades. teroiden werden massive Verbesserungen skopen ausgestattet wurden. der Bahnparameter erwartet. Dazu sollen Doch restlos begeistert ist der Referent, bessere Durchmesserbestimmungen, das Max Wolf starb nach langem Klinikauf- wie er eingestand, von seinem Ausbau Erkennen von Doppelasteroiden und auch enthalt und einigen letzten friedlichen doch nicht: Das größere Gesichtsfeld von – mit spektroskopischen Daten – neue Er- Tagen auf seiner geliebten Bergsternwar- 47 x 47 Bogenminuten² hat zur Folge, dass kenntnisse über die physische Natur von te Königstuhl im Oktober 1932 und wur- der Speicherplatz pro Frame von 2 auf 8 Kleinplaneten möglich werden. de auf dem Bergfriedhof in Heidelberg MB gestiegen ist. Größere Stacks dauern beigesetzt. Sein heute noch erhaltener so deutlich länger. Dazu muss er seine Es wird also zweifellos für Amateu- Grabstein trägt in Anlehnung an Beetho- Frames neu mit Flats kalibrieren, weshalb re noch schwieriger, neue Asteroiden vens Vertonung eines Textes des Dichters Rolf Apitzsch nach seinen Aussagen „nur zu entdecken. Doch Stefan Jordan wies Gottfried Fürchtegott Gellert folgende halb zufrieden ist“ mit seinem Upgrade. andererseits auf massiv verbesserte Vor- Inschrift: Aber eben: Was für selbstkritische Cracks aussagen bei der Berechnung von Pfaden „Die Himmel rühmen des Ewigen manchmal nur das halbvolle Glas bedeu- bei Bedeckungen von Kleinplaneten hin. Ehre durch der Gestirne tet, ist für Außenstehende oft ein randvol- Die werden aufgrund sehr viel besserer Kraftvoll geordneten Lauf nach les. So wohl auch in diesem Fall … Astro­metriedaten auch bei Sternen künf- des Erhabenen Gesetz. tig sehr viel enger und genauer sein. Mir, dem Forschenden öffneten sie Zwei Sternbedeckungen in zwei ihre Tiefe und schaudernd Stunden Es geistert im Teleskop Spürt ich die göttliche Hand, die Gerhard Dangl aus dem streulichtfrei- Der aus Holland stammende Optik-Fach- sie mit Liebe erschuf.“ en Österreichischen Waldviertel (Station mann Harry Rutten berichtete mit seinem Nonndorf – C47) berichtete von zwei Referat über Geisterbilder von einem läs- Neue Vereinssternwarte Sternbedeckungen, die er mit seiner Aus- tigen Randphänomen bei heutigen Beob- Nach der Kaffeepause bot Jürgen Linder rüstung und einer Watec-Kamera sowie achtungen. Die Ursachen solcher Refle- eine Vorschau auf seine Vorhaben an der mit seiner neuen Montierung EQ-8 von xe und Beugungserscheinungen können Vereinssternwarte Durmersheim. Der Re- Skywatcher am 8. März 2014 mit den As- sehr verschieden sein: Sie können in der ferent schilderte das Entstehen der 2009 teroiden (51) Nemausa und (1258) Sicilia Hauptoptik, in Korrektoren, in den heu- gegründeten Sternwarte, die neben zwei ausgeführt hat. Beide Beobachtungen te üblichen Mehrschichtvergütung oder Dobsons und einem 114-mm-Newton dieser Nacht waren speziell: Die erste, auch im CCD-Chip liegen. Dass solche als Hauptinstrument über einen 35-cm- weil der bedeckte Stern nur gerade 12,8 lästigen Fehlabbildungen in letzter Zeit Cassegrain von Meade verfügt. Aktuell mag „hell“ war, und die zweite, weil „Si- stark zugenommen haben, hängt mit der sind noch zahlreiche Probleme zu lösen, cilia“ nur gerade mit 16,3 mag leuchtete. Entwicklung zusammen: Zunehmend doch soll voraussichtlich ab Herbst 2014 Doch offenbar ist bei einer sorgfältigen kommen größere Teleskope mit kompli- ein Remote-Betrieb für Mitglieder und Arbeitsweise selbst bei so geringen Hel- zierten Optiken und empfindlichere Sen- Schulen möglich sein. Aber, wie Jürgen ligkeiten der Helligkeitsabfall noch klar soren zum Einsatz. Harry empfiehlt des- andeutete, sind bis dahin noch zahlreiche messbar. halb, bei Neuanschaffungen von Geräten Steine aus dem Weg zu räumen. unbedingt vorher Referenzen bei Nutzern Gaia wird uns wehtun einzuholen. Erfolgreiches Upgrade Mit Stefan Jordan von Astronomischen Rolf Apitzsch aus Wildberg im Schwarz- Recheninstitut Heidelberg ARI berichte- Anstelle von Detlev Koschny stellte Phi- wald ist einer der erfahrensten Beobach- te ein erfahrender Fachmann, der schon lipp Maier aktuelle Aktivitäten der ESA ter in der Fachgruppe und auch bekannt am Hipparcos-Projekt mitgewirkt hat, im Bereich von erdnahen Objekten vor.

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Aus Modellen werden dabei neue Beob- einer gelungenen Simulation mit dem diesem Fall nach einem Gesamtaufwand achtungsstrategien abgeleitet. Mit der von Matthias Busch entwickelten Pro- von 5 1/2 Stunden und mit insgesamt 18 von der TU Braunschweig und dem DLR gramm EasySky zeigte er anschaulich Suchfeldern, verteilt über zwei Nächte, neu entwickelten Software NEOPOP, die den überaus komplexen Bahnverlauf von erfolgreich sein ließ. Das entsprechende ab Ende 2014 verfügbar sein soll, können Rosetta mit mehreren Swing-by-Manö- Circular mit der Recovery wurde vom u. a. auch Beobachtungsstrategien für vern und den Passagen an den Asteroi- Minor Planet Center am 16. September einzelnen Stationen abgeleitet werden. den „Steins“ und „Lutetia“ bis hin zum 2012 publiziert. Dabei zeigt es sich, dass Beobachtungs- Kometen mit dem unaussprechlichen netzwerke um einiges effektiver sind, als Namen. Das ESA-Team war dann äußerst Tautenburg ist wieder mit dabei ein einzelner Survey. erleichtert, als die Sonde nach ihrem am Mit Freimut Börngen, der sich heute al- 8. Juni 2011 begonnenen Tiefschlaf am lerdings altershalber nicht mehr an den Im Wettbewerb „Schüler experimentieren 20. Januar 2014 erfolgreich wiederer- KP-Tagungen beteiligen mag, ging 1995 2014“ eines Hildesheimer-Gymnasiums weckt werden konnte. Im Juli 2014 sollte einer der erfolgreichsten Kleinplane- gewannen die beiden Jugendlichen Anna der Einschuss in die Umlaufbahn um den tenentdecker in Pension. Das von ihm Oelve und Anton Mittag mit ihrer Ar- Kometen erfolgen. Und sinnigerweise für noch konventionell fotografisch genutz- beit „Die Struktur des Asteroidengürtels den 11.11.2014 war dann die Landung te 2-Meter-Teleskop der Thüringischen – durch eigene Messungen bestimmt“ auf der Oberfläche vorgesehen. – Helau! Landessternwarte in Tautenburg bei Jena einen ersten Preis. Mit elementarer Him- wird heute in einem begrenzten Einsatz melsmechanik und mit Experimenten mit TOTAS – rundum eine Erfolgs- für die Verfolgung von erdnahen Klein- den Bahnparametern i, e und U entwi- geschichte planeten verwendet. Bringfried Stecklum ckelten die beiden ein wirklichkeitsna- Matthias Busch hatte wiederum eini- berichtete in seinem Referat über das hes Modell des Asteroidengürtels, das ge gute Neuigkeiten aus dem Beobach- von ihm dafür angewandte Verfahren, zumindest für die Oppositionsdaten von tungsprogramm mit dem 1-Meter-ESA- das sich doch stark unterscheidet von Kleinplaneten recht gut funktioniert. Telskop auf Teneriffa zu übermitteln. den durch Amateure eingesetzten Mit- Jeden Monat stehen dem Team im Rah- teln und Programmen, hauptsächlich mit Bahnbestimmungen mit Schatten- men des NEO-Beobachtungsprogrammes Astrometrica und Pin-Point. Der Referent spielen vier Nächte zu Verfügung. Die Bilanz ist arbeitet auch mit Filtern. Doch offenbar Für den Lehrer Gerrit Fischer berichtet eindrücklich: So resultierten aus TOTAS musste er anfänglich ziemlich Lehrgeld Carolin Liefke über eine eben einge- bis heute 190.000 Positionsmessungen bezahlen mit nicht so berauschenden reichte, sehr reizvolle Examensarbeit des an 46.692 Asteroiden. Es wurden für die Positionsgenauigkeiten. Der Referent be- Autors zur Bahnbestimmung jenes Me- Station J04 bis dato 1.690 Designations richtete daher von bereits eingeleiteten teoriten, der am frühen Morgen des 15. vergeben. Es gab 7 NEO-Entdeckungen, Verbesserungen, auch für rasch bewegte Februar 2013 über der russischen Stadt neu auch die Entdeckung des ersten Ko- Objekte. Chelyabinsk niedergegangen war. Es gibt meten. Dazu 37 Nummerierungen und 6 ja bekanntlich unzählige Dashcam-Auf- Namen. TOTAS hat aber auch aufgerüs- Dem Rezensenten sei die Frage erlaubt, nahmen dieses Ereignisses, die allerdings tet und beobachtet neu mit einer 4k x inwieweit solche Messungen an erdna- mangels genauer Standortkoordinaten 4k-CCD mit gesteigerter Empfindlich- hen Objekten, die ohnehin im Fokus der nur sehr schwer auszuwerten sind. Besser keit. Die Erfolgsgeschichte dieses bei der Surveys und der inzwischen auch gut ge- eignen sich dafür Aufzeichnungen von Auswertung weitgehend von Amateuren rüsteten, weltweiten Amateur-Commu- stationären Überwachungskameras mit aus der Fachgruppe getragenen Projektes nity stehen und fast täglich beobachtet definierten Blickrichtungen und Zeitein- dürfte also anhalten. werden, Sinn machen für ein professio- blendungen. So verwendete der Autor nelles 2-Meter-Teleskop mit nachtakti- die über Youtube abrufbaren Bilder einer Verschollene Erdkreuzer wieder- vem Hilfspersonal. Kamera am Platz der Revolution mitten finden in der Stadt, wobei er für die Auswertun- Erwin Schwab betreut außerhalb des da- Das nächste Mal … gen der Flugbahn die Schattenwürfe von für nicht geeigneten TOTAS-Programms Die nächste Kleinplanetentagung wird Straßenlaternen, deren Höhe er im Ver- mit dem 1-Meter-ESA-Teleskop auf Te- im 27./28. Juni 2015 wieder mal in Es- gleich zu Bussen bestimmt hatte, einsetz- neriffa eine gezielte Suche nach verlo- sen stattfinden. Dieser Tagungsort dürfte te. Mit Google Streetview kam er dann renen gefährlichen Erdbahnkreuzern, besonders die holländischen Sternfreun- in seinen Bahnbestimmungen den inzwi- speziell nach Virtual Impactors und de freuen, die dadurch wieder mal eine schen in renommierten wissenschaftli- Potentially Hazardous Asteroids. Sein deutlich kürzere Anfahrt haben. chen Zeitschriften, u. a. in Nature, pu- wichtigstes Hilfsmittel dazu ist der aus blizierten Ergebnissen erstaunlich nahe. der Streuellipse mit der eingebetteten … und ein Hinweis: „Line of Variation“ (LOV) abgeleitete, Die meisten Referate der Kleinplaneten- Auf dem Weg zum Kometen mutmaßliche Aufenthaltsort des ver- tagung 2014 sind über diesen Link ein- „Churyumow-Gerasimenko” missten Körpers, also angewandte Ma- sehbar: www.haus-der-astronomie.de/ Der Sonntagmorgen sah mit Rainer Kres- thematik. Am praktischen Beispiel des 2728267/Tagungsprogramm kens Referat über die Kometensonde Ro- PHA 2008 SE85 zeigte Erwin seine aus- setta einen der Tagungshöhepunkte. Mit gefeilte Beobachtungsstrategie, die ihn in

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Kosmische Begegnungen von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroauf- herausfindet, wer der Verursacher der Die Markierungen 1 und 2 im Bild zeigen nahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspur war. Gleich drei Kleinplane- den Kleinplaneten (2043) Ortutay, der ein Strichspuren. Der Verursacher ist meist ten konnte Rochus Hess [1] auf seiner waschechter Ungar ist. Entdeckt wurde er ein Kleinplanet, der sich während der fantastischen Aufnahme der Plejaden 1936 vom ungarischen Astronomen Gy- Belichtungszeit ein kleines Stück auf finden (Abb. 1). Da für das Bild die Ein- örgy Kulin am Konkoly-Observatorium seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt zelaufnahmen aus den Nächten des 23. in Budapest. Benannt wurde er nach dem hat. Für viele Astrofotografen sind sol- und 27. Dezember 2013 verwendet wur- ungarischen Astronomen und Ethnolo- che zufälligen kosmischen Begegnungen den, findet man zwei der drei Asteroiden gie-Professor Gyula Ortutay. Der Klein- eine Bereicherung des Bildes. Besonders zweimal als Stichspur im Endresultat planet ist ein Hauptgürtelasteroid von ca. dann, wenn man nach einiger Recherche vertreten. 45 km Größe. Für einen Umlauf um die

1 Die Kleinplaneten (2043) Ortutay, (23282) 2000 YZ116 und (3437) Kapitsa bei dem Offenen Sternhaufen M 45. Aufgenommen mit einer Moravian-CCD-Kamera G2 8300FW und einem 8-zölligen Newton f/4. (Bildautor: Rochus Hess)

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Tabelle 1: Ausgewählte Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten im kommenden Quartal.

Datum Uhrzeit Kleinplanet mag Objekt Art mag Abstand 24.01.2015 22:00 (541) Deborah 14,7 M 1 SNR 8,4 3´ 27.01.2015 21:00 (3819) Robinson 16,2 NGC 1514 PN 10,9 2´ 18.02.2015 22:00 (249) Ilse 15,1 NGC 2371 PN 11,2 5´ 21.02.2015 24:00 (384) Burigala 12,8 NGC 3226/7 Gx 11,4/10,4 4´ 16.03.2015 24:00 (138) Tolosa 12,7 M 105 Gx 9,5 5´ 20.03.2015 24:00 (731) Sorga 14,6 NGC 3686 Gx 11,2 2´

Abkürzungen: SNR = Supernovaüberrest, PN = Planetarischer Nebel, Gx = Galaxie

Sonne benötigt er ca. fünfeinhalb Jahre. gegen regte schon seit vorgeschichtli- die Möglichkeit, verschiedene Parameter Zum Zeitpunkt der Aufnahme betrug sei- cher Zeit die Fantasie der Menschen an. wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objek- ne Helligkeit ca. 15,2 mag. Das auffällige Sternmuster fand in vie- tes oder die Helligkeit des Kleinplaneten len Kulturen Einzug in die Mythologie. selbst auszuwählen, um eine passende Im unteren Teil des Bildfeldes (3 und 4) Wissenschaftlich betrachtet ist M 45 ein Konjunktion für sich zu finden. befinden sich die beiden Strichspuren des Offener Sternhaufen in einer Entfernung Kleinplaneten (23282) 2000 YZ116, der von ca. 380 Lichtjahren. Das Licht, das Wir möchten Sie im Namen der Fach- damals ca. 16,7 mag hell war. Der nur uns heute erreicht, machte sich auf den gruppe Kleine Planeten der VdS bitten, 10 km große Brocken ging im Jahr 2000 Weg als in Europa der 30-jährige Krieg Ihre kosmische Begegnung einzusen- dem automatischen Suchprogramm Ca- tobte. Aus der Sicht der Menschheit ge- den, um zukünftige Ausgaben des VdS- talina Sky Survey ins Netz. sehen, eine andere Epoche. Kosmolo- Journals mit Ihren Bildern zu bereichern. gisch gesehen, nur ein Wimpernschlag. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Der dritte Kleinplanet am rechten Bild- Betreff „Kosmische Begegnung“ an di- feldrand (5) ist (3437) Kapitsa, der sich Kosmische Begegnungen finden täglich [email protected]. Bitte vergessen Sie nicht nur am 23. Dezember 2013 im Aufnah- statt. Die obige Tabelle 1 enthält eine das Aufnahmedatum, die fotografierten mebereich aufhielt. Der ca. 18 km gro- kleine Auswahl interessanter Begegnun- Objekte und die Daten des Teleskops bzw. ße Marsbahnkreuzer wurde 1982 von gen zwischen Kleinplaneten und Deep- der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines der ukrainischen Astronomin Ljudmila Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. ausgewählten Bildes wird anschließend Georgijewna Karatschkina am Krim- Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönli- aufgefordert, eine unkomprimierte Ver- Observatorium in Nautschnyj entdeckt. chen Bild einer kosmischen Begegnung sion des Bildes für den Druck zur Verfü- Benannt wurde er nach dem russischen erleichtert werden. gung zu stellen. Physiknobelpreisträger Pjotr Leonido- witsch Kapiza (1894-1984), der sich mit Eine Möglichkeit, sich täglich über ak- Weblinks: Tieftemperaturphysik beschäftigte und tuelle kosmische Begegnungen zu infor- [1] Homepage Rochus Hess: http:// 1978 den Nobelpreis für Physik erhielt. mieren, finden Sie auf der Homepage von astrofotografie-hess.heimat.eu/ Klaus Hohmann [2]. Dort kann sich der in- [2] Tabelle Klaus Hohmann: http:// Diese drei Kleinplaneten sind also nicht teressierte Astrofotograf in dem von Klaus astrofotografie.hohmann-edv.de/ einmal einhundert Jahre bekannt. Der geschriebenen Tool kosmische Begegnun- aufnahmen/kosmische.begegnungen. Offene Sternhaufen der Plejaden hin- gen anzeigen lassen. Interaktiv hat man php Fotografie schwacher Kometen nahe der Grenzhelligkeit von Michael Hauss

Sehr helle Kometen gehören zu den be- schwache bis sehr schwache Exemplare. schaft“ führen. Die geringe Helligkeit von eindruckendsten Himmelserscheinungen, Anstatt also einen sehr hellen Kometen sehr schwachen Kometen ist dabei aber die es gibt, doch leider sind sie sehr sel- in all seiner Pracht zu fotografieren, nicht das einzige Problem, denn weil sich ten! Beschäftigt man sich etwas inten- steht bei den sehr schwachen Kometen die Kometen meist recht schnell bewe- siver mit Kometen, dann erkennt man im Vordergrund, diese überhaupt eindeu- gen, verziehen sich diese bei einer (au- bald, dass es eigentlich jederzeit mehre- tig nachweisen zu können. Und das kann tomatischen) siderischen Nachführung re Kometen am Himmel zu beobachten eine Menge Freude bereiten und im Laufe auf lang belichteten Fotos zu kleinen gibt, allerdings handelt es sich meist um der Zeit zu einer echten „Sammelleiden- Strichen. Früher begegnete man diesem

