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www.vds-astro.de ISSN 1615-0880 IV/2016 Nr. 59 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Schwerpunktthema: Klein- Asteroiden-Suchprojekte Telescopium Newtonianum Sonnenfinsternis am 9.3.16 Seite 8 Seite 82 Seite 100 planeten Editorial 1

Liebe Mitglieder, liebe Sternfreunde,

den kleinen Planeten wird oft nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet (wann haben Sie zum Beispiel zum letzten Mal oder Vesta visuell beobachtet?), doch in der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS ist die Positionsbestim- mung von Asteroiden das zentrale Thema. Mit entsprechender Ausrüstung und Einarbeitung können auch Amateurastronomen zur Verbesserung der Kleinplanetenbahnen beitragen oder sogar bisher unbekannte Kleinplaneten neu entdecken. Das umfangreiche Schwerpunktthema zu Kleinplaneten in diesem Heft bietet viele interessante Einblicke und Anleitungen rund um die Kleinkörper des Sonnensystems.

Unser Titelbild: Welche Themen die Besucher der Bochumer Herbsttagung am 12. November „9. Mai 2016: Ab 13:10 MESZ stieg die erwarten, ist noch nicht bekannt, interessante Vorträge und manches „First Spannung ins Unermessliche: Wo am light“ sind hier aber immer garantiert, wie der Bericht zur Tagung im ver- östlichen Sonnenrand würde Merkur gangenen Jahr auf Seite 120 deutlich zeigt. Weitere Veranstaltungstermine genau erscheinen und wie deutlich würde finden Sie auf Seite 143. er sich im Lichte der Hα-Linie vor den Sonnenrandspikulen abheben? Sowohl Was bietet uns der Himmel im letzten Quartal des Jahres? Versuchen Sie doch visuell als am Monitor einer Videokamera einmal, das Minimum des Bedeckungsveränderlichen Algol zu bestimmen. war dann der Transitbeginn überraschend Die Prognosen dazu finden Sie ab Seite 130 oder bei der Arbeitsgemeinschaft problemlos zu beobachten. Dass dabei für veränderliche Sterne unter www.bav-astro.eu. Aufgrund international um eine kleine Protuberanz zufällig in der bis zu zwei Stunden voneinander abweichender Vorhersagen lohnt ein Blick Nähe stand, war das i-Pünktchen auf dem auf diesen alten Bekannten! ganzen Event!“ Nicht verpassen dürfen Sie natürlich die Bedeckung von Aldebaran durch Mit einer USB3-Kamera war diese den Mond am Morgen des 13. Dezember. Von Niedersachsen aus wird man Aufnahmeserie in wenigen Sekunden sogar eine streifende Bedeckung beobachten können. Allerdings steht der gewonnen, so dass es keine Unschärfen Mond tief, eine gute Horizontsicht ist erforderlich; mehr dazu auf Seite 108. durch Merkurs Eigenbewegung gab. Die Aufnahmedaten: 178-mm-Christen- Oder Sie versuchen sich doch einmal an der Beobachtung eines Kleinplane- Refraktor mit SolarSpectrum Hα-Filter ten: Ende Oktober wird (1) Ceres in stehen; mit 7,4 mag Helligkeit mit HWB 0,5 Å, DERF, eff. Brennweite im Gebiet Fische/Walfisch ein leichtes Objekt im Fernglas. Bei dieser Gele- 3,5 m, ZWO ASI174MM-Kamera. 2.000 genheit lohnt auch ein Blick auf Uranus in den Fischen, der Mitte Oktober Videoframes, in AVISTACK2 zusammen- ebenfalls in Opposition steht und mit 5,7 mag theoretisch mit bloßem Auge gerechnet, wurden in Photoshop künstlich zu sehen sein wird. eingefärbt. Viele Sternstunden und einen besinnlichen Jahreswechsel mit dem Abendstern Die Redaktion gratuliert unserem Bild- wünscht Ihnen autor Bernd Flach-Wilken zu diesem gelungenen „Schnappschuss“ einer ungewöhnlichen und unwiederholbaren Beobachtungssituation. Sven Melchert

VdS-Journal Nr. 59 2 Inhalt

SCHWERPUNKTTHEMA Die Kleinplaneten 4 ASTROFOTOGRAFIE Ein ausgedehntes Nebelfeld im Pegasus 61

1 EDITORIAL 56 Eine über Umwege generierte und mit Amateurmitteln erstellte Lichtkurve der Nova Delphini 2013 2 INHALTSVERZEICHNIS 61 MBM 53-55, ein ausgedehntes Nebelfeld im Pegasus

COMPUTERASTRONOMIE SCHWERPUNKTTHEMA: DIE KLEINPLANETEN 64 Reduc: Doppelsterne vermessen mit Lucky Imaging und Speckle-Interferometrie 4 Einführung ins Schwerpunktthema VirtualBox in der Version 5 5 Asteroidenbedrohung – was tun? 64 Programmierlogbuch 8 TOTAS – Ein Amateur-Asteroiden-Suchprojekt mit 65 dem Ein-Meter-Teleskop auf Teneriffa 65 Helicon Filter Gravity from the Ground Up: An Introductory Guide to Schülerinnen und Schüler suchen Asteroiden 66 12 Gravity and General Relativity – mit dem Pan-STARRS-Teleskop auf Hawaii 14 Kleinplaneten-Entdeckungen in Deutschland 18 Asteroidensuche 2015 und eine Begegnung ganz DEEP SKY anderer Art 68 M45 – die Plejaden in einer Gegenüberstellung Beobachtung einmal anders – Sternassoziation Kleinplanetenbeobachtung in Drebach 70 22 Perseus OB2 24 Zur richtigen Zeit am falschen Ort, oder: Was ist ein Skyguide 2016 – 3 (Herbst) „Roving Observer“? 73 27 Astrometrie mit „Astrometrica“ – Teil 1: Einrichtung des Programms und erste Schritte GESCHICHTE Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie 32 Über Sternkataloge in der Kleinplaneten-Astronomie 76 Heinrich Friedrich Ludwig Matthiessen – ein Leben für Lichtkurven-Analyse mit Python 76 34 die Wissenschaft 39 Kosmische Begegnungen Spezial – Rückblick, Technik, Ausblick 79 Rezension: Pierre Leich: Abschlussbericht zum Simon- Marius-Jubiläum 2014 44 Zwergplaneten Von Kometen und Katastrophen: Zur Frühgeschichte der Projekt 80 48 Impakttheorien 50 Der Kleinplanet (400309) Ralfhofner 82 Teleskopium Newtonianum XXVII pedum – oder wie baue ich ein histroisches Teleskop

JUGENDARBEIT FACHGRUPPENBEITRÄGE 86 Wie kann man Kinder und Jugendliche nachhaltig für die Astronomie begeistern? - Ihre Beiträge sind gefragt! AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU 87 Mit ASI und DMK Asteroideneinschläge simulieren 52 Bau einer Sternzeituhr mit dem Nanotracker und einer 89 Die Reiff-Preise 2015 drehbaren Sternkarte 53 Fangspiegelschutz für Gitterrohr-Dobson-Teleskope KOMETEN 91 Komet Catalina – Eigenheiten der Lichtkurve ASTROFOTOGRAFIE 54 HEUREKA – mein fotografisches Newton-Teleskop mit PLANETEN einem Öffnungsverhältnis 1:2,3 94 Der Merkur-Transit am 9. Mai 2016 VdS-Journal Nr. 59 Inhalt 3

VERÄNDERLICHE Ein Mira-Stern im Hantelnebel 110

BEOBACHTERFORUM Eine Reise zur ältesten Sternwarte Argentiniens 134 PLANETEN Der Merkur-Transit am 9. Mai 2016 94

SONNE BEOBACHTERFORUM 100 Neues aus der Fachgruppe Sonne 133 Die totale Sonnenfinsternis in Indonesien am 9. März 2016 100 Die totale Sonnenfinsternis am 09.03.2016 in Indonesien 134 Eine Reise zur ältesten Sternwarte Argentiniens und 104 Ein Bericht zur Sonnenfinsternis am 09.03.2016 in Erinnerungen an mein erstes selbstgebautes Teleskop Woleai, Mikronesien in San Juan

STERNBEDECKUNGEN LESERBRIEF 107 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im Zu „Astrophobie als Bildungsnotstand eines Lehrers“ / 4. Quartal 2016 139 VdS-Journal Nr. 56 von Georg Woede

VERÄNDERLICHE REZENSIONEN 110 Goldilocks Variable – ein Mira-Stern im Hantelnebel M 27 140 Lichtphänomene – Farbspiele am Himmel, von Claudia Hinz und Wolfgang Hinz 142 Volkssternwarten – Verbreitung und Institutionalisierung VDS-NACHRICHTEN populärer Astronomie in Deutschland 1888 – 1935, von 51 Vorstellung als neuer FG-Leiter Amateurteleskope/ Benjamin Mirwald Selbstbau 115 Wir begrüßen neue Mitglieder VORSCHAU 116 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V. 93 Die Astronomietage 2017 und 2018 143 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Oktober- VDS-NOSTALGIE Dezember 2016 117 Das war’n noch Zeiten, Folge 26 116 IMPRESSION VDS-VOR-ORT/TAGUNGSBERICHTE 121 34. BoHeTa – Im Zeichen von Kometen und dem Erfahrungsaustausch mit Profi-Astronomen 122 Launch-Event der Lisa-Pathfinder-Mission – ein Erlebnisbericht HINWEISE 125 Sterne funkeln für jeden 5 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! 126 Der Astronomie-Workshop 2016 am Attersee 128 Neuer Treffpunkt für Amateurastronomen: Ostwest- 75 Impressum fälischer Astrostammtisch (OwAS) 66 Inserentenverzeichnis 129 BAV-Regionaltreffen im Mai 2016 in Hartha 141 Fachgruppen-Redakteure SERVICE 143 Fachgruppen-Verantwortliche 130 Himmelsvorschau Oktober-Dezember 2016 144 Autorenverzeichnis 4 Kleinplaneten

Unser Schwerpunktthema: Die Kleinplaneten von Gerhard Lehmann

Liebe Sternfreunde, wie doch die Zeit vergeht! Es ist schon zehn Jahre her, dass im VdS-Journal die Kleinplaneten das Schwerpunktthema wa- ren. Nun ist es wieder soweit.

In diesen Jahren hat sich viel getan: Von den in der Fachgruppe „Kleine Planeten“ vertretenen 70 Amateur- und Vereins- sternwarten sind insge- samt ca. 230.000 Posi- tionen von ca. 36.500 Kleinkörpern (Abb. 1), also Kleinplaneten und Kometen, dem „ Center“ (MPC) erfolgreich gemeldet worden. Aber die Zah- len allein sind nicht entscheidend. Von Be- 1 Gemeldete Positionen von Kleinkörpern, also Kleinplaneten und Kometen, in den letzten zehn Jahren deutung ist, was hinter aus der Fachgruppe „Kleine Planeten“ der VdS diesen Zahlen steht: Es ist unser Hobby, was uns von den Berufsastrono- men unterscheidet und uns beobachten Strichspuren in seinen lange belichteten Wenn ich jetzt Ihr Interesse geweckt lässt, wofür wir uns entscheiden. Wir Fotografien des Sternenhimmels. Auch habe, dann lesen Sie bitte die folgen- suchen Erholung und Entspannung vom die Zwergplaneten, allen voran der Plu- den Seiten umso aufmerksamer. Wir als oft harten beruflichen Alltag und erfreu- to, sind immer noch eine Beobachtung Fachgruppe „Kleine Planeten“ würden en uns am himmlischen Geschehen. wert. Manchmal erinnert man mit ei- uns über eine Beobachtung der Kleinkör- nem Kleinplaneten auch an einen lieben per im Sonnensystem freuen. Auf den folgenden Seiten spannen wir Sternfreund. den Bogen von den Berufsastronomen zu den Amateurastronomen. Längst schon hilft uns das Internet, gemein- sam die Kleinkörper im Sonnensystem zu beobachten. Schülerinnen und Schü- Einladung zur ler astrometrieren mit ihren Lehrern die Aufnahmen von Profis. Die Entdeckung Kleinplanetentagung in Leiden von Kleinplaneten in Deutschland ist ein hartes Geschäft, aber mit viel Fleiß im- Die Fachgruppe „Kleine Planeten“ der VdS lädt recht herzlich am mer noch möglich. Ohne Software wäre 10. und 11. Juni 2017 zur 20. Kleinplanetentagung das heutige Vermessen der Kleinkörper in die Sternwarte Leiden in den Niederlanden ein. allerdings unmöglich. Aber auch die Die älteste Universitätsternwarte der Welt hatte viele Direktoren von Weltruf, Fehler in den heutigen Sternkatalogen wie z. B. Frederik Kaiser, Willem de Sitter, Ejnar Hertzsprung und Jan Hendrik gilt es zu beachten. Schwierig, aber von Oort. Weitere Informationen unter www.kleinplanetenseite.de und im sehr großem Wert ist das Erzielen einer nächsten VdS-Journal. Lichtkurve. Mancher ärgert sich über

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Asteroidenbedrohung – was tun? von Detlef Koschny

Einleitung Was tun diese Gruppen nun? Die IAWN Raumfahrtbehörde bei einer Bedrohung Von den über 600.000 bekannten Aste- ist ein Netzwerk (daher das „N“) von unternehmen kann. Studien zu Abwehr- roiden sind fast 14.000 als „Near- allen Personen/Gruppen, die NEOs be- missionen wie Don Quijote oder AIDA Objects“ klassifiziert, also als Erdbahn- obachten, ihre Bahnen berechnen, die ( Impact Deflection Assessment) kreuzer oder kurz NEOs. Etwas mehr als Effekte bei einem Einschlag berechnen, tragen zu der Arbeit bei. 500 dieser Objekte haben eine zumeist und eine Einschlagswarnung produzie- winzige Chance, die Erde zu treffen. ren. Jeder der NEOs beobachtet ist also Beide Gruppen berichten dem „Scientific Während ich diesen Artikel schreibe, ist eigentlich Teil der IAWN - das trifft si- and Technical Subcommittee“ von UN- das Objekt mit der höchsten Einschlags- cher auch für einige der Leser zu. Das COPUOS (Committee for Peaceful Uses of wahrscheinlichkeit der Asteroid mit der Endergebnis der Arbeit der IAWN ist es, Outer Space), einmal im Jahr im Febru- Bezeichnung 2010 RF12. Die Chance, Einschlagswarnungen zu produzieren. ar, wenn sich das Subkommittee in Wien dass er die Erde trifft, liegt bei immerhin Auch der Einschlagsort und die Effekte trifft. Sollte eine Einschlagswarnung zu sechs Prozent. Allerdings würde das erst des Einschlags werden von der IAWN ge- einem anderen Zeitpunkt auftreten, in- im Jahr 2095 passieren, und das Objekt neriert. Um offiziell dabei zu sein, kann formiert IAWN das Office for Outer Space ist nur etwa zehn Meter groß. Viel kleiner man einen „Letter of Intent“ ausfüllen Affairs (OOSA). Die haben diplomatische also als das Objekt, das im Februar 2013 der auf der Internetseite der IAWN zu Kontakte zu allen Mitgliedsstaaten und über Chelyabinsk herunterkam. Anderer­ finden ist (www.iawn.net). Da kann man können Einschlagswarnungen verteilen. seits wurde im Oktober 2015 ein etwa auch als Amateur mitmachen! 600 Meter großer Asteroid, 2015 TB145, Nationale Aktivitäten nur drei Wochen vor seiner nächsten An- Die zweite Gruppe, SMPAG, besteht aus Die Vereinigten Staaten haben bereits seit näherung an die Erde entdeckt. Er flog offiziellen Vertretern von Raumfahrt- einigen Jahren eine Prozedur wie sie mit in 1,2-facher Mondentfernung sicher an agenturen. Die diskutieren, was man als einer Asteroidenbedrohung innerhalb der Erde vorbei. Was aber, wenn er eine Chance gehabt hätte, auf die Erde selber zu treffen? Sind wir darauf vorbereitet? Hinweis Internationale Arbeitsgruppen Ihr Beitrag im Die Antwort ist „fast ja“. Das Thema Aste­roidenbedrohung wird seit 1999 bei VdS-Journal für Astronomie! den Vereinten Nationen diskutiert. Das Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 60 „Amateurastronomie sogenannte „Action Team 14 on Near- international“ abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Earth Objects“ wurde nach der „UniSpace Schwerpunktthemen hinweisen: 1999“-Konferenz etabliert. Es beschäf- „Sonnenfinsternisse“ in Journal Nr. 61 tigte sich mit der Frage, was man bei ei- Redaktionsschluss: 01.11.2016 ner Bedrohung durch einen Asteroiden- Redakteur: Martin Hörenz, [email protected] einschlag tun sollte. Ich war seit 2008 „Künstliche Satelliten“ in Journal Nr. 62 dabei, dem Jahr in dem das Action Team Redaktionsschluss: 01.02.2017 seine Bestandsaufnahme von vorhande- Redakteur: Helmut Jahns, [email protected] nen Aktivitäten beendete. Nun war es die „Treffen, Messen, Veranstaltungen“ in Journal Nr. 63 Aufgabe des Action Teams, eine Struktur Redaktionsschluss: 01.05.2017 zu finden, wie man im Fall einer Bedro- Redakteur: Sven Melchert, [email protected] hung durch einen Asteroideneinschlag Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies vorgehen sollte. kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie Das Ergebnis wurde 2013 in der Vollver- von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also sammlung der Vereinten Nationen ab- auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen! gesegnet. Es gibt jetzt zwei Gruppen die Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fach- sich mit der Thematik beschäftigen. Das gruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) ge- sogenannte International Asteroid War- schickt werden. Siehe auch www.vds-astro.de/fuer-mitglieder/vds-journal.html. ning Network (IAWN - sprich Eiuaan) [1] Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Ab- und die Space Mission Planning Adviso- druck im „VdS-Journal für Astronomie“. Es besteht jedoch keine Veröffentli- ry Group (SMPAG - sprich Seympeydsch) chungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte ge- [2]. Das ist in der Abbildung 1 gezeigt. ben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion

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zugeschnitten sind. SMPAG will auch eine „Toolbox“ aufstellen, eine Liste aller bereits gebauten Satelliteninstrumente die für die Erforschung von Asteroiden wichtig sein könnten.

Um die Kommunikation zwischen den Teilnehmern zu gewährleisten, treffen sich das IAWN Steering Committee und die SMPAG regelmäßig. Typischerweise ist das einmal im Jahr der Fall, im Rah- men des bereits erwähnten Treffens des 1 Künstlerische Darstellung der von der ESA studierten Mission „Asteroid Impact Scientific and Technical Subcommittee Mission“ (AIM) bei der Beobachtung des Einschlages von „Double-Asteroid des Committee for Peaceful Uses of Outer Redirection Test“ (DART). Space (COPUOS) der Vereinten Nationen. Ein zweites Treffen im Herbst findet dann immer im Rahmen einer wissenschaftli- ihres Landes umgehen. Im Falle einer Mehr Details chen Konferenz statt. Im Jahr 2016 sind Bedrohung eines anderen Landes - wie Bei einer Bedrohung durch größere Ob- das die gemeinsame Jahrestagung der zum Beispiel bei dem Asteroiden 2008 jekte wird eine Abwehr nötig. Dann wird DPS (Division of Planetary Science) und TC3, der vorhergesagt über dem Sudan die SMPAG aktiv. Sie überlegt, was ge- der European Planetary Science Congress in der Atmosphäre zerbrach - informie- tan werden kann. Die endgültige Ent- (EPSC), im November in Pasadena, Kali- ren sie das entsprechende Land über das scheidung, ob eine Raumfahrtmission fornien. US State Department. In Europa sind wir gestartet wird, bleibt aber bei der Raum- noch nicht ganz so weit, aber fast. Die fahrtbehörde. Die SMPAG wird im Mo- Auch benutzen die Mitglieder das Inter- Europäische Raumfahrtbehörde ESA ist ment von der Delegation der ESA gelei- net als Kommunikationsplattform (www. im Rahmen ihres Programms zur Welt- tet. Die Gruppe diskutiert insgesamt elf smpag.net und www.iawn.net). Bis auf raumlageerfassung („Space Situational Aufgaben, um sich auf eine Reaktion der ein paar noch nicht fertig gestellte Doku- Awareness“) zu diesem Thema aktiv. Sie Raumfahrtbehörden vorzubereiten, die in mente ist dort alles frei zugänglich. Von hat einen sogenannten „NEO Informati- einem „SMPAG Work Plan“ [3] aufgelis- jedem Treffen gibt es eine Zusammen- on Plan“ geschrieben, der regelt, wie As- tet sind. Da geht es zum Beispiel um die fassung, alle Präsentationen können dort teroidenwarnungen an die Mitgliedslän- Definition von Referenzmissionen, die heruntergeladen werden. der des Programms verteilt werden. All auf bestimmte Asteroidenbedrohungen diese lokalen Aktivitäten sollen natürlich im Rahmen der IAWN auf internationaler Ebene abgeglichen werden. 2 Die Struktur der UN-Arbeitsgruppen zum Thema erdnahe Asteroiden. Quelle: ESA

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Wie lenkt man einen Asteroiden aus seiner Bahn? Noch sind wir noch nicht soweit, dass wir einen Asteroiden aus seiner Bahn lenken Anzeige könnten. Allerdings wird daran gearbeitet - insbesondere ESA und NASA arbeiten grade an einer Studie namens AIDA (Asteroid Impact Deflection Assessment).­ Die NASA möchte einen Satelliten namens DART (Double-Asteroid Redirection Test) auf das kleinere Objekt des Doppelasteroiden Didymos schießen; die ESA würde einen Beobachtungssatelliten in Position haben, der den Einschlag beobachtet und die Ablenkung des Asteroiden­ misst (AIM = Asteroid Impact Mission), siehe Abbildung 2 und [4].

Die Energie von DART ist sehr klein, aber sie würde die Umlaufperiode um den größeren Asteroiden um ein paar Sekunden verändern. Nach einigen Tagen kann dies recht genau gemessen werden. Das Geld zum eigentlichen Bau der Mission ist noch nicht vorhanden, es wird aber drüber nachgedacht diese Mission zu fi- nanzieren. Immerhin werden im Moment in Europa zwei parallele Studien zu AIM durchgeführt, jede mit 800.000 Euro budgetiert und weitere sieben Millionen Euro für eine Fortführung der Studien bis 2017 sind bei der ESA bewilligt.

Zusammenfassung Noch sind wir nicht darauf vorbereitet, einen bedrohlichen Asteroiden abzulenken. Aber zumindest werden die Entscheidungswege gerade festgeklopft, sowohl auf großer internationaler Ebene, als auch auf europäischer Ebene.

Wenn morgen eine ernstzunehmende Bedrohung durch einen Asteroiden Realität entstünde, würde davon sofort das Steering Committee der IAWN erfahren. Die- ses würde sich sofort zusammentelefonieren und – vorausgesetzt, die Bedrohung ist ernst, das „Office for Outer Space Affairs“ informieren. Dieses würde die Ein- schlagswarnung dann an die betroffenen Nationen weiterleiten; die USA tun das- selbe über ihr State Department. In Europa wäre zumindest für die Mitgliedsländer des Programms für Weltraumlageerfassung ein Informationsweg definiert. Was die Raumfahrtbehörden machen, ist, die Katastrophenschutzbehörden zu informieren. Die Katastrophenschutzbehörden­ leiten dann die entsprechenden Schutzmassnah- men ein (nicht hinter dem Fenster stehen, evakuieren ...). Für die größeren Objekte legt die SMPAG fest, ob und wie eine Satellitenmission durchgeführt wird.

Noch muss allerdings das Hauptaugenmerk auf noch mehr Beobachtungen liegen. Von den Objekten in der Größe des Chelyabinsk-Objektes (ca. 20 Meter) kennen wir erst ein Prozent der Körper, die meisten sind uns noch gar nicht bekannt. Hier können auch Amateure eine Rolle spielen. Für Neuentdeckungen von NEOs braucht man allerdings schon Teleskope, die zumeist größer sind, als das übliche Amateurinstrument: 80 Zentimeter Spiegeldurchmesser und ein sehr guter Himmel sollten es schon sein. Auch die so genannte Follow-Up-Beobachtung ist nach wie vor wichtig. Was hilft die Entdeckung, wenn das Objekt nach zwei Tagen wegen der Bahnunsicherheit bereits wieder verloren ist. Ein Follow-Up geht auch mit kleineren Teleskopen, weil man die Bewegungsrichtung des Objektes kennt und länger belichten kann. Außerdem besteht noch ein großer Bedarf an Messungen der physikalischen Eigenschaften – für Amateure ein lohnendes Gebiet ist z.B. die Vermessung von Lichtkurven. Daraus kann man die Form eines Asteroiden ablei- ten. Wenn man das gut machen will, ist das allerdings etwas schwieriger als die einfache Positionsmessung eines NEOs. Trotzdem möchte ich jeden ermuntern, es mal zu versuchen.

Internethinweise: [1] International Asteroid Warning Network: www.iawn.net [2] Space Mission Planning Advisory Group: www.smpag.net [3] SMPAG Work Plan: www.cosmos.esa.int/documents/336356/336472/SM- PAG-PL-001_1_0_Workplan_ 2015-11-10.pdf [4] asteroid impact mission: www.esa.int/aim

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TOTAS – Ein Amateur-Asteroiden- Suchprojekt mit dem Ein-Meter-Teleskop auf Teneriffa von Matthias Busch

Die Anfänge sie über den Chip ziehen. So wird ein be- 1 Die Kuppel der „Optical Ground Angefangen hat alles auf der Starken- liebig langer Streifen des Himmels abge- Station“ in 2.400 Metern Höhe mit burg-Sternwarte im südhessischen Hep- scannt. Hier machte aber die Auswertung dem Blick auf den 3.718 Meter penheim, wo die Asteroiden schon seit Probleme. hohen Teide. den 1980er Jahren ein Steckenpferd sind. Seit 1995 werden diese dort auch via CCD- So gingen wir dann doch wieder zum Kamera aufgenommen. Zunächst wurden „Stare-Mode“ mit nachgeführtem Tele­ Zweck in Regionen von je 5 x 5 Gesichts- viele Objekte des „KSO-ARI“-Surveys skop über. Ich schrieb ein Skript, welches feldern eingeteilt. Sowohl Regionen als (Karl-Schwarzschild-Observatorium Tau- über die ASCOM-Schnittstelle gleichzei- auch Felder bekamen jeweils eine Num- tenburg, Astronomisches Recheninstitut tig Kamera, Teleskop und Kuppel steu- mer, aus der die Koordinaten berechnet Heidelberg, Börngen/Schmadel) nachbe- ert. Der ganze Himmel wurde zu diesem werden können. Diese 25 Felder werden obachtet, aber auch erdnahe Objekte von der NEO Confirmation Page des . Die ersten eigenen Fun- de blieben nicht aus – am 1. April 1997 gab es mit der Entdeckung von „(14080) Heppenheim“ zum ersten Mal Grund zur Freude. In den folgenden Jahren kamen noch über 50 Entdeckungen von „611 Starkenburg“, wie der IAU-Codename der Sternwarte lautet, dazu.

SOHAS Schon recht bald (ca. 1998) kam die Idee auf, es einmal wie die großen Surveys zu versuchen und eine automatische Suche zu etablieren. Es wurde sogar ein „Ko- metensucher“ für den Einsatz auf dem Dach der Sternwarte gebastelt, der aber leider nie fertiggestellt wurde. Auch mit dem großen 0,45-Meter-„Mühleis“-Tele­ skop wollten wir Asteroiden suchen. Wir versuchten, unsere CCD-Kamera im „TDI-Mode“ (Time Delay Integration) zu betreiben, wo die Objekte mit stillstehen- dem Teleskop belichtet werden, während 2 Das 1-Meter-f/4,4-OGS-Teleskop auf seiner schweren englischen Montierung.

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nun per Knopfdruck nur durch Eingabe ei- ner Regionen-Nummer automatisch nach- einander belichtet. Diese Prozedur wieder- holt sich dreimal, so dass wir von jedem Gesichtsfeld drei Aufnahmen mit einem schönen zeitlichen Abstand haben. Die Belichtungszeit betrug damals ein oder zwei Minuten, dementsprechend dauerte eine Region dann ca. 1,5 oder 3 Stunden.

Reiner Stoss, schon immer ein Visionär in Richtung Automatisierung, hatte auch schon ein Namen für unser Projekt: „SO- HAS“ (Starkenburg Observatory Heppen- heim Asteroid Survey). In Köln hatten wir mit Gido Weselowski einen Mitstrei- ter, der dort mit den gleichen Skripten und seinem eigenen Teleskop den Him- mel abscannte.

Für die Auswertung der Suchregionen schrieb ich eine eigene Software, die mittels der Astrometrie-Komponente „PinPoint“ die Aufnahmen löst und dann wie als Film blinkend darstellt. Die Ob- jekte musste ich damals allerdings noch selbst suchen und mit Hilfe dieser Soft- ware vermessen. Alles wird in einer zen- tralen Datenbank im Internet gespeichert (Beobachtungsläufe, Nächte, Regionen, Felder, Bilder, Asteroiden, Mover, Positi- onsmessungen …). Auf diese Datenbank kann über eine Weboberfläche zugegrif- fen werden.

Ab in den Süden nach Teneriffa - aus SOHAS wird TOTAS Leider kam SOHAS aus verschiedenen Gründen nie so ganz aus der Testpha- se heraus. Reiner Stoss zog es zu ähn- 3+4 Der Autor beim Befüllen der CCD-Kamera mit flüssigem Stickstoff und im lichen Amateur-Surveys nach Spanien Kontrollraum des OGS-Teleskops. (Mallorca und La Sagra), die mit mehr Manpower und Finanzmitteln sowie vor allem besserem Wetter schneller voran- Observatorium auf Teneriffa und liegt kann man dann im Kontrollraum (Abb. kamen, und das Wetter in Deutschland auf 2.400 Meter Meereshöhe. Wir hatten 4) in den Steuerrechner füttern und hat ist ja auch hinlänglich bekannt. So kam zwar nur 3,5 brauchbare Nächte, diese dann wieder Zeit zum Auswerten, wäh- SOHAS in Heppenheim nie wirklich über wiesen aber - wie dort üblich – eine sen- rend die Suchregion belichtet wird. einige wenige Testnächte hinaus. sationelle Durchsicht auf. Wir suchten uns zum Grenzgrößentest einen Stern, Das Blinken und Vermessen mussten Genau zum richtigen Zeitpunkt erhielten den wir gerade noch erkennen konnten wir zunächst noch von Hand machen, dann Rainer Kresken und ich fünf Nächte und schlugen anschließend dessen Hel- da das Anpassen meiner automatischen Beobachtungszeit an der „Optical Ground ligkeit nach: 7,1 mag! Auswertungssoftware noch nicht so weit Station“ (OGS) in Teneriffa (Abb. 1). Die war. Zum Einsatz kam hier das altbe- OGS ist ein Ein-Meter-Teleskop der ESA Für diesen Beobachtungsaufenthalt währte „Astrometrica“. Allerdings liefen in einer 13-Meter-Kuppel, das für Laser- schrieb ich meine Aufnahmesoftware so viele Daten vom Teleskop ein, dass wir Kommunikation mit Satelliten, aber auch um, so dass sie nicht mehr Teleskop und gar nicht hinterherkamen. Die 13 Regio- zur Verfolgung von Weltraumschrott auf Kamera live steuerte, sondern eine Datei nen lieferten insgesamt 7,6 GB Bildmate- der geostationären Bahn verwendet wird ausgab, in der die Kommandos für den rial, wir sprachen schon bald von einem (Abb. 2). Das Teleskop gehört zum Teide- Betrieb der OGS enthalten waren. Diese „Daten-Tsunami“.

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5 TOTAS-Webseite für das Team zum Bestätigen/Verwerfen von automatisch gefundenen bewegten Objekten. Gezeigt wird eine Animation und auch die vier Einzelbilder in einfacher und doppelter Größe, zentriert auf den Himmel und auf den Asteroiden.

In den dreieinhalb Nächten gingen uns vor Ort, ansonsten wird sich während Am Anfang war das eine überschaubare insgesamt 88 bisher unbekannte Brocken der Beobachtungsnacht über Skype ab- vereinsinterne Mannschaft, inzwischen ins Netz, die eine neue Designation vom gesprochen. sind über 40 Hobbyastronomen mit von MPC bekamen. Außerdem verfolgten wir der Partie – nicht nur aus Deutschland, viele neu entdeckte Objekte von der NEO „Crowd-Clicking“ – das TOTAS-Team sondern z.B. auch aus Polen, Weißruss- Confirmation Page, um deren Bahn zu Inzwischen kann meine Auswertungs- land oder Spanien. sichern. software auf Knopfdruck automatisch eine komplette Survey-Region auswer- Auch stelle ich seit einiger Zeit die kom- SOHAS musste nun natürlich umbenannt ten. Sie sucht selbsttätig nach beweg- pletten Aufnahmen (Abb. 6) dem Team werden – „TOTAS“ gefiel mir am besten ten Objekten („Movern“) und ordnet sie zum Blinken zur Verfügung. Per Web­ (Teide Observatory Tenerife Asteroid bereits bekannten Asteroiden zu, sofern oberfläche können so auch diejenigen Survey). Position, Richtung und Geschwindigkeit Objekte vermessen werden, die die Soft- stimmen. Alle anderen Kandidaten, die ware nicht erkennen konnte, weil sie z. B. 2010 begann auch die ESA mit regel- sich bewegen, werden auf der TOTAS- nur aus drei statt vier Positionen beste- mäßigen Asteroidenbeobachtungen in Webseite (Abb. 5) mit kleinen Vorschau- hen. Auch viele neue Asteroiden werden Teneriffa im Rahmen des SSA-NEO- bildchen und einem animierten Film auf diese Weise noch entdeckt! Bei beiden Programms („Space Situational Aware- einem Team von begeisterten „Klickern“ Aufgaben haben sich die TOTAS-Mit- ness“, „Near Earth Objects Segment“). präsentiert. Diese entscheiden über But- streiter inzwischen große Fertigkeiten an- Dessen Leiter, Detlef Koschny, ist in der tons, ob der jeweilige Mover echt ist oder geeignet. Die TOTAS-Software habe ich Kleinplanetenszene kein Unbekannter. doch nur Hintergrundrauschen. Inzwi- auch einer spanischen Firma vorgestellt, Alle vier Wochen bei Neumond wird schen machen wir pro Region vier statt die im Auftrag der ESA zwei sogenann- ein Beobachtungsrun mit vier Nächten nur drei Durchgänge, um die Fehlerrate te „Test-Bed Telescopes“ mit Such- und durchgeführt. Meine automatische Suche zu minimieren. Die endgültige Entschei- Auswertesoftware für NEOs und Space und Auswertung kam so gut an, dass ich dung kann die Maschine aber dennoch Debris entwickelt. Das System ist noch seitdem immer einen Teil dieser Nächte nicht so gut wie das menschliche Auge. im Test und noch nicht offiziell beendet - (meist zwei Suchregionen entsprechend Man braucht noch einen „human in the die Software bewährt sich aber auch dort, knapp 2,5 Stunden) für TOTAS-Surveys loop“. Auf diese Weise kann man also wie mir die ESA erzählt. Man kann also nutzen kann. Die Pläne für die Regionen auch so zum Asteroiden-Mitentdecker auch als Amateur durchaus wichtige Bei- schicke ich per E-Mail zum Beobachter werden. träge zur Profi-Astronomie liefern.

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NEOs Hauptzweck des TOTAS-Surveys inner- halb der ESA-Beobachtungszeit ist die Suche nach NEOs, also erdnahen Ob- jekten. Da freut es uns natürlich immer besonders, wenn wir einen entdecken. Es dauerte auch bis September 2011, bis Rainer Kracht vom Team mit 2011 SF108 den ersten fand. Inzwischen sind es im- merhin 14 NEOs geworden, von denen zum Glück keiner der Erde gefährlich nahe kommt.

Kometen Ein Highlight des TOTAS-Projekt war auch die Entdeckung zweier Kometen. Beide Male entdeckte zunächst die Soft- ware das Objekt. Als Erstem fiel Rafal Reszelewski im Februar 2014 auf, dass das von ihm bestätigte Objekt einen kur- zen Schweif hatte. Im Jahr darauf, also im Februar 2015, bestätigte Jens Rother- mel einen Kometen als real und mir fiel auf, dass er eine kleine Koma besaß.

Ich machte in beiden Fällen der IAU den Vorschlag, sie doch nach unserem Team zu benennen. So gibt es jetzt die Kometen P/2014 C1 (TOTAS) und P/2015 6 Ein TOTAS-Bild, wie es dem Team zum Blinken zur Verfügung steht. Zu sehen ist C1 (TOTAS-Gibbs). Letzteren fand Alex ein Ausschnitt aus den Plejaden. Gibbs vom zwar erst 1,5 Tage nach uns, wir meldeten ihn aber Ergebnisse – 75.484 verschiedene Asteroiden zu spät, so dass er jetzt den Doppelna- Hier nun noch eine zahlenmäßige – 2.233 Entdeckungs-Kandidaten men trägt. Übersicht über die bisherigen Ergebnis- (Designations) se (Stand April 2016): – 14 NEO-Entdeckungen Beide sind periodische Kometen mit fünf – 405 Suchregionen in 181 Nächten – 2 Kometen-Entdeckungen (!) bzw. 17 Jahren Umlaufzeit, deren Bahn – 345.000 einzelne Positionsmessungen – 66 Nummerierungen bis zum Jupiter bzw. Saturn hinausreicht. – 99.000 reale „Mover“ (215.000 als – 11 vergebene Namen Wir qualifizierten uns als Amateure so- nicht real verworfen) gar für den „Edgar Wilson Award“, der jährlich für Kometenentdeckungen ver- Tabelle 1: Übersicht über alle NEO-Entdeckungen geben wird - eine tolle Sache für das ganze Team, unter dem der Preis dann von TOTAS auch aufgeteilt wurde. Nr. Datum provisorischer Name Durchmesser 1. 27.09.2011 2011 SF108 200 - 600 m Comic 2. 03.12.2011 2011 XE1 500 - 1.500 m 3. 16.12.2012 2012 YN1 40 - 120 m 4. 15.01.2013 2013 AS76 40 - 120 m 5. 15.02.2013 2013 CZ133 40 - 120 m 6. 28.05.2014 2014 KQ75 15 - 50 m 7. 02.06.2014 2014 LM9 19 - 60 m 8. 25.07.2014 2014 OP2 3 - 9 m 9. 29.07.2014 2014 OE338 120 - 370 m 10. 24.08.2014 2014 QN266 9 - 30 m 11. 20.12.2014 2014 YD1 15 - 50 m 12. 18.01.2015 2015 BE4 40 - 120 m 13. 15.06.2015 2015 LM24 40 - 120 m 14. 14.10.2015 2015 TA206 40 - 120 m

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Das Pan-STARRS-Teleskop PS1 in seiner Kuppel auf dem Berg Haleakala auf der Insel Maui. Im Hintergrund sieht man in ca. 130 km Entfernung den Mauna Kea. Mit freundlicher Genehmigung vom PS1 Science Consortium. Foto: Rob Ratkowski

Schülerinnen und Schüler suchen Asteroiden – mit dem Pan-STARRS- Teleskop auf Hawaii von Carolin Liefke

Mitte der 1990er Jahre wurden die ers- Bedrohung für Erde darstellen könnten. dungs- und Öffentlichkeitsarbeit. An ten CCD-Kameras auch für Amateure „Normale“ Hauptgürtelobjekte fallen da- dieser Stelle kommt nun ein Projekt ins erschwinglich. Das eröffnete Kleinpla- bei in viel größerer Zahl als „Abfallpro- Spiel, das vor zehn Jahren von dem te- netenbeobachtern vollkommen neue dukt“ ab. Durch die Himmelsdurchmus- xanischen Mathematikprofessor Patrick Möglichkeiten und gab dem Feld damals terungen hat sich die Zahl der pro Jahr Miller ins Leben gerufen wurde: Die „In- einen nicht unerheblichen Schub. Davon entdeckten Asteroiden innerhalb weniger ternational Astronomical Search Colla- profitierten aber auch die Profis, denn Jahre mehr als verzehnfacht. Der Groß- boration“ (IASC) lässt Schülerinnen und mit der digitalen Aufnahmetechnik lie- teil aller heutzutage entdeckten Klein- Schüler aus der ganzen Welt nur wenige ßen sich große Datenmengen nicht nur planeten entfällt dabei auf eine Handvoll Tage alte Originalaufnahmen von Aste- deutlich günstiger erzeugen, sondern Teleskope, die nach vorprogrammier- roidensuchprogrammen analysieren [1]. auch mit viel weniger Aufwand verarbei- tem Schema ein Feld nach dem anderen Werden die Nachwuchsastronomen fün- ten als zuvor. So entstanden die ersten abscannen. Die Daten werden dann ent- dig und entdecken ein zuvor unbekann- Durchmusterungsprojekte, bei denen der weder vollautomatisch ausgewertet oder tes Objekt, das in den darauffolgenden Nachthimmel systematisch und flächen- zumindest vorselektiert. Jahren den beschwerlichen Weg von der deckend nach interessanten Objekten Neuentdeckung bis zur endgültigen Be- durchforstet wurde. In den USA beinhaltet das Selbstver- stätigung und Nummerierung übersteht, ständnis von Forschungseinrichtungen, treten die Durchmusterungen ihr Na- Das Primärziel aller Suchprogramme, die mit öffentlichen Geldern finanziert mensvorschlagsrecht an sie ab. die sich den Kleinplaneten verschrie- werden - und dazu zählen letztlich all ben haben, ist die Suche nach bislang die Institutionen, die hinter den gro- Viele Jahre lang erhielt IASC seine Daten unbekannten erdnahen Asteroiden, die ßen Himmelsdurchmusterungen stehen in erster Linie von dem amerikanischen womöglich durch einen Einschlag eine - meist auch die Verpflichtung zur Bil- Amateurastronomen Robert Holmes, der

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zur Verfolgung erdnaher Asteroiden ein 24-Zoll- und ein 32-Zoll-Teleskop ein- setzt. Im Jahre 2010 konnte Patrick Mil- ler zusätzlich die Verantwortlichen des 1,8-Meter-Pan-STARRS-Teleskops PS1 auf Hawaii für die Zusammenarbeit mit IASC gewinnen, siehe Abb. 1. PS1 sollte ursprünglich nicht nur nach Asteroiden suchen, sondern zum Beispiel auch nach veränderlichen Sternen oder Gamma- strahlenausbrüchen, und zusätzlich eine tief belichtete Gesamtansicht des Nord- himmels in verschiedenen Farbbändern erstellen, um daraus unter anderem Ga- laxienkataloge zu erstellen [2]. An diesen Aspekten des Pan-STARRS-Programms waren auch die Max-Planck-Institute für Astronomie und Extraterrestrische Phy- sik in Heidelberg und Garching beteiligt, so dass vereinbart wurde, dass vermehrt deutsche Schülergruppen am IASC-Pro- gramm teilnehmen sollten.

Was sich hier so einfach liest, ist bei näherem Hinsehen aber alles andere als trivial, denn die allerwenigsten Lehrer - geschweige denn ihre Schüler - haben eine Vorstellung davon, worauf sie sich 2 Das Pan-STARRS-Teleskop PS1 ist mit einer 1,4-Gigapixel-Kamera ausgestattet, deren bei der Asteroidensuche einlassen. Im 60 einzelne Chips ein Gesichtsfeld mit ca. drei Grad Durchmesser abdecken. Jeder Gegenteil, die meisten haben nicht ein- Chip ist noch einmal in 64 Segmente mit 600 x 600 Pixeln unterteilt. Für die Schüler­ mal das notwendige astronomische Hin- gruppen werden die riesigen Bilddateien in Quadrate mit 4 x 4 Segmenten unterteilt, tergrundwissen, zum Beispiel zur Bedeu- was einer Kantenlänge von etwa zehn Bogenminuten entspricht. Das Beispielbild tung von Rektaszension und Deklination. stammt aus der Kampagne vom April 2016, die Grenzgröße liegt bei knapp 22 mag. Wie man das in der Astronomie übliche Dateiformat FITS handhabt und aus den Originaldaten dann tatsächlich die für Schulversuch - das „korrekte“ Ergebnis, gen müssen also überprüft werden, was eine Entdeckungsmeldung an das Minor auch der betreuende Lehrer nicht. Statt- bei zunehmender Teilnehmerzahl immer Planet Center notwendigen Positions- dessen wird den Schülern bewusst, dass aufwendiger wird. messungen gewinnt, ist für die Teilneh- sie ihre Chancen auf eine Entdeckung mer an dem Projekt zunächst ein Buch schmälern, wenn sie nicht sorgfältig ar- Während der ersten Jahre wurden die mit sieben Siegeln. Sich in das Ganze beiten, und dass sie schnell sein müssen, Aufnahmen für die Schüler, die natürlich einzuarbeiten, bevor es richtig losgehen weil ihnen sonst andere Himmelsdurch- nur einen winzig kleinen Bruchteil aller kann, ist also entscheidend. musterungen die Entdeckungen vor der Pan-STARRS-Daten darstellen, noch von Nase wegschnappen. Ein Beispiel für ei- Hand vorab ausgewertet. Diese Aufga- Die Arbeit mit echten wissenschaftlichen nen typischen Datensatz, mit dem die Ju- be übernahm zunächst der slowakische Daten und der Umgang mit Computer- gendlichen arbeiten, ist in Abb. 2 gezeigt. Amateurastronom Tomáš Vorobjov, der programmen, die auch Profiastronomen als Gegenleistung alle Entdeckungen für einsetzen, gehört zum Konzept mit dazu. Nicht nur bei der Betreuung der teilneh- sich beanspruchen durfte, die den Schü- Die Jugendlichen sollen mit eigenen Au- menden Gruppen (was für die deutschen lern durch die Lappen gingen. Zeitwei- gen sehen, wie heutzutage in der For- Teams meine Aufgabe ist), auch hinter se wurde er dabei auch von namhaften schung gearbeitet wird und selber Hand den Kulissen gibt es bei einem solchen Mitgliedern der FG „Kleine Planeten“ anlegen. Das Wissen darum, dass es sich Projekt jede Menge zu tun, denn auch unterstützt. Mit zunehmender Teilneh- um nur wenige Tage alte Aufnahmen bei einer noch so sorgfältigen Einwei- merzahl wurde dieses Verfahren aber handelt, die ihnen exklusiv zur Verfü- sung machen die Schüler natürlich Feh- letztlich zu aufwendig. Mittlerweile wer- gung stehen und auf die vor ihnen nie ler und verwechseln zum Beispiel heiße den die Daten vorher nur noch von der zuvor ein Mensch einen Blick geworfen Pixel oder Reflexe heller Sterne mit ech- Pan-STARRS-eigenen Automatik MOPS hat, gibt der Asteroidensuche eine völlig ten Objekten oder melden schlichtweg („Moving Object Processing System“) neue Motivation, denn niemand kennt schon bekannte Asteroiden als neue durchsucht, deren Ergebnisse zusammen - im Gegensatz zu einem klassischen Entdeckung. Die eingereichten Messun- mit den restlichen Pan-STARRS-Daten

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beim „Minor Planet Center“ eingereicht fast 2100 neue Kandidaten entdeckt. Ex- gne teilzunehmen: Einfach melden! Die werden. Die Erfahrungen der Vorjahre akt 230 davon konnten bestätigt werden Teams müssen nicht notwendigerweise haben allerdings gezeigt: Ein Großteil und haben eine Designation erhalten, aus Schulklassen oder Astronomie-AGs der Objekte entgeht diesem Algorithmus, einer davon ist sogar ein transneptuni- an Schulen bestehen, auch Jugendgrup- so dass die Schüler später noch zusätzli- sches Objekt. Es gibt auch bereits eine pen von Amateurvereinen haben bereits che Asteroiden finden, die nachgemeldet Handvoll Objekte mit Beobachtungen mehrfach teilgenommen. Geeignet ist das werden müssen. über mehrere Oppositionen hinweg, die Projekt ab einem Alter von ca. 14 Jahren. kurz vor der Nummerierung stehen. Hier Und die Ergebnisse? Von Oktober 2010 versuchen wir, mit gezielten Nachbeob- Internet- und Literaturhinweise: bis Mai 2016 haben insgesamt 167 Schü- achtungen ein wenig nachzuhelfen. [1] http://iasc.hsutx.edu/ lergruppen aus Deutschland im Rahmen [2] Wolfgang Brandner: „Die Pan- von 17 zeitlich begrenzten Kampagnen Wer Interesse hat, selber mit einer Gruppe STARRS-“. Sterne an dem Projekt teilgenommen und dabei an einer solchen Asteroidensuchkampa- und Weltraum 1/2013, S. 36 Kleinplaneten-Entdeckungen in Deutschland von Erwin Schwab

Einleitung aber nicht in Deutschland machte. Er Die Kleinplaneten-Szene Deutschlands Die Ära der Kleinplaneten-Entdeckun- wanderte von Frankfurt nach Paris aus. des 20. Jahrhunderts wurde von drei gen begann mit dem Fund von (1) Ceres Mit seinen 14 Funden führte er zeitweise professionellen Sternwarten dominiert. durch Giuseppe Piazzi in der Neujahrs- sogar die weltweite Statistik an. So wur- Am erfolgreichsten waren die insgesamt nacht 1801 auf der Sternwarte Palermo. de (21) Lutetia nicht vom berühmten Pa- 21 Entdecker der Landessternwarte Hei- Die fünf folgenden Kleinplaneten wur- riser Observatorium aus entdeckt, son- delberg, von denen 821 Kleinplaneten in den von deutschem Boden aus entdeckt. dern von Goldschmidts bescheidenem den Jahren von 1891 bis 1959 gefunden Deutschland war eine Hochburg der Atelier im sechsten Stockwerk oberhalb wurden. Gefolgt vom Karl-Schwarz- Planeten-Jäger. Von den weltweit ersten des Café Procope im Stadtteil Quartier schild-Observatorium in Tautenburg, wo hundert Entdeckungen stammen 23 von Latin [1 bis 4]. 541 kleine Planeten von sechs Astrono- deutschen Standorten. men zwischen 1961 und 1995 entdeckt Das Zeitalter der fotografischen wurden. An 538 der 541 Tautenburger Besonders in der Anfangsphase der visu­ Entdeckungen Funde war Freimut Börngen beteiligt. ellen Suche nach neuen Himmelskör- Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts be- In Hamburg-Bergedorf hingegen zählte pern spielten Amateurastronomen eine gann auch das Ende der visuellen Suche man zwischen 1914 und 1975 insgesamt entscheidende Rolle. Der praktizierende nach kleinen Planeten. Die meisten visu- 104 Funde von 10 Astronomen (siehe Arzt Heinrich Wilhelm Matthias Olbers ellen Funde, 122 an der Zahl, konnte der Tabelle 1). Alle diese Entdeckungen ba- entdeckte (2) Pallas am 28. März 1802 österreichische Astronom , sierten auf der von Wolf eingeführten und fast auf den Tag genau fünf Jahre der in Pola (Kroatien) und Wien arbeite- fotografischen Methode mit anschlie- später (4) Vesta am 29. März 1807. In der te, im Zeitraum von 1874-1923 für sich ßender Auswertung der Fotoplatten am heutigen Literatur wird Olbers ungern als verbuchen. Blinkkomparator und am Koordinaten- Amateur bezeichnet, da er durch seine messtisch. wissenschaftlichen Veröffentlichungen In Heidelberg beschäftigte sich während- den einen oder anderen Berufsastrono- dessen mit der Einführung der In Deutschland ging das Zeitalter der men in den Schatten stellte. fotografischen Positionsbestimmung von Entdeckungen auf Fotoemulsion exakt kleinen Planeten und löste mit dieser am 21.9.1995 zu Ende. Denn an diesem Der Postbeamte Karl Ludwig Hencke ver- revolutionären Idee eine weltweite Flut Tag wurden die letzten drei Kleinplane- blüffte durch seine hartnäckige Suche die von Entdeckungen aus. Fotoplatten und ten (16714) Arndt, (9413) Eichendorff Fachwelt. Als jeder bereits die Himmels- Filmemulsionen hielten als Werkzeug der und (14041) Dürrenmatt von Freimut durchmusterung aufgegeben hatte, 38 Astrometrie Einzug. Im Jahre 1891 fand Börngen auf Fotoplatten gefunden. Jahre nach der Entdeckung von (4) Vesta Wolf als erster Astronom einen Klein- durch Olbers, entdeckte Hencke schließlich planeten mit fotografischen Methoden. Das Zeitalter der Entdeckungen doch noch zwei neue Kleinplaneten, und Bereits 1904 überholte er mit seiner 84. mittels Digitalkameras der Rest der Welt wachte daraufhin auf. Entdeckung den „alten“ visuellen Beob- 1970 erfanden die US-Forscher Willard achter Johann Palisa. Bis zum Jahr 1932 S. Boyle und George E. Smith den CCD- Erwähnt sei auch der Künstler Hermann hatte Wolf mit der fotografischen Suche Sensor und bekamen dafür 2009 den No- Goldschmidt, der seine Entdeckungen 248 Neufunde angehäuft. belpreis für Physik. Nach der Erfindung

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Tabelle 1: Kleinplaneten-Entdeckungen aller Berufs- und Amateurastronomen in Deutschland # Standort / Sternwarte Anzahl Funde Zeitraum Status Anzahl der Obs. Entdecker code 1 Heidelberg-Königstuhl 821+4 MPIA 1891-2007 professionell 21+1 MPIA 24 2 Bergisch Gladbach 649 1995-2010 Amateur, privat 1 621 3 Tautenburg (Karl-Schwarzschild-Obs.) 541 1961-1995 professionell 6 33 4 Hamburg-Bergedorf 104 1914-1975 professionell 10 29 5 Frankfurt (Taunus-Obs.) 99 2006-2010 Amateur, Verein 4 B01 6 Wildberg 70 2004-2010 Amateur, privat 1 198 7 Drebach 66 1997-2009 Amateur, Verein 4 113 8 Heppenheim (Starkenburg-Obs.) 55 1997-2009 Amateur, Verein 1 + (15) 611 9 Düsseldorf-Bilk 24 1852-1890 professionell 1 18 10 Essen (Walter-Hohmann-Obs.) 13 2002-2003 Amateur, Verein 1 + (3) 636 11 Hormersdorf 10 2004-2005 Amateur, privat 1 A35 12 Trebur 8 2002 Amateur, Verein 1 239 13 Berlin (1835-1913) 6 1860-1897 professionell 4 548 14 Bergen-Enkheim 5 2006-2010 Amateur, privat 1 A74 Bornheim 5 1997-1999 Amateur, privat 1 127 Radebeul 5 2005-2007 Amateur, Verein 1 A72 17 Mülheim-Ruhr (Turtle -Obs.) 4 2002-2007 Amateur, privat 2 + (2) 628 Sonneberg 4 1938-1963 professionell 3 31 19 Solingen 3 1997 Amateur, privat 1 592 Giesing 3 1997-1999 Amateur, privat 1 116 Hoher List 3 1990-2002 professionell 1 17 22 Potsdam (Inastars-Obs.) 2 2008-2009 Amateur, privat 1 B15 Rimbach 2 2007 Amateur, privat 1 A87 Berlin (Urania-Obs.) 2 1896-1898 professionell 1 537 Driesen 2 1845-1847 Amateur, privat 1 284 Bremen 2 1802-1807 Amateur, privat 1 283 Weinheim (Guidestar-Obs.) 2 2009-2010 Amateur, privat 2 A17 28 Hagen 1 2010 Amateur, Verein 1 B86 Herrenberg 1 2006 Amateur, privat 1 240 Sögel 1 2004 Amateur, privat 1 A20 Weinheim 1 2002 Amateur, privat 1 A23 Bothkamp 1 1882 professionell 1 603 München 1 1897 professionell 1 532 Lilienthal 1 1804 professionell 1 --- Maidbronn 1 2009 Amateur, privat 1 B82

Legende: Anzahl Funde: Heidelberg-Königstuhl 821 + 4 MPIA, d.h. 821 Entdeckungen wurden auf der Landessternwarte (1899-1959) sowie Heidelberg- Stadt (1891-1898) gemacht, vier auf dem MPI für Astronomie (alle in 2007). Anzahl der Entdecker: z.B. 1 + (3), d.h. insgesamt 4 Entdecker an diesem Standort, wovon (3) ausschließlich bei Team-Entdeckungen beteiligt waren und deshalb in der Liste des „Minor Planet Center“ der nummerierten Entdeckungen nicht mit ihrem individuellen Namen verzeichnet sind. Stand Februar 2016, Quelle: [5].

des Fernrohres gab es wohl keine andere, Aufgrund der wesentlich höheren durchmusterungen betrieben wurden, welche die Astronomie so sehr revoluti- Lichtausbeute von CCD-Sensoren im begannen die Amateurastronomen das onierte. Die Berufsastronomen erkannten Vergleich zur Fotoemulsion stiegen die Geschehen zu dominieren. schnell die Vorteile der neuen Digitalka- Entdeckungen von Kleinplaneten welt- mera-Technik und machten sich diese zu weit explosionsartig an. Insbesondere Bis zum Jahre 1995 waren die letzten Eigen. Für die Amateure hingegen wur- in den USA schossen die professionel- Entdeckungen eines Amateurastrono- den Digitalkameras erst Mitte der 1990er len Surveys wie Pilze aus dem Boden. In men von deutschem Boden aus die des Jahre finanziell erschwinglich. Deutschland hingegen, wo wetterbedingt Postbeamten Karl Ludwig Hencke. Von keine Großteleskope mehr für Himmels- seinem Wohnhaus in Driesen (inzwi-

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In der Tabelle sind alle Kleinplaneten- Entdeckungen von Berufs- und Ama- teurastronomen, die je von deutschem Boden aus gemacht wurden, aufgelistet. Die Deutschlandkarten zeigen anschau- lich die Verteilung der Entdeckungen auf die einzelnen Standorte. Auf der ei- nen Deutschlandkarte (Abb. 1) sind alle Entdeckungen, also die von Berufs - und Amateurastronomen (entsprechend der Tabelle), dargestellt. Die andere Deutsch- landkarte (Abb. 2) zeigt ausschließlich die Entdeckungen der Amateure.

Da - wie bereits erwähnt - außer in Bre- men (Olbers) und Driesen (Hencke) die Amateurentdeckungen ansonsten ab 1995 stattfanden, stellt die Karte der Amateurentdeckungen (Abb. 2) bis auf die zwei genannten Standorte, auch den zeitlichen Abschnitt ab 1995 dar. Für die Auswertung wurden ausschließlich num- merierte Kleinplaneten aus den Daten des „Minor Planet Center“ verwendet (Stand Februar 2016) [5].

Im April 2013 hat der Amateurastronom Wolf Bickel den Berufsastronomen Frei- mut Börngen überholt und ist seitdem der erfolgreichste deutsche Kleinplane- ten-Entdecker [6]. Aber nicht nur private Akteure wie Bickel, sondern auch Vereine begannen, Ende des 20. Jahrhunderts mit Digitalkameras nach kleinen Planeten zu jagen. Auf der Starkenburg-Sternwarte Heppenheim [7] und der Volkssternwarte Drebach wurden 1997 die ersten Funde vermeldet. Rund zehn Jahre später, im 1 Deutschlandkarte aller Kleinplaneten-Entdeckungen. Alle Entdeckungen von Jahr 2006, stieg die Taunus-Sternwarte Berufs- und Amateurastronomen sind dargestellt. des Physikalischen Vereins Frankfurt in das Rennen mit ein [8] und rollte das Feld von hinten auf. Mit fast 100 Ent- schen gehört Driesen zu Polen) hatte er ckung in Deutschland. Inzwischen trägt deckungen ist sie jetzt die erfolgreichste (5) Astraea am 8.12.1845 und (6) Hebe dieser Fund die Nummer (14053) und ist von einem Verein geführte Sternwarte am 1.7.1847 entdeckt. Danach gab es in namenlos. Deutschlands. Innerhalb von vier Jah- Deutschland für 148 Jahre keine Ama- ren konnten die Frankfurter fast so viele teurentdeckung mehr zu feiern. Seit 1995 wurden 1.012 Kleinplaneten Entdeckungen verzeichnen, wie seiner- mittels Digitalkameras von deutschen zeit die Profis aus Hamburg-Bergedorf in Das änderte sich, als Digitalkameras für Standorten aus entdeckt, davon lediglich einem Zeitraum von 61 Jahren. Amateure erschwinglich wurden. Am sechs von Berufsastronomen (Eric Walter 27.12.1995 war es der Amateurastronom Elst und Felix Hormuth). Im gesamten Wo die Reise in Zukunft hingeht, ist nur Wolf Bickel, der die erste Entdeckung 195-jährigen Zeitraum zuvor wurden zu- vage spürbar. Um noch etwas an die An- mittels einer Digitalkamera von einem sammen (visuell und auf Fotoemulsion) gel zu bekommen, muss man aktuell in Standort in Deutschland machte. Mit 1.510 Entdeckungen in Deutschland ge- der Lage sein, bei 21 Magnituden fischen seinem selbst geschliffenen 0,6-Meter- macht, davon lediglich vier von Amateu- zu können. Zudem verschiebt sich die Spiegel und seiner selbst gebauten Digi­ ren (Olbers und Hencke). Die Digitaltech- Grenzhelligkeit, für Entdeckungen von talkamera fand er den Kleinplaneten nik hat also - zumindest in Deutschland Kleinplaneten des Hauptgürtels, aufgrund 1995 YS25. Ebenso war dies nach 148 – die Situation komplett auf den Kopf der vielen professionellen Surveys natür- Jahren Pause die erste Amateurentde- gestellt. lich hin zu immer schwächeren Objekten

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2 Deutschlandkarte der von Amateur- astronomen entdeckten Kleinplaneten. Ausschließlich Entdeckungen von Amateurastronomen sind dargestellt.

und zwar innerhalb eines Zeitraums von 4-5 Jahren um eine ganze [9]. Die Blütezeit der Amateurentdeckungen, ausgelöst durch die Erfindung des CCD- Sensors, flaut merklich ab. Man scheint am Wendepunkt angekommen zu sein. So muss der Durchmesser der eingesetz- ten Teleskope wieder größer werden, um bei diesem Wettrennen noch entschei- dend mitwirken zu können.

