Chorthippus Pullus (P H Il Ippi, 1830) (Saltatoria) Auf Dem Truppenübungsplatz „Oberlausitz“
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© Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 48,2004/1 47 C. W iesener , M. Wanner & W. E. R. X ylander , Görlitz Chorthippus pullus (P h il ippi, 1830) (Saltatoria) auf dem Truppenübungsplatz „Oberlausitz“ Zusammenfassung Der Kiesbank-Grashüpfer, Chorthippus pullus, wurde auf dem aktiven Truppenübungs platz „Oberlausitz“ in Ostdeutschland an fünf Standorten nachgewiesen. Die Fundorte sind durchweg Saumbiotope zwischen offenen Sandflächen und Heidekrautbeständen. Bis 1994 galt diese Heuschrecke in Sachsen als ausge storben. Summary Chorthippus pullus (Philippi, 1830) (Saltatoria) in the military training area “Oberlausitz”. - Chorthippus pullus was found at five localities in the presently used military training area ’’Oberlausitz” in eastern Germany. The sites were ecotones between open sandy habitats and heathland. Until 1994, this grasshopper was thought to be extinct in Saxony. Einleitung Ergebnisse Chorthippus pullus (Kiesbank-Grashüpfer) (Abb. 1) Auf fünf der untersuchten Flächen konnte Ch. pullus wird in der Roten Liste von Sachsen 1994 als „ver nachgewiesen werden (Tab. 1). Beim ersten Standort schollen“ geführt. In den letzten Jahren trat er jedoch in handelt es sich um eine Brandfläche in einer militäri der Sächsischen Schweiz und in der Oberlausitz an ver schen Sperrzone. Die Fläche ist mit Heidekraut (Cal schiedenen Standorten wieder auf. Im Rahmen des For luna vulgaris) bewachsen und grenzt an einen sandigen schungsverbundes „Offenland“ (BMBF, Fkz 01 LN Fahrweg. Dort wurden zwei Exemplare (1 Weibchen, 0008) wurde Ch. pullus im Zeitraum 2000-2002 auch 1 Männchen) gekeschert. Die begleitenden Heu auf dem Truppenübungsplatz „Oberlausitz“ mehrfach schreckenarten sind in Tab. 2 aufgeführt. nachgewiesen. Der zweite Standort ist eine von zwei Panzerfahrwegen Der Truppenübungsplatz „Oberlausitz“ wird seit 1945 zerteilte und mit Heidekraut bewachsene Binnendüne, aktiv genutzt. Zum aktiven Betrieb gehören das Befah die im Zielgebiet eines Schießplatzes als Schutzwall ren mit Ketten- und Radfahrzeugen sowie Panzer dient. Er weist ein Mosaik von ungebrannten und ge schießübungen mit Leuchtspurmunition. Letzteres ver brannten Flächen auf. Hier wurden 2001 in Bodenfallen ursacht regelmäßig Brände. Diese Ereignisse führen auf drei Weibchen von Ch. pullus auf Kontrollflächen und dem Truppenübungsplatz zur Entstehung einer wertvol 2002 drei Männchen auf gebrannten sowie ungebrann len Offenlandschaft, die durch ein reichhaltiges, eng ten Flächen gefunden. Alle Bodenfallen mit Nachwei verzahntes Mosaik an offenen Sandflächen, Silbergras sen lagen in der Nähe der Panzerfahrwege. Es gelang fluren, Heiden verschiedener Altersstufen, Vorwaldsta allerdings kein bestätigender Nachweis durch Keschern dien und Waldbereichen gekennzeichnet ist. Sie bietet oder Verhören, da diese Fläche auf Grund des Schieß Lebensraum für eine vielfältigen Flora und Fauna. Im betriebes nur sehr selten betreten werden konnte. Ch. Rand- bzw. Pufferbereich befinden sich zahlreiche pullus kam hier gemeinsam mit 