Ausg. Nr. 59 • 18. April 2008 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at

Liebe Oberösterreicherinnen Tradition der Besiedlung, nirgendwo anders bzw. Überblicksausstellung ist im weltbe- und Oberösterreicher! in unserem Bundesland ist das Leben der rühmten Schloß Ort von Gmunden unterge- Geschätzte Bewohner und Gäste Menschen dermaßen vom Hochgebirge, von bracht. des Salzkammergutes! den Tälern, Flüssen und Seen geprägt wie Nachfolgende Informationen sollen Ihnen Seit nunmehr vier Jahrzehnten stellen zwischen Laakirchen, Gmunden und Ober- einen fundierten Überblick über den Inhalt Oberösterreichs Landesausstellungen einen traun. Das Salzkammergut ermöglicht mit der einzelnen Ausstellungsprojekte und die Höhepunkt im heimischen Kulturgeschehen seiner eigenständigen naturräumlichen, wirt- dazu notwendigen logistischen Informatio- dar. Sie dokumentieren auf eindrucksvolle schaftlichen, sozialen und kulturellen Ent- nen vermitteln. Als Kulturreferent des Lan- Weise die kulturelle Vielfalt, die wirtschaft- wicklung aber auch einen spannenden Dia- des Oberösterreich lade ich Sie herzlich ein, lichen Errungenschaften und die landschaft- log zwischen Vergangenheit und Zukunft, diese faszinierende Landesausstellung im liche Schönheit unserer Heimat. der sich in der Landesausstellung wiederfin- wunderschönen Salzkammergut zu besu- Zum zweiten Mal nach 1998 wird heuer den wird. chen. eine Landesausstellung als dezentrale Schau Insgesamt sind nicht weniger als 14 Ge- veranstaltet, wobei die südlichste Region meinden mit ihren Projekten an der Lan- Oberösterreichs, das Salzkammergut, den desausstellung 2008 beteiligt. Mit Strobl und Landeshauptmann Josef Pühringer Besuchern näher gebracht wird. Kein ande- St. Gilgen haben sich auch zwei Salzburger rer Landesteil verfügt über eine derart lange Gemeinden angeschlossen. Eine eigene Leit- Lesen Sie weiter auf der Seite 64 ¾

Das berühmte Schloß Ort am Traunsee Foto: OÖ Landesregierung / Direktion Kultur ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 2 Die Seite 2

Aus dem Inhalt Große Mehrheit für den Vertrag von Lissabon 3 Gesundheitsreform 6 Hauptaufgaben bei Steuerreform 9 Bedarfsorientierte Mindestsicherung 11 Kriminalität in Österreich sinkt 13 Agenda 21 Netzwerk OÖ 15 Große Mehrheit für Vertrag von Lissabon S 3 Projekt Mitteleuropa auf Österreichs Physik an der Spitze S 59 dem Prüfstand – Von Emil Brix 17 NATO als Stabilitätspartner 21 Allianz für deutsche Sprache 22 Europaratsdelegation in Kazan 23 Medizingeräte-Spende f. Rumänien 24 ÖsterreicherInnen stehen zu ihrer Nation 25 BM Schmied bei LH Durnwalder 26 »Debate Europe« 27 EU-Task Force … gegen Krebs 28 Agenda 21 Netzwerk Oberösterreich S 15 26. OÖ Landesausstellung S 64 Aufschwung 2005/2007 kürzer 29 OeNB zur Inflation in Österreich 31 Schritt in Richtung Vollbeschäftigung 32 Fernost und Australien – starke Exportzuwächse 33 1170 Mio. Euro für oö. Autobahnen 35 Salzburg: 1. Platz beim renommierten Conga Award 36 Handels-Check: Lebensmittel-Einzelhandel 39 Fernost und Australien: Exportzuwächse S 33 UEFA EURO 2008™ Innsbruck – K08 :: Emanzipation und Konfrontation S 69 Eventstadt im »Herz der Alpen« 40 Oberösterreich 1918-2008 44 Verkehr: Trendwende geschafft 48 »KURIER«-ROMY 2008 50 »Rekord-Bürgermeister« 53 Wolfgang Lindner ist gestorben 54 »Der Blunznkaiser« 55 Neue Strategien gegen Vogelgrippe 58 Österreichs Physik an der Spitze 59 UEFA EURO 2008™ Innsbruck S 40 Flexible Stoßdämpfung im Gelände 60 »Zwischen Klassik und Romantik« S 78 So kommunizieren wir in 25 Jahren 61 26. OÖ Landesausstellung 64 K08 :: Emanzipation, Konfrontation 69 Die Bernsteinstraße 74 Jubiläums-Ausstellung in Rom 75 Galerie Artpark 76 Von Manteaukleidern, Jagdröcken... 77 »Zwischen Klassik und Romantik« 78 »Im Weißen Rössl« 80 »Wiener Lustspielhaus« 82 »KURIER«-ROMY 2008 S 50 Widerständiges und dessen Eine wahre Geschichte. »Jump« S 86 Inszenierung? Die Kultur. 84 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Das Wien der »3 Spitzbuben« 85 Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- Eine wahre Geschichte. »Jump« 86 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Diagonale-Preis für »Halbes Leben« 88 torat: Maria Krapfenbauer. Jede Art der Veröffentli- »Österreicher in Hollywood« chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. In 90 Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher Welt- bund. Fotos BKA/HBF, Andreas Wenzel; Land ÖÖ; 650 Jahre Karlsbad 93 WKÖ/ AWO; Tirol Werbung; »Kurier«/Bissuti; Uni Der Vorhang geht auf ... 97 Innsbruck / C. Lackner; Land OÖ / Kultur; Schloß Expedition ins Hoamatland 99 Esterházy; LWB-Media.com; Karlovy Vary / Dan Zikes 650 Jahre Karlsbad S 93

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 3 Innenpolitik Große Mehrheit für den Vertrag von Lissabon Nach einigen – teils heftigen – Debatten in den Wochen vor dem 9. April 2008 ratifizierte der Nationalrat den EU-Reformvertrag mit 151 gegen 27 Stimmen. Foto: BKA/HBF, Andreas Wenzel

Am 8. April 2008, einen Tag vor der Ratifizierung des EU-Reformvertrages gaben Justitzministerin Maria Berger, Bundes- kanzler Alfred Gusenbauer, Vizekanzler Wihelm Molterer und Außenmministerin Ursula Plassnik eine Pressekonferenz (v.l.)

it deutlicher Mehrheit – nämlich mit Nationalrat ohne Volksabstimmung abzuseg- mand. Genau deshalb würde das Volk auch M151 Pro- und 27 Contra-Stimmen in nen, sei ein „Anschlag“ auf die österreichi- nirgendwo gefragt. Er, Strache, glaube aber namentlicher Abstimmung – hat der Natio- sche Demokratie, sei eine Entmündigung an dieses Österreich und sei überzeugt, daß nalrat nach rund siebenstündiger Debatte am des österreichischen Bürgers. es sich auch behaupten könne. Besonders 9. April den Vertrag von Lissabon ratifiziert. Das Recht gehe, wie es im Artikel 1 der kritisierte der Redner, daß mit diesem Österreich ist damit der 8. Mitgliedstaat, der Verfassung heiße, vom Volk aus. Dem Volk Vertrag die Neutralität neuerlich ausgehöhlt dem EU-Reformvertrag zugestimmt hat. dieses Recht zu nehmen, wäre eine kalte werde, was sich auch am völkerrechtswidri- Nach dem Nationalrat muß nun noch der Enteignung. Diesen Vertrag hier durchpeit- gen Vorgehen in der Causa Kosovo zeige. Bundesrat dem Vertragswerk zustimmen. schen zu wollen, mache die Österreicher zu Sogar die Todesstrafe werde mit diesem Heinz-Christian Strache, Klubobmann Stiefkindern, nur, weil der Kanzler und der Vertrag durch die Hintertür wieder möglich, der FPÖ, brachte als erster Redner zum EU- Vizekanzler sich zu Liebkindern Brüssels warnte der Redner, der auch darauf hinwies, Vertrag einen Entschließungsantrag ein, machen wollten. Diese Vorgangsweise sei daß eine Aufwertung des EP notwendiger- wonach die Bundesregierung dem Bundes- freilich nicht neu, denn Rot und Schwarz weise eine Abwertung des österreichischen präsidenten einen Vorschlag auf Abhaltung hätten Österreich ja schon 1995 in die EU Parlaments bedeute. einer Volksabstimmung über den Vertrag „hineinmanipuliert“. Alle seinerzeitigen Ver- Mit diesem Vertrag gebe Österreich seine von Lissabon unterbreiten solle. Seine Frak- sprechen seien geplatzt, vielmehr habe sich Rechte und Errungenschaften auf, er sei da- tion stehe zu Österreich, sie sage auch „Ja zu die EU als Kopf der Globalisierung erwiesen. her strikt abzulehnen, zumal er in allen Be- einem föderalen Europa“, aber diesem ver- Soziale Errungenschaften würden abgebaut, reichen Verschlechterungen bringe, in der unglückten Versuch eines zentralistischen die Kosten würden neuerlich steigen, man Umwelt-, in der Sozial- und in der Demokra- Europa erteile sie eine Absage. Es gelte, die habe nichts von diesem zentralistischen tiepolitik. Die Behauptungen der Befürwor- Interessen der Österreicher wahrzunehmen, Staat zu erwarten. ter würden sich einmal mehr als leere Ver- und seine Fraktion nehme diesen Auftrag Es sei kein Wunder, daß man das Volk sprechungen erweisen, warnte der Redner. wahr. Ein europäisches Verfassungsdiktat im fürchte, denn dieses Europa wünsche nie- Dem Bundesadler würden Ketten angelegt,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 4 Innenpolitik er würde an Brüssel verkauft, um dort ge- Vertrag nichts als ein ungedeckter Scheck. litiker, der nur Ängste vermehre, indem er rupft zu werden. Das sei das Verhalten von Und da die Befürworter dieses Vertrags versuche, diese mit Unwahrheiten zu unter- eurokratischen Bütteln. Doch der Wahltag meinten, diese Entscheidung sollte durch die mauern, handle verantwortungslos, unred- werde zum Zahltag werden, denn wo Un- repräsentative Demokratie gefällt werden, lich und unehrenhaft. Dezidiert stellte der recht zu Recht werde, werde Widerstand zur bleibe nichts anderes übrig, als diese Re- Bundeskanzler fest, daß es kein Verfassungs- Pflicht, zeigte sich der Redner überzeugt, der präsentanten bei der nächsten Wahl auszu- diktat gebe und nichts aufoktroyiert werde. mit den Worten „Gott schütze Österreich“ tauschen. Europa beruhe auf der Weiterentwicklung schloß. Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender anhand von Kompromissen. Und auch wenn Peter Westenthaler, Klubobmann des Alfred Gusenbauer bezeichnete den 9. April man mehr wünsche, dann müsse man zu den BZÖ, erinnerte die Sozialdemokraten an ihre 2008 als einen historischen für das österrei- Kompromissen stehen, wenn sie in die rich- eigenen Aussagen aus der Oppositionszeit, chische Parlament, da ein weiterer Schritt tige Richtung gehen. Der Vertrag von Lis- wo sie an den Vertragsgrundlagen kein gutes für die Entwicklung des erfolgreichsten Mo- sabon sei ein richtiger und notwendiger Haar gelassen hatten und für ein Referen- dells in Europa gesetzt werde. Die EU habe Schritt für Österreich und Europa, und die dum eingetreten waren. Störend sei, daß es geschafft, die Wunden des Zweiten Welt- Bundesregierung wolle den erfolgreichen jene, die der EU kritisch gegenüberstünden, kriegs und des Kalten Kriegs zu heilen. Jetzt Weg für ein soziales und demokratisches als „schlechte Europäer“ diffamiert würden, sei sie auf dem Weg, die Wunden des Kriegs Europa fortsetzen. Keineswegs wolle man während jene, die unkritisch alles umsetzten, auf dem Boden des ehemaligen Jugoslawien die Isolation Österreichs. was aus Brüssel komme, als „gute Europäer“ zu heilen, und das werde ihr auch gelingen, Vizekanzler und ÖVP-Bundesparteiob- bezeichnet würden. Im Sinne der Demokra- zeigte sich der Bundeskanzler überzeugt. mann Wilhelm Molterer warf der FPÖ vor, tie sei eine Volksabstimmung unabdingbar. Die EU sei, vom humanistischen, demokra- das Ergebnis der Volksabstimmung von Die Menschen müßten erkennen können, tischen und friedenspolitischen Standpunkt 1994 nicht zu akzeptieren und in Wahrheit daß sie Teil Europas sind, daß sie die Idee aus gesehen das erfolgreichste Projekt der einen Austritt aus der EU anzustreben. Die einer europäischen Einigung mittragen Zivilisation. Es liege daher im Interesse Ös- Freiheitlichen hätten sich damit längst von könnten. terreichs, daß sie gut funktioniert. ihrer staatspolitischen Verantwortung verab- Derzeit sei die EU ein Zug mit Personal, Österreich profitiere mehr als viele ande- schiedet. Die ÖVP werde dieser Haltung aber ohne Fahrgäste. Es brauche ein Europa re Staaten der EU von der Integration, unter- konsequent entgegentreten und der FPÖ der Völker, ein Europa der freien Meinung strich Gusenbauer und wies darauf hin, daß nicht die Zukunft des Landes überlassen, und der freien Meinungsbildung, ein Europa Österreich der größte Investor in den neuen kündigte Molterer mit Nachdruck an. mit sozialer Verantwortung, das die Herzen EU-Staaten ist und damit auch durch enor- Die FPÖ wolle offenbar nicht zur Kennt- der Bürger gewinnt, weil es deren Sorgen mes Wachstum profitiere. Die meisten Ar- nis nehmen, was man in den letzten Jahr- und Anliegen ernst nimmt. Ein Europa ohne beitsplätze seien durch die Erweiterung der zehnten in Europa alles an Fortschritten Zwang und Bevormundung, ein freies Eu- EU gesichert worden. Österreich sei reicher, erreicht habe. So habe die EU die Wieder- ropa der Bürger. Dieser Vertrag stärke die sicherer und freier geworden. Es gebe mehr vereinigung Europas ermöglicht, der europä- zentralistischen Tendenzen in der EU und er- Arbeitsplätze denn je, die Mitgliedschaft sei ische Einigungsgedanke habe den Kommu- mögliche es den Zentralisten, in 181 Politik- eine einzige Erfolgsgeschichte, betonte der nismus überwunden, erinnerte Molterer. Das bereichen über die Bürger drüberzufahren. Bundeskanzler. alles scheine die FPÖ zu negieren. Die Frei- Das Einstimmigkeitsprinzip sei unabding- Was den Vertrag selbst betrifft, so fixiere heitlichen würden rot-weiß-rot so interpre- bar, um es Österreich zu ermöglichen, ein er vor allem neue Mechanismen für das in- tieren, daß sie nicht über den Tellerrand Herabsetzen der Standards zu verhindern. stitutionelle Zusammenspiel der Union der blicken, fuhr Molterer fort. Dabei werde ver- Mit diesem Vertrag werde Österreich ein 27 und bringe durch die rechtsverbindliche gessen, daß Österreich die internationalen Stückchen unselbständiger, man könne sich Grundrechte-Charta eine wesentliche Stär- Herausforderungen nicht im Alleingang nicht mehr gegen europäische Initiativen kung der Stellung jedes einzelnen. bewältigen könne. Für ein selbstbewusstes wehren, man werde Verschlechterungen Scharf ging Gusenbauer mit den Klub- Österreich sei Europa die einzige Zukunfts- nicht mehr verhindern können, und das sei obleuten Strache und Westenthaler ins Ge- perspektive. Gerade in Bereichen wie Um- die Grundkritik seiner Fraktion an diesem richt. Die Sprache Straches sei bedenklich weltschutz oder bei den sozialen Grund- Vertrag, mit dem man nicht mehr Herr im und unredlich, sagte er, und die FPÖ stehe rechten agiere die EU federführend auf der eigenen Haus sein werde, sondern nur noch offensichtlich für ein Österreich außerhalb Welt. Der Vertrag sei nicht die Lösung aller Mieter im Plattenbau Europas. Und man Europas. Wenn Westenthaler die EU als Fragen, er bringe aber wesentliche Fort- zahle eine keineswegs geringe Miete in die- einen Plattenbau Europas bezeichne, dann schritte, stand für Molterer fest. Ein Nein sem Plattenbau. Und aus Europa komme stelle er diese auf das Niveau der DDR. Das wäre keine Antwort für die Zukunft Öster- eine Hiobsbotschaft nach der anderen, es kä- heutige freie Europa sei aber im Gegensatz reichs. men nur Verbote, Entmündigungen und dazu die Antwort auf das Regime. Die Äng- Alexander Van der Bellen, Klubobmann Nachrichten über negative Entwicklungen. ste, die seit Jahren und bereits vor dem EU- der Grünen, setzte sich eingangs mit der Europa habe es nicht geschafft, im Herzen Beitritt geschürt worden seien, hätten sich in hohen Europa-Skepsis in der Bevölkerung der BürgerInnen anzukommen, weshalb eine keiner Weise bewahrheitet. Mit Angstmache auseinander und meinte, manches sei heute grundlegende Umkehr unumgänglich sei. sei keine Zukunft Europas zu gestalten. selbstverständlich, was aber erst seit dem Gerade als glühender Europäer müsse man Hinter dem Ruf nach einer Volksabstim- EU-Beitritt Österreichs verwirklicht worden diesem Vertrag eine eindeutige Absage ertei- mung verberge sich das Streben der FPÖ ist. So stelle beispielsweise die Niederlas- len. Und ohne Volksabstimmung sei dieser nach einem Austritt aus der Union. Ein Po- sungsfreiheit eine wesentliche Erweiterung

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 5 Innenpolitik des Freiheitsspielraums für die BürgerInnen dar. Auch seien die verkrusteten Kartelle, wie das Zuckerkartell oder das Zinsenkartell der Banken, dank der EU aufgebrochen wor- den. Heute gäbe es auch kein gegenseitiges Zuschanzen öffentlicher Aufträge mehr. Ös- terreich allein wäre auch nicht in der Lage, einen multinationalen Konzern wie Micro- soft in die Zange zu nehmen. Und schließ- lich seien transnationale Umweltprobleme auch nur transnational zu lösen. Das Informationsdefizit in der Bevölke- rung sei jedoch erschreckend, stellte Van der Bellen fest und warf in diesem Zusammen- hang der Bundesregierung vor, es verab- säumt zu haben, eine angemessene, faire und aktive Informationspolitik zu betreiben. Selbstverständlich sei es schwierig, so der Grüne Klubobmann, mit gezielten Unwahr- heiten einiger Gruppen umzugehen. Un- informiertheit sei auch kein ausreichender Grund, gegen eine Volksabstimmung zu sein. Als seine Vision für einen Ratifika- tionsprozeß bezeichnete Van der Bellen aber eine europaweite Volksabstimmung, wo die einfache Mehrheit ausschlaggebend ist, ver- bunden mit einer Zustimmung von zwei Foto: HOPI-Media, Bernhard J. Holzner Dritteln der nationalen Parlamente. Außenministerin Ursula Plassnik bei ihrem Debattenbeitrag im Hohen Haus An die Gegner des Reformvertrags ge- richtet, sagte Van der Bellen abschließend, sei der Reformvertrag die richtige Antwort. tum die Legitimation holen könnte. Schließ- der Reformvertrag werde überschätzt. Er sei Gleichzeitig machte die Außenministerin lich bedauerte er, daß die Symbole aus dem nicht perfekt, aber wesentlich besser als der geltend, daß kleinere und mittlere Staaten in Vertragstext wieder herausgefallen sind. Vertrag von Nizza, und bringe Fortschritte in Europa überproportional Gewicht hätten. Der EU-Reformvertrag (Vertrag von Lis- Bezug auf Demokratisierung und Hand- „Ausstiegsphantasien“ wertete Plassnik sabon) erhielt in namentlicher Abstimmung lungsfähigkeit. Der Text allein ersetze aber als realitätsfern. Ein Spiel mit Ängsten brin- die Zustimmung von 151 Abgeordneten und nicht die Politik. Es werde an den Politi- ge weder Österreich noch die EU weiter. Zur damit die erforderliche Zwei-Drittel-Mehr- kerInnen und am Druck der Bevölkerung lie- Frage der Abhaltung einer Volksabstimmung heit. 27 Abgeordnete lehnten den Vertrag ab. gen, den Inhalt des Vertrags mit Leben zu merkte die Ministerin an, „ein Fleckerltep- Zuvor waren Anträge der FPÖ und des BZÖ, erfüllen. pich nationaler Referenden nutzt nichts“. den Vertrag an den Verfassungsausschuß zu- Außenministerin Ursula Plassnik (VP) Kritik an mangelnder Informationsarbeit rückzuverweisen, in der Minderheit geblie- konstatierte, in den letzten Tagen habe es der Regierung wies Plassnik zurück. Ihrer ben. viele Stimmen der Wut, des Zorns, der Meinung nach ist es nicht zuviel verlangt, Ebenfalls in der Minderheit blieb ein Ent- Ohnmacht und der Angst gegeben. „Dafür zum Telefon zu greifen, einen Brief zu schließungsantrag der FPÖ betreffend Anord- gibt es keinen Grund“, versicherte sie, viel- schreiben oder auf eine Homepage zu klicken. nung einer Volksabstimmung, für den 24 Ja- mehr sei es angebracht, Unsicherheit durch „Wissensverweigerer“ werde es aber immer Stimmen bei 149 Nein-Stimmen abgegeben Zuversicht zu ersetzen. Der Vertrag von Lis- geben. wurden, sowie zwei Entschließungsanträge sabon sei, so die Außenministerin, „gut für Der Abgeordnete Alexander Zach von des BZÖ betreffend Volksbefragung und be- Österreich“. Er mache die EU demokrati- den Liberalen (er sitzt auf einem SPÖ-Man- treffend Neuverhandlung eines Vertrags für scher und handlungsfähiger und sei eine gute dat im Nationalrat) hielt aus seiner Sicht fest, Europa. Auch für den Entschließungsantrag Weiterentwicklung der Rechtsgrundlagen daß es kein stichhaltiges Argument gegen der Grünen betreffend EU-Position zur Lage der Union. Das Friedensprojekt Europa sei den Vertrag gebe. FPÖ und BZÖ stünden in in Tibet fand sich keine Mehrheit. noch nicht vollendet, warnte Plassnik, der nationalen Abseitsfalle und strebten Mehrheitlich angenommen wurden hin- „schauen Sie auf den Balkan“. lediglich einen Selbstbedienungsladen auf gegen der gemeinsame Entschließungsan- Plassnik nannte insbesondere drei Grün- Kosten anderer an. Das Festhalten am Ein- trag von SPÖ, ÖVP und Grünen betreffend de, die für den Reformvertrag sprechen. Die stimmigkeitsprinzip würde weiter Blockade Vertrag von Lissabon und die weitere Ent- EU müsse sich in der Welt behaupten, die bedeuten und beispielsweise Umweltmaß- wicklung der EU sowie der Entschließungs- EU müsse ihre Identität stärken und die EU nahmen verhindern. Zach regte jedoch an zu antrag der Koalitionsparteien betreffend die müsse Zukunftskompetenz entwickeln, skiz- überlegen, ob man nicht bei einer nächsten Lage in Tibet. „ zierte sie. Für alle drei Herausforderungen Vertragsänderung sich vorab durch ein Vo- Quelle: Parlamentskorrespondenz

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 6 Innenpolitik Gesundheitsreform Sozialpartner legten gemeinsames Konzept vor – Leitl: Weltbestes Gesundheitssystem soll durch effizientere Mittelverwendung beibehalten werden – Hundstorfer: Der Mensch, der Patient steht dabei im Mittelpunkt Foto: BKA/HBF, Gunter Pusch

Sozialminister Erwin Buchinger, Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Vizekanzler Wilhelm Molterer, WKÖ-Präsident Christoph Leitl, ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer (v.l.)

ines ist sicher, wenn auch nicht genug- cher Landeshauptmann (in Österreich) GKKs Verluste schreiben, d. h. daß die Etuend: Es gibt wohl kaum ein Land, das möchte denn seinen Landsleuten verkünden, Jahresausgaben über den Einnahmen lägen. nicht mehr oder weniger massive Probleme daß demnächst ein Krankenhaus schließen Während Kritiker meinen, es werde dort mit seinem Gesundheitssystem hat – womit würde, nur, weil es 20 Kilometer weiter auch nicht gespart, man würde kein Interesse an in erster Linie dessen Finanzierung gemeint eines gibt, das ähnlich ausgestattet ist und einer Änderung der Strukturen haben, heißt ist. Es sei gleich vorweggenommen, daß auch alle Leistungen für die Patienten bereit- es aus der WGKK, daß man bereits seit Jah- hohe Standards wünschens- und erhaltens- hält? Nicht zu vergessen natürlich auch die – ren zu bedenken gebe, daß die Schere zwi- wert sind. Doch wachsende Budgetdefizite glücklicherweise – steigende Lebenserwar- schen den von Bundesgesetzen abhängigen sind „out“, wenn ein EU-Mitgliedsstaat mit tung, die die Finanzierung des Gesund- Einnahmen und den Ausgaben immer weiter seiner Neuverschuldung über 3 Prozent des heitssystems aus dem schon lange schwan- auseinander gehe. Gewisse Maßnahmen zur Bruttoinlandsprodukts gerät, wird er von der kenden Gleichgewicht bringt. Was also tun? Sanierung des Bundesbudgets müßten rück- Europäischen Gemeinschaft sogar mit einer Wo sparen, wem etwas wegnehmen, strei- gängig gemacht werden, damit die Kranken- Geldstrafe belegt. chen, verweigern? kassen wieder ihren gesetzlichen Auftrag der Gesundheitspolitiker haben es da nicht Da ist guter Rat teuer. Viele Anläufe hat Krankenversorgung weiter erfüllen könnten. leicht, jeder Regierungs- oder Parteikollege, es schon gegeben, dieses Problems Herr zu Um Schlimmeres zu verhindern, wurden vor allem die Opposition fordert vehement werden. Ebensoviele Anläufe sind aber ge- Konzepte erarbeitet, die von der „Gegen- bestmögliche Versorgung für die Wähler, scheitert, was zu einer Eskalation der Situa- seite“ im besten Fall argwöhnisch begutach- pardon, Bevölkerung. Man ist stolz darauf, tion führte: so etwa ist die Wiener Gebiets- tet wurden. Selbst ein Krisengipfel beim über bestausgerüstete Kliniken und bestaus- krankenkasse seit geraumer Zeit vollkom- Bundeskanzler, im Dezember 2007, führte gebildete Ärzte zu verfügen, vergleicht men verschuldet. Mitte Jänner dieses Jahres zu keiner Lösung, weshalb die Sozialpartner gerne mit anderen Gesundheitssystemen, erklärte deren Obmann, Franz Bittner, durch ankündigten, ein Konzept für die Zukunfts- die, je nach Lesart, als Vorbilder oder ab- die Stundung einer Forderung des Haupt- sicherung der sozialen Krankenversicherung schreckende Beispiele herhalten müssen. verbandes der Sozialversicherungsträger in zu erarbeiten (Österreich verfügt über ein Doch kaum ein Land ist mit dem anderen Höhe von rund 33 Mio. Euro sei „eine Plei- besonders ausgeprägtes System der Zusam- vergleichbar, nationale, regionale Eigenhei- te“ der WGKK vorerst abgewendet, Lösung menarbeit der großen wirtschaftlichen Inter- ten und (landes-)politische Voraussetzungen sei das aber keine. Spätestens 2010 werde essenverbände untereinander und mit der könnten unterschiedlicher nicht sein. Hand die verfehlte Gesundheitspolitik der letzten Regierung. Diese Zusammenarbeit war eine aufs Herz: welcher Ministerpräsident, wel- Jahre nämlich dazu geführt haben, daß alle Grundvoraussetzung für den Wiederaufbau

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 7 Innenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg und bildete die optimal realisieren lassen“, skizzierte Leitl sammenarbeit um unser Ziel zu erreichen. Basis für das weitere wirtschaftliche Wachs- die Hauptstoßrichtung des Sozialpartner- Mittelfristig brauchen wir die Finanzierung tum und für sozialen Frieden.). Konzepts. „Um dramatischen Entwicklun- aus einer Hand. Ich rufe daher alle zur Part- Am 7. April 2008 war es dann soweit: Im gen und Defiziten bei den Gebietskranken- nerschaft auf, vor allem auch die Ärztekam- Presseclub Concordia präsentierten WKÖ- kassen in Milliarden-Höhe gegenzusteuern, mer, damit wir diese nationale Kraftanstren- Präsident Christoph Leitl und ÖGB-Präsi- sind dramatische Vereinfachungen notwen- gung schaffen.“ dent Rudolf Hundstorfer gemeinsam mit den dig. Wir wollen eines der weltbesten Ge- Leitl verwies in Bezug auf eine Ge- beiden Vorsitzenden der Trägerkonferenz sundheitssysteme beibehalten, aber den samtreform des Gesundheitssystems auf des Hauptverbandes Franz Bittner, Obmann hohen Aufwand nicht durch höhere Beiträge, zahlreiche Gutachten hochrangiger Experten der WGKK, und Karlheinz Kopf, Wirtschafts- sondern durch eine bessere, effizientere Ver- wie etwa IHS, Rechnungshof oder OECD: bund-Generalsekretär, die Kernpunkte des wendung des Geldes finanzieren und ge- „Sie alle orten ein großes Effizienzpotenzial, Konzepts: währleisten.“ welches aber bislang von allen ignoriert Die Sozialpartner sehen im Gesundheits- Wenn den Zunahmen der Versicherungs- wurde. Mit der Finanzierung aus einer Hand system Einsparungsmöglichkeiten von jähr- leistungen von 6 % im Jahr 2007, Steigerun- könnte es hier deutliche Verbesserungen lich rund 600 Millionen Euro vor. Dieses gen der Beitragseinnahmen der Krankenkas- geben.“ Potenzial könnte ab 2012 voll wirksam wer- sen von 4,2 % gegenüberstehen, führe dies Oberhauser: Gesundheitsreform den, wenn alle vorgeschlagenen Maßnah- zu einer „Jahr für Jahr größer werdenden benötigt Bündelung aller Kräfte men greifen. Vom Bund werden bis dahin Kluft, die das System an die Wand fährt“, insgesamt 450 Mio. Euro als Überbrückungs- warnt Leitl vor einem baldigen Kollaps des „Die nötigen Strukturveränderungen und hilfe gefordert. Als Ersatz für verschiedene Systems. „Das Sozialpartnerkonzept nimmt Einsetzung zusätzlicher Geldmittel im Ge- Leistungen der Krankenversicherung soll er, diese Vorschläge ernst und steht für eine bes- sundheitswesen brauchen vollen Einsatz und wie etwa durch Refundierung der Mehrwert- sere Steuerung des Gesamtsystems, eine bes- die Bündelung aller Kräfte. Gesundheits- steuer, zusätzlich 150 Mio. pro Jahr ins sere Kontrolle und für eine Orientierung an ministerin Kdolsky hat volle Unterstützung System bringen. den Besten“, sprach sich Leitl für ein der SPÖ, damit die Reform rasch voran geht, Die Einsparungen sollen vor allem bei Benchmarkssystem, die Finanzierung aus denn ein weiterer Aufschub hätte fatale Fol- den Ärzten und den Medikament-Ausgaben einer Hand und Konsultationsmechanismen, gen“, erklärte SPÖ-Gesundheitssprecherin erfolgen. So ist eine bedarfsorientierte Stel- wie sie zwischen Bund, Ländern und Ge- Sabine Oberhauser. Die Sozialpartner hätten lenplanung und Nachbesetzung freiwerden- meinden gehandhabt werden, aus. ihre Hausaufgaben gemacht, nun könne man der Vertragsarztstellen vorgesehen. Zur Ein- „Es wird keine Leistungskürzungen ge- beurteilen, in welchem Ausmaß und in wel- dämmung der Medikamentenkosten soll mit ben. Es wird nicht gespart um des Sparens cher Höhe zusätzliche Mittel benötigt wür- der Ärztekammer eine Vereinbarung über willen. In unserem Konzept steht der Mensch, den. Oberste Prämisse müsse sein, daß es zu die Einführung von Anreiz- und Zielsteue- der Patient im Mittelpunkt“, nennt Hunds- keinerlei Mehrbelastungen und Leistungs- rungsmechanismen einer ökonomischen Ver- torfer einen wesentlichen Kernpunkt des So- einschränkungen für die PatientInnen kom- schreibweise getroffen werden. Der Haupt- zialpartner-Konzeptes. Es werde auch nicht me und zusätzliche Gelder vernünftig einge- verband der Sozialversicherungsträger soll weniger ausgegeben, sondern der Kostenzu- setzt werden, stellte die SPÖ-Gesundheits- in eine SV-Holding umfunktioniert werden. wachs eingedämmt. Der ÖGB-Präsident: sprecherin klar. Klar sei auch, daß den schö- Diese erstellt verbindliche Richtlinien, ge- „Das Gesamtsystem muß finanzierbar blei- nen Worten jetzt Taten folgen müßten, denn nehmigt Budgets sowie Großinvestitionen ben. Die Ausgabensteigerungen sind anzu- es sei Pflicht der Regierung, die vorbildliche und erledigt als Dienstleister auch einige halten.“ Gesundheitsversorgung in Österreich zu zentral zu erfüllende Aufgaben wie etwa bei Hundstorfer betonte, daß niemand ausge- sichern und weiterzuentwickeln. Denn: Heilmitteln und im IT-Bereich. grenzt werde. „Keine Gruppe wird gegen „Gesundheit muß leistbar und uneinge- Einen „signifikanten Konsolidierungs- eine andere ausgespielt. Im Interesse der schränkt zugänglich sein und bleiben und beitrag“ erwarten sich die Sozialpartner auch Menschen gibt es ein Miteinander.“ Auch zwar für jeden einzelnen Bürger in gleichem von den Spitalserhaltern. Solange es keine Fi- werde der vorgeschlagene Leistungsersatz Ausmaß“, so Oberhauser abschließend. nanzierung aus einer Hand gibt, ist etwa ein von 150 Mio. Euro vom Bund systemkon- Einfrieren der Pauschalzahlungen der Kran- form verwendet. Und zwar nicht nach dem Missethon: Gesundheit der Menschen kenversicherung an die Landesfondsspitäler Gießkannenprinzip, sondern dort wo es ge- bei Ministerin Kdolsky in guten Händen durchaus gerechtfertigt. Für das „Unikum“ braucht werde. Hundstorfer: „Die Koali- „Die Gesundheit der Menschen ist bei Hanusch-Krankenhaus wird ein ausreichen- tionsparteien sind dafür übereingekommen Ministerin Andrea Kdolsky in guten Hän- der Kostenersatz von der Gemeinde Wien eine Vermögenszuwachssteuer einzuführen. den“, so ÖVP- Generalsekretär Hannes Mis- für die Wiener Gebietskrankenkasse gefor- Ich gehe davon aus, daß dies auch ge- sethon. „Andrea Kdolsky ist die Anwältin dert. Einsparungen fordern die Sozialpartner schieht.“ Leitl sieht in dieser Steuer eher der Patienten: Sie bringt als Spitalsärztin und auch bei den medizinischen Instituten. einen „Rettungsanker, den unser Schiff aber Managerin wichtige Erfahrungen in den „Mit diesem ganz konkret erarbeiteten nicht benötigen wird.“ Diskussionsprozeß um die Gesundheits- Vorschlag zur Sanierung und Verbesserung Bittner nannte das Konzept einen „ge- reform ein und stellt dabei die Bedürfnisse unseres Gesundheitssystems wollen wir mit meinsamen Versuch, unserer Gesundheits- der Patienten in den Mittelpunkt. Die ÖVP allen Beteiligten einen Weg gehen, mit dem wesen finanzierbar zu erhalten“. So würde hat verdeutlicht, daß sie die Verantwortung sich die wichtigen und hohen Zielsetzungen das Konzept auch viele Beteiligte fordern. für die weitere Sicherung des hervorragen- des österreichischen Gesundheitswesens Bittner: „Es gibt bereits Angebote zur Zu- den österreichischen Gesundheitssystems

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 8 Innenpolitik

übernimmt und damit allen Österreicherin- Bürokratie enger zu schnallen. Günstigere Haubner forderte eine umfassende Struk- nen und Österreichern eine hervorragende Medikamente seien nur ein kleiner Schritt, turreform im Gesundheitssystem. Anstatt Versorgung garantiert.“ würden aber das System nicht sanieren kön- wieder nur Geld zuzuschießen, müsse es nen. endlich zu einer Vereinheitlichung der ärzt- Grünewald: Vorschläge der Sozial- Die Bundeszuschüsse würden in Wahr- lichen Grundversorgung kommen. „Wir partner nur kosmetische Korrekturen heit nur die Wirkungen bekämpfen, aber nicht brauchen dringend in ganz Österreich ein Nur „kosmetische Korrekturen“ sieht der die Ursachen. Wer aber das System sinnvoll einheitliches Leistungsangebot an den Ver- Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald reformieren und zukunftsfähig machen sicherten, einheitliche Leistungshonorare für in den Vorschlägen der Sozialpartner zur wolle, der müsse das Übel auch an der Wur- Ärzte sowie eine einheitliche verpflichtende Gesundheitsreform. Diese seien nicht nach- zel packen. Die FPÖ stünde in diesem Zu- Behandlungsökonomie“, so Haubner. Wei- haltig, so Grünewald. Die Patienten würden sammenhang auch für eine dringend not- ters verlangte sie die Halbierung der Mehr- die Sparmaßnahmen jedenfalls spüren – wendige Studie zu den Kosten im Gesund- wertsteuer bei Medikamenten. „Außer Be- obwohl es bereits jetzt schon Defizite gebe heitsbereich, so die beiden freiheitlichen Ab- lastungen haben SPÖ und ÖVP in der Ge- wie etwa bei der Rehabilitation, der Er- geordneten. sundheitspolitik bisher nichts erreicht“, so reichbarkeit und Öffnungszeit von Ärzten Haubner, die abschließend an die Erhöhung und den Wartezeiten auf Eingriffe. der Krankenversicherungsbeiträge und die Bei den Ärzte-Honorarvereinbarungen reale Kürzung des Pflegegeldes erinnerte. will sich Grünewald „auf keine Seite schla- gen“. Ziel der Grünen sei eine „bundesein- Dorner erbost: Lassen heitliche Regelung“ statt des derzeitigen uns nicht abschlachten „Fleckerlteppichs“ an Verträgen mit den ein- Walter Dorner, Wiener Ärztekammerprä- zelnen Krankenkassen. In Gebieten mit sident, zeigt sich über das Sozialpartner- „eklatanter Minderversorgung“ sollten Ärz- Papier zur Gesundheitsreform erbost. „Wenn ten „protegierte Verträge“ angeboten wer- man diese Geldsummen einsparen will, heißt den. das auch weniger Leistungen. Wir fordern, Wenig hält Grünewald vom Vorschlag, daß die Verhandlungen unverzüglich auch daß Ärzte künftig nur mehr Wirkstoffe ver- mit den Ärzten aufgenommen werden. Dann schreiben und die Apotheker dann das je- Prim. MR Walter Dorner sehen wir, wo es Kompromisse gibt und wo weils günstigste Medikament aussuchen sol- Foto: Ärztekammer für Wien / Gregor Zeitler es schmerzliche Verhandlungen geben wird. len. Derzeit gebe es in Österreich rund Wir wehren uns nicht gegen eine Zusam- 12.000 Medikamente, von denen 4500 re- Derzeit sei wohl wegen mangelndem Re- menarbeit, aber abschlachten lassen wir uns zeptpflichtig seien. Vielfach könne der Arzt formwillen davon auszugehen, daß es Lei- nicht“, so Dorner in einem Radiointerview. die in den Medikamenten enthaltenen stungskürzungen für die Patienten trotz aller Entschieden wendet sich Dorner gegen Wirkstoffe gar nicht wissen. Außerdem wür- Dementis geben werde. Es sei außerdem zu Eingriffe, die zu einem vertragslosen Zu- den Patienten so neue und innovative Me- befürchten, dass die Zwei-Klassen-Medizin, stand führen und die Möglichkeit von Ein- dikamente vorenthalten. die jetzt schon Realität sei, sich noch weiter zelverträgen mit Ärzten eröffnet. Dies würde verfestigen werde. Wer es sich leisten könne, die Ärztekammer schwächen. Gesundheits- Belakowitsch-Jenewein: Keine werde sich gegen bares die beste Behand- ministerin Andrea Kdolsky habe dazu ge- Bereitschaft, in Substanz zu gehen lung selbst organisieren, die Masse würde sagt, die Einbindung einer Standesvertretung „Es gibt leider von den Verantwortlichen auf der Strecke bleiben. „Ein solches Sze- in einen Vertragsabschluß sei unabdingbar. nach wie vor keine wirkliche Bereitschaft, nario stößt bei der FPÖ auf völlige Ab- „Sollte es zu vertraglosen Zuständen kom- die Millionenlöcher in den Krankenkassen lehnung. Wir sind für ein reformiertes und men, ist es Aufgabe der Gesundheitsmini- langfristig aus Einsparungen in der Struktur funktionierendes Gesundheitssystem, das für sterin, hier die Möglichkeit zu schaffen, daß und der Verwaltung zu stopfen“, erklärten alle Staatsbürger da ist“, so Belakowitsch- das funktioniert“. FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Bela- Jenewein und Kickl abschließend. Dorner reagiert empört: „Wenn die Re- kowitsch-Jenewein und FPÖ-Sozialsprecher gierung das will, soll sie den Mut haben zu Herbert Kickl zum Reformpapier der Sozial- Haubner: Steuerzahler und Ärzte sagen, wir brauchen keinen freien Ärzte- partner. Es würden zwar „Umstrukturierun- werden zur Kassa gebeten! stand, sondern wir wollen verstaatlichen“. gen“ im Hauptverband der Sozialversiche- Heftige Kritik am von der Sozialpartner- Dorner: „Wenn man uns alle Möglichkeiten rungsträger erwähnt, diese seien aber offen- schaft vorgestellten „Katastrophen-Papier“ nimmt, dann soll man aber auch ganz ein- bar noch völlig offen. Wichtig sei bei diesem übte BZÖ-Gesundheitssprecherin Ursula fach die Haftung übernehmen. Dann soll die Punkt vor allem die endgültige Zusammen- Haubner. „Die Sozialpartner haben gemein- Krankenversicherung die Haftung dafür legung der Krankenkassen. Es dürfe nämlich sam beschlossen, daß alle zur Kassa gebeten übernehmen, wenn wir nicht mehr nach State in Zukunft nur mehr zwei Kassen geben: werden, bis auf die Sozialpartner. Anstatt in of the Art behandeln können. Wir können Eine für Staatsbürger und eine für Nicht- der Verwaltung zu sparen, wird wieder nur uns nicht abräumen lassen wie ein Christ- staatsbürger. Leider seien aber die Sozialpart- bei den Steuerzahlern abkassiert und die baum und auf der anderen Seite bleibt die ner einmal mehr nicht bereit, sich ins eigene freiberuflichen Ärzte zu den alleinigen Haftung.“ „ Fleisch zu schneiden und den Gürtel vom Hauptschuldigen der Finanzmisere erklärt“, Siehe auch den Beitrag zur Steuerreform Hauptverband ausgehend nach unten in der kritisierte Haubner. 2010 auf den beiden folgenden Seiten ¾

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 9 Innenpolitik Hauptaufgaben bei Steuerreform Matznetter/Lacina: Dringender Handlungsbedarf bei den Grenzsteuersätzen – »Letzte Steuerreform großes Hindernis für kleine und mittlere Einkommen«

ine Entlastung des Mittelstandes sei die versicherung nicht profitieren. Das betreffe EHauptaufgabe der Steuerreform erklär- etwa ein eine Million Menschen. Und es ten Finanzstaatsekretär Christoph Matznet- müßte auch für alle Lehrlinge etwas unter- ter und der ehemalige Finanzminister und nommen werden, denn in den Genuß der Mitglied der Steuerreformkommission Fer- jetzt beschlossenen ALV-Senkung kämen dinand Lacina am 07. April in einer gemein- nur jene im dritten Lehrjahr, Lehrlinge im 1. samen Pressekonferenz. Dringender Hand- und 2. Lernjahr aber nicht. lungsbedarf bestehe bei den Grenzsteuer- Auch die Familien möchte die SPÖ entla- sätzen, diese seien derzeit leistungsfeindlich sten, wobei hier an dem Grundsatz „Jedes und ungerecht, so Matznetter. So solle der Kind ist gleich viel wert“ nicht gerüttelt wer- Eingangsteuersatz auf etwa 30 bis 32 Pro- den dürfe, betonte Matznetter. Ansetzen zent gesenkt werden. Profitieren von der möchte der Staatssekretär bei der Familien- Steuerreform sollen rund drei Millionen beihilfe und den Kinderabsetzbeträgen. EinkommensbezieherInnen, und zwar Ein- Außerdem sollen kleine und mittlere Be- kommen zwischen 1130 und knapp 4000 triebe gestärkt werden. Das will die SPÖ Euro brutto monatlich. mittels der Förderung von Investitionen Zwei Punkte sind aus Sicht von Lacina erreichen. besonders zu beachten. Zum einen sei bei Als Zielsetzungen der Steuerreform der letzten Steuerreform zwar die Gruppe nannte Staatssekretär Matznetter die Ent- jener Menschen, die keine Steuer zahlen müs- lastung des Faktors Arbeit, die Stärkung des sen, verbreitert worden. Zugleich sei aber Wirtschaftsstandortes durch Förderung der der Eingangsteuersatz so erhöht worden, daß Kaufkraft und Inlandsnachfrage, eine faire Einkommen ab Beginn der Steuerpflicht fast Finanzstaatsekretär Christoph Maznetter Verteilung der Steuer- und Abgabenlast und nichts mehr von Lohnerhöhungen übrig Foto: BMF / Ingo Pertramer die Schaffung eines modernen Steuersystems. bleibt. „Die letzte Steuerreform stellt sich 1,5 Millionen ArbeitnehmerInnen würden jetzt als großes Hindernis für kleine und durch die Senkung des Arbeitslosenversiche- mittlere Einkommen heraus“, so Lacina. rungsbeitrages schon ab Mitte des heurigen Als zweite große aktuelle Herausforde- Jahres entlastet. Die Entlastung betrage rung nannte der ehemalige Finanzminister monatlich bis zu 30 Euro. Auch die Pen- die negativen Auswirkungen der Krise auf sionistInnen profitieren mit der vorgezoge- den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft. nen Pensionserhöhung schon im November. Zwar sei in Österreich die Lage noch immer Matznetter verwies auch darauf, daß als relativ günstig, aber es müßten Maßnahmen letzter Schritt in der Gesundheitsreform eine gesetzt werden, die Kaufkraft zu stabilisie- Vermögenszuwachssteuer vereinbart wurde. ren, um die Arbeitslosigkeit gering zu halten „Wichtig ist, daß es sich um keine Finanz- und eine weitere Abschwächung des Wirt- Vermögenszuwachssteuer oder eine ,Grund schaftswachstums zu unterbinden. und Boden-Steuer‘ handelt. Alle Bereiche Den Änderungsbedarf bei den Grenz- sind inkludiert.“ Es werde auch Ausnahmen steuersätzen veranschaulichte Matznetter und Freibeträge geben, etwa für Häuselbauer anhand eines Beispiels: So verdient eine und Hauptwohnsitz, für Pensionsvorsorge Handelsangestellte rund 1500 Euro brutto im und für Grund und Boden. „Wir wollen hier Monat. Durch die Lohnerhöhungen wurde Finanzierungslücken schließen, um das Ge- ihr Gehalt um 3,1 Prozent erhöht, in der sundheitssystem zu finanzieren.“ Es werde Geldbörse bleibt allerdings nur knapp die jedenfalls keine weiteren Beitragserhöhun- Hälfte übrig. Denn diese Handelsangestellte gen, keine neuen Selbsthalte oder gar Lei- zahlt bereits 38 Prozent Lohnsteuer, dazu stungskürzungen geben, machte Matznetter kommen 18 Prozent Sozialversicherung. In Der ehemalige Finanzminister und deutlich. etlichen Fällen müßten diese Einkommens- jetziges Mitglied der Steuerreform- bezieherInnen aufgrund der Inflation sogar kommission Ferdinand Lacina Foto: BMSG Stummvoll ist zufrieden Reallohnverluste hinnehmen. Ein weiterer Schwerpunkt der Steuerre- nistInnen, die keine Steuer zahlen und von „Zufrieden“ zeigt sich ÖVP- Finanzspre- form sei die Entlastung jener Pensio- der Senkung der Beiträge zur Arbeitslosen- cher Günter Stummvoll, daß „sich die SPÖ

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 10 Innenpolitik an den gemeinsam akkordierten Weg bei der Arbeitnehmer am Unternehmenserfolg, beraten, sie nicht nur zu reden, sondern end- angedachten Vermögenszuwachsbesteuerung Anm.) eine Schlüsselrolle. „Die Mitar- lich konkrete Taten zu setzen.“ Ein klares hält“. Bei der nachhaltigen Finanzierung des beiterbeteiligung wirkt sich positiv auf Nein gibt es seitens der FPÖ weiterhin zur Gesundheitssystems müssen zuerst alle die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts von VP-Finanzsprecher Stummvoll nochmals Effizienzpotenziale genützt werden, erst Österreich aus und muß weiter ausgebaut gelobten Vermögenszuwachsbesteuerung, dann wurde „als letzter Schritt“ die Vermö- werden.“ auch sein rotes Pendant liege mit seiner Ein- genszuwachsbesteuerung vereinbart.  Entlastung des Steuersystems durch Ver- schätzung falsch, daß mittels „Loch-auf- Die Betonung dieses „gemeinsamen einfachung – von der Vereinfachung der Loch-zu“-Steuerpolitik eine Reform des Ge- Weges“ sei wichtig, da in der SPÖ immer Lohnverrechung für die Betriebe bis zur sundheitswesens möglich sei. „Es bleibt aber wieder Stimmen für „neue Steuer-Ideen“ vorausgefüllten Arbeitnehmerveranla- zu hoffen, daß sich die ÖVP beim Familien- laut würden – wie z. B. Wiens Bürgermeister gung. steuersplitting-Modell durchsetzt.“ Häupl im Magazin „profil“ mit der Forde- Prinzipiell, so Weinzinger, seien familien- rung nach einer „Vermögenssteuer“ aufhor- Rossmann: »Grünen freundliche Initiativen bzw. Überlegungen chen ließ. „Diese neue Steuer würde vor Stempel« aufdrucken seitens der Regierung begrüßenswert. „Inter- allem die einfachen Sparer und Häuslbauer essant ist jedoch für uns, daß die FPÖ-An- belasten“, so Stummvoll. Erfreut zeigt sich „Unüberbrückbare Hindernisse“ sieht der träge, die eine Inflationsanpassung speziell der ÖVP-Finanzsprecher zudem über die Grüne Finanzsprecher Bruno Rossmann zwi- im Bereich der Familien vorsehen – Familien- „positiven Signale, die Matznetter und La- schen den Koalitionspartnern in Sachen Steu- beihilfe oder Kinderabsetzbetrag – immer cina ausgesandt haben, wonach eine nach- erreform. So sei man sich mit Ausnahme der wieder von den Regierungsparteien vertagt haltige Steuerentlastung des Mittelstands Finanztransaktionssteuer in keinem Punkt werden. ,Warten auf den St. Nimmerleinstag‘ und der Familien im Jahr 2010 im Mittel- einig: Familiensplitting, die Entlastung des dürfte hier das Motto sein“, zeigte Weinzin- punkt steht“. Mittelstands, Senkung des Höchststeuersat- ger abschließend auf, daß es bei Familien- „Vizekanzler Finanzminister Wilhelm zes, die Gegenfinanzierung, Teuerungsab- beihilfe, Kinderbetreuungsgeld und dem Molterer und sein ÖVP-Team halten sich an geltung, Mitarbeiterbeteiligung – alles Kinderabsetzbetrag nicht regelmäßige Erhö- den vereinbarten Weg des Regierungspro- Streitfragen zwischen den beiden Regie- hungen gebe, um die Inflation abzugelten. gramms. Die ÖVP hält Wort und das heißt rungspartnern, listete Rossmann auf. Von der ganz klar: Eine ehrliche Steuerentlastung für SPÖ glaubt er, daß sie in der Debatte mit der Bucher: »Auch die SPÖ die Menschen in Österreich, ohne Gegen- ÖVP „einmal mehr umfallen wird“, um entdeckt den Mittelstand« finanzierung und ohne neue Schulden“, be- weiterhin Kanzlerpartei zu sein. tont Stummvoll weiter. Angesichts nötiger Ausgaben im Bil- „Jetzt hat auch die SPÖ endlich einmal Die fünf wichtigsten ÖVP-Punkte zu dungsbereich und bei der Pflege stehen die begriffen, um was es in der Steuerpolitik einer nachhaltigen und echten Steuerentlas- Grünen einer „maßlosen Steuersenkung“ wirklich geht – und entdeckt spät, aber doch, tung der Menschen im Jahr 2010 faßt skeptisch gegenüber. Wesentliche Schwer- für sich nun auch den Mittelstand. Der Mit- Stummvoll zusammen: punkte der Steuerreform müßten aus ihrer telstand, der die Hauptlast der Steuern zu tra-  Entlastung der Familien: Unter dem Sicht neben der genannten Senkung der gen hat, gehört massiv entlastet, das ist ohne- Überbegriff des „Familiensplittings“ gibt Sozialversicherungsbeiträge die Beibehal- hin schon eine Langzeitforderung von uns“, es verschiedene Modelle innerhalb der tung der Erbschafts- und Schenkungsssteuer, sagte BZÖ-Budgetsprecher Josef Bucher. EU. „Ziel ist es, den Mehraufwand der sowie die Einführung einer Vermögenszu- „Wenn die Binnenkonjunktur an Fahrtwind Steuerpflichtigen, der sich durch Kinder wachssteuer sein. Weiters soll der Grenz- gewinnen soll, dann muß die Regierung dem ergibt, besser als bisher abzudecken. Die steuersatz von 50 Prozent erhalten bleiben, Mittelstand ordentlich unter die Arme grei- Familie ist der große Schwerpunkt, weil so Rossmann. Die steuerliche Förderung von fen“, so Bucher weiter. sie das Kernstück der Gesellschaft bil- Managergehältern über sogenannte Stock In der Steuerreformkommission der Bun- det.“ Options soll zudem abgeschafft werden. Der desregierung würden aber zwei enorm ver-  Entlastung des Mittelstandes: In Öster- kalten Progression wollen die Grünen mit schiedene Seiten aufeinanderprallen: „So reich zahlen 45 Prozent keine Lohn- und der entsprechenden Indexanpassung der zeigt der derzeitige Schlagabtausch zwischen Einkommenssteuer. Jetzt gilt es, die übri- Grenzsätze für Lohnabschlüsse begegnen. SPÖ und ÖVP über die Forderung des Wie- gen 55 Prozent der Steuerpflichtigen, „ins Mittels „ökosozialer Steuerreform“, die ner Bürgermeisters Häupl nach einer stärke- Zentrum der Steuerreform zu stellen und gerade neuberechnet werde, solle dem Vor- ren Besteuerung von Vermögen etwa oder diese nachhaltig zu entlasten“. haben schließlich auch ein „grüner Stempel“ das ,No Way für das Familiensplitting‘ von  Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe: aufgedrückt werden. Finanzstaatssekretär Matznetter einmal mehr, Klein- und Mittelbetriebe sind das Rück- daß die Steuerreformkommission eigentlich grat für Wachstum und Beschäftigung. Weinzinger: Von kalter schon am Beginn ihrer Tätigkeit gescheitert Ein wichtiger Schwerpunkt der Steuerre- Progression befreien ist“, meinte Bucher. form ist für die ÖVP eine einheitliche „Trotzdem muß aber unter dem Strich die Unternehmensbesteuerung. „Die Steuerzahler müssen rasch von der Beseitigung der Kalten Progression heraus-  Entlastung des Arbeitsmarktes: Die Zu- kalten Progression durch eine Inflationsan- kommen. Dieses Unrecht besteht seit 20 Jah- kunftsperspektiven am Arbeitsmarkt müs- passung befreit werden“, forderte der Fi- ren und muß daher beseitigt werden“, schloß sen definiert werden. Hierbei spielt die nanzsprecher des FPÖ-Parlamentsklubs, Bucher. „ Mitarbeiterbeteiligung (Beteiligung der Lutz Weinzinger. „ÖVP und SPÖ wären gut http://www.bmf.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 11 Innenpolitik Bedarfsorientierte Mindestsicherung Gemeinsam mit den Soziallandesräten aus Niederösterreich, Wien, Vorarlberg und Oberösterreich präsentierte Sozialminister Erwin Buchinger die Einigung zur bedarfsorientierten Mindestsicherung.

