Molekulare Systematik der Gattung (Chenopodiaceae) und

Evolution des C4-Photosynthesesyndroms

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines

Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

im Fachbereich Naturwissenschaften der Universität Kassel

vorgelegt von:

Peter Wolfram Schütze

aus

Halle/Saale

Kassel, November 2008

Betreuer: Prof. Dr. Kurt Weising,

Prüfungskommission: Prof. Dr. Kurt Weising (1. Gutachter) Prof. Dr. Helmut Freitag (2. Gutachter) Prof. Dr. Ewald Langer (Beisitzer) Dr. Frank Blattner (Beisitzer)

Tag der mündlichen Prüfung: 17. Februar 2009

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ...... 5 1.1. Vorbemerkungen...... 5 1.2. Charakteristik der ...... 6 1.2.1. Systematischer Überblick...... 6 1.2.2. Biologie, Klassifikationsmerkmale und Verbreitung der Sippen...... 9 1.2.3. Besonderheiten im Photosyntheseweg...... 12 1.2.4. Evolutionäre Trends innerhalb der Suaedoideae...... 14 1.2.5. Theorien zur Sippenevolution - eine Synthese ...... 16 1.3. Themenentwicklung und Stand der Forschung ...... 18 2. Material und Methoden ...... 22 2.1. Systematische Methoden und Prinzipien...... 22 2.1.1. Organismenbezogene Methoden...... 22 2.1.2. Molekülbasierte Methoden ...... 22 2.2. Pflanzenmaterial, Kulturversuche ...... 25 2.2.1. Auswahl der Arten ...... 25 2.2.2. Aufsammlung, Kulturversuche und Materialkonservierung...... 25 2.3. Gewinnung molekularer Merkmale ...... 27 2.3.1. DNA-Isolation ...... 27 2.3.2. Gelelektrophorese ...... 28 2.3.3. DNA-Regionen und Primer...... 29 2.3.4. PCR-Methodik ...... 32 2.3.5. DNA-Sequenzierung ...... 34 2.4. Auswertung der molekularen Daten...... 36 2.4.1. Datenauswahl...... 36 2.4.2. Sequenz-Alignment ...... 36 2.4.3. Phylogenetische Berechnungsverfahren ...... 38 2.4.4. Molekulare Uhr und Zeitdatierung...... 45 2.4.5. Test- und Überprüfungsverfahren ...... 47 2.5. Bewertung morphologischer Merkmale ...... 49 3. Ergebnisse...... 51 3.1. Ausprägung und Variabilität der molekularen Merkmale...... 51 3.1.1. DNA-Isolation, Amplifikation und Sequenzierung ...... 51 3.1.2. Strukturmerkmale der untersuchten DNA-Regionen ...... 52 3.2. Phylogenetische Rekonstruktion...... 55 3.2.1 Stellung der Suaedoideae innerhalb der Chenopodiaceae ...... 55 3.2.2. ITS-Phylogenie der Suaedoideae ...... 59 3.2.3. Chloroplasten-Phylogenie der Suaedoideae ...... 68 3.2.4. Phylogenie und Diversität der Sektion Brezia...... 75 3.3. Altersdatierung und Molekulare Uhr ...... 81

3.4. Evolution von C4-Photosynthese und Blatttypen ...... 87 3.5. Merkmalsentwicklung anhand molekularer Phylogenien...... 93

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Inhaltsverzeichnis

4. Diskussion ...... 97 4.1. Qualität, Aussagekraft und Grenzen der Daten und Methoden...... 97 4.1.1. Auswahl und Umfang der Sippen...... 97 4.1.2. Vergleichende DNA-Sequenzierung ...... 98 4.1.3. Phylogenetische Rekonstruktionsverfahren und Datierungsmethoden ...... 99 4.2. Inter- und intraspezifische Variabilität...... 100 4.3. Phylogenie und Artbildung innerhalb der Suaedoideae ...... 101 4.3.1. Molekulare Evolution ...... 101 4.3.2. Radiation, Gruppenbildung und Speziation...... 103 4.3.3. Hybridisierung und Polyploidisierung ...... 104 4.4. Merkmalsentwicklung innerhalb der Suaedoideae ...... 107 4.4.1. Systematisch relevante Merkmale und ihre Evolution ...... 107

4.4.2 Evolution der C4-Photosynthese ...... 111 4.5. Ableitung systematischer Einheiten...... 111 4.5.1. Position und Gliederung der Suaedoideae ...... 111 4.5.2. Arten und systematische Gruppen in der Gattung Suaeda ...... 112 4.5.2.1. Brezia-Gruppe ...... 112 4.5.2.2. Schoberia-Gruppe inkl. Alexandra lehmannii...... 113 4.5.2.3. Fruticosa-Gruppe ...... 113 4.5.2.4. Physophora-Gruppe...... 113 4.5.2.5. Suaeda-Gruppe...... 114 4.5.2.6. Schanginia-Gruppe mit Borszczowia aralocaspica...... 114 4.5.2.7. Suaeda glauca ...... 114 4.5.2.8. ...... 114 4.6. Vorschläge zur Neugliederung der Suaedoideae ...... 115 5. Zusammenfassung ...... 118 6. Literaturverzeichnis...... 121 Anhang ...... 131 Anhang 1 Abbildungsverzeichnis...... 131 Anhang 2 Tabellenverzeichnis...... 132 Anhang 3 Abkürzungsverzeichnis: ...... 133 Anhang 4 Verzeichnis der Chemikalien, Lösungen und Reaktionskits ...... 134 Anhang 5 Materialtabelle ...... 135 Anhang 6 Zusätzliche Stammbäume der phylogenetischen Rekonstruktion ...... 145 Danksagung...... 154 Selbständigkeitserklärung...... 155

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Einleitung

1. Einleitung 1.1. Vorbemerkungen

Pflanzen verfügen über ausgeprägte und hoch differenzierte Anpassungen an ihre Umweltbedingungen. Die Anpassungen der Pflanzen, letztendlich ihre unterschiedliche Morphologie und Lebensweise, sind das Ergebnis lang andauernder Adaption an Umwelteinflüsse durch die fortschreitende Auslese optimaler Typen. Aufgabe systematischer Forschung an Organismen ist zum einen die Beschreibung der historischen und rezenten Vielfalt, zum anderen die Ergründung der Entwicklungswege zur heutigen Diversität. Systematik ordnet die Vielfalt und stellt Kategorien und Systeme auf. Dabei ist aber die wichtigste Kategorie - diejenige der Art - heute umstrittener denn je. Anders ist es kaum zu erklären, dass eine Vielzahl von Vorstellungen über den Begriff der Art existiert, die den Anspruch des Universellen erheben, aber dennoch oft die Prägung des Bearbeiters erkennen lassen. Wie die Untersuchungsobjekte unterliegt dabei auch ihre Wissenschaft einer ständigen Entwicklung und ist abhängig vom Stand der technischen Entwicklung und in nicht geringem Maße von herrschenden gesellschaftlichen Denkmodellen. Standen in früherer Zeit statische Modelle bereit, die die Natur als etwas Unveränderliches, Ewiges erklärten, so hat sich gegenwärtig das dynamische, die Evolution berücksichtigende Modell als Denkrichtung durchgesetzt. Die systematische Forschung an Organismen hat mittlerweile durch die technischen Entwicklungen einen Stand erreicht, der wesentlich tiefere Einblicke in die Entwicklung der Sippen erlaubt. Möglich wurde dies durch Einbeziehung von molekularen Merkmalen der Desoxy-Ribonukleinsäure (DNA), die als Erbinformationsträger eine mit dem äußeren Erscheinungsbild des Organismus nur bedingt korrelierte eigene evolutionäre Geschichte besitzt. Da davon ausgegangen wird, dass dieser evolutionäre Prozess nach modellierbaren Kriterien abläuft und aus der Analyse des rezenten Diversitätsspektrums rekonstruiert werden kann, steht der evolutionsbiologisch ausgerichteten systematischen Forschung ein weiteres, für bestimmte Fragestellungen sogar entscheidendes Mittel zur Verfügung. Mit Einführung der molekularsystematischen Methoden wurden bisher gültige Systeme grundlegend verändert. Als Beispiel dafür soll die Neugliederung der Angiospermen basierend auf DNA-Merkmalen angeführt werden (Chase et al. 1993, The Angiosperm Phylogeny Group 2003). Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Phylogenie, Systematik und Merkmalsentwicklung der zur Familie der Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) gehörenden Gattung Suaeda sowie ihren unmittelbaren Verwandten. Wie kaum eine andere Pflanzengruppe haben es die Vertreter dieses Verwandtschaftskreises geschafft, extreme und für normales Pflanzenwachstum kaum geeignete Lebensräume zu besiedeln. Dies sind vor allem Habitate mit hohen Ionenkonzentrationen im Boden (Salzstandorte), extremen täglichen und jährlichen Temperaturschwankungen sowie hoher Strahlungsintensität. Diese Habitate finden sich vor allem in den primär waldfreien kontinentalen Trockengebieten sowie entlang von Meeresküsten. In Anpassung an diese extremen Lebensbedingungen wurde eine Vielzahl von physiologischen und anatomischen Besonderheiten entwickelt, so z. B. effektive Mechanismen zur Regulation des Ionenhaushalts in der Pflanze, Minimierung der Blattflächen und Zunahme des Sukkulenzgrades sowie Modifikationen der

Photosynthese (C4-Weg mit mannigfaltigen blattanatomischen Typen).

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Einleitung

Im Gegensatz zu der starken anatomischen Differenzierung im Blattbereich steht eine auffallende Merkmalsarmut und Uniformität im äußeren Erscheinungsbild der Gattung Suaeda. Dies ist eine der hauptsächlichen Ursachen dafür, dass bis heute kein praktikables taxonomisches Konzept für die gesamte Gruppe vorliegt und die tatsächliche Artenzahl nicht bekannt ist. Unter den genannten äußeren Einflüssen setzt sich offenbar ein optimierter Morphotyp durch, von dem wenig Abweichungen toleriert werden. Einige der morphologischen Merkmale weisen aber in Abhängigkeit von Standortsfaktoren eine hohe intraspezifische Plastizität auf. Suaeda und die verwandten Taxa gelten daher als taxonomisch sehr schwierige Gruppe, die in den meisten Monographien und Florenwerken sowie in der geobotanischen Literatur nicht korrekt dargestellt ist. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit besteht daher in der Aufklärung von Status und Abgrenzung der Arten einschließlich ihrer systematischen und phylogenetischen Beziehungen, der Nachzeichnung wichtiger Ereignisse in der Sippenbildung im Kontext zu erdgeschichtlichen Ereignissen sowie der stammesgeschichtlichen Ableitung wichtiger Merkmale. Sie bildet damit eine der Grundlagen für die zukünftige Darstellung in Florenwerken sowie für eine Gesamtrevision der Gattung Suaeda. Erstmalig werden molekularsystematische Methoden in dieser Gruppe etabliert und angewandt.

1.2. Charakteristik der Suaedoideae 1.2.1. Systematischer Überblick Die Gattung Suaeda in der aktuellen taxonomischen Auffassung umfasst weltweit ungefähr 100 Arten (Iljin 1936b, Kühn et al. 1993, Schenk & Ferren 2001) und wurde in der Vergangenheit in bis zu neun Sektionen eingeteilt (Moquin-Tandon 1840, Volkens 1894, Ulbrich 1934, Iljin 1936a, Tzvelev 1993, Schenk & Ferren 2001). Nach Ulbrich (1934) gehört Suaeda innerhalb der Chenopodiaceae zu der Unterfamilie der Suaedoideae und darin zur Tribus Suaedeae. Zu dieser Tribus wurden noch die monotypischen Gattungen Hypocylix, Helicilla, Brezia, Alexandra und Calvelia gestellt. Die zweite Tribus der Unterfamilie enthält die beiden monotypischen Gattungen Borszczowia und Bienertia. Nach der letzten zusammenfassenden Arbeit von Kühn et al. (1993) wird die gesamte Gruppe mit einer Vielzahl weiterer Gattungen zur Unterfamilie der Salsoloideae vereinigt und darin als Tribus Suaedeae geführt, die neben Suaeda nur noch die Arten Alexandra lehmannii, Borszczowia aralocaspica und Bienertia cycloptera als Vertreter der jeweils monotypischen Gattungen enthält. Brezia heterophylla, Helicilla altissima und Calvelia pterantha werden heute zu Suaeda, Hypocylix kerneri zu Salsola gerechnet. Die enge Zuordnung der Suaedoideae zu den Salsoloideae stützt sich vor allem auf Embryomerkmale. Auf der Form des Embryos beruhte die lange Zeit gültige Unterteilung der Chenopodiaceae in Spirolobeae (spiralig aufgerollter Embryo) und Cyclolobeae (ring- oder hufeisenförmiger Embryo). Damit gehörten die Salicornioideae als Cyclolobeae nicht in die unmittelbare Verwandtschaft der Suaedoideae. Bereits Ulbrich (1934) zweifelt aber die Gültigkeit dieser Unterteilung an und auch die aktuellen molekularphylogenetischen Untersuchungen an den Chenopodiaceae/ durch Kadereit et al. (2003) relativieren die Bedeutung der Embryomerkmale für die Großsystematik. Die molekularen Stammbäume auf Basis des rbcL-Gens sprechen für eine nahe Verwandtschaft der Suaedoideae mit den Salicornioideae. 6

Einleitung

Abb. 1: Übersicht über die Entwicklung der Taxonomie der Gattung Suaeda. (aus Schenk & Ferren 2001); „this study“ bedeutet die Gliederung in der zitierten Arbeit

Suaeda nach heutiger taxonomischer Auffassung wurde in der Vergangenheit in mehrere Gattungen unterteilt, deren Abgrenzung jedoch stets Gegenstand kontroverser Diskussion war und deren unterschiedliche Systeme zueinander nicht kompatibel waren. Schenk & Ferren (2001) geben eine detaillierte Übersicht zur Entwicklung der taxonomischen Vorstellungen der Gruppe. Die Übersicht wird in Abb. 1 unverändert wiedergegeben. Die frühen Einteilungen (Meyer 1829, Moquin-Tandon 1831, 1840) basierten vor allem auf der Position des Samens in der Frucht sowie Perianthmerkmalen. Die Gattung Schoberia bei Meyer (1829) enthält Arten mit horizontalen, die Gattung Schanginia solche mit vertikalen Samen. Spätere Gliederungen bezogen Merkmale des Perianths ein, was unter anderem zur Aufstellung der monotypischen Gattung Brezia mit der Art B. heterophylla führte (Volkens 1892). Diese Merkmale finden auch bei der Gliederung von Suaeda in Ulbrich (1934) Berücksichtigung, die insgesamt vier Sektionen akzeptiert, fast alle Arten jedoch mehr oder weniger zwei Sektionen zuteilt (I und II): I. Sekt. Salsina (vertikale Samen), II. Sekt. Schoberia (horizontale Samen), III. Sektion Schanginia (Verwachsung von Perianth und Ovar), IV. Sekt. Sevada, wird heute zu den Salsoleae gerechnet (Kühn et al. 2003). Die gegenwärtige Gliederung geht auf M. M. Iljin zurück, der verwandte Gruppen innerhalb von Suaeda erstmals anhand der Pistillmerkmale definierte (Iljin 1936a) und 7 Sektionen unterschied: Schanginia, Platystigma, Physophora, Heterosperma, Lachnostigma, Conosperma und Limbogermen. Obwohl in einigen Aspekten überholt, bildet diese Gliederung die Grundlage für alle nachfolgenden Arbeiten. Anhand von Verwachsungen von Ovar und Perianth wurde S. aegyptiaca durch Townsend (1980) als eigene Sektion Immersa abgetrennt. Eine der letzten systematischen Arbeiten stammt von Tzvelev (1993), die auf ältere Einteilungen zurückgreift und z.T. fragwürdige Umgruppierungen bestehender Sektionen vornimmt. So werden z.B. die von Iljin aufgestellten Sektionen Conosperma (=

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Einleitung

Schoberia) und Heterosperma (= Brezia) zu einer gemeinsamen Sektion (Schoberia) vereinigt und anhand von Merkmalen des Teilblütenstandes die monotypische Sektion Macrosuaeda mit der Art S. altissima unterschieden. Schenk & Ferren (2001) diskutieren ausführlich die Benennungsgeschichte der Gruppe und stellen eine erweiterte Gliederung der Gattung Suaeda vor. Basierend auf morphologischen Merkmalen werden demnach 9 Sektionen akzeptiert, die früher teilweise als separate Gattungen geführt wurden. Die aktuelle Gliederung basiert im wesentlichen auf dem System von Iljin, berücksichtigt aber auch neuere Untersuchungen besonders zu C4-Photosynthese und Blattanatomie, da sich diese Merkmale als hoch spezifisch erwiesen haben (s. Kap. 1.2.3.). Für einige Sektionen wird die Typussippe festgelegt. Folgende Sektionen werden aufgestellt:

Suaeda sect. Brezia (Moq.) Volk.; - Typus: Suaeda heterophylla (Kar. & Kir.) Bunge repräsentative Arten: S. australis, S. calceoliformis, S. corniculata, S. esteroa, S. heterophylla, S. heteroptera, S. japonica, S. linearis, S. maritima, S. mexicana, S. occidentalis, S. olufsenii, S. patagonica, S. prostrata, S. przevalskyi, S. puertopenascoa, S. rolandii

Suaeda sect. Immersa Townsend; - Typus: Suaeda aegyptiaca (Hasselq.) Zoh. einzige Art: S. aegyptiaca als weitere Sippe könnte S. arcuata zu dieser Sektion gehören

Suaeda sect. Limbogermen Iljin; - Typus Suaeda taxifolia Standl. repräsentative Arten: S. argentinensis, S. californica, S. conferta, S. divaricata, S. foliosa, S. nigra, S. palmeri, S. tampicensis, S. taxifolia

Suaeda sect. Macrosuaeda Tzvelev; - Typus: Suaeda altissima (L.) Pall. einzige Art: S. altissima

Suaeda sect. Physophora Iljin; - Typus Suaeda physophora Pall. einzige Art: S. physophora

Suaeda sect. Salsina Moq.; - Typus: Suaeda vermiculata Forssk ex J. F. Gmel. repräsentative Arten: S. vermiculata, S. monoica, S. fruticosa, S. moschata, S. pruinosa, S. monodiana, S. nudiflora

Suaeda sect. Schanginia (C. A. Mey.) Volk.; - Typus: Suaeda linifolia Pall. repräsentative Arten: S. linifolia, S. glauca, S. paradoxa

Suaeda sect. Schoberia (C. A. Mey.) Volk.; - Typus Schoberia acuminata C. A. Mey. repräsentative Arten: S. microsperma, S. acuminata, S. baccifera, S. carnosissima, S. splendens

Suaeda sect. Suaeda; Typus: Suaeda vera Forssk. ex J. F. Gmelin einzige Art: S. vera

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Einleitung

Die artenreichste Sektion, gleichzeitig aber auch diejenige mit den größten taxonomischen Unklarheiten, ist Brezia. Zu dieser Sektion gehören die taxonomisch kritischen Taxa S. maritima, S. salsa, S. prostrata und S. corniculata. Aktuelle zusammenfassende Darstellungen der gesamten Gattung existieren nicht. Von mehreren Sippen ist die Sektionszugehörigkeit bisher ungeklärt (S. palaestina, S. ifniensis, S. arbusculoides etc.). Die einzige bisher publizierte Revision der Gattung Suaeda liegt über 150 Jahre zurück (Moquin-Tandon 1840).

1.2.2. Biologie, Klassifikationsmerkmale und Verbreitung der Sippen

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Abb.. 2: Suaedoideae, Habitate und Wuchsformen. 1 Suaeda heteroptera, Bestand nahe Dauria (Russland); 2 S. spicata: Mittelmeerküste nahe Ebro-Delta (Spanien); 3 Bienertia cycloptera: Sproßabschnitt mit Früchten (Phot. H. Akhani); 4 Suaeda heterophylla: oberer Teil eines Sprosses; 5 Suaeda vera (frischgrün) und S. mollis (graugrün), Phot. H. Freitag, Kanaren

Die Suaedoideae vereinen einjährige Kräuter, Zwergsträucher oder kleine Bäume (S. monoica). Ausdauernde Sippen sind stets verholzt und immergrün, einjährige krautig und nur gelegentlich an der Stängelbasis verholzt. Die Art der Verholzung unterscheidet sich zwischen unterschiedlichen Gruppen. Hoch entwickelte, ausdifferenzierte Verholzung findet sich bei den strauchigen Sippen der Sektionen Salsina und Limbogermen, (bei S. monoica Differenzierung in Kern- und Splintholz), viel

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Einleitung weniger entwickelt und meist auf den basalen Teil der Sprossachse beschränkt ist sie bei den verholzten Sippen der Sektion Brezia. Die Sprosse sind oft in mehreren Ordnungen verzweigt und tragen im apikalen Teil zahlreiche Blütenstände. Äußerlich sehr einfach gebaut sind die ungeteilten, linealischen, zylindrischen oder halbzylindrischen Blätter. Sie gehören zum äquifazialen Typ, in dem das Mesophyll zylinderartig um das Leitbündelsystem angeordnet ist. Die anatomische Differenzierung ist eng mit den verschiedenen Photosynthesewegen verknüpft (s. Kap. 1.2.3). Ihre Anordnung am Spross ist im Gegensatz zu vielen Salicornioideae stets wechselständig. Im Bereich des Blütenstandes sind sie meist verkürzt, morphologisch aber nicht grundsätzlich von den Laubblättern des Stängels verschieden. Die Blüten stehen zu je 3-5(-20) in blattachselständigen cymösen Teilblütenständen, die nach Ulbrich (1934) Schraubel sind. Die Beurteilung ist jedoch schwierig, da die Blütenstandsachsen mit Ausnahme weniger Arten (S. altissima) so stark verkürzt sind, dass sie praktisch nicht sichtbar sind. Dennoch wird der Charakter als Blütenstand an den stets vorhandenen Bracteolen deutlich. Suaeda besitzt trockenhäutige, Bienertia krautige Bracteolen, ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu den Salicornioideae, die über keine Bracteolen verfügen. Als Besonderheit sind die Blütenstandsachsen im Falle von S. altissima und einigen weiteren Sippen teilweise mit dem Stiel des Tragblattes verwachsen (partielle Recaulescenz). Mit diesem Merkmal wurde unter anderem die Sektion Schanginia von Iljin (1936a) definiert. Die Blüten sind klein und unscheinbar und besitzen keinerlei Schau- oder andere Attraktionseinrichtungen für Insekten. Die Blütenhülle ist ein einfaches, fünfteiliges, grünes Perianth. Die Perianthzipfel sind entweder gerundet oder gekielt und gelegentlich mit flügelartigen Strukturen, apikalen oder basalen Auswüchsen versehen, was sich besonders deutlich an der Frucht zeigt. Form und Verwachsungsgrad der Perianthzipfel untereinander als auch mit dem Ovar sind sippenspezifisch und von hoher taxonomischer Relevanz. Markante horizontale Flügel haben beispielsweise Suaeda heterophylla und Bienertia cycloptera, bei Bienertia sind die einzelnen Segmente zu einem mehr oder weniger geschlossenen Ring verwachsen. Auffallende basale Flügel besitzen S. heteroptera und S. kulundensis. Durch zugespitzte und manchmal hornartig verlängerte Perianthzipfel sind S. corniculata, S. pannonica, S. tschujensis und S. patagonica charakterisiert. Aufgrund der Förderung des Größenwachstums eines Perianthzipfels erscheinen die Blüten oft stark asymmetrisch, dies charakterisiert vor allem S. corniculata. Vertikale Flügel, allerdings meist nur auf zwei der fünf Tepalen, kommen bei Alexandra lehmannii und Suaeda pterantha (= Calvelia p.) vor. Die Perianthzipfel sind meist frei, selten untereinander verwachsen (S. linifolia, S. paradoxa). Verwachsungen von Perianth und Ovar kennzeichnen auch Suaeda aegyptiaca, S. arcuata, Bienertia und Borszczowia aralocaspica. Das Ovar ist rundlich bis eiförmig, kegelförmig oder auch flaschenförmig gestreckt, bei einigen Sippen an der Spitze eingebuchtet und trägt 2-3 Narben. Selten sind die Narben verbreitert und dadurch undeutlich getrennt (S. vera). Ein echter Griffel ist nicht ausgebildet. Anzahl und Form der Narben sowie ihre Insertion im Ovar sind wichtige gruppengliedernde Merkmale und wurden von Iljin (1936a) zur Sektionsgliederung verwendet. Jede Blüte entwickelt nur einen Samen. Die Testa ist bei normal ausgebildeten Samen verhärtet, schwarz gefärbt und bei einigen Arten mit sehr charakteristischer Netzzeichnung versehen. Eine Besonderheit, die bei sehr vielen Arten auftreten kann, ist die Heteromorphie der Samen.

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Einleitung

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Abb. 3: Suaeda, Blüten- und Samenmerkmale. 1 S. altissima, Teilblütenstand mit verlängerten Blütenstandsachsen; 2 S. eltonica: Teilblütenstände mit trockenhäutigen Bracteolen; 3 S. corniculata: Samen mit Oberflächenskulpturierung (Phot M. Lomonosova); 4 S. kulundensis: Perianth mit basalen Flügeln; 5 S. corniculata: asymmetrisches Perianth mit einem vergrößerten Tepalum ; 6 S.maritima: einfaches Perianth

Neben hartschaligen Samen kommen, oft auf der gleichen Pflanze, dünnschalige, wesentlich größere Samen mit grünem Embryo vor. Samengröße und Zeichnung der Samenschale sind systematisch bedeutsame Merkmale. Die Suaedoideae sind weltweit verbreitet mit Häufung in den temperaten Zonen, fehlen jedoch in der borealen, arktischen und antarktischen Florenzone. Suaeda als artenreichste Gattung der Unterfamilie besitzt auch das größte Gesamtareal. Das rezente Diversitätszentrum der gesamten Gruppe befindet sich in einem Gebiet zwischen Mittelmeerraum und Zentralasien. Als Hygrohalophyten besiedeln alle Arten salzhaltige Standorte entlang der Meeresküsten und im Binnenland, sind dort jedoch auf zumindest periodische Vernässung angewiesen. Sie können in Bereiche vordringen die nur von wenigen, hochspezialisierten Pflanzenarten besiedelt werden und haben bedeutenden Anteil an der halophytischen Vegetation natürlich waldfreier, wechsel- oder dauernasser Standorte. Chorologische Daten liegen bisher nur in sehr unzureichendem Maße vor. So wird die Gattung bei Meusel et al. (1965) nicht behandelt. Einzig Iljin (1936a) bringt eine aufsummierte Verbreitungskarte der von ihm anerkannten Sektionen, was einen Überblick über grundlegende Verbreitungsmuster erlaubt. Danach haben nur die Sektionen Heterosperma und Lachnostigma (entspricht etwa den Sektionen Brezia und Salsina) größere Areale, während die übrigen Gruppen nur sehr eng umgrenzte Verbreitungsgebiete besitzen. Die Gesamtverbreitung von wird von Hultén & Fries (1986) dargestellt, doch liegt dieser Darstellung eine falsche taxonomische Auffassung zu Grunde. Die exakte Verbreitung ist gegenwärtig nur von sehr wenigen Sippen mit eng begrenztem Areal bekannt und lässt sich nur aus einzelnen Florenwerken rekonstruieren.

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Einleitung

1.2.3. Besonderheiten im Photosyntheseweg Ökologie und Verbreitung vieler Chenopodiaceae bedingen zwangsläufig die Optimierung der

Photosynthese, in der genannten Pflanzenfamilie ausschließlich über den C4-Weg. C4-Photosynthese kommt innerhalb der Landpflanzen nur bei den Angiospermen vor und kennzeichnet etwa 3% aller Arten (Sage 2004), die allerdings für 20-30% der Biomasseproduktion der Erde verantwortlich sind (Gillion & Jakir 2001). Mit etwa 550 Arten (Edwards et al. 2004) stehen die Chenopodiaceae hinsichtlich der Artenzahlen nach Poaceae (4600 spp.) und Cyperaceae (1350 spp.) an dritter Stelle. Es wird angenommen, dass sie innerhalb der Chenopodiaceae entwicklungsgeschichtlich älter ist als bei allen anderen Gruppen. Sage (2004) gibt als Maximalalter 15-21 Mill. Jahre an, während Fisher et al. (1997) die C4-Entstehung innerhalb Suaeda in der obersten Kreide- bzw. frühen Tertiärzeit postulieren. Damit würde der Prozess allerdings eng mit der Entstehung der Angiospermen zusammenfallen.

C4-Pflanzen besitzen bei Wassermangel, hohen Temperaturen (> 25°C), hoher Sonneneinstrahlung und geringerem CO2-Gehalt der Luft physiologische Vorteile gegenüber C3-Pflanzen. Die genannten

Faktoren begünstigen und selektieren Arten mit C4-Photosynthese, die aufgrund höherer Assimilationsraten, eines höheren Temperaturoptimums und effizienterer Wassernutzung konkurrenzstärker sind. Die C4-Photosynthese unterscheidet sich von der C3-Photosynthese vor allem durch die Trennung von CO2-Fixierung und Calvin-Zyklus und der Bildung von C4-Körpern (Aspartat,

Malat) während der CO2-Fixierung. Dies ist immer verbunden mit funktionalen Differenzierungen in den beteiligten Zellen und Chloroplasten. Am Beispiel von Suaeda monoica wurde nachgewiesen, dass die CO2-Fixation und C4-Körperbildung in den Zellen des Palisadenparenchyms (primary carbon assimilation, PCA) unter Beteiligung der PEP-Carboxylase stattfindet. Die C4-Körper werden anschließend in die Bündelzellen transportiert (photosynthetic carbon reduction, PCR, Kranzzellen), in denen der Calvin-Zyklus stattfindet (Shomer-Ilan et al. 1979). Kranzzellen weisen verdickte oder suberin-verstärkte Zellwände auf, um die CO2-Diffusion zu unterbinden. Dies ist notwendig für die

Effektivität der CO2-Reduktion.

Innerhalb von Suaeda ist die C4-Photosynthese durch den NAD-ME-Typ realisiert (Fisher et al. 1997), der durch die Aspartatbildung charakterisiert ist. Nach Pyankov et al. (1997) wird der Aspartat- Metabolismus (NAD-ME) als ursprünglich angesehen und kennzeichnet z.B. Suaedeae und Atripliceae. Daraus sollte sich als abgeleitete Form der Malat-Metabolisums vieler Salsoleae ableiten.

Der biochemische Weg der C4-Photosynthese ist mit histologisch hoch differenzierten, anatomisch allerdings sehr unterschiedlichen Blatttypen gekoppelt, von denen allein vier verschiedene bei den Suaedoideae vorkommen (Freitag & Stichler 2000, Freitag & Stichler 2002, Kadereit et al. 2003, Schütze et al. 2003). Dabei handelt es sich keineswegs um die innerhalb der Angiospermen weit verbreitete C4-Anatomie mit den typischen, jeweils ein Leitbündel umschließenden Bündelscheiden- Zellen sondern um die Ausbildung zylindrischer Chlorenchym-Scheiden, die die Gesamtheit aller Leitbündel und meist auch noch ein innen liegendes Wasserspeichergewebe umgeben. Die

Zuordnung zu einem photosynthetischen Typus ist für die Suaedoideae weitgehend klar, C3/C4- Intermediate wie bei einigen Salsoloideae (Pyankov 1997) kommen nicht vor. Die folgende Übersicht gibt anhand von Blattquerschnitten einen Überblick über die vier innerhalb der

Suaedoideae vorkommenden C4-Blatttypen:

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Einleitung

I II III IV

Abb. 4: Übersicht zur Blattanatomie zur C4-Photosynthese innerhalb der Suaedoideae. I kranz-suaedoider Typ (Suaeda aegyptiaca); II conospermoider Typ (Suaeda acuminata), Kranzzellen im Frischpräparat jeweils dunkelgrün gefärbt; III borszczowioider Typ (Borszczowia aralocaspica); IV bienertioider Typ (Bienertia cycloptera); (Phot. H. Freitag, unveröff.; I-III aus Freitag & Stichler 2000, IV aus Freitag & Stichler 2002)

Der verbreitete C4-Blatttyp mit einer anatomischen und funktionalen Differenzierung in Mesophyll- und Kranzzellen ist bei Suaeda in zwei Typen realisiert, die sich hauptsächlich anhand der Lage des Wasserspeichergewebes im Blatt unterscheiden. Der häufigere kranz-suaedoide Typ zeichnet sich durch eine Lage Palisadenparenchym und eine geschlossene Lage von Kranzzellen um die Gesamtheit aller Leitbündel inklusive des innen liegenden Wasserspeichergewebes aus (Abb. 4/I). Die Leitbündel liegen in einer Ebene im Innern des Blattes und sind durch das Wasserspeichergewebe vom Chlorenchym getrennt. Der Blatttyp wurde erstmals von Carolin (1975) als eigenständig definiert sowie von Fisher et al. (1997) und Akhani et al. (1997) unter systematischen Aspekten für Suaeda diskutiert. Abweichend davon ist der conospermoide Blatttyp aufgebaut (Abb.4/II), bei dem das innen liegende Wasserspeichergewebe fehlt, dafür aber zwischen Chlorenchym und Epidermis eine äußere Hypodermis ausgebildet ist (Freitag & Stichler 2002). Die Kranzzellen sind unmittelbar um die Leitbündel angeordnet und diese Einheit wird von einer Lage Palisadenparenchym umgeben. Der Blatttyp erinnert an den atriplicoiden Typ in der Unterfamilie Chenopodieae, unterscheidet sich aber durch die Hypodermis von diesem.

Zusätzlich zu den genannten wurden aus der Gruppe der Suaedoideae zwei sehr ungewöhnliche C4-

Blatttypen bekannt, bei denen CO2-Fixierung und Calvin-Zyklus in der gleichen Zelle ablaufen (Freitag & Stichler 2000, Voznesenskaya et al. 2001, Voznesenskaya et al. 2002, Freitag & Stichler 2002).

Dieses Phänomen wird als single cell C4 photosynthesis bezeichnet und war bis vor kurzem nur von wenigen Wasserpflanzen bekannt (Hydrilla verticillata, Egeria densa; Sage 2004). Die räumliche

Trennung der für die Funktion der C4-Photosynthese notwendigen Teilreaktionen erfolgt nicht durch anatomisch unterschiedlich ausgebildete Zellen, sondern durch intrazelluläre Partitionierung von Enzymen und Organellen in zwei Kompartimente. Bei den Suaedoideae wurden dabei zwei vollkommen unterschiedliche Wege realisiert. Die Blätter von Borszczowia aralocaspica besitzen eine Lage verlängerter, zylindrischer Zellen, die als Hülle die peripher am Chlorenchym verlaufenden Leitbündel und das Wasserspeichergewebe umgibt (Abb. 4/III). Im inneren Teil sind die Zellwände dicker und keine Interzellularen vorhanden, im äußeren

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Einleitung dünnwandiger und Interzellularen vorhanden. Zwei morphologisch unterschiedene Typen von Chloroplasten finden sich in unterschiedlichen Mengen im inneren und äußeren Teil der Zelle. Anhand von Immunolokalisation der wichtigsten Enzyme wurde die räumliche Trennung der Enzymaktivität nachgewiesen. Der innere Teil kann damit als PCR-Kompartiment, der äußere Teil analog als PCA- Kompartiment identifiziert werden (Sage 2002). Der Blatttyp wurde als borszczowioid für Borszczowia aralocaspica beschrieben (Freitag & Stichler 2000).

Auf anatomisch ganz anderem Weg ist der Prozess der single cell C4 photosynthesis in der Gattung Bienertia realisiert. Die Blätter besitzen 2-3 Lagen gleichartiger chloroplastenführender Zellen, die ein zentrales Wasserspeichergewebe und die Leitbündel umgeben. Die Anordnung der Leitbündel unterscheidet sich deutlich vom borszczowioiden Typ. Die Zellen sind kompartimentiert in einen zentralen und einen außen liegenden Teil (Abb. 4/IV), die Differenzierung der Enzyme und Chloroplasten ist derjenigen von Borszczowia vergleichbar. Der Blatttyp wurde als bienertioid für Bienertia cycloptera beschrieben (Freitag & Stichler 2002). Die beiden genannten Gattungen enthalten die einzigen bekannten Landpflanzen mit diesem C4-Typ. Hypothesen über die Evolution der bis dahin bekannten Blatttypen finden sich bei Carolin et al. (1975). Demnach leitet sich der kranz-suaedoide Blatttyp von dem austrobassioiden bzw. corispermoiden Typ ab. Allerdings wurde der conospermoide Blatttyp dort noch nicht berücksichtigt. Akhani et al. (1997) postulieren unabhängige Entstehungen der beiden Kranz-C4-Blatttypen aus C3-Vorfahren. Freitag & Stichler (2002) halten trotz ähnlichen Photosyntheseweges aufgrund des fundamental unterschiedlichen Blattbaus unabhängige Entwicklungen von Borszczowia und Bienertia für wahrscheinlich, obwohl beide der Tribus Bienertieae zugeordnet werden (Ulbrich 1934). Die Ableitung des bienertioiden C4-Blatttyps von dem in der Gattung Suaeda vorkommenden austrobassioiden C3- Blatttyp über zunehmende Zelldifferenzierung und Zunahme des Sukkulenzgrades wird als nachvollziehbarer Weg der Evolution angenommen. Ein Bindeglied zwischen beiden Typen könnten die hochgradig sukkulenten C3-Blätter von Suaeda crassifolia darstellen (s. Kap. 3.4.).

Der borszczowioide Blatttyp leitet sich wahrscheinlich direkt von C3-Vorfahren mit mehrschichtigem Mesophyll ab (Freitag & Stichler 2000) und ähnelt durch die Anordnung der Leitbündel dem salsoloiden Typ. Andere morphologische Merkmale wie die trockenhäutigen Bracteolen von Borszczowia sprechen jedoch eindeutig für die Zugehörigkeit zu den Suaedoideae.

In Anbetracht der stark differierenden Blatttypen kann von einer viermaligen unabhängigen C4-

Entstehung ausgegangen werden (Freitag & Stichler 2002). Für C4-C3-Reversals gibt es keine Hinweise (Fisher et al. 1997).

1.2.4. Evolutionäre Trends innerhalb der Suaedoideae Die Suaedoideae verfügen über eine Reihe von Gruppenmerkmalen, die für das Verständnis der Sippen- und Gattungsevolution von Interesse sind. Die teilweise extremen Lebensbedingungen erzwingen eine enorme Anpassung der Pflanzen an diese. Ein konstantes Merkmal aller Sippen ist die Salztoleranz bzw. eine ausgeprägte Bindung an hochsalinare, speziell chloridreiche Standorte. Experimentell unter salzarmen Bedingungen gezogene Pflanzen sind in allen Teilen schwächer entwickelt und bilden weit weniger Blüten aus. Nach der Evolution dieser physiologischen Fähigkeit

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Einleitung war es den Pflanzen möglich, bisher vegetationsfreie Habitate zu besiedeln, in denen Konkurrenz weitgehend ausgeschlossen ist. Die ursprüngliche Lebensstrategie der Suaedoideae ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die einjährige, was auch für die gesamten Chenopodiaceae angenommen wird (Stebbins 1974: 251). Mit der Annuellen-Strategie, die auf der massenhaften Erzeugung von Individuen innerhalb kurzer Zeit beruht, können die Pflanzen Pionierstandorte sehr effektiv besiedeln und sind dort auch sehr erfolgreich. Verbunden ist diese Lebensweise mit ausgeprägter Tendenz zu Autogamie, Vereinfachung der Blütenorgane und der Möglichkeit zu extremer Reduktion von Kormus und Lebensdauer. Zwergpflanzen haben bereits in den Achseln der Cotyledonen Blütenstände und können innerhalb weniger Tage funktionsfähige Blüten entwickeln. Mit dieser Lebensstrategie dringen die Suaedoideae am weitesten in kältere Gebiete vor, da die ungünstigen Perioden als Samen überdauert werden können. Die verholzten ausdauernden Sippen bleiben auf wärmere Klimazonen beschränkt, da keine Überdauerungsmechanismen (Laubfall, Frostschutz) ausgebildet wurden. Die Entwicklung der perennierenden Lebensweise, stets mit Verholzung sowie oft stärker xeromorphen Blättern gekoppelt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein abgeleitetes Merkmal, das sicher in verschiedenen Gruppen unabhängig entstanden ist und die Besiedlung trockenerer Standorte ermöglichte. Als Übergangsform könnte die basale Verholzung mancher einjähriger Sippen angesehen werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich diese Entwicklungsrichtung auch umgekehrt hat und aus Mehrjährigen wieder Einjährige entstanden - ein häufig auftretender Prozess in der Evolution der Angiospermen. Die Laubblätter weisen äußerlich, im Gegensatz zu der enormen Variabilität im anatomischen Bau (s. Kap. 1.2.3) kaum Besonderheiten auf. Der aequifaciale Bau und ihre mehr oder weniger vertikale Stellung ist ein Optimaltyp unter strahlungsreichen, ariden Bedingungen. Blätter sind stets ausgebildet, Reduktionen wie bei den Salicornioideae kommen nicht vor. Gelegentlich zeigen sie eine Tendenz zur Verbreiterung der Blattspreite (S. acuminata, Alexandra lehmannii). Blüten- und Ausbreitungssystem weisen keine besonderen Anpassungen auf. Die ursprünglich wohl freien Perianthzipfel der Blüten weisen in einigen Fällen Verwachsungen auf (S. ifniensis, S. aegyptiaca). Gelegentlich ausgebildete Flügel erreichen bei weitem nicht die Größen vieler Salsoloideae und scheinen damit kaum wesentlich die Effektivität der Samenausbreitung zu erhöhen. Alle Blütenmerkmale weisen auf Anemo- und Autogamie als hauptsächlich realisierte Bestäubungsarten hin. Diese Bestäubungsform wird auch von den relativ langen Filamenten unterstützt, die stets die geöffnete Blüte überragen und die doppelte Länge der Perianthzipfel erreichen können. Besonders lange Filamente mit ausgeprägten Narben-Papillen besitzen die Arten der Sektion Salsina. Die bereits erwähnte Tendenz zu Autogamie kommt oft vor, ist aber keineswegs die Regel. Um die Selbstbestäubung der stets synözischen Blüten zu verhindern, ist bei den Suaedoideae Dichogamie in Form einer schwach ausgeprägten Proterogynie entwickelt. Ein anderer Weg ist die Ausbildung funktional getrenntgeschlechtiger Blüten die jeweils Staub- oder Fruchtblätter nur noch rudimentär ausbilden. Bei vielen Sippen kommen diese Blüten am Beginn und Ende der Blühphase vor, bei einigen Arten treten sie sogar obligatorisch auf (S. monoica, s. Freitag 2001: 112). Möglicherweise dient auch die Bildung einer griffelähnlichen Struktur bei manchen Sippen (S. spicata) der Förderung der Allogamie. Ausbreitungshilfen an den Früchten sind nur gelegentlich entwickelt. Dazu zählen die schon erwähnten Flügel (S. heterophylla, Bienertia, Alexandra), wahrscheinlich aber

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Einleitung auch das an der Frucht schwammartig vergrößerte Perianth bei S. aegyptiaca und S. arcuata. Die Einrichtungen dienen alle zur Förderung der Windausbreitung. Von großer Bedeutung scheinen auch passive Formen der Zoochorie zu sein, bei denen Samen durch Phytophage endozoochor oder ektozoochor (Vögel) ausgebreitet werden. Dies scheint bei der Fernausbreitung eine entscheidende Rolle zu spielen. Relativ gut bekannt sind Ploidiestufen innerhalb der Suaedoideae, doch ist aufgrund der umstrittenen Taxonomie einiger wichtiger Arten die Zuordnung mancher publizierter Chromosomenzahlen wenig glaubhaft. Ausführlichere Untersuchungen liegen aufgrund der meist geringen Größe der Chromosomen nicht vor. Als Chromosomen-Grundzahl der Suaedoideae wie auch der gesamten Chenopodiaceae wird x=9 angegeben (Kühn et al. 1993, Krahulcová & Tomšovic 1997). Davon ausgehend sind tetra-, hexa-, okto- und dekaploide Stufen bekannt geworden (Akhani et al. 1997, Krahulcová & Tomšovic 1997, Lomonosova & Krasnikov 1993, Lomonosova et al. 2005, Lomonosova, unpubl. Daten). Für einige Arten wurden mehrere Ploidiestufen publiziert (S. vera, S. fruticosa, S. „corniculata“ u.a.), doch handelt es sich bei einigen Angaben offenbar um Verwechslungen. Wenig bekannt ist über die Herkunft der Polyploidie aus Allo- oder Autopolyploidisierung doch könnte hier ein Schlüssel zum Verständnis hochpolyploider Arten liegen. Der Trend zu höheren Ploidiestufen kennzeichnet fast alle Gruppen, insbesondere jedoch die einjährigen, relativ merkmalsarmen Vertreter der Sektion Brezia und stellt möglicherweise eine Form der Speziation dar, die sich nicht unmittelbar in morphologischer Differenzierung niederschlägt. Interessant ist die Tatsache, dass die relativ isoliert stehende Bienertia cycloptera diploid geblieben ist (Al-Turki et al. 2000).