Internet- und Literaturhinweise: [1] C. Flammarion, 1869: „Études et lectures sur l’astronomie“, Tome 2, p. 274, Bibliothèque nationale de France, 8-V-697 (2) [2] Gaál - Grasmann, 1964: „Neue deutsche Biographie“, Berlin, Bd. 6,610 [3] Printed by F. Jefferies, 1867: „Hermann Goldschmidt, Artist and Astro­nomer“, p. 335, The Gentleman’s magazine 223 [4] J. C., 1866-1868: „The late Her- mann Goldschmidt“, The Jewish Messenger, New York [5] www.minorplanetcenter.net/iau/ lists/NumberedMPs.html [6] E. Schwab, 2013: „Bickel über- holt Börngen – die erfolgreichsten deutschen Kleinplanetenentdecker“, Anzeige VdS-Journal für Astronomie 47, S.52 [7] E. Schwab, 2001: „Kleinplanet Heppenheim und Ehrung der Grün- der der Starkenburg-Sternwarte“ VdS-Journal für Astronomie Sommer 2001, S.149 [8] E. Schwab und R. Kling, 2007: „Die erste Asteroidenentdeckung der Taunus-Sternwarte“, VdS-Journal für Astronomie 23, S.101 [9] Die zeitliche Verschiebung der Ent- deckungsgrenzhelligkeit wurde vom Autor selbst ermittelt.

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Asteroidensuche 2015 und eine Sind wir allein Begegnung ganz anderer Art im Universum von Rolf Apitzsch

Das Jahr 2015 neigte sich dem Ende zu, — Ist Kontakt mit Außerirdischen möglich? ? und eigentlich wollte ich am 28. De- zember mein, in punkto Entdeckungen, — Was geschieht, wenn wir „entdeckt“ werden? erfolgreichstes Jahr mit weiteren drei und in Summe dann 91 Entdeckungen — Wissenschaftlich fundierte Szenarien zu abschließen und den zuletzt entdeckten einem brisanten Thema Asteroiden noch einen ordentlichen Or- bit verschaffen. Wie immer belichtete ich Aufnahmen an einer festen Himmelspo- „Dies ist ein äußerst wichtiges Buch und sition mit je zwei Minuten, solange die unverzichtbare Lektüre für jeden, der sich für die Nacht es zuließ. Nur so komme ich mit Zukunft unserer Spezies, außerirdische Intelligenzen meinem 35-Zentimeter-Newton f/3,1 durch umfangreiches Stacking (der Auf- oder das SETI-Projekt interessiert.“ Auch als E-Book summierung vieler Aufnahmen) an die 1 Ausschnitt aus zwei Aufnahmen. Objekt links 19,5 mag zu Anfang der Aufnahmeserie sehr lichtschwachen Objekte jenseits der und rechts 17,4 mag, zeitlich in der Mitte der Serie. – Douglas Preston 368 Seiten, €/D 25,– 21. Größenklasse heran. In dieser Nacht wurden es ganze 170 Aufnahmen. Die ei- nen fast lückenlosen Zeitraum von drei von dieser Position in dieser Nacht drei Hier könnte ich aufhören zu erzählen, Stunden und 42 Minuten eines 0,5 x 0,5 bis dahin unbekannte Objekte vor dem wenn ich nicht - wie immer - am fol- BESTELLEN SIE JETZT AUF KOSMOS.DE Grad großen Feldes abdeckten und mir morgendlichen Zubettgehen noch an das genden Tag die Aufnahmen noch einmal BESUCHEN SIE UNS UNTER: FACEBOOK.COM/KOSMOS.ASTRONOMIE dann eine umfangreiche Auswertung „Minor Planet Center“ [1] melden. abschließend sichten würde, bevor sie in ermöglichten. Im Ergebnis konnte ich der Ablage zu meinen bisherigen über

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2 Im DSS-Katalog wird an dieser Stelle ein roter Zwergstern geführt.

VdS-Journal Nr. 59 Sind wir allein im Universum

— Ist Kontakt mit Außerirdischen möglich? ? — Was geschieht, wenn wir „entdeckt“ werden? — Wissenschaftlich fundierte Szenarien zu einem brisanten Thema

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VDS_59.indd 1 28.07.16 11:54 150.000 Aufnahmen verschwinden. Wie immer blinkte ich also Aufnahmestacks in möglicher Maximalzahl mit verschie- denen Richtungs- und Geschwindigkeitsparametern, um auch die kleinste Bewegung lichtschwacher Objekte auszumachen. Entweder als springenden Punkt oder als winzige Strichspur. In dieser Nacht war der Himmel dunkel genug, um Stacks von je- weils 55 Aufnahmen aufzusummieren, bevor der Himmelshin- tergrund zu hell erschien. Dabei sah ich auf einigen der Stacks ein helles Objekt, das sich jedoch nicht oder nur unmerklich bewegte. Auf Einzelaufnahmen zu Anfang der Serie war dieses Objekt kaum sichtbar. Klar, das ist ein Artefakt. Ein Hotpixel, welcher für kurze Zeit auf einigen Aufnahmen sichtbar war. Also kein Asteroid, der durch Rotation einen Lichtwechsel er- fährt. Damit war die Sache für mich eigentlich erledigt.

Aber wie es eben so ist, ließ mir das keine Ruhe. Also begann ich, die Aufnahmen herauszusuchen, bei denen der Hotpixel vorhanden war. Und das waren erstaunlicherweise doch sehr viele und dazu noch unterschiedlich hell. Das ist untypisch. Also doch kein Hotpixel? Was könnte das sonst sein?

An dieser Himmelsposition steht ein Stern, der auch von „Astrometrica“ [2] als Referenzstern zur Astrometrie auf die- sen Aufnahmen verwendet wurde. Im „URAT1-Katalog“ mit ‚ 19,5 mag auf der Position: RA 4h 21m 22,39s DE +26° 5‘, 20,9 (J2000). Aber auch der konsultierte DSS [3] (Digital Sky Sur- vey) zeigte hier nur ein unauffälliges Objekt.

Um diese sich verändernde Helligkeit besser beurteilen zu können, erstellte ich eine Animation und eine erste grobe

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3 Die aus 170 Aufnahmen zu je 120 Sekunden mit „Astrometrica“ erzeugte Lichtkurve. ge Positionen gewinnen. In den Folgeta- gen nahm er weitere Positionen mit dem 2-Meter-Spiegel auf, bei denen er jeweils Lichtkurve. Diese zeigte einen plötzli- ge Helligkeit von bis zu 18 mag. Doch 16 Minuten belichtete, um das auf 24 chen Helligkeitsanstieg und dann eine eine Lichtkurve aus der Vergangenheit mag abgefallene Objekt in dieser Oppo- auslaufende Intensität über mehr als eine scheint es nicht zu geben. Deshalb hier sition abzusichern. Interessant an dieser Stunde. Die Animation kann auf meiner in der Abbildung 3 die Lichtkurve der Stelle: Weder Pan-STARRS noch andere Homepage [4] angesehen werden. Entdeckung, erzeugt mit „Astrometrica“. NEO-Suchprogramme haben ihn im Jahr

2015 aufgenommen. Interessant: Weder Eine neue Generation von Sternwarten NEU Jetzt wurde die weitere Untersuchung Am Ende waren es mehr als drei span- Pan-STARRS noch andere NEO-Suchpro- richtig spannend. Sollte ich da nicht nur nende und lehrreiche Tage. Aufregend gramme haben ihn im Jahr 2015 aufge- das Nachglühen eines GRB (Gamma Ray wie meine erste Asteroidenentdeckung nommen. Leider ist er bei dieser Hellig- zu unschlagbaren Preisen Burst), sondern gar seinen gesamten Ver- (VdS-Journal 33), der erste NEO (VdS- keit dann aber nur auf der Südhalbkugel lauf aufgezeichnet haben? Da ich nur Journal 30), die erste Rotationsperiode zu finden. Nach seiner neuesten Beob- Die Neuheit des Jahres 2016: Der kanadische Hersteller NexDome bringt ein revolutionäres geringe Erfahrungen mit diesen Phäno- eines Asteroiden (VdS-Journal 40) und achtung im Juni 2016 steht seiner Num- Design von Sternwartenkuppeln auf den Markt. Der Clou ist ein modularer Aufbau mit zwei menen und deren Beobachtung hatte, nun der erste Veränderliche. Ereignisse, merierung nun nichts mehr im Wege. wesentlichen Vorteilen: Niedrige Transportkosten und leichter Aufbau in wenigen Stunden. wandte ich mich an das „Gamma-ray die für mich aus der Routine der Be- Coordination Network“ (GCN) [5]. Mit nur obachtungen herausragen. Die Zusam- An dieser Stelle möchte ich allen dan- Noch nie war eine Top-Sternwarte so erschwinglich! geringem Erfolg. Immerhin konnte ich in menarbeit mit den Freunden aus der ken, die mir in diesen aufregenden Tagen Astroshop ist europaweiter Distributor für NexDome. Wir liefern ab unserem Lager für nur 60 der aktuellen GRB-Liste keinen in die- VdS-Gruppe „Veränderliche“ war sehr mit Rat und Tat zur Seite standen. Be- Euro innerhalb Deutschlands und für 150 Euro europaweit. 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Observers“ (AAVSO, [6]) ihn im Index Aufnahmezeit und der damit verbunde- aspra=65.34285&dec=26.08924 weit über den Zenit öffnen. of Variable [7] aufgenommen und nen großen Stacks ist er immer zu nah [4] Observatorium Wildberg: » Sollte ein Teil der Sternwarte » Dank dem geringen Gewicht durch beschädigt werden, kann es dank 50355 4.390,- mich als Entdecker eingetragen hat. Der an einer Strichspur der Nachbarsterne. www.astro-wildberg.de/astro/ Komplett-Sternwarte mit Wänden ABS-Kunststoffteile lässt sich die des modularen Aufbaus einzeln Stern wird im Katalog geführt als UV Aber, da konnten mir die Profis aus Ha- Variabler.01.d.html 51264 2.990,- Kuppel leicht von Hand drehen, aber und kostengünstig ausgetauscht Sternwarten-Kuppel ohne Wände Ceti Stern: 2MASS J04212237+2605212. waii (Dave Tholen) und von der NASA [5] GCN: http://gcn.gsfc.nasa.gov/ auch kostengünstig motorisieren. werden. Ein Stern mit unregelmäßigen eruptiven (Paul Abell) helfen. Da „2009 CV“ als report_archive.html Produktnummer ins Suchfeld eingeben! Ausbrüchen. mögliches Radarziel (Arecibo) gelistet [6] AAVSO: www.aavso.org/ ist und ebenfalls auf der Liste der „von [7] Index of Variable Stars: www.aavso. Mehr auf NexDome.de! Und es bleibt zu bemerken, dass dieser Menschen potenziell zu erreichenden org/vsx/index.php?view=detail. Astroshop.de ist ein Bereich der nimax GmbH. Mehr InformationenIrrtümervorbehalten.Preisänderungen und zu unserem Unternehmen finden Sie unter www.nimax.de. Alle angegebenen Preise in Euro inkl. 19% MwSt. Stern offenbar schon einmal im „Cata- Asteroiden“ [8] steht, bekam Dave das top&oid=462824 lina Sky Survey“ auffiel. Drei Messun- Subaru-8,2-Meter-Teleskop und konnte [8] NHATS: http://neo.jpl.nasa.gov/ Kontakt gen vom 21.1.2008 zeigen eine auffälli- mit jeweils 60 Sekunden Belichtung eini- cgi-bin/nhats Adresse Telefon E-Mail Astroshop.de ∙ c/o nimax GmbH +49 8191 94049-1 [email protected] Astroshop.de VdS-Journal Nr. 59 Otto-Lilienthal-Straße 9 ∙ 86899 Landsberg Eine neue Generation von Sternwarten NEU zu unschlagbaren Preisen

Die Neuheit des Jahres 2016: Der kanadische Hersteller NexDome bringt ein revolutionäres Design von Sternwartenkuppeln auf den Markt. Der Clou ist ein modularer Aufbau mit zwei wesentlichen Vorteilen: Niedrige Transportkosten und leichter Aufbau in wenigen Stunden. Noch nie war eine Top-Sternwarte so erschwinglich! Astroshop ist europaweiter Distributor für NexDome. Wir liefern ab unserem Lager für nur 60 Euro innerhalb Deutschlands und für 150 Euro europaweit. Natürlich erhalten Sie bei uns auch Beratung und Service zu den NexDome Sternwarten.

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Adresse Telefon E-Mail Astroshop.de ∙ c/o nimax GmbH +49 8191 94049-1 [email protected] Astroshop.de Otto-Lilienthal-Straße 9 ∙ 86899 Landsberg 22 Kleinplaneten

Kleinplanetenbeobachtung in Drebach von Gerhard Lehmann

Wir beobachten mittlerweile seit 1993 Kleinplaneten in Drebach. Begonnen hatte es fotografisch und schon kurz da- nach mit einer CCD-Kamera. Mussten die ersten Aufnahmen noch mühsam mit ei- nem Koordinatenmessgerät ausgemessen werden, übernahm später der Computer diese Aufgabe – unter unseren wachsa- men Augen. Bis Ende 2015 erhielten wir 23.749 anerkannte Positionen von 4.822 Kleinkörpern. Anerkannt wurden diese vom „Minor Planet Center“ (MPC) in den USA, von deren Servern die Positionen [1] auch wieder heruntergeladen werden können.

Mit einem selbst geschriebenen Delphi- Programm unter Nutzung einer profes- sionellen Diagrammbibliothek (alles mit Lizenz) wurden unsere Beobachtungen 1 Positionen pro Beobachtungsjahr in der Sternwarte Drebach analysiert. Abbildung 1 zeigt eine Ver- teilung unserer Beobachtungen auf die Beobachtungsjahre. Zu erkennen ist kannt sind auch die Jupiter-Trojaner, schön sind dort weitere Gruppen im Son- die Inbetriebnahme unseres 0,5-Meter- welche sich in einer 1:1-Bahnresonanz nensystem erkennbar. Casse­grains 1998 in der kleinen Beob- zum Planeten Jupiter befinden. Die Ab- achtungskuppel, was zu einer deutlichen bildung 3 zeigt die Abhängigkeit der nu- Unsere eingangs erwähnten 4.822 Klein- Steigerung in der Anzahl der Positionen merischen Exzentrizität von der großen körper verteilen sich auf 53 Kometen führte. Das absolute Rekordjahr war aber Bahnhalbachse als Streudiagramm. Sehr und 4.769 Kleinplaneten. Davon gehören 2011 mit einem Anteil von 12,72 Prozent von allen gemeldeten Positionen.

Besonders gute Beobachtungsnächte gibt es im Frühjahr immer wieder im Monat März und im Herbst im Monat Septem- ber. Schon seit vielen Jahren nutzt André Knöfel als Gastbeobachter vorrangig die- se Monate. Im internationalen Jahr der Astronomie 2009 konnten wir unseren 20-Zoll-CDK in Betrieb nehmen, welcher mit einer neuen, einzölligen CCD-Kame- ra und nach dem zusätzlichen Erwerb eines Fokalreducers die Reichweite unse- rer Beobachtungen erhöhte. In besonders guten Nächten erreichen wir so die 20 mag und auch noch darüber hinaus.

Kleinplaneten im Sonnensystem bilden Gruppen bzw. sie gehören einem be- stimmten Typ an. Den meisten bekannt sind die sogenannten NEO’s (englisch near-Earth object), zu denen die Aten-, Apollo- und Amor-Objekte gehören. Be- 2 Gastbeobachter André Knöfel am 20-zölligen CDK der Sternwarte Drebach

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3.616 bzw. ca. 76 Prozent der Hauptgruppe an. Sie kreisen zwischen den Planeten und Jupiter um die Sonne und kommen der Erde dabei nicht nahe. Interessant ist der Rest von 24 Prozent, der zu allen anderen Gruppen im Sonnen- system gehört. Die Verteilung unserer Beobachtungen zeigt als Tortendiagramm die Abbil- dung 4.

Naturgemäß bewegen sich die meisten von uns beobachteten Kleinplaneten in der Nähe der Ekliptik am Sternenhimmel, also dort, wo auch die großen Planeten beobachtbar sind. In der Abbildung 5 fällt das Sommerloch in den typischen Sommersternbildern sofort auf. Aber eben die Ekliptik ist auch deutlich sichtbar. 3 Verteilung der numerischen Exzentrizitäten in Abhängigkeit von der Das Salz in der Suppe sind großen Bahnhalbachse hier immer wieder die Neuent­ deckungen von Kleinplaneten.

4 Typen der von der Sternwarte Drebach beobachteten Kleinkörper

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5 Verteilung der beobachteten Positionen an der scheinbaren Himmelskugel

In den Anfangsjahren haben wir Beob- hat. Die Sternwarte Drebach hat aber im- Mit diesem ersten nummerierten NEO- achtungsvorschläge von sogenannten merhin 65 nummerierte Kleinplaneten, Kleinplaneten schließt sich der Kreis und Tautenburger Kleinplaneten bekommen. wovon mittlerweile 39 auch einen von wir sind alle schon sehr gespannt, für Wir sind Herrn Dr. Freimut Börngen vom uns vorgeschlagenen Namen tragen. welchen Namen sich André entscheiden KSO Tautenburg für diese Vorschläge wird. sehr dankbar. Zu jener Zeit waren in der Ein besonderer Drebacher Kleinplanet ist Oppositionszeit noch helle Kleinplaneten 2002 EL6 [4]. In der Nacht vom 9. auf neu entdeckbar. Wir haben nie gezielt den 10. März 2002 entdeckte ihn André Internethinweise: gesucht und staunen auch heute noch Knöfel an unserem 0,5-Meter-Cassegrain. [1] www.minorplanetcenter.net/iau/ über unsere Zufallsentdeckungen. Mitt- Wie sich bald herausstellte, handelte es ECS/MPCAT-OBS/MPCAT-OBS. lerweile haben wir 136 Kleinplaneten [2] sich um einen Apollo-Kleinplaneten. Zu html neu entdeckt, von denen aber nicht alle seiner großen Überraschung wurde er so- [2] www.kleinplanetenseite.de/ unserer Sternwarte zugesprochen wur- gar als „Potentially Hazardous Asteroid“ Entdeckg/drebplan.htm den. Dies geschieht erst nach der Num- (PHA) eingestuft. Nun, dieser Kleinplanet [3] www.minorplanetcenter.net/mpec/ merierung durch das „Minor Planet Cen- ist seit dem Februar 2016 nummeriert K10/K10U20.html ter“ (MPC), welches die Regeln dafür am und bewegt sich jetzt ganz offiziell als [4] www.minorplanets.de/2002EL6/ 19. Oktober 2010 [3] drastisch verschärft (455299) 2002 EL6 um unsere Sonne. index.html Zur richtigen Zeit am falschen Ort oder: Was ist ein „Roving Observer“? von Mark Emmerich und Sven Melchert

Seit September 2003 gibt es den Obs- Code A17 für unsere kleine Sternwarte in Weinheim an der Bergstraße. Bis heute wurden dort mit einem Celestron 14 über 3000 Kleinplanetenpositionen gemessen. Dennoch zieht es uns auch immer wie- der in die Ferne, um einen richtig dunk-

1 So zeigte sich die „Uncertainty Map“ des Kleinplaneten in der Software „Guide“ nach dem Import der 3300 unterschiedlichen Bahnelemente (gelbe Kreuze). Die blauen Rahmen kennzeichnen das Gesichtsfeld der CCD-Kamera SBIG ST-8 XME und deren Nachführchip.

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2 Im ersten Suchgebiet fanden wir „XC1AE0F“ nahe des rechten Bildfeldrandes. Drei Aufnahmen pro Position sind Pflicht, um eine Verwechslung mit Bildfehlern auszuschließen.

len Himmel zu genießen. Südwestlich vorgesehen, doch regelmäßig über den achtungen auf der „Minor Planet Mailing der französischen Alpen bildet sich oft Himmel fegende Wolkenfetzen ließen List“ [2] veröffentlichen, damit andere ein „magisches“, wolkenfreies Dreieck nicht an lange Belichtungen denken. eine Chance hatten, das Objekt wiederzu- bis hinunter zur Mittelmeerküste. Das In einer Stimmung von Frust und Lan- finden? Das war schon weit vorgegriffen, Ferien­haus liegt in einer dünn besiedel- geweile wanderte der Blick daher wie- denn noch hatten wir ja überhaupt nichts ten Gegend auf dem Plateau d‘Albion, in der einmal auf die NEOCP und fiel dort gefunden. Außerdem war „XC1AE0F“, so 800 Metern Höhe etwas südlich des Ortes auf ein neues Objekt der Helligkeit 17,1 die vorläufige Bezeichnung des Eintrags Sault. Typisch für die Gegend ist der star- mag. Entdeckt hatte es wenige Stunden auf der NEOCP, recht schnell am Himmel ke Nordwind „Mistral“, der teilweise mit zuvor der „Catalina Sky Survey“ (CSS) unterwegs. Je nach zugrunde gelegten Böen von bis zu 80 Stundenkilometern im Sternbild Jungfrau. Die letzten Beob- Bahnelementen betrug die scheinbare die Wolken vertreibt. Damit einher geht achtungen des CSS stammten von 13:21 Geschwindigkeit zwischen 15 und 30 oft auch ein schlechtes Seeing, welches UT mit einem gesamten Bahnbogen von Bogensekunden pro Minute. Ein Vorteil den Einsatz von langen Brennweiten nur 45 Minuten. Und die Wettersituation der kürzeren Brennweite unseres Instru- ausschließt. Daher nutzen wir dort aus- in Europa legte den Verdacht nahe, dass mentariums wäre das größere Gesichts- schließlich kürzere Brennweiten; beim andere Kleinplanetenbeobachter ver- feld: Es beträgt mit dem Televue NP127 ‚ ‚ Aufenthalt im Februar 2016 kam ein Re- mutlich unter Wolken lagen. Nach zwölf und der SBIG ST-8 immerhin 71 x 48 ‚ ‚ fraktor von Televue mit 127 Millimetern Stunden würde sich die Positionsunge- (im Gegensatz zu nur 22 x 15 mit dem Öffnung und 660 Millimetern Brennwei- nauigkeit (die „uncertainty region“) auf C 14). Das steigert die Chancen beim Su- te zum Einsatz. über 10.000 Bogensekunden (rund drei chen erheblich. Grad) vergrößert haben. Für Beobach- Mittlerweile hat in unserem Urlaubsdo- ter in den USA sahen die Bedingungen Doch zurück zur Frage, wie wir im Er- mizil sogar die moderne Technik Ein- aufgrund der zunehmenden Zeitdifferenz folgsfall die Positionen an das MPC zug gehalten: Es gibt Internet! Und was noch deutlich schlechter aus. Für uns in senden könnten. Da erinnerten wir uns macht man in diesem Fall als passio- Südfrankreich aber würde das neue Ob- dunkel an eine Anleitung des MPC, in nierter Kleinplanetenbeobachter? Genau: jekt am nächsten Morgen ab 3 Uhr UT in der „roving observers“ (etwa: „vagabun- Man verfolgt gespannt, was sich auf der Reichweite kommen … dierende Beobachter“) erwähnt wurden „NEO Confirmation Page“ [1] tut, auf der [3]. Demnach ist es grundsätzlich mög- Neuentdeckungen gelistet werden, die Könnten wir trotz unserer bescheidenen lich, Kleinplanetenastrometrie von einem der Erde relativ nah kommen können. Ausrüstung vielleicht einen Beitrag leis- beliebigen Standort aus vorzunehmen Manchmal tauchen dort sogar Objekte ten? Hatte die Sache doch einen Haken: und unter exakter Angabe des Beob- auf, die in der Reichweite von kleinen Ohne eine beim „Minor Planet Center“ achtungsortes beim MPC einzureichen. Geräten liegen. Die Nacht vom 4. auf den registrierte Sternwarte kann man eigent- Eine auf den ersten Blick recht kom- 5. Februar 2016 war eigentlich für wei- lich keine Kleinplanetenmessungen ein- pliziert erscheinende Beschreibung des tere Aufnahmen der Galaxie NGC 2403 senden. Sollten wir daher unsere Beob- „Roving-Observer“-Formates findet sich

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das genaue Positionieren schon synchro- nisiert. Sobald das Zielgebiet über das Dach des angrenzenden Geräteschuppens klettern würde, wären wir bereit.

Da tauchte die nächste Frage auf: Wie lange müsste man wohl belichten, um eine ausreichende Tiefe zu erreichen? Die Auflösung unserer Gerätekombina- tion beträgt 2,8 Bogensekunden pro Pi- xel. Bei einer Objektgeschwindigkeit von 15 Bogensekunden pro Minute konnten wir also ca. elf Sekunden lang belichten, damit sich der Kleinplanet nur eine Pi- xelbreite weiter bewegt. Für das Suchen genehmigten wir uns noch einen kleinen Zuschlag und einigten uns auf 20 Se- kunden für die Einzelaufnahmen. Aus vorhandenen Bildern ließ sich ableiten, dass wir nach fünf Minuten ca. 18,0 mag erreichen konnten, also rund eine Mag- nitude mehr als die vorhergesagte Hel- ligkeit von „XC1AE0F“. Einem addier- ten Summenbild pro Positionsmessung wollten wir zehn Minuten spendieren - sicher ist sicher. Um den NEO eindeutig zu identifizieren, waren mindestens drei Positionsnachweise pro Feld notwendig, das würde uns 30 Minuten pro Feld kos- 3 Noch genießt er die Abendsonne, später war „Action“ angesagt: der Refraktor Televue ten. So könnten wir 4-5 Suchfelder bis NP127 auf Montierung Astro-Physics Mach 1. Dämmerungsbeginn abarbeiten.

Langsam wurde es kalt – auch im Fe- unter [4]. Zunächst war es aber erst ein- einige Formatierungsarbeiten nach sich rienhäuschen. Im alten Holzofen in der mal wichtig, herauszufinden, wie unsere zog. (Die Spalten für H und G sind um Küche legten wir noch ein paar Scheite Suchstrategie aussehen sollte. ein Zeichen zueinander verschoben und nach. Der Platz direkt davor hatte etwas in den Spalten 167-194 wird zusätzlich von Weltraum: Unsere dem Ofen zuge- Für Objekte, deren Bahnbogen kürzer eine Objektbezeichnung erwartet sowie wandte Seite wurde angenehm warm, als ein Tag ist (sogenannte „One-Nigh- in den Spalten 195-202 das Datum der 180 Grad dazu blieb die Nase kalt. Die ter“), veröffentlicht das MPC neben der letzten Beobachtung.) NEOCP offenbarte, dass immer noch nie- „Uncertainty Map“ auch mögliche Bahn- mand nach den Entdeckern das Objekt elemente, die zu den bisher beobach- Auf den ersten Blick war das Laden der gefunden hatte. Pünktlich um 1:30 Uhr teten Positionen passen – im Fall von Bahnelemente in „TheSky“ auch erfolg- war der Himmel frei von Wolken. Die „XC1AE0F“ waren das über 3300. Zur reich. Doch in verschiedenen Vergröße- Planung sah vor, in der rechten unteren Suche wäre es nun hilfreich, wenn man rungsstufen verschoben sich die Positi- Ecke der Uncertainty Map zu beginnen. sich all diese möglichen Positionen in onen darin um mehrere Bogenminuten Die Nominalposition lag damit etwas au- einem Planetariumsprogramm anzeigen und es wurden auch nicht immer alle ßerhalb der Mitte, und dann sollte es mit lassen und damit eine zeitlich variable angezeigt. Auch die Berechnung dauer- etwas Überlappung in Richtung Nord- „Uncertainty Map“ sehen könnte. Doch te merklich lange, so dass das Scrollen Ost Feld für Feld weitergehen. Um 3:50 geht das für 3300 Bahnelemente gleich- und Zoomen keine Freude mehr berei- Uhr fiel das erste Bild auf die Festplatte. zeitig? Zur Steuerung unserer Montie- tete. Noch blieb Zeit und so versuchten Nachdem die ersten 30 gesammelt wa- rung verwenden wir „TheSky 6“ von wir unser Glück mit der Software „Guide ren, begann die Datenreduktion. Um 4:25 Software Bisque. Das Programm erlaubt 9“. Hier funktionierte das Ganze deutlich Uhr fuhr das Teleskop auf die nächste es, Bahnelemente in Form der täglich besser, sowohl was Verarbeitungsge- Position und führte die Belichtungsserie publizierten Datei MPCORB.DAT zu la- schwindigkeit als auch Genauigkeit be- weiter. den, die alle bekannten Kleinplaneten traf. Somit hatten wir eine komfortable enthält. Leider entspricht das Format Möglichkeit gefunden, unsere Suchfelder Zu zweit hingen wir vor dem Monitor der MPCORB.DAT nicht exakt dem der im Voraus zu planen. Mittlerweile war es und betrachteten die drei hin und her Bahnelemente der „One-Nighter“, was 23:30 Uhr. Die Montierung hatten wir für blinkenden Bilder des ersten Feldes. Die

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Sterne waren zu sehr (!) langen Strichen richtigen Format ab. Man trägt dazu im „XC1AE0F“ dann in einem MPEC als Ob- auseinandergezogen und behinderten Konfigurationsmenü einfach den Obser- jekt 2016 CC30 bezeichnet [5], klassifi- die Suche etwas. Dann fiel uns ca. 20 vatory-Code 247 ein, darunter noch die ziert als PHA mit einer MOID von 0,0311 Bogenminuten südwestlich der Nomi- genaue Position des Beobachtungsortes. AE. Unseren Beobachtungen folgten nalposition ein plausibles Objekt auf. Eine Positionsmessung erzeugt in der zahlreiche weitere vom Süd- und Nord- Sofort brachen wir die laufende Belich- Reportdatei von „Astrometrica“­ dann die amerikanischen Kontinent aus. Offenbar tung ab und positionierten das Teleskop vom MPC für den „Roving Observer“ ge- hatte unser Experiment als „Roving Ob- neu auf eine besser zu dieser Position wünschten zwei Zeilen. Vielen Dank da- server“ die Position des Kleinplaneten passenden Stelle. Auch die folgende für an Herbert Raab, den Programmierer für Beobachter jenseits des Atlantischen Belichtungsreihe zeigte das Objekt pas- von „Astrometrica“! Per E-Mail machten Ozeans zur Weiterverfolgung ausrei- send zum ersten Feld. Wir mussten die sich dann sechs Positionsmessungen auf chend genau bestimmt. Eins steht jeden- Geschwindigkeit, mit der wir die Einzel- den Weg zum MPC. Kurze Zeit später falls fest: Das nächste Auto erhält ein aufnahmen mittels der Software „Astro- tauchten unsere Messungen auch auf der Kennzeichen mit der Nummer 247! metrica“ addiert hatten, leicht anpassen, NEOCP auf – als erste nach jenen des denn „XC1AE0F“ war noch ein kurzer CSS. Waren wir damit erfolgreich? Internethinweise: Strich. Mit 19 Bogensekunden­ pro Mi- [1] www.minorplanetcenter.net/iau/ nute passte es besser und wir konnten Die Nacht ging vorüber, und einige NEO/toconfirm_tabular.html einige Positionsmessungen vornehmen. Schlafstunden später fiel der Blick sofort [2] https://groups.yahoo.com/neo/ Doch wie bringen wir unsere Messungen wieder auf die NEOCP. Zwischenzeitlich groups/mpml/conversations/topics in das Format eines „Roving Observers“ hatten sich vor unseren Beobachtun- [3] www.minorplanetcenter.net/iau/ ohne Handarbeit in einem Texteditor, gen noch fünf weitere des Stationscodes info/.html#HowObsCode denn das erschien uns zu fehleranfällig? „300“ (Bisei Center, Japan) [4] www.minorplanetcenter.net/iau/ Große Erleichterung: Nach entsprechen- platziert, was unsere Zufriedenheit aber info/RovingObs.html der Voreinstellung speichert „Astrome- nicht schmälern konnte. Einen Tag spä- [5] www.minorplanetcenter.net/mpec/ trica“ die Messungen automatisch im ter, am 6. Februar um 16:37 UT, wurde K16/K16C64.html Astrometrie mit „Astrometrica“ – Teil 1: Einrichtung des Programms und erste Schritte von Carolin Liefke

Zur Auswertung von Kleinplanetenauf- Verbesserung des Alignments die ge- metrica“ vielmehr darauf ab, für jeden nahmen – also in erster Linie für prä- naue Position zu ermitteln, auf die ein beliebigen Punkt eines Bildes die ent- zise Positionsmessungen, aber durchaus Teleskop gerade am Himmel zeigt, oder sprechenden Himmelskoordinaten expli- auch zur Fotometrie – kommt seit vielen entsprechenden Routinen innerhalb von zit angeben zu können. So sollen die Po- Jahren das Programm „Astrometrica“ [1] Bildbearbeitungsprogrammen wie „Re- sitionen von beweglichen Objekten zum des österreichischen Amateurastrono- gim“ oder „THELI“, die die automatische Aufnahmezeitpunkt des Bildes bestimmt men und Softwareentwicklers Herbert Ausrichtung und Entzerrung einzelner werden können. Die Ergebnisse werden Raab zum Einsatz, und zwar sowohl im Aufnahmen ermöglichen, zielt „Astro- direkt in dem Format ausgegeben, die Amateurbereich wie auch bei Profiastro- nomen, die auf diesem Gebiet tätig sind. Anzeige Anhand dieser Artikelserie können Neu- einsteiger und Interessierte an der Astro- metrie von Asteroiden und Kometen die Software und ihre wichtigsten Funktio- nen kennenlernen.

„Astrometrica“ ermittelt die sogenannte Plattenlösung astronomischer Aufnah- men, also die Himmelskoordinaten der Bildmitte und die zum Beispiel durch Bildfeldwölbung üblicherweise vom Abstand zur Bildmitte abhängige Pixel- skala. Anders als bei Programmen wie „PinPoint“, „Elbrus“ oder „Astrotortilla“ (ein Frontend für „Astrometry.net“), bei denen es in erster Linie darum geht, zur

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1 Arbeitsfläche von „Astrometrica“ mit Menü- und Iconleiste. Einige Funktionen wie die Berechnung der Plattenlösung sind erst nach dem Laden von einem oder mehreren Bildern verfügbar. Rechts unten werden als zusätzliche Informationen der Referenzsternkatalog, der Grad des Polynoms für die Plattenlösung, der Farbfilter und der Name der aktuell geladenen Konfigurationsdatei angezeigt.

das „Minor Planet Center“ (MPC) bei sol- chen Messungen entgegennimmt.

Ist das zu vermessende Objekt zu schwach, um auf Einzelaufnahmen mit hinreichender Genauigkeit vermessen werden zu können oder überhaupt sicht- bar zu sein, lassen sich Bilderserien auch unter Berücksichtigung der Eigenbewe- gung stacken. „Astrometrica“ verarbei- tet nur monochromatische FITS-Dateien bzw. das SBIG-interne Datenformat. DSLR-Bilder und farbige FITS-Datenku- ben müssen konvertiert werden, was bei DSLR-Bildern nicht immer gelingt, da die Informationen aus den EXIF-Daten korrekt in einen entsprechenden FITS- Header umgewandelt werden müssen. Bei der Aufnahme der Daten muss der Zeitstempel unbedingt korrekt sein, der Kamerasteuerungsrechner sollte daher am besten mit einem NTP-Server syn- chronisiert sein. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass „Astrometrica“ zum Abrufen der aktuellen Bahndaten bereits bekannter Asteroiden und der meisten Sternkataloge Zugriff auf das Internet 2 Einstellungsbeispiel im Reiter „Observing Site“ einer Konfigurationsdatei von benötigt, dies muss gegebenenfalls in „Astrometrica“.

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den Einstellungen restriktiver Firewalls zugelassen werden. Die Nutzung hin- ter einem Proxy-Server muss gesondert konfiguriert werden.

„Astrometrica“ ist Shareware, das be- deutet in diesem Fall, dass man das Pro- gramm nach der Installation 100 Tage lang in vollem Umfang nutzen kann. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird eine einmalige Lizenzgebühr von 25 Euro fällig. Beim Start präsentiert sich das Programm zunächst mit einem leeren Arbeitsfeld, wie in Abbildung 1. Die wichtigsten Funktionen können zusätz- lich zum Menü direkt über eine Icon- Leiste aufgerufen werden. Solange kein Bild geladen ist, sind einige Funktionen aber noch grau hinterlegt.

Bevor man zum ersten Mal ein Bild lädt, sollte man zunächst die Konfiguration anpassen. Der türkise Schraubenschlüs- sel („Settings“) öffnet die Konfigurati- onsdatei. Im ersten Reiter „Observing Site“ trägt man Längen- und Breitengrad („Longitude“ und „Latitude“) und Höhe seines Beobachtungsstandortes ein. Bei der Bestimmung der Ortskoordinaten hilft entweder ein GPS-Gerät oder Goog- le Maps: Dort weit in die Karte hinein- zoomen und mit der rechten Maustaste an den richtigen Punkt klicken. In der Liste nun „Was ist hier?“ auswählen, dann werden die Adresse und darunter die Koordinaten angezeigt. Wer später 3 Manuelle Anpassung der Referenzsterne bei der astrometrischen Datenreduktion, regelmäßig Daten beim MPC einreichen oben die Ausgangslage mit den Standardeinstellungen aus der Konfigurationsdatei, möchte, sollte auch die Felder unter „De- unten das Endergebnis. tails“ ausfüllen, bei den Einträgen für „Observer“, „Measurer“ und „Telescope“ muss man allerdings penibel auf die kor- Transmissionskurven von RGB-Filtern, kannter Asteroiden mit ihren Bahnpara- rekte Formatierung achten, da die Mes- wie sie zur Deep-Sky-Fotografie ein- metern herunterladen. Dazu wählt man sungen automatisch eingelesen und bei gesetzt werden, nicht den unter „Color über das Menü „Internet“ die Option Fehlern in diesen Feldern abgewiesen Band“ zur Wahl stehenden Filtern des „Download MPCOrb“ aus. Die Datenbank werden. Ein Beispiel ist in Abbildung 2 Johnson-Systems. Bei der spektralen muss aktuell gehalten werden, weil stän- gezeigt. Details dazu findet man auf den Empfindlichkeit der meisten CCD-Ka- dig neue Asteroiden hinzukommen und Webseiten des MPC [2]. meras entspricht eine Luminanzauf- neue Messungen die Ungenauigkeiten nahme einer Kombination aus R und V, der Bahnen schon bekannter Kleinpla- Im Reiter „CCD“ gibt man die nominelle üblicherweise wählt man V. Alle weite- neten verringern. Außerdem verändern Brennweite („Focal Length“) des Tele­ ren Einstellungen kann man zunächst sich die Bahndaten der schon bekannten skops und die Pixelgröße (Pixel Width bei den vorgegebenen Werten belassen Asteroiden kontinuierlich, da sie von den und Height) der Kamera an. Ein Posi- und gegebenenfalls später noch anpas- größeren Himmelskörpern des Sonnen- tionswinkel („Position Angle“) von 0° sen. Es empfiehlt sich, für verschiedene systems - also den Planeten und ihren entspricht der Orientierung „Norden ist Teleskop-Kamera-Kombinationen unter- Monden - gestört werden. Wenn man oben“ bei einem parallaktisch montier- schiedliche Konfigurationsdateien anzu- mit veralteten Daten arbeitet, werden die ten Teleskop. Je nachdem, mit welchen legen und dann vor Beginn der Auswer- Positionen der bekannten Kleinplaneten Filtern beobachtet wurde, kann man für tung die jeweils passende zu laden. Bevor in den Aufnahmen nicht korrekt vor- die Fotometrie unterschiedliche Farben es nun endlich losgehen kann, sollte man ausberechnet, was schon nach wenigen auswählen. Allerdings entsprechen die allerdings noch die Datenbank schon be- Wochen zu einem deutlich sichtbaren

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Sternmuster zu erkennen und passend einzustellen. Wenn es absolut nicht klap- pen will, kann man sich zum Beispiel von „Astrometry.net“ helfen lassen. Die schlussendlich ermittelten Werte für die Brennweite und - wenn die Kamera fest montiert ist - auch den Positionswinkel sollte man notieren und anschließend in der Konfigurationsdatei abspeichern. Bei der nächsten Auswertung wird die as- trometrische Datenreduktion dann ohne Fehlermeldung durchlaufen und die ma- nuelle Referenzsternsuche nicht mehr erforderlich sein. Eventuell muss man dazu allerdings noch die Toleranz für die 4 Identifizierte Referenzsterne und für den Aufnahmezeitpunkt des Bildes berechnete Genauigkeit der Ausgangsposition (Wert Asteroidenpositionen. Die Kästchen der Asteroidenpositionen sind leer, da die „Pointing“ im Reiter „CCD“ der Konfigu- erforderliche Grenzgröße in diesem Bild nicht erreicht wird. rationsdatei) erhöhen.

Sterne, die erfolgreich identifiziert wur- Versatz führen kann. Man sollte daher Sind bei der Aufnahme im FITS-Header den, sind nun von einem grünen Kreis täglich über „Update MPCOrb“ die neu- des Bildes die groben Koordinaten der umgeben, Sterne mit großen Abweichun- esten Daten einspielen. Bildmitte bereits hinterlegt worden, muss gen sind gelb markiert. Sterne, die nicht man diese vor Beginn der astrometri- in die Plattenlösung eingegangen sind, Über „Load Images“ kann man nun zum schen Datenreduktion nur noch bestäti- haben einen blauen Kreis. Über das gan- ersten Mal ein Bild öffnen. Bei Bedarf gen, ansonsten ist eine manuelle Eingabe ze Bildfeld sollte der Großteil der Sterne übernimmt Astrometrica auch die Ka- erforderlich. Im Gegensatz zu Astrome­ grün markiert sein, bei zu vielen gelben libration, über „Load Dark Frame“ und try.net benötigt „Astrometrica“ an dieser und blauen Sternen ist die Qualität der „Load Flat Field“ kann man die entspre- Stelle einen relativ guten Ausgangspunkt Plattenlösung fragwürdig. chenden Dateien hinzuladen. Helligkeit für die Suche. Dennoch wird dieser erste und Kontrast stellt Astrometrica für as- Versuch der Sternzuordnung normaler- Wählt man nun „Known Object Over- trometrische Zwecke üblicherweise recht weise nicht von Erfolg gekrönt sein, es lay“, werden die möglichen Positionen gut automatisch ein. Über „Background erscheint eine Fehlermeldung mit dem bekannter Asteroiden zum Aufnahme- and Range“ kann man das Histogramm Titel „Reference Star Match Error“. Hier zeitpunkt berechnet und als beschrifte- aber auch manuell einstellen. Man soll- wählt man die erste Option „Manual Re- te rote Kästchen dargestellt, wobei die te nun für sich individuell austesten, ob ference Star Match“ aus. Kästchen – je nachdem wie aktuell die man lieber mit hellen Sternen auf dunk- Werte in der Datenbank sind – auch et- lem Hintergrund oder umgekehrt (ein- Dem Bild werden nun rote Kreise überla- was versetzt sein können. Das „Ender- zustellen über „Invert Image“) arbeitet. gert, die ausgehend von den angegebe- gebnis“ ist in Abbildung 4. gezeigt. Im Normalerweise sind schwache Objekte nen Koordinaten der Bildmitte, dem Po- Normalfall sollten sich so zum Beispiel in der invertierten Darstellung besser zu sitionswinkel und der Pixelskala aus der kosmische Begegnungen eindeutig iden- erkennen. Konfigurationsdatei, die durch Brenn- tifizieren lassen, wobei hierzu aber na- weite und Pixelgröße vorgegeben ist, den türlich oftmals auch eine Planetariums- Jetzt gilt es, das Finetuning der Konfigu- Sternpositionen aus dem Katalog ent- software ausreicht, welche die aktuelle ration anzugehen. Wählt man das grü- sprechen. Dieses Muster gilt es mit den Asteroidendatenbank vollständig nutzt. ne Fadenkreuz („Astrometric Data Re- echten Sternen im Bild möglichst genau Die weiteren Teile der Serie werden die duction“), beginnt Astrometrica mit der in Übereinstimmung zu bringen. Über die astrometrische Auswertung sowie das automatischen Erkennung von Sternen Grenzgröße lassen sich dazu mehr oder Stacking von mehreren Aufnahmen be- und ihrer Zuordnung zu den Einträgen weniger Sternkreise einblenden. Durch handeln. im Sternkatalog. Gerade bei großen Ge- Anpassen der Brennweite verändert man sichtsfeldern, tiefer Grenzgröße und/oder die Skalierung des Kreismusters, über Internethinweise: dichten Sternfeldern kann das ein Weil- den Positionswinkel wird es gedreht. Die [1] Download und (englische) Informa- chen dauern, hier sollte man nicht die Kreise lassen sich zudem mit den Pfeil- tionen unter www.astrometrica.at, Geduld verlieren. Übrigens: Wenn man tasten verschieben. Dies ist beispielhaft Support erfolgt (auf englisch) über in der Zwischenzeit am Computer zu in Abbildung 3 gezeigt. die Yahoo-Group https://groups. etwas anderem übergeht, meldet Astro- yahoo.com/neo/groups/Astrometrica/ metrica „Not Responding“. Das Program Je nachdem, wie weit die Vorgaben von info ist dann aber nicht wirklich abgestürzt, den tatsächlichen Werten abweichen, [2] www.minorplanetcenter.net/iau/ einfach abwarten. ist es manchmal gar nicht so leicht, das info/ObsDetails.html

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Über Sternkataloge in der Kleinplaneten-Astronomie von Mike Kretlow

In praktisch allen Bereichen der Kleinpla- ßen Surveys (NEAT, LINEAR, CSS, zierten astrometrischen Beobachtungen neten-Astronomie spielen Sternkataloge Pan-STARRS, etc.) den größten Teil der stellen gemessene Koordinaten in diesem eine Rolle, insbesondere in der Astro­ gesamten Beobachtungen stellen, domi- Katalogsystem dar, das i. A. seinerseits metrie. Aber auch bei der Vorhersage nieren die dort verwendeten Kataloge mit einem astronomischen (fundamenta- und Auswertung von Sternbedeckungen auch diese Häufigkeitsverteilung. len) Referenzsystem korrespondiert. Neh- durch Asteroiden sind astrometrische men wir nun den Fall eines über Jahr- Kataloge von zentraler Bedeutung. Hier Anwendungen zehnte beobachteten Kleinplaneten, so schlagen sich Differenzen zwischen ver- Die Astrometrie von Kleinplaneten dient haben wir neben all den durch die Beob- schiedenen Katalogen direkt und meist ja nicht in erster Linie dem Selbstzweck. achtung selbst verursachten Messfehlern signifikant auf die Vorhersage eines Er- Sie liefert zunächst einmal die Beobach- weitere systematische Fehler (und zwar eignisses (z. B. dem Bedeckungspfad auf tungen (Messwerte) für die Berechnung sowohl globale als auch lokale) vorlie- der Erde) nieder. In der Fotometrie müs- der Objektbahnen und deren Katalo- gen, die durch die verwendeten Sternka- sen Sternkataloge und deren Besonder- gisierung. Aber darüber hinaus gibt es taloge, dem Wechsel von Referenzsyste- heiten in der Regel bzw. je nach Auswer- speziellere dynamische Fragestellun- men und dergleichen induziert werden. teverfahren ebenfalls angewendet und gen, die grundsätzlich einer Bahnver- Aus der Sicht eines Bahnrechners ist es berücksichtigt werden. besserung gleichen, dabei aber weitere hingegen wünschenswert, dass alle vor- Parameter bestimmen. In der Regel be- liegenden astrometrischen Beobachtun- In der Beobachtungsdatei des „Minor einflussen Quantität, Qualität (im Sinne gen möglichst homogen in Bezug auf Planet Centers“ (MPC) enthalten die Be- von zufälligen wie auch systematischen zugrunde liegende Referenzsysteme sind, obachtungen in Spalte 72 einen Code, Fehlern) und Verteilung der astrometri- also idea­lerweise ausnahmslos mit ein der den zur Reduktion der Beobachtung schen Beobachtungen spürbar die erhal- und demselben Katalog reduziert wur- verwendeten Sternkatalog kennzeichnet tenen Ergebnisse. Die Vorhersage von den. Freilich ist das in der Regel nicht der (sofern er bei der Meldung der Beobach- Sternbedeckungen durch Kleinplaneten, Fall. Sind die systematischen Differenzen tung angegeben wurde: Zeile „NET“ im die astrometrische Massenbestimmung zwischen den einzelnen Sternkatalo- Submit Format) [1]. Mit Hilfe dieser An- von Asteroiden, der Yarkovsky- und der gen oder zu einem Referenzsystem (z.B. gabe ist Tabelle 1 entstanden. YORP-Effekt sind Beispiele dafür. Grund- ICRS) bekannt, so können entsprechende Korrekturen an die einzelnen astromet- rischen Beobachtungen angebracht wer- Tabelle 1: Verteilung der verwendeten Sternkataloge den. Für einige Kataloge liegen solche Korrekturterme vor. Eine weitere Mög- Sternkatalog (Code) Anzahl Anteil lichkeit, das Beobachtungsmaterial in UCAC-2 (r) 30.341.794 21,40 % dieser Hinsicht etwas zu homogenisieren 2MASS (L) 19.837.830 13,99 % ist, die Beobachtungen nach Katalogen USNO-B1.0 (o) 15.175.195 10,70 % zu gruppieren und nur solche für seine UCAC-4 (q) 13.465.535 9,50 % Berechnungen heranzuziehen, die einem SST-RC4 (R) 10.455.067 7,38 % bestimmten Katalog (oder einer Gruppe UCAC-3 (u) 2.996.782 2,11 % von Katalogen) angehören. Diese einfa- USNO-A1.0 (a) 2.194.066 1,55 % che Maßnahme kann bereits eine Verbes- USNO-SA2.0 (d) 1.714.734 1,21 % serung der Resultate bewirken. Tabelle Rest (andere Kataloge) 4.944.400 3,50 % 2 verdeutlich den Einfluss einer solchen Total: 141.758.509 Katalogfilterung auf das Ergebnis einer Massenbestimmung. Berücksichtigt wurden alle CCD-Beobachtungen von nummerierten und nicht nummerierten Kleinplaneten (Stand 25.02.2016). Sternkataloge Im Nachfolgenden wird auf einige Stern- kataloge eingegangen, die entweder in Es ist ersichtlich, dass man rund 90 sätzlich muss man sich in diesem Zusam- der Astrometrie häufig vertreten sind Prozent aller CCD-Beobachtungen in menhang bewusst machen, dass die hier bzw. waren (Tabelle 1) und/oder, die in drei „Katalog-Lager“ unterteilen kann: genannten Kataloge mehr oder weniger der Vorhersage und Auswertung von die USNO-(A/B)-Kataloge (≈ 42 %), die gut ein astronomisches Referenzsystem Sternbedeckungen durch Kleinplaneten UCAC-(2-4)-Kataloge (≈ 33 %) und den (z.B. FK4, FK5, ICRS) repräsentieren. Die Anwendung finden (bzw. fanden). Diese 2MASS-Katalog (≈ 14 %). Da die gro- mit einem bestimmten Katalog redu- Betrachtung ist nicht vollzählig und auch

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Tabelle 2: Berechnung der Masse von (9) Metis Jahr 2000. Dieser Katalog wird von „As- aus Störungen auf (29818) Aryosorayya trometrica“ nicht direkt unterstützt.

Katalogfilter Erhaltene Masse in Sonnenmassen PPMXL Keiner (12 ± 4) . 10 -12 Seit 2010 steht der „PPMXL“ des Astro- A2.0, UCAC2 (5 ± 2) . 10 -12 nomischen Rechen-Institutes (ARI) zur A2.0, B1.0, UCAC2 (6 ± 2) . 10 -12 Verfügung. Er entstand aus einer Kom- Unabhängiges Ergebnis (5,7 ± 1,4) . 10 -12 bination des „2MASS“ mit dem „USNO- von J. Baer (2008) B1.0“, also zwei tiefreichenden All-Sky Surveys. Da der „2MASS“ keine Eigen- bewegungen enthält, der „USNO-B1.0“ hingegen nur relative, aber nicht abso- nicht pauschal als Wertung zu verstehen. ferten jedoch zahlreiche andere Sternka- lute Eigenbewegungen, wurden aus bei- Für weitere Informationen zu Sternkata- taloge die Positionen der ersten Epoche. den Katalogen neue mittlere Örter und logen wird u.a. auf die Webseite des Au- „UCAC-2“ wurde 2004 veröffentlicht und Eigenbewegungen im ICRS berechnet. tors verwiesen [2]. deckte noch nicht den gesamten Himmel Der Katalog enthält über 900 Mio. Ob- ab (-90° bis +40° Deklination). Dieser jekte und deckt den gesamten Himmel USNO A / B Katalog enthält 48 Mio. Objekte im Be- vollständig bis V ~ 20 mag ab. Die Po- Der USNO-A1.0-Katalog wurde 1996 pu- reich R/V ~ 8–16 mag, deren Positionen sitionsgenauigkeit (zur Epoche J2000) bliziert und enthält 488.006.860 Objekte und Eigenbewegungen im ICRS mit einer liegt bei 80 bis 120 mas, wenn 2MASS- bis zu V ~ 20 mag mit einer formalen Po- formalen Ungenauigkeit von 20–70 mas Positionen genutzt werden konnten (ca. sitionsgenauigkeit von ca. 250 mas (Milli­ vorliegen. Der dann komplette „UCAC-3“ 410 Mio. Objekte), ansonsten bei 150 bis bogensekunden). Er entstand aus der wurde im Jahre 2009 als Zwischenversi- 300 mas. Im Zuge der Generierung des Digitalisierung von Sky-Survey-Platten on fertig gestellt. Es hat sich bei späte- „PPMXL“ entstanden auch Korrekturta- (POSS, ESO-R etc.). Zwei Jahre später er- ren Untersuchungen herausgestellt, dass bellen zum „USNO-B1.0“. Damit können folgte mit dem Nachfolger A2.0 u.a. ein er einige Fehler aufweist (insbesondere in B1.0-reduzierte Beobachtungen auf das Wechsel von einem Guide Star Catalog den Eigenbewegungen nördlich von -20° ICRS transformiert werden. basierten Bezugssystem zum „Internati- Deklination). Die endgültige, vierte Ver- onal Celestial Reference System“ (ICRS). sion des UCAC wurde schließlich 2012 URAT Dieser Katalog enthält Positionen und veröffentlicht. Der „USNO Robotic Astrometric Tele- Helligkeiten für 526.230.881 Objekte, je- scope Catalog“ (URAT) ist der Nachfolger doch keine Eigenbewegungen. „UCAC-4“ enthält über 113 Mio. Objek- des erfolgreichen UCAC-Projektes. Zum te des gesamten Himmels im Bereich Einsatz kam derselbe Astrograph wie Der 2003 veröffentlichte Katalog „USNO- R/V ~ 8–16 mag, für ca. 105 Mio. da- bei den UCAC-2-4 Katalogen, allerdings B1.0“ enthält Positionen, Eigenbewegun- von liegen auch Eigenbewegungen vor. wurde die CCD-Kamera gegen eine grö- gen und Helligkeiten für 1.042.618.261 Die Genauigkeit der Positionen (im ICRS) ßere und empfindlichere ersetzt. Das Pro- Objekte mit einer Positionsgenauigkeit wird mit 15–20 mas im Bereich 10–14 jekt startete bereits 2006/2007, der Start von ca. 200 mas (für J2000). Er entstand mag angegeben. Neben Instrumenten- des Surveys an sich dann im Frühjahr ebenfalls aus der Digitalisierung von Helligkeiten findet man hier auch (B, V, 2012. Seit März 2015 stehen die Daten (Schmidt-) Fotoplatten verschiedener g, r, i)-Helligkeiten aus dem „APASS“- (18 GB Binärdateien) der ersten Katalog- Sky Surveys der vorausgegangenen 50 Katalog („AAVSO Photometric All-Sky version, dem „URAT-1“, öffentlich zur Jahre. Dieser Katalog deckt den gesam- Survey“) für über 51 Mio. Sterne. Diese Verfügung [3]. Er wird in „Astrometrica“ ten Himmel vollständig bis zu einer Hel- Katalogserie findet sowohl in der Astro- [4] ab Version 4.9.1.420 unterstützt. Der ligkeit von V ~ 21 mag ab. Zu beachten metrie von Kleinplaneten als auch in der Katalog versucht die (zeitliche) Lücke ist, dass die mittlere Epoche der Eigenbe- Berechnung von Sternbedeckungen An- zwischen „UCAC-4“ und dem erwarteten wegungen um 1975 liegt und die Eigen- wendung. Von praktischer Bedeutung ist Erscheinen eines ersten GAIA-Sternkata- bewegungen relativ auf einen Zwischen- dabei nur noch der „UCAC-4“. loges mit möglichst aktuellen und relativ katalog (YS4.0) bezogen sind und somit genauen astrometrischen Örtern zu fül- nicht im ICRS vorliegen. 2MASS len. Der Katalog deckt im Wesentlichen Der 2003 veröffentlichte „2MASS All- den nördlichen Himmel ab und enthält UCAC 2-4 Sky Point Source Catalog“ enthält Positionen, Eigenbewegungen (im ICRS) Während die „USNO-A/B-Kataloge“ aus 470.992.970 über den gesamten Himmel und Helligkeiten für rund 228 Mio. Ob- der Digitalisierung und Vermessung von verteilte Objekte bis zu einer Helligkeit jekte im Bereich R ~ 3 – 18,5 mag. Die alten Fotoplatten entstanden (USNO Pre- von V ~ 17 mag mit einer Positionsun- formale Unsicherheit der Positionen liegt cision Measuring Machine Project), ist der sicherheit von ca. 70-80 mas. Bezugssys- bei 5–40 mas. Zusammen mit der relativ „USNO CCD Astrograph Catalog“ (UCAC) tem ist das ICRS (die Anbindung erfolgte jungen Beobachtungsepoche und einem ein Produkt eines dedizierten astrometri- über den „Tycho-2-Katalog“). Eigenbe- recht kleinen systematischen Grundfeh- schen Beobachtungsprogramms. Für die wegungen sind nicht enthalten, die Be- ler liefert der „URAT-1“ zur Zeit die beste Bestimmung der Eigenbewegungen lie- obachtungsepoche liegt aber nahe dem astrometrische Genauigkeit.

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wendung in der CCD-Astrometrie oder Wesentliche Eigenschaften des URAT-1-Kataloges: bei der Berechnung von Sternbedeckun- gen zur Verfügung stehen, ist nach dem Kenntnisstand des Autors noch nicht – Beobachteter Katalog (03/2012 – 06/2014) im ICRS bekannt (gegeben). Zurzeit ist „URAT“ – 228 Mio. Objekte ( R ~ 3-18,5 mag) sicherlich eine sehr gute Wahl um diese – 4-fach höhere Sterndichte als bei „UCAC-4“ Lücke zu füllen. – Positionen ca. 5-40 mas genau; Systematischer Fehler 5-10 mas – Eigenbewegungen aus „URAT-1“ vs „2MASS“ (mittlere Epoche des „2MASS“: Abschließend noch der Hinweis an As- ~J2000) trometriker: Wenngleich die Nennung – Fehler in Eigenbewegungen: ~5-8 mas/yr des zur Astrometrie verwendeten Stern- – 37 Mio. haben APASS-Fotometrie (B,V, g, r, i) kataloges nicht zu den Pflichtangaben – 188 Mio. haben 2MASS-Fotometrie (J, H, K) des MPC‘s zählt (Zeile NET im Header – Problemfälle wie Doppelsterne sind nicht enthalten, aber nicht-stellare Objekte [5]), sollte man sicherstellen, dass diese (Asteroiden, Galaxien, Quasare etc.) => Achtung bei Sternbedeckungen immer im Header enthalten ist und den – Deckt im Wesentlichen nur den Nordhimmel ab (bis Dekl. -15°) plus Pluto-Feld Katalog genau spezifizieren (nicht ein- (bis Dekl. -25°) fach UCAC oder USNO).