ozialminister Erwin Buchinger erklärte am 1. Jänner 2010 in Österreich eingeführt. der zugegangen“ und habe etwas getan, was Sam Abend des 10. April in einem „Jetzt haben wir eine inhaltliche Überein- die letzten zwei Jahrzehnte in Österreich Pressegespräch, man habe „einen Stolper- stimmung, aber die eine oder andere Fin- nicht gemacht wurde, man bekämpfe näm- stein aus dem Weg geräumt. Heute können anzierungsfrage wird noch zu klären sein“, lich jetzt die Armut und nicht Armen, unter- wir eine Lösung präsentieren.“ Gemeinsam unterstrich der Sozialminister. strich Ackerl. mit den Soziallandesräten aus Niederöster- Die niederösterreichische Neo-Landes- reich, Wien, Vorarlberg und Oberösterreich rätin Gabriele Heinisch-Hosek lobte die be- präsentierte Buchinger nach der Landes- darfsorientierte Mindestsicherung als „wich- sozialreferentInnen-Tagung die Einigung zur tiges Instrument zur Armutsbekämpfung“, bedarfsorientierten Mindestsicherung, deren vor allem Frauen seien in Österreich von „Kernanliegen“ es sei, die Sozialleistungen Armut betroffen, deshalb sei die Einigung des Sozialhilfenetzes „nach unten armutsfest vor allem für diese Personengruppe wichtig. zu machen“ und durch eine enge Verknüp- Die enge Verknüpfung mit dem Arbeits- fung mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen markt sei für sie besonders essentiell, denn die Menschen schnell wieder in Beschäfti- auch sie sei der Meinung, daß man dafür ein- gung zu bringen. Als „gemeinsames Ziel“ treten müsse, „daß die Menschen schnell zur Einführung der Mindestsicherung werde wieder für sich selber sorgen können“. der 1. Juli 2009 angestrebt, spätestens wolle Für Sonja Wehsely, Sozialstadträtin in man jedoch am 1. Jänner 2010 so weit sein. Wien, ist die Einung zur Mindestsicherung Die bedarfsorientierte Mindestsicherung „ein Meilenstein“, denn, „was viele Jahre solle wesentliche Verbesserungen für die unser Ziel war, steht jetzt vor der Umset- LeistungsbezieherInnen bringen, so der So- zung“. Besonders erfreut zeigte sich Wehse- zialminister. Einheitliche Mindeststandards, ly darüber, daß eine Regelung aus Wien eingeschränkte Vermögensverwertung, bes- Eingang in die Mindestsicherung gefunden sere Bestimmungen zum Kostenersatz, mehr habe, nämlich daß die Sozialhilfe nicht mehr Rechtssicherheit, Einbeziehung nicht kran- zurückbezahlt werden muß. Ebenfalls posi- kenversicherter BezieherInnen in die gesetz- tiv sei die E-Card für alle, denn damit werde liche Krankenversicherung und somit E- Sozialminister Erwin Buchinger der Stigmatisierung der BezieherInnen ein Card für alle, die Senkung der Non-take-up- Foto: BMSG Ende gesetzt. Rate, bessere Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt und Anreize zur Aufnahme Zu den geschätzten Kosten der Min- Amon: »So rasch wie von Erwerbsarbeit seien die zentralen Neue- destsicherung bemerkte Buchinger, daß sich möglich umsetzten« rungen, erläuterte Buchinger. für die Bundesländer rund 50 Millionen pro Trotz der erzielten Einigung „liegt noch Jahr an Kosten ergeben, der Bund werde 200 ÖVP-Sozialsprecher Werner Amon erklär- viel vor uns“, so Buchinger. Noch im ersten bis 250 Millionen beitragen. „Insgesamt te, Sozialminister Buchinger sei nun gefor- Halbjahr 2008 soll die Beschlußfassung im wird ein Finanzierungsvolumen von 300 Mil- dert, „die bedarfsorientierte Mindestsiche- Parlament erfolgen, dann benötige man die lionen Euro bewegt“, so Buchinger. rung so rasch wie möglich umzusetzen“. „Es Zustimmung der Landeshauptleute zur 15a- Der BezieherInnenkreis der bedarfsorien- ist gut, daß die bedarfsorientierte Mindest- Vereinbarung. Es müssen neun Landesge- tierten Mindestsicherung werde auf 400.000 sicherung, wie von der ÖVP gefordert, um- setze und mindestens drei Bundesgesetze geschätzt, so Buchinger, wobei in dieser gesetzt wird – anstatt eines Arbeitslosen- geändert werden, „hier ist noch ein enormer Zahl 250.000 Ausgleichszulagenempfänger Grundeinkommens, wie von der SPÖ anvi- Aufwand zu leisten“. Der bisher immer an- integriert seien. siert wurde“, betont Amon und weiter: „Die gestrebte Termin vom 1. Jänner 2009 sei Als „historischen Kompromiss“ bezeich- von der ÖVP geforderte bedarfsorientierte durch den aufwändigen legistischen Prozeß nete der oberösterreichische SPÖ-Landesrat Mindestsicherung bringt den Menschen in nicht mehr zu halten, deshalb habe man als Josef Ackerl das Paket der Mindestsiche- Österreich ein Mehr an sozialer Vernunft gemeinsames Ziel den 1. Juli 2009 definiert, rung, denn „es geht um eine Einigung, an und Gerechtigkeit.“ solle dies auch nicht zu halten sein, dann deren Zustandekommen niemand mehr In diesem Zusammenhang ist für Amon werde die Mindestsicherung eventuell erst geglaubt hat“. Man sei „insgesamt aufeinan- wichtig, als nächsten Schritt eine schnelle

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 12 Innenpolitik

Unterschrift der Länder unter die 15a- Ver- schen AMS und den Sozialämtern geschieht Anreize fürs Nichtstun geschaffen würden. einbarung zu erhalten. Die terminlichen Ver- zu Lasten der Betroffenen“, so Öllinger. Die Ein paar Euro mehr für eine Vollbeschäf- zögerungen sind für den ÖVP-Sozialspre- BezieherInnen seien durch die unklaren tigung zu erhalten als fürs Nichtstun sei alles cher „schade und bedauerlich“, aber immer- Äußerungen über den Start der Mindest- andere als eine Motivation zu arbeiten, er- hin wird die bedarfsorientierte Mindestsiche- sicherung – das kann Mitte nächsten Jahres klärte Kickl. Und ausgerechnet das AMS, das rung als „wichtiges Projekt der Regierung aber auch erst Anfang 2010 sein – massiv jetzt schon völlig überfordert sei, zur Dreh- für die Menschen in Österreich angegan- verunsichert. – „Buchinger hat allzu schnell scheibe der Mindestsicherung zu machen, gen“. Ziel jedoch müsse eine einheitliche im Interesse des Koalitionsfriedens nachge- zeige, was die Ankündigungen über Kontrol- Lösung aller Bundesländer in Österreich geben. Wesentliche, für die Betroffenen le des sozialen Missbrauchs wert seien, näm- sein. „Hilfsbedürftige Bürgerinnen und Bür- sinnvolle Elemente einer Mindestsicherung lich gar nichts. ger am Rhein müssen gleich viel wert sein fehlen“, schloß Öllinger. wie jene an der Donau“, stellt Amon fest. Haubner: »Arbeit „Das AMS muß eine zentrale Rolle ein- Kickl: »Das bewegt sich wird entwertet« nehmen“, so Amon, weiter: „Hilfe wird dort in die falsche Richtung« gewährt, wo diese auch am besten beurteilt Scharfe Kritik an der Mindestsicherung werden kann.“ Amon verweist in diesem FPÖ-Generalsekretär und Sozialsprecher von Sozialminister Buchinger kommt von Zusammenhang darauf, daß Antragstellung, Herbert Kickl erklärte, das derzeitige Modell der stellvertretenden Klubobfrau des BZÖ Vorprüfung und Weitervermittlung nun vom der bedarfsorientierten Mindestsicherung Sozialsprecherin Ursula Haubner. „Mit der AMS durchgeführt werden – die Auszahlung „bewegt sich weiter in die falsche Richtung. Mindestsicherung wird ein arbeitsfreies Ein- von 747,– Euro/Monat übernehmen die Damit arbeitet SPÖ-Unsozialminister Buchin- kommen geschaffen und Arbeit entwertet. Sozialbehörden der Länder und Gemeinden. ger nur daran, den Sozialstaat endgültig an Das ist eine Verhöhnung der rund 2,5 Mil- „Das AMS nimmt eine zentrale Rolle bei der die Wand zu fahren anstatt ihn zukunftsfähig lionen Menschen die in Österreich um die Betreuung und Beurteilung von Arbeits- zu machen.“ Zugleich versetze er damit je- 1000 Euro brutto verdienen, das sind gerade fähigkeit ein. Dort kann am besten geprüft nen, die zu einem geringen Einkommen 818 Euro netto. Der Bundesregierung ist Ar- werden, wer und vor allem welche Hilfe je- einer Beschäftigung nachgehen würden, beit also nur mehr knapp 70 Euro im Monat mand nötig hat“, konstatiert Amon. einen Schlag ins Gesicht. mehr wert als ein arbeitsfreies Einkommen. Der vernünftige und vor allem sozial Die FPÖ kritisiert darüberhinaus vor Das ist zutiefst unsozial und abzulehnen. sichere Weg für die Menschen in Österreich allem zwei Kardinalfehler in dem Modell: Das BZÖ tritt hier vielmehr dafür ein, daß hat sich durchgesetzt. „Die bedarfsorientier- Erstens sei es grob fahrlässig, daß der Be- sich Arbeit lohnen muß und fordert deshalb te Mindestsicherung ist ein Meilenstein in zieherkreis einer solchen Generalsozial- einen Mindestlohn in der Höhe von 1300 der Sozialpolitik in Österreich und bietet leistung nicht ohne Wenn und Aber auf Euro brutto – das sind echte 1000 Euro netto. jenen Menschen Hilfe, die sich in schwieri- österreichische Staatsbürger eingeschränkt Leistung muß sich lohnen, deshalb ein Nein gen Lebenssituationen befinden“, betont der sei. Und zweitens sei nach wie vor nicht si- zur Faulensicherung wie sie die Bundes- ÖVP- Sozialsprecher abschließend. chergestellt, daß eine entsprechende Diffe- regierung plant“, so Haubner. renz des Auszahlungsbetrages zu den Ein- Haubner tritt auch massiv dafür ein, in Öllinger: »Verbesserung kommen aus Erwerbstätigkeit gegeben sei. Österreich ein Generationengeld zu schaf- sichtbar, aber offene Schon jetzt sei die Inanspruchnahme des fen, wo in Kärnten mit der Einführung des Sozialstaates durch Ausländer extrem hoch. „Müttergeldes“ durch BZÖ-Landeshaupt- Fragen« „Statt jedoch endlich für Kostenwahrheit in mann Jörg Haider bereits ein erster Schritt in Aus Sicht des Sozialsprechers der Grü- diesem Bereich zu sorgen, wird Österreich die richtige Richtung gesetzt wurde. Das nen, Karl Öllinger, bleibt die von Bundesmi- nun endgültig zum Selbstbedienungsladen BZÖ fordert jetzt, daß diese Leistung auf nister Buchinger verkündete Einigung zur für Zuwanderer“, kritisierte Kickl das Mo- ganz Österreich ausgeweitet werden soll, Mindestsicherung eine „Mini-Sicherung“. dell scharf. Eine Warnung müsse außerdem wobei neben Kindererziehung auch Pflege- Gegenüber den bisher geltenden Regelungen die Kritik sein, die etwa die deutsche Ge- tätigkeiten daheim als Zugangskriterium zu- sei zwar eine Verbesserung sichtbar, aller- werkschaft ver.di in den letzten Jahren zur gelassen werden sollen. Haubner beruft sich dings fehlen substantielle Dinge und viele bundesdeutschen Einführung von Hartz IV in ihrer Forderung auf eine aktuelle Studie offene Fragen verunsichern die Betroffenen. als Grundsicherung geäußert habe: „Armut des Institutes für Höhere Studien (IHS), das „Völlig unklar ist zum Beispiel, ob es einen ist wieder zu einem Massenphänomen ge- das BZÖ-Modell des „Generationengeldes“ Rechtsanspruch auf Mindestsicherung geben worden. Ein Weg aus der Arbeitslosigkeit ist entwickelt hat. Das Generationengeld soll wird bzw. wie ein solcher geregelt sein für viele nicht sichtbar.“ Es sei nun auch in eine finanzielle Anerkennung unbezahlter könnte. Bisher gab es keinen Rechtsan- Österreich zu befürchten, daß sich mit einer sozialer Leistungen (Kindererziehung, Pfle- spruch auf Sozialhilfe“, erinnert Öllinger. Mindestsicherung die Armut höchstens noch ge) in Höhe von Euro 300,- (14x jährlich) Auch seien flankierende Maßnahmen, wie weiter manifestiere und es für viele keine sein, das un- oder schlecht versorgten Frauen die Organisation von Einrichtungen rund um Perspektiven mehr am Arbeitsmarkt geben über 60 Jahren in Österreich zur finanziellen das AMS und die Sozialämter, beispiels- werde. Absicherung im Alter ausbezahlt werden weise Schuldnerberatungen ungeklärt. Es müsse dringend Sorge getragen wer- soll, wobei den Berechnungen der Aus- „Ein weiteres Problem stellen die Aus- den, daß der Mindestlohn entsprechend an- gleichsrichtsatz unter Euro 9.660,- pro Jahr nahmeregelungen für zwei Bundesländer gehoben werde. Es dürfe nämlich keinesfalls bzw. unter Euro 690 x 14 zugrunde liegt. „ dar. Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwi- sein, daß durch dieses Modell nun vermehrt http://www.bmsk.gv.at/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 13 Innenpolitik Kriminalität in Österreich sinkt um 10,3 Prozent Fremdenrechtspaket bewährt sich auch 2008

m Februar 2008 wurden in Österreich vorsichtig unsere Maßnahmen gesetzt haben. ben. Es ist wichtig, daß wir auch künftig in I88.533 Straftaten angezeigt. Das sind um Bis zum Herbst liegt das Hauptaugenmerk die Sicherheit unseres Landes investieren, 10.127 Straftaten bzw. 10,3 Prozent weniger nun auf der konsequenten Grenzraumkon- uns auf neue Herausforderung entsprechend als im Vergleichzeitraum des Vorjahres. Die trolle – mit Schleierfahndungen, Ausgleichs- rasch einstellen und der Polizei das Ver- Aufklärungsquote hat sich mit 37,3 Prozent maßnahmen und Schwerpunkteinsätzen. Da- trauen schenken, das sie sich aufgrund ihrer im Vergleich zum Vormonat (37,6 Prozent) nach gibt es eine genaue Analyse der tat- hervorragenden Arbeit verdient hat.“ kaum verändert. sächlichen Kriminalitäts- und Sicherheitsent- Besonders erfreulich ist, daß vom Kri- wicklung und darauf aufbauend werden die Fremdenrechtspaket minalitätsrückgang – wie auch schon Jän- weiteren Maßnahmen gesetzt. Wir arbeiten ner – sämtliche Bundesländer betroffen sind. anhand von tatsächlichen Fakten und Er- Das Fremdenrechtspaket, das mit 1. Jän- Am deutlichsten macht sich dieser positive gebnissen, nicht anhand von Schätzungen, ner 2006 in Kraft getreten ist, bewährt sich Trend in Niederösterreich und dem Burgen- Prognosen oder Panikmache.“ weiterhin und die erste Quartalstatistik für land bemerkbar: beide Bundesländer können Platter weiter: „Die aktuellen Statistik- 2008 zeigt, daß wir ein richtungweisendes auf ein Minus von 19,8 Prozent verweisen. daten zeigen in Hinblick auf die erst kürzlich Gesetz für Österreich haben“, nahm der Ähnlich hohe Rückgänge sind auch in der vollzogene Schengenerweiterung eine posi- Innenminister zur Asylfrage Stellung. „Nach Steiermark und in Kärnten zu verzeichnen. tive Entwicklung auf. Vor allem, wenn man der Halbierung der Asylanträge in den letz- Im Bundesländerranking liegt Kärnten mit bedenkt, daß jene Bundesländer mit dem ten beiden Jahren, konnten diese Zahlen minus 17,0 Prozent an dritter und die Stei- stärksten Kriminalitätsrückgang auch am nicht nur gehalten werden, sondern sind ermark mit minus 16,6 Prozent an vierter stärksten von der Erweiterung betroffen auch weiterhin rückläufig. Im ersten Quartal Stelle. sind. Unsere Vorbereitungsmaßnahmen auf diesen Jahres können wir einen weiteren Sieht man sich die Zahlen in den Bun- dieses Ereignis waren sowohl auf nationaler Rückgang von 8,27 Prozent verzeichnen“, so desländern mit neuen Schengengrenzen ge- als auch auf internationaler Ebene die richti- Platter. nauer an, ist deutlich erkennbar, daß genau gen Schritte. Bei all diesen positiven Zahlen In absoluten Zahlen gab es 2007 im in jenen Bezirken der Rückgang besonders darf man jedoch nicht den Fehler machen, zu ersten Quartal 3064 Asylanträge und im Ver- groß ist, die direkt an der Grenze zum be- glauben, daß durch die Öffnung der Grenzen gleichszeitraum heuer 2811. Eine besonders nachbarten Ausland liegen. Im Burgenland die Kriminalität nun nachhaltig rückgängig deutliche Reduktion ist in den Vergleichen beispielsweise ist die Kriminalität in den Be- sein wird. Um einen aussagekräftigen Trend März 2007 zu März 2008 festzustellen: von zirken Eisenstadt-Umgebung (51,3), Güs- seriös erkennen zu können, ist es nach zwei- 924 Asylwerbern im Jahr 2007 auf 807 in die- sing (52,5) und Oberpullendorf (52,2) um monatiger Öffnung der Schengengrenzen sem Jahr – ein Rückgang von 17,5 Prozent. weit mehr als 50 Prozent zurückgegangen. noch zu früh. Es wird aber unsere Aufgabe „Damit zeigt sich auch, daß die Angst, Aber auch in Niederösterreich sind in den sein, auch weiterhin auf Veränderungen der Österreich werde nach der Schengen-Erwei- Grenzbezirken deutliche Rückgänge zu ver- organisierten Banden rasch zu reagieren.“ terung von Asylwerbern gestürmt, unbegrün- zeichnen: Horn (39,9), Bruck/Leitha (28,1 Er habe selbstverständlich die Landes- det und falsch war“, so der Innenminister. Prozent). Auffällig ist auch, dass in den polizeikommanden und Sicherheitsdirekto- „Das Recht auf Asyl ist kein Wunschkon- Randbezirken zu den Ballungszentren er- ren angewiesen, in ihren Bereichen schnellst- zert. Asyl ist ein Recht für jene, die tatsäch- freuliche Kriminalitätseinbußen zu verzeich- möglich auf eventuelle Kriminalitätsverän- lich unsere Hilfe und Unterstützung brau- nen sind: Wien-Umgebung (30,1), BH derungen zu reagieren. „Insgesamt gesehen chen“, erklärt Platter. St. Pölten sogar 47 Prozent. Auch in der stei- zeigen uns die neuen Kriminalitätszahlen, Die Statistik zeigt auch, daß Österreich rischen Landeshauptstadt Graz ist der daß die Polizei auf dem richtigen Weg ist, nach wie vor im europäischen Vergleich bei Rückgang mit über 21 Prozent sehr erfreu- daß wir uns auf die Öffnung der Schen- Asylanträgen stark belastet wird. In den lich. gengrenzen hervorragend vorbereitet haben USA wurden 2007 zum Beispiel 49.170, in Innenminister Günther Platter erläuterte und daß Österreich auch nach der Grenz- Deutschland 19.160 und in Österreich dazu: „Wir haben in Hinblick auf die Schen- öffnung eines der sichersten Länder der Welt 11.880 Anträge von Asylwerbern gestellt. gen-Erweiterung einen bewußt vorsichtigen ist.“ So erfreulich, wie sich die Kriminali- „Österreich leistet hier nach wie vor unver- Weg gewählt. Wir haben uns sehr lange und tätsstatistik präsentiere, werde sie zur Moti- hältnismäßig viel – im Vergleich zu der sehr intensiv darauf vorbereitet und ein gutes vation dienen, künftige Herausforderungen Größe und Einwohnerzahl dieser Länder.“ Sicherheitskonzept entwickelt: ein zusätz- anzunehmen und zu meistern, so Platter. Wichtig sei ihm, daß die Asylverfahren so licher Sicherheitsgürtel im Grenzraum wur- „Wir werden auch in Hinkunft auf demsel- rasch wie möglich abgeschlossen würden, de eingezogen und ein 3-Phasen-Modell ent- ben Niveau und mit unverändertem Engage- erklärt Platter. „ wickelt, anhand dessen wir sehr sensibel und ment die Verbrechensbekämpfung vorantrei- http://www.bmi.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 14 Innenpolitik Tiroler Landtagswahl 2008 Wichtige Informationen für Wahlberechtigte im In- und Ausland!

irols Landeshauptmann Herwig van Staa Auslandstiroler/in sich rechtzeitig in die Gemeinde des (ehemaligen) Hauptwohn- Truft zur bevorstehenden Tiroler Landtags- Auslandstirolerevidenz der Gemeinde sei- sitzes dieses Service des Landes anbietet. wahl 2008 am 8. Juni auf: „Am 20. März nes/ihres letzten Hauptwohnsitzes in Tirol Mit einer Wahlkarte kann in jedem 2008 hat die Tiroler Landesregierung die eintragen läßt. Wahllokal in Tirol, das Wahlkarten annimmt, Ausschreibung der Wahl zum Tiroler Land- oder in Form der Briefwahl gewählt werden. tag beschlossen. Ich bitte Sie schon jetzt, Neu: Wählen ab 16 AuslandstirolerInnen dürfen nur dann an der von Ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen – Landtagswahl 2008 teilnehmen, wenn sie weil es Tirol wert ist. Mit einem Folder wol- Weitere Neuerungen sind die Herab- einen Antrag auf Eintragung in die „Aus- len wir über alle Neuerungen zur heurigen setzung des Mindestalters für das Wahlrecht landstiroler-Evidenz“ der Gemeinde des Wahl informieren. Damit alle rechtzeitig auf 16 Jahre (alle Infos für Jugendliche dazu letzten Hauptwohnsitzes in Tirol gestellt informiert sind und über ihre Möglichkeiten auch unter http://www.mei-tirol.net ), die haben und in das Wählerverzeichnis einge- Bescheid wissen“, betont der Landeshaupt- Herabsetzung des Mindestalters für die tragen sind. mann weiter. Wählbarkeit auf 18 Jahre und die Einfüh- Wahl-Folder und alle Informationen fin- rung der Briefwahl. den Sie unter http://www.tirol.gv.at/wahlen Auch AuslandstirolerInnen Der dort verfügbare Folder enthält alle können wählen Online-Wahlangebote wissenswerten Informationen zur Wahl. Dar- des Landes Tirol über hinaus können sich alle Wahlberech- Die Tiroler Landtagswahlordnung 2008 tigten im In- und Ausland ab sofort im besagt, daß in Zukunft auch die im Ausland Auf der Homepage des Landes Tirol un- Internet unter http://www.tirol.gv.at/wahlen lebenden BürgerInnen wahlberechtigt sind. ter http://www.tirol.gv.at können Wahlkarten informieren. „ Dies ist bei der kommenden Landtagswahl, und Eintragungen in die Auslandstiroler- Lesen Sie im „Österreich Journal“ Aus- die am 8. Juni 2008 stattfindet, erstmals der Evidenz über das Internet beantragt werden. gabe 60, das am 16. Mai erscheint, über die Fall. Vorraussetzung dafür ist, daß der/die Voraussetzung dafür ist allerdings, daß die Programme der wahlwerbenden Parteien.

LH Pröll von Bundespräsident Fischer angelobt Konstituierende Sitzung der NÖ Landesregierung

ach seiner neuerlichen Wahl zum weiters den Naturschutz. LR Johanna Mikl- den und den Konsumentenschutz übertragen, NLandeshauptmann durch den NÖ Land- Leitner ist für Soziales, Arbeit und Familie LR Gabriele Heinisch-Hosek die Ressorts tag wurde Erwin Pröll am 10. April von Bun- verantwortlich, LR Petra Bohuslav für Jugend, Gesundheit und Soziale Verwaltung. LR Bar- despräsident Heinz Fischer im Sinne der Bildung und Sport. LH-Stv. Josef Leitner bara Rosenkranz übernimmt die Bereiche Bundesverfassung angelobt. Die Angelobung wurden die Zuständigkeiten für SP-Gemein- Tierschutz und Baurecht. „ in den Amtsräumen des Bundespräsidenten, der Pröll für seine verantwortungsvolle Aufgabe auch alles Gute wünschte, wurde mit Handschlag und Unterschrift bekräftigt. Die neu formierte NÖ Landesregierung trat am 11. April unter Vorsitz von Pröll zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Nach Ange- lobung der Regierungsmitglieder auf die Bundesverfassung durch den Landeshaupt- mann wurde eine Änderung der Geschäfts- ordnung beschlossen, die einige bedeutende Kompetenzverschiebungen bringt. So wird LH-Stv. Ernest Gabmann neben Wirtschaft, Technologie und Tourismus auch für den öf- fentlichen Verkehr zuständig sein. Landesrat (LR) Wolfgang Sobotka zeichnet neben dem Bereich Finanzen, Krankenhäuser und Wohn- bau auch für die VP-Gemeinden verantwort- lich. Zu den bisherigen Agenden Umwelt und Foto: NÖ Landespressedienst/Reinberger Landwirtschaft übernimmt LR Josef Plank LH Erwin Pröll wurde von Bundespräsident Heinz Fischer angelobt

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 15 Innenpolitik Ein Netzwerk für Menschen, Ideen und Lebensräume Startschuß für das neue »Agenda 21 Netzwerk Oberösterreich« und Rückblick auf 10 Jahre »Lokale Agenda 21 in Oberösterreich«

rnst Ulrich von Weizsäcker bringt es auf Eden Punkt, wenn er meint, „die gut 5000 Agenda 21-Initiativen sind weltweit das Le- bendigste, was vom großen 92er Erdgipfel in Rio geblieben ist.“ Oberösterreich setzt seit 1998 auf die Agenda 21. Die Idee ist einfach: „Nur wenn die kleinsten Einheiten – die Re- gionen, Gemeinden, lokalen Vereine und Organisationen, Familien und letztlich jede/r Einzelne konkrete Schritte zu einem achtsa- men Umgang mit den Lebensgrundlagen und der Zukunft setzen, ist die Welt zukunftsfä- hig.“ Das oö. Umweltressort sieht sich hier in der Rolle des Unterstützers und Mög- lichmachers. Nach 10 Jahren intensiver Agenda 21-Ar- beit in oö. Gemeinden und Regionen wird einerseits gefeiert und andererseits werden die Weichen für die Zukunft neu gestellt. Foto: Land Öberösterreich Landesrat Rudi Anschober: „Wir möch- Agenda 21 – Start des neuen Netzwerks im Lentos. Im Bild: Günther Humer ten der voranschreitenden Politikverdrossen- (Oö. Akademie für Umwelt und Natur), LAbg. Josef Steinkogler, Univ.-Prof. Peter heit ein Beteiligungsmodell zur aktiven Filzmaier, Umwelt-Landesrat Rudi Anschober, LAbg. Mario Mühlböck (v.l.) Zukunftsgestaltung gegenüberstellen und Oberösterreichs größten Arbeitsprozeß für und kommt zu dem Schluß, daß fast in eine Zukunft zu denken, in der unsere nachhaltige Zukunftsgestaltung massiv aus- 90 Prozent der Verantwortlichen mit Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte bauen.“ den erzielten Ergebnissen zufrieden Welt vorfinden.“ bis sehr zufrieden sind. Rückblick auf 10 Jahre 2007 nehmen die Regionalmanager/innen Albert Stürmer, Bürgermeister von für Nachhaltigkeit und Umwelt ihre St. Johann am Wimberg und Obmann Agenda 21-Arbeit in der Region Hansbergland Arbeit in den Regionen auf Oberösterreich Bis 2008 Die lokale Agenda wurde damit „Wichtig war uns, daß zukunftsweisende, 1998 startet die Aktion „Lebensraum mit zum größten Arbeitsprozeß für nach- kommunalpolitische Themen von der Bevöl- Zukunft – Lokale Agenda 21“ in haltige Zukunftsgestaltung. kerung aufgegriffen werden – so konnte in Oberösterreich. Burgkirchen, Schlägl, den vergangenen Jahren erstaunlich viel rea- Steinbach an der Steyr und Wilhering lisiert werden.“ sind Pilotgemeinden. 1999 wird in der Oö. Akademie für Umwelt Josef Lindner, und Natur zur landesweiten Koordi- Bürgermeister von Gutau nation eine Leitstelle Agenda 21 ein- „Die Agenda 21 unter dem Motto ,Gutau gerichtet. taugt guat‘ hat viel Schwung in unsere 2003 tritt die „Gemeinsame Erklärung zur Stellvertretend für die vielen AkteurInnen Gemeinde gebracht. Für uns Gemeinde- Lokalen Agenda 21 in Österreich“ als und EntscheidungsträgerInnen zeichnen ei- verantwortliche bedeutet das zwar zusätz- bundesweite Strategie in Kraft. In nige ausgewählte Agenda-BürgermeisterIn- lichen Aufwand, aber dieser macht sich Oberösterreich gibt es 35 Agenda 21- nen ein buntes und vielfältiges Bild: mehr als bezahlt.“ Gemeinden. 2005 startet in Oberösterreich das 100-Ge- Ulrike Böker, Die Vorschau meindenprogramm zur Agenda 21 Bürgermeisterin von Ottensheim 2006 evaluiert die Universität Linz die „Die Agenda 21 ist ein geeignetes Instru- 2008 startet Agenda 21 als landesweites Agenda 21-Arbeit in oö. Gemeinden ment, um mit vielen Menschen gemeinsam Netzwerk für Menschen, Ideen und Lebens-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 16 Innenpolitik räume neu durch. „Es ist nicht nur gelungen, die Zahl der Agenda-Prozesse in den vergan- genen vier Jahren von 35 auf über 90 deut- lich zu steigern, sondern es konnten auch viele neue Menschen beteiligt und zahlrei- che Projekte umgesetzt werden. Damit sich das als eine breite Bewegung festigen kann, braucht es ein landesweites Netzwerk, das noch besser trägt, informiert, unterstützt und das Gefühl vermittelt: Da möchte ich dabei sein“, faßt Rudi Anschober die Ziele des neuen landesweiten Netzwerkes zusammen. Mit der neuen Info-Kampagne gibt sich die Marke „Agenda 21“ nach zehn erfolgrei- chen Jahren ein neues Gesicht. Am augen- scheinlichsten ist das neue Logo, das den Netzwerkgedanken aller Agenda 21-Aktivi- täten ausdrückt. Agenda 21 wird damit zu einem landesweiten Netzwerk für Men- schen, Ideen und Lebensräume.

Neue Info-Tools für die AkteurInnen in Gemeinde und Region Ab sofort steht die neue Homepage http://www.agenda21-ooe.at zur Verfügung. Foto: Land Öberösterreich Das vierteljährlich erscheinende Magazin  Bezirke Gmunden und Vöcklabruck: dinatorInnen Österreichs, mit der Europäi- „21“ berichtet von Menschen, Projekten und Johannes Meinhart schen Kampagne zukunftsbeständiger Städte Themen. Die E-Mail-Adresse für alle  Bezirke Kirchdorf, Linz-Land, Steyr- und Gemeinden und vielen anderen. Anliegen lautet [email protected]. Land, Steyr-Stadt: Sonja Hackl Ein Pocket-Info-Folder und der Leitfaden Agenda spinnt Zukunft „Lebensraum mit Zukunft“ informieren Wilhelm Patri, der Geschäftsführer der Interessierte und Aktive. Speziell für Ge- Regionalmanagement Oö. Ges.m.b.H., meint Am Abend des 26. März 2008 trifft sich meinden und Regionen, die einen neuen dazu: „Die BürgerInnenbeteiligungsprozesse die oberösterreichische Agenda 21-Commu- Agenda 21-Prozeß starten wollen, gibt es zur Agenda 21 bereiten in vielen Gemeinden nity und alle Interessierten im Kunstmuseum maßgeschneiderte Angebote (Info-Paket, und Regionen Oberösterreichs den Boden Lentos beim großen Fest „Agenda spinnt Info-Abend, Orientierungsworkshop, etc.) für Veränderungen, Innovationen und ver- Zukunft“. Es wurden Bilder, Zitate, State- trauensvolle Partnerschaften. Durch unsere ments und Erfahrungen präsentiert. Der Neue UnterstützerInnen RegionalmanagerInnen für Nachhaltigkeit Politologe Univ.-Prof. Peter Filzmeier vor Ort durch die und Umwelt werden wir die Agenda 21 ver- sprach über „Skizzen einer (Gemeinde-) stärkt als Instrument für zukunftsfähige Politik der Zukunft“. Und es wurde vor RegionalmanagerInnen Regionalentwicklung in Oberösterreich nut- allem auch die Info-Kampagne zur Agenda Die oberösterreichweite Koordination zen.“ 21 mit den vielen neuen Tools vorgestellt. des Netzwerkes Agenda 21 erfolgt durch die „Die Philosophie der Agenda 21 – Zu- Leitstelle Agenda 21 in der Oö. Akademie Neue Allianzen kunftsorientierung, Nachhaltigkeit, Regiona- für Umwelt und Natur. Diese hat nun starke lität, Weltoffenheit, persönliches Engage- regionale Unterstützung erhalten. In der Agenda 21 ist auch Teil des neuen ober- ment und Beteiligung – ist die Politik der Regionalmanagement Oö. Ges.m.b.H. ste- österreichischen Programms für Ländliche Zukunft. Das Schönste daran ist, daß die hen seit kurzem 5 Regionalmanager/innen Entwicklung 2007-13 und steht damit in Menschen damit wieder etwas mehr in den für Nachhaltigkeit und Umwelt u.a. als enger Verbindung mit den 24 oberösterrei- Mittelpunkt rücken“, so Landesrat Rudi dezentrale Unterstützer/innen des Agenda 21 chischen LEADER-Regionen. Anschober abschließend. Netzwerks Oberösterreich zur Verfügung: Darüber hinaus kooperiert das Agenda Anmerkung: Die Personenzitate stam-  Bezirke Braunau, Ried, Schärding: 21-Netzwerk Oberösterreich eng mit der men, mit Ausnahme jener von Landesrat Gerhard Wipplinger Global Marshall Plan-Initiative, mit Pfarren, Rudi Anschober, aus „Lebensraum mit  Bezirke Freistadt, Perg, Rohrbach, mit der Klimarettung, mit lokalen Wirt- Zukunft – Leitfaden für eine Nachhaltige Urfahr Umgebung: Karin Traxler schaftsinitiativen, mit Bildungseinrichtun- Entwicklung in Gemeinden und Regionen“,  Bezirke Eferding, Grieskirchen, Wels- gen, mit der Kampagne zum „Ökologischen neue Ausgabe 2008. „ Land, Wels-Stadt: Agnes Pauzenberger Fußabdruck“, mit den Nachhaltigkeitskoor- http://www.agenda21-ooe.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 17 Österreich, Europa und die Welt Projekt Mitteleuropa auf dem Prüfstand Von Emil Brix *)

or zwanzig Jahren haben Erhard Busek die Identitätsmuster, die seit der Wende von Vund ich ein Buch mit dem Titel „Projekt 1989 im gesamten Raum spürbar sind, sehr Mitteleuropa“ geschrieben. Wir konnten oft stark von nationalen Geschichtsmythen nicht wissen, daß schon wenige Jahre später bestimmt sind. Exklusive historische Identi- das Ziel dieser Vision, nämlich den Eisernen tätsmuster scheinen wieder attraktiv zu sein. Vorhang als unüberwindliche Grenze quer Wenn man etwa die Diskussionen über na- durch Europa nicht zu akzeptieren, Wirklich- tionale Identität betrachtet, wie sie nach 1989 keit wurde. Wir wußten nur, daß es hinter in Ungarn und in Polen geführt wurden, dieser Grenze eine ähnliche intellektuelle dann waren dies meist exklusive ethnische Sehnsucht gab. Fast zwanzig Jahre nach den Vorstellungen der eigenen Identität, die von Revolutionen von 1989 sind die meisten mit- der Vielfalt einer mitteleuropäischen Diskus- teleuropäischen Staaten Mitglieder der Euro- sion, wie sie vor 1989 gegen die Vereinheit- päischen Union und seit Dezember 2007 gibt lichung durch den Kommunismus geführt es auch keine Grenzkontrollen mehr in der wurde, nicht mehr geprägt waren. Wenn heu- Mitte Europas. Die Diskussion um ein mitt- te mitteleuropäisches Denken, das heißt der leres Europa, das von Sibiu/Hermannstadt Versuch unterschiedliche Positionen anzuer- und Szeged über Graz, vielleicht über Triest kennen, der Versuch Pluralität zu leben, der bis hinauf nach Danzig reicht, könnte daher Versuch Geschichte präsent zu halten, disku- als etwas verstanden werden, was heute kei- tiert wird, dann ist nicht mehr die totalitäre nerlei Bedeutung mehr hat. Tatsächlich ha- Ideologie des Kommunismus der Gegner, ben aber am Tag der Öffnung der Schengen- sondern im wesentlichen andere, weniger grenzen Österreichs nach Osten die wichtig- klar erkennbare Vereinnahmungen, Versu- sten Kommentatoren österreichischer Tages- Botschafter Emil Brix chungen, oft der Nationalismus des 19. Jahr- Foto: BmeiA / HOPI-Media / Bernhard J. Holzner zeitungen dafür plädiert, daß Österreich end- hunderts, aber natürlich auch oft das, was lich mitteleuropäisch denken und handeln wir unter neoliberalem Wirtschaftsleben ver- soll. Sie vermuten, daß die geäußerten Äng- ropas auszubrechen. Das heißt Mitteleuropa stehen. Dies macht es schwierig, präzise ste vor der Grenzöffnung nicht nur mit Ar- bedeutete eine Metapher des Protestes gegen über Mitteleuropa zu sprechen, wenn der Be- beitsplätzen und Kleinkriminalität zu tun die Vereinnahmung der Mitte durch den Os- griff sich so unterschiedlich darstellt: angeb- haben. Das spricht dafür, sich das damalige ten. Weder in Österreich noch in seinen lich war er vor 20 Jahren geeignet, den Kom- „Projekt Mitteleuropa“ nochmals anzusehen. Nachbarländern besteht heute diese Gefahr. munismus zu überwinden; angeblich war er Die geistige Rekonstruktion Mitteleuro- Das Entscheidende ist nunmehr, wie wir uns vor zehn Jahren so etwas, wie ein Schritt in pas, wie sie von György Konrád, Péter in einem politisch relativ gemeinsamen Eu- Richtung Europa; in den Staaten Ostmittel- Hanák, Václav Havel, Adam Michnik und ropa positionieren und welche Chancen wir europas wurde Mitteleuropa, damals vor zehn vielen anderen Intellektuellen mit Leiden- für uns in diesem Umfeld schaffen. Man Jahren, als Argument verwendet, warum schaft angestrebt wurde, war eine Diskus- könnte daher sagen, daß die große politische man möglichst rasch der Europäischen sion vor 1989, vor dem Ende der kommuni- Aufgabe mitteleuropäischer Diskussionen Union beitreten sollte, weil man doch die stischen Herrschaft in den Staaten östlich vorbei ist, was jetzt noch zählt, ist im Grun- Traditionen europäischer Vielfalt immer des Eisernen Vorhangs, und es war vor allem de sich für sein eigenes Leben überzeugende schon in dieser Region gelebt habe und da- eine Diskussion über Politik. Es war die po- Identitätsmuster zu schaffen und dafür her selbstverständlich in dieses europäische litische Sehnsucht, sich nicht dem östlichen, Anregungen zu holen. Projekt hineingehöre. Der Beitritt der mittel- einheitlichen, sowjetischen lebensweltlichen europäischen Staaten zur Europäischen Modell unterordnen zu müssen, sondern – Gelebte Pluralität: Union ist (mit Ausnahme von Kroatien) wie Milan Kundera es beschrieben hat – zu Anerkennung der geschafft, es gibt eigentlich keinen Wider- versuchen, aus der Sowjetisierung Mitteleu- spruch gegen jenes Lebensmodell, das der- Unterschiede zeit die europäische Diskussion beherrscht, *) Botschafter Mag.Dr.phil. Emil Brix ist Leiter der Ich habe das Ende politischer Mitteleuro- man könnte fast sagen, wir haben von der Kulturpolitischen Sektion des Bundesministeriums pavorstellungen einleitend betont, weil gera- Rückkehr nach Europa zum Ende der Ge- für europäische und internationale Angelegen- de dieses Beispiel zeigt, daß Mitteleuropa schichte gefunden. Aber stimmt das? Stehen heiten. Dieser Beitrag entstammt der „Europäischen Rundschau“ 2008/1 – Informationen darüber finden für uns heute mindestens so wichtig ist, auch wir wirklich am Ende der Geschichte oder Sie am Ende dieses Textes. wenn es anders formuliert werden muß, weil befinden wir uns in einer Übergangszeit?

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 18 Österreich, Europa und die Welt Die Attraktion des »fin de und der Überschreitbarkeit von Grenzen ge- dungen. Es geht oft um grundlegende Wert- siècle« wiederholbar? bracht hat. Wenn wir es politisch und auch entscheidungen, und es steht die Tradition kulturpolitisch formulieren wollen, dann dahinter (die ich nicht sehr positiv beurteilen Tatsächlich müssen wir gerade heute geht es um das Akzeptieren, daß Grenzen würde, aber sie ist nun einmal ein Faktum), nach der erfolgreichen Integration die Dis- positive Stellen von kulturellem Transfer daß wir keine starken Erinnerungen an Vor- kussion um mitteleuropäische Erfahrungen sind. Wenn man Grenzen und Grenzräume, stellungen von Gleichheit entwickelt haben, führen, weil sie unsere individuelle, aber also die sogenannten Peripherien, als etwas sondern eher Erinnerungen an Vorstellungen auch unsere kollektive Position, die wir in Positives betrachtet, so ist dies eine Ände- der kulturellen Unterschiede pflegen. Bei- diesem zukünftigen Europa haben werden, rung gegenüber der herkömmlichen westeu- spiele aus der Geschichte des mitteleuropäi- jetzt real bestimmen können. Das Besondere ropäischen, an der Aufklärung und am Fort- schen Raumes sind etwa die Nationalitäten- und Spezifische der Länder dieses Raumes schritt orientierten Denkweise, die für Euro- kämpfe der späten Habsburgermonarchie, kann nur verstanden werden, wenn wir es als pa Neues bringen kann. Wenn man all diese die literarisch (z. B. Rilke) und philoso- einen Ort verstehen, an dem die Lust an Bestimmungspunkte zusammennimmt, die phisch (z. B. Wittgenstein) kritisches Den- Vielfalt und das ständige Überschreiten von das Mitteleuropäische historisch ausgemacht ken über die Erfahrung der „Grenze“ geför- Grenzen die entscheidende kreative Stärke haben, dann stellt man fest, daß sich sehr dert haben, aber gleichzeitig im politischen darstellt. Ich selbst habe dieses Thema in den vieles, was heute mit den Worten „Krise Eu- Denken verankerten, daß die Auseinander- letzten Jahren immer anhand der Frage dis- ropas. Was kann die Zukunft der Europäi- setzung zwischen ethnischen Gruppen (z. B. kutiert: Was hat eigentlich die Habsburger- schen Union sein?“ diskutiert wird, in die- zwischen Italienern, Slowenen und Deutsch- Monarchie um 1900 so kreativ gemacht, was sem mitteleuropäischen Wertekatalog vorge- sprachigen im Raum Triest) immer nur vor- hat das sogenannte „fin de siècle“ attraktiv fügt findet. läufig ein Kampf des Schwächeren um die gemacht? Es gibt eine große Zahl von Bei- Gleichheit war. spielen, die angeführt werden können, um Zivilgesellschaft das Besondere zu beschreiben. Das reicht und Freiheitsrechte Kulturelle Vorherrschaft von der Vielfalt der Sprachen, die akzeptiert gegen Gleichheit waren, über das rechtsstaatliche Grundmo- Ein Beispiel ist dafür die populär gewor- dell, das in der Verwaltung angewandt wur- dene Suche nach einer „starken Zivilgesell- Sobald die Gleichheit oder die Chance de, bis hin zu der Vielfalt von Religionen, schaft“, die heute auch zur Erneuerung der der Gleichheit erreicht war, wurde der die möglich waren. Ein Beispiel, an das im Europäischen Union gefordert wird. Worauf Kampf um die kulturelle Vorherrschaft ein- kurzen 20. Jahrhundert zwischen 1918 und kann sich dies beziehen? Wenn es im west- geleitet. Es besteht in Mitteleuropa eine 1989 wenig erinnert wurde, stellt die Tat- europäischen Kontext gedacht wird, dann Tradition, kulturelle Vorherrschaft zu suchen sache dar, daß die Habsburgermonarchie der bezieht es sich im wesentlichen auf die The- und nicht Gleichheit anzustreben. Ich sage erste Staat in Europa war, der den Islam als men Staatsbürgerschaft und die langen dies auch deshalb, weil wir alle – Slowaken, offizielle Religion anerkannte. Mit einem Traditionen demokratischer Institutionen, Ungarn, Österreicher, Polen, Tschechen – eigenen Gesetz erhielten 1912 Moslems als auf parlamentarische Traditionen und ande- Minderheitenprobleme haben. Selbst wenn Glaubensgemeinschaft, der in Bosnien-Her- res. Dies ist sicher wichtig, aber politisches man nur an die Frage denkt, wie sich ungari- zegowina die Bevölkerungsmehrheit ange- Vertrauen läßt sich nur teilweise dadurch sche politische Parteien – aber auch die hörte, Rechte zugesprochen. Dieses Akzep- erzeugen und vor allem erhalten, demokrati- staatlichen Einrichtungen insgesamt – gegen- tieren der Vielfalt von Religion, Sprache, sche Institutionen in den Vordergrund zu über Auslandsungarn und Nachbarländern kulturellen Unterschieden, die Bereitschaft stellen und sich auf staatsbürgerliche Rechte verhalten, wie sie sich inhaltlich positionie- in einem Raum zu leben, wo man immer mit zu verlassen. Die mitteleuropäische Erfah- ren, dann sieht man, daß dabei zumindest Relativität rechnen muß, war kennzeich- rung besteht darin, daß es nie ausgereicht teilweise Grundsätze wichtiger sind als prag- nend. Literarische Beschreibungen finden hat, sich nur auf diese formalen Ebenen der matische Fragen. In dieser Frage geht es sich bis in die Gegenwart. Péter Esterházy Institutionen zu verlassen, sondern daß Zivil- letztlich darum, ob es ein Nebeneinander hat vor einigen Jahren in der Frankfurter All- gesellschaft sehr viel mit Freiheitsrechten zu gleichberechtigter Kulturen geben kann. gemeinen Zeitung einen kritischen Artikel tun hat, die man im Widerstand gegen eta- Oder geht es um Assimilation, um Anpas- gegen den sogenannten „Kerneuropäer“ ge- blierte Institutionen und Strukturen erkämp- sung, um das Gleichschalten von Dingen? schrieben, gegen diese Vorstellung, daß Eu- fen mußte (das Erkämpfen von Freiheitsrech- Mehrsprachigkeit und ethnische Vielfalt ist ropa irgendwo im Westen stattfinden würde, ten ist geradezu ein Wesen des Widerstandes eine der gefährdeten Traditionen dieses mit- und nicht bei uns. Dabei hat er gesagt: „Es im mitteleuropäischen Raum im 19. und teleuropäischen Raumes. Transsylvanien ist ist schon merkwürdig, weil wir doch diese 20. Jahrhundert) oder daß man um Werte mit- dafür ein gutes Beispiel. So ist die staatliche Erfahrung haben, die sehr europäisch ist, daß einander ringt. In unseren Ländern spürt man rumänische Universität in Cluj-Napoca eine zum Beispiel jemand, der vor 80 Jahren in bis zur Gegenwart, daß Wahlentscheidungen dreisprachige Universität, an der man so- Munkäcs geboren wurde, in fünf verschiede- viel stärker kulturelle Wertentscheidungen wohl in ungarischer als auch in deutscher nen Regimen gelebt hat, ohne daß er einen darstellen, als dies in stabilen jahrhunderte- und rumänischer Sprache studieren kann. In Schritt vor die eigene Tür setzen mußte.“ lang geformten westeuropäischen Demokra- der ungarischen Minderheit gibt es die be- Das heißt: diese Erfahrung, sehr Unterschied- tien der Fall ist. Auch in dieser Frage steht rechtigte Forderung nach einer Gleichberech- liches am selben Ort zu erleben, ist eine Er- Österreich auf der mitteleuropäischen Seite. tigung des ungarischen Anteils an der Uni- fahrung, die Mitteleuropa sehr viel an Rela- Auch in Österreich sind politische Entschei- versität und nach einer stärkeren Verwen- tivität, einer Vorstellung der Veränderbarkeit dungen meist bewußte kulturelle Entschei- dung der eigenen Sprache, aber es gibt auch

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 19 Österreich, Europa und die Welt

Forderungen, die Universität überhaupt nach Diplomatische Akademie in Wien. Früher Mitteleuropa könnte heute als Ambivalenz, ethnischen Kriterien in mehrere Universitä- hat er tschechisch geschrieben, jetzt schreibt als Infragestellung, als vernünftige Skepsis ten aufzuteilen. Derartige Überlegungen, er auch in deutscher Sprache. Vor kurzem und auf der anderen Seite als Störenfried, als zum Schutz der eigenen Minderheit eine rein hat er in einem Interview gesagt: der Mittel- Herausforderung für ein europäisches Sys- ungarischsprachige Universität zu führen, europäer akzeptiert vielleicht Luther, den tem dienen, das jahrzehntelang gut funktio- haben mich sehr stark – und das hat etwas Protestanten, aber er formuliert anders, und niert hat, weil es nichts anderes getan hat, als mit der Theorie Mitteleuropas zu tun – an hat dann hinzugefügt: Hier stehe ich, aber ein Marktprinzip umzusetzen: wir machen Auseinandersetzungen am Ende der Habs- ich könnte auch ganz anders. Luther wird al- größere Märkte und dann verdienen wir alle burgermonarchie erinnert, als praktisch alle so von ihm umgedreht. Für Grusa ist das mehr. Und daß es da vielleicht auch noch großen Universitäten dem Versuch ausge- Mitteleuropäische immer als das Ambiva- kulturelle Fragen geben könnte, das brauch- setzt waren, von den nationalen Gruppen lente, immer als das Sowohl-als-auch zu ver- ten wir nicht zu diskutieren, weil wir als kla- nach nationalen Bestandteilen getrennt zu stehen. Und wenn Sie selbst daran denken, res Gegenbild das böse andere Europa hat- werden. Die Prager Universität wurde schon was Sie alles in ihrer Umwelt erleben, sei es ten. Hier hat Westeuropa ganz eindeutig 1882 in eine deutsche und in eine tschechi- politisch, seien es auch die Reformen im davon profitiert, daß es diesen Außenfeind sche Universität geteilt. Es heißt, daß die Ver- Wirtschaftsleben, seien es europapolitische des Osteuropäischen gegeben hat, der aber breitung des Nationalismus im 20. Jahrhun- Entwicklungen, dann scheint mir, daß dieses nach 1989 – Gott sei Dank – nicht mehr vor- dert durch die Auflösung von allen jenen Sowohl-als-auch, die ambivalente Sicht auf handen ist. Jetzt besteht die Herausforderung Dingen, die auf Pluralität, auf Mehrsprachig- Erscheinungen eine bessere Strategie ist, um darin, ob es mit mitteleuropäischen Diskus- keit, auf Gemeinsamkeiten hinweisen, die es zu verstehen, was vor sich geht, als das tra- sionen gelingen kann, so etwas wie ein euro- in diesem Raum gegeben hat und gibt, die ditionelle westeuropäische Entweder-Oder. päisches Selbstverständnis zu bilden, das Voraussetzungen für den Totalitarismus des Die Entscheidung für Schwarz oder Weiß ist keinen Außenfeind mehr braucht. Ich bin 20. Jahrhunderts geschaffen hat. Die Folge genau jenes, wie György Konrád gesagt hat, nicht ganz überzeugt, daß die derzeitige ist, daß, wenn man heute von einer mitteleu- wogegen wir Mitteleuropäer uns immer ge- Struktur der Europäischen Union dies för- ropäischen Identität spricht, man natürlich wehrt haben, weil wir uns nie entweder gut dert. Wir bemühen uns jedenfalls meist sehr all jenes fördern muß, was diese Gemein- oder böse, schwarz oder weiß verhalten konn- redlich, uns Feinde zu schaffen oder zu er- samkeit möglich macht. Deshalb ist eine ten; und wenn wir es in der Zeit des Kom- halten. Dies gilt auch für die öffentliche mehrsprachige Universität in Cluj-Napoca munismus schon nicht mußten, dann sollten Meinung in der Europäischen Union über wichtig. Es wird derzeit überlegt, ob es ge- wir doch jetzt in einer Zeit der liberalen poli- die Europäische Union. Für manche ist lingen kann, eine gemeinsame polnisch- tischen Ordnung erst recht die Differenzie- Amerika ein geeigneter Außenfeind, weil es ukrainische Universität zwischen Lemberg rung, die Unterschiede, die Grautöne der ein anderes Lebensmodell hätte oder auch und Krakau zu errichten, auch dies als Bei- Wirklichkeit ein wenig genauer darstellen hat. Und wenn dies nicht ausreicht, dann trag zur mitteleuropäischen Diskussion. können. Grusa sagt, daß man Luther im Grun- erklärt man eben – zum Beispiel – die Türken Schließlich besteht bereits an der Grenze de nur so interpretieren kann, daß alles auch zum kulturellen Außenfeind, bei denen es zwischen Deutschland und Polen eine anders sein könnte als es ist. Der zweite un- einfach zu erklären ist, warum wir anders gemeinsame Universität, die sogenannte verdächtige Zeuge, den ich zitieren möchte, sind. Das hätte sich bei Mohács gezeigt, das „Viadrina“ in Frankfurt an der Oder. ist Péter Esterházy, der in der Diskussion um hätte sich aber auch 1683 bei Wien gezeigt, die Vision Europas in dem bereits erwähnten und Gott sei Dank gibt es das Christentum, »Neue Europäer« Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen“ das schon historisch vor Fremden schützen Zeitung geschrieben hat: „Früher war ich ein konnte. Das sind einige konkrete Beispiele für Osteuropäer, dann wurde ich in den Rang Perspektiven, die sich aus einem mitteleu- eines Mitteleuropäers erhoben … es gab »Mitteleuropa« ein ropäischen Nachdenken über Pluralität erge- Centreljuropdriems …“ Dann sei er ein Neu- politischer Protestbegriff ben. Ist ein derartiger moralischer Impuls er Europäer geworden, und plötzlich erklär- überholt, spricht hier jemand, der seine Er- te man ihm, daß er ein „Nicht-Kerneuropäer“ Nun, wenn man es theoretischer faßt, fahrung vor 1989 gemacht hat, und stimmt sei und wieder in eine Peripherie, wieder ir- dann geht es darum, daß Mitteleuropa nach das mit der jetzigen Situation überhaupt noch gendwo hinaus gehöre. Er hat daraus den wie vor ein Protestbegriff ist. Es ist nach wie überein? Müssen wir nicht viel pragmati- Schluß gezogen, daß es vielleicht für die vor ein politischer Protestbegriff, der Ein- scher denken? Geht es denn jetzt nicht viel europäische Diskussion wertvoll wäre, und mischung in die Politik verlangt. Ein Mit- mehr darum, daß wir Arbeitsplätze schaffen, das scheint mir mitteleuropäisch, wenn man teleuropäer soll auf der Grundlage von histo- die Pensionen sichern und überhaupt mög- zur Kenntnis nimmt, daß wir Störenfriede rischer Erfahrung Skepsis gegenüber großen lichst viele Eindeutigkeiten herstellen kön- sind. Ich hoffe, Sie verstehen das Wort Stö- Modellen entwickeln und verlangen. Schon nen? Ich glaube nicht und möchte versuchen renfriede. Es ist ein im Deutschen nicht häu- ein Teil der Mitteleuropa-Diskussion der

einige Beispiele zu geben. Auch dabei fig verwendetes Wort, aber es ist hier offen- 80er Jahre war davon bestimmt und Konräd möchte ich mit ^ Schriftstellern beginnen. sichtlich bewußt eingesetzt worden. Es geht hat einem seiner Bücher in deutscher Spra- Einer davon ist Jiri Grusa, ein tschechischer um Menschen, die mit dem bestehenden che den Titel gegeben: Antipolitik – mittel- Dissident vor 1989, dann hat ihn die neue Re- System, weil sie aus einer anderen Erfah- europäische Meditationen, wo er genau die- gierung zum Botschafter in Bonn gemacht, rung kommen, so nicht einverstanden sind se Forderung auch sehr ausführlich formu- dann war er Botschafter in Wien. Heute steht und deshalb für Europa eine positive Rolle liert, daß man die Einmischung in das offi- er in den Diensten Österreichs und leitet die als Korrektive spielen können. Das heißt, zielle politische Leben schaffen muß, nur auf