1.2.5. Bisherige Theorien zur Sippenevolution - eine Synthese Trotz zahlreicher systematischer und vergleichend morphologischer Studien ist relativ wenig über die Evolution der Suaedoideae bekannt. Erst mit der Entdeckung der photosynthetischen Vielfalt innerhalb der Chenopodiaceae und speziell innerhalb der Suaedoideae entstanden Thesen über mögliche Evolutionswege der betroffenen Sippen, die mit der Einführung molekularer Methoden der Verwandtschaftsrekonstruktion überprüft werden konnten. Erst dadurch wurden wichtige verwandtschaftliche Zusammenhänge in den Chenopodiaceae sichtbar (Kadereit et al. 2003). Unzweifelhaft ist die Tatsache, dass die Radiation der Chenopodiaceae eng mit der Entwicklung der ariden Regionen der Erde verknüpft ist. Shmida (1985) verbindet die Entwicklung der Chenopodiaceae mit dem Zurückweichen des Tethys-Meeres seit dem Miozän (vor ca. 20 Mio. Jahren). Mit Sicherheit sind in dieser Zeit viele Linien entstanden doch ist das Alter der Pflanzenfamilie offenbar wesentlich höher, wie einige Fossilfunde belegen. So ist beispielsweise mit Salicornites massalongoi aus dem Oligozän ein Vorläufer der rezenten Salicornioideae belegt und Funde fossiler Pollen aus dem Paläozän (ab. ca. 65 Mio. Jahre) weisen auf ein noch viel höheres Alter der Chenopodiaceae. Recht umfangreiche Thesen zur Evolution der altweltlichen Sippen stellen Akhani et al. (1997) anhand von Blatttyp, Lebensformen und Chromosomenzahlen sowie biogeographischen Aspekten auf. Unter Berücksichtigung der genannten Merkmale werden innerhalb von Suaeda 11 Gruppen unterschieden und folgende Entwicklungswege postuliert:

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Einleitung

1. Suaeda stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus NW Afrika während es noch eine Landverbindung zwischen Afrika und Südamerika gab. Die Ähnlichkeit der afrikanischen mit süd- und zentralamerikanischen Sippen zeigt die hohe Affinität. In NW-Afrika liegt wahrscheinlich auch das Entfaltungszentrum der Gruppe im Verlauf des Tertiärs. 2. Die einjährigen Sippen sind polyphyletisch. Die S. maritima-Gruppe leitet sich wahrscheinlich von einer C3-Gruppe ab (S. vera-Gruppe).

3. Von der S. maritima-Gruppe leiten sich eine C3 (S. glauca)- und eine C4 (S. acuminata)-Gruppe ab, allerdings könnte sich die S. glauca-Gruppe auch von S. physophora ableiten lassen.

4. S. physophora gilt als isolierte C3-Art mit Ähnlichkeit zu S. vera. Beide schließen sich allerdings biogeographisch aus. S. physophora zeigt zudem enge Bindungen an S. ifniensis und S. palaestina.

S. ifniensis ist ein C3-Endemit in Marokko und könnte als altes Relikt der Gattung interpretiert werden. 5. Die ursprünglichste Art der S. fruticosa-Gruppe ist möglicherweise S. monoica, von der sich weitere Sippen der Gruppe ableiten lassen. Für diese Position von S. monoica spricht vor allem deren stark abweichende Morphologie. Zudem ist S. monoica diploid. Innerhalb der Gruppe kommen neben diplo- und tetraploiden (S. pruinosa, S. vermiculata), westlich verbreiteten auch polyploide Sippen mit mehr östlicher Verbreitung vor (S. fruticosa, S. baluchestanica). Die polyploiden Sippen könnten während der Einwanderung der Sippen aus NW-Afrika nach SW-Asien entstanden sein. 6. Photosynthesewege und Karyotyp lassen darauf schließen, dass die annuellen Arten S. altissima, S. aegyptiaca und S. arcuata Ableitungen aus der ansonsten durch Zwergsträucher gebildeten S. fruticosa-Gruppe sind. 7. Die weiteren zentralasiatischen annuellen Gattungen der Suaedeae (Bienertia, Alexandra, Borszczowia) sind wahrscheinlich Ableitungen gemeinsamer Vorfahren mit Suaeda.

Die folgende Übersicht aus Akhani et al. (1997) stellt zusammengehörende Taxa dar und zeichnet mögliche Entwicklungswege auf:

Abb. 5: Informelle Klassifikation und mögliche phylogenetische Beziehungen altweltlicher Suaeda-Arten. grau schattierter Rahmen: C4-Arten, einfacher Rahmen: C3-Arten (aus Akhani et al. 1997)

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Einleitung

Durch die Postulierung von Zwergsträuchern als ursprüngliche Sippen impliziert die Hypothese hinsichtlich der Lebensformen die Ableitung annueller von ausdauernden Sippen sowie die

Entwicklung von C3- zu C4-Photosynthese. Eine Ausnahme bilden die sekundär entstandenen annuellen Sippen S. aegyptiaca, S. arcuata und S. altissima. Den unterschiedlichen Blatttypen kommt für die Evolution innerhalb der Suaedoideae eine enorme Bedeutung zu. Da die Blattentwicklung ein sehr komplexer Prozess ist, erscheint es unwahrscheinlich, dass sich ein Blatttyp mehrfach entwickelt hat. Die Radiation einiger C4-Gruppen müsste daher nach der Blattentwicklung erfolgt sein. Erfolgreich diversifiziert haben sich demnach die Sippen mit kranz-suaedoidem und conospermoidem Blatttyp.

Die Entwicklung der single cell C4 photosynthesis führte hingegen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu einer anschließenden Radiation.

1.3. Themenentwicklung und Stand der Forschung

Die vorangegangene Darstellung umreißt einerseits einige bemerkenswerte morphologische Erscheinungen innerhalb der Suaedoideae, andererseits die bestehenden Kenntnisdefizite hinsichtlich Evolution und Systematik der Sippen. Alle bisherigen Systeme beruhen auf vergleichend- morphologischer Analyse und berücksichtigen nicht die Entstehungsprozesse und verwandtschaftlichen Zusammenhänge. Zahlreiche Sippen sind bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eindeutig charakterisiert. Dies betrifft z.B. Suaeda maritima, die aus weiten Teilen der Holarktis und sogar von der Südhalbkugel angegeben wird, bei der es sich aber mit Sicherheit um mehrere Sippen handelt. Weitgehend ungeklärt ist der Formenreichtum der Brezia-Sippen Asiens um S. corniculata, S. salsa und S. prostrata, wozu auch noch falsche Benennungen in der Literatur beitragen. Kaum bekannt ist die Stellung der südhemisphärischen Arten sowie die Beziehungen zwischen eurasiatischen und nordamerikanischen Sippen. Ein Beispiel für fehlerhafte Darstellung, die sich über Jahrzehnte in der entsprechenden Literatur etabliert hat ist . Der Name wurde lange Zeit für Suaeda vera verwendet, so z. B. für die Sektionsgliederung bei Iljin (1936a) und war lange Zeit als Sammelbezeichnung für viele strauchige Arten verwendet. Da Sippendefinition und -abgrenzung vielfach unklar sind, fehlt eine korrekte systematische Basis für andere Gebiete wie z.B. Ökologie, Chorologie oder Physiologie. Aus den genannten Punkten leiten sich direkt die Themen und Fragestellungen für die vorliegende Arbeit ab. Zentrales Thema ist die Erweiterung der Kenntnis über Phylogenie und Evolution der Arten der Suaedoideae. Da diese grundlegenden Fragen anhand der Morphologie bisher nur sehr unzureichend bekannt sind, werden molekulare Methoden eingeführt und davon bessere Einblicke in diese Zusammenhänge erwartet. Durch die Rekonstruktion der Phylogenie anhand von DNA- Merkmalen werden gemeinsame Abstammungslinien definiert und, soweit möglich, in einen zeitlichen Zusammenhang gebracht. Nur dadurch kann die Artbildung sowie die heutige Diversität und Verbreitung der Sippen richtig interpretiert werden. Basierend auf den molekularen Phylogenien wird die Merkmalsentwicklung innerhalb der Gruppe untersucht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der

Entwicklung der mit der C4-Photosynthese gekoppelten Blatttypen. Folgende Fragenkomplexe sollen bearbeitet werden:

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Einleitung

1. Monophyletische Gruppen Haben die aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten zu Suaeda gezählten Pflanzen einen gemeinsamen Ursprung (Monophylie-Annahme) und gehören die weiteren Gattungen der Tribus dazu? Welche monophyletischen Gruppen bestehen innerhalb von Suaeda?

Dem Kriterium der Monophylie wird in der gegenwärtigen systematischen Forschung ein hoher Stellenwert eingeräumt. Von einer möglichst großen Zahl an Taxa werden molekulare Daten gewonnen, mit denen statistisch abgesicherte Phylogenien erstellt werden können. Für Suaeda wird Monophylie postuliert, Alexandra, Bienertia und Borszczowia sollten aufgrund abweichender Merkmale getrennte Entwicklungswege darstellen (s. Kap. 1.2.2., 1.2.3.). Die Hypothese wird anhand verschiedener Phylogeniemodelle getestet. Zu überprüfen ist dabei, ob die monophyletischen Gruppen mit bisherigen Untergruppen von Suaeda (Sektionen, frühere separate Gattungen) übereinstimmen und wo Abweichungen auftreten. Bei den nicht zu Suaeda gehörenden Sippen der Unterfamilie soll geklärt werden, ob sie vollkommen getrennte Entwicklungswege oder Ableitungen aus bereits diversifizierten Suaeda-Vorfahren darstellen. Für die Einordnung in die Chenopodiaceae werden Vertreter benachbarter Unterfamilien als Außengruppen einbezogen.

2. Artabgrenzung und Artbildung Folgt die Evolution der Suaedoideae dem kladistischen Modell oder lassen sich von diesem abweichende Ereignisse wie z. B. retikulate Evolution nachweisen? Lassen sich Arten anhand der gewählten molekularen Merkmale umgrenzen? Stimmen molekulare und morphologische Diversität überein? Lässt sich die Artbildung zeitlich eingrenzen? Das kladistische Modell wird, da es logisch zwingend erscheint, auch wenn es nicht beweisbar ist, als Grundannahme vorausgesetzt und in den Berechnungen angewandt. Der phylogenetische Baum, bestehend aus möglichst vielen Dichotomien (und wenig Polytomien), sollte diesen Prozess widerspiegeln. Anhand des Stammbaumes werden auch Radiationen sichtbar, die mit biogeographischen Daten verglichen werden. Eine Möglichkeit zum Nachweis weiterer, der Aufspaltung teils entgegen wirkender Prozesse (retikulate Evolution, Extinktionsereignisse) ist der Konsistenzvergleich unabhängiger Phylogenien aus Kern- und Chloroplastengenom. Da retikulate Evolution ein häufig vorkommendes Ereignis ist, aus dem eine große Zahl der rezenten Arten hervorgingen, wird angenommen, dass es auch in der Evolution der Suaedoideae eine Rolle gespielt hat. Als zusätzliche Information werden karyologische Merkmale ausgewertet. Hinsichtlich der Sequenzdaten wird eine höhere molekulare Variabilität erwartet als sich im Phänotyp der rezenten Arten widerspiegelt, da nichtkodierende DNA-Regionen verwendet werden. Dies sollte besonders für die Kern-DNA zutreffen, da hier die Variabilität durch Rekombination noch erhöht wird. Auch der umgekehrte Fall ist wahrscheinlich, d.h. auf molekularem Niveau nicht unterscheidbare Sippen, da molekulare und morphologische Evolution nicht gleich ablaufen (s. das Bsp. „lebende Fossilien“). Dennoch wird eine gewisse Korrelation von Arten mit molekular definierten Kern- und Chloroplasten- „Typen“ postuliert. Die zeitliche Dimension wird durch Kalibrierung der Stammbäume mittels Fossilfunden untersucht und mit jeweiligen erdgeschichtlichen Ereignissen in Verbindung gebracht.

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Einleitung

3. C4-Photosynthesesyndrom

An welchen Punkten in der Stammesgeschichte kam es zur Entwicklung der C4-Photosynthese? Ist dieser Prozess einmal oder mehrfach unabhängig entstanden? Wie kam es zur Herausbildung der blattanatomischen Vielfalt? In welche Richtung erfolgte die Photosynthese-Evolution?

Für die Evolution des C4-Photosynthesesyndroms innerhalb der Suaedoideae mit vier histologisch und funktionell hochgradig spezialisierten C4-Blatttypen sind mehrere Entwicklungsthesen denkbar. Wahrscheinlich sind zwei Entstehungsereignisse, die jeweils zu den zwei ähnlichen Blatttypen (Kranz- und nicht-Kranz-Anatomie) führten. Ebenfalls wahrscheinlich sind aufgrund der fundamentalen anatomischen Unterschiede vier getrennte Entstehungsereignisse. Unwahrscheinlich erscheint hingegen ein gemeinsamer Ursprung aller C4-Linien, die Entstehung des einen C4-Typs aus einem anderen oder die Rückentwicklung des hochdifferenzierten C4- zum einfacheren C3-Blatt, da der C3- Typ in der gesamten Gruppe sehr einheitlich gebaut ist und alle bisherigen Studien keine Hinweise auf eine Entwicklung in diese Richtung liefern (s. Kap. 1.2.4.). Für mehrfache C4-Evolution mag auch die Tatsache sprechen, dass dies schon in anderen Gruppen innerhalb nahe verwandter Taxa nachgewiesen wurde (übrige Chenopodiaceae; Poaceae: Giussani et al. 2001). Aufklärung über diese Fragestellungen wird aus den Aussagen der molekularen Phylogenien und der Synthese molekularer und blattanatomischer Daten erwartet. Falls die jeweiligen C4-Typen je einer monophyletischen Gruppe zugeordnet werden können, sollte auch die Entstehung in dieser Gruppe nur einmal erfolgt sein. Durch Anwendung neuerer Datierungsmethoden soll der Entstehungsprozess zeitlich eingegrenzt werden.

4. Merkmalsentwicklung Welche Merkmale haben gruppierenden Charakter und lassen sich Schlüsselmerkmale definieren, die die in der molekularen Phylogenie herausgearbeiteten Gruppen definieren? Welche Plastizität weisen sie auf?

Die teilweise enorme phänotypische Plastizität der Merkmale in Abhängigkeit von verschiedenen Standortfaktoren wie Wasserhaushalt oder Salinität des Bodens führte in der Vergangenheit zu konträren taxonomischen Auffassungen. Mittels molekularer Phylogenien und der Synthese molekularer und morphologischer Merkmale sollen Schlüsselmerkmale für die wichtigen monophyletischen Gruppen herausgearbeitet werden. Überprüft werden sollen vor allem die bisher in der Systematik verwendeten Merkmale wie Pistill und Narben (Iljin 1936a), Perianthmerkmale (besonders die Anhänge), Blattmerkmale und Lebensformen. Die bisher zur Großgliederung verwendeten Merkmale wie Embryo und Bracteolen sollen für die Gruppe diskutiert werden. Basierend auf der Baumtopologie aus molekularen Daten sollen mögliche Entstehungswege der morphologischen Merkmalsentwicklung besprochen werden.

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Einleitung

Ableitungen Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse aus der molekularen Analyse wird die aktuelle Untergliederung von Suaeda nach Schenk & Ferren (2001) überprüft und mit früheren Gliederungen verglichen. Sollten sich grundsätzliche Änderungen ergeben, werden Vorschläge für eine neue Gliederung basierend auf monophyletischen Gruppen der molekularen Phylogenien präsentiert. Das Artkonzept in Suaeda wird aufgrund molekularer Phylogenien überprüft. Besonders für die taxonomisch sehr schwierige Sektion Brezia mit der „Globalart“ Suaeda maritima werden entscheidende Verbesserungen für das taxonomische Konzept erwartet. Die Herausarbeitung wichtiger Merkmale soll die Kenntnis über die Gruppe erweitern und in Zukunft eine korrekte Darstellung in der Literatur erleichtern. Die Ergebnisse können zudem als Grundlage für eine Revision der Gattung herangezogen werden. Mit der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, traditionelle Konzepte aus der Morphologie, Biologie und Chorologie um molekularbiologisch basierte Daten zu erweitern und daraus eine Synthese zu entwickeln. Generell geht es um die Einordnung des „Systems Suaeda“ in ein Raum- und Zeitmuster und dabei um die Nachzeichnung der großen sippenbildenden Ereignisse in ihrem historischen Kontext, um die rezente Diversität besser verstehen und bewerten zu können.

Die Arbeit ist Bestandteil und wurde gefördert durch das DFG-Projekt „Systematik der

Chenopodiaceae und Evolution des C4-Photosynthesesyndroms“ (Cl 188/1-1 und We 1830/2-1 für G. Clausing und K. Weising). Durch ein Stipendium des DAAD (Kennz. D/03/26150) wurde ein Forschungsaufenthalt mit Sammelreise am Zentralen Sibirischen Botanischen Garten Novosibirsk unterstützt. Molekularsystematische Untersuchungen an den Suaedoideae wurden bis zum Zeitpunkt der eigenen Untersuchungen nicht publiziert. Die Ergebnisse der eigenen Arbeiten wurden bereits mehrfach auf Fachtagungen und in Seminaren präsentiert: Tagung der Deutschen Botanischen Gesellschaft in Freiburg (2002), Kolloquium des Geobotanischen Institutes der Universität Halle (2002), Tagung der Russischen Botanischen Gesellschaft in Novosibirsk (2003), 17. Internationaler Botanischer Kongress in Wien (2005) u.a. Die wesentlichen Ergebnisse zu Phylogenie und Merkmalsevolution der Suaedoideae wurden bereits publiziert (Schütze et al. 2003). Eine aktualisierte Fassung und weiterführende Arbeiten sind in Vorbereitung.

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Material und Methoden

2. Material und Methoden 2.1. Systematische Methoden und Prinzipien 2.1.1. Organismenbezogene Methoden Für die Bearbeitung systematischer und phylogenetischer Fragestellungen steht gegenwärtig ein umfangreiches Methodenspektrum zur Verfügung. Grundlage für Systematik und Taxonomie von Sippen sind nach wie vor die vergleichende Morphologie und Anatomie sowie die Analyse von Lebenszyklen und räumlichen Verteilungsmustern. Im Mittelpunkt dieser beschreibenden Methodik steht das Individuum mit seinen spezifischen Merkmalen, aus der anschließend Gruppierungen und Systeme entwickelt werden. Organismen werden beschrieben und nachvollziehbar klassifiziert. Sind damit die rezenten Zustände recht gut zu beschreiben, sind jedoch Prozesse der Merkmalsevolution oder die Verwandtschaft von Organismen allein aus Morphologie und Anatomie schwieriger zu rekonstruieren. Morphologische Merkmale von Organismen sind das Ergebnis komplexer Genwirkungen und zeichnen sich oft durch hohe Plastizität aus. Nicht jede Merkmalsänderung muss genetische Ursachen haben sondern kann auch eine Modifikation darstellen. Konvergenzen und umweltbedingte Adaptionen sind zwangsläufig zu erwarten und führen aufgrund von Ähnlichkeiten zum - manchmal falschen - Rückschluss auf nahe Verwandtschaft. Die phylogenetische Bewertung von Gestalt und Anatomie der Organismen ist daher oft nicht eindeutig und wird mit abnehmendem Verwandtschaftsgrad immer unsicherer. Die Entscheidung über die Ursache von Merkmalsausprägungen kann demnach nicht getroffen werden. Phylogenetisch relevante Informationen über die Kriterien Homologie, Analogie, ursprüngliche bzw. abgeleitete Merkmale sind allein aus morphologischen Daten nur beschränkt zu gewinnen. Ein Morphotaxon ist nicht in jedem Fall objektiv, sondern oft subjektiv, von der Auffassung des Bearbeiters und Traditionen (Regelwerke) beeinflusst.

2.1.2. Molekülbasierte Methoden Im Gegensatz zu den organismenbezogenen untersuchen molekülbezogene Methoden molekulare Bestandteile der Organismen, vor allem Nucleinsäuren, Proteine, Enzyme und verschiedene Stoffwechselprodukte, die zusammenfassend als sekundäre Inhaltsstoffe bezeichnet werden. Sekundäre Inhaltsstoffe wurden vielfach als Merkmale für Klassifikationen herangezogen, ein Beispiel dafür ist das System der Angiospermen von Cronquist (1981). Proteine, Enzyme und sekundäre Inhaltsstoffe sind ähnlich den morphologischen Merkmalen Erscheinungen des Phänotyps, während es sich bei der Struktur der Nucleinsäuren um den Genotyp, um „Bauanleitungen“ handelt, aus denen ein Großteil der Informationen für die Ausbildung des Phänotyps abgeleitet wird. Die Informationen tragen damit primären Charakter und werden auch vererbt. Diese Eigenschaften machen Nucleinsäuren für die Evolutionsforschung besonders interessant, sollte doch der Einfluss von Umweltbedingungen nach den Theorien der neutralen Evolution gering oder ausgeschlossen sein. Weitere Vorteile von Nucleinsäuren liegen in ihrer Struktur begründet: 1 von 4 möglichen Nukleotiden an definiertem Ort, diskrete Merkmalsausprägung, keine

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Material und Methoden

Übergangszustände (wie oft bei morphologischen Merkmalen). Die genannten Vorteile sind die Ursache dafür, dass gegenwärtig auf den Merkmalen von Nukleinsäuren (DNA) basierende Methoden eine herausragende Bedeutung für die systematische und evolutionsbiologische Forschung erlangt haben. Bevor jedoch die DNA als ‚Merkmalslieferant’ für die genannten Fragestellungen herangezogen werden konnte, waren zahlreiche theoretische und technische Entwicklungen notwendig. Dazu zählen vor allem die Erkennung der Natur der DNA und ihrer Funktion, die Entwicklung von Theorien über die Evolution kettenartiger Biomoleküle (Zuckerkandl und Pauling 1965 anhand des Proteins Hämogolobin, später Anwendung auf DNA) oder die Vorstellungen zur Neutraltheorie der molekularen Evolution (Kimura 1983). Notwendig war die Etablierung grundlegender Techniken wie die DNA- Sequenzierung (Sanger 1977), PCR (Mullis et al. 1986) und die Entwicklung von Berechnungsverfahren bzw. deren Anwendung auf die Auswertung molekularer Merkmale, da Informationen aus Molekülstrukturen schlecht zur Beschreibung von Organismen verwendet werden können. Gegenwärtig wird besonders an der Weiterentwicklung von Modellen zur Sequenzevolution sowie Verfahren zur Altersdatierung gearbeitet und es wird auch im Umkehrschluss versucht, mittels eines definierten genomischen Profils Sippen zu definieren (barcoding). Die DNA liegt in pflanzlichen Zellen in drei voneinander weitgehend unabhängigen Organisationseinheiten vor: Zellkern, Chloroplasten und Mitochondrien. Durch Mutationen entstehende Sequenzunterschiede zwischen homologen Abschnitten der DNA werden als Merkmale genutzt. Zu deren Nachweis wurde eine große Anzahl an Verfahren entwickelt, z.B. vergleichende Sequenzierung, Restriktionsanalysen sowie anonyme Markermethoden wie RAPD und AFLP (Bachmann 1997, Weising et al. 2005). Studien mit phylogenetischem Schwerpunkt basieren dabei vor allem auf vergleichender Sequenzierung kürzerer, homologer DNA-Abschnitte aller drei genannter Genome. Die Wahl der DNA-Region hängt in erster Linie von der Fragestellung ab. Nahe verwandte Sippen lassen sich nur anhand schnell evolvierender Regionen (intergenische Spacer, Introns, Mikrosatelliten) differenzieren, während für Großgruppen kodierende Regionen (Gene) verwendet werden. Am besten geeignet sind DNA-Regionen, auf denen keine oder wenig funktionale Zwänge liegen, also nichtkodierende Regionen oder in kodierenden Regionen jeweils die 3. Positionen der Tripletts. Mit DNA-Daten aus nichtkodierenden Regionen steht ein von der Morphologie und Anatomie unabhängiger Datensatz zur Verfügung, dessen Variabilität als weitgehend unabhängig von adaptiven Prozessen angesehen werden kann und theoretisch aus dem passenden Evolutionsmodell der Sequenz erklärt werden müsste. Die für molekularsystematische Studien am häufigsten verwendete Kernregion ist die ribosomale RNA kodierende DNA. In Eukaryoten ist sie in funktionellen Einheiten (Cistrons) aus jeweils drei Genen (18S, 5,8S 26S), zwei internen, die Gene physisch trennenden Spacern (ITS 1 und 2) sowie jeweils einem externen und nicht-transkribierenden Spacer (ETS, NTS) organisiert. Die einzelnen Einheiten kommen in sehr zahlreichen Wiederholungen vor und können bis zu 10% Anteil am gesamten Genom der Pflanze erreichen (Hillis & Dixon 1991, Hamby & Zimmer 1991). Für Fragestellungen auf der Ebene von Gattungen und Arten hat sich die vergleichende ITS-Sequenzierung etabliert (Baldwin et al. 1995). ITS gehört nach NTS zu den am schnellsten evolvierenden Regionen der ribosomalen DNA. Allerdings ist die ITS-Region kein idealer Marker für die Rekonstruktion von Phylogenien (Alvarez &

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Material und Methoden

Wendel 2003). Die zahlreichen ITS-Kopien stellen paraloge und keine orthologen Sequenzen dar wie dies bei single-copy-Genen der Fall ist. Zwischen ihnen findet eine intra- und interchromosomale Homogenisation statt (concerted evolution; Arnheim 1983, Liao 1999), über deren Geschwindigkeit und Resultate bis jetzt wenig bekannt ist. Es kann zur vollkommenen Durchsetzung eines Typs kommen, die einzelnen Sequenzen können aber auch mosaikartig neu kombiniert werden. Obwohl weit verbreitet, kommt concerted evolution nicht in allen Organismen vor, wie am Beispiel der Gattung Rosa demonstriert werden konnte (Ritz et al 2005). Die ITS-Regionen sind keineswegs funktionslos, vielmehr werden durch sie in den Transkripten die kodierenden Regionen für die Translation korrekt positioniert. Dafür sind sie zur Bildung spezifischer Sekundärstrukturen befähigt (Denduangboripant & Cronk 2001, Hershkovitz & Zimmer 1992, Mayol & Rossello 2001, Ritland et al. 1993, Wesson et al. 1992), die sippenspezifischen Charakter aufweisen. Die Sekundärstrukturen sind entscheidend für effizientes RNA-processing (van der Sande et al. 1992). Aufgrund dieser Funktionalität kann die Sequenzevolution nicht als vollkommen unabhängig betrachtet werden und es werden sich auch hier stärker konservierte und variable Teilregionen nachweisen lassen. ITS wird biparental vererbt, somit ist unter bedingten Voraussetzungen der Nachweis von Hybridisierung und retikulater Evolution möglich (Sang et al 1995, Whittall et al. 2000). Über die Eignung weiterer nuklärer DNA-Regionen für phylogenetische Fragestellungen liegen gegenwärtig nur wenige Studien vor. Beispiele sind das Alkoholdehydrogenase-Gen (AdhA: Small & Wendell 2000) sowie die RNA-Polymerase-Gene (RPA2, RPB2, RPD2 intron: Popp et al. 2005). In beiden Fällen handelt es sich um ‚low copy’-Gene mit ähnlichen evolutionären Phänomenen wie im Fall der ribosomalen Gene. Da für diese Regionen bis jetzt kaum Vergleichsdaten vorliegen, wurden sie in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht. Wesentlich mehr DNA-Regionen für phylogenetische Fragestellungen sind vom Chloroplasten bekannt und erfolgreich angewendet. Aus der großen Zahl sollen als Beispiele genannt werden: rbcL (Gen), matK (Gen), atpB-rbcL (spacer), trnH-psbA (spacer), rps16 intron, trnT-trnL (spacer), trnL-trnF (spacer). (Taberlet 1991, Chase et al. 1993, Olmstead & Palmer 1994, Shaw et al. 2005). Der Unterschied zu Kernmarkern liegt vor allem in der uniparentalen Vererbung der Plastiden sowie kaum vorhandener Rekombination (Ausnahmen: Ogihara 1988, Palmer et al 1987). Mit den Stammbäumen auf der Basis von Chloroplasten-Daten können maternale (Angiospermen) oder paternale (Gymnospermen) Linien rekonstruiert werden. Kombiniert mit Kern-Daten ergeben sich dadurch Möglichkeiten zur Rekonstruktion retikulater Evolution sowie Hybridisierung. Allerdings scheint es von den vorherrschenden Vererbungswegen mehrfach Ausnahmen zu geben (McCauley 2007). Nachteile der Sequenzinformation aus Chloroplasten ist die oftmals hohe Homoplasie der Daten. Bestimmte Prozesse, die aus dem Vererbungsgang der Plastiden herrühren (selective sweeps, organelle capture) können die Diversität in Populationen beeinflussen (Ennos et al. 1999). Kaum bekannt ist außerdem die Interaktion der verschiedenen Genome in der Zelle untereinander wie z.B. horizontaler Genstransfer (Woloszynska 2004). Die häufigsten Mechanismen der Evolution nichtkodierender DNA- Regionen und ihre Anwendung in der Pflanzensystematik werden von Kelchner (2000) zusammenfassend beschrieben.

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Material und Methoden

2.2. Pflanzenmaterial, Kulturversuche 2.2.1. Auswahl der Arten Phylogenetische Untersuchungen auf Gattungsebene erfordern die Einbeziehung eines möglichst breiten Spektrums an Taxa, die alle rezenten Entwicklungsrichtungen innerhalb der Gattung ausreichend repräsentieren und auch die Einordnung der Gattung in größere systematische Einheiten erlauben sollten. Für die phylogenetischen Berechnungen in der vorliegenden Untersuchung wurden 122 Akzessionen einbezogen, davon 110 Suaeda-Akzessionen, die ca. 68 bekannten Suaeda-Arten zuzuordnen sind. Damit sind alle bekannten Sektionen nach Schenk & Ferren (2001) in hinreichender Taxon-Anzahl repräsentiert. Von kritischen Arten wurden dann mehrere Akzessionen verwendet, wenn morphologische Merkmale eine Differenzierung vermuten ließen. Dies betrifft besonders die Sektion Brezia, in der noch große Unklarheiten über die Artabgrenzung bestehen. Neben den drei monotypischen Gattungen der Suaedoideae wurden acht Arten aus den Salicornioideae sowie eine Art der Salsoloideae ausgewählt, die in den phylogenetischen Berechnungen als Außengruppen definiert werden und zur Klärung der Stellung der Suaedoideae innerhalb der Chenopodiaceae herangezogen werden. Die Bestimmung der Arten erfolgte mangels zusammenfassender Werke anhand der floristischen Literatur für die jeweiligen geographischen Regionen. Die Nennung der Autorennamen erfolgt der Einfachheit halber nur in der Tabelle. Alle im Text genannten Namen lauten vollständig wie dort aufgeführt. Unbekannte Arten werden mit dem Epiteth „sp.“ und der DNA-ID bezeichnet oder mit vorläufigen Bezeichnungen nach Regionen oder Personennamen (in Anführungszeichen) versehen. Eine Übersicht über alle verwendeten Proben findet sich in Anhang 5. Für die Kennzeichnung der Sippen in Stammbäumen und Tabellen wurde der Name und die vierstellige DNA-Identifikationsnummer kombiniert. Für Taxa, deren Sequenzen aus der Genbank übernommen wurden, erfolgt die Nennung des Namens sowie einer verkürzten Belegnummer.

2.2.2. Aufsammlung, Kulturversuche und Materialkonservierung In erster Linie wurde auf Material aus Herbarien zurückgegriffen, hier vor allem auf die umfangreiche Sammlung von H. Freitag aus dem Herbarium der Universität Kassel (KAS). Zahlreiche weitere Belege aus Zentralasien wurden von M. Lomonosova, Novosibirsk (Central Siberian Botanical Garden, NS) bereitgestellt. Weitere Belege stammen aus den Herbarien B, BR, GAZI, HUJ, NSW, LPB, TFC, UTG, W. Einzelne Belege wurden freundlicherweise aus Privatsammlungen zur Verfügung gestellt: B. Schmalz (Australien), S. Ickert-Bond, T. Borsch (Nordamerika), H. Akhani (Iran), V. Steinmann (Kalifornien). Die meisten Belege stammen aus jüngeren Aufsammlungen (etwa ab 1994), nur in Ausnahmefällen wurde auf älteres Herbarmaterial zurückgegriffen. Für molekularbiologische Analysen ist es von Vorteil Frischmaterial einzusetzen, um negative Effekte der Degradierung der DNA-Moleküle durch Trocknung auszuschließen. Daher wurden Kulturversuche durchgeführt sowie Sammelreisen unternommen. Dies erfolgte in den Jahren 2001 und 2003 und diente neben der Probengewinnung auch dazu, Merkmale, Variabilität und Ökologie einiger Sippen am Originalstandort zu untersuchen und Samen für Nachzuchten zu gewinnen.

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Material und Methoden

Die Sippen europäischer Küsten und einiger Binnensalzstellen Deutschlands wurden auf einer Sammelreise im Herbst des Jahres 2001 intensiv untersucht. Aufgesucht wurden die Küsten Deutschlands, der Niederlande, Belgiens, Frankreichs, NO-Spaniens und NW-Italiens sowie einige der Binnensalzstellen Deutschlands in Sachsen-Anhalt. Entlang der Küsten wurden in regelmäßigem Abstand von ausgewählten Teilpopulationen einige Exemplare entnommen, auffällige Merkmale notiert, die Pflanzen herbarisiert und Blattproben angefertigt. Ergänzt werden konnte die Sammlung europäischer Sippen durch Überlassung von Material durch E. Westberg aus der Arbeitsgruppe Prof. J. W. Kadereit (Universität Mainz). Zahlreiches Material wurde von H. Freitag auf mehreren Sammelreisen gewonnen: Usbekistan (2000), Kanaren (2001), Italien (1999, 2001), Türkei (1997, 2002). Die wichtigsten zentralasiatischen Sippen konnten auf einer gemeinsamen Expedition im Jahr 2003 nach Südsibirien (Russische Föderation) im Gelände studiert und aufgesammelt werden. Bereist wurden die Regionen um Novosibirsk, Karasuk, Teile der Republik Tuva sowie die Regionen Burjatien und Chita. Frisches Blattmaterial wurde in Silicagel schnellgetrocknet (Chase & Hills 1991). Die Methode erwies sich als geeignet für sukkulentes Blattmaterial, wenn das Silicagel während der Trocknungsperiode mehrmals gewechselt wurde. Vollständig getrocknetes Blattmaterial erwies sich über mehrere Jahre haltbar und für Analysen verwendbar. Alternativ wurden Blattproben im Gelände in hochkonzentrierter CTAB-Lösung nach einer etwas modifizierten Methode von Rogstad (1992) konserviert (G. Kadereit, mdl.). In der CTAB-Lösung gelagerte Blattproben lieferten ebenfalls gute Ergebnisse bei der DNA- Extraktion und waren über längere Zeiträume lagerungsfähig. Zur Gewinnung lebenden Pflanzenmaterials für DNA-Analysen sowie Beobachtungen zu Morphologie und Lebenszyklus wurden im Gewächshaus und den Freianlagen der Universität Kassel Kulturversuche durchgeführt. Das Ziel war eine vergleichende Analyse der Entwicklung von Taxa verschiedener Herkunft unter identischen Wuchsbedingungen. Die Pflanzen wurden aus Samen gezogen, die teils während der Sammelreisen vom natürlichen Standort entnommen, teils aus Kulturen vorangegangener Jahre im Gewächshaus gewonnen wurden. Kulturen wurden in den Jahren 2001 bis 2003 durchgeführt. Jeweils in der ersten Aprilhälfte erfolgte die Aussaat der Samen auf angefeuchtetem Filterpapier in Petrischalen. Zur Erhöhung der Keimraten wurden einige Samenproben versuchsweise bei etwa -20°C vor der Au ssaat kältebehandelt, um die jahreszeitlichen Kältephasen des Originalstandortes zu simulieren. Die Keimlinge wurden bei einer Größe von 2-3 cm (nach 1-2 Wochen) in Töpfe überführt. Das Wuchsmedium war dabei Gartenerde vom Standort des Gewächshauses, die mit wenig Humus vermischt und nicht weiter behandelt wurde. Ab dem Jungpflanzen-Stadium erfolgte eine kontinuierliche Behandlung der Erde mit 0,5 M NaCl-Lösung (1x wöchentlich) sowie in regelmäßigen Abständen mit einem Universaldünger. Alle relevanten Pflanzen für die vorliegende Arbeit von Aufsammlungen im Gelände sowie aus Kulturversuchen wurden herbarisiert und sind als Belege im Herbarium der Universität Kassel (KAS) hinterlegt.

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Material und Methoden

2.3. Gewinnung molekularer Merkmale

Die molekularen Techniken und Methoden folgen mit wenigen Ausnahmen den Vorgaben in Sambrook & Russell (2001). Auf Besonderheiten wird an den speziellen Stellen eingegangen.

2.3.1. DNA-Isolation Voraussetzung für Arbeiten an der DNA ist deren Isolation aus der Zelle und Trennung von allen anderen Zellbestandteilen. Für Pflanzen mit ihren hoch differenzierten Zellwänden ist dabei ein mehrstufiger Prozess vonnöten, der aus mechanischer Zerkleinerung des Gewebes, Auflösung der Membranen und Abtrennung aller weiteren Zellbestandteile besteht. Für die Untersuchungen an den Suaedoideae wurde zwei Verfahren angewendet: Cetyltrimethylammoniumbromid (CTAB)-Isolation und DNA-Extraktionskits. Das hier verwendete Protokoll der CTAB-Methode ist eine relativ einfache Variante ohne Phenol-Chloroform-Reinigungsschritt und entspricht in den wesentlichen Schritten dem in Weising et al. (2005: 100) beschriebenem. Es wurde einer geringeren Menge an Ausgangsmaterial angepasst. Folgende Schritte waren erforderlich (für die eingesetzten Chemikalien vgl. Anhang): 1. Vorbereiten des Blattmaterials: Maximal 50 mg vollständig trockenes oder 150 mg frisches Blattmaterial unter Zugabe von Seesand pulverisieren (Mörser und Pistill oder Retsch Kugelmühle MM 300), frisches oder unvollständig getrocknetes Material vorher in flüssigem Stickstoff tieffrieren 2. Zell-Lysis in 400 µl CTAB-Isolationspuffer, 30 min bei 60°C auf Eppend orf Thermomixer (Schütteln) 3. Proteinfällung durch Zugabe von 400 µl Chloroform/Isoamylalkohol, 10 min unter schwachem Schütteln emulgieren 4. Zentrifugation 15 min bei 9000 rpm zur Phasentrennung (Eppendorf Centrifuge 5804 R) 5. Überführung der oberen, wässrigen Phase in neues Eppendorf-Reaktionsgefäß, Zugabe von 0,6 Vol.% Isopropanol, Ausfällung von CTAB-DNA und Polysacchariden (fädiges Präzipitat) 6. Zentrifugation (15 min bei 12000 rpm) 7. Entfernen des Überstandes, Zugabe von 500 µl 70% Ethanol 8. Erneute Zentrifugation (wie 6.) 9. Entfernen des Überstandes und Trocknung des Pellets (Vakuumkonzentrator Savant Speed Vac® SPD101B) 10. Lösung des Pellets in 200 µl TE-Puffer (meist über Nacht) 11. RNA-Abbau mit RNAse (Endkonzentration 25 µl/ml) 2 h bei 37°C 12. Zugabe von 100 µl 5M NaCl 13. Polysaccharidfällung durch langsame Zugabe von 73 µl 100% Ethanol (unter Schütteln), anschließend Inkubation auf Eis (10 min) 14. Abzentrifugation der Polysaccharide 15 min bei 9000 rpm 15. Fällung der DNA im Überstand mit gleichem Volumen 100% Isopropanol 16. Zentrifugation (15 min bei 12000 rpm) 17. Entfernen des Überstandes, Zugabe von 500 µl 70% Ethanol 18. Erneute Zentrifugation (wie 6.) 19. Entfernen des Überstandes und Trocknung des Pellets 20. Lösung des Pellets in 200 µl TE-Puffer

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Material und Methoden

Modifiziert wurden in Abhängigkeit vom Ausgangsmaterial vor allem die DNA-Fällungsschritte. Während intakte DNA bereits bei Raumtemperatur und nach sehr kurzer Zeit sichtbar ausfällt, war es im Falle von erwarteten geringen Konzentrationen oder starker DNA-Degradierung notwendig, die Fällungszeiten zu erhöhen (teilweise über Nacht) sowie die Temperatur zu verringern (-20°C). Dadurch konnte die Ausbeute gesteigert werden. Als besonders kritisch erwies sich die Polysaccharidfällung, da in diesem Schritt größere Mengen DNA ausfallen können. Alternativ wurden einige Proben mit dem Mini Kit von Qiagen extrahiert. Dies erfolgte vor allem mit einigen Proben, deren DNA mit CTAB nicht isoliert werden konnte (z.B. Frischmaterial von Suaeda spicata) sowie für Testzwecke. Die Mengen an Ausgangsmaterial sowie die vorbereitenden Schritte waren jeweils die gleichen wie bei der CTAB-Methode. Die Isolation erfolgte entsprechend den Angaben in der Gebrauchsanleitung des Herstellers ohne Modifikationen. Für weitere Analysen wurde die DNA in TE-Puffer bei 4°C im Kühlschrank gelager t. Alle DNA-Proben erhielten eine eindeutige, vierstellige Identifikationsnummer. Die Nummerierung für das Labor Kassel beginnt mit 1001. Bei Wiederholung der Isolation aus der gleichen Pflanze wurde stets eine neue Nummer vergeben.

2.3.2. Gelelektrophorese Die Gelelektrophorese dient zur Separation von Molekülen unterschiedlicher Größe sowie zum Nachweis absoluter Mengen anhand von Vergleichsstandards. Für die Arbeit mit DNA werden Agarose- und Polyacrylamidgele eingesetzt. Benötigt werden dafür die Gelmatrix mit Aufnahmekammern für die DNA-Lösung, ein Elektrophoresepuffer sowie ein variables elektrisches Feld. Agarosegele wurden zum Nachweis hochmolekularer DNA nach der Isolation und zur Kontrolle der PCR-Amplifikate eingesetzt. Je nach Fragestellung wurden dabei Konzentration und Pufferbedingungen variiert. Die Aufnahme der DNA erfolgte in einem Bromphenol-Glycerin- Auftragspuffer, der Nachweis durch Anfärben mit Ethidiumbromid-Lösung und Fluoreszenz im UV- Licht. Als Elektrophoresepuffer wurde 0,5x TBE-Puffer verwendet. Die Kontrolle der DNA nach der Extraktion erfolgte auf einem 0,8% Agarose-Gel. Zum Abschätzen der erzielten Menge an DNA diente ein in fünf Stufen zu je 2, 5, 10, 20 und 40 ng/µl verdünnter Lambda- DNA-Marker, der auf Agarosegelen ähnliche Laufeigenschaften wie die hochmolekulare DNA hat. Für die Überprüfung von Menge und Qualität von PCR-Produkten wurde mit Gelkonzentrationen von 1,5% gearbeitet. Als Standard kam hier der Low DNA Mass Ladder zum Einsatz, mit dem Größen von 100, 200, 400, 800, 1200 und 2000 bp und gleichzeitig Mengen von 10, 20, 40, 80, 120 und 200 ng nachgewiesen werden können. Im Falle von unspezifischen PCR-Produkten mussten die kompletten Mengen auf einem speziellen Agarosegel aufgetrennt werden. Das Gel wurde anschließend mit Ethidiumbromid angefärbt und die gewünschte Bande unter UV-Licht aus dem Gel ausgeschnitten. Die Herauslösung der PCR-Produkte aus dem Gel erfolgte mittels des Gel Extraktionskits von Qiagen nach Anleitung des Herstellers. Um störende Wirkungen des Bors zu vermeiden, wurde anstatt mit TBE-Puffer mit 1x TAE-Puffer gearbeitet und das Gel aus einer Seakem-LE-Agrose (1%) hergestellt.

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Material und Methoden

Die Auftrennung der Fragmente nach Sequenzierreaktionen erfolgte auf Polyacrylamidgelen in der zum Licor-Sequenzierautomaten gehörenden Apparatur. Diese Elektrophorese findet unter für DNA denaturierenden Bedingungen (hohe Harnstoffkonzentration) statt, da nur einzelsträngige Moleküle richtig detektiert werden können. In den meisten Fällen war ein Auftrennweg von ca. 35 cm ausreichend (entspricht 41cm-Gelplatten). Für kritische Proben wurde diese Strecke auf etwa 60 cm vergrößert (66cm-Gelplatten). Die Gelstärke betrug einheitlich 0,2 mm. Für die 41cm-Gele wurde ein 6%iges Gel aus Fertigmischung (Sequagel XR) verwendet, für die 66cm-Gele ein 3,5%iges, aus den Grundkomponenten selbst gefertigtes PAA-Gel eingesetzt (s. Anhang). Die Elektrophorese selbst erfolgte in 1x TBE-Puffer bei 1800 (41 cm) bzw. 3000 V (66 cm) auf dem Licor-Sequenzierautomat. Unter diesen Konditionen werden etwa 100-120 bp je Stunde detektiert. Die DNA-Proben wurden für die Elektrophorese mit einem denaturierenden und mit Fuchsin oder Pararosanilin angefärbten Formamid-Auftragspuffer versetzt.