Internethinweise: Aufgrund der relativ geringen Güte der gungen enthalten soll und somit diesen [1] www.minorplanetcenter.net/iau/ Eigenbewegungen (als erste Epoche wur- Nachteil kompensiert. info/CatalogueCodes.html den die Positionen aus dem „2MASS“ [2] http://astro.kretlow.de/?Solar- herangezogen, also um das Jahr 2000) Schlussbetrachtung System---/About-Star- ist zu erwarten, dass für die Epoche um Nach Planungen der GAIA-Mission wer- Catalogs 2018 die Genauigkeit einer Sternposition den die gewonnen Daten stufenweise [3] http://cdsarc.u-strasbg.fr/viz-bin/ von „URAT-1“ mit der aus dem „UCAC- über die kommenden rund sechs Jah- Cat?I/329 4“ vergleichbar sein wird. Vorab ist aber re veröffentlicht. Wann und in welcher [4] www.astrometrica.at eine zweite Version des „URAT“ ange- Form GAIA-basierte Kataloge schluss- [5] www.minorplanetcenter.net/iau/ kündigt, welche verbesserte Eigenbewe- endlich für die Allgemeinheit zur An- info/ObsDetails.html Lichtkurven-Analyse mit Python von Mike Kretlow

Einleitung weniger ökonomischer Natur, sondern liche Objekte zu tun. Manche erlauben Die Erfassung und Auswertung von vielmehr das tiefere Eindringen in die Ringblenden-Fotometrie relativ zu einem Astero­iden-Lichtkurven ist ein spannen- Thematik bei selbst entwickelter Soft- (oder ggf. mehreren) Vergleichssternen, des und wissenschaftlich wertvolles Betä- ware und bei Open-Source-Produkten, andere liefern Messwerte für alle iden- tigungsfeld für Amateure. Betrachtet man der Spaß am Programmieren und nicht tifizierten Objekte auf einer Aufnahme. den Umfang eines Jahrgangs des „Minor zuletzt die Freiheit, selbst geschriebene Für die Lichtkurven-Analyse ist es nicht Planet Bulletin“, dem Hauptpublikations- Programme (oder Skript-Sammlungen) zwingend, absolute Helligkeitsmessun- organ für Asteroiden-Lichtkurven, dann ganz nach den eigenen Wünschen und gen zu verwenden. Wesentliche Ergeb- kann man feststellen, dass dieser sich in Bedürfnissen anpassen zu können (bis nisse wie die ermittelte Rotationsperio- den letzten zehn Jahren in etwa verdrei- hin zur vollautomatischen Auswertung). de des Kleinplaneten und die maximale facht hat. Ein Grund dafür mag sein, dass Amplitude der gemessenen Lichtkurve die reine Astrometrie und die Suche nach Software zur Auswertung sind davon unabhängig. Auch mit dem Kleinplaneten für viele Amateure, insbe- Viele Wege führen nach Rom. Das trifft in der Astrometrie weit verbreiteten sondere mit kleineren und mittelgroßen auch auf die Reduktion von CCD-Beob- Programm „Astrometrica“ kann die Instrumenten, in der letzten Dekade un- achtungen (Fotometrie) und die nach- Foto­metrie erfolgen. Die erzeugten Log- attraktiver geworden ist. folgende Lichtkurven-Analyse zu. Auf Dateien können für die nachfolgen- die Fotometrie an sich wird im Nach- de Auswertung genutzt werden. Leider In diesem Beitrag wird die Reduktion von folgenden nicht im Detail eingegangen. bietet „Astrometrica“ keinen Komman- Zeitreihen-Fotometrie von Kleinplaneten Auf dem Markt existieren mehrere Pro- dozeilen-Modus oder Stapelbetrieb, so mit Hilfe freier Open-Source-Software gramme, die eine fotometrische Auswer- dass die Auswertung von Hunderten von als Alternative zu einigen kommerziell tung von CCD-Aufnahmen ermöglichen. Bildern (in kleinen Paketen von jeweils erhältlichen (Closed-Source-) Program- Wenige sind auch in der Lage, dies au- nur einigen Bildern) recht zeitraubend men vorgestellt. Die Motivation dazu ist tomatisiert (im Stapelbetrieb) für beweg- ist. Alternativ dazu kann die frei erhält-

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1 Phasenlichtkurve des Asteroiden (24445) 2000 PM8, aus drei Beob- achtungsnächten mit „Peranso“ generiert: 2013 Sept. 19 (schwarz), 20 (rot), 25 (blau)

liche Software „IRIS“ von Christian Buil verwendet werden [1]. „IRIS“ ist auch in der Lage, einen Asteroiden automatisch auf einer Sequenz von Bildern zu foto­ metrieren. Beide Programme sind nur für MS-Windows verfügbar, laufen aber auch problemlos auf Linux mit Hilfe der Windows-kompatiblen Laufzeitumge- große Paketsammlungen für mathema- Windows, Linux/Unix, Mac OS X) frei als bung „Wine“ [2]. Selbstverständlich ist tisch-wissenschaftliche Anwendungen Open-Source verfügbar. die Aufzählung damit nicht vollständig. und für die professionelle Visualisie- Diese beiden Programme werden haupt- rung [6]. Neben „Fortran“ und spezieller Auswerte-Prozess sächlich vom Autor verwendet. (kommerzieller) Software zur Datenana- Bevor wir uns mit einer konkreten Imple- lyse und zur Lösung mathematischer mentierung beschäftigen, sollen zunächst Was die Lichtkurven-Auswertung (ma- Probleme wie „MATLAB“ und „IDL“, hat einmal die wesentlichen Arbeitsschritte thematisch gesprochen: Zeitreihen- sich Python etablieren können – ob- einer solchen Auswertung skizziert wer- Analyse) betrifft, so findet man im Be- wohl Python als einfach zu erlernende, den: reich der Veränderlichen-Beobachtung allgemeine Skriptsprache und nicht mit diverse Programme, die dazu genutzt Blick auf mathematische Anwendun- 1. Die Fotometrie der CCD-Beobach- werden können. Zum Beispiel das kom- gen entwickelt wurde. Die Schwächen tungen kann, wie eingangs erwähnt, merzielle Programm „Peranso“ [3]. Das in diesem Bereich (insbesondere auch in sowohl mit „IRIS“, als auch mit MS-Windows-Programm implementiert punkto Geschwindigkeit) wurden durch „Astrometrica“ oder einem anderen zahlreiche verschiedene Algorithmen später entstandene numerische Pakete Programm geschehen, welches vom zur Perioden-Analyse (die z. T. auch für ausgeglichen (z.B. „NumPy“). Die noch Beobachter bereits verwendet wird. Asteroiden-Lichtkurven genutzt werden sehr junge Programmiersprache „Julia“ Letztendlich muss es in der Lage sein, können) und wurde in den letzten Ver- [7] wurde und wird hingegen mit genau die Messungen in Form einer Textda- sionen für die Auswertung von Exopla- diesem Anspruch entwickelt, nämlich als tei zu erzeugen, etwa in der Form: JD, neten-Transits erweitert. Daneben wur- (High-Performance-) Programmierspra- Magnitude. Ggf. kann dies noch um de auch der sog. „FALC“-Algorithmus che für das numerische und wissenschaft- eine weitere Spalte für die Messun- implementiert, der häufig als Referenz liche Rechnen. Sie hat das Potenzial, sicherheit (ErrMag) erweitert sein für die Auswertung von Asteroiden- einen vorderen Platz in mathematisch- (wie zum Beispiel bei „Astrometrica“ Lichtkurven genannt wird [4]. Abbildung wissenschaftlichen Applikationen ein- der Fall). Ob und wie diese Angabe 1 zeigt das Ergebnis einer solchen Aus- zunehmen, aber die Zeit wird zeigen, ob verwertet wird, soll hier nicht weiter wertung mit „Peranso“. dies gelingen wird. Schließlich hängt die diskutiert werden. Akzeptanz auch von der Verfügbarkeit 2. Messwerte einlesen (JD, mag, …) Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass mit von entsprechenden Paketsammlungen 3. Helligkeiten auf Einheitsdistanz „MPO Canopus/PhotoRed“ ein kommerzi- (Bibliotheken) ab, um bestimmte ma- (r = Δ = 1 AE) reduzieren elles MS-Windows-Programm verfügbar thematische Probleme innerhalb seiner 4. Aus Absolutmessungen Relativwerte ist, das sich ganz auf die Astrometrie, Fo- Anwendung lösen zu können, ohne das generieren, bezogen auf den Mittel- tometrie und insbesondere Lichtkurven- Rad neu erfinden zu müssen. Anderer- wert der Nacht Analyse von Asteroiden konzentriert. Der seits ist es in „Julia“ bereits nativ sehr 5. Korrektur der Lichtlaufzeit überwiegende Teil der im „Minor Planet einfach möglich, in „C“ oder „Fortran“ 6. Periodensuche Bulletin“ publizierten Beiträge zitiert geschriebene Bibliotheken zu nutzen und 7. Visualisierung (Messungen, Phasen- „Canopus“ als verwendete Auswertesoft- auch die Anbindung an Python ist über Lichtkurve) ware. das Paket „PyCall“ gegeben. Insofern ist das, was im Nachfolgenden als Python- Python (und Julia) Implementierung vorgestellt wird, eben- Die Schritte 2 bis 7 können in einem Die freie Programmiersprache „Python“ falls in „Julia“ möglich, auch wenn sich einzigen oder in mehreren Skripten im- [5] hat in den letzten Jahren in der Wis- dieser Beitrag auf „Python“ beschränkt. plementiert sein. Für die Schritte 3 und senschaft und somit auch in der (Ama- 5 wird eine Ephemeride des Asteroiden teur- und Profi-) Astronomie beträchtlich Sowohl „Python“ als auch „Julia“ sind für den Beobachtungszeitraum benötigt an Beliebtheit gewonnen. So existieren für alle drei großen Plattformen (MS- (jedoch nur die Entfernung zur Erde und

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zur Sonne für jeden Beobachtungspunkt). se in der Feinjustierung diverser Parame- ve_searchperiod.py“ aus dem Unterord- Dies kann z. B. dadurch erfolgen, dass ter. Es ist keine fertige „Plug-and-Play“- ner „06_cdr“. Neben den Datenpfaden man das Paket „PyEphem“ [8] verwen- Lösung. Hat man die Fotometrie aber mit zu den Messungen benötigt das Skript det und die Ephemeride in seinem Skript anderen Programmen bereits erledigt, im Wesentlichen Angaben zu dem Peri- für jeden Beobachtungspunkt direkt be- kann man sich einfach der Teilmodule odenbereich der „gescannt“ werden soll, rechnet oder aber man generiert sich eine für die reine Periodensuche in eigenen also z.B. 2–20 h in 0,05-h-Schritten und Ephemeride mit anderen Mitteln (z.B. Skripten (bzw. angepassten Versionen die Ordnung n der Fourier-Polynome, die dem Ephemeridenservice des „Minor Pla- der im Paket enthaltenen Beispiele) be- gefittet werden sollen (etwa n = 4 oder 6). net Center“), speichert sie in einer Text- dienen. Das Skript passt der Reihe nach mit Hilfe datei ab und nutzt diese in seinem Skript der Methode der Kleinsten Quadrate für (einlesen und Werte interpolieren). Im Unterordner „06_cdr“ findet man Bei- jede vorgegebene Periode eine Fourier- spielskripte, die zusammen die gesamte Reihe an die Messwerte an und berechnet AsPyLib Lichtkurven-Analyse einschließlich der den verbleibenden Anpassungsfehler (fit Das von Jerome Caron entwickelte Paket Visualisierung bewerkstelligen. Nachdem error). Am Ende erhält man eine grafi- „AsPyLib“ [9] ist eine Sammlung von man sich ein wenig mit diesen Skripten sche Darstellung aller Anpassungsfehler Python-Skripten zur Verarbeitung von befasst und sie den eigenen Gegebenhei- (Abb. 2), aus der man die Periode mit FITS-Bildern und zur Fotometrie von ten angepasst und ggf. um weitere Funk- dem kleinsten Wert als wahrscheinlichs- veränderlichen Sternen und Asteroiden. tionalitäten erweitert hat (z.B. der publi- te Periode ermitteln kann. Insbesondere Grundsätzlich ist das Paket in seinem Ge- kationsreifen Generierung von Grafiken dient diese Darstellung auch dazu, weite- samtumfang in der Lage, eine Sequenz mit Hilfe des Paketes matplotlib), erhält re, ebenfalls mögliche Perioden (mit ähn- von CCD-Aufnahmen im FITS-Format man Resultate ähnlich den Abbildungen lich kleinen Anpassungsfehlern) zu iden- halbautomatisch zu fotometrieren (auch 2–5, welche vom Autor zur Publikation tifizieren. Das angezeigte Fenster erlaubt bewegliche Objekte wie Asteroiden) und im „Minor Planet Bulletin“ verwendet u.a. darin zu zoomen und mit dem Cursor auszuwerten, bis hin zur Periodensuche wurden. Messwerte zu ermitteln. Abschließend und der Visualisierung der Ergebnisse kann die Grafik mit dem Speichern-But- bzw. Messungen (Plots mit Hilfe der mat- Zunächst wird nach der Periode (Rota­ ton in verschiedenen Formaten abgespei- plotlib-Paketsammlung). Dazu bedarf es tionsdauer) des Asteroiden gesucht. Dazu chert werden (so wie in den nachfolgen- aber einiger Einarbeitung bzw. Kenntnis- verwenden wir das Skript „Lightcur- den Abbildungen der Fall).

2

Periodensuche für den Asteroiden (30) Urania aus Messungen im Januar 2012. Gescannt wurde der Bereich P = 2 h bis P = 20 h in 0,05-h-Schritten. Als wahrscheinlichste Periode ergibt sich hier jene mit dem kleinsten Anpassungsfehler (größ- ter Peak nach unten), also knapp 14 h.

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Mit einem zweiten Skript (Lightcurve_fitperiod.py) erfolgt die Suche nach der Periode analog zum ersten Skript, wobei jene Periode mit dem kleinsten Anpassungsfehler automatisch als Resultat nebst mittlerem Fehler und weiteren Ergebnissen (Amplitude etc.) angezeigt wird:

------Fit results ------Num. harmonics n = 6 Period (days) = 0.570489058561 +/- 3.91604178262e-05 Period () = 13.6917374055 +/- 0.000939850027829 Amplitude (mag) = 0.194335686818 Date of max mag = [ 2455933.75855565] Date of min mag = [ 2455933.44509762]

--- Amplitudes (from observations) --- Peak-to-Peak amplitude = 0.264 Min/Max observation = -0.121 / 0.143 Mean (05) amplitude = 0.194 +- 0.114

Dazu erhält man neben der zeitlichen Darstellung der Helligkeitsmessungen (verschiedene Nächte in verschiedenen Farben, Abbildungen 3 und 4) auch die wichtigste Grafik, eine Phasendarstellung der Messungen (Abbildung 5), die üblicherweise in der Publikation der Ergebnisse Verwendung findet.

3 Zeitliche Darstellung der Helligkeitsmessungen am Asteroiden (30) Urania. Alle Messreihen wurden zunächst auf Einheitsdistanz reduziert und anschließend auf einen Mittelwert bezogen. Eine Korrektur der Lichtlaufzeit erfolgte in dieser Darstellung noch nicht.

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4 Vergrößerter Ausschnitt (Zoom) auf die ersten vier Nächte aus Abbildung 3.

5 Phasendarstellung der Helligkeitsmessungen zur Epoche JD = 2455933,22698

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Schlussbetrachtung dungsskripte sogleich einsetzen oder [4] Harris, A. W. et al. (1989): „Python“ bietet zusammen mit solchen als Grundlage für Weiterentwicklungen „Photoelectric observations of Paketen wie „NumPy“, „SciPy“, „mat- nutzen. 3“, 24, 60, 261, and 863. plotlib“ und ggf. „Pandas“ fantastische Icarus 77, 171-186. Möglichkeiten, sich mit bescheidenem [5] www.python.org/ Programmieraufwand professionelle [6] http://astropy.org/ Werkzeuge zur Auswertung und Ver- Internet- und Literaturhinweise: http://scipy.org/ arbeitung fotometrischer Zeitreihenda- [1] www.astrosurf.com/buil/us/iris/iris. http://matplotlib.org/ ten zu schaffen. „AsPyLib“ ist hierfür htm [7] http://julialang.org/ ein gutes Beispiel. Man kann das Pa- [2] www.winehq.org/ [8] http://rhodesmill.org/pyephem/ ket und die darin enthaltenen Anwen- [3] www.peranso.com/ [9] www.aspylib.com/ Kosmische Begegnungen Spezial – Rückblick, Technik, Ausblick von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Als Mitglied der Fachgruppe Kleinpla- Lehmann schlug darauf hin vor, in je- her 41 Astrofotos von 18 Astrofotografen neten freut mich das Schwerpunktthema der Ausgabe Fotografien von Deep-Sky- bzw. Astrofotografenteams veröffentlicht. dieser Ausgabe ganz besonders. Grund Objekten mit Kleinplaneten zu zeigen. Manche Astrofotografen sind bereits mit genug, diesmal einen etwas ausführli- Damit waren die „Kosmischen Begegnun- mehreren Bildern vertreten. Hier die Na- cheren Artikel zu schreiben. gen“ geboren. Der Start war in der Aus- men in alphabetischer Reihenfolge: Oli- gabe Nr. 21 III/2006. Seit Ausgabe Nr. 27 ver Aders, Eduard von Bergen, Markus Vor nun über zehn Jahren, im Journal unterstützt mich Klaus Hohmann als Mit- Blauensteiner, Capella-Team (2), Michael für Astronomie Nr. 20, Ausgabe II/2006, autor bei der Erstellung der Rubrik. Deger, Robin Hegenbarth, Rochus Hess waren die Kleinplaneten ebenfalls The- (2), Bernhard Hubl (2), Peter Knappert (2), menschwerpunkt. Damals schrieb ich Wenn man die Ausgabe Nr. 20 als Bernd Koch, Manfred Konrad (2), Klaus einen Artikel mit dem Titel „Von der Initial­zündung mitzählt, sind es hiermit Kosbi, Eckart Meyer, Thilo Nedwidek, Astro­fotografie zur Astrometrie“, in dem 40 Ausgaben, in der Kleinplaneten ge- Werner Probst, Torben Simm, Manfred der Beifang von Kleinplaneten auf Astro­ meinsam mit Deep-Sky-Objekten ihren Simon und Wilfried Wacker. Herzlichen fotografien beschrieben wurde. Unser Auftritt in diesem Journal hatten. In den Dank, dass Ihr uns mit Euren Bildspen- langjähriger Fachgruppenleiter Gerhard „Kosmischen Begegnungen“ wurden seit- den unterstützt habt!

1 Kosmische Begegnung, ein Tool von Klaus Hohmann

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2 Ein Screenshot aus dem Planetariumsprogramm „Guide 9“ zeigt die kosmische Begegnung von M 30 und den Kleinplaneten (454) Mathesis und (22569) 1998 HK36.

Leider gab es nicht für alle Ausgaben Der Benutzer kann dort die Helligkeit des zu dokumentieren. Diese Begegnung er- passende Bilder aus unserer Leserschaft. Deep-Sky-Objekts und des Kleinplaneten scheint im Tool nicht, da der Abstand Daher steuerte Klaus Hohmann zehn auswählen sowie den Abstand der beiden schon relativ groß ist und die Helligkeit Aufnahmen bei und acht Aufnahmen zueinander, aber auch nach Art des Ob- des Kleinplaneten auf heller als 15 mag stammen von der Astrokooperation, der jekts filtern. Angezeigt wird dann das Da- eingestellt wurde. ich angehöre. Klaus und ich wären froh, tum der kleinsten Distanz zwischen dem wenn wir in Zukunft weniger eigene Deep-Sky-Objekt und dem Kleinplaneten Auf den Aufnahmen sollten sich die Bilder verwenden müssten. Daher noch- sowie deren Position. Je kleiner die Opti- Kleinplaneten als Strichspur zeigen. Dazu mals der Appell, uns Ihre Aufnahmen ken und die Brennweite sind, umso hel- müssen sie sich auch dementsprechend kosmischer Begegnung zur Verfügung ler sollten das Deep-Sky-Objekt und der schnell bewegen. Die größte scheinbare zu stellen. Kleinplanet sein. Der Vorteil der kleinen Bewegung und auch Helligkeit haben Optiken ist deren größeres Gesichtsfeld, die Kleinplaneten um den Zeitpunkt ih- Wie schaut nun ein möglicher Weg zur so dass auch weiter entfernte kosmische rer Opposition herum. Typische Haupt- eigenen kosmischen Begegnung aus? Begegnungen fotografisch erfasst werden gürtelasteroiden bewegen sich dann mit Natürlich kann man einfach Deep-Sky- können. Im Tool werden nur die präg- ca. 30 bis 40 Bogensekunden pro Stun- Objekte aufnehmen und erst im Nachhi- nantesten, also die engen Begegnungen de. Daher sucht man sich Kleinplaneten, nein schauen, ob sich zufällig ein heller angezeigt. Daher lohnt es sich auch, in die ein oder zwei Stunden vor und nach Kleinplanet auf den Aufnahmen befin- seinem Planetariumsprogramm nachzu- Mitternacht den Meridian überschreiten. det. In der Nähe der Ekliptik, wo sich die sehen, ob auch andere kosmischen Be- Kleinplaneten, die am Abend oder gegen meisten Kleinplaneten tummeln, wird gegnungen als die im Tool angeführten, Morgen kulminieren, haben teilweise das relativ oft der Fall sein. Wer sich aber in der gewünschten Nacht stattfinden. eine nur sehr geringe scheinbare Eigen- nicht auf den Zufall verlassen will, kann bewegung. Am besten überprüft man die seine kosmische Begegnung auch pla- Im Screenshot (Abb. 2) aus dem Pro- scheinbare Geschwindigkeit vorher mit nen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gramm „Guide 9“ sieht man die im Tool Hilfe einer Planetariumssoftware oder im sich über enge Begegnungen von Klein- von Klaus angeführte Begegnung von Internet, z.B. auf der Ephemeriden-Ser- planeten und Deep-Sky-Objekten zu in- (454) Mathesis mit dem Kugelstern- vice-Seite des MPC [2]. Es wäre schade, formieren. Ein einfacher Weg ist dazu haufen M 30. Der Rahmen um den Ku- wenn sich nach einigen Stunden Belich- die Homepage von Klaus Hohmann. Er gelsternhaufen entspricht meinem Ge- tungszeit herausstellen sollte, dass sich pflegt seit Jahren eine Seite [1], auf der sichtsfeld bei zwei Metern Brennweite der Kleinplanet nicht oder kaum von ei- man sich mit Hilfe eines Tools (Abb. 1) und dem KAF-8300-CCD-Chip meiner nem Stern unterscheiden lässt. aktuelle und zukünftige kosmische Be- Kamera. Mit einem größerem Chip oder gegnungen mit Kleinplaneten anzeigen einer kürzeren Brennweite wäre es auch Mit etwas Planung lässt sich also sehr lassen kann. möglich, die Begegnung des ca. 16 mag einfach eine passende kosmische Begeg- hellen Kleinplaneten (22569)1998 HK36 nung für das eigene Equipment finden.

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Wenn dann das Wetter mitspielt, steht der Fotografie einer „Kosmischen Begeg- nung“ nichts mehr im Wege. Mit Farb- kameras können durchgehende Strich- spuren der Kleinplaneten aufgenommen werden. Bei monochromen Kameras und der Erstellung eines LRGB-Bildes kann die Stichspur durch die Verwendung einer Filter-Sequenz unterbrochen sein (Abb. 3).

Wenn es möglich ist, belichte ich zum Zeitpunkt der „Kosmischen Begegnung“ eine durchgehende Luminanz-Serie und RGB für die Farbe in einer anderen Nacht. Manchmal ist das aber nicht mög- lich und so habe ich ebenfalls Bilder mit den typischen segmentierten Strichspu- ren bzw. mit den farbigen Stichspuren bei reinen RGB-Aufnahmen (Abb. 4). 3 Eine unterbrochene Strichspur durch eine automatische LRGB-Aufnahme Wie viel Zeit in eine kosmische Begeg- nung investiert wird, ist jedem selbst überlassen. Aber jede Astroaufnahme profitiert von längeren Belichtungszei- ten. Das Deep-Sky-Objekt wird schöner dargestellt und auch die Kleinplaneten- strichspur wird länger und damit besser erkennbar.

Wenn die Aufnahmen auf der Festplatte oder auf der Speicherkarte liegen, kann man sich Gedanken über die Bildbear- beitung machen. Die üblicherweise auf- genommenen Einzelbilder müssen zu ei- nem Summenbild gestackt werden. Was als Hilfe für die Entfernung von lästigen Satellitenspuren oder Nachführfehlern gedacht war, erweist sich auch für die meisten Kleinplaneten als tödlich. Die heute üblichen Stackingmethoden wie „Sigma combine“ oder „Median com- bine“ eliminieren die Kleinplaneten, da sie in jedem Einzelbild an eine andere Position weiter­gewandert sind. Wer sei- ne Bilder aufsummiert oder mittelt, dem bleiben die Kleinplaneten erhalten. Da 4 Eine dreifarbige Strichspur durch eine RGB-Aufnahme

ich ebenfalls nicht auf das komfortab- aufsummierten Bilder kopiere ich dann le „Sigma combine“ verzichten möchte, in das mit „Sigma combine“ gestackte werden meine kosmischen Begegnungen Bild hinein. einmal „Sigma combine“ gestackt und einmal aufsummiert. Die Strichspur der Anstatt eine Strichspur des Asteroiden darzustellen, kombiniert mein Coautor Klaus Hohmann gern die Kleinplaneten- 5 Punktlinie des Kleinplaneten (1219) bahn zu einer Punktspur (Abb. 5). Dazu Britta bei NGC 3593 werden viele Einzelaufnahmen benö-

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vergrößern oder die Spur umranden und selektiv bearbeiten. Benutzer von mono- chromen CCD-Kameras können auch Ne- gativdarstellungen erstellen (Abb. 6). Die Schwarz-Weiß-Negative schauen im Ge- gensatz zu den Positiven auch mit einem erhöhten Kontrast noch gut aus. Aber wie vieles in der Bildbearbeitung ist das eine Frage des persönlichen Geschmacks. Damit wäre das Bild zum Einreichen für die „Kosmischen Begegnungen“ fertig.

Dem einen oder anderen stellt sich die Frage, warum man sich überhaupt mit den kleinen Strichen auf Deep-Sky- 6 Vergleich einer Positiv- und einer Negativdarstellung von schwachen Kleinplaneten Aufnahmen befassen soll. Im Gegensatz zum Deep-Sky-Objekt erkennt man keine Strukturen und bunt sind die Dinger ja tigt, die so kurz belichtet sind, dass die dern die Punktspur eines Kleinplaneten auch nicht. Warum also den Aufwand Kleinplaneten in den Einzelbildern noch zusammenfügen. Der Rest der Bildbear- betreiben, und die Kleinplaneten im Bild punktförmig sind. Hat man z.B. 50 Ein- beitung wird wie für ein normales Deep- erhalten oder gar sichtbar machen? Zum zelaufnahmen zu je drei Minuten, kann Sky-Foto erledigt. Wem die Kleinplane- einen gibt es den Objektivitätsgedanken. man jeweils 5 x 3 Minuten auf den KP ten-Strichspur zu klein oder zu schwach Wenn ein Teil vom natürlichen Kosmos stacken und aus diesen Teilsummenbil- erscheint, kann eventuell die Strichspur durch das Gesichtsfeld zieht, dann soll-

7 Der Kleinplanet (175941) 2000 FN27 und Arp 315, aufgenommen mit einer SXV-H9-CCD-Kamera und einem 12-zölligen Newton bei f/5 am 25. Februar 2004

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Tabelle 1: Auswahl interessanter Begegnungen zwischen „Kosmische Begegnungen“ finden täg- lich statt. Die Tabelle 1, die von uns er- Deep-Sky-Objekten und Kleinplaneten stellt wurde, enthält eine kleine Auswahl Datum/Uhrzeit Kleinkörper mag Objekt Art mag Abstand interessanter Begegnungen zwischen 27.10.2016/21:00 (5872) Sugano 15,3 NGC 772 Gx 13,3 9´ Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten. 07.11.2016/22:00 (4296) van Woerkom 15,0 M 74 Gx 9,1 6´ Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persön- 01.12.2016/22:00 (769) Tatjana 14,0 M 45 OC 1,6 1´ lichen Bild einer „Kosmischen Begeg- nung“ erleichtert werden. Weitere davon finden Sie wie im Artikel beschrieben auf Abkürzungen: Gx = Galaxie, OC = Offener Sternhaufen der Homepage von Klaus Hohmann.

Vielleicht findet der eine oder andere nun te er auch im fertigen Bild aufscheinen. Arp 315 bekannt ist. Sie erhielten Besuch auch Gefallen an dieser Art der Astro­ Da wir Hobbyastronomen nicht zu wis- von (175941) 2000 FN27, der damals fotos. Wenn dem so ist, bitte scheuen Sie senschaftlich korrekten Aufnahmen ver- noch nicht nummeriert war. Der Klein- sich nicht, diese an uns zu schicken. Je- pflichtet sind, steht es natürlich jedem planet war knapp über 18 mag hell und des Bild erzählt seine eigene Geschichte Fotografen frei, bewusst oder aus Unwis- sollte eine schwache, aber doch sicht- und daher ist es egal, auf welchem Le- senheit die Kleinplaneten zu entfernen. bare Strichspur im aufsummierten Bild vel der Technik es entstanden ist. Falls hinterlassen. So belichtete ich eine Serie sich einige mutige Sternfreunde finden, Für den Großteil der Astrofotografen, die von 18 x 3 Minuten. Anschließend stack- können wir gemeinsam vielleicht noch über die Anwesenheit eines Asteroiden te ich die Bilder und fand die Strichspur weitere 40 Ausgaben dieses Journals mit auf ihren Bildern Bescheid wissen, stel- sei ziemlich kurz. Daher legte ich noch- kosmischen Begegnungen bereichern. len sie eine Bereicherung dar. Die Anwe- mals 11 x 3 Minuten nach. Darum fehlt senheit des kleinen Brockens, genau zum im Bild (Abb. 7) ein kleines Stück in der Bilder können Sie per Mail mit dem Be- richtigen Zeitpunkt, macht die Fotogra- Strichspur. treff „Kosmische Begegnung“ an ries@ fie des Hauptmotivs zu einem seltenen sternwarte-altschwendt.at schicken. Bitte oder gar einzigartigen Bild. Oft führt das Im Bildfeld tummeln sich einige Gala­ vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, dazu, dass man sich intensiver mit dem xien. Die Galaxiengruppe Arp 315 befin- die fotografierten Objekte und die Daten Deep-Sky-Objekt und dem Gast im Bild det sich im Bild oberhalb des Kleinplane- des Teleskops bzw. der Kamera mitzutei- beschäftigt. Ich finde es immer wieder ten. Die Hauptgalaxie ist die elliptische len. Der Autor eines ausgewählten Bildes spannend, Recherchen über die Objekte Galaxie NGC 2832 mit 11,8 mag. Sie hat wird anschließend aufgefordert, eine un- auf der Aufnahme zu betreiben. Mit Hilfe die 6-fache Masse der Milchstraße. Nahe komprimierte Version des Bildes für den des Internets lassen sich viele Informati- ihres Kerns befindet sich die 13,4 mag Druck zur Verfügung zu stellen. onen finden. Gerade Kleinplaneten sind helle elliptische Galaxie NGC 2831, wel- eine Quelle an Wissenswertem abseits che mit der 0,8-fachen Milchstraßenmas- der nackten physikalischen Fakten. Wer se um einiges leichter ist. Rechts davon Internethinweise: war der Entdecker? Wie verlief sein Le- befindet sich das dritte Arp-Gruppenmit- [1] http://astrofotografie.hohmann-edv. ben? Warum wurde der Kleinplanet so glied NGC 2830. Diese spiralförmige Bal- de/aufnahmen/kosmische. benannt? Das Entdecken dieser Informati- kengalaxie ist 13,9 mag hell und etwas begegnungen.php onen finde ich persönlich besonders faszi- leichter als die Milchstraße. Da die Ent- [2] www.minorplanetcenter.net/iau/ nierend an den kosmischen Begegnungen. fernungen von NGC 2830 mit 220 Mio. MPEph/MPEph.html Lichtjahren zu NGC 2831 mit 260 Mio. [3] www.sternwarte-altschwendt.at/ Um die Kontinuität nicht zu unterbre- Lichtjahren und weiter zu NGC 2832 mit Bild_7_Arp315_KP175941_WRies_ chen, möchte ich auch hier eine kosmi- 300 Mio. Lichtjahren stark ansteigen, Neg.jpg sche Begegnung vorstellen. Die Aufnah- handelt es sich bei Arp 315 nicht um eine me stammt vom 25. Februar 2004 und ist physikalisch verbundene Gruppe. Comic meine allererste kosmische Begegnung, die ich bewusst aufgenommen habe [3]. Der Kleinplanet (175941) 2000 FN27 Das Frühjahr 2004 war eine aufregen- wurde am 27. März 2000 vom automati- de Zeit für mich. Ein paar Tage vorher schen Suchprogramm LONEOS entdeckt. hatte ich meine ersten Kleinplaneten LONEOS war das NEO-Suchprogramm entdeckt. Sie waren mit Helligkeiten des Lowell-Observatoriums, welches von zwischen 19 und 20 mag nicht gerade 1993 bis 2008 arbeitete. Der Hauptgürtel­ „pretty-picture“-tauglich. Daher suchte asteroid (175941) 2000 FN27 ist ein Ne- ich in meinem Planetariumsprogramm benprodukt der NEO-Suche und wird der ein Deep-Sky-Objekt, bei dem ein hellerer Erde nicht nahe kommen. Er ist ca. fünf Brocken seine Strichspur im Gesichtsfeld Kilometer groß und war zum Zeitpunkt hinterlässt. Meine Wahl fiel auf das Ga- der Aufnahme ca. 180 Mio. Kilometer laxientrio NGC 2830/31/32, das auch als von der Erde entfernt.

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Zwergplaneten von André Knöfel

Unser Sonnensystem besteht nicht nur aus den Planeten. Es gibt unzählige Ob- jekte von Staubkorngröße bis zu riesigen Felsbrocken mit einigen hundert Kilome- tern Durchmesser, die ihre Bahnen um die Sonne ziehen oder als Monde um die Planeten kreisen. Sehr verschieden sind die Bezeichnungen für diese Objekte: Die ganz kleinen Krümel werden Meteoroide genannt, die beim Eintritt in die Erdat- mosphäre als Sternschnuppen – Meteore – verglühen. Sind sie etwas größer, kann Material den Flug durch die Erdatmo- sphäre überstehen und als Meteorit zur Erde fallen. Größere Objekte werden als Kleinplaneten oder Asteroiden bezeich- net. Besitzen die Körper einen Staub- oder Gasschweif, kennen wir sie als Kometen. Erst seit 2006 wird für eine bestimmte Gruppe von Objekten der Begriff Zwerg- planeten („dwarf planets“) verwendet. Während der Generalversammlung der 1 Diese Aufnahme von (1) Ceres entstand am 19. Februar 2015 aus einer Entfernung Internationalen Astronomischen Union von 46.000 km. Sie zeigt ein fast 300 Kilometer großes Becken südlich des Äquators. (IAU) am 24. August 2006 in Prag wurde Eine Besonderheit ist die Tiefe des Beckens: Es ist zu flach, um dessen Entstehung diese neue Gruppe im Zusammenhang durch den Einschlag eines anderen Asteroiden zu erklären. Bildquelle: NASA/JPL- mit einer neuen Planetendefinition von Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA Himmelskörpern geschaffen. Gleichzeitig wurde der vormals neunte Planet unseres 2 Krater Occator auf dem Zwergplaneten (1) Ceres in einer Falschfarben-Aufnahme. Sonnensystems – Pluto – als Zwergpla- Diese Methode ermöglicht es den Wissenschaftlern, das Material auf der Ceres- net eingestuft. Oberfläche und im Krater näher zu bestimmen. Die Aufnahme entstand aus einer Entfernung von 4.400 Kilometern. Der Krater Occator hat einen Durchmesser von etwa 90 Kilometern. Bildquelle: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

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Um zu verstehen, was Zwergplaneten eigentlich sind, muss man sich die De- finition der Planeten anschauen. Nach der Definition der IAU sind Planeten Objekte, die sich auf einer Bahn um die Sonne bewegen. Sie müssen über eine ausreichend große Masse verfügen, um durch ihre eigene Gravitation (hydro- statisches Gleichgewicht) eine halbwegs runde Form aufzuweisen. Außerdem dür- fen sie selbst keine Sterne sein. All diese Eigenschaften werden auch bei Objekten vorausgesetzt, die den Zwergplaneten zugerechnet werden – mit Ausnahme einer Eigenschaft: Planeten müssen im Laufe ihrer Existenz ihre Bahn von ande- ren Objekten bereinigt haben, d.h. durch Gravitationseffekte andere Kleinkörper aus der eigenen Bahn geschafft haben. Für Zwergplaneten trifft dies jedoch nicht zu, sie können durchaus noch Ma- terial anderer Kleinkörper auf ihrer Bahn 3 Der Haulani-Krater auf (1) Ceres misst 34 Kilometer im Durchmesser. Diese Falsch- haben. farbenaufnahme wurde mit den Kameras der Raumsonde aus einer Entfernung von 1.470 Kilometern aufgenommen. Die Aufnahme zeigt Erdrutsche am Kraterrand. Dies ist allerdings auch der größte Kri- Bildquelle: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA tikpunkt an dieser Definition, denn auch auf den Bahnen der als Planeten einge- stuften Objekte befinden sich noch tau- die Sonne die zu der Asteroiden-Gruppe den Lagrange-Punkten vorauseilen bzw. sende kleiner Objekte. Bestes Beispiel da- der Trojaner gehörenden Kleinplane- nachlaufen. Allerdings ist das Verhältnis für ist Jupiter, dem auf seiner Bahn um ten im Abstand von rund 60 Grad auf der Masse der Planeten zu der Masse der Objekte mit ähnlichem Orbit sehr groß. Dieses Verhältnis wird als planetarische Diskriminante μ bezeichnet. Bei den acht Planeten sind die Werte für μ bei weit über 1.000 (Erde bei 1.700.000 bis Nep- tun bei 24.000), bei den Zwergplaneten ist der Wert kleiner als 1.

Pluto erfüllte nicht die Anforderungen an Planeten, denn es gibt einige Objekte, die sich auf einer recht ähnlichen Bahn wie Pluto um die Sonne bewegen. Sei- ne planetarische Diskriminante μ beträgt nur 0,077 – daher wurde ihm der Pla- netenstatus aberkannt. Seitdem trägt er, wie andere Asteroiden auch, zusätzlich eine Nummer: (134340) Pluto.

4 Diese Falschfarben-Aufnahme des Zwergplaneten Pluto entstand mit der Ralph/MVIC-Farbkamera an Bord der Sonde am 14. Juli 2015 aus einer Entfer- nung von 35.000 Kilometern und dient zur Analyse des Oberflächen­ materials des Zwergplaneten. Bildquelle: NASA/JHUAPL/SwRI

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Derzeit werden fünf Objekte als Zwerg- planeten bezeichnet. Der einzige Zwerg- planet, der sich im inneren Bereich des Sonnensystems befindet, ist die am 1. Ja- nuar 1801 von Giuseppe Piazzi in Paler- mo entdeckte (1) Ceres – der erstentdeckte Aste­roid überhaupt und das größte Objekt im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.

Alle anderen Zwergplaneten ziehen auf Bahnen weit hinter Uranus. Nachdem (134340) Pluto in den Augen einiger Astro­nomen „demontiert“ wurde, wur- de er bei der IAU-Generalversammlung 2008 als Namensgeber einer Untergrup- pe von Zwergplaneten erwählt, die auf Bahnen, deren große Halbachse größer als die der Neptunbahn ist, um die Son- ne ziehen. Sie werden als „Plutoiden“ bezeichnet. Pluto ist derzeit der größte bekannte Zwergplanet.

Auch die anderen offiziellen Zwergpla- neten, (136199) Eris, (136472) Makemake und (136108) Haumea gehören der Unter- gruppe der Plutoiden an. Nach Pluto ist (136199) Eris der zweitgrößte Zwergpla- net und mit einer Masse von 1,67 ⋅ 1022 Kilogramm der massereichste Zwergpla- net. Nur etwa 60 Prozent so groß wie Pluto ist (136472) Makemake. Er ist aber 5 Die Stickstoff-Eisgletscher auf Pluto scheinen auf ihrer Oberfläche kleine Hügel aus derzeit mit einer scheinbaren Helligkeit Wassereis zu tragen. Sie haben Durchmesser von wenigen Kilometern. von 17 mag in der Reichweite vieler Bildquelle: NASA/JHUAPL/SwRI Amateurastronomen. Nur Pluto selbst wird mit etwa 13,6 mag noch deutlich heller als die anderen Plutoiden. Erst im

6 Aufnahme des Zwergplaneten (136199) Eris und seines Mondes Dysnomia am 30. August 2006 mit dem Hubble . Das Keck-Teleskop wurde zwischen dem 20. und 31. August 2006 ebenfalls auf Eris gerichtet. Mit Hilfe der Aufnahmen konnte die genaue Bahn des Eris-Mondes bestimmt werden. Damit war es möglich, die Masse von Eris als massereichstem Zwergplaneten des Sonnensystems zu berechnen. Bildquelle: NASA, ESA, M. Brown (California Institute of Technology)

VdS-Journal Nr. 59 Kleinplaneten 47

Jahr 2008 kam (136108) Haumea zu sei- nem Status als Zwergplanet und Plutoid. Das Objekt ist durch seine Rotationsperi- ode von 3 Stunden, 55 Minuten extrem stark abgeplattet. Der Äquatordurch- messer ist nicht einheitlich und variiert zwischen 1900 und 1500 Kilometern. Sein Poldurchmesser beträgt dagegen nur knapp 1000 Kilometer. Das Objekt ist also nicht wirklich rund. Man vermutet, dass diese Form und seine hohe Rotati- onsperiode durch den Zusammenprall mit einem ähnlich großen Objekt ver- ursacht wurden. Von dieser kosmischen Katastrophe dürften auch seine beiden Monde, Hi’iaka und Namaka zeugen. Trotz seiner außergewöhnlichen, von der Kugelgestalt deutlich abweichenden Form, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich das Objekt im hydrosta- tischen Gleichgewicht befindet. Daher wurde es den Zwergplaneten zugeordnet.

Neben diesen offiziellen Zwergplane- ten gibt es eine Reihe von sehr aus- sichtsreichen Kandidaten, die im Laufe der nächsten Jahre nach eingehender wissenschaftlicher Untersuchung der Gruppe zugeschlagen werden dürften. Dies sind (225088) 2007 OR10, (50000) Quaoar, (90377) Sedna, (307261) 2002 7 MS4 und (90482) Orcus. Sie besitzen Das Bild des Hubble Space Teleskops zeigt den Zwergplaneten (136472) Makemake alle einen Durchmesser von etwa 900 bis und seinen noch namenlosen Mond, der derzeit die Bezeichnung S/2015 (136472) 1000 Kilometer und eine ausreichende trägt. Der Mond ist nur 160 Kilometer groß und verschwindet fast im Licht des Masse für ein hydrostatisches Gleichge- 1300-mal helleren und 1400 Kilometer großen Zwergplaneten. Bildquelle: NASA, wicht. Daneben gibt es etwa zehn Klein- ESA, A. Parker und M. Buie (Southwest Research Institute), W. Grundy (Lowell planeten, die sich ebenfalls Chancen auf Observatory) und K. Noll (NASA GSFC) den Status eines Zwergplaneten ausrech- nen können. die ersten Bilder seiner eisigen Oberflä- im All auf der Agenda der Raumfahrt- Zwei der Zwergplaneten, (134340) Plu- che und auch Aufnahmen seines Mondes organisationen. Die Vergangenheit hat to und (1) Ceres, waren im vergangenen Charon zur Erde. gezeigt, dass diese Objekte keineswegs Jahr Ziel von unbemannten Raumfahrt- langweilig sind, sondern immer neue, missionen. Am 19. Januar 2006 startete Bereits vier Monate vorher, am 6. März teilweise unerwartete Oberflächendetails die NASA die Sonde New Horizons mit 2015, erreichte die NASA-Raumsonde aufweisen. Einige Überlegungen zur Ent- dem Ziel, den damals noch als neunten Dawn die Ceres, nachdem sie bereits vier stehungsgeschichte des Sonnensystems Planeten bezeichneten Pluto zu untersu- Jahre zuvor den Kleinplaneten Vesta erscheinen durch die Untersuchungser- chen. Sieben Monate später wurde aus über ein Jahr lang erforscht hatte. Auf gebnisse plötzlich in einem ganz anderen der Planetenmission eine Zwergplane- Ceres konnten dabei viele Details ent- Licht. Deshalb ist jeder von unbemann- ten-Mission. Deshalb ist es wohl nicht deckt werden, die für die Forscher völlig ten Raumsonden untersuchte Kleinkör- verwunderlich, dass der Leiter der Mis- überraschend waren. Am bekanntesten per des Sonnensystems, sei es nun ein sion, Alan Stern, einer der größten Kri- dürften die sehr hellen, weißen Flecke Zwergplanet, ein Asteroid oder Komet, tiker der „Demontage“ war. Am 14. Juli auf der Oberfläche, besonders „Spot 5“ spannend für die Wissenschaft. 2015 flog die Sonde von der Größe eines im Krater Occator, sein (vgl. Abb. 2). Konzertflügels vollgepackt mit verschie- denen Kameras und Sensoren in 12.500 Auch wenn weitere direkte Untersuchun- Kilometern Entfernung mit einer Ge- gen von Zwergplaneten in der nächsten schwindigkeit von 14,5 Kilometern pro Zukunft nicht geplant sind, stehen doch Sekunde an Pluto vorbei und übertrug Besuche anderer einsamer Felsbrocken

VdS-Journal Nr. 59 48 Kleinplaneten

Projekt Pluto von W. Paech, F. Hofmann und L. D. Schmadel

Vor einigen Jahren – wahrscheinlich 2006 – zu der Zeit, als die Plutosonde New Horizons gestartet wurde - saßen zwei der Autoren (Paech und Schmadel) bei einem Bier zusammen und irgend- wie kam die Idee auf, ob es möglich sei, den Zwergplaneten (134340) Pluto in der heutigen Zeit mit fotografischer Technik auch mit einem sehr kleinen, klassischen 2-Zoll-Teleskop aufnehmen zu können. Clyde William Tombaugh (1906-1997) nahm die Entdeckungsbilder im Januar 1930 noch mit einem 13-Zoll-Teleskop bei einer Zeitdifferenz von sechs Tagen auf.

Die Idee verschwand dann im Laufe der Jahre wieder aus den Köpfen. Anfang 2015, als die astronomische Presse das Thema Pluto und New Horizons wieder aufgriff, kam auch die Idee des „Projekt Pluto“ wieder auf, als zudem einer der Verfasser einen Namibiaaufenthalt plan- te. Ein 2-Zoll-Teleskop musste also her. 1 Das Zeiss-Objektiv 50/540 mm mit der Skizze der Tubusblenden und dem Das Objektiv sollte schon etwas bessere Okularauszug im Bastelkeller von Wolfgang Paech Qualität haben und eben genau zwei Zoll Öffnung haben.

Die Firma Carl Zeiss Jena hatte über Jahrzehnte ein klassisches Bastelobjek- tiv mit 50 Millimetern Öffnung und 540 Millimetern Brennweite im Programm. Deshalb wurde Kontakt zur Firma Baader Planetarium aufgenommen, die vor Jah- ren das komplette Zeiss-Astro-Amateur- programm übernommen hatte. Thomas Baader fand das Projekt so interessant und „witzig“, dass er tief in den Keller der Firma hinabstieg, tatsächlich fündig wurde und uns ein Zeiss-Jena-Objektiv, 50/540 mm, für das Projekt zur Verfü- gung stellte. Ein großer Teil dieser Objek- tive wurden als C-Objektiv verkauft, aber es gab auch einige wenige Exemplare, die als Fraunhofer - also FH 50/540 mm - ausgelegt waren. Das Öffnungsverhält- nis liegt bei mäßigen f/10,8.

Das kleine Teleskop „Projekt Pluto“ wur- de im Bastelkeller bei Paech gebaut (Abb. 1). Der Okularauszug stammt aus der Restekiste und ist nicht sonderlich gut. Ein Kippeln des Tubus wurde durch einen 2 Das fertige „Projekt Pluto“-Teleskop in Namibia auf einer CELESTRON-CGEM-Pro- sehr strammen Einbau der Zahnstange in Montierung. Der Pentaxrefraktor wurde zum Guiding eingesetzt.

VdS-Journal Nr. 59 Kleinplaneten 49

3 Addierte Bilder vom 12. und 13. Juli 2105 mit den markierten Plutopositionen. Bildorientierung: Norden oben, Osten links. Alle Bilder des Beitrags: W. Paech

den Flansch weitgehend minimiert. Be- mag (siehe auch SuW 05/2015, Seite 65). eindeutig (die Grenzgröße liegt bei ca. 16 sonderen Wert wurde auf eine ordentliche Die Verfasser hatten ja nun – im Ver- mag). Die Abb. 3 zeigt die überlagerten Blendenauslegung gelegt, um die Abbil- gleich zum Entdecker Tombaugh - den Bilder der Abende 12. und 13. Juli 2015 dung möglichst streulichtfrei zu halten. entscheidenden Vorteil, über Sternkar- mit Markierungen des Pluto. Das fertige Teleskop wurde noch grob auf tensoftware zu wissen, wo Pluto zu fin- Abbildungsqualität getestet, kam in eine den war. Am Abend des 11. Juli wurden Es ergab sich, dass schon Einzelbilder gepolsterte Posterhülle und flog im nor- erste Bilder des Plutofeldes aufgenom- bei fünf Minuten Belichtungszeit Plu- malen Koffer im Reisegepäck mit nach men. Leider stand Pluto fast deckungs- to ganz eindeutig zeigen. Es muss also Namibia. Montiert wurde es dort auf einer gleich zu einem Stern der Helligkeit nicht immer ein 20-Zöller sein. Auch mit transportablen CELESTRON-CGEM-Mon- 14,86 mag und zudem hatten die fünf viel kleineren Teleskopen lassen sich er- tierung. Parallel dazu ein Pentax 105, das Einzelbilder leichte Nachführungsfehler. staunlich gute Ergebnisse erzielen und in diesem Fall als Leitrohr fungierte. Als Deshalb wurden - auch zur Dokumenta- ein wenig die Wissenschaftsgeschich- Aufnahmekamera wurde eine Canon EOS tion der Eigenbewegung - noch einmal te nachvollziehen. Ist damit schon die 60 DA eingesetzt (Abb. 2). Aufnahmen am Abend des 12. und des Grenze erreicht oder funktioniert unsere 13. Juli 2015 aufgenommen. Erstaun- Schnapsidee auch noch mit einem 1-Zöl- In der Nacht vom 10. auf den 11. Juli lich dabei war, mit welcher Präzision ler? Wir werden es in diesem Jahr ver- 2015 wurden Testaufnahmen zur Ermitt- die Planetariumssoftware GUIDE 9.0 die suchen. lung der Abbildungsqualität belichtet. Position von Pluto anzeigt. Die Aufnah- Abgesehen von den erwarteten blauen men vom 13. Juli entstanden also nur 24 Die Autoren danken Herrn Thomas Baa- Streukreisen (in der Bildverarbeitung ab- Stunden vor dem Vorbeiflug von New der für seine Unterstützung. gemildert) und länglichen Sternen in den Horizons am Zwergplaneten Pluto, der Bildecken zeigte das Objektiv eine recht zu dieser Zeit einen Abstand von knapp Internethinweis: ordentliche Abbildung. 31,9 AE hatte. [1] Weitere Bilder und Animationen zum Projekt Pluto finden sich auch Pluto stand zur Zeit der Aufnahmen im Die Einzelbilder, aufgenommen mit der unter www.chamaeleon-observatory-

Sternbild Schütze, nahe den Sternen z1 EOS 60 DA bei 800 ASA und 300 Se- onjala.de/de/chamaeleon-observatory/ und z2 mit einer Helligkeit von ca. 14,3 kunden Belichtungszeit, zeigen Pluto project-htm/projekt-pluto.htm.

VdS-Journal Nr. 59 50 Kleinplaneten

Der Kleinplanet (400309) Ralfhofner von Martin Fiedler

Die Benennung eines Asteroiden ist für mich immer etwas Besonderes, was ich sehr lange und gründlich überlege. So sind im Laufe der Zeit immerhin vier Benennungen von in Radebeul (A72) entdeckten Asteroiden durch das „Minor Planet Center“ (MPC) akzeptiert worden. Im Jahr 2015 ergab sich dann wieder die Möglichkeit, dem MPC einen Namen vor- zuschlagen, denn der Kleinplanet „2007 TC185“ wurde endlich nummeriert. Diesen hatte ich zusammen mit „2007 TA185“ und „2007 TB185“ am 14. Okto- ber 2007 mit einem 14-Zoll-Maksutow- Newton f/4,5 und einer ST-10XME-CCD- Kamera an der Sternwarte Radebeul entdeckt (siehe Abb. 1).

Diesmal fiel mir die Entscheidung für einen Namen aufgrund eines traurigen 1 Der 14-zöllige Maksutow-Newton der Sternwarte Radebeul

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Blick auf die Elsterland-Sternwarte

VdS-Journal Nr. 59 Kleinplaneten 51

Laudatio (400309) Ralfhofner = 2007 TC185 Ereignisses recht leicht. Ende 2014 starb unerwartet Ralf Hofner, ein guter Freund Discovered 2007 Oct. 14 by M. Fiedler at Radebeul. Ralf Hofner (1960-2014) was a German amateur astronomer and founder of und Mentor in Sachen Astronomie. Er one of the biggest European Star Parties, located near Herzberg, Branden- war der Gründer des sehr beliebten Herz- burg. Together with other amateur astronomers he established the Elsterland berger Teleskoptreffens in Südbranden- Observatory, which was completed in 2010. burg und langjähriger aktiver Amateur- astronom. Er hat viele Menschen für die Astronomie begeistert und zusammen- TW127) und die Elsterland-Sternwarte Internethinweise: geführt. So konnte er im Laufe der Zeit erhielt den offiziellen Stationscode K59 [1] Elsterland-Sternwarte: auch Mitstreiter für ein Sternwartenpro- (siehe Abb. 2). www.elsterland-sternwarte.de/ jekt gewinnen und begründete mit diesen [2] JPL Small-Body Database Brow- gemeinsam die Elsterland-Sternwarte [1], So war es für mich eine leichte Entschei- ser: http://ssd.jpl.nasa.gov/sbdb. welche im Jahr 2010 auf dem Gelände dung, Ralf Hofner und sein Lebenswerk cgi?sstr=400309;orb=1 des Herzberger Teleskoptreffens fertigge- mit einer Asteroidenbenennung zu wür- stellt wurde. Drei Jahre später, konnten digen. Im Februar 2016 wurde die Be- dort auch die ersten noch unbekannten nennung dann vom Minor Planet Center Kleinplaneten gefunden werden (2013 akzeptiert und der Asteroid 400309 trägt TT127, 2013 TU127, 2013 TV127, 2013 nun offiziell seinen Namen [2]. Vorstellung als neuer Fachgruppen-Leiter Amateurteleskope/Selbstbau von Andreas Berger Das hat man davon, wenn man zum Astrostammtisch geht: fünf Jahre in einem Betrieb, welcher Sportwaffen hergestellt Plötzlich wird man zum Fachgruppenleiter Amateurtelesko- hatte, als auch zehn Jahre in der scharfen Branche. Nein, pe/Selbstbau ernannt. „Widerstand ist zwecklos“, so kam es leider keine scharfen Optiken, sondern Haarscheren, die eine mir zumindest vor... Spaß beiseite, obwohl, Spaß wollen wir Wissenschaft für sich sind. Da ich aus der schärfsten Stadt ja schließlich alle haben in der Astronomie. Ich zumindest „Solingen“ komme, ist das sicherlich nicht sehr verwunder- habe ihn auf jeden Fall, trotz Wolken und durchfrorener lich. Am meisten habe ich dabei gelernt, wie man mit mög- Nächte. lichst geringem Aufwand und Kosten zu einem hochwertigen Produkt gelangt. Und hier habe ich meine Passion gefunden: Einige werden mich kennen, als Freund oder Kunde. Für die, der Weg, der zum Ziel führt. Es ist für mich immer wieder welche mich noch nicht kennen, stelle ich mich hier kurz ein Genuss miterleben zu dürfen, wie man selbst, oder auch vor. Seit rund zwölf Jahren habe ich eine kleine beschei- andere, gerade durch unkonventionelle Methoden zum per- dene Firma, in der ich für Sternwarten und Universitäten sönlichen Ziel kommt und damit quasi eine „Skulptur“ als Lösungen für ihre mechanischen Probleme finde. Als gelern- Unikat erschafft. ter Werkzeugmacher ist die Umsetzung mein täglich Brot. Und ich denke, dass ich dies erfolgreich tue. Die Beurteilung Mich reizt die von Werner Celnik und Peter Riepe an mich überlasse ich aber meinen Freunden und Kunden. Zudem war herangetragene Aufgabe sehr. Und ich hoffe, dass ich euch die Zeit spannend, die ich als Angestellter in den Entwick- allen als FG-Leiter Amateurteleskope/Selbstbau gerecht wer- lungsabteilungen von diversen Firmen verbracht habe. Gut de. Auf jeden Fall werde ich mir Mühe geben!

Anzeige 52 Amateurteleskope / Selbstbau

Bau einer Sternzeituhr mit dem Nanotracker und einer drehbaren Sternkarte von Peter Hirschmann

Lange war ich auf der Suche nach einer Nanotracker befestigt. Der Kugelkopf ist Die Stromversorgung des Nanotrackers Uhr, die immer den aktuellen Sternhim- wichtig, um die Scheibe gegenüber dem kann dauerhaft nicht mit Batterien erfol- mel anzeigt. Sie selbst zu bauen schien Nanotracker drehen zu können. So wird gen, da diese viel zu schnell verbraucht mir zu kompliziert, da ich zu wenig die aktuelle Zeiteinstellung möglich. Um sind. Ich habe deshalb ein kleines Uni- Kenntnis besitze, um ein Uhrwerk so um- die Scheibe nur in einer Ebene drehen zu versalnetzgerät gekauft, mit der Mög- zubauen, dass es einen Zeiger in 23 h können, habe ich zwischen Kugelkopf lichkeit für einen USB-Anschluss, und 56 min einmal um 360° dreht. Erst die und Aluschiene noch eine abgesägte ein USB-Kabel gebastelt, dessen zwei Gelegenheit, einen gebrauchten Nanotra- 20-ml-Plastikspritze geschraubt. Jetzt stromführende Anschlüsse mit Batte- cker zu bekommen, ließ meinen Plan real lässt sich die Scheibe um ihre Mittel- rien in der Steuerbox des Nanotrackers werden. Der Nanotracker ist klein genug, achse drehen, ohne zu verkippen. Die fixiert wurden. Die Voltzahl am Netzge- um hinter einer drehbaren Sternkarte zu ganze Konstruktion Scheibe-Kugelkopf- rät muss auf 4,5 V, die Drehrichtung an verschwinden, und stark genug, diese Nanotracker habe ich fest an meinem der Steuerbox auf „Südhimmel“ und die problemlos anzutreiben. Regal verschraubt. Die Deckscheibe der Geschwindigkeit natürlich auf 1x gestellt Sternkarte muss nun fixiert werden, so werden (Abb. 3 und 4). Der Bau der Uhr ist denkbar einfach. dass sich die Sternscheibe in Bezug zur Eine drehbare Sternkarte wird z. B. wie Deckscheibe drehen kann. Ich habe da- Seit ca. 2 Wochen läuft nun meine Stern- in meinem Fall auf eine Aluschiene ge- für ein kleines Loch in die Deckscheibe zeituhr problemlos und sehr genau. Der klebt, die ein ¼-Zoll-Fotogewinde be- gebohrt und einen dünnen Draht daran Nanotracker bleibt kalt, nur die Steuer- sitzt. Die Schiene wird auf einen kleinen befestigt, der wiederum mit dem Regal box wird lauwarm. Kugelkopf geschraubt und dieser am verschraubt wurde (Abb. 1 und 2).

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VdS-Journal Nr. 59 Amateurteleskope / Selbstbau 53

Fangspiegelschutz für Gitterrohr- Dobson-Teleskope von Bernhard Suntinger

Um ein Gitterrohr-Dobson-Teleskop zu behandeln. Man kann die einem entfernten Beobachtungsort zu scharfkantigen Stellen auch transportieren oder über einen längeren mit einem Isolier- oder TIXO- Zeitraum zu lagern, ist es wichtig, dass Band abkleben, damit die alle optischen Komponenten (Haupt- Beschichtung der Fangspie- spiegel, Fangspiegel sowie Okulare) gut gelstreben nicht beschädigt geschützt sind. Kauft man ein solches werden kann. Teleskop, sind die erforderlichen Schutz- abdeckungen meist bereits im Lieferum- Gebrauch fang enthalten. Jedoch trifft das nicht im- Für den Schutz des Fang- mer für den Fangspiegel zu – ein lästiges spiegels die Dose öffnen, mit Problem, das sich schnell lösen lässt … der offenen Seite nach außen den Fangspiegel abdecken Welchen Schutz soll eine (der Dosenboden bedeckt Abdeckung bieten? den Spiegel) und nach Ein- Diese soll vor Verschmutzung der Optik führung der Streben in die und mechanischen Belastungen (durch Schlitze der Dose diese mit den Transport, Aufbau etc.) schützen. dem Deckel verschrauben. 1 Sägeschnitte in der Dose mit Abklebung

Auf ans Basteln Kosten ca. 2 €; Zeitaufwand ca. 1 Std. Man benötigt: – eine verschraubbare Kunststoffdose (für kleine Fangspiegel wird man in der Gewürz-, Kakao- oder Getränke- abteilung fündig; große Fangspiegel kann man gut mit leeren Muskelpro- tein-Dosen schützen; Tipp: optimal sind transparente Gefäße) – ein Lineal – einen Stift, der auf Kunststoff schreibt – eine Allzwecksäge, ausgestattet mit einem feinzahnigen Sägeband (die Breite soll mindestens jener der Fang- spiegelstreben entsprechen) – feinkörniges Schleifpapier – Klebeband (optional) Am oberen Rand der Dose werden die vier Sägepositionen angezeichnet. Wie tief diese eingeschnitten werden sollen, 2 Aufsetzen des hängt von der Höhe der Fangspiegel- Fangspiegelschutzes streben ab. Diese Höhe mit einem Lineal abmessen. Den Schraubverschluss auf die Dose aufschrauben und von dessen unterer Kante die vorhin gemessene Län- ge zuzüglich ca. 1 mm anzeichnen. Für saubere, gerade Schlitze sollten die Säge- bereiche komplett vorgezeichnet werden, dann wird gesägt.