17 weiteren Heu Feuchtbereiche, so z. B. das Gehängemoor und Entwäs schreckenarten vor (Tab. 2). serungsgräben (Wanner et al. 2001, 2002) Der dritte Standort ist ein Sandweg an einem Entwässe Material und Methode rungsgraben, der in seinen Randbereichen mit Heide kraut bewachsen ist. Auf dem Sandweg konnten zwei Im Rahmen des Projektes wurden ausgewählte Flächen Männchen gekeschert und im angrenzendem Heide beprobt, auf denen die Auswirkungen des Fährbetriebes kraut zwei Weibchen beobachtet werden. Ch. pullus be mit Ketten- und Radfahrzeugen sowie von Bränden auf fand sich hier in der Gesellschaft von 14 Heu verschiedene Arthropodengruppen untersucht werden schreckenarten (Tab. 2). sollten, u.a. auf Heuschrecken. Auf diesen Flächen wur Der vierte Standort befindet sich am Gehängemoor, wo den Bodenfallen ausgebracht, und die Heuschrecken sich ein Exemplar 2002 auf einem angrenzenden Wald zusätzlich gekeschert sowie nach ihren Gesängen deter weg aufhielt. Der Waldweg wurde nicht auf weitere Ar miniert. Gleichzeitig fanden auf angrenzenden Kon- ten untersucht. trollflächen, die unbefahren bzw. ungebrannt waren, Beprobungen statt. Im Gehängemoor und am Entwäs Der fünfte Standort befindet sich auf der Kontrollfläche serungsgraben wurden Wasserproben entnommen und einer ganz frischen Brandfläche aus dem Jahr 2002 in die Libellen und Heuschrecken gekeschert. einem jungen Birkenvorwald und grenzt an einen brei- 48 Entomologische Nachrichten© Entomologische und Berichte, Nachrichten 48,2004/1 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 1: Chorthippuspullus (Kiesbankgrashüpfer) am Standort 3. (Foto: M. W a n n er ) Tabelle 1 : Eigenschaften, Vegetation und geographische Koordinaten der Fundorte. Standort Eigenschaften Vegetation Koordinaten 1 Gebrannte Fläche Heide 51°27'18"N 14°48'41"E 2 Ungebrannte/Gebrannte Fläche Heide 51°27'09"N 14°48'58"E 3 Sandweg mit angrenzendem Gewässerrandstreifen Sandfläche mit angrenzender Heide 51°25'16"N 14°54'06"E 4 Waldweg Sandfläche mit angrenzendem Kiefernwald 51°26'26"N 14°54'35"E 5 Gebrannte Fläche Birken vorwald 51°26'36"N 14°52'13"E ten Panzerfahrweg. Hier befand sich ein Männchen in Heide, Leuben und die Sächsische Schweiz. In der einer Bodenfalle. Weitere Heuschreckenarten aus den Sächsischen Schweiz wird der Lebensraum mit Wald Bodenfallen sind in Tab. 2 aufgeführt. blößen konkretisiert. Harz (1960) gibt erstmals eine Allen Standorten gemeinsam ist, dass Ch. pullus genauere Beschreibung des Lebensraumes: Sand scheinbar nur in geringer Individuendichte auftritt. Alle flächen und Kiesbänke von Flüssen, trockene Wiesen, adulten Tiere wurden nur zwischen Ende Juni bis Ende Heiden, Waldlichtungen, Waldränder und Waldwege. In Juli gefunden. Ab August gelangen keine Nachweise Sachsen gibt er Vorkommen in der Oberlausitz und mehr. Sächsischen Schweiz an. Bis in die 60er Jahre wurde Ch. pullus in Sachsen immer wieder nachgewiesen, Diskussion dann aber bis in die 80er Jahre durch keine weiteren Funde mehr bestätigt, so dass er in der RL Sachsens als Ch. pullus wird in allen Literaturangaben als xero- und ausgestorben bzw. verschollen geführt wird. Auch thermophil bezeichnet. Der Lebensraum wird