2.3.3. DNA-Regionen und Primer Von den drei unabhängigen genetischen Einheiten der pflanzlichen Zelle sollten wenigstens zwei für die phylogenetische Untersuchung ausgewählt werden. Für die vorliegende Arbeit wurden Regionen aus dem Zellkern und dem Chloroplasten verwendet. Da molekularsystematische Studien an den Chenopodiaceae am Beginn der eigenen Arbeiten nicht vorlagen, mussten Informationen über geeignete DNA-Regionen und zugehörige Primer aus thematisch ähnlichen Arbeiten entnommen werden, die sich vor allem mit Chloroplasten- und Kern-DNA beschäftigen. Die entsprechenden Primersequenzen stammen aus vergleichenden Studien an bekannten Genomen (Reis, Mais, Tabak u.a.) und sind in relativ konservativen Genregionen verankert, die die zu untersuchende variable Region flankieren. Aus diesem Grund sind die Primer meist universell einsetzbar und es ist eine Abschätzung der zu erwartenden Fragmentlänge möglich. DNA-Regionen für phylogenetische Studien sollten im Genom als Einzelkopie oder in identischen Kopien vorliegen. Für nah verwandte Arten wie im Fall der vorliegenden Studie mussten Regionen mit genügend hohen Substitutionsraten ausgesucht werden, um ausreichend informative Positionen für die Auswertung zur Verfügung zu haben. Allerdings besteht bei zu hoher Mutationsrate die Gefahr des „Verrauschens“ der Information aufgrund multipler Mutationen. lm Idealfall sollte die Basenzusammensetzung annähernd gleich sein da die Gefahr besteht, dass nicht verwandte Taxa nur aufgrund ähnlicher Basenhäufigkeiten zusammen gruppieren. Aus technischen Gründen sollten die zu amplifizierenden Fragmente eine maximale Länge von 1000 bp nicht überschreiten, um eine problemlose PCR und Sequenzierung in einem Schritt zu ermöglichen. Aus dem Kerngenom wurden die beiden internen transkribierten Spacer (ITS) der ribosomalen DNA ausgewählt. ITS ist einer der am häufigsten eingesetzten Kernmarker im inter- und intraspezifischen Bereich, damit ist ein Vergleich der eigenen Ergebnisse mit ähnlichen Arbeiten möglich. Die Primersequenzen für die Amplifikation von Gesamt-ITS und getrennter ITS1/ITS2-Amplifikation (für degenerierte DNA) stammen aus der Arbeit von Blattner (1999) und wurden erfolgreich in den Suaedoideae eingesetzt. Da es sich bei den ribosomalen Genen als Bindungsorte für die ITS-Primer um hochkonservierte Regionen handelt, waren keine Optimierungsversuche notwendig.

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Material und Methoden

Hingegen waren für die Auswahl geeigneter Chloroplastenregionen Testreihen erforderlich, da eine Vielzahl möglicher Regionen für die phylogenetische Analyse zur Verfügung steht und davon zwei mit passender Variabilität gefunden werden sollten. Aus der Literatur wurden acht mögliche Regionen ausgewählt. Primersequenzen und PCR-Bedingungen wurden aus den entsprechenden Originalarbeiten übernommen. Eine Übersicht über die verwendeten Primer und DNA-Regionen gibt die nachfolgende Tabelle:

Tab. 1: Übersicht der im Auswahlverfahren für die phylogenetische Analyse der Suaedoideae getesteten DNA-Regionen und Primer sowie ihrer Herkunft.

Region Primerpaar 5’ - 3’ Bindungsort sensu

Chloroplast

atpB-rbcL fw: GAAGTAGTAGGATTGATTCTC cp atpB Xu et al. 2000 rv: CAACACTTGCTTTAGTCTCTG cp rbcL

atpB-rbcL fw: CAAGTTGATCGGTTAATTAAATAAGAA atpB-rbcL eigene Konstr.

trnH-psbA fw: GTTATGCATGAACGTAATGCTC cp trnH Xu et al. 2000 rv: CGCGCATGGTGGATTCACAAATC cp psbA

rps16 intron fw: GTGGTAGAAAGCAACGTGCGACTT cp rps16 Oxelman 1997 rv: TGCGGATCGAACATCAATTGCAAC cp rps16

psbB-psbH fw: AGATGTTTTTGCTGGTATTGA cp psbB Xu et al. 2000 rv: TTCAACAGTTTGTGTAGCCA cp psbH

trnT-trnL fw: (a) CATTACAAATGCGATGCTCT cp trnT Taberlet 1991 rv: (b) TCTACCGATTTCGCCATATC cp trnL

trnL intron fw: (c) CGAAATCGGTAGACGCTACG cp trnL Taberlet 1991 rv: (d) GGGATAGAGGGACTTGAACC cp trnL

trnL-trnF fw: (e) GGTTCAAGTCCCTCTATCCC cp trnL Taberlet 1991 rv: (f) ATTTGAACTGGTGACACGAG cp trnF

trnS-trnG fw GATTAGCAATCCGCCGCTTT cp trnS Xu et al. (2000) rv: TTACCACTAAACTATACCCGC cp trnG

Kern

ITS + 5,8S ITS-A: GGAAGGAGAAGTCGTAACAAGG nc 18S Blattner 1999 ITS-B: CTTTCCTCCGCTTATTGAGATG nc 26S

ITS 1 ITS-C: GCAATTCACACCAAGTATCGC nc 5,8S Blattner 1999

ITS 2 ITS-D: CTCTCGGCAACGGATATCTCG nc 5,8S Blattner 1999

Sonstige

M 13 uni: TGTAAAACGACGGCCAGT Fartmann et al 1999

M 13 rev: CAGGAAACAGCTATGACC Fartmann et al 1999

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Material und Methoden

Die Variabilität der DNA-Regionen zwischen den Arten wurde anhand der sehr begrenzten Auswahl von 6 Taxa eingeschätzt. Die Auswahl umfasste die Sippen Bienertia cycloptera, Suaeda fruticosa, S. altissima, S. paradoxa, S. heterophylla, S. crassifolia. Mit dieser Auswahl konnte die Variabilität sowohl inter- als intragenerisch abgeschätzt werden. Es wurden letztendlich Regionen ausgewählt, deren Amplifikation ohne Schwierigkeiten möglich war, die keine zu hohe Längenvariabilität aufwiesen und auch durch eine genügende Anzahl von Punktmutationen eine für den gewählten Rahmen passende Variabilität erwarten ließen. Um festzustellen, dass es sich bei den eigenen Versuchen wirklich um die erwarteten DNA-Regionen handelt, wurden die Daten mit den in der Genbank (National Centre for Biotechnology Information, www.ncbi.nlm.nih.gov) publizierten Sequenzen von Spinacia oleracea als den Suaedoideae nächst verwandte Sippe überprüft (NCBI acc. no. NC_002202 für das Chloroplastengenom, AF062088 für ITS). Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Ergebnisse der vergleichenden Tests aller DNA-Regionen an.

Tab. 2: Tabellarische Übersicht der Ergebnisse des Auswahlverfahrens von DNA-Regionen für die phylogenetische Analyse der Suaedoideae.

Region Ergebnisse Auswahl atpB-rbcL PCR ++; variable Region mit Punktmutationen und Indels; gut verwendbar + trnH-psbA PCR +, teilweise unspezifisch (2 Fragmente); extrem längenvariable - Region, zwischen Bienertia und Suaeda in der Mitte nicht alignierbar; nur bedingt verwendbar rps16 intron PCR +, scheint unspezifisch (2 Fragmente); durchschnittlich variable - Region, Punktmutationen und Indels; gut verwendbar psbB-psbH PCR ++, durchschnittlich variable Region, vorwiegend Punktmutationen; + gut verwendbar trnT-trnL PCR ++, stark variable Region; für Gattungsphylogenie wohl nur bedingt - verwendbar trnL intron PCR ++, variable Region, alignierbar; offenbar gut geeignet - trnL-trnF PCR o, zu schwache PCR-Produkte, nicht sequenzierbar - trnS-trnG PCR ++, stark variabler Bereich, lange TA-Microsatelliten; mit Spinacia - nicht alignierbar, möglicherweise falsche Region

ITS PCR +, teilweise unspezifisch (mehrere Fragmente), sehr variable Region, + gut geeignet zwischen Arten, Variabilität relativ gering zwischen Arten, zwischen Gattungen dagegen sehr hoch (innerhalb Chenopodiaceae kritisch)

Basierend auf den Ergebnissen dieser Vorversuche wurden zwei geeignete Chloroplasten-Regionen (atpB-rbcL, psbB-psbH) und ITS für die Studie ausgewählt. Die atpB-rbcL-Region zeigte bereits in den Vorversuchen eine höhere Variabilität als die psbB-psbH-Region, so dass zu erwarten war, sowohl auf Gruppen- als auch auf Artebene verwertbare Ergebnisse zu erhalten. Mit den drei DNA-Regionen 31

Material und Methoden konnte ein ausreichend großer Datensatz erzeugt werden, um mit gewisser Sicherheit sowohl die molekulare Phylogenie der Gruppe zu rekonstruieren als auch Artbildungsprozesse zu erklären. Erst nach Beginn der Arbeiten stellte sich heraus, dass die atpB-rbcL -Region für die Taxa der Sektion Schoberia mit der üblichen PCR-Technik nicht amplifizierbar ist. Grund dafür ist eine komplexe Minisatellitten-Struktur am Beginn des spacers, an der die PCR offenbar abbricht. Für diese Sippen wurden aus dem Alignment bereits vorhandener, ähnlicher Sequenzen ein interner Primer konstruiert, der die nicht amplifizierbare Region ausschließt. Dadurch gehen etwa 150 bp für die phylogenetische Analyse verloren. Sämtliche Primer wurden von den Firmen MWG und metabion synthetisiert. Aufgrund der speziellen Technik des Licor-Sequenzierautomaten wurde jeder Primer am 5’-Ende mit einer Anhangssequenz (tail) versehen, die als Bindungsstelle für universelle Sequenzierprimer fungiert. Deren Sequenz ist von einem M13-Phagen abgeleitet und sollte im Eukaryotengenom keine komplementäre Struktur besitzen. Die Sequenz wurde dem Licor-Manual entnommen (Fartmann et al. 1999). Beide PCR- Primer haben jeweils unterschiedliche M13-Anhangssequenzen. An diese Anhänge binden die jeweils unterschiedlich fluoreszenzmarkierten Sequenzierprimer.

2.3.4. PCR-Methodik Mit den oben beschriebenen Primern wurden alle PCR durchgeführt. Es konnten Standardverfahren genutzt werden, von denen keine wesentlichen Abweichungen notwendig waren. In der Regel genügten etwa 25-35 PCR-Zyklen für die Erzeugung von ausreichend konzentriertem PCR-Produkt für die nachfolgende Sequenzierreaktion (>10ng/µl). Ein typischer PCR-Ansatz betrug insgesamt 50 µl. Für alle PCR wurden verwendet: Taq DNA Polymerase (recombinant), dNTP-Stammlösung, PCR-

Puffer, MgCl2-Stammlösung. Durchgeführt wurden die PCR auf Cyclern der Typen Biometra TGradient, BioRad ICycler und Perkin Elmer 2400. Zusätzliche Schritte waren für die Amplifikation stark degenerierter DNA notwendig. Um ausreichend PCR-Produkt zu erhalten, wurde das gering konzentrierte PCR-Produkt aus der ersten PCR als Templat für eine Reamplifikation unter gleichen Bedingungen verwendet. Dadurch erhöht sich zwar die Fehlerrate, doch war für einige Proben kein anderer Weg möglich. Die ITS-Region wurde aus degenerierter DNA in zwei getrennten Teilreaktionen gewonnen, in denen die gesamte Region von ca. 650 bp in zwei etwa gleich langen Fragmenten getrennt amplifiziert wird. Dies war in vielen Fällen erfolgreich. Nachfolgend ist das Standard-Protokoll für die ITS-Amplifikation aufgeführt. Zur Erhöhung der Spezifität wurde das touchdown-Verfahren angewendet (Don et al. 1991), bei dem die ersten Schritte eine sehr hohe annealing-Temperatur haben, die schrittweise erniedrigt wird. Weiterhin wurde DMSO in Konzentrationen bis etwa 10% beigefügt. DMSO unterstützt die Spaltung der Wasserstoffbrückenbindung und verbessert die PCR GC-reicher Fragmente wie im Fall von ITS. Die Zusammensetzung eines Reaktionsansatzes ist in folgender Tabelle zusammengestellt:

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Material und Methoden

Tab. 3: Reaktionsbedingungen der ITS touchdown PCR.

Bezeichnung Konzentr. Stammlösung Endkonzentration PCR Puffer 10x 1x MgCl2 50 mM 1,5 mM dNTP 2,5 mM 200µM Primer 10 µM 0,25 µM je taq DNA Polymerase 5 U/µl 1,5 U DMSO 100% 10% in 50 µl Ansatz

Die thermischen Bedingungen und Reaktionszeiten für die ITS-PCR sind folgender Übersicht zu entnehmen:

1x 180“ 94°C 10x 30“ 94°C 30“ 62°C (-0,5 Grad je Zyklus) 90“ 72°C 25x 30“ 94°C 30“ 57°C 90“ 72°C 1x 10’ 72°C

Unter ähnlichen Bedingungen wurde die Chloroplasten-PCR durchgeführt. Hierbei war es nicht erforderlich, Modifikationen vorzunehmen, da die Primer sehr spezifisch hybridisierten. Allerdings war die Amplifikation aus degradiertem Material wesentlich schwieriger, da Chloroplasten-DNA in wesentlich geringerer Menge in den Zellen vorliegt und auch mit Ausnahme der atpb-rbcL-Region für die Sektion Schoberia keine internen Primer verwendet wurden. Daher liegen nicht für alle Taxa Chloroplasten-Daten vor.

Tab. 4: Reaktionsbedingungen der Chloroplasten PCR.

Bezeichnung Konzentr. Stammlösung Endkonzentration

PCR Puffer 10x 1x MgCl2 50 mM 1,5 mM dNTP 2,5 mM 100µM Primer 10 µM 0,25 µM je taq DNA Polymerase 5 U/µl 1,5 U DMSO 100% 5% in 50 µl Ansatz

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Material und Methoden

Der PCR-Zyklus wurde ohne vorangestellte touchdown-Phase durchgeführt:

1x 180“ 94°C 25x 30“ 94°C 30“ 55°C 90“ 72°C 1x 10’ 72°C

Die Reaktionsansätze wurden nach beendigter PCR bei 4°C im Kühlschrank für die weitere Verwendung gelagert.

2.3.5. DNA-Sequenzierung Die PCR-Fragmente wurden nach der Amplifikation direkt sequenziert, eine Aufreinigung war in der Regel nicht erforderlich. Sequenziert wurde nach der Kettenabbruchmethode von Sanger (1977). Die Sequenzierung ist eine etwas modifizierte PCR in der ein Teil der Desoxyribonukleotide (dNTP) durch 2’-3’-Didesoxyribonukleotide (ddNTP) ersetzt wird (meist im Verhältnis 1:200-300). Wird ein ddNTP anstelle eines dNTP in die Kette eingebaut, bricht die Kettenverlängerung an dieser Stelle ab und aufgrund der Fragmentlänge erhält man Informationen über das Nukleotid an der Abbruchstelle. Die Sequenzierreaktion liefert die Fragmente für die Auftrennung auf einem PAA-Gel und der Detektion im Sequenzierautomaten. Die Sequenzierung bzw. Fragmentauftrennung erfolgte mit dem Sequenzierautomaten IR 4010 von Licor. Das Gerät ist mit zwei Detektionslasern ausgestattet, die unterschiedliche Wellenlängen erfassen (700 und 800 nm). Damit ist es möglich, zwei Auftrennungen gleichzeitig durchzuführen, sofern diese mit unterschiedlich markierten Sequenzierprimern durchgeführt wurden. Da mit universalen fluoreszenzmarkierten Primern gearbeitet wurde die keine direkte Detektion der vier unterschiedlichen Nukleotide zulässt, mussten für die Sequenzierung einer DNA-Probe vier getrennte Reaktionen durchgeführt werden, die jeweils 1 spezifisches ddNTP enthielten. Verwendet wurde für die Sequenzierreaktion das komplette Thermo Sequenase™Primer Cycle Sequencing Kit von amersham Biosciences, das sich als geeignet für alle Reaktionen erwies. Zu dem Reaktionsansatz wurden nur noch das DNA-Templat, Sequenzier-Primer sowie hochreines Wasser (für die HPLC) zugesetzt Die Sequenzierprimer für den Licor-Sequenzierautomaten sind spezielle fluoreszenzmarkierte Primer (IRDye 700 und IRDye 800), die an den um die tails (s. Kap. 2.3.3) verlängerten PCR-Fragmenten binden und in der Sequenzierreaktion die Abbruchfragmente in gegensätzlichen Richtungen vom gleichen Fragment erzeugen. Von jedem PCR-Fragment entstehen damit zwei gegenläufige, komplementäre Sequenzinformationen. Dies dient zur Kontrolle der erhaltenen Ergebnisse. Eine einzelne Sequenzierreaktion für den Nachweis eines Nukleotids umfasste insgesamt 6 µl und enthielt die Komponenten in folgenden Endkonzentrationen:

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Material und Methoden

Tab. 5: Zusammensetzung eines Reaktionsansatzes für die DNA-Sequenzierung mit dem Thermo Sequenase™ Primer Cycle Seqeuencing Kit.

Bezeichnung Endkonzentration

DNA-Templat 20-25 ng Sequenzierprimer (2) 0,5 pmol je Tris-HCl, pH 9.5 10 mM MgCl2, 1,5 mM Tween™-20 (v/v) 0.01% Triton™X-100 (v/v) 0.01% β-Mercaptoethanol 0.02 mM Thermo Sequenase DNA- Polymerase 0,42 U/µl dATP / 0.33 µM ddATP 0.1 mM dCTP / 0.33 µM ddCTP 0.1 mM 7-deaza-dGTP / 0.33 µM ddGTP 0.1 mM dTTP / 0.33 µM ddTTP 0.1 mM

Das PCR-Protokoll für die Sequenzierreaktion umfasste folgende Schrittelautet wie folgt:

1x 180“ 94°C 30x 30“ 94°C 30“ 57°C 30“ 72°C keine finale Elongation;

Der PCR-Ansatz wurde nach Abschluss der Sequenzierreaktion mit 1 Vol. Formamid-Ladepuffer aufgefüllt und für 5-10 min bei 80°C denaturiert. V on diesem Ansatz wurden 0,5-1 µl für den Auftrag auf das Sequenziergel benutzt. Die Auftrennung der Fragmente erfolgte über PAA-Gele unter den in Kap. 2.3.2 genannten Konditionen. Die Größe der Gele und ´damit der Auftrennweg richtete sich nach der erwarteten Fragmentlänge und geforderten Trennschärfe. Die Gewinnung der Rohdaten und Steuerung des Sequenzierautomaten erfolgte mit dem Programm e-Seq vers. 2.0 der Firma Licor. Mit diesem Programm wurden die Grafiken aus der Laserdetektion in Sequenzinformation konvertiert und der weiteren Auswertung zugänglich gemacht.

Alle für die vorliegende Arbeit relevanten Sequenzen wurden mittels des Programms Sequin in die Genbank des National Centre for Biotechnology Information, (NCBI; www.ncbi.nlm.nih.gov) übertragen und sind dort mit einer eindeutigen Identifikationsnummer dokumentiert.

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Material und Methoden

2.4. Auswertung der molekularen Daten

Die im folgenden beschriebenen Schritte sind Standardverfahren zur Modellierung molekularer Phylogenien einschließlich deren statistischer Absicherung. Die Auswahl erfolgte vor allem anhand zusammenfassender Werke (Felsenstein 2004, Hall 2001, Hillis et al. 1996, Rieppel 1999, Swofford et al. 1996) sowie durch Vergleich mit thematisch ähnlicher Literatur. Das Ziel aller benutzten Methoden ist die Rekonstruktion der statistisch am besten abgesicherten Stammbäume für alle untersuchten Taxa, die als Grundlage für weiterführende Untersuchungen dienen.

2.4.1. Datenauswahl Alignments und Berechnungen wurden für Datensätze unterschiedlicher taxonomischer Ebene sowie für ITS- und Chloroplastendaten getrennt durchgeführt. Dies erschien aufgrund der hohen Diversität im gesamten Datensatz sowie unterschiedlicher phylogenetischer Signale notwendig. In den Berechnungen kombiniert wurden alle Chloroplastendaten, da es sich beim Chloroplastengenom um eine physische Einheit handelt, in diesem Fall ist dieses Vorgehen legitim. Eine weitere kombinierte Berechnung erfolgte mit atpB-rbcL/ITS-Daten. Mit dem partition-homogeneity test wurde in jedem Fall vor einer Kombination die phylogenetischen Signale verglichen und auf Abweichungen geprüft. Entsprechend dem Ziel der vorliegenden Arbeit wurden Datensätze für drei taxonomische Ebenen zusammengestellt die sich in etwa an folgenden Einheiten orientieren:

1. Unterfamilie: 22 Taxa Suaedoideae, Salicornioideae, Bassia; enthält nur wichtige, sektionsspezifische Sippen. 2. Gattung: ein Datensatz für ITS mit 92 Sippen, ein Datensatz für Chloroplasten mit 66 Sippen, enthält die größte Breite verfügbarer Sequenzen für die Gattung Suaeda. 3. Sektion: als Beispiel wurde hier die Sektion Brezia mit 66 Sequenzen ausgesucht, da in dieser Sektion die meisten taxonomischen Unklarheiten bestehen und auch das meiste Material zur Verfügung stand.

Die Unterteilung erschien auch aufgrund der Menge vorhandener Sequenzen und der Darstellbarkeit der Ergebnisse sinnvoll. Davon abweichend wurde die Bestimmung der Divergenzzeiten und die Altersdatierung mit einem erweiterten Datensatz vorgenommen, um bereits bekannte Kalibrierungspunkte zu berücksichtigen.

2.4.2. Sequenz-Alignment Die Sequenzdaten müssen zunächst in eine auswertbare Form gebracht werden, um vorhandene Unterschiede sichtbar zu machen. Dies geschieht durch das Alignment. Ein Alignment enthält die Sequenzen in ausgerichteter Form, wodurch das Kriterium der Homologie von Merkmalen hergestellt wird. Homologe Merkmale sind in diesem Falle die Nukleotide an gleicher Position. Das Alignment ist ein Modell, welches die Unterschiede zwischen verschiedenen Sequenzen verdeutlicht und

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Material und Methoden

Längenunterschiede durch Einfügen von Lücken (gap) ausgleicht. Die Konstruktion des Alignments ist ein Optimierungsprozess, der von mehreren Größen beeinflusst wird: gap open penalty, mismatch penalty, gap extension penalty. Die genannten Faktoren wirken unmittelbar auf die Definition homologer Positionen, was für die spätere Analyse von entscheidender Bedeutung ist. Mit diesen Werten wird ein Optimalwert des Alignments ermittelt, der in diesem Falle zu maximieren ist. Das Prinzip besteht darin, das Einfügen von Lücken zu erschweren und Fehlpaarungen bis zu einem gewissen Grad zu ermöglichen, dass ein biologisch sinnvolles Ergebnis entsteht. Ein korrektes Alignment existiert nicht. Die Konstruktion des Alignments und die Wahl der Parameter hat daher entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse der phylogenetischen Berechnungen. Die Sequenzalignments wurden mit dem Programm AlignIR vers. 1.1 der Firma Licor durchgeführt. In einem ersten Schritt wurden die aus der Sequenzierung mit dem Licor-Sequenzierautomaten gewonnen komplementären, gegenläufigen Sequenzen für eine DNA-Sequenz durch überlappendes Alignment vereinigt und daraus eine Konsensus-Sequenz erzeugt. Nicht jede Baseninformation war exakt zu bestimmen. Dies kann sowohl an Problemen bei der Sequenzierung als auch an wirklich vorhandenen Doppelungen liegen. Dieser Fall tritt immer dann auf, wenn eine Sequenz in mehreren Ausprägungen (bzw. Allelen) vorliegt, wie dies in hybridogenen Genomen der Fall sein kann. Unklare Positionen wurden soweit möglich nach dem IUPAC-Code verschlüsselt. Mit den Konsensus- Sequenzen aller Taxa wurde das multiple Alignment für die jeweilige DNA-Region konstruiert. In allen Schritten waren manuelle Editierungen notwendig. Das endgültige (multiple) Alignment wurde mit dem Programm ClustalX vers. 1.83 (Thompson et al. 1997) konstruiert. Als Alignmentparameter wurden die Einstellungen open gap penalty = 15 und gap extention penalty = 6,66 gewählt. Durch die Wahl eines Wichtungsfaktors für Transitionen von 0,5 wird der empirischen Beobachtung Rechnung getragen, dass Transversionen gegenüber Transitionen mit höheren „Kosten“ verbunden sind. Somit sind bereits im Alignment Parameter der DNA-Evolution berücksichtigt. Mit den angegebenen Werten werden die Alignments vergleichsweise eng konstruiert, eine relativ hohe Zahl von Fehlpaarungen toleriert und entstehende Lücken, die als fehlende Daten gewertet werden, minimiert. Aufgrund der hohen Diversität der Sequenzen war ein eindeutiges Alignment besonders im Fall von ITS nicht möglich. Die Längenunterschiede (Insertionen, Deletionen) wurden als zusätzliche Merkmale gewertet, wenn sie synapomorphen Charakter zeigten. Die Indels können allerdings keinen Wert annehmen sondern müssen als presence/absence-Charakter (1/0) binär verschlüsselt werden. Technisch wurde das Problem so gelöst, dass die Sequenzmatrix um die jeweiligen 0/1 Werte erweitert und eine kombinierte Berechnung durchgeführt wurde. Probleme ergeben sich aus überlappenden Indels in dem Fall, wenn unterschiedliche Sequenzen in der gleichen Region unterschiedlich lange Indels haben. Diese Indels wurden nicht gewertet. Besonders bei den Chloroplastendaten lieferten die kodierten Indels ergänzende Informationen. Allerdings werden in den Berechnungen zwei Datentypen vereint, was zu Fehlern führen kann und die kombinierte Information ist nur für bestimmte Berechnungsverfahren (Maximum Parsimony) zu verwerten. Aus den Alignments wurden mit Hilfe des Programms MEGA version 4 (Tamura et al. 2007) die Sequenzmerkmale wie z.B. GC-Gehalt, variable Positionen, usw. berechnet.

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Material und Methoden

2.4.3. Phylogenetische Berechnungsverfahren Die Rekonstruktion verwandtschaftlicher Zusammenhänge erfolgt anhand von gerichteten Stammbäumen und geschieht im wesentlichen nach zwei methodischen Ansätzen. Phänetische Verfahren (Sneath & Sokal 1973) gruppieren Taxa nach Ähnlichkeiten bzw. Divergenzen ohne Berücksichtigung des Entstehungsweges. Kladistische Verfahren rekonstruieren aus den beobachteten Merkmalsunterschieden gemeinsam abgeleitete Gruppen und stellen diesen Prozess in Kladogrammen dar. Alle kladistischen Prinzipien gehen auf die Theorien von Hennig (1950) zurück, wonach sich eine Art bzw. eine Population in zwei Tochterarten bzw. -populationen aufspaltet, die als Schwestergruppen bezeichnet werden. Die Schwestergruppen teilen gemeinsam abgeleitete (synapomorphe) Merkmale. Erforderlich ist auch die Annahme, dass sich alle Organismen auf einen ursprünglichen Organismus zurückführen lassen, der am Beginn bzw. der Wurzel des Stammbaumes steht. Das Ziel der auf rezenten Merkmalen basierenden Phylogenie ist die Ermittlung eines Kladogrammes (=Stammbaumes), das die Verwandtschaft und Evolution seiner Endglieder am besten wiedergibt. Ein Kladogramm besteht aus einer Vielzahl hierarchisch angeordneter Bifurkationen, die den Weg der Artbildung und Evolution widerspiegeln und Schwestergruppenbeziehungen aufzeigen sollen. Jeder Knoten hat darin die Bedeutung eines Aufspaltungsereignisses. Die Äste verdeutlichen die Merkmalsentwicklung eines untergeordneten Knotens oder eines terminalen Taxons. Mit der Astlänge wird die jeweilige individuelle Merkmalszahl ausgedrückt. Der Idealfall der phylogenetischen Rekonstruktion ist genau ein Kladogramm, das die phylogenetischen Verwandtschaftsbeziehungen aller Taxa eindeutig bestimmt. In den meisten Fällen resultiert Merkmalsinkongruenz aber darin, dass mehrere Kladogramme gefunden werden, die in einigen Gabelpunkten übereinstimmen, in anderen sich aber unterscheiden. Die Verwandtschaftsbeziehungen sind damit für einige Taxa nicht eindeutig bestimmt. Methodische Ansätze für die Rekonstruktion von Stammbäumen können in Distanz- und Optimierungsmethoden unterteilt werden. Mit Distanzmethoden wie z.B. neighbor joining (Saitou & Nei 1987) oder UPGMA (Sneath & Sokal 1973) werden Sequenzen oder Binärdaten aus fingerprint- Analysen paarweise verglichen und Distanzwerte berechnet. Aus den erhaltenen Werten wird eine Distanzmatrix gebildet und daraus nach speziellen Clusterverfahren ein Stammbaum rekonstruiert. Der resultierende Stammbaum ist für dieses Verfahren eindeutig. Im Gegensatz zu den Distanzmethoden benötigen Optimierungs- oder diskrete Methoden wie Maximum Parsimony (Farris 1970), Maximum Likelihood (Felsenstein 1981) oder die komplexeren Verfahren der Bayesianischen Analyse zwei Schritte. Als erstes wird ein Optimalitätskriterium (z. B. Evolutionsmodell) festgelegt, mit dem im zweiten Schritt ein gegebener Baum optimiert wird. Die Methoden greifen direkt auf Merkmale (z. B. Sequenzdaten) zurück und haben damit eine wesentlich breitere Informationsbasis als Distanzverfahren. Alle in der vorliegenden Arbeit verwendeten Methoden der phylogenetischen Rekonstruktion haben die Erstellung von optimierten Kladogrammen und ihre Bewertung zum Ziel. Anhand einer gut gestützten molekularen Phylogenie können Merkmale rekonstruiert und bewertet sowie bei Vorliegen geeigneter Fossilien Altersdatierungen vorgenommen werden. Dafür ist die Ermittlung von Nukleotid-Substitutionsraten notwendig. Werden diese als konstant ermittelt

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Material und Methoden

(molekulare Uhr), kann die Phylogenie kalibriert werden und bekommt damit eine zeitliche Komponente.

Distanzen und Evolutionsmodelle Mit Distanzen wird ein Ähnlichkeitsmaß für Sequenzpaare ausgedrückt, aus dem unmittelbar auf die evolutionäre Geschichte geschlossen werden kann. Verschiedene Möglichkeiten der Distanzbildung sind beschrieben worden, die mehr oder weniger auf die Spezifik des DNA-Moleküls und seine Dynamik eingehen. Die einfachste Möglichkeit der Distanzbildung ist die Ermittlung des Anteils unterschiedlicher Nukleotidpositionen und die Übertragung in prozentuale Werte. In diesem Fall spricht man von unkorrigierten oder p-Distanzen. Die besonderen Eigenschaften der DNA-Merkmale werden bei diesem Verfahren nicht berücksichtigt. Diese Art der Distanzbildung bedeutet eine starke Reduzierung des in dem Datensatz enthaltenen Informationsgehaltes, da beispielsweise gleiche Distanzwerte aus unterschiedlichen Sequenzpaaren entstehen können. Da Mehrfach- und Rückmutationen unberücksichtigt bleiben, ist die Methode fehlerbehaftet. Besonders bei steigender Divergenzzeit wird die Zahl tatsächlich aufgetretener Mutationen systematisch unterschätzt. Daraus können Fehler bei der nachfolgenden phylogenetischen Rekonstruktion entstehen. Evolutionsmodelle sind durch bestimmte empirisch beobachtete und festgelegte Parameter korrigierte Distanzen. Das Hinzufügen von Korrekturparametern ist nachvollziehbar, da die DNA-Divergenz in einem stochastischen Prozess mehr oder weniger unabhängiger Einzelereignisse entstanden ist und die Parameter diesen Prozess nachträglich modellieren sollen. Es wird der Natur des DNA-Moleküls eher gerecht, die 4 möglichen Merkmalszustände (=Nukleotide) und ihre zeitlichen Veränderungsprozesse gesondert zu bewerten. Aus der Vielzahl beschriebener Evolutionsmodell sollen einige wichtige kurz charakterisiert werden. Das 1-Parameter-Modell von Jukes & Cantor (1969) hat als Grundannahme gleiche Substitutionsraten und gleiche Nukleotidfrequenzen (je 0,25). Das von Kimura (1980) vorgeschlagene Modell setzt gleiche Nukleotidfrequenzen voraus, erlaubt aber zwei Substitutionstypen und berücksichtigt Unterschiede in der Änderungswahrscheinlichkeit von Transitionen und Transversionen. Das F81- Modell von Felsenstein (1981) erlaubt bei gleichem Substitutionstyp unterschiedliche Nukleotidfrequenzen. Darüber hinaus existieren zahlreiche weitere, spezielle Modelle, die alle spezifische Substitutionsraten und Nukleotidfrequenzen zulassen. Das unabhängigste Modell mit den meisten freien Parametern ist das general time reversible-Modell (Lanave et al. 1984). Bei dem GTR- Modell weisen Transitionen, Transversionen und alle 6 möglichen Substitutionsraten (AC, AG, AT, CG, CT, GT) eigene Wahrscheinlichkeiten auf und es werden unterschiedliche Basenhäufigkeiten berücksichtigt. DNA-Evolutionsmodelle können anhand einer 4x4-Matrix dargestellt werden, die die Substitutionsraten für alle vier Merkmalszustände (Nukleotide) enthält. Jede Nukleotidhäufigkeit bzw. –frequenz wird durch einen prozentualen Wert ausgedrückt. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Substitutionsraten meist variabel sind. Die Variabilität wird durch eine Gamma-Verteilung beschrieben. Diese Verteilung hat einen Formparameter a, der den Umfang der Variation der Substitutionsraten unter den Nukleotiden einer Sequenz kennzeichnet. Je kleiner der Wert des Formparameters, um so

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Material und Methoden höher ist die Variationsbreite der Substitutionsraten. Ein weiterer Parameter ist der Anteil invariabler Positionen an der Gesamtzahl der Nukleotide (pinv). Evolutionsmodelle müssen als Grundlage der Maximum Likelihood–Methode für jeden Datensatz separat ermittelt werden. Sie werden nicht direkt berechnet sondern stammen aus empirischen Beobachtungen. Die Werte für die variablen Parameter werden aus dem gegebenen Alignment abgeschätzt. Einfache Modelle erklären die Sequenzevolution meist nur unzureichend, komplexe, parameterreiche Modelle sollten genauer sein. Da die Parameterschätzung jedoch ebenfalls mit Ungenauigkeiten behaftet ist, sind zu komplexe Modelle meist nicht optimal. Es muss daher ein Modell gefunden werden, das so einfach wie möglich und so komplex wie nötig ist, Die Auswahl des optimalen Evolutionsmodells erfolgt durch den likelihood ratio test (s. Kap. 2.4.5.) und wurde mit der Software Modeltest 3.7 (Posada & Crandall 1998) für jedes Alignment separat durchgeführt. Zuerst wurden in PAUP anhand der im Programmumfang von Modeltest enthaltenen Testdatei (modelblock.txt) die Parameter aller 56 Evolutionsmodelle für das jeweilige Alignment bestimmt, anschließend mit Modeltest das optimale Modell ermittelt. Es wird getestet, ob sich die gegebenen Daten durch das jeweils einfachere Modell genauso gut erklären lassen wie durch das kompliziertere. Das beste Modell wird jeweils ausgewählt, wobei auch mehrere gleichwertige bestimmt werden können. Alternativ wird das beste Evolutionsmodell durch das Akaike Informations-Kriterium ermittelt, ein Verfahren, was dem hierarchischen likelihood ratio test aufgrund eines unabhängigeren Ansatzes unter gewissen Bedingungen überlegen ist (Posada & Buckley 2004). Für eine vorläufige Einschätzung der Sequenzdivergenz wurden für einen ausgewählten Datensatz paarweise und durchschnittliche Kimura-2-Parameter-Distanzen berechnet. Dies erfolgte mit dem Programm MEGA 4.

Neighbor joining Die neighbor joining Methode berechnet aus paarweisen Distanzen unter Minimierung der Knotenabstände und Astlängen einen phylogenetischen Baum. Aufgrund der geringen Rechenzeiten gibt neighbor joining-Baum einen ersten Überblick über die phylogenetischen Zusammenhänge und wird oft als Startbaum für MP- oder ML-Analysen genutzt. NJ arbeitet besonders effektiv bei geringen Sequenzdivergenzen (Holder & Lewis 2003). Der Berechnung liegt als erster Schritt eine Distanzmatrix zu Grunde, die durch Berechnung absoluter Ähnlichkeiten oder anhand eines Evolutionsmodells ermittelt wird. Meist geschieht dies nach dem Jukes-Cantor- oder Kimura-2- Parameter-Modell, doch können auch korrigierte Distanzen verwendet werden, wodurch die Ergebnisse unter phylogenetischen Gesichtspunkten verbessert werden. Das Ergebnis des neighbor joining ist genau ein Dendrogramm, dessen Astlängen die Distanzen zwischen Gruppen und Endgliedern widerspiegeln. Neighbor joining ist primär ein numerisches Verfahren, erlaubt jedoch durch das Minimierungsprinzip im Gegensatz zu reinen Clusterverfahren Hinweise auf Verwandtschaft und Evolutionsraten.

Maximum Parsimony Das Parsimonie-Prinzip bedeutet Sparsamkeits-Prinzip oder die Bevorzugung der einfachsten Lösung als die beste. Parsimonie als Verfahren in der phylogenetischen Rekonstruktionen greift direkt auf die

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Material und Methoden

Sequenzdaten zurück und ermittelt denjenigen Baum als den besten, der mit der kürzesten Anzahl von evolutionären Veränderungen die vorhandene Diversität erklärt. Die Gesamtzahl der evolutiven Veränderungen entspricht der Länge des Baumes, der zu minimieren ist. Die Länge ist aber auch abhängig von der Zahl der Taxa, der Divergenz und der Zahl der Merkmale. Parsimonie setzt keine Annahmen über den Prozess der Sequenzevolution voraus, dennoch werden Annahmen über die Merkmalstransformation getroffen, anhand derer sich die unterschiedlichen Auffassungen unterscheiden (z. B. Wagner-Parsimonie, Dollo-Parsiomonie). Als Konsens wird heute ein Konzept der allgemeine Parsimonie (Swofford et al 1996) verwendet. Damit Maximum Parsimony angewandt werden kann, müssen aus dem Sequenzalignment in einem ersten Schritt parsimony-informative Positionen ermittelt werden. Dies sind homologe Positionen, die bei wenigstens 2 terminalen Taxa oder Gruppen gleiche Merkmalsänderungen aufweisen. Diese werden als gemeinsam abgeleitet (synapomorph) gewertet. Singuläre Merkmalsänderungen (Autapomorphien) bleiben unberücksichtigt. Die Synapomorphien werden zur Konstruktion der Schwestergruppenbeziehungen benutzt. Auftretende Widersprüche, die es sehr oft gibt, werden durch die Prozesse Reversion, Konvergenz oder Parallelismus erklärt. Diese letztgenannten Merkmale sind Homoplasien, die als zusätzliche Schritte zur Erklärung der Daten angesehen werden (Hall 2001). Die Maximum Parsimony-Methode wird bei sehr hohen Distanzen ungenau (long branch attraction), da Rück- und Doppelmutationen nicht richtig bewertet werden und scheinbare Synapomorphien entstehen können. Das optimale Ergebnis ist der sparsamste Baum (most parsimonious tree), meist jedoch gibt es eine große Zahl gleich langer, sparsamer Bäume. Aus allen kürzesten Bäumen werden durch einen weiteren Schritt Konsensus-Bäume ermittelt die nur die Verzweigungen wiedergeben, die in allen (strict consensus) oder in wenigstens 50% aller kürzesten Bäume auftreten (majority rule tree). Die Verzweigungen der Konsensus-Bäume gelten als relativ gesichert. Allerdings gehen bei der Konsensusbildung Informationen verloren, da alternative Verzweigungen nicht sichtbar werden und Astlängen nicht berücksichtigt werden. Zur Bewertung der gefundenen Bäume werden verschiedene Werte ermittelt, die Aussagen über die Qualität der errechneten Phylogenien ermöglichen und Vergleiche mit anderen Daten erlauben. Die Länge des Baumes entspricht der Anzahl von Merkmalstransformationen, ist aber abhängig von der Merkmalszahl und eignet sich daher nur bedingt für Vergleiche. Mit den so genannten goodness of fit Indizes wird ausgedrückt, wie gut die errechneten Baumtopologien den zugrunde liegenden Datensatz repräsentieren. Der Konsistenz-Index (consistency index, CI, Kluge & Farris 1969) ist ein Durchschnittswert für das Auftreten von Homoplasien in einem Datensatz. Er wird für jede Merkmalsänderung, die mehrfach unabhängig auftritt (Homoplasie) als Quotient aus eins und der Anzahl der unabhängigen Merkmalsänderungen berechnet. Eine hohe Anzahl uninformativer Merkmale (z. B. Autapomorphien) verfälscht das Ergebnis, daher wird der CI oft auch ohne diese Merkmale berechnet. Die CI-Werte in der vorliegenden Arbeit entsprechen dieser Berechnungsweise. Der Retentions-Index (retention index, RI, Farris 1989) beschreibt das Verhältnis der vorhandenen zur maximal möglichen Anzahl von unabhängigen Merkmalstransformationen.

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Material und Methoden

Je näher der Wert beider Indices ist, desto besser ist auch die Passung der Merkmale und desto robuster ist die phylogenetische Hypothese. CI und RI hängen jedoch auch vom Probenumfang ab.

Maximum Likelihood Die von Felsenstein (1981) erstmals für die Rekonstruktion von Phylogenien eingeführte Methode ist ein Optimierungsverfahren, das im Gegensatz zu Parsimonie eine Baumtopologie ermittelt, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit die Entstehung eines gegebenen Datensatz erklärt. In der phylogenetischen Analyse sind dies die Sequenzunterschiede im Alignment. Der Baum verdeutlicht die Wahrscheinlichkeit, mit dem gewählten Evolutionsmodell den gegebenen Datensatz „zu erreichen“ und ist im statistischen Sinne ein Schätzer. Im Prinzip wird die Wahrscheinlichkeit ermittelt, mit der Nukleotide bzw. komplette Sequenzen in andere Zustände evolvieren können. Dafür ist die Definition eines Evolutionsmodells erforderlich. Die Berechnung erfolgt für jede Position separat, die Wahrscheinlichkeit eines Baumes errechnet sich aus dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten für jede Position bzw. der Summe ihrer log likelihood-Werte. Der absolute Wert des Wahrscheinlichkeitsproduktes ist sehr klein. Für eine bessere Darstellung wird daher der natürliche Logarithmus dieses Wertes verwendet. In der Berechnung wird dieser Wert minimiert. Das Ziel ist es, den Baum mit dem höchsten Wahrscheinlichkeitswert zu finden, daher auch Maximum Likelihood. Das Ergebnis der Analyse ist genau ein Baum, in Ausnahmefällen auch mehrere.

Berechnungen mit PAUP Die Methoden Neighbor Joining, Maximum Parsimony und Maximum Likelihood wurden sämtlich mit dem Programm PAUP 4.10b (Swofford 2002) gerechnet. Alle Einstellungen, Optionen und Befehle entsprechen den Angaben im PAUP manual (Entwurf Juli 2002; http://paup.csit.fsu.edu). Als Alternative zu PAUP wurde MEGA 4 für die Evaluation einiger Berechnungsergebnisse herangezogen. Für beide Methoden, MP und ML, werden exakte und heuristische Suchverfahren angewendet. Die kürzesten bzw. wahrscheinlichsten Bäume können nicht direkt ermittelt werden, vielmehr müssen alle möglichen Baumtopologien berechnet und daraus die optimale gewählt werden. Dies ist mit der derzeit verfügbaren Hardware nur bei einer Taxonzahl bis maximal 12 vollständig möglich. Die in diesem Fall angewendeten Methoden sind exhaustive search und branch-and-bound. Beide Verfahren garantieren das Auffinden der optimalen Baumtopologie. Für mehr als 12 Taxa muss eine heuristische Suche gewählt werden. Bei dieser Methode werden an einen Startbaum (zufällig erzeugt, neighbor joining-Baum) durch Knotenbildung an beliebigen Sequenzpositionen neue Taxa angeknüpft und die Länge des Baumes berechnet. Mit dem kürzesten Baum wird dieser Vorgang mit dem nächsten, zufällig gewählten Taxon wiederholt usw. Anschließend wird durch Verlagerung von Ästen (branch swapping) versucht, eine noch sparsamere Baumtopologie zu finden. Dafür stehen die Methoden nearest neighbor interchange (NNI), subtree pruning and regrafting (SPR) und tree bisection- reconnection (TBR) zur Verfügung. Die letztgenannte Methode wurde in den Analysen verwendet. Die heuristische Suche garantiert nicht das Auffinden der kürzesten oder wahrscheinlichsten Baumtopologie, vielmehr kann ein lokales Optimum erreicht werden, das durch die Methodik nicht verlassen werden kann.

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Material und Methoden

Für die ML-Analyse wurden die von Modeltest gefunden Parameter (Zahl der Substitutionstypen, Substitutionsraten, Nukleotidfrequenzen, Gamma-Formparameter, Anteil invariabler Positionen) vorgegeben und die heuristische Suche mit einem neighbor joinig tree als Startbaum durchgeführt. Die Zahl der Replikate betrug 10. Das Vorliegen konstanter Substitutionsraten (molekulare Uhr) wurde nicht vorausgesetzt. Da ML sehr zeitaufwendig ist wurde die Suche beendet, wenn sich der -ln L -Wert über einen längeren Zeitraum nicht mehr verringerte. Der erhaltene Baum wurde mit Astlängen gespeichert. Die Optionen der heuristischen Suche für die Maximum Parsimony-Analyse waren: Erhalt des Startbaumes durch stepwise addition, zufälliges Hinzufügen neuer Sequenzen (addseq=random), TBR branch swapping, acctran. Die Möglichkeit, Annahmen über die Mutationshäufigkeiten (z.B. Codonpositionen der Tripletts) in der Analyse zu berücksichtigen, wurde im vorliegenden Fall nicht angewendet, da der größte Teil der Sequenzinformationen aus nichtkodierenden und nur ein verschwindend geringer Teil aus kodierenden Regionen stammt. Alle Merkmale wurden in der Berechnung daher gleich gewichtet (equal weight). Lücken im Alignment (gaps) wurden generell als „nicht vorhanden“ (missing) gewertet. Die alternative Möglichkeit, d. h. die Definition eines zusätzlichen Merkmals (newstate) führte aufgrund sehr langer Indels besonders in den Chloroplasten- Alignments zu fehlerhaften bzw. unwahrscheinlichen Ergebnissen. Positionen mit mehr als einem möglichen Merkmalszustand in einer Sequenz wurden als unbekannt gewertet (multistate=uncertain). Alle Bäume wurden als nicht gewurzelt (unrooted) berechnet. Die statistischen Parameter consistency index und retention index sowie die absolute Länge wurden für die MP-Bäume erhoben.