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 20 Österreich, Europa und die Welt diese Art und Weise könne wirklich der chen Ebene in einen sowohl kulturellen und sen auf Geschichte und Geographie kann homo sowjeticus, der als Stereotyp der Un- als auch politischen Dialog einzutreten. Der selbst ein liberaler polnischer Außenminister mündigkeit auch den Wienern nicht unbe- größte mitteleuropäische Staat Polen ist jüdischer Herkunft, derzeit Europaabgeord- kannt ist, überwunden werden. Ob der dafür das überzeugendste Beispiel. Selbst neter und sicher eine positive Gestalt der „homo sowjeticus“ immer noch vorhanden ein Land mit fast vierzig Millionen Men- polnischen Politik, geopolitisch vorgebrach- ist, weiß ich nicht, aber wo immer ich das schen versteht sich als ungleicher Dialog- te antirussische Vorurteile, oder Urteile, be- Wort verwende, werde ich von wohlmeinen- partner im Verhältnis sowohl zu Deutschland gründen. Das bedeutet: es ist auf Grund der den offiziellen Vertretern aus der Slowakei als auch zu Rußland, und daraus muß natür- geopolitischen Lage dieses Raumes nicht so oder aus Polen heftig dafür kritisiert. Es wird lich eine bestimmte innere Solidarität dieses ganz einfach, zu den großen Nachbarn ein behauptet, das sei so etwas wie das, was Ed- Raumes gegenüber seinen größeren Nach- gutes Verhältnis aufzubauen. Ich könnte ward Said am Orientalismus kritisiert hat, barstaaten entstehen. Das gemeinsame Inter- Ihnen viele historische und aktuelle Beispie- daß man einen Begriff jemandem überstülpt, esse liegt auch darin, dazu beizutragen, daß le geben, die zeigen, daß Österreich zwar obwohl er gar nichts dafür kann. Ich bin da ein Land in der Mitte Europas sich nicht nicht mit Rußland, aber mit dem anderen nicht ganz sicher. Vor paar Jahren habe ich immer antirussisch definieren muß. großen Nachbarn, mit Deutschland, sehr einen nicht sehr erfolgreichen polnischen Aber dies ist nicht einfach, denn selbst viele semantische, kulturelle Probleme hat, radikal-liberalen Politiker zufällig in einer Mitteleuropäer denken manchmal cartesia- die im wesentlichen davon abhängen, daß öffentlichen Toilette getroffen. Wir haben nisch. Als der ehemalige polnische Außen- das österreichische Selbstverständnis sich uns beide die Hände gewaschen und der minister Bronislaw Geremek gefragt wurde, bis zum Zweiten Weltkrieg, als Teil eines Wasserhahn hat getropft. Der polnische wie denn das eigentlich mit Europa und Ruß- deutschen Kulturraums formuliert hat. Es Politiker hat sofort gesagt: Sehen Sie, das ist land sei, erklärte er, man müsse zur Kenntnis war bis zum Zweiten Weltkrieg das überwie- Sozialismus! Das heißt, diese Vorstellung, nehmen, daß der Ural als geographische gende Selbstverständnis der deutschsprachi- daß die Verantwortung immer woanders Grenze Europas eine Erfindung von westeu- gen österreichischen Bevölkerung, daß man liegt und man nicht selber verantwortlich ist, ropäischen Geographen aus dem achtzehn- entweder Teil einer deutschen Identität und daß diese Dinge immer von außen her- ten Jahrhundert sei, die von Katharina der oder – wie es in der Zeit zwischen den Welt- angetragen werden, ist in den mitteleuropäi- Großen nach Rußland geholt wurden, um kriegen hieß – der bessere deutsche Staat sei. schen Breiten – fürchte ich – immer noch nachzuweisen, daß Europa bis zum Ural Es war erst die Katastrophe des Zweiten relativ lebendig. reicht. Also Katharina hätte westeuropäische Weltkrieges, die hier eine grundsätzliche Wir müssen an der Überwindung der Geographen in das Land geholt, die dann in Änderung in die Richtung einer mitteleuro- mentalen Trennung Europas nach wie vor wissenschaftlichen Aufsätzen beweisen muß- päischen Identität gebracht hat. „ sehr intensiv arbeiten, und dafür reicht es ten, daß Europa bis zum Ural reicht. Und er nicht Steigerungsraten des Bruttonational- hat nicht ganz unrecht. Die Erfindung des Wir bedanken uns bei Prof. Paul Lendvai, produktes zu vergleichen. Es reicht auch Urals als europäische Grenze stammt tat- Chefredakteur der „Europäischen Rund- nicht zu diskutieren, ob ungarische Arbeits- sächlich von Geographen. Und als zweites schau“, der es uns ermöglicht hat, Ihnen kräfte früher oder später in Österreich, Ita- sagte er dann, wenn heute so intensiv über diesen überaus interessanten Beitrag als lien und Deutschland arbeiten dürfen oder Terroristen aus Tschetschenien gesprochen Lektüre anbieten zu können. nicht. Das sind zwar alles für die Nach- wird, sollte man als Russe auch zur Kenntnis Den zweite Teil dieses Beitrages können barschaft sehr wichtige Fragen, aber letztlich nehmen, daß dies eine Konsequenz russischer Sie dann in der „Österreich Journal“-Aus- geht es darum, daß man mentale Unterschie- Expansionspolitik des neunzehnten Jahrhun- gabe Nr. 60 lesen, die am Abend des 16. Mai de in einem langwierigen Prozeß überwin- derts darstellt. Nun, Sie sehen, mit Hinwei- 2008 erscheint. den können muß. Und diese Prozesse brau- chen – wie wir inzwischen wissen – lange, Die „Europäische Rundschau“ erscheint obwohl wir meinen, daß die Zeit vor 1989 vierteljährlich und wird vom gleichnami- weit entfernt liegt. Warum Mitteleuropa gen Verein herausgegeben. Sie bietet auf dabei eine entscheidende Rolle spielt, zeigt 144 Seiten im Format 17 x 24 cm an- sich deutlich am österreichischen Selbstver- spruchsvolle Beiträge zu unterschiedlich- ständnis. Es ist die Erfahrung der kleineren sten Europa-Themen und Kritiken zu und mittleren Staaten im Zentrum Europas, europabezogenen Veröffentlichungen. – daß wir stärker als andere von den großen Die Einzelnummer kostet 8 Euro, das Jah- Nachbarn abhängig sind. Es mag sich zwar resabonnement 25 Euro zuzüglich Porto. die Form, wie die Nachbarn mit unserem Raum umgehen, ändern, aber die Tatsache, Bestellungen richten Sie, bitte, an den daß sie vorhanden sind, ändert sich nicht. Ob Verein „Europäische Rundschau“ sie einmal Deutschland oder Rußland heißen, Ebendorferstraße 6/4 oder ob sie andere gefährlichere Namen in A-1010 Wien der Geschichte getragen haben; sie sind in Telefon: ++43 / (0)1 / 408 34-00 jedem Fall ziemlich ungleiche Dialogpart- Telefax: ++43 / (0)1 / 408 34-11 ner. Es gilt für Ungarn, für Österreicher, für e-mail: [email protected] Tschechen und Slowaken, daß es schwer ist http://www.europaeische-rundschau.at mit solchen Dialogpartnern auf einer glei-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 21 Österreich, Europa und die Welt NATO als Stabilitätspartner am Balkan Außenministerin Ursula Plassnik bei Treffen des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrates in Bukarest

ußenministerin Ursula Plassnik nahm am A3. April als Vertreterin der österreichi- schen Bundesregierung am Treffen des Euro- Atlantischen Partnerschaftsrates (EAPC) in Bukarest teil. Das Treffen fand im Rahmen des heurigen NATO-Gipfels der Staats- und Regierungschefs statt, dessen Hauptthema die NATO-Erweiterung um Albanien, Kroa- tien und Mazedonien war. Der Gipfel hat die NATO-Erweiterung um Kroatien und Alba- nien beschlossen. Weitere Teilnehmer waren, unter ande- rem, US-Präsident George Bush, der briti- sche Premier Gordon Brown, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frank- reichs Präsident Nicolas Sarkozy, der afgha- nische Präsident Hamid Karzai, UNO-Gene- ralsekretär Ban Ki-moon und EU-Kommis- sionspräsident José Manuel Barroso. Mit Wladimir Putin war auch erstmals ein russi- scher Präsident mit den Staats- und Regie- Foto: HOPI-MEDIA / Bernhard J. Holzner Außenministerin Ursula Plassnik (re.) mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela rungschefs der NATO zusammengetroffen. Merkel (li.) und dem Premierminister von Armenien, Serzh Sargsyan (mi.) „Mit den Beschlüssen dieses NATO- Gipfels wird ein zusätzliches Stabilitätsnetz Gerade am Balkan sei transatlantische nen bei der Friedensarbeit zu positiven Kata- im Balkan verankert. Mit ihrer Aufnahme in Teamarbeit gefragt, um den Staaten ihren an- lysatoren der Veränderung werden. Die die NATO werden Albanien und Kroatien gestammten Platz in Europa zu sichern. „Die grundlegende UNO-Sicherheitsratsresolu- dauerhaft in den transatlantischen Raum der EU arbeitet zur Erreichung ihres Stabi- tion 1325 zur Rolle der Frauen in bewaffne- Sicherheit und Stabilität einbezogen. Das litätszieles hier eng mit der NATO zusam- ten Konflikten jährt sich 2010 zum zehnten unterstützt auch den Reform- und Trans- men“, betonte die Ministerin. „So ist Öster- Mal. Ich schlage daher vor, im Herbst 2010 formationsprozeß dieser Länder auf ihrem reich mit rund 700 Soldaten im Kosovo der im Rahmen einer UNO-Konferenz interna- Weg in die EU“, erklärte Plassnik. größte Nicht-NATO Truppensteller in der tional Bilanz zu ziehen und uns neue ambi- „Ich gehe davon aus, daß dieser Schritt KFOR. Alle Seiten im Kosovo und in der tionierte Zukunftsziele zu setzen.“ für Mazedonien in allernächster Zeit nachge- Region sollten sich bewußt sein, daß es eine Plassnik nahm auch am internationalen holt werden kann“, so die Ministerin weiter, der wichtigsten Aufgaben dieses Einsatzes Afghanistan-Treffen teil. „Das verstärkte die an das Verantwortungsbewußtsein beider ist, die Minderheiten im Kosovo – insbeson- Engagement von UNO, NATO und EU in Seiten appellierte: „Es ist im Interesse dere die serbische – zu schützen. Dies gilt Afghanistan zeugt vom gemeinsamen Willen Griechenlands und Mazedoniens, in der übrigens auch für die im Aufbau begriffene der internationalen Staatengemeinschaft, das Namensfrage bald zu einer für beide Seiten EU-Zivilmission EULEX.“ Land auf dem Weg zu einer friedlichen Ent- akzeptablen Lösung zu kommen.“ Plassnik verwies auch auf die erfolgrei- wicklung tatkräftig zu unterstützen. Nur eine „Die euroatlantische Perspektive ist“, so che Zusammenarbeit Österreichs mit der international koordinierte Vorgangsweise, Plassnik weiter, „die zentrale Orientierungs- NATO in Serbien im Rahmen von „Partner- welche die wirtschaftliche und gesellschaft- marke für unsere Freunde und Nachbarn in ship for Peace“-Treuhandprojekten, etwa bei liche Entwicklung, das Drogenproblem, die der Region. Die NATO-Einladung an Kroa- der Zerstörung aller Bestände an Antiperso- Rechtsstaatlichkeit und die Stärkung der tien und Albanien ist gleichzeitig eine inter- nenminen sowie bei der Umschulung von staatlichen Sicherheitsstrukturen gleichzei- nationale Anerkennung für die in letzter Zeit Berufssoldaten, um ihnen den Umstieg auf tig und energisch anpackt, kann hier nach- erzielten Fortschritte sowie ein wichtiges Er- zivile Berufe zu erleichtern. haltige Fortschritte bringen. Afghanistan ist mutigungssignal und ein positiver Impuls für Plassnik sprach beim EAPC auch die eine gemeinsame Aufgabe, vor der wir nicht die Reformkräfte am Balkan. Wir freuen uns Rolle der Frauen in bewaffneten Konflikten die Augen verschließen können“, so die Aus- mit unseren Partnern in der Region.“ und bei der Friedenssicherung an: „Sie kön- senministerin abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 22 Österreich, Europa und die Welt Allianz für deutsche Sprache Öo. LH Josef Pühringer: »Deutsch ist gleichberechtigte Amtssprache und Muttersprache von 91 Millionen EU-Bürgern, das darf Brüssel nicht ignorieren«

emeinsam mit deutschen Bundeslän- Gdern hat Oberösterreich eine Allianz für die Gleichbehandlung der deutschen Spra- che in der Europäischen Union gebildet. „Die Aufwertung der deutschen Sprache ist ein wichtiges Ziel unserer Europapolitik“, erklärt dazu Landeshauptmann Josef Püh- ringer. „Deutsch ist gleichberechtigte Amts- sprache, das darf Brüssel nicht ignorieren.“ Ziel müsse eine vollständige Gleichbehand- lung mit den anderen Haupt-Arbeitssprachen Englisch und Französisch sein. „Momentan müssen wir feststellen, daß die deutsche Sprache, obwohl Arbeitsspra- che seit Gründung der Union, vernachlässigt wird. Derzeit kommuniziert die EU-Kom- mission nach einer bayerischen Studie mit den EU-Mitgliedsstaaten zu 55 Prozent auf Französisch, 42 Prozent auf Englisch und nur zu 3 Prozent auf Deutsch.“ Hier werde die Bedeutung der deutschen

Sprache für das gemeinsame Europa völlig Foto: OÖ / Riener ignoriert, so Pühringer. Denn immerhin ist Allianz für eine Auswertung der deutschen Sprache. Landeshauptmann Josef Deutsch die Muttersprache von 91 Millionen Pühringer mit dem hessischen Europaminister Volker Hoff Menschen in der EU. Die deutschsprachigen Regionen in Europa, also österreichische und grenzüberschreitenden Initiative soll unter Die Unterzeichner deutsche Bundesländer, deutschsprachige anderem sichergestellt werden, dass alle Do- Regionen in Südtirol, Belgien und Rumänien, kumente, Web-Seiten und andere Veröffent- Belgien Ministerpräsident der Deutschsprachigen stellen damit die meistgesprochene Sprache lichungen auch auf Deutsch erstellt werden Gemeinschaft, Karl-Heinz Lambertz Europas. 52 Millionen EU-Bürger haben und die BürgerInnen ihre Anliegen auch in Deutschland Englisch als Muttersprache und 58 Millionen Deutsch kommunizieren können. Diese For- Bayern – Staatsminister Söder Französisch. derung wurde in Brüssel auch dem zuständi- Hamburg – Staatsrat Stuth Dazu kommt, daß die Brückenfunktion gen EU-Sprachenkommissar Leonhard Orban Hessen – Staatsminister Hoff Saarland – Minister Rauber der deutschen Sprache nach Osteuropa völ- präsentiert. Sachsen – Staatsminister Sagurna lig ignoriert wird. Deutsch ist in vielen ost- Die unterzeichnenden 18 Regionen in Sachsen-Anhalt – Minister Robra europäischen Ländern immer noch Fremd- fünf Ländern sowie die 46 Abgeordnete des Italien sprache Nr.1. Europäischen Parlamentes erkennen in die- Landeshauptmann der Autonomen Provinz „Eine Privilegierung von Französisch und sem Zusammenhang die Anstrengungen der Südtirol, Luis Durnwalder Englisch bringt darüber hinaus auch ernst- Kommission in den vergangenen Jahren an, Österreich LH Kärnten, Jörg Haider hafte Nachteile für oberösterreichische Un- auch unter dem Einfluß der damals ableh- LH Oberösterreich, Josef Pühringer ternehmen und Bürger. Die jährlich 240.000 nenden Volksentscheide zum Verfassungs- LH Salzburg, Gabi Burgstaller Ausschreibungen der EU werden fast aus- vertrag in Frankreich und den Niederlanden LH Tirol, Herwig von Staa schließlich auf Französisch oder Englisch und dem wachsenden Unmut der Bürge- LH Vorarlberg, Herbert Sausgruber veröffentlicht. Das ist ein klarer Wettbe- rInnen und Bürger an der europäischen Po- LH Steiermark, Franz Voves werbsnachteil für heimische Klein- und Mit- litik, mit den Menschen in einen Dialog zu LH Niederösterreich, Erwin Pröll LH Burgenland, Hans Niessl telunternehmen, den wir nicht länger hin- treten. Rumänien nehmen werden“, so Pühringer. Für eine erfolgreiche Einbindung der Präsident des Kreisrats Hermannstadt / Sibiu Oberösterreich hat daher gemeinsam mit Menschen ist es allerdings unerläßlich, sie in Martin Bottesch deutschen Bundesländern wie Hessen und ihrer Sprache anzusprechen. Wenn sich ein Präsident des Kreisrats Timis Constantin Bayern eine Initiative für eine stärkere Ver- Großteil der Menschen nicht über Europa Ostaficiuc wendung der deutschen Sprache innerhalb informieren kann, dann läuft das Angebot zu Parlamentsabgeordneter Ovidu Gant und 46 Abgeordnete des Europaparlements der EU-Institutionen gestartet. Mit dieser einem Dialog ins Leere. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 23 Österreich, Europa und die Welt Europaratsdelegation in Kazan Unter dem Vorsitz von Innsbrucks Bürgermeisterin Hilde Zach, in ihrer Funktion als Vorsitzende, hielt der ständige Ausschuß für Bildung und Kultur des Kongresses des Europarates eine Sitzung in Kazan (Rußland) ab.

uf der Tagesordnung standen u. a. ABerichte zu den Themen:  Integration und Teilnahme der Jugendli- chen am Leben der Gemeinden,  Die Rolle der Gebietskörperschaften im interkulturellen und interreligiösen Dia- log,  Kulturtourismus im Spannungsfeld zwi- schen Massen- und Qualitätstourismus – ein Abdriften in Richtung „Folklorismus“ der Kulturangebote?  E-democracy – Elektronische Demokratie auf lokaler Ebene: Chancen und Risiken im Computerzeitalter.

Im Anschluß an diese Berichte wurden themenbezogene Empfehlungen und Ent- schließungen für die nächste Vollversamm- lung des Kongresses der Gemeinden und Re- gionen im Mai dieses Jahres angenommen. rms / Innsbruck Aus Anlaß des Besuches der Europarats- Günther Krug, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, Bürgermeisterin Hilde delegation hat der Präsident des Parlaments Zach Vorsitzende Kulturausschuss des Kongresses des Europarats, und Farid von Tartastan, Farid Mukhametshin, zu einer Mukhametshin, Parlamentspräsident von Tartastan (v.l.) sehr gut besuchten Pressekonferenz eingela- deutendsten Universitätsstädten in Rußland. zugleich ist der Kongreß ihr Sprachrohr bei den, in deren Rahmen Hilde Zach als De- Von den 1,1 Millionen Einwohnern sind rund den Regierungen. legationsleiterin die Verbreitung der Europa- 100.000 als Studenten inskribiert. Der Kongreß berät das Ministerkomitee ratsprizipien (Menschenrechte, Demokratie Hilde Zach: „Die Universitäten waren und die Parlamentarische Versammlung des und Rechtsstaatlichkeit) für den Friedens- schon immer ein besonderer Anziehungs- Europarats in allen Fragen der Gemeinde- und Wohlstandserhalt eines Europas der punkt bezüglich Aus- und Weiterbildung und Regionalpolitik. Er arbeitet eng mit Vielfalt hervor hob. künftiger Eliten in unseren Ländern und Re- nationalen und internationalen Organisatio- Gerade in Kazan begegnen einander seit gionen. Die Universitätsstädte nehmen einen nen zusammen, welche die Kommunal- und vielen Jahrhunderten unterschiedliche Kul- besonderen Platz, in der kulturellen Ent- Regionalbehörden vertreten. turen und Religionen. Hier leben Muslime wicklung der Regionen/Bundesländer, ein.“ Er veranstaltet allgemein zugängliche und Christen in einem friedlichen Mitein- Der Kulturausschuß will den Regionen Anhörungen und Konferenzen, um die Öf- ander. Die asiatischen Kultureinflüsse tref- dabei behilflich sein dieses Potential besser fentlichkeit in seine Bemühungen um eine fen auf Europa. auszuschöpfen, um die kulturelle und wirt- lebendige und bürgernahe Demokratie ein- Zum Thema „Integration von Jugendli- schaftliche Entwicklung der Regionen stär- zubinden. Er verfaßt regelmäßig Berichte chen am Leben in den Städten und Gemein- ker zu fördern. „Überschaubare Lebensräu- über den Zustand der Kommunal- und Re- den“ merkte Zach an: „Die Beteiligung und me spielen für die Bürgerinnen und Bürger gionaldemokratie in den Mitgliedsstaaten Integration von Jugendlichen im demokrati- in einer zunehmend globalisierten Welt eine und bei den Beitrittskandidaten und verfolgt schen Prozeß ist eine Zukunftsaktie für unse- große Rolle. In einem zusammenwachsen- darüber hinaus aufmerksam die praktische re Gesellschaft. Wer rechtzeitig lernt, politi- den Europa ist die Begegnung und das Umsetzung der Grundsätze der Europäischen sche Verantwortung auf lokaler Ebene zu Kennenlernen anderer Kulturen für die ge- Charta für Kommunale Selbstverwaltung. übernehmen, leistet einen wichtigen Beitrag genseitige Akzeptanz und Toleranz sowie Der Kongreß bietet 313 Vertretern eine für die friedliche Weiterentwicklung unsere den gegenseitigen Respekt von großer Plattform zur Diskussion ihrer Probleme und Gesellschaft.“ Wichtigkeit“, so Zach. zur Förderung ihrer Stellung im europäi- Im Anschluß an die Tagung des Kultur- Der Kongreß ist die Stimme der Regio- schen politischen Prozeß und besitzt mit dem ausschusses wurde in Kazan ein Symposium nen und Gemeinden im Europarat. Hier fin- Europäischen Netz von Schulungszentren zum Thema „Die Universitäten und deren den Gemeinde- und Landtags- bzw. Kan- (ENTO) ein Instrument zur Verwaltungsför- Beitrag zur kulturellen Entwicklung der Re- tonspolitiker ein Diskussionsforum, in dem derung in den neuen Mitgliedsstaaten. „ gionen“ veranstaltet. Kazan zählt zu den be- sie ihre Erfahrungen austauschen können; http://www.coe.int/t/d/congress/default_de.asp

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 24 Österreich, Europa und die Welt Medizingeräte-Spende für Rumänien Wiens Bürgermeister Michael Häupl übergab vor Ort 50 medizinische Geräte sowie neues Ultraschallgerät für Spital in Radauti – Österreichische Unternehmen helfen

ie Stadt Wien sowie die beiden österrei- Dchischen Unternehmer Gerald Schweig- hofer (Holzindustrie Schweighofer) und Michael Egger (EGGER Holzwerkstoffe) leisten einen erheblichen Beitrag zur Mo- dernisierung des Krankenhauses Radauti in Rumänien. Am 8. April überreichten Wiens Bürgermeister Michael Häupl und die bei- den Unternehmer in Anwesenheit von Ra- dautis Bürgermeister Mihai Frunza dem Krankenhaus in Rumänien benötigtes medi- zinisches Gerät. Nachdem Schweighofer bereits die Renovierung der örtlichen Not- aufnahme finanziert hat und die Stadt Wien 50 Test- und Analysegeräte sowie weitere Untersuchungseinrichtungen für das Kran- kenhaus zur Verfügung gestellt hat, wird Egger bis Herbst 2008 die Renovierung von zwei Operationssälen übernehmen. Die beiden österreichischen Unternehmer wollen mit dieser Initiative zeigen, daß sie Radauti nicht nur als Wirtschaftstandort für

ihre Unternehmen betrachten, sondern auch Foto: Privat gesellschaftliche Verantwortung überneh- Wiens Bürgermeister Michael Häupl mit dem Bürgermeister von Radauti, Mihai men. Das Unternehmen von Schweighofer Frunza (li.), und Gerald Schweighofer (re.) hat bereits auf eigene Kosten die Räume der Ambulanz grundlegend sanieren und alle Mit der von EGGER Holzwerkstoffe finan- 1983 erbaut wurde, ist in seinem Einzugs- Elektro-, Heizungs- und Sanitäranlagen zierten Renovierung von zwei Operations- gebiet für die medizinische Versorgung von erneuern lassen. sälen bis Herbst 2008 wird ein weiterer er- 150.000 Menschen verantwortlich. heblicher Beitrag zur Sanierung und Moder- Stadt Wien spendet nisierung des Krankenhauses Radauti gelei- Österreichisches Holz- medizinische Geräte stet. Ohne die Initiative und tatkräftige Un- Know-how in Radauti terstützung des rumänischen Unternehmers Ergänzt wird diese Maßnahme durch eine Costel Babiuc wären all diese Maßnahmen Bereits Ende 2004 wählte Gerald Spende der Stadt Wien, die 50 gebrauchte, nicht zustande gekommen. Babiuc hat sämt- Schweighofer Radauti als Standort für sei- aber technisch einwandfreie Labor- und liche Bautätigkeiten in Radauti koordiniert nen zweiten holzverarbeitenden Betrieb in Analysegeräte für die Ambulanz des Kran- und darüber hinaus neue Bekleidung und Rumänien. Ausschlaggebend für diese Ent- kenhauses in Radauti zur Verfügung stellte, Ausrüstungsgegenstände für das medizini- scheidung waren die optimale Infrastruktur, wie etwa Mikroskope, Defibillatoren und sche Personal der Ambulanz bereitstellt. die nachhaltig verfügbaren Holzressourcen EKG- Geräte. Anläßlich der offiziellen und die Möglichkeit, gut ausgebildete und Eröffnung der neuen Ambulanz übergab Radauti motivierte Personen aus der Region als Häupl auch noch ein neues Ultraschallgerät. Mitarbeiter gewinnen zu können. Diese Schweighofer spendete aus diesem Anlass Radauti liegt im südlichen Teil der Bu- Standortvorteile und die Möglichkeit, Sy- auch noch ein neues Gerät zur Messung von kovina, einer Landschaft, die sehr eng mit nergien zu nutzen, bewogen im Jahr 2006 Blutdruck und Herzrhythmus und einen der Geschichte Österreichs verbunden ist. EGGER Holzwerkstoffe, sich mit einem Monitor zur Überwachung der Lebensfunk- Die Bukovina, deren nördlicher Teil in der neuen Spanplattenwerk ebenfalls in Radauti tionen. Den kostenlosen Transport aller Ge- Ukraine liegt, gehörte von 1775 bis zum anzusiedeln. „ räte von Wien nach Radauti hat das Lo- ersten Weltkrieg zu Österreich-Ungarn. Das http://www.wien.gv.at, http://www.egger.at gistikunternehmen Schenker übernommen. Krankenhaus der Stadt Radauti, welches http://www.schweighofer.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 25 Österreich, Europa und die Welt ÖsterreicherInnen stehen zu ihrer Nation Die österreichische Identität im Spiegel des Diskurses rund um den Fall der Berliner Mauer 1989

n dem vom Jubiläumsfonds der Oester- schen Nachbarn vereinnahmt zu werden“, spannend war die Untersuchung der media- Ireichischen Nationalbank finanzierten sagt Kommunikationswissenschafter Rainer len Reaktionen auf den Fall der Mauer, das Projekt untersuchten Univ.-Prof. Wolfgang Gries. „Wenn man die Zeitungen von damals Ende der DDR und die Wiedervereinigung Schmale vom Institut für Geschichte der durchblättert, kann man von solchen und Deutschlands. Die Berichterstattung war Universität Wien und Prof. Rainer Gries vom ähnlichen Befürchtungen lesen.“ sowohl in der Bundesrepublik als auch in Jena Center für Geschichte des 20. Jahrhun- Österreich, aber auch von Zeitung zu Zei- derts (bis 2007 Vertragsprofessor am Institut Deutschland nach wie vor gespalten tung sehr unterschiedlich. für Publizistik- und Kommunikationswis- Was die nationale Identität der Deutschen senschaft der Universität Wien) das Bild der betrifft, so ist der Prozeß der Wiedereinglie- Ossi-Diskurse – wo und „Ostdeutschen“ in westdeutschen und öster- derung der DDR mental – also in den wann sie entstanden reichischen Medien vor und nach dem Ber- Köpfen der Menschen – noch immer nicht Unmittelbar nach dem Fall der Mauer liner Mauerfall 1989. Wie Medien über an- vollendet. Rainer Gries: „Es gibt nach wie überwogen überschwängliche, ja euphori- dere schreiben, sagt auch viel über die eige- sche Berichte. „Am Anfang beschrieb man ne Befindlichkeit aus. Sogenannte Alteritäts- die OstbürgerInnen im Westen: Ihre merk- diskurse – eben das Sprechen über andere – würdigen Autos, komischen Outfits und ihr sind also immer auch Identitätsdiskurse. Konsumverhalten – überspitzt formuliert ein kolonial-ethnographischer Diskurs“, sagt Minderwertigkeitskomplexe gegenüber Rainer Gries. Später gingen viele Journa- Deutschland sind unbegründet listInnen selbst in die ehemalige DDR und Die österreichischen Reaktionen auf die beobachteten die Menschen vor Ort: „Die Deutsche Wiedervereinigung waren viel Zeitungen berichten, wie die Leute in den schwächer als jene in den westdeutschen neuen Bundesländern leben, was sie einkau- Medien. Aus der Untersuchung geht deutlich Foto: privat fen, sogar wie es dort riecht – und verwan- Wolfgang Schmale (o.) und Rainer hervor, daß die ÖsterreicherInnen eine ge- Gries (u.) untersuchten, wie deutsch- deln den unbekannten Osten damit für die festigte, nationale Identität besitzen. „Der sprachige Zeitungen nach dem Berliner LeserInnen in ein ,klischeehaft bekanntes‘ Aufbau einer kollektiven, österreichischen Mauerfall über »die Ostdeutschen« Land“, so Historiker Wolfgang Schmale. Identität nach dem Zweiten Weltkrieg war berichteten ein nachhaltiger und erfolgreicher Prozeß, Unterschiedliche Textqualität, der selbst durch das gravierende Ereignis von dieselben Klischees 1989 nicht mehr aufgehalten werden konnte. Was Klischeehaftigkeit und Stereotypi- Man hätte erwarten können, daß diese Iden- sierung betrifft, unterscheiden sich Quali- titätsdiskussion zu tiefgreifenden Verunsiche- tätszeitungen kaum von Boulevardmedien. rungen führt, aber das war nicht der Fall. Das Dies ist den beiden Wissenschaftern zufolge ist eine beruhigende Botschaft: Die Minder- kein Phänomen von 1989, sondern nach wie wertigkeitskomplexe gegenüber Deutsch- vor der Fall: „Die Qualitätszeitungen drücken land, die man manchmal in den Medien her- dieselben Klischees und Kommunikations- aushören kann, sind unbegründet“, so Wolf- Foto: privat muster nur gewählter aus“, sagt Schmale. gang Schmale von der Universität Wien. vor ein ,Wir-Gefühl‘ des Westens und ge- Und noch ein Ergebnis wurde festgestellt: trennt davon ein ,Wir-Gefühl‘ des Ostens.“ „Wenn es einen Preis für die differenzierte- Neben Neugier und Euphorie ste Berichterstattung gäbe, so würden wir auch Angst und Befürchtungen Mediale Reaktionen ihn dem ,Spiegel‘ verleihen.“ „ Vor allem in den österreichischen Medien Das Projektteam rund um Schmale und wurden aber neben Neugier, Freude und Gries untersuchte die Berichterstattung in ÖJ Buchtip Euphorie auch Befürchtungen artikuliert, westdeutschen und österreichischen Print- Ralf Dahrendorf etwa die Angst vor einem neuen Weltkrieg. medien über die DDR im Zeitraum von 1989 Der Wiederbeginn „Es gab Schlagzeilen wie ,Droht der Dritte bis 1999. Untersucht wurden u.a. „Stan- der Geschichte Vom Fall der Mauer Weltkrieg?‘ oder ,Wer fürchtet sich vorm dard“, „Kurier“, „Profil“ und „Kronenzei- zum Krieg im Irak Vierten Reich?‘. Viele ÖsterreicherInnen be- tung“ für Österreich sowie „Bild“, „Frank- Reden und Aufsätze fürchteten eine Destabilisierung des eigenen furter Allgemeine Zeitung“, „Tageszeitung“ 2004. C.H.Beck, 350 S Landes; manche hatten Angst, von den deut- und „Spiegel“ für Deutschland. Besonders ISBN 978-3-406-51879-9

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 26 Aus Südtirol BM Schmied bei LH Durnwalder Um den Zugang für Südtiroler aller drei Muttersprachen zu österreichischen Universitäten, die Studientitelanerkennung und nicht zuletzt um das Schulsystem und die Integration ging es beim Besuch von Unterrichtsministerin Claudia Schmied bei Landeshauptmann Luis Durnwalder in Bozen.

rei Tage nahm sich Unterrichtsmini- Dsterin Claudia Schmied Zeit, um Süd- tirols Kultur- und Schullandschaft kennen- zulernen. Den Anfang machte eine Aus- sprache im Büro von Landeshauptmann Luis Durnwalder. Dieser nutzte die Gelegenheit zunächst, um der Ministerin für das Engage- ment Österreichs zu danken: „Sehr viele Südtiroler haben ihre Ausbildung Stipendien aus Österreich zu verdanken, wir werden beim Uni-Zugang privilegiert behandelt und auch im Bereich der Kultur tut Österreich nach wie vor sehr viel für Südtirol“, so der Landeshauptmann. Durnwalder brachte zudem mit Sabina Kasslatter Mur und Florian Mussner das Anliegen vor, Südtiroler Oberschulabgän- gern den Zugang zu österreichischen Uni- versitäten zu erleichtern. „Das Problem ist, Foto: LPA/Pertl daß zwar die Abgänger deutscher oder ladi- Für Unterstützung gedankt: (v.l.n.r.) LR Florian Mussner, Ministerin Claudia Schmied, LH Luis Durnwalder und LRin Sabina Kasslatter Mur nischer Oberschulen den Österreichern gleichgestellt werden, nicht aber Anwärter richts in der Mittelschule ebenso zu zeigen, vor allem die gezielte Förderung der Kinder mit einer italienischen Matura“, so Durn- wie die zahlreichen Möglichkeiten, sich dort in der Klassengemeinschaft und die Verbes- walder. Problematisch sei dies vor allem an auch der schwächeren Schüler adäquat an- serung der Sprachkenntnisse durch den indi- den Medizin-Unis, an denen der Andrang nehmen zu können. „Dank der Mittelschule viduellen Unterricht in den Sprachenzentren traditionell hoch sei. „Wir brauchen jährlich müssen sich Schüler nicht bereits im Kin- hervor. Und schließlich habe sie auch die rund 70 neue Mediziner, um unseren Bedarf desalter für die eine oder andere Schulrich- Organisation der Südtiroler Mittelschulen zu decken, und diese werden nach wie vor tung entscheiden“, so die Landesrätin. Dies überzeugt. „Es gibt hier eine sehr gute Zu- vorwiegend an österreichischen Unis ausge- ist ein Ansatz, den auch Unterrichtsministe- sammenarbeit der Lehrer, die sich gemein- bildet“, erklärte der Landeshauptmann, der rin Schmied in Österreich verfolgt. So startet sam auf den Unterricht vorbereiten, ihn zum der Ministerin zudem einige Anliegen der man auf ihre Initiative hin mit einem Pi- Teil gemeinsam halten und in einem Lei- Studientitelanerkennung ans Herz gelegt hat. lotprojekt, das sich „neue Mittelschule“ tungsgremium die Themen des Alltags und Schmied sagte zu, die Südtiroler Anlie- nennt und das diese frühe Konzentration auf die Schulentwicklung erörtern“, so Schmied. gen in Wien mit ihren Ministerkollegen zu einen Schultyp verhindern soll. „Hier ist die Schule nicht nur ein Ort des besprechen. „Wir sind selbst an einer Lösung „Nach dem Besuch der Mittelschule in Lernens, sondern darüber hinaus eine ler- dieses Problems interessiert, eine solche ist Brixen fühle ich mich auf diesem Weg mehr nende Organisation.“ aber sehr schwierig, auch weil die EU ein als bestärkt und habe eine Vielzahl von Ar- Im Rahmen der Kultur-Tour am dritten waches Auge auf den Universitätszugang gumenten für die Gesamtschule geliefert Tag verschaffte sich die Ministerin in der richtet“, so die Ministerin, die versprach, bekommen“, so Schmied. Sie habe – geführt Bibliothek Schlandersburg einen Überblick sich für die Anliegen der Südtiroler einzuset- von den Schülern – feststellen können, daß über das Bibliothekswesen in Südtirol und zen. in der Südtiroler Mittelschule die Kinder im hat zudem den Ateliers der Künstler Carmen „Tief beeindruckt“ zeigte sich Schmied Mittelpunkt stünden. Angetan war die Mini- Müller, Manfred A. Mayr und Jörg Hofer von der Mittelschule „Oswald von Wolken- sterin zudem vom offenen Unterricht und einen Besuch abgestattet. „Es hat mich sehr stein“ in Brixen. Gemeinsam mit Kasslatter den verschiedenen Formen der Lernbetreu- gefreut, daß die Künstler, die ein Stipendium Mur ist sie dort von den Schülern empfangen ung, die es den Kindern ermöglichten, das für einen Wienaufenthalt bekommen haben, worden und sah sich in ihrem Einsatz für Lernen an sich zu lernen. auch heute noch sehr enge Kontakte zur Wie- eine Gesamtschule bestärkt. Neben der Mittelschule hat auch das ner Kunstszene pflegen“, so Schmied. Sie Das Anliegen, so Kasslatter Mur, sei ge- Integrationsmodell von Einwandererkindern fühle sich dadurch bestärkt in ihrem Anlie- wesen, der Ministerin die Vielfalt des Unter- Schmieds Interesse geweckt. Sie hob dabei gen, die Künstlerstipendien auszubauen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 27 Europa »Debate Europe« – eine Stimme für die Bürger Die Europäische Kommission möchte die Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess der EU intensivieren.

n einer Mitteilung mit dem Titel „Debate IEurope – Auf den Erfahrungen mit Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion auf- bauen“ schlägt die Europäische Kommission eine Reihe von Aktionen vor, mit denen in allen Gesellschaftsschichten auf nationaler wie auch EU-Ebene eine umfassende, konti- nuierliche Debatte über die Zukunft der Eu- ropäischen Union angeregt werden soll. Margot Wallström, die für institutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie zuständige Vizepräsidentin, erklärte: „Die EU-Politik betrifft das Leben jedes Einzel- nen, ob nun durch Verordnungen über Roa- ming-Gebühren im Mobilfunk, durch den freien Personen- und Warenverkehr oder durch jede andere der vielen Verbesserungs- maßnahmen in der EU. Daher muß die EU- Politik in den politischen Parteien, in den EU-Kommissar Ján Figel, hier vor dem Amtssitz der slowakischen Regierung in der nationalen demokratischen Traditionen und Hauptstadt Bratislava Foto: Europäische Gemeinschaft im täglichen politischen Dialog ihren festen Platz haben. Über sie muß ständig diskutiert  Es sollen Rahmenbedingungen für die Der Plan D wurde 2005 eingeleitet, nach- werden, sei es in den Rathäusern, in Regio- Zusammenarbeit zwischen der Europäi- dem der Europäische Rat im Juni 2005 zu nalversammlungen, nationalen Parlamenten schen Kommission und anderen EU- einem Prozeß des Nachdenkens über die und Fernsehshows oder im Internet.“ Institutionen bei der Aufgabe festgelegt Frage aufgerufen hatte, wie es mit der insti- Die Europäische Kommission gedenkt, werden, die Bürger besser zu erreichen tutionellen Reform nach dem negativen 2008 und 2009 im Rahmen von „Debate und die Trennung zwischen europäischer Ausgang des Referendums in Frankreich Europe“ eine Reihe zivilgesellschaftlicher und nationaler Politik zu beseitigen. und in den Niederlanden weitergehen solle. Projekte zu kofinanzieren – auf EU- wie auf  Online-Netze sollen eingerichtet werden, Zwischen 2005 und 2007 wurden sechs nationaler Ebene. Dabei wird sie die seit in denen Parlamentsmitglieder auf euro- innovative grenzüberschreitende, von Orga- 2005 erfolgreichsten Initiativen des Plans D päischer, nationaler und regionaler Ebe- nisationen der Zivilgesellschaft koordinierte weiterführen und darüber hinaus in Kürze ne, Journalisten und andere meinungsbil- Projekte für öffentliche Konsultationen so- einen Aufruf zur Einreichung von Vorschlä- dende europäische Persönlichkeiten In- wie lokale Projekte für Frauen und Jugend- gen für neue Projekte veröffentlichen. formationen, Wissen und Konzepte be- liche kofinanziert. Folgendes ist vorgesehen: züglich EU-Themen austauschen. „Debate Europe“ ist Teil der Bemühun-  Es sollen von Organisationen der Zivil-  Man will Europäische öffentliche Räume gen, den „Dialog auf zwei Ebenen“ in Er- gesellschaft verwaltete europaweite Pro- in den Hauptstädten der Mitgliedstaaten wartung der Europawahlen im Juni 2009 zu jekte für öffentliche Konsultationen kofi- schaffen, in denen die Kommission und erweitern. Bei diesem Dialog geht es darum, nanziert werden. das Europäische Parlament gemeinsam in allen gesellschaftlichen Schichten auf  Man will Aktionen auf Länderebene för- Ausstellungen, Debatten, Seminare und Länder- wie auch EU-Ebene eine umfassen- dern, um die Bürger in die Lage zu ver- Schulungen zu EU-Fragen veranstalten de, kontinuierliche Debatte über die Zukunft setzen, ihre Ansichten mit Politikgestal- werden. der Europäischen Union anzuregen. Somit tern auf lokaler Ebene zu diskutieren;  Die Bürgernähe soll noch stärker geför- wird die Konsultation der interessierten Krei- dadurch sollen andere Programme und dert werden, indem EU-Beamte in Akti- se ergänzt, die die Kommission zu spezifi- Veranstaltungen der Europäischen Kom- vitäten auf regionaler und lokaler Ebene schen Maßnahmenvorschlägen vornimmt. Er mission ergänzt werden, die die aktive einbezogen werden. stellt eine Ergänzung zu Kommissionspro- Beteiligung der Bürger an der Recht-  Das Wirkungspotential des Online-Dis- grammen dar, mit denen eine aktive Unions- setzung und Entscheidungsfindung auf kussionsforums „Debate Europe“ bei bürgerschaft gefördert werden soll. „ EU-Ebene voranbringen. Internetnutzern soll verstärkt werden. http://europa.eu/debateeurope/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 28 Europa EU-Task Force und Charta im Kampf gegen Krebs Bekämpfung von Krebs in der erweiterten EU

m Jahr 2006 gab es nahezu 2,3 Millionen Ineue Fälle von Krebs und über eine Mil- lion Krebstote in der EU. Die meisten Todes- fälle gab es bei Menschen, die an Lungen-, Kolorektal- und Brustkrebs erkrankt waren. Hierbei sind der persönliche Lebensstil, aber auch äußere Faktoren von großer Bedeu- tung. Nun fordert das Europa-Parlament eine EU-Task Force, die über Maßnahmen zur Krebsvorsorge beraten soll. Auch soll eine Charta eingeführt werden, die die Rückkehr für Krebspatienten ins Arbeitsleben erleich- tert. Einer neueren Studie der Gewerkschaften zufolge sind zumindest 8 Prozent der Krebs- toten in jedem Jahr direkt auf eine Exposi- tion gegenüber krebserregenden Stoffen am Arbeitsplatz zurückzuführen. Dies ließe sich allerdings durch den Ersatz dieser Karzino- gene durch weniger schädliche Stoffe ver- meiden. Das Europäische Parlament betont, Foto: http://www.bilderbox.biz Das EU-Parlament fordert umfassende Maßnahmen zur Eindämmung des Tabak- daß die Arbeitgeber tatsächlich rechtlich ver- konsums, rauchfreie Umgebung und Maßnahmen zur Rauchentwöhnung pflichtet seien, Karzinogene möglichst durch andere Stoffe zu ersetzen. Diese Vorschriften Elemente“ im Kampf gegen Krebs: „Präven- um jeweils mindestens 50 Prozent gesteigert würden jedoch bedauerlicher Weise nur tion, Früherkennung, Diagnose, Therapie, werden. unzureichend angewendet. Nachsorge sowie Palliativbetreuung (Linde- rung von Beschwerden)“. Die Vorbeugung Charta zum Schutz Maßnahmen zur sei die „kostenwirksamste langfristige Stra- von Krebspatienten Eindämmung des tegie“ für die Eindämmung von Krebs. Ein Drittel der Krebspatienten könnten durch Die Kommission wird aufgefordert, eine Tabakkonsums eine Früherkennung geheilt werden. Charta für den Schutz von Krebspatienten Eine weitere Krebsursache sei auf den Auch soll eine EU-Task Force für Krebs und chronisch kranken Menschen am Ar- Lebensstil zurückzuführen. Nach Schätzun- eingerichtet werden. Diese soll sich aus Mit- beitsplatz auszuarbeiten. Unternehmen kön- gen konnten 25 Prozent aller durch Krebs gliedern der Kommission, des Ministerrates nen dadurch verpflichtet werden, Patienten verursachten Todesfälle in der Europäischen und des Europäischen Parlaments zusam- die Weiterbeschäftigung während ihrer Be- Union auf Rauchen zurückgeführt werden. mensetzen und regelmäßig zusammentref- handlung und die Rückkehr in den laufenden Weltweit sind zwischen 80 und 90 Prozent fen. Auf diese Weise könnten beste Prak- Betrieb zu ermöglichen. der durch Lungenkrebs verursachten Todes- tiken für Vorbeugung (einschließlich Verrin- fälle auf das Rauchen zurückzuführen. Da- gerung der berufs- und umweltbedingten Ex- Unterstützung von her fordert das Parlament in einer Ent- position gegenüber Karzinogenen und ande- Betroffenen schließung, umfassende Maßnahmen zur Ein- ren Stoffen, die zur Entstehung von Krebs dämmung des Tabakkonsums, rauchfreie beitragen), Früherkennung und Behandlung Das EU-Parlament fordert die Mitglieds- Umgebung und Maßnahmen zur Rauchent- gesammelt und ausgetauscht werden. Durch staaten und die Kommission schließlich auf, wöhnung. die EU-Task Force sollen neue Maßnahmen Initiativen auszuarbeiten, durch die Men- sowie existierende Früherkennungsprojekte schen unterstützt werden, die unmittelbar EU-Task Force gefördert werden und eine bessere Krebs- von Krebs betroffen sind. Insbesondere sol- gegen Krebs kontrolle stattfinden. Mit diesen Maßnah- len psychologische Betreuung und Unter- men soll auch die Quote der Bevölkerung, stützung in der gesamten EU für Personen Die Abgeordneten fordern darüber hinaus die an Krebsfrüherkennungsmaßnahmen entwickelt werden, die Krebserkrankungen eine Strategie für die „vier wichtigsten teilnimmt, bis 2018 in den Mitgliedsländern überlebt haben. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 29 Wirtschaft Aufschwung 2005/2007 kürzer als im letzten Zyklus Von Stefan Ederer, Markus Marterbauer, Marcus Scheiblecker.

n den Jahren 2005 bis 2007 wuchs die Hinweise auf eine Dämpfung der Konjunk- Zyklus: Ab Ende 2004 beschleunigte sich Iösterreichische Wirtschaft kräftig; nun tur. Die jüngste Expansionsphase war damit das Exportwachstum und verlangsamte sich kündigt sich eine deutliche Abschwächung merklich kürzer als die vierjährige Auf- erst im Laufe des Jahres 2007 allmählich. In an. Damit war die Phase starker Expansion schwungphase 1997/2000, in der das BIP der Expansionsphase 2005/2007 erhöhte kürzer als die letzte Hochkonjunktur 1997 durchschnittlich real um 3,0% stieg und ein sich die Auslandsnachfrage durchschnittlich bis 2000. Ein Vergleich der beiden Zyklen markanter Rückgang der Arbeitslosigkeit zu real um 7,3%. Die Ausfuhr von Gütern und zeigt erhebliche Differenzen zwischen der verzeichnen war. Die Unterschiede zwischen Dienstleistungen trug damit wesentlich zum Struktur der Wirtschaftsentwicklung: Wäh- Intensität und Dauer des Konjunkturauf- Anstieg des BIP bei, allerdings war die rend dem Export in beiden Aufschwung- schwungs sind vor allem auf die Dynamik Dynamik etwas verhaltener als im Auf- phasen eine tragende Rolle zukam, entwickel- der einzelnen Nachfrageaggregate zurückzu- schwung der Jahre 1997 bis 2000 (+9%). ten sich Ausrüstungs- und Bauinvestitionen führen. Die Belebung des Exports begünstigt vor höchst unterschiedlich. Insbesondere belebte Der Konjunkturverlauf folgt in Öster- allem die Sachgütererzeugung, die in Öster- sich jedoch die Konsumnachfrage in der reich einem typischen Muster: Der Auf- reich stark auf die Nachfrage aus dem Aus- jüngsten Konjunkturerholung nicht; in der schwung wird von einer Belebung des Ex- land ausgerichtet ist. Die Wertschöpfung Schlussphase der Hochkonjunktur 2000 war ports ausgelöst, die auf die Verbesserung der wurde in diesem Sektor im jüngsten Zyklus ihr hingegen eine wichtige Rolle zugekom- Wirtschaftsentwicklung bei den wichtigen um durchschnittlich real 6,4% ausgeweitet men. Zusammen mit der stärkeren Auswei- Handelspartnern zurückgeht. In der Folge (1997/2000 +5%). tung des Arbeitskräfteangebotes bestimmt beleben sich die Ausrüstungsinvestitionen, Steigt die Industrieproduktion dank der dies auch den verhaltenen Rückgang der bevor die Konsumnachfrage ebenfalls an- Impulse aus dem Ausland längere Zeit kräf- Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren. zieht. tig, so erhöht sich auch die Auslastung der Der Konjunkturaufschwung der Jahre Aufgrund des hohen Anteils der Ausfuhr Kapazitäten so weit, daß die Unternehmen 2005 bis 2007 brachte ein kräftiges Wirt- an der gesamtwirtschaftlichen Produktion Gewinne verstärkt in Investitionsprojekte schaftswachstum von durchschnittlich real (2007 58% des BIP) wird damit rasch ein umsetzen. Diese Übertragung der Impulse 2,9% mit sich. Trotz der hohen Rate auch im Großteil der österreichischen Wirtschaft vom Export auf die Ausrüstungsinvestitio- IV. Quartal 2007 mehren sich nun die erfaßt. Dies gilt auch für den gegenwärtigen nen vollzog sich im aktuellen Konjunktur-

Nachfrage Bruttowertschöpfung Brutto Konsum Ausrüstungs- Bau- Exporte Sachgüter- Handel2) Bau- inlands der privaten investitionen investitionen erzeugung wirtschaft produkt Haushalte1)

Veränderung gegen das Vorjahr in %, real 1997 1,8 0 3,4 –0,4 11,4 3,8 3,7 0,5 1998 3,6 1,6 5,8 0,7 8,6 3,8 3,5 3,3 1999 3,3 2 5,6 –0,2 5,7 5,6 3,9 1,5 2000 3,4 3,9 12,3 2,1 10,5 7,1 4,4 1,7 2001 0,8 1 0,8 –4,2 7,2 2 2 –3,5 2002 0,9 0,1 –9,2 –4,5 4 0,4 2,3 0,6 2003 1,2 1,3 7,7 4,9 2,3 0,2 0,4 5,7 2004 2,3 1,8 –2,3 1,3 8,2 2,3 1,1 0,5 2005 2 2 1 0,1 6,2 3,2 0,2 1,8 2006 3,3 2,1 1,5 5,1 7,5 8,8 1 4,7 2007 3,4 1,5 6,5 3,7 8,1 7,3 0,8 3,5