Die Sägestellen können ausgefranst und gratig sein. Darum empfiehlt es sich, 3 Fertiger Schutz diese mit einem Schleifpapier nachzu- am Teleskop

VdS-Journal Nr. 59 54 Astrofotografie

Heureka – mein fotografisches Newton- Teleskop mit einem Öffnungsverhältnis von 1:2,3

von Frank Hase

Die Fotografie von Sternhaufen, Gas- nebeln und Galaxien ist ein reizvol- les Betätigungsfeld, dem sich zahllose Sternfreunde verschrieben haben. Ein Newtonteleskop in Kombination mit ei- nem Komakorrektor ist dann meist das Instrument der Wahl, um die Schaustü- cke des gestirnten Himmels festzuhal- ten – insbesondere, wenn der finanzielle Aufwand überschaubar bleiben soll. Ein solches System erreicht Öffnungsverhält- nisse (Verhältnis von Optikdurchmesser D zu Brennweite f) im Bereich von 1:5 bis 1:4. Das Öffnungsverhältnis ist dem- nach der Kehrwert der Blendenzahl. Wie jedem Fotografen bekannt, bestimmt dieses Öffnungsverhältnis und nicht der 1 Die Meade CCD-Kamera mit adaptiertem Durchmesser der Optik die Bildhelligkeit Speed Booster und RCC-Komakorrektor, zwischen und somit die erforderliche Belichtungs- Kompressor und Korrektor ist ein UV-IR-Cut-Filter zeit für die Detektion flächenhafter Ob- eingebaut. jekte wie Gasnebel oder Galaxien. Der Durchmesser der Optik bestimmt bei fest gedachtem Öffnungsverhältnis nur den bei 1:4 als unbrauchbar. Im Prinzip lie- der meist vierlinsig ausgeführt ist. Selbst Bildmaßstab und bei gegebener Belich- ße sich auch an einen Eigenbau denken, die kostengünstigsten dieser Systeme tungszeit die Grenzgröße, also die Hellig- der eine verkleinerte Zwischenabbildung sind weit besser korrigiert als die für die keit der schwächsten noch detektierbaren einführt, aber das würde dann zu einer Astrofotografie bestimmten Telekom- Sternpünktchen. unangenehm sperrigen und schweren pressoren im gleichen Preissegment, die Einheit aus Newtonkorrektor, Feldlinse ich in der Vergangenheit getestet habe. Ich verwende seit vielen Jahren für meine und einem zusätzlichen fotografischen Inzwischen haben viele Hersteller noch- bescheidene Balkon-Astrofotografie ein Objektiv führen. Schließlich gibt es seit mal dazugelernt und bieten verbesserte Newton-Teleskop mit 200-mm-Öffnung einiger Zeit Newtonsysteme mit Fokalre- Ausführungen mit Sondergläsern an, und einem Öffnungsverhältnis von 1:4. duktoren am Markt, aber diese sind nicht die eine ganz erstaunliche Bilddefini­ Als Detektor dient entweder eine kleine eben erschwinglich. tion erreichen (so z.B. der Zhongyi Lens ungekühlte CCD-Kamera (Meade DSI- Turbo II). Der Verkürzungsfaktor beträgt III, S/W-Version, Sensorgröße 8,8 mm x Eine aufregende Entwicklung für uns in der Regel 0,72. Man gewinnt damit 6,7 mm), manchmal auch digitale Kame- Astro­fotografen ist deshalb das Auf- etwa eine Blendenstufe. Den stärksten ras mit Sensorformat APS-C (22,2 mm x kommen von Telekompressoren auf Verkürzungsfaktor bietet meines Wissens 14,8 mm). Doch stets würde ich mir ein dem fotografischen­ Verbrauchermarkt. derzeit der von Metabones entwickel- schnelleres System wünschen (also ein Dies ist dem Umstand zu verdanken, te sechslinsige BMPCC T Speed Booster größeres Öffnungsverhältnis, 1:2 ist grö- dass Foto­grafen ihre alten Vollformat- mit einem Kompressionsfaktor von 0,58. ßer als 1:4). Auf dem Balkon bin ich oft objektive an Kameras mit kleinerem Damit wird aus meinem Newton mit schon bei 800 mm durch die Luftunru- Auflagemaß und APS-C-Format oder dem Öffnungsverhältnis 1:4 ein System he begrenzt, die Nachführung läuft auch noch kleinerer Sensorgröße nutzen wol- mit 1:2,3! Bitte beachten Sie unbedingt: nicht immer perfekt, die Einsatzmöglich- len. Das Auflagemaß gibt den Abstand Diese Ausführung des Speed Boosters ist keit engerer Filter zur Kontrastanhebung zwischen der Objektivfassung und dem nicht an normale NEX-Kameras adap- schließlich ist bei 1:4 und ungekühlter Sensor an und beträgt beispielsweise tierbar und leuchtet nur kleine Sensoren Kamera noch sehr begrenzt. Was tun? beim E-Bajonett von Sony 18 mm, beim aus – er ist allerdings genau das Richtige Ich habe in der Vergangenheit verschie- Micro-Four-Thirds-Standard 19,62 mm für die Adaption meiner DSI-III-Kamera. dentlich mit günstigen zweilinsigen (Angaben nach Wikipedia). Das größe- Auch die Kompressoren mit 0,72-facher Telekompressoren,­ wie sie auf dem Ama- re Auflagemaß des Objektivs (bei M42 Verkürzung zeigen in der Kombina­tion teurmarkt verfügbar sind, experimentiert sind es 45,46 mm) gibt genug Raum, mit einem 2-zölligen Komakorrektor und befand diese an meinem Newton um einen Telekompressor einzufügen, schon deutliche Vignettierung in den

VdS-Journal Nr. 59 Astrofotografie 55

äußersten Bildecken des APS-C-Formats. Die Preise für die günstigeren Kompres- soren liegen im Bereich 80 bis 150 Euro, der oben erwähnte Speed Booster mit der Kompression von 0,58 ist leider deutlich teurer, mit einigem Glück lässt er sich für 400 bis 500 Euro finden.

Bei der Berechnung eines Telekompres- sors muss der Designer Mutmaßungen anstellen hinsichtlich des verwende- ten vorgeschalteten optischen Systems. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass unterschiedliche Komakorrektor-Tele- kompressor-Kombinationen recht unter- schiedliche Ergebnisse liefern. Grund- sätzlich sollte man das Ganze derart kombinieren, dass der empfohlene Ar- beitsabstand des Korrektors in etwa ein- gehalten wird. Der Abstand, der noch mit Zwischenringen überbrückt werden muss, ergibt sich demnach als Differenz des Arbeitsabstandes des Korrektors und des Auflagemaßes des Objektivsystems, für den der Telekompressor bestimmt ist. Ich habe verschiedene Kombinationen ausprobiert und stelle Ihnen im Folgen- den zwei gute Kombinationen vor. 2 M 65, M 66 und NGC 3628 im Löwen, aufgenommen mit einem Newton-Teleskop Die Abbildung 1 zeigt die Meade-Kamera von 200 mm Öffnung (D:f = 1:4) und dem Speed-Booster-Telekompressor. mit adaptiertem Speed Booster und Kor- Der Kompressionsfaktor von 0,58 ergibt ein effektives Öffnungsverhältnis von 1:2,3. rektor (RCC-Komakorrektor von Baader). Zwischen Kompressor und Korrektor ist noch ein UV-IR-Cut-Filter eingebaut, schrauben erlauben es, die Kamera leicht recht zur Bildebene zu justieren. Anstelle denn die CCD-Kamera verfügt nicht über zu verkippen. Dieser Freiheitsgrad wird des UV-IR-Cut-Filters könnte hier auch einen Sperrfilter. Die kleinen Teflon- benötigt, um den Sensor genau senk- ein engerer Filter eingesetzt werden. Die Einbauposition vor dem Kompressor bietet den Vorteil, dass der Filter sich noch im Strahlengang für 1:4 befindet, was vorteilhaft ist für den Betrieb von engbandigen Interferenzfiltern, deren spektrale Transmission vom Einfalls- winkel abhängt. Beim Zusammenbau ist schließlich zu beachten, dass das hintere Linsenelement des Speed Boosters he- raussteht und dicht vor die Kamera zu liegen kommt, deshalb aufpassen – nicht zerkratzen!

Die Abbildung 2 zeigt ein Bildergebnis mit dieser Anordnung: die Galaxien- gruppe um M 65, M 66 und NGC 3628 im Löwen. 100 Einzelbilder mit je 8 s Be- lichtungszeit wurden mit IRIS überlagert und mit Fitswork nachbearbeitet. Eine schwache Randabschattung (0,1 Blen- denstufen in den Ecken) wurde korrigiert. 3 Sony-NEX-Kamera mit dem 0,72-fachen Kompressor von Viltrox und einem Die Schärfe ist im ganzen Feld sehr gut. vierlinsigen Komakorrektor (Design Pal Gyulai)

VdS-Journal Nr. 59 56 Astrofotografie

4 M 35, aufgenommen mit der in Abb. 3 gezeigten Anordnung und einem Newton-Teleskop mit 200 mm Öffnung (1:4). Es wurde keine Korrektur der Randvignette vorgenommen. Die Belichtungszeit betrug 30 s bei ISO 400.

5 M 1, aufgenommen mit einer Anordnung ähnlich der in Abb. 3 gezeigten, allerdings nicht mit dem Telekompressor von Viltrox, sondern dem Zhon- gyi Lens Turbo II. Die Randausleuchtung ist deutlich besser. Es wurde keine Korrektur der Randvignettierung vorgenommen. Die Belichtungszeit betrug 30 s bei ISO 400.

Die Abbildung 3 zeigt eine Kamera des nerem Chip erzielbar sein sollten. Der geringerer Eingangslichtstärke natürlich Typs Sony NEX mit dem 0,72-fachen oben erwähnte Kompressor von Zhongyi noch bessere optische Leistung, insofern Kompressor von Viltrox und einem ist beim Einsatz mit dem APS-C-Format ist die Verwendung an fotografischen vierlinsigen Komakorrektor (Design Pal überlegen, er leuchtet bis in die Ecken Refraktoren ebenfalls ein interessantes Gyu­lai). Die Abbildung 4 zeigt ein damit aus - leider scheint mein Exemplar nicht Thema, das untersucht werden sollte gewonnenes Bild von M 35. Die Schär- ganz sauber zentriert, eine Ecke ist et- (man benötigt dann freilich auch keinen fe im Feld ist gut, im Randbereich sind was unscharf. Die Abbildung 5 zeigt eine Komakorrektor). Ich wünsche Ihnen für schwache blaue Schweife erkennbar, die Aufnahme von M 1, die mit diesem Kom- die Zukunft einen helleren Himmel – Ecken sind vollständig vignettiert (es pressor in Kombination mit dem vierlin- heller aber natürlich nur aufgrund des wurde keine Korrektur vorgenommen). sigen Komakorrektor erzielt wurde. künftigen Einsatzes eines Telekompres- Im Innenbereich ist die Schärfe sehr gut sors an Ihrem Teleskop, nicht wegen der und die Ausleuchtung ist gleichmäßig, Ich hoffe, ich habe Sie mit meinem Bei- fortschreitenden gedankenlosen Aufhel- so dass sehr gute Ergebnisse auch in trag zum eigenen Experimentieren an- lung des bedrohten Nachthimmels durch Kombination mit CCD-Kameras mit klei- geregt! Die Kompressoren erreichen bei immer mehr Kunstlicht. Eine über Umwege generierte und mit Amateurmitteln erstellte Lichtkurve der Nova Delphini 2013 von Thorsten Zilch, Hermann Schieder und Klaus Wenzel

Dank heutiger schneller Kommunika- teuren unmittelbar beobachtet werden. zu verfolgen. Bis dato hatte ich mich mit tionsmedien hatte sich die Information Das Objekt erhielt kurze Zeit später die der Fotometrie noch nicht besonders be- einer hellen Nova im Sternbild Delfin beiden weiteren gültigen Bezeichnungen schäftigt, wollte aber von diesem Ereignis (Delphinus) im Jahr 2013 sehr schnell her- „PNV J20233073+2046041“ bzw. „V339 einmal eine Lichtkurve erstellen. Gesagt, umgesprochen. Der Ausbruch wurde vom Delphini“ (Abb. 1). getan: Die ersten Bilder, welche die Inten- Japaner Koichi Itagaki am 14.08.2013 bei sitäten der Nova als „Messwerte“ bein- etwa 6,5 mag bemerkt. Die Nova entwi- Ich (T. Z.) hatte mir vorgenommen, diese halteten, wurden zusammengetragen und ckelte sich in den Folgetagen bis zu ei- Nova mit einer CCD-Kamera unter mög- eine erste Ernüchterung machte sich breit. ner Maximalhelligkeit von etwa 4,3 mag. lichst konstanten Aufnahmebedingun- Die Dichte meiner Messpunkte war nicht Durch die weltweite Vernetzung konnte gen (gleiche Optik, Kamera und Belich- besonders groß – nur wenige Messpunkte daher das Objekt selbst von vielen Ama- tungszeit) über die kommenden Wochen über einen Zeitraum von etwa zwei Mo-

VdS-Journal Nr. 59 Astrofotografie 57

1 Nova 2013 Del am 17.08.2013. Mit Hilfe einer Überblendungstechnik mit der Fotoplatte des Palomar Sky Surveys (POSS II) konnte der Vorgängerstern eindeutig identifiziert werden. Optik: 8-Zoll-Newton (Skywatcher), Kamera: SBIG ST-8300M, Belichtungszeit: 6 x 5 min (Bildautor: Hermann Schieder)

naten lagen vor. Ich war also noch ganz mehreren Vergleichssternen im Bild und bei zeigte sich, dass die ersten Bilder von weit entfernt von einer Lichtkurve. Auf deren korrekten Helligkeiten auf die Hermann eine übersteuerte Nova bein- der VdS-Mailingliste der Fachgruppe As- Helligkeit der Nova geschlossen werden halteten. Der für die Fotometrie nicht trofotografie beobachtete ich zu dieser konnte. Mit diesen Erkenntnissen habe erlaubte übersteuerte Bereich hat somit Zeit das hektische Treiben. Viele Bilder ich mich erneut der damaligen Nova Del- zu fehlerhaften Ergebnissen geführt. wurden diskutiert, doch die Lücken in phini 2013 zugewendet, und das gesamte Ansonsten bestätigt die Überlagerung meiner Messkurve blieben trotzdem. Am Thema erneut aufgegriffen. unserer Ergebnisse das wellenhaft abfal- 13.10.2013 kam dann Hermann Schieder lende Helligkeitsprofil dieser Nova sehr ins Spiel. Er präsentierte ein animiertes Während meiner fachmännischen Einar­ eindeutig und zuverlässig. Eine Abwei- GIF-Bild der Nova über einen Zeitraum beitung in Sachen Fotometrie bei Pizza chung von bis zu einer halben Größen- von etwa zwei Monaten. Das war mein und Bier hatte ich zudem erfahren, dass klasse ist nicht untypisch, vergleicht Mann! Mein Wunsch war schnell getippt eine große Vergleichbarkeit mit den man hierzu die internationalen Messun- und der Kontakt zu Hermann schnell her- scheinbaren Helligkeiten des Johnson- gen der AAVSO („American Association gestellt. Die Antwort von Hermann ließ V-Filters vorliegt, sofern eine Galaxie im of Variable Star Observers“) zu diesem auch nicht lange auf sich warten – der Luminanz-Kanal fotografiert wurde. Mit Nova-Ereignis (Abb. 3). passende Projektpartner schien gefunden. diesem Ansatz habe ich im Anschluss die jeweiligen relevanten V-Helligkeiten Der breite „Buckel“ in der abfallenden Als ich die Bilder von Hermann und meiner insgesamt vier Referenzsterne he- Lichtkurve (Mitte September) ist typisch mir ausgemessen hatte, machte sich die rausgesucht und diese dann zur verglei- für einen von drei möglichen Helligkeits- zweite Ernüchterung breit: Zwischen den chenden Fotometrie genutzt. Das Resul- abfällen bei einer Nova. Neben einem beiden Messverläufen lagen teilweise tat war, dass die Messergebnisse nun viel gleichmäßigen Abfall kann auch ein tiefes Helligkeitsdifferenzen von bis zu 1,5 mag näher beieinander lagen. Das war endlich Minimum aufgrund hoher Staubbildung vor. Von einer Messung konnte man hier ein sichtbarer Erfolg! beobachtet werden. Als dritte Variante nicht sprechen – „schlecht geschätzt“ kann (wie in diesem Fall) der Helligkeits- hätte die Sache treffender umschrieben. Beim Durchforsten alter E-Mails bin ich abfall einer quasiperiodischen Schwan- Was letztlich zu dieser Ungenauigkeit hinsichtlich dieser Nova noch auf ei- kung unterliegen. In diesem Zusammen- führte, konnte zu diesem Zeitpunkt noch nen weiteren Hinweis gestoßen: Klaus hang empfehle ich gern den Artikel von nicht geklärt werden, das Projekt wurde Wenzel hatte damals die Nova ebenfalls Klaus Wenzel [1], der neben der damals zunächst ohne Absprache und böse Ab- beobachtet, allerdings visuell. Wie ver- aktuellen Nova Delphini 2013 auch inte- sichten von uns beiden eingestellt. gleichbar ist eigentlich die gemessene ressante historische Details zu zwei weite- CCD-Helligkeit mit der visuell geschätz- ren Novae bereitstellt. Weiterhin empfehle Etwa zwei Jahre später hatte ich über ten Helligkeit? Freundlicherweise stellte ich die freie Software „Fitsmag 3.0“ von das TBG-Projekt die Möglichkeit, an ei- mir Klaus Wenzel seine Zusammenstel- Ottmar Nickel [2] als lobenswerte Alterna- ner weiteren Nova „professionellere“ lung der visuellen Schätzungen für die- tive zu den aktuellen kommerziell vorlie- Fotometrie im Johnson-Filtersystem zu sen Bericht ebenfalls zur Verfügung. Die genden Produkten hinsichtlich Fotometrie. betreiben. Ganz klar, dies ging nur mit Zusammenfassung unserer Ergebnisse An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön fachmännischer Unterstützung. Aber zeigt die Abbildung 2. Die Abweichung dafür. Und wen das Thema jetzt interes- die Hintergründe hatte ich dadurch viel von etwa zwei Magnituden zu Beginn siert, der kann sich noch weitere Artikel besser verstanden und mir hieraus eine der Nova konnte letztlich mit Hilfe der zur Nova Delphini 2013 im VdS-Journal Methode erarbeitet, mit deren Hilfe von Rohbilder eindeutig erklärt werden. Hier- für Astronomie anschauen [3-6].

VdS-Journal Nr. 59 58 Astrofotografie

2 Ermittelter Verlauf der scheinbaren Helligkeit aus den Beobachtungen von drei Amateuren

3 Ermittelter Verlauf der scheinbaren Helligkeit aus internationalen Beobachtungen der AAVSO

Dieses Beispiel zeigt sehr schön, wie sich ne‹‹ am Abendhimmel, eine aktuelle trie und Spektroskopie der Nova über die Mailingliste der VdS-Fachgruppe­ und zwei historische Novae“, Sterne Delphini 2013“, VdS-Journal für Astrofotografie Kontakte knüpfen lassen u. Weltraum, Okt. 2014, 72 Astronomie 50, 93 und durch die Zusammenschaltung von [2] freie Fotometriesoftware Fitsmag [5] K. Wenzel, 2014: „Visuelle Beob- Amateur-Aktivitäten sowie deren anfal- 3.0 von Ottmar Nickel, Stand 2016: achtung von drei hellen Novae im lenden Messdaten ein letztlich „rundes“ www.staff.uni-mainz.de/nickel/ Frühjahr 2014“, VdS-Journal für Bild dieser stellaren Explosion erstellt fitsmag.html Astronomie 51, 136 werden konnte. [3] D. Bannuscher, 2014: „Die bemer- [6] T. Hunger, 2014: „Nova Delphini kenswerte Nova Delphini 2013“; 2013 – ein Glücksfall spektrosko- Literaturhinweise und Weblinks: VdS-Journal für Astronomie 48, 73 pisch dokumentiert“, VdS-Journal [1] K. Wenzel, 2014: „Drei ››Neue Ster- [4] E. Wischnewski, 2014: „Fotome- für Astronomie 51, 129

VdS-Journal Nr. 59

Astrofotografie 61

MBM 53-55, ein ausgedehntes Nebelfeld im Pegasus von Peter Riepe und Stefan Binnewies

Die Milchstraße ist voll von interstellarer galaktischen Reflexionsnebeln befasst. Molekülwolken gehen auch stets mit Materie. Am häufigsten kommt sie in der Deshalb präsentieren wir nicht nur neues Wasserstoff einher, meist mit neutralem galaktischen Ebene vor – als leuchten- Bildmaterial, sondern liefern auch astro- H I [5]. Dieses Gas emittiert Strahlung, de Emissions- und Reflexionsnebel, stets nomische Informationen darüber, was in die jedoch nichts mit ionisiertem Was- in Verbindung mit dunklen Staubwol- solchen Gebieten vor sich geht. serstoff (Hα) zu tun hat. H I kann nur ken. Nicht zu vergessen sind die riesigen radioastronomisch bei 21 cm Wellenlän- Molekülwolken. Sie bilden das primäre In den 1970er Jahren erkannten die ge nachgewiesen werden und liegt oft Reservoir für neue Sterne und sind nur Astro­nomen, dass molekulare Materie in filamentförmigen bis bogenförmigen radioastronomisch nachweisbar, nicht eine große Rolle für die Sternentstehung Strukturen vor. Der auch bei MBM 53-55 optisch. Interstellare Materie kommt aber spielt. Molekülwolken sind stets mit nachgewiesene Wasserstoffbogen (Abb. 2 auch außerhalb der Milchstraßenebene Staub und Gasnebeln assoziiert. Inzwi- a links) dehnt sich mit 18 km/s aus und vor, allerdings in viel geringerer Dichte. schen wurden zahlreiche Verbindungen könnte durch eine Supernova-Explosion Eine solche ausgedehnte Materiewolke gefunden, die in solchen Molekülwolken verursacht worden sein. mit der Katalogbezeichnung MBM 53-55 vorkommen. So lässt sich z.B. CO (die stellen wir jetzt einmal näher vor. Um es einfachste Verbindung aus Kohlenstoff Molekülwolken sind aber auch mit Staub vorweg zu nehmen: Hierbei handelt es und Sauerstoff) bei 2,6 mm Wellenlänge vermischt. So treten im Gebiet MBM 53- sich um ein Gemisch aus Molekülwolken, in Emission nachweisen. Das gelingt aber 55 etwa 70 % der Molekülwolken zusam- neutralem Wasserstoff und Staub. nur mit Hilfe geeigneter Radioteleskope. men mit Staub auf [2]. Angeleuchteter Mustergültig war der Katalog von 130 Staub bildet nicht nur Reflexionsnebel Zwischen den beiden Sternen α und β Molekülwolken, den eine Astronomen- im visuellen Spektralbereich. Wird er Pegasi liegt ein kaum beachtetes und gruppe um Marc Kutner 1980 heraus- durch Sterne erwärmt, so emittiert er scheinbar wenig spektakuläres Himmel- gab [1]. Fünf Jahre später erschien eine Strahlung im fernen Infrarot (Abb. 2 b sareal. Erst lang belichtete Aufnahmen Untersuchung von Loris Magnani, rechts). Derartige Staubwolken werden enthüllen, dass sich dort eine Fülle licht- Blitz und Lee Mundy (ab hier MBM). Sie als „galaktischer Zirrus“ bezeichnet und schwacher Nebel verbirgt (Abb. 1). Der hatten 57 neue Molekülwolken bei hohen besitzen eine eindeutige Filamentstruk- darüber hinausreichende Pegasus-Pisces- galaktischen Breiten von 25° und mehr tur [6]. Bei Temperaturen um 18 Kelvin Komplex ist eines der ausgedehntesten gefunden und bezeichneten das Phäno- kann der galaktische Zirrus bei 25 bis Gebiete unauffälliger interstellarer Mate- men deshalb als „high latitude mole- 240 μm Wellenlänge leicht mit Hilfe des rie oberhalb der galaktischen Ebene. Sie cular clouds“ [2]. Diese Molekülwolken IRAS-Satelliten nachgewiesen werden leuchtet nicht aus sich heraus, vielmehr bilden eine ausgedehnte Schicht etwa [7]. Man kennt den galaktischen Zirrus werden ihre Staubanteile durch die zahl- 100 über der Milchstraßenebene. auch von anderen Himmelsgegenden, so losen Sterne der Milchstraße angestrahlt. Zwischen α und β Pegasi werden sie als z.B. die „ Clouds“ im Großen So wird dieser Komplex als ausgedehnte MBM 53-55 katalogisiert. Jüngste Mes- Bären, das „Polaris Flare“ in der Polar- Reflexionsnebelzone im visuellen Spek- sungen haben eine Entfernung von nur sternumgebung oder die „Draco Clouds“. tralbereich sichtbar. Verschiedene Ast- etwa 200 bis 250 Parsec ergeben [3]. Es rofotografen haben sich in der letzten handelt es sich also um Materiewolken, Die dichten Staubwolken der galakti- Zeit vermehrt mit derart lichtschwachen die der Sonne sehr nahe stehen. Eine schen Ebene bilden Verdichtungen und Neuauflage der Untersuchung von Mo- Globulen. Darin können neue Sterne ge- lekülwolken hoher galaktischer Breite ringer bis sehr großer Masse entstehen, 1 Linke Seite: Der Nebelkomplex mit informativer tabellarischer Übersicht sogar massive Sternhaufen. Anders ver- MBM 53-55 nördlich von α Peg folgte 1996 [4]. hält es sich in den Molekülwolken ho- (Markab). Norden oben, Osten links, Bildfeld 8,2° x 5,1°. Belichtung am 12. und 17.10.2015 über insgesamt Tabelle 1: Himmelskoordinaten des Nebelfeldes 8 Stunden (LRGB, pro Kanal 120 im Pegasus Minuten) mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000M und einem Canon- Wolke äquator. Koordinaten (J2000) galakt. Koordinaten (J2000) 200-mm-Objektiv, Anfangsblende Rektasz. Dekl. Länge Breite 2,8, abgeblendet auf Blende 3,5. MBM 53 23h 08m +22° 56’ 93,9647° -34,06° Aufnahmeort war die kroatische MBM 54 23h 09m +18° 29’ 91,6314° -38,10° Insel Lastovo. Bildautoren: Stefan MBM 55 23h 08m s +15° 05’’ 89,1900° -40,94° Binnewies, Tobias Binnewies.

VdS-Journal Nr. 59 62 Astrofotografie

her galaktischer Breite. Auch dort wurde Nebelbereichen von MBM 54. Von dort Verhältnis – ein Quotient also – wird als nach Sternentstehung geforscht, aber ein Stückchen weiter nach Nordosten Signal/Rausch-Verhältnis bezeichnet (ab es gibt – wenn überhaupt – nur wenige findet sich auch eine irreguläre Zwerg- hier kurz SNR = signal to noise ratio). einzelne neu gebildete Sterne geringer galaxie, UGCA 436, die mit 80 Millionen Schwächste Grenzsterne beispielsweise Masse. Sie haben noch nicht das Haupt- Lichtjahren noch weiter entfernt ist. werden verlässlich mit einem SNR 2 er- reihenstadium erreicht, befinden sich kannt, d.h. wenn das Signal des Sterns also noch nicht im stabilen Gleichge- Die Fotografie der das Licht unserer Ga- mindestens doppelt so groß ist wie das wicht, in welchem Wasserstoff zu Heli- laxie reflektierenden, aber selbst nicht Rauschsignal des Hintergrundes. Bei Flä- um fusioniert wird. Diese unscheinbaren leuchtenden Materiewolken bedarf eines chenobjekten wie Reflexionsnebeln soll- Sterne sind zum Teil T-Tauri-Sterne. Sie dunklen Himmels und langer Belich- te das SNR noch etwas höher sein, um verraten sich durch eine Hα-Emission tungszeiten. Der dunkle Himmel ist da- auch noch Strukturen differenzieren zu im Spektrum [8] und auch durch Rönt- bei zusätzlich zu den unten angeführten können. So werden Nebel typischerweise gen-Emission. Die geringe Sternbildung technischen Maßnahmen wichtig, damit zunächst nur im Luminanzkanal darstell- erklärt sich dadurch, dass die interstel- sich das äußerst schwache Signal dieser bar, weiterhin dann auch noch in den lare Materie in den transparenten Mo- großflächigen Nebelschwaden irgend- einzelnen Farbkanälen. Dabei erhält man lekülwolken hoher galaktischer Breite wann im Rahmen der Belichtungszeit eine Verdoppelung des SNR bei einer einfach nicht dicht genug ist. Der Astro- genügend sicher von dem nur wenige Vervierfachung der Belichtungszeit, oder nom spricht daher auch von „translucent hundertstel Magnituden dunkleren Him- aber bei einer doppelt so großen Blen- clouds“ (durchscheinende Wolken). Man melshintergrund abhebt. Letztendlich de (z.B. Blende 4 statt Blende 8), womit kann durch sie nach außen hindurch- entscheidet sich aufgrund statistischer die Lichtstärke auf das Vierfache steigt. schauen und bemerkt auch nahezu un- Gesetze, wann das Objektsignal aus dem Außerdem verdoppelt sich das SNR bei gestört extragalaktische Objekte (Abb. 3), kombinierten Rauschsignal von Auf- Anwendung des Zweifach-Binnings (was so die 62 Millionen Lichtjahre entfernte nahmeelektronik, Ausleseprozess und aber die Ortsauflösung halbiert) und Spiralgalaxie NGC 7497 in den hellsten Himmelshintergrund hervortritt. Dieses nicht zuletzt beim Wechsel des Stand-

2 Verteilung des Kohlenmonoxids CO, integriert über alle gemessenen Geschwindigkeiten und dargestellt in galaktischen Koordinaten (nach [9]). Links: Die feinstrukturierten weißen CO-Isophoten sind den dunklen Isophoten des neutralen Wasserstoffs (H I) überlagert. Rechts: CO-Verteilung der grauen Staubverteilung überlagert (IRAS). Eindeutig sind im galaktischen Zirrus Staub, CO und H I mitein- ander assoziiert. Das Bild deckt sich mit sauber mit Abb. 1, der bogenförmige Hockeystock ist auch als Reflexionsnebel erkennbar. Zu berücksichtigen ist, dass die galaktischen Koordinaten gegenüber den äquatorialen Koordinaten leicht im Uhrzeigersinn verkippt sind.

VdS-Journal Nr. 59 Amateurteleskope / Selbstbau 63

3 MBM 54 mit der Galaxie NGC 7497, Norden oben, Osten links, Bildfeld 1,8° x 1,4°. Belichtung am 15., 16. und 17.10.2012 über insgesamt 9 Stunden (L: 18 x 900 s, RGB: je 6 x 900 s) mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000M an einer Lichtenknecker- 12-Zoll-Flatfield-Camera (Brennweite 940 mm, Blende 3,2). Aufnahmeort war das Skinakas-Observatorium auf der griechischen Insel Kreta. [5] B.-Y. Gir, L. Blitz, L. Magnani, Bildautoren: Makis Palaiologou, Stefan Binnewies. 1994: „The association of high- latitude molecular clouds with H I gas”, Astrophys. J. 434, 162 ortes unter einen um 1,5 mag/Quadrat- Literaturhinweise: [6] D. Bazell, F. X. Desert, 1988: bogensekunde dunkleren Himmel, wenn [1] M. L. Kutner et al., 1980: „Molecu- „Fractal structure of interstellar dann bei viermal längerer Belichtungs- lar Clouds associated with Reflec- cirrus”, Astrophys. J. 333, 353 zeit ein doppelt so hohes SNR herauszu- tion Nebulae. I. A Survey of Carbon [7] F. Verter, L. J. Rickard, 1998: holen ist. Monoxide Emission“, Astrophys. J. „Infrared properties of molecular 237, 734 cirrus. I. of extended Fazit: Bei beiden hier präsentierten Ab- [2] L. Magnani, L. Blitz, L. Mundy, sources on IRAS image products”, bildungen wurde versucht, die oben 1985: „Molecular gas at high Astron. J. 115, 745 genannten Parameter möglichst auszu- galac­tic latitudes”, Astrophys. [8] J. Z. Li, J. Y. Hu, W. P. Chen, reizen. Nur auf das Binning wurde zu J. 295, 402 2000: „New discovery of weak- Gunsten der Auflösung verzichtet. Des- [3] E. F. Schlafly et al., 2014: „A large line T Tauri stars in high-Galactic halb können die Bilder hier recht groß catalog of accurate distances to latitude molecular clouds”, Astron. abgedruckt werden. Die feinen Veräste- molecular clouds from PS1 photo- Astrophys. 356, 157 lungen der Nebel kommen teils farbig metry”, Astrophys. J. 786, 29 [9] H. Yamamoto et al., 2003: „High- zur Geltung und unterstreichen damit [4] L. Magnani, D. Hartmann, B. G. Latitude Molecular Clouds in an H I die passende Namensgebung als „galak- Speck, 1996: „A Catalog of Mole- Filament toward the MBM 53, 54, tischer Zirrus“, im Gegensatz zu dem von cular Gas at High Galactic Latitu- and 55 Complex: Existence of an

Steve Mandel geprägten Begriff „integ- des”, Astrophys. J. Suppl. Ser. 106, H2 Cloud with Low CO Intensity”, rated flux nebulae“, der im englischen 447 Astrophys. J. 592, 217 Sprachgebrauch auftaucht.

VdS-Journal Nr. 59 64 Computerastronomie

++++++++++ Computer-Ecke ++++++++++

Software Reduc: Doppelsterne vermessen mit Lucky Imaging und Speckle-Interferometrie von Helmut Jahns

Es gibt einige Gebiete, bei denen Astro- amateure die Profiastronomen unterstüt- zen können, z.B. dann, wenn ihre Mes- sungen zu langwierig sind, als dass man für sie ausreichende Beobachtungszeit an Profiteleskopen genehmigt bekommt. An dieser Stelle können Astroamateure ein- springen und durch eigene Messungen dazu beitragen, die Datenbasis der „Pro- fis“ zu verbreitern. Ein Fallbeispiel ist die Vermessung von Doppelsternen.

Reduc ist eine Software, die mit Fokus auf die Vermessung von Doppelsternen geschrieben wurde, aber auch für ande- re Zwecke eingesetzt werden kann. Die Bilder werden aus FITS-Dateien gelesen. Der Anwender kann entscheiden, ob er mit den Bildern ein Lucky Imaging oder 1 Oberfläche von Reduc. Links sind die Bilddateien aufgelistet, die als Input für den eine Autokorrelation (Speckle-Interfero- Bearbeitungsprozess dienen. Sie können einzeln (de-)selektiert oder einem Lucky metrie, bevorzugt bei engen Doppelster- Imaging unter prozentualer Vorgabe zugeführt werden. nen) ausführen möchte. Beide Verfahren ermöglichen die Bestimmung des Ab- Software standes zueinander und des Positions- winkels der beiden Komponenten. VirtualBox in der Version 5 Reduc ist eine kostenfreie Windows- von Helmut Jahns Software. Es gibt keine Download-Mög- lichkeit. Um die Software zu bekommen, Vor der Virtualisierungssoftware VirtualBox liegt seit einiger Zeit die Version 5 vor. kann der Programmautor kontaktiert Mit einer solchen Software lässt sich ein kompletter virtueller PC (Gastsystem) als werden: www.astrosurf.com/hfosaf/uk/ Anwendung in einem realen PC (Wirtsystem) simulieren. Anwendungsfälle für solche tdownload.htm Programme sind mehrere denkbar, z B. kann man einen virtuellen PC benutzen, um gefahrlos Anwendungen auszuprobieren, ohne das eigentliche System durch häufige- res Installieren und Deinstallieren in Mitleidenschaft zu ziehen. Da solche virtuellen Literaturhinweise: Maschinen als Datei im Wirtsystem abgelegt sind, lassen sie sich relativ einfach wieder [1] K. L. Bath, 2011: „Speckle-Inter- löschen oder mit Hilfe des Tools in den vorherigen Zustand zurückversetzen. Noch ferometrie”, Sterne u. Weltraum interessanter ist die Installation eines fremden Betriebssystems: Es ist ohne Weiteres 11/2011, 88 möglich, Linux oder ein anderes OS als Gastsystem zu installieren. Programme wie MI- [2] M. Haas, 1991: „Speckle-Interfero­ DAS, DAOPHOT oder Theli werden damit auch Windows-Nutzern leichter zugänglich, metrie, Teil 1: Grundlagen und und zwar ohne ein zweites Betriebssystem neben Windows installieren zu müssen und Rekonstruktionsmethoden“, Sterne somit nur durch Rechnerneustart zwischen ihnen wechseln zu können. Der Austausch u. Weltraum 1/1991, 12 von Daten zwischen Gast und Wirt erfolgt unkompliziert über ein gemeinsam genutz- tes Verzeichnis im Dateibaum des Wirtsystems.

Neu mit der Version 5 von VirtualBox ist die Trennung von Benutzeroberfläche und virtueller Maschine (VM). Die Benutzeroberfläche kann somit ohne Ausschalten der VM geschlossen werden. Des Weiteren werden Festplattenverschlüsselung und USB 3 unterstützt. Für das Gastbetriebssystem muss der Benutzer ein Installationsmedium besitzen. VirtualBox ist für Privatanwender kostenfrei.

VdS-Journal Nr. 59 Computerastronomie 65

Programmierlogbuch Software von Helmut Jahns Helicon Filter Beginnend mit der Ausgabe 57 dieses den Logikschichten aktualisiert werden Journals wurde das Refaktorieren einer muss (z.B. um Datenänderungen anzei- Software vorgestellt (zur Erinnerung: gen zu können). Wenn direkte Zugriffe von Helmut Jahns mit Refaktorieren wird das schrittweise „nach oben“ nicht erlaubt sind, wie soll Helicon Filter ist eine Software zum Umstellen des Quelltextes zur Codequa- man dann damit umgehen? Eine gute Reduzieren oder vollständigen Ent- litätssteigerung bezeichnet), am Beispiel Lösung ist die Hinterlegung eines Funk- fernen von Rauschen in Bildern. Ziel eigener Erfahrungen mit einem selbstge- tions- oder Objektzeigers bei der unteren ist es, auch jenen Benutzern, die in schriebenen Programm namens Integra- Schicht (Registrierung eines Callbacks), Sachen Bildbearbeitung über wenig tor Pro zur Berechnung der Positionen um einen Aufruf aus der tieferliegenden Erfahrung verfügen, ein einfach zu von Himmelskörpern des Planetensys- Schicht zu ermöglichen. bedienendes Tool in die Hand zu tems durch numerische Integration. Es geben. wurden einige Aspekte zur Qualität von Ob man nun wirklich drei Schichten an- Programmcode beschrieben, sei es, weil legt, ist bei kleineren Projekten u.U. gar Die Software läuft unter Windows. der zu refaktorierende Code die entspre- nicht erforderlich. Zumindest die Funktio­ Die aktuelleren Versionen sind kos- chenden „Fehler“ enthielt oder weil sich nalität der Benutzeroberfläche kann von tenpflichtig; es ist jedoch eine ältere beim Refaktorieren diese Gedanken gera- der restlichen Programmlogik getrennt kostenfreie Variante im Netz ver- dezu aufdrängten. In dieser Ausgabe des werden, wobei die Klassen der Benutzer- fügbar (Suchbegriffe: Helicon Filter Journals wollen wir diese kleine Reihe oberfläche eher schlank gehalten werden free). mit einer Auswahl weiterer Betrachtun- sollten, indem die zugrundeliegende Lo- gen zur Codequalität abschließen. gik in funktionalen Klassen implemen- tiert wird (2-Schichten-Modell). Im kon- Trennung der Benutzeroberfläche kreten Beispiel Integrator Pro möchte ich von der eigentlichen Programmlogik mir für die in der Programmiersprache spiel: Integrator Pro ist multithreaded ge- Größere Softwareprojekte (etwa ab acht C++ geschriebene Integrationssoftware schrieben, d.h., das Programm teilt sich in Modulen bzw. Klassen) profitieren von die Möglichkeit offenhalten, sie auch für mehrere Befehlsstränge auf, die auf meh- klaren Strukturen. In der Softwareent- andere Zielsysteme übersetzen zu können reren Cores parallel ablaufen können. Die wicklung ist das Schichtenmodell weit (portieren). Die Software wurde mit dem Integration wird in jedem Fall in einem verbreitet, wobei jeder Schicht bestimmte inzwischen exotischen Borland C++ Buil- separaten Befehlsstrang abgearbeitet, der Funktionalitäten entsprechen. Was damit der erstellt, der nur für Windows verfüg- von Benutzeraktionen getrennt ist, d.h., genau gemeint ist, lässt sich am besten bar ist. Zum Portieren wäre die von Bor- während der Integration kann das Pro- anhand eines Beispiels verdeutlichen. land gelieferte Klassenbibliothek für die gramm grundsätzlich weiterbedient wer- Benutzeroberfläche durch etwas anderes den, um z.B. die langwierige Integration Ein Software-Design könnte in drei zu ersetzen, z.B. durch die Bibliothek Qt, bei einem Konfigurationsfehler abbre- Schichten unterteilt sein (Abb. 1): mit der für Windows, Linux, Apple und chen zu können. Borland lieferte eigene – In der obersten Schicht ist die Funktio­ diverse Smartphone-Betriebssysteme Klassen für das Multithreading, jedoch nalität der Benutzeroberfläche (GUI: compiliert werden kann. Je schlanker der bietet auch der Ansi-C++-Standard eine Graphical User Interface) angesiedelt; GUI-Anteil ist, desto geringer fällt der Schnittstelle an. Im Rahmen des Refakto- sie beinhaltet nur Code zum Anzeigen Aufwand des Portierens aus. rierens wird weitgehend auf die Verwen- und Auslesen von Daten (Fenster, Ein- dung von Standards umgeschwenkt – so und Ausgabefelder, Schaltflächen etc.). Ebenso soll weitgehend von Standards auch beim Multithreading. – In der mittleren Schicht ist die eigent- Gebrauch gemacht werden. Dazu ein Bei- liche Programmlogik untergebracht. Unvollständige Ausschöpfung der – Die untere Schicht enthält die Daten- technischen Möglichkeiten zugriffe (Datenbank, Dateien, Kommu- Heutige Programmiersprachen und Code­­ nikationsschnittstellen). bibliotheken sind sehr leistungsfähig und umfangreich ausgestattet, und als Jedes Modul oder jede Klasse kann i. d. R. Programmierer wird man nicht selten einer dieser Schichten zugeordnet wer- von dieser Vielfalt an Möglichkeiten er- den. Ein Merkmal dieser Schichtung ist, schlagen. Oft werden diese Möglichkeiten dass die oberen Schichten nur auf Funk- gar nicht im vollen Umfang ausgenutzt! tionen der nächst tieferliegenden Schicht Hierdurch entstehen mitunter umständ- zugreifen können, während der Zugriff liche und zeitraubende Eigenentwick- von „unten“ nach „oben“ nicht erlaubt lungen, für die die Umgebung eigentlich ist! Jetzt gibt es Fälle, bei denen die GUI 1 Das Schichtenmodell in der weit elegantere Lösungen bereithält. Was durch Ereignisse aus darunter liegen- Software-Entwicklung genau damit gemeint ist, kann wieder

VdS-Journal Nr. 59 66 Computerastronomie

anhand von Beispielen verdeutlicht wer- Die Liste ließe sich noch nahezu belie- geordneten Sinn einer Funktion oder den: big fortsetzen. Die eingehende Beschäf- Codeabschnitts erklären. – Einsatz von Operatorüberladung oder tigung mit der Programmierumgebung Streams bei objektorientierten Spra- lohnt sich unbedingt! Fazit chen anstelle von reinen Methoden Das Refaktorieren des Integrationspro- (Funktions-)aufrufen. Kommentare gramms wird mich noch auf einige Mo- – Erstellung von statischen Methoden Während in den Anfangsjahren der In- nate beschäftigen, zumal ich mir nur (Funktionen), um das Instanziieren ei- formatik kaum kommentiert wurde, ging sehr begrenzt Zeit hierfür abzweigen ner Klasse zu vermeiden, nur um eine noch in den 90er-Jahren die Faustformel kann. Natürlich darf man dabei nicht ihrer Methoden nutzen zu können. um, dass wenigstens genauso viel Kom- über das Ziel hinausschießen und das – Einsatz von Containerklassen wie z.B. mentar wie Code vorhanden sein soll- Programmierprojekt unter einem Berg Listen für dynamische Datenstrukturen ten. Von diesem Überschwang ist man von Formalien ersticken lassen. Ich habe anstatt statische Arrays selbst zu dy- inzwischen auch wieder abgekommen, die Erfahrung gemacht, dass der Quell- namisieren. aber was ist dann ein guter Kommentar? text sich dabei ganz von allein in eine – Verwendung von vorhandenen Klas- Kommentare sollten nicht wiedergeben, natürliche Struktur einfügt. Codeaufräu- senbibliotheken zum Zugriff auf Da- was die Kommandos ohnehin schon aus- men macht einfach Spaß! Man arbeitet teien (z.B. INI oder XML) anstatt diese sagen (sprechende Variablen- und Funk- kontinuierlich Schritt für Schritt an der Zugriffe selbst „zu Fuß“ zu program- tionsnamen sollten heute Standard sein) Steigerung der Codequalität und bringt mieren. oder die Programmiersprache erklären; so das Programm wieder in die Gegen- vielmehr sollten Kommentare den über- wart zurück.

Bücherkiste Gravity from the Ground Up: Inserentenverzeichnis An Introductory Guide to Gravity and astronomie.de, Neunkirchen 7 General Relativity Astro-Shop, Hamburg U2 von Klaus Rohe Wer nach der Meldung am 11.02.2016 zu diesem Thema am Max-Planck-Institut Astroshop.de nimax GmbH, 21 über den direkten Nachweis von Gra- für Gravitationsphysik (www.aei.mpg. Landsberg vitationswellen das Bedürfnis verspürt, de/1589550/Director_Emeritus_B_F_ Baader Planetarium, U4 sich näher mit dem Thema Gravitation Schutz). Mammendorf auseinanderzusetzen, dem sei das Buch von Bernhard Schutz „Gravity from the An dem Buch gefällt mir besonders, dass Bresser GmbH, Rhede 31 Ground Up: An Introductory Guide to der Stoff quantitativ mit den Mitteln der Gravity and General Relativity“ empfoh- Mathematik aus der Sekundarstufe I erar- e.Media GmbH, München 79 len. Es ist 2003 bei Cambridge University beitet wird. In jedem Kapitel gibt es Auf- Press erschienen, also nicht mehr ganz gaben, das sind entweder Berechnungen, euro EMC, Postau 51 jung, aber trotzdem noch sehr aktuell. Herleitungen von Formeln oder kleine Programmierprojekte. Am Ende des Bu- Ferienhausvermietung Liane Zemlin, 71 Es behandelt auf 462 Seiten alle Aspekte ches befindet sich ein umfangreiches und www.sternenpark-havelland.de der Gravitation in 27 Kapiteln. Dies geht informatives Glossar. von den Wirkungen der Gravitation auf Gerd Neumann jr., Hamburg 73 der Erde (Fallgesetze), Gezeitenkräften, Zu dem Buch gibt es eine Webseite www. Aufbau von Planetenatmosphären, Bah- gravityfromthegroundup.org/, auf der Koring, Marokko 17 nen von Satelliten und Raumsonden, sich Ergänzungsinformationen, die Lö- Aufbau des Planetensystems über die sung der Aufgaben als pdf-Dokument Kosmos Verlag, Stuttgart 19 Rolle der Gravitation bei der Bildung und und die Lösung der Programmierprojekte Entwicklung von Sternen, Einführung in mit der Programmiersprache Java befin- Optical Vision Ltd., UK U3 Einsteins Relativitätstheorien bis hin zu den. Zum Ausführen der Java-Program- Schwarzen Löchern, Gravitationswellen me benötigt man allerdings eine speziel- Optische Geräte Wolfgang Lille, 27 und Kosmologie. In dem Kapitel über le Entwicklungs- und Ablaufumgebung, Heinbockel Gravitationswellen wird auch der LIGO- genannt „Triana“, die an der University Detektor besprochen, mit dem der am of Cardiff entwickelt wurde, an welcher Spektrum der Wissenschaft Ver- 59 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 67 Anfang genannte direkte Nachweis ge- der Autor auch tätig war. Sie kann von lang. Der Autor ist Experte auf dem Ge- der Webseite www.trianacode.org/ her- Uwe Laux, Weimar 19 biet der Gravitationswellen und arbeitete untergeladen werden.

VdS-Journal Nr. 59

68 Deep Sky

M 45 – die Plejaden in einer Gegenüberstellung von Stefan Binnewies und Jens Leich

Die Plejaden sind ein häufiger Gast in Nacht unter den Sternen ist für den vi- so gut, dass auch schwächere Sterne als astronomischen Veröffentlichungen, ein suellen Beobachter und den Astrofoto- nadelfeine Punkte zu beobachten waren, Thema bei Profi- und Amateurastrono- grafen gleich intensiv. Es hängt weniger zudem störte kein Mondlicht. Bis zum men. Die vergleichende Gegenüberstel- von der Tätigkeit, sondern vielmehr von dritten Abend beobachtete und zeichnete lung (aus dem Altgriechischen: Synopse der Art und Weise des Erlebens, von der ich M 45 bei rund 32-facher Vergröße- = zusammen sehen) von Foto und Zeich- Empfindsamkeit, Offenheit und Wach- rung. Beobachtungsinstrument war ein nung ist aber bei den Profis seit mehr als samkeit des Einzelnen ab. Und Astrofo- apochromatischer Refraktor mit einer 100 Jahren „kalter Kaffee“. Dafür werden tografen wie visuelle Beobachter können Öffnung von 130 mm und einer Brenn- heute deren Dissertationen bei Plagiats- hinterher ein Foto oder eine Zeichnung weite von 838 mm. Im Gesichtsfeld meines vorwurf ihren fraglichen Quellen gegen- präsentieren und in der Beschäftigung Weitwinkelokulars von 26 mm Brennwei- übergestellt …, eine ganz aktuelle Form damit die Nacht nachwirken lassen. te und ca. 68° scheinbarem Gesichtsfeld der Synopse, und das war wiederum vor konnte ich am äußeren Rand von M 45 100 Jahren noch kein Thema. Eine astrofotografisch taugliche Ausrüs- nicht mehr sonderlich viele Sterne er- tung kostet ab 2.000 EUR aufwärts, vi- kennen, so dass ich am Ende eine andere Unsere Gegenüberstellung hat nun nicht suelle Beobachtungen sind schon mit ei- Vergrößerung und damit einen etwas be- den Zweck, die visuelle Beobachtung nem Einsatz von etwa 500 EUR möglich. grenzteren Ausschnitt um M 45 wählte. und die Astrofotografie gegeneinander Die Astrofotografie verzeiht keine Fehler Mit einem Okular der Brennweite 18,2 auszuspielen, denn wir meinen, wenn es (Fokussierung, Nachführung, Belich- mm und ähnlich großem scheinbarem den jeweiligen Beobachtern nur Spaß ge- tungszeit, Bildbearbeitung), die Zeich- Gesichtsfeld waren die Hauptsterne aber macht hat, ist in gleichem Maße und in nung am Teleskop erfordert aber ebenso noch ausreichend präsent, ohne dass sie beiden Fällen eine sinnvolle Freizeitbe- höchste Konzentration, und Talent sowie im Gesichtsfeld zu sehr an den Rand schäftigung gelungen. Geschmack und Ehrlichkeit schaden bei- gedrängt erschienen. Bei 46-facher Ver- den nicht. größerung und bequemer Sitzhaltung Visuelle Beobachter berichten dann entstand die in der Abbildung 1 darge- manchmal von einem „erhabenen Gefühl, Nun haben wir bisher den Artikel miss- stellte Zeichnung. Dazu nutzte ich ein den Objekten aus den Tiefen des Alls di- braucht, um die Gemeinsamkeiten und mit mattweißem Zeichenpapier bestück- rekt und unmittelbar gegenübertreten zu Unterschiede zwischen visuellen Beob- tes Klemmbrett (Format DIN A5), welches können“. Astrofotografen klagen dage- achtern und den Astrofotografen zu be- sich auch längere Zeit bequem in der gen eher über ein zu kurzes USB-Kabel. schreiben - lassen wir jetzt die Bildergeb- Hand halten lässt. Im Licht einer regu- Beiden ist die Lichtverschmutzung ein nisse sprechen: Die Zeichnung (Abb. 1) lierbaren LED-Rotlicht-Klemmlampe, die Graus, beide stört der Tau auf der Optik und die für die visuelle Beobachtung ty- am Zeichenbrett befestigt wurde, begann oder der Brille, der eine klagt über die pisch epische Beschreibung der Beobach- ich mit einem sehr weichen Bleistift der feuchte Zeichenmappe, der andere über tung erstellte Jens Leich, das Astrofoto Härte 6B einen Stern nach dem anderen klamme Finger. Astrofotografen sind (Abb. 2) mit kurzer Angabe der wesentli- zu fixieren. Mit einer weichen Mine des dabei genauso dankbar für eine klare chen Belichtungsdaten stammt von Ste- Bleistifts ist es einfacher, die verschieden Nacht wie es die visuellen Beobachter fan Binnewies und Makis Palaiologou. hellen Sterne recht genau abzubilden. sind, für beide sind Kälte und Dunkel- Nachdem die Hauptsterne der Plejaden heit die treuesten Begleiter ihres Hobbys. Die visuelle Beobachtung in Helligkeit und Position zueinander Und während der visuelle Beobachter ein Das Wetter in den letzten Wochen des gezeichnet waren, begann ich im Uhr- aus flüchtigen Augenblicken destilliertes Jahres 2015 glänzte leider nicht mit zahl- zeigersinn bestimmte Muster zwischen Gesamterlebnis mit nach Hause trägt, reichen klaren Nächten, aber dank der den Hauptsternen zu ermitteln (wie Ket- freut sich der Astrofotograf schon auf stets einsatzbereiten Gartensternwarte ten, Dreiecke usw.) und sie in Position, die Bildbearbeitung. Natürlich hat auch reichten auch schon Wolkenlücken, um relativer Lage und Helligkeit zueinander er nach durchwachter Nacht ein intensi- einen Blick auf die Sterne zu erhaschen. zu dokumentieren. Mit zunehmender ves Naturerlebnis auf der Habenseite, die So nutzte ich „zwischen den Jahren“ drei Beobachtungszeit bei der Mustersuche Augen ruhen ja nicht nur auf dem Mo- Abende, um die Plejaden zu zeichnen. blitzte hier und da noch ein schwaches nitor, von den Ohren und der Nase ganz Kein leichtes Unterfangen, denn zweimal Sternchen auf, welches ich aber erst ein- zu schweigen. vereitelten mir immer wieder Wolken zeichnete, nachdem ich es auch mehr- einen ungetrübten Blick. Erst der dritte fach sicher gesehen hatte. Die äußeren So sind die Autoren dieser Zeilen beide Anlauf ergab einen brauchbaren Abend sowie die instrumentellen Bedingungen visuell und fotografisch aktiv und wir ohne Störungen. Die Qualität des Him- ließen ein eventuelles Erkennen der auf sind uns ganz sicher: Das Erleben einer mels war nicht überragend, aber doch lang belichteten Aufnahmen sichtba-

VdS-Journal Nr. 59 Deep-Sky

1 Oben: Zeichnung der Plejaden von Jens Leich. 2 Unten: Plejadenaufnahme, Daten im Text. Daten im Text. Bildautoren: Stefan Binnewies und Makis Palaiologou

VdS-Journal Nr. 59 70 Deep Sky

ren Plejadennebel nicht zu. Bisher habe muliert dabei den Blick durch das Okular. zeigt den Offenen Sternhaufen in einer ich diese visuell auch noch nie bewusst Abschließend wurde die Zeichnung mit Belichtung aus dem September 2012 vom wahrgenommen. Dies wäre sicherlich den Namen der Hauptsterne sowie den Skinakas-Observatorium auf der Insel unter bestem Himmel eine gewisse He- Beobachtungsdetails zu Ausrüstung, Da- Kreta. Die Aufnahme erfolgte durch eine rausforderung. Nach rund einer halben tum und Uhrzeit versehen. Flatfield-Kamera (Lichtenknecker), Öff- Stunde hatte ich das virtuelle Ziffernblatt nung 32 cm, Brennweite 940 mm. Das im Okular abgearbeitet und die Zeich- Zur Astroaufnahme LRGB-Bild (Gesamtbelichtungszeit 84 nung der Plejaden vollendet. Die Roh- Die Plejaden sind 444 Lichtjahre (Stand Minuten) wurde mit einer CCD-Kamera zeichnung wurde lediglich eingescannt, 2014) von der Erde entfernt, am Himmel SBIG STL-11000M ohne Binning aufge- nach Norden orientiert und invertiert. messen sie etwa 2°. Die Abbildung 2 be- nommen. Eine in Photoshop einkopierte Maske si- sitzt ein Gesichtsfeld von 115’ x 90’ und Beobachtung einmal anders – Sternassoziation Perseus OB2 von Christopher Hay und Rene Merting

Die Assoziation Per OB2 (Rektasz. 03h 45m, ‚ Dekl. 33° 00 (2000.0)), auch Zeta-Per- sei-Assoziation genannt, liegt im Ver- hältnis zu den bisher vorgestellten OB- Assoziationen recht nah zu uns, in nur 900 Lichtjahren Entfernung im lokalen Orion-Arm der Galaxis. Wir schauen hier direkt „nach hinten“ in unseren Orion- Arm hinein. Durch diese Nähe ergibt sich eine Ausdehnung am Himmel von 10° x 10°. Daraus resultiert auch ein perspek- tivischer Effekt, nämlich ein erheblicher südlicher Winkelabstand der Assoziation zum galaktischen Äquator und somit zur Milchstraße.