Bayesianische Statistik Der Maximum Likelihood-Methode verwandt ist die Bayesianische Analyse, die mit der Software MrBayes (Huelsenbeck & Ronquist 2001) als eine weitere Methode für die phylogenetische Rekonstruktion zugänglich gemacht wurde und auf dem Bayes-Theorem basiert (Yang & Rannala 1997). ML ermittelt den Stammbaum, der mit der höchsten Wahrscheinlichkeit die Entstehung der beobachteten Merkmale erklärt, die Bayesianische Analyse hingegen berechnet die Wahrscheinlichkeit eines Baumes auf Grundlage der Daten. Aus den Daten konstruierte Baumtopologien (bzw. Likelihood-Werte) werden als Annahmen oder a-priori-Wahrscheinlichkeiten ermittelt. Ziel ist es, unter Einbeziehung der priors die a-posteriori-Wahrscheinlichkeitsverteilung (posterior probabilities) zu ermitteln. Da die a-posteriori-Wahrscheinlichkeiten nicht direkt berechnet werden können, werden sie aus Zufallsstichproben geschätzt, in denen die Bäume proportional zu ihrer Wahrscheinlichkeit vertreten sind. Dies erfolgt mittels der sogen. Metropolis-coupled Markov- Chain-Monte Carlo-Simulation (Larget & Simon 1999, Altekar et al. 2004). Die Zustände der Markov- Ketten sind die phylogenetischen Bäume. Jede Kette startet mit einer willkürlichen Zusammenstellung an Parameterwerten, Astlängen und Baumtopologien und berechnet eine hohe Zahl an Generationen (meist 1 Mio. oder mehr). In jeder Generation werden Parameter geändert und neue Baumtopologien errechnet. Sind diese wahrscheinlicher als die vorangegangene, werden diese zwischengespeichert. Die Übergangswahrscheinlichkeit zu einem bestimmten neuen Baum wird von dem Verhältnis seiner Wahrscheinlichkeit zu der seines Vorgängers bestimmt. Am Ende gerät die Kette in einen stationären Zustand, in dem sie um einen Wert fluktuiert (burn-in-Phase). Zur Vermeidung lokaler Optima (ähnlich

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Material und Methoden

ML und MP) werden meist vier unabhängige Ketten gerechnet (cold chains, hot chains) die Parameter austauschen und somit lokale Optima überspringen können. Das Ergebnis der Bayesianischen Analyse ist ein 50% majority rule-Konsensusbaum, in dem für jede Verzweigung die posterior probabilities angegeben sind. Diese entsprechen dem Anteil mit dem die betreffende Verzweigung in allen rekonstruierten Bäumen aufgetreten ist. Für die Bayesianische Analyse wurde das Programm MrBayes 3.1 (Ronquist & Huelsenbeck 2003) verwendet. Als Optionen wurden zunächst die Standardoptionen gewählt. Zwei vollkommen unabhängige Läufe wurden ausgehend von Zufallsbäumen gerechnet. Vier taktweise „erhitzte“ Ketten wurden für jeden Lauf meist bis zu einer Generationenzahl von 1 Mio. gerechnet, die Samplingfrequenz betrug 100. Die Rechnung wurde beendet, wenn die Standardabweichung der split frequencies unter 0,01 gefallen war. Dies ist ein Maß für die Ähnlichkeit der gespeicherten Bäume aus den beiden unabhängigen Läufen. Bei der Aufsummierung der Ergebnisse (sumt, sump) wurden die ersten 25% der Bäume verworfen.

Außengruppen und Bewurzelung und Darstellung der Bäume Phylogenetische Berechnungen nach genannten Prinzipien erzeugen primär ungerichtete Dendrogramme. Am Beginn der Berechnungen ist auch gar nichts anderes möglich, da der ursprüngliche Zustand meist nicht bekannt ist und falsche Annahmen des ursprünglichen Zustandes zu fehlerhaften Berechnungen führen können. Um dennoch eine Richtung festzulegen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist die Annahme einer konstanten Evolutionsrate (molecular clock assumption). Unter dieser Annahme muss ein Punkt existieren, von dem aus alle Enden des Baumes in gleicher Zeit erreicht werden können. Dieser Punkt ist die Wurzel oder der ursprüngliche Zustand. Diese Annahme liegt dem midpoint rooting zu Grunde, bei dem die Wurzel in die Mitte der am weitesten entfernten Endglieder gesetzt wird. Da aber oftmals keine konstanten Evolutionsraten vorliegen, führt die Methode zu falschen Ergebnissen was insbesondere bei Datierungsmethoden die Ergebnisse verfälschen kann. Eine weitere Möglichkeit ist die Definition einer Außengruppe, die allen anderen Taxa (als Innengruppe bezeichnet) als Schwestergruppe gegenübergestellt und eine Polarisierung der Merkmale erreicht wird (outgroup rooting). Damit ist die Richtung der Aufspaltung festgelegt. Außengruppe bedeutet jedoch nicht den ursprünglichen Zustand, sondern eine (gedachte) parallele Ableitung mit der Innengruppe von jenem. Daher kann die Außengruppe auch nach den Berechnungen festgelegt werden. Gemeinsame Merkmale von Außen- und Innengruppe werden als Symplesiomorphien bewertet, Merkmale der Innengruppe als potentielle Synapomorphien zur Beurteilung der Verwandtschaft der Innengruppen-Taxa. Für alle hier präsentierten Bäume wurde daher die Methode des outgroup rooting verwendet. Die Darstellung kann mit oder ohne Umsetzung der proportionalen Astlängen erfolgen. In der entsprechenden Software (PAUP, MEGA) werden dafür die Bezeichnungen Phylogramm und Kladogramm benutzt. In MP-Bäumen entspricht die Astlänge den Merkmalsänderungen, in ML- Bäumen den Einzelwahrscheinlichkeiten. Für die Präsentation der Phylogenien wurden Phylogramme, für die Merkmalsableitung aus Übersichtlichkeitsgründen Kladogramme verwendet.

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Material und Methoden

Darstellungsweisen mit proportionaler definierter Festlegung der Knotenabstände (Chronogramme) wurden für die Altersdatierung gewählt.

2.4.4. Molekulare Uhr und Zeitdatierung Die Bestimmung evolutionärer Zeiten gehört zu den wichtigsten Ableitungen aus der phylogenetischen Rekonstruktion und liefert weitere Erklärungen für Speziations- und Extinktionsereignisse sowie die Erklärung rezenter Verbreitungsmuster der Organismen. Die Fragen zur Zeitdatierung umfassen das absolute phylogenetische Alter der rezenten Arten und Verwandtschaftsgruppen, d.h. die Festlegung des Aufspaltungszeitpunktes von Schwestergruppen (Divergenzzeiten) sowie die Geschwindigkeit dieser Prozesse, ausgedrückt in Substitutionsraten. Mit diesen Informationen kann der Art oder systematischen Gruppe neben der morphologischen und biogeographischen eine weitere, die zeitliche Komponente hinzugefügt werden. Die zeitliche Datierung von Organismen ist mit großen Unsicherheiten behaftet, da sie relativ kurze Generationszeiten haben und auf ihre Vorfahren nur induktiv, niemals direkt geschlossen werden kann. Die Vorfahren sind zudem nur durch lückenhaften, zufällig entstandenen und aufgefundenen Fossilbestand dokumentiert. In der Geologie wird absolute Altersbestimmung z.B. mit radiometrischen Methoden durchgeführt, da die Zerfallsraten einiger Isotope bekannt sind. Ein Beispiel dafür ist die Radiocarbon-Methode, mit der absolute Alter bis etwa 70000 Jahre bestimmt werden können (Stanley 1994: 116). Godwin (1969) beschreibt die Eignung pflanzlicher Fossilien für diese Methode. Für Organismen wurde neben der Analyse des Fossilbestandes eine weitere Methode entwickelt, die auf den empirischen Beobachtungen beruht, dass langkettige Makromoleküle wie Proteine oder Nukleinsäuren sich mit einer bestimmten Rate verändern. Erstmals wurde dies anhand der Evolution von Hämoglobin nachgewiesen (s. Kap. 1.3.2) und die molecular clock hypothese entwickelt, die von konstanten Evolutionsraten ausgeht (Zuckerkandl & Pauling 1965). Zahlreiche Untersuchungen an der DNA zeigten jedoch, dass es keine universale molekulare Uhr sondern zahlreiche lokale Uhren gibt (Wu & Li 1985). Anhand der Substitutionsraten der DNA können demnach keine absoluten, sondern nur relative Zeiträume ermittelt werden. Für die absolute Festlegung von Substitutionsraten, d.h. Kalibrierung der molekularen Uhr, müssen nach wie vor Fossilien oder bedeutende erdgeschichtliche Ereignisse verwendet werden. Für Zeitdatierungen auf Basis phylogenetischer Bäume müssen diese gewurzelt sein und Informationen über die Substitutionsraten, ausgedrückt in Astlängen, enthalten. Mittels likelihood ratio test und relative rate test (s. Kap. 2.4.5) wird ermittelt, ob auf einem definierten Signifikanzniveau gleiche Substitutionsraten vorliegen. Werden keine gleichen Substitutionsraten gefunden, die molecular clock-Hypothese also abgelehnt, können die Astlängen des Baumes nicht mit Divergenzzeiten gleichgesetzt werden. Weitere Schritte sind dann erforderlich, um modellhaft die unterschiedlichen Substitutionsraten anzugleichen. Dafür wurden mehrere Verfahren entwickelt, unter anderem Nonparametric Rate Smoothing (NPRS, Sanderson 1997) und Penalized Likelihood (PL, Sanderson 2002). Mit den angeglichenen Substitutionsraten können ultrametrische Bäume erzeugt werden, in denen die Knotenabstände das relative Alter der Linien repräsentieren. Zur Bestimmung der absoluten Zeiten müssen ein oder mehrere Knoten zeitlich festgelegt werden (Kalibrierung). Dies

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Material und Methoden erfolgt gewöhnlich mit dem ältesten Fossil, das der Gruppe zugeordnet werden kann. Mit der Kalibrierung wird das Minimalalter der Knoten festgelegt. Zur Altersdatierung wurde in Anlehnung an die Arbeiten von Kadereit et al (2003, 2006) jeweils ein atpB-rbcL- und ein ITS-Baum berechnet, die einige zusätzliche Sequenzen enthalten (s. Kap. 3.3). Für die phylogenetische Rekonstruktion wurde der Methode Maximum Likelihood der Vorzug gegeben, da sich die jeweiligen Ergebnisse zwischen ML und MP nicht grundlegend unterscheiden und mit ML im Gegensatz zu MP nur eine einzige wahrscheinlichste Baumtopologie erzeugt wird, die für die Datierung der Divergenzereignisse genutzt werden kann. Die erhaltenen Bäume wurden mit einer vorher bestimmten Außengruppe gewurzelt. Mit den Ergebnissen des relative rate tests und des likelihood ratio tests wurde entschieden, ob weitere Glättungsmethoden erforderlich sind. Die korrigierten Distanzen wurden zur Konstruktion ultrametrischer Bäume benutzt, in denen Knoten kalibriert wurden.

Penalized likelihood Die von Sanderson (2002) entwickelte Methode ist ein Verfahren zur Angleichung stark divergierender Substitutionsraten. PL wurde in der vorliegenden Arbeit angewandt, weil die beiden Tests auf Ratenkonstanz signifikante Unterschiede nachwiesen und mit PL Datierungsereignisse in benachbarten Gruppen vorgenommen wurden (Salicornioideae: Kadereit et al. 2005, 2006). Dadurch sind direkte Vergleiche möglich. PL belegt jede individuelle Substitutionsrate mit einer Strafkorrektur, dem Glättungsparameter. Dieser beeinflusst direkt die Substitutionsraten und damit das Alter der Knoten. Verwendet wurde das Programm r8s v. 1.7 (Sanderson 2004). Da die Kalibrierungspunkte als Intervalle vorgegeben wurden („constrained“), wurde als Methode Penalized Likeilhood mit dem truncated-Newton (TN)-Algorithmus gewählt. In einem ersten Schritt wurde zunächst der optimale Glättungsparameter mittels Kreuzvalidierung bestimmt. Dazu wurden die Kalibrierungspunkte für die jeweiligen Knoten vorgegeben. Die Anzahl unterschiedlicher Werte für den Glättungsparameter betrug dabei 8, die Abstände jeweils 0,5 im Exponent (100 -103). Der optimale Glättungsparameter (als log- Wert) wurde aus der von r8s generierten Übersicht für den minimalen Vorhersagefehler übernommen. Mit diesem Glättungsparameter wurde in einem zweiten Schritt das eigentliche PL-Verfahren durchgeführt und die Alter aller Knoten rekonstruiert.

Kalibrierung Für die Kalibrierung der Divergenzzeiten innerhalb der Suaedoideae wurde auf die umfangreichen Vorarbeiten innerhalb der Chenopodiaceae zurückgegriffen (Hohmann et al. 2006, Kadereit et al. 2003, 2005, 2006). Einige wichtige Kalibrierungspunkte der Chenopodiaceae und Salicornioideae wurden übernommen, da für Suaeda keine eigenen Fossilfunde vorliegen. Folgende Fossilien bzw. Datierungspunkte wurden übernommen und für die eigenen Untersuchungen vorgegeben: 1. Pollen von Chenopodiopollis multiplex aus dem Paläozän (65-56,5 Mio Jahre; USA; Nichols & Traverse 1971): Wurzel der Chenopodioideae 2. Salicornites massalongoi aus dem Oligozän (35,4-23,3 Mio Jahre, Italien, Collinson et al. 1993): Salicornioideae mit gegenständiger Beblätterung

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Material und Methoden

Als zusätzlicher Kalibrierungspunkt für den atpB-rbcL-Stammbaum wurde der aus rbcL-Daten abgeleitete Zeitpunkt für die Abspaltung der Salsoloideae von den Suaedoideae/Salicorioideae übernommen (41,3-37,6 Mio. Jahre). Entsprechend der bei Kadereit et al. (2006) beschriebenen Methode wurde für die absolute Datierung „Krone“ und „Stamm“ der kalibrierten Linie zeitlich bestimmt und damit ein Intervall definiert. Genauere Aussagen sind nicht möglich. Mit dem in der Kreuzvalidierung bestimmten Glättungsparameter und den absoluten Zeitangaben wurden die Chronogramme mit den datierten Knoten erzeugt und Substitutionsraten ermittelt.

2.4.5. Test- und Überprüfungsverfahren bootstrapping Eine häufig genutzte Methode zur Beurteilung der Robustheit eines Kladogrammes ist das bootstrapping. Angewendet auf Sequenzdatensätze wird bei dieser Methode aus einem vorhandenen Datensatz durch zufällige Merkmalsauswahl ein neuer Datensatz gleicher Länge konstruiert und daraus ein Stammbaum rekonstruiert. Dabei werden Merkmale auch verdoppelt, andere nicht berücksichtigt. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt (mindestens 500, meist 1000 oder mehr). Der prozentuale Anteil des Vorhandenseins einer Verzweigung in allen Bäumen stellt den bootstrap- Wert dar und ist ein Maß für die Robustheit der bezeichneten Verzweigung. Da bootstrap mit Zufallsdatensätzen arbeitet für die es kein Evolutionsmodell gibt, wird als Rekonstruktionsmethode Maximum Parsimony verwendet. Über die Beurteilung der absoluten Werte existieren unterschiedliche Auffassungen. Dargestellt werden Werte oberhalb 50%, als gut gestützt gelten aber nur Verzweigungen mit Werten über 70 bzw. 90% (Felsenstein 1985, Efron et al. 1996). Der Nachteil liegt bei der Beurteilung von Verzweigungen die zwar sicher, aber durch wenige oder nur ein gemeinsames Merkmal gestützt sind. Diese Verzweigungen werden durch bootstrapping meist unterbewertet. Das bootstrapping für alle Datensätze wurde mit PAUP durchgeführt. Die Zahl der Replikate betrug in der Regel 1000, die Zwischenspeicherung von Bäumen wurde auf 100 begrenzt, um den Zeitaufwand in Grenzen zu halten. Bootstrap-Werte über 50% wurden in die MP-Bäume übertragen. partition-homogeneity test Der partition-homogeneity test (Farris et al 1994) vergleicht die phylogenetische Information von Teildatensätzen und wird zu Beurteilung möglicher Abweichungen verwendet. Es ist eine Teststatistik, mit der die Nullhypothese (Partitionen ungleich) bestätigt oder verworfen werden soll. Dazu werden aus den vorhandenen Daten künstliche Partitionen erstellt, daraus Phylogenien errechnet und verglichen. Der erhaltene Testwert p beschreibt den Anteil kürzerer oder gleich langer Bäume im Vergleich zu jenen aus den Originalpartitionen. Der prozentuale Wert dient zugleich als Signifikanzniveau, auf dem die Nullhypothese (Partitionen ungleich) bestätigt oder verworfen wird. Ist der p-Wert beispielsweise höher als 0,01, wird die Unterschiedlichkeit auf 99%-Signifikanzniveau

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Material und Methoden abgelehnt. Partitionen können dann kombiniert werden, wodurch sich das phylogenetische Signal verbessern sollte. Der partition-homogeneity test wurde mit PAUP für die Teildatensätze (ITS, atpB-rbcL, psbB-psbH) getrennt und teilweise kombiniert (Chloroplast/ITS) durchgeführt. Die Zahl der Replikate betrug jeweils 100. Als Rekonstruktionsverfahren wurde wegen der hohen Anzahl an Taxa Maximum Parsimony gewählt. Die Ergebnisse wurden für die Entscheidung über mögliche Kombination von DNA-Regionen herangezogen.

Relative rate test Der relative rate test ist eine Methode um zu testen, ob ein Molekül in zwei unabhängigen Linien mit der gleichen Rate evolviert. Er wurde erstmals für den Ratenvergleich der Proteinevolution entwickelt (Sarich & Wilson 1973) und später für den Vergleich von DNA-Substitutionsraten genutzt (Wu & Li 1985). Es handelt sich um einen paarweisen Vergleich in dem getestet wird, ob die Substitutionsraten eines Moleküls a bezogen auf ein Referenzmolekül c gleich sind mit der Substitutionsrate eines Moleküls b (bezogen auf die gleiche Referenz). Die Unterschiede werden auf Signifikanz geprüft. Dafür wird ein t-Test für den Vergleich unabhängiger Mittelwerte eingesetzt. Unterscheiden sich die Werte signifikant (95% Signifikanzniveau), wird die Nullhypothese, dass beide Werte gleich sind, verworfen. Beide Linien evolvieren dann mit unterschiedlichen Raten. Der relative rate test kann nur prüfen, ob beide Linien mit der gleichen Rate evolvieren. Es kann keine Aussage über konstante Evolutionsraten getroffen werden, was für die Evaluierung der molecular clock-Hypothese entscheidend ist. Der relativ rate test zur Abschätzung der Ratenunterschiede wurde auf die Datensätze zur Altersdatierung (ITS, atpB-rbcL, vgl. Kap. 3.3) angewandt. Verwendet wurde dazu das Programm RRTree (Robinson-Rechavi & Huchon 2000), mit dem der Test anhand eines gegebenen phylogenetischen Baumes durchgeführt werden kann. Die Distanzberechnung erfolgte mit der Kimura- 2-Parameter-Methode. Als Referenzbaum wurde der für die Alterdatierung rekonstruierte Maximum- Likelihood-Baum gewählt. Sind die errechneten „exakten Wahrscheinlichkeiten“ größer als das gegebene Signifikanzniveau (0,05), ist der Ratenunterschied nicht signifikant. Beide Sequenzen evolvieren dann mit der gleichen Rate. likelihood ratio test Mit dem likelihood ratio test (Felsenstein 1981) in Phylogenien wird überprüft, ob ein komplexeres Modell gegenüber einem einfacheren Modell die Wahrscheinlichkeit einer Baumtopologie signifikant verbessert. Er entspricht einem chi-Quadrat-Anpassungstest zur Bewertung der Übereinstimmung zwischen zwei alternativen Hypothesen. Verglichen werden die Likelihood-Werte aus der Analyse. Er ist nur gültig, wenn hierarchisch verknüpfte Modelle verglichen werden. Dies liegt vor, wenn sich das komplexere Modell von dem einfacheren nur durch einen oder mehrere Parameter unterscheidet. Das Hinzufügen von weiteren Parametern sollte einen höheren Likelihood-Wert bewirken, die Erhöhung ist aber ab einem bestimmten Punkt nicht mehr signifikant.

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Material und Methoden

Die Formel für den likelihood ratio test lautet: LR = 2*(lnL1-lnL2), wobei L1=Likelihood der Nullhypothese (einfaches Modell) und L2=Likelihood der Alternativhypothese (parameterreicheres Modell) sind. Berücksichtigt werden muss noch die Anzahl der Freiheitsgrade. Mit der erhaltenen Differenz kann durch Vergleich mit Tabellenwerten auf einem definierten Signifikanzniveau (95%) ermittelt werden, ob signifikante Unterschiede bestehen. Ist dies der Fall, ist das komplexere Modell zu bevorzugen. Der LRT wurde in folgenden Untersuchungen angewendet:

1. Auswahl des optimalen Evolutionsmodells für die ML-Analyse In diesem Fall wird mittels likelihood ratio test geprüft, ob ein komplexes Evolutionsmodell die Wahrscheinlichkeit einer Baumtopologie gegenüber einem einfacheren Modell signifikant erhöht. Ist der Unterschied signifikant, so ist das komplexere Modell zu bevorzugen. Der Test wurde mit dem Programm Modeltest 3.7 durchgeführt.

2. Test auf Annahme gleicher Substitutionsraten (molekulare Uhr) Geprüft wird bei dieser Anwendung auf signifikante Unterschiede in den Wahrscheinlichkeitswerten zweier phylogenetischer Bäume mit identischen Evolutionsmodellen und Topologien unter Annahme einer molekularen Uhr oder Zulassung variabler Substitutionsraten. Unter der Nullhypothese ist der phylogenetische Baum gewurzelt und die Substitutionsraten werden als gleich vorausgesetzt. Daher ist dies das einfachere Modell. Unter der alternativen Hypothese kann die Substitutionsrate jedes Astes unabhängig variieren. Die Modelle unterschieden sich um 2 Parameter. Die Anzahl der Freiheitsgrade ist bei dieser Anwendung mit s-2 festgelegt, wobei s die Anzahl der Taxa ist. Ist der Unterschied zwischen den alternativen Hypothesen signifikant, wird die Nullhypothese konstanter Substitutionsraten abgelehnt. Eine Gleichsetzung von Substitutionsraten und Divergenzzeiten ist dann unzulässig und es müssen für die Altersdatierung Glättungsmethoden wie z. B. penalized likelihood angewendet werden. Die Aussage über Annahme oder Verwerfen der molecular clock-Hypothese unterscheidet sich gegenüber dem relative rate test insoweit, dass bei dem LRT der gesamte Datensatz bewertet wird und nicht nur einzelne Sequenzpaare. Die Ergebnisse beider Tests können somit gegensätzliche Aussagen liefern. Die likelihood-Werte mit und ohne Annahme einer molekularen Uhr wurden mit der Maximum Likelihood-Methode in PAUP ermittelt und anschließend die Differenzen beider Werte gebildet. Der kritische Wert der chi-Quadrat-Verteilung wurde mit der CHIINV-Funktion in Microsoft EXCEL XP für die jeweilige Anzahl an Freiheitsgraden für das gegebene Signifikanzniveau berechnet und mit dem erhaltenen Differenzwert verglichen. Wenn der Differenzwert größer war als der kritische Wert chi- Quadrat-Wert wurde damit der Nachweis inhomogener Substitutionsraten erbracht.

2.5. Bewertung morphologischer Merkmale

Morphometrische Untersuchungen und deren statistische Auswertung wurden nicht durchgeführt. Die Beurteilung der Merkmale erfolgte nach den Angaben in der entsprechenden floristischen Literatur, anhand von Originalbeschreibungen sowie durch Untersuchungen an Herbar- und Lebendmaterial visuell und beschreibend.

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Material und Methoden

Für die Charakterisierung der Arten wurden vor allem folgende Merkmale berücksichtigt: Struktur des Perianths im fruchtenden Zustand, Samengröße, Ovarform, Narbenanzahl, Verzweigung, Internodienlänge, Verholzungsgrad, Lebenszyklus, Länge der vegetativen Phase und Blühdauer. Die Blattmerkmale mit den spezifischen Gewebetypen wurden überwiegend aus der Literatur übernommen. Aus der Literatur bzw. unveröffentlichten Daten (Lomonosova, Freitag, mdl.) stammen auch die Angaben über die Chromosomenzahlen (Ebrahimzadeh et al. 1994, Ferren & Schenk 2008, Freitag & Lomonosova 2006, Freitag et al. 1996, Lomonosova & Krasnikov 1993, Lomonosova et al. 2008, Subramanian 1988, Krahulcová & Tomšovic 1997). Neben der Beurteilung der einzelnen Merkmale wurde eine Generalisierung angestrebt, um Gruppen definieren zu können. Anhand der von der Merkmalsentwicklung unabhängigen molekularen Phylogenien nichtkodierender Regionen wurden als Resultat charakteristische Merkmale dargestellt. Da es sich nicht um diskrete Merkmale sondern meist um Merkmalskomplexe handelt, wurde auf statistische Verfahren zu Merkmalsrekonstruktion und Rekonstruktion ancestraler Zustände verzichtet. Diese Untersuchungen bleiben einer erweiterten morphologischen Studie vorbehalten.

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Ergebnisse

3. Ergebnisse 3.1. Ausprägung und Variabilität der molekularen Merkmale 3.1.1. DNA-Isolation, Amplifikation und Sequenzierung Beide verwendeten Methoden, CTAB-Verfahren und Qiagen-Extraktionskit, eigneten sich zur erfolgreichen Isolation hochmolekularer DNA aus pflanzlichem Gewebe. Da in den untersuchten Pflanzen offenbar keine störenden Sekundärstoffe vorkommen und auch der hohe Gehalt an NaCl im pflanzlichen Gewebe den Isolationsprozess nicht beeinträchtigt, war die Qualität der DNA nicht von der Isolationsmethode, sondern vom Konservierungszustand des Pflanzenmaterials abhängig. Die qualitativ beste, hochmolekulare DNA wurde aus Frischmaterial, CTAB-konserviertem und in Silicagel getrocknetem Material erhalten, während die DNA aus luftgetrocknetem Herbarmaterial meist stärker degradiert, d. h. zu kürzeren Fragmenten abgebaut ist. Ein Grund dafür ist der durch den Sukkulenzgrad stark verzögerte Trocknungsprozess, während dessen DNAsen die langkettigen Moleküle effektiv abbauen können. Die folgenden Elektrophorese-Bilder verdeutlichen beispielhaft die Ergebnisse der DNA-Isolation und erlauben Rückschlüsse auf deren Qualität.

Abb. 6: Nachweis von genomischer DNA aus der CTAB-Isolation von unterschiedlichen Geweben mittels Agarosegel-Elektrophorese. Auftrag jeweils 5µl DNA-Lösung; Vergleichstandard (rechts): 2, 5, 10, 20, 40 ng/µl (Auftragsmenge 5µl)

Hochmolekulare DNA verhält sich in der Elektrophorese hinsichtlich der Laufeigenschaften wie der Vergleichsstandard, während die Fragmente degradierter DNA aufgetrennt werden. Dies zeigt sich z.B. in Abb. 6 (linkes Bild; 1., 3. und 4. Bahn). Der Hauptteil der DNA besteht aus sehr kurzen Fragmenten, längere Moleküle sind nur noch in sehr geringen Konzentrationen vorhanden. Aus DNA dieser Qualität sind mittels Standard-PCR kaum längere Fragmente amplifizierbar. Verglichen mit dem Mengenstandard ergibt sich damit unter idealen Bedingungen eine DNA-Ausbeute von bis zu 8 µg aus 150 mg eingesetztem Frischmaterial. Oftmals waren die erzielten Mengen jedoch geringer.

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Ergebnisse

3.1.2. Strukturmerkmale der untersuchten DNA-Regionen Sequenzdaten wurden für ITS, atpB-rbcL und psbB-psbH erzeugt. Nicht für alle Akzessionen wurden alle drei Sequenzen erhalten, da vor allem die Chloroplasten-Sequenzen nicht für alle Sippen amplifizierbar war. Für einen direkten Vergleich der Parameter wurde ein weitgehend kongruenter Datensatz aus 74 Sequenzen zusammengestellt, anhand dessen die Merkmale zwischen den unterschiedlichen Regionen verglichen wurden. Das Alignment umfasst die 66 Sequenzen der Suaedoideae aus Kap. 3.2.3 sowie 8 Außengruppen-Sequenzen aus Kap. 3.2.1 und enthält damit 74 Sequenzen. Durch diese Zahl ergibt sich ein repräsentativer Überblick. Die in den molekularen Phylogenien gefundenen Gruppierungen werden bei der Merkmalsbewertung berücksichtigt. Die Innengruppe besteht damit aus den Gattungen Suaeda, Alexandra und Borszczowia (s. nachfolgenden Text). Die gesamte ITS-Region besitzt eine durchschnittliche Länge von etwa 630 bp. Aus stärker degradiertem Pflanzenmaterial wurde die Sequenz in zwei getrennten Reaktionen erzeugt und ITS1- und ITS2-Sequenzen zu einer einzigen kombiniert. Fast alle Sippen haben individuelle ITS- Sequenzen, identische kommen praktisch nicht vor. Alle Nukleotide waren zweifelsfrei zu identifizieren, Hinweise auf Sequenzunterschiede zwischen den Paralogen wurden nicht gefunden. ITS weist innerhalb der untersuchten Gruppe eine vergleichsweise geringe Längenvariabilität auf. Die längsten ITS1-Sequenzen haben Kalidium foliatum (249bp), Suaeda ifniensis und S. carnosissima (245bp), die kürzesten S. prostrata (235bp). Die längsten ITS2-Sequenzen haben Bienertia cycloptera (232bp) und Suaeda fruticosa (229bp), die kürzesten australasica (217bp) und Suaeda linifolia (223). Die 5,8 S-Region hat für alle Taxa die gleiche Länge von 164bp. Die Längen möglicher Alignments liegen je nach Wahl der Parameter im Größenbereich zwischen 674 (minimal) und 690 Positionen. Die Variabilität ist ungleich verteilt. Weitgehend einheitlich ist die kodierende 5,8 S-Region. Hoch variabel hingegen sind ITS1 und ITS2, wobei es auch in den spacer-Regionen relativ konservierte Regionen gibt, was mit der Sekundärstrukturbildung zusammenhängt. Die hoch variablen Abschnitte sind demnach die loop-Bereiche, die am wenigsten evolutionären Zwängen unterliegen. Indels erreichen bei Wahl eines „engen“ Alignments im Durchschnitt 1-4 bp Länge, in dem besonders längenvariablen ITS2 bis zu 8 bp. Dies verursacht wiederum eine sehr hohe Zahl an Fehlpaarungen der Nukleotide, die als Merkmalstransformationen für die Berechnungen verwendet werden. Durch diese Einstellungen des Alignments erreichen die paarweisen Distanzen enorm hohe Werte von 40- 50% Unterschied. Demgegenüber steht eine Variabilität in der 5,8 S-Region von etwa 6%. Daraus wird ersichtlich, dass die Ergebnisse der molekularen Phylogenie vorwiegend auf der Variabilität der nichtkodierenden Regionen beruhen und durch geringe Veränderungen der Alignmentparameter beeinflusst werden können. Um den Fehler aus zu hoher Variabilität etwas zu verringern wurden die detaillierten phylogenetischen Berechnungen mit ITS (s. Kap. 3.2.2) mit nur einer Sequenz als Außengruppe durchgeführt. ITS2 ist in Teilen so variabel, dass an diesen Stellen ein zweifelsfreies Alignment nicht möglich ist. In hochpolyploiden Genomen (10x) bricht die Sequenzierreaktion an dieser zudem noch GC-reichen Region ab. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht dieses Phänomen.

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Ergebnisse

TGCA A

C

G T C C T

A C C C C

C

C

T C T

1 2

Abb. 7: Ausschnitt aus dem Alignment einer GC-reichen, hoch variablen Region des ITS2-Alignments der Suaedoideae. 1 Sequenzalignment mit uneindeutiger Homologisierung von Basenpositionen; 2 Abbruch der Sequenzierreaktion an dieser Region in dekaploiden Genomen (Suaeda kulundensis, 2n=90)

Als sehr längenvariabel mit Unterschieden von bis zu 300 bp in absoluten Längen erwies sich die atpB-rbcL-Region Die Amplifikation dieser Region war z.T. mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da atpB-rbcL zwei längenvariable Mikrosatelliten enthält, an der die Strangsynthese während der PCR nicht korrekt ausgeführt wird oder gänzlich abbricht. Die Sequenzinformationen beruhen daher meist nicht auf der Synthese beider Komplementärsequenzen. Für einen Teil der Sippen konnten keine Sequenzen erhalten werden, da das Ausgangsmaterial zu stark degradiert war. Am kürzesten ist der Bereich bei Alexandra lehmannii (494 bp) sowie einigen Arten der Sektion Salsina (S. asphaltica, S. vermiculata, S. aegyptiaca, S. arcuata), am längsten bei Suaeda linifolia (793 bp) und europaea (799 bp). Das Alignment hat eine Länge von 1022 bp und ist nur durch Bildung langer Indels konstruierbar. Die Indels, die z.T. synapomorphen Charakter tragen, gleichen die verkürzten Sequenzen aus und erreichen Längen von mehreren hundert bp. Diese Bereiche fallen für die Bewertung von Merkmalstransformationen aus. In etwa 75 bp Entfernung vom Ende des rbcL-Gens haben alle Sequenzen eine Mikrosatellitenstruktur (poly-A), die in Größenordnungen von 8 - 16 Wiederholungen längenvariabel ist. Bei den Arten der Sektion Schoberia und Alexandra ist dieses Mikrosatellitenmotiv viermal wiederholt und bildet einen Minisatelliten. PCR und Sequenzierung brechen an dieser Region meist ab.

Abb. 8: Ausschnitt aus dem atpB-rbcL-Alignment ausgewählter Taxa der Suaedoideae. Dargestellt ist der mehrfach wiederholte polyA-Microsatellit bei Suaeda eltonica und Alexandra lehmannii,; kennzeichnendes Merkmal der atpB-rbcL-Region in der Sektion Schoberia. 53

Ergebnisse

Die aus der psbB-psbH-Region generierten Sequenzen umfassen zwei Genabschnitte (psbT, 102 bp; psbN, 68 bp) und drei intergenische spacer (psbB-psbT, psbT-psbN, psbN-psbH) inklusive 41 bp des psbB-Gens. Die Längenvariabilität ist wesentlich geringer als bei atpB-rbcL und beschränkt sich auf die spacer-Regionen. Noch stärker als bei atpB-rbcL zeigen einige Indels synapomorphen Charakter und kennzeichnen verwandte Gruppen. Die längste Sequenz hat Suaeda altissima (636 bp), die kürzesten S. glauca (607 bp) und Bassia hyssopifolia (600 bp). Längere Mikrosatelliten kommen nicht vor. Die Variabilität der Genregionen beträgt weniger als 50% der spacer-Regionen und beruht auf Punktmutationen. Merkmal beider Chloroplasten Regionen ist die im Vergleich zu ITS wesentlich geringere Variabilität. Die Distanzwerte erreichen durchschnittlich nur ein Drittel derjenigen von ITS. Viele Sippen mit unterschiedlichen ITS-Sequenzen besitzen identische Chloroplastensequenzen. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Vergleich der Sequenzmerkmale, Alignmentparameter und Merkmalsbewertung für die Maximum Parsimony-Analyse für alle drei untersuchten DNA-Regionen.

Tab. 6: Sequenzmerkmale und Alignmentcharakteristika für einen vergleichbaren Datensatz aus 74 Sequenzen der Suaedoideae, Salicornioideae und Bassia hyssopifolia. Werte gruppiert nach verwandten Gruppen der molekularen Phylogenien (s. Text); ti/tv: Verhältnis von Transitionen zu Transversionen)

atpB-rbcL psbB-psbH ITS1 5.8S ITS2 ITS

Suaeda, Alexandra, Borszczowia Länge Alignment 1022 684 266 164 246 276 Längenvariabilität 494-799 600-636 235-249 164 217-232 615-643 variable Pos. 185 8 160 16 116 292 parsimony informativ 103 60 125 9 89 223 GC-Gehalt 27,9 32 60,5 54,8 62,5 59,7 ti/tv 0,55 0,76 1,67 2,59 1,73 1,58 K2P-Divergenz Mittelwert % 3,7 2,9 22,9 1,8 15,4 14,0 Variationsbereich % 0 - 10,0 0 - 6,2 0 - 47,3 0 - 6,4 0 - 30,0 0 - 25,2

Suaedoideae, Salicornioideae, Bassia Längenvariabilität variable Pos. 282 143 191 20 153 364 parsimony informativ 147 84 155 12 118 285 GC-Gehalt (Mittelwert in %) 28,1 32,9 60,3 54,9 62,6 59,7 ti/tv 0,57 0,79 1,68 2,19 1,64 1,53 K2P-Distanzen Mittelwert % 4,52 3,37 27,4 1,9 18,0 16,0 Variationsbereich % 0-12,4 0-9,36 0-51,5 0 - 6,4 0 - 40,2 30,8

54

Ergebnisse

3.2. Phylogenetische Rekonstruktion 3.2.1 Stellung der Suaedoideae innerhalb der Chenopodiaceae Die insgesamt recht umfangreichen und sehr variablen Sequenz-Datensätze machen zur Klärung der unterschiedlichen Fragestellungen differenzierte Berechnungsverfahren notwendig. Um die phylogenetische Positionen der Suaedoideae innerhalb der Chenopodiaceae festzulegen, wurden zunächst mit einer reduzierten Auswahl von 22 Taxa die Berechnungen durchgeführt. Zu dieser Auswahl gehören jeweils die Typus-Sippe aller Sektionen von Suaeda nach Schenk & Ferren (2001), Alexandra, Borszczowia und Bienertia als weitere Gattungen der Suaedoideae, ausgewählte Vertreter der verwandten Unterfamilie Salicornioideae sowie Bassia hyssopifolia als Außengruppe. Da für Suaeda taxifolia keine zweifelsfreien Daten vorlagen, wurde stattdessen S. divaricata als Vertreter der Sektion Limbogermen verwendet. Mit diesen Ergebnissen können die detaillierteren Analysen der Suaedoideae (Kap. 3.2.2, 3.2.3) mit einer minimalen Zahl an Außengruppen weitergeführt werden, um die aus den z.T. extremen Divergenzwerten besonders bei ITS resultierenden Fehler zu minimieren. Die für die ausgewählten Taxa erzeugten Alignments haben folgende Längen: atpB-rbcL 954 bp, psbB-psbH 670bp, ITS 658 bp. Aufgrund von Unsicherheiten wurden 62 bp des atpB-rbcL-Alignments und 8 bp des psbB-psbH-Alignments aus der weiteren Berechnung ausgeschlossen. Ein Test auf signifikante Heterogenität zwischen den Regionen erfolgte mittels partition-homogeneity test nach der in Kap. 2.3 beschriebenen Methodik. Der Test ergab folgende Werte: atpB-rbcL vs. psbB-psbH P=0,62; atpB-rbcL/psbB-psbH vs. ITS P=0,01. Signifikante Heterogenität auf 99%- Signifikanzniveau liegt daher nur zwischen den cp-Regionen und ITS vor. Die cp-Daten konnten daher kombiniert werden, ohne dass es zu Veränderung der phylogenetischen Aussagen kommen würde. ITS und psbB-psbH weisen sowohl kodierende als auch nichtkodierende Bereiche auf. Die unterschiedlichen funktionalen Bereiche wurden bei den Berechnungen nicht in Partitionen unterteilt, da die kodierenden Regionen nicht oder nur sehr wenig variabel sind und einen geringen Einfluss auf die resultierenden Phylogenien haben. Die Berechnungen wurden mit den Methoden Maximum Parsimony und Maximum Likelihood durchgeführt. Von insgesamt 1624 bp des cp-Alignments waren 328 bp variabel und von diesen 121 bp parsimony- infomative. Die MP-Analyse aus diesen Daten resultiert in 3 kürzesten Bäumen mit einer Länge von 429 Schritten (CI=0,69, RI=0,86), die sich nur geringfügig unterscheiden. Einer der Bäume ist in Abb. 9 B dargestellt. Als optimales Evolutionsmodell für die ML-Analyse wurde von Modeltest K81uf+G mit folgenden Parametern ausgewählt: Nukleotidfrequenzen A=0,3271, C=0,1461, G=0,1455, T=0,3812; Substitutionsraten AC=1 AG=1,3564 AT=0,2969 CG=0,2969 CT=1,3564 GT=1; Anteil invariabler Positionen: 0, Merkmalsverteilung: Gamma, Formparameter: 0,6825. Die Analyse ergab genau einen wahrscheinlichsten Baum mit einem -ln L 4670,7418. Die Topologie entspricht einem kürzesten MP- Baum und wird daher nicht gesondert dargestellt. Von den 658 bp des ITS-Alignments waren 320 bp variabel und von diesen 224 bp parsimony- infomative. Die MP-Analyse resultierte in genau einem kürzesten Baum von 857 Schritten Länge (CI=0,51 RI=0,63). Diese Tatsache ist in Anbetracht der hohen Divergenzwerte bemerkenswert. Als optimales Evolutionsmodell für die ML-Analyse wurde von Modeltest TrN+G mit folgenden Parametern ausgewählt: Nukleotidfrequenzen A=0,2523, C=0,2510, G=0,2507, T=0,2460; Substitutionsraten AC=1 AG=1,7147 AT=1 CG=1 CT=3,9685 GT=1; Anteil invariabler Positionen: 0, Merkmalsverteilung: 55

Ergebnisse

Gamma, Formparameter: 0,3957. Die Analyse ergab genau einen Baum mit einem -ln L von 4812,815. Die Baumtopologie unterscheidet sich an mehreren Stellen, die im Text gesondert beschrieben werden. Die erhaltenen Phylogramme lassen folgende grundlegende Aussagen über die Phylogenie der Suaedoideae zu:

1.) Im Vergleich der beiden Baumtopologien ist festzustellen, dass die untersuchten DNA-Regionen aus Kern und Chloroplasten sehr ähnliche Aussagen liefern. Dies ist für die Beurteilung der Verwandtschaftsverhältnisse von entscheidender Bedeutung.

2.) Mit Bassia hyssopifolia (Salsoloideae) als Außengruppe sind Suaedoideae und Salicornioideae in der Umgrenzung von Kühn et al. (1993) Schwestergruppen. Dieser Befund stimmt mit der phylogenetischen Analyse der Chenopodiaceae und Amaranthaceae (Kadereit et al. 2003) überein. Auffällig ist die relativ geringe statistische Unterstützung dieser Schwestergruppenbeziehung und der Monophylie von Suaeda im ITS-Baum (bootstrap 72%). Dies liegt sicherlich in der z.T. enorm hohen Variabilität der ITS-Region begründet, die für das gewählte taxonomische Niveau wahrscheinlich Fehler verursacht. Die weniger variablen cp-Regionen unterstützen die Monophylie mit 98% deutlich.

3.) Bemerkenswert ist die enorme Diversität innerhalb der Suaedoideae bzw. der Gattung Suaeda, die sogar diejenige der benachbarten Unterfamilie Salicornioideae bei weitem übersteigt. Die relative Uniformität in der Morphologie ließ dies kaum erwarten.

4.) Suaeda ist die artenreichste Gattung der Suaedoideae und bildet mit den monotypischen Gattungen Alexandra und Borszczowia eine monophyletische Gruppe. Dies ist ein aus morphologischer Sicht völlig unerwartetes Resultat, jedoch eindeutig und durch alle Berechnungsverfahren gestützt. Die Unterschiede in Blatt- und Blütenmorphologie rechtfertigten bisher die Abgrenzung als eigenständige, wenngleich zu Suaeda nahe verwandte Gattungen. Beide Arten erscheinen in der molekularen Phylogenie als separate Entwicklungen aus einer in diesem Fall paraphyletischen Gattung Suaeda.

5.) Die Gattung Bienertia mit nach neuesten Studien von Akhani et al. (2005) zwei Arten nimmt eine Zwischenstellung zwischen Suaedoideae und Salicornioideae ein. Sie gehört eindeutig nicht zu der aus Suaeda, Alexandra und Borszczowia gebildeten monophyletischen Einheit. ITS-Daten weisen Bienertia als Schwestergruppe der Salicornioideae aus, nach den Chloroplasten-Daten hingegen ist Bienertia Schwestergruppe zu dem von Suaeda, Alexandra und Borszczowia geformten Clade. Beide Zuordnungen werden jeweils auch durch relativ hohe bootstrap-Werte gut gestützt. Für ITS beträgt die Unterstützung 72%, für die Chloroplastendaten sogar 100%.

6.) Die wichtigste Unterteilung der Gattung Suaeda erfolgt zwischen S. heterophylla (Sektion Brezia) und allen übrigen Sektionen einschließlich Alexandra und Borszczowia. Brezia erscheint gegenüber der restlichen Gattung als stark isolierter Zweig, was durch sehr lange Äste ausgedrückt wird. Die

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Ergebnisse starke Separation von den übrigen Suaeda-Arten führt zu der vergleichsweise geringen Bootstrap- Unterstützung im ITS-Baum. Die Distanz zwischen Brezia und den übrigen Gruppen von Suaeda ist wesentlich höher als zwischen unterschiedlichen Gattungen der Salicornioideae.