Ø 1996/2000 3 1,9 6,7 0,5 9 5,1 3,9 1,7 Ø 2004/2007 2,9 1,9 3 2,9 7,3 6,4 0,6 3,3

Q: Statistik Austria, WIFO-Schnellschätzung. – 1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. – 2) Einschließlich Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 30 Wirtschaft zyklus nur sehr eingeschränkt. Erst im Jahr nachfrage wirkt somit stabilisierend auf die langen Dauer des Aufschwungs und des 2006 kam eine vorsichtige Belebung der Konjunktur. merklichen Rückgangs der Arbeitslosigkeit Maschineninvestitionen in Gang, die aller- Der Verlauf der Konsumausgaben bildet das Verbrauchervertrauen merklich. Dies dings bald wieder abebbte; die Fahrzeug- den bedeutendsten Unterschied zwischen begünstigte vor allem die Anschaffung dau- investitionen erholten sich erst 2007 verhal- den beiden Aufschwungphasen. In der jüng- erhafter Konsumgüter. 2006 und 2007 ten. Die Ausrüstungsinvestitionen erhöhten sten Konjunkturerholung belebte sich die dämpfte das Abgabensystem hingegen die sich im jüngsten Aufschwung insgesamt real Konsumnachfrage nicht – im Gegenteil, ihr Ausweitung der verfügbaren Einkommen. um nur knapp 3% pro Jahr. In der Hoch- Wachstum schwächte sich sogar von real 2% Die Netto-Pro-Kopf-Einkommen nahmen konjunktur Ende der neunziger Jahre waren (2005) auf nur noch 1,5% im Jahr 2007 ab. 2007 real nicht zu. sie mehr als doppelt so stark ausgeweitet Hingegen hatte sich die Ausweitung der Der Arbeitsmarkt reagiert deutlich – worden (durchschnittlich real +6,7%). Die Konsumausgaben Ende der neunziger Jahre wenn auch mit leichter Verzögerung – auf Ursachen dieser Investitionszurückhaltung merklich beschleunigt, von real 1,6% (1998) eine Belebung der Konjunktur. Beschleunigt trotz reger Nachfrage und hoher Gewinne auf 3,9% (2000). Die verfügbaren Einkom- sich das Wirtschaftswachstum, dann steigt sind bislang nicht ausreichend geklärt. Eine men der privaten Haushalte sind die wichtig- auch die Beschäftigung kräftig. Die Kon- Rolle könnte gespielt haben, daß wegen der ste Determinante der Konsumausgaben. Sie junkturerholung 2005/2007 war sogar be- Steueranreize in großem Umfang geplante waren 1998 und 1999 etwa gleich rasch ge- schäftigungsintensiver als jene Ende der Investitionen (vor allem in Fahrzeuge) in die stiegen wie in den Jahren 2006 und 2007 neunziger Jahre. Die Zahl der aktiv unselb- Jahre 2002 und 2003 vorgezogen wurden. (real + 2½%), im Jahr 2000 wurden sie hin- ständig Beschäftigten erhöhte sich um 1,6% Die Investitionen österreichischer Unterneh- gegen um 3½% ausgeweitet. Das gab den pro Jahr (gegenüber +0,9% im Aufschwung men im Ausland entwickelten sich in den Konsumausgaben kräftige Impulse. Die Ge- 1997/2000). Dazu trug vor allem die mar- letzten Jahren rege, ebenso jene ausländi- haltsabschlüsse unterschieden sich zwischen kante Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung scher Unternehmen in Österreich. Für das den beiden Zyklen wenig, sie erbrachten no- von Frauen im Dienstleistungssektor bei. BIP selbst sind die direkten Effekte der Aus- minelle Zuwächse zwischen 2% und 3% pro Die Zahl der Beschäftigten nahm deutlich rüstungsinvestitionen gering, da Investi- Kopf. Allerdings war Ende der neunziger rascher zu als das Arbeitsvolumen in Stun- tionsgüter zu drei Vierteln importiert wer- Jahre die Inflationsrate deutlich niedriger. den. Dank der guten Industrie- und Bau- den. Allerdings hat die Investitionstätigkeit Das raschere Wachstum der verfügbaren konjunktur wurde aber auch die Zahl der für die Übertragung des Aufschwungs auf Einkommen war zudem wesentlich von der Vollzeitarbeitsplätze ausgeweitet. Trotz der die Inlandsnachfrage und damit für die Budgetpolitik gestützt: 1999 und 2000 wur- günstigen Wirtschafts- und Beschäftigungs- Dynamik des Konjunkturzyklus große den die monetären Familienleistungen be- entwicklung fiel der Rückgang der Arbeits- Bedeutung. trächtlich ausgeweitet, und dies erhöhte die losenzahl im jüngsten Konjunkturauf- Die Entwicklung der Bauinvestitionen verfügbaren Einkommen des unteren Ein- schwung verhaltener aus als im vorherge- und der Baukonjunktur verlief anders als kommensdrittels – in dem die Konsumbe- henden Zyklus. War sie saisonbereinigt vom jene der Ausrüstungsinvestitionen. Die Bau- reitschaft hoch ist – besonders stark. Die Höhepunkt im Juni 1998 zum Tiefpunkt im wirtschaft verzeichnete vor allem im Jahr Lohn- und Einkommensteuersenkung des Dezember 2000 um 61.000 zurückgegangen 2006 einen Boom. Im Aufschwung 2005/ Jahres 2000 wirkte prozyklisch; sie steigerte (von 241.000 auf 181.000), so verringerte 2007 erhöhten sich die Investitionen durch- die Realeinkommen pro Kopf um ¾%. sie sich von Jänner 2006 bis Jänner 2008 um schnittlich real um 2,9%. Die Infrastruktur- Gleichzeitig verbesserte sich aufgrund der nur 37.000 (von 258.000 auf 221.000). „ gesellschaften des Staates trieben die Inve- stitionen in Schienen- und Straßennetze voran, und auch die Zahl der neu errichteten Großhandelspreise im März wieder deutlich gestiegen Wohnungen nahm merklich zu. Die Investi- er Index der Großhandelspreise (Basis: heiten (-3,2%) eingetreten. Im Vergleich tionspolitik der öffentlichen Hand war damit DJahresdurchschnitt 2005=100; ohne zum März 2007 haben sich die Großhandels- deutlich prozyklisch. Dies trug zu einem Mehrwertsteuer) für den Monat März 2008 preise für u. a. Getreide, Saaten und Futter- raschen Anstieg der Baupreise bei (+4% pro beträgt nach Berechnungen der Statistik mittel (+58,5%), Düngemittel und agroche- Jahr). Im Konjunkturaufschwung 1997/2000 Austria 114,8 (vorläufige Zahl) und hat sich mische Erzeugnisse (+46,8%), Sonstige Mi- waren die Bauinvestitionen hingegen sehr damit gegenüber Februar 2008 um 1,5% er- neralölerzeugnisse (+35,8%), Motorenben- verhalten ausgeweitet worden (real +0,5%). höht. Im Vergleich zum März des Vorjahres zin (inkl. Diesel) (+28,7%), sowie Milch, Das Wachstum der Konsumnachfrage der sind die Großhandelspreise um 10,0% ge- Milcherzeugnisse, Eier und Speiseöle privaten Haushalte beschleunigt sich im stiegen. Im Februar 2008 betrug die Jahres- (+11,8%) wesentlich erhöht. Deutlich verbil- typischen Konjunkturaufschwung in Öster- veränderungsrate noch +8,5%. ligt haben sich Häute, Felle und Leder reich erst in einer späten Phase. Sobald Gegenüber dem Vormonat weisen insbe- (-17,8%), Datenverarbeitungsgeräte und hohes Exportwachstum, steigende Industrie- sondere Düngemittel und agrochemische periphere Einheiten (-12,8%), Textil-, Näh- produktion und kräftige Investitionstätigkeit Erzeugnisse (+8,4%), Motorenbenzin (inkl. und Strickmaschinen (-7,1%) sowie Rund- die Beschäftigung und die Einkommen Diesel) (+6,8%), Sonstige Mineralölerzeug- funk- und Fernsehgeräte, Bild- und Tonträ- belebt haben, folgt eine verstärkte Auswei- nisse (+6,2%), Kraftwagenteile und Zubehör ger (-6,9%). tung der Konsumausgaben der privaten (+5,3%) sowie Eisen und Stahl (+4,1%) Ver- Der Großhandelspreisindex für Saison- Haushalte. Sie ist normalerweise jedoch we- teuerungen auf. Preisrückgänge sind vor al- waren liegt um 19,6% über jenem des Vor- niger ausgeprägt als jene der Einkommen; lem bei Blumen und Pflanzen (-3,6%), Da- jahresmonats, die saisonunabhängigen Waren die Sparquote erhöht sich, die Konsum- tenverarbeitungsgeräten und peripheren Ein- haben sich um 9,8% verteuert. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 31 Wirtschaft OeNB zur Inflation in Österreich OeNB empfiehlt Lohnzurückhaltung, Wettbewerbsstärkung, Budgetkonsolidierung und Gebührenstop

ie in den letzten Monaten erhöhte In- In Österreich haben sich die Inflations- ver Produktionsbeschränkungen im Agrar- Dflation in Österreich geht – wie in ande- erwartungen der Konsumenten und Experten bereich, indem sie die Preissetzungsmacht ren Ländern – zum Großteil auf den interna- für die nächsten zwölf Monate zwar erhöht, der Unternehmen einschränken bzw. das tionalen Preisauftrieb bei Energie und agra- allerdings ist die allgemeine Expertenein- Angebot an Agrarrohstoffen erhöhen, die rischen Rohstoffen zurück. Aber auch haus- schätzung, daß die Inflation im Jahr 2009 Preisentwicklung dämpfen. Längerfristig gemachte Ursachen liefern einen gewissen wieder auf etwa 2 Prozent zurückgehen wird. bedeuten Maßnahmen zum Energiesparen Beitrag. Zu diesem Schluß kommt eine neue Die OeNB prognostiziert für die erste Jah- bzw. zur Nutzung heimischer alternativer Studie der Oesterreichischen Nationalbank reshälfte 2008 weiter Inflationsraten von über Energien eine adäquate Antwort auf gestie- (OeNB). 3 Prozent. Bis Jahresende 2008 sollte sich die gene Preise bei fossilen Energieträgern und Der Anstieg der Weltmarktpreise agrari- Teuerung aufgrund des erwarteten Auslau- anderen importierten Rohstoffen. scher Rohstoffe war für die jüngste Teuerung fens des Nahrungsmittelpreisschocks und des Drittens sollte die Budgetpolitik über bei Milchprodukten sowie bei Ölen und Basiseffekts vergangener Energiepreissteige- zwei Kanäle zu einer Inflationsdämpfung Fetten in einem höheren Ausmaß verant- rungen aber deutlich auf 2,3 Prozent abschwä- beitragen: Zum einen hat die österreichische wortlich als bei Brot- und Getreideerzeug- chen. Im Jahresdurchschnitt 2008 erwartet die Wirtschaft zwei Jahre sehr kräftigen Wachs- nissen. Der Rohölpreisanstieg wurde auf die OeNB eine Inflationsrate von 2,8 Prozent. tums hinter sich. Die Kapazitäten sind sehr Treibstoffe sehr rasch überwälzt, Strom- und Die Geldpolitik des Eurosystems kann gut ausgelastet. Eine gesamtwirtschaftliche Gaspreise reagieren hingegen erst mit Ver- nicht die Inflation in jedem einzelnen Mit- Nachfragestimulierung durch die Inkaufnah- zögerung. Bei den Bekleidungs- und Schuh- gliedstaat des Euroraums genau steuern. me eines steigenden Budgetdefizits ist bei preisen wurde in den letzten Monaten eine Dazu sind unterstützende Maßnahmen auf hohem realem Wachstum und starker Kapa- Entkoppelung zwischen der Preisentwick- nationaler Ebene erforderlich. Diese Maß- zitätsauslastung einer Verringerung der In- lung auf der Erzeuger- und Importpreisebene nahmen sollen laut OeNB an drei Hebeln flationsrate abträglich. und jener der Endverbraucherebene beob- ansetzen: Das Defizit sollte in einer derartigen kon- achtet. Erstens tragen die Sozialpartner eine be- junkturellen Situation rasch reduziert wer- Die Geldpolitik des Eurosystems ist ver- sonders hohe Verantwortung. Im Jahr 2008 den. Zum anderen sollte der öffentliche lässlich dem vorrangigen Ziel, mittelfristig wird es – auf Basis der im Jahr 2007 abge- Sektor in der aktuellen Situation vermeiden, die Preisstabilität zu sichern, verpflichtet. schlossenen Kollektivverträge – zu einem durch die Erhöhung von Abgaben, Gebühren Die Geldpolitik kann kurzfristige Preis- merklichen Anstieg des Lohnwachstums und Tarifen die Inflation zu erhöhen. Wür- schocks, die von außen kommen (Erdölpreis- kommen. Die Vermeidung von Zweitrun- den alle öffentlichen Gebühren auf ihrem hausse, weltweite Lebensmittelpreisanstie- deneffekten in der kommenden Herbstlohn- Niveau von 2007 eingefroren, so würde dies ge), nicht verhindern. Sie zielt aber darauf runde ist eine wichtige Aufgabe der Tarif- nach Schätzungen der OeNB die HVPI- ab, daß der Inflationsanstieg vorübergehend lohnparteien. Inflation um etwa 1/4 Prozentpunkt dämp- bleibt. Dazu ist es wichtig, daß die Infla- Zweitens sollte eine Intensivierung des fen. „ tionserwartungen stabil und niedrig bleiben. Wettbewerbs und die Beseitigung quantitati- http://www.oenb.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 32 Wirtschaft Schritt in Richtung Vollbeschäftigung Bartenstein: Knapp 90.000 Beschäftigungsplus im März

nde März waren mit 3.388.759 um absolut und relativ größten Zugang hat die hauptmann Josef Pühringer und Wirtschafts- E89.280 Personen oder 2,71 Prozent mehr Steiermark mit 16.407 Personen bzw. mit landesrat Viktor Sigl. Im neuen Pakt für beschäftigt als noch im März 2007. „Diese 3,60 %. Arbeit und Qualifizierung 2008, der gerade Entwicklung belegt eindrucksvoll die gute Gegenüber dem Vormonat ist der Be- fertig gestellt wird, werde daher erneut ganz Lage am heimischen Arbeitsmarkt“, sagt Ar- schäftigtenstand um 25.569 bzw. 0,76 % ge- gezielt in Maßnahmen für Qualifizierung, beitsminister Martin Bartenstein zu den vom stiegen. Die Zahl der männlichen Arbeitneh- Aus- und Weiterbildung investiert, um drin- Hauptverband der Sozialversicherungsträger mer erhöhte sich um 27.417 (+ 1,54 %), die gend benötigte Fachkräfte für die oö. veröffentlichten Zahlen. Das sei ein weiterer der weiblichen verringerte sich um 1.848 Wirtschaft zu bekommen. Schritt in Richtung Vollbeschäftigung. (- 0,12 %). Bis auf die Bundesländer Mehr als 10.000 offene Stellen stehen Im März ist die Zahl der Arbeitssu- Salzburg und Tirol weisen alle Bundesländer derzeit in Oberösterreich zur Besetzung an. chenden um 11,5 Prozent auf 210.456 gesun- eine Zunahme des Beschäftigtenstandes auf. „Eine Chance, noch mehr Menschen in Be- ken. Das ist der niedrigste März-Wert seit Der absolut größte Zugang ist in Nie- schäftigung zu bringen. Zugleich die große 16 Jahren. Im EU-Vergleich liegt Österreich derösterreich mit 8.719 Personen, der relativ Herausforderung, durch nötige Qualifizie- mit einer Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent größte Zugang ist im Burgenland mit 3,55 % rung und Ausbildung die Voraussetzungen auf dem 4. Platz, bei Jugendarbeitslosigkeit zu beobachten. für die Beschäftigung zu ermöglichen, um auf dem 2. Platz (7,7 Prozent). Laut Mitteilung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger standen am 31. März 2008 insgesamt 3.388.759 Menschen in einem Beschäftigungsverhältnis (Män- ner: 1.811.445 das sind im Jahresabstand +42.733 bzw. +2,42 Prozent; Frauen: 1.577.314, das sind +46.547 bzw. +3,04 Pro- zent). Alle Bundesländer weisen eine Zu- nahme des Beschäftigtenstandes auf. Den größten Zugang hat die Steiermark mit 16.407 Personen (+ 3,60 Prozent). Diese Zahlen umfassen alle Personen, deren Beschäftigungsverhältnis (Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeldbezieher, Präsenz- dienstleistende sowie im Krankenstand be- Im Beschäftigtenstand vom 31. März Angebot und Nachfrage verbinden zu kön- findliche Personen sind mitgezählt) aufrecht 2008 sind 10.626 präsenzdienstleistende nen“, so Pühringer und Sigl. Daher werde ist; zuzüglich der den Dienstnehmern gleich- Personen und 104.802 Karenz- bzw. Kin- insbesondere bei Jugendlichen und bei Frau- gestellten sowie aufgrund eines Ausbil- derbetreuungsgeldbezieher(innen) enthalten. enbeschäftigung erneut ein Maßnahmen- dungsverhältnisses in die Krankenver- bündel von Job-Coaching bei Lehrstellen- sicherung einbezogenen Personen. OÖ: Derzeit fast suchenden bis zu Fem-Implacement oder Am Stichtag 31. März 2008 betrug die 200 offene Lehrstellen Frauen in technische Berufe geschnürt. Zahl der bei den österreichischen Sozialver- Mit Ende März stehen in Oberösterreich sicherungsträgern und Krankenfürsorgean- Der ungemein positive Trend am oö. Ar- 528 sofort verfügbare Lehrstellensuchende stalten gemeldeten und ihnen gleichgestell- beitsmarkt hat sich auch im März fortge- 725 sofort verfügbaren Lehrstellen gegenü- ten unselbstständig Erwerbstätigen (Be- setzt. Oberösterreich kann sich über einen ber, was einen rechnerischen Überhang von schäftigte) 3,388.759. Darunter waren Rückgang der Arbeitslosigkeit um 13,5 % 197 offenen Lehrstellen bedeutet. „Hier wer- 1,811.445 Männer, sowie 1,577.314 Frauen. bzw. -3256 Personen freuen. „Erfreulich ist, den wir in Kürze erneut das Projekt Gegenüber dem Vorjahr ist die Ge- daß sich der Rückgang erneut in allen Alters- ,Perspektive Job – Jugend hat Vorrang‘ star- samtzahl der Beschäftigten um 89.280 bzw. schichten deutlich zu Buche schlägt. In der ten, um jenen Jugendlichen, die ihre Schule 2,71 % gestiegen. Die Zahl der männlichen aktiven Arbeitsmarktpolitik gilt es den der- abschließen, ab Sommer auf Lehrstellensu- Arbeitskräfte erhöhte sich um 42.733 (+ zeit knapp 21.000 als arbeitslos vorgemerk- che sind und noch keine Zusage haben, unter 2,42 %) und die der weiblichen um 46.547 ten Menschen in Oberösterreich – der nie- die Arme zu greifen und mit JobCoaches zu (+ 3,04 %). Alle Bundesländer weisen eine drigste Wert seit 1989 – ein besonderes betreuen und zu begleiten“, sagt Wirtschafts- Zunahme des Beschäftigtenstandes auf. Den Augenmerk zu widmen“, betonen Landes- Landesrat Viktor Sigl. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 33 Wirtschaft Fernost und Australien – starke Exportzuwächse Mit Qualität und Phantasie zum Exporterfolg im Fernen Osten – wie etwa das Beispiel von österreichischem Wasabi-Käse für Japan zeigt

ach dem guten Exportjahr 2007 setzt Nsich die positive Entwicklung bei den österreichischen Ausfuhren auch heuer wie- der fort und der Export bleibt der Wachs- tumsmotor der österreichischen Wirtschaft. „Einen besonderen Beitrag zur guten Ex- portperformance trägt die Region Ferner Osten und Australien bei. Das Exportplus in die Region machte 2007 überdurchschnittli- che 11,4% aus – das weltweite Exportwachs- tum lag mit 10% knapp darunter“, sagt Gudrun Hager, stv. Leiterin der Außenwirt- schaft Österreich (AWO) der Wirtschafts- kammer Österreich (WKÖ), anläßlich der „Außenwirtschaftstagung Fernost“ mit den österreichischen Handelsdelegierten aus China, Japan, Korea, Taiwan und Australien.

Fernost / Australien Der Anteil der österreichischen Exporte in diese Region am weltweiten Export macht Werner Somweber, Handelsdelegierter in Seoul, Ernst Laschan, Handelsdelegierter 4,3% aus. Das Exportvolumen von 4,9 Mrd. in Japan, Gudrun Hager, stv. Leiterin der Außenwirtschaft Österreich, und Oskar Euro entspricht in etwa jenem des viertwich- Andesner, Handelsdelegierter in Peking Foto: WKÖ/AWO/Stabsabteilung Presse tigsten österreichischen Handelspartners, der Schweiz (4,5 Mrd. Euro). Sogar Boom- Mrd. Euro), Japan (1,1 Mrd. Euro), Au- konnten für ihre Betreuungsbereiche über regionen wie die GUS-Staaten (3,5 Mrd. stralien (664 Mio. Euro) und Korea (606 nicht so bekannte Beispiele für österreichi- Euro) oder der Nahe/Mittlere Osten (2,1 Mio. Euro). Alleine die Ausfuhren nach Chi- sche Exporterfolge – abseits von Anlagen- Mrd. Euro) liegen in punkto Exportvolumen na entsprechen den Gesamtexporten Öster- bauern und verschiedenen erfolgreichen weit abgeschlagen hinter den Exportmagne- reichs nach Afrika. China sorgte im vergan- Zulieferfirmen – berichten. Oskar Andesner, ten in Fernost/Australien. Hager: „Das über- genen Jahr ausfuhrseitig für ein weiteres Handelsdelegierter in Peking: „In China zäh- durchschnittliche Exportwachstum von Highlight. Der Zuwachs der österreichischen len Stempel mehr als Unterschriften und das 11,4% nach Fernost/Australien ist im Hin- Exporte erreichte mit 33,3% einen sensatio- österreichische Unternehmen Trodat nutzte blick auf die schwierigeren weltwirtschaft- nellen Spitzenwert. Derartig hohe Zuwachs- diese Chance und hat sich als erfolgreicher lichen Verhältnisse 2007 besonders bemer- raten sind kaum sonst wo zu finden. Generell Stempellieferant am schwierigen chinesi- kenswert und liegt über der Exportentwick- gelte für den Exporterfolg im Fernen Osten schen Markt etabliert.“ Oder die Zumtobel- lung mit anderen Weltregionen.“ So machte der Grundsatz „mit Qualitätsprodukten und Gruppe, die für die Beleuchtung am neuen das Ausfuhrplus in Österreichs wichtigste Phantasie zum Erfolg“, so Ernst Laschan, gigantischen, eine Million Quadratmeter Exportregion, die EU-27, 10,4% aus, in den österreichischer Handelsdelegierter in Japan. großen Terminal des Pekinger Flughafens Euro-Raum 9,4% und nach Amerika nur Als Beispiel für diesen Weg nannte er das sorgt. Nach Shanghai, das von Birgit Murr 0,2%. Auch der Zuwachs zu unserem wich- Unternehmen Landfrisch, das mit einem als Handelsdelegierte betreut wird, liefert tigsten Exportpartner Deutschland lag mit speziell für den japanischen Markt kreierten das Wiener Musikhaus Doblinger No- 9,3% unter dem Plus nach Fernost. Wasabi-Käse in Japan einen Hit gelandet ten(hefte), die in dieser Qualität in China hat. Aber auch mit High-tech Made in nicht zu finden sind. Murr: „Aber auch mit Stärkste Magneten Austria könne man in Japan reüssieren, so Lebensmitteln kann man in China erfolg- sind China und Japan Laschan, „wie das Beispiel Diamond Air- reich sein. So finden sich in vielen Super- craft beweist, das Flieger zur Ausbildung märkten Produkte von Darbo, Kotanyi, Die stärksten Magneten in der Region für japanischer Piloten nach Japan exportiert.“ Kellys oder Gösser.“ Im Raum Hongkong, österreichische Produkte sind China (1,6 Auch die anderen Handelsdelegierten das die Drehscheibe für den Handel mit Süd-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 34 Wirtschaft china darstellt und vom Handelsdelegierten Martin Glatz betreut wird, konnte Coop Himmelb(l)au die internationale Ausschrei- bung für den Bau eines Museums für moder- ne Kunst gewinnen. In Korea baut die Va tech Hydro derzeit das weltgrößte Ge- zeitenkraftwerk. Werner Somweber, öster- reichischer Handelsdelegierter in Seoul:

Prestigeprojekte und exotische Erfolge „Ein weiteres Prestigeprojekt konnte Waagner-Biro mit der Wiederherstellung der abgebrannten Seouler Staatsoper an Land ziehen. „Die Firma Doppelmayr rüstet ein Skigebiet nach dem anderen mit Aufstiegs- hilfen aus, Skidata liefert dazu die Zutritts- kontrollen und das Salzburger Unternehmen Brandauer baut Sommerrodelbahnen. „In Taiwan wird KTM zu einer zusehends be- liebteren Motorradmarke“, berichtet Wolf- ram Moritz, österreichischer Handelsdele- Guido Stock, Handelsdelegierter in Sydney, bericht, daß »die OMV mittlerweile gierter in Taipei, der auch einen ganz „exoti- der drittgrößte Gasproduzent ist und heuer der größte Ölproduzent des Insel- schen“ Exporterfolg nennen kann: Der ober- staates werden wird.« Im Bild: Bohrplattform der OMV AUSTRALIA PTY LTD., österreichische Orgelbauer Kaltenbrunner einer 100%-igen Tochter der OMV Aktiengesellschaft Foto: OMV exportierte eine Kirchenorgel für eine katho- lische Universität in Taiwan. Neben einem Rekordwert an Exporten nach Australien im Exporttag und Exportpreisverleihung 2008 abgelaufenen Jahr berichtete Guido Stock, Handelsdelegierter in Sydney, der auch für „Die österreichische Exporterfolgsge- die in Wor(l)d Raps branchen- und länder- Neuseeland zuständig ist, daß „die OMV schichte geht weiter und auch für das abge- spezifische Details vorstellen und für indivi- mittlerweile der drittgrößte Gasproduzent ist laufene Jahr 2007 können wir eine erfolgrei- duelle Beratungsgespräche zur Verfügung und heuer der größte Ölproduzent des Insel- che Exportbilanz liefern“, ist WKÖ-Präsi- stehen, sowie die Ausstellung exportorien- staates werden wird.“ dent Christoph Leitl überzeugt. Mit einem tierter Dienstleistungsunternehmen runden Exportzuwachs von mehr als 10 Prozent auf das Programm ab. »Go international« 114,2 Mrd. Euro haben die heimischen Ex- Der Exporttag der AWO richtet sich an wurde verlängert porteure den bisher höchsten Außenhandels- bereits exportierende Unternehmen als auch überschuß (460 Mio. Euro) erzielt. an Neuexporteure, um sie auf ihrem Weg der Für den anhaltenden Erfolg österreichi- Der Exporttag der Außenwirtscahft Internationalisierung als kompetenter Part- scher Unternehmen im Fernen Osten organi- Österreich (AWO) hat sich zur wichtigsten ner mit langjähriger Erfahrung und mit siert die AWO heuer über 90 Auslands- und Veranstaltung der Themenbereiche Globali- Büros in über 100 Ländern zu beraten. ca. 30 Inlandveranstaltungen für diese Re- sierung und internationale Wirtschaft für ex- „Mit einem breiten Fördermaßnahmen- gion (Wirtschaftsmissionen, Marktsondie- portierende Unternehmen entwickelt. Er fin- Paket will die AWO künftig noch mehr Klein- rungsreisen, Messebeteiligungen, Informa- det heuer bereits das 6. Mal statt. Die AWO und Mittelbetriebe (KMU), aber auch ver- tionsveranstaltungen etc.). Eine ganz wichti- nützt diesen Tag und präsentiert sich gegen- stärkt Einpersonen-Unternehmen (EPU) ge Säule der Exportförderung ist dabei die über ihren Kunden als wichtiges Team- zum Export motivieren“, bestärkt AWO-Lei- gemeinsame Internationalisierungsoffensive Mitglied, das die Unternehmer mit seinem ter Walter Koren seine Vision. Neue Service- von WKÖ und Bundesregierung, „go inter- weltweiten Netzwerk, Know-How und Kom- leistungen, wie so genannte ‚Export Angels‘ national“, die vor kurzem bis 31. 03. 2009 petenz unterstützt, den Ball des Geschäfts – besonders geschulte Mitarbeiter der öster- verlängert wurde. „Damit wir auch darüber erfolgreich ins globale Kreuzeck zu kicken. reichischen Außenhandelsstellen, die Neu- hinaus den österreichischen Unternehmen Ein kompaktes Programm aus hochkarä- exporteure vor Ort betreuen, ihnen bei der die gleiche Unterstützung und das gleiche tigen Panel-Diskussionen zu den Themen Geschäftspartnersuche, Geschäftabwicklung Service bieten können, fordern wir die lang- „Marketing & Technology“ sowie den etc. zur Seite stehen – sollen die Zahl expor- fristige Verlängerung von ‚go international’, Chancen von KMUs und Workshops zu tierender Unternehmen auf 40.000 steigern. schließlich ist der Export die treibende Kraft wichtigen Aspekten der Internationalisie- der österreichischen Wirtschaft“, so Hager rung bietet den Besuchern umfassende Be- „Meet the World“ Vienna DC, Palladium abschließend. „ ratung und Information aus erster Hand. 24. April 2008, ab 09:00 Uhr http://portal.wko.at Handelsdelegierte aus allen Weltregionen, Donaucity-Straße 15, 1220 Wien

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 35 Wirtschaft 1170 Mio. Euro bis 2013 für oö. Autobahnen

n den letzten fünf Jahren wurden in IOberösterreich 923 Mio. Euro in das höchstrangige Straßennetz investiert. Bis 2013 sind weitere 1170 Mio. Euro seitens der ASFINAG fix eingeplant, freut sich Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Hiesl. Ein funktionierendes Verkehrssystem ist für die oberösterreichische Wirtschaft, die noch wettbewerbsfähiger werden will, völlig un- verzichtbar und unabdingbare Voraussetzung für weiteres Wirtschaftswachstum, noch höhere Beschäftigung und Wohlstand. Des- halb ist es notwendig, daß die geplanten ASFINAG-Projekte in Oberösterreich – A 26 Westring Linz, S 10 Mühlviertler Schnellstraße, A 9 Vollausbau, A 8 General- sanierung – rasch wie geplant umgesetzt werden, so Hiesl. Innerhalb von zehn Jahren werden insge- samt mehr als 2000 Mio. Euro in die Er- tüchtigung des oö. Autobahnnetzes inve- stiert. Diese Investitionen sind die Basis für eine gesicherte Mobilität, die für Wirtschaft und Gesellschaft einen hohen Stellenwert besitzt. Sie hat große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschafts- Foto: ASFINAG standortes und für Wohlstand und Be- tischen Verkehrs. Für 2025 wird eine Ab- Bauende 31. Dezember 2010 – Baustellen- schäftigung. nahme des Gesamtverkehrs um 8 Prozent länge rund 11 km – Gesamtkosten ca. 38,3 Der Bau der S 10 Mühlviertler Schnell- prognostiziert, so Hiesl. Insgesamt kommt es Mio. Euro. straße wird wirtschaftliche Impulse für durch die A 26 auch zu einer Reduktion der A 8 Generalerneuerung Pichl - Meggen- Freistadt und die gesamte Region Mühlvier- Wegzeiten in Linz um 12 Prozent. Das be- hofen: Baubeginn 22. September 2008 – tel bringen. Die 37,4 km lange S 10 Mühl- deutet einerseits für die Linzer eine wesent- Verkehrsfreigabe der RFB Suben Dezember viertler Schnellstraße wird nicht für den liche Entlastung und ein rascheres Fortkom- 2009 – Verkehrsfreigabe der RFB Wels Transitverkehr, sondern für die Pendler und men und andererseits für die Pendler eine November 2010 – Baustellenlänge rund die Wirtschaft der Region ausgebaut werden. große Erleichterung auf ihrem täglichen Weg 11 km – Gesamtkosten: ca. 31,4 Mio. Euro. Ein gut ausgebauter Verkehrsweg S 10 ist zur Arbeit, Universität oder Schule. Die A 26 A 8 Generalerneuerung Meggenhofen - eine Wohlstandsachse der Zukunft, die wird ebenfalls im Jahr 2009 begonnen wer- Haag: Baubeginn Jänner 2011 – Verkehrs- Bewohner und die Wirtschaftsbetriebe des den, die Verkehrsfreigabe für den Südab- freigabe der RFB Suben Dezember 2011 – Mühlviertels haben ein Anrecht darauf, zeigt schnitt ist für 2014 geplant, die Gesamt- Verkehrsfreigabe der RFB Wels November Hiesl auf. Bereits im kommenden Jahr wird kosten liegen bei 403 Mio. Euro. 2012 – Baustellenlänge rund 12 km – mit dem Bau begonnen werden, die Ver- Gesamtkosten ca. 32 Mio. Euro. kehrsfreigabe ist für 2015 geplant, die Ge- Weitere wichtige A 9 Lainbergtunnel - Sanierung der Be- samtkosten werden sich auf 689 Mio. Euro Autobahnprojekte standsröhre – Verkehrsfreigabe August belaufen. 2008 – Gesamtkosten 48 Mio. Euro. Die A26 Westring Linz inklusive 4. Do- A 1 Generalerneuerung Regau - See- A 9 Vollausbau Bosrucktunnel: Baubeginn naubrücke wird nicht nur eine wesentliche walchen: einschließlich Schwerpunktrast- Anfang 2009 – Verkehrsfreigabe inkl. Sa- Verbesserung des hochrangigen Straßennet- plätze Hainbach Nord und Süd: Baubeginn nierung der bestehenden Tunnelröhre Juni zes im Großraum Linz bringen sondern auch 1. Juli 2008 – Bauende 27. November 2014 – Gesamtkosten 294 Mio. Euro. zu einer Aufwertung des Wirtschaftsstand- 2009 – Baustellenlänge rund 10 km – A 1 Anschlussstelle Eberstalzell: Kosten ortes der Landeshauptstadt und der angren- Gesamtkosten ca. 42,8 Mio. Euro. ASFINAG ca. 2,1 Mio. Euro – Baubeginn zenden Regionen beitragen. Er bedeutet vor A 1 Generalerneuerung Vorchdorf - Steyrer- 30. September 2008 – Verkehrsfreigabe allem eine maßgebliche Entlastung des städ- mühl: Baubeginn 1. November 2009 – 26. Juni 2009. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 36 Wirtschaft Salzburg: 1. Platz beim renommierten Conga Award Der renommierte Conga-Award, der die weltweit besten Destinationen für Tagungen und Kongresse auszeichnet, ging in der Kategorie »Destinationen International« an Salzburg. 25.000 internationale Fachleute wählten ihre Favoriten. Foto: SalzburgerLand Ein wunderschöner, beeindruckender Blick über die Salzach auf die Stadt Salzburg und die Feste Hohensalzburg

ufgabe des Salzburg Convention Bureau ten den in der Branche weltweit begehrten tungsbereich auszeichnet. Die Gewinner wer- A(SCB) ist die Vermarktung und Positio- Preis dann auch persönlich in Mainz ent- den in insgesamt zehn Kategorien gewählt: nierung von Stadt und Land Salzburg als gegennehmen: „Wir sind wirklich unglaub- Kongreßzentren, Moderatoren, Tagungsho- Meeting-, Incentive-, Event- und Kongreß- lich stolz auf diesen Preis. Es freut uns umso tels, Veranstaltungsagenturen, Veranstal- destination. Bearbeitet werden die Märkte mehr, da wir im letzten Jahr noch hinter tungstechnik, Referenten, Eventlocations, Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Dubai am zweiten Platz gelegen sind – heuer Destinationen national, Destinationen inter- Großbritannien, Frankreich und Benelux. wurden wir erstmals an die Spitze gewählt.“ national und Künstler. Das SCB hat 77 Partnerbetriebe – Hotels, In der Kategorie „Destinationen Interna- Kongreßzentren, Incoming Agenturen, Lo- Auch Paris, Stockholm tional“ waren so prominente Namen wie cations, Kongreß-Service Anbieter, sowie und Zürich geschlagen Paris, Stockholm, Prag, Zürich, Dubai und den strategischen Partner Austrian Airlines. New York nominiert – den begehrten Preis Das SCB wird als Verein geführt, die Fi- Für Schmidhofer ist der Conga-Award heimsten aber die Salzburger ein. nanzierung erfolgt durch die Beiträge der ein Beweis für die gute Arbeit aller Salz- einzelnen Mitglieder sowie mit Unterstüt- burger Veranstaltungszentren, Locations, Salzburgs Vielfalt zung von Wirtschaftskammer Salzburg, Tou- Hotels, Agenturen und Service-Anbieter: rismus Salzburg GmbH und SalzburgerLand „Ein solcher Preis dient Veranstaltungs- Salzburg, die weltberühmte Metropole, Tourismus GmbH. Der Vorstand des Con- organisatoren als Orientierungshilfe bei der ist reich an wechselvoller Geschichte, präch- vention Bureau besteht aus neun Mitglie- Auswahl zukünftiger Tagungsdestinationen. tigen Bauten und Tradition; sie ist ein kultu- dern, Obmann ist Stefan Herzl, Geschäfts- Deshalb ist es wichtig, hier ganz vorne dabei relles Kleinod, das mit urbanem Flair bezau- führer der Panoramatours & Travel GmbH. zu sein.“ bert. Und das alles in einer Kombination, Das SCB wird von Heidi Strobl und Klaus Der Conga Award ist der einzige Preis, wie man sie auf so kleinem Raum selten fin- Schmidhofer geleitet. Und die beiden konn- der alle Leistungserbringer im Veranstal- det. Und vor ihren Toren erwartet das vari-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 37 Wirtschaft antenreiche SalzburgerLand den Besucher mit „Natur pur“. Von den Mooren und Auen des unmittelbar an die Stadt angrenzenden Flachgaues über Almen und Bergwälder bis in die Gletscherzonen des Pinzgaues gibt es unerschöpfliche, einmalige Landschaft, die es zu entdecken und zu genießen gilt. Ob Sommer oder Winter, Festspielaufführungen oder Hüttenzauber, Haubenküche oder Brettl- jause, Golf oder Skifahren, schier uner- schöpflich sind die Freizeit- und Sportmög- lichkeiten. Solchermaßen gesegnet bieten Stadt und Land die ideale Voraussetzung für Kongresse, Seminare, Tagungen oder In- centives, von der kleinsten Veranstaltung bis zum internationalen Event.

Zahlen & Fakten Hotelkapazität SalzburgerLand und Stadt Salzburg (Betten) Klaus Schmidhofer, Leiter des Salzburg Convention Bureau, nahm den begehrten  10 x 5-Stern Hotels = 1620 B. »Conga Award 2008« in Mainz entgegen. Foto: SBC  426 x 4-Stern Hotels = 39.203 B.  1052 x 3-Stern Hotels = 40.051 B. »State of the Art« Die mächtigen Fürsterzbischöfe, die Salzburg bis zum Jahr 1803 regierten, haben Flughafen Salzburg ist die Technik in den elf Congress Lo- durch ihre rege Bautätigkeit die Architektur Airport W. A. Mozart cations. 37 Seminar- & Tagungshotels der der Stadt nachhaltig geprägt. Eine der impo-  Entfernung zur Innenstadt 4 km Vier- und Fünf-Sterne Kategorie verfügen santesten Zeuginnen ist zweifelsohne die auf  Transferzeit in die Innenstadt über bestens ausgestattete Seminar- und dem Mönchs- bzw. Festungsberg gelegene 15 Minuten Tagungsräume. Stimmungsvolle Räumlich- Festung Hohensalzburg, deren Silhouette keiten in historischem Ambiente – wie zum weithin sichtbar das Stadtbild beherrscht. Hauptbahnhof Salzburg Beispiel barocken Schlössern oder mittelal- Zu ebener Erde führt die Zeitreise durch  Entfernung zur Innenstadt 1,5 km terlichen Burgen – bieten das Geeignete für ein Stadtbild, das in seiner Geschlossenheit  Transferzeit in die Innenstadt jeden Geschmack und lassen jede Veran- einzigartig ist. Nicht umsonst wurde Salz- 5 Minuten staltung zum unvergeßlichen Erlebnis wer- burg am 1. Jänner 1997 in die Weltkulturerbe- den. Liste der UNESCO aufgenommen. Dies be- Autobahnen Die perfekte Organisation von der Pla- deutet eine außergewöhnliche Auszeich- A1 Linz 130 km, Wien 310 km nung bis zur Umsetzung wird von den Salz- nung, ist aber zugleich Verpflichtung, mit A 8 München 130 km burger-Profis selbstverständlich mitgeliefert. diesem kulturellen Erbe sorgsam umzuge- A10 Villach 180 km Ein besonderer Trumpf ist dabei die unmittel- hen – eine Verpflichtung, der man in Salz- Udine 300 km bare Nähe der einzelnen Kongreßzentren zu burg gerne nachkommt. Venedig 420 km den Hotels und Örtlichkeiten für die Rah- menprogramme. Architektonische Perle Highlights in So bleibt auch nach längeren Tagungen Stadt und Land noch genügend Zeit, um sich zu erholen und Die großzügig angelegten Plätze vermit-  Geburtsstadt von W. A. Mozart die Schönheit von Stadt und Land Salzburg teln italienische Grandezza und werden (* 27.01.1756 † 05.12.1791) in vollen Zügen genießen zu können. allesamt gesäumt von prachtvollen Sakral-  Altstadt von Salzburg – seit Das SalzburgerLand verfügt über eine und Profanbauten, wie etwa der Dom oder 1997 UNESCO Weltkulturerbe sehr ausgeprägte Tradition mit einer Fülle an die erzbischöflichen Residenzen und einer  4000 Kulturveranstaltungen im Jahr alten Bräuchen, die über die Jahrhunderte Reihe von hochherrschaftlichen Bürgerhäu- hinweg sorgfältig behütet wurden und heute sern, die auf Reichtum und Einfluß hinwei- Aktiv im SalzburgerLand: sowohl im städtischen, als auch im ländli- sen.  5000 Rad- und Mountainbikewege chen Bereich gepflegt werden. Die Mitte dieser Freiflächen schmücken  18 Golfplatze Salzburg ist eine glückliche Symbiose entweder kunstvolle barocke Brunnen, Sta-  7200 markierte Wanderwege aus Landschaft und Baukunst, Tradition und tuen oder Denkmäler aus verschiedenen  1700 Pistenkilometer in 22 Ski- Innovation. Eingebettet zwischen den Stadt- Epochen. Unmittelbar an diesen weiten und regionen bergen und dem Fluß Salzach zieht die Fest- großzügig angelegten Teil schließen schon  570 Liftanlagen spielstadt ihre Besucher unweigerlich in die mittelalterlichen Gäßchen mit ihren ihren Bann. schmalen hohen Häusern, kleinen Fenstern

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 38 Wirtschaft und den für Salzburg typischen Grabendä- gibt es Schöneres als beim Wandern oder ziellen Verwöhnprogrammen für Körper, chern an und lassen ungefähr erahnen, wie es Bergsteigen von Höhenmeter zu Höhenme- Seele und Geist punkten. Diese haben ja sich einst hier gelebt hat. ter zu spüren, wie Hektik und Streß immer vielleicht besonders die Golfer nötig, wenn Wirft man einen Blick hinter die streng weiter zurückbleiben, bis sich im Rucksack sie auf einem der rund 18 Bilderbuchplätze anmutenden Eingangstore oder erkundet tatsächlich nur mehr das Nötige befindet, um im SalzburgerLand wieder einmal alles ge- etwa die Durchgänge, die Salzburgs berühm- Natur bewußt erleben zu können und sich geben haben. teste Gasse, die Getreidegasse, mit dem Uni- selbst ein Stück näher zu kommen. versitätsplatz und seinem traditionellen Grün- Bei über 7000 Kilometern an Wanderwe- Zum Beispiel … markt verbinden, so eröffnet sich so manch gen sollte dem Gelingen nichts im Wege ste- ungeahnte Aussicht auf reizvolle, marmor- hen. Das Salzburger Messezentrum wird im gepflasterte Innenhöfe mit Arkadengängen Auch für alle Radbegeisterten ist das Mai 2012 Schauplatz der Welthundeausstel- venezianischen Stils und kleinen Geschäften. SalzburgerLand ein wahres Dorado. lung. Bei der Großveranstaltung werden 15.000 Aussteller, bis zu 20.000 Hunde und Musikalische Hochburg 30.000 Besucher erwartet. Die Entscheidung für Salzburg fiel nach einem harten Kandi- Die Getreidegasse ist auch Anziehungs- datenrennen bei einer Konferenz des Welt- punkt für Musikfreunde aus aller Welt, die Kynologenverbandes in Acapulco. Der Ge- hierher kommen, um dem weltweit größten genkandidat Budapest wurde durch die in- musikalischen Genie ihre Referenz zu erwei- tensive Bewerbungsarbeit des Salzburg sen und das Haus Getreidegasse Nr. 9 zu be- Convention Bureau (SCB) und des Österrei- sichtigen, in dessen drittem Stock am 27. Jän- chischen Kynologen-Verbandes geschlagen. ner 1756 Wolfgang Amadeus Mozart das Und auf dem Veranstaltungskalender des Licht der Welt erblickte. SBC finden sich viele Termine mit klingen- 1920 wurden die Salzburger Festspiele den Namen wie die Internationale Fachmes- gegründet und sind strahlender Fixstern am se für Leichtbaukonstruktion, die Psycho- Kulturhimmel und versammeln jedes Jahr therapiewoche, die Tagung Notfallmedizin, im August die internationale crème de la die Salzburger Spielemesse, das European crème aus Musik, Theater und bildender Foto: SalzburgerLand Health Forum Gastein, die Internationale Das vielbesuchte Geburtshaus von Kunst in der Stadt an der Salzach. Anzie- W. A. Mozart in der Getreidegasse Oldtimer Messe u.v.a. hungspunkt ist natürlich auch die Freilicht- Gibt es jetzt noch einen triftigen Grund, aufführung des „Jedermann“ vor der über- Ob eine gemütliche Überlandpartie oder Ihre Tagung, Ihr Seminar oder Ihren Kon- wältigenden Kulisse des Salzburger Domes. eine schweißtreibende Bergtour, das Rad- greß nicht in Salzburg abzuhalten? „ Doch das ist noch lange nicht alles, denn wegenetz in Salzburg ist bestens ausgebaut http://www.salzburgcb.com Salzburg ist auch Heimat der Osterfestspiele, und neben dem positiven Effekt des Rad- gegründet vom ebenfalls in Salzburg gebore- sports auf Gesundheit und Wohlbefinden Die Serviceleistungen nen, begnadeten Maestro Herbert von Kara- kann man dabei sehr viel Neues entdecken. jan. Und zu Pfingsten kommen mit dem Festi-  Unterstützung bei der Planung von Veranstaltungen in Salzburg, val „Pfingsten Barock“ Freunde barocker Wasser – kostbares Gut Musik auf ihre Rechnung.  Information über das Salzburger An- Diese mit Mozart begründete musikali- Das kühle Naß in Form von Flüssen, Bä- gebot, sche Tradition wird mit der renommierten chen oder Seen prägt wesentlich die Land-  Beratung bei der Auswahl der Universität für Musik und darstellende schaft. Die hohe Qualität des Wassers, das passenden Veranstaltungslocation, Kunst „Mozarteum“ seit mehr als 160 Jahren diese Quellen der Erholung speist, ist von  Vorschläge für Veranstaltungster- auf allerhöchstem Niveau gepflegt. unschätzbarem Wert. Alle gängigen Wasser- mine, Mit 600 Kultureinrichtungen und rund sportarten wie Surfen, Segeln oder Wasser-  Kontaktherstellung zu den einzelnen 4000 Veranstaltungen jährlich bietet Salz- skifahren sind auf vielen der 185 Seen mög- Betrieben und Einladung zur Ange- burg ein alle Genres umfassendes kulturelles lich, aber auch Schwimmer oder Taucher botslegung, Angebot, das sicher keinen internationalen kommen auf ihre Rechnung.  Erstellung und Organisation des Vergleich zu scheuen braucht. Vielerorts werden auch Wildwasserraf- Programms in Kooperation mit ting oder Canyoning angeboten, Sportarten lokalen Incoming Agenturen, Naturerlebnis die neben dem Funfactor auch einen gehöri-  Betreuung bei Besichtigungen gen Adrenalinausstoß garantieren und sich in Stadt und Land Salzburg, „Ein Stück vom Paradies“ war für den übrigens hervorragend für Teambuildingpro-  Publizierung von Veranstaltungen – Schriftsteller Carl Zuckmayer seine Wahl- zesse im Rahmen von Incentives oder wenn gewünscht – im Salzburger heimat: das SalzburgerLand. Und dieser Firmenausflügen eignen. Veranstaltungskalender und „Liebeserklärung“ erweist sich dieser begna- Und weil wir schon beim Wasser sind,  Bereitstellung von Informationen dete Landstrich mehr als würdig. Salzburg beherbergt zahlreiche Kurorte, die über Salzburg für Veranstaltungs- Seit jeher bestimmen Berge das Leben in nicht nur durch die heilende Kraft ihrer teilnehmer. Salzburg. Sie sind Oasen der Ruhe, und was Quellen bekannt sind, sondern auch mit spe-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 39 Wirtschaft Handels-Check: Lebensmittel-Einzelhandel

m Rahmen seines jüngsten Handels-Check reichs Konsumenten der Preis“, so der Ge- am Markt nicht mehr geben würde (65,2%). Iunterzog Österreichs führendes Online schäftsführer von Marketagent.com, Thomas Während Hofer in Punkto Preis sozusa- Markt- und Meinungsforschungsinstitut Schwabl. Über 70 Prozent der Umfrage-Teil- gen das Ruder an sich reißt, dominieren die Marketagent.com den heimischen Lebens- nehmer aus dem Online Access Panel be- beiden „Premium-Anbieter“ Merkur und In- mittel-Einzelhandel einem Image-Check. zeichnen ein gutes Preis-Leistungsverhältnis terspar die Rankings, wenn es um Kompe- Rund 1000 Österreicher zwischen 14 und als „sehr wichtig“ (72,8%). Häufige Preis- tenz, Produkt-Qualität und Auswahl geht. 59 Jahren wurden zu ihren Einstellungen aktionen (57,8%) und besonders günstige Beide Unternehmen liegen hier klar vorne, rund um die Lebensmittel-Einzelhändler in Preise (59,0%) rangieren ebenfalls unter den wobei Merkur tendenziell die Nase vorne der österreichischen Handelslandschaft be- fünf aus Kundensicht wichtigsten Kriterien hat: 26,9 Prozent sind der Meinung, daß fragt. Ergebnis: Während Hofer in Punkto für die Auswahl eines bestimmten Händlers. Merkur „sehr kompetent“ bzw. „fachkundig“ Preis das Ruder an sich reißt, dominieren die Neben dem Preis spielt auch die leichte ist. 25,2 Prozent attestieren Interspar und beiden „Premium-Anbieter“ Merkur und In- Erreichbarkeit im Lebensmitteleinzelhandel 24,6 Prozent Spar/Eurospar die größte terspar die Rankings, wenn es um Kompe- eine wichtige Rolle (62,4%). Die Kriterien Kompetenz. Auch bei der besten Produkt- tenz, Produkt-Qualität und Auswahl geht. lange Öffnungszeiten, Kundenkarte mit in- Qualität ist Merkur mit 44,9 Prozent an der Jeder Vierte kauft seine Lebensmittel am teressanten Funktionen und Werbung haben Spitze zu finden, wiederum gefolgt von In- liebsten bei Hofer. Das Um und Auf beim hingegen einen geringeren Einfluß auf Kauf- terspar mit 40,6 Prozent und Spar/ Eurospar Einkauf im Lebensmittel-Einzelhandel ist entscheidungen. mit 38,5 Prozent. Was die größte Auswahl der Preis. Unter den Diskontern im heimischen betrifft, sind Interspar und Merkur mit ihren Diesen Studienergebnissen zufolge ge- Lebensmittel-Einzelhandel bietet Hofer nach großflächigen Filialen quasi unschlagbar. nießt Billa den größten Bekanntheitsgrad im Meinung der österreichischen Konsumenten 65,0 Prozent empfinden den Umfang der heimischen Lebensmittel-Einzelhandel. Spon- das mit Abstand beste Preis-Leistungs- angebotenen Produkte bei Interspar am tan nach den ihnen bekannten Lebensmittel- Einzelhändlern befragt, nennen zwei von drei Umfrage-Teilnehmern ungestützt Billa, Hofer jedem Dritten kommt das Unternehmen so- Spar / Eurospar gar als erstes in den Sinn. Hofer, Spar/ Euro- Billa spar und Merkur weisen dagegen eine unge- Merkur stützte Bekanntheit von rund 50 Prozent auf. Interspar

Bei Vorlage einer Liste der wichtigsten Le- Liedl bensmittel-Einzelhändler liegen die drei Penny

Unternehmen Billa (gestützte Bekanntheit: Zielpunkt / Plus

93,4%), Hofer (92,5%) und Spar/Eurospar M-Preis

(90,5%) im Bekanntheitsranking an der Adeg Spitze über der 90-Prozent-Marke. Nah & Frisch Geht es um die Besucher-Frequenz, zeigt Unimarkt sich allerdings schon ein ganz anderes Bild: Magnet Welches dieser Unternehmen aus dem Bereich Hofer ist mit 68,4 Prozent Besuchshäufig- Norma Lebensmittel-Einzelhandel besuchen Sie bevorzugt? keit innerhalb der letzten Wochen das am Contra Welches ist sozusagen Ihr Lieblingsunternehmen? häufigsten aufgesuchte Unternehmen im Le- bensmittel-Einzelhandel. Billa liegt hier schon verhältnis. 56,0 Prozent der Befragten verge- größten, 62,1 Prozent halten die Auswahl bei etwas weiter abgeschlagen mit 60,3 Prozent ben für das Unternehmen in dieser Kategorie Merkur für „sehr groß“. auf Platz zwei und Spar/ Eurospar folgt mit die Bestnote „sehr gut“. Lidl schafft es in Abschließend wurde das Image der hei- 54,9 Prozent auf Platz drei. Noch klarer wird dieser Kategorie mit riesigem Respektabstand mischen Lebensmittel-Einzelhändler erho- es bei der Frage nach dem Lieblingsunterneh- von einem Drittel Zuspruch (31,5%) auf Platz ben. Das Image-Ranking führen die beiden men: Jeder Vierte gibt an, seine Lebensmittel zwei und Penny folgt mit 26,7 Prozent auf „Premium-Anbieter“ Merkur (45,4%) und am liebsten bei Hofer zu kaufen (25,1%). dem dritten Stockerlplatz. Ein ähnliches Bild Interspar (43,0%) an, aber auch der Dis- Jeweils rund 17 Prozent besuchen bevorzugt zeigt sich auch bei den häufigsten Preisak- konter Hofer (37,5%) ist unter den Top drei Spar/ Eurospar (17,9%) und Billa (16,9%). tionen und den günstigsten Preisen. Hofer zu finden. Spar/ Eurospar (36,0%) und Billa Doch welche Aspekte sind bei der Wahl zieht auch hier dem Mitbewerb davon. Dem- (35,4%) belegen die Plätze vier und fünf, lie- eines Lebensmittelhändlers ausschlagge- entsprechend wenig verwunderlich ist es, gen mit einem Image-Wert von rund 35 Pro- bend? „Das Um und Auf beim Einkauf im daß die Mehrheit der Befragten besonders zent aber dicht hinter dem Drittplatzierten Lebensmittel-Einzelhandel ist für Öster- enttäuscht wäre, wenn es das Unternehmen Hofer. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 40 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Innsbruck Innsbruck – Eventstadt im »Herz der Alpen« Von 7. bis 29. Juni 2008 wird in Österreich und der Schweiz die UEFA EURO 2008™ ausgetragen. Wir stellen Ihnen die heimischen »Host Cities« vor. Diesmal: Innsbruck. Foto: Innsbruck Tourismus

Man sollte diese Gelegenheit keinesfalls versäumen: Ein derart atemberaubender Blick auf die Alpenmetropole Innsbruck bleibt unvergeßlich – auch wenn Österreich (wider Erwarten) vielleicht doch nicht Europameister werden sollte. irol fiebert der Fußball Europameister- Sommer wohl im „Herz der Alpen“: Spartak ge Spiele vor. Schwedische Fußballstars wa- Tschaft 2008 entgegen – und freut sich Moskau beispielsweise war bereits dreimal ren bis jetzt noch nicht im Herz der Alpen, ganz besonders über die zugelosten Mann- in Going für ein Trainingslager zu Gast. eine Tatsache, die sich bald ändern dürfte. schaften der Gruppe D, Rußland, Schweden Auch eine spanische Topmannschaft trai- Die Fans aus allen drei Nationen werden und Spanien. Nicht nur Urlaubsgäste aus nierte bereits mehrmals in Tirol, Real Mal- auf alle Fälle für beste Stimmung in Tirol Rußland fühlen sich im Winter wie im lorca bereitet sich gerne in Kössen auf wichti- sorgen. Die Gäste aus Rußland werden ihre

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 41 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Innsbruck

Zelte wohl am längsten im Land im Gebirg‘ aufschlagen, da ihre Mannschaft sowohl am 10. als auch am 18. Juni die Massen im Tivolistadion begeistern wird. Am 10. Juni trifft die russische Mannschaft rund um den niederländischen Trainer Guus Hiddink auf Spanien. Am 18. Juni steht Schweden als Gegner der Russen am Spielplan. Das dritte Spiel im Tivoli ist am 14. Juni Schweden gegen Spanien, ein Schlager, der sportlich und optisch sicher ein Fußballfest der Son- derklasse wird. Darüberhinaus werden die spanische und die tschechische Nationalmannschaften ihre Zelte in Tirol aufschlagen. Daß die tschechi- sche Nationalmannschaft in Seefeld Quartier beziehen wird, überrascht nur wenige, haben sie doch viele erfolgreiche Trainingseinhei- ten in der Olympiaregion absolviert. Die Foto: Tirol Werbung Spanier werden vom Stubaital aus zu den Rahmenprogramme bieten beste Unterhaltung – und einen atemberaubenden Spielen anreisen und steigen so in die Fuß- Blick auf Innsbruck als Draufgabe, diesmal von der gegenüberliegenden Talseite. stapfen diverser italienischer Clubs, die das Stubaital fast regelmäßig für ihre Trainings Für die Fans, die keine Eintrittskarten für gesorgt, entweder man probiert den Ge- nutzen. das neue Tivoli Stadion ergattern konnten, schmack Tirols an den Ständen mit regiona- hat Innsbruck dennoch viel zu bieten. Im len Spezialitäten oder man verweilt in den Bergisel Stadion, bestens bekannt durch die Straßencafés, um dem bunten Treiben rings- 4 Schanzen-Tournee im Winter, gibt es das um in Ruhe zuzusehen. Von der Shop- offizielle Public Viewing der UEFA. 15.000 pingmeile in den eleganten Rathausgalerien Fans genießen bei kostenlosem Eintritt über glitzernde Verführungen im Swarovski Spannung, Spiel und Spaß – und zwar an Shop in der Altstadt bis zu zahlreichen allen Spieltagen. Alle Spiele werden hier auf Boutiquen sowie kleinen Spezialitätenge- einer Mega-Leinwand übertragen, die mit schäften reicht die Palette des Gebotenen. 84 m² die größte dieser ganzen EURO 2008TM Und während der EURO 2008TM gibt es auf sein wird, beim Rahmenprogramm gibt es der Fan Meile natürlich jede Menge Un- beste Unterhaltung und den atemberauben- terhaltung – mit eigenem Kinderprogramm den Blick auf Innsbruck als Draufgabe. für die jüngsten Fußballfans. Die internationale Gästeschar befindet Wer auf der Fan-Meile rings um die ba- sich in der Bergisel Arena bereits auf „histo- rocke Pracht der Hofburg oder auf dem Vor- rischem Boden“, fanden hier doch die Ski- platz des Landestheaters Lust auf einen Ab- sprungbewerbe der Olympischen Winter- stecher ins kulturelle Geschehen der Stadt spiele 1964 und 1976 statt. Mittlerweile trägt hat, dem sei die Innsbruck Card ans Herz die Schanze ein weltbekanntes neues „Ge- gelegt, die für 24, 48 oder 72 Stunden (24,-, sicht“ – einer Kobra gleich schraubt sich die 29,- und 34,- Euro) alle Türen öffnet. Die kühne Schanzenkonstruktion von Stararchi- Wunderkammern von Schloß Ambras ge- tektin Zaha Hadid in den Himmel. Auch das nauso, wie jene der Swarovski Kristall- neueste Werk der in London beheimateten welten in Wattens – auch die Fahrt mit der Architektin sollten sich EURO 2008TM-Be- Nordkettenbahn oder der Eintritt in den sucher zwischen den Spielen nicht entgehen weltweit einzigartigen Alpenzoo sind dabei. lassen: Mitten in der Stadt befinden sich die Tirols in aller Welt bekannte und ge- von Hadid entworfenen Talstationen einer schätzte Gastfreundschaft und die perfekte Bahn, die ebenfalls in den „ersten Stock“ Lage im Herzen der Fußball Europameister- führt, und zwar auf die Hungerburg und von schaft wird auch Fans aus anderen Nationen dort weiter auf die Seegrube, auf knapp anlocken – denn vom Herz der Alpen aus 2000 Höhenmetern. sind nicht nur die Spiele in Innsbruck, son- Zurück in der Innenstadt lohnt sich ein dern auch alle anderen Austragungsorte Bummel durch Altstadt und Maria-The- schnell und zentral zu erreichen. Quer durch Foto: Innsbruck Tourismus resien-Straße. Letztere lädt als Teil der offi- Tirol sollen die Fans im Sommer 2008 zu- Einer Kobra gleich schraubt sich die kühne Schanzenkonstruktion von Star- ziellen Fan Meile zum Schauen und Shop- dem mit attraktiven Public-Viewings, den – architektin Zaha Hadid in den Himmel pen ein. Aber auch fürs leibliche Wohl ist nicht zuletzt aufgrund der bergigen Topo-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 42 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Innsbruck

graphie des Landes – steilsten Fankurven der Fußball Europameisterschaft 2008 und spe- ziellen Urlaubsangeboten begeistert werden.