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1 Einzelaufnahme des Kometen C/2011 J2 (LINEAR) 2 Überlagerung von 55 Einzelaufnahmen des Kometen C/2011 J2 (LINEAR) mit einer Zentrierung auf die Fixsterne

3 Position des Kometen in Cartes du Ciel zu Beginn der 4 Überlagerung von 55 Einzelaufnahmen des Kometen C/2011 J2 Aufnahmeserie im Referenzbild (LINEAR) mit einer Zentrierung auf den Kometen

Problem, indem man die Nachführung ist hier dagegen das präzise Stacking auf verfügbaren Programm Cartes du Ciel, des Teleskops mühsam der Kometenbe- den schwachen Kometen. Glücklicher- bei welchem man für das Anfangsfo- wegung anglich. Im Zeitalter der digita- weise bieten moderne Softwarepakete to die exakte Zeit eingibt und sich die len Fotografie geht man üblicherweise die Möglichkeit, das Stacking kometen- Position des Kometen anzeigen lässt. den Weg des Stackings vieler Einzelauf- zentriert vorzunehmen. Der DeepSkySta- Zudem lässt man sich in dem Programm nahmen, die für sich genommen so kurz cker beispielsweise verfügt über eine ein Referenzbild (im Menü die Funktion belichtet sind, dass der Komet annähernd einfache Möglichkeit, eine kometenzen- „DSS-Bild abrufen ...“) einblenden, was punktförmig erscheint. trierte Überlagerung der Einzelfotos zu die weitere Arbeit wesentlich erleichtert. erhalten. Dazu muss - bei exakt gleichen Einen geeigneten Ausschnitt dieses Re- Liegt der eigene Beobachtungsplatz - wie Zeitabständen der Einzelaufnahmen - ferenzbildes zusammen mit der ange- etwa eine Gartensternwarte - in einer der Komet (nur) auf dem ersten und auf zeigten Kometenposition kann man sich mehr oder weniger lichtverschmutzten dem letzten Foto markiert werden. Doch dann als Datei speichern und mit dem Gegend, dann deckt sich diese Anforde- genau da liegt das nächste Problem bei Anfangsfoto der Belichtungsserie über- rung an die Kometenfotografie wenigs- einem sehr schwachen Kometen, denn lagern. Dazu wiederum eignet sich das tens auch mit den Restriktionen der ge- häufig kann er wegen seiner geringen frei verfügbare Programm Fitswork sehr gebenen Möglichkeiten. Helligkeit auf einer Einzelaufnahme gut, bei dem es ausreicht, jeweils zwei nicht exakt identifiziert werden! Hier Fixsterne im eigenen Foto bzw. im Re- Das klassische Stacken der einzelnen gibt es aber eine recht einfache Möglich- ferenzbild zu markieren und diese dann Aufnahmen an sich führt natürlich noch keit, auch dieses Problem zu überwinden, automatisch zu addieren. Dann hat man nicht zum Erfolg, denn stackt man die indem man die Kometenpositionen auf die zuvor ermittelte Kometenposition in einzelnen Fotos zentriert auf die Fixster- den Anfangs- und Endbildern mit Hilfe seinem ersten Foto exakt eingezeichnet, ne, dann erhält man logischerweise wie- eines Planetariumprogramms ermittelt. tauscht das Foto im DeepSkyStacker der eine Strichspur des Kometen. Gefragt Sehr gut funktioniert das mit dem frei (ohne Neuberechnung!!) aus, markiert

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den Kometen gemäß der exakten Positi- keit von knapp über 15 mag fotografisch gestackten Bildes gemäß IRIS bei rd. 16,8 on und speichert diese Einstellung. Da- ablichten zu können. mag liegt (Abb. 2)! Mit Hilfe der exak- nach tauscht man das Foto wieder mit ten Kometenpositionen gemäß Cartes dem ersten Originalfoto aus. Gleiches Die zahlreichen Einzelfotos des Kometen, du Ciel zum Anfang (Abb. 3) und zum macht man mit dem letzten Foto der die mit einer Canon EOS 5D Mark II in Ende der Belichtungsreihe gelingt dann Belichtungsserie und man erhält die ex- Verbindung mit einem 8-Zoll-Schmidt- ein kometenzentriertes Stacking, bei dem akten Kometenpositionen, mit der dann Cassegrain-Teleskop mit Reduktor (d. h. der Komet nun deutlich erkennbar ist, das kometenzentrierte Stacking im Deep f/6,3) bei ISO 3200 und einer Belich- während die Sterne zu Strichen verzogen SkyStacker durchgeführt werden kann. tungszeit von je 40 Sekunden aufge- sind (Abb. 4). Das Ergebnis ist ein optimal auf den Ko- nommen wurden, weisen für sich ge- meten zentriertes Foto des schwachen nommen jeweils eine mit der Software Die gleiche Technik funktioniert natür- Kometen, während die Hintergrundsterne IRIS bestimmte stellare Grenzhelligkeit lich auch bei sehr diffusen oder sehr hel- zu kleinen Strichen verzogen sind. von rd. 14,8 mag auf (Abb. 1). Der Ko- len Kometen, bei denen es nicht immer met C/2011 J2 (LINEAR) ist auf den ganz leicht ist, den exakten Helligkeits- Als Beispiel soll der Komet C/2011 J2 Einzelaufnahmen kaum sicher zu iden- schwerpunkt auf den Fotos zu erkennen. (LINEAR) dienen. Der Beobachtungs- tifizieren! Beim (sternzentrierten) Sta- nacht vorangegangen war eine kurze cking aller 55 Einzelaufnahmen mit dem Recherche im Internet [1-2], bei der die DeepSkyStacker kann man den Kometen Weblinks: Hoffnung aufkam, diesen Kometen trotz bereits als kleinen Strich erkennen, wo- [1] http://kometen.fg-vds.de seiner geringen zu erwartenden Hellig- bei die stellare Grenzhelligkeit des fertig [2] www.astrosurf.com/cometas-obs Die Wiederentdeckung des Kometen P/2001 BB50 von André Wulff Am 21.5.2014 bekam ich eine Mail von Jost Jahn mit der Information, dass wir beide mit dem ROTAT-Teleskop in der Haute Provence einen Kometen wieder- entdeckt haben. Es handelt sich um den Kometen P/2001 BB50, der zuletzt vor 13 Jahren beobachtet wurde.

Ich konnte mich daran genau erinnern, denn ich hatte eine Belichtungsreihe er- stellt, in der ich genau nach diesem Ko- meten gesucht hatte. Auf der Homepage des japanischen Kometenbeobachters Seiichi Yoshida findet man eine aktu- 1 Die vorhergesagte und die tatsächliche Position des Kometen, gekennzeichnet elle Liste der bisher noch nicht wieder- mit „2“. Der Rahmen zeigt das Gesichtsfeld der verwendeten Kamera. entdeckten Kometen. Dort befand sich am 1.3. dieses Jahres auch dieser Komet und er war nahe und be- eines Kuppeldefekts nicht in den folgen- TAT-Teleskop seine erste Kometenentde- obachtungsgünstig platziert. Das war den Nächten die Objekte weiter verfolgen ckung geschafft, zwar „nur“ eine Wieder- mir einen Versuch wert und so fertigte und somit gingen sie als sogenannte „one entdeckung, aber immerhin. Für das von ich meine Belichtungsreihe über rund 2 nighter“ ins Archiv des MPC. Auch der der „Stiftung Interaktive Astronomie und Stunden an. Auf den Aufnahmen fand gesuchte Komet war darunter, aber das Astrophysik“ [2] betriebene Teleskop ist ich an der vorhergesagten Position keine sollten wir erst später erfahren. dies natürlich eine Bestätigung der bisher Spur vom Kometen und Jost Jahn ließ die geleisteten Arbeit und für Jost und mich Bilder dann noch einmal durch das Pro- Über zwei Monate später entdeckte das sicherlich auch ein schöner Erfolg. Was gramm Astrometrica analysieren. Astro- Teleskop Pan-STARRS (wer auch sonst ...) uns besonders freut: Mit den 60 cm des metrica fand auf den Aufnahmen diverse ein Objekt und das MPC konnte es mit ROTAT haben wir die 180 cm von Pan- bekannte Objekte, aber auch drei bisher unseren Beobachtungen in Verbindung STARRS schlagen können. nicht bekannte Objekte konnten aufge- bringen. In den Veröffentlichungen des funden und ans Minor Planet Center ge- MPC wurde das dann auch entsprechend Der Komet befand sich nicht auf der meldet werden. Leider konnten wir wegen bekannt gegeben [1]. Damit hat das RO- vorhergesagten Position, sondern rund

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ein Grad davon entfernt (Abb. 1). Die „Helligkeit“ des Kometen lag bei 20 mag. Visuell konnte man ihn auf den Aufnah- men mehr ahnen als sehen, aber Astro- metrica findet solche schwachen Objekte trotzdem auf den Fotos.

Jost und ich sind natürlich für die Mög- lichkeit der Teleskopnutzung sehr dank- bar und hoffen für die Zukunft auf weite- re Entdeckungen. Dazu gehört natürlich schon eine Menge Glück, aber Kleinpla- neten werden wir in Zukunft mit Sicher- heit mit dem Teleskop entdecken können. Eine „richtige“ Kometenentdeckung wäre natürlich noch schöner, aber da sollten wir doch besser mal auf dem Boden der Tatsachen bleiben.

Weblinks: [1] MPEC 2014-K21: 2 Dieses Bild ist ein Stack fast aller Aufnahmen der Serie und ist in Summe rund 2 www.minorplanetcenter.net/mpec/ Stunden belichtet. Das Stacken geschah analog zur scheinbaren Bewegung des K14/K14K21.html Kometen. Verwendet wurde das ROTAT-Teleskop der Stiftung „Interaktive Astronomie [2] Stiftung Interaktive Astronomie und und Astrophysik“ der Universität Tübingen mit 60 cm Durchmesser und rund 180 cm Astrophysik: www.stiftung- Brennweite. Die Kamera ist eine SBIG-STL11000 im Binning-1-Modus. astronomie.de Die Sonnetagung 2014 in der Sternwarte Kirchheim – ein Bericht von Michael Delfs Am Wochenende der Sommersonnen- ters konnten wir zeitlich ungezwungen seine 50 Jahre Sonnenbeobachtung, wo- wende (21. und 22.6.2014) trafen sich den interessanten Vorträgen lauschen – bei er insbesondere auf seine 13 Sonnen- 13 Amateursonnenbeobachter in der ein festes Programm gab es nicht. Karl- finsternisexpeditionen Bezug nahm, da- Volkssternwarte Kirchheim, nahe der Heinz Mau berichtete von seiner Beob- von 9 totale und zwei ringförmig-totale. thüringischen Stadt Arnstadt. Die Volks- achtung der partiellen Sonnenfinsternis Am Samstagnachmittag machten wir ei- sternwarte Kirchheim ist seit 1992 auch 2003 und seinen Erlebnissen zur totalen nen Besuch bei Sternfreund Günter Loibl VdS-Feriensternwarte und zeichnet sich Sonnenfinsternis 1999 in Deutschland. und seiner Frau im knapp 15 Kilometer durch engagierte Mitglieder und einen Seine Aufnahmen waren eindrucksvoll entfernten Espenfeld. Dort wurden wir umfangreichen Instrumentenpark auch und zeigen, was auch von hier aus zu herzlich empfangen und konnten in bei den Zusatzgeräten zur Sonnenbe- beobachten möglich ist. Zu der 1999er- der großen Sternwartenkuppel auf dem obachtung aus. Gerade die Möglichkei- Finsternis brachte er zur Belustigung al- Dach des Wohnhauses die Instrumente ten zur Beobachtung der Sonne und ein ler auch einige satirische Cartoons eines bewundern und zu ihrer Funktion und technisch gut ausgestatteter Vortrags- Sternfreundes auf die Leinwand. Die bei- Entstehungsgeschichte eine Vielzahl von raum waren es, die uns nach Kirchheim den Leipziger Sonnen- und Sternfreunde Einzelheiten erfahren. Als sich die Son- führten. Um es allerdings vorweg zu sa- Anke Hamann und Manfred Heinrich lie- ne kurz zeigte, konnte uns Herr Loibl gen: Leider war es fast durchgehend be- ßen das Sonnenjahr 2013 von ihrer Bal- anhand des Projektionsbildes auf dem wölkt und nachts ließen 9° Celsius keine konsternwarte aus gefilmt und musik- angebauten Schirm seine langjährige Sommeratmosphäre aufkommen. Immer- unterlegt Revue passieren, es waren wie Sonnenbeobachtungsmethode vorfüh- hin wurden wir von Regen verschont. immer viele tolle Flecken- und Protube- ren. Leider gab es kaum Sonnenflecken. ranzenaufnahmen darunter. Ebenfalls in Auf der Dachterrasse neben der Kuppel Die Tagung sollte sich von Anfang an bewegten Bildern und mit Musik berich- schweifte unser Blick über die schö- als Workshop gestalten, wobei die meiste teten sie von ihrer Reise nach Lappland ne thüringische Landschaft, während Zeit eigentlich an den Teleskopen zuge- und den Polarlichtern. Danach präsen- der Gastgeber dabei Begebenheiten aus bracht werden sollte. Aufgrund des Wet- tierte Peter Stolzen auf mitreißende Art seiner langen astronomischen und vor

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1 Gruppenbild der Sonnetagung 2014

Nach Einbruch der Dunkelheit saßen wir dann noch gemütlich im Vortragsraum zusammen und ließen den Tag ausklingen.

Am Sonntagvormittag fand noch die SONNE-Redaktionssitzung statt und Andreas Bulling berichtete vom 4. Son- nenflecken-Workshop in Locarno, auf dem für uns an der Relativzahl Interes- sierte schier Unglaubliches vorgestellt allem volksbildenden Tätigkeit an der die Sternwartengebäude. Besonders er- wurde. Es geht um völlig unübliche Volkssternwarte Erfurt schilderte. An- wähnenswert bei diesem Rundgang war Gruppeneinteilungen bei den Sonnenfle- schließend wurden wir im Wohnzimmer die Tatsache, dass die wenigen Vereins- cken mit starken Auswirkungen bei den an den Kaffeetisch gebeten und konnten mitglieder schon in der DDR alles selbst Standardrelativzahlen im früheren Be- uns dem vorzüglichen, selbstgebackenen gebaut haben und auch bis heute alles obachtungsnetz der Sternwarte Zürich. Kuchen Frau Loibls zuwenden. Anhand selbst erledigen: Von den Fundamenten Einzelheiten dazu in einem Bericht von einer Bildertafel führte uns dabei Herr bis zu den Dächern, Innen- und Außen- Andreas Bulling. Loibl durch sein astronomisches Leben. montage, Fenstertausch, Rohrverlegung, Nachdem wir uns dann in das Gästebuch kurzum alles. Natürlich gilt dasselbe für Sonntagmittags konnten dann die noch eingetragen hatten, war schon alles für die Instrumente und Zusatzgeräte. Das verbliebenen Teilnehmer ganz kurze Bli- ein Gruppenfoto im Garten vorberei- Ganze wird unbezahlt und ohne regel- cke auf die Sonne durch kleine Wolken- tet. Dankbar für die schönen Stunden mäßige Unterstützung vom Staat in der lücken im Kalzium-, Weiß- und H-alpha- machten wir uns auf den Weg zurück Freizeit erledigt neben dem Vollzeitjob Licht erhaschen. nach Kirchheim, wo uns leckere thü- und neben der Familie. Hier könnte sich ringische Rostbratwürste vom Grill und so manche personell und finanziell gut Trotz des Wetters war auch diese Sonne- Bier, Letzteres nicht ganz thüringisch, ausgestattete, astronomische Volksbil- tagung wieder eine Reise wert. 2015 wer- erwarteten. Nachdem wir uns gestärkt dungseinrichtung ein Beispiel nehmen. den wir uns voraussichtlich außerhalb hatten, führte uns Jürgen Schulz durch von Göttingen wieder zusammenfinden. Mein Vorgehen bei der H-Alpha- Beobachtung der Sonne von Alexander Geiss

Als Nutzer eines H-Alpha-Teleskops Weil meine Beobachtungen in immer ich, da die Hitze besonders im Sommer wird man immer wieder Zeuge dyna- kürzeren Abständen erfolgten, brauch- schnell nicht mehr erträglich ist. Statt- mischer Vorgänge in der Chromosphäre te ich eine mobile Ausstattung für mein dessen habe ich mir eine schwarze Blen- der Sonne, in einigen Fällen auch mit PST. Ich konnte auf mein Fotostativ aus de aus Kautschuk gebaut und auf die beobachtbaren Änderungen im Drei-Mi- der Jugend zurückgreifen. Beide passen Okularfassung gesteckt. Damit werden nuten-Takt. Das kann dazu leiten, dass in eine große Stofftasche. Für den schnel- beide Augen vor dem hellen Hintergrund man z. B. sein PST immer wieder spon- len Zugriff liegt das PST mit montiertem hinter dem Teleskop geschützt, womit tan aufstellt. Bei diesen Beobachtungen 15-mm-Okular vor Staub geschützt in zwar ein geringerer Effekt zur Kontrast- liegt es dann auch nahe, die von P. Völ- einem regelmäßig ersetzbaren Müllbeutel verstärkung erzielt wird, dafür ohne den ker [1] initiierte und nun u. a. über www. und wiederum in einer verknoteten klei- Luftaustausch einzuschränken. Im Som- interstellarum.de koordiniert erfasste neren Tasche mit 10-mm-Wechselokular mer hilft ein luftiger Hut gegen die starke H-Alpha-Relativzahl regelmäßig zu be- für Detailbetrachtung. Griffbereit liegen Einstrahlung auf den Kopf. stimmen. Das hilft auch nebenbei bei der dabei Beobachtungsheft und Druckblei- bewussten Beobachtung und Erfassung stift. So ist meine Ausrüstung schnell Mein Tag – betrachtet durch die „H- der Veränderungen, was bei unserem mitgenommen (siehe Abb. 1). Alpha-Brille“ – beginnt morgens mit Heimatstern äußerst interessant ist und einem Check des Wetters. Danach ver- man so nicht nur beim blanken „Spech- Auf das vielfach gegen Streulicht be- folge ich, ob die Prognosen zutreffend teln“ bleiben muss. schriebene Tuch über dem Kopf verzichte sind und eine passende Wetterphase an-