7.) Die verbleibende Gruppe innerhalb von Suaeda lässt sich in mehr basal stehende und stärker abgeleitete Arten gliedern. Basal und am weitesten isoliert steht in jedem Fall S. glauca. Zu den basalen Arten gehören weiterhin S. vera, S. linifolia und Borszczowia aralocaspica. Die Beziehungen zwischen diesen Arten werden durch bootstrap-Werte nicht oder mit kaum über 50% nur sehr schlecht gestützt. Eindeutig ist lediglich die enge Verwandtschaft von Borszczowia mit S. linifolia. Stärker abgeleitet erscheinen die C4-Arten der bisherigen Sektionen Schoberia, Salsina, Macrosuaeda, Limbogermen und Immersa. Eindeutig belegt ist die nahe Verwandtschaft von Alexandra lehmanni und der Sektion Schoberia sowie die nahe Verwandtschaft der vier C4-Arten S. altissima, S. aegyptiaca, S. vermiculata und S. divaricata. Die Position von S. physophora wechselt hingegen in Abhängigkeit von der betrachteten DNA-Region.

8.) Die Zugehörigkeit der Taxa zu terminalen Clades ist bei beiden Datensätzen identisch, variabel ist nur die Beziehung dieser Clades zueinander. Die Beziehungen sind zudem statistisch überwiegend schlecht oder gar nicht abgesichert.

9.) Die am weitesten isolierten Vertreter der Salicornioideae sind Kalidium und Allenrolfea, die sich auch morphologisch von anderen Sippen der Unterfamilie unterscheiden (bes. Blattmerkmale). Innerhalb der Salicornioideae bilden die hier einbezogenen Salicornia-Sippen mit den australischen Arten Tecticornia australasica und Halosarcia peltata eine gemeinsame Linie. Ähnliche Ergebnisse mit wesentlich erweitertem Datensatz fanden Kadereit et al (2005). Aufgrund der geringen Zahl an Daten sind aber weiterführende Aussagen zur Phylogenie der Salicornioideae im Rahmen dieser Arbeit nicht sinnvoll.

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Ergebnisse

Abb. 9: Maximum Parsimony-Phylogenie der Suaedoideae und ausgewählter Salicornioideae. A: Sparsamster Baum der ITS-Region, B: Einer von 3 sparsamsten Bäumen der kombinierten atpB-rbcL/psbB- psbH-Region; Werte oberhalb der Äste bezeichnen die Astlängen (1. Wert) sowie die bootstrap-Unterstützung aus 1000 Wiederholungen (2. Wert) 58

Ergebnisse

3.2.2. ITS-Phylogenie der Suaedoideae Basierend auf den Ergebnissen von Kap. 3.2.1 wurde jeweils mit Chloroplasten- und Kerndatensätzen getrennt die phylogenetische Analyse der Suaedoideae durchgeführt. Aufgrund der hohen Variabilität besonders im ITS wurde die Zahl der Außengruppen dabei minimiert, da bei der gegebenen Distanz das Alignment an hochvariablen Positionen teilweise mit Unsicherheiten behaftet und nicht eindeutig ist. Für die Bewurzelung der Bäume wurde als Außengruppe jeweils die Gattung Kalidium gewählt, die aufgrund ihrer isolierten und basalen Stellung innerhalb der Salicornioideae den Suaedoideae am ähnlichsten ist. Für die Berechnung der ITS-Phylogenie wurde ein erweiterter Datensatz von 92 Taxa der Suaedoideae zusammengestellt. Darin sind alle Taxa der Cloroplasten-Phylogenie enthalten, erweitert um eine Reihe von Sippen, für die bisher keine Chloroplasten-Daten vorliegen, die aber für das Verständnis der Phylogenie durchaus bedeutsam sind. Das für die Berechnung verwendete ITS-Alignment besitzt eine Länge von 674 bp mit 344 variablen Positionen. Davon waren 280 parsimony-informative. Verwendet wurden trotz der auftretenden Unsicherheiten die Merkmale des gesamten Alignments. Eine Einbeziehung synapomorpher Indels war aufgrund der Diversität nicht notwendig. Die MP-Analyse mit diesen Merkmalen ergab aufgrund der hohen Taxazahl eine so hohe Anzahl kürzester Bäume, dass mit der verfügbaren Rechnerkapazität die endgültige Anzahl nicht bestimmt werden konnte. Die Länge der kürzesten Bäume beträgt 1039 Schritte, die Homoplasieindices haben für alle Bäume die Werte CI=0,49 und RI=0,91. Die erhaltenen Baumtopologien unterscheiden sich geringfügig in der Anordnung einiger Clades. Aus allen möglichen kürzesten Bäumen wurden zur Veranschaulichung jeweils die Konsensus-Bäume konstruiert, werden aber nicht dargestellt. Für die statistische Absicherung wurde das bootstrapping unter den Bedingungen von MP durchgeführt. Die Zahl der Wiederholungen betrug 1000. Die Zwischenspeicherung von Bäumen wurde auf 100 begrenzt, um die Berechnung in einem überschaubaren Zeitaufwand zu halten. Bootstrap-Werte von >50% wurden in den ausgewählten MP- Baum übertragen (Abb. 10). Für die ML-Analyse wurde von Modeltest als optimales DNA- Evolutionsmodell GTR+I+G mit folgenden Parametern ermittelt: Nukleotidfrequenzen A=0,2051 C=0,2884 G=0,2840 T=0,2225; Substitutionsraten AC=1,1733 AG=2,3794 AT=1,6167 CG=0,3995 CT=4,6540 GT=1,0000; Anteil invariabler Positionen: 0,3714, Merkmalsverteilung: Gamma, Formparameter: 1,7583. Die Analyse ergab mit dem gewählten Modell genau einen wahrscheinlichsten Baum mit einem -ln L=6453,341. Der Baum ist in Abbildung 11 dargestellt. Die Bayesianische Analyse wurde mit 1 Mio. Generationen gerechnet und die posterior probabilities des 50% majority rule-Baumes auf den ML-Baum übertragen. Die Baumtopologien waren mit wenigen Ausnahmen innerhalb terminaler Gruppen identisch. Die Konsensus-Bäume der MP-Analyse sowie die Bäume aus der Bayesianischen Analyse finden sich für Vergleichszwecke im Anhang. Die phylogenetische Analyse der ITS-Region der Suaedoideae einschließlich der gewählten Außengruppe erbrachte unabhängig von den gewählten Berechnungsverfahren und den veränderlichen Parametern eine Reihe sehr konsistenter Aussagen. Die in den Berechnungen aus Kap. 3.2.1 einbezogenen Schlüsseltaxa sind im erweiterten Set Bestandteile mehr oder weniger diversifizierter Clades. Generell ist dabei festzustellen, dass die Zuordnung von Sippen zu einzelnen Clades praktisch konstant ist. Variabel sind hingegen wie schon erwähnt die phylogenetischen

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Ergebnisse

Zusammenhänge dieser Clades untereinander. Auffallend ist weiterhin die im Vergleich zur Morphologie extreme Variabilität, wodurch eine sehr differenzierte Gliederung möglich ist. Basierend auf den erhaltenen Baumtopologien sind über die Gliederung der Suaedoideae anhand von ITS folgende Aussagen zu treffen:

1.) Die 3 Gattungen der Suaedoideae Suaeda, Alexandra und Borszczowia bilden eine monophyletische Einheit. Die Gattung Bienertia gehört nicht in diesen engeren Verwandtschaftskreis.

2.) Die um die beiden genannten Gattungen erweiterte ursprüngliche Gattung Suaeda teilt sich in zwei sehr deutlich getrennte Verwandtschaftskreise auf, die hier als Brezia- und Suaeda-Clade benannt werden. Diese Zweiteilung ist durch sämtliche Berechnungs- und Überprüfungsmethoden eindeutig belegt. Dem Brezia-Clade gehören alle Arten der bisherigen Sektion Brezia an. Zu dem Suaeda-Clade gehören weitgehend alle anderen bisher zu Suaeda gestellten Sippen sowie Alexandra lehmannii und Borszczowia aralocaspica.

3.) Brezia-Clade: Die Zusammengehörigkeit dieser Sippen ist eindeutig und vollständig gestützt (100% bootstrap). Es sind, soweit bisher zugeordnet, die Sippen der Sektion Brezia sowie einige bisher nicht klassifizierte Sippen wie S. arbusculoides, deren Zugehörigkeit aber aus morphologischer Sicht zu der Sektion zu erwarten war. Es handelt sich um die Sektion mit der weitesten Verbreitung weltweit, auch wenn die Taxonomie der Sippen keineswegs klar ist. Die molekulare Diversität selbst innerhalb dieses Teils von Suaeda ist sehr hoch, so dass eine Differenzierung in untergeordnete Verwandtschaftskreise gut möglich ist. Deutlich wird eine sehr tiefe Zweiteilung des Brezia-Clades: Eine Gruppe um die Art S. corniculata, die hier als corniculata-Subclade bezeichnet wird, bildet die Schwestergruppe zu den verbleibenden Arten. Die letztere Gruppe lässt sich wiederum in zwei monophyletische Gruppen aufteilen. Nach wichtigen zugehörigen Arten werden diese als maritima- und prostrata-Subclade benannt, woraus sich insgesamt eine Dreigliederung des Brezia-Clades ergibt. Die beschriebene Unterteilung ist eindeutig und wird durch hohe bootstrap-Werte gestützt.

4. Suaeda-Clade: Die Gruppe erscheint als völlig isolierte, für sich gesehen aber monophyletische Einheit innerhalb der Gattung Suaeda. Im Unterschied zu dem Brezia-Clade ist die Zahl gemeinsamer Merkmale aber viel geringer, was darauf schließen lässt, dass die Differenzierung innerhalb dieser Gruppe wesentlich früher eingesetzt haben muss. Die ITS-Sequenzen weisen eine extreme Diversität auf, wodurch sich Unsicherheiten im Alignment und den damit rekonstruierten Stammbäumen ergeben. Die Unterteilung erfolgt in 5 Subclades mit einer zweifelhaften Position im Fall von S. glauca. Nach den wichtigsten Arten bzw. Sektionen werden diese hier als Schoberia-, fruticosa-, physophora-, vera- und Schanginia-Subclade bezeichnet und verdeutlichen damit schon z.T. die Analogie zu den bisher bestehenden Sektionen. Es ist charakteristisch, dass die jeweiligen Gruppen durch sehr hohe bootstrap-Werte, die Verwandtschaft der Subclades untereinander allerdings überhaupt nicht gestützt wird. Im strict concensus-Baum der MP-Analyse wird lediglich eine nähere Verwandtschaft von Schoberia-, fruticosa-, und physophora-Subclade belegt, was damit die Ergebnisse aus Kap 3.2.1 bestätigt. Das Verhältnis der übrigen Gruppen wird nicht aufgelöst und verbleibt damit als Polytomie.

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Ergebnisse

Abb. 10: Ein zufällig ausgewählter sparsamster Baum der MP-Analyse der ITS-Region für 92 Taxa der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die Astlängen (1. Wert) und die Unterstützung aus 1000 Bootstrap-Wiederholungen (2. Wert); zur Klassifizierung vergl. Text 61

Ergebnisse

Abb. 11: Wahrscheinlichster Baum der ML-Analyse der ITS-Region für 92 Taxa der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe mit einem -ln L Wert von 6453,341. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die posterior probabilities aus der Bayesianischen Analyse 62

Ergebnisse

Differenzierung der Subclades

3.a.) Maritima-Subclade Die bekannteste Sippe des Subclades ist S. maritima, für die eine weltweite Verbreitung angenommen wird, was aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zutrifft. Obgleich die molekulare Verwandtschaft des Subclades mit 99% Unterstützung sehr gut belegt ist, lassen sich kaum morphologische Merkmale finden, die diese Gruppe in besonderer Weise kennzeichnen würden. In diesem Subclade finden sich neben eurasiatisch verbreiteten auch die beiden einzigen australischen Sippen der Gattung: S. arbusculoides und S. australis. Am stärksten isoliert von allen anderen steht die australische S. arbusculoides, eine der wenigen ausdauernden, verholzten Brezia-Sippen. Ähnlich isoliert, aber nicht näher mit S. arbusculoides verwandt erscheint S. australis, eine tropisch- südhemisphärisch verbreitete, ebenfalls ausdauernde Sippe. Als Bindeglied zu den beiden südhemisphärischen Sippen steht eine bisher unbekannte Sippe aus Zentralasien/Südsibirien, die erst kürzlich als S. sibirica beschrieben wurde (Lomonosova et al. 2008). Damit wird ziemlich sicher belegt, dass die Besiedlung Australiens zweimal unabhängig voneinander erfolgt sein muss und in beiden Fällen mit einer Änderung der Lebensform (Verholzung) einhergegangen ist, da S. sibirica annuell ist. An diese Sippen schließen sich südostasiatisch verbreitete an, deren taxonomischer Status allerdings nicht geklärt ist. Während S. malacosperma als Sippe eindeutig charakterisiert ist, handelt es sich bei S. australis s.l. und S. maritima s.l. (nach Lee et al. 2007) mit Sicherheit nicht um die so bezeichneten Arten, wenngleich um einen eigenständigen Sequenztyp innerhalb des maritima-Subclades. Weitere Sippen des Clades sind neben S. crassifolia und S. heteroptera (die molekular identisch mit S. japonica ist) eine Reihe noch nicht beschriebener, morphologisch aber unterscheidbarer Sippen für die hier vorläufige Namen gebraucht werden (S. ‚arabica’ und S. ‚elegans’). S. crassifolia weist eine für Brezia ungewöhnliche Blattanatomie auf (s. Kap. 3.4.). Ein interessantes Ergebnis sind die Positionen von S. maritima im engeren Sinn und S. salsa. Beide Arten sind molekular deutlich charakterisiert und bilden mehr oder weniger diversifizierte Schwesterclades. Die Trennung der beiden Sippen war bis jetzt unklar. Im Falle von S. salsa fällt schon bei der hier einbezogenen Auswahl eine stärkere molekulare Diversität auf. Die Benennung orientiert sich vor allem an der geographischen Herkunft. Mit S. salsa (1253) wird dabei eine Sippe aus dem Gebiet der Typuslokalität bezeichnet. Innerhalb von S. salsa steht die erst kürzlich beschriebene Polyploid-Sippe S. kulundensis, auf deren Entstehungs-Hypothese in der Diskussion noch eingegangen wird. Mit S. salinaria liegt eine mittel- und südosteuropäisch binnenländisch verbreitete Sippe vor, die eindeutig nicht zu S. maritima s.str. gehört. Von S. maritima (1084) wird hier eine weitere, morphologisch unterschiedene Sippe (S. ‚venetiana’) abgetrennt, was auch durch geographische Herkünfte bedingt ist.

3.b.) prostrata-Subclade Als Schwestergruppe zu dem maritima-Subclade vereint diese Gruppe drei unterschiedlich stark diversifizierte Linien: caespitosa, spicata und prostrata/heterophylla. Eine stark isolierte Stellung nimmt die südafrikanisch verbreitete, ausdauernde S. caespitosa ein, die auch morphologisch stark von den übrigen Arten abweicht. Damit wird eine erdgeschichtlich sehr alte Auftrennung dieses

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Ergebnisse

Verwandtschaftskreises deutlich. Die Sippe hat sich offenbar nicht weiter diversifiziert, da nähere Verwandte fehlen. Verbindendes Merkmal des übrigen prostrata-Subclades ist eine ausgesprochen reiche Verzweigung der Infloreszenzen bzw. der gesamten Pflanzen. Dies tritt besonders bei der Typusart der Sektion Brezia - S. heterophylla- sehr deutlich hervor, die zu diesem Subclade gehört. Auffällig in dieser Gruppe sind weiterhin die im Verhältnis zu anderen Sippen auffallend kleinen Perianthien mit manchmal auftretenden flügelartigen Auswüchsen. Am stärksten diversifiziert ist S. prostrata, die im Baum mit drei unterschiedlichen ITS-Typen vertreten ist. Als S. prostrata im engeren Sinne (von der Typuslokalität) wird Nr. 1379 festgelegt. Davon deutlich unterschieden ist die kleinasiatisch verbreitete Form (1109). Die Schwesterart zu S. prostrata ist S. olufsenii, eine Sippe zentralasiatischer Hochgebirge. Nahe verwandt mit S. prostrata gruppieren S. heterophylla und S. stellatiflora, beide Sippen mit ausgeprägten Flügeln am ausdifferenzierten Perianth, was der Hauptgrund für die Aufstellung einer eigenen Gattung war (Brezia heterophylla bei Ulbrich 1934). Die Stellung innerhalb von Suaeda in der S. prostrata-Verwandtschaft ist jedoch eindeutig und rechtfertigt nicht die Abtrennung von S. heterophylla als eigene Gattung. Alle genannten Sippen weisen mehrere molekular gut unterscheidbare Typen auf, so dass die Definition von Arten noch weiterer Untersuchungen bedarf. Den geschilderten Sippen mit fast ausschließlich asiatisch-kontinentaler Verbreitung steht als Schwestergruppe S. spicata gegenüber, ein vorwiegend westmediterran verbreiteter Typ, welcher eine der drei Linien des prostrata-Subclades bildet. Suaeda spicata wird in zahlreichen Floren mit S. maritima vereint, deren phylogenetische Stellung aber zweifelsfrei außerhalb der S. maritima-Verwandtschaft liegt. Diese Zuordnung war bisher nicht bekannt. S. spicata weist eine sehr hohe intraspezifische molekulare Diversität auf (s. Kap. 3.2.4). Zu S. spicata im weiteren Sinne gehört auch die einzige ausdauernde Brezia Europas, S. maritima var. perennans (1234), eine ausschließlich an den europäischen Atlantikküsten sowie auf den Kanaren verbreitete Sippe.

3.c.) corniculata-Subclade: Von den übrigen Arten geschieden bilden die Sippen der S. corniculata-Verwandtschaft eine sehr isolierte Gruppe. Charakteristisches morphologisches Merkmal sind die fast immer auftretenden hornartigen Auswüchse des Perianths. Als deutlich isolierte Gruppe erscheinen S. arctica und die erst kürzlich von Lomonosova & Freitag (2003) aus den Hochlagen des Altai neu beschriebene Sippe S. tschujensis. Die hohe Zahl eigenständiger Merkmale dieser Linie lässt auf eine relativ frühe Abtrennung dieser Sippen vom Rest der Gruppe schließen. Die Verwandtschaft ist eindeutig und 100% bootstrap belegt. Im verbleibenden Teil des corniculata-Subclades gruppieren zum einen verschiedene Typen der fast rein asiatischen S. corniculata, zum anderen aber auch überraschenderweise alle amerikanischen Sippen der Sektion Brezia, von denen immerhin 7 Arten einbezogen werden konnten. Die Gruppenbildung deutet darauf hin, dass wenigstens zwei neuweltliche Besiedlungsereignisse stattgefunden haben müssen. S. calceoliformis als isoliert stehende Sippe scheint sich dabei unabhängig von allen anderen entwickelt zu haben. Im Stammbaum bildet sie mit den übrigen amerikanischen Sippen und S. corniculata s.l. eine Polytomie. Es existieren jedoch auch mögliche MP-Baumtopolgien, in denen S. calceoliformis basal zu allen anderen Sippen steht (inklusive S. corniculata s.l.). Die übrigen amerikanischen Sippen bilden eine gut gestützte monophyletische Gruppe, eine Differenzierung in nord- und südamerikanische Arten tritt

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Ergebnisse dabei allerdings nicht hervor. Lediglich zu der geographisch isolierten S. patagonica existieren keine ähnlichen, gruppierenden Sequenzen. Auch in dieser Gruppe gibt es mit S. esteroa und S. linearis wieder ausdauernde Sippen. Die morphologisch und karyologisch recht diverse S. corniculata weist nur zwei ITS-Typen auf, die sich zudem nur durch eine Punktmutation unterscheiden. Der häufige Typ, durch 1062 repräsentiert, bezeichnet die S. corniculata-Sippen von eher niederliegendem bis aufsteigendem Wuchs mit sehr asymmetrischen, hornartig verlängerten Perianthzipfeln (s. Kap 3.5) und großem Areal von Zentraleuropa bis Ostsibirien. Eine identische ITS-Sequenz weist auch S. pannonica auf, der einzige mitteleuropäische Vertreter dieser Verwandtschaftsgruppe. Der abweichende Typ (1026) gehört möglicherweise zu einer geographisch begrenzten Variante. Bei S. corniculata s.l. steht der morphologischen Variabilität anders als bei den anderen Sippen keine molekulare Diversität gegenüber. Durch eine singuläre 6bp-Insertion charakterisiert ist die erst kürzlich beschriebene S. tuvinica (1607) aus Zentralasien charakterisiert.

4.a.) Schoberia-Subclade

In dieser Gruppe finden sich die annuellen C4-Sippen, die bisher in der Sektion Schoberia vereint wurden. Die Gruppierung wird zu 100% gestützt. Eine enge Verwandtschaft dieser Arten wird auch durch die morphologischen Daten belegt. Die molekulare Diversität ist, gemessen an anderen Gruppen, relativ gering, was für eine relativ junge Radiation sprechen dürfte. Die Unterteilung des Clades folgt in etwa geographischen Regionen. Jeweils näher verwandt sind S. splendens, S. eltonica und S. cucullata und S. acuminata mit S. microsperma. Stärker isoliert erscheint hingegen S. carnosissima. Die gesamte Gruppe besiedelt ein relativ kleines Areal und auch die Arten haben nur jeweils sehr begrenzte Verbreitungsgebiete. Außer den mittel- und SW-asiatisch verbreiteten Sippen gibt es mit S. splendens nur eine europäisch-mediterrane. Vollkommen unerwartet in dieser C4-

Gruppe ist die Stellung der morphologisch stark abweichenden C3-Art Alexandra lehmannii, eine morphologisch von Suaeda anhand der einzigartigen Perianthmerkmale unterschiedene Sippe. Die Aussagen der molekularen Daten sind hier nicht eindeutig. Es existieren Baumtopologien mit basaler Position von Alexandra in Bezug auf den Schoberia-Subclade als auch mit genesteter Position innerhalb dieser Gruppe. Die hohe Ähnlichkeit der Alexandra-Sequenz gegenüber Schoberia- Sequenzen lässt aber als Konsens durchaus die Position von Alexandra innerhalb von Schoberia zu. Sie ist den kontinental verbreiteten Sippen S. acuminata und S. microsperma am ähnlichsten.

4.b.) fruticosa-Subclade

Zu dieser sehr diversen und artenreichen monophyletischen Gruppe gehören alle C4-Arten mit kranz- suaedoidem Blatttyp, die bisher unter den Sektionen Macrosuaeda, Immersa, Limbogermen und Salsina klassifiziert wurden. Die Annahme einer nahen Verwandtschaft war aufgrund der morphologischen Daten wahrscheinlich, bisher jedoch nicht in die Klassifikation der Gattung umgesetzt. Ihre Zusammengehörigkeit wird durch die Stammbäume zu 100% gestützt, allerdings ist die interne Gliederung nicht sicher zu belegen. Relativ isoliert innerhalb dieses Clades stehen S. altissima und S. monoica. Die südeuropäisch-westasiatisch verbreitete S. altissima weist morphologische und karyologische Besonderheiten auf, die isolierte Stellung war daher zu erwarten.

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Ergebnisse

Sie ist im Gegensatz zu den meisten übrigen Arten des Subclades einjährig. S. monoica weist nach den molekularen Daten enge Beziehungen zu zwei weiteren strauchigen, ausdauernden Arten auf: S. dendroides und S. microphylla. In einigen Baumtopologien der MP-Analyse bilden diese 3 Arten einen gemeinsamen Clade, doch besitzt S. monoica zahlreiche Autapomorphien und dadurch einen sehr langen singulären Ast. Die nächste Gruppe sind zwei NO-afrikanisch verbreitete Arten, S. paulayana und S. micromeris, die relativ eng miteinander verwandt sind. Eine weitere Gruppe bilden S. asphaltica, S. aegyptiaca, S. vermiculata und S. arcuata und eine bis jetzt noch nicht näher definierte Sippe von Sokotra (1492). Dies ist bemerkenswert, da in dieser Gruppe ausdauernde und einjährige Sippen vereinigt sind und S. aegyptiaca aufgrund von Blütenmerkmalen bisher als eigene Sektion Immersa geführt wurde. Die molekulare Analyse rechtfertigt diese Sonderstellung nicht. Die verbleibenden Arten gehören zu den bisherigen Sektionen Salsina und Limbogermen. An dieser Stelle findet sich im Stammbaum das Ergebnis einer weiteren neuweltlichen Radiation in Form zahlreicher Sippen mit unterschiedlichen ITS-Typen. Im Gegensatz zu den amerikanischen Brezia-Sippen diversifizieren sich die nord- und südamerikanischen Sippen des fruticosa-Clades innerhalb zwei getrennter Verwandtschaftskreise. An der Basis aller amerikanischen Arten steht die SW-afrikanisch verbreitete S. articulata. Davon ausgehend entwickelt sich der Südamerika-Clade mit den nahe verwandten Sippen S. argentinensis, S. divaricata und S. foliosa, womit alle südamerikanischen Sippen dieser Gruppe repräsentiert sind. Der Nordamerika-Clade ist mit 7 Sippen vertreten, allerdings ist hier die Systematik noch nicht geklärt, die Namen haben daher nur vorläufigen Charakter. Dies betrifft vor allem S. taxifolia und S. moquinii/S. nigra. Eine Zwischenstellung nimmt eine Sippe aus Peru ein (Suaeda sp. Dillon 3220), die an der Basis der nordamerikanischen Sippen steht und noch nicht näher definiert werden konnte. Im MP-Baum bilden nord- und südamerikanische Clades Schwestergruppen, im ML-Baum wird diese Beziehung nicht aufgelöst, sie bilden gemeinsam mit S. articulata eine Polytomie. Verbindendes Element zwischen den alt- und neuweltlichen Arten ist S. fruticosa, die mit drei Sequenztypen im Stammbaum vertreten ist und in deren Verwandtschaft auch S. mollis und S. monodiana gehören. Da es sich bei S. fruticosa um eine polymorphe, weit verbreitete Art handelt, sind weitere Untersuchungen notwendig.

4.c.) physophora-Subclade Zu dieser Gruppe gehören neben der namengebenden S. physophora die Zwergsträucher S. ifniensis und S. palaestina, deren Sektionszugehörigkeit bisher umstritten war. Die Verwandtschaft mit S. physophora ist jedoch in den molekularen Stammbäumen sehr gut gestützt (93% bootstrap) und auch durch morphologische Merkmale begründet. S. ifniensis der Kanaren (1160) und S. ifiniensis des afrikanischen Festlandes (1214) unterscheiden sich deutlich, so dass möglicherweise auch von zwei Sippen ausgegangen werden kann. Die Stellung dieser Gruppe innerhalb der Suaedoideae- Phylogenie kann durch ITS-Daten allerdings nicht eindeutig definiert werden. Es existieren Baumtopologien mit Schwestergruppenstellung sowohl zum fruticosa- als auch zum Schoberia- Subclade. In Konsensus-Bäumen ist daher die Stellung dieser drei Clades nicht aufgelöst (Polytomie). Mit Sicherheit scheint es sich aber nicht um eine basale Gruppe innerhalb des Suaeda-Clades zu handeln.

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Ergebnisse

4.d.) vera-Subclade Ebenfalls sehr isoliert und nur mit zwei Arten repräsentiert stehen S. vera und eine bisher unbekannte Art, die hier vorläufig als S. ‚ekimii’ bezeichnet wird. Beide Arten teilen sehr charakteristische Narbenmerkmale (s. Kap. 1.2.2), was ihre Eigenständigkeit innerhalb Suaeda schon morphologisch deutlich unterstreicht. Es sind mit großer Wahrscheinlichkeit basale Sippen, doch ist auch ihre Stellung durch ITS-Daten nicht eindeutig belegt. Es existieren Baumtopologien mit basaler Stellung des Suaeda-Subclades gegenüber den anderen Gruppen des Suaeda-Clades. S. vera beschränkt sich in ihrer Verbreitung auf das Mittelmeergebiet, S. ‚ekimii’ ist bis jetzt nur aus der östlichen Türkei belegt (H. Freitag, 2002) und bisher nicht beschrieben. Nähere Verwandte von S. vera waren bisher nicht bekannt, sie bildete bisher die monotypische Sektion Suaeda. Taxonomische Unklarheiten führten in der Vergangenheit immer wieder zu Verwechslungen zwischen S. vera und S. fruticosa doch handelt es sich um vollkommen verschiedene Sippen und die molekularen Daten belegen die unterschiedliche stammesgeschichtliche Ableitung.

4.e.) Schanginia-Subclade In dieser relativ isoliert stehenden Gruppe sind höchst unterschiedliche Sippen vereint. Zum einen die einander noch recht ähnlichen S. paradoxa und S. linifolia, mit ihnen jedoch auch die blattanatomisch, blütenmorphologisch und physiologisch vollkommen abweichende C4-Art Borszczowia aralocaspica.

Diese Art ist der einzige Vertreter mit einer speziellen Form der single cell C4 phyotosynthesis und dem borszczowioiden Blatttyp (s. Kap. 1.2.3). Die Zusammengehörigkeit dieser drei Arten wird durch erhebliche morphologische Unterschiede zwischen Borszczowia zu S. linifolia und S. paradoxa nicht gestützt, ist jedoch anhand der molekularen Daten eindeutig. Es handelt sich insgesamt um eine sehr isoliert stehende basale Gruppe, die auch molekular stark von anderen Gruppen abweicht, untereinander jedoch sehr starke Ähnlichkeit aufweist. Die bootstrap-Unterstützung für diesen Subclade beträgt 100%, so dass kaum alternative Möglichkeiten angenommen werden können.

4.f.) Suaeda glauca Die Art stellt die am stärksten isolierte dar und hat keine näheren Verwandten. Die bisherige Stellung innerhalb der Sektion Schanginia wird von den molekularen Ergebnissen nur insofern gestützt, dass in der MP-Baumtopologie S. glauca mit dem Schangina-Subclade einen durch bootstrap-Werte nicht unterstützten gemeinsamen Clade bilden. Die Diversität der Einzelsequenzen ist jedoch extrem hoch, die Anzahl gemeinsamer Merkmale hingegen sehr gering, so dass die Clade-Bildung zweifelhaft bleibt. ML- und Bayes-Analyse unterstützen diese Gruppierung nicht und weisen S. glauca als gesonderte Linie und ersten Abzweig des Suaeda-Clades aus. Eine nähere Verwandtschaft mit der habituell ähnlichen Suaeda altissima, wie in einigen Arbeiten postuliert, besteht nach molekularen Daten nicht.

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Ergebnisse

3.2.3. Chloroplasten-Phylogenie der Suaedoideae Mit 66 Sequenzen der Suaedoideae und der Außengruppe Kalidium wurde für atpB-rbcL ein Alignment von 1006 bp, für psbB-psbH ein Alignment von 666 bp erzeugt. Für die psbB-psbH -Region liegen von S. caespitosa, S. physophora, S. sp. (Sokotra) und S. nigra keine Sequenzen vor. Ihre Positionierung innerhalb der Chloroplasten-Bäume beruht damit ausschließlich auf atpB-rbcL-Daten. Die Abweichungen gegenüber dem ITS-Datensatz kommen zum einen dadurch zustande, dass für einige Sippen Chloroplasten-Sequenzen aufgrund schlecht konservierten Pflanzenmaterials nicht generiert werden konnten, zum anderen durch die nachträgliche Einbeziehung nicht selbst erstellter ITS-Sequenzen vor allem amerikanischer Sippen (V. Steinmann). Die Unterschiede betreffen vor allem den corniculata- und den fruticosa-Subclade. Vorangegangene Untersuchungen hatten ergeben, dass die Aussagen der Phylogenien beider Chloroplasten-Regionen ähnliche Resultate zeigen, die Auflösung bei der psbB-psbH-Region jedoch schlechter ist als bei atpB-rbcL (Schütze et al. 2003). Daher wurden beide Regionen für die Analyse kombiniert. Der partition-homogeneity test mit 100 Replikaten zwischen atpB-rbcL und psbB-psbH ergab einen Wert von P=0,06. Dies bedeutet, dass auf einem Signifikanzniveau von 99% von einem gleichen phylogenetischen Signal ausgegangen werden kann. Die Kombination beider Regionen sollte daher nicht zu einer Erhöhung der Homoplasie führen sondern die Aussagen eher verbessern. Aus der Berechnung ausgeschlossen wurden wegen Unsicherheiten oder teilweise fehlender Daten 134 (atpB-rbcL) und 17 (psbB-psbH) Positionen. Vier synapomorphe Indels wurden für die Parsimonie-Berechnung als 0/1-Merkmale kodiert. Von insgesamt 292 variablen Positionen des gesamten Alignments waren 183 parsimony-informative. Mit diesen Merkmalen wurden unter Maximum Parsimony 17932 kürzeste Bäume mit einer Länge von 404 Schritten erzeugt. Einer der Bäume ist in Abbildung 12 dargestellt. Die Homoplasieindices für alle Bäume betragen CI=0,71, RI=0,96. Konsensus-Bäume wurden aus allen Einzelbäumen generiert und befinden sich im Anhang. Im Anhang sind auch die Bäume der Bayesianischen Analyse sowie der getrennten Berechnungen für atpB-rbcL und psbB-psbH dargestellt um die Unterschiede in Baumtopolgie und Auflösung darzustellen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Alignments und die Ergebnisse der MP-Analyse der getrennten und kombinierten Chloroplasten-Regionen.

Tab. 7: Übersicht über die Alignmentparameter und Ergebnisse der Maximum Parsimony Analyse der ausgewählten Chloroplasten-Regionen.

Region atpB-rbcL psbB-psbH kombiniert Alignment (bp) 1006 (davon 134 666 (davon 17 1672 (davon 151 ausgeschlossen) ausgeschlossen) ausgeschlossen) variabel 196 100 292 parsimony-informative 122 65 183 Anzahl sparsamster Bäume 792 nicht berechenbar 17932 Länge der sparsamsten Bäume 270 133 404 (Schritte) CI 0,72 0,71 0,71 RI 0,96 0,96 0,96

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Ergebnisse

Als optimales Evolutionsmodell für die Maximum Likelihood-Analyse wurde von Modeltest K81uf+G mit folgenden Parametern ausgewählt: Nukleotidfrequenzen A=0,3287 C=0,1439 G=0,1494 T=0,3781; Substitutionsraten AC=1 AG=1,1831 AT=0,1722 CG=0,1722 CT=1,1831 GT=1; Anteil invariabler Positionen: 0, Merkmalsverteilung: Gamma, Formparameter: 0,4329. Die Analyse ergab genau einen wahrscheinlichsten Baum mit einem -ln L=4681,2589. Der Baum ist in Abbildung 13 dargestellt. Für die Bayesianische Analyse wurden 1000000 Generationen mit einer Speicherfrequenz von 100 gerechnet. Am Ende betrug die Standardabweichung der split frequencies 0,0065 und blieb damit deutlich unter dem Maximalwert von 0,01. Von den zwischengespeicherten 10000 Bäumen wurden 2500 (25%) eliminiert und aus den verbleibenden 7500 ein 50% majority rule Baum generiert. Da die Topologie des Baumes der ML-Topologie sehr ähnlich war, wurden die posterior probabilities in den letzteren übertragen. Folgende von den bei ITS getroffenen abweichenden Aussagen ergeben sich aus der Chloroplasten- Analyse:

1. Im Unterschied zu der ITS-Region weisen beide Chloroplasten-Regionen eine wesentlich geringere molekulare Diversität auf, was unmittelbar in einer schlechteren Auflösung der Bäume resultiert. Ein Teil der Sippen mit unterschiedlichen ITS-Sequenzen weist identische Chloroplasten-Sequenzen auf.

2. Trotz der geringeren Diversität sind die Baumtopologien der ITS- und Chloroplasten-Datensätze einander sehr ähnlich, in grundsätzlichen Aussagen unterscheiden sie sich nicht.

3. Die Unterschiede zwischen den Baumtopologien aus allen drei gewählten Rekonstruktionsverfahren sind gering, so dass konsistente Aussagen zur Phylogenie getroffen werden können.

4. Die Positionierung von Bienertia als Schwestergruppe zu dem Suaeda-Alexandra-Borszczowia- Clade wird auch in den veränderten Datensätzen deutlich.

5. Die Haupttrennung in Brezia- und Suaeda-Clade entspricht den bei ITS gefundenen Ergebnissen und wird auch in der Chloroplasten-Phylogenie deutlich und mit hohen bootstrap-Werten gestützt (94- 100%). Bis auf eine Ausnahme im Brezia-Clade werden alle anhand der ITS-Bäume aufgestellten Subclades auch im Chloroplasten-Baum reproduziert. Die Zuordnung der terminalen Taxa zu den Subclades ist mit diesen innerhalb des Suaeda-Clades identisch, innerhalb des Brezia-Clades insofern verschieden, da hier keine deutliche Dreiergliederung erkennbar ist.

6. Differenzierung des Brezia-Clades Die außerordentlich hohe Differenzierung des Clades mittels ITS-Daten wird im Chloroplasten-Baum keineswegs reproduziert. Eine Unterteilung des Brezia-Clades anhand von Chloroplastenmarkern ist aufgrund der geringen molekularen Differenzierung nicht eindeutig möglich. Für die meisten Taxa sind

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Ergebnisse

Abb. 12: Ein zufällig ausgewählter sparsamster Baum der MP-Analyse von 66 kombinierten atpB- rbcL/psbB-psbH-Sequenzen der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die Astlängen (1. Wert) und die Unterstützung aus 1000 Bootstrap-Wiederholungen (2. Wert) 70

Ergebnisse

Abb. 13: Wahrscheinlichster Baum der ML-Analyse von 66 kombinierten atpB-rbcL/psbB-psbH- Sequenzen der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe mit einem -ln L Wert von 4681,259. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die posterior probabilities aus der Bayesianischen Analyse 71

Ergebnisse atpB-rbcL und psbB-psbH-Region identisch. Da die molekularen Merkmale offenbar homoplastisch sind, ist die untergeordnete Gruppenzugehörigkeit der Sippen variabel, was sich in zahlreichen möglichen sparsamsten MP-Baumtopologien ausdrückt. Durch bootstrap-Werte wird die Unterteilung des Brezia-Clades praktisch überhaupt nicht gestützt. Die wenigen variablen Merkmale resultieren in einer schlecht gestützten Zweiergruppierung, für die auch die bootstrap-Werte kaum höher als 60% sind. Die aus den ITS-Bäumen ersichtlichen maritima- und prostrata-Subclades werden dabei statistisch nicht unterstützt. Die gesamte Gruppenbildung beruht jeweils nur auf zwei synapomorphen Merkmalen. Bei der Beurteilung ist jedoch zu berücksichtigen, dass einige für die Klassifikation möglicherweise wichtigen Sequenzen (S. arbusculoides, nordamerikanische Sippen) fehlen.

6.a.) maritima/prostrata-Subclade Die Gruppe enthält die meisten Sippen aus den maritima- und prostrata-Subclades der ITS-Analyse mit Ausnahme von 3 Sequenzen: S. heterophylla 1074, S. stellatiflora 1076 und S. caespitosa. Aus der weitgehend undifferenzierten Gruppe sind nur zwei Gruppierungen aus dem ITS-prostrata- Subclade zu erkennen: S. spicata/S. maritima var. perennans (1234, 1181) und S. prostrata s.l. (1109, 1379, 1161). S. stellatiflora (1076) sowie eine der S. heterophylla-Sequenzen (1074) sind identisch, aber deutlich von allen anderen unterschieden. Eine auffallende Inkonsistenz tritt bei der Stellung von S. ‚elegans’ (1376) auf. Während die ITS-Sequenz identisch mit S. crassifolia ist, sind die Chloroplasten-Sequenzen identisch mit der undifferenzierten maritima-Gruppe.

6.b.) corniculata-Subclade Vergleichbar mit den Aussagen der ITS-Bäume bilden S. tschujensis, S. patagonica, S. tuvinica und S. corniculata s.l. einen gemeinsamen und gut gestützten Clade. Die Gruppierung beruht sowohl auf Nukleotid-Mutationen als auch auf synapomorphen Indels. Ein Widerspruch gegenüber den ITS-Daten ist die Position von S. kulundensis und S. sibirica in diesem Clade, die nach den ITS-Daten in die Verwandtschaft von S. salsa (maritima-Subclade) gehören. S. corniculata s.l. (incl. S. pannonica) teilt sich in drei unterschiedliche Sequenztypen auf, währenddessen es bei ITS nur zwei sind. Die Zuordnung und Gruppierung der einzelnen Sequenzen ist zudem nicht konsistent. S. patagonica als einzige amerikanische Sippe weist mit S. tuvinica, S. sibirica und S. kulundensis identische Sequenzen auf. Die Position der übrigen amerikanischen Sippen bleibt aufgrund des Fehlens von Daten unklar. Als Bestandteil des Subclades können weitere Sippen interpretiert werden, die aufgrund von ITS-Daten zu dem maritima-Subclade gehören: S. australis (1144), S. heteroptera (1540), S. crassifolia (1108) und S. ‚arabica’ (1473). Die genannten Arten bzw. Sequenzen gehören aber nicht unmittelbar zu der beschriebenen Gruppe um S. corniculata s.l. sondern nehmen gesonderte Positionen ein. S. australis ist die Sequenz mit der höchsten Zahl individueller Merkmale des gesamten Clades.

7. Differenzierung des Suaeda-Clades Die Unterteilung des Suaeda-Clades in 5 Subclades sowie die isoliert stehende S. glauca unterschiedet sich prinzipiell nicht von den Ergebnissen der ITS-Analyse. Die Ergebnisse aller drei Rekonstruktionsverfahren MP, ML und Bayes sind weitgehend kongruent. Alle Subclades sind durch

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Ergebnisse

100% bootstrap und posterior probability gestützt. Die Diversifizierung dieses Clades ist wie bei ITS wesentlich höher, die Anzahl gemeinsamer Merkmale demgegenüber begrenzt. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Clades ähneln sich ebenfalls, sind aber besser unterstützt. Auch in den Chloroplasten-Bäumen nimmt S. glauca eine basale Stellung ein. Der Schanginia-Subclade zweigt als nächste Gruppe ab, während der Suaeda-Subclade eine Schwesterposition zu allen übrigen Gruppen des Clades einnimmt. Die Stellung dieser basalen Gruppen ist relativ gesichert mit hohen bootstrap- Werten sowie eindeutigen MP-Bäumen mit jeweils 100% Konsens. Insofern ist dies eine verbesserte Aussage gegenüber derjenigen der ITS-Bäume. Nicht aufgelöst werden hingegen die Beziehungen der drei Subclades Schoberia, fruticosa und physophora. Sie können nur als Polytomie bewertet werden.

7.a.) Schoberia-Subclade Die Strukturierung entspricht derjenigen im ITS-Subclade. Jeweils S. splendens/S. cucullata/S. eltonica und S. acuminata/S. microsperma bilden gemeinsame Gruppen, wobei S. acuminata und S. microsperma identische Sequenzen aufweisen. S. carnosissima nimmt eine isolierte Stellung ein. Ein gravierender Unterschied gegenüber ITS ist die Position von Alexandra lehmannii im Verhältnis zum Schoberia-Clade. In den Chloropasten-Bäumen nimmt Alexandra eine deutliche, basale Stellung ein und ist nicht in die Gruppe eingeschlossen. Diese isolierte Stellung war aufgrund der morphologischen Daten eher zu erwarten gewesen. Wie alle Schoberia-Sequenzen weist auch Alexandra in atpB-rbcL eine charakteristische Minisatellitenstruktur auf, die jedoch strukturell deutlich verschieden von Schoberia ist und schon aus der Sequenzstruktur als unabhängige Entwicklung gedeutet werden kann. Die Position von Alexandra ist eindeutig und wird zu 100% durch bootstrap gestützt.

7.b.) fruticosa-Subclade Der Subclade enthält aufgrund des Fehlens von Daten deutlich weniger Arten als im ITS-Baum. S. monoica und S. altissima werden auch anhand von Chloroplasten-Daten als isolierte Sippen der gesamten Verwandtschaftsgruppe sichtbar. Die Zahl von autapomorphen Sequenzmerkmalen ist bei beiden Sequenzen deutlich höher als bei allen anderen Sequenzen des Subclades. Die übrigen Arten verteilen sich - anders als in den ITS-Bäumen - auf zwei deutlich getrennte Clades, die mit S. monoica eine Polytomie bilden. Einer der Clades vereint die SW-asiatisch-mediterranen Sippen S. asphaltica, S. vermiculata, S. aegyptiaca, S. arcuata, S. microphylla und S. dendroides. Die Gruppierung ist stabil und bleibt auch in den MP-Konsensus-Bäumen erhalten. Die nähere Verwandtschaft dieser Sippen wurde bereits aus den ITS-Daten deutlich. In dem anderen Clade finden sich die Arten mit größerem Areal, inklusive der amerikanischen und südafrikanischen. Dazu gehören S. articulata, S. fruticosa, S. divaricata, S. nigra und S. foliosa. Beide Clades sind durch bootstrap-Werte (50 und 74%) nur schwach gestützt, dafür sind aber die Werte für die posterior probabilites höher (97 und 98%). Im ML- Baum ist S. altissima Bestandteil des 2. Clades, was aber durch MP-Daten nicht unterstützt wird. Die beiden Sequenzen von S. fruticosa stehen auch im Chloroplasten-Baum an unterschiedlichen Positionen was für eine möglicherweise stärkere Differenzierung der Art spricht. Die amerikanischen Sippen bilden keinen einheitlichen Clade.

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Ergebnisse

7.c.) physophora-Subclade Dass S. ifniensis keineswegs einheitlich ist wird auch im Chloroplasten-Baum deutlich. In diesem Baum sind sich S. palaestina und S. ifniensis des afrikanischen Festlandes (1214) ähnlicher als diejenige der Kanarischen Inseln (1160). Die Sequenzähnlichkeit folgt hier eher geographischen Regionen als traditionellen Artgrenzen. Die Gruppenbildung ist nur schlecht gestützt (58% bootstrap), bleibt aber auch in den MP-Konsensbäumen durchweg erhalten. S. physophora unterscheidet sich am stärksten von allen anderen Sequenzen.