Läge die Assoziation im selben räumli- chen Abstand zum galaktischen Äquator im dahinterliegenden 6.000 Lichtjahre entfernten Perseus-Arm, hätte Per OB2 einen Winkelabstand zum galaktischen Äquator von nur wenigen Grad und die Lage dieser Assoziation an unserem Himmel wäre mitten in der Milchstraße (Abb. 1). 1 Schema unserer Galaxis

Die 6 Millionen Jahre alte Assoziation Per OB2 ist ein Teil des Lindblad-Rings. ner neuen Superblase in das interstellare Assoziation: der Überriese z Per (Atik), Dieser Ring aus ionisiertem Gas ist die Medium. x Per (Menkib), ein aus der Mit- der Riese o Per, 40 Per (einer der mas- Hülle einer älteren Superblase, an deren te von Per OB2 nach Norden „entlaufe- sereichsten Hauptreihensterne in der Rand auch die Sternbildung in den Asso- ner“ Stern, beleuchtet und ionisiert ein Asso­ziation) und 42 Per. Die massereiche ziationen Ori OB1 und Sco OB2 ausgelöst nördliches Segment dieser neuen Hülle Röntgenquelle X Per (ein Gamma-Cassio­ wurde. Innerhalb des Lindblad-Rings lie- - dieses beleuchtete Segment der Per- peiae-Veränderlicher, Schwankungs­breite gen die Sterne von Gould’s Belt, darunter OB2-Hülle ist der Kalifornien-Nebel NGC zwischen 6 bis 7 mag, 1° südlich von z Per) die meisten der mit bloßem Auge sicht- 1499. ist ebenfalls Mitglied der Asso­ziation. baren Sterne im Orion (Ori OB1) und im Kopf des Skorpions (Sco OB2). Während der entlaufene x Per am nörd- Aus der Mitte der Assoziation nach Wes- lichen Rand von Per OB2 liegt, liegen ten erstreckt sich in einem 5° langen und Supernovae und Sternwinde in Per OB2 die anderen mit bloßem Auge sichtbaren 1,5° breiten Band die Perseus-Molekül- treiben jetzt die expandierende Hülle ei- Mitgliedssterne im zentralen Bereich der wolke, welche viele Dunkelnebel enthält

VdS-Journal Nr. 59 Deep Sky 71

- für den visuellen Beobachter interes- für diesen Emissionsnebel ist, wie ein- ziation. Im Inneren des Nebels findet sante Objekte sind von Ost nach West gangs schon beschrieben, der 40’ süd- Sternbildung auf geringem Niveau statt. Barnard 5, IC 348, Barnard 4, Barnard 1, lich stehende 40.000 Grad heiße und 50 B 5 wird als Bok-Globule klassifiziert, NGC 1333 sowie Barnard 202 bis 206, Sonnenmassen schwere Runaway-Star das heißt als kompakter und isolierter die einen Ring von kompakten Dunkel- Menkib, der vor 1 Mio. Jahren seinen Dunkelnebel. Das legt eine gute Beob- nebeln (dense cores) mit Sternbildung im Geburtsort im Zentrum der Perseus-OB2- achtbarkeit nahe. Auf Fotos ist der Ne- Innern bilden. Assoziation mit 60 km/s verlassen hat. bel tatsächlich sehr markant, jedoch Nun ionisiert er den dichteren Teil einer erschwert die geringe Sterndichte in der Die 20° am Himmel messende Per-OB2- großen Molekülwolke und hat so eine 60 Umgebung die visuelle Beobachtung. Superhülle ist nur etwa ein Drittel so groß Lichtjahre große HII-Region sichtbar ge- wie jene von Ori OB1 und visuell längst macht. Mit 8 Zoll wird B 5 zugänglich und dann nicht so markant. Die Szene gewinnt je- ist darauf zu achten, dass das Sehfeld doch an Dramatik, wenn wir uns vor Au- Zum Beobachten sind eine möglichst mindestens 1,5° beträgt, denn die Beob- gen führen, dass am nördlichen Rand der große AP (Austrittspupille), guter Himmel achtung von Dunkelnebeln lebt von der Stern x Per den Kalifornien-Nebel zum und ein Hb-Filter wichtig. Mit 4 Zoll Öff- Abgrenzung zur Umgebung! Leuchten bringt, während der südöstliche nung zeigt sich eine diffuse Nebelwolke. Rand der Hülle in die Rückseite (von uns Mit 8 Zoll sind erste Details möglich, bei- IC 348 aus betrachtet) der -Dunkelwolken de Kanten erscheinen dann bereits heller. Per, Rektasz. 03h 44m 34s, Dekl. +32° stößt und zugleich am südwestlichen Mit 12 Zoll sowie Hb-Filter zeigt sich ein 09’ 48’’ (2000.0), ab 4 Zoll, Helligkeit Rand der Perseus-Molekülwolke turbu- detailliert gegliedertes Objekt mit zahl- 8,5 mag, Offener Sternhaufen (OS) lente Ketten von Dunkelwolken neue reichen Schattierungen. Ohne Filter und Ein sehr junger OS, dessen jüngste Mit- Sterne hervorbringen. mit niedriger Vergrößerung erscheint ein glieder direkt am Ende ihrer Geburts- 6 Bogenminuten großer dunkler Fleck im phase stehen. Der Haufen begrenzt die Beobachtung der visuell zentralen Nordteil. Im Übrigen ist der Ne- Perseus-Molekülwolke nach Norden und interessanten Objekte bel ein ideales Objekt für field sweeping ist der einzige schon fertig entwickelte (von Nordost nach Südwest): (Okularfeld-Bewegung). OS in der Per-OB2-Assoziation. Schaut man mit 8 Zoll und geringer Vergröße- NGC 1499 B5 rung auf den Sternhaufen, so entsteht Per, Rektasz. 04h 03m 18s, Per, Rektasz. 03h 48m, Dekl. +32° 54’ der Eindruck eines flächigen Glühens. Dekl. +49° 31’ 12’’ (jeweils Äquinok- (2000.0), ab 8 Zoll Öffnung, Dunkel- Tatsächlich wird der Haufen vom Re- tium 2000.0), ab 4 Zoll Öffnung, nebel (DN) flexionsnebel IC 1985 umhüllt. So ist es Helligkeit 6 mag, Galaktischer Nebel Der Dunkelnebel Barnard 5 ist ein iso- nicht verwunderlich, dass Dreyer IC 348 (GN), vgl. Abb. 2 lierter „Außenlieger“ der Perseus-Mole­ zunächst als „Reflexionsnebel/Sternhau- Der Kalifornien-Nebel! Verantwortlich külwolke im Herzen der Per-OB2-Asso­ fen“ katalogisierte. Dieses Glühen macht

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VdS-Journal Nr. 59 72 Deep Sky

den Kontrast zum direkt südlich angren- statt, teilweise durch Strahlung des mas- zentralen Stern erkennbar. Mit 12 Zoll zenden Dunkelnebel Barnard 4 sehr reiz- sereichen Sterns 40 Persei beeinflusst. wirkt der Nebel nicht viel heller, der voll. B 1 ist visuell weniger gut von seiner Kontrast zum umgebenden fast sternlo- Umgebung abgesetzt als sein Kompag- sen Dunkelnebelfeld ist jedoch auffällig. B 4 non B 4 in der Perseus-Molekülwolke. Mit indirektem Sehen vergrößert sich der Per, Rektasz. 03h 44m, Dekl. +31° 47’ Ein Groß-FG mit möglichst viel Öffnung Nebel deutlich. (2000.0), ab 4 Zoll, DN ist das Instrument der Wahl. Barnard 4 bildet den östlichen Rand der Perseus-Molekülwolke. Hier findet noch NGC 1333 keine Sternbildung statt, was darauf Per, Rektasz. 03h 28m 55s, Dekl. +31° hinweist, dass dies der jüngste Teil der 22’ 12’’ (2000.0), ab 8 Zoll, Helligkeit Molekülwolke sein dürfte. B 4 ist rela- 6 mag, GN tiv gut von seiner Umgebung abgegrenzt Der Reflexionsnebel ist einer der aktivs- und somit schon mit Groß-Fernglas ein ten Sternentstehungsorte innerhalb von dankbares Objekt. 1.500 Lichtjahren Abstand zu uns. Er umhüllt einen extrem jungen Sternhau- B 1 fen und ist auf Fotografien mit einigen Per, Rektasz. 03h 33m 16s, Dekl. +31° kleinen rötlichen Nebeln umgeben (Her- 07’ 51’’ (2000.0), ab 4 Zoll, DN big-Haro-Objekte). Barnard 1 liegt im Zentrum der Perseus- Molekülwolke am südwestlichen Rand Beobachtungen mit kleinen Öffnungen der Per-OB2-Assoziation im lokalen Ori- sind lohnend, wenn der Himmel dunkel 2 on-Arm der Galaxis. Im Inneren des Ne- und transparent genug ist. Mit 8 Zoll Sternkarte mit den genannten Objekten, bels findet eine recht aktive Sternbildung wird eine diffuse Aufhellung um den Quelle: Cartes du Ciel

50 49

NGC1499

Perseus ξ

54

55 56 40

B 5 42

IC 348 ο

B 4 NGC 1333 ζ B 1

N

E 0 30' 240'

VdS-Journal Nr. 59 Deep Sky 73

Skyguide 2016 – 3 (Herbst) von Robert Zebahl und Rene Merting

Unser Skyguide soll in erster Linie Anre- Zu jedem Objekt werden die wichtigsten aber, eigene Aufsuchkarten zu erstellen. gungen für eigene Beobachtungen geben Informationen in Kurzform und gege- Die visuelle Beschreibung des Objekts und wird dabei jährlich für jede Jahreszeit benenfalls ein DSS-Bild (Digitized Sky basiert weitestgehend auf eigenen Beob- 5 Objekte kurz beschreiben. Es werden Survey) angegeben. Des Weiteren ist eine achtungen und soll lediglich als Anhalts- dabei sowohl leichte als auch schwierige Karte, erstellt mit der freien Software punkt dienen. Objekte ausgewählt, welche nach Schwie- Cartes du Ciel (Skychart), für die grobe rigkeitsgrad sortiert sind. Wie schwer ein Orientierung vorhanden, welche Sterne Objekt letztlich ist, hängt natürlich von bis zu einer Größenklasse von ca. 8,0 1 verschiedenen Faktoren ab, vor allem der mag zeigt. Telradkreise (0,5°; 2,0°; 4,0°) Himmelsqualität, der Teleskop-Öffnung auf der Karte markieren die Position des Übersichtskarte der hier vorgestellten und der persönlichen Erfahrung. Objekts. Im Allgemeinen empfehle ich Objekte, Quelle: Cartes du Ciel

30 18 20 6 25 19 4 M 52 NGC7538

NGC7510 Cepheus NGC 7635

15

λ Sh2-157 τ 2 1

M2-51 δ ζ 14 Cassiopeia

ε

Berkeley 94

N

E 0 30' 300'

Anzeige 74 Deep Sky NGC 7510 (H 7.44)

Typ: Offener Sternhaufen Sternbild: Cep Koordinaten (2000.0): 23h 11 m, +60° 34’ Helligkeit: 7,9 mag Winkelausdehnung: 4’ x 4’

NGC 7510 ist mit einem Alter von ca. 10 Millionen Jahren ein recht junger Sternhaufen. Er wird durch interstellaren Staub in seiner Helligkeit geschwächt. Dennoch ist er visuell ziemlich hell. Die Besonderheit liegt aber in seiner eher länglichen Form und Kompaktheit. Im kleinen Teleskop von etwa 3 Zoll Öffnung erscheint der Sternhaufen unter städtischen Bedingungen viel- mehr als elongierter Nebel. Unter einem dunklen Landhimmel gelingt die Auflösung in Einzelsterne, wobei der Hintergrund neblig bleibt. Auffällig ist dabei ein heller Stern an einem Ende des Sternhaufens. NGC 7510 wird neben diesem Stern von zwei Sternketten geprägt, welche im spitzen Winkel zueinander lie- gen. Ab 8 Zoll Teleskop-Öffnung können bereits viele schwache 2 Mitglieder beobachtet werden. Offener Sternhaufen NGC 7510, Quelle: DSS

NGC 7538 (H 2.706)

Typ: Heller Nebel Sternbild: Cep Koordinaten (2000.0): 23h 13m 41s, +61° 31’ 30’’ Winkelausdehnung: 8’ x 7’

Bei NGC 7538 handelt es sich um einen ziemlich hellen Gas- und Staubnebel. Der Emissionsnebel enthält aber auch Reflexions- anteile. Für die visuelle Beobachtung sind Nebelfilter auf jeden Fall hilfreich. Unter ländlichen Bedingungen kann der Nebel mit 8 Zoll Teleskop-Öffnung bei schwacher Vergrößerung und [OIII]- Filter direkt als runder, gleichmäßiger Nebel erkannt werden. Bei genauerem Hinsehen und höherer Vergrößerung werden sicher mehr Details erkennbar sein. Bei einer 12-Zoll-Teleskop-Öff- nung und 70-facher Vergrößerung mit UHC-Filter ist in jedem Fall die diffuser auslaufende Ostseite schön zu sehen.

3 Nebel NGC 7538, Quelle: DSS

Sh2-157 (LBN 537, Klauennebel)

Typ: Heller Nebel Sternbild: Cas Koordinaten (2000.0): 23h 15m 30s, +60° 10’ Winkelausdehnung: 60’ x 50’

Dieser recht große Emissionsnebel liegt an der Grenze zwischen den Sternbildern Cassiopeia und Cepheus und hat wohl seinen Beinamen aufgrund des ungewöhnlichen Aussehens bekommen. Er befindet sich gut 1° südwestlich des berühmten Blasennebels­ NGC 7635. Aufgrund seiner Winkelausdehnung sind kleine Ver- größerungen sehr empfehlenswert. Nebelfilter helfen bei der Sichtung. Bei gutem Landhimmel mit einem 8-Zoll-Dobson bei 37-fach und UHC-Filter wirkt der Nebel sehr groß, diffus, unre- gelmäßig mit helleren Ausläufern. Inmitten des Nebels befinden sich viele Sternketten. Eine klare Abgrenzung des Nebels zur Umgebung ist schwierig. Ein Hb-Filter zeigt noch weitere Struk- turen. 4 Nebel Sh2-157, Quelle: DSS

VdS-Journal Nr. 59 Deep Sky 75 Berkeley 94

Typ: Offener Sternhaufen Sternbild: Cep Koordinaten (2000.0): 22h 22m 54s, +55° 52’ 30’’ Helligkeit: 8,7 mag Winkelausdehnung: 4’ x 4’

Der Berkeley-Katalog enthält insgesamt 104 Sternhaufen, wobei die meisten davon erstmalig von der „University of California at Berkeley“ entdeckt worden sind. Ein recht interessanter Katalog mit visuell eher weniger beachteten Sternhaufen. Berkeley 94 ist dabei ein recht kompakter Sternhaufen, der bereits mit 80 mm Teleskop-Öffnung erfolgreich beobachtet werden kann. Hier konnte ich zumindest eine leicht gebogene Kette von 3 Sternen erkennen, wobei der Hintergrund neblig wirkte. Mit 8 Zoll Tele- skop-Öffnung und mittlerer Vergrößerung können neben den 3 helleren Sternen noch viele weitere, schwächere Mitglieder auf engem Raum gesehen werden. 5 Offener Sternhaufen Berkeley 94, Quelle: DSS

Minkowski 2-51 (PK 103+0.1)

Typ: Planetarischer Nebel Sternbild: Cep Koordinaten (2000.0): 22h 16m 03,89s, +57° 28’ 33,8’’ Helligkeit: 13,5 mag Winkelausdehnung: 1,2’ x 1,2’

Es gibt viele, relativ helle Planetarische Nebel, die den Weg in den New General Catalogue (NGC) gefunden haben und den meisten mehr oder weniger bekannt sind. Abseits des NGC gibt es aber noch etliche Planetarische Nebel, deren Besuch sich lohnt. So auch Minkowski 2-51, der ca. 0,5 Grad vom recht hellen Offenen Stern- haufen NGC 7234 entfernt ist. Trotz der angegebenen visuellen Gesamthelligkeit von etwa 13,5 mag lässt sich der Nebel mit 8 Zoll Teleskop-Öffnung unter Landhimmel erstaunlich gut beobachten. Ein Nebelfilter hilft, wobei der Nebel auch ohne Filter bei mittleren Vergrößerungen um die 80-fach schon recht gut als kleine, runde Aufhellung zu sehen ist. Der Rand des Nebels erschien dabei eher diffus auslaufend. Bei 150-fach konnte ich manchmal sogar eine stellare Aufhellung inmitten des Nebels erkennen. Vermutlich ist 6 Planetarischer Nebel Minkowski 2-51, Quelle: DSS das der 13,3 mag helle Stern nordöstlich des Zentrums.

VdS-Journal für Astronomie · Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V. Hier schreiben Mitglieder für Sternfreunde. Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V. Grafiken u. Bild- bearbeitung: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren Geschäftsstelle: Postfach 1169, D-64629 Heppenheim Tel: 0 62 52 / 78 71 54 Layout: Bettina Gessinger, Dipl. Designerin Fax: 0 62 52 / 78 72 20 Anzeigen: Otto Guthier c/o VdS-Geschäftsstelle E-Mail: [email protected] www.vds-astro.de Litho und Druck: Kullmann und Partner, Stuttgart

Redaktion: Dr. Werner E. Celnik, Stephan Fichtner, Vertrieb: Werner Teutsch GmbH, Laudenbach Otto Guthier, Dietmar Bannuscher, Sven Melchert, Peter Riepe. Bezug: „VdS-Journal für Astronomie“ erscheint Redaktionelle Mitarbeit der VdS-Fach­ viermal pro Jahr und ist im Mitglieds­­­- gruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder beitrag von 35,- E (Europa) und 40,- E IMPRESSUM (außereurop. Länder) bzw. ermäßigt Mitarbeit: Eva Garbe, Elke Lawrenz 25,- E pro Jahr enthalten

Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste).

VdS-Journal Nr. 59 76 Geschichte

Heinrich Friedrich Ludwig Matthiessen – ein Leben für die Wissenschaft von Elvira Pfitzner

Entscheidenden Einfluss auf die Ent- und vervollkommnete seine Ausbildung. auch international auf sich aufmerksam wicklung des Physikalischen Instituts Im Jahre 1857 erwarb er den Grad „Dok- gemacht. Wen wundert es, dass er den der Universität Rostock hatte der Physi- tor der Philosophie“ und habilitierte sich weiten Himmel über dem Meer beob- ker, Mathematiker und Astronom H. F. L. im gleichen Jahr. achtete, ihm noch unbekannte Phäno- Matthiessen (Abb. 1). Theoretische Kennt- mene zu ergründen suchte und so auch nisse und vor allem praktische Erfahrun- Zunächst wurde Matthiessen 1857 Pri- Voraussetzungen für spätere Arbeiten gen auf mehreren Gebieten ermöglichten vatdozent in Kiel. Danach, im Jahre 1859, schuf. Dazu gehören die Berichte über es dem Forscher, hervorragende Ergeb- Physik- und Mathematiklehrer in Jever. Regenbögen und Blitzentladungen. Die nisse zu erzielen. Durch zahlreiche Vor- In diesen Jahren befasste sich Matthies- altehrwürdige Hansestadt Rostock wurde träge und Aufsätze in Fachzeitschriften sen mit Astronomie, beobachtete und war ab 1874 Lebens- und Wirkungsstätte von und anderen Publikationen­ sorgte auch besonders daran interessiert, die Ursa- L. Matthiessen. Als ordentlicher Professor er für die Popularisierung der Astro­ chen der Erscheinungen zu ergründen. So für Physik begann er hier seine Tätigkeit. nomie und Physik in der Öffentlichkeit. erschien im Kieler Vereinsblatt von 1864 Auch wurde er der erste Direktor des Phy- ein Beitrag über die Kenntnis der soge- sikalischen Instituts. Bis zum Jahre 1905 In der Nähe des kleinen Städtchens Eutin nannten Sternschnuppen von ihm. Neue lehrte er an der Universität vor allem in Schleswig Holstein, in Fissau, wurde Wirkungsstätte für die nächsten 9 Jahre Physik und Mathematik.1885/86 war er Heinrich Friedrich Ludwig Matthies- von 1864 bis 1873 wurde das Gymnasi- Rektor der Uni und ab 1888 auch Leiter sen am 22.9.1830 geboren. Sein Vater um in Husum an der Westküste Schles- des astronomisch-meteoronomischen Ob- Christian Matthiessen war Lehrer in Eu- wig-Holsteins, vor den Nordfriesischen servatoriums der Akademie. Kurz nach tin. Am dortigen Gymnasium schloss L. Inseln gelegen. Diese hübsche kleine dem Wechsel in den Ruhestand verstarb L. Matthiessen seine Schulbildung mit dem Stadt wurde durch Theodor Storm (1817- Matthiessen am 14.11.1906 in Rostock [1]. Abitur ab. 1889), dem Dichter von „Der Schimmel- reiter“ und „Immensee“ bekannt. In der Interessant sind die Themen seiner Ver- Seine Interessen waren vor allem Mathe- Zeit von 1866-1880 wohnte Storm hier. öffentlichungen von Meteoren und Feu- matik, Physik und Astronomie. Erstere erkugeln über Phänomene des Gewitters, und Naturwissenschaften studierte der H. F. L. Matthiessen, der junge Wissen­ Schichten der Atmosphäre, Strahlenbre- junge Mann an der Universität in Kiel. s­chaftler, inzwischen Professor und chung bis Ringnebeln. Dazu beschäftigte Am dortigen Physikalischen Institut wur- Sub­rektor an der anspruchsvollen Bil- sich L. Matthiessen vor allem mit Physik. de L. Matthiessen anschließend Assistent dungsstätte, hatte durch seine Arbeiten Fächerübergreifend ging er an die Lö- sungen der Problemstellungen heran.

In den Astronomischen Nachrichten Nr. Neues aus der Fachgruppe 21, 1845-46, S. 320-342, ist eine wun- derbare Arbeit von L. Matthiessen aus dem Jahre 1870 abgedruckt: „Beobach- Geschichte der Astronomie tungen und Positionsbestimmungen des Die Vorbereitungen für unsere 13. Tagung laufen. Sie wird vom 28. bis 30. Oktober Meteores vom 27. September 1870“ von in Regensburg stattfinden. In diesem Heft lesen Sie folgende Beiträge: Hans-Jo­ Herrn Dr. Ludwig Matthiessen in Hu- achim Leue berichtet in „Telescopium Newtonianum XXVII pedum“ über die Auf- sum.“ Zunächst sammelte er alle Anga- sehen erregende Errichtung eines Nachbaus des 27-füßigen Teleskops von Johann ben der Sichtung des Feuerballes, be- Hieronymus Schroeter aus dem Jahre 1793. Er wurde im November 2015 in Lili- stimmte deren scheinbare Positionen und enthal eingeweiht. Oliver Maiwald skizziert in „Von Kometen und Katastrophen“ Höhen über der Erdoberfläche bis zum (Teil 1) die Frühgeschichte der Impakttheorien. Elvira Pfitzner liefert im 6. Teil Absturz in der Ostsee. Daraus errechnete ihrer Reihe über (eher unbekannte) Astronomen aus dem Rostocker Raum ein Por- er die wahren Örter der Feuerkugel und trait von Heinrich Friedrich Ludwig Mathiessen. Abschließend gibt es noch eine bestimmte deren Bahn, welche er bis zum Rezension des Abschlussberichts von Pierre Leich zum „Simon-Marius-Jubiläum möglichen Ursprung außerhalb unse- 2014“. Des Weiteren in der Rubrik „Rezensionen“ auch noch eine Besprechung res Sonnensystems rechnerisch bis zum des bemerkenswerten Buchs von Benjamin Mirwald zum Thema „Volkssternwar- Sternbild Altar am südlichen Sternhim- ten – Verbreitung und Institutionalisierung populärer Astronomie in Deutschland mel verfolgte [2][3]. 1888-1935“. Versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln. Infor- mationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http:// L. Matthiessens Untersuchungen zur geschichte.fg-vds.de. Elektrizität in der Atmosphäre in Form Wolfgang Steinicke von Blitzentladungen, deren Besonder- heiten und Folgen für die Städte und

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Dörfer, verstärkten den Bau und Einsatz nicht erschöpft, siehe [1]. Während sei- von Blitzableitern an vorwiegend hohen ner Tätigkeit in Rostock berechnete und Gebäuden. Grundlage waren Berichte bestimmte der Physiker Vergrößerungen über Blitzeinschläge, eigene Beobach- von Lupen, Mikroskopen und Fernroh- tungen und Anleitungen zum Bau von ren, Theodolithen und Nivellierinstru- Blitzableitern sowie wohl seine Versuche menten. Dabei wurden irdische Gegen- mit der Influenzmaschine [4]. stände durch die Instrumente beobachtet und mit unvergrößertem natürlichem Besonders aufschlussreich ist: „Berich- Bild verglichen. Die Änderungen bei te über Blitzeinschläge in der Provinz verschiedenen Entfernungen notiert, um Schleswig-Holstein von Dr. Leonhard We- Gesetzmäßigkeiten zu zeigen. Arbeiten ber. Kiel 1882“, welches der Verfasser an mit dem Mikroskop betrafen auch Dinge L. Matthiessen schickte. Aus einem dieser wie die Federn eines Kolibris, die Schup- Berichte, Seite 16: Hier wird der Einschlag pen des Zanders, Flügel von Mücke und in die Kirche St. Annen, Kreis Norddith- Stubenfliege wie auch verschiedene Höl- marschen beschrieben. Am 12. Juli 1881 zer im Längsschnitt und andere Objekte. gegen 11.00 Uhr: Der Blitz kam ohne Re- Des Weiteren untersuchte L. Matthiessen gen bei bewölktem Himmel, das Gewitter 1 Bildnis H. F. L. Matthiessen, besonders die Lichtbrechung in festen aus SW bei völliger Windstille. Die Kirche UA Rostock, Professorenbilder und flüssigen Körpern. „Publikationen war mit einem in der Herstellung begriffe- des astronomisch-meteoronomischen nen noch unvollendeten Blitzableiter ver- Observatoriums zu Rostock“, so heißt sehen. Nur vom Turm bis zum Dachfirst Zu jener Zeit waren Verhalten, Bewegung eine Schriftenreihe, in welcher Dr. L. war er fertig. Die Spitze bestand aus ver- und Spuren dieser natürlichen Entladun- Matthiessen seine Forschungsergebnisse goldetem Kupferkonus mit aufgesetzter gen noch nicht restlos erforscht worden. mitteilt und welche beim Schriftentausch Silberkuppe. Der Blitz schmolz die Spitze Auch zum Aufbau und zur Materie des weltweit bekannt gemacht werden. Jahr- bis auf einen Durchmesser von 4 mm an, Blitzkanals stellten sich viele Fragen. In gang 1903 enthält maßgebliche Arbeiten eine schneckenförmige Schmelzungs­ einem Sonderdruck aus einer Arbeit, die über: Brechung von Strahlenfächern im figur bildend, deren Windungen links- L. Matthiessen 1890 verfasste, schreibt er Hauptnormalabschnitt (Meridian), Seite läufig, d.h. von der Spitze nach der Basis dazu: „Man darf annehmen, dass sich in 4, Brechung von Strahlenfächern im Ne- gerechnet umgekehrt wie der Uhrzeiger der Axe des Funkenzylinders ein Strom bennormalschnitte (sagittal), S. 10, Vom verliefen. strahlender Materie (Crookes) bewege, Minimum der Ablenkung der austreten- der die Luft im Zylindermantel seitwärts den Strahlen zweiter Art, Seite 12, Über Der übrige Teil der Silberkappe war mit momentan comprimiert und zum Glühen secundäre Regenbogen, welche durch kleinen runden 0,1 – 3 mm Durchmes- veranlaßt.“ [5] Spiegelung der Sonne im Meeresspiegel ser messenden, in der Mitte kaum merk- entstehen, Seite 14. lich erhöhten unregelmäßigen und ver- Im Nachlass des Astronomen L. Matthies- einzelten Schmelzungsflecken bedeckt. sen befinden sich viele kleine Schriften Neben den Texten sind einige zeichne- Soweit der Blitzableiter vorhanden war, verschiedener Autoren zu Messinstru- rische, farbige Darstellungen zum bes- folgte ihm der Blitz ohne bemerkbare menten und fotografischen Möglichkei- seren Verständnis eingefügt worden. Im Spuren. Am unteren, noch unfertigem ten. Auch der Hinweis, dass er mit Fried- zweiten Jahrgang von 1904 sind Bei- Ende fuhr der Blitz in einen Träger des rich Simon Archenhold (1861-1939) träge über das Klima von Schwerin und Turmes, zersplitterte diesen, ging sodann bekannt war. Vom Gründer der Treptower der Temperaturkalender von Wustrow in die Gipsdecke, in welcher er sich in Sternwarte, die später nach dem Berliner (1853-1902) enthalten. Auch wird von den Drähten verteilte. Darauf in die Orgel Astronomen benannt wurde, bekam L. den Meteorologischen Stationen von und von hier mittels der eisernen Säulen Matthiessen ein Foto des „Photographi- Schwerin, Rostock, Wustrow und Kirch- in die Erde. Die diesen Weg bezeichnen- schen Apparates“ der Königlichen Stern- dorf berichtet. Im dritten Jahrgang von den Spuren waren folgende, Zersplitte- warte zu Berlin. Auch mit dem Bau des 1905 schreibt L. Matthiessen über seine rung eines Balkens; Durchbrechung und Auges der Wirbeltiere beschäftigte sich L. Forschungen zu kosmischen Ringnebeln teilweise Herunterwerfen der Gipsdecke; Matthiessen, wie aus einem Sonderdruck und die Saturnringe. Zum letzten Thema Umherwerfen der auf der Orgel liegenden hervorgeht. [5]. Diesem folgte ein Jahr meint er, „Abgeplattete Ringe scheinen Noten; Versagen einiger Stimmen der später ein weiterer Beitrag über dasselbe nur unter den kosmischen zu existieren. Orgel; Zersplitterung des Orgelgehäuses; Thema: „Die neueren Fortschritte in un- Dabei ändert sich offenbar immer das Schwärzung der Goldleisten an der Or- serer Kenntnis von dem optischen Baue Potential.“ [6] gel; Bildung zweier schwarzer Punkte, des Auges der Wirbeltiere“. Er wurde von denen je einer sich neben den bei- in einer Festschrift zum 70. Geburtstag Dass L. Matthiessen auch Mathematiker den Säulen befand, wo der Blitz von der von H. von Helmholtz, gedruckt, Ham- war, darauf weist seine Veröffentlichung Orgel aus das Holz durchschlug um auf burg und Leipzig: Leopold Voss. 1891. „Grundzüge der antiken und modernen die Säulen zu kommen. Aber die Themenvielfalt L. Matthies- Algebra der litteralen Gleichungen. Leip- sens ist mit diesem Beitrag noch lange zig: B. G. Teubner 1878“ hin. [1]

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gegenseitige Belehrung und Förderung neuer Forschungen im gesamten Gebiet der Naturkunde. Im Falle der Auflösung der Gesellschaft soll etwa übrig bleiben- des Vermögen der Universitätsbibliothek zur Anschaffung naturwissenschaftlicher Schriften anheimfallen“. Zu den Zusam- menkünften trafen sich die Mitglieder im Physikalischen Institut oder im Zoologi- schen Institut, je nach dem Thema des Vortrags. So sprachen – genannt seien zwei Beispiele – L. Matthiessen im Physi- kalischen Institut „Über die elektrischen Kathodenstrahlen nach Röntgen“ sowie Dr. Otto Staude (1857-1928) über „Das Experiment in der Mathematik“ im Zoo- 2 Hofgebäude, Foto: Dr. Mönnig, 1885 logischen Institut. Zu den Treffen wurde empfohlen, ein Perspektiv mitzubringen. Es deutet darauf hin, dass am Schluss bei Das 1833/34 erbaute kleine Hofgebäude – Gravitation und Luftdruck mit Baro- klarem Himmel astronomische Beobach- (Abb. 2), welches zuerst das chemische meter und Höhenmessung tungen vorgesehen waren. Labor und das physikalische Kabinett – Optik mit Spektrometer, Sextant, beherbergte, danach 1844 Anatomisches Höhenmessung der Sonne, Spektral- Einzelne Beiträge aus dem Jahresband Institut wurde, bekam im Jahre 1878 die analyse, Wellenlängen und Polarisa­ der Gesellschaft wurden auch in der Ros- Physik. Nur zwei Jahre später zog Ros- tion des Lichtes tocker Zeitung abgedruckt. Ein Schriften- tock nach und hatte endlich 1880 auch – Wärmelehre mit verschiedenen Thermo­­­- tausch mit ähnlichen Gesellschaften in ein Physikalisches Institut, geleitet von metern, Wärmestrahlung, Abhängig- Deutschland und Europa sorgte für ge- L. Matthiessen. Alles für die Wasser- und keit von der Entfernung, Oberflächen genseitigen Informationszuwachs. Die- Stromversorgung wurde im Kellerraum und Temperatur [7] se Gesellschaft mit leicht verändertem untergebracht und installiert – so eine Namen arbeitete vom Ersten Weltkrieg elektrische Blockstation zur Stromerzeu- Das Jahr 1888 brachte noch mehr Aufga- (1914-1918) bis in die Zwanzigerjahre gung und Umformer für 65 Volt Gleich- ben für den umsichtigen Gelehrten, ihm des Zwanzigsten Jahrhunderts [9]. strom sowie weitere Maschinen. Im Erd- wurden das Fachgebiet Astronomie und geschoss befanden sich Arbeitszimmer, die Aufsicht über die astronomischen Der vielseitige Wissenschaftler wurde die Werkstatt und das Auditorium mit Instrumente zusätzlich übertragen. Her- 1862 Mitglied der mathematischen Ge- Schalttafeln zur Verteilung der Maschi- mann Karsten (1809-1877), mit dem L. sellschaft in Jena, 1883 Ehrendoktor der nenströme und Akkus. Auch eine Stark- Matthiessen viele Jahre lang zusammen medizinischen Fakultät der Universität stromleitung in die Aula des Hauptgebäu- gearbeitet hatte, war verstorben und des- Zürich sowie 1885 Mitglied der Akade- des kam von hier. Experimentierplätze sen Nachfolger hatten Rostock verlassen, mie der Naturforscher „Leopoldina“ in und Seminarräume sowie eine Dunkel- folglich kümmerte sich L. Matthiessen Halle/Saale [1]. kammer und ein Labor fanden in den auch noch um das mathematische Kabi- Räumen der ersten Etage ihren Platz. Auf nett. dem Dach befand sich ein kleiner Aufbau Literaturhinweise: mit eingezäunter Beobachtungsfläche für Das Wirken in der Öffentlichkeit war für [1] R. Mahnke, 1991: „Ludwig die Astronomie und die Meteorologie. L. Matthiessen selbstverständlich. Am Matthiessen - erster ordentlicher Bestens geeignet für Messungen von Me- 21. November 1882 wurde die „Naturfor- Professor der Physik an der Uni- ridiandurchgängen der Gestirne [1]. schende und Medizinische Gesellschaft versität Rostock“, in: Beiträge zur zu Rostock“ gegründet. Einer der Mit- Geschichte der Universität Rostock, Eine Laborordnung, die L. Matthiessen begründer war Prof. Dr. L. Matthiessen. Rostock, Heft 17, 19 erarbeitete, sorgte für einen reibungslo- Mitglieder waren vor allem Dozenten [2] L. Matthiessen, 1870: „Beobachtun- sen Arbeitsverlauf beim Lehrpersonal und der Medizinischen und Philosophischen gen und Positionsbestimmungen des den Studenten, welche auch das physika- Fakultät, promovierte oder examinier- Meteors vom 27. September 1870“, lische Praktikum hier absolvierten. Dafür te Assistenten, Ärzte, Apotheker, Leh- in Astronomische Nachrichten, Nr. hat der Professor extra „Aufgaben für die rer, die sich acht bis neun Mal im Jahr 1845-1846, Band 77, 320 Praktikanten des physikalischen Labora- zu ihren Beratungen trafen. Als Gäste [3] UA Rostock, Personalakte Prof. toriums der Universität Rostock“ in einer durften Ingenieure, Landwirte, Kaufleu- H. F. L. Matthiessen Sammlung 1885 zusammengestellt. Alles te und Studenten teilnehmen [8]. In den [4] UA Rostock, Nachlass Matthies- ist in Themenbereiche gegliedert, wie fol- Statuten wird unter anderem festgehal- sen 7, Forschungen zu Blitzen und gende Übersicht kurz zeigen soll. ten: „Die Gesellschaft hat zum Zweck Blitzableitern 1874-1901

VdS-Journal Nr. 59 Anzeige Entdecken Sie die Wunder des [5] H. F. L. Matthiessen, 1890: „Zur Kenntnis der Constitution des elektrischen Universums! Funkens“, in : Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht. Heft 6, Berlin, UA Rostock, Nachlass L. Matthiessen [6] H. F. L. Matthiessen: Publikationen des astronomisch-meteoronomischen Ob- servatoriums zu Rostock, Jahrgänge 1903-1905. Rostock, UB Rostock, Sign.: MK – 7920 (1)-(3), (1), S. 3-14; (2); (3), S.10. [7] H. F. L. Matthiessen, 1895: „Aufgaben für die Praktikanten des physikalischen Laboratoriums der Universität Rostock“, Rostock, UB Rostock, Sign.: MK-7975 39 [8] „Fünfzig Jahre Naturforschende und Medizinische Gesellschaft zu Rostock“, Rostock 1932. UB Rostock, Sondersammlungen, Sign.: MK – 10665 (10) 10 [9] StA Rostock, Naturforschende Gesellschaft zu Rostock, Sign.: 1.3.1. 76, Vereine

Rezension: Pierre Leich: Abschlussbericht zum Simon-Marius-Jubiläum 2014 Schriftreihe der Nürnberger Astronomischen Gesellschaft, Heft 6/2015, 23 Seiten 2014 war das Jahr des Simon Marius (siehe die Beiträge in Heft 50 und 51). Vor genau 400 Jahren hat der Gunzenhausener Astronom seine bedeutenden Jupiter- Das ist Space: Beobachtungen publiziert. Das Werk „Mundus Iolialis“ enthält die unabhängige Entdeckung der vier großen Jupitermonde, die später die „Galileischen“ genannt Vollgepackt mit infor ma tiven wurden. Obwohl Galilei seine Ergebnisse früher publizierte, werden Marius astro- Artikeln und atemberaubenden nomische Beiträge heute als zeitgleich und gleichwertig betrachtet. Leider war sein Fotos berichtet Space über die Ruf zur damaligen Zeit durch Galileis Plagiatsbehauptung beschädigt. Unstreitig ist Technik der Weltraumfahrt, ebenso dagegen die teleskopische Entdeckung des Andromedanebels am 5. Dezember 1612. wie über Astronomie und kosmische Phänomene. Die Nürnberger Astronomische Gesellschaft e.V. (NAA) und die Simon Marius Ge- sellschaft e.V. nahmen das Jubiläum zum Anlass, den (im Vergleich zu Galilei) eher unbekannten markgräflichen Hofmathematiker in großem Rahmen zu würdigen: 2014 wurde zum „Marius-Jahr“. Unter der Leitung von Pierre Leich reihte sich eine beachtliche Zahl von Veranstaltungen aneinander. Von den umfangreichen Aktivi- Testen Sie 2 × Space täten berichtet die vorliegende Schrift. mit 30 % Rabatt! 60 Veranstaltungen wurden zu Ehren von Simon Marius (1573-1624) durchgeführt; Lesen Sie 2 Ausgaben Space für insgesamt 66 Kooperationspartner waren beteiligt. Im Zentrum steht eine umfang- nur 11,90 €* statt 17,00 €* im Handel. reiche Internetpräsentation: das in vielen Sprachen erstellte „Marius-Portal“ (www. simon-marius.net). Zahlreiche Publikationen sind 2014 über Marius und seine Zeit Jetzt bestellen und vom erschienen. Die zentrale Tagung „Simon Marius und seine Zeit“ fand unter Betei- Test-Angebot pro‹ tieren: ligung namhafter Wissenschaftler in Nürnberg statt. Ein weiterer Höhepunkt: Der Asteroid 7984 wurde von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) auf den www.emedia.de/ Namen „Marius“ getauft. space-mini Der „Abschlussbericht“ ist ein beeindruckendes Dokument, das allen astronomisch und historisch Interessierten zu empfehlen ist. Es schildert die wesentlichen Details Telefon: 0541 80 009 126 der „Jahresveranstaltung“ – von der Planung, Durchführung bis zum Resümee. Man (Mo.–Fr. 8 20 Uhr, Sa. 1016 Uhr) merkt, welch enorme Arbeit in dem Projekt steckt. Es ist nachhaltig – insbesondere E Mail: [email protected] durch das „Marius-Portal“ – und Simon Marius dürfte nun endlich den Platz in der Post: eMedia Leserservice Wissenschaftsgeschichte gefunden haben, der ihm schon lange gebührt. Postfach 24 69 49014 Osnabrück Dr. Wolfgang Steinicke

*Preis in Deutschland. 80 Geschichte

Von Kometen und Katastrophen: Zur Frühgeschichte der Impakttheorien – Teil 1: Vom Ende des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts von Marc Oliver Maiwald

Vorbemerkung: Es handelt sich bei dem sollten das Bild der Natur als ein von damaligen Zeit lehnten die Vorstellung vorliegenden Artikel um die populäre Gott zum Wohle der Menschen sinnvoll eines Aussterbens von Tierarten ab. Sie Zusammenfassung einer umfangreiche- geordnetes System bestätigen (Physiko- teilten die Vorstellung einer umfassen- ren Arbeit, deren Veröffentlichung in theologie). den, hierarchischen „Kette des Seins“, Vorbereitung ist. Daher wurde hier auf in der im Rahmen der göttlichen Welt- alle Belege und Literaturangaben ver- Die Sintflut war für die Gelehrten aber ordnung alle Lebewesen ihren Platz hat- zichtet. nicht nur ein attraktives Erklärungsmo- ten und die nicht unterbrochen werden dell, weil sie durch die biblische (und an- sollte. Allenfalls menschliches Eingrei- In heutigen Rekonstruktionen der Ge- tike) literarische Tradition bestätigt wur- fen konnte Tierarten aussterben lassen. schichte der Erde und des Lebens spielen de. Am Ende des 17. Jh. wurde das aus Fanden sich fossil überlieferte Tierarten die Einschläge kosmischer Körper eine der biblischen Überlieferung hergeleitete nicht rezent, nahm man an, dass sie ein- große Rolle, etwa bei der Frage nach der Erdalter von etwa 6.000 Jahren noch fach noch nicht entdeckt seien. Entstehung des Mondes oder der Ursache weitgehend akzeptiert. Aktuell wirksa- der großen Massenaussterben wie dem me Kräfte wie die Erosion wirkten zu Der Schlüsselstellung der Sintflut ent- der Dinosaurier. Die Grundlage dieser langsam oder waren, wie Erdbeben und sprechend wurden ihre natürlichen Ur- Impakttheorien sind mathematisch-phy- Vulkanausbrüche, räumlich zu begrenzt, sachen intensiv diskutiert, insbesondere sikalische Simulationen von Impakten, um in dieser Zeit das Erscheinungsbild im Ursprungsland der Physikotheologie, die Ergebnisse der Sonnensystemfor- der Erdoberfläche zu formen. Also blie- Großbritannien. Robert Hooke (1635- schung seit den 1960er-Jahren und – im ben zur Erklärung nur Katastrophen wie 1703) mutmaßte, dass eine veränder- Falle des Dinosauriersterbens – geoche- eben die Sintflut. Es herrschte ein ein- te Lage der Erdachse auch die Lage der mische Untersuchungen. Theorien, die faches Bild der Erdgeschichte mit den Ozeane verändert haben könnte. Edmond Katastrophen in der Erdgeschichte auf zwei Großereignissen­ der Genesis und Halley (1656-1742) wandte, gestützt auf die Begegnung der Erde mit einem Ko- der Sintflut; seither sollte sich die Erd- den Vergleich älterer und neuerer astro- meten zurückführen, gab es aber schon oberfläche nur wenig verändert haben. nomischer Beobachtungen ein, dass die seit dem Ende des 17. Jh. Freilich beruh- So galten die – noch wenig erforschten normalen Veränderungen in der Lage ten sie auf ganz anderen Grundlagen und - Gebirge als Aufschwemmungen oder der Erdachse zu langsam seien, um eine sollten andere Fragestellungen als die ausgewaschene Ruinen der Sintflut. plötzliche Flut zu erklären – doch der heutigen beantworten. „unvorhergesehene Stoß eines vorbeizie- Vor allem bot die Sintflut eine plausible henden Körpers, wie eines Kometen oder Ihre Entstehung verdanken die kometa- Erklärung für eines der wichtigsten Pro­ Ähnlichem“ könnte eine rasche Verlage- rischen Katastrophentheorien der Fra- bleme der Erdwissenschaften, nämlich rung der Erdachse und der Ozeane be- ge nach den Ursachen der Sintflut. Die das der geografischen Verbreitung der wirken. Damit stellte er 1686 die erste galt am Ende des 17. Jh. als das nach Fossilien. Wer diese als frühere Lebewe- Impakttheorie auf. der Genesis wichtigste Ereignis der Erd- sen betrachtete, musste erklären, wieso geschichte. Die meisten Gelehrten ver- man die Reste von Meerestieren auf ho- Voraussetzung dafür war die neue The- suchten damals, biblische Tradition und hen Bergen oder die von Tropentieren in orie der Kometen von Isaac Newton christlichen Glauben mit den Ergebnis- nördlichen Breiten fand. Die Verschwem- (1643-1727). Newton war es mit seiner sen der Naturwissenschaften in Überein- mung durch eine weltumspannende Flut neuen Gravitationstheorie gelungen, den stimmung zu bringen. So wurden Rekon- war zweifellos eine plausible Erklärung. Kometen einen Platz unter den Körpern struktionen der Erdgeschichte nicht nur Und die horizontale Aufeinanderfolge des Sonnensystems zuzuweisen, näm- am „Zeugnis der Natur“, sondern auch verschiedener Gesteinsarten und Fossili- lich in parabelähnlichen Bahnen um am „Zeugnis der Schrift“ orientiert. An- en konnte damit erklärt werden, dass sie die Sonne. Er schrieb ihnen Massen in dererseits sollte aber auch das göttliche sich nach Dichte sortiert aus den Was- ähnlicher Größenordnung wie den Pla- Wirken soweit wie möglich im Rahmen sermassen der Sintflut abgelagert hätten. neten zu. Indem er zeigte, dass auch sie der Naturgesetze erfolgen – etwa indem den Naturgesetzen gehorchten, entzog er die Wassermassen der Sintflut aus na- Heute soll mit Impakttheorien dagegen dem alten Aberglauben, dass sie göttli- türlichen Quellen entspringen sollten. das Aussterben von Tierarten erklärt che Unglücksboten seien, den Boden. Ähnliches galt für Astronomie und Phy- werden. Wir werden sehen, dass das Aber auch für Newton und Halley kam sik. Neue Beobachtungen und Theorien auch für einige Theorien des späten 17. den Kometen eine Rolle in einem durch wie die Newtonsche Gravitationstheorie Jh. galt; doch die meisten Gelehrten der Gott sinnvoll geordneten Kosmos zu

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– die durchaus unheilvoll sein konnte. sterben als auch eine längere und kom- dort größere Bekanntheit. Ihr wichtigster Einerseits waren sie Teil der geordneten plexere Erdgeschichte, im Widerspruch Anhänger war der Pfarrer Johann Heyn Natur, den allgemeinen Naturgesetzen zum wissenschaftlichen Mainstream ih- (1709-1746). Auch für die deutschen unterliegend – andererseits brachten sie rer Zeit. Doch weder diskutierten sie die- Whistonianer bestand ein untrennbarer spontane Veränderungen in das statische se Theorie ausführlicher noch versuchten Zusammenhang der kometarischen Sint- System der Planeten. sie, sie anhand des Fossilbefundes zu be- fluttheorie mit Newtons Gravitations- legen. Bei Newton – und damit indirekt und Kometentheorie. Umgekehrt zweifel- Einige Jahre später kam Halley noch auch bei Halleys revidierter These – wa- ten daher Kritiker dieser Sintfluttheorie, einmal ausführlicher auf die Ursache der ren diese Überlegungen wohl eher durch wie der Astronom und Theologe Johann Sintflut zurück. Dabei ging er – unty- theologische Spekulationen als durch Bernhard Wiedeburg (1687-1766) oder pisch für diese Zeit – recht frei mit dem Beobachtungen in der Natur motiviert. Christian Gottlieb Guttmann, auch an Bibeltext um. So vermerkte er ohne jeden der Theorie der allgemeinen Massenan- weiteren Kommentar, dass seine Theo- Zum wissenschaftlichen Durchbruch ziehung und der Newtonschen Kometen- rie nicht mit der Erzählung von Noahs – und großer öffentlicher Popularität theorie. Arche übereinstimmte. Auch in dieser – verhalf den kometarischen Katastro- Fassung seiner Theorie ging er von ei- phentheorien aber nicht Halley, sondern Zu den letzten Vertretern der Whiston- ner Verlagerung der Erdachse aus und William Whiston (1667-1752) im Jahr schen Tradition gehörte der protestan- deutete das bei gleicher geografischer 1696. Anders als Halley hielt sich Whis- tische Theologe Friedrich Wilhelm Sack Breite im Vergleich zu Europa kältere ton bei seiner Rekonstruktion der Sintflut (1703-1786). 1786 wollte er, wie Whis- Klima Nordamerikas als Indiz für dessen sehr eng an die biblische Überlieferung ton, den biblischen Sintflutbericht natur- frühere polnahe Lage. Hauptursache der und entsprach damit mehr dem Zeitgeist. wissenschaftlich erklären, kehrte jedoch geologischen Veränderungen war seiner Auch er argumentierte ganz auf der Basis in expliziter Abgrenzung von diesem zu Meinung nach, dass sich die Wassermas- der Newtonschen Gravitations- und Ko- einem (im Detail bizarren) Kollisionsmo- sen des Ozeans auf die Einschlagstelle metentheorie. dell zurück. Es ist als Kuriosum erwäh- gestürzt und dabei Meerestiere auf das nenswert, weil Sack postulierte, dass eine Festland geschwemmt hätten; sogar die Für Whiston stand die ganze Geschichte Kollision nahe des Südpols die Kontinen- Gebirge deutete Halley als Aufschwem- der Erde im Zeichen der Kometen. Der te nach Norden verschoben und so das mungen der Sintflut. In Depressionen Erdball selber war für ihn ein Komet, den Übergewicht der Landmassen im Norden wie dem kaspischen Meer sah er die Spu- Gott auf eine kreisförmige Bahn umge- verursacht habe – die Antarktis war da- ren von Impakten. lenkt hatte – danach hätten dann die in mals noch nicht bekannt. Von der Fach- der Genesis geschilderten Ereignisse ein- welt wurde diese frühe Theorie der Kon- Halley distanzierte sich jedoch später auf gesetzt. Auch der Weltbrand am Ende der tinentalverschiebung freilich ignoriert. Intervention Newtons von dieser Sint- Zeit wird durch einen Kometen hervor- fluttheorie, da so gewaltige Katastrophen gerufen werden. Wie wir sahen, entstanden die frühen während der Existenz der Menschheit Impakttheorien zur Erklärung der Sint- nicht vorgekommen seien. Er hielt jedoch Seinen Ruhm verdankte Whiston der flut im Rahmen einer göttlichen Welt- daran fest, dass es solche Katastrophen Erklärung der Sintflut durch den nahen ordnung. Die Sintflut sollte vor allem in der Vorzeit gegeben habe. Er vermute- Vorübergang eines Kometen an der Erde. die geografische Verteilung der Fossilien te, dass ein Kometeneinschlag vielleicht Dieser ließ aus seinem Schweif Wasser erklären. Auf der Basis der Newtonschen schon einmal eine ganze Schöpfung vor auf die Erde regnen (der 40-tägige Re- Gravitations- und Kometentheorie er- der heutigen vernichtet und das Erschei- gen) und durch seine Gravitationskraft schienen Kometen als geeignete Agenten nungsbild der Erdoberfläche geprägt die Erdkruste zerbrechen und „Wasser der Veränderungen in einem ansonsten habe. Sinn solcher Katastrophen in der der Tiefe“ aufsteigen. Ganz im physiko- statischen System. Weltordnung war für Halley, eine un- theologischen Geist der Epoche brachte fruchtbar gewordene Erdoberfläche zu Whiston bis ins Detail den biblischen Um die Mitte des 18. Jh. begann die Phy- regenerieren und damit für eine neue Bericht mit seiner Sintfluttheorie in sikotheologie außer Mode zu kommen. Schöpfung vorzubereiten. Diese Über- Übereinstimmung und löste die Proble- Die gefühlte Bedrohung durch Kometen legungen ähnelten unveröffentlichten me der zeitgenössischen Erdwissenschaf- blieb jedoch bestehen; denn da immer Spekulationen Newtons, nach denen ten. 1714 glaubte er sogar, den Sintflut­ mehr Kometen bekannt wurden, die in Kometeneinschläge in die Sonne deren kometen als eine frühere Erscheinung die Nähe der Erde kamen, konnte ein Hitze soweit gesteigert hätten, dass alles des Großen Kometen von 1680 identifi- Zusammenstoß auch einfach durch sta- Leben auf der Erde ausgelöscht und in zieren zu können. tistische Wahrscheinlichkeit erfolgen. der Folge neu geschaffen worden sei – Auch in den Erdwissenschaften nahm als Beleg verwies Newton auf das geringe Nach Deutschland gelangte Whistons der Einfluss der biblischen Tradition ab. Alter der menschlichen Zivilisation. Theorie bereits um 1700, doch erst als Im zweiten Teil dieser Arbeit wollen wir in den 1740er-Jahren, begünstigt durch sehen, wie sich diese Änderungen auf Newton wie Halley implizierten hier so- einige große Kometenerscheinungen, die kometarischen Katastrophentheorien wohl eine mögliche Vernichtung allen eine neue Kometenfurcht auch weitere auswirkten. Lebens und damit ein massenhaftes Aus- Bevölkerungskreise ergriff, erlangte sie

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Telescopium Newtonianum XXVII pedum – oder wie baue ich ein historisches Teleskop von Hans-Joachim Leue

Mit einer großen Feier ist am 28. Novem- ber 2015 im Borgfelder Landhaus in Lili- enthal der Nachbau des 27-füßigen Tele- skops von Johann Hieronymus Schroeter aus dem Jahre 1793 eingeweiht worden, exakt 222 Jahre nach Schroeters First Light am größten Teleskop seiner Stern- warte (Abb. 14).

Vor ca. 160 geladenen Gästen hielt Dr. Thomas Reiter, Direktor der ESA für be- mannte Raumfahrt und Missionsbetrieb, den Festvortrag. Einige Fachastronomen und Historiker waren erschienen; als Vertreter der volkstümlichen Astronomie überbrachte Dr. Andreas Hänel vom Pla- netarium Osnabrück die Grüße des Vor- 1 Schroeter-Zeichnung 1793 standes der Vereinigung der Sternfreun- de, VdS. feld der Öffentlichkeit gerückt. Er plante, Das zuerst angedachte Science Center Mit dem Nachbau ging nicht nur der das Flaggschiff der Lilienthaler Sternwarte mit Planetarium und der Rekonstruktion Wunsch von Dieter Gerdes in Erfüllung. Er im Amtsgarten wieder aufzubauen. Die der beiden Observatorien „Uranienlust“ hatte als Vorsitzender des Heimatvereins Gründer der AVL, Astronomische Verei- und „Urania-Tempel“ aus den Jahren mit zahlreichen Veröffentlichungen der nigung Lilienthal e.V.: L. Pézsa, K.-D. Uh- 1784 und 1795 mit einem Gesamtvolu- Schroeter-Beobachtungen und Beschrei- den und H.-J. Leue haben das Vorhaben men von 6,5 Millionen Euro sowie die bungen von Teleskopen aus den Jahren in die Satzung des Vereins geschrieben mehrfachen Umplanungen und Verklei- von 1784 bis 1816 den Oberamtmann und und es als Verpflichtung aufgenommen, nerungen scheiterten über den Zeitraum auch als Amateurastronomen bezeichne- sich für den Wiederaufbau einsetzen zu von nahezu 15 Jahren an der Einwer- ten Himmelsbeobachter wieder ins Blick- wollen. bung der Eigenmittel zu staatlichen För-

2 Sternwartenanlage Rekonstruktion – Dr.-Ing. F. Lühning

3 Modell des 27-Füßers – Dr.-Ing. F. Lühning

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derungsprogrammen. Inzwischen war für die geschäftsmäßige Abwicklung des Vorhabens eine Stiftungsgesellschaft ge- gründet worden, die TLF, Telescopium Lilienthal Foundation gGbmH.

Im Jahre 2014 ergab sich schließlich über eine Investmentgruppe die Möglichkeit, zumindest das 27-füßige Teleskop auf ihrem Grundstück im Dreieck zwischen Wörpe und Wümme am Ortseingang Li- lienthals in Anbindung mit dem Restau- rantbetrieb nachbauen zu können.

Außer der Bührmann A+I GmbH, einem ungenannten Spender aus Lilienthal, beteiligte sich neben vielen kleineren Spenden auch die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kunst mit einem größeren Betrag. Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma, geschäftsfüh- render Vorstand der Stiftung, ist ein Ver- 4 Prinzip der Tubus-Führung nach Herschel - Dr.-Ing. F. Lühning ehrer des Dichters Arno Schmidt, der in den 50er-Jahren einen Roman mit dem Arbeitstitel „Lilienthal 1801 – oder Die Als Vorlagen dienten die historische Jahre 2000 zur AG-Tagung in Bremen Astronomen“ geplant hatte. Zeichnung von Schroeter aus dem Jah- und Lilienthal Zeichnungen angefertigt, re 1793 (Abb. 1) zusammen mit der in die ihm als Vorlagen für den Bau von Nach einigen Monaten Vorplanung zu den „Aphroditographischen Fragmenten maßstabsgetreuen Modellen der Stern- Anfang 2015 wurde im Mai der Bauzei- zur genaueren Kenntnis des Planeten wartenanlage (Abb. 2) und des 27-fü- tenplan konkretisiert und auf ca. 4,5 Mo- Venus“ veröffentlichten „Beschreibung ßigen Teleskops dienten. (Abb. 3). Die nate festgeschrieben, mit dem Einwei- des Lilienthalischen 27füßigen Telescops, Bauart des Instrumentes entspricht einer hungstermin zum 28. November 2015. Es mit practischen Bemerkungen und Beob- von Wilhelm Herschel konzipierten Kon- galt, in dieser Zeit die Zeichnungen zu achtungen über erstellen, sowohl das Turm-Gebäude und die Größe der die Holzkonstruktion, das Fahrwerk, den Schöpfung“ aus Tubus mit der Optik sowie die Feinbewe- dem Jahre 1796. gung in Azimut und Höhe zu entwerfen und zu fertigen. Das Instrument muss- Dr. Felix Lüh- te sowohl in den äußeren Abmaßen als ning – Archen- auch in der Funktion dem Original von hold-Sternwarte 1793 nachgebaut werden! Berlin - hatte im

5 6 Azimutal- 7-füßiges Teleskop von J. G. F. spindel mit Schrader 1793 – Nachbau Leue. Scharnier Foto: J. Stracke, AVL

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7 Die Sohle wird gegossen 8 Die Tubus-Versiegelung

9 Der Turm im Rohbau 10 Das Fahrwerk kommt aus Bayern

11 Richtfest am 16. Oktober 2015, Foto: Fa. Lütken OHZ. 12 Der Tubus wird eingehängt

struktion eines altazimutal montierten Meter Höhe drehen kann. Auf ihr befin- 4 Rollen in beidseitigen Führungsschie- Newton-Teleskops. Schroeter hatte im det sich die Beobachterplattform mit der nen (Abb. 4). Jahre 1787 mit den von Herschel gekauf- Feinbewegung des Teleskops. Sie wird ten Fernrohrteilen ein 7-füßiges Teleskop am Tubusende über ein vertikales Stän- In Okularnähe ist der Tubus (Gewicht gebaut und es als Vorbild für die von derwerk von einem Fahrwerk abgestützt; 500 kg) über ein Scharnier drehbar auf- ihm modifizierte Bauart des 27-Füßers der Durchmesser des Spurkreises beträgt gehängt und mit der Azimutspindel ver- genommen. 22 Meter. Die Höhenverstellung des Roh- bunden (Abb. 5). res mit der Optik geschieht über einen Die sog. Montierung ist eine gabelarti- Flaschenzug, der über eine Seilwinde ei- Zur Spindelentlastung wird der Tubus ge, horizontal liegende Holzkonstruk- nen Rahmen bewegt, in dem sich über beidseitig über an Seilen befestigte Ge- tion, die sich um die Mittelachse eines eine Rolle der Tubus in Längsrichtung wichtskästen angehoben. Am Tubusende Fachwerkturmes (3,5 x 3,5 m2) von ca. 7 verschieben kann. Der Rahmen läuft mit geschieht eine Entlastung über ein am

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Vertikalständer auf- und ablaufendes Ge- gengewicht.

Zur Kompensation der Erddrehung (Fein- bewegung) wird das Teleskop über Zahn- und Spindeltriebe auf der Plattform vom Beobachter mit der Hand bewegt. Der Okulareinblick ist seitlich; von der bei Schroeter auch praktizierten Frontview- Beobachtung wurde abgesehen.

Die Beobachterplattform erreicht man 13 Der Spiegel wird eingesetzt über eine Treppe vom Turm-Zwischen- boden aus. Schroeter hatte vier Luken in der Plattform, um das Gerät bei der Neu- Schroe­ter aus einer eigens entwickelten Die Planung und Überwachung lagen positionierung nicht komplett zurück- Bronzelegierung hergestellt - wurde als in den Händen von Klaus-Dieter Uh- fahren zu müssen. Der Aufgang wurde Glasspiegel von der Fa. Astro Optik Marti- den (Management), Hans-Joachim Leue hier durch eine mitdrehende Wendel- ni geschliffen. Er misst 50,5 cm im Durch- (Technische Leitung) und Helmut Minkus truppe mit nur einer Luke ersetzt. messer bei einer Brennweite von 7,75 m. (CAD-Zeichnungen).

Der Autor erstellte zusammen mit einem Folgende Änderungen wurden vorge- Zwischenzeitlich musste einem Herstel- Tischler im Jahre 2001 einen funktions- nommen: Das Fahrwerk wird motorisch ler, der einen Großteil der Mechanik und fähigen Nachbau eines 7-füßigen Tele­ bewegt, um die bei Schroeter mit einer den Tubus fertigen sollte, gekündigt wer- skops von J. G. F. Schrader aus dem Jahr Glocke abrufbare Hilfskraft zum Weiter- den, weil er sich sowohl mental als auch 1792 und ist deshalb mit der Funktion bewegen des tonnenschweren Teleskops zeitlich hoffnungslos verkalkuliert hatte des Fernrohrtyps vertraut. Das Gerät, im über den Eingriff in eines der Speichenrä- und zum Risiko für das gesamte Projekt Besitz des Astrophysikalischen Instituts der zu ersetzen. Das Vertikalhubgetriebe wurde! In den Sommermonaten konnten der Uni Jena, konnte zur AG-Tagung wurde mit zwei parallelen Zahnstangen am Spiegel die empfindlichen optischen 2000 für ein Jahr nach Lilienthal aus- bestückt, welche die Tubuslast auf die Tests nicht durchgeführt werden, so dass geliehen werden und ist das einzig noch Azimutspindel gleichmäßiger verteilen. er erst in der Woche vor dem Einwei- verbliebene Instrument aus dem sog. Li- hungstermin in den Tubus eingebaut lienthaler Fernrohrbau (Abb. 6). Die Azimutspindel wird durch zwei Li- wurde (Abb. 13). nearführungen unterstützt. Und die zur Diese kleineren Herschel-Teleskope be- Sicherung und Unterstützung des Tubus- Die Bildergalerie zeigt den Fortschritt nötigen eine in sich geschachtelte zwei- Gegengewichtes am Vertikalständer be- bei den Bauarbeiten: vom Gießen der fache Vertikalverstellung, um den Tu- findliche zweite Seilwinde wurde mit auf Sohle (Abb. 7) bis zum First Light am bus nahezu in den Zenit zu bekommen. die Plattform gesetzt. 15.03.2016 (Abb. 15). Schroeter lässt den Tubus beim 27-Füßer „durchhängen“, wobei der Okularein- blick dann fast in gleicher Höhe bleibt. Er benutzt den Vertikaltrieb lediglich für die Höhenverstellung während der Beob- achtung.