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rückt. Hilfreich ist dabei die Ausrichtung meines Arbeitsplatzes nach Südwesten, da die Sonne tagsüber von südöstlichen bis südwestlichen Richtungen zieht und Wolken meist mit der Hauptwindrich- tung aus Westen ziehen. Grundsätzlich ist eine Beobachtung in den Mittags- stunden am Erfolg versprechendsten, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Sonne abgeschirmt wird, durch den steileren Einstrahlwinkel der Sonne und die ver- tikale Ausdehnung der Wolken am nied- rigsten ist (siehe Abb. 2). Meistens suche ich meinen Beobachtungsplatz in meiner 1 Die mobile H-Alpha-Ausrüstung in ihrer Anordnung in der Tasche variablen Mittagszeit auf. Dieser liegt in einer Wiese mit niedrigen Bewuchs. Im Idealfall gelingt es mir noch vor Errei- gestellt, um bei den bisweilen bereits mit den überlagerten Bildern ist es leicht zu chen der Wolkenlücke, meine Ausrüs- 40 mm Öffnung vielen sichtbaren Details entscheiden, ob zwei Protuberanzen als tung aufzubauen. nicht den Überblick zu verlieren. Für ein Herd oder eben zwei Erscheinungen mich hat es sich bewährt, Protuberanzen, zu zählen sind. Niedrige Protuberanzen Aber wo immer ich mich zum Beobach- Filamente und Plages zunächst getrennt werden erst ab der doppelten Höhe der ten aufstelle: der Platz sollte einigerma- zu erfassen. Chromosphäre, die die Spikulen zusam- ßen windgeschützt sein, denn auch mit men bilden, von mir gezählt. Protuberan- der standardmäßigen 27x-Vergrößerung Ich starte mit der Zählung der um den zen, die nicht nur auf dem Umfang „lie- schütteln Turbulenzen das Teleskop auf Umfang der „Sonnenscheibe“ auftreten- gen“, sondern auch sichtbar auf die der dem Stativ doch stark genug, dass feine den Protuberanzen und deren Herden, Erde zugewandte Hemisphäre reichen, Protuberanzen und Filamente z. T. nicht beginnend „unten“ im Uhrzeigersinn werden mitgezählt, jedoch nicht mehr mehr erkennbar sind. Dabei ist es vorteil- umlaufend. Da häufig Aktivitätsherde bei der späteren Erfassung der Filamente. haft, wenn die bodennahen Meter zum auftreten, die mehrere Details hervorru- Das Zwischenergebnis wird notiert. Teleskop über gleichmäßig temperiertem fen, werden diese, wenn sie innerhalb Boden liegen [2], damit Dichteunter- eines 5° x 5° großen Gebiets vorkommen, Währenddessen hat sich die Sonne im schiede in der Luft nicht das Bild „ver- als ein Herd gezählt [1]. Da aber am Um- Bildfeld weiter bewegt und zeigt, unter wirbeln.“. Solche Verwirbelungen sieht fang keine Fläche erscheint, wird nur der welchem Positionswinkel Westen liegt, man auch bisweilen in der Nähe man- Kreisbogenabschnitt von 5° als Grenz- wohin die Sonne stets zu laufen scheint. cher Wolken. Dünne Schleierbewölkung größe verwendet. Mit dieser Kenntnis, unter welchem Win- und Saharastaub hingegen reduzieren kel relativ zur Erde die Polachse der Son- Kontraste. Man muss daher schon ab- Und weil 5° nicht so einfach zu erken- ne in welchem Monat liegt [2] und dem wägen, ob man gerade eine ordentliche nen sind, habe ich mir auf mein Beob- Wissen über die Bildumkehr im PST, lässt Bestimmung der H-Alpha-Relativzahl achtungsheft eine Skizze geklebt, die sich nun auch die Lage des Sonnenäqua- durchführen kann. die Sonne mit d = 68 mm darstellt. Der tors abschätzen. Denn liegen mehrere 360°-Umfang ist in 72 Abschnitte geteilt, Details ungefähr parallel zum Äquator, Sobald das PST auf seinem Stativ in der rechnerisch 2,97 mm, also 3 mm lang. werden sie nach „Vorgabe“ als ein Akti- richtigen Richtung und möglichst ange- In einer Entfernung von 30 cm erscheint vitätsherd gezählt. nehmer Einblickhöhe steht – dabei ist ein nun in dem einen Auge die Skizze, im an- Grätschstand in großen Sonnenhöhen deren Auge die Sonne im PST bei meiner Nun kann die Fläche der Sonnenschei- förderlich für eine ruhige Haltung des Standardvergrößerung gleich groß. Mit be bzgl. Filamenten erfasst werden. Die Oberkörpers – wird fokussiert und der Filter so justiert, dass sowohl die dunk- len Filamente, als auch die hellens Plages möglichst gut kontrastieren. Dabei lassen Letztere häufig eine geringere Toleranz- breite zu und werden bei geringer Ab- weichung wieder unsichtbar.

Habe ich die bestmögliche Filterposition erreicht, beginne ich mit der Ermittlung der H-Alpha-Relativzahl. Eine Syste- 2 Ein steilerer Einstrahlungswinkel der Sonne bedeutet größere beschienene matik bei der Erfassung der relevanten Fläche auf dem Boden und damit höhere Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Details hat sich bald als hilfreich heraus Sonnenbeobachtung.

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Knoten in der Marmorierung der Chro- dafür mit Auf- und Abbau nicht mehr stahlrohrstück scharf abdrehen lassen, mosphäre sind dabei nicht relevant. Ich als 20 min. Ablenkung kann man dabei um damit 68 mm große Kreisscheiben starte mit der Zählung in dem Viertel nicht brauchen und ich muss gestehen, aus orangem Tonpapier ausschneiden zu „unten links“, wiederum im Uhrzeiger- mich stören leider Gespräche bei der Er- können, die ich auf schwarzes Tonpapier sinn umlaufend. Filamente zeigen sich fassung. Dann sage ich: „Gleich – bitte!“, klebe. Fertig ist die Roh-Zeichnung! Die auch im 40er-PST manchmal derart zahl- weil ich mich ja doch immer wieder über halte ich auf einem Klemmblock wie- reich, dass man trotz dieser vierfachen spontanes Interesse freue und gerne un- der in 30 cm Entfernung vor mein frei- Unterteilung der Sonne schon mal den seren Heimatstern herzeige, immer auch es Auge und zeichne nach der Methode Überblick verlieren kann, oder man wird mit dem Hinweis, dass diese Beobach- der Bildüberlagerung die Details, die ich abgelenkt oder verzählt sich einfach so. tung nicht mit dem Fernglas versucht vorher schon beobachtet habe. Unten Dann hilft wirklich nur, die Zählung von werden darf, sondern nur mit einem ge- im Bildfeld ist unten in der Zeichnung, Neuem zu starten. eigneten Filter. startend mit orangem, wasserlöslichem Buntstift werden Protuberanzen, in rot Und das Abwägen, ob nun ein Herd vor- Und seit Juli 2014 ist es mir mit vertret- Filamente und in gelb Plages und Flares liegt oder nicht, ist auch nicht immer barem Aufwand möglich, Farbskizzen dargestellt. Mit dejustiertem Filter kom- einfach. Auch hier hilft die besagte Skiz- anzufertigen. Dazu habe ich mir ein Edel- men auch noch die Sonnenflecken mit ze: ein 5° x 5° großes Feld ist im Zent- rum der Sonnenscheibe 3 x 3 mm² groß. Äquatornah am Rand ist es zwar immer noch 3 mm hoch, lässt sich aber durch Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, die Projektion der 3 mm langen Rand- 1. Halbjahr 2014, von Andreas Bulling bögen auf die perspektivische Verzerrung Tag Januar Februar März April Mai Juni vereinfacht darstellen. Abseits des Äqua- 1 80 69 112 73 64 43 tors wird die Schätzung schwieriger, hier 2 92 83 110 93 80 46 hilft wohl besser ein entsprechendes Ku- 3 102 100 105 105 83 50 gelgradnetz. Wirklich wichtig ist es aber, 4 88 109 100 111 89 51 stets nach möglichst gleichem Schema zu 5 96 119 94 102 102 62 schätzen. 6 112 111 93 94 106 83 7 91 101 88 82 95 99 Nachdem die Anzahl der Filamente bzw. 8 77 97 78 88 93 104 deren Herde notiert ist, werden abschlie- 9 88 104 79 60 94 122 ßend die zahlenmäßig weniger stark 10 101 96 80 46 91 116 vertretenen Plages gezählt. Auch hier 11 104 113 81 48 108 121 schätze ich wieder 5°-Abstände: Liegt ein 12 96 111 96 55 113 137 Plage innerhalb dieses Abstands bei ei- 13 86 103 75 57 96 133 nem Filament, so zählt es zu einem Herd, 14 68 84 80 88 114 90 der vorher bereits in die Zählung einge- 15 58 80 76 111 106 57 gangen war und wird vernachlässigt. 16 59 71 74 147 98 62 17 59 81 81 139 106 69 Zur Erhöhung der Zuverlässigkeit wer- 18 75 92 102 132 70 84 den die Zählungen wiederholt und dann 19 80 90 92 131 69 65 die Summe der Werte abschließend mit 20 101 93 97 140 62 58 10 multipliziert. Damit ergibt sich die H- 21 86 92 91 106 65 67 Alpha-Relativzahl, die mit Datum, Uhr- 22 115 100 100 87 53 63 zeit und verwendeter Vergrößerung no- 23 98 118 109 62 59 44 tiert wird. Das war’s. Nun muss nur noch 24 81 133 100 55 77 34 möglichst zeitnah die einfache Übertra- 25 66 128 93 43 82 37 gung mittels Eingabemaske auf www. 26 68 155 86 36 70 44 interstellarum.de unter „Upload/H-Alpha- 27 48 157 82 53 54 42 Relativzahl/Dateneingabe“ durchgeführt 28 58 122 80 58 54 42 werden. 29 66 – 74 61 34 64 30 72 – 72 63 41 92 Die Erfassung klingt zugegebenermaßen 31 74 – 81 – 38 – kompliziert und hat mich anfangs er- Mittel 82,1 104,0 89,1 84,2 79,5 72,7 schreckt und zweifeln lassen, ob man das sicher und reproduzierbar immer wieder durchführen kann, aber – man kann. Es Anmerkung: Leider kann auch die VdS-Redaktion nicht in die Zukunft schauen. Die im VdS- ist nur eine Frage der Übung und auch Journal für Astronomie Nr. 50 (III/2014), S. 86, veröffentlichten Relativzahlen bezogen sich der Konzentration. Meist brauche ich daher natürlich auf das 2. Halbjahr 2013.

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Penumbren hinzu, deren Anzahl dank 40 mm Öffnung je nach Aktivität über- schaubar gering ist (siehe Abb.3 ).

Das Ergebnis kommt meinem Bild-Erle- ben im PST erstaunlich nahe und zeigt dank Belichtung in Auge und Kopf ein Miteinander von Protuberanzen, Fila- menten und Plages. Vervollständigt mit diversen Daten ist dies eine nicht allzu aufwändige alternative Bilddokumen- tation. Klemmblock, Tonpapierrohlinge und ein paar Buntstifte passen zusätzlich in meine PST-Tasche. Fantastisch!

Literaturhinweise: [1] P. Völker, P 2008.: „Die H-Alpha- Relativzahl“, interstellarum 57, April/Mai 2008 [2] K. Reinsch, et al., 1999: „Die Son- ne beobachten“, Verlag Sterne und Weltraum, 1999 [3] J. Banisch, 2009: „Die Sonne“, 3 Verlag OCULUM Astro-Praxis, Zeichnung der Sonne im PST 40 mm/400 mm, Vergrößerung 27x, H-Alpha und 2009 Weißlicht; 08.08.2014, 12:19-12:37 Uhr MESZ

Die Auswertung spektroskopischer CCD-Aufnahmen (Prinzipien der Datenreduktion) von Lothar Schanne

– Teil 3 – lesefehler der Kameraelektronik sind Mitteln der Aufnahmen und sehr selten, aber nicht ausgeschlossen. anschließende Dark- bzw. Flat- Im ersten und zweiten Teil (Hefte 50 und Normalerweise sind auch Cosmics im Korrektur 51) wurden die Komponenten in einer Spektrumstreifen der Objektimages eher Man bildet den Median der den Objekt- Spektrum-CCD-Aufnahme vorgestellt. selten. Falls man bei der Durchsicht der aufnahmen zugeordneten Darks und er- Neben dem Spektrumstreifen, der eigent- Images solche Cosmics entdeckt, muss hält das ObjectDarkMedian.fit (die korri- lichen Messgröße, gibt es Artefakte, die man sich entscheiden, ob man die Datei gierten und gemittelten Dateien erhalten vor der Extraktion des Spektrums mög- verwirft oder korrigieren will. Ich habe wegen der besseren Übersichtlichkeit lichst quantitativ eliminiert werden sol- mich immer zum Verwerfen entschieden. charakteristische Bezeichnungen). Damit len. Behandelt wurden Bias, Dunkelstrom, Hat man eine stabile Montierung und hat man dann ein Dark, das den mittle- Ausleserauschen, Cosmics, Streulicht, ein gutes Autoguiding, kann man bei ren Bias und Dunkelstrom bei der gege- Vignettierungen und Himmelshinter- Spaltspektrografen normalerweise auf benen Belichtungszeit und CCD-Tempe- grund. Außerdem wurde der Zweck von ein Stacking der Aufnahmen verzichten. ratur enthält. Der Median ist im Falle der Objektaufnahmen, Darks, Flats und Kali- Sie sind im Rahmen der erforderlichen Darks besser als ein Mittelwert, weil der brierspektrumaufnahmen vorgestellt. Im Genauigkeit deckungsgleich. Bei spalt- Mittelwert die anteiligen Reste der Cos- vorliegenden Teil 3 wird auf die Vorbe- losen Spektrografen ohne Autoguiding mics der Einzelaufnahmen enthält, die reitung der Aufnahmeserien zur eigentli- wird man generell zuerst mit einem im Median nicht auftauchen. Der Medi- chen Datenreduzierung eingegangen. geeigneten Programm stacken müssen. an ist in dieser Hinsicht robuster als der Dabei kann man sich prägnanter Ab- Mittelwert. Sichtung der zur Auswertung sorptionslinien im Spektrumstreifen als bestimmten Dateien Erkennungsmuster bedienen. Nachfol- Ebenso bildet man den Mittelwert der Die Flats, Darks und Objektimages soll- gend werden gestackte bzw. deckungs- Objektaufnahmen und erhält das Ob- ten einzeln am Bildschirm zur Kontrolle gleiche Aufnahmen vorausgesetzt, die jectMean.fit. Damit hat man dann ein auf Fehler durchgesehen werden. Aus- einfach gemittelt werden können. Objektbild, das die mittlere Intensität

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gleich lang belichtetes Dark abziehen. Will man das Spektrum mit einem Flat korrigieren, muss die Flatserie gemittelt und vom berechneten FlatMean.fit ein FlatDarkMedian.fit abgezogen werden. Das Resultat ist das FlatMeanDC.fit. Das korrigierte Objektmittel ObjectMeanDC. fit wird dann durch das korrigierte Flat- mittel FlatMeanDC.fit geteilt und man erhält das ObjectMeanDCFC.fit. Die Vor- gehensweise ist in einem Flowsheet zu- sammengefasst. Der Leser möge die um- ständlichen Dateinamen entschuldigen. Aber dadurch wird Klarheit erreicht. Vgl. dazu auch die Abbildung 1.

Himmelshintergrund-Korrektur Die berechnete Datei ObjectMeanDC. fit (bzw. nach Flatkorrektur die Datei ObjectMeanDCFC.fit) enthält noch den Himmelshintergrund. Kann man für den Himmelshintergrund annehmen, dass 1 Schema: Vorbereitung der Aufnahmeserien zur weiteren Datenreduktion ein linearer Gradient in den Pixelspalten vorhanden ist, dann genügt es, beidsei- tig des Spektrumstreifens symmetrisch der Pixel inkl. mittlerer Bias und Dun- Vom Kalibrierspektrum zieht man ledig- je ein gleich großes Rechteck der Pixel- kelstrom bei der gegebenen Belichtungs- lich ein Bias ab. Für die Kalibrierspektren fläche über die Spalten zu mitteln und zeit und CCD-Temperatur enthält. Zur braucht man normalerweise nur kurze den Betrag spaltenweise abzuziehen. Es Eliminierung von Bias und Dunkelstrom Belichtungszeiten im Sekundenbereich, gibt auch komplexere Methoden, welche zieht man vom ObjectMean.fit das Ob- weshalb das Bias reicht. Falls man lang nichtlineare Gradienten des Himmelshin- jectDarkMedian.fit ab und erhält das Ob- belichtete Kalibrierspektren erzeugt, soll- tergrunds spaltenweise als Funktion fitten jectMeanDC.fit (DC wie dark corrected). te man zur Erhöhung des Kontrasts ein und dann den Himmelshintergrund für jedes Pixel berechnen (interpolieren). Die zur Verfügung stehenden Methoden hän- gen von der benutzten Software ab.

Die Himmelshintergrundkorrektur versagt bei Objekten, für die der Hintergrund in einzelnen Wellenlängenbereichen oder Li- nien stark und ungleichmäßig verteilt ist, also insbesondere im Fall von Emissions- nebeln. In diesem Fall ist der Himmelshin- tergrund nicht realistisch interpolierbar und es verbleiben nach der Datenredukti- on in den Spektren Artefakte.

Ein Beispiel zeigt die Abbildung 2. Der Trapezstern Theta1 Ori C liegt ziemlich im Zentrum des Orionnebels. Entsprechend stark sind die Emissionslinien des Nebels in Spektrumaufnahmen vorhanden.