Gut geschlafen Für Übernachtungsmöglichkeiten in allen Preiskategorien ist in Innsbruck und seinen 25 Feriendörfern gesorgt – mehr weiß die offizielle Info-Hotline. Rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche kann man sich unter ++43 / (0)512 / 91-2008 über Innsbruck und seine Angebote informieren lassen. Preis- günstige Übernachtungen während der Fuß- ball-Weltmeisterschaft bietet das speziell fürs Fußballfest errichtete Fan Camp Messe- areal im Zentrum Innsbrucks an. Hier trifft

man sich aber nicht nur zum Schlafen, son- Foto: Innsbruck Tourismus dern auch zum Feiern und Mitfiebern vor der Ein Blick über die Altstadt von Innsbruck auf die verschneite Nordkette Leinwand. http://www.tirol08.at http://www.innsbruck.info »Hexenkessel« Berg Isel Fußballspiele auch http://www.innsbruck-tirol08.at Das offizielle Public Viewing der Sport- auf dem Achensee metropole Innsbruck findet in der Arena des Auf dem Dampfer „Stadt Innsbruck“ »Tooooooor!« Berg Isel Stadions statt. Hier, wo normaler- können die Spiele ab den Viertel-Final- weise den Skispringern zugejubelt wird, spielen auf großen Flatscreens in gemüt- Das klingt im Chor einfach besser – des- werden im Juni 2008 Fußballfans aus aller licher Lounge Atmosphäre verfolgt werden. halb zeigen rund 20 Tiroler Orte die Fußball- Herren Länder gemeinsam die Tore ihrer Zur Begrüßung gibt es auf der Anlegestelle spiele der EM auf der großen Leinwand. So Mannschaft besingen und ein internationales Pertisau einen Euro-Cocktail, dann geht‘s ist im ganzen Land, wirklich auf und ab, der Fußballfest feiern. auf‘s Schiff. Torjubel zu hören. http//www.innsbruck.info. http://www.achensee.info. Foto: Innsbruck Tourismus Hand auf‘s Herz: Wollen Sie nicht auch hier ein Abendessen genießen? Die atemberaubende Aussicht vom Restaurant Seegrube.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 43 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Innsbruck Festungsarena Kufstein Das Tivoli Stadion Unter dem Motto „Public Viewing statt Das Fußballstadion Tivoli wurde in Patschenkino“ werden alle Spiele der Euro- den Jahren 1999 bis 2000 in nur 18 Mo- pameisterschaft auf der Festung hoch über naten erbaut und wird neben Fußball (FC Kufstein gezeigt. Es ist viel schöner, ge- Wacker Innsbruck) und American Foot- meinsam zu lachen und weinen, als alleine. ball-Spielen (Swarco Raiders) auch für http://www.festung.kufstein.at. Konzerte und Großveranstaltungen ge- nutzt. Märchenhafte Kulisse Das Stadion liegt direkt an der Auto- Auf Schloß Bruck bei Lienz, dem Wohn- bahnabfahrt Innsbruck Mitte und knapp sitz der Grafen von Görtz, findet ein Public 1,5 km (ca. 15 Gehminuten) vom Haupt- Viewing im Schloßhof statt. Das werden Nicht zuletzt – und ein Muß: eine Rast bahnhof entfernt. Es hat eine Grundka- unter dem berühmten »Goldenen Dachl« zauberhafte Sommertage und -abende – ganz pazität von 15.200 Sitzplätzen und wird im Zeichen des runden Leders! Wo Nationalmann- im Rahmen der UEFA EURO 2008™ http://www.lienz-tourismus.at schaften logieren 30.000 Besuchern Platz bieten. Alle Zuschauerplätze sind überdacht. Nach Keine Filzkugel, Die spanische Elf wohnt im Stubaital, in der EURO 2008™ wird das Stadion wie- Neustift und in Fulpmes, und die tschechi- sondern der Lederball der auf das ursprüngliche Fassungs- sche Nationalmannschaft in Seefeld. Ganz vermögen rückgebaut. Im Sportpark Kitzbühel, dort, wo die klar, daß dort eine ganz besondere Fußball- Tennis-Matches der Generali Open stattfin- stimmung herrscht. Wer ein spanisches oder Hauptveranstaltungsort für die den, nimmt im Juni König Fußball Platz. Er ein tschechisches Fußballfest erleben möch- Fußballeuropameisterschaft ist somit das ist ein guter Gastgeber und lädt alle ein, die te, ist herzlich eingeladen, dabei zu sein! Fußballstadion Tivoli. Die Namensge- gerne kommen möchten, gemeinsam dem http://www.stubai.at, http://www.seefeld.at bung des Stadions rührt von dem Stand- Fußballfieber zu erliegen. Eine Übersicht über alle Public Viewings ort am Tivoli-Areal. http://www.kitzbühel.com in Tirol gibt es auf http://www.tirol08.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 44 Chronik

Oberösterreich feiert seine Menschen und lädt seine Landesbürger ein, ihre Erinnerungen als Zeitzeugen zu Papier zu bringen.

m November wird Oberösterreich 90 Jah-  Die Jahre des Wiederaufbaus und des die Lebensumstände der damaligen Zeit, die Ire alt. Aus dem „Erzherzogtum ob der Wirtschaftswunders. Frage: „Wie war es damals?“ und die Frage: Enns“ wurde das Bundesland Oberöster- „Was war anders als heute?“ Um zu einem reich. Dieses Jubiläum sowie die Gedenk- Erfahrungsschatz heben abgerundeten Bild zu kommen, ist jede Er- jahre 1933 und 1938 nimmt das Land innerung und jedes Erlebnis wertvoll. Ganz- Oberösterreich zum Anlaß für ein „Jahr der Die Aktion „Oberösterreich feiert seine heitlich verstandene Geschichtsforschung Identität“. Dazu gehört natürlich auch, daß Menschen“ will daher die ältere Generation kennt in diesem Sinne nichts Uninteressan- neben Jubiläen und Gedenktagen in einem ehren, die schwere Jahre durchgemacht hat tes. derartigen Jahr auch die Menschen eines und unser Land nach dem Krieg wieder auf- Bundeslandes in den Mittelpunkt gerückt gebaut hat. Ihr Erfahrungsschatz soll geho- Ziel: Eine Landeschronik werden. ben und ihre Erlebnisse festgehalten werden. persönlicher Erinnerungen Dem Land Oberösterreich geht es insbe- Das Projekt sammelt daher zwischen April sonders um jene, die nicht im Rampenlicht und Oktober 2008 die nach Möglichkeit Landeschroniken, die Ereignis-Geschich- der Öffentlichkeit standen oder stehen. Jeder schriftlichen Erinnerungen, aber auch Tage- te festhalten, gibt es bereits. Ziel dieses Pro- Mensch ist ein Rad in der Geschichte. Es bücher, Briefe, Fotos usw. von Oberösterrei- jekts: „Oberösterreich feiert seine Men- gibt auch unter den sogenannten „einfachen cherInnen aus der Zeit zwischen dem Ende schen!“ soll eine neue Landeschronik beson- Menschen“ Helden des Alltags. Natürlich: des Ersten Weltkriegs und der Jahrtausend- derer Art sein. Nämlich ein Werk, das aus- nicht jeder kann von sich sagen, Geschichte wende. schließlich aus persönlichen Erinnerungen „gemacht“ zu haben. Aber jeder hat Ge- von LandesbürgerInnen besteht. Selbstver- schichte erlebt. Erlebnisse und Erfahrungen, Wertvolle Spurensicherung ständlich werden vom Land Oberösterreich die es wert sind, erzählt zu werden. alle abgedruckten Fotos und Texte honoriert. Die Erinnerungen von Zeitzeugen sind Parallel zur Erstellung dieser Landes- Jahrhundert der eine besonders interessante und wichtige hi- chronik persönlicher Erinnerungen sollen ab großen Brüche storische Quelle. Jede für sich ist ein Stück Jänner 2009 die von einer Jury ausgewählten Landesgeschichte und Lebenserfahrung der Erinnerungen, Zeitzeugnisse und Dokumen- Gerade das 20. Jahrhundert ist ein Ab- Aufbaugeneration, die wir bewahren wollen. tationen in einer Ausstellung im Linzer schnitt unserer Geschichte mit großen histo- Jeder einzelne Beitrag ist daher wertvoll. Im Landhaus der Öffentlichkeit vorgestellt wer- rischen Brüchen und sehr unterschiedlichen Rahmen dieses Projekts lädt das Land Ober- den. Als wichtiger Beitrag zur Landesge- Phasen: österreich alle Seniorinnen und Senioren ein, schichte werden sie nach Ende der Ausstel-  Die ökonomisch schwierige Zwischen- ihre ganz persönliche Geschichte zu erzählen. lung auch im Landesarchiv der interessierten kriegszeit mit ihren großen innergesell- Diese Erinnerungen werden gesammelt, aus- Öffentlichkeit zugänglich sein. schaftlichen Spannungen; gewertet und der Öffentlichkeit vorgestellt.  7 Jahre NS-Diktatur und 6 Jahre Welt- Beiträge eingeschicken krieg – eine Zeitspanne mit besonders Uninteressantes kennt schweren Prüfungen für das Land und die Geschichte nicht Ab sofort kann jede Landesbürgerin und seine Menschen; jeder Landesbürger ihre Lebenserinnerungen  Die sogenannte „Stunde 0“, die unmittel- Die großen Wendungen und Ereignisse und Erlebnisse, aber auch Fotos an das Land bare Nachkriegszeit, in der es für die des letzten Jahrhunderts zu erforschen ist Oberösterreich übermitteln: Menschen im Land um das schlichte Aufgabe der Geschichtswissenschaft. Ge- Adresse: „Unser Oberösterreich“ Überleben ging; schichte besteht aber nicht nur aus großen Kennwort: Landeschronik  Die Besatzungszeit – Oberösterreich als Ereignissen. Mindestens genau so wichtig, Klosterstraße 7, 4021 Linz Grenzland des kalten Krieges; um frühere Zeiten verstehen zu können, sind e-mail: [email protected]

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 45 Chronik Propaganda und Manipulation? Politische Plakate in Oberösterreich 1918–2008 – Ausstellung im Landeskulturzentrum Ursulinenhof – 11. April bis 26. Juni 2008

nter dem Motto „90 Jahre Oberöster- Ebenso deutlich wird aber, daß manche solche Sichtweisen zu ermöglichen und an- Ureich – vom Erzherzogtum zur Zukunfts- Themen immer wieder aktuell sind. Besu- zuregen. region“ hat das Oö. Landesarchiv diese vom cherInnen können in eigener Anschauung Oö. Landesmuseum gestaltete Plakataus- Das Medium stellung zusammengestellt, die im Landes- kulturzentrum Ursulinenhof bis Ende Juni zu Zeitungen und Plakate waren in den sehen sein wird. Die Ausstellung steht in ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts einer Reihe von Gemeinschaftsprojekten, die beherrschenden Kommunikationsme- mit denen die Kultureinrichtungen des dien. Während aber Zeitungen Geld kosteten Landes in diesem Jahr den „runden Ge- und Zeit zum Lesen erforderten, waren die burtstag“ unseres Bundeslandes aus ver- „Leute von der Straße“ mit Plakaten viel schiedenen Blickwinkeln beleuchten und besser zu erreichen. Da Plakate die Massen einer interessierten Öffentlichkeit näher ansprechen sollten, griffen sie die Themen bringen werden. der Massen auf. Plakate waren das erste Mas- senmedium des 20 Jahrhunderts, Sprachrohr Die Themen nicht nur für den demokratischen Staat, son- dern auch für die neuen Massenparteien. Plakate waren in der ersten Hälfte des Deshalb geben politische Plakate die zeitty- 20. Jahrhunderts jenes Informations- und pischen Probleme und Diskussionen poin- Werbemedium, mit dem Wirtschaft und Po- tierter und unmittelbarer wieder als Zeitun- litik die breiteste Öffentlichkeitswirkung gen; sie bilden ein „Tagebuch der Straße“ erzielen konnten. Während sich in der klas- (Publikation Wien 1981). Die Sprache der sischen Produktwerbung nur der künstleri- Plakate wandelt sich, wird mit der steigenden sche Stil und die Raffinesse der Botschaft politischen Spannung aggressiver, bildliche verändern, variieren auf den politischen Das Plakat ruft zur Zeichnung der Darstellungen und Symbole verdrängen den Plakaten auch und vor allem die Inhalte. Die sechsten österreichischen Text. Der Übergang zwischen Information Kriegsanleihe 1917 auf politischen Plakate sind ein Spiegel ihrer und Propaganda ist in den ersten Jahrzehnten Zeit, in dem sich die jeweils aktuellen ge- fließend. Erst in den nationalsozialistischen sellschaftlichen und parteipolitischen The- Plakaten wird die unverhohlene Manipula- men wiederfinden. tionsabsicht deutlich, Information ist Neben- Um den Bogen zwischen 1918 und 2008 sache geworden. Etwa zur selben Zeit löst der auf leicht verständliche und doch ungewohn- Rundfunk das Plakat als wichtigstes Massen- te Weise zu spannen, konzentriert sich die medium ab, in den 60er-Jahren gefolgt vom Ausstellung auf Plakate mit politischem Fernsehen. Inhalt. Es wird deutlich, daß „Politik“ viel Plakate werden im letzten Drittel des mehr ist als Parteipolitik, ja daß viele The- 20. Jahrhunderts zum begleitenden Medium, men, die Oberösterreich in den letzten 90 Jah- dessen Botschaften in Sekundenschnelle und ren bewegten, quer durch die Parteien disku- selten bewußt wahrgenommen werden. Sie tiert wurden. Dies wird in der Konzeption bleiben ein aggressives Medium, man kann dadurch unterstrichen, daß den typischen Engelbert Dollfuß auf einem Plakat sie nicht abschalten oder abbestellen. So ha- Wahlplakaten keine dominierende Rolle ein- der Vaterländischen Front 1933 ben sie auch heute noch ihren Stellenwert in geräumt wird. Im Unterschied zur reinen erfahren, daß manche der heute aktuellen Politik und Wirtschaft. Produktwerbung steht politische Werbung gesellschaftspolitischen Fragen auch schon seit dem Beginn der Republik, seit der Ein- vor Jahrzehnten diskutiert wurden: obwohl Die Ausstellung führung des allgemeinen gleichen Wahl- sich Geschichte nicht wiederholt, kann man rechts zunehmend im Spannungsfeld zwi- aus ihr lernen. Die Ausstellung verzichtet Die Ästhetik und der künstlerische Wert schen Information, Propaganda und Mani- bewußt auf einen zeitlichen Leitweg, um von Plakaten können wichtige Sammlungs- pulation. kriterien sein. Für die Veranschaulichung ge- Selbst Jugendliche, die wenig Bezug zur schichtlicher, hier politischer Entwicklungen Geschichte haben, können an den Plakaten spielen diese Kriterien jedoch nur eine unter- unschwer Veränderungen in Inhalt und Stil geordnete Rolle. Es wird daher in der erkennen und reflektieren. Ausstellung auf den „Zauber des Originals“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 46 Chronik

deutlich erkennbare Reproduktionen wieder- gegeben werden. Dadurch werden die Besu- cherInnen immer daran erinnert, daß kriti- sche Distanz zu den Inhalten geboten ist. Trotz der manchmal überrumpelnden Un- mittelbarkeit der Botschaften ist es eine historische Ausstellung.

Plakat der Nazis zur Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs ans Reich am 10. April 1938

Aufruf von Bundeskanzler Schuschnigg, bei der Volksabstimmung am 13. März 1938 für ein unabhängiges Österreich zu stimmen ebenso verzichtet wie auf kunsthistorische hunderts gingen bei der Vernichtung des Analysen und fachliche Kommentare. Um „Gauarchives“ durch übereifrige US-Solda- der Authentizität der Sammlung willen ten 1945 verloren. Trotz dieser schmerzhaf- wurde nicht auf Leihstücke zurückgegriffen: ten Lücken ist die Plakatsammlung des Lan- auch die jeweils besten oder typischesten Pla- desarchivs ein spezieller Teil des „Ge- Nationalsozialistisches Propaganda- kate – falls es sie gibt – könnten die Besu- dächtnisses des Landes“ und soll auch als plakat aus den Jahren 1940 – 1944 cherInnen nicht besser zu Assoziationen, solcher präsentiert werden. Fragen und Kritik anregen. Die Plakatsamm- Die Ausstellung bricht die unmittelbare 10. April lung des Oö. Landesarchivs umfaßt etwa Wahrnehmung der Plakate, indem diese als 5000 Exemplare, nur einen Bruchteil der tat- Der Tag der Ausstellungseröffnung wur- sächlich in den letzten 90 Jahren in Ober- de nicht zufällig gewählt. Denn da jährte österreich affichierten politischen Plakate. sich zum 70. Mal der Tag, an dem die Hunderte, wahrscheinlich Tausende Sammel- ÖsterreicherInnen mit 99,7 Prozent dem An- stücke aus der ersten Hälfte des 20. Jahr- schluß an das Dritte Reich zustimmten. Im

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 47 Chronik

Unterschied zum 12./13. März, den Tagen des Einmarsches der deutschen Wehrmacht, war am 10. April keine militärische Gewalt im Spiel. Zwar waren schon erste Transporte mit prominenten NS-Gegnern nach Dachau abgegangen, aber noch war der Terror weit- gehend unsystematisch und im Hintergrund; Propaganda und Begeisterung dominierten die kurze Vorbereitungszeit der „Anschluß- Abstimmung“. Wichtige Exponenten des ehemals österreichischen Staates warben für Ja-Stimmen, andere Meinungen blieben ver- einzelt und hatten keine Chance: die massive Propagandawelle zeigte – im wahrsten Sinn der Wortes – hundertprozentige Wirkung.

Landeshauptmann Josef Pühringer, Gerhart Marckhgott (der Direktor des Oö. Lan- desarchivs), LH-Stv. a.D. Karl Albert Eckmayr und Landeshauptmann a.D. Josef Ratzenböck bei der Eröffnung der Ausstellung im Ursilinenhof Foto: Land OÖ/Dedl Nach 1945 paßte dieses Ergebnis lange Zeit schlecht zu der Theorie, daß Österreich nur unter Zwang das erste Opfer der groß- deutschen Aggression geworden sei, und so trat der 10. April gegenüber dem 13. März

Wahlplakat der ÖVP 1949

Plakat für Rudolf Kirchschläger 1974

immer mehr in den Hintergrund. Inzwischen sollte aber die Bewältigung der Zeit des Nationalsozialismus so weit fortgeschritten sein, daß sich Österreich wieder mehr an den Plakat für Erwin Wenzl 1973 10. April 1938 und dieses Abstimmungser- gebnis erinnert: als die meisten Österreiche- rInnen freiwillig der nationalsozialistischen Propaganda und Manipulation erlagen. „ Wahlplakat der SPÖ 1949 http://www.ursulinenhof.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 48 Chronik Trendwende geschafft VCÖ-Untersuchung: In Wien mehr mit Öffis als mit Auto unterwegs

ien hat beim Verkehr die Trendwende Wgeschafft, wie eine aktuelle Untersu- chung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) zeigt. Erstmals in der Geschichte ist im Vor- jahr die Zahl der Pkw zurückgegangen. Zu- dem legen die WienerInnen mehr Wege mit den Öffis zurück als mit dem Pkw. Im Ver- gleich zum Jahr 1995 hat der Straßenverkehr jedoch deutlich zugenommen. „Wien ist anders. Und das zeigt sich auch beim Personenverkehr sehr deutlich. Wien ist das einzige Bundesland und die einzige Landeshauptstadt, wo mehr Wege mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden als mit dem Auto. Wien ist auch das einzige Bundesland, das bei den Pkw-Zu- lassungen die Trendwende geschafft hat. Erstmals ist im Vorjahr die Zahl der Pkw zurückgegangen. Wien ist am richtigen Weg, es sind aber noch zahlreiche Schritte zu set- Werner Kovarik (ÖBB-Personenverkehr AG), Martin Blum (VCÖ-Experte) und Stadt- zen, damit die Verkehrsprobleme verringert rat Rudolf Schicker (v.l.) Foto: RK/Christian Fürthner werden“, faßt VCÖ-Experte Martin Blum die aktuelle VCÖ-Untersuchung zusammen. Das Fahrrad ist derzeit das Verkehrsmittel, Weitere Schritte Die WienerInnen legen bereits 35 Prozent das voll im Trend liegt“, betont Blum. sind zu setzen ihrer Alltagswege mit Öffentlichen Ver- kehrsmitteln, zurück. Im Jahr 1995 waren es Sensation bei den Pkw- „Die Zahlen belegen: wir sind am richti- lediglich 32 Prozent. Einzigartig in Öster- Zulassungen in Wien gen Weg, nichts desto trotz ist noch eine reich ist, daß mehr Wege mit Öffentlichen Menge zu tun“, betont Stadtrat Schicker und Verkehrsmitteln als mit dem Auto zurückge- Daß sich das Mobilitätsverhalten der Wie- ergänzt: „Zunehmend wichtig werden Maß- legt werden. Der Anteil der Autofahrten am nerInnen geändert hat, zeigt sich auch bei nahmen, die allen jenen Menschen, die täg- „Modal Split“ (Verteilung eines Transport- den Autozulassungszahlen. Im Vorjahr ist die lich zur Arbeit nach Wien kommen, den Um- aufkommens auf verschiedene Verkehrs- Zahl der Pkw in Wien erstmals in der Ge- stieg auf den Umweltverbund erleichtern. träger, Anm. d. Red.) ist heute mit 34 Pro- schichte tatsächlich zurückgegangen, und Denn bei den Einpendlerinnen und Einpend- zent gleich hoch wie im Jahr 1995. „Die zwar von 658.100 auf 657.430. „Wer vor lern ist der Anteil der Autofahrten noch Wienerinnen und Wiener nutzen zunehmend fünf Jahren gesagt hätte, daß in Wien trotz besonders hoch.“ die Öffis. Das entlastet die Straßen, vermei- wachsender Bevölkerung die Zahl der Autos Die VCÖ-Untersuchung, die die Verkehrs- det Staus und sorgt für eine bessere Luft“, zurückgeht, wäre genauso ungläubig angese- entwicklung seit dem Jahr 1995 in Wien ge- weist VCÖ-Experte Blum auf die Folgen des hen worden, wie jene, die heute sagen: Öster- nauer unter die Lupe nimmt, belegt das. So veränderten Mobilitätsverhalten der Wie- reich wird im Juni Europameister“, so Blum. ist der Straßenverkehr auf den Stadtauto- nerInnen hin. „Diese Trendwende spiegeln auch die ak- bahnen gestiegen. Während im Jahr 1998 Die vermehrte Nutzung der öffentlichen tuellen Verkehrszahlen für Wien wider: so ist (keine Daten für 1995) 13.179 Lkw pro Verkehrsmittel zeigt sich auch in den Fahr- das motorisierte Verkehrsaufkommen inner- Werktag auf der Wiener Praterbrücke unter- gastzahlen der Wiener Linien: Diese sind halb des Gürtels und auch auf der Wiener wegs waren, waren es im Vorjahr bereits von 687,5 im Jahr 1995 auf 772,1 Millionen Gürtelstraße selbst zwischen den Jahren 2004 mehr als 17.700. Noch stärker zugenommen Fahrgäste im Jahr 2006 gestiegen. Einen und 2006 um 3,7 Prozent zurückgegangen“, hat der Lkw-Verkehr im Kaisermühlentunnel: Rückgang im wahrsten Sinn des Wortes gibt zeigt sich Stadtrat Schicker zufrieden über von 9972 im Jahr 1995 auf 15.310 im Jahr es bei den zu Fuß zurückgelegten Wegen. Im den Erfolg der Wiener Verkehrspolitik. 2007. Jahr 1995 wurden noch 33 Prozent der Wege Positiv ist auch die Entwicklung bei der „Wien ist durch die EU-Erweiterung vom gegangen, heute sind es nur mehr 27. Verkehrssicherheit. Die Zahl der Verkehrsto- Osten ins Zentrum der EU gerückt. Der Gü- „Gleichzeitig treten die Wienerinnen und ten ist in Wien seit dem Jahr 1995 um 36 Pro- terverkehr auf der Straße zwischen Ost und Wiener immer häufiger in die Pedale. Ge- zent zurückgegangen, die Zahl der Verkehrs- West hat deutlich zugenommen und das ist rade in der Stadt ist das Fahrrad das ideale unfälle ist seit dem Jahr 2005 immerhin um auch in Wien sichtbar. Die große Herausfor- Verkehrsmittel. Schnell, gesund und sauber. neun Prozent zurückgegangen. derung für die Zukunft wird sein, das

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 49 Chronik

Wachstum des Lkw-Verkehrs zu verringern. Dafür braucht es neben einer besseren Lo- gistik, um etwa Leerfahrten zu vermeiden, vor allem auch mehr Kostenwahrheit auf der Straße und den stärkeren Ausbau der Schie- ne“, so Blum weiter. In Wien befindet sich auch die am mei- sten befahrene Straße Österreichs. Auf der A23 bei der Praterbrücke waren im Vorjahr jeden Werktag 188.270 Kfz unterwegs. „Das sind doppelt so viele wie im Jahr 1989 als 93.800 Pkw und Lkw täglich auf der Prater- brücke unterwegs waren“, weist Blum auf die enorme Verkehrszunahme hin. Auf der A22 beim Kaisermühlentunnel gibt es die zweitstärkste Belastung mit 112.000 Kfz pro Tag. Eine Ursache für diese Zunahme ist auch

der wachsende Pendlerverkehr. Der VCÖ Foto: Österreich Journal weist darauf hin, daß eine stärkere Verlage- Diese Aufnahme vom Ring (vom Burgtheater in Richtung Palais Eppstein) ist leidern rung des Pendlerverkehrs vom Auto auf Öf- nicht alltäglich – sie ist an einem Samstag Nachmittag im Hochsommer entstanden. fentliche Verkehrsmittel die Lebensqualität für Wiens Bevölkerung hebt. Wien in Kooperation mit den ÖBB, dem Ver- nen von Wiener Unternehmen, die Staus auf Die Zunahme des Lkw-Verkehrs und des kehrsministerium und dem Lebensministe- den Straßen verringern, können beim VCÖ- Autopendlerverkehrs schlägt sich auch in rium durchgeführt. Mobilitätspreis eingereicht werden. der Klimabilanz Wiens nieder. Die CO2- „Beim VCÖ-Mobilitätspreis können Be- Wer beim VCÖ-Moblitätspreis ein Pro- Emissionen des Verkehrs sind laut Umwelt- zirke mitmachen, die erreicht haben, daß jekt einreicht, hat die Chance auf zwei Aus- bundesamt von rund 2,2 Millionen Tonnen mehr Alltagswege zu Fuß oder per Fahrrad zeichnungen: VCÖ, Stadtrat Rudi Schicker im Jahr 1995 auf rund 3,5 im Jahr 2005 ge- zurückgelegt werden. Oder Betriebe, die und ÖBB überreichen im September an das stiegen. Während die Emissionen des Ver- ihren Gütertransport umweltfreundlicher beste Wiener Projekt den Wiener Mobilitäts- kehrs um 58 Prozent zunahmen, verzeichnen abwickeln. Oder Schulen und Universitäten, preis. Und dieses hat die Chance, auch zum die anderen Sektoren gemeinsam einen An- die mit zukunftsweisenden Konzepten oder besten Projekt Österreichs gekürt zu werden. stieg von 12,4 Prozent, wie die VCÖ-Unter- Mobilitätsplänen ihr Verkehrsverhalten ver- Der Österreich-Sieger wird von Verkehrs- suchung zeigt. Die CO2-Emissionen des Ver- bessert haben. Auch das Thema Barrierefrei- minister Werner Faymann, Umweltminister kehrs sind damit fast fünf Mal so stark ge- heit wird angesichts der stark wachsenden Josef Pröll, den ÖBB und dem VCÖ ausge- stiegen wie die anderen Sektoren. Zahl älterer Menschen in unserer Gesell- zeichnet. Die Einreichunterlagen sind direkt schaft an Bedeutung gewinnen“, nennt Blum im Internet unter http://www.vcoe.at erhält- Mobilitätspreis einige Beispiele. Auch technische Innovatio- lich. Einreichschluß ist der 30. Juni 2008. „ »verkehr 2020« „Das Verkehrswachstum auf der Straße ist kein Naturgesetz. Im Gegenteil, dank des vorhandenen Know-Hows, der technischen Möglichkeiten und des wachsenden Bewußt- seins ist eine Trendwende bis zum Jahr 2020 mit mehr Mobilität der Menschen und gerin- gerer Verkehrsbelastung realistisch. Die Zie- le des VCÖ sind weniger Staus, weniger Lärm und eine bessere Luftqualität. Der dies- jährige VCÖ-Mobilitätspreis möchte zeigen, daß dies möglich ist“, so Blum. „verkehr 2020. denken.handeln.bewegen“ lautet das Motto des diesjährigen Mobilitäts- preises Wien. Gesucht sind innovative Ver- kehrsprojekte, die schon heute zeigen, daß der Verkehr in Wien im Jahr 2020 staufreier, gesünder und umweltfreundlicher sein kann.

Der Mobilitätspreis Wien „verkehr 2020“ Foto: ÖAMTC wird vom VCÖ gemeinsam mit der Stadt Die A23, die Süd-Ost-Tangente, ist die meistbefahrene Straße Österreichs

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 50 Personalia »KURIER«-ROMY 2008 Der österreichische Fernsehpreis, sein Erfinder, die »ROMY Statuette« – Platin-»Kurier«-ROMY 2008 ging an Joachim Fuchsberger für sein Lebenswerk Foto: »Kurier« / Christandl Bissuti Film- und Fernseh-Legende Joachim Fuchsberger mit seiner Platin-ROMY auf der »KURIER«-Bühne in der Wiener Hofburg

ie von „KURIER“-Filmkritiker Rudolf Die ROMY ist aber nicht nur optisch DJohn vor 19 Jahren ins Leben gerufene einen Blick wert. Sie stellt auch eine Aus- „KURIER“-ROMY wurde auch heuer wie- zeichnung besonderer Art dar: Die Publi- der im Rahmen einer glanzvollen und pro- kumspreisträger in den Kategorien Belieb- minent besetzten Gala verliehen. Sie gilt teste Schauspielerin/Beliebtester Schauspie- mittlerweile als einer der bedeutendsten ler, Beliebtester Serienstar, Beliebteste Mo- Fernsehpreise im deutschsprachigen Raum. deratorin/Beliebtester Moderator, Belieb- Die ROMY-Trophäe, deren Gestalt der teste Talk- und Showmaster werden von den unvergeßlichen Schauspielerin Romy Schnei- Leserinnen und Lesern des „KURIER“ – Ös- der (* 23. 9. 1938 Wien, † 29. 5. 1982 Paris) terreichs größter Qualitätszeitung – gewählt. nachempfunden ist, wurde von Preisträge- In Kooperation mit dem Fernsehmagazin rInnen schon mehrfach als die am schönsten TV-Media wurde auch der Beliebteste gestaltete Auszeichnung des europäischen Kabarettist gekürt und – heuer neu – der Showbusiness bezeichnet. Die 24karätig „TV-Moment des Jahres“, in Zusammenar- vergoldete ROMY-Statuette auf einem Edel- beit mit mit dem ORF-Radiosender Ö3. serpentin-Sockel ist 30,5 cm hoch und knapp Die „KURIER“ ROMY-Gala fand am ein Kilo schwer. Gestaltet wurde sie nach Abend des 12. April 2008 zum 19. Mal statt

einer Filmszene aus „Der Swimmingpool“ Foto: »Kurier« / Schraml Wilhelm und wurde live von ORF 2 aus der Wiener mit Alain Delon, in der sich Romy Schneider »Beliebtester Schauspieler« Öster- Hofburg ausgestrahlt. Gleich zu Beginn den Träger ihres Kleides richtet. reichs 2008 ist Karl Markovics erwartete die Gäste und Zuseher die erste

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 51 Personalia Foto: »Kurier« / Schraml Wilhelm

von vielen Neuerungen: „Wie bitte?“-Mode- hochkarätigen Gästen die Hofburg: Johannes große Fernsehlegende des deutschen Sprach- ratorin Eva Pölzl berichtete zehn Minuten B. Kerner, Verona Pooth und Yvonne Catter- raums, Joachim Fuchsberger, an den die live vom Roten Teppich und interviewte die feld oder Oscarpreisträger Stefan Ruzowitz- „KURIER“ PLATIN ROMY 2008 verliehen eintreffenden Stars und Ehrengäste. ky mit Karl Markovics sowie natürlich die wurde. Die glamouröse Gala wurde heuer erst- mals von der beliebten Moderatorin Mirjam Publikumspreisträger Weichselbraun moderiert und musikalisch Christine Neubauer Beliebteste Schauspielerin stand ihr der aus der Harald Schmidt-Show Karl Markovics Beliebtester Schauspieler bekannte Helmut Zerlett mit seiner Band zur Harald Krassnitzer Beliebtester Serienstar Seite. Wie immer besuchte eine Reihe von Michael Niavarani Beliebtester Kabarettist Mirjam Weichselbraun Beliebtester Talk- u. Showmaster Tarek Leitner Beliebtester Moderator Ingrid Thurnher Beliebteste Moderatorin

Jurypreisträger „Wir sind Kaiser“, ORF; Robert Palfrader, Rudi Roubinek, Beste Programmidee Sandra Winkler, Wilfried Reichel, Ully Aris; Gebhart Productions „hi Society backstage“, ATV Dominic Heinzl Spezialpreis der Jury Oscar für Österreich TV-Moment des Jahres Johannes B. Kerner Preis der Jury „Contergan“ Bester Fernsehfilm „Weltberühmt in Österreich“ Beste Dokumentation Heinrich Ambrosch „Soko Donau“ / SATEL-Film Bester Produzent Elisabeth Scharang „Franz Fuchs – Ein Patriot“, EPO Film Beste Regie

Foto: »Kurier« / Schraml Wilhelm Michael Schlamberger, „Ol‘ Man River“ Beste Kamera »Spezialpreis der Jury« für ATV-Gesell- Rupert Henning, Thomas Maurer Bestes Buch schafts-Reporter Dominic Heinzl

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 52 Personalia

„KURIER“ ROMY-Initiator Rudolf John berg. 1950 bis 1952 war er Hörfunksprecher über den beliebten Showmaster: „Joachim beim Sender München sowie Wochenschau- Fuchsberger hat mehr oder weniger seit Be- sprecher. 1954 heiratete er die Schauspie- ginn des Mediums im Fernsehen gearbeitet lerin Gundula Korte. Er betätigte sich auch und in den unterschiedlichsten Sparten mit als Textdichter und hatte drei große Erfolge: großem Erfolg reüssiert. Nicht nur deshalb „Blumen für die Dame“, und „Was ich dir war er meiner Meinung nach schon lange ein sagen will“ sowie „Der große Abschied“, Anwärter auf die Platin „KURIER“ ROMY. von Udo Jürgens gesungen. Außerdem Außerdem hatten Joachim Fuchsberger und schrieb er auch den Text für das Vereinslied Romy Schneider eine lebenslange Freund- der Stuttgarter Kickers. schaft seit ihrer Jugend.“ 1954 begann seine Filmkarriere als Der Preis blieb aber auch jenen Fern- Hauptdarsteller in dem Dreiteiler „08/15“. sehschaffenden, die hinter den Kulissen tätig Danach sah man ihn noch mehrmals als sind, nicht vorenthalten. Eine Fachjury Uniformträger in Kriegsfilmen wie „Die wählte den jeweils besten Produzenten, grünen Teufel von Monte Cassino“ oder als Autor und Kameramann des Jahres aber Liebhaber in den zeittypischen Heimatfil- auch die beste Programmidee und vergab men. Als Inspektor in mehreren Edgar- einen Spezialpreis. Die besten Regisseure Wallace-Filmen und anderen Krimis wurde werden im Zuge der Ehrung der Besten TV- er in den 1960er Jahren ein allbekannter Dokumentation und des Besten TV-Films Kinostar. Er erwies sich in dieser Zeit als mit einer „KURIER“ ROMY bedacht. Idealbesetzung eines unerschrockenen Ver- Die Jurypreise wurden am Vortag im Rah- brecherjägers. men einer exklusiven Feier im „KURIER“ 1972 war er bei den Olympischen Spielen ROMY-Partner- Hotel Intercontinental Wien in München während der Eröffnungs- und überreicht, in dem auch die PreisträgerInnen Abschlusszeremonie im Olympiastadion und LaudatorInnen untergebracht waren. Stadionsprecher. Bei der Schlussfeier am Die diesmal in glitzerndem Rot und Gold 11. September 1972 wurde er mit der Situa- gehaltene Bühne wurde bereits zum vierten tion konfrontiert, daß ein Passagierflugzeug Mal von Hans Kudlich gestaltet. Die Farbe möglicherweise in terroristischer Absicht auf Rot dominierte auch beim neuen Presenting- das Olympiastadion zuflog. Die Organisato- Sponsor Casinos Austria, deren General- ren überließen ihm die folgenschwere Ent- direktor, Karl Stoss, sich über die Zusam- scheidung über eine Evakuierung des Olym- menarbeit freut: „Die ,KURIER‘ ROMY ist piastadions. Er entschied sich dagegen, die eine sehr gelungene Veranstaltung, weshalb Zuschauer von dem Vorfall, der sich später wir uns gerne bereit erklärt haben, als als harmlos herausstellte, zu informieren – Sponsor aktiv zu werden. Was ich persönlich weil er eine Massenpanik befürchtete. besonders gut finde ist, daß das Publikum Er moderierte mehrere Fernsehshows entscheidet. Das ist durchaus eine wichtige (u. a. „Auf Los geht‘s los“) und die ARD- Benchmark. Denn letztlich sind es auch Talkshow „Heut‘ abend“ (1980- 1991), in der diese vielen Fernsehzuschauer, die per er 300 mal je einen prominenten Zeitgenos- Knopfdruck auf der Fernbedienung entschei- sen zu seinem Leben befragte. Fuchsberger den, welche Sendungen und Stars Erfolg Foto: »Kurier« kritisierte die wachsende Oberflächlichkeit haben und welche durchfallen.“ Einsatzname war damals Jackie, was eine und Qualitätslosigkeit im Fernsehen. Seit französisch sprechende Freundin als Blacky den 1970er Jahren hatte er daher in keinem Für das Lebenswerk aussprach. Fuchsberger sagte 2007 in einem Film mehr mitgespielt. Fuchsberger hatte Interview, daß er, unabhängig von der ersten auch mit größer werdender Kritik an seiner Joachim Fuchsberger, Schauspieler und Version, denselben Namen während seiner Sendung „Auf Los geht‘s los“ zu kämpfen Entertainer, wurde am 11. März 1927 gebo- Zeit beim Bayerischen Rundfunk erhielt, als und er zog sich Ende der 1980er Jahre vor- ren, wuchs in Heidelberg und Düsseldorf er als Ersatzsprecher eine Sendung im ange- übergehend nach Australien zurück, wo er auf. Als er zwölf Jahre alt war, begann der trunkenen Zustand moderierte und der seit 1983 seinen zweiten Wohnsitz hatte. Zweite Weltkrieg und er wurde zum Reichs- Programmdirektor ihn hinterher ermahnte, Nach dem Tod von Robert Lembke 1990 arbeitsdienst verpflichtet und hat nie einen vor seinen Sendungen keine „Blackies“ übernahm er den Sendeplatz von „Was bin Schulabschluß gemacht. (Black & White-Whiskey) zu trinken. ich?“ Von 1988 bis 2003 drehte er für den Gegen Kriegsende wurde Fuchsberger an Nach dem Krieg arbeitete er als Monteur Bayerischen Rundfunk 20 Filme im Rahmen der Ostfront eingesetzt, kam in Stralsund ins von Satz- und Druckmaschinen im väterli- der auf ihn zugeschnittenen Reportagereihe Lazarett und geriet zunächst in russische, chen Betrieb, und schließlich als Mitarbeiter „Terra Australis“, in denen Fuchsberger Men- anschließend in amerikanische und zuletzt in in der chemigrafischen Abteilung eines Ver- schen und Landschaften seiner Wahlheimat britische Kriegsgefangenschaft. Der Spitz- lags in Düsseldorf. 1949 wurde er Werbe- porträtierte. „ name Blacky stammt aus dieser Zeit. Sein leiter der Deutschen Bauausstellung in Nürn- Quelle: „KURIER“ / http://www.kurier.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 53 Personalia »Rekord-Bürgermeister« Ökonomierat Valentin Deutschmann ist seit fünfzig Jahren Chef seiner Heimat- und Marktgemeinde Grafenstein in Kärnten.

Landeshauptmann Jörg Haider, mit der Gattin des Junilars, Theresia Deutschmann, LAbg. Robert Lutschounig, Jubilar Valentin Deutschmann, Sohn Vizebgm. Stefan Deutschmann, LHStv. Gaby Schaunig, LR Reinhart Rohr, Gemeindebundpräsident Bgm. Hans Ferlitsch und LHStv. Gerhard Dörfler (v.l.) Foto: LPD/Eggenberger

alentin Deutschmann war auch 20 Jahre Ihm sei es gelungen, bei anderen den Blick mann hin. Er sei für viele und auch für ihn VPräsident der Landwirtschaftskammer zu schärfen für die Anliegen der Bauern. selbst stets ein Vorbild geblieben, dankte Kärnten und ebenso lang Nationalratsabge- Haider hob die parteiübergreifenden Positio- Lutschounig für die freundschaftliche Ver- ordneter. Am 3. Mai feiert er seinen 80. Ge- nen von Deutschmann hervor, er habe von bundenheit und seinen kritischen Sachver- burtstag. Beim „Abend für Valentin Deutsch- ihm viel gelernt. Vor allem aber habe sich stand. 50 Jahre für alle da zu sein, sei ein mann“, zu dem der Kärntner Gemeindebund der Jubilar immer seine kärntnerische Ge- Wunder, sagte Mödlhammer. Ferlitsch be- und die Marktgemeinde Grafenstein am sinnung bewahrt, betonte Haider und über- zeichnete Deutschmann als großen Vorreiter Abend des 20. März luden, wurde der Jubilar reichte ihm als Geschenk eine eigens für ihn für die Anliegen des ländlichen Raumes. herzlich bedankt und geehrt. Die Einmalig- angefertigte Bilddokumentation. Zum Festabend in den Festsaal der Cle- keit seines Jubiläums, das große Engage- Schaunig wies ebenfalls auf den großen mens Holzmeister-Volksschule waren Dut- ment, die Leistungen des Jubilars und seine Weitblick von Deutschmann und auf das An- zende Bürgermeister und Altbürgermeister starke Verbundenheit mit den Bürgern stan- passungsvermögen hin, mit dem er sich den aus ganz Kärnten gekommen, um Deutsch- den im Mittelpunkt der vielen Ansprachen. Herausforderungen der Zeit gestellt habe mann und auch seiner Gattin Theresia zu Auch Landeshauptmann Jörg Haider, LHStv. und stelle. Fünfzig Jahre an der Spitze zu gratulieren. Durch das Programm führte Gerhard Dörfler, LHStv. Gaby Schaunig, stehen, sei geradezu ein Wunder. Gerade in Birgit Morelli. Musikalisch und gesanglich Gemeindereferent LR Reinhart Rohr und den Gemeinden finde das Leben der Men- gestaltet wurde das Fest vom Musikverein LAbg. Robert Lutschounig (in Vertretung schen statt. Daß für ihn das Bürgermeister- Grafenstein und dem MGV Grafenstein. von LR Josef Martinz) dankten und gratu- Amt das schönste seiner Funktionen gewe- Unter den vielen Gratulanten sah man: lierten dem Jubilar. Glückwünsche über- sen sei und weiterhin sei, das sei spürbar, Landesamtsdirektor-Stellvertreter Dieter Plat- brachten weiters Vizebgm. Stefan Deutsch- unterstrich Schaunig. Gemeindereferent Rohr zer, Superintendent Manfred Sauer, Lan- mann für die Gemeinde, Landtagspräsident hob ebenfalls den ungeheuren Einsatz und despolizeikommandant Wolfgang Raucheg- Hans Ferlitsch für den Kärntner Gemeinde- die vielen Leistungen des Jubilars hervor. ger, LK-Präsident Walfried Wutscher, Messe- bund und der Präsident des Österreichischen Alle Begegnungen mit ihm seien von Wert- präsident Walter Dermuth, Alt-Landtagsprä- Gemeindebundes Helmut Mödlhammer. schätzung geprägt. Er dankte ihm auch für sident Rudolf Tillian, die Landtagsabg. Ru- Haider wies auf seine frühen Begeg- die große Kooperationsbereitschaft. Zumin- dolf Schober und Stephan Tauschitz, Bundes- nungen und auch politischen Gefechte mit dest in Österreich sei er mit 50 Jahren Bürger- rat Siegfried Kampl, die NR-Abg. Klaus Auer Deutschmann hin. Er sei konservativ, habe meister einsamer Rekordhalter, so Rohr. und Peter Stauber, Bezirkshauptmann Wolf- aber immer zukunftsorientiert gedacht. Durch Lutschounig wies auf die Geradlinigkeit, gang Marchart und Militärkommandant-Stv. sein Wirken habe er Geschichte mitgestaltet. Zielstrebigkeit und Offenheit von Deutsch- Walter Gitschthaler. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 54 Personalia Foto: ORF Wolfgang Lindner ist gestorben

er Tod des beliebten Musikers kam Trotz aller Erfolge drängte sich Wolfgang war es der Beginn eines langen Leidens. Dnicht unerwartet, aber trotzdem ist es niemals in den Mittelpunkt. Das Scheinwer- Aber es dürfte ihm wohl eine große Genug- kaum vorstellbar, daß er nicht mehr unter ferlicht war ihm eigentlich verhaßt. Sein tuung gewesen sein, daß einer seiner beiden uns ist. Am 11. März 2008 verlor Wolfgang Hauptaugenmerk galt immer seiner Band, Söhne, Wolfgang Lindner jun., das Stadl- Lindner den langen und schweren Kampf dem Wohl seiner Musikerinnen und Musi- orchester in der neuen Ära Andy Borg wei- gegen den Krebs. ker. Wenn andere nach einer Sendung feier- terführt. 25 Jahre lang, vom März 1981 bis Sil- ten oder sich feiern ließen, saß er meist ab- Im engsten Familienkreis, wie es sein aus- vester 2005/06, prägte Wolfgang mit seiner seits mit seiner Band und ließ den Abend drücklicher Wunsch war, wurde Wolfgang Band das Gesicht des Musikantenstadls. gemütlich ausklingen. Leopold Lindner am Gründonnerstag am Neben Karl Moik gehörte er zum „Inventar“ Zu Silvester 2005/06 verabschiedete sich St. Pöltener Friedhof verabschiedet. Er wur- der Sendung. Mit seiner ruhigen, souveränen Wolfgang Lindner gleichzeitig mit Karl de nicht einmal 59 Jahre alt. „ Art zu dirigieren gewann er die Herzen des Moik vom Musikantenstadl. Es war ein trau- Lothar Schwertführer Publikums. Schon vorher hatte er mit seiner riger, tragischer Abgang, der für beide im Chefredakteur „AlpenStar“ 1973 gegründeten Wolfgang Lindner Band Krankenhaus endete. Für Wolfgang Lindner http://www.alpenstar.com zahlreiche Stars und Superstars mit seinem Orchester begleitet – von Catarina Valente und Roy Black bis Tony Christie und Harry Belafonte. Hinter den Kulissen nahm er in seinem Studio in der Wachau die Musik für den Mu- sikantenstadl auf. „Er hatte eine ungeheures G‘spür für das, was die Leute hören wollten. Er war die Begleitband Nummer eins im deutschsprachigen Raum“, sagt Dieter Bött- ger, der ehemalige Unterhaltungschef des ORF, der ihn auch zum Fernsehen, in die großen Shows geholt hatte. Als Musikverleger und Komponist feierte Lindner seinen größten Triumph 1989. In diesem Jahr gewann Stefan Mross mit der

„Heimwehmelodie“ den Grand Prix der Volks- Foto: NLK musik. Das Lied stammte von ihm und sei- LH Erwin Pröll (re.) zeichnete Wolfgang Lindner (im Bild mit seiner Frau Herlinde) nem Freund Walter Schwanzer. 2004 mit dem »Silbernen Ehrenzeichen des Landes Niederösterreich« aus

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 55 Gastronomie & Kulinarisches »Der Blunznkaiser« Österreichs beste Blutwurst stammt aus dem Tullnerfeld. Das hat eine hochkarätige Jury kürzlich in der Normandie festgestellt.

sterreichs beste Blutwurst stammt aus Ödem Tullnerfeld. Beim weltweit aner- kanntesten Qualitätswettbewerb für Blut- würste, der Ende März in Frankreich statt- fand, konnte die „Tullnerfelder Kaiser- blunzn“ des Königstettner Fleischers Karl Gutscher die „Trophee National Autriche“ für die beste Blutwurst Österreichs erringen. Dieser internationale Wettbewerb findet alljährlich in Mortagne au Perche in Frank- reich statt. Organisiert wird dieser Wettbe- werb von der „Bruderschaft der Blutwurst- ritter“ – einer der renommiertesten Gourmet Organisationen Frankreichs. Die Preisrichter bewerten Blutwürste aus ganz Europa nach Aussehen, Geruch, Kon- sistenz und vor allem nach dem Geschmack. Bei einer Qualitätsprüfung werden die eingereichten Produkte nach einem Punkte- system bewertet, und können bei entspre- chender Qualität mit Bronze, Silber oder im optimalen Fall mit der Goldmedaille prä- miert werden. Verwies, wie schon so oft, auch beim Wettbewerb in Paris ihre Mitbewerber auf Von allen Goldmedaillengewinnern eines die Plätze: die »Tullnerfelder Kaiserblunzn« aus dem Hause Gutscher. Landes wird dann die „Beste“ von der Jury ist, nach wie vor, ein kleiner Familien- hat sich auf die Herstellung von bodenständi- mit der „Trophee National“ prämiert. betrieb, in dem der Fleischermeister Karl gen Wurst- und Selchwaren spezialisiert. Die Die Fleischerei Gutscher wurde im Jahre Gutscher zusammen mit seiner Frau Sonja Blunzn und die Bratwürstel („Tullnerfelder 1916 von Johann Kaiser gegründet und wird und einem kleinen eingespielten Team ar- Kirtagsbratwürstel“) sind die wichtigsten nun bereits in der 4. Generation geführt. Sie beitet (vier Personen in der Produktion) und und berühmtesten Produkte dieses Betriebes. Die „Tullnerfelder Kaiserblunzn“ ist eine Spezialität, die in dem traditionsreichen Familienbetrieb des Fleischermeisters Karl Gutscher (Bezirk Tulln – „Genußregion Tullnerfelder Schwein“) ausschließlich mit heimischem Fleisch hergestellt wird. Dabei wird besonders darauf geachtet, daß trotz des Einsatzes von modernen Anlagen die tra- ditionellen Herstellungsmethoden gewahrt bleiben – und diese werden in der Familie bereits an die 4. Generation weitergegeben. Von den Kunden wird diese niederöster- reichische Spezialität nicht nur wegen der Qualität geschätzt sondern auch aufgrund der Tatsache, daß die „Tullnerfelder Kaiser- blunzn“ gänzlich ohne Zusatzstoffe herge- stellt wird. Seit jeher kommen viele der Kunden ex- tra wegen der Bratwürste, aber vor allem we- gen der Blutwürste – dem wichtigsten und berühmtesten Produkt – in die Fleischerei

Alle Fotos: Fleischhauerei Karl Gutscher nach Königstetten. Alle Spezialitäten wer- Blunznmeister Karl Gutscher mit Sohn Philipp und der Trophäe aus Frankreich den nach eigenen Hausrezepten hergestellt,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 56 Gastronomie & Kulinarisches die sich über Generationen erhalten haben und nur leicht abgeändert wurden. Notwen- digerweise, denn niemand würde heute noch so fette Wurst essen, wie das dem Geschmack von vor etwa 50 Jahren entsprochen hat. Das Fleisch für diese Tullnerfelder Genuß- produkte stammt ausschließlich von Schwei- nen heimischer Bauernhöfe. Bei der Produktion wird großen Wert dar- auf gelegt, daß trotz dem Einsatz von moder- nen Anlagen der Einklang mit traditionellen Herstellungsmethoden gewahrt bleibt. Traditionelle Handarbeit, ein hoher Hy- gienestandard und erstklassige Rohmateria- lien haben dazu geführt, daß die Speziali- täten von außergewöhnlicher Qualität sind und sich über einen ausgezeichneten Ruf in nah und fern erfreuen. Eine weitere Bestätigung für das hohe Qualitätsniveau der bodenständigen Produk- te sind die vielen Auszeichnungen, die der Familienbetrieb auf internationalen Wettbe- werben in ganz Europa bereits über 80 Mal Edelmetall erringen konnte.

Das kleine Geheimnis Das Rezept für diesen Blunznstrudl stammt aus dem Buch »Rosenmädchen Lebens- Neben der traditionellen Herstellung, leidenschaften und Kunstgenüsse« von Gerlinde Zickler. Sie die Mutter von Sonja hohem Hygienestandard und erstklassigem Gutscher und Buchautorin. Infos: http://www.rosenmaedchen.at unter News

Fleisch als Grundvoraussetzungen, birgt die Rezeptur ein kleines Geheimnis, das die Familie Gutscher hier lüftet: es werden auch Semmelwürfel verwendet, die die „Tullner- felder Kaiserblunzn“ besonders „flaumig“ machen. Dazu kommen noch Zwiebel, Kochsalz sowie hochwertige Naturgewürze, die der Blunzn ihren exzellenten Geschmack verleihen – die allerdings Geheimnis blei- ben. Auf die Zugabe von Zusatzstoffen kann deshalb verzichtet werden – weil die ver- wendeten Naturgewürzen benötigen keine Geschmacksverstärkung. Achten Sie daher beim Kauf einer Blutwurst immer auf die Zutaten.