7.d.) vera-Subclade Die Stellung des Subclades an der Basis aller abgeleiteten Subclades wird durch alle Berechnungsverfahren gestützt. Bei Maximum Parsimony kommt diese Position jedoch nur bei Einbeziehung der 0/1-kodierten Indels zustande, nur anhand von Basenmutationen wird die Beziehung zu dem Schanginia-Subclade nicht aufgelöst. Die Sequenzen beider Arten S. vera und der unbeschriebenen S. ‚ekimii’ unterscheiden sich mit 20 Merkmalen sehr deutlich. Auch morphologisch sind die Arten deutlich getrennt (ausdauernder Zwergstrauch bzw. annuelle, krautige Art)

7.e.) Schanginia-Subclade Die Beziehungen der drei enthaltenen Sippen S. linifolia, S. paradoxa und Borszczowia aralocaspica sind identisch mit den ITS-Ergebnissen. Anhand der Chloroplasten-Sequenzen wird die isolierte Stellung von Borszczowia noch deutlicher. Bei geringerer Gesamtdiversität des Datensatzes weist Borszczowia in der MP-Analyse mit 22 Astmerkmalen mehr als doppelt so viele Autapomorhpien auf wie in der ITS-Phylogenie.

7.f.) Suaeda glauca Die separate Position innerhalb des Subclades wird mit 82% bootstrap unterstützt. Suaeda glauca ist der erste Abzweig des vergleichsweise stark diversifizierten Suaeda-Clades und weist wenig Ähnlichkeiten mit anderen Sequenzen auf. Eine nähere Beziehung zu dem Schanginia-Subclade wie in manchen ITS-Baumtopologien wird von den Chloroplasten-Phylogenien nicht belegt.

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Ergebnisse

3.2.4. Phylogenie und Diversität der Sektion Brezia Über Status und Abgrenzung von Sippen innerhalb der Sektion Brezia war bis jetzt relativ wenig bekannt und zahlreiche fehlerhafte Darstellungen sind publiziert worden. Insbesondere unter dem Taxon „Suaeda maritima“ wurden in der Vergangenheit undifferenziert zahlreiche Sippen zusammengefasst und damit die vorhandene Diversität meist nicht annähernd erfasst. Der Schwerpunkt der hier vorgelegten erweiterten Darstellung für die Sektion liegt auf der Beschreibung des europäischen Artenspektrums. Aus der phylogenetischen Analyse der Suaedoideae wurde bereits die Monophylie der Sektion Brezia und ihre recht isolierte Stellung innerhalb der gesamten Gattung deutlich. Brezia-Sippen formen einen der zwei Haupt-Clades der gesamten Gattung, der von dem Suaeda-Clade durch eine hohe Zahl synapomorpher Sequenzmerkmale unterschieden ist. Die ITS-Region als hoch variabler Marker für inter- und intraspezifische Variabilität wurde dabei bereits ausgewählt. Mit diesen Informationen wurde ein erweiterter Datensatz von Brezia-Sippen phylogenetisch analysiert. Die Aussage der verfügbaren Chloroplasten-Daten zur Gliederung von Brezia weicht in einigen Fällen erheblich von derjenigen der ITS-Daten ab. Da diese Differenzen nur durch Hybridisierung erklärt werden können, erfolgt eine zusammenfassende Gegenüberstellung in der Diskussion (s. Kap. 4.3). Mit einem Alignment von 67 Sequenzen und 649 bp wurde eine MP-Analyse durchgeführt. Von 225 variablen Positionen waren 138 parsimony-informative. Mit diesen Merkmalen wurden 120 kürzeste Bäume mit einer Länge von 378 Schritten ermittelt. Die Werte für die Homoplasieindices betrugen CI=0,64 RI=0,93. Ein zufällig ausgewählter Baum ist in Abb. 14 dargstellt. Die ML-Analyse wurde mit folgenden Parametern durchgeführt: ausgewähltes Modell TrN+G, Nukleotidfrequenzen A=0,2312 C=0,2486 G=0,2654 T=0,2548; Substitutionsraten AC=1 AG=2,569 AT=1 CG=1 CT=8,1572 GT=1; Anteil invariabler Positionen: 0, Merkmalsverteilung: Gamma, Formparameter: 0,4956. Die Analyse ergab genau einen wahrscheinlichsten Baum mit einem -ln L=2975,6884. Die erhaltenen Baumtopologien unterscheiden sich innerhalb von MP sowie zwischen MP und ML nur unwesentlich. Sie bestätigen und erweitern die Ergebnisse der ITS-Gesamtanalyse. Deutlich wird auch im erweiterten Baum die Dreigliederung des Brezia-Clades mit der starken Separierung des corniculata-Subclades. Die Erhöhung der Zahl einbezogener Sequenzen brachte in den meisten Fällen auch eine Erhöhung der Diversität, was als Diskussionsgrundlage für die Artabgrenzung von Bedeutung ist.

1. maritima-Subclade 1.a.) maritima-Gruppe Innerhalb dieser Gruppe wurden 6 ITS-Typen gefunden. Als S. maritima s.str. wird der an europäischen Küsten mit Ausnahme Osteuropas vorherrschende Typ bezeichnet (1084, 1200). Zahlreiche weitere, hier nicht einbezogene Sequenzen von europäischen Küsten sind mit diesem identisch. Die zugehörigen Pflanzen haben als Merkmale meist abgerundete Perianthien ohne jegliche Anhänge, relativ lockere, wenigblütige Teilblütenstände und einen vergleichsweise geringen Verzweigungsgrad der Infloreszenz. Soweit aus der bis jetzt dokumentierten Variabilität hervorgeht, folgt die Verteilung geographischen Regionen. Während an nord- und westeuropäischen Küsten nur

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Ergebnisse

Abb. 14: Ein zufällig ausgewählter sparsamster Baum der MP-Analyse aus ITS-Sequenzen von 66 Taxa der Gattung Suaeda/Sektion Brezia mit Suaeda vera als Außengruppe. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die Astlängen; europäische Sippen grau unterlegt 76

Ergebnisse ein ITS-Typ vorkommt, ist die Diversität in der Mittelmeerregion höher mit einem Schwerpunkt im östlichen Teil. Die Unterschiede sind dennoch vergleichsweise gering. Sequenz 1360 weist eine A/T- Transversion in ITS2 auf, 1575 die einzige ITS1-Mutation (C/A-Transversion). Bei 1301, 1300 und 1644 handelt es sich um Anhäufung von C/T-Transitionen im ITS2, die im Stammbaum bereits zur Bildung eines unabhängigen Clade führen. Die Art und Weise der Variabilität lässt auf mehrfach unabhängig entstandene Linien schließen, die sich aus einem weit verbreiteten Typ ableiten lässt. Mit der Sippenbezeichnung ‚S. venetiana’ soll bereits angedeutet werden, dass S. maritima auch morphologisch keineswegs uniform ist. ‚S. venetiana’ bezeichnet Pflanzen mit sehr starkem Verzweigungsgrad und späterer Blühperiode von Küsten des mittleren und östlichen Mittelmeeres. Eine Zuordnung zu ITS-Typen ist allerdings nicht eindeutig möglich. Der molekular definierte S. maritima-Typ wurde außerhalb Europas bzw. des Mediterrangebietes nicht nachgewiesen.

1.b.) salsa-Gruppe S. salsa erscheint ähnlich S. maritima als eine hinsichtlich ITS sehr diverse Gruppe. Die Schwestergruppenbeziehung zu der maritima-Gruppe ist eindeutig und gut unterstützt. Vergleichbar mit S. maritima tritt auch in dieser Gruppe ein offenbar weit verbreiteter Grundtyp auf, von dem es mehrfach unabhängige Ableitungen gibt. Der weit verbreitete Grundtyp ist durch die Sequenzen 1253 und 1600 repräsentiert und steht für S. salsa aus dem west- und zentralasiatischen Hauptverbreitungsgebiet. Von diesem durch eine G/T-Transversion unterschieden ist 1024, eine kleinasiatische Form. Die nur aus dem südosteuropäischen Binnenland bekannte S. salinaria fällt erwartungsgemäß in die Verwandtschaft von S. salsa und ist mit zwei geringfügig durch C/T- Transitionen verschiedene Sequenzen vertreten. Eine eigenständige Entwicklung aus S. salsa und von dieser als deutlich abgesetzte Gruppe erkennbar stellt die erst kürzlich erkannte Sippe S. kulundensis dar. Dieser Sippe werden vier ITS-Typen zugeordnet, die sich jeweils nur durch singuläre Mutationen unterscheiden. Dabei handelt es sich um G/T-Transversionen an unterschiedlichen Positionen in ITS1 und ITS2.

1.c.) crassifolia-Gruppe Die mit vier Proben vertretene Gruppe weist bis auf 1485 vollkommen identische ITS-Sequenzen auf. Ihre Position ist basal zu den abgeleiteten salsa/maritima-Clades. Bisher beschrieben ist nur die morphologisch gut charakterisierte S. crassifolia, die übrigen Sequenzen gehören Sippen an, die morphologisch abweichen und näherer Untersuchung bedürfen. Mit S. salsa 1485 findet sich die Sequenz einer morphologisch eigentlich in den S. salsa-Clade gehörenden Sippe isoliert von dieser.

1.d.) heteroptera-Gruppe Zu dieser Gruppe gehören zwei relativ unterschiedliche Sequenztypen, die zur Gliederung des gesamten Subclades beitragen. Es handelt sich um S. japonica/S. heteroptera sowie um zwei südostasiatische Küstensippen, die bei Lee et al (2007) aIs S. maritima und S. australis geführt werden. Aus den Phylogenien wird jedoch deutlich, dass die Benennung für beide Arten nicht korrekt ist und andere Namen gefunden werden müssen. Je zwei Sippen weisen identische ITS-Sequenzen auf, der Status aller Sippen muss durch weitere taxonomische Untersuchungen geprüft werden.

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Ergebnisse

1.e.) S. sibirica Die bisher in S. corniculata s.l. eingeschlossene Sippe nimmt eine Zwischenstellung zwischen den beiden australischen Linien ein. Mehrere untersuchte Sequenzen waren identisch, so dass von einem einheitlichen ITS-Typ ausgegangen werden kann. Zu diesem existieren keine ähnlichen Sequenzen, die Position innerhalb des maritima-Subclades ist relativ stabil, die Beziehung zur australis-Gruppe allerdings durch bootstrap-Werte nicht gestützt.

1.f.) australis-Gruppe Analog den anderen Sippen des Clades erscheint auch S. australis keineswegs als molekular einheitlicher Typ. Die zwei ausgewerteten ITS-Sequenzen weichen mit insgesamt 14 unterschiedlichen Merkmalen sehr deutlich voneinander ab, was durch lange individuelle Äste sichtbar wird. Die Belege stammen aus geographisch getrennten Regionen West- und Nordaustraliens. Die Zugehörigkeit von S. malacosperma zu dieser Gruppe ist durch bootstrap–Werte nicht unterstützt. Es handelt sich um eine deutlich von S. australis unterschiedene Sippe, die in einigen MP- Baumtopologien als vollkommen eigenständige Linie auftritt. Lee et al (2007) fanden drei geringfügig unterschiedene ITS-Sequenztypen.

1.g.) S. arbusculoides Von dem australischen Endemiten S. arbuculoides konnte nur eine Sequenz ausgewertet werden, die am stärksten von allen anderen des maritima-Subclades abweicht und deshalb sehr stabil in basaler Position steht. Die Sequenz weist gegenüber dem restlichen Clade 30 Autapomorphien auf. Ähnliche Sequenzen sind nicht bekannt.

2. prostrata-subclade

2.a.) S. caespitosa Die Sippe steht ähnlich wie S. arbusculoides an der Basis eines gesamten Subclades und ist durch eine vergleichbare Zahl von Autapomorphien im ITS (20) gekennzeichnet. Die Zuordnung zum prostrata-Subclade ist jedoch zweifelsfrei und durch einen bootstrap-Wert von 86% gestützt. Ähnliche Sequenzen wurden nicht gefunden, die nächst verwandte Sippe des Subclades ist die sehr diverse Suaeda spicata.

2.b.) spicata-Gruppe Als Bestandteil des prostrata-Subclades stellt die in vielen Florenwerken nicht von S. maritima getrennte Gruppe stammesgeschichtlich eine vollkommen separate Ableitung dar und hat mit S. maritima s.str. wenig gemein. Zu dieser Gruppe gehört neben S. spicata auch die einzige europäische ausdauernde Brezia, S. maritima var. perennans. S. spicata ist ein Beispiel für sehr hohe intraspezifische Diversität des ITS, für die sich so gut wie keine morphologische Entsprechung findet. Daher werden alle Sippen auch als S. spicata benannt. Die Variabilität betrifft ITS1 und ITS2 gleichermaßen. Die Gruppenbildung folgt, soweit bekannt, keinem geographischen Muster.

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Ergebnisse

2.c.) heterophylla-Gruppe Die morphologisch gut charakterisierte S. heterophylla bildet die Schwestergruppe zu der Verwandtschaft von S. prostrata und ist von diesen Sippen sehr deutlich getrennt. Die drei Sequenzen unterscheiden sich ausschließlich durch C/Transitionen vorwiegend in ITS2.

2.d.) prostrata-Gruppe Zu dieser außerordentlich diversen Gruppe gehören neben bisher drei bekannten Arten (S. stellatiflora, S. prostrata, S. olufsenii) wahrscheinlich mehrere weitere. Die morphologisch S. heterophylla ähnelnde S. stellatiflora scheint näher mit S. prostrata s.l. verwandt. Die osteuropäische S. prostrata s.str. ist mit zwei unterschiedlichen Sequenzen vertreten, 1161 und 1379. S. prostrata wird damit eindeutig als Bestandteil der europäischen Flora belegt (1161 aus Österreich). Weitere, bis jetzt als S. prostrata bezeichnete Sippen weichen morphologisch (Wuchsform) und in ihrem Verbreitungsgebiet von S. prostrata s.str. ab und sind auch durch ITS-Daten von dieser getrennt. Dies betrifft die kleinasiatische (1109) und eine Zahl zentralasiatisch verbreiteter Formen (1107, 1463), die nähere Beziehungen zu der zentralasiatischen Gebirgssippe S. olufsenii aufweisen.

3. corniculata-Subclade

3.a.) tschujensis-Gruppe Zwei nahe verwandte Sippen, S. arctica und die erst kürzlich neu beschriebene S. tschujensis stehen weit isoliert vom Rest des Subclades in basaler Stellung. Beide Sequenzen sind sich sehr ähnlich und unterscheiden sich nur um 2 Transversionen (A/G, T/G) in ITS2. Demgegenüber steht eine Divergenz von 26 Merkmalen gegenüber der Schwestergruppe. Die Merkmale sprechen für eine sehr lange Abtrennung schon vor der Besiedlung Amerikas, da sich die rezenten amerikanischen und asiatischen Sippen viel ähnlicher sind.

3.b.) patagonica-Gruppe Die sehr diverse Gruppe vereint mit S. patagonica, S. puertopenascoa, S. esteroa, S. linearis, S. occidentalis und S. mexicana die meisten amerikanischen Sippen der Sektion Brezia, soweit sie hier berücksichtigt werden konnten. Es handelt sich um insgesamt 6 unterschiedliche Sequenzen, deren Beziehungen untereinander aber nicht eindeutig sind. Durch bootstrap (99%) wird lediglich die enge Verwandtschaft von S. esteroa und S. linearis unterstützt, was auch morphologisch begründet ist. Geographische Muster wie z.B. eine Trennung in nord- und südamerikanische Sippen spiegeln sich hingegen nicht in der Verwandtschaft der Sippen wider.

3.c.) S. calceoliformis Die einzige mehr oder weniger separate Entwicklung stellt die Sequenz von S. calceoliformis dar. Sie weist eine vergleichsweise hohe Zahl von Autapomorphien auf und gruppiert mit keinem Clade. In einigen MP-Baumtopologie steht S. calceoliformis an der Basis der patagonica-Gruppe, diese Stellung wird aber durch ML und Bayes nicht unterstützt, so dass eine unabhängige Entwicklung angenommen werden kann.

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Ergebnisse

4. corniculata-Gruppe In dieser Gruppe wurden trotz Auswertung einer Vielzahl (hier nicht dargestellter) Taxa nur drei ITS- Typen nachgewiesen, die zudem nur geringfügig durch Einzelmutationen verschieden sind. Damit steht diese Gruppe in starkem Kontrast zu allen übrigen Gruppen des Brezia-Clades. Die Unterteilung folgt wieder geographischen Regionen. Ein (mit S. pannonica) von Mitteleuropa bis Zentralasien verbreiteter, häufiger Typ (1062, 1052, 1129) ist von einem Typ mit rein zentralasiatischer Verbreitung (1026, 1553) getrennt. Die Umsetzung in ein taxonomisches Konzept ist hier noch nicht endgültig geklärt. Bisher unterschieden wird nur die auch morphologisch eigenständige S. tuvinica. Mit S. pannonica wird ein Vertreter der S. corniculata-Verwandtschaft eindeutig als Bestandteil der europäischen Flora ausgewiesen, der mit S. maritima in keinem näheren Zusammenhang steht.

Anhand des Stammbaums wird deutlich, dass an den Küsten und Inland-Halobiotopen Europas sieben unterschiedliche Sippen der Sektion Brezia vorkommen: S. maritima s.str., S. maritima var. perennans, S. salsa, S. spicata, S. prostrata, S. salinaria, S. pannonica, die z.T. Teil bezüglich des ITS sehr divers sind. Hinzu kommt die bisher nicht hinreichend untersuchte S. „venetiana“. Die Diversität der ITS-Sequenzen ist im Vergleich zu den morphologischen Unterschieden unwahrscheinlich hoch.

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Ergebnisse

3.3. Altersdatierung und Molekulare Uhr

Mit modifizierten Sequenzalignments wurden getrennt für ITS und atpB-rbcL Maximum Likelihood- Analysen durchgeführt und mit den erhaltenen Bäumen Substitutionsraten und Divergenzzeiten berechnet. Das atpB-rbcL-Alignment wurde dabei um einige Taxa der Salsoloideae und Chenopodieae erweitert, um einen basalen Kalibrierungspunkt der gesamten Chenopodiaceae einzuschließen (Kadereit et al. 2003). Das ITS-Alignment enthält mehr Taxa der Suaedoideae und als Schwestergruppe nur einige Vertreter der Salicornioideae. Aufgrund der hohen Sequenzdivergenz ist ein sinnvolles Alignment mit weiter entfernten Gruppen nicht zweifelsfrei zu konstruieren. Die Kalibrierungspunkte wurden aus den Arbeiten von Kadereit et al. (2005, 2006) übernommen und sind in Tab. 9 aufgeführt. Die Außengruppen wurden nur zur Definition der Wurzel und des basalen Splits der jeweiligen Clades verwendet, in den Bäumen aber nicht dargestellt, da ihr Alter nicht zu bestimmen ist. Einige Sequenzen der Suaedoideae mussten aus dem Alignment entfernt werden, da sie in ihrem terminalen Ast mit einer Nulllänge definiert sind. Dies führt zu Problemen bei dem Prozess der Ratenglättung. In einem ersten Schritt musste die Prüfung auf Ratenkonstanz erfolgen. Der paarweise Substitutionsratenvergleich mit dem relative rate test weist, bezogen auf Bassia hyssopifolia (ITS) und Beta vulgaris (atpB-rbcL) für einen Teil der Sequenzen signifikante Ratenheterogenität nach. Ausgedrückt wird dies durch P-Werte von <0,05. Unterschiedliche Substitutionsraten zeigen ca. 10% der Sequenzpaare des atpB-rbcL-Alignments, aber nur 5% der Sequenzpaare des ITS-Alignments. Mit unterschiedlichen Raten evolvieren sowohl weit entfernte Sequenzen aus unterschiedlichen Unterfamilien als auch stark divergierende Sequenzen innerhalb von Sektionen. Die Unterschiede begründen sich z.T. auch aus dem unterschiedlichen taxonomischen Niveau der einbezogenen Sippen. Da keine Ratenkonstanz vorliegt, wird die Hypothese des Vorliegens einer molekularen Uhr für beide DNA-Regionen verworfen. Zum gleichen Ergebnis für beide Datensätze kommt der likelihood ratio test. Die doppelten –lnL- Differenzen liegen mit 200,92 für atpB-rbcL und 249,04 für ITS deutlich über den kritischen Werten von 91,67 (Freiheitsgrade=71) und 113,15 (Freiheitsgrade=90). Die Werte unterscheiden sich damit signifikant. Dies bedeutet, dass die Baumrekonstruktion unter Annahme einer molekularen Uhr zu einer signifikant weniger wahrscheinlichen Lösung führt und die Berechnung mit der Zulassung freier Substitutionsraten eine wahrscheinlichere Topologie ergibt. Die Annahme einer molekularen Uhr wird auch mit dem likelihood ratio test verworfen. Aus diesen beiden Ergebnissen folgt zwingend der Einsatz von Glättungsverfahren, um ultrametrische Bäume zu erzeugen und universale Substitutionsraten bestimmen zu können. Mit dem in der ML-Analyse erhaltenen Baum wurde daher zunächst mit r8s die Kreuzvalidierung durchgeführt, um den optimalen Glättungsparameter zu bestimmen. Mit dem Glättungsparameter wurde das eigentliche Verfahren der Ratenglättung durchgeführt. Alle vorab bestimmten Parameter von Maximum Likelihood und Penalized Likelihood sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

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Ergebnisse

Tab. 8: Übersicht der Parameter für die ML-Analyse und Altersdatierung. Werte für die Maximum Likelihood-Bäume, optimales Evolutionsmodell ermittelt mit Modeltest 3.7, Glättungsparameter durch Kreuzvalidierung mit Penalized Likelihood

atpB-rbcL ITS

Alignment bp/Taxa 1059/73 681/92 Außengruppe (ausgeschlossen) Beta vulgaris Bassia hyssopifolia opt. Evolutionsmodell TVM+G GTR+I+G Nukleotidfrequenzen A=0,3448 C=0,1277 A=0,2140 C=0,2778 G=0,1480 T=0,3796 G=0,2775 T=0,2306 Substitutionsraten AC=1,0052 AG=1,3180 AC=1,1398 AG=2,2596 AT=0,2515 CG=0,7040 AT=1,6078 CG=0,3705 CT=1,3180 GT=1,0000 CT=4,5355 GT=1,0000 Anteil inv. Positionen 0 0,3252 Merkmalsverteilung Gamma Gamma Gamma-Formparameter 1,2516 1,4126

-lnL (ohne mol, Uhr) 4848,0427 8354,3505 -lnL (mol. Uhr erzwungen) 4948,5039 8478,8710 PL-Glättungsparameter (log) 1.5 1.0

Die Ratenglättung mit Penalized Likelihood und Überführung der ratenvariablen in ultrametrische Bäume ergab für atpB-rbcL- und ITS-Bäume die in Abb. 15 und 16 dargestellten Ergebnisse. Eine vollständige Übersicht aller datierten Knoten findet sich im Anhang 7. Mit den gesetzten Kalibrierungspunkten und Einbeziehung der erdgeschichtlichen Zeiträume ergeben sich folgende Aussagen zur zeitlichen Entwicklung:

1.) Die untersuchten DNA-Regionen zeigen deutlich verschiedene Substitutionsraten. Mit einer durchschnittlichen Rate von 3,89 x 10-9 Substitutionen pro Nukleotidposition und Jahr evolviert ITS mit einer im Mittel 5,5fach höheren Rate als atpB-rbcL mit nur 6,99 x 10-10 Substitutionen pro Nukleotidposition und Jahr. Dies findet seine Entsprechung in deutlich geringeren rezenten Sequenzdivergenzen. Die Maximalwerte der Substitutionsraten unterscheiden sich um den Faktor 3.

2.) Das aus der Baumtopologie abzuleitende phylogenetische Alter der Sippen schwankt erheblich. Neben sehr alten Linien, seit dem Oligozän nicht diversifizierten Linien (S. glauca), existieren auch stammesgeschichtlich sehr junge (zahlreiche Sippen von fruticosa-Subclades und Brezia-Clade). Ausschließlich alte Linien sind auch in physophora- und vera-Subclade vereint, während in den anderen Subclades auch in jüngerer Zeit eine Radiation stattgefunden hat.

3.) Die Trennung zwischen Salsoloideae und Suaedoideae/Salicornioideae wird in das Eozän zurückdatiert. Erst wesentlich später, im Oligozän teilen sich Suaedoideae und Salicornioideae. Die Zeitpunkte beruhen vornehmlich auf der Kalibrierung anhand von Fossilien und unterscheiden sich nur wenig zwischen beiden Bäumen. 82

Ergebnisse

4.) Die Abtrennung von Bienertia als intermediäre Sippe und eine der C4-Linien wird auf ca. auf 31-33 Mio Jahre zurückdatiert. Obwohl ITS- und atpB-rbcL-Bäume unterschiedliche Ableitungen von Bienertia zeigen, sind die beiden Zeitpunkte durchaus ähnlich. Die Diversifikation von Bienertia in heute zwei Arten begann hingegen erst im Quartär.

5.) Die Haupt-Trennung von Suaeda in die beiden großen Clades datiert mit ca. 30 Mio. Jahren ebenfalls auf das Oligozän. Nach ITS-Daten fand dies vor, nach Chloroplasten-Daten erst nach der beginnenden Diversifikation der Salicornioideae statt. Möglicherweise beeinflusst die unterschiedliche Position von Bienertia hier die Ergebnisse.

6.) Die Zeitpunkte der Aufspaltung der Hauptclades von Suaeda unterschieden sich deutlich. Innerhalb des Suaeda-Clades kommt es mit der Abtrennung von S. glauca bereits im Oligozän zu einer Diversifizierung (24-26 Mio. Jahre), im Brezia-Clade begann dieser Prozess deutlich später. ITS und atpB-rbcL liefern für Brezia allerdings sehr unterschiedliche Werte. Während der Aufspaltungsprozess nach ITS-Daten vor 12,4 Mio. Jahren begann, datiert das gleiche Ereignis im atpB-rbcL-Baum auf 8 Mio. Jahre zurück. Möglicherweise wirken sich hier Unterschiede im sampling und das Fehlen einiger alter Linien (Suaeda arbusculoides) im Chloroplasten-Baum aus.

7.) Die Diversifizierung des Brezia-Clades kann nur anhand der ITS-Daten sinnvoll rekonstruiert werden. Die ältesten Abspaltungen sind S. arbusculoides, S. caespitosa, S. spicata und S. heterophylla, die nach dieser Berechnung mit 8,5-6,8 Mio. Jahren alle noch in das Miozän datieren. Die wesentliche Differenzierung der drei Subclades erfolgte im Pliozän von 5,3-1,8 Mio. Jahren. Sehr junge, quartäre Entwicklungen sind hingegen die polymorphen Sippen S. maritima/salsa und S. corniculata s.l.

8.) Borszczowia aralocaspica als Mitglied einer alten Suaeda-Linie trennt sich von den C3-Sippen des Schanginia-Subclades im jüngeren Miozän vor 11,21 bzw. 10,37 Mio. Jahren. Auch hier findet sich wieder eine auffallende Übereinstimmung zwischen beiden Bäumen. Der Zeitpunkt verdeutlicht zugleich auch das Minimalalter für die Entstehung der C4-Photosynthese in dieser Linie.

9.) Die abgeleiteten Subclades innerhalb von Suaeda (physophora-, fruticosa- und Schoberia- Subclade) trennen sich im jüngeren Miozän vor etwa 16 Mio Jahren. Welche Schwestergruppenbeziehung sich daraus entwickelt, bleibt allerdings ungeklärt. Im Chloroplasten- Baum wird die Beziehung nicht aufgelöst. Für den fruticosa-Subclade kann dieser Zeitpunkt als

Maximalalter für die Entstehung einer C4-Linie angesehen werden, die sich erst viel später diversifizierte.

9. Die beginnende Diversifizierung der abgeleiteten Subclades wird unterschiedlich rekonstruiert. Nach ITS-Daten trennten sich die Sippen des physophora-Subclades vor der Aufspaltung von fruticosa- bzw. Schoberia-Subclade, den Chloroplasten-Daten zufolge erst danach. Die Diversifizierung des fruticosa-Subclades begann vor derjenigen des Schoberia-Subclades. Die

83

Ergebnisse

Abtrennung von Alexandra lehmannii Chloroplasten-Baum (12,97 Mio. Jahre) könnte als Maximalalter für die Entwicklung einer weiteren unabhängigen C4-Linie angenommen werden. Durch die abweichende Topologie des ITS-Baumes wird diese Aussage nicht unterstützt.

Alle Angaben zu Kalibrierungspunkten, Substitutionsratenbestimmung Datierung wichtiger Knoten finden sich in nachfolgender Tabelle:

Tab. 9: Kalibrierungspunkte und Altersschätzungen der wichtigsten Diversifizierungsereignisse innerhalb der Suaedoideae und benachbarter Gruppen.

Knoten, Ereignis Alter in Mio. Jahren atpB-rbcL ITS A Abtrennung der Chenopodioideae Kal. 65-56,5 (65) - B Trennung Salsoloideae/Salicornioideae/Suadoideae Kal.41,3 - C Aufspaltung Salicornioideae/Suadoideae 38 Kal. 35-23 (35) D Salicornioideae mit gegenständiger Beblätterung Kal. 35-23 (32,6) Kal. 35-23 (23)

E Abtrennung von Bienertia (C4) 33,19 31,3 F Haupt-Split der Suaedoideae in Brezia- und Suaeda-Clade 30,88 29,29 G Diversifizierung des Suaeda-Clades 24,46 26,73 H Diversifizierung des Brezia-Clades 8,01 12,41

I Abtrennung von Borszczowia (C4)- 11,21 10,37 K Aufspaltung der abgeleiteten Gruppen des Suaeda-Clades 16,67 16,87

L Diversifizierung des Salsina-Subclades (C4) 12,24 7,8

M Diversifizierung des Schoberia-Subclades (C4) 9,64 6,55

mittlere Substitutionsrate (Substitutionen pro Position und 0.0006996 0.00389 Mio. Jahr) mit Standardabweichung ± 0.0005525 ± 0.001797 min. Substitutionsrate 0,0000511 0.0002333 max. Substitutionsrate 0.002259 0.007497

84

Ergebnisse

Abb. 15: Kalibriertes Chronogramm der Suaedoideae sowie ausgewählter Salicornioideae, Salsoloideae und Chenopodieae (als Außengruppen) auf Basis einer ML-Baumtopologie aus 73 atpB-rbcL-Sequenzen. Kalibrierungs- und wichtige Divergenzereignisse s. Tabelle 9; Abk. Q = Quartär, Cp. = Chenopodieae 85

Ergebnisse

Abb. 16: Kalibriertes Chronogramm der Suaedoideae und ausgewählter Salicornioideae auf Basis einer ML-Baumtopologie aus 92 ITS-Sequenzen. Kalibrierungs- und wichtige Divergenzereignisse s. Tabelle 9 86

Ergebnisse

3.4. Evolution von C4-Photosynthese und Blatttypen

Die Aufklärung der stammesgeschichtlichen Ableitung der eingangs geschilderten Besonderheiten im

Photosyntheseweg (C4-Photosynthesesyndrom) der Suaedoideae ist wesentlicher Bestandteil der vorliegenden phylogenetischen Studie. Photosyntheseweg und spezifische Blattmerkmale sind eng aneinander gekoppelt, die Enstehungswege des C4-Photosynthesesyndroms werden daher anhand einer Synthese aus molekularer Phylogenie und unterschiedlichen Blatttypen dargestellt. Im äußerlichen Bau zeigen alle Blatttypen innerhalb der Suaedoideae eine auffallende Ähnlichkeit. Deutliche Unterschiede zeigen sich hingegen im inneren Bau mit einer spezifischen Gewebsdifferenzierung. Auf Basis bisheriger blattanatomischer und biochemischer Studien wurden für die Suaedoideae insgesamt sieben Blatttypen definiert, die sich in anatomischen und physiologischen Merkmalen sehr deutlich unterscheiden und für bestimmte Gruppen der Unterfamilie typisch sind.

Nach dem Photosyntheseweg werden drei C3-Blattypen und vier C4-Blatttypen unterschieden. Die C4-

Blatttypen unterteilen sich nach Anordnung des C4-Gewebes in jeweils zwei Kranz- und zwei Nicht- Kranz-Typen (s. Kap. 1.2.3). Die kennzeichnenden Merkmale für jeden Blatttyp sind bei Schütze et al. (2003) zusammengefasst und werden hier in leicht abgeänderter Form wiedergegeben.

C3-Blattypen

1. Brezia-Typ: ausgesprochen sukkulent, verflacht bis halbzylindrisch, selten zylindrisch; an der adaxialen Seite gewöhnlich konkav, am Grund blattstielartig verschmälert; Leitbündelsystem (im Querschnitt) in einer gekrümmten zentralen Ebene angeordnet; 3-4 Lagen Mesophyllzellen zur Mitte hin stark vergrößert mit abnehmender Chloroplasten-Zahl; die innersten 1(-2) Lagen als Wasserspeichergewebe ausgebildet, gewöhnlich frei von Chloroplasten und ohne Interzellularen 2. Vera-Typ: vom Grundaufbau wie der Brezia-Typ, von diesem durch schmälere, bikonvexe, nadelförmige Blätter mit deutlichem Blattstiel unterschieden, deutlich sukkulenter 3. Schanginia-Typ: kaum sukkulent, flach, Leitbündelsystem im Querschnitt in gerader Lage angeordnet; Zellen der zwei Mesophylllagen in etwa gleich groß und mit gleicher Zahl an Chloroplasten; Luftzwischenräume durch das gesamte Gewebe

Kranz C4 Blatttypen

4. Salsina-Typ: sehr sukkulent, halbzylindrisch seltener verflacht oder zylindrisch; Leitbündel im Querschnitt in gerader oder leicht gekrümmter Ebene angeordnet; Hypodermis fehlend; Palisaden- und Kranzgewebe in randlicher Lage; Kranzzellen von gleicher Größe mit zentripetal angeordneten Chloroplasten; zwei innere Lagen als Wasserspeichergewebe, ohne Interzellularen und ohne bzw. mit wenigen Chloroplasten 5. Schoberia-Typ: sehr sukkulent, halbzylindrisch; Hypodermis vorhanden, aus sehr großen wasserspeichernden Zellen bestehend; Palisaden- und Kranzgewebe die im Querschnitt in gekrümmter Lage angeordneten Leitbündel umgebend; Kranzzellen sehr verschieden in der Größe, mit zentrifugal angeordneten Chloroplasten

87

Ergebnisse

Nicht-Kranz C4 Blatttypen

6. Borszczowia-Typ: sukkulent, mehr oder weniger halbzylindrisch, Hypodermis vorhanden; eine einzige Lage Chlorenchym; einzelne Zellen mit innen liegendem kranzartigen und außen liegendem palisadenartigen Kompartiment; zahlreiche randlich gelegene Leitbündel, die mit ihrem Phloem dem Chlorenchym anhaften; zentrales Leitbündel von 1-2 Lagen Wasserspeichergewebe ohne Chloroplasten und Interzellularen umgeben 7. Bienertia-Typ: sukkulent, halbzylindrisch; Leitbündel im Querschnitt in leicht gekrümmter, zentraler Ebene angeordnet; Hypodermis fehlend; 1-3 Lagen nicht differenziertes Chlorenchym, jede Zelle mit einem zentralen, als Kranzzelle fungierenden und einem randlichen, als Palisadenzelle fungierenden Kompartiment; 2 innere Lagen Wasserspeichergewebe ohne Chloroplasten und Interzellularen

Die beschriebenen Blattypen stellen hochgradig komplexe Merkmale dar, die mit Sicherheit einen vergleichsweise langen Entwicklungsprozess benötigen und auch längere Zeit erhalten bleiben. Die Evolution der Blatttypen soll anhand einer abgesicherten Konsensus-Topologie dargestellt werden.

Eine wichtige Frage ist dabei die nach der Zahl der C4-Entstehungsergeignisse. Sie sollten daher gruppenspezifisch sein. Von fast allen der im Stammbaum dargestellten Taxa konnte die Anatomie der Blätter untersucht und einem der Blatttypen zugeordnet werden (Freitag & Stichler 2000, 2002, Freitag, unpubl. Daten), so dass die Gruppenzuordnung gerechtfertigt ist. Für die Darstellungen zur Evolution der Blatttypen wurde ein kombinierter Datensatz aus allen drei untersuchten DNA-Regionen ausgewählt, obwohl Chloroplasten- und Kern-Phylogenien z.T. widersprüchliche Aussagen liefern (Bienertia, Alexandra), was auch durch die Ergebnisse des partition-homogeneity test unterstrichen wird. Die aus dem kombinierten Datensatz gewonnene Baumtopologie stellt daher auch eine Kombination der unterschiedlichen phylogenetischen Aussagen dar. Da für so unterschiedliche Datensätze kein geeignetes Evolutionsmodell gefunden werden kann, wurde für die phylogenetische Rekonstruktion Maximum Parsimony der Vorzug gegeben und als Darstellung der strict consensus -Baum gewählt, der nur die wirklich sicheren Verzweigungen enthält. In dem Datensatz enthalten sind alle Sippen der Chloroplasten-Phylogenie (s. Kap. 3.2.3.) sowie die Außengruppen aus Kap. 3.1, insgesamt 74 Taxa. Die spezifischen Strukturmerkmale dieses Datensatzes sind in Tab. 6, Kap. 3.1.2 dargestellt. Das Alignment für die kombinierte Analyse hat eine Länge von 2382 bp (atpB-rbcL 1022 bp, psbB- psbH 684 bp, ITS 676 bp). Ausgeschlossen wegen Unsicherheiten oder fehlender Daten wurden 192 bp der cp-Regionen. Von 720 variablen bp waren 424 parsimony-informative. Die MP-Analyse ergab 18 sparsamste Bäume mit einer Länge von 1746 Schritten (CI=0,49, RI=0,88). Die Zahl möglicher kürzester Bäume ist damit erheblich geringer als in den separaten Analysen. Mit Bassia hyssopifolia als Außengruppe ergibt sich als Konsensbaum die in Abb. 17 dargestellte Topologie, die als Basis für die Aufkartierung der verschiedenen Blatttypen verwendet wurde. Für die statistische Absicherung der Verzweigungen wurde mit dem Gesamtdatensatz eine bootstrap-Analyse mit 1000 Replikaten durchgeführt. Die schematisierten Blattquerschnitte wurden von H. Freitag entworfen und von D. Franke (Universität Mainz) erstellt und in der Studie von Schütze et al. (2003) publiziert. Abb. 17 ist eine erweiterte Variante von Fig. 6 aus der genannten Arbeit.

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Ergebnisse

Abb. 17: Rezente Verteilung von C3- und C4-Blatttypen sowie Entwicklungslinien (grün unterlegt) zur C4- Photosynthese innerhalb der Suaedoideae. Ableitung anhand eines kombinierten atpB-rbcL/psbB-psbH/ITS- Baumes (MP-Analyse, strict consensus) (K=Kranz, nK= nicht Kranz, BT=Brezia-Typ) 89

Ergebnisse

Die Baumtopologie des MP-Konsensusbaumes gibt die Suaedoideen-Gliederung der separaten Analysen ohne wesentliche Unterschiede wieder. Widersprüchliche Aussagen werden nach gemeinsamer Merkmalsbewertung unterschiedlich aufgelöst. So wird Bienertia wie in der ITS-Analyse als Schwestergruppe den Salicornioideae zugeordnet. Alexandra lehmannii nimmt im Gegensatz zur ITS-Analyse eine isolierte basale Position bezogen auf den Schoberia-Subclade ein, wie dies bereits in der Chloroplasten-Analyse sichtbar wurde. Die isolierte Stellung von Suaeda glauca gegenüber dem Schanginia-Subclade wird bestätigt. Die Beziehung der drei abgeleiteten Suaeda-Subclades (physophora, Schoberia, Salsina) wird im Konsensusbaum nicht aufgelöst. S. altissima ist den ITS- Daten folgend die am stärksten isolierte Sippe des Salsina-Subclades. Innerhalb des Brezia-Clade wird die nahe Verwandtschaft von S. crassifolia, S. ’arabica’ und S. heteroptera von Chloroplastendaten unterlegt. S. kulundensis wird dem maritima-Subclade zugeordnet, was durch ITS-Daten gestützt wird. Der dargestellte Baum verdeutlicht die rezente Verteilung unterschiedlicher Blatttypen im Licht der stammesgeschichtlichen Ableitung und Diversifizierung der beteiligten Sippen. Farblich mit unterschiedlichen Grüntönen unterlegt wurden im Stammbaum die evolutionären Linien, denen sich das C4-Photosynthesesyndrom zuordnen lässt. Auf den tatsächlichen Entstehungszeitpunkt kann daraus nicht geschlossen werden, da historische Merkmalsausprägungen nicht bekannt sind. Die Darstellung folgt eher einen parsimonischen Ansatz, wonach die Entstehungsereignisse der komplexen C4-Blätter minimiert sind und sich die Sippen erst nach der Blattentwicklung diversifizierten. Die Entstehung des C4-Photosynthesesyndroms ist damit lokalisiert zwischen der

Abspaltung einer gedachten ursprünglichen C4- von einer C3-Linie und der ersten Aufspaltung dieser ursprünglichen C4-Linie. Die rezente Verteilung der unterschiedlichen Blatttypen ist eng an die in der molekularen Analyse gefundenen Clades und Subclades gekoppelt. Es handelt sich daher um Merkmale, die eng mit der Phylogenie und Artbildung in den Suaedoideae verbunden sind und daher auch eine hohe Relevanz für die Gruppenbildung und Gliederung der Unterfamilie besitzen.

Vorausgesetzt dass die Entwicklungsrichtung stets vom C3- zum C4-Blatt geht, das C4-Blatt somit das abgeleitete Merkmal darstellt, wird aus der Baumtopologie ersichtlich, dass es innerhalb der

Suaedoideae vier unabhängige Entwicklungen zur C4-Photosynthese mit spezifischen Blatttypen gegeben haben muss. Drei der vier Entstehungsereignisse kennzeichnen den Suaeda/Alexandra/Borszczowia-Clade, dort allerdings nur den Suaeda-Subclade. In dem rezent sehr diversen Brezia-Clade hingegen fand der Prozess der C4-Evolution nicht statt. Ein weiteres C4- Entstehungsereignis fand in der isoliert zwischen Salicornioideae und Suaedoideae stehenden

Bienertia statt. Es ist weiterhin unzweifelhaft, dass die C4-Linien keinen gemeinsamen Vorfahren besitzen, sondern jeweils unabhängige Entwicklungslinien darstellen. Damit ist es auch unwahrscheinlich, dass einerseits lediglich ein ursprünglicher C4-Blatttyp existiert hat, aus dem sich die rezenten Blatttypen entwickelt haben könnten, andererseits sich ein C4-Blatttyp aus einem anderen entwickelt haben könnte. Dafür sprechen auch die stets noch vorhanden unmittelbaren C3-

Verwandten der C4-Gruppen.

90

Ergebnisse

Vorkommen der C3-Blatttypen

Brezia-Typ: Der Blatttyp kennzeichnet hauptsächlich die überwiegend annuellen Sippen des Brezia-Clades (bzw. der Sektion Brezia). Es handelt sich um einen innerhalb der Chenopodiaceae weit verbreiteten Blatttyp, der nur wenigen Abweichungen unterworfen ist. Variationen gibt es hinsichtlich des Sukkulenzgrades. Sukkulenz geht bei der anatomisch etwas abweichenden S. crassifolia mit einer starken Vergrößerung des inneren Wasserspeichergewebes einher, was insgesamt eine Verdickung des Blattes bewirkt. Die Leitbündel werden dadurch aus der zentralen Ebene zum adaxialen Chlorenchym hin verlagert. Da es sich um keinen grundsätzlich abweichenden Typ handelt, wurde diese spezielle Form als crassifolia-Variante des Brezia-Typs hervorgehoben. Neben S. crassifolia wurden Tendenzen zu dieser Blattanatomie auch bei den nahe verwandten Sippen S. ‚arabica’ und S. ‚elegans’ beobachtet. Dem Brezia-Typ im weiteren Sinn gehören auch die Blätter von S. glauca und Alexandra lehmannii an, womit dieser Blatttyp auch innerhalb des Suadea-Clades vorkommt. Das Blatt von S. glauca zeigt dabei intermediäre Merkmale zum Vera- und Schanginia Typ (s. Kap. 4.4).

Vera-Typ

Der wesentlich sukkulentere Blatttyp ähnelt dem Brezia-Typ und kennzeichnet die meisten der C3- Sippen des Suaeda-Clades (Suaeda- und physophora-Subclade), die sich damit auch anhand der

Blattanatomie von den C3-Sippen des Brezia-Clades unterscheiden. Es handelt sich fast ausschließlich um ausdauernde, verholzende Arten. Die Stellung der Sippen im Stammbaum lässt die

Vermutung zu, dass die sukkulenteren C3-Blatttypen eine unmittelbare Weiterentwicklung des Brezia-

Typs sind und dass wiederum Blätter des Vera-Typs den Ausgangspunkt der Kranz- C4-Blatttypen gebildet haben könnten.

Schanginia-Typ

Innerhalb der C3-Blatttypen stellt der Schanginia-Typ anatomisch eine Sonderentwicklung dar, der sich durch einen geringeren Sukkulenzgrad und fehlendes Wasserspeichergewebe auszeichnet. Er ist damit eher untypisch für die Unterfamilie und kommt nur bei den Sippen S. linifolia und S. paradoxa vor, womit auch anhand der Blattmerkmale die sehr isolierte Stellung dieser Verwandtschaftsgruppe innerhalb von Suaeda unterstrichen wird. Die Stellung des Schanginia-Clades innerhalb der gesamten Verwandtschaftsgruppe lässt in Bezug auf die Blattentwicklung den Schluss zu, dass es sich um eine Vereinfachung der sukkulenten, differenzierten Blattanatomie handelt, die mit dem Verlust des zentralen Wasserspeichergewebes einher ging.