Der 27-Füßer wurde konstruktiv und si- cherheitstechnisch dem heutigen Stand der Technik angepasst, wobei die histo- risch überlieferte Handhabung grund- sätzlich beibehalten wurde. Das Fernrohr musste wegen des Publikumsverkehrs auch behördlichen Prüfungen standhalten.

Es konnte kein Replikat entstehen, weil das den finanziellen Rahmen gesprengt hätte und zu wenig Detail-Informationen vorhanden waren. Das heißt, es kamen gängige Fertigungstechniken, gängige Materialen und z.T. auch Fertigproduk- te zur Anwendung. Der Spiegel - bei 14 Einweihung am 28. November 2015

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Das 27-füßige Teleskop war das größte Fernrohr auf dem europäischen Festland und galt als Symbol für Wissenschaft, Forschung und Technologie der Zeit. Ziel ist es, diese astronomische Vergangen- heit zu würdigen und zu zeigen, wie und mit welcher Technik vor mehr als 200 Jahren astronomische Beobachtungen durch­geführt wurden und zu welchen Ergebnissen und Erkenntnissen die Ast- ronomen der Zeit kommen konnten.

Details sind der Homepage www. telescopium-lilienthal.de zu entnehmen. Seit April ist das Instrument für Besucher zugänglich. Die Anmeldung kann über Fotos sind vom Autor.) (Nicht gekennzeichnete die Rubrik Besichtigung erfolgen. 15 First Light am 15.03.2016 Wie kann man Kinder und Jugendliche nach- haltig für die Astronomie begeistern? – Ihre Beiträge sind gefragt! von Carolin Liefke Amateurastronomie hat heutzutage un- nomie auch langfristig zu ihrem Hobby. Schönheit des nächtlichen Sternhimmels glaublich viel zu bieten: Ein leistungs- Woran liegt das? Und was kann man da- mit eigenen Augen zu genießen (ein ech- fähiges Teleskop mit hinreichend großer gegen tun? tes Naturerlebnis, das gleichzeitig Inbe- Öffnung und in guter Qualität bekommt griff der Zeitlosigkeit ist), scheint dazu man bereits für relativ wenig Geld. Mo- Es wird ja viel geredet über „die Jugend nicht zu passen, ebenso wenig wie Ge- derne Kameras und digitale Bildbearbei- von heute“, die gerüchteweise ohne duld und Wissbegierde, die nötig sind, tung erlauben es dem Astrofotografen, Smartphone nicht mehr leben kann und um die mitunter recht komplexe Tele- mit steiler Lernkurve Bilder zu machen, ihre Freizeit ausschließlich in der virtu- skoptechnik wirklich zu meistern und die man vor 25 Jahren nicht mal mit ellen Welt sozialer Netzwerke verbringt. sich die dazugehörigen astronomischen professionellen Großteleskopen hinbe- Hinzu kommt: Im kontinuierlichen Strom Grundlagen anzueignen. Gleiches gilt für kommen hätte. Gleichzeitig steht dem der Neuigkeiten im Internet wechselt un- das gesellige Miteinander in einem astro- Selbstbauer das notwendige Material zur sere Aufmerksamkeit innerhalb kürzester nomischen Verein oder das Ehrenamt an Verfügung, um große Dobsons zu bauen, Zeit von der schönen Astro-Aufnahme einer Volkssternwarte. die dem visuellen Beobachter immer tie- zum nächsten banalen Youtube-Video fere Blicke in den Kosmos ermöglichen. oder irgendwelchen Promi-News. Die Ganz so einfach ist das aber natürlich Der wissenschaftlich Interessierte kann nicht, denn es gibt sie nach wie vor: jun- an unserem Hobby ebenso viel Freude ge Leute, die sich genau dafür interessie- haben wie der Genussbeobachter oder ren - vor allem aber auch diejenigen, de- der Tüftler und Bastler. nen erst bewusst gemacht werden muss, dass sie sich dafür interessieren könnten, Dennoch haben viele Vereine und Volks- weil sie keine Vorstellung davon haben, sternwarten ernsthafte Nachwuchssor- was die Amateurastronomie alles zu bie- gen, und das nicht erst seit gestern. Der ten hat - und die gilt es zu erreichen. Altersdurchschnitt der Mitglieder bzw. derjenigen, die länger dabeibleiben und Dass offenbar auch die astronomische sich engagieren, wird immer höher und Jugendarbeit mit der Zeit gehen muss, ist höher, und das betrifft letztlich genau- dabei nur ein Aspekt - wer beispielsweise so auch die VdS. Gleichzeitig ist das ge- ausschließlich auf der Nutzung der dreh- nerelle Interesse an der Astronomie bei baren Sternkarte beharrt und Apps zur Kindern und Jugendlichen ungebrochen, Orientierung am Sternhimmel fürs Han- aber die wenigsten machen die Astro- dy komplett ignoriert, wird beim astro-

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nomischen Nachwuchs zwangsläufig als mit Gips modellierten Kraterlandschaft rer mit zurückgreifen können. Und hier Ewiggestriger dastehen. Dennoch muss die unterschiedlichen Sonnenstände si- kommt diese Rubrik im VdS-Journal man auch heutzutage keine große Show mulierte - eine schöne Idee, die sich für Astronomie ins Spiel, die ab sofort aufbieten, um das Interesse von Kindern leicht nachbauen ließe, idealerweise von regelmäßig Ideen und Anregungen für und Jugendlichen zu wecken, oft sind es Kindern und Jugendlichen selber. die astronomische Nachwuchsarbeit bie- gerade die kleinen, einfachen Dinge, die ten wird, die zum Nachmachen anregen begeistern und faszinieren. Ein typisches Um Bastelprojekte wie dieses zum Bei- sollen. Das heißt umgekehrt aber auch: Beispiel begegnete mir auf der AME spiel im Rahmen einer Jugendgruppe Teilen Sie Ihr Wissen mit uns und berich- 2010: Die Astronomische Vereinigung anzugehen, hilft es aber natürlich un- ten Sie hier, mit welchen Aktivitäten Sie Rottweil hatte ein Demonstrationsmodell gemein zu wissen, welche Ideen andere Kinder und Jugendliche an die Astrono- zum Kontrast auf der Mondoberfläche schon erfolgreich umgesetzt haben. Statt mie heranführen - Ihre Kollegen werden bei verschiedenen Mondphasen dabei, selber das Rad neu zu erfinden, sollte es Ihnen danken! bei der eine schwenkbare Lampe über der man auf den Erfahrungsschatz ande- Mit ASI und DMK Asteroiden- einschläge simulieren von Carolin Liefke

Beim Thema Asteroiden werden Kinder und Jugendliche – ebenso wie unbetei- ligte Erwachsene – wohl kaum unmit- telbar an das systematische Beobachten von Kleinplaneten und die Möglichkeit denken, damit selbst wichtige Beiträge zur Erfassung zum Beispiel potenziell gefährlicher erdnaher Asteroiden leisten zu können. Viel präsenter sind dagegen Asteroideneinschläge, sei es als Ursache für das Aussterben der Dinosaurier oder als Stoff für Hollywoodverfilmungen à la und Armageddon. Wer sich näher für Astronomie interessiert, hat zudem mit dem Mond ein dankbares Be- obachtungsobjekt, das einem schon mit einem kleinen Teleskop die Krater, die bei solchen Impaktereignissen entstehen, eindrucksvoll vor Augen führt. 1 Strahlenkrater, wie sie sich in einer mit Mehl gefüllten Schale mit einer Kakao- Deckschicht nach dem „Einschlag“ von Murmeln ausbilden. Die Ähnlichkeit mit Warum also nicht einfach mal der Ent- bekannten Strahlenkratern auf dem Mond wie Tycho ist deutlich zu erkennen. stehung von Einschlagskratern mit ei- nem kleinen Experiment nachspüren? Der grundlegende Aufbau ist schnell Das Ergebnis sind eindrucksvolle Strah- aus größerer Höhe fallen lässt, wird mehr gemacht: Benötigt wird eine Schale lensysteme, wie wir sie im großen Maß- helles Mehl ausgeworfen als zuvor. oder ein Backblech, das mit Mehl auf- stab von markanten Mondkratern wie gefüllt wird. Als Deckschicht streut man Tycho kennen (vgl. Abb. 1). Helles Ma- Von einem echten Einschlagskrater un- (am besten mit einem feinen Sieb) Ka- terial von unterhalb der Deckschicht ist terscheidet sich unser kleines Kratermo- kaopulver gleichmäßig darüber, so dass offensichtlich beim Auftreffen des Ein- dell allerdings dadurch, dass der Ein- das Ganze eine gewisse Ähnlichkeit mit schlagkörpers verdrängt und zur Seite schlagkörper vollkommen unversehrt Tiramisu bekommt. Als Einschlagkör- geschleudert worden. Schon Kinder im darin liegt, während sich in der Mitte per können kleine Steinchen, Murmeln Kindergartenalter können so nachvoll- von Mondkratern allenfalls deutlich klei- oder Metallkügelchen (zum Beispiel aus ziehen, dass bei der Kraterbildung nicht nere Zentralberge ausbilden, die aber gar einem ausgedienten Kugellager) dienen, einfach nur ein Loch in den Boden ge- nicht aus Material des Ursprungskörpers die man aus etwa einem bis eineinhalb drückt wird. Außerdem zeigt sich: Grö- bestehen. Hier gilt es nun, die Versu- Metern Höhe einfach in die Schale fallen ßere Einschlagkörper machen größere che in Gedanken weiterzuführen: Was lässt. Krater, und wenn man denselben Körper könnte passieren, wenn die Auftreff­

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Wandelt man das Ursprungsexperiment ab und verwendet beispielsweise eine schwere Boule-Kugel aus Metall, die man in einen Sandkasten fallen lässt, kann man die Druckwelle verfolgen, die nach dem Auftreffen der Kugel durch den Sand läuft. Die Abbildung 2 zeigt eine entsprechende Bildsequenz. Ebenso lässt sich dokumentieren, wie in einem kurzen Moment des freien Falls Tröpfchen, die beim Auftreffen auf eine Wasseroberflä- che gebildet werden, eine exakte Kugel- form annehmen.

Astrofotografen, die sich auf Sonne, Mond und Planeten spezialisiert haben, können allerdings nochmal deutlich bes- sere Aufnahmen im Zeitlupenmodus ma- 2 Einzelbilder aus einem Video, das das Auftreffen einer Boule-Kugel und die sich chen und dabei auf ihre bereits vorhande- anschließende Ausbreitung der Druckwelle im Sand eines Beachvolleyballfeldes ne Ausrüstung zurückgreifen: Die in der dokumentiert. Aufgenommen mit einer Casio Exilim ZR200 bei 480 fps, das Bildformat Videoastronomie zum Einsatz kommen- beträgt dann maximal 224 x 160 Pixel. den Kameras sind für solche Versuche prädestiniert. Das Einzige, was man dazu noch benötigt, ist ein passendes Objektiv, geschwindigkeiten der Einschlagkörper geschwindigkeitsaufnahmen zu machen. wobei einige Modelle von ZWO, insbeson- immer größer werden? Irgendwann zer- An dieser Stelle seien beispielhaft die dere die derzeit gängige ASI120, bereits brechen sie bei der Wucht des Aufpralls, relativ günstigen Kompaktkameras der eins im Lieferumfang hat. Da die meis- und schließlich kommt es zu gewaltigen Casio-Exilim-ZR-Serie genannt, die Vi- ten übrigen Kameras mit kleinerem Chip Explosionen, bei denen Einschlagkörper deos mit bis zu 1.000 Bildern pro Sekun- von Haus aus über C- bzw. CS-Mount- und Bodenmaterial aufgeschmolzen und de aufnehmen können, wenn auch mit Anschlüsse verfügen oder daran adaptiert verdampft werden. Aber Vorsicht: Kinder deutlich schlechterer Bildqualität als im werden können, erhält man einfache, pas- wollen dann natürlich unbedingt aus- Normalbetrieb. Mit der normalen Bild- sende Optiken für Überwachungskameras probieren, wie weit sie mit den ihnen zur frequenz abgespielt zeigen solche Videos bereits für ein paar Euro im Elektronik- Verfügung stehenden Materialien kom- die Kraterbildung in Zeitlupe. versand. Alternativ lassen sich über den men, und schleudern ihre Steinchen und jeweils passenden Adapter auf C-Mount Kugeln mit möglichst viel Kraft in das In solchen Zeitlupenvideos werden dann auch Spiegelreflexkameraobjektive an- Mehl, was sich daraufhin meist großflä- leicht weitere Phänomene sichtbar. schließen. Manche Kameras mit größe- chig verteilt. Man sollte daher im Vorfeld eine Plane oder abwischbare Tischdecke unterlegen oder das Experiment, wenn möglich, draußen durchführen.

Aber wie läuft so ein Einschlag nun eigentlich genau ab? Viel zu schnell jedenfalls, um mit bloßem Auge alle Details erkennen zu können. Abhilfe schaffen Videoaufnahmen, bei denen man die entscheidenden Momente Bild für Bild abspielen kann. Schon mit der Videofunktion einfacher Digitalkame- ras kommt man so zu beeindruckenden Ergebnissen, die zeigen, wie das helle Mehl beim Auftreffen des Einschlagkör- pers ausgeworfen wird. Eine gewisses Maß an Bewegungsunschärfe bleibt aber auch bei den für Videodateien typischen 3 Kombinationsmöglichkeiten von Kameras und Objektiven. Von links nach rechts: Bildfrequenzen von 25 bis 30 Bildern pro ASI120 mit mitgeliefertem CS-Mount-Objektiv, DMK mit altem C-Mount-Objektiv einer Sekunde bestehen. Eine Ausnahme bil- 16-mm-Filmkamera, DMK mit C-Mount-Adapter und Spiegelreflexkameraobjektiv, den Kameras, die in der Lage sind, Hoch­ ASI174 mit altem Spiegelreflexkameraobjektiv.

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4 Impressionen vom „Einschlag“ einer Metallkugel in Mehl, aufgenommen mit der ASI174 bei 200 fps.

rem Chip wie die beliebte ASI174 haben einen M42-Anschluss, hierzu finden sich auf dem Gebrauchtmarkt passende alte Spiegel­reflexkameraoptiken (Abb. 3).

Während ältere, weit verbreitete Kame- ramodelle wie die DMKs auch nur mit Frameraten von maximal 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen können, schaffen die heutigen USB-3.0-Kameras in Kom- bination mit einer schnellen Festplatte problemlos Datenraten, die mehreren 100 Bildern pro Sekunde entsprechen. Reichen die Lichtverhältnisse dann nicht mehr aus, kann man mit einem Halo- genscheinwerfer oder einem kleinen geschleudert wird und auf den Kakao he- sehr gute Videos machen, zwar mit ge- Baustrahler nachhelfen. So erhält man runterregnet. Aber auch mit den älteren ringerer Zeitauflösung, aber dennoch eindrucksvolle Videos, die zeigen, wie im Kameras mit kleineren Frameraten lassen meist mit deutlich besserer Schärfe als Tiramisu-Modell das helle Mehl zur Seite sich aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit mit normalen Digitalkameras. Die Reiff-Preise 2015 von Carolin Liefke

Seit 2009 vergibt die Reiff-Stiftung für Amateur- und Schulastronomie jährlich den Reiff-Preis. Mit diesem Förderpreis zeichnet die Stiftung amateur- oder schulastronomische Projekte in den bei- den Kategorien „Projekte von Arbeits- gruppen in Amateurvereinen und an weiterführenden Schulen“ und „Astrono- mie-Projekte für das Kindergarten- und Grundschulalter“ mit Geldpreisen von insgesamt 6.500 Euro aus. In der ersten Kategorie werden dabei drei Preise zu je 3.000, 2.000 und 1.000 Euro vergeben, in der zweiten Kategorie ein Preis zu 500 Euro.

Für die Kategorie 1 des Förderpreises waren im Jahr 2015 neun durchweg sehr gute Bewerbungen eingegangen, in erster 1 Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums Munderkingen beim Beobachten Linie von Schulen, aber durchaus auch der partiellen Sonnenfinsternis am 20. März 2015 aus dem Amateurbereich. Die Vielfalt und Qualität der vorgestellten Projekte - von der sorgfältigen fotografischen Do- le zu einem touristischen Anziehungs- Die Auswahl der Preisträger fiel der Jury kumentation des Analemmas durch die punkt geworden ist – zeigen ebenso wie daher alles andere als leicht. Astronomie-AG des Johann-Heinrich- die unermüdliche Jugendarbeit in Verei- Pestalozzi-Gymnasiums in Rodewisch nen wie zum Beispiel bei den Astrokids Den 3. Preis erhielten die ASTROlinos, bis hin zur Konzeption und Errichtung der Sternfreunde Münster, mit welchem die Kinder- und Jugendgruppe der Gesell­ eines kompletten Planetenwegs durch Ideenreichtum und mit wie viel Enthusi- schaft für astronomische Bildung e.V. das Gymnasium Marne, der mittlerwei- asmus die Beteiligten zu Werke gingen. in Halle, die von Dirk, René und Inga

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2 Übergabe der Urkunde an Sonja Burge- meister und weitere Mitglieder der VEGA am 28. November 2015 im Haus der Astronomie in Heidelberg

Schlesier sowie Angelique Schuchhardt Schulformen für Naturwissenschaften zu nehmern der Vorjahre erwächst immer und Ditmar Erdmann betreut werden. begeistern und zu außergewöhnlichen wieder aufs Neue die nächste Generati- Die ASTROlinos organisieren unter an- Leistungen zu motivieren. Das Preisgeld on von Leitern der zahlreichen während derem regelmäßig die SternFrageZeit des 2. Preises dient der Anschaffung eines des Camps angebotenen Arbeitsgemein- für ALLE, öffentliche Veranstaltungen Ha-Teleskops und weiterer Materialien, schaften und Workshops. Für die Teil- zu verschiedenen astronomischen The- die es möglich machen, Projekte rund um nehmer sind die zwei Wochen des ASL men, die sich nicht auf die Mitglieder die Sonne in das Nachmittagsangebot des mit seiner intensiven Atmosphäre eine der Gruppe beschränken, sondern sich an Schulzentrums einzubetten und zusätz- ganz besondere Zeit, in der zum einen alle interessierten Kinder aus Halle und lich auf den Grundschulteil der Schule die Astronomie im Vordergrund steht, Umgebung wenden. Das Besondere da- zu erweitern. zum anderen aber auch Freundschaften ran: Die SternFrageZeit wird vollständig fürs Leben geschlossen und durchaus von den jungen Nachwuchsastronomen Den 1. Preis gab es nicht für die Leis- wegweisende Entscheidungen für Stu- selbst durchgeführt. Allerdings müssen tung einer einzelnen Person oder ein dium und Berufswahl getroffen werden. die ASTROlinos noch immer unter den einmalig ablaufendes Projekt: Er geht an Einblicke in die Aktivitäten der Teilneh- Folgen des Saale-Hochwassers im Jahr die VEGA e.V., die aus der „Fachgruppe mer finden sich ja auch immer regelmä- 2013 leiden: Ihr „Zuhause“, das Raum- Jugendarbeit der VdS“ hervorgegangen ßig hier im VdS-Journal für Astronomie. flug-Planetarium Sigmund Jähn, musste ist und seit nunmehr 15 Jahren jährlich Das Preisgeld ermöglicht es, auch in die- aufgegeben werden und Teile ihrer Aus- während der Sommerferien an wechseln- sem Jahr die Teilnahmegebühren für das rüstung wurden zerstört. Um am neuen den Veranstaltungsorten das Astronomi- ASL niedrig zu halten und Teilnehmern Veranstaltungsort an der Universität sche Sommerlager für astronomieinter- aus einkommensschwachen Familien Halle dennoch möglichst viele Zuschau- essierte Jugendliche und Studenten aus eine Ermäßigung zu gewähren. er erreichen zu können, benötigen die ganz Deutschland auf die Beine stellt. Die ASTROlinos eine neue Multimediaaus- Protagonisten haben dabei über die Jahre In der Kategorie 2 gab es insgesamt stattung, und das Preisgeld wird hierzu hinweg gewechselt, denn aus den Teil- vier Bewerbungen von Kindergärten, einen Beitrag leisten.

Unter den schulischen Bewerbern fielen insbesondere die zahlreichen und auf- wendigen Aktivitäten der Astronomie- AG des Schulzentrums Munderkingen unter der Leitung von Realschullehrer Rolf Stökler auf, der auch an der Volks- sternwarte Laupheim aktiv ist: Neben der Teilnahme am baden-württembergischen NANU-Wettbewerb haben die Schüler dort zum Beispiel astronomische Inhal- te in Form eines 45-minütigen Science- Fiction-Films umgesetzt, eigenständiges Verfassen des Drehbuchs, professionell gemachtem Dreh und anschließende Vi- deobearbeitung inklusive. Projekte, wie sie hier durchgeführt wurden, sind ein Paradebeispiel dafür, dass sich Astrono- mie in der Schule nicht nur an Gymnasi- asten als „zukünftige Astrophysikstuden- ten“ richten sollte, sondern im Gegenteil 3 Szene aus dem Musical „8ung Planeten, wir kommen!“ der Johann-Christian- vermag, Schülerinnen und Schüler aller Senckenberg-Schule in Runkel während der Uraufführung am 17. Juli 2015

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Grundschulen und aus dem Schülerfor- körper unseres Sonnensystems besucht konnten die jungen Weltraumreisenden schungszentrum Südwürttemberg. Den und dabei jede Menge über die Sonne, ihren Zuschauern unser Sonnensystem Preis erhielt der Grundschulteil der Jo- den Mond und die Planeten gelernt ha- nahebringen. hann-Christian-Senckenberg-Schule im ben. Die beteiligten Lehrkräfte haben im hessischen Runkel, der unter der Feder- Vorfeld Drehbuch und Liedtexte verfasst, Auch in diesem Jahr sind die Reiff-Preise führung von Mirjam Meteling mit fast über Monate hinweg mit den Schülerin- erneut ausgeschrieben. Die Jury hofft auf unvorstellbarem Aufwand das 75-mi- nen und Schülern Handlung, Gesang und viele Bewerbungen, auch für die Katego- Jugendnütige- astronomische Musical „8ung Texte einstudiert und im Rahmen einer rie 2, für die sich bislang noch nie Be- arbeit Planeten, wir kommen!“ realisiert hat, Projektwoche mit den Kindern Bühnen- werber aus dem Amateurbereich gefun- in dem drei Kinder als Raumfahrer mit bild und Kostüme gestaltet. In zwei ful- den haben. Weitere Informationen unter ihren beiden Robotern in wechselnder minanten Aufführungen, an denen alle www.reiff-stiftung.de/preis.html Besetzung die personifizierten Himmels- 170 Grundschüler beteiligt gewesen sind, Komet Catalina – Eigenheiten der Lichtkurve von Uwe Pilz und Thomas Lehmann

Der Komet C/2013 US10 wurde im Herbst 2013 von einem automatischen Such- dienst in einem Sonnenabstand von 8 AE entdeckt. Es ist ungewöhnlich, dass ein Komet in dieser Entfernung schon eine merkliche Gasentwicklung aufweist. Schon wenige Wochen später lagen elektronische Helligkeitsmessungen von Amateuren vor. Solche elektronische Messungen sind zwar für schwache Ko- meten geeignet, unterschätzen aber die Magnitude heller Kometen und sind des- halb für die Auswertung der gesamten Lichtkurve schlecht geeignet. Meine Be- trachtungen zur Lichtkurve stützen sich auf visuelle Helligkeitsmessungen, darin eingeschlossen die aus Kometenfotogra- fien gewonnenen quasi-visuellen Hellig- keiten von Thomas Lehmann. Er hat für diese Analysen eine Software entwickelt, welche frei verfügbar ist, und die er in einem Vortrag [1] beschrieben hat. Visu- elle Helligkeitswerte sind ab dem Oktober 2014 verfügbar. Catalina war in der Zeit vor dem Perihel nur von der Südhalb­ kugel aus beobachtbar. Im September wurde der Komet sonnennah und beob- achtbar. Seine Helligkeit hatte sich bis dahin auf fast 6 mag erhöht. Interessan- terweise gibt es keine Sichtung mit dem bloßen Auge, obwohl die Kometenbeob- achter dies stets versuchen: einen Kome- ten freisichtig zu erreichen.

Nach dem Perihel wurde Catalina am Nordhimmel sichtbar, die Helligkeit be- 1 Komet Catalina, 8. Dezember 2015, 05:21 UT, Instrument: 8-Zoll-Newton, f/2,8, 20 min trug immer noch knapp 6 mag. Aus belichtet mit Moravian-8300-CCD-Kamera (Norbert Mrozek)

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3 2 Lichtkurve von Catalina, basierend auf 642 Beobachtungen, davon Lichtkurve von Catalina, basierend auf quasi-visuellen 209 Messungen unserer Fachgruppe. Der Abschnitt vor dem Perihel Helligkeiten, gewonnen aus fotografischen Aufnahmen. ist mit 304 Messungen stark besetzt. Der Abschnitt vor dem Perihel ist mit 45 Messungen besetzt.

dieser Zeit stammt das schöne Foto von ligkeitsentwicklung, welche Änderungen Aktivität unter 2, d.h. unterhalb der Norbert Mrozek (Abb. 1). Während einer des Aktivitätsparameters bei Annähe- von Asteroiden. Dies bedeutet, dass die längeren Phase änderte sich die Hellig- rung an die Sonne nahelegen. Ich habe Gasproduktion bei Sonnenannäherung keit auf Grund der Bahngeometrie kaum, eine Analyse mit drei Abschnitten aus- nachgelassen haben müsste. nach dem Perihel liegen auch freisichtige geführt, welche in der Abbildung einge- Messungen vor. tragen wurden. Andreas Kammerer ist Zu ähnlich unplausiblen Resultaten führt vorsichtiger und rät von einer Untertei- Seiichi Yoshidas Analyse. Die Aktivität von Kometen wird durch lung der Lichtkurve ab. Er schreibt in [2]: zwei Werte beschrieben: Die Absolute „Dabei belegen die Helligkeitsschätzun- Thomas Lehmanns Auswertungen der

Helligkeit m1, welche ein Maß für das gen vor dem Perihel eine Entwicklung, Kometenfotografien berücksichtigen Ausmaß der aktiven Oberfläche ist und die nur mäßig gut mit nur einer Stan- nicht nur seine eigenen Aufnahmen, son- dem Aktivitätsparameter n, welcher an- dardformel dargestellt werden kann. Auf dern auch die anderer Beobachter. Seine gibt, in welchem Maß sich die Helligkeit der anderen Seite rechtfertigt das Kon- Berechnungsergebnisse bilden eine gut bei Annäherung an die Sonne verändert. fidenzband nur marginal eine Untertei- besetzte Lichtkurve, vor dem Perihel sind Für Asteroiden ist n=2 wegen des qua- lung in mehrere Phasen“. Seiichi Yoshida es 45 Werte. Der Vorteil seiner Methode dratischen Abstandsgesetzes. Kometen hingegen benutzt sogar vier Abschnitte besteht darin, dass sie frei von subjekti- weisen eine höhere Aktivität auf, weil [3]. Mein Drei-Abschnittsmodell legt Fol- ven Einflüssen ist. Ich habe die Auswer- zusätzlich zum Beleuchtungseffekt eine gendes nahe: tung nur mit diesen Daten wiederholt, mit Sonnennähe steigende Gas- und – Jenseits vom 3 AE Sonnenabstand und es ergibt sich ein ganz anderes Bild Staubproduktion erfolgt. Für Kometen, entwickelt sich der Komet mit n=2,9 (Abb. 3). Ich habe in diese Grafik die welche der Sonne zum ersten Mal nahe- unterdurchschnittlich. Dies ist unge- Messungen aller Beobachter eingetragen, kommen, bewegt sich der Aktivitätspara- wöhnlich, da die Aktivität in diesem Thomas Messungen vor dem Perihel habe meter zwischen 3 und 4. Um die Aktivität Bahnabschnitt von flüchtigen Gasen ich blau hervorgehoben.

zu präsentieren, benutzt man ein Koordi- wie CO und CO2 dominiert ist, welche natensystem, welches die Helligkeit über üblicherweise zu einer Aktivität von Es zeigt sich: dem Logarithmus des Sonnenabstandes n>4 führen – Jenseits von 2 AE lässt sich eine kräfti- darstellt. Die Helligkeitsentwicklung lässt – Mit Erreichen der Eisgrenze steigt ge Gasproduktion feststellen, n ist fast sich dann meist durch eine Gerade annä- die Aktivität auf ein überhohes Maß 4. Dies ist der Abschnitt, in welchem

hern, deren Anstieg die Aktivität wider- an. Dies ist wiederum seltsam, da die die CO- und CO2-Produktion einen er- spiegelt (Abb. 2). Wasserproduktion­ frischer Kometen heblichen Anteil an der Gasentwick- Aktivitäten ergibt, für die n=4 schon lung hat. Vor dem Perihel zeigt die Lichtkurve von hoch ist. – In der Nähe des Perihels sinkt die Pro- Catalina verschiedene Phasen der Hel- – Nahe am Perihel liegt die rechnerische duktion auf n=2,5. Dieser Wert liegt

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oberhalb des reinen Beleuchtungs­ von nur 4 Beobachtern her, zwei erfah- liegen, was die Beobachtergemeinde ge- effektes und ist deshalb zumindest renen und zwei, welche nur den hellen rade zu sehen meint. Vielleicht sind es plausibel. Abschnitt vermessen haben. Wenn man gerade diese Werte, welche dem physika- – Der Abschnitt nach dem Perihel lässt deren Messungen entfernt, harmoniert lischen Geschehen nahekommen. sich durchgängig mit einem Modell die Lichtkurve gut mit den quasi-visuel- gut beschreiben. Die Aktivität ist ähn- len Werten. Literaturhinweise und Weblinks: lich derjenigen vor dem Perihel (etwas [1] T. Lehmann, 2015: „Total höher). Ich habe festgestellt, dass es in der Ko- magnitudes from CCD/DSLR pho- Es ergibt sich ein insgesamt schlüssiges metenastronomie den „Willen“ gibt, ei- tometry“, ECC 2015, Präsentation Bild. nen Kometen besonders hell zu sehen. verfügbar unter kometen.fg-vds.de/ Die rasche Verfügbarkeit von Messwer- publ.htm Wieso jedoch weichen die visuellen Be- ten über das Internet hat offenbar dazu [2] Fachgruppe Kometen, 2016: stimmungen vor dem Perihel so stark von geführt, dass sich einige Werte-Einsender „C/2013 US10 (Catalina)“, den quasi-visuellen Werten ab? Hierü- im Beobachtungseifer gegenseitig hoch- kometen.fg-vds.de/koj_2015/ ber kann ich nur mutmaßen. Der Komet geschaukelt haben und unkritisch Werte c2013us10/13us_aus.htm stand seinerzeit am Südhimmel. Obwohl publizierten. Ich kann nur dazu raten, die (2. Mai 2016) viele Messungen vorliegen, stammen Helligkeiten der Vergleichssterne nicht in [3] S. Yoshida, 2016: “C/2013 US10 diese nur von wenigen Beobachtern. Die die Aufsuchkarten zu drucken. Gemesse- (Catalina)”, www.aerith.net/comet/ besonders hellen, abweichenden Mess- ne Werte sollten stets publiziert werden catalog/2013US10/2013US10.html werte im August/September 2015 rühren – selbst wenn sie etwas außerhalb dessen (2. Mai 2016) Die Astronomietage 2017 und 2018 von Sven Melchert Die totale Sonnenfinsternis am 21. August 2017 wirft bereits Apropos Deep Sky: der Mond stört in dieser Nacht nicht, sprichwörtlich ihre Schatten voraus, für den Astronomietag er geht erst in den Morgenstunden als schmale Sichel auf. eignet sich dieser Montag aber nicht. Vielleicht nutzt die ein Weiter entlang der Ekliptik sind die Plejaden und Hyaden für oder andere Sternwarte trotzdem die Gelegenheit und bie- Besucher sehenswert, auch M 1 im Stier steht nicht weit von tet ein „Public viewing“ des Ereignisses an; an Live-Über- der Ekliptik entfernt. Der Kleinplanet (4) Vesta zieht unweit tragungen aus den USA wird es sicher nicht mangeln. Die von Pollux in den Zwillingen seine Bahn; mit 7,5 mag ein Finsternis findet zur besten Sendezeit statt: von ca. 18 bis 21 leichtes Ziel und dank der Aufnahmen der Raumsonde Dawn Uhr MESZ. Von Nordwestdeutschland aus oder noch weiter ein Thema für Vorträge oder Poster. westlich wird man gegen 20:40 MESZ bei Sonnenuntergang Entlang der Ekliptik folgen der offene Sternhaufen Praesepe sogar eine kleine partielle Sonnenfinsternis sehen können. im Krebs und im Löwen, doch bieten die sich abends verabschiedenden Wintersternbilder natürlich reichlich an- Der Astronomietag 2017 dere himmlische Highlights. Neben der totalen Sonnenfinsternis in den USA bietet das Jahr 2017 kein weiteres herausragendes Himmelsereignis. Tief im Osten geht Jupiter auf; ihn wird man zu späterer Der VdS-Vorstand hat daher den Astronomietag 2017 noch Stunde den Besuchern zeigen. Wenn gegen 2 Uhr Saturn einmal auf den „klassischen“ Termin festgelegt: den letzten aufgeht, haben die letzten Besucher (hoffentlich) schon den Samstag vor der Umstellung auf die Sommerzeit, damit es Heimweg angetreten. abends nicht so spät dunkel wird. Der Astronomietag 2017 findet am Samstag, den 25. März 2017 unter dem Motto Der Astronomietag 2018 „Schauspiele entlang der Sonnenbahn“ statt. Mit der „Son- In den nächsten Jahren werden sich die Oppositionstermine nenbahn“ ist natürlich die Ekliptik gemeint, die zu dieser der Planeten und somit der Astronomietag über den Sommer Jahreszeit abends steil zum Horizont steht. in den Herbst verschieben. Mars macht den Anfang: er steht im Jahr 2018 am 27. Juli in Opposition. Dies ist die erste Merkur bietet dann seine einzige Abendsichtbarkeit in die- Perihel-Opposition von Mars seit dem Jahr 2003 – die Me- sem Jahr. Er macht sich von 19:30 bis 20 Uhr am Westhim- dien werden den Anlass als Sommerlochthema gern aufgrei- mel bemerkbar. Weniger als 2,5 Grad von Merkur entfernt fen. Genau an diesem Abend findet zufällig auch eine totale steht übrigens Uranus, mit 6 mag wird man ihn aber selbst Mondfinsternis statt, der verfinsterte Vollmond steht nur 5,5 im Teleskop kaum sehen können. Grad von Mars entfernt. Ob Mars am Tag der Opposition tat- sächlich so groß wie der Mond erscheint – das behaupteten Deutlich höher steht Mars, derzeit im Sternbild Widder. Mit einige Blätter bei der Perihel-Opposition 2003 – wird sich 1,4 mag ist er nicht besonders auffällig, seine Scheibe misst somit leicht feststellen lassen. Einziger Haken: der 27. Juli ist weniger als fünf Bogensekunden. Aber als Überleitung zu ein Freitag, dieser Ausnahme sollten wir mit dem Astrono- den Deep-Sky-Objekten ist der rote Planet einen Besuch wert. mietag aber ausnahmsweise folgen.

VdS-Journal Nr. 59 94 Amateurteleskope / Selbstbau

1 Serienaufnahme der Eintrittsphase von Merkur von 11:14:00 bis 11:18:27 Der Merkur-Transit UT. Abstand zwischen den Aufnah- men jeweils 16 s. Instrumentierung: am 9. Mai 2016 Refraktor 150 mm/1.100 mm, eff. Brennweite 3.400 mm, Herschel­ von Werner E. Celnik und Peter Riepe prisma mit Graufilter ND 2,4, Kamera: DMK21AU618, jedes Bild Endlich wieder einmal ein Merkurtransit nach Mai 2003 und November 2006: Am ist das Ergebnis des Stackings eines 9. Mai 2016 zwischen 13:12:20 und 20:40:11 MESZ (= 11:12:20 bis 18:40:11 UT) zog Videos mit 900 frames und 15 s Merkur über die südliche Hälfte der Sonne, in Mitteleuropa vollständig zu beobachten, Dauer. Ort: Rheinberg. Bildautor: sofern das Wetter mitspielte. Leider war dies nicht überall der Fall. Im westlichen und Werner E. Celnik südwestlichen Mitteleuropa gab es mehr oder weniger dichte Bewölkung, örtlich sogar Unwetter. Die Luftmassengrenze bewegte sich gerade von Nordwest nach Südost über Deutschland, so dass vor allem in Nord- und Ost-Deutschland sehr gute Beobachtungs- 3 Merkur trat direkt bei einer Protube- bedingungen herrschten. ranz vor die Chromosphäre der Sonne (vgl. dazu auch unser Titelbild). Sky- Zahlreiche Beobachter präsentierten der astronomischen Gemeinde in den Mailing­ watcher 150 mm und Solarspektrum, listen und Foren ihre Ergebnisse, u.a. natürlich auch in der Mailingliste der VdS-Fach- ASI120MM, das Bild entstand 15 s vor gruppe Astrofotografie. Eine erste Auswahl von Transitbildern, die durchaus einen Ein- dem ersten Kontakt im Hα-Licht, Ort: Kempen, Bildautor: Michael Kunze

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Aufnahme des 2. Kontaktes, um 11:15:37 UT. Ergebnis eines Videos mit Kamera ALCCD5L-IIc an einem Refraktor 100 mm/500 mm mit Glas-Sonnenfilter. Bildautorin: Silvia Kowollik

VdS-Journal Nr. 59 Amateurteleskope / Selbstbau 95

4 Oben: Aufnahme um 11:34 UT mit „Solar Continuum Filter“, Instrumentierung: Refraktor 180 mm/1.215 mm, Sonnenfilterfolie ND 5, Einzelbild mit Kamera: Canon 40D, ISO 800, 1/1.500 s. Ort: Sternwarte Pelmberg/Hellmonsödt/Österreich. Bildautor: Rudolf Plohberger

5 Oben rechts: Aufnahme um 13:38:28 UT mit 75-mm-Refraktor, eff. Öffnung 34 mm, eff. Brennweite 1.000 mm, Hα-Filter 0,5 Å, Kamera: Celestron Skyris 274M. Ort: Wuppertal. Bildautor: Bernd Koch, Schülerlabor Astronomie des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums

6 Merkur gegen 15:30 Uhr MESZ vor der Sonne im Lichte der Calciumlinie K bei 393,37 nm Wellenlänge. Coronado Solarmax CaK70, Kamera war eine DMK41, Aufnahmeort: Westoverledingen. Von 700 aufgenommenen Bildern wurden ca. 300 mit Autostak- kert gestackt und anschließend mit Photoshop geschärft, dazu leicht im Kontrast gesteigert. Bildautor: Axel Book

VdS-Journal Nr. 59 96 Planeten

druck des Gesamt­ereignisses vermitteln, möchten wir Ihnen nun vorstellen.

Der Transit 2006 war in Europa nicht beobachtbar. Wohl aber der Transit vom 7.5.2003. Darüber haben wir im VdS- Journal für Astronomie Nr. 12 (III/2003) auf 11 Seiten ausführlich berichtet. Vor allem in den Dateilaufnahmen und in der Nutzung von Hα-Sonnenteleskopen wird der Fortschritt in der Technik für Amateur-Astronomen in den letzten 13 Jahren deutlich.

Wir weisen noch darauf hin, dass der Merkurtransit im von der VdS-Fach- gruppe Astrofotografie vorgestellten „Astrofoto der Woche“ (AdW) in der 20. Woche 2016 präsentiert wird (www. astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/ astrofoto-der-woche/archiv/). Auch als „APOD“ taucht das Ereignis mehrfach auf. U. a. sehenswert das Video unter 7 Mosaikbild der Sonne aus zwei Bildern (Stacking-Ergebnis aus 1.200 Videoframes) http://apod.nasa.gov/apod/ap160511. im Hα-Licht mit Flugzeug, um 11:31 UT, Instrumentierung: Refraktor Skywatcher ED html. Hintergrundinfos zu Merkurtransits 80 mm/400 mm, Video-Kamera: ZWO ASI 120 mm, Hα-Sonnenfilter Coronado Solar sind z. B. zu finden unter www. Max 60, HWB < 0,7 Å. Ort: „Hohe Dirn“/Nationalpark Kalkalpen/Österreich. Bildautor: Merkurtransit.de. Rudolf Dobesberger Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Betrachten dieser kurzen Bilderstrecke. 8 Kombinierte Serienaufnahme von 4 Einzelbildern von 11:13 bis 14:00 UT im Weißlicht am SC-Teleskop C8 (200 mm/2.000 mm), eff. Brennweite 4.000 mm, Kamera: Canon 650D. Ort: Oberhausen/Ruhr. Bildautor: Jörg Henkel

VdS-Journal Nr. 59 Planeten 97

9 Aufnahme um 12:02:59 UT, Merkur vor der Sonne im Hα-Licht, Intes Maksutov Newton MN 76, Kamera DMK 41, Vorfilter DERF 135 mm, Hα-Filter Solarspectrum SO 1.5 mit Telezentric 4x, Brennweiten- reduzierung mit 0,7-fachem Telekompressor, Ort: Oberthürheim. Bildautor: Bernd Eser

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Kombinierte Serienauf- nahme vom Merkureintritt bis um 15:08 UT im Weiß- licht mit Refraktor 75 mm/ 1.200 mm. Kamera: Canon 6D, Belichtung jeweils 1/4.000 s bei ISO 200. Ort: Bad Salzuflen. Bildautor: Stefan Binnewies

VdS-Journal Nr. 59 98

11 Aufnahme von Merkur vor der Sonnengranulation um 13:22:19 UT. Celestron C11 bei 2800 mm, Baader-Filterfolie. Kamera Asi 178 MM. Vom AVI (Länge 20 s) wurden 10% der Bilder verwendet. Ort: Kempen. Bildautor: Ralf Kreuels

12 Merkur zieht um 14:49 UT an den Sonnenflecken AR12542 und 12543 vorüber, Hα- Sonnenfilter. Refraktor TMB 105/650 + Telezentrik 30 mm (Lille), Brennweitenreduzierer TS 2,5-fach, Kamera: TIS DMK 21 AU 618, Ort: Kempen. Bildautor: Manfred Kiau

13 Unten: Merkur unter den Sonnenflecken AR12542 und 12543 um 14:56:10 UT im Weißlicht, TOA 130 mit Baader Cool-Ceramic-Herschel-Keil, ZWO ASI 174 MMC hinter Baader FFC, Ort: Oberthürheim. Bildautor: Bernd Eser

VdS-Journal Nr. 59 Planeten 99

14 Dorothee Mester belichtete um 17:01 MESZ mit einem Tele 70-200 mm plus Telekon- verter bei 280 mm durch eine spezielle schwarze Filterfolie, Ort: Kempen

15 Oben: Zirruswolken vor der Sonne im Weißlicht um 15:43 UT bei der Sternwarte Pelmberg / Hellmonsödt / Österreich. Instrumentierung: Refraktor 180 mm / 1.215 mm, Sonnenfilterfolie ND 5, Einzelbild mit Kamera: Canon 40D, ISO 320, 1/2.000 s. Bildautor: Rudolf Ploh- berger

17 Aufnahme des 3. Kontaktes um 18:36 UT, in einer Wolkenlücke und nur noch ca. 3° über dem Horizont, Sonnenfilterfolie ND 5, Teleobjektiv 1:11/800 mm, Kamera: Canon 5D MkII, ISO 800, 1/125 s. Bildautor: Werner E. Celnik

16 Noch klarer Himmel bei dieser Aufnahme um 17:15 UT im Weißlicht. Instrumentierung: Refraktor 130 mm/1.000 mm, eff. Brennweite 2.000 mm, Herschelprisma mit Graufilter ND 3, Kamera: Canon 5D, ISO 200, 1/1.600 s. Ort: Zaberfeld-Michelbach. Bildautoren: Gabriele und Jörg Ackermann

VdS-Journal Nr. 59 100 Sonne

Neues aus der Fachgruppe Sonne von Klaus Reinsch

„SONNE ist ein Mitteilungsblatt der Amateursonnenbeobach- Die SONNE-Redaktion hat daher beschlossen, dass Mittei- ter – herausgegeben von Amateuren für Amateure. Es dient lungsblatt in der bisherigen Form als gedrucktes Heft aus- dem überregionalen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet laufen zu lassen und mit einem Sonderheft SONNE 140 zum der Amateursonnenbeobachtung.“ So steht es seit der ersten 40-jährigen Gründungsjubiläum Anfang 2017 zu beenden. Ausgabe im Impressum von SONNE. Bei der Gründung des Bis dahin wollen wir gemeinsam neue Ideen reifen lassen, Mitteilungsblattes vor knapp 40 Jahren war dies ein radikal wie der Austausch innerhalb der Fachgruppe Sonne künf- neuer Ansatz. Zu der Zeit gab es nur die Zeitschriften etab- tig zweckmäßiger erfolgen kann. Es gibt bereits einige Vor- lierter Verlage und was darin veröffentlicht wurde, entschie- schläge dazu (Fortführung von SONNE als Online-Ausgabe, den allein deren Redaktion und Herausgeber. Beiträge von evtl. mit Print-on-Demand-Option, stärkere Nutzung des Amateuren wurden nur sehr selten und, wenn überhaupt, mit VdS-Journals für Astronomie, Herausgabe eines Bulletins langer Wartezeit abgedruckt. Mit SONNE wurden erstmals für die Ergebnisse der SONNE-Beobachternetze u.v.m.). die Voraussetzungen für einen freien Austausch von Ideen, Erfahrungen, Ergebnissen und Problemen in einem größeren Es ist uns ein dringendes Anliegen, möglichst viele Sonnen- Kreis von Amateursonnenbeobachtern und für die engere beobachter auf diesem Weg mitzunehmen, wie auch immer Vernetzung innerhalb der Fachgruppe geschaffen. er schließlich aussehen wird. Besonders wichtig ist es uns, auch Ihre Meinungen und Vorschläge zu erfahren. Beteiligen Heutzutage gibt es eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, die Sie sich an der Diskussion! Schreiben Sie uns, welche Mög- von Amateursonnenbeobachtern für diese Zwecke genutzt lichkeiten zum Austausch innerhalb der Fachgruppe Sie in werden. SONNE hat längst das Alleinstellungsmerkmal in Zukunft nutzen möchten und welche sonstigen Vorschläge diesem Bereich verloren. Und so sind die Abonnentenzah- Sie zur Zukunft der Kommunikation zwischen den Sonnen- len, aber auch die Anzahl der zur Veröffentlichung einge- beobachtern haben (E-Mail an [email protected]). reichten Beiträge seit Jahren stark rückgängig. Die totale Sonnenfinsternis am 09.03.2016 in Indonesien von Wolfgang Strickling

Am 9. März 2016 hat der Mondschatten wieder unsere Erde be- rührt. Der Kernschatten verlief in diesem Jahr vom Indischen Ozean kommend über Indonesien in den Pazifik. Er streifte da- bei das Korallendreieck, eine der artenreichsten Unterwasser- paradiese unseres Planeten östlich von Kalimantan (Borneo). Grund genug, einen Astro- mit einem Tauchurlaub zu kombi- nieren und die lange Reise nach Sulawesi auf sich zu nehmen, schwer bepackt mit Tauch- und Astrogepäck. Ein Risiko jedoch war das Wetter, denn zum Zeitpunkt der Finsternis begann in Indonesien die Regenzeit. Es gab aber einige Stellen an den Westküsten der Inseln, an denen man mit einer geringeren Be- wölkung rechnen konnte. So habe ich mich mit einigen Freun- den aus unserem Tauchverein an der Westküste Sulawesis in einem Tauchresort einquartiert. Da das Resort einige Kilometer außerhalb der Totalitätszone lag, mussten wir zur Beobachtung der Finsternis einen Ausflug in Richtung Zentrallinie unterneh- men. Schon zu Hause habe ich deshalb mit Google Earth einen Platz ausgesucht, der sich bei einer Erkundungstour einige Tage vor der Finsternis als so geeignet herausstellte, dass sich uns am Finsternistag gleich eine größere Anzahl von Hotelgästen angeschlossen hat.

Nach einigen faszinierenden Tauch- und Schnorchelausflügen in die atemberaubende Unterwasserwelt Indonesiens war es 1 Die partielle Phase um 23:55 Uhr UTC

VdS-Journal Nr. 59 Sonne

2 Eindrucksvolle Protuberanzen kurz nach dem zweiten Kontakt. 1/500 s, ISO 100, 500 mm, f/8 3 Die Korona, 1/8 s, ISO 100, 500 mm, f/8 4 Ein kontrastverstärktes HDR-Komposit der Korona, unter Verwendung von 9 Einzelbil- dern mit Belichtungszeiten zwischen 1/250 s, ISO 100, und 1,0 s, ISO 200. Es waren wunderschöne koronale Streamer sichtbar. Orientierung ist Norden oben, Osten links

VdS-Journal Nr. 59 102 Sonne

Weitwinkelobjektiv auf einem Stativ zur Verfügung. Daneben maß eine kleine 5 Wetterstation mit Datenlogger kontinu- ierlich Helligkeit, Temperatur, Luftfeuch- Sehr schönes Diamant­ te und Windgeschwindigkeit. Da fast alle ringphänomen beim Kameras automatisch arbeiteten, blieb dritten Kontakt, genug Zeit, die Finsternis zu erleben und 00:39:02 Uhr UTC, mit dem bloßen Auge oder dem Fernglas 1/250 s, ISO 100, visuell zu genießen. 500 mm, f/8 An unserem Beobachtungsplatz am Strand hatten wir freien Blick nach dann soweit: Der Finsternistag war ge- auf die Beine gestellt: Die Sonne und die Westen auf das Meer, von wo sich der kommen! Früh um 04:30 Uhr holte uns Korona sollten mit einer nachgeführten Mondschatten schon Minuten vor dem unser Fahrer ab, und wir fuhren etwa Kamera mit 500-mm-Teleobjektiv auto- zweiten Kontakt dunkel abzeichnete. Als 100 km nach Südwesten zu unserem matisch fotografiert werden, gesteuert drehte jemand an einem Dimmer, nahm Beobachtungsplatz, wo die Totalität durch ein im Smartphone ablaufendes die Lichtintensität vor dem zweiten Kon- 2 Minuten und 42 Sekunden dauerte. War Skript. Zusätzlich nahm eine Kamera mit takt langsam, aber stetig ab. Venus wurde es bei der Abfahrt im Hotel noch etwas einem 180-Grad-Fisheye den Himmel schon lange vorher sichtba r. Zum zwei- bewölkt, klarte der Himmel südlich der um die Totalität auf, aus den Aufnah- ten Kontakt erschien am Nordostrand der Stadt Pasangkayu weitgehend auf. Nur men konnte später eine Videoanimation Sonne eine wunderschöne Protuberanz, dünne Wolken zogen beim ersten Kon- des Mondschattens erstellt werden. Eine die so groß war, dass sie während der takt noch über die Sonne, eine Viertel- Kamera zeichnete ein Video von den Totalität die ganze Zeit sichtbar blieb. stunde später war es praktisch vollkom- fliegenden Schatten auf. Eine GoPro-Ka- Die Korona zeigte viele schöne Strahlen men wolkenlos. Zusammen mit einem mera nahm ebenfalls den Mondschatten und Streamer. Auch die asymmetrische befreundeten Fotoamateur hatte ich ein ins Visier. Für die Dämmerungsfarben Verteilung der Sonnenaktivität war an umfangreiches Beobachtungsprogramm stand eine Kamera mit einem 14-mm- der Korona sichtbar: Während die ak-

6 Weitwinkelaufnahme während der Totalität. Am Horizont zeichnen sich schöne Dämmerungsfarben ab. 1,6 s, ISO 100, 14-mm-Objektiv, f/6,7

VdS-Journal Nr. 59 Sonne 103

7 Schattenspiele während der partiellen Phase

tivere Nordhälfte noch viele Streamer zeigte, waren auf der Südhälfte nur we- nige zu sehen. Stattdessen konnte man die für eine Minimumskorona typischen Polarstrahlen gut erkennen. Nach fast drei Minuten war das Schauspiel leider vorbei, für wenige Sekunden blitzte ro- sarot leuchtend die Chromosphäre hinter dem Mondrand hervor, dann erschien ein wunderschönes Perlschnurphäno- men, bevor die Photosphäre wieder als gleißende Sichel am Himmel stand. Die Fliegenden Schatten waren mit bloßem Auge leider nur sehr schwach zu sehen, auch auf dem Video sind sie nur schwer zu erkennen.

Die Lufttemperatur sank von 32 °C eine halbe Stunde nach dem ersten Kontakt 8 Ein Teil des Equipments, rechts auf der Star-Adventurer-Montierung das 500-mm- auf 27 °C drei Minuten nach der Tota- Teleobjektiv f/8 an der Canon 450D, die vom Smartphone gesteuert wird, links eine lität. Zur Maximum der Finsternis habe Wetterstation mit Datenlogger. ich eine Helligkeit von gut 5 Lux messen können, was relativ hell war und sich mit meiner Wahrnehmung deckte. Der Wind wehte den ganzen Morgen über verhält- nismäßig schwach, zur Finsternismitte war es praktisch windstill. Ein Finster- niswind konnte definitiv nicht registriert werden.

Im Nachhinein konnten wir unser Glück, die Finsternis unter perfektem Himmel erlebt zu haben, kaum fassen, denn nur wenigen Beobachtergruppen in Indone- sien war es vergönnt, das Ereignis ganz ohne Wolken genießen zu können. Als Fazit konnten wir feststellen, dass das faszinierende Land, die freundlichen Menschen, atemberaubend schöne Un- terwasserparadiese und nicht zuletzt eine perfekte Sonnenfinsternis uns für die lange Anreise überreichlich belohnt haben!

Weblinks: [1] Webseite des Autors mit Daten, weiteren Bildern und Links: www. strickling.net/sofi2016.htm [2] umfassende Linkseite zur Sonnen- 9 Kombination aus drei Aufnahmen durch ein Polarisationsfilter, 1/30 s, ISO 100, finsternis am 09.03.2016: www. 500 mm f/8. Den Farbkanälen Rot, Grün, Blau wurden Aufnahmen mit jeweils 60° sofi2016.de/#links gedrehten Filterstellungen zugeordnet.

VdS-Journal Nr. 59 104 Sonne

Ein Bericht zur Sonnenfinsternis am 9.3.2016 in Woleai, Mikronesien von Eckart Seybold

14. November 2012; Sofi, Cairns, Aus­ tralien: Neben mir steht ein Österreicher mit australischem Pass, einer chinesi- schen Ehefrau und erzählt mir, dass er 2016 in Mikronesien in der Südsee die nächste Sofi mit über 4 Minuten Totali- tät für einen Fernsehsender beobachten werde. Ob ich keine Lust auf die Südsee hätte. Ich sage lauwarm ja und hake das Ganze ab.

Bei der Sofi im März 2015 bei den Färö- ern treffe ich wieder einen Australier, der von der Südsee-Sofi schwärmt. Zuhause dann doch ein erstes Studium der Wet- terprognosen. Sie bringt Enttäuschen- des: für Indonesien Bewölkung ca. 70 %, Totalität nur etwas mehr als 2 Minuten, das wird wohl nichts. Ein Astrofreund erzählt was von Inseln, die tatsächlich in der Südsee in der Finsterniszone liegen. Dort soll das Wetter besser sein und vor 1 Der Strand von Woleai allen die Dauer deutlich länger. Und wie kommt man dahin? Ich erfahre über eine christliche Hilfs- zwischen beiden wählen. Ich bleibe bei man jetzt in der Südsee; aber nachts um organisation, PMA, dass man eventuell dem Kleinen. 1 Uhr ist die Insel nicht der große Ren- mit einem Versorgungsschiff zu den ver- ner. Am frühen Morgen des 28.2. dann schiedenen kleinen Inseln kommen kann. Am 26.2.2016 geht’s in Frankfurt los, Ankunft in Yap, geschafft. Allerdings gibt’s da keinen festen Fahr- elend lang die Reise, aber ohne Proble- plan. Aber immerhin noch einen Tipp; me. In Taipei verschwindet der zweit- Auf Yap, der Insel des Steingeldes, ist ein Amerikaner chartere einen Frachter höchste Fernsehturm der Welt nach 50 m am 1.3. Nationalfeiertag. Das ist wirk- nur für die Sofi. Das Ganze nimmt kon- im Regen, 8 h warten auf den Weiterflug lich ein Highlight. Vom Kleinkind bis krete Formen an, das Schiff ist scheinbar nach Palau. Von der Temperatur her ist zu den Großeltern machen alle mit, die gebucht, die Insel der Begierde ist ein Traum. Sie liegt nahezu exakt auf der Zentrallinie, Dauer 4 Minuten 6 Sekun- den; ihr Name: Woleai. Der Plan: Man fliegt von Frankfurt nach Taipei, dann über Palau nach Yap. Dort ist dann Ende der Zivilisation. Weiter geht’s dann mit dem betagten Frachter. Nach langem Überlegen siegt die Neugier, also es wird fest gebucht.

Sechs Wochen vor der Abfahrt dann das KO-Kriterium: Der Frachter steht nicht zur Verfügung, also auch keine Sofi. Dann das Kaninchen aus dem Zylinder, der Amerikaner hat ein neues, kleineres Boot gechartert. Die Zusage muss in ei- ner Woche erfolgen. Mach ich natürlich. Eine Woche vor dem Abflug: Den Frach- ter gibt’s jetzt wieder, man kann jetzt 2 Ein Astro-T-Shirt für den Inselchef

VdS-Journal Nr. 59 Sonne 105

Tänzer und Tänzerinnen in den farben- prächtigen Gewändern verstrahlen eine tolle Atmosphäre und eine wundervolle Harmonie.

Am 2. 3. ist die Abfahrt nach Woleai ge- plant, zuerst wird aber das Schiff besich- tigt. Unsere achtköpfige Sofi-Truppe mit Teilnehmern aus Australien, Neuseeland, England, USA, Israel, Deutschland macht große Augen. Das Boot ist noch kleiner, als wir befürchtet hatten. Die Fahrt soll zwei Tage dauern; am Nachmittag geht’s los. Innerhalb der Lagune ist es noch ru- hig, nach dem Passieren des Riffs beginnt 3 Der Autor mit Ausrüstung der blanke Horror. Wir haben Gegen- wind, Der Nordost-Passat weht mit Stär- ke 6-8. Die Wellen erreichen nach kurzer Die Stechmücken sind auch umsonst. eigentlich überall sein Equipment auf- Zeit eine Höhe von 3-5 m. Nach einer Meine Wunde am Knie scheint eine be- stellen. Plötzlich dicke Wolken, der Him- halben Stunde ist der Erste seekrank, bei sondere Anziehungskraft auf sie auszu- mel wird rabenschwarz, ein tropischer Einbruch der Nacht bin ich der Einzige, üben. Nach dem ersten Tag erscheint der Platzregen. Nach 30 Minuten scheint der nicht Neptun geopfert hat. erste rote Streifen bis zum Knöchel. wieder die Sonne.

Das eigentliche Problem sind für alle die Die Insel – bis 1914 deutsche Kolonie, dann Unsere Gruppe diskutiert heftig, ob man extremen Bewegungen des Schiffes. Man von Japan „verwaltet“ und im 2. Welt­­krieg am Sofi-Tag mit einem Boot im Notfall kann sich nicht festhalten, jeder wird auf Schauplatz von erbitterten Kämpfen mit den Wolken davon fahren soll. Stativ neu dem Deck herumgeschleudert. Mich trifft über 7.000 Toten – ist voll von Zeugnis- aufbauen, Kamera justieren etc. Ich halte es am Schlimmsten. sen aus dieser Zeit. Flugzeuge, Kanonen, davon nichts, zwei schließen sich mir an. Bunker, alles überwuchert, aber noch gut Ich fliege zuerst in die Miniküche, von erkennbar. Am 9.3. beziehen wir drei unseren Be- dort an die Reling und zum Schluss mit obachtungsplatz. Außer uns sind es noch dem Rücken gegen eine große Kiste. Er- Am 8.3. geht es auf die Suche nach dem etwa 20 Frauen und eine Handvoll Män- gebnis: eine Rippe gebrochen, Blut im besten Platz. Durch den hohen Sonnen- ner, die uns neugierig beäugen, was wir Urin, das linke Knie aufgeschlagen. Das stand von 72° bei der Totalität kann man da so treiben. Wir verteilen Sofi-Brillen sollte später noch dramatische Folgen haben.

Der Kapitän lässt dann am Morgen die Katze aus dem Sack; aus den zwei Ta- gen werden vier. Alles hängt apathisch rum, von Südseeromantik keine Spur. Dann, am 6.3., taucht am Horizont unser Ziel Woleai auf. In der Lagune hebt sich die Stimmung schlagartig. Ein Traum von Südseeparadies, Ausleger-Kanus er- warten uns, es gibt frische Kokosmilch, die Palmen sind noch majestätischer, schneeweißer Korallensand, Passatwind, türkisfarbenes Wasser in der Lagune, in der Ferne am Riff gewaltige Brecher.