Der Spektralbereich um 580 nm zeigt eine Emissionslinie des Nebels, die quer über den Spektrumstreifen des Sterns verläuft und nichts anderes ist als eine Abbildung 2 Versagen der Himmelshintergrundkorrektur bei Anwesenheit von Emissionslinien des Spalts im diskreten Licht der He-I- eines Nebels (oben korrigierte Spektrumaufnahme von Theta 1 Orionis C, unten das 5876-Linie. Gleich rechts davon erkennt Spektrum nach Reduktion und Wellenlängenkalibrierung). man im Spektrumstreifen des Sterns das

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3 4 Spaltenprofil eines horizontal liegenden Spektrumstreifens Beispiel eines 1d-Rohspektrums, wie es nach der Extraktion zur Ermittlung des Spalten-Integrationsintervalls für die des Spektrumstreifens vorliegt Spektrumextraktion

Na-Dublett (Absorption verursacht durch mit vertretbar. Kostenlos zur Verfügung wobei die Gitterstellung exakt gleich sein interstellares Natrium). Obwohl der Him- stehende professionelle Software wie z. B. muss wie bei den Objektaufnahmen. Des- melshintergrund abgezogen wurde ver- ESO-MIDAS besitzt komplexe Routinen, halb werden am zweckmäßigsten je eine bleibt in der He-I-5876-Absorptionslinie welche die Integration der Pixelspalten Kalibrierlichtaufnahme vor und nach der des Sterns mittig ein Rest der Emission unter Wichtung des Pixelinhalts vor- Objekt-Messserie belichtet, so dass Wel- des Nebels, der bei der linearen Himmels- nimmt und damit den sonst etwas will- lenlängenverschiebungen beispielsweise hintergrundinterpolation nicht eliminiert kürlichen Kompromiss zwischen S/N und durch thermisch-mechanische Verfor- wurde. Die Emissionsintensität ist inner- berücksichtigter Signalstärke auf eine mungen (nächtlicher Temperaturgradi- halb des Nebels eben nicht konstant. mathematische Grundlage stellt. ent, Nachführbewegung des Teleskops) minimal sind und notfalls erkannt und Extraktion des Spektrums Das Ergebnis der spaltenweisen Integra- korrigiert werden können. Nachdem auch der Himmelshintergrund tion ist das 1d-Spektrum, das den relati- möglichst gut eliminiert ist, lässt sich aus ven Intensitätsverlauf über die Pixelspal- Die Wellenlängenkalibrierung erfolgt der korrigierten 2d-Summenaufnahme tennummer zeigt (Abb. 4). Dieser Schritt mit spezieller Datenreduktionssoftware das 1d-Spektrum erzeugen (Extraktion). wird Extraktion genannt. für Spektren. Im Prinzip werden mög- Das geschieht durch spaltenweise Inte- lichst viele Emissionslinien der Kali­ gration der Pixelintensitäten im Bereich Alle weiteren Schritte hängen vom Mess- brierlichtquelle im 1d-Kalibrierspektrum des Spektrumstreifens mittels speziel- ziel ab. Zum einen kann das Spektrum (das gleich extrahiert wird wie das 1d- ler Reduktionssoftware. Die Anzahl der wellenlängenkalibriert und/oder nor- Objektspektrum) identifiziert und ihre Pixelzeilen,­ die zur Extraktion verwen- miert werden. Des Weiteren kann das S/N Wellenlängen der Software bekannt ge- det werden, sollte so bemessen sein, dass (Signal-Rausch-Verhältnis) berechnet macht. Diese fittet an die identifizierten etwa 90-97 % der Intensität des Spek- werden, oder es interessieren die Flächen Emissionslinien Gaußprofile zur Ermitt- trumstreifens erfasst werden. Unnötig von Absorptions- oder Emissionslinien lung des subpixelgenauen Intensitätsma- breit sollte der ausgewählte Pixelzeilen- (ihre „Äquivalentweite“ EW). ximums und gewinnt aus den Pixelkoor- streifen nicht sein, nur um die letzten dinaten (Maxima in Dispersionsrichtung) Prozent Intensität zu erfassen, weil mit Wellenlängenkalibrierung und den bekannten Wellenlängen eine den äußeren, schwach belichteten Zeilen Die Kalibrierung nach der Wellenlänge Kalibrierfunktion in Form eines Poly- deren Rauschen im 1d-Spektrum einge- kann auf verschiedene Arten erfolgen. noms wählbarer Ordnung, die dann auf fangen wird, ohne dass die Intensität im Wenn keine unabhängige Kalibrierlicht- das 1d-Objektspektrum übertragen wird. 1d-Spektrum noch signifikant anwächst. Spektrumaufnahme zur Verfügung steht Damit ist die Pixelskala der Abszisse in Zur Verdeutlichung ist in der Abbildung 3 (bei spaltlosen Spektrografen ist die Auf- eine Wellenlängenskala transformiert, ein Spaltenprofil einer darkkorrigierten nahme von unabhängigen Kalibrierspek- die anschließend durch Rebinning linea- Summenaufnahme geplottet. Das Ma- tren nicht möglich) lässt sich die Kalibrie- risiert wird (vgl. 1d-Spektrum in Abb. 2). ximum des Spektrumstreifens liegt auf rung in guter Näherung mittels eindeutig Pixelzeile Nr. 598. Der Streifen ist etwa identifizierbarer Linien im Objektspek­ Normierung 40 Pixel breit. Die Integration sollte etwa trum durchführen. In der Regel wird man Nach der Extraktion des 1d-Rohspek­ über die Pixelzeilen 586 bis 610 erfolgen. bei Verwendung eines Spaltspektrografen trums aus der korrigierten 2d-Objektauf- Der Signalverlust liegt < 10 % und ist da- allerdings Kalibrierspektren aufnehmen, nahme zeigt die Ordinate eine relative

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5 Nicht normiertes 1d-Summenspektrum von Delta Scorpii im 6 Nicht normiertes 1d-Summenspektrum von Lambda Cephei Bereich der Hα-Linie (6563 Angström), mit gut ausgeprägtem im Bereich der Hα-Linie (6563 Angström) mit unklarem Kontinuumverlauf Verlauf des Kontinuums

Intensitätsskala. Die Punkte der Spek- Bei WR-Sternen ist die Photosphäre genauerem Hinsehen ist im Bereich der trumkurve sind in y-Richtung einfach nicht sichtbar, weil sie unter dem dich- breiten Kombination aus Absorptionen die Integrationsergebnisse der Extrakti- ten Sternwind im optisch dichten „Nebel“ und Emissionen zwischen 6500 und 6575 on, also die Summe der ADU der in den liegt. Also ist im 1d-Spektrum nirgends Angström unsicher, wo genau das Konti- diskreten Pixelspalten beteiligten Pixel ein Kontinuum des Sternlichts vorhan- nuum verläuft. Hier wird das Normieren (ausgewählte Breite des Spektrumstrei- den. Worauf soll man dann normieren? auf ein Pseudokontinuum ein abenteuer- fens). Diese ist natürlich bei jedem 1d- Die Emissionen eines Nebels sind diskret. liches Unterfangen, das nicht mehr wis- Spektrum anders, weshalb solche Spek- Ein (thermisch erzeugtes) Kontinuum gibt senschaftlichem Anspruch genügt. tren schlecht direkt visuell vergleichbar es bei ihnen nicht. Auch Spektren von sind, auch wenn sie vom gleichen Objekt Emissionsnebeln können deshalb nicht Es gäbe noch Vieles zur Reduktion von stammen und den gleichen Wellenlän- auf ein Kontinuum normiert werden. optischen Spektrumaufnahmen zu sagen. genbereich umfassen. Aber das kann auch an anderer Stelle Kommen wir zu den „normalen“ Sternen nachgelesen werden. Ich empfehle dafür Die einfachste Abhilfe ist die Einpunkt- zurück. Hier wird in der Photosphäre die Internetseiten der Fachgruppe Spek- normierung: Man nimmt immer an der dem aus der Tiefe kommenden Kontinu- troskopie [2], ihr Forum [3] und meine gleichen Wellenlänge die jeweilige In- um ein Muster von Absorptionen aufge- private Seite [1]. Bei der Auswertung von tensität und teilt das 1d-Spektrum durch prägt, das Resultat messen wir dann als Spektren ist viel Erfahrung gefragt, aber diesen Wert. Somit haben dann alle so 1d-Spektrum. Wenn der Stern nur relativ deshalb bleibt sie auch immer spannend. behandelten Spektren bei dieser Wellen- wenige aufgelöste Linien im Spektrum Im Teil 4 des Beitrags werde ich auf die länge die Intensität 1, die Kurven schnei- zeigt, ist die Festlegung des Kontinuums Interpretation von Sternspektren ein- den sich alle in diesem Punkt. Plottet für die Normierung kein Problem. Han- gehen, insbesondere das Erkennen von man jetzt Spektren übereinander, sind delt es sich um späte Sterne, dann ist das Strukturen, die vom Stern stammen, und Unterschiede (z. B. zeitliche Veränderun- optische 1d-Spektrum so komplex und Artefakten und Störeffekten, welche nicht gen) sofort erkennbar. Alle Spektren pas- voller Linien, die sich teilweise überlap- dem Sternlicht zugeordnet werden dürfen. sen in den Plot. pen („blends“), dass die Festlegung des Kontinuums zum Abenteuer wird. Hier Die Einpunktnormierung ist eine line- ist schnell die Grenze von der exakten Weblinks: are Transformation, sie verändert nicht Messung zur „künstlerischen Interpreta- [1] L. Schanne, www.astrospectroscopy. das Messergebnis, das Spektrum an sich. tion“ überschritten. Beispiele sind in den eu/Einsteiger/Flats/flats.htm, Stand Schwieriger wird es bei der Normierung Abbildungen 5 und 6 gezeigt. Januar 2014. auf das Kontinuum eines Sterns. Es muss [2] http://spektroskopie.fg-vds.de/ nämlich entschieden werden, welche In der Abbildung 5 ist trotz der vielen [3] http://spektroskopieforum.vdsastro. Punkte des 1d-Spektrums zum Kontinuum schmalbandigen Wasserabsorptionslini- de/index.php des Sterns und welche bereits zu Emissi- en und der Hα-Linie in Emission klar das ons- oder Absorptionslinien gehören. Dies Kontinuum erkennbar. In der Abbildung 6 ist nicht immer zweifelsfrei zu begründen. glaubt man auf den ersten Blick auch, das Kontinuum festlegen zu können. Bei

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(216) Kleopatra – Sternbedeckung durch einen ungewöhnlichen Asteroiden von Oliver Klös

Die eigenartige Form des Asteroiden so- wie die zwei Monde, die ihn umkreisen, machen (216) Kleopatra zu einem der in- teressantesten Objekte unter den Klein- planeten. Über dem deutschsprachigen Raum findet eine der hellsten Sternbede- ckungen im Jahr 2015 für Europa durch diesen Hauptgürtel-Asteroiden statt.

Ein Asteroid, gut für Überraschungen Sternbedeckungen durch (216) Kleopa­ tra wurden bereits neunmal beobachtet, erstmals 1980. Damals meldeten neun Beobachter in den USA und Kanada er- folgreich eine Bedeckung durch den As- teroiden. Zwei Stationen, weit außerhalb des Pfades, berichteten von einer äußerst kurzen Bedeckung von weniger als einer Sekunde [1]. Das Schattenprofil stellte sich elliptisch mit den Abmessungen von 124 km x 88 km dar. Ein ungewöhnlich gestrecktes Profil konnten acht Beobach- ter in den USA im Januar 1991 mit 264 km x 60 km messen. Auch an Heiligabend 2009 waren die Amerikaner sehr erfolg- reich, 12 positive Beobachtungen gingen ein und ergaben ein Profil von 255 km x 63 km. Diese erfolgreiche Beobachtungs- kampagne stellt vorerst den Schluss- punkt dar (Stand: Juli 2014) [2].

Im Jahr 1999 näherte sich (216) Kleopa­ tra bis auf 170 Millionen km der Erde. Der Asteroid wurde mit dem Radiote- leskop von Arecibo vermessen. Das im folgenden Jahr veröffentlichte Ergeb- 1 Der Schattenpfad von (216) Kleopatra (rot) und ihres Mondes Cleoselene (grün). nis bestätigte die Messungen durch die Die dünnen Linien zeigen die Pfadmitte an, die dicken Linien die Pfadgrenzen. Sternbedeckungen [3]. Der Asteroid hat Die gestrichelten Linien sind die 1-Sigma-Fehlergrenzen. Mit einer Wahrscheinlichkeit die Form eines „Hundeknochens“ mit den von 68 % finden die Bedeckungen innerhalb der jeweiligen Fehlergrenzen statt. Maßen 217 x 94 x 81 km³. Der Kleinpla- Grafik: O. Klös net rotiert dabei um seine Achse in nur 5,38 Stunden. Während die Beobachter 1980 die schmale Seite des Asteroiden auf, die einen Durchmesser von 9 bzw. 7 Die Bedeckung im März 2015 messen konnten, konnten die Beobachter km haben. Am 18. Februar 2011 erhielten Am 12. März 2015 bedeckt der Astero- 1991 und 2009 eher die Bedeckung durch die Monde die Namen S/(216) 1 Alexhe- id (216) Kleopatra den Stern HIP 54599 das breite Profil beobachten. lios und S/(216) 2 Cleoselene. Damit ist im Sternbild Crater. Der Stern der Spek­ höchstwahrscheinlich auch das Rätsel tralklasse F8 hat eine visuelle Magnitude Eine erneute Überraschung gab es im um die äußerst kurze Bedeckung, beob- von ca. 8 mag, die Bedeckung wird etwa Jahr 2008. Ein Team um den Astrono- achtet an zwei Stationen im Jahr 1980, 8 Sekunden dauern. Dabei nimmt die men Franck Marchis spürte mit der ad- gelöst. Die Beobachter standen im Schat- kombinierte Helligkeit von Stern und As- aptiven Optik des Keck-II-Teleskops auf ten von Alexhelios [4-5]! teroid um 3,9 mag auf etwa 11,9 mag ab. Hawaii zwei Monde um (216) Kleopatra Die Bedeckung findet gegen 01:07 UT

VdS-Journal Nr. 52 118 Sternbedeckungen

Newsletter, Vol. II, No.11, 139f, www..org/on/volume02/ onv02n11.pdf [2] D. Herald: Datei über beobachtete Bedeckungen durch Asteroiden in der Software OCCULT [3] S. J. Ostro et al., 2000: „Radar Ob- servations of Asteroid (216) Kleo­- patra”, Science Vol. 288, Issue 5467, 836, http://trs-new.jpl.nasa. gov/dspace/bistream/2014/14178/ 1/00-0583.pdf [4] Marchis, Descamps, et al., 2011: “Triplicity and physical characte- ristics of Asteroid (216) Kleopatra”, 2 Wegen der ungewöhnlichen Helligkeitsschwankungen von über 1 mag vermutete man Icarus, Feb. 2011, http://arxiv.org/ zuerst, dass es sich bei (216) Kleopatra um zwei dicht beieinanderstehende Objekte abs/1011.5263 handeln müsste. Die Radarbeobachtungen im Jahr 1999 zeigten dagegen ein Objekt [5] M. P. C. 73613, S. 371, www. mit einer sehr ungewöhnlichen Form. Grafik: Arecibo Observatory/JPL/NASA minorplanetcenter.net/iau/ECS/ MPCArchive/2011/MPC_20110218. pdf in der Nacht von Mittwoch auf Donners- Steve Preston vor Redaktionsschluss [6] S. Preston: IOTA/IOTA-ES occul- tag statt. Der Asteroid befindet sich in dieser Ausgabe im April 2014, bevor der tation update for (216) Kleopatra/ Opposition. Der Stern steht zum Bede- Asteroid auf seinem Weg zur Konjunkti- HIP 54599 event on 2015 Mar 12, ckungszeitpunkt ca. 27 Grad über dem on unbeobachtbar wurde. Dabei fällt der 01:06 UT, http://asteroidoccultation. Horizont in südwestlicher Richtung. Der Schatten von S1 auf die Pyrenäen und com/2015_03/0312_216_34460. Schatten von (216) Kleopatra berührt im dem Grenzgebiet zwischen Spanien und htm deutschsprachigen Raum den Westen Frankreich. Selbst trotz der großen Pfad­ Öster­reichs, die östliche Schweiz und den unsicherheit ist eine erfolgreiche Beob- Westen Deutschlands. Er wandert von achtung vom deutschsprachigen Raum Südost nach Nordwest. aus nicht zu erwarten. Ganz anders liegt der Fall bei dem kleineren Satelliten . Der Schatten von Cleoselene befindet Steve Preston errechnete in seiner Vor- sich östlich des Schattens von Kleopatra hersage einen fast 240 km breiten Pfad und wird nach Prestons Vorhersage Ös- und hat dabei für den Durchmesser von terreich und Deutschland überqueren. Im (216) Kleopatra einen Durchschnittswert Fall einer Bedeckung ist eine maximale von 112 km angenommen. Sollte Kleo­ Dauer von 0,5 Sekunden zu erwarten. patra ihre lange Profilseite der Erde Sollte sich der Pfad von (216) Kleopatra während des Bedeckungszeitpunktes maximal verbreitern, würden die Fehler- zuwenden, könnte der Pfad fast doppelt grenzen von Kleopatra und Cleoselene so breit sein! Es gibt zwar Lichtkurven sich sogar noch stärker überschneiden. von Kleopatra, allerdings sind die Daten In diesen Fehlergrenzen ist dann alles schon ein paar Jahre alt und eine Vorher- möglich: eine Bedeckung durch Kleo- sage, welche Seite von Kleopatra einen patra, eine Bedeckung durch Cleoselene, Schatten auf die Erde wirft, kann dar- ein zweimaliges Verschwinden des Sterns aus nicht verlässlich berechnet werden durch beide Objekte, keine Bedeckung (Stand: Juli 2014). Falls in den Monaten durch eine große Pfadverschiebung oder vor der Bedeckung neue Lichtkurven er- keine Bedeckung, weil die Beobach- stellt werden, könnten diese Daten die zu tungsstation zwischen den Schatten von erwartende Pfadbreite aktualisieren. Wie Kleopatra und Cleoselene liegt. Spannen- bei allen Vorhersagen von Sternbede- der kann die Beobachtung einer Sternbe- ckungen ist es dringend angeraten, sich deckung nicht sein! die aktuellsten Berechnungen auf Steve Prestons Seite anzusehen [6]. Literaturhinweise und Weblinks Die Schatten der Satelliten (Stand: Juli 2014): Die letzte Berechnung der Sternbede- [1] D. W. Dunham: „Recently-Observed ckung durch (216) Kleopatra erstellte Planetary Occultations“,

VdS-Journal Nr. 52 Sternbedeckungen 119

Zwei auf einen Streich – Sternbedeckungen durch (58) Concordia und (656) Beagle von Oliver Klös

Mehrere Sternbedeckungen durch unter- schiedliche Asteroiden an einem Tag sind keine Seltenheit. Dass sie aber von ein und demselben Ort zu beobachten sind, ist sehr selten. Ein solches Ereignis ist am Samstag, den 23. Mai 2015, in Deutsch- land und Österreich zu beobachten.

Zuerst bedeckt der Asteroid (58) Concor- dia gegen 21:16 UT den Stern TYC 0835- 00181-1 im Sternbild Leo. Der Stern mit der visuellen Helligkeit von 10,4 mag wird für maximal 5,4 Sekunden von dem Kleinplaneten bedeckt. Die kombinierte Helligkeit von Asteroid und Stern wird um 3,6 mag abnehmen. Das Ereignis findet ca. 28 Grad über dem Horizont in südwestlicher Richtung statt. Der Schat- ten wandert von Nordwesten nach Süd- osten [1].