Vorkommen der C4-Blatttypen

Salsina-Typ Der Blatttyp kennzeichnet die sehr diverse und weit verbreitete Salsina-Gruppe, zu der in der traditionellen Systematik vier Sektionen gerechnet werden (Salsina, Macrosuaeda, Immersa und Limbogermen) und die überwiegend von ausdauernden, verholzenden Arten gebildet wird. Das

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Ergebnisse

Vorkommen des gleichen, abgeleiteten C4-Blatttyps ist ein Argument gegen eine Unterteilung dieser Gruppe. Etwas abweichend vom dargestellten Grundtyp sind die Verhältnisse bei S. monoica. Die Blätter weisen an den Rändern eine deutliche Lücke im Chlorenchym auf, die auch äußerlich an durchscheinenden Linien entlang der Blattränder sichtbar wird.

Schoberia-Typ Der Blatttyp ist kennzeichnend für den Schoberia-Subclade und tritt in keiner anderen Gruppe auf. Ähnlich dem Salsina-Typ handelt es sich um einen aus Vorfahren des Suaeda-Clade von sukkulenten

C3-Vorfahren abgeleiteten Blatttyp. Die molekularen Daten lassen erkennen, dass es sich bei Schoberia- und fruticosa-Subclade um näher verwandte Gruppen handelt.

Borszczowia-Typ Wie bereits aus den vorangegangenen Darstellungen ersichtlich, teilt Borszczowia aralocaspica gemeinsame Vorfahren mit den Schanginia-Arten S. linifolia und S. paradoxa. Der Borszczowia- Blatttyp kennzeichnet eine einzige rezente Sippe und stellt eine im gesamten Pflanzereich einmalige anatomische Erscheinung dar. Die Entwicklung dieses Blatttyps ging nicht mit einer Radiation der betroffenen Sippe einher. Ein möglicher gemeinsamer Ausgangspunkt für die vollkommen unterschiedlichen Blatttypen ist jedoch weit schwerer rekonstruierbar als es die relativ nahe Verwandtschaft in der molekularen Phylogenie implizieren würde.

Bienertia-Typ Der Blatttyp kennzeichnet die isoliert stehende Gattung Bienertia und stellt wie der Borszczowia-Typ einen sehr seltenen Sonderweg zur C4-Photosynthese dar. Er kennzeichnet mit Bienertia eine schon lange vor der Diversifizierung von Suaeda abgetrennte Entwicklungslinie, die intermediär zwischen Salicornioideae und Suaedoideae steht. Es ist damit faktisch ausgeschlossen und durch die

Ergebnisse der molekularen Phylogenie widerlegt, dass sich die beiden Formen der single cell C4 photosynthesis auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückführen lassen.

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Ergebnisse

3.5. Merkmalsentwicklung anhand molekularer Phylogenien

Neben den im vorangegangenen Kapitel aufgezeigten Blattmerkmalen, die in Kombination mit den biochemischen Eigenheiten der Photosynthese gruppenspezifisch sind, gibt es eine Reihe weiterer, für die Systematik der Gruppe relevanter Merkmale. Einige dieser in der taxonomischen Literatur oft kontrovers diskutierten Merkmale sollen anhand der molekularen Phylogenie bewertet werden. Ähnlich der Darstellung der Blattentwicklung werden auch hier nur die Merkmale der terminalen Sippen wiedergegeben, da die historischen Zustände der komplexen Merkmale nicht rekonstruierbar sind. Folgende vier Merkmalskomplexe, die auch in der bisherigen systematischen Literatur z.T. schon als gruppenspezifisch gelten, wurden ausgewählt: a.) Pistill-Morphologie (Form des Ovars, Besonderheiten, Narbenzahl und -ausprägung) b.) Perianth-Morphologie (Formen, Anhänge/Auswüchse, Verwachsungen) c.) Lebensform, Verholzung, Generationszeiten d.) Ploidiestufen

Für die Darstellung wurde hier die ML-Topologie des erweiterten ITS-Datensatzes benutzt (s. Kap. 3.2.2.), da sie die meisten Taxa enthält und auch als weitgehender Konsensus unterschiedlicher Phylogenien interpretiert werden kann. Durch Vergleich mit den Baumtopologien der vorangegangenen Kapitel lassen sich dort, wo Unterschiede auftreten aber auch alternative Wege der Merkmalsentwicklung leicht nachvollziehen. a.) Pistill-Morphologie Die von Iljin eingeführten Pistill-Merkmale (Iljin 1936a) wurden von H. Freitag an zahlreichen Sippen untersucht und in fünf unterschiedliche Typen zusammengefasst, die prinzipiell der Iljin’schen Gliederung entsprechen. Ihre Beschreibung wird hier in unveränderter Form aus Schütze et al. (2003) wiedergegeben: 1. Brezia-Typ Narben 2(3), kurz, dick, oft verflacht, mit kurzen Papillen; direkt an der Spitze des verschmälerten Ovars entspringend, das einen kurzen Griffel darstellt. 2. Schanginia-Typ Narben (2)3. lang, dünn, mit langen Papillen, aus einer flachen Vertiefung an der Spitze des breit abgerundeten Ovars entspringend. 3. Vera-Typ Ovar ähnlich dem Schanginia-Typ, Zahl der Narben schwer zu bestimmen, diese schild- oder sternförmig verbreitert, Papillen kurz. 4. Schoberia-Typ Narben (2)3(4), lang und dünn, sehr selten kurz, mit verlängerten Papillen, aus einer tiefen Einbuchtung mit umgebender kragenartiger Struktur aus einem zusammengezogenen Ovar entspringend 5. Bienertia-Typ Ähnlich dem Brezia-Typ, von diesem durch kopfig verdickte Narben unterschieden.

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Ergebnisse

Die Aufkartierung dieser Merkmale auf die molekularen Stammbäume lässt eindeutig die systematische Relevanz dieses Merkmalskomplexes erkennen. Die unterschiedlichen Pistill-Typen kennzeichnen monophyletische Gruppen und stellen für diese synapomorphe Merkmale dar. Der Brezia-Typ kommt ausschließlich bei dem Brezia-Clade vor. Der morphologisch ähnliche Bienertia- Typ nur bei der isoliert stehenden Gattung Bienertia. Alle Sippen des Suaeda-Clades hingegen haben unterschiedliche, vom Brezia-Typ abweichende Pistilltypen entwickelt. Der Schanginia-Typ verbindet die morphologisch-anatomisch deutlich verschiedenen Sippen des Schanginia-Subclades und prinzipiell auch S. glauca. S. glauca hat jedoch fast immer 2 Narben. Der Vera-Typ mit der einzigartigen Narben-Morphologie stellt eine Sonderentwicklung dar und wird nur von den beiden Arten des Suaeda-Subclades repräsentiert. Verbindendes Merkmal der drei abgeleiteten Subclades fruticosa, Schoberia und physophora ist der Schoberia-Typ, der die Gruppe unabhängig von der diversen Blattentwicklung herausstellt. b.) Perianth-Morphologie Verwachsungen von Ovar und Perianth sowie morphologische Abweichungen des Perianths wurden in der Vergangenheit für die Taxonomie hoch bewertet. Auf diesen Merkmalen beruhte in erster Linie die Beschreibung von Sektionen (Immersa, Schanginia) und Gattungen (Bienertia, Alexandra, Borszczowia, Brezia heterophylla). Wie die Synthese mit der molekularen Phylogenie zeigt, können diese Merkmale kaum zur Definition monophyletischer Gruppen genutzt werden. Relativ vielgestaltig entwickelt sich das Perianth innerhalb des Brezia-Clades. Mehrere Linien entwickelten hier horizontale Flügel. Bei S. heterophylla innervieren sie am mittleren Teil des Tepalums und sind besonders stark ausgeprägt. Die nahe verwandte Sippe S. stellatiflora hat dagegen nur schwach entwickelte dreieckige Auswüchse, die nicht als echte Flügel gewertet werden. Horizontale Flügel in basaler Position kommen bei S. heteroptera, S. sibirica und S. kulundensis vor. Beide Arten sind aber nicht näher miteinander verwandt. Horizontalflügel treten ebenfalls bei der isoliert stehenden Bienertia auf, in diesem Fall sind sie zu einem geschlossenen Ring verwachsen, was sie auch dadurch von Suaeda unterscheidet. Vertikal angeordnete Flügel kommen hingegen nur bei der Gattung Alexandra in einem Verwandtschaftskreis, dessen Perianth ansonsten einheitlich ohne Anhänge oder Umbildungen entwickelt ist, vor. Möglicherweise gehört S. pterantha, die ebenfalls Vertikalflügel besitzt, in diese Gruppe. Asymmetrien und hornartige Auswüchse der Tepalen kennzeichnen die Sippen des corniculata-Subclades sowie die Sippe S. kulundensis. Innerhalb des corniuculata-Subclades zeigen einige Sippen dieses Merkmal nicht mehr (S. mexicana, S. linearis, S. occidentalis). Verwachsungen von Blütenhülle und Ovar (S. aegyptiaca, S. arcuata, Bienertia, Borszczowia) ist ein mehrfach unabhängig entstandenes Merkmal, was ebenfalls nicht zur Kennzeichnung verwandter Gruppen benutzt werden kann. c.) Lebensform In der Gattung Suaeda sind einjährige (Therophyten) und ausdauernde, verholzende (Chamaephyten) Arten bekannt. Die Veränderung der Generationszeit geht immer mit der Entwicklung zu Zwergsträuchern einher, andererseits zeigen aber auch Annuelle gelegentlich Verholzungstendenzen.

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Ergebnisse

Da dieser Merkmalskomplex systematische Bedeutung haben sollte, wurde die Lebensformen anhand der molekularen Phylogenie dargestellt. Aus dem Stammbaum wird deutlich, dass die beiden Lebensformen sehr unterschiedlich verteilt und keineswegs gruppenspezifisch sind. An der Basis des Suaeda/Alexandra/Borszczowia-Clades stehen mit S. glauca, dem Schanginia- und dem weitaus größten Teil des Brezia-Clades annuelle Arten. Auch die in Chloroplastenbäumen nächst verwandte Bienertia enthält nur annuelle Arten. Dies könnte bedeuten, dass sich Suaeda von annuellen Vorfahren ableitet. Neben rein annuellen Gruppen (Schanginia-Clade, Schoberia-Clade) gibt es mit dem physophora-Clade eine ausschließlich ausdauernde Gruppe. Innerhalb des Brezia-Clades und fruticosa-Clades kommen beide Lebensformen vor. Innerhalb von Brezia überwiegt die annuelle Lebensform, ausdauernde Sippen entwickeln sich daraus an 5 unabhängigen Positionen: S. esteroa/linearis, S. caespitosa, S. arbusculoides, S. australis und S. maritima var. perennans. Der umgekehrte Fall tritt innerhalb des fruticosa-Subclades auf. Hier überwiegen ausdauernde Formen, von denen sich mit S. aegyptiaca und S. arcuata annuelle Formen ableiten. Eine Sonderstellung innerhalb dieses Clades nimmt die annuelle S. altissima ein. Da ursprüngliche Zustände mit den gewählten Markern nicht sinnvoll rekonstruiert werden können, wird bei der Beurteilung der Lebensformen-Ableitung nach dem parsimonischen Prinzip argumentiert, wonach die Zahl der Transformationen minimal sein soll. Es können auch andere Entstehungswege angenommen werden. Das Merkmal Lebensformen ist aber zu variabel, um daraus Gruppierungen zu bilden, allenfalls auf Ebene der Art kann es zur Sippencharakteristik verwendet werden. d.) Ploidiestufe Vervielfachung des Chromosomensatzes durch Auto- oder Allopolyploidie ist ein im Pflanzenreich weit verbreitetes Phänomen und nicht unbedingt an Artgrenzen gebunden. Innerhalb der Suaedoideae sind, ausgehend von der Grundzahl x=9 fünf Ploidiestufen bekannt geworden. Anhand des Stammbaumes soll dargestellt werden, in welchen Gruppen diploide und in welchen polyploide Sippen vorkommen. Soweit bis jetzt bekannt, ist ein Großteil der Arten diploid geblieben. Diploide Sippen finden sich besonders in basaler Position größerer Gruppen (Bienertia, S. glauca, S. linifolia) und auch untergeordneter Clades (S. monoica, S. altissima, S. tschujensis). Bei der Vervielfachung des Chromosomensatzes werden Verdopplung und weitere Vervielfachung unterschieden. Die Verdopplung des diploiden Chromosomensatzes, die zu tetraploiden Genomen führt, lässt sich mindestens sechs mal unabhängig lokalisieren: S. vera, S. foliosa-Gruppe, S. vermiculata-Gruppe, S. corniculata-Gruppe, S. spicata und S. salsa/maritima. Damit sind alle Sippen bzw. Gruppen erfasst, die keine weitere Erhöhung der Ploidiestufe vollzogen haben. Eine weitere Erhöhung der Ploidiestufe kommt außerhalb von Brezia nur bei S. fruticosa vor, von der zwei Ploidiestufen bekannt sind. Innerhalb von Brezia zeichnet sich besonders der corniculata-Subclade durch hohe Variabilität der Ploidiestufen aus. Tetra- bis dekaploide Sippen kommen bei S. coniculata s.l. vor, die ITS-Sequenzen der Karyorassen sind praktisch identisch. Eine ähnliche offenbar unabhängige Entwicklung fand in den benachbarten, molekular diversifizierten amerikanischen Sippen des Subclades statt, auch hier möglicherweise bis zur Dekaploide. Dafür fehlt jedoch noch der molekulare Nachweis (S. rolandii). S. kulundensis und S. sibirica sind weitere unabhängige polyploide Linien.

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Ergebnisse

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Diskussion

4. Diskussion 4.1. Qualität, Aussagekraft und Grenzen der Daten und Methoden 4.1.1. Auswahl und Umfang der Sippen Die vorgelegte Arbeit basiert auf einer breit angelegten, den gesamten Verwandtschaftskreis der Suaedoideae weitgehend berücksichtigenden Auswahl. Die Ergebnisse erlauben damit eine umfassende Sicht auf die molekulare Variabilität im Verhältnis zur morphologischen Konzeption der Gruppe sowie die Rekonstruktion von statistisch gut abgesicherten verwandtschaftlichen Beziehungen, die aus der rezenten Diversität ermittelt werden. Es wurde Wert darauf gelegt, alle aktuell anerkannten Sektionen der Gattung Suaeda (Schenk & Ferren 2001) ausreichend zu berücksichtigen sowie nahe Verwandte, die mögliche Schwestergruppen darstellen ausreichend einzubeziehen. Dabei wurden auch aktuelle Ergebnisse der molekularen Phylogenie der Chenopodiaceae (Kadereit et al. 2003) sowie neuerer taxonomischer Untersuchungen (Akhani et al. 2005, Lomonosova et al. 2008) berücksichtigt. Mit den Gattungen Suaeda, Alexandra, Bienertia und Borszczowia ist die Unterfamilie der Suaedoideae (Ulbrich 1934) mit Ausnahme der nicht mehr zugehörigen Gattung Hypocylix komplett repräsentiert. Die monotypischen Sektionen Immersa, Macrosuaeda, Physophora und Suaeda sind alle einbezogen. Von den artenreicheren Sektionen wurde die höchst mögliche Probenzahl angestrebt. Besonderer Wert wurde dabei auf die Repräsentation kritischer taxonomischer Einheiten gelegt. Etwa 40% der einbezogenen Suaeda- Sippen gehören der Sektion Brezia an, in der die größten taxonomischen Unklarheiten bestehen. Einige kritische Brezia-Sippen sind durch mehrere Akzessionen belegt, dies betrifft vor allem Suaeda maritima, S. corniculata, S. prostrata, S. spicata und S. salsa. Fragliche Sektionen, wie die weitgehend auf geographischer Trennung basierende Sektion Limbogermen, wurden ebenfalls berücksichtigt. Als Außengruppen wurden einige Vertreter der Salicornioideae ausgewählt, um die Clades der phylogenetischen Analyse richtig zu werten und die Variabilität der untersuchten Regionen auch gruppenübergreifend einschätzen zu können. Als entferntere Außengruppen für die Bewurzelung der Bäume wurde mit Bassia hyssopifolia ein Vertreter der Salsoloideae gewählt. Basierend auf diesen Ergebnissen konnte in den erweiterten Phylogenien der Suaedoideae die Außengruppe neu bestimmt werden (Kalidium), da die Sequenzunterschiede besonders im ITS zwischen Bassia und den Suaedoideae so hoch sind, dass ein zweifelsfreies Alignment nicht möglich ist. Für die Altersdatierung anhand von atpB-rbcL wurde zudem das sampling noch um einige Vertreter der Salsoloideae, Chenopodieae sowie Beta vulgaris erweitert. Die Ergebnisse basieren auf der Auswertung von insgesamt 294 Sequenzen, davon 99 atpB-rbcL- Sequenzen, 70 psbB-psbH-Sequenzen und 125 ITS-Sequenzen. Die unterschiedliche Zahl begründet sich einerseits aus unterschiedlichen Fragestellungen auf unterschiedlicher taxonomischer Ebene, andererseits aus technischen Schwierigkeiten bei der Generierung von Chloroplasten-Sequenzen. Da sich ITS als variabelste DNA-Region herausstellte, liegen für diese Region auch die meisten Sequenzen vor. Die 294 Sequenzen stammen von insgesamt 66 bekannten und 7 weiteren, bisher nicht beschriebenen Suaeda-Arten. Die Gattung ist daher je nach Gesamtschätzung mit 60-80% aller Arten repräsentiert.

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4.1.2. Vergleichende DNA-Sequenzierung Die vergleichende DNA-Sequenzierung hat sich mittlerweile als ein probates und erfolgreiches Instrument für phylogenetische, populationsbiologische und biogeographische Untersuchungen etabliert. Für Fragestellungen auf niedrigem taxonomischen Niveau werden nichtkodierende Regionen bevorzugt, weil auf ihnen weniger funktionelle Zwänge liegen und damit die erwartete Variabilität höher ist. Mit der Verwendung nichtkodierender Regionen soll gerade ein von den morphologischen Daten unabhängiger Datensatz gewonnen werden, mit dem das Ergebnis weitgehend zufälliger Mutationsprozesse rekonstruiert werden kann. Mit der Entwicklung effektiver Mechanismen zur DNA- Sequenzierung wurde es möglich, immer mehr DNA-Regionen bei phylogenetischen Analysen zu berücksichtigen und dabei auch unterschiedliche Genome wie Kern und Plastiden zu vergleichen. Als Beispiele für Multigenanalysen seien genannt: Cuenod et al. (2002), Li et al. (2002), Simmons et al. (2001), Kadereit et al. (2006), Kapralov et al. (2006). Der Vorteil von Multigenanalysen liegt in der Vergleichsmöglichkeit der Evolutionswege unterschiedlicher Genome aus dem gleichen Organismus. Liefern die einzelnen Genome ähnliche phylogenetische Signale, so kann die Kombination zu verbesserten Aussagen führen. Mit Plastidengenomen können zudem maternale oder paternale Linien rekonstruiert werden. Für Pflanzen kommt dabei in erster Linie der Chloroplast in Frage, für den mittlerweile eine Vielzahl an geeigneten Regionen für phylogenetische Studien bekannt ist und auch viele Sequenzen als Vergleichsmaterial vorliegen (Shaw et al. 2005). Der Vorteil von Organellen-DNA liegt vor allem darin, dass sie nur in einer Variante in der Zelle vorhanden sind und Rekombination weitgehend ausgeschlossen ist. Variabilität entsteht vor allem durch slipped strand-Fehlpaarungen, Insertionen und Deletionen im Zusammenhang mit Sekundärstrukturbildung, Inversionen verbunden mit hairpin- und stemloop-Strukturen und Nukleotidsubstitutionen (Kelchner 2000). Rekombination spielt hingegen kaum eine Rolle. Die vorliegende Studie beruht auf Sequenzunterschieden von drei DNA-Regionen aus Kern und Chloroplastengenom: ITS, atpB-rbcL und psbB-psbH. Die Regionen haben jeweils eine Länge von etwa 600-800 bp. Die optimalen Regionen des Chloroplasten-Genoms wurden durch Testreihen mit 6 Taxa aus 8 möglichen Regionen ausgewählt. Es wurden folgende Regionen auf Amplifizierbarkeit und Variabilität getestet: atpB-rbcL, trnH-psbA, rps16 intron, psbB-psbH, trnT-trnL, trnL intron und trnL-trnF trnS-trnG. Nur für einen Teil der getesteten Regionen konnten Vergleichsergebnisse erhalten werden. Um den labortechnischen Aufwand bei der relativ großen Anzahl an Taxa zu begrenzen, wurde die Auswahl auf zwei DNA-Regionen beschränkt, die einen hohen Anteil an Punktmutationen und möglichst wenig Längenvariabilität zeigten. Die gewählten Regionen atpB-rbcL und psbB-psbH ließen sich zumindest aus Frischmaterial problemlos amplifizieren und zeigten im Vortest eine genügende Zahl an Punktmutationen. Erst im Nachhinein erwies sich die atpB-rbcL-Region als ausgesprochen längenvariabel, was zu Problemen im Alignment führte. Die Variationsbreite umfasste etwa 300 bp zwischen den längsten und kürzesten Sequenzen. Die Variabilität der erhaltenen Sequenzen lag mit Werten von bis zu 12% paarweiser Sequenzdivergenz in vergleichbaren Größenordnungen. Weniger längenvariabel erwies sich der psbB-psbH-Spacer, der eine noch geringere Variabilität (bis ca. 9%) zeigte. Die durchschnittliche Variabilität erreichte in den gewählten Regionen nur 20-25% von der bei ITS. Ähnliche Unterschiede der Sequenzdiversität zwischen atpB-rbcL und ITS fanden Kadereit et al. (2006) in den Salicornioideae.

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Die ITS-Region war für die Suaedoideae relativ leicht zu sequenzieren und erwies sich durchweg als sehr variabel. Die Größenordnungen lagen mit 615-640 bp Länge im durchschnittlichen Bereich der Angiospermen, die paarweisen Sequenzdivergenzen mit bis zu 50% höher als die üblichen Werte von 10-30% (Baldwin et al. 1995). Ein kennzeichnendes Merkmal sind auch die hohen GC-Gehalte. Obwohl ITS sehr oft für phylogenetische Studien eingesetzt wird, sind die Aussagen, die daraus gewonnen werden, nicht uneingeschränkt verwertbar. ITS wird biparental vererbt und wird beeinflusst durch Homogenisierungsprozesse, die so genannte concerted evolution. Dabei kann sich ein Typ durchsetzen, es kann aber auch zur partiellen Restrukturierung und Neukombination führen. Wie weit dieser Prozess schon fortgeschritten ist oder welche Sequenzen wirklich im Genom vorliegen, lässt sich durch direkte Sequenzierung nur bedingt klären. Nicht klonierte, direkt amplifizierte Sequenzen sind ein Konsens vieler Zielregionen aus einem oder mehreren Chromosomen (Nieto Feliner & Roselló 2007).

4.1.3. Phylogenetische Rekonstruktionsverfahren und Datierungsmethoden Die vorgelegten Ergebnisse der Stammbaumrekonstruktion beruhen auf einer Vielzahl von Annahmen von Voraussetzungen, nach deren Kriterien alle Aussagen zu bewerten sind. Der Prozess der Evolution und ihre Abbildung in einer Phylogenie der Organismen lässt sich als Prozess nicht beobachten. Alle Aussagen zur Phylogenie tragen daher hypothetischen Charakter. Die drei zur Rekonstruktion der Phylogenien benutzten Methoden Maximum Parsimony, Maximum Likelihood und Bayes’sche Analyse beruhen alle auf Optimalitätskriterien, die sich zwischen den Methoden grundsätzlich unterscheiden. Maximum Parsimony erklärt den Evolutionsprozess mit der minimal möglichen Anzahl an Schritten, ohne ein Evolutionsmodell vorauszusetzen und arbeitet vergleichsweise schlecht bei hohen Distanzen (long branch attraction). Da nur die parsimonie- informativen Merkmale gewertet werden, geht ein Großteil der Sequenzinformationen verloren. Eine gewisse Abhilfe schafft hier das Einbeziehen von Längenmutationen durch die Kodierung von Indels. Es verbleibt natürlich die Frage, ob die Evolution wirklich parsimonisch abläuft. Maximum Likelihood nutzt alle Merkmale zur Auswertung und optimiert einen gegebenen Baum (z. B. neighbor joining) anhand eines zuvor ermittelten optimalen Evolutionsmodells. Das Modell kann dabei immer weiter verfeinert werden, doch führt ein besseres Modell oft nur zu einem besseren Likelihood-Wert, nicht aber zu einer exakteren Phylogenie (Huelsenbeck & Crandall 1997). Maximum Likelihood sehr ähnlich ist der Bayes’sche Ansatz, der auf bedingten Wahrscheinlichkeiten basiert (s. Kap. 2.4.3). Alle Berechnungsverfahren setzen eine Baumstruktur der zu errechnenden Phylogenien voraus. Dies ist aber oft nicht gegeben. Grund dafür sind Rekombinationsereignisse und retikulate Evolution, die der Diversifikation, dargestellt durch phylogenetische Bäume, entgegenlaufen. Werden bekannte Hybride ausgeschlossen und die phylogenetischen Berechnungen nur mit diploiden, nicht hybridogenen Sippen durchgeführt, sollte dies zu verbesserten Aussagen führen (Blattner 2004). Hybridogene Taxa können anschließend, sofern ihre Elternarten bekannt sind, als konvergente Linien separat dargestellt werden. Die mit den geschilderten Verfahren erzeugten phylogenetischen Bäume waren trotz der Unterschiede in den Berechnungsverfahren weniger von der Methode, als vielmehr von der Konstruktion des Alignment abhängig. Besonders drastisch war dies bei dem hoch variablen ITS zu beobachten, bei

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Diskussion dem die Erstellung des Alignments für bestimmte Bereiche nicht zweifelsfrei durchgeführt werden konnte (vgl. Kap. 3.1). Schon geringe Änderungen der Parameter, resultierend in veränderten Nukleotidgruppierungen, führten zu veränderten Baumtopologien. Im ITS-Stammbaum der Suaedoideae erwies sich dabei besonders der Suaeda-Clade als instabil hinsichtlich der Baumtopologien, da die ITS-Sequenzen des Suaeda-Clades deutlich variabler als die des Brezia- Clades sind. Dies erklärt z.B. auch abweichende Baumtopologien in der Phylogenie der Suaedoideae bei Lee et al. (2007). Die Baumtopologie des Brezia-Clades war hingegen sehr stabil. Trotz der geschilderten Unsicherheiten sind die Aussagen der Chloroplasten- und ITS-Stammbäume grundsätzlich gleich. Die Haupt-Teilung von Suaeda in zwei große Clades, die Untergliederung in Subclades als monophyletische Gruppen sowie den Einschluss von Borszczowia und Alexandra in diese Verwandtschaftsgruppe spiegelt sich in allen rekonstruierten Phylogenien wider. Die terminalen Taxa behalten ihre Gruppenzugehörigkeit bei, nur die Beziehung der Gruppen untereinander variiert. Widersprüche zwischen Chloroplasten- und ITS-Stammbäumen bestehen nur in der Position von Bienertia und Alexandra (bei ITS innerhalb von Schoberia). Der Vergleich des phylogenetischen Signals mit statistischen Tests (partition-homogeneity test) ergab nur zwischen den Chloroplastenregionen gleiche Ergebnisse, weshalb beide Regionen in den Analysen auch kombiniert werden konnten. ITS und Chloroplastenregionen liefern hingegen unterschiedliche phylogenetische Signale, daher sollten die Regionen auch nicht kombiniert werden. Interessant ist auch die Tatsache, dass ITS1 und ITS2 unterschiedliche Signale liefern. Ein vergleichsweise durchgeführter Test zwischen beiden Regionen ergab einen signifikanten Unterschied (P=0,01). Die aus den einzelnen ITS-Regionen rekonstruierten Phylogenien wiesen auch wirklich abweichende Baumtopologien auf. Für die Ratenglättung wurde ausschließlich das Verfahren Penalized Likelihood (Sanderson 1997) eingesetzt, um ultrametrische Bäume zu erhalten. Vergleichbare Untersuchungen haben gezeigt, dass die Ergebnisse der Raten- Divergenzzeitbestimmung weniger vom Verfahren, als viel mehr von den Kalibrierungspunkten abhängt (Cabrera 2007).

4.2. Inter- und intraspezifische Variabilität

Die Auffassung von Arten als reproduktiv isolierten Gruppen (biologische Art) ist zumindest im Pflanzenreich nur bedingt gültig und anwendbar. Mit diesem Konzept wäre ein Großteil der morphologisch unterscheidbaren Arten als eine, dann allerdings sehr variable Sippe aufzufassen. Dies gilt in besonderem Maße für viele Arten der Gattung Suaeda. Da mit reproduktiv definierten Arten die vorhandene Diversität kaum ausreichend beschrieben ist, müssen andere Kategorien benutzt werden. Wird der Entstehungsprozess berücksichtigt dann ist die Artbildung als Prozess zunehmender evolutionärer Divergenz zu betrachten, der unablässig stattfindet. Grant (1971) schlägt für die Abkömmlinge einer Ursprungspopulation mit zunehmendem Isolationsgrad folgende Einheiten vor: Ursprungspopulation - Kolonien A/B - geographische Rassen A/B - Semispecies A/B - sympatrische Arten A/B - Gattungen A/B. Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Arten sind vor allem anhand morphologischer Merkmale und eines definierten Verbreitungsgebietes beschrieben worden. In welchem Stadium der evolutionären Trennung sich diese Sippen befinden, ist natürlich nicht nachvollziehbar, die Fähigkeit zur Hybridbildung lässt allerdings auf unvollständige reproduktive

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Isolation schließen. Alle Angaben zur Variabilität beziehen sich auch auf die morphologisch definierten Sippen im Kontext zu den molekularen Daten. Die molekulare Variabilität hängt zunächst von der betrachteten DNA-Region ab. Ein einfacher Vergleich der Distanzmittelwerte zwischen Chloroplasten- und Kernsequenzen der untersuchten Sippen zeigt im Durchschnitt eine bis zu fünffach höhere Divergenz in ITS im Vergleich zu atpB-rbcL und psbB-psbH. Dies ist das Ergebnis höherer Substitutionsraten im Kerngenom und wurde schon in vielen vergleichbaren Studien nachgewiesen (Li et al. 2002, Shepherd et al. 2004). Als Resultat zeigt sich eine bessere Auflösung der Baumtopologie im ITS (s. Kap. 3.2). Viele der Sippen haben unterschiedliche ITS- aber identische Chloroplasten-Sequenzen. Besonders kennzeichnend ist dies für die Sippen der Sektion Brezia. Die Sequenzdiversität in der ITS-Region lässt sich nicht mit den morphologisch unterscheidbaren Arten in Übereinstimmung bringen. Viele Sippen sind daher intraspezifisch variabel. Die Sippe mit der höchsten intraspezifischen Diversität ist zweifelsohne Suaeda spicata. Die in Kap. 3.2.4 aufgezeigte Diversität des S. spicata-Clades mit 7 Sequenztypen ist in Wirklichkeit noch viel höher. Möller (2005) fand bei einer erweiterten Untersuchung europäischer Sippen insgesamt 14 ITS- Typen innerhalb dieses Verwandtschaftskreises. Eingeschlossen ist die derzeit noch als Varietät von S. maritima geführte ausdauernde Sippe (S. maritima var. perennans). Die Unterschiede zwischen den einzelnen Sequenzen betragen meist nur eine oder wenige Mutationen, trotzdem entsteht im Stammbaum allein aus den Sequenzen einer Sippe ein eigener Clade. Diese Variabilität findet allerdings keine Entsprechung in der Morphologie. Der enormen Variabilität im ITS-Bereich steht, bezogen auf atpB-rbcL und psbB-psbH, nur ein identischer Chloroplasten-Typ für Suaeda spicata gegenüber, soweit dies aus den vorhandenen Daten geschlossen werden kann. Intraspezifische Variabilität tritt bei vielen weiteren Sippen auf. So fanden sich bei S. maritima s.l. (inkl. S. ‚venetiana’) 6, bei S. salsa 3, bei S. salinaria 2 und bei S. kulundensis 4 unterschiedliche ITS-Typen. Der gegenteilige Fall, unterschiedliche Arten mit gleichen Sequenzen, wurde bei der Auswertung der Sequenzen ebenfalls festgestellt. Ein Beispiel sind drei morphologisch durchaus unterscheidbare Sippen (S. crassifolia, S. ‚arabica’ und S. ‚elegans’), die identische ITS-Sequenzen aufweisen. Ein ähnliches Verhalten zeigt ITS in der weit verbreiteten Suaeda corniculata. Eine Vielzahl von mehr oder weniger verschiedenen Morphospecies (S. corniculata-Formen, 5 Chromosomenrassen, S. pannonica) besitzt identische ITS-Sequenzen.

4.3. Phylogenie und Artbildung innerhalb der Suaedoideae 4.3.1. Molekulare Evolution Die molekularen Stammbäume rekonstruieren mit den implizierten Verwandtschaftsbeziehungen die Wege zur rezenten Diversität. Die Geschwindigkeit auf molekularer Ebene lässt sich durch Substitutionsraten ausdrücken, mit denen der Veränderungsprozess homologer Nukleotidpositionen beschrieben wird. Dieser Prozess unterscheidet sich zwischen unterschiedlichen Genomen und Genombereichen, insbesondere zwischen kodierenden und nichtkodierenden Regionen. Bereits Wolfe et al. (1987) fanden heraus, dass es große Unterschiede hinsichtlich der Substitutionsraten zwischen Kern- und Plastidengenomen gibt. Bei den untersuchten Angiospermen ermittelten sie Substitutionsraten von 1,0-3,0 x 10-9 Substitutionen pro Position und Jahr für Chloroplasten und 5-30 x 101

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10-9 für das Kerngenom. Li et al. (2002) ermittelten für ITS in den Ericaeae eine durchschnittliche Substitutionsrate von 1,44 x 10-9. Relativ hohe ITS-Substitutionsraten von 4,8-11,0 x 10-9 wiesen Kadereit et al. (2005) in den australischen Camphorosmeae nach, viel geringere hingegen im rbcL- Gen (0,2-0,5 x 10-9). Eigene Untersuchungen an den Suaedoideae und Salicornioideae ergaben eine mittlere Substitutionsrate von 3,89 x 10-9 für ITS, die damit etwas geringer ist als diejenige innerhalb der Camphorosmeae. Die atpB-rbcL-Region evolviert mit einer deutlich geringeren Rate von 6,99 x 10-10 . Wie dieser kurze Vergleich zeigt, gibt es erhebliche Ratenunterschiede in Abhängigkeit von der betrachteten Region und vom Umfang der untersuchten Gruppe. Die Variabilität der untersuchten Chloroplasten-Regionen beruht auf Punktmutationen und Längenvariationen. Die Längenvariationen entstehen überwiegend durch Verdopplungen kurzer Abschnitte von durchschnittlich 6-8 bp Länge. Dabei gibt es sowohl singuläre, autapomorphe Verdopplungen als auch gruppenspezifische, synapomorphe Indels. Diese wurden in der Maximum Parsimony-Analyse in 0/1-Werte transformiert und in die Berechnung einbezogen. Weitere strukturelle Merkmale der Chloroplastengenome sind repetitive Elemente in unterschiedlicher Ausprägung. Mononukleoitidrepeats aus A-(T-)Wiederholungen sind regelmäßige Bestandteile des Chloroplastengenoms, besonders in Introns und intergenischen Regionen (Weising et al. 2005). Die atpB-rbcL-Region weist innerhalb der untersuchten Gruppe zwei sehr charakteristische längenvariable Mononukleotidrepeats (Mikrosatelliten) auf. Einer davon befindet sich in Nähe des rbcL-Gens und erreicht Größen von (A)8-12 innerhalb Suaeda und bis zu A16 bei Salicornia. Die gefundenen Längenmuster sind dabei durchaus gruppenspezifisch. Kürzere Varianten kennzeichnen den Suaeda- Clade, längere den Brezia-Clade, sehr lange Varianten die Salicornioideae. Für eine sinnvolle Auswertung ist die Variabilität allerdings zu gering. Die repeat-Struktur wirkte sich sehr störend auf PCR und Sequenzierungsreaktionen aus. Die Sequenzierung wurde ab dieser Struktur meistens ungenau, so dass ein Großteil der Sequenzinformation nur aus einem Strang abgelesen werden konnte. In der Sektion Schoberia und Alexandra kam es zur Vervielfachung dieser repeat-Region (s. Abb. 8, S. 53). Diese Region war mittels PCR meist nicht amplifizierbar, weshalb interne Primer konstruiert werden mussten. Als gruppenspezifisches Merkmal auf molekularer Ebene erscheint es jedoch bedeutsam und verdeutlicht einmal mehr die unerwartete Position von Alexandra im Suaeda- Clade in einem gemeinsamen Subclade mit Schoberia.

Eine weitere repetitive Struktur mit Längevarianten von (T)7-13 befindet sich etwa in der Mitte des spacers und zeigt innerhalb des Suaeda-Clades längere Varianten als im Brezia-Clade. Sehr lange synapomorphe Indels weisen die Sippen S. asphaltica, S. vermiculata, S. aegyptiaca und S. arcuata. auf. Die kürzeste atpB-rbcL-Sequenz hat Alexandra lehmannii, wodurch eine Lücke von etwa 400 bp im Alignment erzeugt werden muss. Weit weniger längenvariabel ist die psbB-psbH-Region. Allerdings finden sich auch in dieser Region synapomorphe Indels, die für die Phylogenierekonstruktion genutzt werden können. Die Variabilität des ITS beruht vorwiegend auf Punktmutationen und kurzen, 1-3 bp langen Indels. Erstaunlich ist die Tatsache, dass selbst in polyploiden Genomen keine unterschiedlichen Paralogen nachgewiesen werden konnten, ein Beweis für eine sehr effektive concerted evolution besonders in dekaploiden Genomen, da dort der Prozess der Homogenisierung über 10 Chromosomen stattfinden muss.

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4.3.2. Radiation, Gruppenbildung und Speziation In den molekularen Stammbäumen werden ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren singuläre Linien und diversifizierte Gruppen sichtbar. Dies ergibt sich aus den für die phylogenetische Rekonstruktion angewandten kladistischen Modellen. Die Aufspaltung einer gemeinsamen Ausgangslinie in eine höhere Zahl abgeleiteter Linien kann dabei als Ergebnis von adaptiver Radiation interpretiert werden, die nach einem Schlüsselereignis wie z.B. Besiedlung eines neuen Lebensraumes oder der Evolution eines vorteilhaften Merkmals stattfand. Die Radiation ist ein Prozess, der als Zunahme der Diversität in einem zeitlichen und räumlichen Kontext zu verstehen ist. Durch Radiation entstehen monophyletische Gruppen, die synapomorphe Merkmale besitzen. Die wichtigen Aufspaltungen und Radiationen wurden für die Suaedoideae und verwandte Gruppen rekonstruiert. Der Prozess wird ausschließlich aus den rezenten Sippen und ihren Merkmalen hergeleitet. Wie viele Sippen wirklich im Verlauf der Evolution entstanden und wieder ausstarben, ist nicht mehr rekonstruierbar. Bei der Interpretation der Sippenentwicklung ist zu berücksichtigen, dass zumindest alle rezenten Sippen lichtbedürftige Hygrohalophyten sind, deren Fähigkeit zur aktiven Fernausbreitung eng limitiert ist. Salzfreie Standorte sowie geschlossene Vegetation (Wälder) stellen damit erhebliche Ausbreitungsbarrieren dar. Suaeda teilt sich basal in zwei große Entwicklungslinien bzw. Schwestergruppen, in denen sich alle rezenten Sippen entwickelten. Diese Haupt-Aufspaltung wird in allen molekularen Phylogenien durch sehr hohe bootstrap-Werte gestützt und wird zeitlich in das Oligozän datiert (vor ca. 30 Mio Jahren). In diese Zeit fällt der Rückzug des Tethysmeeres, das zum Ende des Miozäns seinen tiefsten Punkt erreichte (Stanley 1994). Vorausgesetzt, dass das heutige Diversitätszentrum auch das Entstehungszentrum der Suaedoideae ist oder diesem zumindest räumlich nahekommt, ist die Entwicklung daher eng mit dem Rückzug der Tethys und der Vergrößerung terrestrischer saliner Lebensräume verbunden. Die Kontinentalbewegung war zu diesem Zeitpunkt schon so weit fortgeschritten, dass die Besiedlung weiter entfernter Kontinente (Nord- und Südamerika, Australien) nur nachträglich erfolgt sein kann. Unabhängig von der basalen Aufspaltung zweigt mit Bienertia eine Linie ab, für die sich keine näheren Verwandten finden ließen und die sich erst im Quartär in zwei Sippen aufspaltet. Warum keine stärkere Radiation stattgefunden hat, lässt sich nicht erklären, zumindest war aber die Entwicklung der single cell -C4-Photosynthese in dieser Art kein vorteilhaftes Schlüsselereignis für eine nachfolgende Arealausweitung oder Sippendifferenzierung. Ihr heutiges Verbreitungsgebiet ist im Vergleich zu anderen Gruppen relativ beschränkt. Die Ergebnisse der Zeitdatierung weisen übereinstimmend für die beiden Haupt-Clades von Suaeda unterschiedliche Zeitpunkte der Diversifizierung aus. Zuerst begann sie innerhalb des Suaeda-Clades, wesentlich später im Brezia-Clade. Die Topologie des Brezia-Clades lässt, zumindest nach ITS-Daten, drei weitgehend unabhängige Radiationen erkennen: 1. Der maritima-Subclade repräsentiert eine vorwiegend ost- und zentralasiatische sowie australische Gruppe, deren am weitesten nach Westen verbreitete Vertreter das Ergebnis einer sehr jungen Radiation sind: S. salsa und S. maritima. S. arbusculoides ist die älteste Linie der Gruppe mit dem längsten singulären Ast.

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2. Der prostrata-Subclade verbindet mit S. caespitosa und S. spicata Capensis und Mittelmeerraum, zwei klimatisch ähnliche Regionen. Beides sind sehr alte Linien, die sich möglicherweise bereits im Miozän abtrennten. S. spicata entfaltet rezent eine außerordentlich hohe Variabilität (Möller 2005). Die diverse S. prostrata erscheint als Ableitung aus diesen Vorfahren und diversifizierte sich möglicherweise während der Besiedlung kontinentaler Lebensräume. 3. Der corniculata-Subclade zeigt an der Basis eine alte Aufspaltung in S. tschujensis/S. arctica sowie den Rest der Gruppe. Die Entwicklung ist als Folge klimatischer Veränderungen vorstellbar, welche die kälteangepassten Sippen in nördliche Zonen (S. arctica) und Hochgebirgsregionen (Altai: S. tschujensis) verdrängte. Die räumliche Isolierung zeigt sich in einer beginnenden Differenzierung im ITS. S. corniculata konnte das Areal bis zur heutigen Größe erweitern, blieb dabei aber genetisch uniform (einheitlicher ITS-Typ), entwickelte jedoch eine Vielzahl von Ploidiestufen und gelangte durch long distance dispersal nach Nordamerika, wo eine erneute Radiation stattfand (amerikanische Brezia-Sippen außer S. maritima). Eine zweite neuweltliche und ziemlich junge Radiation zeigt die Ableitung der nord- und südamerikanischen Salsina-Sippen, deren Entstehung in das Pliozän fällt, die sich aber erst im Quartär diversifizierten. Die nächstverwandte Sippe ist S. articulata (S-Afrika). Das Alter dieser amerikanischen Sippen ist damit viel jünger als von Akhani (1997) angenommen.

4.3.3. Hybridisierung und Polyploidisierung Hybridisierung und Polyploidsierung sind gerade im Pflanzenreich weit verbreitete Phänomene und tragen erheblich zur Artbildung und Evolution bei. Polyploidisierung ist wahrscheinlich ein vorherrschender Faktor bei der sympatrischen Artbildung. Konservative Schätzungen beziffern den Anteil dieser Form der Artbildung bei Blütenpflanzen auf 2-4% (Otto & Whitton 2000), wahrscheinlich liegt der Anteil aber höher. Auch in den Chenopodiaceae wurden zahlreiche polyploide Linien nachgewiesen. So enthält z.B. die Gattung Salsola neben diploiden auch tetra-, hexa- und oktoploide Taxa (Rilke 1999). Aus der benachbarten Unterfamilie der Salicornioideae sind zahlreiche Polyploide und mutmaßliche Hybriden bekannt (Shepherd et al. 2004). Besonders die Gattungen Salicornia und sind hinsichtlich der Ploidiestufen sehr variabel. Neben tetra- bis oktoploiden Formen wurden auch tri- und pentaploide nachgewiesen (Kadereit et al. 2006). Eine Vielzahl an Argumenten spricht dafür, dass Polyploidisierung, Hybridisierung und vor allem die Etablierung hybridogener Sippen auch innerhalb der Suaedoideae entscheidend zur Diversifikation und Artbildung beigetragen hat (Lomonosova et al. 2008). Demgegenüber steht die Tatsache, dass für Suaeda nur sehr wenige Bastarde beschrieben wurden. Ein Beispiel hierfür ist Suaeda x genesiana Pedrol & Castroviejo, ein Bastard aus S. pruinosa und S. vera (Pedrol & Castroviejo 1988). Hybridogen entstandene Sippen lassen sich molekular nachweisen, wenn geeignete Marker gefunden werden. In jungen Hybriden geben polymorphe Loci in Kern-Regionen, wie dem internal transcribed spacer, Hinweise auf Hybridisierungsereignisse. Mit Hilfe additiver Nukleotide wiesen z. B. Sang et al. (2005) und Whittal et al. (2000) hybride Sippen nach. Polymorphe ITS-Sequenzen wurden trotz starker Hinweise auf Hybridisierung bei Suaeda nicht nachgewiesen. Der Homogenisierungsprozess ist offenbar sehr schnell, vor allem zwischen verschiedenen Chromosomen in hochpolyploiden Genomen. Da sich bei der Homogenisierung der ITS-Typ der eingekreuzten Sippe ganz oder teilweise

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Diskussion durchsetzen kann, geben Inkongruenzen zwischen Stammbäumen von unterschiedlichen Genomen (z.B. Kern und Chloroplast) Hinweise auf die Elternarten, wenn diese getrennten Linien entstammen. Dieser Fall wurde bei Suaeda mehrfach beobachtet und wird hier anhand einiger Sippen diskutiert. Zur Veranschaulichung dient die Gegenüberstellung von einem ITS-Stammbaum (Brezia-Baum aus Kap. 3.2.4) und einem atpB-rbcL-Baum, soweit die entsprechenden Sequenzen der Akzession vorhanden waren. Es handelt sich in beiden Fällen um einen zufällig ausgewählten sparsamsten Baum aus der MP-Analyse. Einige Beispiele werden besprochen.