Das Anlandgehen ist nicht so einfach; zuerst muss die Erlaubnis vom Chef der Insel eingeholt werden. Nach seinem OK dürfen wir an Land, es gibt Blumen- kränze, eine gegenseitige Vorstellung, Austausch von Geschenken. Die Frauen beschämen uns, jeder erhält einen hand- gewebten Wickelrock! 4 Noch eine Minute bis zur Totalität

VdS-Journal Nr. 59 106 Sonne

5 Der Diamantring 6 Eine Protuberanz und die innere Korona 7 Die äußere Korona

und erklären im Sand, wie eine Sofi ent- Die Stimmung ist unwirklich schön. Kein Mich hat die Realität wieder eingefan- steht. Sie revanchieren sich mit Kokos- Laut, die Wolken sind zurück, lassen aber gen, mein Fuß ist jetzt knallrot und dick milch und geräuchertem Fisch. Es ist eine dem Spektakel am Himmel genügend angeschwollen. Die nächste Möglichkeit wunderbare Stimmung, keine Wolke am Raum, die Planeten und ein paar Ster- einer Behandlung ist das Krankenhaus in Himmel, als um 10:10 Uhr der erste Kon- ne sieht man, drei Hunde jaulen auf, und Yap. takt erfolgt. Nach anfänglichem Zögern alle, auch die routinierten Sofi-Jäger, kommen die Einheimischen, um durch sind ergriffen. Das Glücksgefühl, so ein Jedem graust es vor der Rückfahrt. Aber das Objektiv zu schauen. Welch ein Er- Ereignis erleben zu dürfen, ist gewaltig. Neptun hat ein Einsehen. Wir haben Rü- staunen! Der Sonne fehlt ja ein Stück! ckenwind, das Schiff reitet auf den Wel- Dann kommt ein Lichtblitz, der Diamant len und bereits nach zwei Tagen taucht Meine Ausstattung: eine EOS 40 D mit leuchtet auf der anderen Seite auf und die Yap vor uns auf. Ein Australier und ich einem 500er-Spiegelobjektiv von Minol­ Menschen brechen in lauten Jubel aus. Die werden direkt ins Krankenhaus gebracht, ta, Baader-Folie, das Ganze auf einer Frauen fassen sich an den Händen und ich werde wegen der Rippen geröntgt Polarie-Montierung und aus Gewichts- tanzen, ich schaue auf mein Display und und für das Bein gibt es eine Salbe und gründen ein Carbon-Stativ. juble auch: Die Aufnahmen sind doch was „Painkiller“-Tabletten. Der Weiterflug geworden. geht über Guam nach Tokio; ich wollte Der Blick geht immer wieder zum Him- dort mit einer befreundeten japanischen mel, auf einmal sind Wolken aufgezo- Als wir wieder am zentralen Platz der Familie noch zehn Tage ein bisschen Ja- gen. Noch 20 Minuten bis zum zweiten Insel eintreffen, erleben wir wieder eine pan schnuppern. Das Japan-Erlebnis und Kontakt. Der Rest unserer Truppe kommt Überraschung: Die Bewohnerinnen ha- damit auch meine Fuji-Kindheitsträume mit dem Boot angefahren, um uns zum ben uns aus der Brotfrucht einen Pro- enden ganz anders; ich lande als Notfall Stellungswechsel zu bewegen. Wir leh- viant gebacken, ca. 50 Männer verab- mit Streptokokken und ähnlichem Gezie- nen dankend ab. schieden uns, tragen unser Material zu fer in der Klinik und werde nach elf Ta- unserer Nussschale und verabschieden gen mit einem Sonderflug der Lufthansa Um 11:38 Uhr beginnt die Totalität, wir uns mit Gesängen. Es ist eine völlig an- nach München gebracht. haben noch 10 Minuten. Jetzt kommt dere Welt, aus der wir wieder abreisen. bei den Zuschauern Unruhe auf, es wird merklich dunkler, die Lagune verliert ihre grüne Farbe. Noch fünf Minuten und sie- he da, der Passat bläst den Himmel wie- der frei!

Noch zwei Minuten; obwohl man es schon zigmal praktiziert hat: es ist je- des Mal eine spannende Angelegenheit. Filter ab, ISO von 160 auf 800, Zeit auf 1/500, hoffentlich klappt es mit dem Dia­ mantring, und, und … und dann liegt das ganze Zeugs im Sand; ein Mädchen ist über mein Stativ gestolpert.

Ich könnte heulen vor Enttäuschung, ich nehme die Kamera vom Stativ und foto- grafiere die ganze restliche Finsternis aus der Hand. Jetzt bin ich mehr als dankbar, dass das Zeitalter der Analogfotografie mit Filmwechsel usw. vorbei ist. 8 Einheimische beim Sofi-Beobachten

VdS-Journal Nr. 59 Sternbedeckungen 107

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2016 von Eberhard Riedel a Karte der Grenzlinien der streifenden Sternbedeckungen im 4. Quartal 2016 Die drei spektakulärsten streifenden Be- deckungen von Sternen durch den Mond im 4. Quartal dieses Jahres sowie ein se- henswertes Ereignis am 4. Januar 2017 sind im Folgenden dargestellt. Bis auf das Januarereignis zieht der Mond im- mer mit seinem Nordrand am Stern vor- bei. Die Landkarten a und b zeigen alle Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern be- schreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns bereits in einem kleinen bis mittleren Fernrohr zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Mondrand statt.

Das Highlight ist die Bedeckung des 0,9 mag hellen Aldebaran am Morgen des 13. Dezember, die sowohl bei dunklem Himmel als auch am dunklen Mond- rand stattfindet, jedoch wegen der gro- ßen Mondphase und einer geringen Horizonthöhe nicht ganz einfach zu be- b Karte der Grenzlinie der streifenden Sternbedeckung im Januar 2017 obachten ist.

Allgemeines Grundlage der hier veröffentlichten Pro- fildaten sind Laser-Messungen der japa- nischen Kaguya-Sonde. Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobach- ten zu können, werden eine ganze Rei- he präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Timing Association (IOTA/ ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software GRAZPREP des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordina- ten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Pro- fluss auf den Blickwinkel zum Mond den (Password: IOTA/ES). Die zusätzlich fil des Mondes und die zu erwartende hat. Hierzu können höhenkorrigierte benötigten Vorhersagedateien sind direkt Sternbahn grafisch in verschiedensten Grenzlinien automatisch in eine Google- vom Autor ([email protected]) oder Vergrößerungen dargestellt werden, um Earth-Karte übertragen werden, mit der über die IOTA/ES (www.iota-es.de) zu so den besten Beobachtungsstandort es dann einfach ist, die besten Beobach- beziehen. Weiterführende Informationen, auswählen zu können. Letzterer muss tungsstationen festzulegen. Die Software z.B. über die Meldung der Bedeckungs- auch unter Berücksichtigung der Höhe kann kostenlos unter www.grazprep. zeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. optimiert werden, weil diese einen Ein- com heruntergeladen und installiert wer-

VdS-Journal Nr. 59 Ereignis 1: 20.11.2016

Am 20. November zieht kurz vor Mitternacht der gut zur Hälf- te beleuchtete abnehmende Mond am 5,7 mag hellen Stern 18 Leonis vorbei. Das Ereignis läuft zunächst an der Grenze zwi- schen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz entlang und ist dort wegen zu geringer Höhe über dem Horizont nur schwierig zu verfolgen. Ab dem Eintritt nach Sachsen-Anhalt ist dann bis über das gesamte Land Brandenburg mit 8 bis 11° eine bei dieser Sternhelligkeit ausreichende Horizonthöhe gegeben.

Die Abbildung 1a zeigt zudem (hier für eine Länge von 10° Ost), 1a Die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie) bei dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie Minutenangaben) den Mondrand weitab von Terminator berührt, so dass die Mondhelligkeit bei diesem Ereignis nicht stören wird.

Die Abbildung 1b zeigt eine starke Vergrößerung der engsten An- näherung zwischen Mond und Stern auf 10° Ost, jedoch nicht auf der für das mittlere Mondrandniveau vorausberechneten Strei- fungslinie, sondern 1.130 m weiter südlich, gemessen senkrecht zur Schattenbewegung des Mondes auf der Erde. In dieser Grafik ist das Mondrandprofil in 12-facher Überhöhung dargestellt, wes- halb auch die Krümmung der scheinbaren Sternbahn grafisch er- forderlich ist. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind. Tatsächlich können von dieser versetzten Position zwischen 23:54:18 und 23:55:55 MEZ 12 Kontakte verfolgt werden (s. Inset). 1b Streifungssituation von 18 Leonis 1.130 m südlich der Grenzlinie mit 12-facher Mondhöhendehnung Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn man die in der Grafik angegebene geografische Breite ver- lässt, geben die roten Begrenzungslinien. Diese zeigen in der ten Verschiebung der Streifungsposition am Mondrand. Deshalb Abbildung 1b einen Abstand von der Grenzlinie von ± 1.130 m, kann man davon ausgehen, dass das oben Gesagte annähernd welcher senkrecht zur Grenzlinie angetragen wird. Hierdurch ist auch für alle anderen Längen der Grenzlinie gilt. erkennbar, dass es bei einer Positionierung auf der vorausbe- rechneten Zentrallinie (entspricht in der Grafik genau der obe- 18 Leonis ist nicht als Doppelstern bekannt, weshalb sein Ver- ren roten Begrenzungslinie, die den weiß gepunkteten mittleren schwinden am Mondrand jeweils schlagartig erfolgen müsste. Mondrand gerade tangiert) nur zu einer einzigen, knapp sekun- Nicht selten wurden bei Sternbedeckungen durch den Mond je- denlangen Bedeckung des Sterns gekommen wäre. Während der doch enge Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten wäre dann ein knapp 2 Minuten, in denen bei diesem Ereignis der Mondschat- langsameres oder nur teilweises Verschwinden und Wiederauf- ten über Deutschland wandert, kommt es zu keiner nennenswer- tauchen des Sternlichtes.

Ereignis 2: 13.12.2016 Nur die Niedersachsen kommen am Morgen des 13. Dezember in den Genuss der streifenden Bedeckung des 0,9 mag hellen Aldebaran. Das Beobachtungsgebiet ist allerdings wegen der ge- ringen Horizonthöhe des Ereignisses auf das nordwestliche Nie- dersachsen beschränkt. Wenn der Mondschatten zwischen Cux- haven und Wilhelmshaven das Festland erreicht, hat der Mond nur noch eine Höhe von 4,6°. Beste Horizontsicht ist also eine zwingende Bedingung. Östlich der Länge 10° Ost dürfte mit we- niger als 3,6° Horizonthöhe schon nichts mehr zu machen sein. Der Mondrandausschnitt in der Abbildung 2a zeigt die schein- bare Sternbahn bei der geografischen Länge von 9° Ost und verdeutlicht geometrisch die Nähe des Terminators bei dem ge- gebenen Beleuchtungsgrad von 99 %. Bereits auf der vorausbe- 2a Die scheinbare Sternbahn von Aldebaran bei 99 % rechneten Zentrallinie werden mehrere Kontakte zu sehen sein. beleuchtetem Mond

Wie sinnvoll es aber auch hier ist, etwas nach Süden auszuwei- chen, zeigt die Abbildung 2b: Etwa 315 m weiter südlich kön-

VdS-Journal Nr. 59 Spektroskopie

nen zwischen 06:34 und 06:36 MEZ ohne Weiteres 18 Kon- takte oder mehr vorkommen. Deren Beobachtung wird jedoch nicht einfach sein. Die Grafik zeigt auch, dass der Abstand der Streifungszone zum Terminator maximal 0,5 Bogensekun- den beträgt. Die bei der großen Horizontnähe zu erwartenden Luftunruhen lassen Überstrahlungseffekte durch die enorme Mondhelligkeit entstehen, gegen die es selbst der lichtstarke Aldebaran schwer hat. 2b Streifungssituation von Aldebaran 316 m südlich der Grenzlinie mit 12-facher Mondhöhendehnung Aldebaran ist der Hauptstern eines Mehrfachsternsystems, weshalb es bei dessen Bedeckung immer auch zu Helligkeits- schwankungen kommt. Auch das unvollständige Verschwin- den und Wiederauftauchen des Hauptsterns selbst kann Grund für diese Lichtschwankungen sein. Dieses verdeutlicht die Ab- bildung 2c, die eine Vergrößerung der Abbildung 2b ist und das Mondrandprofil zudem 24-fach gedehnt darstellt. Dadurch ist es möglich, Aldebaran mit seinem Durchmesser darzustel- len. Die schwarzen Begrenzungslinien der scheinbaren Stern- bahn zeigen die Höhenausdehnung dieses roten Riesensterns, der bei einem Winkeldurchmesser von ca. 0,02 Bogensekun- den am Mondrand einen Durchmesser von ca. 36 Metern hat. Die Grafik macht deutlich, dass es so auch zu partiellen Bede- ckungen von Aldebaran und damit statt eines völligen Verlö- 2c Streifungssituation von Aldebaran 316 m südlich der schens zu Helligkeitsschwankungen kommen kann. Grenzlinie mit 24-facher Mondhöhendehnung und Darstellung des Aldebarandurchmessers

Ereignis 3: 16.12.2016 Diese Streifung ist die anspruchsvollste im 4. Quartal und nur mit größerer Fernrohröffnung und bei allerbesten atmosphä- rischen Bedingungen zu sehen. Der Grund hierfür ergibt sich aus der Abbildung 3a: Der 5,0 mag helle Stern 74 Geminorum kommt dem Terminator des zu 94 % beleuchteten zunehmen- den Mondes sehr nahe. Da es bei so großen Mondphasen immer zu Überstrahlungseffekten der hellen Mondstrukturen kommt, kann der zu bedeckende Stern sehr leicht in der Mondhellig- keit untergehen. Dabei ist das Auge am Okular einer elektroni- schen Aufzeichnung meist überlegen. Die Abbildung 3a zeigt bei 12-facher Dehnung der Profilhöhen die Streifungssituation bei einer Beobachtung von der berechneten Grenzlinie bei 10° östlicher Länge, von wo mindestens ein Verschwinden und ein Wiederauftauchen zu sehen sein dürften. 3a Die scheinbare Sternbahn von 74 Geminorum bei Beobach- tung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, 12-fache Was eine Beobachtung in diesem Fall sehr lohnend machen kann, Mondhöhendehnung ist eine flache Mondstruktur zum Ende der Bedeckung. In der Ab- bildung 3a befinden sich die roten Begrenzungslinien in einem Ab- stand von ± 1.250 m senkrecht zur Grenzlinie. Die südliche verläuft im Zeitraum von 04:24:10 bis 04:24:18 MEZ auf der Höhe eines flachen Terrains, an dem viele Kontakte vorkommen können.

Die Abbildung 3b zeigt diese Kontakte, da hier nun die Perspek­ tive von einem Punkt 1.250 m weiter südlich dargestellt ist. Hin- zu kommen weitere Kontakte zu Beginn der Streifung.

Das Ereignis ist zwischen Aurich und Bremen bis nördlich von Cel- le erneut dem Nordwesten Deutschlands vorbehalten. Die Grafik ist, wie alle anderen, für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich hö- her gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe ebenfalls in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue 3b Die scheinbare Sternbahn von 74 Geminorum bei Beobach- Vorhersage zu erhalten (zur Software s. Hauptteil des Beitrags). tung 1.250 m südlich der Grenzlinie, 12-fache Mondhöhendehnung

VdS-Journal Nr. 59 110 Veränderliche

Ereignis 4: 04.01.2017

Die letzte Streifung ist am Abend des 4. Januar die erste des Jahres 2017 und eine, die auch wieder Süddeutschland berück- sichtigt. Auf einer Linie vom Allgäu bis ins Berchtesgadener Land schrammt der stark zerklüftete dunkle Südrand des nur zu 38 % beleuchteten zunehmenden Mondes am 6,4 mag hellen Stern 4 Piscis entlang.

Die Abbildung 4 verrät, dass eine Beobachtung genau auf der berechneten Zentrallinie, hier auf einer Länge von 12° Ost, be- reits mehrere Kontakte sichtbar werden lässt. Lediglich der Aus- 4 Streifungssituation von 4 Piscis bei Beobachtung genau von tritt des Sterns geschieht am hellen Mondrand und wird kaum der vorhergesagten Grenzlinie mit 6-facher Mondhöhen- zu messen sein. dehnung, rote Begrenzungslinien bei ± 5.000 m

Auch weiter nördlich und südlich der Zentrallinie sind viele Kontakte zu erwarten. Zur Orientierung, welchen Versatz am Null­linie verlaufen. Das Profil ist in 6-facher Überhöhung dar- Mondrand die scheinbare Sternbahn beim Verlassen der Zen- gestellt. Somit kann bereits aus dieser Grafik die zu erwartende trallinie erfährt, dienen die roten Begrenzungslinien, die in Anzahl der Kontakte zwischen Stern und Mondrand recht gut diesem Fall in einem Abstand von ± 5.000 m senkrecht zur abgelesen werden. Goldilocks Variable – ein Mira-Stern im Hantelnebel M 27 von Paul Breitenstein, Fabian Beer, Lukas Bröring und Marco Wortmann

Ziel dieser Arbeit war es, die mittlere Pe- Die AiM-Projektgruppe beschäftigt sich ras und Bedeckungsveränderliche), aber riodendauer von NSV 24959 (Rektasz. 19h vornehmlich mit lang- und kurzzeitig auch mit der Asteroidenjagd und Beob- 59m 29,73s; Dekl. 22° 45’ 13,1’’ (2000.0)) veränderlichen Sternen (Supernovae, Mi- achtungen unserer Sonne. Mitglieder der auf der Grundlage eigener Messungen und mit Hilfe von Archivdaten möglichst genau vorherzusagen. Außerdem soll- te mit Hilfe eigener, sehr engmaschiger Messungen und deren Vergleich mit den Archivdaten abgeschätzt werden, wie stabil die Entwicklung des Mira-Sterns verläuft, und ob ausgeprägtes Sonder- verhalten, wie z.B. Oberschwingungen, erkennbar sind.

AiM-Projektgruppe Die AiM-Projektgruppe (Astronomy and internet in Münster) arbeitet seit 2012 als eine Arbeitsgemeinschaft für die Jahr- gangsstufen 8 bis Q2 im Pascal-Gymna- sium Münster [2]. Neben eigenen kleinen Geräten hat die Gruppe Zugang zum Ro- boter-Forschungsteleskop MoNeT (Mo- nitoring Network of Telescopes) [3] auf dem Mt. Locke in Texas/USA und zum Bradford Robotic Telescope (BRT) [4] auf dem Teide auf Teneriffa/ESP. 1 Messdaten von Arne Henden (1997-2000)

VdS-Journal Nr. 59 Veränderliche 111

Projektgruppe nahmen 2015 und 2016 mit gutem Erfolg am Wettbewerb „Ju- gend forscht“ teil. Sie erreichten einen zweiten Platz im Landeswettbewerb, ei- nen ersten und zwei zweite Plätze im Re- gionalwettbewerb. Außerdem wurde eine Facharbeit mit dem 2. Preis (400 €) des Hans-Riegel-Fachpreises ausgezeichnet.

Motivation und Geschichte Bei unseren Recherchen zum Hantelnebel M 27 stießen wir auf NSV 24959 (New Catalogue of Suspected Variables). Schon die Entdeckung dieses Mira-Sterns im 2 Jahr 1990 war außergewöhnlich: Dem Hantelnebel mit Goldilocks (rot) und Referenzstern (blau) / MoNeT-Nord tschechischen Amateurastronomen Leos Ondra fiel auf, dass auf dem Titelblatt der Maiausgabe des Journals „Astronomy“ ein Stern mehr zu sehen ist, als auf dem Titelblatt der Herbstausgabe von „Deep Sky“ [5/6]. Auf beiden Titelblättern ist der Hantelnebel abgebildet. Vergleiche mit anderen Bildern von M 27 bestärkten seine Vermutung über die Helligkeits- schwankungen dieses Sterns. Der Nach- weis, dass es sich bei NSV 24959 tat- sächlich um einen veränderlichen Stern handelt, gelang 1997 Rudolf Novak vom Nicholas Copernicus Observatory and Planetarium in Brno mit einem 40-cm- Newton-Reflektor [7]. Er dokumentierte eine stetige Abnahme der Helligkeit von Mai bis August 1997.

Arne Henden [1] führte zwischen Mai 1997 und September 2000 Helligkeits- 3 Referenzstern im Vergleich zu einem Drittstern 2014 (konstante Helligkeit) messungen mittels R-Band-Fotometrie mit dem 1,55-m-Reflektor „Kaj Strand Telescope der USNO Flagstaff Station Nacht den Hantelnebel mit verschiede- versität Göttingen [13], der University (NOFS)“ [8] durch, die allerdings relativ nen Filtern aufzunehmen. Als im Februar of Texas at Austin [14] und des South grobmaschig blieben. So konnte bei ins- 2015 wegen einer fehlerhaften Notab- African Astronomical Observatory [15]. gesamt fünf Perioden nur ein eindeuti- schaltung die elektrischen Leitungen der Es besteht aus zwei baugleichen 1,2-m- ges Helligkeitsmaximum aufgezeichnet CCD-Kamera abrissen, ermöglichte uns Ritchey-Chretien-Teleskopen, von denen werden (s. Abb.1). Die Überlagerungen Ed Hand vom BRT, unsere engmaschige das erste im Dezember 2005 am McDo- der Messwerte ergaben eine Periode von Beobachtung mit ihrem BRT fortzuset- nald Observatory [16] in Texas und das „ungefähr“ 213 Tagen ohne Fehleranga- zen. Damit erhielten wir auch Zugang zu zweite im September 2008 am South ben [9]. dem umfangreichen Archiv des BRT aus African Astronomical Observatory bei den Jahren 2004 bis heute. Sutherland (Südafrika) aufgestellt wor- Die meisten späteren Veröffentlichun- den ist [17]. gen übernahmen die von Arne Henden Hinreichend dichte Bilddaten gibt es al- ermittelte Periodendauer von 213 Ta- lerdings erst seit 2007. Als Randnotiz sei Seit 2012 wird das MoNeT-Nord von gen. Dagegen veröffentlichte die Société noch vermerkt, dass die Britische Lyrike- Schülerinnen und Schülern des Pascal- d’Astronomie Populaire de Limoges 2014 rin Anna Woodford „Goldilocks Variab- Gymnasiums in Münster genutzt. Es steht eine Periodendauer von 231 ± 10 Tagen le“ ein gleichnamiges Gedicht gewidmet in ca. 1.900 m Höhe auf dem Mt. Locke [10]. hat [12]. in Texas/USA, hat eine Brennweite von 8.400 mm bei einer Öffnung von 1.200 Seit 2014 arbeitet das MoNeT-Nord MoNeT-Nord-Teleskop und Bradford mm, so dass sich ein Öffnungsverhältnis vollständig robotisch [11]. Dies war für Robotic Teleskop von f/7 ergibt. Es wird seit Frühjahr 2014 uns der Anlass, seit Juli 2014 jede klare „MoNeT ist ein Teleskopprojekt der Uni- vollautomatisch gesteuert. Vorher konn-

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te die AiM-Projektgruppe [18] im Pascal- Gymnasium an zuvor angemeldeten Ter- minen das Teleskop im Remote-Modus über eine systemunabhängige Internet- Plattform steuern. Seit Umstellung auf die vollautomatische Steuerung können hier im Gegensatz zum BRT auch Dauer- aufträge gebucht werden, was für Lang- zeitmessungen besonders angenehm ist. Bei unseren Beobachtungen kamen R-, V-, B-, IR- und Ha-Filter zum Einsatz. Leider ist MoNeT-Nord seit Februar 2015 defekt.

Das BRT wird ebenfalls vollautomatisch gesteuert. Es steht in 2.400 m Höhe auf der kanarischen Insel Teneriffa in der Nähe des Pico del Teide und wird von der University of Bradford/UK verwal- tet. Von angemeldeten Benutzern kön- nen Beobachtungsaufträge über eine system­unabhängige Internet-Plattform eingegeben werden. Die Aufträge werden dann automatisch abgearbeitet. Dieser Service kann bei geringen Kosten von je- dem genutzt werden, steht aber vor allem Schulen zur Verfügung.

Zur Beobachtung von NSV 24959 ha- ben wir das Hauptteleskop, ein Schmidt- Cassegrain Celestron C14, genutzt. Es hat eine reduzierte Brennweite von 1.877 mm bei einer Öffnung von 355 mm, so dass sich ein Öffnungsverhältnis von f/5,3 er- gibt. Bei unseren Beobachtungen kamen R-, IR- und Ha-Filter zum Einsatz. Eben- so wurden Bilder mit V- und B-Filtern gemacht, aber nicht für diese Arbeit aus- gewertet.

Auswertung und Ergebnisse Die Bilder wurden jeweils mit Dark und Bias korrigiert. Auf eine Flatfield-Kor- rektur wurde verzichtet, da der Hellig- keitsvergleich immer nur innerhalb eines Bildes stattfindet und der Vergleichsstern ‚ (Rektasz.: 19h 59m 28,73s, Dekl.: 22o 45

4a-c

MoNeT-Nord-Daten im Vergleich zu A. Henden bei 213,5 Tagen Periodendauer

MoNeT-Nord-Daten im Vergleich zu A. Henden bei 214,0 Tagen Periodendauer

MoNeT-Nord-Daten im Vergleich zu A. Henden bei 214,5 Tagen Periodendauer

VdS-Journal Nr. 59 Veränderliche 113

5 Zusammenfassung: MoNeT-Nord, BRT und A. Henden bei einer Periodendauer von 214 Tagen

‚‚ 25,38 (2000.0-Koordinaten)) sehr dicht 2. BRT Leider konnten wir unsere Messungen bei NSV24959 liegt (siehe Abb. 2). Die eigenen Aufnahmen mit dem BRT- vom MoNeT-Nord mit verschiedenen Teleskop (Feb. 2015 – Dez. 2015) bestäti- Filtern nicht fortsetzen, da das BRT eine Außerdem gab es nicht zu allen Bildern gen im Wesentlichen dieses Bild (s. Abb. zuverlässige nächtliche Buchung für geeignete Flats. Die Helligkeit dieses Ver- 5). Insbesondere liegt die Auswertung der spezielle Filter nicht erlaubt. Außerdem gleichssterns blieb innerhalb des Beob- BRT-Archivdaten (Aug. 2014 – Dez. 2014) ist die Öffnung des BRT für brauchbare achtungszeitraums bezogen auf einen sehr genau auf unseren mit MoNeT-Nord Messungen mit B-Filter zu gering. In bei- weiteren Vergleichsstern konstant (s. gewonnenen Messdaten. Die weiteren den Fällen wären wir auf MoNeT-Nord Abb. 3). Die Auswertung und Fehlerana- Archivaufnahmen zeigen allerdings doch angewiesen gewesen, das aber immer lyse fand mit ImageJ [19] unter Verwen- Variationen: So sind die Helligkeitsaus- noch nicht wieder funktionstüchtig ist. dung der Astronomy Tools [20] von Rick brüche im Frühjahr 2011 und im Frühjahr Hessmann statt. Dabei wird eine Analyse 2014 außergewöhnlich groß. Außerdem Das jeweils sehr kurze Maximum und das des statistischen Messfehlers anhand der wird das Helligkeitsmaximum 2011 ca. 20 lange Minimum lassen auf einen Mira- Daten des verwendeten CCD-Chips (gain, Tage zu spät erreicht. Insgesamt bleiben Stern des Typus α schließen. Die dazuge- readout noise, dark current) gegeben. Die die Perioden allerdings im Takt. hörige genaue Gruppe, die auch die Un- Überlagerung der Messwerte wurde mit terabteilung dieses Typus mit einschließt, Tabellenkalkulation realisiert. Diskussion deutet auf den Typus 1 hin [21]. Leider sind die Archivdaten insbesonde- 1. MoNeT-Nord re vor 2011 relativ lückenhaft (s. Abb. 6). Eine weitere Möglichkeit der Interpreta- Zum Vergleich der Messdaten von Arne Außerdem konnte um den Jahreswech- tion wäre eine Verkürzung der Perioden- Henden (1997-2000) mit unseren Auf- sel 2012/13 kein Maximum aufgezeich- dauer seit 2008 auf durchschnittlich 212 nahmen mit dem MoNeT-Nord-Teleskop net werden, da in dieser Jahreszeit eine Tage. Zusammen mit dem außergewöhn- (Juli 2014 – Februar 2015) haben wir die Beobachtung des Hantelnebels wegen lichen Verhalten von „Goldilocks“ 2011 Daten von Henden um ganzzahlige Perio- der niedrigen Höhe über dem Horizont und 2014 könnte dies bedeuten, dass den zeitlich verschoben. Die Überlagerung mit dem BRT und mit dem MoNeT-Nord der Stern aktuell in einer Umbruchphase (Abb. 4a-c) zeigt eine deutliche Überein- kaum möglich ist. Zudem gab es am BRT steckt, die es lohnt, weiter beobachtet zu stimmung bei einer mittleren Perioden- zwischen September und Dezember 2011 werden. dauer von 214 Tagen. Der Fehler kann da- verschiedene Probleme, so dass in diesem bei nicht größer als 0,5 Tage sein. Einzelne Zeitraum keine auswertbaren Bilder vor- Danksagung große Fehlerbalken resultieren aus klima- liegen. Wir danken Arne Henden, ehemaliger tisch bedingten schlechten Aufnahmen. Direktor der AAVSO, der uns seine Mess-

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6 Überblick über die Henden-, MoNeT-Nord- und BRT-Daten von 1997-2015

werte von NVS24959 aus den Jahren edu/abs/1991IBVS.3604....1O peonymoon.wordpress.com/tag/ 1997 bis 2000 zur Verfügung gestellt [7] R. Novák, T. Apeltauer, 1998: anna-woodford-the-goldilocks- hat, außerdem Ed Hand, der uns den Zu- „CCD Photometry of Two Variable variables/ gang zum BRT und dessen Archiv geöff- Stars in M 27 Field“, Proceedings [13] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg- net hat, sowie Rick Hessman und Tim- of the 20th Stellar Conference of August-Universität_Göttingen Oliver Husser vom IAG, die uns das freie the Czech and Slovak Astronomi- [14] https://de.wikipedia.org/wiki/Uni- Arbeiten mit MoNeT-Nord ermöglichten. cal Institutes. 5th-7th November versity_of_Texas_at_Austin Zudem sei Rick Hessman für die schönen 1997. Brno, Czech Republic. Editor [15] https://de.wikipedia.org/wiki/ Astronomy Tools unter ImageJ gedankt, J. Dusek, ISBN 80-85882-08-6, South_African_Astronomical_ ohne die eine Auswertung so vieler Bil- p.153; http://adsabs.harvard.edu/ Observatory der für uns nicht möglich gewesen wäre. full/1998vsr..conf..153N [16] https://de.wikipedia.org/wiki/ [8] United States Naval Observa- McDonald_Observatory tory Flagstaff Station, https:// [17] https://de.wikipedia.org/wiki/ Weblinks, Literatur- und en.wikipedia.org/wiki/United_ MONET-Teleskop Quellenhinweise: States_Naval_Observatory_ [18] Schulübergreifende AG im Pascal- [1] American Association of Variable Flagstaff_Station Gymnasium Münster: „AiM steht Star Observers (AAVSO), [9] Goldilocks Arne Henden: „Variable für „Astronomy and internet in www.aavso.org star in M-27“, http://tocobs.org/ Münster“, http://pascal.nw.lo-net2. [2] Pascal-Gymnasium Münster, m27.htm de/aim www.pascal-gym.de [10] C. Jacquier, 2014: “L‘image du [19] ImageJ, official homepage, http:// [3] MoNeT, https://monet.uni- mois de janvier 2014: des Tresses imagej.nih.gov/ij/ goettingen.de/ en Or (Goldilocks) pour M27”, [20] F. V. Hessman: „An Introduction [4] Bradford Robotic Telescope, http://saplimoges.fr/limage- to Astronomical Image Processing www.telescope.org/ du-mois-de-janvier-2014-des- with ImageJ“, http://www.astro. [5] L. Ondra, 2000: “Goldilocks‘ tresses-en-or-goldilocks-pour-m27/ physik.uni-goettingen.de/~hessman/ Variable”, http://leo.astronomy.cz/ [11] MONET/Central, Astronomy and ImageJ/Book/index.html gl/gl.html internet, offical homepage, https:// [21] vgl. Hoffmeister et al. 1984, S. 69 [6] Foreground Star on the Dumbbell monet.unigoettingen.de/index.php Nebula: New Red Variable, [12] Anna Woodford’s Birdhouse: “The L. Ondra, http://adsabs.harvard. Goldilocks Variable”, https://

VdS-Journal Nr. 59 VdS-Nostalgie 117

ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker – Folge 26

Was es alles gab in der VdS! In den VdS-Nachrichten vom Oktober 1965 träumt Dr. Wolf-Dietrich Grope, München, uns ein „Weltzentrum der Amateur-Astronomie“, CODIAC genannt, vor. Seine Skizze zeigt, dass die Überlegungen bis ins Jahr 1962 zurückreichen. Dieser Beitrag ist ein Faksimile. Er enthält die Abbildung der CODIAC-Frontansicht. Die Abbildungen der Grundrisse der Keller- und Erdgeschosse, des 1. und 2. Stocks sowie der Dachterrasse sind hier aus Platzgründen weggelassen. Der Autor schreibt am Ende seines Artikels, CODIAC solle nicht als unerfüllbarer Traum erscheinen. Leider ist es einer geblieben. 118 VdS-Nostalgie VdS-Nostalgie 119 120 VdS vor Ort / Tagungsberichte

34. BoHeTa: Im Zeichen von Kometen und dem Erfahrungsaustausch mit Profi-Astronomen von Kai-Oliver Detken

Zur 34. Bochumer Herbsttagung am 31.10.2015 luden Peter Riepe (VdS) und Professor R.-J. Dettmar (Astro- nomisches Institut Ruhr-Universität Bochum) wie gewohnt ein, um ab- wechslungsreiche Vorträge von Ama- teuren für Amateure anzubieten. Das ist auch in diesem Jahr wieder her- vorragend gelungen. Zusätzlich gab es einen Reiff-Vortrag zur Förderung der Zusammenarbeit von Fach- und Ama- teurastronomen. In diesem Jahr stand daher, neben den Kometen, speziell die Zusammenarbeit von Amateur- und Profi-Astronomen im Vordergrund. Zu- dem konnten in den knapp bemessenen Pausen an Stellwänden Ergebnisse von Hobby-Astronomen bewundert und diskutiert werden.

Die 34. BoHeTa begann erst einmal im 1 Bernd Gährken bei seinem Vortrag nicht sichtbaren Spektralbereich mit ei- nem Beitrag von Dr. Helena Relke über die Radioastronomie an der Walter-Hoh- Die Essener Vorsitzende Claudia Henkel sich an die Mailadresse schulprojekt@ mann-Sternwarte Essen (www.walter- stellte das Projekt „Sterne funkeln für sternwarte-essen.de wenden, wenn sie hohmann-sternwarte.de). Die Frage lau- jeden“ vor, ein Programm für Integra- an dem Projekt teilnehmen wollen. tete: „Kann man als Amateur bei der tive Schulen und Förderschulen, das Materialschlacht großer Radioteleskope insbesondere Kinder mit Behinderun- Einen Reisebericht über Polarlichter (z.B. Effelsberg, ALMA) überhaupt mit- gen erreichen und für die Astronomie am Vulkan Bàrdarbunga (Island) liefer- halten?“ Eindeutige Antwort: „Ja!“ begeistern soll. In diesem Projekt wird te Bernd Gährken. Letztes Jahr brach auch der Bau von Teleskopen unterstützt. Bàrdarbunga aus, sein Lavaausfluss war Die Sternwarte Essen baute bereits im Ein Teleskopbaukasten mit stabiler Holz- der größte in Island seit 1784. Beim An- Jahr 2009 einen einfachen Sternschnup- montierung – alles in bester Qualität – flug auf Island standen aber erst einmal pen-Detektor, um Meteorschauer unab- wurde daher von Harrie Rutten präsen- Polarlichter für Gährken auf dem Pro- hängig vom Wetter erkennen zu können. tiert. Schulen und Sternwarten können gramm. Sie wurden aus dem Flugzeug heraus fotografiert – mit Filtern von sieben Nanometern Halbwertsbreite für einen optimalen Kontrast. Besonderes Highlight war, dass die Bilder teilweise in 3D gezeigt wurden, wozu Gährken für alle Tagungsteilnehmer Rot-Grün-Brillen mitgebracht hatte. Auch tolle Polar- lichtaufnahmen wurden in 3D gezeigt. Im „heute journal“ des ZDF wurden die Bilder ebenfalls präsentiert, was für die Teilnehmer einen besonderen Abschluss der Reise bedeutete.

Stefan Krause führte das Polarlichtthema weiter fort. Er stellte dabei unter ande- rem die Magnetfeldstrukturen der Sonne 2 Neu entdeckt: ein veränderlicher Nebel bei NGC 1333, linkes Bild: 26.10.2014, dar. Sonnenwinde sind nicht geschlos- rechtes Bild: 23.12.2014; Fotos: Rainer Spaeni, Christian Rusch sene Magnetfeldstrukturen, die auch die

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Erdatmosphäre treffen können, wodurch überhaupt erst Polarlichter entstehen. Unter der Webseite www.polarlichter. info können weitere Infos nachgelesen werden. Abschließend zeigte Krause das bisher einzige Echtzeitvideo eines Polar- lichts. Dies wurde mit einer Sony Alpha 7S erfasst, ohne dass die Nachbearbei- tung einzelner Fotos notwendig wurde.

Der Komet Lovejoy C/2014 Q2 stand bei Professor Thomas Hebbeker auf der Agenda. Dieser Komet erfreute die Hob- by-Astronomen über ein halbes Jahr am Himmel, was auch die große Fotoserie in zwei VdS-Journalen belegt. Da Love- joy in diesem Jahr ein sehr auffälliges Objekt war, machte sich Hebbeker da­ ran, die Bahnbestimmung einmal selbst vorzunehmen. Die Sternerkennung und Positionsmessung wurden mit dem Pro- gramm „Astrometrica“ vorgenommen. Um die Bahn selbst zu errechnen, wurde das Bahn-Fitprogramm „find_o32.exe“ 3 Ein neuer Sternstrom bei der Galaxie NGC 4725, Belichtung 50 Stunden, Foto: (http://www.projectpluto.com) verwen- Team OWL der TBG-Gruppe det. Durch die eigenen Berechnungs- methoden konnte hierbei eine hohe Genauig­keit erreicht werden. Empfindlichkeit besitzt. Durch Kombina- ist. Ist die Radialgeschwindigkeit unbe- tion unterschiedlicher Belichtungen der kannt, ist der Kandidat „heiß“, so dass Dass man auch neue Entdeckungen in drei Hobby-Astronomen schaffte man alle ermittelten Parameter zusammenge- der Hobby-Astronomie machen kann, so eine Gemeinschaftsaufnahme mit 51 stellt und nach Russland zu Professor I. verdeutlichte Rainer Spaeni in seinem Stunden Belichtungszeit. Diese Aufnah- D. Karachentsev gegeben werden. Inzwi- Vortrag über das Objekt NGC 1333. Er ist men wurden mit denen der CERES-Gruppe schen gibt es bereits eine zweite Publi­ in der Schweizer Gruppe CERES aktiv, die kombiniert, wodurch ca. 100 Stunden (!) kation über neu entdeckte Zwerggalaxi- aus drei begeisterten Hobby-Astronomen Gesamtbelichtungszeit entstanden. Ein en, auf die man zu Recht stolz sein kann besteht. Aufgrund tiefer Bilder wurde ein Bericht zum vermuteten Sternstrom wurde (Abb. 4). bisher unbekannter veränderlicher Nebel bei der Zeitschrift Sterne und Weltraum entdeckt. Daraufhin wurden umfangrei- eingereicht, ist aber auch als Fachpubli­ che Recherchen betrieben. Rückmeldung kation im Rahmen der TBG-Gruppe (http:// von Lynne Hillenbrand vom CALTECH tbg.vds-astro.de) vorgesehen (Abb. 3). (www.caltech.edu) in Kalifornien (USA) erbrachte dann die Gewissheit, dass auch Dass die TBG-Gruppe der VdS-Fachgrup- andere Astronomen etwas Ähnliches ge- pe Astrofotografie sehr aktiv ist, wurde messen hatten. Die Entdeckung in der beim Vortrag von Peter Riepe nochmals Fachwelt zu veröffentlichen, war dann deutlich. Die Gruppe von 30 Astrofoto- allerdings ein sehr beschwerlicher Weg, grafen ist anhand tief belichteter Auf- der ein Jahr dauerte. Trotzdem war man nahmen hauptsächlich auf der Suche am Ende froh, diesen Weg beschritten zu nach neuen Zwerggalaxien. Schwierig haben (Abb. 2). bleibt bei der Bilduntersuchung zu er- kennen, ob sich die vermuteten Kandida- Über die Entdeckung eines Sternstroms ten im Vorder- oder Hintergrund befin- bei NGC 4725 berichtete Dr. Mathias den. Dazu sind die im Sloan Digital Sky Straube von den Sternfreunden Ostwest- Survey (SDSS, www.sdss.org) gebotenen falen-Lippe. Die Sternwarten der drei Spektren ein gutes Arbeitsmittel. Aus Teilnehmer liegen dabei in dicht besie- dem SDSS werden auch die Koordina- delten Gebieten. Um eine größere Tiefe ten ermittelt. Damit erlaubt die NASA der Bilder zu erreichen, wurde eine Sony Extra­galactic Database (https://ned.ipac. 4 Neu entdeckte Zwerggalaxie dwB Alpha 7 selbst(!) modifiziert, so dass sie caltech.edu) die Beurteilung, ob eine Ga- bei NGC 672, Belichtung 21 Stunden, auch im Hα-Licht eine ausreichende laxie bereits registriert wurde oder neu Foto: Robert Pölzl/TBG-Gruppe

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Kurz vor der Kaffeepause wurden die te dem Publikum von Rainer Sparenberg Reiff-Preise 2015 vorgestellt, dieses Mal in eindrucksvollem Zeitraffer vorgeführt von Dr. Carolin Liefke, die dies auch in werden. Zukunft machen wird. Die Reiff-Stiftung fördert Projekte der Amateur- und Schul­ Die visuelle Beobachtung kleiner Plane- astronomie (http://reiffstiftung.org/preis. tarischer Nebel (PN) wurde von Daniel html) und konnte auch dieses Jahr wie- Spitzer präsentiert. Es ging um Objekte, der interessante Projekte auszeichnen. die möglichst unbekannt sind und daher Der Reiff-Vortrag, der die Zusammen- meist auch entsprechend klein. Spitzer arbeit von Amateuren und Fachastro­ ist dabei ausschließlich visuell unterwegs nomen fördern soll, wurde dieses Jahr und zeichnet die Ergebnisse per Hand. von Dr. Harald Krüger vom Max-Planck- 5 Gerald Rhemann, der bekannte Mit einem UHC-Filter an einem 24-Zoll- Institut für Sonnensystemforschung in österreichische Kometenfotograf Newton konnte in einer sehr guten Nacht Göttingen gehalten. Er stellte die aktu- die 824-fache(!) Vergrößerung genutzt ellen Ergebnisse des -Projekts werden. Viele PN werden nicht beob- vor und zeigte viele Orbiter-Aufnahmen Rhemann heute ein 2x2-Binning an, achtet, obwohl sie sehr hell sind. Dabei von der Oberfläche des Kometen 67P/ um schwächere Strukturen erfassen zu stehen bekannte Objekte bereits im „At- Churyumov-Gerasimenko mit einer viel- können. Die Belichtungszeit pro Ein- las für Himmelsbeobachter“ und sollten fältigen „Kometenlandschaft“. Der Komet zelaufnahme ist allerdings durch die daher auch gut zu finden sein. selbst bot am Himmel leider kein Spekta- Kometeneigenbewegung limitiert. Rhe- kel, da er nur eine visuelle Helligkeit von mann zeigte abschließend seine wirklich Im abschließenden Vortrag von Jens 14 mag aufwies. Das bisherige Fazit der schöne Kometenbildsammlung und wies Leich wurde über die Spannung am Son- Mission lautet, dass man zwar viel über auf den Kometen C/2013 Catalina hin nenrand sowie die solaren Aktivitäten die Eigenarten und den Aufbau eines (den wir inzwischen ja schon bewundern berichtet. Dabei baute Leich verschiedene Kometen erfahren, aber nicht alle vorge- konnten). Bilder unterschiedlicher Hobby-Astrono- nommenen Ziele erreichen konnte. So ist men mit ein. Es lassen sich bei Beob- z.B. nach wie vor unklar, wie die Grund- Einen Astronomie-Vortrag der etwas an- achtungen oftmals schnelle Änderungen bausteine des Lebens und das Wasser zur deren Art hielten Dr. Burkhard Steinrü- direkt mitverfolgen, was anhand ver- Erde gelangten. cken und Wolfgang Bischof, als sie von schiedener Zeitrafferaufnahmen verdeut- der Jahrhundertflut vom März 2015 und licht wurde. Die Sonnenbeobachtung Das Thema Kometen wurde im Nachfol- der Exkursion nach Frankreich berich- bietet daher interessante Echtzeiteinbli- gevortrag von Gerald Rhemann weiter teten. Es war eine Flut prognostiziert, cke in unser Sonnensystem. ausgebaut, der seine Kometenfotogra- die nur alle paar Jahrzehnte vorkommt. fie vorstellte. Ein Komet verändert sich Der Mont Saint-Michel bot sich hierfür Die BoHeTa endete mit dem gewohnt ge- täglich. Insbesondere der Schweif ist optimal an, da man hier einen maxima- mütlichen Ausklang. Viele Sternfreunde stetigen Wechselwirkungen ausgesetzt, len Tidenhub von 13 Metern beobachten nutzten dies zum ausgiebigen Fachsim- weshalb man eigentlich in jeder guten kann. Die gemessene Flutwelle war ca. peln. Man war sich einig: Die BoHeTa Nacht beobachten sollte. Dabei wendet 24 Stundenkilometer schnell und konn- 2015 war wieder ein voller Erfolg. Launch-Event der LISA-Pathfinder- Mission – ein Erlebnisbericht von Antje Duczmal-Schulze

Wie groß war die Freude, als ich beim machte ich in dieser Nacht kein Auge zu weit gefehlt! Nur kurze Zeit später bat Lesen der Tageszeitung eine Einladung und stand bereits um 4:30 Uhr vor dem uns Herr Dr. Benjamin Knispel, Presse­ für Bürger zum Launch-Event der LISA- AEI in Hannover. Nach kurzer Zeit war referent vom AEI, in die Räumlichkeiten Pathfinder-Mission im Albert-Einstein- ich in Gesellschaft eines Herrn, der die des Instituts und bot uns ein Alternativ- Institut in Hannover (AEI) entdeckte. Information hatte, dass der Start wegen programm an. Inzwischen hatte sich eine Keine Frage: Sofort meldete ich mich technischer Probleme kurzfristig abge- überschaubare Gruppe zuammengefun- dort an. Natürlich nicht, ohne meinen sagt werden musste. Wie wir später er- den, die nun in den Genuss einer Sonder­ Sternfreund von der VdS zu kontaktie- fuhren, gab es ein Zeitfenster von nur führung kommen sollte, welche nur in ren, der sich das natürlich auch nicht einer Sekunde für den Start, welches dieser Größenordnung möglich war. entgehen lassen wollte. nicht ausgereicht hatte. Herr Knispel erklärte anschaulich die Der Start war für den 2. Dezember 2015 Man könnte nun denken, dass dieser Tag Ziele der Mission (Abb. 1) und ließ zwei auf 5:15 Uhr angesetzt. Vor Aufregung für uns enttäuschend verlaufen war, doch Metallwürfel (Abb. 2, sie dienen als Re-

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ferenzkörper) herumgehen, jeder mit ei- nem Gewicht von zwei Kilogramm, 46 Millimetern Kantenlänge (siehe Größen- verhältnis in Abb. 3 ) und mit einem Ab- stand innerhalb des Satelliten von ca. 38 Zentimetern. Das dazugehörige Messins- trument ist eine aus Quarzglas gefertigte optische Bank, ausgestattet mit verschie- denen technischen Einheiten. Durch ein Laser­interferometer wird der Abstand der beiden Testmassen bestimmt.

Jeder Teilnehmer der Sonderführung konnte seine Fragen stellen und erhielt von Herrn Knispel gut verständliche Antworten. 1 Hier erklärt Dr. Knispel Position und Aufgabe der Testmassen. Sie sollen nach Erreichen des Lagrangepunktes 1 frei schweben, um geringste Veränderungen wahr- Nun ging es hinaus durch frische Mor- nehmen zu können. genluft zu dem Bereich, wo die Cluster arbeiten. Hier werden die Daten der Gra- vitationswellendetektoren nach Signalen Plastikklebematten sollten selbst das Wieder oben angelangt, wartete ein le- durchsucht. Ein großer Generatorenraum letzte Staubkörnchen von dem sensiblen ckeres Frühstück auf uns, welches wir in dient zur Kühlung der Anlage - bei Aus- Labor­bereich fernhalten. Das Labor, in gemütlicher Runde einnahmen und uns fall der Generatoren würde die Tempe- verschiedene Forschungsbereiche unter- für den nächsten Morgen verabredeten: ratur um zehn Grad pro Stunde steigen. teilt, gleicht einer recht großen und ho- darauf hoffend, dass dann der Start end- Hier befinden sich unter anderem auch hen Halle. Man konnte so den Blick auf lich klappte! Diesmal hatte ich meine die von Herrn Knispel mitentwickelten manche Doktorarbeit werfen. Kontaktdaten hinterlassen für den Fall, „Einstein@home“-Server. Jeder kann dass der Start erneut abgesagt werden bei der Suche z.B. nach Pulsaren mit Die einzelnen Experimente waren mit sollte. Doch als glücklicher Sterngucker seinem Smartphone oder PC über den Alufolie als Staub- und Fettschutz abge- Bildschirmschoner mithelfen und so die deckt. Es galt also, nichts anzufassen, um Rechenleistung der Forscher unterstüt- die mühevolle Arbeit der Forscher nicht zen. Es winkt sogar ein Zertifikat, wenn zu stören. Im Kellerraum, den wir über der eigene Rechner etwas gefunden hat! das Labor erreichten, konnten wir die rie- sigen Behälter bestaunen, die das Vaku- Durch Kellergänge gelangten wir an- um im Weltraum simulieren sollen. Die schließend in den Laborbereich. Hier sei Forscher reinigen die Innenwände, mit angemerkt, dass das AEI weltweit über umfangreichen Schutzmaßnahmen aus- die größten Laboratorien zur Interfero- gestattet, mit reinem Alkohol, um selbst metrie von LISA verfügt. Diesen Bereich kleinste Verunreinigungen zu beseitigen, durften wir nur mit Laserschutzbrillen die zu falschen Messdaten der Laser füh- und Schutzkleidung betreten (Abb. 4). ren könnten.

3 Um zu zeigen, wie klein ein Refe- renzwürfel ist, haben wir ihn auf 2 Die Originalwürfel sind aus einer Gold-Titanlegierung und wiegen einen Trinkbecher gestellt. Seine ca. zwei Kilogramm pro Stück. Außenlänge beträgt 46 Millimeter.

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Knispel hielt dann noch einen Vortrag über Isaac Newton und Albert Einstein, der die Fragestellung und Ausgangs- punkte beider Physiker zum Thema Gravitation verdeutlichte. Wer Interes- se hatte, konnte anschließend noch den Auswertungsraum besichtigen, wo die Messdaten von LISA ab Ende Februar 2016 ausgewertet werden. Und auch der Zeitpunkt des Starts – fast auf den Tag genau 100 Jahre nach Einsteins Vorher- sage der Existenz von Gravitationswellen – war besonders. So mancher Forscher, so war außerdem zu hören, wünscht sich, sehr alt zu werden, um vielleicht doch noch das eine oder andere Ergebnis über die unbekannten 96 Prozent der Materie des Universums zu erfahren.

Internethinweis: [1] Website von „Einstein@home“: www.einsteinathome.org/de

4 Da der erste Start abgesagt wurde, konnten wir an einer Laborführung im AEI teil- nehmen. Zu sehen sind Antje Duczmal-Schulze und Joachim Stürck von der VdS in Schutzkleidung und mit Laserschutzbrille. Hier werden gerade Lasertests durchgeführt.

machte es mir nichts aus, noch einmal so früh aufzustehen. So machte ich mich am 3. Dezember wieder auf den Weg nach Hannover – heute sollte es dann auch mit dem Start klappen! Der Vortragsraum füllte sich schnell mit vielen erwartungs- vollen Menschen, darunter viele über- nächtigte Physikstudenten. Gewappnet mit ausreichend Kaffee lauschten wir gespannt den Interviews und Berichten vom Startkomplex. Auf zwei Leinwän- den konnten wir den Start live mitverfol- gen (Abb. 5). Als der Countdown sich der Null näherte, wurde es doch sehr still im Raum. Aber alles klappte!

Es war schon ein beeindruckender An- blick, mit welcher Energie die Träger- rakete von der Plattform startete. An- schließend gab es wieder ein leckeres 5 Hier startet der LISA-Pathfinder. Wir sitzen mit ca. 80 Interessierten morgens im Frühstück für alle, Fernsehaufnahmen Vortragsraum des AEI, lauschen der Liveübertragung und warten gespannt auf den vom NDR und nette Gespräche. Herr Start. Anschließend wurde gefeiert!!!

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Sterne funkeln für jeden von Claudia Henkel

Vor einem Jahr hatte Harrie Rutten aus Arcen (NL), ein langjähriger Freund der Walter-Hohmann-Sternwarte e.V. (WHS) in Essen, zusammen mit seinem belgi- schen Freund Jean-Pierre Grootaerd, die Idee, behinderten Kindern in Schulen den Zugang zum Sternenhimmel mittels eines Teleskops (D = 80 mm, f = 900 mm) zu er- möglichen. Offizieller Pate des großarti- gen Projektes in Belgien und den Nieder- landen ist der erste belgische Astronaut Dirk Frimout.

Ende April 2015 erklärte sich die Firma Bresser in Rhede bereit, die Teleskope zu spenden. Die Montierung stellte Harrie Ruttens Nachbar „CNC-Houttechniek“ zur Verfügung. Die Montierung ist ein Bausatz, der aus Holz besteht (Abb. 1) und von den Kindern selbst zusammen- gebaut werden muss, wodurch motori- sche Fähigkeiten und logisches Denken gefördert werden. Außerdem erhalten die Schüler noch DVDs, Bücher und Stern- karten und vor allem eine von vielen Astro­nauten signierte Mondkarte.

Für den obligatorischen Preis von 100 Euro werden Spender gesucht, die entweder eine ganz bestimmte Schule oder auch irgendeine Schule unterstützen möchten. Von diesem Betrag werden die Liefer- 1 Der Montierungs-Holzbausatz von „CNC-Houttechniek“ für das Projekt kosten des Teleskops bzw. die Versand- „Sterne funkeln für jeden“. gebühren für Montierung und Zubehör bezahlt. Sollten die Ausgaben niedriger sein als die gespendeten 100 Euro, so wird der Überschuss angespart, bis sich dar- aus wieder ein Teleskop für eine Schule finan­szieren lässt.

Auf der Astronomiebörse der Walter- Hohmann-Sternwarte, dem ATT, der jedes Jahr ausgerichtet wird, hatte Harrie Rut- ten einen Stand und stellte das Projekt „Sterne funkeln für jeden“ in Deutsch- land vor. Die Essener Sternwarte war begeistert und übernahm die deutsche Schirmherrschaft des Projekts. Außerdem betreut die WHS teilnehmende Schulen in und um Essen.

Aufgrund der in Deutschland abwei- chenden Schulsituation (Inklusion) gilt unser Thema nicht nur für behinderte Kinder, sondern für alle Schulen, in de- 2 Das Projekt „Sterne funkeln für jeden“ an einer lokalen Schule.

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walter-hohmann-sternwarte.de. Erste Sponsoren (sogar aus Neuseeland) ha- ben sich schon gemeldet und verhelfen dem Projekt derzeit zu einem guten Start. Natürlich sind wir aber für jeden weite- ren Sponsor dankbar. Paten des Projek- tes in Deutschland sind kein geringerer als Ranga Yogeshwar und der Astronaut­ Alexander Gerst (Abb. 3), die es tatkräftig unterstützen. Eine große Kick-off-Veran- staltung, zu der beide ihr Erscheinen be- reits zugesagt haben, ist noch für 2016 in Essens Grugapark geplant.

In den Niederlanden und Belgien ist 3 Der deutsche Astronaut Alexander Gerst signiert eines der Teleskope von „Sterne funkeln für jeden“ bereits erfolg- „Sterne funkeln für jeden“. reich etabliert. Frankreich, England und Spanien sind gerade dabei, dieses Projekt umzusetzen. Man kann also mit Fug und nen Kinder Extrabegleitung brauchen land haben schon ihr Interesse bekundet, Recht von einem internationalen Projekt und die Interesse an diesem Projekt ha- ebenfalls dabei zu sein. reden. ben (Abb. 2). Wenn ein Sponsor gefun- den ist, erhält die Schule das Teleskop Am 16. April 2016 fand ein weiterer In- plus Montierung und wird, wie auch formationsaustausch der Sternwarten in Internethinweise: in den Niederlanden oder in Belgien, der Walter-Hohmann-Sternwarte, Wall- [1] Webseite „Sterne funkeln für jeden“: von den lokalen Sternwarten ein Jahr neyer Str. 159 in Essen, statt. Hier wurde www.sterne-funkeln-fuer-jeden.de lang betreut. Außer in Essen haben sich nicht nur dieses gemeinnützige Projekt [2] Beschreibendes PDF der WHS: schon in Duisburg, Soest, Recklinghau- besprochen, sondern auch ganz allge- www.walter-hohmann-sternwarte. sen, Remscheid, Paderborn, Aachen und mein ein Erfahrungsaustausch zwischen de/aktuell/sterne-funkeln.pdf Bonn Sternwarten bereit erklärt, Schulen den Sternwarten angeregt. Nähere Infor- [3] Belgische Webseite: www.vvs.be/ an ihren Standorten zu betreuen. Viele mationen dazu erhalten Sie auf Anfrage subsite/sterren-schitteren-voor- andere Sternwarten aus ganz Deutsch- unter der E-Mail-Adresse vorsitzender@ iedereen/sterne-funkeln-fur-jeden Der Astronomie-Workshop 2016 am Attersee von Peter Riepe Der Astronomische Arbeitskreis Salz- zunächst sein jährlich wiederkehrender Dieter Retzl berichtete über „Funktion kammergut (AAS) veranstaltet seit vielen Beitrag „Was ist neu beim AAS?“. Bau- und Anwendung von optischen Syste- Jahren zu Maibeginn einen Workshop. liche und technische Veränderungen in men zur Brennweitenveränderung und Ausgangspunkt war die Astrofotografie, der Sternwarte wurden vorgestellt, dazu Bildfeldebnung in der Praxis“. Tommy doch in den letzten Jahren rückten auch die mit der Meteorkamera gewonnenen Nawratil stellte die Frage: „Eiersterne - andere astronomische Aktivitäten stärker Ergebnisse, so der 2015 über Dänemark was nun?“. Er zeigte den Besuchern, wel- ins Bewusstsein - und das ist auch gut so. niedergegangene . che Fehlerquellen in der Astrofotografie Der Teilnehmerkreis liegt bei etwa 100 lauern und wie man sie beseitigt. Personen. Ausgetragen wird alles im bes- Bernhard Hubl berichtete über den Stand tens ausgestatteten Restaurant Bramosen des Projekts „CCD-Guide 2016“, präsen- Fabian Neyer legte den Finger in eine der in Weyregg am Attersee. tierte einen Rückblick auf „Chile 2015“ leidigen astrofotografischen Wunden: und gab einen Ausblick auf die kom- „Bildkalibierung - Die Grundlage tiefer Bereits am Freitagabend fand ein Er- mende astrofotografische Veranstaltung Aufnahmen“. Seine extrem lang belich- fahrungsaustausch zum Bildbearbei- „CEDIC“ vom 10.-12. März 2017 in Linz teten Aufnahmen sind bekannt. Er zeigte tungsprogramm „PixInsight“ statt. Am (Oberösterreich). Christoph Kaltseis stellte in seinem Vortrag klar und detailliert, Samstagmorgen begrüßte dann Obmann das Celestron 14 Edge HD vor und zeigte, was man als Astrofotograf zu beachten Erwin Filimon um 9 Uhr die angereis- dass das Teleskop mit Vollformat-DSLR hat. Sehr schön war eine Übersicht zu ten Gäste aus Österreich, Deutschland einem Vergleich mit einer konventio- atmosphärischen Phänomenen. Karl Kai- und der Schweiz. Zur Eröffnung folgte nellen Astrokamera durchaus standhält. ser stellte zahlreiche „Besonderheiten in

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1 Blick vom Tagungsort auf den Attersee und das Alpenpanorama

2 Die Veranstalter, von links: Erwin Filimon, Bernhard Hubl, Harald Strauß

3 Sonnenbeobachtungen auf der Terrasse

4 Gemütlicher Abend

5 Die Workshop-Teilnehmer 128 VdS vor Ort / Tagungsberichte

der meteorologischen Optik“ vor. Wolf- mann nahm sich die Fokussierung vor Das gemeinsame Mittag- und Abend- gang Ries behandelte ein Thema, wel- und zeigte, wie man mit Berechnungen essen, aber auch die zwischenzeitlichen ches gleich zwei Disziplinen näherbrach- und Messungen Astroaufnahmen auf den Kaffeepausen, sorgten immer wieder für te: „Brüder im Geiste - wie das Projekt Schärfepunkt bringt. Johannes Schedler Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme BAfK Fotografen und Visuelle vereint“. ist der Einzige, der im Team „Chart32“ die und zum Erfahrungsaustausch. Daher In der VdS war dieses Projekt vor Jahren Vorzüge eines 80-Zentimeter-Teleskops war es fast selbstverständlich, dass der ein Schlager - mittlerweile ist es leider und seiner idealen Lage in Chile erkannt Ausklang der Veranstaltung lange dau- Nostalgie. Peter Riepe zeigte anhand ei- hat und der, abgesehen von hervorragen- erte. Wer hierherkam und bei schönstem nes tiefen Bildes der Zwerggalaxie IC 10 den Bildern, auch eine erfolgreiche Ko- Wetter den Workshop miterlebt hat, wird von Rainer Sparenberg mit dem Meller operation mit Berufsastronomen bis hin garantiert wiederkommen. Meine Gratu- 1,12-Meter-Newton, was alles an Details zu gemeinsamen Publikationen betreibt. lation an die Veranstalter! in einem so tiefen Bild steckt und wie In Deutschland wird ein solcher Vortrag VdS vor gefundene Objekte in der Fachliteratur wohl leider nie zustandekommen. Ort / Ta- recherchiert werden. Hartmut Borne- gungs- Neuer Treffpunkt für Amateurastronomen: berichte Ostwestfälischer Astro-Stammtisch (OwAS) von Oliver Schneider

In der heutigen Zeit läuft der Austausch Das Treffen lädt alle interessierten ternetseite der Veranstaltung [1]. Gerne von Erfahrungen, Bildern und anderen Hobby­-Astronomen ein, sich persön- können per E-Mail auch Anfragen an Medien im Bereich der Hobby-Astro- lich kennenzulernen und Erfahrungen den Initiator des Stammtisches gestellt nomie oftmals über das Internet in as- und Fragen in gemütlicher, zwangloser werden [2]. tronomischen Foren, via E-Mail oder Atmo­sphäre auszutauschen. Bei Bedarf Kurzmitteilungsdiensten. Dadurch ist steht auch ein Beamer mit Notebook zur eine Kommunikation zu jeder Tages- Verfügung, um eigene astronomische und Nachtzeit über alle Grenzen hinweg Aufnahmen oder Fragen der Bildbearbei- möglich – mit allen Vor- und Nachteilen. tung zu diskutieren. Das Treffen findet Internethinweise: monatlich jeweils donnerstags um Voll- [1] Bericht über das erste Treffen des Um nun in dem eher ländlich geprägten mond herum statt. OwAS: www.balkonsternwarte.de/ ostwestfälischen Bereich eine Möglich- OwAS keit zum persönlichen Treffen zu schaf- Termine und Informationen zum Ver- [2] E-Mail-Adresse des Autors: fen, wurde ein „Ostwestfälischer Astro- anstaltungsort finden sich auf der In- [email protected] Stammtisch“, kurz OwAS, ins Leben gerufen und am 21. Mai 2016 zum ersten Mal abgehalten. Dazu war eine Reihe von Sternfreunden in das schöne Lip- perland gekommen, um in gemütlicher Runde bei gutbürgerlichem Essen und ei- nem Bierchen unter Gleichgesinnten den Abend zu verbringen (siehe Abbildung 1). Viele der Teilnehmer saßen sich zum ersten Mal persönlich gegenüber, so dass zunächst jeder die Gelegenheit hatte, sich vorzustellen. Dabei wurden die eigene astronomische Ausrüstung und Interes- sen vorgestellt. Später sprach man dann in freundschaftlicher Atmosphäre beim „Astroklön“ viele weitere Themen an. Es ging um Montierungen, Kamerasyste- me, den öffentlichen Sternwartenbetrieb, die Lichtverschutzung an verschiedenen Standorten und viele andere Themen, die den Hobby-Astronomen interessieren. 1 Die Teilnehmer des ersten Ostwestfälischen Astro-Stammtisches

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BAV-Regionaltreffen eingesetzt und erreicht die erstaunliche Auflösung von rund 15 Ångström. Als Beispiel wurde die Nova V339 Delphini im Mai 2016 in Hartha (2013) genutzt und die Ergebnisse passen von Joachim Hübscher und Lienhard Pagel gut zu Ergebnissen von Profis.