Zu diesem Zeitpunkt steht der Asteroid (656) Beagle nur etwa 11 Grad von (58) Concordia entfernt am Himmel und nä- hert sich dem Stern TYC 0839-00959-1, der eine visuelle Helligkeit von 9,6 mag aufweist. 19 Minuten später ist es dann soweit, (656) Beagle bedeckt den Stern 1 Die Schattenpfade vom (58) Concordia (grün) und (656) Beagle (blau). Die dünnen für maximal 3,7 Sekunden. Die Bewe- Linien stellen die Zentrallinien da. Die Pfadberechnung erstellte Steve Preston im gung des Schattens ist ebenfalls von April 2014. Pfadverschiebungen in seinen aktuellen Berechnungen sind möglich. Nordwesten nach Südosten. [2] Grafik: O. Klös

Da Azimut, Höhe und Bewegungsrich- tung beider Sterne jeweils zum Be­ legenheit, zwei positive Ereignisse an UT”, http://asteroidoccultation. deckungszeitpunkt recht ähnlich sind, einem Abend zu beobachten, wird vie- com/2015_05/0523_58_34698.htm fallen auch die Schatten auf der Erd- le Beobachter zu den Zentrallinien zie- [2] S. Preston: “IOTA/IOTA-ES oberfläche zusammen. Die Unsicherheit hen, um eine „doppelte“ Bedeckung zu occultation update for (656) der Pfadberechnung von (656) Beagle ist erleben. Beobachtungen weg von den Beagle/TYC 0839-00959-1 dabei etwas größer als die von (58) Con- Zentrallinien sind allerdings auch ex- event on 2015 May 23, 21:33 cordia. Die Zentrallinien beider Schatten trem wichtig, da für eine erfolgreiche UT”, http://asteroidoccultation. kreuzen sich sogar im Süden Ungarns Beobachtungskampagne möglichst das com/2015_05/0523_656_34699. (Stand: Juli 2014). ganze Profil des Kleinplaneten abgedeckt htm werden sollte. Bitte beobachten Sie in al- Durch Pfadverschiebungen, mit denen len Teilen Deutschlands und Österreichs, bei Sternbedeckungen durch Kleinplane- auch in den Grenzen der Pfadunsicher- ten immer gerechnet werden muss, kann heiten, und melden Sie Ihre Messungen. sich dieser Schnittpunkt auch in den deutschsprachigen Raum verschieben. Bitte sehen Sie sich die neuesten Berech- Weblinks (Stand: Juli 2014): nungen von Steve Preston an. [1] S. Preston: “IOTA/IOTA-ES occul­tation update for (58) Der günstige Zeitpunkt – Wochenende, Concordia / TYC 0835-00181-1 vor Mitternacht – und die seltene Ge- event on 2015 May 23, 21:14

VdS-Journal Nr. 52 120 Veränderliche

Veränderlichenbeobachter-Treffen 2014 in Hartha von Dietmar Bannuscher

Dieses Jahr konnte ich zum ersten Mal Zusammenfassung des Projektes BAV- Als einer, der auszog, „um das Fürchten nach Hartha reisen, ein sehr schönes Er- Calina-Remote-Teleskop warb Lienhard zu lernen“, offenbarte sich Franz Agerer, lebnis einer rundum gelungenen Tagung, Pagel um weitere Beobachter, insgesamt welcher in bewundernswerter Weise sein um meine Endeinschätzung schon ein- wird das Teleskop zu wenig genutzt. bereits 2012 hergestelltes HMT (horizon- mal vorwegzunehmen. tal montiertes Teleskop ohne „blinden“ Joachim Hübscher sprach über die mög- Bereich am beobachtbaren Himmel) nun Pünktlich um 9:30 Uhr begrüßte Thomas liche Gefährdung der systematischen vollständig automatisiert präsentierte. Berthold als einer der Hausherren alle Überwachung Veränderlicher in der BAV. Ein langer beschwerlicher Weg führte ihn Anwesenden auf der schönen Bruno-H.- Mehr Anstrengungen im Bereich Mitglie- von der Planung zur Verwirklichung. Un- Bürgel-Sternwarte, gefolgt von Lienhard derwerbung und Beobachterbegeisterung ter anderem musste er sämtliche Einbau- Pagel, der auch den ersten Vortrag be- müssten unternommen werden, wenn die ten nochmals wegen einer Fehlersuche stritt. BAV auch weiterhin an ihren hohen Stand ausbauen, um jede Komponente einzeln mit systematischen Beobachtungen von geprüft wieder zu installieren. Dazu zäh- Hierbei analysierte er die Arbeit der BAV, Veränderlichen anknüpfen wolle. Ideen len immerhin zwei Computer, eine 12- stufte diese als sehr gut und zukunftsfä- wie stärkeres Werben in astronomischen und zusätzlich eine 24-Volt-Versorgung, hig ein, auch vor dem Hintergrund der Medien mit z. B. spannenden Sternen Notstromversorgung, die Steuerbox, ein zunehmenden automatischen Himmels- durch die Sektionsleiter/Ansprechpartner, Regensensor und viele weitere Bauteile, überwachungen. Diese seien nicht Kon- Veränderungen bei der BAV-Website und die jetzt einwandfrei „remote“ über einen kurrenz, sondern Chance für die BAV. womöglich Werbung über Facebook (und beliebigen Internetanschluss bedienbar Neben den klassischen Bereichen in der anderes mehr) könnten der BAV neue Be- sind (dies wurde bereits am Freitagabend Beobachtung haben sich weitere Felder obachter zuführen, die es dann mit wei- vorgeführt). im Verein etabliert: Exoplaneten-Beob- terer Anleitung für die systematischen achtung und Datamining. Nach einer Beobachtung zu gewinnen gilt. Ein weiteres Remote-Teleskop präsen- tierte Max-Johann Pagel. Unser zweit- jüngstes BAV-Mitglied betreibt ein ETX-80-Teleskop parallaktisch mit einer Canon-EOS-Kamera. Er kann mit Hilfe Neues aus der BAV von zwei getrennt voneinander arbei- tenden Laptops (einer davon steuert das Teleskop) aus der Wohnung heraus oder (FG Veränderliche der VdS) über das Internet sein Fernrohr „remote“ bedienen und so Beobachtungen tätigen. von Dietmar Bannuscher Er tritt anscheinend in die Fußstapfen seines Großvaters Lienhard Pagel, der Bereits seit fast einem Jahr betreibt die BAV ein Remote-Teleskop zur Beobach- selbst auch ein „Remoter“ ist. tung veränderlicher Sterne in Carona/Schweiz. Zwischenzeitlich mittels eines 8-Zoll-Foto-Newton und einer Farb-CCD-Kamera aufgerüstet, steht in diesem Frank Walter stellte die Möglichkeit vor, Jahr eine mögliche Erweiterung auf 12 Zoll Öffnung an. Wir hoffen, dass die- mittels der Software „Binary Maker 3“ ses Teleskop rege genutzt wird, eine ausführliche Anleitung und Betreuung ist Bedeckungssterne zu modellieren bzw. gewährleistet. durch deren ermittelte und auch ange- nommene Werte reale Darstellungen des Auf der BAV-Tagung zu Nürnberg im Oktober 2014 hatte die NAA und die BAV Sternpaares zu erzeugen. Während mit ein großartiges Treffen mit einem reichhaltigem Vortrags- und Besichtigungs- den (B-R)-Kurven Aussagen über Apsi- programm organisiert, auf der ebenfalls stattgefundenen Mitgliederversamm- dendrehungen und Mehrkörpersysteme lung der BAV wurde der alte Vorstand in seinem Amt bestätigt. möglich sind, werden für Binary Maker 3 Annahmen über Radien- und Massen- Die Beschäftigung mit veränderlichen Sternen bietet für jedes Auge und jedes verhältnisse, Temperaturvorgaben (an Teleskop viele Kandidaten unterschiedlichster Veränderlichen-Art, darunter be- der Oberfläche über den Spektraltyp) und finden sich Novae, Supernovae und für CCDler auch Exoplaneten, die in der BAV weitere Annahmen (z. B. Sternflecke) be- bereits erfolgreich beobachtet werden. nötigt. Dabei dient die eigene gemessene Gesamt-Lichtkurve als Maßstab. Durch Näheres erfahren Sie auf der Website der BAV: www.bav-astro.de Veränderung der Parameter wird die Binary-Maker-Lichtkurve so beeinflusst,

VdS-Journal Nr. 52 Veränderliche 121

1 Teilnehmer des Veränderlichenbeobachter-Treffens 2014 in Hartha

dass sie sich der eigenen Lichtkurve an- 1 Jahr möglicherweise für die nächsten Thilo Bauer widmete sich erneut der gleicht (einige Beispiele wurden gezeigt). Jahre bzw. Jahrzehnte nicht mehr im Ma- 3-Farben-Fotometrie mit seiner Neu- Damit sollte dann das Abbild des Be- ximum beobachtbar wäre. In 2014 hatte bzw. Weiterentwicklung „ArgusPro SE“. deckungssystems der Wirklichkeit sehr U Ori allerdings das Maximum deutlich Dieses Programm kann subpixelgenau nahe kommen. Die Anpassung dauert früher als berechnet (nämlich am 29. viele kurzbelichtete Farbaufnahmen durchaus mehrere Stunden. Frank Walter März), so dass die genannten Annahmen mit DSLR untereinander ausrichten und bittet um Zusendung von Gesamtlicht- vielleicht nicht zutreffen werden. Frank stapeln, so dass durch die Summe der kurven Bedeckungsveränderlicher, er Vohla ruft zur Beobachtung des Maxi- aufeinandergestapelten, kurzbelichteten würde dann gerne die Modellierung des mums im Frühjahr 2015 auf. Bilder durchaus Sterne bis zur 21. Grö- betreffenden Systems übernehmen. ße und darüber hinaus sichtbar sind. Die Mit Michael Bernhard trägt nun bereits Bildqualität verbessert sich durch die Passend zum Thema berichtet Stefanie der dritte jüngere Redner in Hartha vor, hochgenaue Ausrichtung, eine Analyse Rätz über ihre Beobachtungen am Be- er spricht über ein neues Gebiet beim von Sternfeldern oder ganzen Sternhau- deckungsveränderlichen V536 Ori im Datamining: aktive Galaxienkerne und fen ist durch die verwendeten Optiken Sternhaufen um 25 Ori, den sie im Rah- Quasare. Seine Vortragsweise ist kurz- möglich, in allen drei Farben der DSLR. men ihrer Mitarbeit am YETI-Projekt weilig und unterhaltsam. Gemeinsam mit (Young Transit Initiative) ver- seinem Vater Klaus Bernhard und Stefan Eine ursprüngliche Amateurbeobachtung folgen konnte. In diesem Projekt werden Hümmerich (Letzterer konnte nicht an- kann in Arbeiten von Profis münden. junge Sternhaufen auf Vorkommen von wesend sein) untersuchten sie Röntgen- Dies zeichnete Rainer Gröbel im Vor- Exoplaneten untersucht, um heraus- Datenbanken (MACHO) im Hinblick auf trag über NSV 25977 nach. Bereits 1992 zufinden, in welchem Alter der Sterne schwächere veränderliche Quellen. Wäh- beobachtete er BD +59° 2602, welcher die Planetenbildung abgeschlossen ist. rend stärkere veränderliche Röntgen- Bedeckungslichtwechsel zeigte, aber im- Während der weltweiten Kampagne mit quellen eher meist Fleckensterne darstel- mer wieder asymmetrische Schultern mit Zusammenarbeit mehrerer Teleskope len, finden sich unter den schwächeren Flickering in der Lichtkurve bot. Dieses auf allen Kontinenten, die schon einige veränderlichen Röntgenquellen Galaxi- fand über Uli Bastian den Weg zu den Jahre andauert und die eine 24-Stunden- enkerne, Seyfertgalaxien und Quasare als Profis, was dann letztendlich zur NSV- Beobachtung an 7 Tagen in der Woche Gegenstücke. Nach der kurzen Erklärung, Nominierung führte. Mittlerweile ist klar, anstrebt, konnte Stefanie Rätz die lange wie sich die genannten Objekte vonei- dass NSV 25977 ein SW-Sextantis-Stern Periode von V536 Ori auf 6,317029 Tage nander unterscheiden, berichtet dann ist, mit der etwas ungewöhnlichen Perio- verbessern. Klaus Bernhard über Sinn und Zweck de von etwa 5,5 Stunden. dieses Projektes: das Helligkeitsverhal- Dass Mirasterne durchaus spannend sein ten von Galaxienkernen, Quasaren und Am Ende der Tagung entführte Wolfgang können, zeigte Frank Vohla am Beispiel ähnlichen Gebilden ist bisher kaum do- Grimm die Teilnehmer mit eindrucksvol- von U Orionis. Dessen Periode bezeichnet kumentiert. Bei einigen Objekten könnte len Bildern nach Namibia und erzählte der GCVS mit 363,4 Tagen. Gemäß sei- man halbregelmäßiges Verhalten mut- kurzweilig interessante, bemerkenswerte nem (B-R) scheint sich diese Zeit nun auf maßen, weitere Beobachtungen werden und amüsante Anekdoten seiner Reise. 375,8 Tage erhöht zu haben, so dass der es zeigen (siehe auch Artikel zum Thema Stern aufgrund seiner Periode von fast in den BAV-Rundbriefen 1- und 2-2014).

VdS-Journal Nr. 52 VdS-Nostalgie 123

ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker – Folge 24

In Folge 23 dieser Serie hatte ich Ansgar Kortes Aufruf an die Sternfreunde in Essen abgedruckt. Im Juni-Heft 1965, Seite 85, lesen wir, dass Treffen stattfinden. Ungewöhnlich ist der Fund der Sternwarte Recklinghausen, der einen Schulklasse-Test von etwa 1903 zutage förderte. Die Abbildungen aus den damaligen VdS-Nachrichten sind hier verkleinert. Besonders interessant für uns heutige VdS-Mitglieder ist der Passus: „Die V.A.P.-Bibliothek und das Archiv ging seinerzeit fast vollständig in den Besitz der Sternwarte Recklinghausen über.“ Ein „Fall“ für unsere Fachgruppe Geschichte nachzuforschen, ob davon noch etwas existiert! 124 VdS-Nostalgie

VdS-Journal Nr. 52 VdS vor Ort/Porträt 125

Dem Himmel so nah – die Sternwarte St. Andreasberg von Eva Walitzek

Traditionell galt das Interesse im Ober- harz eher den Schätzen, die unter der Erde liegen. Dem Bergbau verdankte Sankt Andreasberg – wie auch andere Orte in der Region – jahrhundertelang seine Bedeutung, den Wohlstand – und wohl auch seine Stadtrechte. Doch jetzt richten sich die Blicke in der Bergstadt immer öfter gen Himmel. Am 22. Au- gust 2014 wurde die Sternwarte Sankt Andreasberg offiziell eingeweiht. Sie ist die höchstgelegene Sternwarte in Nord- deutschland und soll nach ihrem Ausbau die erste vollständig barrierefreie Stern- warte in Deutschland werden (Abb. 1). Träger ist der im Jahr 2008 gegründete, gemeinnützige Verein „Sternwarte Sankt Andreasberg“.

Die Idee, eine Sternwarte zu bauen, hat- te ein Gast, der seinen Urlaub in Sankt 1 Noch wird emsig gebaut, aber ab August 2014 erreichen Teilnehmer – auch mit Andreasberg verbrachte. Der Amateur­ Rollstühlen – über eine Rampe und Wege die Teleskopsäulen im Außenbereich astronom war vom Himmel über der der Sternwarte. Alle Bilder: Utz Schmidtko

Teilnehmer beim Tele­skoptreffen beson- ders im vergangenen Jahr überzeugen. Es fand – zum zweiten Mal – direkt auf dem Gelände der neuen Sternwarte statt. Im Jahr 2014 veranstaltete der Verein das 2 5. STATT (Abb. 3). Milchstraße, aufgenommen am 2. August 2013 mit Nikon D5200 und Nikon-Objektiv 1:2,8/10,5 mm. Bei ISO 1600 wurde fünf Minuten belichtet.

Bergstadt begeistert. Mit gutem Grund. dem SQML zeigten im April 2011 einen Mehr als 700 Meter über NN ist man dem Wert von 21,81 mag/arcsec². In puncto Himmel nicht nur ein Stück näher als in Qualität des Nachthimmels gehört Sankt den meisten Orten Norddeutschlands. Die Andreasberg zu den sechs besten Regio- Luft ist trübungsarm, die Lichtverschmut- nen in Deutschland. Und so bewirbt der zung weit ab von den Ballungsgebieten Verein das von ihm organisierte Sankt- vergleichsweise gering. Der Standort Andreasberger-Teleskoptreffen (STATT) der neuen Sternwarte mitten im Natio- selbstbewusst mit dem Slogan „Sankt nalpark Harz zählt laut Bundesamt für Andreasberg statt Namibia“. Von den aus- Naturschutz zu den dunkelsten Regionen gezeichneten Beobachtungsbedingungen 3 in Deutschland (Abb. 2). Messungen mit konnten sich die Teilnehmerinnen und Plakat für das „STATT 2014“

VdS-Journal Nr. 52 126 VdS vor Ort/Porträt

5 4 Ideal für Astro-Tourismus – eine Gruppe der Sternwarte Der 2. Vorsitzende beim Verlegen der Strom und PC-Kabel Hattingen belegte Quartiere nur zehn Meter vom Sternwarten- zwischen den fünf Säulen. gebäude entfernt.

Eigentlich sollte die Sternwarte einige Schmidtko ein Beispiel. So können Be- quasi auf ihren Terrassen aufbauen. „Sie hundert Meter entfernt gebaut werden. sucher der Sternwarte zu Sonderkondi- waren so begeistert, dass sie im nächsten Der Verein besaß bereits zwei Grund- tionen im IHS übernachten. Eine Grup- Jahr wiederkommen wollen“, berichtet stücke in unmittelbarer Nähe der Land- pe aus dem Ruhrgebiet nutzte diese Reinhard Görke (Abb. 5), der zweite Vor- schulheime. Ein von den Naturschutzbe- Möglichkeit bereits im Mai – noch vor sitzende des Vereins. hörden gefordertes Gutachten bestätigte, der offiziellen Eröffnung der Sternwar- dass die Sternwarte keine geschützten te. Die Hobbyastronomen mieteten sich Umgekehrt profitiert die Sternwarte von Tier- und Pflanzenarten beeinträchtigten für mehrere „Spechtelnächte“ in einem jährlich mehreren Tausend Besuchern würde. Doch weil die Grundstücke in der Gebäude direkt oberhalb der Sternwarte des IHS. „Das IHS macht seine Gäste auf höchsten Naturschutzzone lagen, waren ein (Abb. 4) und konnten ihre Teleskope die Sternwarte und unsere Angebote auf- die Auflagen der Naturschutzbehörden zu hoch. „Wir hätten – wenn überhaupt – erst in einigen Jahren mit dem Bau der Sternwarte beginnen können“, erin- nert sich der erste Vorsitzende des Ver- eins, Utz Schmidtko. Außerdem hätte der kleine Verein mit nur 70 Mitgliedern die finanzielle Belastung durch den Neubau einer Sternwarte kaum schultern können. Großsponsoren gibt es bislang nicht; die Gemeinde unterstützt den Verein zwar ideell, aber nicht finanziell. Und so war das Angebot, ein leerstehendes Gebäude am Internationalen Haus Sonnenberg (IHS), einer internationalen Begegnungs- stätte, zu mieten, für den Vorstand eine willkommene, weil finanziell deutlich günstigere Alternative.

Was als Notlösung geplant war, erweist sich indes immer mehr als ein Glücks- griff. „Wir können die Infrastruktur des IHS nutzen – nicht nur beim STATT, sondern auch im Alltag“, nennt Utz 6 Mario König (links) erklärt dem blinden Studenten Niels Luithardt seinen Refraktor.