Bei der Herstellung ist nicht alles Blunzn 3 Uhr – zu diesem Zeitpunkt heißt es auf- stehen für Fleischermeister Karl Gutscher – hinein in ein saubere, helle Arbeitskleidung – denn Hygiene ist wichtig. Zuerst werden der Wurstkessel einge- heizt – bei Gutschers sind dies drei an der Zahl. Bei ca. 80° C Wassertemperatur kommt das Fleisch (nicht irgendeines – sondern aus- Wenn einem da nicht das Wasser im Munde zusammenläuft: die vielfach prämi- schließlich Fleisch von Schweinen heimi- ierte »Tullnerfelder Kaiserblunzn«, hier mit Essig und Öl zubereitet scher Bauernhöfe) und die Schwarten ins

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 57 Gastronomie & Kulinarisches heiße Wasser. Kälter darf es auf keinen Fall sein, sonst laugt das Wasser Geschmacks- stoffe aus dem Fleisch. Die Temperatur wird kontinuierlich auf 100°C erhöht. Das Fleisch wird gekocht – nicht zu weich und nicht zu fest – da nützt die Erfahrung von Genera- tionen. Inzwischen ist es ca. 6 Uhr geworden, die weiteren drei Mitarbeiter treffen ein, denn jetzt braucht es jede Hand. Das gekochte Fleisch wird aus dem Kessel genommen und zerkleinert. Nun wird das zerkleinerte Fleisch in eine Maschine gegeben wo das Fleisch, die Sem- melwürfel, die Suppe und natürlich das fri- sche Blut durchgemengt werden. Früher hat man noch alles mit der Hand gemischt, doch das ist bei der Menge nicht mehr möglich. Allerdings hat sich der Fleischermeister nicht die erstbeste Mischmaschine gekauft, denn Mitarbeiterin Andrea Polsterer bereitet die Kaiserblunzn zur Abkühlung vor seine Qualitätsansprüche sind sehr hoch. „Zwei Jahre haben mein Vater und ich nach und Abgepaßte im Naturdarm. Wichtig ist, der geeigneten Mischmaschine gesucht“, so daß die Blutwurstmasse noch warm und Karl Gutscher, „denn wir waren nicht bereit flüssig in die „Wurstspritze“ kommt. Bei den durch den Einsatz von Maschinen auf hand- Stangen geht es zügig voran. Bei den Natur- werkliche Qualität zu verzichten.“ därmen ist Gefühl gefragt, denn sonst sind Nachdem die Blutwurstmasse nun die die Blunzn zu fest und platzen beim Kochen. richtige Konsistenz hat, schreitet der Blunzn- Kaum sind die Blunzn in die Haut gefüllt, kaiser zum Würzen. Kochsalz (kein Pökel- kommen sie in den Wurstkessel. salz) echter Thyringer Majoran, Pfeffer (wel- Dort werden sie bis zu einer Kerntempe- cher, wird nicht verraten) und Piment sind ratur von 74°C erhitzt. Es wird besonders die Hauptgewürze. Doch dann gibt der darauf geachtet, daß diese Temperatur er- Fleischermeister noch eine kleine Schaufel reicht wird, denn nur dadurch ist die Haltbar- einer hauseigenen Gewürzmischung dazu. keit gewährleistet. „Immerhin handelt es sich ja um eine Kaiser- Zum Schluß wird die Kaiserblunzn im blunzn“, schmunzelt der Blunznkaiser. Wasserbad abgekühlt. 7 Uhr 30 – jetzt geht‘s ans Füllen, entwe- Sonja und Karl Gutscher als »frischge- Es ist bereits ca. 11 Uhr, noch stehen ca. der in Stangen in Kunstdarm oder in Kranzl schlagene Blutwurstritter« zwei Stunden Arbeit bevor, denn die Ar- beitsräume und Maschinen müssen nun gründlich gereinigt werden. Über Nacht wird die Kaiserblunzn durch- gekühlt, und am nächsten Morgen von Fa- milienmitgliedern persönlich verkostet. Erst wenn sie diese Qualitätsprüfung bestanden hat, wird sie im Geschäft zum Verkauf ange- boten oder an viele Lebensmittelmärkte aus- geliefert. Besonders stolz ist der Blunznkaiser dar- auf, daß es ihm gelang, die handwerkliche Qualität seiner Kaiserblunzn beizubehalten, obwohl die hergestellten Mengen immer grös- ser wurden. Dies war nicht immer leicht um- zusetzen. Der Erfolg gibt ihm Recht – denn als besondere „Belohnung“ wurde er von der „Bruderschaft der Blutwurstritter Frank- reichs“ vor vier Jahren zum „Blunznritter“ geschlagen – eine Ehre, die auch dem be- rühmten Koch Paul Bocuse zuteil wurde. „ Die »Tullnerfelder Kaiserblunzn« ist in einigen Variationen erhältlich http://www.blunznkaiser.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 58 Wissenschaft & Technik Neue Strategien gegen die Vogelgrippe Wiener Forscher entdecken gemeinsamen Auslöser von Lungenversagen bei Vogelgrippe, SARS-Infektionen, bakteriellen und chemischen Schädigungen

efürchtete Infektionskrankheiten wie Medizin der ÖAW ein weiterer entscheiden- inaktivierte H5N1-Vogelgrippeviren, die GVogelgrippe, SARS oder Anthrax füh- der Schritt zum Verständnis der Erkrankung. nicht mehr vermehrungsfähig sind aber an- ren häufig zum Tod durch akutes Lungen- Unter Beteiligung führender Institutionen in sonsten alle Viruseigenschaften besitzen, die versagen. Forscher am IMBA, dem Institut Peking, Hongkong, Stockholm, Köln, Toron- beschriebene Reaktion hervorrufen können. für Molekulare Biotechnologie der Österrei- to und der US-Army in Fort Dietrich klärten Mäuse, bei denen der Rezeptor TLR4 abge- chischen Akademie der Wissenschaften sie einen gemeinsamen Auslöser und die schaltet ist, sind vor Lungenversagen durch (ÖAW), können den Mechanismus der Er- Reaktionswege auf, die – unabhängig von inaktivierte Vogelgrippeviren jedoch weitge- krankung nun im Detail erklären und haben der Ursache – zur Schocklunge führen. Das hend geschützt. oxidativen Stress als gemeinsamen Auslöser Fachjournal Cell berichtet in seiner Ausgabe Aus dieser Erkenntnis leiten die beteilig- identifiziert. Die oxidierten Moleküle wer- am 18. April 2008. ten Wissenschaftler eine große Hoffnung ab. den vom Immunsystem erkannt und lösen Mithilfe von Mausmodellen konnten die Da sie einen sogenannten „common injury eine fatale Kettenreaktion aus. Publikation Forscher zeigen, daß ein bestimmter Ab- pathway“ gefunden haben, wäre auch eine im Fachjournal Cell. wehrmechanismus der angeborenen Immu- allgemein wirksame Therapie vorstellbar, Die sogenannte Schocklunge (auch „akutes nität eine Schlüsselrolle bei der Erkrankung die in einen zentralen Mechanismus der Er- progessives Lungenversagen“ bzw. „acute spielt. Am Beginn der Signalkette steht ein krankung eingreift. Da eine solche Therapie respiratory distress syndrome“, ARDS) ist Rezeptor mit dem Namen TLR4 (Toll-like unabhängig von der auslösenden Ursache eine massive Reaktion des Körpers auf ver- Rezeptor 4). Dieses Molekül sitzt an der wirkt, könnte sie auch als Waffe gegen neu schiedene Faktoren, die die Lunge direkt Oberfläche von Immunzellen der Lunge und auftretende Viren dienen. oder indirekt schädigen. Dies kann durch In- reagiert auf Erkennungsmerkmale von Viren Das IMBA – Institut für Molekulare Bio- halation giftiger Gase oder durch Einatmen oder Bakterien. technologie der Österreichischen Akademie von Mageninhalt geschehen, aber auch im Allerdings können nicht nur Krankheits- der Wissenschaften kombiniert Grundlagen- Zusammenhang mit schweren viralen oder erreger ARDS auslösen, sondern auch ag- und angewandte Forschung auf dem Gebiet bakteriellen Entzündungen. Im Zustand des gressive Chemikalien wie etwa Salzsäure, der Biomedizin. Interdisziplinär zusammen- ARDS ist das Lungengewebe stark geschä- die in die Lunge gelangen. Es muß also gesetzte Forschergruppen bearbeiten funk- digt, die Überlebenschancen sind auch bei einen gemeinsamen Auslöser geben, der so- tionsgenetische Fragen, besonders in Zu- intensivmedizinischer Versorgung gering. wohl bei mikrobiell als auch bei chemisch sammenhang mit der Krankheitsentstehung. Etwa 50 Prozent der Menschen, die an der verursachten Lungenschäden eine zentrale Zwischen dem Forschungsinstitut für Vogelgrippe vom Typ H5N1 erkranken, ster- Rolle spielt. Um diesem auf die Spur zu Molekulare Pathologie (IMP) und dem seit ben an ARDS. Auch bei der Epidemie der kommen, analysierten die Forscher zahlrei- 2003 operativen Institut für Molekulare spanischen Grippe im Jahr 1918, an der zwi- che Gewebeproben aus den Lungen verstor- Biotechnologie der Österreichischen Akade- schen 30 und 50 Million Menschen starben, bener Menschen und Tiere. In Hongkong mie der Wissenschaften (IMBA) wurde eine war ARDS die Todesursache. wurden SARS- und Vogelgrippe-Opfer un- enge Forschungskooperation vereinbart. Am Wiener IMBA ist man den Mecha- tersucht, die US-army stellte Gewebe von Unter dem Namen „IMP-IMBA Research nismen der Krankheit seit etwa fünf Jahren Tieren zur Verfügung, die mit Anthrax bzw. Center“ greifen die beiden Institute auf eine auf der Spur. Ein internationales Team um Lungenpest infiziert waren. gemeinsame Infrastruktur im wissenschaft- die japanische Medizinerin Yumiko Imai Aufgrund der Ergebnisse dieser Untersu- lichen und administrativen Bereich zu. und IMBA-Direktor Josef Penninger unter- chungen können die Forscher nun folgendes Das CeMM-Forschungszentrum für Mo- sucht die molekularen Vorgänge, die zu allgemeingültige Bild vom Krankheitsver- lekulare Medizin der ÖAW ist eine interdis- ARDS führen. Im Jahr 2005 gab es einen er- lauf bei ARDS zeichnen: chemische, virale ziplinäre Forschungseinrichtung und ver- sten Durchbruch, als die IMBA-Wissen- oder bakterielle Reize verursachen oxidati- folgt anwendungsorientierte Forschung auf schaftler ACE2 als den essenziellen Rezep- ven Stress in der Lunge. Die dadurch entste- dem Gebiet der Molekularmedizin durch die tor für SARS-Virus Infektionen identifizier- henden Oxidationsprodukte signalisieren Zusammenführung und gegenseitige Beein- ten und herausfanden, daß ACE2 vor ARDS dem Körper eine Gefahrensituation und akti- flussung von Grundlagen- und klinischer schützt (Imai et al. Nature 2005; Kuba et al. vieren den Rezeptor TLR4. Dieser mobili- Forschung, wobei Krebs, Entzündungspro- Nature Medicine 2005). Auf der Basis dieser siert seinerseits die natürliche Immunabwehr zesse und immunologische Krankheiten zu Entdeckung laufen bereits Studien zur Medi- und setzt damit eine Art molekulare Ketten- den wichtigsten Interessensgebieten zählen. kamentenentwicklung. reaktion in Gang, an deren Ende die Lunge Publikation: Imai, Y. et al. (18. April 2008): Nun gelang den Forschern in enger Zu- irreparabel geschädigt ist. Identification of oxidative stress and Toll like sammenarbeit mit Christoph Binder vom Zu ihrer eigenen Überraschung konnten receptor 4 signalling as a key pathway of acute CeMM-Forschungszentrum für Molekulare die IMBA-Forscher nachweisen, daß sogar lung injury, Cell, Vol. 133(2)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 59 Wissenschaft & Technik Österreichs Physik an der Spitze Die Alpenrepublik zählt zu den besten Physik-Nationen der Welt!

n einem von Thomson Scientific erstellten IRanking nehmen Österreichs Physiker erstmals einen Platz unter den Top 20 der am häufigsten zitierten Wissenschaftler ein. Ei- nen wesentlichen Beitrag dazu leisteten die Forscherinnen und Forscher des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universi- täten Innsbruck und Wien. Die Welt der Physik wird nach wie vor von der US-amerikanischen Wissenschaft dominiert. Mit über 2,7 Millionen Zitierun- gen von 218.000 Publikationen führen die USA in dem aktuellen Ranking von „Science Watch“ deutlich. Die rund 9000 Publikatio- nen der österreichischen Physik wurden ins-

gesamt über 106.000 Mal zitiert. Das schiebt Foto: Universität Innsbruck / C. Lackner Österreich erstmals unter die 20 besten Na- Rainer Blatt, Rudolf Grimm, Peter Zoller und Hans J. Briegel tionen weltweit. Spitzenreiter bei den Zitie- rungen pro Publikation ist die Schweiz, de- Im Jahr 1995 veröffentlichte Peter Zoller seine Position in Zukunft noch weiter ver- ren Forschungsarbeiten im Durchschnitt gemeinsam mit Ignacio Cirac einen wegwei- bessern wird können. „Es ist uns in Öster- 13,7 Mal von anderen Wissenschaftlern senden Vorschlag für den Bau eines Quan- reich gelungen, die Kräfte zu bündeln und zitiert wurden. Österreich belegt hier hinter tencomputers mit in Fallen gefangenen innerhalb eines Jahrzehnts eine schlagkräfti- den USA und den Niederlanden den ausge- Ionen. Zwei Jahre später konnte Anton Zei- ge Gemeinschaft von Physikerinnen und zeichneten vierten Platz. Jede österreichi- linger in Innsbruck erstmals die Teleporation Physikern aufzubauen, die sich auch mit in- sche Publikation wurde durchschnittlich mit Lichtteilchen demonstrieren. Beide Ver- ternationalen Maßstäben messen kann“, sagt 11,6 Mal zitiert. Berücksichtigt wurden in öffentlichungen wurden bis heute über 1200 Prof. Rainer Blatt, Direktor des Instituts für der Untersuchung Zitierungen in den ver- Mal von anderen Wissenschaftlern zitiert Quantenoptik und Quanteninformation. „Die gangenen elf Jahren, von 1997 bis 2007. In und gelten nach wie vor als richtungswei- enge Kooperation zwischen den verschiede- einem ähnlichen Ranking vor drei Jahren send. Die Erfolge der vergangenen Jahre und nen Institutionen, den Universitäten, der war Österreich noch nicht unter den 20 die steil nach oben zeigenden Kurven der Akademie der Wissenschaften und dem Wis- besten Nationen vertreten. Zitierungen der österreichischen Wissen- senschaftsfonds, waren dafür eine wichtige schaftler lassen erwarten, daß Österreich Voraussetzung.“ „ Mit Quantenphysik zum Erfolg Das Ranking Rang Land Publikationen Zitierungen Zitierungen/ Die Forschungen der österreichischen Publikation Quantenphysik haben ganz wesentlich zum 1 USA 218,045 2,719,244 12,47 guten Abschneiden der heimischen Physik in 2 Deutschland 104,592 1,100,855 10,53 diesem internationalen Vergleich beigetra- 3 Japan 117,017 899,691 7,69 gen. Allein die fünf wissenschaftlichen Di- rektoren des Instituts für Quantenoptik und 4 Frankreich 74,124 683,324 9,22 Quanteninformation (IQOQI), die Professo- 5 England 55,085 577,457 10,48 ren Rainer Blatt, Hans J. Briegel, Rudolf 6 Rußland 80,575 458,682 5,69 Grimm, Anton Zeilinger und Peter Zoller, 7 Italien 49,700 449,636 9,05 vereinen weit über ein Drittel der österrei- 8 VR China 86,679 371,287 4,28 chischen Zitierungen (fast 40.000) auf sich. Diese beziehen sich auf über 800 Publika- 9 Schweiz 22,231 304,182 13,68 tionen dieser herausragenden heimischen 10 Spanien 28,461 261,164 9,18 Wissenschaftler. Zwei Arbeiten haben be- … sonderes Interesse der internationalen wis- 20 Österreich 9,137 105,854 11,59 senschaftlichen Gemeinde hervorgerufen:

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 60 Wissenschaft & Technik Mit flexibler Stoßdämpfung ins Gelände Verstellbare Stoßdämpfer erhöhen bei geländegängigen Fahrzeugen den Komfort und die Fahrsicherheit.

KW, die in unwegsamem Gelände unter- Lwegs sind, können für Insassen sehr un- angenehm sein, wenn sich die Stoßdämp- fung an die jeweilige Situation nicht anpas- sen kann. Genau jenes Problem beschreibt das Forschungsgebiet einer Gruppe von WissenschafterInnen unter der Leitung von Professor Andreas Kugi vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik der Technischen Universität (TU) Wien. Für 15 Tonnen schwere LKW der Deutschen Bundeswehr entwickelten die TU-Forsche- rInnen in Kooperation mit der Firma Flu- dicon in Darmstadt, Deutschland, elektro- rheologisch verstellbare Stoßdämpfer mit dazugehöriger Regelung. Universitätsas- sistent Wolfgang Kemmetmüller: „Die Grundidee von elektrorheologischen Flüssig- keiten ist, daß die in einer Basisflüssigkeit wie Silikonöl enthaltenen Partikel beim Anlegen von elektrischer Spannung Ketten bilden und die Flüssigkeit somit in einem großen Bereich ihre effektive Viskosität ändert. Das heißt, die Flüssigkeit ändert ihre Eigenschaften von flüssig auf zähflüssig.“

Verstellbare Stoßdämpfer erhöhen bei geländegängigen Fahrzeugen den Komfort und die Fahrsicherheit. Sie arbeiten mit modernen Regelungsstrategien, die auf mit elektrischer Spannung steuerbaren elektrorheologischen Flüssigkeiten basie- ren und im Vergleich zu normaler Hydraulik extrem schnell reagieren können.

Neben elektrorheologischen Flüssigkeiten den. Die TU-ForscherInnen konnten in Zu- gibt es auch magnetorheologische, die über sammenarbeit mit Fludicon die neuen Stoß- ein Magnetfeld gesteuert und bereits kom- dämpfer entwickeln und im vergangenen merziell in semi-aktiven Fahrwerken einge- Oktober in Kooperation mit dem Wehrwis- setzt werden. BenutzerInnen können selbst senschaftlichen Institut für Werk-, Explosiv- einstellen, ob sie eine weiche oder eine harte und Betriebsstoffe (WIWEB) der Deutschen Dämpfung des Fahrzeuges möchten. Bundeswehr bei Geländefahrzeugen einbau- Die zentrale Frage auf diesem Gebiet en und testen. „Im Vergleich zur herkömm- dreht sich laut Kemmetmüller und seinem lichen Hydraulik sind elektrorheologische Forschungskollegen Klaus Holzmann dar- Flüssigkeiten bei der Regelung extrem um, wie sich die Flüssigkeit, die auf die schnell. Die Änderung von einem Zustand in Spannung mit Veränderung der Viskosität den anderen passiert innerhalb einer Milli- reagiert, genau verhält. Die Eigenschaften sekunde oder weniger. Das heißt, diese Flüs- von elektrorheologischen Systemen sind sigkeiten haben ein sehr hohes Potential“, stark nichtlinear. Daher können bekannte erklärt Projektassistent Klaus Holzmann. Regelungsstrategien, wie sie bei konventio- An der TU Wien wurde eigens für diesen Klaus Holzmann und Wolfgang Kemmet- nellen hydraulischen Systemen häufig ver- Forschungszweig ein Prüfstand für elektror- müller vor dem Prüfstand wendet werden, nicht direkt eingesetzt wer- heologische Flüssigkeiten angeschafft. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 61 Wissenschaft & Technik Europa So kommunizieren wir in 25 Jahren In einer Delphi-Studie hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovations- forschung (ISI), Karlsruhe, Experten zu den Informations- und Kommunikations- techniken der Zukunft befragt. Vieles sei technisch machbar, sagen die Experten, aber nicht alles sei auch wünschenswert.

m Rahmen von FAZIT führt das Fraun- Ihofer-Institut für System- und Innovations- forschung (ISI) einen mehrstufigen Zu- kunftsforschungsprozeß durch. Er identifi- ziert für Informations- und Medientechniken relevante Forschungs- und Entwicklungsfel- der, die entscheidend für das Innovations- potenzial Baden-Württembergs sind.

Foresight Methoden-Mix Um sowohl technologische als auch ge- sellschaftliche und wirtschaftliche Trends er- fassen zu können, setzt das Fraunhofer ISI eine Kombination von Foresight-Methoden ein. Das Team am Institut sichtet und bewer- tet gesellschaftliche und technische Mega- Trends in drei Delphi-Studien, überprüft die Relevanz einzelner Treiber im Rahmen eines Szenarienprozesses und entwickelt abschlie- ßend eine Roadmap für neue Märkte für entsprechend richtet sich die Befragung an tauscht und verglichen werden können. So Informations- und Kommunikationstechno- Personen aus Forschung, Entwicklung und überspielt z. B. das Filmplakat einen Trailer logien (IKT). Hochschulen, aus IT-Unternehmen und Ver- zum neuesten Kinofilm auf den PDA, oder Die einzelnen Phasen des Foresight-Pro- bänden sowie Vertretern von Interessensver- das Handy teilt dem Besitzer im Café mit, zesses sind eng verknüpft mit den FAZIT- bänden, z. B. Verbraucherschutz. dass die Dame am Nebentisch ihr Auto ver- Unternehmensbefragungen (IKT-Monito- In der ersten Runde haben 681 Personen kaufen möchte (These 26) ring) des Zentrums für Europäische Wirt- der angeschriebenen Experten ihren Frage- Wenn jeder Mensch von einer „digitalen schaftsforschung (ZEW) und der Vertiefung bogen komplett oder teilweise ausgefüllt, in Aura“ umgeben ist, bei der im Hintergrund einzelner Marktthemen. der zweiten Runde waren es 428 Personen. codierte Präferenzprofile drahtlos ausge- Im Mittelpunkt der vorliegenden dritten Die Antwortzahlen der vorliegenden Delphi- tauscht und verglichen werden können, führt Delphi-Studie steht das Spannungsfeld zwi- Befragung sind für eine statistische Aus- dies unweigerlich zu „gläsernen Menschen“. schen technischen Herausforderungen und wertung sehr gut. Die Rücklaufquote ist mit Entsprechend wird auch der Datenschutz als der Umsetzung in Wirtschaft und Gesell- 44 Prozent in der ersten Runde etwas höher größtes Hemmnis angenommen und fast ein schaft. Was ist technisch realisierbar? Wel- und mit 66 Prozent in der zweiten Runde Viertel aller Delphi-Befragten hält das The- che Auswirkungen haben die Entwicklun- niedriger als vergleichbare Werte aus frühe- ma für gänzlich unmöglich. Die meisten gen? Wo liegen die Hemmnisse bei der Ver- ren postalischen Erhebungen. Befragten (87 Prozent) erwarten durch die wirklichung? Dazu wurden Experten mit Nachfolgend finden Sie eine Auswahl „digitale Aura“ gravierende Auswirkungen hoher Fachkompetenz im Bereich der IT- und von sechs der 35 Thesen mit besonders be- auf die Gesellschaft. Damit verbunden wur- Medientechnikentwicklung sowie in ausge- merkenswerten Resultaten, beispielsweise de mehrmals der Kommentar geäußert, daß wählten Anwendungsbereichen der Informa- hinsichtlich der Realisierbarkeit (oder Nicht- eine „digitale Aura“ neben Auswirkungen tionstechnologie gebeten, in einer Online- Realisierbarkeit), noch ausstehenden For- auf die Wirtschaft und die Lebensqualität Delphi-Befragung 35 ausgewählte Zukunfts- schungsfragen oder den Auswirkungen auf auch Auswirkungen auf die Politik und die thesen einzuschätzen. Gefragt wurde nach die Gesellschaft und deren Akzeptanz, etwa Verfassung haben könnte. der zeitlichen Realisierbarkeit (in Fünfjahres- beim Thema Datenschutz. 80 Prozent der Inhalte des Internets wer- schritten, bis 2030 oder später), nach gesell- Jeder Mensch ist von einer „digitalen den als nutzer-generierter Content, als schaftlichen Auswirkungen sowie nach Aura“ umgeben, bei der im Hintergrund Plattformen für Communities und als On- Hemmnissen der Realisierung. Dem Thema codierte Präferenzprofile drahtlos ausge- line-Foren bereitgestellt (These 32)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 62 Wissenschaft & Technik Europa

Seit etwa zwei Jahren redet alle Welt über Web 2.0 – doch erst jetzt schlägt sich der Hype auch in Statistiken nieder. Manche Internetseite des „sozialen Netzes“ hat ihre Nutzerzahlen in einem Jahr verdreifacht. Der von der Community schon seit Jahren prophezeite Durchmarsch scheint also begonnen zu haben. Das soziale Web ist auf dem Weg. Bis aber 80 Prozent der Inhalte des Internets als nutzergenerierter Content, als Plattformen für Communities und als Online-Foren be- reitgestellt werden, dürften noch etwa zehn Jahre vergehen – oder ein so großer Pro- zentsatz wird nie erreicht werden, so die Skeptiker unter den Delphi-Experten. In jedem Fall wird diese Entwicklung immense Auswirkungen auf die Gesellschaft haben – da sind sich alle einig. Quantencomputer sind Wirklichkeit und werden in Spezialgebieten (z. B. wissenschaft- liche Simulationen) eingesetzt, in denen massiv parallel gerechnet werden muss (These 3) Quantencomputer beruhen auf den be- sonderen Gesetzen der Quantenmechanik. Bestimmte Probleme der Informatik können damit wesentlich effizienter gelöst werden als mit klassischen Computern. Derzeit ist der Quantencomputer aber ein überwiegend theoretisches Konzept. Diese These hat mit dem Jahr 2022 den spätesten Realisierungszeitpunkt in der ge- samten Befragung erhalten. Auffällig ist, daß rund 8 Prozent der Experten und sogar 29 der besonders Sachkundigen eine Realisie- rung dieser These für ausgeschlossen halten. Einer Verwirklichung von Quantencom- putern wird also generell mit ziemlicher Skepsis begegnet. Die Auswirkungen werden nicht einheit- lich gesehen. Die besonders oft angekreuz- ten Auswirkungen auf die Wirtschaft werden von den Fachkennern relativiert, die Aus- wirkungen auf den technischen Fortschritt aber bestätigt. Kleine, leichte Datenbrillen oder Retina- Displays sowie leichte Datenhandschuhe sind verbreitet und werden zu Modeacces- soires (These 7) Kleine, leichte Datenbrillen oder Retina- Displays sowie leichte Datenhandschuhe als Modeaccessoires sind sehr umstritten. Nicht nur, daß viele sie gar nicht für realisierbar halten, wenn sie denn kommen, dann nicht vor 2019. Technische Probleme und hohe Kosten müssen überwunden sowie die Ak- zeptanz geschaffen werden, dann sind auch Auswirkungen vor allem auf die Gesell-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 63 Wissenschaft & Technik Europa schaft, aber auch die Wirtschaft, die Lebens- qualität und den technischen Fortschritt zu erwarten. Da in dieser These nicht die medi- zinische Seite, sondern ein Modetrend zur Diskussion gestellt wird, sehen viele der Befragten Auswirkungen vor allem für die Gesellschaft. Solche Entwicklungen haben danach einen großen Einfluß auf den techni- schen Fortschritt, weil die dahinter stehende Technologie für weitere Entwicklungen aus- gebaut und anderweitig eingesetzt werden kann. Ein Großteil sieht zudem in Daten- brillen und Datenhandschuhen Auswirkun- gen auf die Lebensqualität, zum Beispiel für behinderte Menschen. 3D-Internet-Anwendungen wie Hologram- me werden genutzt, um z. B. Fußballüber- tragungen oder Spielfilme auf beliebige Oberflächen zu projizieren (These 9) Die meisten Befragten halten diese These für sehr spät realisierbar. Der Median liegt bei 2020, einige (14 Prozent) halten diese The- se für unmöglich, wobei diese Ansicht bei den Befragten mit einer hohen Fachkompe- tenz mit 19 Prozent noch höher ausfällt. Die Entwicklung von 3D-Anwendungen soll nach Meinung der Befragten, im Gegen- satz zu allen anderen genannten Thesen, keine so großen Auswirkungen auf die Wirt- schaft haben. Die 3D-Internet-Anwendungen scheinen vor allem die Gesellschaft und den technischen Fortschritt zu beeinflussen. Dies erscheint einigermaßen überraschend, werden doch häufig auch in der Industrie große Erwar- tungen in diese Technologieansätze gestellt. Spracherkennungssoftware ist in der La- ge, die überwiegende Zahl der Nutzer ohne Training zu erkennen und erreicht eine Tref- ferquote von mehr als 90 Prozent (These 16) nen in der Klinik, wird aber eine 90-prozen- Obwohl die Teilnehmer der Delphi-Be- Die Spracherkennung wurde in den letzten tige Erkennungsquote nicht ausreichen. fragung die technischen Probleme als größ- Jahren entscheidend verbessert. Leistungsfä- tes Hindernis einschätzen, sind sie dennoch hige Personal Computer und großer Speicher- Einflußauf die Wirtschaft – oft der Ansicht, daß technische Probleme platz ermöglichen bereits heute eine recht Technische Probleme und lösbar seien. Andererseits sind scheinbar hohe Trefferquote. Bei idealen Umgebungen unüberwindbare technische Hürden auch der und klarer Sprache ohne Dialekt sind es na- Kosten als Haupthindernis Grund, warum einige wenige Delphi-Thesen hezu 90 Prozent, die diese Systeme auch für Bei der Frage nach den Auswirkungen der zumindest im abgefragten Zeitraum für nicht den gewerblichen Einsatz interessant machen. einzelnen Thesen ging es um positive und ne- machbar eingeschätzt wurden. Spracherkennungssoftware zu entwickeln, gative Auswirkungen gleichermaßen. Über Die zweite große Herausforderung auf dem die in der Lage ist, eine überwiegende Zahl alle Themen betrachtet, werden von 76 Pro- Weg zur Realisierung sind im Mittel aller von Nutzern ohne Training zu erkennen und zent der Antwortenden Auswirkungen auf die Thesen die Kosten. Forschung und Entwick- die eine Trefferquote von mehr als 90 Pro- Wirtschaft angenommen (positive wie negati- lung, das Fachpersonal, Standards und der zent erreicht, ist größtenteils ein technisches ve). An zweiter Stelle der Nennungen liegen Datenschutz werden zwar auch in einigen Problem, aber die meisten Delphi-Experten die Auswirkungen auf die Gesellschaft, ge- Fällen als Hemmnisse genannt, spielen aber halten es für lösbar. Die Mehrzahl der Teil- folgt von den Auswirkungen auf den techni- im Durchschnitt eine untergeordnete Rolle. nehmenden (66 Prozent) hält derartige schen Fortschritt sowie auf die Lebensquali- Gesetze sind in der Regel kein Hemmnis. „ Spracherkennungssoftware in dem Zeitraum tät. Nicht wichtig sind nur zwei Prozent aller Quellen: MFG Baden-Württemberg mbH, von 2011 bis 2020 (Median: 2016) für Thesen, weil schon bei der Thesengenerie- Stuttgart; Fraunhofer-Institut für System- äußerst wahrscheinlich (66 Prozent). Für rung auf die hohe Relevanz der Themen für und Innovationsforschung, Karlsruhe manche Anwendungen, etwa bei Operatio- die Gesellschaft Wert gelegt wurde. http://www.isi.fhg.de

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 64 Kultur Alle Fotos: OÖ Landesregierung / Direktion Kultur

m 28. April 2008, um 15.00 Uhr, ist es verständlich am 29. April, um 09.00 Uhr, mermonaten“ durchaus seine historische Be- Asoweit: Bei Schönwetter am Rathaus- pünktlich ihren Betrieb auf. rechtigung hat, wie auch in der Ausstellung platz von Gmunden, bei Schlechtwetter im Zudem wird es bei jedem der dezentralen von Bad Ischl dokumentiert werden wird. Toskana Congress, wird die Eröffnung der Projekte noch einen eigenen Eröffnungs- 26. Oberösterreichischen Landesausstellung termin geben, sodaß im Mai laufend von Überblicksausstellung vorgenommen. Landesausstellungseröffnungen berichtet auf Schloß Ort Bei dieser Landesausstellung, die zum werden wird. zweiten Mal nach 1998 regional veranstaltet Ziel der Leit- und Überblicksausstellung wird, ist das gesamte Salzkammergut gleich- Großes Interesse im Schloß Ort ist es, dem Besucher die in- sam Bühne der Landesausstellung. im Vorfeld haltliche Zielsetzung der gesamten Landes- ausstellung so zu vermitteln, daß sich – aus- Vorbereitungen schon Das Interesse in der Bevölkerung und bei gehend von einem Besuch in Schloß Ort – fast abgeschlossen den Medien ist bereits außerordentlich groß. dem Besucher alle übrigen Ausstellungen Es übersteigt sogar das Ausmaß der Landes- stringent erschließen. Die Vorbereitungen für die Landesaus- ausstellung in Ampflwang, die mit rund Einleitend wird dokumentiert, daß die stellung 2008 befinden sich schon in der Ziel- 380.000 Besuchern sehr erfolgreich war. Kultur des Salzkammergutes von drei zen- geraden, genau genommen an deren Ende. Es zeigt sich, daß das Salzkammergut als tralen Einflußfaktoren geprägt ist: Ab 17. April wurden die Ausstellungs- Region natürlich vielen Menschen – über exponate eingebracht, da sehr viele Leih- Österreich und Oberösterreich hinaus – ein > Erstens gaben aus Privatbesitz stammen und auch Begriff ist. Vor allem aus dem Wiener Raum ist es die soziale und wirtschaftliche Struktur die Leihgaben aus den öffentlichen Museen haben sich schon zahlreiche Gruppen für des Salzkammergutes, die aufgrund der oft von ideellem und materiellem Wert sind, Führungen angemeldet und auch zahlreiche Funktion und Sonderstellung als Kammer- ist dieses Einbringen quasi eine „last-minu- Medien, die über diese dezentrale Ausstel- gutes eine politische, religiöse und soziale te-Action“. lung im Bezirk Gmunden berichten wollen. Sonderentwicklung nahm: das Salz, die Auch bei den dezentralen Projekten wird Es zeigt sich an diesem großen öffent- Forstwirtschaft, das Wasser, die Berge, form- derzeit noch auf Hochtouren gearbeitet, aber lichen Interesse, daß der Begriff vom Salz- ten einen Wirtschaftsraum, der eine sehr aus- auch alle anderen 13 Projekte nehmen selbst- kammergut als „Nabel der Welt in den Som- geprägte Sonderstellung erlangte.

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> Zweitens Das »Gründungsgemälde« ist im gen wurden. Die Entwicklung des Tourismus, de, Kreative aus allen Sparten der Kunst Kloster Traunkirchen zu sehen der Verkehrsmittel, von der Schiffahrt über nützten und nutzen die Region um sich zu in- die Eisenbahn bis zum Automobil, der Hotels spirieren, auszutauschen oder einfach durch war es die sommerliche Anwesenheit des und Villen, der Annehmlichkeiten, die sich die Schönheit der Natur neue Kraft zu tan- Kaisers, die aus der Funktion der Region als Touristen erwarten, aber auch die Auswir- ken. Die Darstellung der Welt der Künstler Kammergut herrührte und die zusammen mit kungen auf die Region und ihre Bewohner und der Kunst im Salzkammergut von frühen den landschaftlichen Vorzügen und den wirt- stehen im Zentrum. Da ist Schloß Ort und Beispielen bis in die aktuelle Gegenwart schaftlichen Möglichkeiten die höchsten seine Umgebung der beste Platz. Der gehei- stellt sich die Landesausstellung zur Aufgabe. Gesellschaftsschichten der Habsburger Mo- me Mythos dieses Platzes, vom Grafen Adam Die Landesausstellung zeigt den Frem- narchie anzog und das Salzkammergut zu Herberstorff des Bauernkrieges von 1626 bis denverkehr als wirtschaftliches und gesell- einer der ältesten und bedeutendsten Tou- zum Portier des Schloßhotels aus der be- schaftliches Phänomen, der im Salzkammer- rismusregionen Österreichs formte. kannten Fernsehserie hat schon viele gefan- gut durchaus seine Besonderheiten annahm. gen genommen und verzaubert. Der Bogen spannt sich von den Reisen der > Drittens Maler, Literaten, Musiker, Filmschaffen- „Aufklärer“ über die Sommerfrischler bis zu war und ist es die Anwesenheit und Arbeit vieler Künstler und Wissenschaftler, die den „Mythos vom Salzkammergut“ begründeten und damit auch einen Grundstein für die spä- tere touristische Entwicklung lieferten. Gemäß dieser Dreiteilung blickt die Aus- stellung zunächst auf die Mythen und Mär- chen vom Salz, betrachtet die Entwicklung der gesamten Salzwirtschaft, präsentiert die Aufgaben und die soziale Lage der Salz- und Forstarbeiter und die kulturelle Situation der Bewohner des Salzkammerguts, ihre Lebens- formen, auch ihren immer wieder lebendigen Widerstandsgeist und ihre tief verwurzelten Identitäten. entral für das Salzkammergut ist der ZTourismus geworden: Lange Zeit war dieser auf den Kaiser orientiert und auf jene Die auf den modernsten Stand gebrachte Ausstellung in Papiermachermuseum Gäste, die durch seine Anwesenheit angezo- Laakirchen bietet eine eigene Kinderschiene für Familien …

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 66 Kultur den modernen Hotels. Die Rolle der Eng- seum in Gmunden neu aufgestellt und ist zu rige von Adelshäusern in ihren Bann zieht. länder als Gründer der Linien-Schiffahrt auf besichtigen. Die BesucherInnen der Landesausstellung dem Traunsee ist dabei genauso gut Thema 2008 haben die Möglichkeit, mit öffentlichen wie die Autobahn als Instrument zur Insze- Besuch als Entdeckungs- Verkehrsmitteln bequem zu den einzelnen nierung der Salzkammergutlandschaft im reise durch die Region Projekten anzureisen. Dies ist nicht nur von Nationalsozialismus. Linz sondern auch von Passau, Wien und Zusätzlich zu den Räumlichkeiten im In der Überblicksausstellung auf Schloß Salzburg aus möglich. Schloß wird auch der Außenbereich in die Ort und in insgesamt 14 flankierenden Aus- Gestaltung mit einbezogen: Im Toskana- stellungen in den Gemeinden des inneren Familienfreundlichkeit Park animiert eine speziell für Familien ge- und äußeren Salzkammergutes (zwei davon wird groß geschrieben staltete Rätselwanderung zur Auseinander- sogar im Bundesland Salzburg – Strobl und setzung mit den dezentralen Projekten der St. Gilgen) wird dabei die Kultur-, Wirt- Mit ein wichtiger Grund für den Erfolg Landesausstellung, ein Themenspielplatz schafts-, Sozial- und Naturgeschichte des oberösterreichischer Landesausstellungen lädt zum Verweilen ein. In der Orangerie Salzkammergutes gezeigt, wobei insbeson- ist, daß in den letzten Jahren zahlreiche Maß- wird ein Vermittlungsraum für Schulgruppen dere Entwicklungslinien von der Vergangen- nahmen zur Verbesserung der Familien- und Jugendklassen untergebracht und auch heit bis zur Gegenwart aufgezeigt werden. freundlichkeit gesetzt wurden. Konkret gibt der Zugangssteg wird für gestalterisch-the- Wer eines oder mehrere Ausstellungspro- es bei der Landesausstellung 2008 folgende matische Zwecke genutzt. jekte besucht, der unternimmt gleichzeitig Angebote: Der Gehweg rund um das Schloß Ort eine faszinierende Entdeckungsreise durch wurde neu gestaltet und barrierefrei adap- die Region. Er lernt eine der schönsten und Kinderschiene tiert, auf fünf verschiedenen Pontons werden abwechslungsreichsten Natur- und Kultur- Wie vor zwei Jahren gibt es auch bei der Themen wie Salztransport, Fischerei, Bade- landschaften nördlich der Alpen kennen, die Landesausstellung 2008 auf Schloß Ort wie- freuden, Wasserqualität etc. genauer abge- seit nunmehr schon über 150 Jahre Reisen- der ein in den Ausstellungsrundgang inte- handelt. Ebenso wurde das Kammerhofmu- de, Sommerfrischler, Künstler und Angehö- griertes Vermittlungsprogramm, die „Kin-

Hallstatt: Spektakuläre Zeitreisen, atemberaubende Ausblicke und geheimnisvolle Schätze – seit Dezember 1997 ist die Region »Hallstatt – Dachstein / Salzkammergut« als Beitrag Österreichs in der Liste des UNESCO-Welterbes vertreten.

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zu gestalten und sich spielerisch und interak- tiv mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Themenspielplatz Die Stationen können auch von Kindern Im Toskanapark direkt am Traunsee lädt alleine genutzt werden und schaffen somit ein speziell für die Landesausstellung gestal- den Eltern Raum, sich selbst intensiv der teter Themenspielplatz zum Verweilen ein. Ausstellung zu widmen. Rund um das Thema Salzabbau bieten eigens entwickelte Spielgeräte eine mit viel Rätselwanderweg Bewegung verbundene spielerische Ausein- Ausgehend vom Uferplatz vor dem See- andersetzung mit einem der zentralen The- schloß Ort zieht sich ein – extra für Familien men der Landesausstellung 2008. gestalteter – Rätselwanderweg durch den Toskanapark. An Hand von 12 Stationen Familienführungen werden die dezentralen Ausstellungsorte der Jeden Sonntag startet um 15 Uhr eine Fa- Landesausstellung 2008 „Salzkammergut“ milienführung. Das Vermittlungspersonal vorgestellt, von denen fünf Stationen ein geht speziell auf die Interessen der kleinen Rätsel beinhalten, das für Kinder ab dem und großen TeilnehmerInnen ein und sorgt in Lesealter gut lösbar ist. Rätselspaß und tolle einem dialogorientierten Austausch für einen Preise sorgen für einen abwechslungsreichen gelungenen und abwechslungsreichen Aus- Landesausstellungsbesuch für die ganze stellungsbesuch. Durch die spielerischen Ele- Familie! mente der Kinderschiene kommt auch der

Die Aussichtsplattform »5 fingers« (auch »Welterbeblick« genannt) bietet einen einmaligen Aus- und Einblick auf die Welterberegion Hallstatt und das Innere Salzkammergut derschiene“. Kinder werden folglich bei Oberöster- reichs Landesausstellungen nicht in einem Ausstellungskindergarten oder ähnlichen Einrichtungen „abgegeben“, sondern gehen mit ihren Eltern auf Entdeckungsreise durch die Ausstellung. In 15 Stationen, die sich in regelmäßigen Abständen durch die gesamte Ausstellung ziehen, werden die Inhalte der Ausstellung Kindern ab 6 Jahren näher gebracht. Die Sta- tionen laden Eltern und Kinder ein, den Aus- Copyright: OÖ. Landesmuseen stellungsbesuch als gemeinsames Erlebnis »Salzfaß« – Gewürzgarnitur, dreiteilig, zu sehen im Seeschloss Ort

Spaß nicht zu kurz.

Kindgerechte Führung Auf Anfrage werden kindgerechte Über- blicksführungen angeboten. Die sprachliche Vermittlung der Begleiter wird dem Auffas- sungsvermögen der Kinder angepaßt. Ver- schiedene Stationen der didaktischen Kin- derschiene machen die Führung zu einem Erlebnis für alle Sinne und sorgen für einen lustvollen Ausstellungsbesuch.

Vermittlungsprogramme für SchülerInnen Auch dieses Jahr werden wieder aktions- orientierte Vermittlungsprogramme für Schü- Erwandern Sie die Landschaft rund um Ohlsdorf, wo sich Thomas Bernhard vor lerInnen angeboten. In ca. 1, 5 bis 2 Stunden mehr als 40 Jahren ansiedelte … werden sich die SchülerInnen aktiv mit den

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Inhalten der Leitausstellung im Schloß Ort im Rahmen der dezentralen Landesaus- 14 Ausstellungsorte – 14 faszinierende Themen stellung „Salzkammergut“ auseinanderset- zen können. Altmünster Obertraun Dabei wird es unterschiedliche Schwer- Schnitzer, Drechsler, Löffelmaler Dachstein – Forscher – Höhlenbären punktsetzungen geben. Insgesamt werden Ab dem 16. Jahrhundert stellten Familienfreundlichkeit steht im fünf verschiedene Vermittlungsprogramme Handwerker in der Marktgemeinde Mittelpunkt des Obertrauner konzipiert, die jeweils unterschiedliche in- Altmünster – und hier vornehmlich in Landesausstellungsbeitrages. haltliche bzw. altersgerechte Schwerpunkt- der Viechtau – in Heimarbeit Ohlsdorf setzungen haben. Für Volksschulen stehen Holzwaren her. Gehen und Denken. zwei Programme zum Thema Salz und zum Bad Goisern Ein Thomas Bernhard Weg. Thema Reisen/Brauchtum um 1900 zur Geigen, Gwand und Goiserer Erwandern Sie die Landschaft rund Auswahl; für Hauptschulen und AHS-Un- Handwerk, Brauchtum und um Ohlsdorf, wo sich Thomas terstufen wahlweise zwei Programme zu den Volkskultur stehen im Zentrum des Bernhard vor mehr als 40 Jahren Themen Salzabbau und Tourismus/Som- Landesausstellungsbeitrages auf ansiedelte und beschäftigen Sie sich merfrische. Für die Oberstufe wird ebenfalls Schloss Wildenstein in Bad Goisern. gedanklich mit seiner Literatur. ein Programm angeboten. Bad Ischl St. Gilgen Museumspädagogisch gut geschulte Mit- Menschen, Mythen, Monarchen Maria Anna Mozart, genannt arbeiter, qualitätsvolle Vermittlungsprogram- Bad Ischl war und ist für viele Nannerl. Eine Musikerin am me und die Gruppenteilung Ihrer Klasse ab Menschen touristischer Wolfgangsee. 15 SchülerInnen garantieren einen gelunge- Anziehungspunkt: Für die Die ganz persönliche Geschichte der nen Besuch der Leitausstellung im See- Landesausstellung 2008 präsentiert der Musikerin, die als große Schwester des schloß Ort für Lehrerinnen, Lehrer und Kurort deshalb seine eigene spannende berühmten Komponisten stets in sei- deren Klasse. Geschichte von der Kaiserzeit bis in nem Schatten stand, erzählt das St. die Gegenwart. Gilgener Mozarthaus, das Nannerl Ebensee Mozart auch viele Jahre selbst Kultur und Wirtschaft Heimat – Himmel & Hölle bewohnte. sind Partner Abschied und Neuanfang im St. Wolfgang Salzkammergut: Das baulich adaptier- Künstler. Leben am Wolfgangsee 17 Millionen Euro wurden für die bauli- te und modern gestaltete Museum Bildende Kunst, Film, Literatur und che Adaptierung und die Gestaltung der Ebensee in der ehemaligen Musik stehen im Mittelpunkt der Ausstellung bei 12 Landesausstellungspro- Salinendirektion beschäftigt sich mit Landesausstellung in St. Wolfgang. Im jekten (St. Gilgen und Strobl wurden von den Frauen, Männern und Kindern, die neu errichteten Zubau des Salzburg aus finanziert) aus Landesmitteln das Schicksal hierher verschlug… Gemeindeamtes erfährt man in vier locker gemacht. Weitere 3, 5 Millionen Euro stehen für den Betrieb der Ausstellung zur Gosau großen Themenbereichen Spannendes Verfügung und rund 1,5 Millionen Euro wer- Steinsichten aus dem Leben und Wirken von den in die Werbung investiert. Spannendes und Wissenswertes rund Künstlerinnen und Künstlern im Den Berechnungen der Volkswirtschafter um die Themen Geologie und Biologie Zusammenhang mit dem Wolfgangsee zufolge kann das Land von einer regionalen gibt es in Gosau zu entdecken. Strobl Wertschöpfung zwischen 1:5 und 1:6 ausge- Hallstatt un.SICHTBAR. Widerständiges im hen, das heißt, im günstigsten Fall kommt Jetzt ist Hallstattzeit Salzkammergut jeder investierte Euro der Region fünf- bis Spektakuläre Zeitreisen, atemberau- Schon die Geschichte des sechsfach zugute. bende Ausblicke und geheimnisvolle Ausstellungshauses selbst ist eng mit Verteilt auf den Zeitraum von 2004 – als Schätze! der Schreckensherrschaft des die Vorbereitungen begannen – bis 2008 hat Mit diesem abwechslungsreichen Nationalsozialismus verbunden: Die das Land Oberösterreich mit der OÖ. Lan- Angebot der Landesausstellung wird Deutsch-Villa, ursprünglich von der desausstellung eine Wertschöpfung von 110 ganz Hallstatt zum Erlebnis für Bankiersfamilie Deutsch zur bis 130 Millionen im Salzkammergut be- Familien und Kulturreisende aus aller Sommerfrische genutzt, wurde wäh- wirkt. Welt. rend des dritten Reiches arisiert. Durch das positive Image, das Oberöster- Laakirchen Traunkirchen reichs Landesausstellungen nach wie vor ha- Papiermachermuseum Schätze, Gräber, Opferplätze ben, ist es auch gelungen zahlreiche Partner Eine Erlebnisreise durch die Die Ausstellung im ehemaligen aus der Wirtschaft für dieses Projekt zu ge- Themenbereiche Papier, Arbeitswelt, Kloster, dessen Vorplatz, winnen, die das Land mit ihrem Sponsoring Umwelt und Industrialisierung bietet Innenräumlichkeiten und Dachstuhl oder mit konkreten Marketing-Kooperatio- das in der ehemaligen Papierfabrik saniert und renoviert wurden, erzählt nen unterstützen. „ Steyrermühl untergebrachte von Kultur und Religiosität zwischen http://www.landesausstellung.at Papiermacher- und Druckereimuseum. Jungsteinzeit und heute.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 69 Kultur K08 :: Emanzipation und Konfrontation Ab 8. Juli 2008 präsentiert das Land Kärnten gemeinsam mit neun Kärntner Kunstinstitutionen unter dem Titel »K08 :: Emanzipation und Konfrontation – Kunst aus Kärnten von 1945 bis heute« die erste umfassende Großausstellung zur zeitgenössischen Kunst und zeitgenössischen Architektur in Kärnten.

Kiki Kogelnik, Look again, 1979; Siebdruck; Copyright Kiki Kogelnik Foundation Wien-New York. Ölbild in Privatbesitz. Dieses Werk ist im Museum Moderner Kunst Kärnten in Klagenfurt zu sehen. u sehen ist ein repräsentativer Quer- Kunstentwicklung der unmittelbaren Gegen- Bruno Gironcoli, Wolfgang Hollegha, Fran- Zschnitt der Kunstentwicklung von 1945 wart. Neben der Malerei und Skulptur haben co Kappl, Kurt Kocherscheidt, Kiki Kogel- bis heute in den Bereichen Malerei, Skulp- Fotografie, Video und Installation zuneh- nik, Cornelius Kolig, Maria Lassnig, Meina tur, Architektur, Fotografie und Video. Kunst mend an Stellenwert gewonnen und werden Schellander und Heimo Zobernig haben bis im öffentlichen Raum stellt einen weiteren entsprechend präsentiert. Viele aus Kärnten hin zur jüngeren Generation mit Gudrun Schwerpunkt dieser Großausstellung dar, die stammende KünstlerInnen wie Hans Bi- Kampl, Roland Kollnitz, Eric Kressnig, an das 2004 realisierte Projekt „Eremiten – schoffshausen, Josef Dabernig, Günther Do- Katarina Schmidl u. v. a. über Kärnten hin- Kosmopoliten: Moderne Malerei in Kärnten menig, Ines Doujak, Johann Fruhmann, aus die Kunstgeschichte geprägt. 1900-1955“ anknüpft. Präsentiert werden in der von K08 :: Emanzipation und Kon- Silvie Aigner kuratierten Werk- frontation dokumentiert den Auf- schau ausgewählte Arbeiten von bruch einer neuen Künstlergene- über 100 KünstlerInnen in neun ration nach 1945 sowie die Kärntner Kunstinstitutionen.

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Cornelius Kolig, Auferweckung, 2007; Skizze und Klanginstallation; Fotos: Cornelius Kolig – zu sehen im Stift Ossiach

Insgesamt umfaßt das Ausstellungspro- jekt folgende Hauptstandorte:

Klagenfurt Museum Moderner Kunst Kärnten, Kunstverein Kärnten im Künstlerhaus Klagenfurt, Napoleonstadel – Kärntens Haus der Architektur, Alpen Adria Galerie, sowie den öffentlichen Raum in der Stadt Klagenfurt Bleiburg Werner Berg Museum Saag bei Velden Schau-Kraftwerk Forstsee Kelag Einöde bei Villach Kunstwerk Krastal Ossiach Stift Ossiach Nötsch im Gailtal Museum des Nötscher Kreises

Im Rahmen dieser großangelegten Aus- stellung wurden auch Kärntner Galerien als Partner gewonnen – Galerie 3, Galerie Gmünd, Galerie am Himmelberg, Galerie Magnet, Galerie Unart, Galerie Vorspann, Galerie Sikoronja, Ritter Gallery und Ga- lerie Judith Walker – die in Einzel- und

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Gruppenschauen das künstlerische Potential von Kärntner Künstlerinnen und Künstlern während der Ausstellungsdauer von K08 :: Emanzipation und Konfrontation – Kunst aus Kärnten von 1945 bis heute dokumentie- ren.

Standort Klagenfurt Das Museum Moderner Kunst Kärnten ist das Herzstück dieser Großausstellung mit einem Überblick über die Kunstentwicklung von 1945 bis heute. Der Aufbruch zur ab- strakten Malerei wird u. a. mit Werken von Hans Bischoffshausen, Johann Fruhmann, Wolfgang Hollegha, Arnulf Rainer und Hans Staudacher dokumentiert. Anhand von grafi- schen Arbeiten wird zusätzlich der Weg von der Figuration zur abstrakten Formensprache nachvollzogen. Beispiele von Skulpturen aus der Meisterklasse Fritz Wotrubas wie von Otto Eder, Arbeiten von Anton Marcolin und dem Hanak-Schüler Othmar Jaindl zeigen den Aufbruch der Skulptur zu einer interna- tional beachteten Avantgarde auf. Daran schließt sich die Präsentation jener Kärntner KünstlerInnen an, die nach dem Zweiten Weltkrieg eine Konfrontation mit der inter- nationalen Avantgarde suchten und sich in Wien, Paris und New York niederließen, dar- unter Hans Bischoffshausen, Kiki Kogelnik und Maria Lassnig. Mit der Übernahme der Markus Orsini-Rosenberg, Hochwald, 2005; Öl auf Leinen, 200 cm x 180 cm Meisterklasse für Bildhauerei an der Aka- Foto: Markus Orsini-Rosenberg – zu sehen im Museum Nötscher Kreis demie der bildenden Künste Wien durch den Kärntner Bruno Gironcoli begann eine neue Valentin Oman, Wolfgang Walkensteiner zunehmend textile Materialien zum Aus- Ära der Skulptur, die mit der Einbindung und Reimo Wukounig. Dem folgt ein zeitge- drucksmittel einer jüngeren Objektkunst, die neuer Materialien und einer Erweiterung und nössischer Teil, der von den wesentlichen etwa durch Künstlerinnen wie Gudrun Veränderung des Skulpturenbegriffs einher- Tendenzen der 90er-Jahre ausgehend bis in Kampl, Barbara Bernsteiner und Edith Payer ging. die Gegenwart führt. Arbeiten von Künstlern vorgestellt wird. Die Burgkapelle bespielt Diese Entwicklung wird anhand einzel- wie Josef Dabernig, Ernst Logar, Claus der Künstler Johannes Domenig mit einer ner Positionen aus Kärnten dargestellt. Für Prokop, Heiko Bressnik oder Birgit Plesch- Rauminstallation. die Malerei der 80er- und 90er-Jahre stehen berger zeigen die Verschränkung von Skulp- Werner Berg, Vorabend, 1966; u. a. Giselbert Hoke, Gustav Januš, Kurt tur und Malerei mit Fotografie, Film und Öl auf Leinwand, 40 cm x 120 cm – Kappa Kocherscheidt, Peter Krawagna, Installation. Im Bereich der Skulptur wurden zu sehen im Werner Berg Museum Foto: Archiv Werner Berg

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Der Kunstverein Kärnten im Künstler- haus Klagenfurt wird im Rahmen der Aus- stellung die junge und mittlere Generation be- leuchten, deren Werk eng mit einer medien- übergreifenden Strategie zwischen Objekt, Fotografie und neuen Medien verbunden ist. Zentral in diesem Zusammenhang ist das Werk von Meina Schellander und Inge Vavra, die in ihren Arbeiten bereits früh eine Verbindung zwischen Raumdiskurs, Grafik, Fotografie und Objektkunst formulierten und als Vorreiterinnen dieser Tendenzen in Kärnten gelten. Einzelne KünstlerInnen wurden eingela- den, ausgehend von ihrem Werk für das Haus Installationen zu konzipieren, darunter junge Künstlerinnen wie Luisa Kasalicky, Anja Manfredi und Katarina Schmidl sowie KünstlerInnen der mittleren Generation wie Ines Doujak, Roland Kollnitz und Nicole Six&Paul Petritsch. Ingesamt dokumentiert die Ausstellung, daß viele KünstlerInnen aus Foto: Anja Manfredi Kärnten den zeitgenössischen Kontext der Anja Manfredi, Ausdrucksmechanismen mit Käthe Hager von Strobele, 2007; österreichischen Kunstszene prägen und von C-Print, 40 cm x 50 cm – zu sehen im Kunstverein Kärnten Künstlerhaus Klagenfurt überregionaler Bedeutung sind. Sie leben und arbeiten vorwiegend außerhalb von Entwicklungen innerhalb der österreichi- wartskunst im Museum Moderner Kunst Kärnten. Einmal mehr wird dadurch der schen Kunst gerecht. Die Präsentation im Kärnten. Die beiden Häuser, die eine zentra- Kunstverein Kärnten seiner Rolle als Platt- Künstlerhaus Klagenfurt ergänzt und er- le Rolle innerhalb der Ausstellung spielen, form und Ausstellungshaus für vielfältige weitert die einzelnen Beispiele der Gegen- werden dadurch in Bezug zueinander ge- setzt. Für die Klagenfurter Alpen Adria Galerie wird Hubert Lobnig eine Raum- installation konzipieren. Der Napoleonstadel - Kärntens Haus der Architektur wird unter dem Aspekt des Transfers sowohl konzipierte Projekte und realisierte Bauten von Kärntner Architekten in Kärnten und außerhalb von Kärnten prä- sentieren sowie Architektur in Kärnten von internationalen Architekturbüros und damit auch die Wettbewerbstätigkeit im Land dar- stellen. Die ausgewählten Projekte umfassen u. a. Arbeiten von Ortner&Ortner, Franz Erhardt Walther und dem aktuell mit dem Kärntner Landesbaupreis ausgezeichneten Architektenbüro Loudon&Habeler. Bei den aus Kärnten stammenden ArchitektInnen wird der Schwerpunkt ebenfalls auf aktuel- len Projekten liegen: darunter BEHF/Wien, BKK3/Wien, Günther Domenig/Graz, feld72/ Wien, Heidulf Gerngroß/Wien, Volker Giencke/Graz, Günther Domenig XLGD/ Paris, Manfred Kovatsch/München, Herbert Missoni – Team A Graz/Graz, nonconform/ Wien, Gruppe RATAPLAN/Wien und Josef Dabernig und Isabella Hollauf, Aquarena, A 2007; 35 mm auf DVD, Farbe, 19 Mi- SHARE/Wien. Konzipiert wird die Ausstel- nuten; Filmstill; Regie, Buch und Schnitt: Josef Dabernig, Isabella Hollauf; Kamera: lung vom Büro SHARE architects ZT KEG, Christian Giesser; Stimme: Heidi Stecker; Musik: Michael Moser; Tongestaltung: die eine ungewöhnliche und überraschende Michael Palm; Darsteller: Josef Dabernig, Isabella Hollauf; Scans vom 16mm Material: Sanela Antic/Augustin Fischer; Produktion: Josef Dabernig; Courtesy Präsentation für die 21 vorgestellten Projek- Galerie Andreas Huber, Wien – zu sehen im Museum Moderner Kunst Kärnten te erarbeitet haben.

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Im Stadtraum von Klagenfurt werden zwei Projekte von Jochen Traar im öffent- lichen Raum realisiert.