bei Tüm Bellmann (1993) erwähnt, dass er aus den Sandheiden p e l (1901) mit „trockenen Wiesen in den östlichen und weitgehend verschwunden ist. In den 90er Jahren gab nördlichen Teilen Mitteleuropas“ beschrieben. Z a c h e r es dann vereinzelte Wiederfunde. Schädler & Stad (1917) zählt im Kgr. Sachsen noch zahlreiche Fundorte ler (2000) konnten ihn an mehreren schütter bewach auf, wie Johnsdorf bei Zittau, Tharandt, Dresdener senen Rändern von Waldwegen in der Sächsischen © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 48,2004/1 49 Schweiz sowie auf Kiefernwaldschneisen unter Hoch Der Truppenübungsplatz beherbergt ein eng verzahntes spannungsleitungen in der Oberlausitz nachweisen. Der Mosaik von vegetationsfreien Sandflächen, Silbergras individuenreichste dieser Fundorte unter einer Hoch fluren, Waldbereichen sowie Calluna-Heiden verschie spannungsleitung wies 50 Exemplare auf, an allen an denster Altersstufen. Die Offenflächen entstehen hier deren Orten trat Ch. pullus nur vereinzelt auf. Aus nicht durch natürliche Katastrophen wie Hochwasser Brandenburg liegen Nachweise in der Niederlausitzer oder Windwurf, sondern durch anthropogene, wie das Bergbaufolgelandschaft vor. Dabei gibt es in den Kip Befahren mit Kettenfahrzeugen oder Brände. penbiotopen Einzelfunde und im Tagebauumland Vor Innerhalb dieser Mosaikstruktur hält sich Ch. pullus kommen mit Reproduktion (Landeck & Wiedemann immer an den Grenzen zwischen ganz offenen Sand 1998). Größere Populationen mit mehreren hundert In flächen und Heide bzw. Waldbereich auf. Er ist also dividuen sind nur noch in den Auen der oberen Isar in Grenzgänger in den Saumbiotopen zwischen offener Südbayern zu finden ( J a n s s e n 1993). und bewachsener Fläche, die allerdings einen nicht zu hohen Deckungsgrad der Vegetation aufweisen darf. Tabelle 2: Begleitende Heuschreckenarten an den Fundorten. Schwarz-W aubke (1997a) stellte fest, dass das Vor Art Stand Stand Stand Stand kommen von Ch. pullus in seinen Ansprüchen an den ort 1 ort 2 ort 3 ort 5 Lebensraum vom Mikroklima und der Vegetations Chorthippus biguttulus X XXX struktur abhängig ist. Dabei spielt nicht die Feuchtig Chorthippus brunneus X XX keit die herausragende Rolle; die Art braucht im Ge Chorthippus dorsatus X genteil sehr trockene und warme Standorte. Sie besie Chorthippus mollis X XXX delt auch in Flusslandschaften nur die nicht von Über Chrysochraon dispar XX schwemmungen heimgesuchten Flächen. Imagines be Conocephalus discolor XXX Decticus verrucivorus X XX vorzugen vegetationsarme Habitate. Allerdings zeigen Euthystira brachyptera XX die Männchen eine Präferenz für die völlig vegetations Gryllus campestris X XXX freien Stellen, während sich die Weibchen und Larven Metrioptera brachyptera X X an den Plätzen mit einer Vegetationsdecke von max. Metrioptera roeseli X X 66% aufhielten und sich durch die Deckung eine Myrmeleotettix maculatus XX XX höhere Überlebenschance sichern. Ch. pullus ist auf Nemobius sylvestris XX grund seiner kurzen Flügellänge flugunfähig und so auf Oedipoda caerulescens XX X Versteckmöglichkeiten angewiesen, um sich vor Fress Platycleis albopunctata XX X feinden zu schützen. Tetrix bipunctata