VdS-Journal Nr. 52 VdS vor Ort/Porträt 127

merksam und erhöht so Besucherzahlen und Liveprojektion. und Bekanntheit der Sternwarte – auch Auf dem Außenge- außerhalb Deutschlands“, betonen Utz lände wurden fünf Schmidtko und Reinhard Görke. Künf- Säulen mit massiven, tig wird es spezielle Angebote für die erschütterungsfreien Gäste des IHS geben, beispielsweise Be- Fundamenten und obachtungsabende, Einführungen in die mit Stromanschluss Astronomie oder auch Filmnächte rund (12 und 230 V) er- ums Thema Astronomie und Weltall. Ab richtet, auf denen Herbst bietet der Verein Sternwarte Sankt Amateurastronomen Andreasberg in Kooperation mit dem IHS – Vereinsmitglieder mehrtägige Veranstaltungen an – den und Gäste – mit Hil- Auftakt bilden ein Wochenendseminar fe angebotener gän- zum Thema „Verlust der Nacht“ und ein giger Adapter eigene mehrtägiger Workshop mit Schülerinnen Montierungen und und Schülern der Pestalozzischule Groß- Teleskope aufstellen burgwedel und des Gymnasiums Braunla- können. Zudem wird ge. „Dieses Inklusionsprojekt wird durch eine Fläche von acht den Reiff-Bildungspreis ermöglicht, bei Meter Durchmes- dem unser Verein im vergangenen Jahr, ser geschaffen, auf gemeinsam mit der Pestalozzischule den der künftig eines der dritten Platz belegte.“ Utz Schmidtko ist größten Spiegeltele­ Lehrer an der Pestalozzischule in Burg- skope Niedersachsens wedel bei Hannover, Reinhard Görke be- aufgebaut werden treut eine Astro-Arbeitsgemeinschaft am kann. Gymnasium Braunlage. Mittelfristig ist eine gemeinsame Kinder- und Jugend- Finanziert wurden akademie für Astronomie, Umwelt und die Baumaßnah- MINT geplant. men im Außenbe- reich z. T. über ein Fast ein Jahr lang haben engagierte Crowdfunding-Pro- Mitglieder das Gebäude mit viel Eigen- jekt durch Spenden 7 arbeit zur Sternwarte umgebaut. Im von Astrofans aus Liveprojektion von der Säule im Außenbereich direkt in Erdgeschoss gibt es jetzt einen Veran- ganz Deutschland den Vortragsraum, um allen Menschen die Himmelsobjekte staltungsraum für Vorträge, Workshops und Österreich. Zwei zeigen zu können.

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VdS-Journal Nr. 52 128 VdS vor Ort/Porträt

der fünf Säulen sind über eine Rampe zu erreichen, eine davon soll mit einer Schwenkarm-Montierung versehen wer- den, damit Rollstuhlfahrer, Kinder und kleinere Menschen sie problemlos nutzen können. Dass Barrierefreiheit ein Markenzeichen der Sternwarte wird, hängt sicherlich auch mit dem Beruf des Vereinsvorsit- zenden zusammen. Er bringt in Astro- nomie-AGs und in Projektwochen seit Jahren geistig behinderten, lernschwa- chen und verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen astronomische The- men nahe und weiß, dass sich viele dafür begeistern. Ziel des Vereins ist es, allen Menschen – jungen und alten, behinder- ten und nicht behinderten – den Himmel nahe zu bringen, ihnen astronomische Kenntnisse zu vermitteln und den Blick ins Universum zu ermöglichen. Rampen und Handläufe, die Rollstuhlfahrern und 8 Modell der künftigen Sternwarte gehbehinderten Menschen den Zugang zur Sternwarte und zum Außengelände ermöglichen oder erleichtern, reichen nicht aus. Himmels­phänomene werden von einem (Typ Knopf MK70S) und kann sowohl vi- „sprechenden Teleskop“ beschrieben, das suell als auch fotografisch genutzt wer- Um die besonderen Belange behinderter auf einer der Säulen montiert werden den. „Bis es soweit ist, werden wir das Menschen zu berücksichtigen und Pla- soll. Über eine Kamera lassen sich Live- Gerät nur in einigen Nächten auf dem nungsfehler zu vermeiden, wurden be- bilder des Universums, z. B. von Sonne, Außengelände aufbauen“, erklärt Mi- reits früh Experten mit einbezogen. So Planeten, Galaxien oder Mondkratern, chael Koch. Langfristig ist außer einem kooperiert der Verein mit dem Nieder- mit PC/Beamer in den Veranstaltungs- Rolldach oder einer Kuppel außerdem sächsischen Blindenverband und pflegt raum der Sternwarte übertragen und auf ein barrierefreier Zugang zum Oberge- enge Kontakte zum Verein „Andersicht eine große Leinwand projizieren. So kön- schoss geplant. Die offizielle Eröffnung e. V.“, einem Verein für hör- und tast- nen bei Vorträgen und Veranstaltungen der Sternwarte ist also nur ein Zwischen- sinnige Projektarbeit. Wertvolle Impulse bis zu 30 Menschen gleichzeitig „durchs schritt auf einem langen Weg zur ersten, und Anregungen brachte auch eine vom Teleskop blicken“ (Abb. 7). Die Projektion vollständig barrierefreien Sternwarte in Verein organisierte Fachtagung im Okto- erleichtert aber auch Menschen mit Seh- Deutschland. ber 2013, an der Fachleute verschiedener behinderungen den Blick ins Universum. Behinderungsarten teilnahmen. „Bei der „Ein erster Test mit einer Watec-120N- Begehung der Räume haben uns die Teil- Kamera hat funktioniert und lieferte gute nehmer auf mögliche Probleme aufmerk- Bilder, obwohl die Sichtbedingungen sam gemacht und auch Möglichkeiten nicht optimal waren“, sagt Dipl.-Ing. aufgezeigt, die wir bislang noch nicht Michael Koch. Er baut und entwickelt in bedacht hatten“, erklärt Utz Schmidtko. seinem Unternehmen „astro-electronic“ u. a. Steuerungen (FS 2) für Teleskop- Die Sternwarte spricht alle Sinne an und montierungen, im Verein ist er für die berücksichtigt verschiedene Einschrän- Astrotechnik zuständig. Derzeit plant er kungen wie Lernbehinderung, geistige ein Teleskop mit einem 1,2-Meter-Spie- Behinderung, Seh- und Hörbehinderun- gel, das in einigen Jahren zu einem be- gen etc. So können beispielsweise Blinde sonderen Highlight der höchsten Stern- und Menschen mit Sehbehinderungen warte Norddeutschlands werden soll. das Universum mit Hilfe audiovisueller Medien wahrnehmen: akustisch, visuell Der Verein hat noch große Pläne. So soll mit und ohne Technik, aber auch tak- das Dachgeschoss des Gebäudes präpa- til, also mit Hilfe des Tastsinns an ver- riert werden, damit ein Hypergraf mit schiedenen Modellen (Abb. 6). Sie fühlen 400 Millimeter Öffnung aufgestellt wer- und hören, was am Himmel zu sehen den kann (Abb. 8). Er befindet sich auf ist. Sterne, Planeten, Nebel oder andere einer computergesteuerten Montierung

VdS-Journal Nr. 52 VdS vor Ort / Podium [email protected] 129

Mitglieds-Nr. 12378 Volkssternwarte Ennepetal e. V.

Im Jahr 1970 bauten einige Hobbyastronomen auf einer Wegparzelle eine Beobachtungshütte mit drehbarem Klapp- dach. Drei Jahre später wurde der Verein Volkssternwarte Ennepetal e. V. gegründet. 1995 wurde die Beobachtungs- hütte durch eine Kuppel mit vier Meter Durchmesser ersetzt, in der unser größtes Teleskop, ein 12-Zoll-Newton, fest auf einer Deutschen Montierung aufgebaut ist. 2006 wurde mit großzügiger Unterstützung durch ein Ennepetaler Wirt- schaftsunternehmen ein neues Vereinsheim gebaut. In dem großen Vortragsraum für bis zu 35 Besucher präsentieren wir regelmäßig Vorträge zu astronomischen Themen. 1 Blick auf die 4-Meter-Kuppel und das Vereinsheim Zum 40-jährigen Bestehen im Jahr 2013 wurde das Ennepe- Volkssternwarte Ennepetal e. V. taler Planetenmodell fertiggestellt. Tafeln zeigen Sonne, Pla- neten und Pluto. Sowohl die Abstände als auch die Durch- messer sind im Maßstab 1:1.000.000.000 dargestellt. gen für Schulklassen, Jugendgruppen, Firmen und Vereine, Beratung z. B. beim Kauf und der Bedienung von Teleskopen. Ein wichtiges Ziel des Vereins ist die Wissensvermittlung Über unsere Aktivitäten informieren wir auf unserer Home- über Astronomie und Weltraumforschung. Durch unsere page und mit einem Newsletter. Aktivitäten an der Sternwarte und durch die Teilnahme an Veranstaltungen in der Region erreichen wir jedes Jahr über Kontakt: 1500 Menschen. Volkssternwarte Ennepetal e. V. Hinnenberg 80 | 58256 Ennepetal-Voerde Aktivitäten an der Sternwarte: Himmelsführungen, öffentli- Tel.: 0 23 33 / 6 26 46 oder während unserer Öffnungszeit che Beobachtungen - auch tagsüber (Sonne mit Weißlicht- jeden Freitag ab 19:00 Uhr: info@volkssternwarte- und Coronado-H-Alpha-Filter), Vorträge, Gruppenführun- ennepetal.de | www.volkssternwarte-ennepetal.de

Mitglieds-Nr. 19702 Regionale Volks- und Schulsternwarte Tornesch e. V.

Die Wurzeln der jungen Sternwarte in Tornesch im Kreis Pinne­berg reichen zurück in das Jahr 1989. Damals bau- te Herr Bodo Hübner dort eine Heimsternwarte, gab Astro­ nomie-Kurse in der Volkshochschule und schrieb astrono- mische Beiträge für die Regionalzeitung. Parallel dazu gab es am Ort eine „Interessengemeinschaft Liebhaber der As- tronomie“ von pensionierten Wissenschaftlern. Aus dem Zusammenschluss entstand später der Verein „Regionale Volks- und Schulsternwarte Tornesch e. V.“. Erst im Jahr 2010 konnte die Sternwarte auf dem Dach der neu erbauten Gesamtschule – bestückt mit einem C-14-Spiegelteleskop in der Kuppel – eröffnet werden. Juni 2011 das „Erste Norddeutsche Sternwartentreffen“ in Der Verein mit Bodo Hübner als Vorsitzendem zählt heute Tornesch, welches in der deutschen Astroszene große Be- 45 Mitglieder und bietet zahlreiche kostenlose Aktivitäten achtung fand. Dieses Treffen ist inzwischen zur Institution für Kinder und Erwachsene wie monatliche Beobachtungs- geworden: Es hat 2012 in Lübeck und 2013 in Braunschweig nächte, Einladungen von Schulklassen und Gruppen oder stattgefunden. Am 23. August 2014 diesen Jahres war die astronomische Vorträge. Der Verein betreibt zudem Sonnen- Sternwarte St. Andreasberg an der Reihe (siehe Beitrag auf beobachtung und Astrofotografie und führt Besuche zu an- Seite 121). deren Sternwarten oder wissenschaftlichen Instituten durch. Alljährlich im August findet die Perseidenbeobachtung auf Kontakt: einem nahen Flugplatz statt. Besonders erfolgreich war im E-Mail: [email protected] | http://sternwarte-tornesch.de

VdS-Journal Nr. 52 09. 19h Mond erdfern, Winkeldurchm. Planeten im Januar Ereignisse im Januar 29,5’ Merkur zeigt sich Mitte Januar am Abend- 01. R Cassiopeiae im Anstieg zum 10. 02:14 Schatten von Europa und Io gleichzeitig auf Jupiter, bis himmel. Dabei zieht er nahe an Venus Maximum Anfang Feb mit 04:05 vorbei, kleinster Abstand am 11.1. 4,7 mag o. schwächer 01. 02:27 Jupitermonde Europa u. Gany- 10. 18h Merkur (-0,8 mag) bei Venus med berühren sich (-3,9 mag), Abstand 0,7° Venus beginnt das Jahr als Abendstern, 02. 03:49 Jupitermond Europa bedeckt 10. 23:40 Algol (Beta Persei) Minimum doch noch steht sie tief am Südwesthim- Ganymed partiell, bis 04:07 3,4 mag, Abstieg v. 2,1 mag in ‚‚ mel. Ihr Scheibchen ist klein (11 ) und voll 02. 18h Mond 3,4° O Aldebaran (α Tauri, rd. 3 Std. 12. 05:05 Kleinplanet (94) Aurora (11,8 beleuchtet. 1,0 mag), Osthimmel 02. 23:54 Schatten von Europa und Io mag) bedeckt Stern TYC 2444- gleichzeitig auf Jupiter, bis 00566-1 (10,6 mag) für 18,6 s, kann Anfang Januar noch abends ‚ 02:12 Sternbild Zwillinge, Pfadverlauf gesehen werden. Am 19.1. zieht er in 14 03. Abend Maximum Sternschnuppen- Österreich-W-Deutschland Abstand an Neptun vorbei. Am 22.1. steht schauer Quadrantiden, max. SO-NW der Mond zwischen Mars und Venus. 100/h, 40 km/s, Radiant im 12. 17:51 Kleinplanet (171) Ophelia (14,0 Sternbild Bootes, ganze Nacht mag) bedeckt Stern HIP 10549 04. 0h max. Libration im Mond-NO, (8,6 mag) für 13,2 s, Sternbild Jupiter wird am 6.2. in Opposition stehen 7,8° Widder, Pfadverlauf Deutsch- und ist daher schon jetzt fast die gesamte 04. 8h Erde im Perihel (Sonnendistanz land W-NO Nacht zwischen Krebs und Löwe zu sehen. 0,983 AE) 13. 7h Mond 3,4° NW Spica (α Virginis, 05. 05:53 Vollmond 1,1 mag) Saturn ist ein Objekt für die frühen Mor- 06. 23:29 Jupitermond Europa verfinstert 13. 10:46 Letztes Viertel Io partiell (Größe 0,12), bis 23:37 14. 02:13 Jupitermond Europa verfinstert genstunden, tief am Südosthimmel. 07. 01:03 Jupitermond Europa bedeckt Io, Io, Größe 0,25, bis 02:21 bis 01:14 14. 03:21 Jupitermond Europa bedeckt Io, Uranus in den Fischen kann noch abends 08. 04:23 Jupitermond Europa verfinstert Größe 0,50, bis 03:31 gesehen werden, er geht aber bald unter. Ganymed, Größe 0,40, bis 05:09 14. ca. Merkur (-0,5 mag) Abend- 08. 6h Mond 5,6° S Jupiter (-2,5 mag) bis 19. sichtbarkeit, max. Elongation 08. 23:07 Mond 4,5° S Regulus (α Leonis, Ost 19°, WSW-Horizont Neptun im Wassermann ist noch schwie- 1,4 mag) 16. 7h Mond 3,1° N Saturn (0,5 mag) riger als Uranus zu beobachten, er geht 09. 07:22 Jupitermond Europa bedeckt 16. 18h Merkur (-0,5 mag) Dichotomie, früher unter. Ganymed, Größe 0,37, bis 07:37 Phase 50 %, 7,2’‘ 07. R Cassiopeiae im Maximum mit Planeten im Februar Ereignisse im Februar 4,7 mag o. schwächer 07. 22:54 Jupitermond Europa bedeckt Io, Merkur erreicht am 24.2. eine westliche 01. ca. Mond beginnt Bedeckung partiell, Größe 0,63, bis 23:02 Elongation, wird aber nur für Breiten- 19:32 Lambda Geminorum (3,6 mag), Uhrzeit abh. v. Standort, bis ca. 07. 22:58 Jupitermond Europa verfinstert grade südlich 45° hoch genug steigen, 20:40 Io, ringförmig, Größe 0,16, bis um sichtbar zu sein. 01. 22:42 Kleinplanet (23) Thalia (10,6 23:04 mag) bedeckt Stern TYC 1822- 09. 06:26 Jupitermond Io bedeckt Europa, Venus wird abends immer besser sichtbar. 00986-1 (10,0 mag) für 14,9 s, partiell, Größe 0,77, bis 06:30 Am 1.2. steht sie weniger als ein Grad von Sternbild Stier, Pfadverlauf 09. 21:55 Jupitermond Ganymed bedeckt Neptun entfernt, am 21.2. ist sie nahe bei Deutschland-S nach Österreich- Io, partiell, Größe 0,67, bis Mars. NO 22:02 02. 02:37 Jupitermond Ganymed verfins- 09. 22:07 Jupitermond Ganymed verfins- Mars läutet den Abend ein, man findet ihn tert Kallisto, ringförmig, Größe tert Io, Größe 0,42, bis 22:12 0,06, bis 02:42 09. 24h Mond 4,0° NO Spica (α Virginis, über dem Südwesthorizont. Am 20.2. mit 1,1 mag), Osthorizont Mond. 02. 19:19 Jupitermond Ganymed verfins- tert Io, Größe 0,23, bis 19:23 12. 04:50 Letztes Viertel 02. 19:31 Jupitermond Ganymed bedeckt 12. 19:24 Jupitermond Io bedeckt Europa, Jupiter steht am 6.2. in Opposition, kurz Io, partiell, Größe 0,56, bis19:38 partiell, Größe 0,69, bis 19:28 zuvor ist er vom Löwen in den Krebs 04. 00:09 Vollmond 12. 22:22 Jupitermond Io bedeckt Gany- gewandert. Jetzt gegenseitige Mondbede- 04. 7h Mond 5,9° S Jupiter (-2,6 mag) med, partiell, Größe 0,55, bis ckungen beobachten! 05. 06:30 Mond 4,7° S Regulus (α Leonis, 22:29 1,4 mag) 12. 22:45 Jupitermond Io verfinstert Ga- Saturn im Skorpion steht morgens schon 05. 19:57 Jupitermond Io verfinstert Ga- nymed, ringförmig, Größe 0,24, über dem Südhorizont; am 13.2. neben nymed, Größe 0,20, bis 20:01 bis 22:50 ihm der Mond. 05. 19:59 Jupitermond Io bedeckt Gany- 13. 3h Mond 2,1° N Saturn (0,5 mag) med, Größe 0,40, bis 20:05 13. 6h Mond 8,5° N Antares (α Scorpii, 1,1 mag) Uranus in den Fischen ist abends noch 06. 7h Mond erdfern, Winkeldurchm. 29,4’ 13. 22:57 Jupitermond Europa bedeckt kurz sichtbar, geht aber rasch unter. 06. 19h Jupiter (-2,6 mag, 45,4’‘) in Ganymed, Größe 0,09, bis 23:03 Opposition zur Sonne 14. 0h max. Libration im Mond-SW, Neptun steht in diesem Monat am 26.2. 06. 19:58 Jupitermond Europa bedeckt 9,9° in Konjunktion mit der Sonne; nachts Ganymed, partiell, Größe 0,18, 15. 00:59 Jupitermond Europa bedeckt Io, unsichtbar. bis 20:06 partiell, Größe 0,72, bis 01:07 Planeten im März Ereignisse im März 09. 22:30 Jupitermond Ganymed Merkur bleibt im März im hellen Sonnen- 01. 05:09 Jupitermond Europa bedeckt licht verborgen, am 18.3. zieht er an Nep- Io, ringförmig, Größe 0,86, bis bedeckt Europa, partiell, Größe tun vorbei. 05:16 0,44, bis 22:35 02. 19:42 Jupitermond Ganymed 10. 00:37 Jupitermond Ganymed ver- finstert Europa, ringförmig, Venus dominiert zunehmend den Abend- bedeckt Europa, partiell, Größe 0,63, bis 19:48 Größe 0,78, bis 00:42 himmel, ihr Winkelabstand zur Sonne 11. 19h Mars (1,3 mag) 11’ N Uranus vergrößert sich. Am 4.3. steht sie bei 02. 21:23 Jupitermond Ganymed ver- finstert Europa, Größe 0,46, (5,9 mag) Uranus und am 22.3. findet man unter ihr bis 21:28 11. 20:17 Jupitermond Europa bedeckt die Mondsichel. 02. Kleinplanet (3) Juno (8,8 mag) Io, partiell, Größe 0,77, bis 0,9° W Stern Beta Cancri (4,4 20:24 Mars versinkt am frühen Abend unter dem mag) 11. 21:30 Jupitermond Europa verfins- Westhorizont, man muss ihn gleich aufsu- 03. Mond südl. Jupiter, Morgen- tert Io, Größe 0,43, bis 21:35 chen. Am 11.3. passiert Mars den Uranus. himmel 12. 02:07 Kleinplanet (216) Kleopatra 03. ab Mond beginnt Bedeckung von (11,9 mag) bedeckt Stern HIP 54599 (8,0 mag) für 8,0 s, Jupiter stand Anfang Februar in Oppositi- 04:30 Stern Alpha Cancri (4,3 mag), Sternbild Becher, Pfadverlauf: on und ist auch im März das hellste Objekt Uhrzeit abh. v. Standort 03. 05:05 Jupitermond Ganymed be- Schweiz – Deutschland-W, der Nacht. deckt Io, total, bis 05:11 Kleinplanet hat 2 Monde! (s.a. 04. 19:15 Mond 5,5° SO Regulus Artikel im VdS-Journal 52) Saturn geht jetzt vor Mitternacht auf, (α Leonis, 1,4 mag) 12. 05:30 Mond 2,4° NW Saturn (0,4 man kann ihn in der zweiten Nachthälfte 04. 19:30 Venus (-4,0 mag) 180’’ N mag) und 10° NW Antares beobachten. Uranus, WSW-Himmel (α Scorpii, 1,1 mag) 05. 9h Mond erdfern, Durchm. 29,4’ 13. 04:28 Jupitermond Io verfinstert Uranus verabschiedet sich vom Abend- 05. 19:05 Vollmond Europa, partiell, Größe 0,27, himmel, er ist ein Fall für Spezialisten. 06. 01:19 Jupitermond Io bedeckt Europa, bis 04:31 partiell, Größe 0,13, bis 01:22 13. 05:30 Mond 10° NO Antares 06. 02:15 Jupitermond Io verfinstert (α Scorpii, 1,1 mag) Neptun taucht bald wieder am Morgen- Europa, Größe 0,11, bis 02:17 13. 18:48 Letztes Viertel himmel auf, doch noch nicht in diesem 09. 01:42 Mond 2,6° N Spica (α Virginis, 14. 0h max. Libration im Mond-SW, Monat. 1,1 mag) 10,1° Service 133