Bleiburg, Saag bei Velden, Einöde bei Villach, Ossiach, Nötsch im Gailtal Das 1968 gegründete Werner Berg Museum in Bleiburg zeigt im Rahmen von K08 ausgewählte Werke von Werner Berg, die seine formal strenge Bildauffassung ex- emplarisch aufzeigen. Von diesen Arbeiten ausgehend wird die Rezeption des geometri- schen Stils nach 1945 am Beispiel von Wer- ken von Hans Bischoffshausen, Johann Fruh- mann und Kiki Kogelnik herausgearbeitet. Die Kontinuität konkreter Tendenzen, die in den Dokumentationen zur österreichischen Kunst zumeist vernachlässigt wird, präsen- tiert K08 erstmals anhand einer Auswahl von Werken zeitgenössischer KünstlerInnen aus Kärnten. Der Bogen spannt sich von Marian- ne Bähr, Armin Ebner, Manuel Knapp, Edgar Knoop, Eric Kressnig, Ferdinand Penker, Zorka L-Weiss und Gertrude Weiss-Richter bis zu Heimo Zobernig. Das Schau-Kraftwerk Forstsee der Kelag in Saag bei Velden zeigt zwei Einzelpräsentationen der Kärntner Künstle- rInnen Elke Maier und Gernot Fischer- Kondratovitch. Der Schwerpunkt im Bildhauerzentrum [kunstwerk] krastal in Einöde bei Villach wird naturgemäß auf Arbeiten der Stein- bildhauerei liegen. Die Auswahl von Ar- beiten der VereinskünstlerInnen für das Bildhauerhaus erfolgte unter einem Aspekt, Foto: Anja Manfredi der die zeitgenössische Steinskulptur maß- Anja Manfredi, Ausdrucksmechanismen mit Käthe Hager von Strobele, 2007; geblich bestimmt: Materialüberschreitung C-Print, 40 cm x 50 cm – zu sehen im Kunstverein Kärnten Künstlerhaus Klagenfurt und das Crossover zu anderen Medien wie der Fotografie und Malerei. Konstruktivisti- Sommer und der Musikakademie werden Das Museum des Nötscher Kreises in sche Sockelkorrespondenzen von Katja N. 2008 erstmals auch Werke der bildenden Nötsch im Gailtal feiert 2008 sein 10jähri- Busse, maschinengenetische Skulpturen von Kunst in den neu adaptierten Räumen von ges Bestehen. Diesen Anlaß greift das Herbert Golser, Steinvernähungen und Ma- Stift Ossiach zu sehen sein. Die Objekte und Museum auf und präsentiert im Rahmen der terialadaptionen von Michael Kos sowie die Wandinstallationen aus Keramik von Gerold Ausstellung K08 Werke von Künstlern wie Kopfergänzungen von Meina Schellander Tusch spielen auf die barocke Ausstattung Franz Grabmayr und Karl Stark, die in einer dokumentieren relevante, künstlerische Er- des Stiftes an, während bei den übrigen In- Kontinuität zu den Malern des Nötscher weiterungen des klassischen Materials Stein. situ-Arbeiten, der Nutzung des Hauses ent- Kreises stehen und eine materialintensive Weitere Bildhauerarbeiten aus dem Skulp- sprechend, der Schwerpunkt auf Werken Bildauffassung mit einem stark malerischen turen-Pool des [kunstwerk] krastal zeigen liegt, deren künstlerische Intention auf die Duktus vertreten. Darüber hinaus werden in ein Thema, das mit Steinbildhauerei kaum Wahrnehmung von Ton- und Klanggeräu- Nötsch Arbeiten von Vertretern einer jungen assoziiert wird: Veränderung und Bewe- schen zielt. Tomas Hoke und Cornelius Generation gezeigt, die im Bereich Land- gung. Zusätzlich können sich die Besucher Kolig arbeiten auch mit den Klängen des schaftsmalerei und figurative Darstellung über die regelmäßig des [kunstwerk] krastal Körpers und integrieren Atem- und Herz- neue, zeitgenössische Lösungen formulie- veranstalteten Symposien informieren und frequenzgeräusche in ihre Objekte. Im Ein- ren: darunter Werke von Alex Amann, Helga so einen umfassenden Blick auf die Tätigkeit gangsfoyer wird das Künstlerduo Ramacher Druml, Guido Katol, Markus Orsini- des Bildhauervereins werfen. & Einfalt eine Installation mit Malerei und Rosenberg und Alina Kunitsyna. „ In Kooperation mit dem Carinthischen Tonobjekten gestalten. http://www.k08.at/

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ernstein, das Gold des Nordens, war Büber die Jahrtausende hinweg eine der wichtigsten Fernhandelswaren. Schon in der Jungsteinzeit vor 6000 Jahren setzte ein re- ger Warenaustausch und Handel von Norden nach Süden und umgekehrt ein. Die Trans- portwege reichten vom Mittelmeerraum nach Norden bis zu den Britischen Inseln und an die Ostsee. Einer der wichtigsten dieser Wege führte durch das Gebiet des heutigen Burgenlandes und wird als „Bernsteinstraße“ bezeichnet. Die Bernsteinstraße ist ein Synonym für eine Verkehrs- und Handelsverbindung, die für das Gebiet des heutigen Burgenlandes eine wichtige Bedeutung hatte. Sie steht für die Nord-Süd-Verbindung, die Klammer, die das Burgenland immer zusammengehalten hat und den Einfluß, den der Nord-Süd Han- del im Laufe der Jahrtausende gespielt hat. Im großen und ganzen kann die Nord- Süd oder Süd-Nord-Achse als Entwicklungs- Foto: Landesmuseum Burgenland / Edith Pinter motor für unser Land angesehen werden. Kilometer entfernten Tokaj im östlichsten geschoß des Landesmuseums präsentiert. Die Ausstellung beschreibt den Handel Ungarn und aus der Jungsteinzeit/Kupferzeit Ein absolutes Highlight stellt – wie sich im und die wirtschaftliche Entwicklung auf dem (6000 bis 2200 v. Chr.) stammt. Weiters sind Zuge der Forschungsarbeiten für die Boden des heutigen Burgenlandes quer Steingeräte wie Beile und Klingen, Kupfer- Ausstellung gezeigt hat – ein in Halbturn durch die Jahrtausende. Jedes der Exponate beile und goldene Zopfspangen zu bewun- gefundenes kleines Goldblech dar, in das mit erzählt eine Geschichte. Sie sind als Han- dern. griechischen Buchstaben ein hebräischer delswaren entweder importiert oder expor- Bei den anderen Epochen dominieren Text eingeritzt wurde. Es ist das älteste tiert worden, wurden im Land selber produ- Keramik, Schmuckstücke, Glaswaren und schriftliche Zeugnis jüdischer Kultur in Ös- ziert, sind Produkte eines regen Kulturaus- Artikel des täglichen Lebens wie Beschläge, terreich. tausches oder nahmen schlicht als Transit- Lampen, Werkzeuge etc. Zwei Zeitleisten zeigen die jeweilige waren den Weg durch das heutige Burgen- In der „Villa von Bruckneudorf“ wurde internationale und die regionale Entwicklung land. einer der größten Wandmalerei- und auch während der sieben Zeitepochen, die be- Auf den Besucher warten über 200 Ob- Mosaikkomplexe in Österreich gefunden, der trachtet werden. In einem eigenen Ausstel- jekte aus den reichen Beständen des Lan- aus einem einzigen Gebäude stammt. Die lungsteil wird den Fragen: „Was ist Bern- desmuseums, die zum Großteil noch nie in prachtvollen Mosaike werden ebenso wie stein? Woher kommt er? Von welcher Stras- der Öffentlichkeit gezeigt worden sind. So die Römische Bernsteinstraße prominent in senroute sprechen wir?“ nachgegangen. „ etwa Obsidian, der aus dem mehrere hundert der ständigen Schausammlung im Unter- http://www.burgenland.at/landesmuseum

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 75 Kultur Jubiläums-Ausstellung in Rom Gebäude des Österreichischen Kulturforums und des Historischen Instituts Rom ist 70

m Abend des 17. April wurde im Öster- Areichischen Kulturforum Rom in Anwe- senheit des Leiters der Kulturpolitischen Sektion des Bundesministeriums für europä- ische und internationale Angelegenheiten, Botschafter Emil Brix, die Ausstellung mit dem Titel „Ein geeigneter, in der Valle Giulia gelegener Grund – 70 Jahre Österreich in der viale Bruno Buozzi, 113“ eröffnet. Das Ge- bäude, das heute das Kulturforum und das Österreichische Historische Institut Rom beherbergt, wurde Anfang 1938 fertig ge- stellt und blickt – wie die beiden Institute – auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Diese darzustellen und einen Überblick über die Beziehungen zwischen Österreich und Italien zu geben, die besonders im künstleri- schen und wissenschaftlichen Bereich über die Jahrzehnte außerordentlich intensiv wa- ren und sind, ist Ziel dieser Schau. Die österreichische kulturelle und wissen- schaftliche Präsenz in Rom – es ist die älte- ste ihrer Art im Ausland – geht mit der Grün- dung eines Österreichischen Instituts für Historische Studien auf das Jahr 1881 zu- rück. In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Historische Institut in ein Kultur- institut umgewandelt – im Gegenzug zur Gründung eines italienischen Kulturinstituts 70 Jahre Österreich in der viale Bruno Buozzi, 113 in Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Titel der Ausstellung entnommen –, sind Erstmals werden bei dieser Ausstellung der damit verbundenen Schließung des Originalpläne und -ansichten sowie Fotogra- durch die Verwendung großflächiger Fotogra- Hauses – es war nach dem „Anschluß“ Sitz fien aus den unterschiedlichen Epochen zu fien und Drucke der Zaun und die große Stie- des Deutschen Historischen Instituts gewor- sehen. ge im Garten eingebunden. Sie wird außer- den – erfolgte 1950 die offizielle Wiederer- dem von einer Broschüre begleitet, für die öffnung als Österreichisches Kulturinstitut. unter anderem der italienische Kulturmini- Es folgten Jahre intensiven kulturellen ster Francesco Rutelli einen Beitrag beige- Austauschs und viele große österreichische steuert hat. Künstler waren am Österreichischen Kultur- „Rom beherbergt mit dem Kulturforum institut Rom zu Gast. Die Historischen Stu- und dem Historischen Institut die ältesten dien wurden nach dem Zweiten Weltkrieg österreichischen Kultureinrichtungen im zuerst im Rahmen einer Historischen Abtei- Ausland. Die österreichische Auslandskul- lung, dann im Rahmen einer Historischen turpolitik setzt ihre Arbeit gerade in den eu- Sektion beim Kulturinstitut fortgeführt. Zu ropäischen Hauptstädten bewußt zur Stär- Beginn der 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts kung des Europa-Bewußtseins ein. Denn schließlich erfolgte die Wieder-Gründung Umfangreich dargestellt werden in der kaum etwas anderes ist besser geeignet, als eines eigenen Historischen Instituts und Schau die vielfältigen Aktivitäten der beiden die Kultur um die Vielfalt Europas als unse- 2001 wurde das Kulturinstitut in Kulturfo- Institutionen, wobei auch auf das Wirken je- re Stärke zu vermitteln, nichts hat eine nach- rum umbenannt. ner österreichischen Künstler und Wissen- haltigere Wirkung, nichts erreicht Menschen Neben jenem Staatsvertrag aus dem Jahr schafter – von Friedrich Cerha und Max Wei- direkter als der Kontakt mit Kunst und Kul- 1935, der die Gründung des Österreichischen ler über Kurt Schwertsik und Wendelin tur“ betonte Botschafter Emil Brix vor der Kulturinstituts Rom und die Schenkung ei- Schmidt-Dengler bis Josef Winkler – einge- Jubiläums-Ausstellung, die bis 5. Juni 2008 nes Grundstücks durch das Königreich gangen wird, die als Stipendiaten Zeit im Haus zu sehen ist. „ Italien an Österreich vorsah – ihm ist auch in der viale Bruno Buozzi verbracht haben. http://www.austriacult.roma.it

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 76 Kultur Galerie Artpark Die junge Vereinsgalerie Artpark bietet KünstlerInnen verschiedenster Kunstrichtungen die Möglichkeit, sich in der Linzer Kunstszene zu etablieren.

urch die Zusammenarbeit bei verschiede- Dnen Kunstprojekten, Salzburger Kunst- messe 2002, Artfair vienna 2002, Ausstel- lung Salzburg Residenzplatz, Rosengarten Linz 2003, Filmperformence 2003, Kunst in der Natur Enns 2004, Kunstkalender, Kata- logen und weiteren Projekten hat sich im Juni 2005 in der Lenaupark City die „Künst- lervereinigung Artpark“ gefunden. Im Laufe der Zeit haben sich auch MusikerInnen am Vereinsleben aktiv beteiligt und Projekte wie die Jugendförderung sind entstanden. Die futuristische Architektur und die großzügige Arbeits- und Präsentationsfläche in der jungen Vereinsgalerie Artpark soll KünstlerInnen verschiedenster Kunstrichtun- gen die Möglichkeit geben, sich in der Linzer Kunstszene zu etablieren, zu vernetzen , aus- zutauschen und in kreativen Dialog zu tre- ten. Der Artpark gibt auch noch nicht arri- vierten oberösterreichischen und vor allem 1000 m² Galerie- und Atelierfläche mit Bühne stehen »Artpark« zur Verfügung Linzer KünstlerInnen die Möglichkeit, mit ihren Werken an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Verein finanziert sich privat und ist – Für diesen Zweck stehen dem Verein im naturgemäß – für jede Unterstützung dank- Linzer Lenaupark im 1. Stock, 1000 m² Ga- bar. Einen Kunstförderer hat Artpark in der lerie- und Atelierfläche mit Bühne und ein Familie Brandstetter (J. Brandstetter Bau- großzügiger Skulpturenpark zur Verfügung. träger Beteiligungs GesmbH.) gefunden. Dabei wird völlig transparent und für die Die Künstler Arnold Pichler, Gerhard Öffentlichkeit frei zugänglich vor den Augen Wünsche, Manfred Schöller und Erwin („Offenes Atelier“) und Ohren („Offene Reiter eröffneten den Reigen im Sommer Bühne) den BesucherInnen der künstlerische 2006 den „Skulpturenpark“, der ständig Entstehungsprozeß offengelegt. Die Ausein- wächst. Es werden immer wieder Künstler andersetzung mit dem Publikum wird nicht eingeladen, neue Kunstwerke dort zu prä- gefürchtet, sondern als selbstverständlicher sentieren. Die große Vielfalt der unterschied- Teil der künstlerischen Kommunikation ge- lichsten Werke und die unterschiedlichsten sehen. Herangehensweisen bei der Umsetzung von Im Juli 2005 von Manfred Kielnhofer Phantasie und Realität erzeugen ein interes- gegründet und im Februar 2006 in einen santes Spannungsfeld. Sie geben dem Be- Verein umgewandelt, wechseln monatliche sucher die Möglichkeit, ganz einzutauchen Austellungen, auch wurde der Bereich Foto- in das vielschichtige künstlerische Schaffen grafie verstärkt und mit einem eigenen In- von heute. Die Skulpturen stehen aber nicht ternetauftritt ergänzt: nur im Spannungsfeld zueinander, sondern http://www.fotopark.at auch im Kontrast mit der außergewöhnli- Seit 2008 gibt die neue Sparte „RedZapos chen Umgebung des Präsentationsortes: Der Kultur- und Tanzinitiative“, die es sich zum Skulpturenpark ist eingebettet in eine sich Ziel gesetzt hat, den Zugang zu zeitgenössi- entwickelnde Stadtlandschaft zwischen dem schen darstellenden Kunstformen zu fördern Wohnareal Lenaupark und der Hochhaus- und einen Raum zu schaffen, wo sie frei Skyline des Citytowers – auf dem Dach des praktiziert werden können. Der Artpark ist Shoppingcenters Lenaupark City. Neues, natürlich auch offen für Musik, wie z. B. Greifbares und Zeitüberdauerndes, „Muße Der Skulpturenpark auf dem Dach des „Jazz Stratingtime“, „Rapp Domanican Shoppingcenters Lenaupark City – im zu Schönem und Beständigem“. „ Boys“ u.a. Bild Arbeiten von Manfred Kielnhofer http://www.artpark.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 77 Kultur Von Manteaukleidern, Jagdröcken und Flohkratzern Die Mode des 18. Jahrhunderts ist Thema der diesjährigen Präsentation auf dem kaiserlichen Festschloß Hof bis 2. November 2008. Foto: Festschloß Hof / Fritz Simak Haute Couture des 18. Jahrhunderts – jetzt zu entdecken auf Schloß Hof. Im Bild: der beeindruckende Festsaal.

ostbarkeiten aus mehreren Museen und anmutenden Objekten wie einem Blasebalg gestaltet. Schülerinnen der Meisterklasse mit KPrivatsammlungen in Österreich und für Perückenpuder oder einem Flohkratzer dem Schwerpunkt Bühnenkostüm haben Deutschland eröffnen auf Schloß Hof reizvol- aus Elfenbein. nach authentischen Vorbildern mehrere Ro- le Einblicke in die Haute Couture des 18. Jahr- Zu den aus kulturgeschichtlicher Sicht kokokostüme entworfen und in den origina- hunderts. Kuratorin Lieselotte Hanzl-Wach- besonders hervorragenden Preziosen gehö- len Handwerkstechniken jener Zeit verfer- ter hat die Leihgaben zu einer eindrucksvol- ren ein für Prinz Eugen gefertigter Kürass tigt. Weitere eindrucksvolle Beispiele für das len Präsentation arrangiert, bei der sich mit rotem Samtfutter und vergoldeten Schnal- hohe Niveau der international renommierten Prachtvolles, Extravagantes und auch man- len sowie ein Jagdrock Kaiser Josephs II. Schule werden am 27. April im Rahmen einer ches Skurrile zu einem facettenreichen Bild Der Monarch hatte ihn 1784 auf einem Modenschau auf Schloß Hof zu sehen sein. der Mode zwischen Barock und Klassi- Pirschgang getragen, bei dem es zu einem Passende Begleitung zur Eröffnung zismus zusammenfügen. gefährlichen, letztlich aber glimpflich ver- kommt – last but not least – vom oberöster- Neben aufwendigst gearbeiteten Damen- laufenen Zwischenfall mit einem aufge- reichischen Mädchenensemble „Les Folies” und Herrenkleidern, seidenen Schnürmie- scheuchten Hirsch gekommen war. Zum Ge- Hagenberg. Die Gruppe unter der Leitung dern, kunstvoll verzierten Mützen und denken an die Errettung des Kaisers wurde von Ulrike Kinast hat sich auf Tänze von der prächtig bestickten Schuhen werden auch der Rock aufbewahrt und ist – als eines von Renaissance bis zur Mozartzeit spezialisiert. zahlreiche exquisite Accessoires gezeigt. nur ganz wenigen Kleidungsstücken aus und ist mit großem Erfolg bereits im Schloß Der Bogen spannt sich hier von Taschen, dem Besitz des Wiener Kaiserhofs – bis in Schönbrunn, in Salzburg und bei Festivals in Spazierstöcken und Haarnadeln über Bro- unsere Zeit erhalten geblieben. Ungarn, Tschechien und der Slowakei aufge- schen, Ohrgehänge, Parfumfläschchen und Ein spezieller Teil der Präsentation wurde treten. „ Toilette-Necessaires bis zu heute eher kurios von der Wiener Modeschule Herbststraße http://www.schlosshof.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 78 Kultur »Zwischen Klassik und Romantik« Johann Nepomuk Hummel – Sonderausstellung im Haydn-Haus Eisenstadt

as Haydn-Haus Eisenstadt, Joseph DHaydns ehemaliges Wohnhaus, zählt zu den umfassendsten Musiker-Gedenkstätten in Österreich. Im Rahmen der Dauerausstel- lung und der jährlich wechselnden Sonder- ausstellungen wird nicht nur Leben und Werk von Joseph Haydn präsentiert, sondern auch ein Überblick über 300 Jahre burgenländisch- pannonischer Musikgeschichte gegeben.

Der Komponist Johann Nepomuk Hummel Der Komponist, Pianist und Pädagoge Johann Nepomuk Hummel wurde am 14. November 1778 in Preßburg geboren und verstarb am 17. Oktober 1837 in Weimar. Er war Schüler Mozarts und Kollege Beetho- vens in Wien, Nachfolger Haydns in Eisen- stadt, Vorgänger Liszts in Weimar und euro- paweit bekannter Klaviervirtuose. Johann Nepomuk Hummel nimmt nicht nur in der Kulturgeschichte Eisenstadts, sondern auch in der europäischen Musikgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts eine Schlüsselposi- tion ein. Er wirkte als bedeutende Figur am Übergang der Epochen: Als schöpferischer Erbe der Wiener Klassik gelang es ihm, Wegbereiter der musikalischen Romantik zu werden. Schubert, Chopin, Liszt und Brahms knüpfen an ihn an. Hummel wirkte als Pio- nier der bürgerlichen Musikkultur und des musikalischen Urheberrechts, mit seiner Klavierschule setzte er Maßstäbe der Kla- vierpädagogik. Der Großvater des Komponisten war Gastwirt im niederösterreichischen Unter- Alle Fotos: Schloß Esterházy stinkenbrunn, der Vater, Johannes Hummel, Klaviervirtuosen zu einer großen europäi- facto-Nachfolger Haydns. Die sieben Jahre schlägt die Musikerlaufbahn ein. Er ist Violi- schen Konzerttournee auf, die sie über fünf seines Wirkens gehören zu den musikge- nist in Pressburg/ Bratislava, dann Musikdi- Jahre mit längeren Zwischenaufenthalten schichtlich bedeutsamsten Perioden in der rektor an der Militärstiftung Wartberg/Senec über Prag durch Deutschland, bis nach Musikgeschichte Eisenstadts: Hummel gilt (Slowakei), bis er 1786 nach Wien übersie- England und Schottland und zuletzt Holland als Leitfigur der zweiten, „silbernen“ Glanz- delt, wo er als Musikdirektor an Emanuel führt. 1793 wieder in Wien, nimmt Hummel periode der Esterházyschen Hofmusik nach Schikaneders Theater in der Wieden wirkt. Unterricht bei Johann Georg Albrechtsber- Joseph Haydn. Seine berufliche Tätigkeit am Johann Nepomuk Hummel ist ein musikali- ger, Antonio Salieri und Joseph Haydn, der Hofe umfaßt Oper- und Singspielproduktion sches Wunderkind – schon mit vier Jahren ihm Orgelstunden gibt. sowie, den kulturpolitischen Richtlinien des beherrscht er das Klavier und die Violine. In Am 12. Januar 1804 wird der 25jährige, Fürsten gemäß, repräsentative Kirchenmu- Wien nimmt Mozart den Knaben ein Jahr von Haydn vermittelt, am Esterházyschen sik. In Eisenstadt schreibt er fünf große lang kostenlos zum Unterricht in seiner Hof Nikolaus II. in Eisenstadt als „Concert- Messen, von denen er drei später veröffent- Wohnung auf. meister“ angestellt. Dort erweist er sich bald licht. Als Theaterkapellmeister initiiert er die 1788 bricht der Vater mit dem jungen als spiritus rector des Musikbetriebs und de- Eisenstädter Erstaufführungen von Mozarts

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 79 Kultur

Wiener Opern und von Haydns Oratorium „Die Schöpfung“. 1811 scheidet Hummel in Unfrieden aus dem Esterházyschen Dienst, letztlich weil er nicht gewillt ist, sich in die Rahmenbedingun- gen eines spätbarocken Hofes einzufügen. Schon parallel zu seiner Eisenstädter Tä- tigkeit trachtet der Komponist Hummel danach, in der Musikstadt Wien Fuß zu fas- sen. So bewegt sich sein Schaffen zunächst im Fahrwasser der klassischen Formen (Kammermusik, Klaviermusik). Hummel schreibt jedoch auch Tänze, z.B. für die 1808 eröffneten Apollo-Säle. Nach seiner Entlassung in Eisenstadt lebt Hummel in Wien vor allem als freischaffender Kompo- nist sowie vom Klavierunterricht. Er schreibt aber auch Opern und Singspiele für Wiener Theater. In der von ihm herausgegebenen Publikationsreihe „Répertoire de Musique pour les Dames“ bemüht er sich um die zeit- gemäßen Ausdrucksformen des bürgerlichen Musizierens und der Hausmusik. Schon 1803 ist eine Übersiedelung nach Stuttgart und Ludwigsburg geplant gewesen. 1816 wird Hummel Kapellmeister des Würt- tembergischen Königs. Von 1819 bis zu sei- nem Tod ist er Kapellmeister des Großherzogs von Sachsen-Weimar-Eisenach in der Goe- thestadt Weimar, wo seine Haupttätigkeit in der Betreuung des Operntheaters besteht. Die schon für die Wiener bzw. Eisen- Bei einem Spaziergang durch die Eisenstädter Haydn-Gasse fällt ein wunderschönes städter Zeit zu beobachtende Spaltung zwi- Barockhaus auf: das sogenannte Haydn-Haus, Ort der Hummel-Ausstellung schen öffentlichem Wirken und privatem Komponieren besteht weiter fort. Die Wei- mel hat die jüngeren Kollegen der musikali- marer Anstellung läßt ihm genug Zeit, seine schen Romantik auf vielfältige Weise beein- eigenen Projekte als Komponist und Pianist flußt: In der Klaviermusik bildet er das direk- weiterzuführen. Er nimmt die Konzertreise- te Bindeglied zwischen Mozart und Chopin. tätigkeit seiner Jugend durch ganz Europa Chopins Klavierkonzerte wären stilistisch wieder auf und kehrt so z. B. 1827 nach ohne Hummels Konzerte nicht denkbar. Wien und 1831 nach London zurück. Damit Hummels Große Sonate fis-moll op. 81 war er – vor Franz Liszt – der erste Klavier- (1819) bildet den Anknüpfungspunkt für virtuose, der Konzerttourneen durch ganz Klaviersonaten Schuberts, die Fis-moll-So- Europa durchführte. naten von Schumann (op. 11, 1836) und Mit seiner „Ausführlichen theoretisch- sogar noch für Brahms (op. 2, 1853). practischen Anweisung zum Piano-Forte- Das Klavierquintett op. 74 (Eigenbearbei- Spiel vom ersten Elementar-Unterricht an tung des Septetts op. 74, beide 1816) hat in bis zur vollkommensten Ausbildung“ von seiner eigenwilligen Besetzung – Violine, 1828 nimmt Hummel neben dem Beet- Viola, Violoncello, Kontrabass und Klavier – hoven-Schüler Carl Czerny eine Schlüssel- in Schuberts „Forellenquintett“ (1818) die position in der Geschichte der Klavierpäda- prominenteste Nachahmung gefunden. Liszt, gogik und besonders der Wiener Pianisten- Johann Nepomuk Hummel dessen Vater Hummel in Eisenstadt persön- (1778-1837) schule ein. Hummel betätigt sich außerdem lich gekannt hat, debütierte als junger Vir- als Kompositionslehrer und Konsulent in das Konzept einer Eingabe für die Deutsche tuose 1823 mit einem der Konzerte Hum- Fragen des Klavierankaufs für verschiedene Bundesversammlung beweisen. 1829 richtet mels in Wien. Liszts Tribut an den großen hochgestellte Herrschaften. Die Probleme er einen aus Konzerterlösen finanzierten Vorgänger am Weimarer Hof wiederum stellt eines modernen Urheberrechtsschutzes lie- Fonds für Witwen und Waisen verstorbener die Bearbeitung des Septetts op. 74 für Kla- gen dem Komponisten sehr am Herzen, wie Kollegen ein. vier solo dar. „ die Zertifikate für verschiedene Verleger und Der Komponist Johann Nepomuk Hum- http://www.haydnhaus.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 80 Kultur »Im Weißen Rössl« Mörbisch und seine Austropop-Stars – von 10. Juli bis 24. August 2008

s wird ein frischer Wind diesen Sommer Eüber den Neusiedler See nicht nur wehen, sondern fegen“ – gemäß diesem Motto präsentierte Seefestspiele Mörbisch- Intendant Harald Serafin voller Stolz seine Stars Rainhard Fendrich, Zabine Kapfinger und Serge Falck im Uniqa Tower in Wien. Ebenfalls mit von der Partie ist EAV-Front- man Klaus Eberhartinger, der allerdings mußte bei der Präsentation passen, Proben zu der ORF-Serie „Dancing-Stars“ machten ihn damals unabkömmlich. „Ich wollt‘ ein biß‘l Pop nach Mörbisch bringen“, begründet der Mörbisch-Zampano seine Besetzung für Ralph Benatzkys „Im Weißen Rössl“. Seefestspiele Mörbisch Prä- sident, Burgenlands Kulturlandesrat Helmut Bieler, zeigte sich begeistert von dieser Idee, „das ist ein mutiger Weg, um auch junges Publikum für Mörbisch zu begeistern!“ Für Harald Serafin ist Rainhard Fendrich nach Peter Alexander der einzige, der den Intendant Harald Serafin mit seinen Stars: Rainhard Fendrich, Zabine Kapfinger und Klaus Eberhartinger (v.r.) Fotos: Seefestspiele Mörbisch Zahlkellner Leopold im „Weißen Rössl“ in seiner Ursprünglichkeit spielen und singen noch eine andere – besser geeignete – Rolle te Hit auf Hit: „Schickeria“ (1981), „Oben kann. Fendrich freut sich schon auf Mör- für den Kapfinger-Buben. ohne“ (1982), „Es lebe der Sport“ (1982). bisch 2008: „Vor Peter Alexander ziehe ich Klaus Eberhartinger und Serge Falck Seine Alben mit Klassikern wie „Weus‘d a voll Respekt den Hut, aber ich muss meinen werden alternierend den schönen Sigismund Herz hast wie a Bergwerk“ (1984), „Wien eigenen Leopold finden, der zu mir passt. Es in Mörbisch geben. Serge Falck liebt den bei Nacht“ (1985), „Macho, Macho“ (1988), wird eine schöne Arbeit werden!“ Kontakt zum Publikum: „Ich hab immer da- „Nix is Fix“ (1991), „Blond“ (1997) brach- Rainhard Fendrich als Rössl-Wirtin zur von geträumt, daß so wie bei einem Fuß- ten ihm zahlreiche Gold- und Platin-Aus- Seite wird Zabine Kapfinger stehen. Harald ballspiel auch im Theater Menschenmassen zeichnungen, Amadeus- und Romy-Tro- Serafin hat sie bei Dancing Stars entdeckt sitzen. Ja und dieser Traum wird nun wahr. phäen und den Preis der deutschen Schall- und vom Fleck weg engagiert. Jahrelang war Ein wenig Bammel hab ich schon vor den plattenkritik. In den 90er-Jahren feierte er sie als Alpine Zabine mit Hubert von Goi- 6200 Menschen jeden Abend, aber ich freu Erfolge als Fernsehmoderator („Herzblatt“, sern musikalisch unterwegs, bevor sie ihre mich auch schon darauf.“ „Nix is fix“). Gleichzeitig zog es ihn auch Solo-Karriere startete. Als Rössl-Wirtin be- Trotz allem wird die klassische Operette auf die Musicalbühne. 1998 war er in der tritt Zabine Kapfinger Neuland: „Das ist eine nicht zu kurz kommen – dafür sorgt Operet- Hauptrolle von „Chicago“ im Theater an der neue Chance für mich, ein neues Metier zu tenspezialist Karl Absenger. Der gebürtige Wien zu erleben und 2001 in den von ihm erobern. Ich hab schon vor meinem Engage- Grazer hat sich vor allem in Deutschland selbstverfassten Musical „Wake up“. Von ment für Mörbisch meine Stimme klassisch einen Namen als Operettenregisseur gemacht. 1997 bis 2006 bildeten Rainhard Fendrich, weiterentwickeln wollen und nun setz ich „Im Weißen Rössl“ am Neusiedler See Wolfgang Ambros und Georg Danzer die das Vorhaben endlich in die Tat um. Ich hab und nicht am Wolfgangsee setzt Intendant Gruppe „Austria3“ und spielten zugunsten soviel Spaß, die Operette zu entdecken.“ Harald Serafin neue Akzente in der Pflege der IFO (Initiative für Obdachlose). Unver- Zabine Kapfinger wird mit der ganzen der klassischen Operette – Premiere ist am gessen bleibt sicher sein Konzert beim Do- Familie nach Mörbisch anreisen. Der Ehe- 10. Juli 2008 auf der Seebühne Mörbisch. nauinselfest 2007, als er für seinen Freund mann und Dancing Star Profi Alexander Rainhard Fendrich debütiert als verliebter Georg Danzer einsprang. Dieser verstarb Zaglmaier wird Baby Leon Alexander und Zahlkellner Leopold auf der Seebühne Mör- zwei Tage zuvor und 200.000 Menschen Adrian versorgen. Der achtjährige Adrian bisch. nahmen gemeinsam mit Rainhard Fendrich zeigt übrigens großes Interesse für die Büh- Er begann seine Karriere als Schauspieler Abschied. ne und würde gerne den Piccolo „Im Weißen 1980 am Theater an d. Wien und erhielt im Am 23. Februar 2008 feierte Rainhard Rössl“ spielen. Zabine konnte das ihrem selben Jahr seinen ersten Plattenvertrag. Fendrich mit großem Erfolg Premiere bei Sprößling einigermaßen ausreden, aber viel- 1981 kam schon sein großer Durchbruch mit den Kammerspielen der Josefstadt in Ber- leicht findet Intendant Harald Serafin doch der Single „Strada del Sole“. Von da an folg- nard Slades „Nächstes Jahr – gleiche Zeit“.

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Auch im Fernsehen tritt er wieder auf, in der ATV-Show „Sing and Win!“ übernahm er ab 11. März 2008 die Moderation. Diesen Som- mer wird Rainhard Fendrich um die Liebe zweier Rössl-Wirtinnen kämpfen. Die wi- derspenstige Herzdame, Maria Gabriela Josepha Vogelhuber, gebürtige Steinlechner, wird von Ingeborg Schöpf und Zabine Kap- finger verkörpert. Ingeborg Schöpf („Die Rösslwirtin“) wurde in der Steiermark geboren. Sie begann 1987 ihr Gesangsstudium und nahm außerdem 1989 erfolgreich an einem Meisterkurs an der Sommerakademie am Mozarteum Salzburg teil. Sie ist mehrfache Preisträgerin bedeutender Wettbewerbe wie „Jugend mu- siziert“ Bundeswettbewerb Gesang, dem Internationalen Belvedere Wettbewerb in Wien sowie dem Internationalen Robert Stolz / Nico Dostal-Operetten-Wettbewerb. Zahlreiche Gastspiele führten sie unter ande- rem nach Dänemark, in den Libanon, nach Deutschland und Österreich. In Gastenga- gements kann man sie regelmäßig an den Opernhäusern von Chemnitz und Leipzig Ausschnitt aus dem Bühnenbild zum »Weissen Rössl« auf der Seebühne Mörbisch sowie an der Komischen Oper Berlin und in Baden bei Wien erleben. Seit 1998 gehört sie land. Sie erreichte mit Ihrem Tanzpartner Kelly Kainz den ersten Platz. Aufgrund sei- zum Solistenensemble der Staatsoperette Alexander Zaglmaier den 3. Platz. Mit ihm nes enormen Erfolges beim Publikum wurde Dresden. Zu ihrem umfangreichen Repertoi- als Ehemann hat sie auch ihr privates Glück er für die Moderation der aktuellen Staffel, re zählen u.a. folgende Partien in der Oper: gefunden und die Krönung war die Geburt gemeinsam mit Mirjam Weichselbraun, Martha („Martha“), Antonia („Hoffmanns des gemeinsamen Sohnes im Jänner 2008. engagiert. Gleichzeitig ist er zurzeit auch mit Erzählungen“), Susanna („Die Hochzeit des Seit sie von Prof. Harald Serafin als Rössl- der EAV und ihrem neuen Programm Figaro“), Baronin („Der Wildschütz“), Frau Wirtin engagiert wurde, verstärkt sie ihre „Amore XL“ auf Tournee. Fluth („Die lustigen Weiber von Windsor“); stimmliche Weiterbildung auch im klassi- Serge Falck („Sigismund“) wurde in Ant- und in der Operette: Rosalinde („Die Fleder- schen Bereich. werpen geboren. Er besuchte die Schau- maus“), Eurydike („Orpheus in der Unter- Klaus Eberhartinger, der „Märchen- spielschule im Landestheater Innsbruck. Es welt“), Hanna Glawari („Die lustige Wit- prinz“, schlüpft in die Rolle des schönen folgten Theater-Engagements u.a. an den we“), Gräfin Zedlau („Wiener Blut“), Sylva Sigismund. Ursprünglich sollte seine Kar- Salzburger Festspielen, am Theater an der Varescu („Die Csárdásfürstin“) und die Lisa riere ganz anders verlaufen. Nach seiner Josefstadt in Wien, am Volkstheater Wien, („Das Land des Lächelns“). Matura verbrachte er ein Jahr in den USA am Schauspielhaus Frankfurt und am Volks- Zabine Kapfinger („Die Rössl-Wirtin“), die und begann, zurück in Österreich, sein theater München. 2000 gründete er die Fest- waschechte Tirolerin, nahm bereits mit elf Medizinstudium in Graz, welches er aber für spiele Haager Theatersommer. Dem breiten Jahren ihre erste Platte auf. Sie hat mit gro- eine Reise durch Afrika unterbrach. Wieder Fernsehpublikum wurde er vor allem durch ßen Jodeltalenten die Volksmusik mit einer in Österreich nahm er sein Studium erneut die Serien „Medicopter 117“ und „Kaiser- Vielzahl von modernen Stilen wie House, auf, bis er 1981 bei der EAV einstieg. Mit mühlen-Blues“ bekannt. Durch seine belgi- Ethno oder Reggae fusioniert. Mit 18 Jahren dem Album „Geld oder Leben!“ (1985) sche Herkunft spricht er vier Sprachen wurde sie von Hubert von Goisern entdeckt gelang schließlich der Durchbruch im kom- (Niederländisch, Französisch, Englisch und und war mit dessen „Alpinkatzen“ als Alpine pletten deutschsprachigen Raum. Die EAV Deutsch) und ist auch in mehreren interna- Zabine auf Welttournee. Ihr Debütalbum erhielt zahlreiche Auszeichnungen und im tionalen Produktionen tätig. 1996 erhielt er „Transalpin“ erschien 2001 mit zwölf neuen, Jahr 2001 konnten sie sogar den „World für den Film „Autsch!!!“ zusammen mit Paul eigenen Songs. Dafür erhielt sie 2002 zwei Music Award“ in Monaco entgegennehmen. Harather die Goldene Romy für das beste Amadeus Austrian Music Awards, als beste Neben diversen CD-Veröffentlichungen und Drehbuch. Zuletzt war er in der SAT1-Pro- Künstlerin Rock/Pop national für „Trans- Tourneen der EAV spielte Klaus Eber- duktion „Das Wunder von Loch Ness“ zu se- alpin“ und als Beste Newcomerin. Im glei- hartinger die Rolle der „Gailtalerin“ im Büh- hen. Man kennt ihn aber nicht nur als Schau- chen Jahr geht sie mit dem „Tien-Shan- nenstück „Der Watzmann ruft“. Die erfolg- spieler, sondern er war sowohl schon an der Suisse-Express“, bestehend aus hochkaräti- reiche Produktion war zwei Jahre lang auf Volksoper (Jeau Michel in „La cage aux fol- gen Künstlern aus allen Bergregionen der Tournee. Im Frühjahr 2007 gewinnt er in der les“), im Wiener Metropol und mit Chansons Erde, auf Welttournee. 2006/ 2007 betrat sie dritten Staffel der ORF-Show „Dancing von Jacques Brel als Sänger tätig. „ bei der ORF-Show „Dancing Stars“ Neu- Stars“ gemeinsam mit seiner Tanzpartnerin http://www.seefestspiele-moerbisch.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 82 Kultur »Wiener Lustspielhaus« Mit »Calafatis Traum« ab 26. April und »Der Geizkrag'n« ab 17. Juli bringt Adi Hirschals Wiener Lustspielhaus heuer gleich zwei Neuproduktionen beim Riesenrad.

as „Wiener Lustspielhaus“ war das DErfolgsprojekt des Sommers 2004. Das mobile Theater wurde Ende Juli mit der Premiere von „Ein Wiener Sommernachts- traum“, einer Komödie mit Gesang von Su- sanne F. Wolf, nach William Shakespeare in der Inszenierung von Adi Hirschal, eröffnet. Seit 2004 waren, neben dem „Sommer- nachtstraum“, weitere drei Stücke zu sehen: „Was ihr wollt‘s“ von Susanne F. Wolf nach William Shakespeare, „Best of Strizzis“ und „So machen‘s alle oder Cosi fan tutte“ von Susanne F. Wolf nach Mozart und Da Ponte. Als einziges Theater in Wien folgt das Lustspielhaus einer alten Wiener Theater- tradition, die bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückreicht und berühmte Stoffe und Stücke der Weltliteratur in wienerischer Deutung aufbereitet . Der Standort im Prater vor dem Rie- senrad ist neu. 50 Vorstellungen in 5. Mona- ten bieten im 5. Jahr der beliebten Wiener Theaterinstitution wieder Tausenden Thea- Konstanze Breitebner (die schöne Glücksgöttin Fortuna) und Prinzipal Adi Hirschal, terbegeisterten Komödienspektakel vom der glutvollen Italiener Basilio Calafati Foto: DeSt Feinsten. Lustspielhaus beim Riesenrad. Susanne F. Seminars, das er 1974 abschloß. Danach En- Das Stück Wolf hat – in dramaturgischer Zusammen- gagement ans Burgtheater, wo er mit Giorgio arbeit mit Sabine Pribil – für das Stück ein- Strehler, Otto Schenk, Leopold Lindberg Im Geisterreich hängt der Liebessegen zelne Elemente aus der Biographie Basilio und Axel Corti arbeitete. Von 1977 bis 1982 schief. Der böse Geist Sekantius (Nicolaus Calafatis verwendet. Es entstand eine – frei schlug er sich unter anderem als Straßen- Hagg) liebt die schöne Glücksgöttin Fortuna erfundene – komödiantische Hommage an musikant auf den Straßen Europas durch (Konstanze Breitebner) und läßt sich auf ein Wiens berühmten Praterkönig, ein lustvoll („Zweite Reifeprüfung“). 1985 kehrt er nach fatales Spiel ein. poetisches Zauberspektakel, das Altwiener Wien zurück, wo er fortan als Schauspieler Fortuna wettet mit Sekantius um das Traditionen neu belebt. und Sänger von sich Reden machte. Der Liebesglück eines Sterblichen. Wetteinsatz Prinzipal Adi Hirschal schlüpft in die große Durchbruch gelingt ihm 1992 mit sei- ist der glutvolle Italiener Basilio Calafati Rolle des Calafati und führt Regie; wie im- nen „Strizziliedern“ (es gibt auch mehrere (Adi Hirschal), seines Zeichens Salami- mer steht ihm ein wunderbares Komödian- CDs) und der Rolle des Rene im Kaisermüh- Vekäufer im Wiener Prater. Calafati selbst ten-Ensemble zur Seite. len-Blues. Auch brillierte der engagierte steht zwischen zwei reizvollen Frauen, der Die wienerischen Klänge stammen von Schauspieler als Milchmann Tevje in „Ana- reschen Mizzi Magerl (Angela Schneider) Thomas Hojsa, die Liedtexte von Helmut tevka“, im „Kleinen Horrorladen“ (Zahn- und der zarten Sali Weit (Roswitha Meyer). Emersberger. arzt) und als „Caveman“ im Rabenhoftheater Sekantius bringt Calafati dazu, der Liebe und vielen anderen weiteren Rollen wie Ray abzuschwören und schon beginnen allerlei Der Prinzipal Conney in „Außer Kontrolle“ am Landes- Verwicklungen, in die ein kupplerischer Va- theater St. Pölten oder Dr. Stein im Film ter (Marcus Thill), ein möglicher Ehemann Adi Hirschal wurde 1948 in Innsbruck „Jump“ (siehe unseren Bericht „Österreichi- (Rainer Stelzig) und der Zauberer Schwa- geboren, ist in Linz aufgewachsen und kam scher Film“ auf der Seite 86). „ nenfeld (Peter Lodynski) hinein trudeln. Das 1958 nach Wien zu den Wiener Sängerkna- http://www.wienerlustspielhaus.com Durcheinander läßt sich nicht einmal durch ben. Er stammt aus einem bürgerlichen Premiere: 26. April 2008 Fortunas heimliche Ränke zum Besten wen- Elternhaus, sein Vater war Zahnarzt. Auf die Weitere Termine:27., 29, 30., April, 2., 3., 4, den. Oder doch? Matura folgten Jusstudium (bis zur ersten 7., 8., .9., 15., 16., 17., 18., 20., 22., 24., 25., Wie der köstliche Liebes-Pallawatsch Staatsprüfung), Studium der Theaterwissen- 28., .29. 30., Mai, 1., 3., 5., 6., Juni 2008 ausgeht, sehen Sie ab 26. April im Wiener schaften und Besuch des Max-Reinhardt- Beginn: 20 Uhr im Prater, beim Riesenrad

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 83 Für Sie gelesen

Elisabeth Haselauer lichen Sturz der Mutter. Selbst Shanola und das zweite Geheimnis die Luxusjacht birgt ein Geheimnis. Die Kreuzfahrt Die attraktive Shanola, im diplomatischen Dienste Irlands in auf der „Mythos“ wird eine Berlin tätig, verlor vor kurzem ihre Mutter durch einen Sturz über die Fahrt in die Vergangenheit, Treppe im eigenen Haus. Noch unter dem Eindruck des Verlustes, deren Rätsel aus unzähligen kehrt sie nach Hause zurück. Doch bald kommen Shanola Zweifel an kleinen Mosaiksteinen lose dem Unglück. Sie beginnt nachzudenken, sie beginnt Fragen zu stel- vor Shanola liegen. Diese gilt len und bittet sogar die Polizei aus ihrem Heimatort um Hilfe. Was es aber aufzuklauben, um ein macht Shanola an dem Tod ihrer Mutter so mißtrauisch? Bald finden richtiges Bild zu erhalten. sich genug Verdächtige, aber man tappt ständig im Dunkel. Die IRA, Erst dann wird Shanola die die politische Lage des geteilten Irlands zu England, die Mißachtung Wahrheit entdecken. von Menschenrechten innerhalb der EU bilden die Grundlage, die Doch bis es soweit ist, fol- persönliche Schicksale oft in Lebensumstände zwingen, denen man gen wir als Leser dem Laby- sonst nicht ausgesetzt wäre. – Alles spielt auf einer Luxusjacht, die rinth menschlicher Schwä- die irische Insel umfährt, und ein Kreis von Menschen auf dieser chen, aber auch Stärken, unter Yacht fällt immer mehr unter den Verdacht, mehr zu wissen vom töd- dem mörderischen Druck der Geschichte Irlands, dessen Grün, dessen Weite des Meeres genug Atem ließe, wenn, ja wenn nicht etwas Ungeheures geschehen wäre.

Zur Autorin Elisabeth Haselauer ist Universitätsprofessorin (Medien, Schwer- punkte Film und Filmkunst) und Autorin. Nach zahlreichen Sach- büchern, Artikeln, Kommentaren, Drehbüchern usw. erfüllte sie sich ihren Jugendtraum und schrieb ihren ersten großen Roman „Es kommt die Stunde“, Krüger, Frankfurt 2000.

Elisabeth Haselauer Shanola und das zweite Geheimnis. 175 Seiten, 18 Euro Foto: Österreich Journal Ibera Verlag Autorin Elisabeth Haselauer und seine Exzellenz Frank Cogan, Botschafter der Republik Irland, bei der Buchpräsentation http://www.ibera.at beim Gastgeber »Pelzhaus Zikos« am Graben in Wien ISBN 978-3-85052-263-2

Klaus Riehle Aber alle Zeitzeugen sind sich darin einig: Daß Herbert von Kara- Herbert von Karajan jan diese schlimmen Zeiten heil überstanden hat, ist hauptsächlich das Verdienst einer Person: seiner zweiten Ehefrau, die ihn über alles Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich – wie Herbert von Karajan liebte, Anita von Karajan, geb. Gütermann. Sie war es, die über Freun- es selber ausdrückte – mit der wohl schlimmsten Zeit seines Lebens: de und Verwandte nicht nur die nötigen Verstecke in Mailand und den letzten Kriegs- bzw. Nachkriegsjahren. Eine Zeit, auf die selbst St. Anton organisierte, sie war Herbert von Karajan in seiner Biographie nicht genauer eingehen es auch, die sich um das tägli- wollte. Eine Zeit, in der er zunächst – quasi mittellos – als Fahnen- che Kleingeld kümmerte, um flüchtiger in Mailand und Hinterland umherirrte und schließlich wenigstens die „Grundversor- untertauchte, bevor er sich nach St. Anton aufmachte, um mit Hilfe gung“ decken zu können. Ihr von Freunden, wie Ezio Foradori und Aga Hruska, wenigstens das gebührt die ganze Bewunde- tägliche Leben bestreiten zu können. Es waren Zeiten, in denen rung! Sie war eine Frau, die sich Herbert von Karajan froh war, in St. Anton im Hause des Elektrikers nie zu schade war, für ihren Ludwig Wasle oder in der Wirtschaft von Altbürgermeister Othmar Ehemann bei Freunden auch Sailer kostenlos zum Essen eingeladen zu werden; denn Geld hatte er „betteln“ zu gehen, eine Frau, so gut wie keines, war er doch seit Jahren ohne offizielles Ein- die sich für ihn aufgeopfert hat. kommen, da er von jeglichen Engagements ausgeschlossen war. Es waren so schwierige Zeiten, dass er in Mailand auch immer mit der Klaus Riehle Angst leben musste, als Fahnenflüchtiger, der den Stellungsbefehl Herbert von Karajan zur Propagandaeinheit „Südstern“ erhalten hatte, standrechtlich 224 Seiten, 20 Euro erschossen zu werden. Und sie waren ihm auf den Fersen und nie- Ibera Verlag mand hätte es in diesen verworrenen Zeiten interessiert, wenn ihm http://www.ibera.at wirklich dieses Schicksal widerfahren wäre. ISBN 978-3-85052-260-1

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 84 Volksmusik Widerständiges und dessen Inszenierung? Die Kultur. Anläßlich der Oberösterreichischen Landesausstellung 2008 und dem damit verbundenen Themenschwerpunkt des Österreichischen Volksliedwerks – Teil 2

Von Peter Egger und Irene Riegler *)

ie eigene wirtschaftliche Strukturge- Dschichte des Salzkammerguts prägte die daraus entstandene Mentalität mit unver- wechselbarer Eigenart in Religion, Sprache, Musik und vor allem Brauchtum. So hat zum Beispiel die heutige Ausprägung des Ausseer und Ebenseer Faschings oder die Fron- leichnamsprozession am Hallstättersee ihren Ursprung im Salzabbau. Die einstmalige Sonderstellung der Salz- kammergütler bedeutete neben strengen Re- gelungen jedoch auch Freistellung von Rechts- bestimmungen. Durch die Befreiung vom Wehrdienst erlaubte Kaiserin Maria Theresia zur Übung an der Waffe für etwaige Landes- verteidigung einzelne „Privilegierte Schüt- zenvereine“, die heute fest im Schützen- brauchtum verankert sind. Dies ließ auch die

Wilderei erstarken. Die hohe Jagd war ei- Foto: Archiv des Österreichischen Volksliedwerks gentlich nur dem Adel zugedacht und die Die »Gosauer Geigenmusi« bein »Hoangascht Schießen« 1972 kleine Jagd – der Vogelfang – ein Recht der Salzkammergütler, das trotz Kontroversen stammen vom Bad Ischler Salzamtschreiber als Folge der Schützenmusik bestehend aus heute noch ausgeübt wird. Johann Michael Schmalnauer (1771-1845). Seitlpfeife und Trommel. Bedeutend sind auch Im 19. Jahrhundert wurde der Sommer- Die darin festgehaltenen Tänze, Ländler, Stei- die Vielzahl von Weihnachtsliedern, speziell frischetourismus im Salzkammergut land- rer und Schleunige zählen bis heute zu be- die Hirtenlieder, welche die gesellschaft- schafts- und kulturprägend. Dabei übertrug liebten Musik- und Tanzstücken der Region. lichen und sozialen Umstände der Salzkam- sich Mode, Musik, Baustil oder Umgangs- Seit dem Interesse von Adel und Bürger- mergütler widerspiegeln, sind überliefert. formen auf die lokalen Gegebenheiten und tum am Salzkammergut stehen musikalische Wichtige und neue Entwicklungen der beeinflussten so die Einheimischen 1). Operet- Eigenheiten im Zentrum volkskultureller Volksmusik entstanden ebenfalls im Salz- ten, Dichtungen, Heimatfilme und Touris- Forschungen. Schon Konrad Mautner schuf kammergut; Nach Wilfried Scheutz folgte muswerbung konstruierten Bilder, die heute mit dem „Steirischen Raspelwerk“ um 1910 Hubert von Goisern, welche vielen Österrei- im Salzkammergut gesucht, vermittelt und eine erste Dokumentation der musikalischen cherInnen wieder einen neuen Zugang zur gelebt werden. Volkskultur rund um Bad Aussee. Volksmusik verschafften. „ Auf der anderen Seite veränderten die Landesausstellung OÖ. Traditionell frisch Sommerfrischler die musikalischen Gebräu- 29.04. - 2.11.2008 gewürzt. Die Musik. che der Region und eine perfektionierte An- http://www.landesausstellung.at passung bzw. Glättung der Klänge war die Programmschwerpunkt im 2) Die Abgeschiedenheit, jedoch auch der Folge. Österreichischen Volksliedwerk Austausch durch viele zugewanderte Berg- So finden sich heute neben Jodler, Alm- 30.4.2008, 18 Uhr arbeiter waren prägend für eine eigene musi- und Wildschützenlieder auch viele gedichte- http://www.volksliedwerk.at kalische Vielfalt, die meist mündlich überlie- te Kunst- oder Heimatlieder im Repertoire 1) Brigitta Tatzberger: Von der Hochadeligen Som- fert wurde. Erste handschriftliche Aufzeich- heimischer Gruppen wieder. merfrische zum heutigen Massentourismus – in Bezug nungen zur Tanzmusik im Salzkammergut In den 1970er Jahren erlangten der auf das Salzkammergut. Diplomarbeit. Wien 1988. Goiserer Viergesang und die Simon Geigen- S.142-144. 2) Konrad Köstlin: Der Wandel der Deutung. Von der *) Peter Egger ist Mitarbeiter Österreichisches Volks- musi über die Grenzen hinaus Berühmtheit. liedwerkes aus dem Salzkammergut, Mag. Irene Modernität der Volksmusik. In: Gerlinde Haid, Ursula Riegler ist Geschäftsführerin des Österreichischen Sehr bekannt ist auch der Pfeifertag, welcher Hemetek, Rudolf Pietsch (Hg): Volksmusik – Wandel Volksliedwerkes in Wien jährlich seit 1925 am 15. August stattfindet, und Deutung, Wien 2000. S.121- 131.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 85 Wienerlied Das Wien der »3 Spitzbuben« Der Verlag Der Apfel lud zur Präsentation des Buches über Leben und Erfolgsgeschichte des berühmten Trios zum »Selitsch« in Wien Stadlau.

bwohl die letzte Vorstellung schon Omehr als 30 Jahre zurückliegt, erinnern sich noch viele an Abende auf der berühmte- sten Pawlatschen Wiens. Der Schmäh des Wiener Heurigenkabaretts, das durch Toni Strobl, Helmut Schicketanz und Helmut Reinberger weit über unsere Grenzen hinaus Bekannt- und Beliebtheit erlangte, findet im- mer wieder Nachfolger – auch wenn es wohl schwer ist, an die Qualität der drei Meister heranzukommen. „Mit ihren Parodien lösten sie die schnulzigen Zuckerwattetexte der gän- gigsten Schlager – heute würde man sagen: Pop-Hits – in Gelächter auf“, so der langjäh- rige „Krone“-Adabei Roman Schliesser im Vorwort des Buches, das von den 50er- und 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts er- zählt. Das Besondere des Wiener Schmähs, die Wiener Heurigenmusik, die Stegreif- komik und das Pawlatschen-Theater feiern mit diesem Rückblick fröhliche Urständ. Verleger Thomas C. Cubasch mit Gattin Eva, Helmut Reinberger mit Gattin Helga Helmut Reinberger ist letzter noch Le- und Co-Autor Hermann Bochdansky (v.l.) bender dieses Trios und hat, gemeinsam mit Verleger Thomas C. Cubasch und seine Theo Schäfer, Roman Schliesser, Günther dem ehemaligen ORF-Mitarbeiter und Ver- Frau Eva luden ins Vorstadtbeisl „Zum Schmidt, Prof. Heinrich Schweiger, Niko- fasser zahlreicher Drehbücher, Hermann Selitsch“ in Wien Stadlau, wo die Wirts-Fa- laus Lehner, Elisabeth Strobl, Bernd Ull, Bochdansky, in spitzbübischer Art eine milie Selitsch, Zwettler Bier und Almdudler Hans Ecker und Fredi Wallisch. Sie alle ge- große Wegstrecke dieser Wiener Originale für reichhaltige Verpflegung der rund 200 nossen die hohe Kunst Helmut Reinbergers, nachgezeichnet. Texte und Photos geben geladenen Gäste sorgten. Unter ihnen in der gemeinsam mit den beiden Wienerlied- einen Teil jener Stimmung wieder, die durch sichtlich bester Laune: Dieter Böttger, Musikern Kurt Schaffer und Walter Hojsa Heurigenmusik und Wiener Schmäh die Oswald Finsterl, Ingrid Grah, Er-Ich Joham, nach wie vor als die „Old Knackers“ auf der Gäste begeisterte. Thomas Klein (Almdudler), Hedi Meerwald, Bühne steht. Nicht zu vergessen Helmut Schneeweiß, der mit Liedern von Carl Merz, Hermann Leopoldi, Peter Wehle u. a. bril- liert. Umrahmt wurde der Abend vom „Ernst Rindauer Trio“.