Auch dieses Jahr fand das Beobachter- wird gesucht“, das „BAV-Journal“, das Reinhold Auer beschrieb anschließend treffen wieder in Hartha statt. Seit 1994 seit Januar online ist und wo bereits fünf Datenbanken der tschechischen Beob- ist es das „BAV-Treffen“, vorher für viele Artikel veröffentlicht wurden. Hier wer- achter, allen voran „BRNO“, „Tresca“ Jahre das „Treffen des AKV“ (Arbeits- den weitere Gutachter gesucht. Thema und „Meca“. Beeindruckend war dabei, kreis Veränderliche Sterne). Besonders war auch die internationale BAV-Tagung welche vielfältigen Services den Beob- erfreulich war, dass auch wieder Teilneh- in Hamburg. Das bedeutendste Projekt achtern zur Verfügung gestellt werden. mer aus dem Ausland angereist waren: betrifft die Beobachtungsfelder der BAV Zum Beispiel bei der Datenbank „Tresca“ Gerd-Uwe Flechsig aus den USA, Klaus im Kontext moderner Surveys, über die für Exoplaneten mit der Möglichkeit, ei- Bernhard aus Österreich, Anton Paschke bereits mehrfach im „BAV-Rundbrief“ nen Transit-Fit durchzuführen.­ Die Zu- aus der Schweiz und Reinhold Auer und berichtet wurde. Viele verschiedene Sur- sammenarbeit zwischen Hochschulen, Miloslav Zejda aus Tschechien. veys wurden detailliert beschrieben und Forschungs­ein­richtungen und Amateu- damit verdeutlicht, wie rasch sich die ren ist außerordentlich intensiv. Hier Bereits am Freitagabend waren 25 Teil- Größe der beobachteten Himmelsaus- wird eine tolle Zusammenarbeit gelebt, nehmer gekommen und nach dem schnitte vergrößert. Das Thema wird die die wir bei uns auch gerne so hätten. Abendessen gab es zwei Präsentationen. BAV und alle anderen Veränderlichenbe- Erik Wischnewski berichtete über seine obachter weltweit weiter beschäftigen. Klaus Bernhard erläuterte seine Arbeit an Arbeit mit dem Periodensuchprogamm ACV-Veränderlichen aus den „ASAS“- „period04“, dessen Funktionalität er am Joachim Hübscher ergänzte das Thema und „SWASP“-Datenbanken. ACV-Ster- PC vorstellte, und am Beispiel von AR anschließend aus seiner Sicht: Natürlich ne sind chemisch pekuliäre Objekte der Herculis eine Periode für den „Blazhko- werden Liebhaber und Einsteiger weiter oberen Hauptreihe mit anormal starken Effekt“ ermittelte. Anschließend führte beobachten wie bisher. Aber alle Ande- Absorptionslinien, die auf besondere Ele- Lienhard Pagel durch die neue Website ren sollten sich darüber im Klaren sein, ment-Konzentrationen (Si, Cr, Sr, Eu) an der BAV und erläuterte die Gliederung dass die Surveys Vieles erledigen wer- der Sternoberfläche hinweisen. der wesentlichen Menüs und die Gestal- den, was bisher den Beobachtern vorbe- tungsmöglichkeiten der neuen Website, halten war. Trotzdem ist nicht klar, wann Anschließend zeigte Reinhold Auer ein- an der alle Interessierten mitwirken kön- das sein wird. Es ist wichtig, die bisheri- drucksvolle Bilder seiner komplett remo- nen. Sofern man sich auf der Website ge Arbeit weiterzuführen und permanent te betriebenen privaten Sternwarte. angemeldet hat, kann man sich hierüber stichprobenartig zu prüfen, ob Survey- für die BAV-Tagungen anmelden, Daten Daten bereits in guter Qualität entstehen, Frank Vohla sprach an Hand der BAV- uploaden und Programme downloaden. so dass die alten Beobachtungsfelder ob- Programmsterne über ungewöhnliche Zusätzlich wird das User-Menü sicht- solet werden. Zusätzlich werden Pionie- Maxima bei ansonsten eher gleichförmig bar, wo weitere Informationen verfügbar re für neue Themen gesucht. Im zweiten variablen Mirasternen. Recht häufig folgt sind. Außerdem wurde gezeigt, wie ein- Teil des Vortrages erläuterte er, dass es auf ein sehr helles Maximum ein sehr fach Seiten editiert werden können. Es rund 2.500 Maxima und Minima an 700 schwaches Minimum, dem ein schwaches gab eine rege Diskussion und Anregun- vorläufig benannten Sternen gibt, bei Maximum folgt. Dazu zeigte Frank jahr- gen für Verbesserungen. denen zu prüfen ist, ob sie zwischenzeit- zehntelange Lichtkurven von mehr als 30 lich endgültig benannt wurden. Mirasternen. Am Samstag eröffneten Thomas Bert- hold als Hausherr und Lienhard Pagel Frank Walter stellte unter dem Titel „Die Rainer Gröbel referierte über NSV1907, das Treffen offiziell. Die Veranstaltung Zukunft der Lichtenknecker Database of einen Veränderlichen vom Typ SW Sex. wurde per Livestream übertragen. Dabei the BAV“ die Frage, wie mit der Daten- Eindrucksvoll waren der Ablauf der Ana- waren sowohl der Bildschirm mit den bank weiter zu verfahren ist. Natürlich lysen und die sich daraus ergebenden Präsentationen als auch die Webcam für ist sie von großer Bedeutung und weiter- Schlüsse, die zu dieser Typ-Klassifikati- die externen Teilnehmer sichtbar. Letzte- hin zu aktualisieren. 18.200 Minima sind on führten. Zusätzlich zeigte Rainer am re konnten jederzeit Fragen an den Refe- von 2.175 Sternen enthalten. Sollen wei- Ende des Referats einige Fotos der GEOS- renten stellen. Im Laufe des Tages gab es tere Sterne aufgenommen werden? Sind Tagung in Frankreich. bis zu acht externe Teilnehmer und hin- 570 Zugriffe auf der Website innerhalb terher viel Lob für die meist gute Qualität. von sechs Monaten viel oder wenig? Soll Abschließend beschrieb Miloslav Zejda, Der Livestream wurde von Max-Johann man eine gemeinsame europäische Lö- wie die gute Zusammenarbeit der Physi- Jürß umsichtig und engagiert gemanagt, sung forcieren? ker und Informatiker an der Masarykova- wofür er am Ende der Veranstaltung viel Universität zu überzeugenden Lösungen Beifall erhielt. Erik Wischnewski berichtete von seinen geführt hat, um Daten unterschiedlicher ersten Erfahrungen mit dem „StarAnaly- Surveys automatisch zu erfassen. Abends Lienhard Pagel berichtete über aktuelle ser. Dabei handelt es sich um einen preis- und im Plenum gab es ausreichend Zeit Projekte der BAV. Dazu gehören die neue werten spaltlosen Spektrografen. Er wird für den Gedankenaustausch und Diskus- Website, mit dem Hinweis „Webmaster zwischen Okularauszug und Kamera sionen zwischen den Teilnehmern. VdS-Journal Nr. 59 Wega KEPHEUS LEIER Castor Pollux Capella Deneb KASSIOPEIA EIDECHSE

SCHWAN ZWILLINGE FUHRMANN Albireo Algol

PERSEUS ANDROMEDA FÜCHSCHEN DREIECK PFEIL

Plejaden WIDDER Aldebaran STIER PEGASUS DELFIN Atair

Beteigeuze FISCHE FÜLLEN ADLER Uranus

ORION

Mira WASSERMANN WALFISCH Rigel Neptun

ERIDANUS SÜDOST STEINBOCK SÜDL. FISCH Sternkarte exakt Fomalhaut gültig für 15. Oktober BILDHAUER 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de Mondphasen im Oktober 2016 Mondphasen im November 2016

Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond 1.10. 9.10. 16.10. 22.10. 30.10. 7.11. 14.11. 21.11. 29.11.

Planeten im Oktober Merkur ist Anfang Oktober noch am Morgenhimmel im Osten zu NGC859 (13,3 mag), Sternbild Walfisch 22. 20:12 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg sehen. 08. 19h Mond 6,5° NO Mars (0,1 mag) von 8,1 mag 09. Maximum Meteorstrom der Delta-Draconiden, 21 km/s 22. 20:14 Letztes Viertel Venus steht abends tief am Südwesthimmel, sie ist als Abendstern 09. 05:33 Erstes Viertel 22. 20:41 U Sge Minimum-Mitte 9,2 mag, Dauer gleicher Helligkeit noch nicht auffällig. 09. max. Libration im Mond-SW, 8,5° 1,6 Std., Abstieg von 6,6 mag in rd. 5 Std., zum 09. 19:14 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg Schluss ganz schnell Mars zieht durch den Schützen und ist weiterhin am Abendhimmel von 8,1 mag 22. 21:10 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 tief im Süden vertreten. 10. 01:58 Kleinplanet (2524) Budovicium (17,6 mag) bedeckt mag in rd. 3 Std. Jupiter in der Jungfrau macht sich ab Mitte Oktober wieder am TYC 1395-00498-1 (9,2 mag) für 1,3 s, 1,4° S M44, 24. Kleinplanet (18) Melpomene (8,0 mag, Dist. 127 Mio. Morgenhimmel bemerkbar. Pfadverlauf: W- nach O-Deutschland km) in Opposition zur Sonne, Sternbild Walfisch 10. 22h Zwergplanet (1) Ceres (7,6 mag) 1,2’ W Galaxiengruppe 25. 03:22 Mond 1,8° S Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) Saturn verabschiedet sich tief im Südwesten vom Abendhimmel. PGC8350/58 (15 mag) 25. ab Mond bedeckt Stern 31 Leonis (4,4 mag), bis ca. 11. 6h Merkur (-1,1 mag) 51’ N Jupiter (-1,7 mag) 03:32 04:39, genaue Zeit abh. v. Standort Uranus in den Fischen steht am 15.10. in Opposition – beste 11. Ende Morgensichtbarkeit Merkur 26. ab Mond bedeckt Stern 59 Leonis (5,0 mag), genaue Zeit Beobachtungszeit. 15. 12h Uranus (5,7 mag, 3,7’’, Dist. 2,84 Mrd. km) in Opposi­ 06:00 abh. v. Standort tion zur Sonne, Sternbild Fische 26. ab Kleinplanet (4) Vesta (7,4 mag) ca. 2° O off. Sternhfn. Neptun im Wassermann stand am 2. September in Opposition; 15. 20:30 Mars (0,2 mag) 1,3° N Sigma Sagittarii (2,0 mag) M44 (3,1 mag), bis ca. 8.12., Sternbild Krebs noch kann man ihn gut sehen. 16. 5h Mond 3,0° S Uranus (5,7 mag) 26. 19:29 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg 16. 05:23 Vollmond von 8,1 mag 17. 1h Mond erdnah, 33,4’ 27. 00:30 Kleinplanet (18) Melpomene (8,0 mag) 6,2’ NO NGC883 Ereignisse im Oktober 18. 20:55 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg (12,6 mag) und 3,9’ O IC219 (13,4 mag), Sternbild 01. 01:11 Neumond von 8,1 mag Walfisch 01. 20:55 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg 18. ab Mond in den Hyaden, ganze Nacht 28. 6h Mond 1,9° NW Jupiter (-1,7 mag) von 8,1 mag 22h 28. 6h Jupiter (-1,7 mag) 1,7° S Gamma Virginis (2,7 mag) 03. 18:30 Mond 4,1° N Venus (-3,9 mag), SW-Horizont, Dämmerung 19. ab Ende Mond bedeckt Stern Gamma Tauri (3,6 mag), 28. 11:21 Jupiter (-1,7 mag) 23’ südl. v. Mondsüdpol, Vorsicht: 03. ca. Meteorstrom der Delta Aurigiden, 60 km/s, ca. 5/h 01:19 genaue Zeit abh. v. Standort Sonnennähe! 04. 12h Mond erdfern, 29,4’ 19. ab Mond bedeckt Stern Theta2 Tauri (3,4 mag), Austritt ab 29. 18h Venus (-4,0 mag) 3,0° S Saturn (0,5 mag) 04. 20:24 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 04:51 05:48, genaue Zeit abh. v. Standort 29. 20:03 Kleinplanet (151) Abundantia (14,2 mag) bedeckt TYC 05. 3h Kleinplanet (18) Melpomene (8,2 mag) 24’ O Galaxie 19. 5h Mond 1,7° W Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag) 6924-00434-1 (9,9 mag) für 2,9 s, Sternbild Steinbock, NGC958 (12,2 mag), Sternbild Walfisch 19. ab Ende Mond bedeckt Stern Theta1 Tauri (3,8 mag), Pfadverlauf: Österreich 05. 19:58 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg 05:53 genaue Zeit abh. v. Standort 30. 2h Ende der Sommerzeit, Umstellung von MESZ auf MEZ, von 8,1 mag 21. 0-5h Maximum Meteorstrom der Orioniden, ca. 20/h, 65 km/s Uhr um 3 Uhr MESZ um 1 Std. zurückstellen 05. 20:41 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 21. Zwergplanet (1) Ceres (7,4 mag, Dist. 284 Mio. km) in 30. 18:38 Neumond 06. 19h Mond 5,0° NO Saturn (0,5 mag) Opposition zur Sonne, Sternbild Walfisch 31. 20h Mond erdfern, 29,4’ 06. 19:58 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 21. 00:43 Kleinplanet (18) Melpomene (8,0 mag) 40’ NW Galaxie 07. 19:14 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag NGC895 (11,7 mag), Sternbild Walfisch 07. R Cas im Maximum 4,7 mag (o. schwächer) 22. max. Libration im Mond-NO, 9,1°

08. 00:05 Zwergplanet (1) Ceres (7,6 mag) 14,8’ N Galaxie Riedel (streifende Eberhard Sterne), (Veränderliche Braune Werner E. Celnik und Werner zusammengestellt von Kleinplaneten). durch Klös (Sternbedeckungen Oliver Sternbedeckungen),

VdS-Journal Nr. 59 Wega EIDECHSE SCHWAN KEPHEUS LEIER GIRAFFE Castor Pollux KASSIOPEIA Capella Deneb LUCHS KASSIOPEIA EIDECHSE

Capella SCHWAN ZWILLINGE FUHRMANN Albireo Castor Algol Pollux Algol PERSEUS ANDROMEDA ANDROMEDA FUHRMANN FÜCHSCHEN PERSEUS ZWILLINGE DREIECK KREBS PFEIL DREIECK PEGASUS Plejaden STIER WIDDER Plejaden WIDDER Aldebaran STIER PEGASUS DELFIN Atair KLEINER Beteigeuze Aldebaran HUND FISCHE FISCHE FÜLLEN ADLER Procyon Uranus Uranus Beteigeuze ORION ORION

Mira WASSERMANN EINHORN Neptun WALFISCH WALFISCH Rigel Neptun GROSSER Rigel WASSERMANN HUND ERIDANUS Sirius ERIDANUS SÜDOST SÜDOST STEINBOCK HASE FomalhautSÜDL. FISCH CHEMISCHER Sternkarte exakt Sternkarte exakt OFEN gültig für 15. Oktober BILDHAUER gültig für 15. November 1 Uhr MESZ SÜDWEST 0 Uhr MEZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de SÜD www.sternfreunde.de Mondphasen im Oktober 2016 Mondphasen im November 2016

Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond 1.10. 9.10. 16.10. 22.10. 30.10. 7.11. 14.11. 21.11. 29.11.

Planeten im November Merkur entfernt sich Ende November bis auf 18° von der Sonne, 07. 21:24 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 18. 3h Maximum Meteorstrom der Leoniden, ca. 20/h, 70 taucht aber abends nicht auf. mag km/s 08. 04:39 Linus, Mond von Kleinplanet (22) Kalliope (10,3 mag) 18. 21:24 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag Venus tritt zögernd als Abendstern auf, durch ihre Position im bedeckt TYC 1906-01539-1 (9,9 mag) für 4,5 s, Stern- in rd. 2 Std., 1,0-Std.-Minimum gleicher Helligkeit Schützen weiterhin schwierig. bild Zwillinge, Pfadverlauf: Schweiz, SW- nach O- 19. max. Libration im Mond-NO, 8,7° Deutschland 20. 23:54 streifende Sternbedeckung durch d. Mond, 18 Leo (5,7 Mars wechselt in den Steinbock und hält sich hartnäckig am 08. 04:40 Kleinplanet (22) Kalliope (10,3 mag) bedeckt TYC 1 mag), N-Rand, in Sachsen-Anhalt - Brandenburg frühen Abendhimmel. 906-01539-1 (9,9 mag) für 33,5 s, Sternbild Zwillinge 21. 6h Mond 2,8° SW Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) Jupiter wird zum Planet am Morgenhimmel. Er steuert auf Spica Pfadverlauf: Österreich, Schweiz, SO- nach O- 21. 09:33 Letztes Viertel in der Jungfrau zu. Deutschland 21. 19:14 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg 08. 20:26 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg von 6,2 mag Saturn im Schlangenträger zieht sich vollends vom Abendhimmel von 8,1 mag 25. 5h Mond 1,5° NO Jupiter (-1,8 mag) zurück. 08. 20:41 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 25. 20:26 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg mag von 8,1 mag Uranus stand am 15.10. in Opposition, er ist in den Fischen ein 09. 00:30 Kleinplanet (18) Melpomene (8,2 mag) 10’ SW Galaxie 26. 6h Mond 7,2° NO Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) leichtes Objekt. NGC842 (12,7 mag) und 13’ SO Galaxie NGC830 (13,3 27. 21h Mond erdfern, 29,4’ mag), Sternbild Walfisch 29. 13:18 Neumond Neptun beendet seine Oppositionsperiode und wird zum Objekt 09. 18h Mond 1,5° N Neptun am Abendhimmel. 09. 20:12 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 09. 20:26 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg Ereignisse im November von 6,2 mag 01. R Tri im Anstieg zum Maximum am 2.12. mit 5,4 mag 10. 19:29 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 (o. schwächer) mag 02. 18h Mond 3,2° N Saturn (0,5 mag), 8,2° NW Venus (-4,0), 10. 20h Maximum Meteorstrom der Leoniden, 5-10/h, bis 4h tief im SW am 11. 03. 20:55 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg 12. 19:29 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg von 6,2 mag von 8,1 mag 04. 21:10 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg 14. 12h Mond erdnah, 33,5’ von 8,1 mag 14. 14:52 Vollmond 05. ab Mond bedeckt Stern 43 Sagittarii (4,9 mag), 14. 19:43 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 16:30 genaue Zeit abh. v. Standort mag in rd. 3 Std. 06. max. Libration im Mond-SW, 8° 15. 19:58 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg 06. 18:30 Mond 5,1° NO Mars (0,4 mag) von 6,2 mag 06. 22:07 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 15. 19h Mond 1,0° O Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag) mag 16. 20:12 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag 07. 20:51 Erstes Viertel in rd. 2 Std., 1,0-Std.-Minimum gleicher Helligkeit Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, der BAV, Berechnungen Pluto), mittels GUIDE (Project eigene Recherchen Observatory, US Naval Quellen: Riedel [GRAZPREP]), Kosmos (Eberhard der IOTA/ES Berechnungen Preston), (Steve der IOTA Berechnungen 2016 (H.U. Keller) Himmelsjahr

VdS-Journal Nr. 59 GROSSER GIRAFFE KASSIOPEIA BÄR

KLEINER LÖWE Capella LUCHS Algol ANDROMEDA FUHRMANN PERSEUS PEGASUS DREIECK Castor

LÖWE Pollux KREBS ZWILLINGE WIDDER Plejaden

Regulus FISCHE STIER Aldebaran Uranus KLEINER HUND ORION Procyon Beteigeuze

WASSER- SCHLANGE WALFISCH Alphard EINHORN

Rigel Sirius ERIDANUS

SÜDOST GROSSER HUND HASE Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 0 Uhr MEZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de Mondphasen im Dezember 2016

Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond 7.12. 14.12. 21.12. 29.12.

06. ab Mond bedeckt Stern SAO 146161 (6,7 mag), Stern- (9,3 mag) für 3,7 s, Sternbild Fische, Pfadverlauf: NW- Planeten im Dezember 18:14 bild Wassermann, genaue Zeit abh. v. Standort nach NO-Deutschland Merkur erreicht am 11.12. eine größte östliche und ist 06. 20:41 BM Ori (Trapez-Stern!) Minimum 8,7 mag, langsamer 19. ca. Maximum Meteorstrom der Coma-Bereniciden, 5-10/h, abends eine Herausforderung. Abstieg von 7,9 mag 65 km/s 07. max. Libration im Mond-W, 7,1° 19. 19:14 BM Ori (Trapez-Stern!) Minimum 8,7 mag, langsamer Venus nimmt jetzt zunehmend ihre Rolle als Abendstern ernst, sie 07. 04:25 Jupitermond Ganymed vor Jupiter (-1,8 mag), bis 06:57 Abstieg von 7,9 mag ist das hellste Objekt. 07. 10:03 Erstes Viertel 21. 02:56 Letztes Viertel 09. 03:50 Beginn Jupitermond Io und Schatten gleichzeitig vor 21. 11:44 Wintersonnenwende Mars wandert von Steinbock in den Wassermann, er ist weiterhin Jupiter (-1,8 mag), bis 07:05 21. 19:00 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag, abends zu sehen. 10. 05:08 Jupitermond Europa und Schatten gleichzeitig vor 1,0-Std. Minimum gleicher Helligkeit Jupiter baut seine Sichtbarkeit am Morgenhimmel aus; er nähert Jupiter (-1,8 mag), bis 07:40 21. 24h Maximum Meteorstrom der Ursiden, 10-20/h, 35 km/s sich Spica. 10. Saturn in Konjunktion mit der Sonne 22. 06:30 Mond 5,9° NW Jupiter (-1,9 mag) 10. 19:30 Mars (0,7 mag) 1,4° N Delta Capricorni (2,9 mag) 22. 21:10 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg Saturn steht am 10.12. in Konjunktion mit der Sonne und damit mit 11. 17h Merkur (-0,5 mag) in größter Elongation Ost (21°), von 6,2 mag ihr am Taghimmel. kurze Merkursichtbarkeit, tief im SW 23. 06:30 Mond 5,4° NO Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) 11. 21:38 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 23. 20:26 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag, Uranus ist abends in den Fischen am besten zu sehen, wenn er den 12. 20:55 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 1,0-Std. Minimum gleicher Helligkeit Meridian durchquert. 12. ab Mond bedeckt Stern Gamma Tauri (3,6 mag), 24. 23:03 Linus, Mond von Kleinplanet (22) Kalliope (10,1 mag) 22:49 genaue Zeit abh. v. Standort bedeckt TYC 2430-01124-1 (9,2 mag) für 2,3 s, Stern- Neptun geht früher als Uranus durch den Meridian, ihn sollte man 13. ab Mond bedeckt Stern Theta1 Tauri (3,8 mag), genaue bild Fuhrmann, Pfadverlauf: Österreich, S-Deutschland zuerst aufsuchen. 03:11 Zeit abh. v. Standort 24. 23:03 Kleinplanet (22) Kalliope (10,1 mag) bedeckt TYC 2430- 13. ab Mond bedeckt Stern Theta2 Tauri (3,4 mag), genaue 01124-1 (9,2 mag) für 16,9 s, Sternbild Fuhrmann, 03:19 Zeit abh. v. Standort Pfadverlauf: Schweiz Ereignisse im Dezember 13. ca. Mond bedeckt Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag), 25. 7h Mond erdfern, 29,4’ 02. R Tri Maxim um 5,4 mag (o. schwächer) 06:25 Uhrzeit abh. v. Standort 25. 21:53 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag, 02. 00:30 Kleinplanet (18) Melpomene (8,8 mag) 14,8’ O Galaxie streifende Bedeckung, N-Rand, in NW-Niedersachsen, 1,0-Std. Minimum gleicher Helligkeit NGC788 (12,1 mag), Sternbild Walfisch ab ca. 06:34 27. 19:58 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 02. 18h Mond 9,9° NW Venus (-4,2 mag) 13. 20:12 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag mag in rd. 3 Std. 03. 04:34 Jupitermond Europa und Schatten gleichzeitig vor 13. 21h Maximum Meteorschauer Geminiden, bis 120/h, 35 28. 20:41 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg Jupiter (-1,8 mag), bis 07:03 km/s, bis 6h am 14. von 6,2 mag 03. 18h Mond 5,3° N Venus (-4,2 mag) 14. 01:06 Vollmond 29. 07:53 Neumond 03. Kleinplanet (4) Vesta 2° W M44, Sternbild Krebs, 14. 04:07 Schattendurchgang Jupitermond Ganymed, bis 06:49 30. 19:43 RW Tau Minimum-Mitte 11,6 mag, rd. 2 Std. schneller Beginn Rückläufigkeit 14. 17h Merkur Halbphase, 7,3’’ Abstieg von 8,0 mag, 1,3 Std. Minimum gleicher Hellig- 04. 21:24 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 14. 19:29 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag keit 2,1 mag in rd. 3 Std. 16. 04:24 streifende Sternbedeckung durch d. Mond, 74 Gem 31. 21h Kleinplanet (4) Vesta (6,7 mag) 11’ N Galaxie NGC2557 04. 22h Zwergplanet (1) Ceres (8,2 mag) 7,4’ NO Galaxie (5,0 mag), N-Rand, in NW-Deutschland (13,4 mag) NGC585 (13,2 mag), Sternbild Walfisch 18. max. Libration im Mond-O, 7,6° 4.1.17 20h streifende Sternbedeckung durch d. Mond, 4 Psc 05. 18:30 Mond 4,0° NO Mars (0,7 mag) 18. 06:30 Mond 7,1° W Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) (6,4 mag), S-Rand, in S-Deutschland 05. 21:38 RW Tau Minimum-Mitte 11,6 mag, rd. 2 Std. schneller 18. 23:30 Mond 3,3° SO Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) Abstieg von 8,0 mag, 1,3 Std. Minimum gleicher Helligkeit 19. 00:22 Kleinplanet (1183) Jutta (17,3 mag) bedeckt HIP 4445 bei 10° ö.L. und 50° n.Br. in MEZ, für Standort Alle Zeitangaben zu den 27.03. 2:00 Uhr MEZ bis 30.10. eine Stunde in MESZ im Zeitraum zum Umrechnen addieren Zeitangaben

VdS-JournalVdS-Journal Nr. Nr. 59 59 Beobachterforum 133

1 Die totale Sonnenfinsternis in Indonesien am 9. März 2016 von Bernd Flach-Wilken

Leider spielte das Wetter am 09.03.2016 am Burung Mandi Beach, Belitung, Indonesien nicht so mit, wie es viele Beobachter gerne gehabt hätten.

Zur totalen Sonnenfinsternis gesellten sich mehr oder weniger dichte Wolken, die - obwohl im Detail dramatisch anzusehen - die Beobachter nicht gerade erfreuten. Ich konnte die Szenerie sowohl mit einer Weitwinkeloptik kurz nach dem 3. Kontakt (Abb. 1) einfangen als auch mit einem kleinen 80/540-Millimeter-Refraktor und einer PENTAX K3 - hier mit zwei Sekunden Belichtungszeit bei ASA200 (Abb. 2) - zur Mitte der totalen Phase.

2 134 Beobachterforum

Eine Reise zur ältesten Sternwarte Argentiniens und Erinnerungen an mein erstes selbstgebautes Teleskop in San Juan von Rolando Dölling

Am 3. August 2015 reiste ich mit meiner 1 Besuch beim Observatorio „El Gato Frau an meinen Geburtsort San Juan in Gris“ (Hintergrund) am 15.08.2015 Argentinien. Dabei hatte ich geplant, mir in Tanti, Córdoba, Argentinien. Von einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: links nach rechts: Ing. Carlos Ich wollte das berühmte Observatorio Colazo, Dr. Diego Garcia Lambas, Astronómico de la Universidad Nacional Dr.-Ing. Rolando Dölling de Córdoba (OAC) besuchen. Vor mehr als 30 Jahren, während meines Studiums der Elektrotechnik, hatten mein Schulfreund der USB-Signale in LAN umwandelt. Sie Diego Garcia Lambas und ich schon ein- wird zurzeit vor Ort implementiert. Nach mal das Observatorium kennengelernt. dem Treffen haben wir uns gleich für den Er hatte in dieser Zeit Astronomie und nächsten Tag verabredet. auch Physik an der Universität Córdoba studiert. Allerdings hatte ich damals al- Die Abbildung 2 zeigt eine Orientie- les mit anderen Augen gesehen als heute. rungskarte der Städte und Observato- Mich hatte damals mehr die Technik fas- rien meines Besuchs in Argentinien. In ziniert, heute interessiert mich auch die Begleitung von Dr. Diego Garcia Lam- Geschichte des Ortes sehr. bas, seit 2011 Direktor des OAC und seit 1990 auch des IATE (Institut für Kurz nach unserer Anreise in Córdoba Astronomía Teórica y Experimental) wurde ein Treffen mit Dr. Diego Garcia in Córdoba, machten wir uns auf den Lambas bei der selbstgebauten Sternwar- te „El Gato Griss“ [1] von Carlos Colazo in der Stadt Tanti organisiert (Abb. 1). Beim Besuch dieser jungen Sternwarte konnte ich einige Mitglieder der Ama- teurastronomiegruppe „El Gato Griss“ kennenlernen, eine sehr lebendige Grup- pe von etwa 15 Personen im Alter von 17 bis 85 Jahren. Einer der Gründe des Tref- fens war der erste telefonische Kontakt (Ferngespräch) mit dem technischen Ver- antwortlichen der neuen Sternwarte im Norden Argentiniens, Dario Graña (Ort: Tolar Grande, Salta). Seit einiger Zeit gibt es dort Probleme mit der Kommunikation und Ansteuerung von USB-Geräten von einem Zentralrechner. Das Klima und die Umweltbedingungen für Astrofotografie sind dort ideal. Die Himmelsqualität ist eine der besten in der ganzen Welt [2]. Die Minustemperaturen sind dort al- lerdings auch sehr extrem. Aus diesem Grund wollte ich meine Erfahrungen bei der Verbindung und Ansteuerung von USB-Geräten bei Temperaturen um -20°C mit der Gruppe teilen. Die technische Im- plementierung und die Details ließ ich ih- 2 nen anschließend per Email zukommen. Orientierungs- Die Lösung basiert auf einem selbstpro- karte von grammierten Mini-Rasberry-Pi-Rechner, Argentinien

VdS-Journal Nr. 59 Beobachterforum 135

3 Blick auf das Observatorio Astronómico de Córdoba (OAC) während eines „Abends der offenen Tür“

Weg zur ältesten Sternwarte Argentini- gistriert. Die Publikation „Uranometría 28-Zentimeter-Refraktor aufgenomme- ens. Diese liegt in der Stadt Córdoba. Sie Argentina“ von 1877 war das erste Er- nen Glasplatten vor allem der exakten wurde in mehreren Etappen erbaut und gebnis dieser Arbeit. Weitere Werke folg- Vermessung von Offenen Sternhaufen 1870 fertiggestellt. Bis heute dient sie ten, wie z.B. die Studie von über 70.000 und deren Sternen. Das Werk „foto- fast ununterbrochen Wissenschaft, For- Sternen des südlichen Sternenhimmels grafías cordobesas“ von 1896 war das schung und Lehre (Abb. 3). bis zur 10. Größe, niedergelegt im „Ca- erste Werk, welches in großem Stil sys- tálogo de Zonas“ von 1884. Dank Gould tematisch Astrometrie an Fotografien Die moderne Astronomie Argentiniens wurden die ersten Astrofotos der Welt durchführte. 1908 wurde dort der erste verdankt ihren Ursprung dem Wirken aufgenommen. Damals dienten die am und bis heute berühmte Südhimmelkata- von Domingo Faustino Sarmiento - Prä- sident von Argentinien, Diplomat und Schriftsteller sowie Vater des argentini- schen Bildungssystems. Er war in vielen amerikanischen Universitäten bekannt, gut vernetzt und nutzte seine guten Kon- takte in Amerika [3]. So lud er im Jahre 1869 den bekannten Astronomen Ben- jamín Apthorp Gould und alle seine Mit- arbeiter nach Argentinien ein. Gould war überaus interessiert, wissenschaftliche Studien am Südhimmel durchzuführen.

So kam er im Jahre 1870 nach Argen- tinien. Präsident Sarmiento unterstützte ihn maßgeblich beim Aufbau eines astro­ nomischen Observatoriums im Herzen Argentiniens. Lange Zeit jedoch musste Gould auf die Optik aus Europa und wei- teres Equipment warten. Am 24. Oktober 1871 wurde das AOC endlich gegründet. Gould war der erste Direktor und seine Mitarbeiter hatten bis dahin nur mittels einer einfachen „Theaterbrille“ mehr als 7000 Sterne des südlichen Himmels re- 4 Observatorio Bosque Alegre, Córdoba Argentina, Kuppeldurchmesser 18 Meter

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5 Zufahrt zur „Astrophysikalischen Station von Bosque Alegre“

der ersten nationalen meteorologischen Station Argentiniens (1872) als Teil des AOC und der telegrafische Dienst für die Verbreitung einer exakten Uhrzeit in ganz Argentinien.

Einige Jahre später wurde eine zweite Sternwarte gebaut, das Observatorium Bosque Alegre („froher Wald“, Abb. 4). Zwischen dem Observatorium Bosque Alegre und dem Observatorium de Cór- doba besteht bis heute eine enge Zusam- menarbeit [5, 6]. Beide Sternwarten wer- den von Córdoba aus geleitet. Die zweite Sternwarte wurde im Jahre 1942 eröffnet. Sie liegt 25 Kilometer südlich der Haupt- stadt in den „Sierras Cordobesas“, 1350 Meter hoch in den Bergen Córdobas. Der Arbeitsschwerpunkt liegt bis heute im- mer noch auf der Astrofotografie und der Astrometrie. Diese Sternwarte war das

6 Während des Besuchs des 60-Zoll- Reflektors. Links der Kran zum Transport des Hauptspiegels zur Aluminisierung ins Erdgeschoss, Observatorio Bosque Alegre

log, die „Córdoba-Durchmusterung“, mit mehr als 613.718 Sternen erstellt [4]. Die- ser ist heute immer noch eine Referenz für den Südhimmel und andere weltbe- rühmte Sternkataloge. Weitere wichtige Vorhaben, die Dank Gould und Sarmien- to realisiert wurden, waren die Gründung

7 Blick auf das Uhrwerk des 60-zölligen Cassegrain-Newton- Teleskops im Observatorio Bosque Alegre

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zweite Ziel unserer Reise. Das Teleskop in Bosque Alegre ist ein Newton-Reflektor mit einem Cassegrain-Fokus. Es besitzt ei- nen Spiegel mit 1,54 Metern Durchmesser (60 Zoll), der aus den Vereinigten Staaten stammt. Die Firma „The Warner & Swasey CO“ aus Cleveland Ohio, USA, wurde mit der Entwicklung und der Konstruktion beauftragt. Der Transport in der damali- gen Zeit war ein großes Abenteuer, insbe- sondere weil es für die letzten Kilometer bergauf noch keine befestigte Straße gab (Abb. 5).

Es war für viele Jahrzehnte das größte Te- leskop in ganz Südamerika (Abb. 6 und Abb. 7). Der 1,54-Meter-Spiegel wird vor 8 Aluminisierungsraum im Erdgeschoss des Observatorio Bosque Alegre Ort immer wieder neu aluminisiert. Hier- für wird er mit einem speziell entwickel- ten Kran dem Teleskop entnommen und vielen Jahre fast konstant. Die eingesetzte Abläufe der Kalibrierungen und Aufnah- ins Erdgeschoss befördert. Dort steht die CCD-Kamera mit 1024 x 1024 Pixeln er- men automatisch durchzuführen. Zum Druckkammer für die Beschichtung des reicht ein Feld von 6,5’ x 6,5’ (bei einer Teleskopequipment gehört heutzutage Spiegels (Abb. 8). Der Aluminisierungs- Pixelgröße von 19 x 19 Mikrometern). Mit auch ein Multifunktionsspektrograf (EMF) prozess ist für die alte, immer noch funk- Hilfe von Ing. Carlos Colaza wurde in den für unterschiedliche Observationsmodi. tionierende Technik kein Kinderspiel. Sie letzten Jahren eine vollständig neue Kali- wird mit Unterstützung verschiedener brierung mit einer neuen Positionierung Eine der wichtigsten astronomischen Ar- Experten aus Instituten der Universi- und Optimierung der Optikjustierung beiten, die in Bosque Alegre durchgeführt dad Nacional de Córdoba alle zwei Jahre durchgeführt, was die Qualität der Auf- wurden, war die Erstellung des „Atlas de durchgeführt. Mit dieser Methode blieb nahmen um einiges verbessert hat. Au- Galaxias Australes“ von Dr. Luis Sersic die Qualität der Aufnahmen im Laufe der ßerdem ist es jetzt möglich, verschiedene (1968) [7]. Er hat das OAC von 1982 bis

9 Milchstraße, Aufnahme bei Marayes/San Juan, Argentina, neben der Hauptstraße, daher leichte Störungen durch Autoscheinwerfer. Canon 60D ohne Sperrfilter, f = 12 mm, f/4, ISO 800, Belichtungszeit 4 x 30 s ohne Nachführung.

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ein 1-Meter-Teleskop (ASA) mit entspre- chender Montierung gekauft.

Nach diesen beiden schönen Tagen ging es dann zurück zu meinem Geburtsort San Juan. Auf der Hauptbundesstra- ße zwischen Córdoba und San Juan machte ich während der Dämmerung ei- nen kurzen Stopp. Hier, im Herzen der Wüste zwischen den Bergen der Sierra de Palo, ciudad de Marayes, nur ca. 45 Kilometer vom Stadtzentrum von San Juan entfernt, war die Milchstraße nicht zu übersehen und zeigte sich in voller Pracht. Abbildung 9 zeigt einen einfa- 10 6-Zoll-Newton f = 1200 mm (f/8) auf Holzstativ mit einfacher Montierung. chen Schnappschuss. Dort sind trotz der Antrieb: eine 25 Zentimeter lange, mit Teflon überzogene, selbstgedrehte Eisenschraube kurzen Belichtungszeit kleine Strukturen in der Milchstraße zu erkennen. Das SQM zeigte entlang der Milchstraße trotz nicht abgeschlossener Dämmerung einen Wert von 21,16 mag/arcsec2!

Zusätzlich habe ich Bilder meines ers- ten Teleskops eingefügt (Abb. 10). Das Newtonteleskop 150/1200 mm habe ich damals in Argentinien mit meinem Vater zusammengebaut. Es steht noch immer in meinem Elternhaus. Das Stativ sowie die Halterung des Haupt- und Sekundär- spiegels bestehen aus Olivenholz (Abb. 11). Diese Holzart ist stabil, hart und feuchtigkeitsunempfindlich, was die 40 Jahre, die hinter ihm liegen, beweisen. Dieses Teleskop konnte ich nach all den Jahren der Stilllegung in diesem Urlaub erneut in Betrieb nehmen. Dafür habe ich den Spiegel komplett ausgebaut und sehr vorsichtig gereinigt. Der Hauptspiegel kann innerhalb des Tubus verschoben 11 Hauptspiegelhalterung, links am Teleskoptubus, rechts auf Zwischentubus mit werden, um einen ersten groben Fokus Dreifach-Feder/Schraube; im Bild: Ing. Günther C. Dölling. zu erzielen. Für die Kollimation habe ich mit Hilfe eines einfachen Präsentations- Laserpointers einen Laserkollimator 1983 geleitet und in den 1960er-Jahren einem 16-Zoll-Teleskop von Meade in- (Abb. 12) aus einer starken Papprolle und das Departement für Extragalaktische stalliert. Es dient der Beobachtung und Karton gebaut. Meine Familie und Freun- Astronomie aufgebaut, auf dessen Basis Astrometrie von Asteroiden. Dr. Garcia de konnten trotz der einfachen Optik des Dr. Garcia das „Instituto para Astronomía­ erwähnt, dass einige der aktuellen Pro- Teleskops darin viele bekannte Objekte Teórica y Experimental“ (IATE) gründete. jekte auf sehr exakten Messungen von und insbesondere die Saturnringe sowie Asteroiden und Kometen basieren. Da- einen seiner Monde, Titan, mitten in San Das OAC bietet Besuchern aus der gan- ran arbeiten mehrere Wissenschaftler, Juan sehr gut erkennen. zen Welt wöchentliche Führungen mit Stipendiaten und Studenten des IATE Rundgang durch die verschiedenen gemeinsam mit anderen renommierten Räume der Sternwarte. Anschließend internationalen Instituten. Einige der Er- Literatur- und Internethinweise wird den Gästen sogar die Möglichkeit gebnisse des Projekts können unter [8] (Stand 2015): einer ausgewählten Beobachtung an- angeschaut werden. Weiterhin plant das [1] Ing. Carlos Colazo, Observatorio „El geboten. Zur Anlage in Bosque Alegre OAC die Installation und Inbetriebnahme gato Gris“, Código MPC: I19.Tanti, gehören auch weitere, kleinere Stern- einer vollständig automatisierten Remo- Prov. de Córdoba, Argentina, http:// warten. Im November 2012 wurde ein te-Sternwarte im Norden Argentiniens in observatorioelgatogris.blogspot.com.ar/ robotisches Remote-Teleskopsystem mit Tolar Grande, Salta. Dafür wurde bereits [2] Dr. Diego Garcia Lambas, Direk-

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tor IATE-Gruppe Observatorio de Córdoba. Lage des neuen Ob- servatorio Tolar Grande: El Ojo del Universo I-III (das Auge des Universums), www.youtube.com/ watch?v=KSJeKmqsmYs [3] Domingo Faustino Sarmiento, Sculpture in Boston, Harvard, http://www.publicartboston.com/ content/domingo-faustino-sarmiento und https://de.wikipedia.org/wiki/ Domingo_Faustino_Sarmiento [4] Santiago Paolantonio, La Córdoba Durchmusterung en imágenes, y el Catálogo de Zonas, https:// historiadelaastronomia.wordpress. 12 Kollimation des Newtons mit Hilfe eines selbstgebauten Laserkollimators aus einem com/documentos/durch/ Präsenter und einem Kartontubus [5] Complejo Astrofisico de Bosque Alegre. Del Observatorio Astronó- mico de la Universidad de Cordoba, Alegre y del Instituto de Astronomía Australes, http://adsabs.harvard. Argentina, http://oac.unc.edu.ar/ Teórica y Experimental (IATE), edu/abs/1968adga.book.....S inicio/ http://www.digplanet.com/wiki/ [8] The International Astronomical [6] Observatorio Astronómico de la Instituto_de_Astronom%C3%ADa_ Union, IAU, Minor Planet Center, Universidad Nacional de Córdoba, Te%C3%B3rica_y_Experimental www.minorplanetcenter.net/ de la Estación Astrofísica de Bosque [7] José Luis Sersic, Atlas de Galaxias Leserbrief zu „Astrophobie als Bildungsnotstand eines Lehrers“ / VdS-Journal Nr. 56 von Georg Woede Im VdS-Journal Nr. 56 geht Georg Woe­ Im Leserbrief von Georg Woede bin ich ein paar wenige Rechenschritte, während de auf den Beitrag von Hans Lammersen jedoch über einen grundsätzlichen Punkt der geometrische Beweis mehrere Seiten „Bloß kein Schulfach Astronomie“ ein. gestolpert. Es ist der besagte „Formel- beansprucht. Das heißt, wenn man als Da Hans Lammersen im Wesentlichen kram“ sowie der Verweis auf die Fächer Lehrer den Weg der rein geometrischen die Argumente meines entsprechenden Erdkunde und Geografie, in welchen Anschauung gehen möchte, wird man Leserbriefs im VdS-Journal Nr. 43 abbil- dann z.B. sphärische Geometrie anschau- seinen Schülern sphärische Geometrie det und wir daher einer Meinung sind, lich dargestellt werden kann (das kann tatsächlich nur auf dem Globus zeigen möchte ich nicht weiter auf diese Inhalte man übrigens auch im Physikunterricht können. Für Berechnungen oder gar eingehen. Allerdings freue ich mich, dass tun). Die Beschreibung der Natur durch Beweise wird Georg Woede die Schüler mit der vorliegenden Diskussion eine Formeln, also mittels algebraischer Me- dann in den Physik- und Mathematik­ VdS-Mitzeichnung zu einem bundeswei- thoden ist eine relativ junge Erfindung. unterricht schicken müssen, um dort die ten Astronomieunterricht vereinsintern Kepler beschrieb seine Entdeckungen algebraische Faszination und Schön- auf dem Prüfstand steht, da sie von eini- rein geometrisch. Und noch Newton be- heit zu erleben, die seit Gauß und Abel gen Vereinsmitgliedern wohl nicht geteilt wies sein berühmtes Gesetz mittels geo- so erfolgreich sind. Wenn es, wie Georg wird. metrischer Betrachtungen. Für den Laien Woede schreibt, Aufgabe der Schule ist, mag das als der einfachere, weil an- die heranwachsende Generation mit der Aus der Lammersen-Position „Astropho- schaulichere Weg erscheinen. Doch dem (technologisierten) Welt vertraut zu ma- bie“ und „Bildungsnotstand“ herauszu­ ist nicht so! Der Nobelpreisträger Richard chen (und sie zu durchschauen), dann lesen ist erstaunlich, da Hans Lammersen Feynman hat in seiner berühmten Vorle- gehört dazu der besagte „Formelkram“ in seinem Beitrag als Experte die vielfäl- sung „Die Bewegung der Planeten um die sowie begeisterte Lehrer. Andernfalls tigen Probleme mit einem Fach „Astro- Sonne“ (es ist als Buch erschienen) sehr können wir Goethe auch als Comic ver- nomie“ beschreibt. Von einer „Phobie“ eindrücklich darauf verwiesen, dass der mitteln. kann doch wohl keine Rede sein. Und geometrische Beweis zu den Ellipsenbah- wird einem Opponenten „Bildungsnot- nen mit elementaren Methoden erbracht Thomas Eversberg stand“ vorgeworfen, fehlen wohl gute werden kann, dieser aber höchst kom- Argumente. plex ist. Der algebraische Beweis braucht

VdS-Journal Nr. 59 140 Rezension

Lichtphänomene – Farbspiele am Himmel, von Claudia Hinz und Wolfgang Hinz 1. Auflage Oculum-Verlag, Erlangen, Januar 2016, ISBN 978-3-938469-76-7, Preis: 39,90 €, Hardcover, 21 cm x 30 cm, 216 Seiten, durchgehend farbig

von Elmar Schmidt

Amateurastronomen müssen als Him- kommen. Seine Homepage mit einem melsbeobachter häufig auch Auskunft zu sehr aktiven Forum wurde zum ersten Licht- und Farberscheinungen der Luft- deutschsprachigen Anlaufpunkt für den hülle geben, seien es nun Regenbögen, Austausch und zur Klärung von Beob- Nebensonnen, Polarlichter oder auch achtungen des Gebiets [2]. nur das Himmelsblau und die Dämme- rungsfarben. Manche von ihnen hat die In der seitdem verstrichenen Zeit stellte Erklärung dieser Phänomene dann ganz sich die Himmelsfotografie so gut wie manchmal werden sie sogar im 60 cm in das faszinierende Gebiet der Atmo- vollständig auf Digitaltechnik um. De- breiten Panoramaformat präsentiert. sphärischen Optik hinübergezogen. So ren Linearität und Dynamik haben im ähnlich muss es jedenfalls Claudia und Zusammenspiel mit den umfangreichen Die Druckqualität entspricht in etwa der Wolfgang Hinz in den 70er- und 80er- Möglichkeiten der Bildverarbeitung auch von guten Fotozeitschriften, hätte wohl Jahren des letzten Jahrhunderts ergan- die Atmosphärische Optik quantitativ noch erhöht werden können, allerdings gen sein. Inzwischen gehört das Ehepaar und qualitativ um so viele Bilddoku- nicht zu dem für einen solchen Bildband zu den weltweit anerkannten Experten mente erweitert, dass die visuellen und sehr günstigen Preis. Um die Anmutung der Atmosphärenoptik, welche ähnlich chemiefilmbasierten Anstrengungen frü- der auch in natura meist weitwinkeligen wie manche Bereiche der Astronomie in herer Jahre vielfach obsolet geworden Erscheinungen zu erhalten, sind die Bild- einer fruchtbaren Konkurrenz von Ama- sind, wobei natürlich die Diskussion, was seiten randlos bedruckt. Damit zusam- teur- und Fachwissenschaftlern bearbei- noch als „realistische“ oder repräsentati- menhängend, wenngleich mitunter ein tet wird. ve Wiedergabe zu gelten hat, nicht abge- bisschen lästig, findet man die Legenden schlossen ist. durchweg vor und nach den Bildstrecken. Das aus Chemnitz stammende Ehepaar Claudia und Wolfgang Hinz beschäftigt Claudia und Wolfgang Hinz vertreten Von den genannten kleinen Mängeln sich schon seit vielen Jahrzehnten mit hier eine eher zurückhaltende Position, abgesehen, ist das Buch einzigartig in Meteorologie und Astronomie. Nicht nur haben sich dennoch den Neuerungen seinem Anspruch, sowohl alltägliche als theoretisch, sondern auch mit praktischer nicht verschlossen und verfügen daher auch seltene Phänomene vorzustellen. Wetter- und Himmelsbeobachtung. Da über eines der breitesten privaten Bild- Dabei stammen die meisten Fotos aus traf es sich gut, dass 1978 im Kulturbund archive atmosphärenoptischer Erschei- Mitteleuropa und widerlegen insofern der DDR astronomische Arbeitskreise, nungen [3]. Entgegen kam ihnen dabei, die Vorstellung, dass viele Erscheinun- u.a. der Arbeitskreis Meteore, gegründet dass sie dienstlich in mehreren Bergwet- gen an polare oder andere ferne Stand- wurden, in der sich Gleichgesinnte auch terwarten tätig waren, auf denen viele orte gebunden seien. über die früher sogenannte Meteorologi- Erscheinungen am Himmel spektakuläre sche Optik austauschen konnten. Im Sin- Ausprägungen annehmen [4]. Das Buch beginnt mit Kapiteln über Him- ne von E. F. F. Chladni [1] zählten übri- mels- und Dämmerungsfarben sowie Licht gens auch die eigentlichen Meteore, also Mit ihrem Buch können sie sich somit zu und Schatten in der Atmosphäre. Dem die in der Hochatmosphäre verglühenden 80 % auf eigenes Bildmaterial stützen, folgt ein Abschnitt über die sich um den Partikel zum Gegenstand dieser Gliede- was es in dieser Form noch nicht gege- eigenen Schatten erstreckenden Brocken- rung. Und in genau dieser Zusammen- ben hat. Sie haben auch den Spagat hin gespenster und Glorien. Hier gelangen setzung firmierte sich die Beobachter­ bekommen, sowohl erfahrene Beobachter Claudia Hinz bemerkenswerte Fotodoku- gruppe unmittelbar nach der deutschen zu beeindrucken als auch Neulinge des mente von symmetrischen und asymmet­ Vereinigung im Jahr 1990 als Arbeits- Gebiets nicht von eigenen Versuchen ab- rischen Glorien, dem von ihr in die Fach- kreis Meteore e.V. (AKM). Der AKM stellt zuhalten. Einem jeden Kapitel des Buches welt eingeführten sog. Glorisieren. gleich zwei Fachgruppen in der VdS, sind kurze und verständliche, aber phy- nämlich Meteore und Atmosphärische sikalisch bündige Erklärungen vorange- Nach dem Abschnitt über Luftspiegelun- Erscheinungen, und ist übrigens eine der stellt, während es jeweils mit Tipps zur gen darf natürlich ein dem Regenbogen wenigen gesamtdeutschen Fachvereini- Aufnahmetechnik und Bildverarbeitung als wohl bekanntestem Himmelsphäno- gungen, bei deren Gründung der aus der beschlossen wird. Ansonsten entschieden men gewidmetes Kapitel nicht fehlen, ehemaligen DDR kommende Teil tonan- sich die Autoren mit dem Verlag für eine das aber selbst Kennern noch Neues bie- gebend war. Als Verein umfasst er zurzeit zu 90 % aus Farbfotografien bestehende ten wird, darunter Fotos und Erklärun- ca. 85 Mitglieder, die etwa je zur Hälfte Darstellung. Diese gehen in den meisten gen von anomalen Bögen und Regenbö- aus den neuen und alten Bundesländern Fällen über eine volle Buchseite, und gen höherer Ordnung.

VdS-Journal Nr. 59 142 Rezension

Volkssternwarten – Verbreitung und Institutiona­lisierung populärer Astronomie in Deutschland 1888-1935, von Benjamin Mirwald AKA Akademische Verlagsanstalt, Leipzig 2014, 483 Seiten, broschiert, 39 EUR, ISBN 978-3-944913-47-6 von Wolfgang Steinicke

Gleich vorweg, Benjamin Mirwald hat was akademisch – es handelt sich um die sich bewusst für sein Thema auf den publizierte Version von Mirwalds Disser- Zeitraum 1888-1933 beschränkt, allein tation an der Universität Regensburg –, dies beschert uns ein Buch von fast 500 trotzdem ist es gut lesbar und bietet in Seiten. Die Einschränkung ist sinnvoll, drei Kapiteln eine Fülle interessanter In- zeigen sich doch so die Ursprünge ei- formationen, insbesondere für Amateur- ner astronomischen Bildungsbewegung, astronomen. von der heute viele Amateure profitie- ren. Die Astronomie war lange Zeit ein In der ausführlichen Einleitung werden universitärer und damit oftmals elitärer Fragestellung, Definitionen und Orien- Gegenstand. Doch mit dem Aufkom- tierung der Arbeit erläutert. Das erste men populärwissenschaftlich orientierter Kapitel („Perspektiven auf Astronomie“) Medien wurde sie allmählich aus ihrem behandelt die Astronomie im 19. und Elfenbeinturm geholt und der breiten am Anfang des 20. Jahrhunderts. Wis- teressant ist wieder das Verhältnis zur Masse zugänglich. Diesen schwierigen, senschaft und aufkeimende Amateuras- akademischen Welt. Es gab Konflikte, aber letztlich erfolgreichen Weg im Fall tronomie werden hier gegenübergestellt. Widerstände, aber auch Befürworter. von Deutschland auf umfassende Weise Insbesondere Schulen, öffentliche Vor- Mirwald stellt hier Astronomen vor, die zu beschreiben, ist das große Verdienst träge, Bücher und Zeitschriften haben einen engen Kontakt zu Volkssternwar- des Autors. zur Verbreitung astronomischen Wissens ten gepflegt haben, wie etwa Max Wolf beigetragen. Ein Abschnitt behandelt und Elis Strömgren. Im letzten Abschnitt Die meisten Leser unseres Journals sind das Thema „Straßenastronomie“ – heute geht es um den Einfluss der Volksstern- Amateure. Sie und damit auch die Ver- ein wichtiger Bestandteil des jährlichen warten, die Bedeutung neuer Medien einigung der Sternfreunde profitieren Astro­nomietags. Das zweite Kapitel („Po- (Film) und die Rolle der Frauen in der heute vom Wirken der zunächst wenigen puläre Astronomie in Volkssternwarten“) Populärastronomie. Der Autor arbeitet Astronomen, denen die Popularisierung widmet sich den Institutionen, die sich die Bedingungen und Entwicklungen, die ihres Fachs am Herzen lag, sowie der eif- der öffentlichen Himmelsbeobachtung zu unseren heutigen Strukturen geführt rigen Journalisten, die mit Ausdauer und verschrieben haben. Betreiber sind in haben, klar heraus. Der Charakter als Sachkenntnis (meist im Selbststudium der Regel Museen, Schulen und Verei- Dissertation zeigt sich auch im Anhang, erworben) wissenschaftliche Ergebnisse ne. Neben vielen deutschen Beispielen, der ein umfangreiches Quellen- und Lite- zu Papier gebracht haben. Wie selbstver- wie etwa Deutsches Museum München, raturverzeichnis enthält. ständlich besuchen wir heute Volksstern- Urania Berlin, Robert-Mayer-Sternwarte warten und Planetarien, hören Vorträge, Heilbronn, Olbers-Gesellschaft Bremen, Fazit: Ein wichtiges und – trotz seines lesen Artikel und Bücher und werden im Schwäbische Sternwarte Stuttgart oder akademischen Ursprungs – allgemein- Fernsehen mit bunten, geräuschvollen (!) Physikalischer Verein Frankfurt, wird verständlich geschriebenes Buch zum Animationen kosmischer Vorgänge über- auch das deutschsprachige Ausland be- Thema Populärastronomie in Deutsch- flutet. Wie hat alles angefangen und wer handelt (Wien, Zürich). Die meisten In- land, selbst wenn es (formal) nur die Zeit waren die Pioniere? stitutionen können heute auf eine lan- bis 1935 behandelt. Es ist allen Amateu- ge Tradition zurückblicken, es gab aber ren, Profiastronomen und Historikern Mirwald gibt dazu in seinem bemerkens- auch kurzlebige Projekte, wie etwa die wärmstens zu empfehlen. Was früher werten Buch präzise Antworten. Alle „Volkssternwarte“ auf dem Baden-Ba- noch Mut bedeutete, ist heute Notwen- bedeutenden Protagonisten werden mit dener Merkur. digkeit: Fachwissen der Allgemeinheit ihren jeweiligen Wirkungsstätten vor- zugänglich zu machen – schließlich wäre gestellt, darunter Robert Henseling (der Das dritte Kapitel („Eine neue Perspek- die Forschung ohne unsere Steuergelder Urvater der VdS), Bruno Bürgel, Fried- tive für die Astronomie“) stellt die wis- nicht möglich. rich Archenhold, Rudolf Brandt, Wil- senschaftliche Analyse des Themas dar. helm Foerster, Kasimir Graff und Phillip Es bietet einen vergleichenden Überblick Wolfgang Steinicke Fauth. Zugegeben, das umfangreiche über Publikum, Ausstattung, Inhalt und Werk wirkt in Aufbau und Sprache et- Bedeutung der Volkssternwarten. In-

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