Weitere Ereignisse im Januar: 21. 21h Mond erdnah, Winkeldurchm. 29. Kleinplanet (3) Juno (8,1 mag) 33,2’ in Opposition zur Sonne, Stern- 17. 0h max. Libration im Mond-SW, 22. 18:30 Mond zwischen Venus (-3,9 bild Hydra 8,9° mag) und Mars (1,2 mag), SW- 29. 17:31 Mond 34’ N Aldebaran (α Tauri, 17. 04:51 Schatten von Europa und IO Horizont 1,0 mag), Osthimmel gleichzeitig auf Jupiter, bis 05:58 24. Kleinplanet (3) Juno (8,1 mag) S 29. 21:40 X Trianguli Minimum 11,3 mag, 17. 7h Mond 8,5° NO Antares (α Scorpii, Stern Sigma Hydrae (4,4 mag) Abstieg v. 8,6 mag in rd. 1,5 Std., 1,1 mag) 24. 06:46 Jupitermond Kallisto verfinstert weitere Minima täglich rd. 40 17. Abend Maximum Sternschnuppen- Io während Io-Transit, Größe min früher schauer Delta-Cancriden, ca. 0,19, bis 06:54 29. 23:14 Kleinplanet (804) Hispania (12,6 4/h, 30 km/s, Radiant im Stern- 24. 18:39 Jupitermond Europa bedeckt Io, mag) bedeckt Stern TYC 1425- bild Krebs, ganze Nacht Größe 0,52, bis 18:48 00214-1 (10,4 mag) für 10,3 s, 19. 03:30 Jupitermond Ganymed bedeckt 24. 19:52 Jupitermond Kallisto verfinstert Sternbild Löwe, Pfadverlauf Europa, total, bis 03:37 Io, ringförmig, Größe 0,37, bis Deutschland O-W 19. Mars (1,2 mag) 0,3° S Neptun 19:58 30. Saturn (0,5 mag) zieht am Stern (8,0 mag), Abendhimmel 26. 06:12 Jupitermond Ganymed bedeckt Beta Scorpii (2,4 mag) 1° N 20. 14:14 Neumond Europa, total, bis 06:19 vorbei 20. Abend Maximum Sternschnuppen- 27. 05:48 Erstes Viertel 30. 20:40 X Trianguli Minimum 11,3 mag, schauer Gamma-Ursiden, ca. 27. 22:40 X Trianguli Minimum 11,3 mag, Abstieg v. 8,6 mag in rd. 1,5 Std., 10/h, ca. 0,5 mag, 30 km/s, Abstieg v. 8,6 mag in rd. 1,5 Std., weitere Minima täglich rd. 40 Radiant im Sternbild Kleiner weitere Minima täglich rd. 40 min früher Bär, ganze Nacht min früher 31. 0h max. Libration im Mond-NO, 21. 04:49 Jupitermond Europa verfinstert 28. 07:19 Jupitermond Europa verfinstert 8,5° Io, Größe 0,33, bis 04:56 Io, Größe 0,41, bis 07:26 31. 20:33 Jupitermond Europa verfinstert 21. 05:34 Jupitermond Europa bedeckt Io 28. 22:00 X Trianguli Minimum 11,3 mag, Io, Größe 0,46, bis 20:40 partiell, Größe 0,50, bis 05:43 Abstieg v. 8,6 mag in rd. 1,5 Std., 31. 20:48 Jupitermond Europa bedeckt Io, 21. 18h Mond 2,3° N Merkur (0,2 mag, weitere Minima täglich rd. 40 partiell, Größe 0,56, bis 20:56 Phase 25%) min früher

Weitere Ereignisse im Februar: +3,9° N Venus (-4,0 mag), W- 26. ca. ab Mond bedeckt Aldebaran (0,9 Horizont 01:20 mag) nördl. einer Linie Flens- 15. 01:21 Jupitermond Europa verfinstert 21. 20h Venus (-4,0 mag) 28’ S Mars burg-Kiel-Neubrandenburg, Io, ringförmig, Größe 0,53, bis (1,3 mag) streifende Stenbedeckung ab ca. 01:27 22. 03:04 Jupitermond Europa bedeckt Io, 01:24 16. ca. Mond beendet Bedeckung partiell, Größe 0,82, bis 03:11 26. 20:36 Jupitermondschatten von Io und 08:42 Rho1 Sagittarii (3,9 mag), Uhr- 22. 03:42 Jupitermond Europa verfinstert Kallisto gleichzeitig auf Jupiter, zeit abh. v. Standort Io, ringförmig, Größe 0,52, bis bis 20:59 17. 00:18 Jupitermond Ganymed bedeckt 03:48 26. 21:25 Jupitermond Kallisto bedeckt Io, partiell, Größe 0,82, bis 24. 02:41 Jupitermond Ganymed bedeckt Europa, partiell, Größe 0,30, bis 00:25 Io, fast total, Größe 0,99, bis 21:30 17. 00:54 Jupitermond Ganymed verfins- 02:48 26. 23:20 Jupitermond Io bedeckt Europa, tert Io, Größe 0,63, bis 00:59 24. 03:39 Jupitermond Ganymed verfins- partiell, Größe 0,31, bis 23:23 17. 7h Mond 2,6° N Merkur (0,3 mag) tert Io, ringförmig, Größe 0,75, 27. max. Libration im Mond-NO, 19. 00:47 Neumond bis 03:44 9,4° 19. 8h Mond erdnah, Winkeldurchm. 24. 04:30 Kleinplanet (7) Iris (9,0 mag) 27. 03:16 Jupitermond Io bedeckt Gany- 33,5’ 13’’ N Stern SAO 137952 (7,1 med, ringförmig, Größe 0,69, bis 19. 21:21 Jupitermond Io bedeckt Europa, mag), Sternbild Löwe 03:24 partiell, Größe 0,50, bis 21:25 24. Merkur max. Elongation West 27. 04:33 Jupitermond Io verfinstert Ga- 20. 00:48 Jupitermond Io bedeckt Gany- (27°), jedoch keine Morgensicht- nymed, ringförmig zentral, bis med, partiell, Größe 0,65, bis barkeit 04:39 00:55 25. 18:14 Erstes Viertel 28. ca. Streifende Sternbedeckung 20. 01:36 Jupitermond Io verfinstert Ga- 25. ca. Streifende Sternbedeckung 01:24 durch den Mond, SAO 95572 nymed, ringförmig zentral, 21:48 durch den Mond, SAO 93938 (6,3 mag), Sternbild Zwillinge, Größe 0,52, bis 01:42 (6,9 mag), Sternbild Stier, Pfad Pfadverlauf ca. Adenau – Heidel- 20. 20h Mond 4,4° N Mars (1,3 mag) verlauf ca. Kehl - Ulm - Salzburg berg – Altdorf - Salzburg

Weitere Ereignisse im März: 19. 21h Mond erdnah, Durchm. 33,4’ 25. 20h Mond 6,0° O Aldebaran 20. 10:36 Neumond, Totale Sonnenfins- (α Tauri, 1,0 mag), Westhimmel 14. 00:19 Jupitermond Io verfinstert tenis, max. Dauer 2 min 47 s, 26. 00:32 Jupitermond Europa bedeckt Ganymed, ringförmig, Größe beobachtbar auf den Färöer Io, partiell, Größe 0,56, bis 0,47, bis 00:41 Inseln und Spitzbergen, in D 00:38 16. 02:33 Jupitermond Kallisto bedeckt ca. 09:20 bis 12:00 als partielle 26. 02:06 Jupitermond Europa verfins- Europa, partiell, Größe 0,91, Finsternis sichtbar, ca. 73-80 % tert Io, Größe 0,15, bis 02:09 bis 02:45 20. 23:45 Frühlingsanfang, Tag-und- 27. 0h max. Libration im Mond-NO, 17. 01:20 Jupitermond Ganymed Nacht-Gleiche 9,7° bedeckt Europa, partiell, Größe 21. 12h Mond bedeckt Uranus (5,9 27. 08:43 Erstes Viertel 0,27, bis 01:25 mag), Taghimmel 28. 20:05 Jupitermond Europa verfins- 17. 03:51 Jupitermond Ganymed ver- 21. 20h Mond 3,4° S Mars (1,3 mag), tert Ganymed, ringförmig, finstert Europa, ringförmig, W-Horizont Größe 0,15, bis 20:09 Größe 0,59, bis 3:55 22. 21h Mond 3,6° S Venus (-4,0 mag), 29. 02:00 Umstellung auf MESZ = 17. 22:30 Algol (Beta Persei) Minimum W-Horizont MEZ+1h 3,4 mag, Abstieg v. 2,1 mag in 23. 19:47 Jupitermond Io verfinstert 30. Mond südl. Jupiter (-2,3 mag), rd. 3 Std. Europa, Größe 0,49, bis 19:51 Morgenhimmel 18. 22:24 Jupitermond Europa bedeckt 24. 01:10 Jupitermond Ganymed 30. 22:01 Jupitermond Io verfinstert Io, partiell, Größe 0,66, bis bedeckt Kallisto, partiell, Größe Europa, ringförmig, Größe 22:30 0,67, bis 01:19 0,61, bis 22:05 18. 23:48 Jupitermond Europa verfins­­- 24. 22h Mond 6,5° W Aldebaran 31. 20h Mond 4,4° S Regulus (α Leonis, tert Io, Größe 0,30, bis 23:53 (α Tauri, 1,0 mag), Westhimmel 1,4 mag)

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Konrad Guhl (Sternbedeckungen durch den Mond), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten) Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), „Kosmos Himmelsjahr professional 2015“ , „Der Sternenhimmel 2015“. Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° ö.L. und 50° n.Br. Zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren. VdS-Journal Nr. 52 134 Beobachterforum

Meller Nächte sind lang – auch im Juni von Jens Leich

Wir schreiben den 6. Juni 2014, und nor- der Vergangenheit weiß, dass man sich feststellen. Capella und Jupiter, die sich malerweise befinden wir uns im astrono- nicht immer unbedingt darauf verlassen schon auf wenige Grad dem Horizont mischen Jahreskalender in einer Zeit, wo kann. Eine kurz vor der Abreise aus dem genähert hatten, waren außergewöhnlich es auf der Nordhalbkugel der Erde nicht heimischen Wiehl gemachte Sonnenbe- gut zusehen: ohne das typische Zappeln unbedingt die längsten Nächte gibt. Die obachtung bestätigte die Annahme, dass in der dort sonst oft turbulenten und die- Sonne steht nun kurz vor der Sommer- heute „was drin ist“, selbst wenn der im sigen Horizontnähe. Was plant man in sonnenwende und die meisten Astrofo- Sommer typischerweise tief am Horizont einer solch hellen Nacht mit einem neun tografen gehen in die Sommerpause oder entlang ziehende Mond die Aussichten Tage alten Mond an einem „Lichteimer“ fliegen in südlichere Gefilde. Für den vi- auf eine dunkle Nacht nicht gerade po- von 112 Zentimeter Durchmesser? Da suellen Beobachter ist die Zeit der „hel- sitiv beeinflusste. kann doch nicht viel bei herumkommen len Nächte“ zwar auch nicht die bevor- … zugte Zeit, aber: „Gucken geht immer!“ Die sonst als Spielverderber auftrump- Kurzfristig und spontan planten Peter fenden Zirrenfelder blieben zunächst aus. Gegen 23 Uhr MESZ kamen wir sommer- Riepe und ich mein zweites „Gastspiel“ So trafen wir uns am frühen Abend zur lich gekleidet in Melle an - es herrsch- am Meller 112-Zentimeter-Spiegel. Die gemeinsamen Reise nach Melle. Schon ten noch knapp 20°C. Bahnte sich eine Wetter- und besonders die Wolkenvor- auf der Fahrt konnten wir bei einer stim- tropische Nacht an? Frösche quakten, hersage waren vielversprechend, auch mungsvollen Abenddämmerung eine er- Hunde bellten in der Ferne und ein wenn man aus leidvoller Erfahrung in staunlich gute Transparenz des Himmels Pferd zog auf einer der Wiesen hinter der Sternwarte seine Kreise. Die auf der Fahrt bereits erahnte Himmelstranspa- renz bestätigte sich erneut, die vermutete „vernichtende“ Aufhellung des Himmels- hintergrunds durch den Mond war kaum zu erkennen. Die Luft war trocken und nur ein laues Lüftchen wehte uns um die Nase. „Heute geht was!“ war unse- re übereinstimmende Voraussicht. Ohne Stress und Leistungsdruck genossen wir die sommerliche Stimmung und ließen die Eindrücke der farblich intensiven Abenddämmerung auf uns wirken. Nach dem Öffnen der beiden Kuppelhälften wurde der Nachthimmel auf vier Meter Breite und neun Meter Länge für das Te- leskop „geöffnet“ (Abb. 1). Wir bewun- derten das Aufsetzen Jupiters auf den Wipfelspitzen des westlich gelegenen Waldes. Castor und Pollux standen nahe- zu bewegungslos nur wenige Grad über dem Westhorizont. Unsere lange Anrei- se wurde mit einem Blick auf den weder von Wolken noch von Dunst getrübten Dämmerungsbogen belohnt. Irgendwann zog die ISS ihre Bahn über unseren Köp- fen und eine aus Richtung Polarstern zur Capella rauschende fette Sternschnuppe zog unsere Blicke auf sich.

1 Beobachtungen am 1,12-m-Newton der Sternwarte Melle (Bildautor: Rainer Sparenberg)

VdS-Journal Nr. 52 Beobachterforum 135

2 Meine allererste Zeichnung des „Katzenaugennebels“ NGC 6543 mit Plössl-Okular (Pentax, f = 5,2 mm) bei 962-facher Vergrößerung.

Die Sonne sank nun nicht mehr unter 18° unter den Horizont. So richtig dunkel im astronomischen Sinn konnte es also auch ohne Mond nicht werden. Das tat aber unserem eigentlichen Ziel, M 97 im Sternbild Großer Wagen zu beobachten, keinen Abbruch. Allerdings lag der „Eu- lennebel“ doch schon weit außerhalb des Zugangsbereichs des großen Newtons. Selbst mit einer Anlegeleiter wären wir nicht mehr an den Okularauszug heran gekommen. Also suchten wir uns ohne Zwang ein anderes Objekt der Begierde, aber ein PN sollte es doch schon sein!

Die Wahl fiel auf den „Katzenaugenne- bel“ (NGC 6543) im Sternbild Drache. Mit Öffnung und bei solchen Wetterbedin- kennen war. Der Katzenaugennebel hat meinen 1,72 Meter Körpergröße hatte ich gungen! In meinem kleinen 130-Milli- eine relativ hohe Flächenhelligkeit und eine ideale Beobachtungsposition, und meter-Refraktor sieht man bei kleiner ist bei einer scheinbaren visuellen Hellig- mir blieb beim ersten Blick durchs Okular Vergrößerung eher ein diffuses stellares keit von 8,1 mag auch schon im Fernglas glatt die Spucke weg. Merkwürdigerwei- Objekt, welches im 150-Millimeter-Apo- als stellares Objekt identifizierbar. Der se habe ich diesen PN bewusst noch nie chromaten montiert am großen Meller Durchmesser der inneren Hülle beträgt beobachtet, geschweige denn mit dieser Newton genau so und recht hell zu er- ca. 18 Bogensekunden [1].

3 Etwa eine halbe Stunde nach der unteren Kulmination von Capella im Norden zeigte der Him- mel bereits wieder deutliche Farben. Jetzt zogen Zirren auf. (Bildautor: Peter Riepe)

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Was da bei rund 667-facher Vergröße- genau das richtige Sichtfenster erwischt! um 7:30 Uhr MESZ, fast zwölf Stunden rung auf meine Netzhaut gespült wurde, Der Mond war inzwischen längst un- nach der Abfahrt, Geschichte. Aber es war atemberaubend. Transparenz und tergegangen und ein farbenprächtiger hat Spaß gemacht. Ich brenne schon auf Luftruhe waren so außergewöhnlich, Dämmerungsbogen gespickt mit immer die nächste Meller Nacht! dass wir nicht zögerten, „den Hammer“ mehr Eiswolken kündete den neuen Tag auszupacken: Mit einem Plössl-Okular an. Am Horizont zeigten sich rötliche von Pentax und einer Brennweite von Farben, über gelb bis blau (Abb. 3). So Literaturhinweis: 5,2 Millimetern erreichten wir eine Ver- machte sich die Sonne für eine neue [1] Kepple/ Sanner: The Night Sky größerung, mit der man üblicherweise Runde bereit. Die „lange Nacht“ von Observer´s Guide Vol. 2, Will- am Labormikroskop Zellen untersucht. Melle war zu Ende. Zufrieden, aber auch mannn-Bell, Inc. Richmond, USA, Doch wir schienen Laborbedingungen völlig müde war die Exkursion für mich 2002 zu haben! Bei erstaunlicher 962-facher Vergrößerung und immerhin 1,2 Milli- metern Austrittspupille erleuchtete nun eine helle, grüne strukturierte, ellipsen- Venus über dem förmige Hülle mein Auge! Der im Visuel- len scheinbar 10,9 mag helle Zentralstern Genfer See war eingebettet im von dunkleren Berei- chen durchzogenen Hüllenmaterial. Peter von Christine Siragusa bestätigte mir den Farbeindruck, denn als Mensch mit einer angeborenen Rot- Grün-Sehschwäche war ich mir nicht sicher, ob ich die Farbe richtig interpre- tiert habe. Dieser Anblick war für mich so faszinierend, dass ich den glücklicher- weise in letzter Minute mitgenommenen Zeichenblock zückte, um dieses Erlebnis zeichnerisch festzuhalten.