Das Wien der ›3 Spitzbuben‹ Die legendären Musiker mit Wiener Schmäh. Mit einem Vor- wort von Roman Schließer

148 Seiten, 71 S/W-Abb., ganzleinen mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-85450-153-4 24,90 Euro / CHF 43,60 Fotos: http://www.daswienerlied.at »Alt-Spitzbub« Helmut Reinberger tritt gemeinsam mit den beiden Wienerlied- Erschienen im Verlag Der Apfel 2008 Legenden Kurt Schaffer und Walter Hojsa (v.l.) als die »Old Knacker« auf. http://www.verlagderapfel.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 86 Österreichischer Film Eine wahre Geschichte. Die dramatischen Erlebnisse des jungen, später weltberühmten, Fotografen Philippe Halsman im Österreich der 30er Jahre sind die Grundlage zu dem spannenden Kinofilm »Jump« – mit großer Besetzung. Alle Fotos: LWB-Media.com

Frische Luft, Sonne, die schöne Landschaft, Vater (Heinz Hoenig) und Sohn (Ben Silverstone) kommen sich tatsächlich näher.

er 2006 in Linz und Umgebung unter nal-Schauplätze zu erkunden und die Stadt und Trinken, schöne Frauen und seine Gei- Dder Regie von Joshua Sinclair gedrehte aus außergewöhnlichen Perspektiven kennen ge. Philippe (Ben Silverstone) ist zweiund- Film „Jump! The Phillippe Halsman Story“ zulernen. Immerhin haben hier hochkarätige zwanzig, studiert Elektrotechnik, ist schüch- mit Patrick Swayze in einer der Hauptrollen, Welt-Stars wie Patrick Swayze, Ben Silver- tern und introvertiert, für seinen Vater nur feierte am Abend des 17. April seine Pre- stone oder Anja Kruse gedreht. Die „Jump“- ein Weichling und ein „Muttersöhnchen“. miere. Die Darsteller, zahlreiche Stars und Entdeckungsreise mit zwei inkludierten Über- Murdoch mäkelt ständig an ihm herum. viele prominente Gäste (auch aus Holly- nachtungen, Busausflug auf den Pöstlingberg, Mutter Ita (Anja Kruse) und Schwester wood) besuchten aus diesem Grund Linz, die Original-Plakat zum Film, „Jump“-Stadtkarte Liuba (Martine McCutcheon) versuchen zu zukünftige „Kulturhauptstadt Europas 2009“. und Gutschein für regionale Schmankerl, vermitteln, wodurch die Laune des Vaters Warum gerade Linz? Nun, Linz diente als gibt es bereits ab 89 Euro pro Person im Dop- nur noch schlechter wird. In der Hoffnung, eine der Drehkulissen. So wurden zahlreiche pelzimmer. http://www.jump2linz.at dass die Männer sich einmal unter vier Au- Aufnahmen in der historischen Altstadt und gen aussprechen, gelingt es der Mutter, die am Pöstlingberg, dem Hausberg der Linzer, Die Story beiden zu einer „Herrentour“ in die Berge zu gemacht. Das Bruckner Orchester Linz, das überreden. sich bereits weltweit einen Namen gemacht September 1928. Die aus der lettischen Frische Luft, Sonne, die schöne Land- hat, nahm die Filmmusik auf. Grund genug Hauptstadt Riga stammende jüdische Fami- schaft, Vater und Sohn kommen sich tatsäch- für Linz Tourismus, alle Fans des Films und lie Halsman verbringt ihre Ferien in Tirol. lich näher. Philippe fotografiert seinen Vater dessen Darsteller mit „Jump2Linz“ eine ganz Der Vater Murdoch (Heinz Hoenig) ist ein vor der Kulisse der schneebedeckten Berge. besondere Möglichkeit zu bieten, die Origi- erfolgreicher Zahnarzt. Er liebt gutes Essen Die Stimmung scheint sich zu bessern.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 87 Österreichischer Film

Sie halten Rast auf einer Hütte und tref- fen dort auf andere Bergsteiger. Einer der Männer und ein Bergführer bieten an, die Halsmans auf den Schwarzenstein zu führen. Murdoch und Philippe werden aber von den Bergführern auf halbem Wege alleine gelas- sen. Am Abend, im Berghotel, hört Philipe seinen Vater im Nebenzimmer hingebungs- voll auf der Geige spielen. Durch den Tür- spalt sieht Philippe, daß sein Vater Publikum hat. Eine Frau. Die Gäste der Bergstation werden am nächsten Morgen Zeugen eines heftigen Streites zwischen Vater und Sohn. Philippe stürmt alleine davon, sein Vater hin- terher. Philippe Halsman wird wegen Mordes an seinem Vater zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Fall erregt in ganz Österreich Aufsehen. Philippe wird in einer Zeit zunehmenden Antisemitismus von vielen Menschen vor- Der Anwalt Richard Pressburger (Patrick Swayze) übernimmt die Verteidigung. verurteilt. Auch die internationale Presse nimmt sich des Falles an. Philippes Mutter und Schwester gelingt es trotz der immer massiver werdenden anti- jüdischen Stimmung einen Verteidiger zu finden. Der Anwalt Richard Pressburger (Patrick Swayze), selbst Jude, übernimmt die Verteidigung. Halsman flüchtet später nach New York und wird einer der bemerkenswertesten Fo- tografen des 20. Jahrhunderts. Er war der meist veröffentlichte Fotograf der amerika- nischen „LIFE“*-Zeitschrift. Weltweiten Ruhm erlangte er durch seine „JUMP“- Fotos. Er lichtete dabei seine prominenten Motive nicht in Posen ab. Deshalb ließ er unter anderem Marilyn Monroe, Richard Ni- xon, Brigitte Bardot, Salvador Dali oder die Herzogin von Windsor in die Luft springen. Gefragt nach der Philosophie dahinter, ant- wortete Halsman: „Wenn du eine Person Mutter Ita (Anja Kruse) und Schwester Liuba (Martine McCutcheon) versuchen zu fragst, in die Luft zu springen, gilt seine vermitteln – wodurch die Laune des Vaters nur noch schlechter wird. Aufmerksamkeit der Tätigkeit des Sprin- gens. Die Maske fällt und die wahre Persön- mit Familienmitgliedern von Halsman ge- zu machen. Man muß sie nur endlich massi- lichkeit kommt zutage.“ Seine eigene Per- sprochen, bevor er die Geschichte nieder- ver unterstützen, um Talent und Geld im sönlichkeit wurde sicherlich auch durch tra- schrieb. Regisseur Joshua Sinclair zu eigenen Land zu behalten.“ gische Augenblicke in seiner Jugend ge- „JUMP“: „Niemand, egal welche Hautfarbe „JUMP“ ist die erste internationale prägt. Halsman starb 1979. Seine persönli- er trägt und welcher Rasse er angehört, soll Produktion, die zu 100 Prozent in Ober- che Tragödie war der Öffentlichkeit bis heu- vorverurteilt werden. Leider passiert das österreich gedreht wurde. Massenszenen, mit te weitgehend unbekannt. Er sah seine Be- auch heute noch überall auf der Welt, auch mehr als 800 Komparsen, wurden etwa in gnadigung lebenslang als Demütigung. Ein 80 Jahre nach dem Fall Halsman.“ der Linzer Altstadt gefilmt. Der Linzer Pöst- Makel blieb. Philippe Halsman verarbeitete Der internationale Film „JUMP“ wurde lingberg, die Gebirgsketten um Hinterstoder seine tragische Vergangenheit in seiner Kunst. von einer rein österreichischen Produktions- und das Stift Kremsmünster bildeten eine „Laß‘ keinen Tag vergehen, ohne deinen gesellschaft produziert und wurde darüber- authentische Kulisse für die dramatischen Kindern zu sagen, wie sehr du sie liebst.“ hinaus zu 100 Prozent privat finanziert und Szenen. Gedreht wurde auch in Enns, Bad Drehbuchautor und Regisseur Joshua hat keine Förderungen bekommen. Produ- Leonfelden,Timelkam, Steyr, Molln, Bad Sinclair hat die Gerichtsakten in Innsbruck zentin Lilly Berger: „Wie man sieht, hat Hall und Windischgarsten. „ und Presseartikel aus dieser Zeit studiert und Österreich die Talente, um großartige Filme http://www.lwb-media.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 88 Österreichischer Film Diagonale-Preis für »Halbes Leben« Preis des Landes Steiermark in Kooperation mit CINESTYRIA Filmkunst für »besten österreichischen Dokumentarfilm 2007/2008«

ine filmische Zwischenbilanz aus der Menschheit. Warum ist es so schwer, das sem Film entstanden: Mich selbst der Öf- EMitte des Lebens: Der Filmemacher Glück der anderen zu akzeptieren? Warum fentlichkeit zu exponieren, meine eigene sieht sich in der Krise und macht sich auf, ist es so schwer das eigene Glück zu akzep- Lebensgeschichte zu verkaufen, mit mir die Gründe dafür aufzuspüren. Er spricht tieren? „Halbes Leben“ ist das ironische Handel zu betreiben, meine eigene Ge- mit Jugendfreunden und Verwandten, läßt Selbstportrait einer Generation, ein realer, schichte aus der Hand zu geben. Und so jene erzählen und erzählt von sich. So weit könn- dokumentarischer Entwicklungsroman zu Handlung an der eigenen Haut zu spüren, die te es ein übliches Lamento über den Sinn des unserer Gegenwart und zu Markos Zukunft. ich durch meinen Beruf als Dokumentar- Lebens sein. Aber Marko Doringer macht „Halbes Leben“ lebt von den Lebensge- filmer an meinen Mitmenschen ausführe.“ aus dieser Konstellation eine kluge wie wit- schichten der im Film gezeigten Menschen, zige tour d`horizont über Erwachsenwerden, der Regisseur exponiert und verkauft ihre Statement des Mobilität und Beharren, Utopien und Reali- Geschichten – und seine eigene – der Öffent- Filmemachers tätstüchtigkeit. Daß die Gespräche, die er lichkeit. Denn davon kann er als Filmema- führt, wie selbstverständlich in großer Ver- cher leben, als moderner Menschenhändler. „Im Alter um die Zwanzig war das Leben trautheit und Offenheit entstehen, verdankt Marko Doringer: „Aus dieser Überlegung für mich einfach und unkompliziert. Der sich der souverän genutzten filmischen Me- ist die besondere Herangehensweise zu die- Begriff ‚Zeit‘ ohne Relevanz. Rund zehn thode Doringers: Er arbeitet mit dem kleinstmöglichen Team, führt selbst die Kamera, pointiert und stimuliert die Ge- spräche und schafft somit einen intensiven kommunikativen Raum, in den sich der Zu- schauer ohne Unbehaglichkeit einbezogen fühlt. Und wie nebenbei wird neben der Ge- schichte seiner Generation auch von der Gesellschaft unserer Zeit erzählt: von der Auflösung familiärer und ökonomischer Sicherheiten, von der Verschiebung von Wer- tesystemen, von den Zumutungen des flexi- blen Menschen. Ein persönlicher Film für alle. (Begründung der Jury)

Synopsis Wenn man es heute mit 30 nicht geschafft hat, ist alles vorbei. Regisseur Marko Doringer hat eine Le- benskrise, aber sonst nicht viel: Er ist 30, hat nichts erreicht was zählt und soeben den ersten Backenzahn verloren. Der Verfall hat begonnen, die Jugend ist zu Ende. Was kann jetzt noch kommen, bevor es vorbei ist? Marko bricht zu einer sehr persönlichen For- schungs-Reise auf. Er besucht alte Freunde und Freundinnen, seine Eltern und deren Freunde. Geht es ihnen besser als ihm? War- um ist es so schwer, 30 zu sein? Mit ironisch-analytischem Blick sucht

Marko den Sinn des Lebens. Er konfrontiert Foto: Filmfabrik Marko Doringer sich und seine ProtagonistInnen schonungs- »Halbes Leben« lebt von den Lebensgeschichten der im Film gezeigten Menschen, los mit den großen und kleinen Fragen der der Regisseur exponiert und verkauft ihre Geschichten – und seine eigene …

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 89 Österreichischer Film

Jahre später hat sich der Blick auf mein eige- nes Leben von Grund auf verändert. Ich ent- decke an meinem Körper erste Anzeichen eines allmählich einsetzenden Verfalls, ohne körperlich hart gearbeitet zu haben – ganz im Gegenteil. Wie viel Tage bleiben mir noch, um all meine Lebensträume zu erfüllen? Wo- hin will ich? Was habe ich denn überhaupt bis jetzt erreicht? Ich habe kein Studium ab- geschlossen, keine Berufsausbildung, noch kein Haus gebaut oder mir Geldreserven zur Seite gelegt. Ich habe weder Kind noch Frau noch Freundin! Ich habe nichts, ich bin nichts – und in 30 Jahren bin ich tot! Sich mit Anfang 30 quasi am Ende seines Lebens zu sehen ist absurd! Sind diese Ge- danken der heute 30jährigen Westeuropäer reine Eitelkeiten verwöhnter Mittelstands- kinder? Meine Generation hat den Luxus, Foto: Diagonale Graz / Thomas Raggam spät erwachsen werden zu können. Im Ge- Marko Doringer bei der Diagonale 2008-Preisverleihung in Graz gensatz zu den meisten Generationen vor der meinen waren wir nie mit Situationen wie Befindlichkeit? Gibt einem der eigene Nikolaus Geyrhalter Krieg oder Hunger konfrontiert. Leidet Körper – eine innere Stimme, rechtzeitig Be- Filmproduktion meine Generation unter einer Lebens- scheid, um noch etwas Vernünftiges mit der ängstlichkeit, die nicht im Materiellen wur- restlichen Lebenszeit anzufangen? Die Basiskompetenz der 1994 gegründe- zelt und rein unseren Köpfen entspringt? Meine Generation lebt in einer Art Zwi- ten Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion ist Wollen wir einfach unendlich lange ‚Kind‘ schenwelt: auf der einen Seite stehen unsere der Kinodokumentarfilm mit AutorInnen- bleiben? Oder sind die Ängste und Sorgen Eltern. Sie haben uns mit dem Wissen erzo- Handschrift und Arbeiten für Qualitäts- dieser Generation mehr als nur eine innere gen, daß die Welt bzw. das eigene Leben sehr programme im Fernsehen. Die Entwicklung wohl auch ganz anders hätte verlaufen kön- von kleineren Spielfilmproduktionen, sowie nen. Sie haben direkt oder indirekt den ein verstärktes Interesse an internationalen 2. Weltkrieg mitbekommen, den Aufschwung Kooperationen weisen die Richtungen, in in den 60ern und 70ern mit all den wirt- welche die Firma sich erweitern wird. schaftlichen und sozialen Veränderungen, Besonders wichtig ist es dem Team, Filme aber auch mit der Sicherheit von Arbeits- von jungen, interessanten und vielverspre- plätzen und Karrieren. chenden Talenten des europäischen Kinos Auf der anderen Seite stehen die heute der Gegenwart und Zukunft zu ermöglichen. Unter-20jährigen. Diese Generation steht Die Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion unter einem enormen Leistungs- und Anfor- hat in den letzten Jahren Produktionen mit derungsdruck: Für sie bedeutet Jugend das Partnern in Deutschland, den Niederlanden, Alter zwischen 13 und 15. Danach ist ihr Le- Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn ben nur mehr auf Erfolg und Ego-Vermark- und Slowenien durchgeführt. Gesendet wur- tung ausgerichtet. In ihrer Welt geben Super- den ihre Filme von Fernsehstationen in Öster- models den Trend vor, die mit 14 den Cat- reich, Deutschland, Frankreich, den Nieder- walk abmarschieren und mit 23 als SeniorIn- landen, Polen, Slowenien, Slowakei, Italien, nen gelten. Diese Illusionsmaschinerie er- Finnland, Spanien, Portugal, USA, China zeugt eine Leistungsideologie, die ausschließ- und Estland. Und sie wurden mit zahlreichen lich auf Jugend und frische Kräfte setzt. internationalen Preise ausgezeichnet: So Wir, die 30somethings, stehen zwischen etwa der Spezialpreis der Jury – Amsterdam dem Sicherheitsstreben aus der Welt unserer 2005, die Goldene Taube – Leipzig 2004, Eltern und der hochflexiblen und hoch insta- Silver Plaque for Best Documentary – bilen Leistungsgesellschaft der heutigen Chicago 2004, Spezialpreis der Jury – Zeit. Die Veränderungen der Wahrnehmung Amsterdam 2001, Prix International de la und der Zielvorstellungen spüren meine Ge- SCAM – Paris 1999,Prix de la Jury – Nyon neration und ich besonders stark.“ 1999, Diagonale Preis – Graz 1999, 3-sat Der österreichweite Kinostart des Films Dokumentarfilmpreis – Duisburg 1998, Le ist für Ende 2008 geplant. Prix Joris Ivens – Paris 1998, Berliner Zei-

Foto: Filmfabrik Marko Doringer http://www.halbes-leben.com tung Leserpreis – 1998, Wiener Filmpreis – Marko Doringer als Marko Doringer http://www.geyrhalterfilm.com 1997, Preis Neues Kino - Wien 1994 usw. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 90 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In dieser Folge portraitiert er Max Fleischer Cartoonist/Animator

ilhelm und Amalia Fleischer wander- Produzent. Trotz ihres winzigen Studios Spielfilmteile mit den Trickzeichnungen. Wten 1888 aus der österreichischen wurden exzellente Ergebnisse erzielt, auch 1923 eröffnete Max Fleischer mit Edwin Mi- Reichshälfte der dualen Monarchie in die ohne die Verwendung komplizierter Techni- les Fadiman und dem Wiener Komponisten Vereinigten Staaten aus. Ihr zweitältester ken präsentierten die Fleischers in ihren Fil- Hugo Riesenfeld die Verleihfirma Red Seal, Sohn Max (Maximilian), am 19. Juli 1883 in men eine ungewöhnliche Spannweite von die allerdings nur drei Jahre existierte. Krakau1) geboren, wuchs in New York auf, Spezialeffekten, dazu Akkuratesse der Der innovative Cartoonist widmete sich erhielt eine Ausbildung in Kunst und Ge- Handlungen wie der Bewegungen. Mit der einige Zeit seinem besonderen Interesse an staltung an der Art Students League and Weiterentwicklung des Rotoscopes zum Ro- Experimentalfilmen. Zwei abendfüllende Cooper Union sowie der Mechanics and tographen erhielten die Animatoren schließ- Specials aus 1923, „The Einstein Theory of Tradesmen‘s School und war danach als lich mehr Flexibilität in der Verbindung der Relativity“ und „Darwin‘s Theory of Evo- Fachkraft im Lichtdruckverfahren, Karikatu- rist und Art Editor bei Zeitungen in Brook- lyn und Boston tätig. Max Fleischer begann lange vor Hanna- Barbera, den Warner Brothers oder Walt Disney als Zeichentrickfilmer, wobei er sich vorwiegend für die technischen Aspekte in- teressierte. Durch das von ihm 1915 zum Patent angemeldete Rotoscope konnten Zeichnungen nach der fotomechanischen Aufnahme der Bewegungen eines Schau- spielers animiert werden. Die Entwicklung ermöglichte es, daß er und sein 1894 in New York geborener Bruder Dave (David) einen ersten Zeichentrickfilm von dreißig Metern Länge erstellen konnten, die Arbeit daran dauerte ein Jahr. Dave posierte für den Live- Film und wurde damit zum Modell der ersten Animationsfigur Koko the Clown, dessen Abenteuer in der Serie „“ gezeigt wurden. John R. Bray, ein Cartoonist, der im Rahmen eines Exklusiv- vertrages mit kurzen Zeichentrickfilmen belieferte, sorgte für die Abnahme. Der Eintritt der Vereinigten Staa- ten 1917 in den Ersten Weltkrieg unterbrach die gerade begonnene Produktion, Fleischer drehte bei der Army Instruktionsfilme, nahm aber umgehend nach Kriegsende die Arbeit an der „Inkwell“-Serie wieder auf. Mit deren Konzept und kunstgerechten Ausführung für den inzwischen in die Gold- wyn-Organisation integrierten Bray schuf Fleischer einen Klassiker unter den damali- gen Cartoons. Er trat nun selbst in den Fil- men auf, die Verbindung von Live-Material und Zeichentrickfilmen setzte neue Akzente. Im Jahr 1921 gründeten die Brüder das Flei- scher Studio, Max fungierte als künstleri- Alle Fotos: Sammlung Rudolf Ulrich scher und technischer Direktor, Dave als Max Fleischer mit seiner berühmtesten Figur

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 91 Serie »Österreicher in Hollywood«

Betty Boops Karriere endete, als der im sel- Zeichner erheblich aufgestockt werden. Die ben Jahr neugeschaffene Production Code Fertigung nahm 18 Monate in Anspruch, der des Hays-Office und die amerikanischen Versuch, mit der Adaption von Jonathan Frauenvereine Anstoß an ihrer „Unmoral“ Swifts „Gulliver‘s Travels“ (1939) mit den nahmen. „Popeye the Sailor“, lizenziert vom Disney-Leuten Schritt zu halten, gelang King Features Syndicate, wurde dagegen zu künstlerisch und wirtschaftlich zufrieden- einem Longseller und zur populärsten Short- stellend, an den Kinokassen in Südamerika Film-Serie in den USA, die auch Disneys wurden sogar Rekordeinnahmen erzielt. Mickey Mouse an Beliebtheit übertraf. Durch die Kriegsereignisse konnten aber der Walt Disneys enormer Erfolg mit „Snow europäische und asiatische Markt nicht aus- White and the Seven Dwarfs“ (1937) veran- geschöpft werden. 1940 kamen zwei neue laßte das Fleischer-Studio, gleichfalls die Serien heraus, die „Stone Age Cartoons“ und Möglichkeit eines abendfüllenden Cartoons „Animated Antics“, 1941 erschienen die er- zu prüfen. Max Fleischer entschied sich, für sten Kurz-Cartoons aus der von Paramount das ambitiöse Unternehmen in Miami, Flo- initiierten und mit einem gewaltigen Werbe- rida, ein neues Produktionsgelände zu er- feldzug propagierten „Superman“-Serie nach richten, außerdem mußte die Anzahl der den Comics von Jerry Siegel und Joe Schu-

Max (Maximilian) Fleischer lution“, die Realfilmmaterial mit Fotos, Dia- grammen und rudimentärer ver- banden, gelten als Meilensteine seiner Kar- riere. Mit dem nächsten Einfall 1924, dem so genannten „Bouncing Ball“ bei den damals sehr beliebten „sing-along-films“ (Mitsing- filme, bei denen die Zeilen bekannter Lieder auf der Leinwand gezeigt wurden), brachten Max und Dave neben Witz und Fiktion erst- mals das Moment der Bewegung in diese bisher unbeweglich präsentierten Filme. Ein von Dr. Lee DeForest entwickeltes, von der Filmindustrie noch nicht akzeptiertes, je- doch von Fleischer übernommenes Synchro- nisationsverfahren bedeutete einen weiteren Schritt in der technologischen Entwicklung des Zeichentrickfilms. Es war Fleischer, nicht Walt Disney, der damit die ersten Sound Cartoons produzierte, die Filme bestanden nun aus den Komponenten Gag und Musik. Fleischers Verbindung zu Paramount erlaub- te ihm, in der „“-Serie (1929) und den „Talkartoons“ (1930-32) Paramount- Darsteller und Sänger, die gerade in New York bei Spiel- und Kurzfilmen vertraglich gebunden waren, einzusetzen und mit Stars wie Rudy Vallee, Ethel Merman, Lilian Roth und den Mills Brothers spektakuläre Live- Szenen hinzuzufügen. Zu den interessantesten, mit großem Einfallsreichtum und bizarren Ideen ausge- statteten Schöpfungen Fleischers gehören , die von Grim Natwick ersonne- ne respektlose Teenagerheldin und einzige bewusst erotische Figur des - films, mit der das Studio 1934 seinen ersten Farbcartoon „Poor Cinderella“ erstellte, da- zu der aus Comic Strips bekannte pfeifen- rauchende Seemann Popeye von Elzie Segar. Poster zu »Customers Wanted« (1939) aus der »Popeye«-Serie

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 92 Serie »Österreicher in Hollywood«

auf fast 700 Filme und Filmchen. Die Film- industrie und die Öffentlichkeit ignorierten und vergaßen trotz seiner Erfolge viele Jah- re, daß Max Fleischer, Vater des bekannten Hollywood-Regisseurs Richard Fleischer (gest. 2006), zu den herausragenden Pionie- ren der Kinematographie zählt. „

1) In der älteren amerikanischen Filmliteratur ist weitgehend (auch bei bekannten Biografen wie Leonard Maltin und Ephraim Katz) als Geburtsort Wien genannt. Die Falschinforma- tion wurde inzwischen durch Eingabe in die online-Datenbank Internet Movie Database (IMDb) auf internationaler Ebene korrigiert. 2) Obwohl in New York aufgewachsen, behielt Max Fleischer bis 1942 die österreichische Staatsbürgerschaft, mußte dann aber notwen- digerweise US-Bürger werden, um seine Arbeit zu behalten. Er arbeitete an Regierungs- und Industriefilmen für die Jam Handy Company und konnte (trotz jüdischer Abstammung) keine Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten, da Max Fleischers Entwürfe zu »Popeye The Sailor« er formal gesehen österreichischer Staatsbür- ger und Österreich zu dieser Zeit Teil des ster. Zudem der an den Kinokassen wenig Deutschen Reiches war (nach Mark Langer: einträgliche, nach einer hauseigenen Story „Out of the Inkwell, Die Zeichentrickfilme von (lose basierend auf Maurice Maeterlincks Max und “, in „blimp“, Graz, Heft 26, 1993). „La vie des abeilles“) gestaltete zweite Feature Cartoon „Mr. Bug Goes to Town“ it dem Buch „Österreicher in Holly- (aka „Hoppity Goes to Town“), der die Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf Studioreserven aufzehrte. Ulrich die lang erwartete Neufassung seines Aufgrund des finanziellen Desasters ver- 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- lor Paramount das Interesse, Geld in weitere kes vor. Nach über 12jährigen Recherchen Filme zu investieren. Streitigkeiten zwi- konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer schen den Brüdern nahm die Gesellschaft revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- 1942 zum Anlaß, die nicht mehr gewinnbrin- gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist gende Zusammenarbeit abrupt zu beenden. nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern Nach mehr als zwei Jahrzehnten waren Max auch an die in der Heimat vielfach Unbe- und Dave Fleischer, die nie an eine Gefähr- kannten oder Vergessenen und den darüber- dung ihres Studios gedacht hatten, damit aus hinaus immensen Kulturleistungen österrei- dem Geschäft. Ihre wichtigsten Mitarbeiter chischer Filmkünstler im Zentrum der Welt- Karikatur Max Fleischers erhielten Arbeitsverträge von Paramount, die kinematographie gewidmet: „Alles, was an den Betrieb als In-House-Animation-Unit Mitarbeiter Hal Seeger 100 neue „Inkwell“- etwas erinnert, ist Denkmal“, schließt der nach New York zurückverlegte und in Cartoons schuf, 1963 trat er in den Ruhe- Autor. umbenannte. Der weiterge- stand. Max Fleischer, verheiratet mit Essie Rudolf Ulrich und der Verlag Filmarchiv führten Produktion fehlte indes die Kunst- Goldstein, starb am 11. September 1972 in Austria bieten Ihnen, sehr geehrte Leserinnen fertigkeit wie auch die eigene Magie der Los Angeles. und Leser, die Mög- ursprünglichen Innovatoren. Dave Fleischer Für ihn hatten technische und mechani- lichkeit, in den kom- arbeitete bis 1954 in den Zeichentrickstudios sche Neuerungen stets Vorrang vor ökono- menden Monaten im der Columbia Screen Gems an der West- mischen Gesichtspunkten. Fleischer, im Ani- „Österreich Journal“ küste, danach bei Republic und Universal, er mationsbereich Proponent des New York einige Persönlichkei- gab 1969 seine Tätigkeit auf und starb 1979. Stils, ein Avantgardist, war stolz auf viele ten aus dem Buch Max befaßte sich mit Industriefilmen für die von ihm geförderte Erfindungen und auf die „Österreicher in Hol- Jam Handy Organization (JHO) in Detroit2), eingebrachten 15 Patente für die Verbesse- lywood“ kennenzuler- kehrte 1944 mit der ersten Screen-Version rung von Zeichentrickfilmen. Er hatte lange nen. von „Rudolph the Red-Nosed Reindeer“ vor Disneys Multiplankamera die Drehschei- nochmals zur Animation zurück und fand benkamera verwendet und war über geraume Rudolf Ulrich später als Leiter des Art Departments Be- Zeit hinweg der einzige seriöse Rivale des „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten, schäftigung im Studio seines früheren Part- von ihm nicht unwesentlich beeinflussten zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- ners John R. Bray. 1962 hatte er Anteil dar- Kaliforniers. Sein Schaffen als Produzent, terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; an, als das Fernsehen mit seinem ehemaligen Regisseur, Animator und Autor beläuft sich http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 93 ÖJ-Reisetip 650 Jahre Karlsbad Wenn man die Anfänge des tschechischen Kurwesens suchen würde, müßte man in die Zeit vor 2000 Jahren zurückkehren. Einfacher ist eine Reise nach Karlovy Vary, wo von 1.-4. 5. 2008 die Stadtgründung gefeiert wird. Alle Fotos: Karlovy Vary Information / Dan Zikes

ie Entstehung und Entwicklung von Das genaue Datum der Stadtgründung ist setzen voraus, daß sie die Heilwirkungen des DKarlsbad war immer mit den wohltuen- nicht bekannt. Die Entstehung der ständigen Karlsbader Thermalwassers bereits damals den Heilwirkungen seiner warmen Mineral- Besiedlung bei den Sprudeln ist in die Zeit gut kannten und diese zur Heilung nutzten. quellen untrennbar verbunden. Diese beein- um 1349 anzusetzen. Die Spuren des Men- flußten die Geschichte, die Architektur, Wirt- schen in der nahen Umgebung von Karlsbad Es begann am schaft sowie den gesamten Geist der Stadt. tragen allerdings ein viel älteres Datum. Die 14. August 1370 Die Quellen faszinierten die Menschen und archäologischen Forschungen ergaben auf regten ihre Phantasie bereits seit den ältesten dem Gebiet der heutigen Stadt einige Sied- Die niedergeschriebene Geschichte der Zeiten an. Die Sage erzählt, daß die Karls- lungsfunde aus der Urzeit (Tašovice, Dvory, Sprudelstadt beginnt am 14. August 1370, bader Quellen in der Mitte des 14. Jahrhun- Drahovice). Aus der jüngeren Zeit wird der als Karl IV. dem bereits bestehenden Sied- derts durch den böhmischen König und rö- Aufenthalt der uralten Bewohner der Ge- lungsort Freiheiten und Rechte verlieh, wel- mischen Kaiser Karl IV. bei einer Hirschjagd gend aufgrund der Burgstätte in Drahovice che zu der Zeit die nahe Königsstadt Loket entdeckt wurden. Die Gründung der Kur- belegt, wo Leute in der späten Bronzezeit (Elbogen) genoß. Die privilegierte Sonder- stadt am Zusammenfluß von Ohre und Teplá lebten. Die slawische Besiedlung wird in der stellung Karlsbads als Kurbad wird auch während der Regierung Karls IV. erfolgte Nähe von Karlsbad belegt, z. B. in Tašovice durch viele an diese Stadt verliehenen Privi- sicher nicht rein zufällig, sondern es war ein und Sedlec. In der nächsten Umgebung des legien belegt, welche von den Herrschern Entwicklungsresultat für den längst bekann- späteren Karlsbads lebten Leute nachweis- Böhmens bis 1858 durchlaufend bestätigt ten Ort mit seiner Behandlungstradition. lich bereits im 13. Jahrhundert. Historiker wurden.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 94 ÖJ-Reisetip

Die Prosperität und Bauentwicklung des der Stadt zählte der gotische Turm der dama- Mit der wachsenden Besucherzahl wurde Kurbads wurden am Ende des 16. und an- ligen Jagdburg von Karl IV. auf dem Felsen das Karlsbader Bürgertum reicher und konn- fangs des 17. Jahrhunderts von zwei Natur- über dem Marktplatz. Das 18. Jahrhundert te durch die immer aufwändigeren Bauände- katastrophen unglückselig beeinflußt. Am brachte der Sprudelstadt lange Jahrzehnte rungen das Aussehen der Stadt verbessern. 9. Mai 1582 wurde Karlsbad von einer gros- von Blütezeit und Berühmtheit. Im Jahre Das Finanzieren dieser Änderungen wurde sen Überschwemmung betroffen und am 1707 bestätigte der Kaiser Josef I. für Karls- auch vom Ertrag aus der Kurtaxe geleistet, 13. August 1604 wurde die Stadt von einem bad alle Privilegien, wobei er es ausdrück- welche im Jahre 1795 eingeführt wurde. Im Brand völlig zerstört, bei welchem 99 von lich als eine erfreuende Königsstadt bezeich- Jahre 1762 wurde das Mühlenbad moderni- 102 Häusern niedergebrannt sind. Auch der nete. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- siert. Im Jahre 1777 wurde der moderne Dreißigjährige Krieg machte der Bevölke- derts freute sich Karlsbad über eine beson- Sprudelsaal errichtet, der die Behandlungs- rung schwer zu schaffen. Die schlechten Zei- dere Gunst der Habsburger, vor allem der prinzipien von Dr. David Becher widerspie- ten brachten einen drastischen Ausfall der Kaiserin Maria Theresia. Die loyalen Be- gelte, die das Trinken des Wassers direkt bei Kurbesucher mit sich, was dazu führte, daß ziehungen der Stadt zum Wiener Hof zeigten der Quelle betonte. Seit 1764 wurde in die Karlsbader sich nach anderen Einkom- sich positiv in den finanziellen Zuschüssen Karlsbad – ebenfalls nach dem Willen von mensmöglichkeiten umsehen mußten. So für die Bauentwicklung der Stadt sowie in Dr. Becher – das Sprudelsalz hergestellt und kam es im 17. Jahrhundert allmählich zur der Verbesserung ihrer Verwaltung. exportiert. Mit dem Geld für dessen Verkauf Entwicklung der typischen Karlsbader Hand- Die vielversprechende Entwicklung des wurde der Aufbau des neuen Theaters im werke wie Zinngießen, Büchsenmachen, Na- Kurbads in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- Jahre 1788 teilweise finanziert. delmachen und Messerschmieden. Zu einer derts wurde am 23. Mai 1759 durch einen Der Anfang des 19. Jahrhunderts brachte ausgeprägte Belebung des Kurlebens kam es katastrophalen Brand unterbrochen – der fol- Karlsbad einen weiteren Aufschwung der erst am Ende des 17. Jahrhunderts durch den gende Wiederaufbau der Stadt wurde plan- Kur. Nicht einmal die unruhigen Zeiten der Zustrom reicher adliger Besucher aus dem gemäß und großzügig durchgeführt. Anstelle Napoleonischen Kriege bedrohten die Pro- Kreis des sächsischen und später auch russi- der ursprünglichen fachwerkähnlichen Bau- sperität des Kurbades. schen und polnischen Herrscherhofs. Eine ten wurden Steinhäuser mit mehreren Stock- Das Kurbad war vor allem bei der große Werbung für Karlsbad waren zwei werken und mit reichen Stuckfassaden er- Aristokratie und bei bedeutender europäi- Kuraufenthalte des russischen Zaren Peter richtet, überdacht mit Mönchdächern und scher Gesellschaft beliebt des Großen in den Jahren 171l und 1712. sehr schmuckvoll. Die ursprünglichen Stadt- Die Gesellschaft, die im 18. und anfangs Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts be- tore, welche die Verbreitung der Stadt behin- des 19. Jahrhundert in Karlsbad zusammen- hielt Karlsbad den bedrängenden gotischen derten, wurden nicht mehr erneuert. In die traf, gewann immer mehr an internationalem Charakter mit Stadttoren und enger Bebau- erneuerte und ansehnliche Stadt kamen Charakter. Außer der Aristokratie kam auch ung um die Sprudel herum. Als Dominante immer mehr und mehr Kurgäste. sehr gerne die europäische kulturelle Elite zu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 95 ÖJ-Reisetip den Sprudeln. Die Besuche von ausgezeich- ihr heutiges architektonisches Aussehen, Sprudelstadt; er war das Ende der so genann- neten Persönlichkeiten sind das traditionelle welches ein ausdrucksvolles Siegel von His- ten mit dem Geist der österreichisch-ungari- Spezifikum Karlsbads; sie beeinflußten mar- torismus und Jugendstil trägt. Es entstand schen Monarchie verbundenen, guten alten kant die kulturelle Geschichte der Stadt. Von eigentlich bereits das vierte Karlsbad, dessen Zeiten. Der Krieg zerstörte das ganze Leben den bedeutendsten Besuchern an der Wende Schönheit man bis heute bewundern kann. Karlsbads, die katastrophale Versorgung be- des 18. und 19. Jahrhunderts nennen wir Die erste – gotische und renaissanceähnliche deutete auch für das privilegierte Kurbad Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Schiller, Stadt – ging durch einen Feuerbrand im Jah- Elend und Hunger. Nach Ende des Krieges Theodor Körner, Ludwig van Beethoven, re 1604 zugrunde. Das barocke Karlsbad wur- wurde das Karlsbader Kurleben zwar schnell Fryderyk Chopin und Nikola Paganini. de vom Feuerbrand im Jahre 1759 zerstört. erneuert, allerdings erreichte die Stadt nicht Nach 1860 begann sich im damals rein Die veralteten und kleinbürgerlich wir- mehr die gleiche Besucherzahlen wie vor deutschen Karlsbad eine kleine Gemeinde kenden Häuser im Rokoko-, klassizistischen, dem Krieg. Der Untergang Österreich-Un- von Tschechen zu bilden, die Arbeit in der Empire- und Biedermeierstil wurden im garns hatte natürlich auch Einfluß auf alle Stadt fanden und sich hier dauerhaft nieder- Rahmen des imposanten Umbaus der Stadt Kurbäder auf seinem ehemaligen Gebiet, ließen. Zu den Vertretern der tschechischen in den Jahren 1870-1900 allmählich nieder- d. h. auf Karlsbad. Nach der Entstehung der Minderheit in Karlsbad gehörte der im Jahre gerissen. An ihren Stellen entstanden moder- Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1881 gegründete Verein Slovanská beseda ne und komfortable eingerichtete Neubauten 1918 begann in ihrem Grenzgebiet eine (Slawischer Geselligkeitsverein). An der mit dem Charakter einer Großstadt, welche komplizierte Situation. Spitze wirkten im Laufe der 40er Jahre die Bedeutung der Stadt ostentativ verkün- ausgezeichnete tschechische Ärzte Emanuel deten, die mittlerweile zum berühmtesten Schwere Zeiten Engel, František Zatloukal, Vincenc Janatka Kurort Europas wurde. Die umfangreiche nach dem Krieg und Milan Mixa. Bautätigkeit erreichte ihren Höhepunkt vor dem I. Weltkrieg durch das Errichten des in- Auch Karlsbad blieb von der Weltwirt- Historisches und Jugendstil ternationalen Großhotels Imperial (1912). schaftskrise in den 30er Jahren nicht ver- mit einer Prise von Gotik Damals erreichte Karlsbad die höchste An- schont. Zu der Zeit stieg die Schuldenlast der zahl Kurgäste in seiner Geschichte. Bei- hiesigen Hotel- und Pensionsbesitzer stark Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts spielsweise im Jahre 191l wurden hier an. Besonders für kleine Unternehmer und war für Karlsbad eine Periode voll von um- 70.935 Kurgäste behandelt. Geschäftsleute hatte die Krise drastische fangreichen Bauarbeiten und Bauen moder- Der Erste Weltkrieg setzte einen Punkt Folgen. Die Stadt mußte sich beim Staat ver- ner Kurobjekte. Dieser Aufbau gab der Stadt hinter die steigende Entwicklungskurve der schulden, um zu überleben. Dann brach der

Die weltberühmte Mühlbrunn-Kolonade, wo Tag und Nacht das Heilwasser aus den Brunnen sprudelt

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 96 ÖJ-Reisetip

Zweite Weltkrieg aus. Der Betrieb des Kur- bades bestand zwar weiter, unterlag aber zahlreichen Beschränkungen. Die Jahre 1945/1946 brachten den deut- schen Bewohnern Karlsbads aufgrund des Potsdamer Abkommens die Vertreibung, d. h. Aussiedlung aus ihren Häusern. Gleich- zeitig mit der Aussiedlung der Deutschen erfolgte der komplizierte Prozeß der Be- siedlung des Grenzgebietes mit tschechischer Bevölkerung. Die Tschechen fanden hier all- mählich neue Heime. Im Zusammenhang mit der Vertreibung der Deutschen und der Einführung des kommunistischen Regimes nach 1948 wurden in den 50er und 60er Jahren in der Umgebung von Karlsbad, vor allem in den Berggebieten des Erzgebirges, Duppauer Gebirges und des Kaiserwaldes viele Dörfer und Sehenswürdigkeiten ver- wüstet und zerstört. Auch in der Kurstadt selbst erfolgten viele unüberlegte Abbrüche von Bausubstanz. Die Bauentwicklung Karlsbads zu Zeiten des sog. Aufbaus des Sozialismus (1948 bis 1989) zeigte sich vor allem in einem riesigen Wohnungsaufbau. Es entstanden neue Wohn- gebiete zuerst aus Ziegeln und später aus vor- gefertigten Paneelblöcken. Die historische Bausubstanz von Karlsbad wurde über die Jahrzehnte leider vernachlässigt, was oft einen kritischen Zustand einiger Objekte herbeiführte. Eine teilweise Verbesserung dieses Zustandes kam erst während neuer Wirtschafts- und Vermögensverhältnisse Einer der Sprudel, die mit unvorstellbarer Kraft aus den Tiefen der Erde drängen nach dem Jahre 1989. Die moderne Architektur wird in Karls- und die Sprudelkolonnade (1975) repräsen- auch die meisten Karlsbader Industriefirmen, bad durch das Sanatorium Thermal (1977) tiert. Eine große Modernisierung erlebten nach 1990 wurde eine Reihe von bedeuten- den historischen Objekten sowie Kurobjek- ten aufwendig renoviert, rekonstruiert oder durch Nachbildungen ersetzt.

Samtene Revolution Das Jahr 1989 wurde der Anfang einer neuen hoffnungsvollen Ära der freien Ent- wicklung der Kur, Kultur, des Fremdenver- kehrs sowie unternehmerischer Aktivitäten im Tal der Sprudel am Zusammenfluss von Teplá und Ohre. Das berühmteste Kurbad Karlsbad ist heute genauso wie in der Ver- gangenheit ein beliebter Treffpunkt sowohl für kranke als auch für gesunde Menschen aus der ganzen Welt. Die Internationalität von Karlsbad und das Renommee seiner Heilquellen geben starke Hoffnung, daß die Sprudelstadt auch im 21. Jahrhundert neben Prag der bekannteste und besuchteste Ort der Tschechischen Republik bleiben wird. „ Park-Kolonade im Sommer – eine nicht nur für Kurgäste einladende Atmosphäre http://www.karlovyvary650.cz

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 97 ÖJ-Reisetip Der Vorhang geht auf ... Grenzenlos wandern zwischen dem Mühlviertel und Südböhmen

Rast am Plöckensteiner See inmitten der bezaubernden Landschaft des Böhmerwaldes. Foto: OÖ Tourismus Erber

s ist ein unscheinbares Schild, das selt- voran das Thema Adalbert Stifter, der das Nationalpark Šumava, der sich vom Lipno- Esam verloren im Waldboden steckt. Fast wohl berühmteste Kind des Böhmerwalds See bis weit in den Norden zieht. Auf öster- achtlos steht da „Staatsgrenze“, der Bun- ist. Auf Stifters Wegen wandelt und wandert reichischer Seite bemüht sich das Stift desadler hält die rot-weiß-roten Farben hoch. man heute im Dreiländereck Österreich- Schlägl um naturnahe Waldbewirtschaftung Am anderen Ufer des munter plätschernden Deutschland-Tschechien. Wenn wir nach in standortgerechten Mischwäldern. Ein Bächleins steht ebenso majestätisch das langer Wanderung im Geburtsort Stifters, in weiteres Naturschutzgebiet befindet sich tschechische Pendant. Keine Menschenseele Horní Planá, angekommen sind, können wir aber wieder an der Grenze, weiter östlich weit und breit. Ist das die einst so streng im Lipno-See baden und uns im Schatten bereits im Mühlviertler Hügelland. Das Eu- bewachte Grenze? Man überquert einfach von Birkengruppen ein wenig wie in Skan- ropaschutzgebiet Maltsch in den Gemeinden eine Brücke und steht auf der anderen Seite, dinavien fühlen. Hier ist der Endpunkt des Leopoldschlag, Windhaag und Sandl ober- wo man ungehindert seines Weges geht. Der 46 Kilometer langen Adalbert-Stifer-Weges, halb von Freistadt ist Teil des Biotop- „Eiserne Vorhang“ ist längst gefallen, Tsche- der von Wegscheid in Deutschland über verbunds „Grünes Band Europa“. Mit zerti- chien ist seit Dezember 2007 Teil des Schen- Kollerschlag und Ulrichsberg bis ins ehema- fiziertem Natur- und Landschaftsführer oder genraumes. Nachdem hier niemand mehr lige Oberplan führt. auf eigene Faust durchstreift man das Gebiet sitzt und kontrolliert, fühlt sich das für den Die politische Situation Europas im ver- etwa am etwa 26 Kilometer langen, grenz- „Grenzgänger“ grenzenlos an. gangenen Jahrhundert hat aus dieser tsche- überschreitenden Erlebniswanderweg mit 15 Grenzübertrittsstellen gab es davor, chischen Grenzlandschaft eine besondere, Ausgangspunkt Windhaag. zwei Drittel davon waren für Wanderer und unberührte Landschaft gemacht, die es heute Freilich kann man sich der Region auch Radfahrer zugänglich. Sie waren auch erste zu entdecken gilt. Nach dem Fall des Eiser- kulinarisch nähern, die böhmische Küche ist Voraussetzung für die Entwicklung eines nen Vorhangs standen die Tschechen plötz- schließlich legendär. Vieles davon hat ja länderübergreifenden Wanderwegenetzes. lich vor einem ungeheuren ökologischen Re- auch in der österreichischen Küche Einzug Auf den neuen Routen wurden Themen aus servoir. 1991 erklärte man eine große „Por- gehalten, sodaß wir jetzt auch auf „unserer“ der Monarchie wieder aufgegriffen, allen tion“ des tschechischen Böhmerwaldes zum Seite der Grenze aus dem Vollen schöpfen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 98 ÖJ-Reisetip

Die Spezialitäten sind Knödel in allen Va- riationen vom Semmelknödel über wurst- oder speckgefüllte Erdäpfelknödel bis hin zum süßen Knödel. Die Rezepte werden noch heute innerhalb der Familie weiterge- geben, sie sind aus dem harten bäuerlichen Alltag entstanden: Schweinsbraten, Blunzen, Speck und Leberkäse lieferten den Wald- arbeitern die Energie, die sie brauchten – und heute eben uns hungrigen Wanderern. Buchteln und riesige, ungefüllte Bauern- krapfen verwöhnen die süße Seite des Gau- mens. Nicht wegzudenken aus der hiesigen Kulinarik ist das Bier. Es hat in dieser Re- gion den gleichen Stellenwert wie anderswo der Wein. Hopfen gedeiht schließlich vor- Foto: TV Mühlviertler Kernland trefflich im Böhmischen und Mühlviertleri- Auf Erkundungstour im Europaschutzgebiet Maltsch im Mühlviertler Kernland schen, auch das Wasser strömt in aller Rein- heit aus zahllosen Quellen. Im Stift Schlägl steht beispielsweise die letzte verbliebene Stiftsbrauerei Österreichs, internationalen Ruf besitzt das Budweiser aus Ceské Bude- jovice. Für unsere letzte grenzüberschreitende Wanderung kehren wir wieder zurück in den Böhmerwald. Der „Schwarzenbergische Schwemmkanal“ entstand in den Jahren 1789 bis 1824. Durch ein ausgeklügeltes hy- drotechnisches System von Stauweihern, Bächen, Schleusen und Durchlässen war es möglich, auf einem Gefälle von nur zwei Prozent Holz bis zur Großen Mühl zu triften, wo es auf Schiffe und Flösse verladen wur- de, die anschließend zur Donau und nach Wien führten. Heute wird der Kanal touri- stisch genützt: zahlreiche Radrouten und Wanderwege kreuzen und begleiten ihn auf Foto: OÖ Tourismus/Erber seiner ganzen Länge. Unterwegs in der geheimnisvollen und ursprünglichen Landschaft des Böhmerwaldes Wobei – und das ist noch so ein Punkt in dem sich Grenzwandern zwischen hüben und drüben von anderen Touren unterschei- det – die Wege hier ganz allgemein selten anstrengend sind. Der Böhmerwald und das Mühlviertler Hügelland bieten dem anson- sten so schroff-alpinen Österreich sanft Pa- roli. Statt angestrengt zu schnaufen, atmet man entspannt durch und hat die Muße, sich an den Details zu erfreuen. Stifter muß es ähnlich gegangen sein: „Wir haben einen sehr schönen Teil des Landes, in dem wir woh- nen. Die Bäche rinnen von den Bergen, und sind so klar wie das Licht, das auf sie nieder- scheint … und die Luft ist lieblich und segensbringend.“ „ Wander-Informationen finden Sie unter http://www.wandern.at – über verschiedere touristische Angebote informiert das umfang- reiche Webangebot von Oberösterreich Tou- Foto: OÖ Tourismus/Röbl rismus unter http://www.oberoesterreich.at Im Genußland Oberösterreich kommen besondere regionale Schmankerl den Tisch

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 59 / 18. 04. 2008 99 ÖJ-Reisetip Expedition ins Hoamatland Auf der Suche nach dem oberösterreichischen Geschmack.

Von Georg Friedl.

s gibt schöne Dinge, die jeder leicht Ehaben kann, nur bücken muß er sich danach.“ Gleich Adalbert Stifters Aussage beschlossen wir drei (Musketiere), obwohl wir in Oberösterreich leben, einige Urlaubs- tage in unserem „Hoamatland“ zu verbrin- gen. Lebensart, Traditionen, heimische Produ- zenten mit frischen Produkten, deren Her- kunft nachverfolgbar ist und regionale Küche, dafür steht das Genußland Oberöster- reich. Vielfältig ist das Angebot, sowohl kul- turell, sportlich als auch kulinarisch. So sind die Tage schnell geplant und bieten ein ab- wechslungsreiches Programm. Unsere Räder gesattelt und los geht’s durch die fruchtbaren Felder des Alpenvor- lands immer dem Anton Bruckner Radweg folgend, verweilen in Ansfelden, dem Ge- burtsort Bruckners, und radeln bis zum Stift St. Florian zu seiner Grabstätte. Wir haben das Glück, in der herrlichen Stiftskirche die Herzhaft gefüllte Innviertler Knödel als runde Köstlichkeiten Brucknerorgel zu hören. Es verlockt uns, einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen, der Obstbaumblüte verwandeln sich die dessäure erfahren. Noch ein Abstecher zu um den Gemüsehof Wild-Obermayer zu be- Hügel in ein Blütenmeer, die Landschaft ist einem der Eferdinger Gemüsedirektver- suchen. Der Gemüseanbau ist deren Lei- verzaubert. Über den Höhenrücken von markter. Der Bauernhofladen Haiß vermark- denschaft und das sehen wir bei der Auswahl Scharten, der einen lieblichen Blick ins tet nicht nur Gemüse und Obst aus Eigen- der Pflanzen. Erstaunlich, wie viele Gemüse- Edelobstland bietet, führt der Weg weiter anbau sondern führt auch Lebensmittel bäu- sorten hier gedeihen. Alte Sorten werden Richtung St. Marienkirchen, wo wir im erlicher Herstellung aus der unmittelbaren kultiviert und das ist schmeckbar besser. Der Mostmuseum Wissenswertes über die Lan- Umgebung. Wenn man Glück hat bekommt Heimweg führt bei Wurm & Wurm, einem Direktvermarkter vorbei, wo wir frischen spritzigen Birnenschaumwein kosten. Die im Haus integrierte Hoffleischerei stellt auch eine herzhafte Leberpastete her. Bruckners Leibspeise, der Oafisch, ein pochiertes Ei, ist leider längst von den Speisenkarten ver- schwunden, daher müssen wir uns diese Spe- zialität selbst kochen. Ein wahrer Hoch- genuß mit frischem Brot, Bauernbutter und Schnittlauch. Tags darauf führt unser Weg ins „Schnapsbermudadreieck“ rund um den Axberg. Weithin bekannt und immer eine Versuchung wert die Brände vom Reiset- bauer, Schosser und die Biodestillate vom Hochmaier. Rund um die Betriebe gibt es genug Obstbäume, die eine hochqualitative Basis für die Brände liefern. Das Speiseobst und die naturbelassenen Säfte aus der Ge- Schnapsverkostung beim international ausgezeichneten Branderzeuger Reisetbauer gend schmecken einfach frischer. Zur Zeit in Axberg. Beide Fotos: OÖ. Tourismsus/Röbl

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schem Camembert messen kann. Eine ehrli- che Innviertler Küche bietet der Küchen- rebell Gössnitzer in Eggelsberg. Leiden- schaftlich wettert er gegen die Vereinheitli- chung des Geschmacks, und er hat Recht. Immer undurchschaubarer wird, woher die Lebensmittel kommen und wie diese behan- delt wurden. Da heißt es genau schauen und vor allem schmecken, aber zum Glück leben wir im Genußland Oberösterreich und kön- nen viele Produkte unverfälscht direkt beim Produzenten beziehen. Die Fritattensuppe, Saure Suppe, Bries und Rehbeuscherl erin- nern an eine Küche aus Kindheitstagen. Eine Wohltat fernab des Einheitsgeschmacks. Wer die Innviertler Knödelvielfalt ken- nen lernen möchte, der ist beim Moar Sepp am besten aufgehoben. Erwähnenswert ist noch die Bio-Noah Farm, in der alte Tier- rassen gezüchtet und somit erhalten werden. Der Speck dieser alten Schweinerasse

Foto: OÖ. Tourismus/Friedl schmeckt unwiderstehlich. Noch ein paar Der Most, Oberösterreichs ebenso süffige wie fruchtige »Landessäure« frische Grammeln für Knödel mitgenom- men, denn der Geschmack Oberösterreichs man frische Krapfen als Stärkung. Der und a g‘schmackig‘s Natursaftl“. Bäuerlich, sollte bei uns auch im Alltag erhalten bleiben Ausblick der nahegelegenen Burg Stauf am ländliche Kost in Vollendung. und Sehnsüchte nach weiteren kulinarischen Beginn des Aschachtales ist beeindruckend. Nach Wanderung, Radfahrt, kulinari- Genüssen Oberösterreichs wecken. Das fruchtbare Eferdinger Becken liegt schem und kulturellem Genuß entspannen Autor Georg Friedl erkochte für renom- einem zu Füßen, Blickrichtung Norden das wir uns in einer der oberösterreichischen mierte Restaurants in Oberösterreich Hau- Mühlviertler Hügelland, welches wir in den Thermen und lassen unsere müden Knochen ben, ist begeisterter Verfechter der regiona- nächsten Tagen erkunden. im warmen Wasser erholen. Nahe Geinberg len und saisonalen Küche sowie mit der Ein merk-würdiger Landstrich, die sanf- lockt die kleine Schaukäserei Pranz, die un- Kreativen Kochwerkstatt „mühlvierteln“ ten Hügel nördlich der Donau. In Stifters bedingt eine Besichtigung wert ist. Aus Kuh, Erhalter kulinarischen Kulturgutes. „ Heimat, dem Böhmerwald, bestaunen wir Schaf und Ziegenmilch wird hier Käse http://www.genussland.at den Schwarzenbergschen Schwemmkanal. erzeugt, der sich durchaus mit französi- http://www.wandern.at Eine Pionierleistung des 18. Jahrhunderts, die Wasserscheide zu überwinden und das Holz von Böhmen nach Wien zu schwem- men. Nach einem Schauschwemmen stärken wir uns unweit der Grenze beim „Blauen Hirschen“ mit Mühlviertler Speck und Stifterbier, eine Spezialität der Stiftsbrauerei Schlägl. Auf den Geschmack gekommen be- suchen wir die älteste Brauerei Österreichs: Hofstetten in St. Martin. Hier werden hervor- ragende Hopfensäfte wie Granit-, Honig-, Kübel- oder Kürbisbier gebraut. Zudem hat hier das „mühlvierteln“ vorübergehend seine Bleibe gefunden. In dieser „kreativen Koch- werkstatt“ wird regionale, saisonale Küche kompromisslos gelebt. Als ergiebige Quelle dienen die Rezepte der Vorälteren, die ver- feinert werden. Somit wird altes kulinari- sches Kulturgut erhalten. Eine Bierreise wer- den wir zu einem anderen Zeitpunkt nachho- len, denn wir wollen noch zum Schlagerwirt, hier wird mittags ein Holzofenbrat‘l, wie‘s sich g‘hört, aufgetischt: „Herzhaft, a knu- Foto: Schlagerwirt spriges Schwartl, warmer Krautsalat a Knedl Hausmannskost auf oberösterreichisch - das traditionelle Bratl in der Rein

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