Während Peter zwischen 0 und 2 Uhr MESZ bei nur rund sieben Grad über dem Horizont den untersten Transit von Capella unterhalb des Polarsterns doku- mentierte, beobachtete ich in bequemer Position einen hellen NGC 6543 mit Strukturen, die ich vorher mit eigenen Augen noch nie gesehen hatte. Aber wie zeichnet man solche Strukturen? Unter besten Bedingungen versuchte ich die in sich verdrehten feinen Schalenstrukturen auf Papier zu bringen. Innerhalb der Hül- le waren rund um den Zentralstern dunk- lere Bereiche zu erkennen. Ich benötigte schon fünf Minuten, um mir überhaupt einen groben Überblick über die Vielzahl an verdrehten geometrischen Figuren wie Ellipsen und Kreisen zu verschaffen, die ich in dieser Form noch nie zuvor gezeichnet habe. Der Leser verzeihe mir also meine ersten Versuche (Abb. 2).

Nach rund einer halben Stunde fiel mir auf, dass der Zentralstern zunehmend schwächer wurde und die Hülle plötzlich 1 strukturlos und verschmiert wirkte, ein Als eine ihrer ersten Astroaufnahmen Blick an den Himmel zeigte das bereits gelang Christine Siragusa am 6. März befürchtete Aufziehen einiger Zirrenfel- 2014 um 6:31 Uhr ein Schnappschuss der, aber meine erste detaillierte Zeich- der Venus mit Mond über dem Genfer nung eines PN war fertig. Glück gehabt, See bei Le Muids.

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Mein erstes astronomisches Foto-Abenteuer von Werner Braune

Mein erstes astronomisches Foto-Aben- fassung. Mond und Venus waren auf Aufnahme besser sehen zu können. Bild- teuer verdanke ich meiner Frau und der dem Display sehr gut zu sehen. Ich ging ausschnitte im Display sind gezielt zu Lage des Hotelbalkons bei unserem Ur- gleich daran, die Bilder etwas heranzu- vergrößern. Sie können auch gespeichert laub in der Türkei. Sie weckte mich kurz zoomen. Der Foto-Apparat hat eine Ver- werden. Hätte ich eher daran gedacht, nach fünf Uhr Ortszeit (MEZ: vier Uhr) zögerung zwischen Erfassung des Bildes wären die vielen verwackelten Fotos mit mit der Frage, welcher helle Stern denn und braucht zum Abbilden eine zweite dem Zoom der Kamera gar nicht erst ent- dort beim Mond stünde? Es war ein herr- Auslösung. Das führte bei der instabilen standen. licher Anblick, die Venus so dicht an der Auflage zu vielen, völlig verwackelten Mondsichel zu sehen. Bildern. Eines wurde jedoch einigerma- Mein Tipp: ßen gut. Zudem eine Aufnahme ganz Entweder man weiß schon, was die Ka- Ich entschloss mich, Fotos mit meiner ohne Zoom (Abb. 1). mera alles kann, oder man sollte vorher neuen Nikon P500 zu machen. Das ist die Gebrauchsanleitung studieren. eine nur automatisch einstellbare, elek­ Ich habe mir dann aus Hotelmobiliar ein tronische Kamera. Eigentlich erwartete Stativ „gebaut“. Die gesamte Prozedur ich von ihr keine akzeptablen Aufnah- über knapp eine Stunde zeigte, dass sich men. Mit meiner früheren „Voigtlän- der Mond bewegte. Die Venus stand nun der“ gelangen mir ähnliche Fotos nur etwas höher. schlecht: Der Mond war sehr klein. Was ich bei allem nachträglich und jetzt Meine Überraschung war nun groß bei aus der Erinnerung gelernt habe, ver- 1 Mond bei Venus am 26.2.2014, den Aufnahmen mit der Nikon und der danke ich auch meiner Frau. Sie nutzte zirka 4:30 Uhr MEZ, Aufnahmeort: Abstützung auf der runden Balkonein- den Zoom der Kamera, um Details einer Lara bei Antalya (Türkei)

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Morgendämmerung über der Flensburger Förde von Gotthard Stuhm

Wichtige Informationen für unsere Mitglieder!

Sie sind umgezogen? Sie haben uns eine Einzugsermäch- Wenn Sie die Zeitschrift noch gar nicht Dann geben Sie uns Ihre neue Anschrift tigung erteilt und Ihre Bankverbin- im Abonnement beziehen, genügt es, schnellstens bekannt. Dazu können Sie dung hat sich geändert? wenn Sie uns schriftlich mitteilen, ab entweder ein Fax an uns senden oder Sie Informieren Sie die Geschäftsstelle bitte wann das Abo über uns beginnen soll geben die Änderung auf unserer Home- auch schriftlich. Ansonsten erbitten wir (Sie möchten die Zeitschrift zum 1. 1. des page „vds-astro.de/Mitglieder-Service“ Zahlungen auf unser Konto 11745 bei nächsten Jahres abonnieren, dann teilen ein. Sie können uns aber auch einen der Sparkasse Starkenburg, Heppenheim, Sie uns dies bitte bis zum 15. 11. diesen Brief oder eine E-Mail mit den entspre- BLZ 509 514 69. (BIC: HELADEF1HEP – Jahres mit). Wir veranlassen dann alles chenden neuen Daten schicken. IBAN: DE79 5095 1469 0000 0117 45). Weitere. Wenn Sie schon Direkt-Abon- Zur Vermeidung unnötigen Verwaltungs- nent sind, prüfen Sie bitte, zu welchem Wenn Sie die Zeitschrift „Sterne und aufwandes bitte immer mit Angabe Ihrer Termin Ihr Abonnement-Vertrag auslau- Weltraum“ im Abonnement über die VdS Mitgliedsnummer. fen kann und kündigen Sie diesen selbst beziehen, geben Sie die Anschriftenände- beim Verlag. Dann teilen Sie uns den rung bitte ausschließlich an uns! Wir in- Sie möchten „Sterne und Welt- Start-Termin für Ihr Abo über die VdS formieren dann automatisch den Verlag. raum“ über die VdS zu ermäßigten mit. Wenn Sie zur Abwicklung weite- Abo-Preisen beziehen? re Fragen haben, rufen Sie uns an oder

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Am Morgen des 24. Juli 2014 um 4:34 Uhr gelang mir kurz vor Sonnenaufgang ein kleines Panorama über die Flensburger Förde (vier Bilder aus der Hand, Nikon D 90, ISO 400, 1/20 s, gestitched mit Microsoft ICE). Die schmale Mondsichel und die helle Venus sind gut zu erkennen ... leider habe ich das Gefühl, dass Merkur im Pixelrauschen untergegangen ist.

Hinweise mailen Sie uns. Wir helfen Ihnen gerne können den reduzierten Beitrag nur dann Anspruch auf den ermäßigten Beitrag! weiter. gewähren, wenn uns von Ihnen eine Neumitglieder reichen uns die Beschei- Immatrikulations-, Schul- oder Ausbil- nigung bitte zum Beginn der Mitglied- Sie möchten „SuW“ kündigen? dungsbescheinigung vorliegt. Diese Be- schaft ein. Eine Kündigung ist zum 30. 06. und zum scheinigung benötigen wir auch für den 31.12. eines jeden Jahres möglich. Bitte Nachweis gegenüber dem Verlag beim Und so erreichen Sie uns: teilen Sie uns dies jedoch schriftlich bis reduzierten Bezug von Sterne und Welt- VdS-Geschäftsstelle spätestens 15.05. bzw. 15.11. mit, da wir raum. Für die korrekte Rechnungserstel- Postfach 1169, D-64629 Heppenheim nur so die Zeitschriften rechtzeitig stop- lung muss uns Ihre Bescheinigung un- E-Mail: [email protected] pen können. aufgefordert bis spätestens 15. 10. eines Tel.-Nr. 0 62 52 / 78 71 54 jeden Jahres für das Folgejahr vorliegen. Fax-Nr. 0 62 52 / 78 72 20 Sie sind Student(in), Schüler(in) Eine nachträgliche Rechnungsänderung oder Auszubildende(r) und möchten im Frühjahr erfordert einen enormen Wenn es für Sie gut läuft, dann sind auch auch in Zukunft die Mitgliedschaft Zeit- und Kostenaufwand, sowohl bei wir zufrieden. zum ermäßigten Beitrag fortset- uns als auch beim Verlag und ist nicht zen und den reduzierte Abo-Preis mehr möglich! Sollten wir Ihre Beschei- Für Ihre Unterstützung herzlichen Dank! erhalten? nigung zum genannten Termin nicht ha- VdS-Geschäftsstelle Dann beachten Sie bitte Folgendes: Wir ben, so verlieren Sie im Folgejahr Ihren Eva Garbe

VdS-Journal Nr. 52 140 Rezension

Rezension von Astrid Gallus Horst Schoch: Das Geheimnis des Himmels Historischer Roman, Brunnen Verlag, 2013, ISBN 978-3-7655-1576-7, fester Einband

Der Roman führt den Leser zunächst in dieses Papieres, das aus den Ruinen eines eine kleine Stadt an der Elbe in das Jahr verfallenen Franziskanerklosters stammt. 1527. Das Städtchen wird nirgendwo im Damit haben sich die beiden Professo- Buch bei seinem Namen genannt, aber renfreunde aufgrund ihrer Neugier auf seine Lage so genau beschrieben, dass ein unbekanntes Wagnis eingelassen. man Lust verspürt, es im Atlas zu suchen. Es handelt sich um eine kleine Univer- Wie unvorsichtig Bernhardi sich verhält, sitätsstadt südlich von Magdeburg. Die bemerkt er selbst nicht, denn er wird bei Zeiten sind unruhig, die Reformation einem Besuch in Magdeburg dabei be- breitet sich aus und die Gemeinden, obachtet, als er nicht widerstehen kann, Städte und Länder sind der Religion ihrer dort eines der sogenannten verbotenen jeweiligen Herrscher unterworfen. Es ist Bücher zu erstehen. Ihm gefällt das frei- die Zeit großer Umbrüche und zugleich ere Leben in der protestantischen Stadt des Bewahrens alter Pfründe. und er verfällt als Philosoph ganz dem Grübeln beim Vergleich der Lehre, deren So handelt es sich in diesem Städtchen These von der Freiheit eines Christen- um eine katholische Bastion, deren Her- menschen er verbotenerweise inzwischen zog streng darauf achten lässt, dass sich gelesen hatte. Er fragt sich, ob er schon auch die Professoren der Universität bei allein dadurch zum Ketzer werde, wenn der Geheimschrift hätten sie das Konzept der Auslegung der Schriften seiner reli- ihm der logische Ansatz der Schrift im- zum Bau eines Instrumentes in der Hand, giös gewünschten Interpretation unter- poniere? mit welchem man die Hypothese des Ko- werfen. pernikus belegen könnte. Im Gegensatz zu Auerbach ist Bernhardi Insbesondere gilt dies bei den Fächern familiär gebunden und dadurch angreif- Keiner der Protagonisten bemerkt, dass Philosophie und Religion, deren Magis- bar. Bei seiner Rückkehr aus Magdeburg sie inzwischen alle von dunklen Mächten ter der Hauptdarsteller des Romans, Pro- muss er nicht nur entdecken, dass ein observiert werden. Die Familie muss die fessor Bernhardi, ist. Bernhardi ist ein Schicksalsschlag seine Familie schwer Stadt verlassen, wird getrennt, ist auf der neugieriger und wissensdurstiger Mann, getroffen hat. Auch sein Freund Auer- Flucht und erlebt so manches Abenteuer. dessen bester Freund Einhard Auerbach, bach hat sich völlig verändert: Dieser ge- Der Leser begegnet dabei namhaften Zeit- ein Kollege der philosophischen Fakul- langte in der Zwischenzeit an ein Heft: genossen jener Epoche, die von der Refor- tät, ist. Auerbach lehrt Mathematik und „Nicolai Copernici. De Hypothesibus Mo- mation, dem Finanzwesen, aber auch von Astronomie und beide spüren, dass allzu tuum Coelestium A Se Constituis Com- Entdeckungen naturwissenschaftlicher freie Gedanken in dem kleinen Herzog- mentariolus.“ Zusammenhänge oder neuer Kontinente tum derzeit gefährlich werden können. geprägt war. Besonders, da im näheren Umland die Die Wirkung der Kopernikanischen Protestation fortschreitet und soge- Schrift auf den Astronomen war unmit- Der Ausgang des Romans mag hier nicht nannte verbotene Schriften wie „Von telbar; sein Weltbild, das Weltbild der verraten werden. Aber so viel soll gesagt der Freyheyt eyniß Christenmenschen. gesamten damaligen Welt, stand auf dem werden, dass hier eindrucksvoll geschil- Martinus Luther, Vittembergae, Anno Kopf. dert wird, wie viele Möglichkeiten es Domini 1520“ unter den Studenten ihrer gegeben haben kann, das Fernrohr zu Universität kursieren. An der Universität In Magdeburg fand Bernhardi den entwickeln. gärt es. Schlüssel, mit welchem er sein Geheim- papier enträtseln konnte. Eine mühselige Dem Leser ist hin und wieder etwas Ge- Auerbach, als Naturwissenschaftler, ex- Arbeit liegt vor ihm, die aber Zeile für duld bei der Lektüre abverlangt, zum Bei- perimentiert in seiner Werkstatt heimlich Zeile immer spannender wird. Er vertraut spiel, wenn es um die Liebesbeziehung mit Alchemie und beschäftigt sich sogar den Inhalt seiner Frau und Auerbach an einer der Töchter geht. Dafür bekommt mit Astrologie, während Bernhardi au- und plötzlich erkennen sie einen Zu- man einen Einblick in geschichtliche ßerhalb seiner Vorlesungen sich damit sammenhang zwischen der Kopernika- Zusammenhänge in einer Zeit des Um- befasst, ein Geheimpapier zu entschlüs- nischen Entdeckung und dem Inhalt der bruchs, in der Wissenschaft und Kirche seln. Er kam ganz zufällig in den Besitz Geheimschrift. Mit der Entschlüsselung maßgeblich verändert werden.

VdS-Journal Nr. 52

142 Vorschau

Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Januar-März 2015 zusammengestellt von Werner E. Celnik aus vorliegenden Informationen (Angaben wie immer ohne Gewähr) Aktuelle Informationen im Terminkalender der VdS unter www.vds-astro.de

Januar 2015 Fr, 20.03.-21.03.2015 Bundesweite Astronomietage 2015 Es liegen keine Informationen vor Sternwarten aus ganz Deutschland und der Schweiz laden ein, diesmal an zwei Tagen. Ort: Deutschland und Schweiz. Februar 2015 Fr, 20.03.-So, 22.03.2015 Sa, 21.02.2015 35. Frühjahrsseminar des Arbeitskreises Meteore e.V. Astronomie Treff Hückelhoven (ATH) Meteore, Feuerkugeln und Meteorite, Halos, Polarlichter, leuchtende Messe für astronomische Geräte und Zubehör Nachtwolken und andere atmosphärische Erscheinungen Ort: Gymnasium in D-41836 Hückelhoven, Zeit: 10 bis 16 Uhr, Ort: Jugendherberge Waren/Müritz, Info u. Anmeldung: Info: Astro-AG Hückelhoven, http://astroag.jimdo.com www.meteoros.de/sonstiges/akm-seminare/akm-seminar-2015/. Bei Interesse Anreise am Vortag zur Beobachtung der SoFi in Waren. März 2015 Fr, 27.03.-So, 29.03.2015 Sa, 07.03.2015 7. Deep Sky Meeting (DSM) 39. Würzburger Frühjahrstagung Vorträge u. Workshops, Thema Visuelle Deep-Sky-Beobachtung Vorträge und reichlich Gelegenheit zum direkten Gespräch mit und ATM/Teleskopselbstbau anderen Sternfreunden Ort: auf der Schwäbischen Alb, Landgasthof Hirsch, Hayingen- Ort: Friedrich-Koenig-Gymnasium, Würzburg. Anmeldung, Indelhausen. Kontakt: Hans-Jürgen Merk, Kleinstafflangen 13, wenn möglich: [email protected] oder per D-88400 Stafflangen, Tel. 0 73 57 - 4 39 12 87, Fax: 0 62 52 - 78 72 20. [email protected], deepskymeeting.astromerk.de

In Memoriam Zum Gedenken an Udo Bojarra Mit Udo Bojarra aus Marsberg im Hochsauerlandkreis ist ein Amateur-Astronom von uns ge- gangen, der eine tiefe Lücke hinterlässt – familiär wie auch im Freundeskreis. Die Astronomie hatte fest von ihm Besitz ergriffen, was sich in zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten zeigte. Über lange Jahre war der gebürtige Dortmunder zweiter Vorsitzender der Astronomischen Ar- beitsgemeinschaft in Geseke, einem kleinen Städtchen am ostwestfälischen Hellweg. Hier ent- stand unter seiner tatkräftigen Vorarbeit eine Sternwarte mit einem 250-mm-Newton. Der Bau einer Satelliten-Empfangsstation an der Sternwarte wäre ohne Udo niemals denkbar gewesen. Tatkräftig war er auch in der astronomischen Weiterbildung an der Geseker Edith-Stein-Schu- le beteiligt. Später gründete Udo Bojarra mit den Briloner Sternfreunden die Astronomische Arbeitsgemeinschaft Hochsauerlandkreis. Dabei blieb ihm die redaktionelle Arbeit bei den Mitteilungen der AG Geseke immer wichtig, ebenso das Vorantreiben der Astrofotografie.

Seit den 1980-er Jahren sind Bochumer und Geseker Sternfreunde freundschaftlich mitei- nander verbunden. Ob wir gemeinsame Exkursionen in die Alpen unternahmen oder in die südspanische Sierra Nevada, ob beim alljährlichen Sommerfest in Geseke – Udo war stets aktiv dabei. Er zählte zu den ersten Referenten auf den Bochumer Herbsttagungen und konnte stets über praktische Ergebnisse und Erlebnisse berichten, in seiner bescheidenen, aber immer kla- ren Art. Ein besonderes Anliegen war es ihm, nach seiner Pensionierung zusammen mit seiner Frau Marianne die Welt zu bereisen. Wir denken dabei besonders an die Wohnmobilfahrten zu den Naturwundern und Sternwarten im Südwesten der USA.

Udo Bojarra verstarb am 28. Mai 2014 nach längerer, schwerer Krankheit. Wir werden ihn in 1 Udo Bojarra beim Geseker bester Erinnerung behalten! Sommerfest im Jahr 2013. Peter Riepe und Werner E. Celnik

VdS-Journal Nr. 52