Suaeda kulundensis Die erst 2008 beschriebene Sippe (Lomonosova et al. 2008) galt lange Zeit als aufrechte Form der weit verbreiteten S. corniculata und wurde als Unterart geführt (S. corniculata ssp. erecta). Morphologische Merkmale und in besonderem Maße die molekularen Stammbäume sprechen für eine hybridogene Entstehung aus S. corniculata und S. salsa. Der aufrechte Wuchs gilt dabei als Merkmal von S. salsa, das Perianth erinnert in Grundzügen an das von S. corniculata. Die Chromosomenzahlen weisen die Art als polyploide Sippe aus (2n=72, 90). Die Entstehung der Art lässt sich daher durch Kreuzung von tetraploiden (S. salsa) mit tetra- bzw. hexaploiden (S. corniculata) Sippen erklären. Sie ist damit ein allopolyploider Hybrid aus S. corniculata und S. salsa, wobei S. corniculata die maternale Linie repräsentiert. Sequenzunterschiede und räumliche Trennung okto- und dekaploider Rassen legen die Vermutung nahe, dass die hier umrissene Art mehrfach parallel entstanden ist. Die Ausgangssippe S. salsa ist wahrscheinlich durch S. salsa s.l. 1171 noch rezent vorhanden (maternale salsa-Linie).

Suaeda sibirica Sehr ähnlich, aber durch Einkreuzung einer anderer Paternallinie in S. corniculata, ist die stets oktoploide S. sibirica entstanden. Ihre Vorfahren sind nicht mehr rekonstruierbar, doch ist bemerkenswert, dass sie zwischen den beiden australischen Arten steht (S. arbusculoides, S. australis).

Suaeda spicata Die Beziehungen widerspiegeln die Hybridisierung einer bereits stark diversifizierten S. spicata mit S. maritima im Mittelmeerraum, wobei 1223 und 1246 die Ausgangssippe S. maritima repräsentieren. Dieser Hybridisierungsprozess, nachweisbar an einer Vielzahl kombinierter DNA-Typen, wurde von Möller (2005) ausführlich für den Mittelmeerraum untersucht. Mit weiteren cp-Regionen wurde dabei auch die hybridogene Natur von S. „venetiana“ erklärt, die durch Hybridisierung von S. maritima und S. salsa entstanden sein könnte.

Die aufgrund von Inkonsistenzen chloroplastidärer und nukleärer Stammbäume nachgewiesenen Hybriden belegen damit recht gut, dass die Artbildung und Evolution innerhalb von Suaeda nicht nur auf dem Hennigschen Modell der Bifurkationen beruht, sondern eher ein retikulater Prozess ist, bei dem zuvor teilweise sogar lange getrennte Linien durch Hybridisierung wieder vereint werden und sich sogar neben ihren Ausgangssippen etablieren können.

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ITS atpB-rbcL

Abb. 19: Schema zum Nachweis etablierter Hybridsippen und retikulater Evolution innerhalb der Sektion Brezia, dargestellt an einem Vergleich von ITS-(linke Seite) und atpB-rbcL-Bäumen (rechte Seite) aus der MP- Analyse.

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4.4. Merkmalsentwicklung innerhalb der Suaedoideae 4.4.1. Systematisch relevante Merkmale und ihre Evolution Morphologische Merkmale sind spezifische Erscheinungen des Phänotyps und werden durch komplexe, abgestufte Genwirkungen ausgeprägt. Vergleichende Untersuchungen haben gezeigt, dass die Geschwindigkeiten bzw. Raten molekularer und morphologischer Evolution nicht korreliert sind (Bromham et al. 2000). Molekulare Diversität und die daraus rekonstruierten Stammbäume finden daher nicht automatisch eine Entsprechung in morphologisch definierten Arten. In gewissen Grenzen variieren morphologische Merkmale in Abhängigkeit von umweltbedingten oder entwicklungsgeschichtlichen Einflüssen, dazu zählen z. B. Nährstoff- und Wasserangebot des Standorts, Strahlungsintensität, Konkurrenzverhältnisse u.a. Bei den Suaedoideae kommt als spezifischer Faktor die Salinität hinzu, deren Grad durchaus Einflüsse auf das äußere Erscheinungsbild der Pflanzen hat. Gut sichtbar wird dies bei direktem Vergleich von in Kultur gezogenen Pflanzen. Generell lässt sich dabei beobachten, dass Pflanzen identischer Herkunft auf NaCl-freiem Substrat und unter reduzierter Strahlung (Gewächshaus) einen insgesamt verkümmerten Wuchs zeigen. Die Blätter sind schlanker und weniger sukkulent, Verzweigungsgrad und Blütenansatz gering, meist kommt es nicht zur Samenreife. Bestimmte Gewebetypen wie z.B. Wasserspeicher- oder Abschlussgewebe sind unterentwickelt oder fehlen ganz. Unter Strahlungs- und Salinitätsbedingungen, die den natürlichen Verhältnissen nahe kommen entwickeln sich die Pflanzen hingegen normal. Die geschilderte Variabilität tritt auch unter natürlichen Bedingungen auf. Dabei überlagert die individuelle Plastizität der Merkmale oft die intraspezifische, was die Abgrenzung der Sippen außerordentlich erschwert. Auf diesen Aspekt wird im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Arten in den meisten systematischen und floristischen Bearbeitungen hingewiesen (Ball & Akeroyd 1993, Bassett & Crompton 1978, Hopkins & Blackwell 1977, Iljin 1936b, Pedrol & Castroviejo 1988, u.a.). Auf die Plastizität von Merkmalen wird z.B. in den Untersuchungen von Metzing et al. (1996) und Ungar (1974) eingegangen. Ungar fand starke Variationen in der Wuchsform in Abhängigkeit von Salinität des Standortes. Ziel der Arbeit war es, Merkmale zu finden, die trotz aller Plastizität ihrer Anlage nach gleich sind und zur Charakterisierung von Verwandtschaftsgruppen herangezogen werden können.

Großgruppenmerkmale Die Verbindung von Salsoloideae und Suaedoideae aufgrund des spiralig aufgerollten Embryos war seit langem umstritten (Ulbrich 1934). Die molekulare Phylogenie der Chenopodiaceae zeigt eindeutig verwandtschaftliche Beziehungen auf, die nicht mit der auf Embryomerkmalen beruhenden Gliederung übereinstimmen. Von hoher systematischer Relevanz erwiesen sich die Bracteolen, die bei den Suaedoideae vorkommen, in der Schwestergruppe Salicornioideae jedoch fehlen. Suaeda und Borszczowia besitzen trockenhäutige, Alexandra lineare, fädige Bracteolen. Die Bracteolen von Bienertia sind fleischig und grünlich. Der Besitz von Bracteolen trennt die Suaedoideae von den Salicornioideae, die keine Bracteolen haben und legt wiederum die Verwandtschaft zu den Salsoloideae nahe. Diese Beziehung wird durch molekulare Daten nicht unterstützt. 107

Diskussion

Blüten- und Blütenstandsmerkmale Die Grundstruktur aus 5 Tepalen und 5 Staubblättern ist in den Suaedoideae fast durchweg erhalten, während es bei den Salicornioideae Reduktionen gibt. Die meisten Vertreter des Suaeda-Clades besitzen noch das ursprüngliche Perianth mit wenigen Abwandlungen. In einigen Sippen entwickelten sich flügelartige Anhänge oder hornartige Auswüchse. Die Entwicklung horizontaler Flügel fand bei den weit entfernten Sippen Bienertia und Suaeda heterophylla statt. Mit diesem Merkmal wurde S. heterophylla als eigene Gattung Brezia von Suaeda unterschieden (Ulbrich 1934). Basale Flügel entwickelten S. heteroptera und S. kulundensis, vertikale Flügel Alexandra lehmannii und in geringerem Umfang Suaeda pterantha. Die Entwicklung von flügelartigen Strukturen an nicht miteinander verwandten Sippen kennzeichnet das Merkmal als Autapomorphie für die jeweilige Sippe und kann damit nicht für die Gliederung von Gruppen verwendet werden. Als ursprünglich wohl synapomorpher Charakter könnte das asymmetrische Perianth mit hornartigen Auswüchsen für den corniculata-Subclade gewertet werden. Wahrscheinlich hat sich die Perianthform vor der Abtrennung von S. tschujensis entwickelt. Allerdings fehlt das Merkmal einigen amerikanischen Sippen (S. linearis, S. mexicana, S. occidentalis), was als sekundärer Verlust gedeutet werden könnte. Die geschilderte Perianthform kommt ausschließlich im corniculata-Subclade vor. S. kulundensis (maritima-Subclade) zeigt ähnliche Entwicklungen aufgrund von Hybridisierung. Die Morphologie des Pistill hat sich, wie bereits von Iljin (1936a) erkannt, als eines der wichtigsten gruppengliedernden Merkmale erwiesen. Den ursprünglichen Typ repräsentieren dabei Brezia- und Bienertia-Typ, dabei vor allem die Narbenanzahl (2). Die Darstellung dieses Typs bei Iljin (3 Narben) ist fehlerhaft. Es handelt sich um eine innerhalb der gesamten Chenopodiaceae weit verbreitete Form die auch bei der Schwestergruppe der Suaedoideae, den Salicornioideae vorkommt. Der Pistilltyp war damit wahrscheinlich schon bei den gemeinsamen Vorfahren entwickelt und stellt ein plesiomorphes Merkmal dar. Die anderen Pistilltypen sind leicht als Weiterentwicklungen dieses Grundtyps vorstellbar. In diesem Prozess kam es zur Vermehrung der Narbenzahl auf 3 (-4), Vergrößerung der Papillen und zunehmende Einsenkung der Narbeninsertionsstelle in das an Länge zunehmende Ovar. Als Zwischenstufe auf diesem Weg könnte das Pistill von S. glauca mit zwei Narben und fehlender apikaler Vertiefung gedeutet werden. Ähnlich intermediär erscheinen die Pistille des Schanginia- und Vera-Typs mit kaum ausgeprägter Vertiefung. Die besonders starke Vergrößerung der Narbenoberfläche bei dem Pistill von S. vera stellt einen evolutionären Sonderweg dar, der möglicherweise eine Anpassung an Windbestäubung ist. S. physophora besitzt bereits das Schoberia- Pistill, allerdings sind die Narben stark verkürzt. Das Pistill der mit S. physophora eng verwandten S. ifniensis entspricht schon weitgehend dem entwickelten Schoberia-Typ (Maire 1962: 115, Fig. 951 C) und auch S. palaestina besitzt gut entwickelte Narben (Freitag 1989: 155 Fig. 1a). Als Endglied dieser Entwicklungsreihe könnte das weit entwickelte Pistill von Schoberia- und fruticosa-Subclade aufgefasst werden. Die Einsenkung der Narben in das Ovar ist am weitesten fortgeschritten, Narbenlänge und Größe der Papillen haben am meisten zugenommen. Die Zuordnung der unterschiedlichen Pistilltypen korreliert gut mit den Gruppen der molekularen Phylogenie. Ein gestrecktes Ovar mit eingesenkten Narben kann damit als synapomorphes Merkmal des Suaeda- Clades gewertet werden, von dem es mehrere Weiterentwicklungen gibt und das einzigartig innerhalb der Chenopodiaceae ist.

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Verwachsungen im Bereich von Blüten und Blütenstand Mehr oder weniger ausgeprägte Verwachsungen des Perianths mit dem Ovar wurden in der Vergangenheit zur Abgrenzung von systematischen Gruppen benutzt (Ulbrich 1934, Townsend 1980). Verwachsungen unterschiedlichen Grades wurden bei der Sektion Schanginia, Immersa und der Tribus Bienertiae nachgewiesen. Die molekulare Phylogenie zeigt jedoch, dass dieses Merkmal in vollkommen voneinander getrennten, nicht näher verwandten Gruppen entwickelt wurde. Die Verwachsung ist daher ein paraphyletisches Merkmal. Bei S. aegyptiaca erscheint durch die Verwachsung der Fruchtknoten unterständig. Die Art ist aber anhand von Blatt- und Pistillmerkmalen eindeutig dem fruticosa-Subclade zugehörig. Eine andere Form der Verwachsung betrifft diejenige der Teilblütenstände mit dem Blattstiel (petiolate Blütencluster). Dieses Merkmal wurde traditionell der Sektion Schanginia zugeordnet. Iljin (1936b) gibt 5 Sippen mit diesem Merkmal an: S. microphylla, S. altissima, S. glauca, S. paradoxa , S. linifolia. Nach heutigen Erkenntnissen gehören die mit diesem Merkmal charakterisierten Sippen drei unabhängigen Verwandtschaftskreisen an (Schanginia- und fruticosa-Subclade, S. glauca). Es ist deshalb, wie die Verwachsungen von Blütenhülle und Ovar, ein paraphyletisches Merkmal.

Blattentwicklung Der anatomische Bau der Laubblätter stellt neben der Pistillmorphologie eines der wichtigsten Merkmale für die Klassifizierung sowohl der Suaedoideae als auch der gesamten Chenopodiaceae dar (Akhani et al. 1997, Fisher et al. 1997, Kadereit et al. 2003, Schütze et al. 2003). Dies wurde bereits vor der Einführung molekularsystematischer Methoden deutlich (Carolin et al. 1975). Die gemeinsamen Vorfahren der Suaedoideae und Salicornioideae besaßen mit großer Wahrscheinlichkeit bereits äquifaziale Laubblätter, die in vielfachen Abwandlungen auch rezent noch vorkommen. Die Stellung am Spross war sicher wechselständig. Dieses Merkmal hat sich in den ursprünglichen Salicornioideae und in allen Suaedoideae erhalten. Die abgeleiteten Salicornioideae entwickelten gegenständige Beblätterung bzw. reduzierten die Blattflächen vollkommen. Die rezenten Blätter der Salicornioideae (nur Halopeplideae) unterscheiden sich von denjenigen der Suaedoideae. Die Blätter von Kalidium besitzen peripher am Mesophyll angeordnete Leitbündel (Freitag, unpubl.), bei fast allen Blatttypen der Suaedoideae sind die Leitbündel hingegen in einer Ebene angeordnet

(Ausnahme: Borszczowia). Diese Leitbündelverteilung weist auch das C4-Blatt von Bienertia auf, das damit eine nähere Beziehung zu Suaeda erkennen lässt, hinsichtlich der C4-Anatomie aber eine völlig eigenständige Entwicklung darstellt. Wenige Veränderungen hat das einfache C3-Blatt innerhalb des Brezia-Clades erfahren, lediglich der Sukkulenzgrad und die Ausbildung des Wasserspeichergewebes variiert und ist bei einigen Arten stark ausgeprägt (S. crassifolia). Innerhalb des Suaeda-Clades hat sich demgegenüber eine enorme Vielfalt unterschiedlicher Blatttypen entwickelt, darunter drei C4- Blatttypen. Durch die Einbeziehung zweier neuer Taxa (Alexandra lehmannii, Suaeda glauca) wurde erstmals der ursprüngliche Brezia-Blatttyp innerhalb des Suaeda-Clades nachgewiesen. Damit müssen auch die Aussagen bei Schütze et al. (2003) etwas verändert werden. An der Basis des

Suaeda-Clades steht mit S. glauca eine C3-Art mit einem Blatttyp, der prinzipiell dem Brezia- bzw. Vera-Typ entspricht, aber wesentlich weniger Leitbündel aufweist und viel zarter gebaut ist (Freitag, mdl.). Damit ist aber auch noch einmal bestätigt, dass sich die Vielfalt der Blatttypen innerhalb des

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Diskussion

Suaeda-Clades aus austrobassioiden Vorfahren entstanden ist. In der Schwestergruppe Brezia fand hingegen keine blattmorphologische Entwicklung statt. Als sehr isolierte Linie zweigt der Schanginia- Clade ab, an dessen Ende zwei histologisch und funktional sehr verschiedenartige Blatttypen stehen: das einzigartige C4-Blatt des Borszczowia-Typ und das C3-Blatt des Schanginia-Typs mit reduziertem

Wasserspeichergewebe. Die ursprünglichen C3-Blätter werden mit S. vera und der physophora- Gruppe zunehmend sukkulenter und entwickeln Blattstiele (Vera-Typ). Aus diesen Vorfahren leiten sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die C4-Blätter mit Kranz-Anatomie ab (Salsina-Typ, Schoberia-Typ).

Lebensform und Verholzung Über die ursprüngliche Lebensform der Suaedoideae können auch anhand der molekularen Daten nur Hypothesen aufgestellt werden. Die basale Position vieler einjähriger Sippen (Bienertia, Suaeda glauca, S. linifolia, S. paradoxa, Borszczowia, viele Brezia-Sippen) legt den Schluss nahe, dass sich die Suaedoideae von annuellen Vorfahren ableiten. Dies widerspricht der Annahme von Akhani (1997), der als ursprüngliche Sippen Zwergsträucher postuliert. Die von Akhani als ursprünglich angesehenen Sippen S. ifniensis und S. palaestina gehören zwar einer alten C3-Linie an, die basalen Abspaltungen begannen jedoch früher. Ein Vergleich mit der Schwestergruppe der Suaedoideae, den Salicornioideae zeigt dass die ursprünglichsten Vertreter in diesem Verwandtschaftskreis ausdauernde, verholzte Sippen sind (Kalidium). Die früheste Trennung zwischen Suaedoideae und Salicornioideae könnte durch Abspaltung annueller Sippen (Suaedoideen-Linie) von ausdauernden Sippen erfolgt sein. Aus den annuellen Vorfahren der heutigen Suaedoideae entwickelten sich schon sehr früh ausdauernde, verholzende Sippen, die heute einen Großteil des Suaeda-Clades ausmachen. Diese Entwicklung setzt mit den Vorfahren der heute noch vorkommenden S. vera ein (vgl. Abb. 18) und beginnt im mittleren Miozän vor ca. 20 Mio. Jahren. Dieser relativ frühe Entstehungszeitpunkt verholzter Arten bedingt die hoch differenzierte Holzanatomie bei den Sippen dieser Verwandtschaft. Vieles spricht dafür, dass sich die ausdauernden, verholzten Sippen weiter entwickelten und mehrfach wieder Annuelle abspalteten. Dafür kommen der gesamte Schoberia- Clade, Suaeda altissima und die nahe verwandten S. aegyptiaca und S. arcuata in Frage. Zumindest für die letztgenannten ist diese Entwicklung nahe liegend und bestätigt damit die Thesen Akhani’s (1997). Einen umgekehrten Weg nahm die Entwicklung im Brezia-Clade. Die meisten der Sippen sind einjährig und vieles deutet darauf hin, dass sich davon mehrfach ausdauernde, verholzte Sippen abgeleitet haben. Die molekulare Phylogenie lässt 5 mögliche Entstehungsereignisse innerhalb von Brezia zu. Die Entwicklung verholzter Sippen in dieser Gruppe ist höchstens halb so alt wie im Suaeda-Clade und begann im späten Miozän mit der Entwicklung der südhemisphärischen Arten (S. arbusculoides, S. caespitosa). S. maritima var. perennans und S. esteroa (z.T. auch S. linearis) sind sehr junge Ableitungen verholzter Sippen und befinden sich noch in einem Entwicklungsprozess. Dieses Phänomen wird für die nordamerikanische S. linearis beschrieben: ...“annual, sometimes persisting in warm regions...“ (Hopkins & Blackwell 1977). Da das Verbreitungsgebiet von den gemäßigten Zonen der Atlantikküste bis in den subtropischen Bereich reicht, könnte es sich allerdings auch um zwei verschiedene Sippen handeln. Für S. maritima var. perennans deuten die Untersuchungen von Möller (2005) an Sippen von den Kanaren und von der portugiesischen Atlantikküste auf möglicherweise getrennte Entstehungen hin.

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4.4.2 Evolution der C4-Photosynthese

Die C4-Photosynthese als effiziente Anpassung der Assimilationsprozesse an wärmere Klimazonen stellt ein wichtiges Charakteristikum der Suaedoideae dar und ist mit grundlegenden Merkmalsentwicklungen gekoppelt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit war zu klären, in welcher phylogenetischen Beziehung die Arten mit den vier bekannt gewordenen C4-Blatttypen (Carolin et al.

1975, Freitag & Stichler 2000, Freitag & Stichler 2002) stehen und wie oft das gesamte C4- Photosynthesesyndrom (physiologische und anatomische Merkmale) innerhalb der Suaedoideae entstanden ist. Die molekularen Phylogenien weisen unzweifelhaft nach, dass die vier Blatttypen aus getrennten Entwicklungswegen hervorgegangen sind und sich alle von verschiedenen C3-Sippen ableiten. Bezieht man die Ergebnisse der Altersdatierung ein so wird deutlich, dass die C4- Entstehungen nicht nur unterschiedliche phylogenetische Herkunft haben sondern auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt sein müssen. Diese These bleibt auch dann gültig, wenn weitere Fossilfunde eine neue Altersschätzung erforderlich machen würden. Die relativen Abstände bleiben davon unberührt. Die folgende Übersicht stellt noch einmal die aus den kalibrierten Stammbäumen ermittelten Divergenzzeiten für ITS und atpB-rbcL zusammen:

Blatttyp Abspaltung von C3-Linie Beginn der Diversifizierung

Bienertia-Blatttyp (single cell C4 -Typ) 31,3-33,1 Mio J.

Borszczowia-Blatttyp (single cell C4 -Typ) 10,3-11,2 Mio. J.

Salsina-Blatttyp (Kranz-C4-Typ) 16,5 Mio. J. 12,4-7,8 Mio. J.

Schoberia-Blatttyp (Kranz-C4-Typ) 12,9 Mio. J. 9,6 Mio. J.

4.5. Ableitung systematischer Einheiten 4.5.1. Position und Gliederung der Suaedoideae Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sowie die phylogenetische Studien zu den Chenopodiaceae (Kadereit et al. 2003) verwerfen die über lange Zeit gültige Unterteilung der Chenopodiaceae anhand von Embryomerkmalen in Spirolobeae und Cyclolobeae und weisen Suaedoideae und Salicornioideae als Schwestergruppen aus, zwischen denen die intermediäre Gattung Bienertia steht. Dabei unterscheiden sich beide Unterfamilien in wichtigen Merkmalen erheblich, so dass als verbindender Charakter fast nur das ökologische Verhalten herangezogen werden kann (Kadereit et al. 2003). Die Unterfamilie Suaedoideae in der Fassung von Ulbrich (1934) kann damit mit geringfügigen Änderungen (s. Kap. 1.2.1) aufrecht erhalten werden und weist im Gegensatz zu der Darstellung bei Kühn et al. (2003) keine nähere Verwandtschaft zu den Salsoloideae auf. Da die Position von Bienertia nicht eindeutig ist, kann die Unterfamilie jedoch als paraphyletische Einheit bewertet werden. Die interne Gliederung der Suaedoideae bedarf jedoch nach den Ergebnissen der molekularen Phylogenie einer Umgruppierung. Alexandra und Borszczowia sind Teile eines monophyletischen Clades mit der Gattung Suaeda. Damit ist auch die Gattung Suaeda im traditionellen Verständnis eine paraphyletische Gruppe. Aufgrund der engen verwandtschaftlichen Beziehungen und der genesteten Positionen von Borszczowia und Alexandra ist es konsequent, beide Sippen in eine erweiterte

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Gattung Suaeda einzuschließen, die damit wieder als monophyletische Einheit definiert werden kann. In den Arbeiten von Schütze et al. (2003, für Borszczowia) und Kapralov et al. (2006, für Alexandra) wurde diese logische Konsequenz bereits umgesetzt.

4.5.2. Arten und systematische Gruppen in der Gattung Suaeda 4.5.2.1. Brezia-Gruppe Die Gruppe ist molekular und morphologisch gut definiert und entspricht der aktuellen Sektion Brezia (Moq.) Volk. sowie der Sektion Heterosperma bei Iljin (1936a) sowie der Gattung Brezia und einem Teil der Sektion Schoberia bei Ulbrich (1934). Von 38 bis jetzt bekannten Arten wurden 31 molekular definiert, einige bisher unbeschriebene konnten anhand der molekularen Daten identifiziert werden. Nach molekularen Daten umfasst sie alle Arten des in vorliegender Arbeit bezeichneten Brezia- Clades, der die Schwestergruppe zu allen anderen Suaeda-Arten einschließlich Borszczowia und Alexandra bildet. Die Zuordnung der Arten zu dieser monophyletischen Einheit ist durch alle Verfahren der phylogenetischen Rekonstruktion hinweg konsistent und statistisch gut abgesichert. Verbindende morphologische Merkmale sind die C3-Blätter des Brezia-Typs und der Brezia-Pistilltyp Perianth und Ovar sind niemals verwachsen. Die Perianthzipfel haben oft charakteristische Flügel ausgebildet oder sind ungleich in Größe und Gestalt sowie oft gekielt oder hornartig zugespitzt. Es sind überwiegend annuelle Kräuter, selten auch ausdauernde Zwergsträucher. Die Arten der Sektion besitzen eine weltweite Verbreitung mit Diversitätszentren in der Holarktis. Der höchste Artenreichtum entfaltet sich in der submeridionalen und meridionalen Florenzone Eurasiens und Nordamerikas. Wesentlich artenärmer ist die Sektion auf der Südhalbkugel, wo sie zwar in fast allen Florenreichen vertreten ist, in jedem allerdings nur mit einer bis wenigen Sippen. Da die tropische Florenzone so gut wie nicht besiedelt wird, ergibt sich ein bei vielen Verwandtschaftskreisen zu beobachtendes bipolares Verbreitungsbild (Iljin 1936a: 45). Die ITS-Daten implizieren eine gut gestützte Dreiteilung dieser Gruppe, die allerdings keine adäquate morphologische Entsprechung findet. Aus diesem Grund ist es nicht sinnvoll eine ausschließlich auf ITS-Daten beruhende Unterteilung vorzunehmen zumal diese in den Chloroplasten-Bäumen weitgehend kollabiert (s. Kap. 3.2.3., 4.3.2.). Die mittels ITS gefundene Dreiergliederung wird zudem durch hybridogene Sippen überlagert (S. spicata p.p., S. kulundensis, S. sibirica), die aufgrund ihrer spezifischen Entstehung verschiedene Positionen in Kern- und Chloroplastenbäumen einnehmen. Das Artkonzept in der Sektion Brezia ist durch die Einbeziehung molekularer Merkmale deutlich verbessert worden, verbleibt jedoch in der praktischen Umsetzung schwierig. Grund ist die Variabilität der Merkmale und die Folgen der Hybridbildung. Die molekulare Variabilität kann nicht direkt mit morphologischer korreliert werden. Mit den polymorphen Sippen S. corniculata, S. prostrata, S. salsa und S. maritima enthält Brezia die weit verbreiteten Sippen der altweltlichen Holarktis. S. maritima wird hier wesentlich reduziert auf eine nord-, mittel- und westeuropäisch verbreitete Sippe, die mit der eher kontinental verbreiteten S. salsa vikariiert. Ob S. maritima auch in Nordamerika vorkommt, konnte im Rahmen dieser Studie nicht überprüft werden, da kein Material vorlag. Die Angaben zu Merkmalen und Chromosomenzahl (2n=36) der nordamerikanischen Pflanzen (Basset & Crompton 1978, Ferren & Schenk 2008) lassen dies jedoch möglich erscheinen. Die Verbreitung in Europa beschränkt sich auf die ozeanisch

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Diskussion geprägten küstennahen Regionen, bereits im österreichisch-ungarischen Tiefland wird sie mit S. salinaria von einem Vertreter der S. salsa-Verwandtschaft abgelöst und fehlt an der Schwarzmeerküste. S. salsa repräsentiert die kontinentale Schwestergruppe zu S. maritima und besitzt ein großes Verbreitungsgebiet von Osteuropa bis Zentralasien. Die nächst Verwandten dieser beiden Arten sind fast ausschließlich zentral- und ostasiatsche sowie australische Sippen: S heteroptera, S. japonica, S. malacosperma, S. australis und S. arbusculoides. Überaus diverse Gruppen sind S. spicata und S. prostrata, in deren Verwandtschaft auch S. heterophylla und S. stellatiflora gehört.

4.5.2.2. Schoberia-Gruppe inkl. Alexandra lehmannii

Der Schoberia-Subclade vereint zwei sehr unterschiedliche Arten bzw. Artengruppen: Die C4-Sippen der aktuellen Sekt. Schoberia (C. A. Mey.) Volk. und die C3-Art Alexandra lehmannii. Schoberia enthält ausschließlich einjährige Sippen mit C4-Blättern des Schoberia-Typs und hat als weiteres Merkmal das Schoberia-Pistill. Die Blätter sind verbreitert und besitzen oft eine Granne. Die weiteste Verbreitung haben S. acuminata und S. microsperma in Zentral- und Mittelasien, die westlichste Sippe ist die mediterrane S. splendens. Alexandra lehmannii wurde von Kapralov et al. (2006) als eigene Sekt. Alexandra (Bunge) Kapralov, Akhani & E. H. Roalson Suaeda zugeordnet und in Suaeda lehmannii umbenannt. Sie besitzt die weit verbreitete C3-Blattanatomie, charakteristische Vertikalflügel am Perianth und weicht in Blattstellung und Gestalt deutlich von anderen Suaeda-Arten ab. Suaeda pterantha, die ebenfalls Vertikalflügel aufweist (Ulbrich 1934, als Calvelia pterantha), gehört möglicherweise in diese Gruppe, was aber bisher anhand molekularer Daten nicht nachgewiesen werden konnte.

4.5.2.3. Fruticosa-Gruppe Die monophyletsche Gruppe (fruticosa-Subclade) enthält die früheren Sektionen Immersa, Macrosuaeda, Salsina und Limbogermen und entspricht der aktuellen Sekt. Salsina Moq.. Die sehr diverse Sektion vereinigt überwiegend strauchige, selten auch annuelle Sippen mit C4-Blättern des Salsina-Typs und dem Schoberia-Pistill. Salsina ist neben Brezia die einzige Sektion, die alt- und neuweltliche Arten enthält. Altweltliche Arten sind S. altissima, S. monoica, S. vermiculata, S. asphaltica, S. aeqgyptiaca, S. arcuata, S. microphylla und S. dendroides. Die neuweltlichen Sippen sind durch S. argentinensis, S. foliosa, S. divaricata (Südamerika) sowie S. taxifolia, S. nigra, S. tampicensis, S. conferta, S. californica (Nordamerika) und andere vertreten. Die Arten zeichnen in erster Linie geographische Regionen nach, während die differenzierenden morphologischen Merkmale wie bei vielen Suaeda- Arten oftmals nicht eindeutig sind. Eine Zwischenstellung nimmt S. fruticosa ein.

4.5.2.4. Physophora-Gruppe Zu dieser Gruppe gehören drei Sippen des physophora-Subclades: S. physophora, S. palaestina und S. ifniensis. Diese Zusammengehörigkeit war vor den Ergebnissen der molekularen Analyse nicht klar. Aufgrund der gemeinsamen Ableitung wird damit die bisher als monotypisch bekannte Sekt. Physophora Iljin um zwei Sippen erweitert. Bei den Arten handelt es sich um Zwergsträucher mit

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sukkulenten C3-Blättern des Vera-Typs. Der Pistill-Typ gehört zum Schoberia-Typ der abgeleiteten Gruppen. Die drei Sippen besiedeln heute jeweils eng umgrenzte Areale, die sich nicht mehr überlappen. Der westlichste Vertreter ist S. ifniensis mit wenigen Vorkommen in Marokko und auf den Kanaren, beide Sippen sind jedoch durch molekulare Merkmale sehr deutlich voneinander unterschieden. Die Chloroplasten-Bäume zeigen sogar eine nähere Verwandtschaft der afrikanischen S. ifniensis mit S. palaestina. In dieser Sippe sind damit weitere systematische Untersuchungen notwendig. S. physophora ist die östlichste Sippe mit einem Verbreitungsgebiet, das ungefähr der aralokaspischen Florenprovinz entspricht (Iljin 1936a, Meusel & Jäger 1992). Geographisch zwischen beiden Sippen kommt S. palaestina vor (NO-Afrika, vord. Orient). Freitag (1989) weist auf den xerohalophytischen Charakter von S. palaestina hin, was sicher auch für die anderen Arten der Sektion gilt und typisch für die gesamte Sektion ist.

4.5.2.5. Suaeda-Gruppe Die Gruppe umfasst den vera-Subclade und entspricht der aktuellen Sekt. Suaeda mit S. vera und einer bis jetzt noch nicht beschriebenen Sippe (S. „ekimii“). Die Sektion vereint damit eine ausdauernde, verholzte Sippe und eine annuelle. Verbindende morphologische Merkmale sind die Blätter des Vera-Typs und der singuläre Pistilltyp mit verbreiterten bzw. verzweigten Narben.

4.5.2.6. Schanginia-Gruppe mit Borszczowia aralocaspica

Die C3-Arten des Schanginia-Subclades bilden die neu gefasste Sekt. Schanginia (C. A. Mey.) Volk. mit Schanginia-Blatttyp und Schanginia-Pistilltyp. Es handelt sich um annuelle Sippen mit teilweise mit dem Ovar verwachsenen Tepalen. Aktuell werden nur S. linifolia und S. paradoxa in diese Sektion gestellt. Mit ihnen verwandt, morphologisch aber stark abweichend ist Borszczowia aralocaspica, die aufgrund der Stellung innerhalb Suadea in diese Gattung als eigene Sektion eingeschlossen wurde: Sekt. Borszczowia (Bunge) Freitag & Schütze und daher Suaeda aralocaspica heißt. Mit Schanginia teilt sie den Pistill-Typ, die Blätter stellen aber eine völlig eigenständige Entwicklung dar.

4.5.2.7. Suaeda glauca Als isolierte Sippe steht S. glauca an der Basis des Suaeda-Clades. Es handelt sich um eine in vielen Charakteren intermediäre Art, dies betrifft auch wichtige Schlüsselmerkmale wie Blattmorphologie und Pistilltyp. Aufgrund dieser Sonderstellung und vor allem der Unterschiede gegenüber der Sektion Schanginia (Blatttyp) sollte sie als eigene Sektion geführt werden. S. glauca ist ausschließlich ostasiatisch verbreitet.

4.5.2.8. Bienertia Die vollkommen isolierte Gruppe besitzt als ursprüngliches Merkmal den einfachen Pistill-Typ mit 2

Narben, als Sonderentwicklung den Bienertia-Blatttyp mit single cell C4-Photosynthese. Sie gehört nicht in die engere Verwandtschaft von Suaeda und verbleibt mit zwei Arten (B. cycloptera, B. sinuspersici) in der Tribus Bienertieae Ulbr.

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Diskussion

4.6. Vorschläge zur Neugliederung der Suaedoideae

Die notwendige Konsequenz aus den Erkenntnissen, die molekulare Phylogenien liefern ist die Umsetzung in eine verbesserte, phylogenetisch begründete Gliederung. Dies wurde bereits in der Arbeit von Schütze et al. (2003) durchgeführt. Da der Umfang an untersuchten Taxa jedoch erheblich zugenommen hat und in der Zwischenzeit einige taxonomische Veränderungen publiziert worden sind (Kapralov et al. 2006, Lomonosova et al. 2008), wird die Gliederung noch einmal in erweiterter Form aufgeführt. Die Charakterisierung der Sektionen wird dabei nicht wiederholt. Unter der Kategorie „zugehörige Arten“ werden die durch molekulare Daten belegten Sippen aufgeführt. Mit dem Begriff „Zugehörigkeit angenommen“ werden diejenigen Arten aufgeführt, für die keine molekularen Daten vorliegen und deren Zuordnung zu den Sektionen auf Angaben aus der Literatur beruht. Vorweg erfolgt eine Gegenüberstellung und Parallelisierung der monophyletischen Gruppen mit bisherigen und neuen systematischen Kategorien. Tab. 10: Synthese monophyletischer Einheiten der molekularen Phylogenien mit systematischen Einheiten für die Unterfamilie Suaedoideae. G. = Gattung, Sekt. = Sektion, pp. = teilweise, n.z.= nicht zugeordnet

monophyletische Einheiten Ulbrich 1934 Schenk & Ferren Schütze et al. 2001 2003, erweitert Suaeda/Alexandra/ Trib. Suaedeae Trib. Borszczowia-Clade excl. Suaedeae Borszczowia Brezia-Clade Untergattung Brezia maritima-, Sekt. Schoberia Sekt. Brezia Sekt. Brezia prostrata-, p.p. corniculata-Subclade G. Brezia Suaeda-Clade Untergattung Suaeda Schoberia-Subclade Sekt. Schoberia Sekt. Schoberia Sekt. Schoberia p.p. p.p. Schoberia-Subclade G. Alexandra n.z. Sekt. Alexandra p.p., (Alexandra) (Kapralov et al. 2006) fruticosa-Subclade Sekt. Salsina Sekt. Immersa Sektion Salsina Sekt. Schoberia Sekt. Salsina p.p. Sekt. Limbogermen (S. altissima) Sekt Macrosuaeda physophora-Subclade n.z. Sekt. Physophora Sekt. Physophora vera-Subclade Sekt. Salsina Sekt. Suaeda Sekt. Suaeda Schanginia-Subclade, Sekt. Schanginia Sekt. Schanginia Sekt. Schanginia p.p. Schanginia-Subclade Tribus n.z. Sekt. p.p., Borszczowia Bienertieae Borszczowia G. Borszczowia Suaeda glauca Sekt. Schanginia Sekt. Schanginia Sekt. Glauca Bienertia Tribus Bienertieae G. Brezia G. Brezia

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Diskussion

Unterfamilie Suaedoideae Ulbr. 1934

Tribus 1 - Bienertieae Ulbr 1934:560 emend. Freitag & Schütze 1 Gattung, 2 Arten: Bienertia cycloptera Bunge ex Boiss., Bienertia sinuspersici Akhani

Tribus 2 - Suaedeae Dumort. 1 Gattung, Suaeda Forssk ex Scop. (inklusive Alexandra Bunge, Borszczowia Bunge)

Suaeda Untergattung 1 - Brezia (Moq.) Freitag & Schütze 1 Sektion

Suaeda Sektion 1 - Brezia (Moq.) Volk. Typus: Suaeda heterophylla (Kar. & Kir.) Bunge; mindestens 37 Arten zugehörige Arten: S. arbusuculoides L. S. Sm., S. arctica Jurtzev & Petrovsky, S. australis Moq., S. caespitosa Wolley-Dod, S. calceoliformis (Hook.) Moq., S. corniculata (C. A. Mey.) Bunge, S. crassifolia Pall., S. esteroa Ferren & Whitmore, S. heterophylla (Kar. & Kir.) Bunge, S. heteroptera Kitag., S. inflata Aellen, S. japonica Makino, S. kulundensis Lomon. & Freitag, S. linearis (S. Elliott) Moq., S. malacosperma Hara, S. maritima (L.) Dumort., S. maritima var. perennans Maire, S. mexicana Standl., S. occidentalis S. Watson, S. olufsenii Pauls., S. pannonica (Beck) Graebner, S. patagonica Speg., S. prostrata Pall., S. puertopenascoa M. C. Watson & Ferren, S. salsa (L.) Pall., S. salinaria (Schur) Simk., S. sibirica Lomon. & Freitag, S. spicata (Willd.) Moq., S. stellatiflora G. L. Chu, S. tschujensis Lomon. & Freitag, S. tuvinica Lomon. & Freitag Zugehörigkeit angenommen: S. albescens Lázaro Ibiza, S. densiflora A. Soriano, S. kossinskyi Iljin, S. liaotungensis Kitag, S. novae-zelandiae Allan, S. przewalskii Bunge, S. rolandii Basset & Crompton weitere: mehrere bisher nicht beschriebene (S. ‚arabica’, S. ‚elegans’, S. ‚venetiana’, S. ‚maritima/australis’ aus Korea)

Suaeda Untergattung 2 - Suaeda 9 Sektionen

Suaeda Sektion 2 - Schanginia (C. A. Mey.) Volk. Typus: Suaeda linifolia Pall.; 2(3) Arten zugehörige Arten: S. linifolia Pall., S. paradoxa Bunge Zugehörigkeit angenommen: S. asparagoides (Miq.) Makino

Suaeda Sektion 3 - Borszczowia (Bunge) Freitag & Schütze Typus: Borszczowia aralocaspica Bunge; 1 Art zugehörige Arten: Suaeda aralocaspica (Bunge) Freitag & Schütze (Borszczowia aralocaspica Bunge)

116

Diskussion

Suaeda Sektion 4 - Suaeda Typus: Suaeda vera Forssk.; 2 Arten zugehörige Arten: Suaeda vera Forssk. weitere: S. ‚ekimii’ (bisher unbeschrieben)

Suaeda Sektion 5 - Physophora Iljin Typus: Suaeda physophora Pall.; 3(4) Arten zugehörige Arten: S. ifniensis Caball., S. palaestina Eig. & Zoh., Suaeda physophora Pall. weitere: möglicherweise eine weitere Sippe innerhalb von S. ifniensis

Suaeda Sektion 6 - Schoberia (C. A. Mey) Volk. Typus: Suaeda acuminata (C. A. Mey.) Moq.; 9 (12) Arten zugehörige Arten: S. acuminata (C. A. Mey.) Moq., S. carnosissima Post., S. cucullata Aellen, S. eltonica Iljin, S. microsperma (C. A. Mey.) Fenzl, S. splendens (Pourr.) Gren. & Godr. Zugehörigkeit angenommen: S.confusa Iljin, S. pterantha (Kar. & Kir.) Bunge, S. kareliniana Fenzl, S. laevissima Kitag., S. turkestanica Litv., S. rigida Kung & G. L. Chu

Suaeda Sektion 7 - Salsina Moq. Typus: Suaeda vermiculata Fossk. ex J. F. Gmelin.; ca. 30 Arten zugehörige Arten: S. aegyptiaca Hasselq., S. altissima (L.) Pall. ex J. F. Gmel., S. arcuata Bunge, S. argentinensis A. Soriano, S. articulata Aellen, S. asphaltica Moq., S. baluchestanica Akhani & Podl., S. californica S. Watson, S. conferta (Small) I. M. Johnston, S. dendroides (C. A. Mey.) Moq., S. divaricata Moq., S. foliosa Moq., S. fruticosa Forssk. ex J. F. Gmel., S. micromeris Brenan, S. microphylla Pall., S. mollis Desf., S. monodiana Maire, S. monoica Forssk. ex J.F. Gmel., S. moquinii (Torr.) Greene, S. paulayana Vierh., S. tampicensis Standl., S. taxifolia Standl., S. vermiculata Forssk. ex J.F. Gmel.(=S. pruinosa Willk. & Lange). Zugehörigkeit angenommen: S. arguinensis Maire, S. merxmuelleri Aellen, S. moschata A.J. Scott, S. palmeri Standl., S. plumosa Aellen, S. salina

Suaeda Sektion 8 - Alexandra (Bunge) Kapralov, Akhani & E. H. Roalson Typus: Alexandra lehmanii Bunge; 1 Art zugehörige Arten:. Suaeda lehmannii (Bunge) Kapralov, Akhani (Alexandra lehmanii Bunge)

Suaeda Sektion 9 - Glauca sect. nov. zugehörige Art: Suaeda glauca Bunge Die Sektion muss noch beschrieben werden.

117

Zusammenfassung

5. Zusammenfassung

Mit der vorliegenden Arbeit wird eine Synthese aus molekularer Phylogenie und Merkmalsentwicklung für die Unterfamilie Suaedoideae der Chenopodiaceae präsentiert. Anhand von rekonstruierten Stammbäumen aus den Sequenzunterschieden von DNA-Abschnitten zweier unabhängiger Genome (Kern, Chloroplast) werden monophyletische Gruppen herausgearbeitet und die Variabilität der molekularen Merkmale in Bezug auf die bekannten Arten diskutiert. Insgesamt wurden für alle molekularen Analysen 294 Sequenzen ausgewertet. Mit 254 Sequenzen von Arten der Unterfamilie Suaedoideae und 18 Sequenzen von Arten der Unterfamilie Salicornioideae wurde eine vergleichende molekulare Analyse mit den DNA-Regionen ITS, atpB-rbcL und psbB-psbH durchgeführt. Mit der Einbeziehung von ca. 65 bekannten Suaeda-Arten sind damit je nach Artauffassung bis zu 80% aller Arten der Gattung berücksichtigt. Mittels Fossildaten werden die wichtigsten Divergenzereignisse zeitlich fixiert. Die molekularen Stammbäume dienen weiterhin als Grundlage für die Bewertung der Arten sowie ihrer morphologischen und anatomischen Merkmale. Ein wichtiger Aspekt bildet dabei die

Entwicklung der C4-Photosynthese mit den zugehörigen Blatttypen. Die folgenden vier Themenkomplexe bzw. Fragestellungen sollten bearbeitet werden (für ausführliche Darstellung vgl. Kap. 1.3):

1. Monophyletische Gruppen und ihre Beziehungen

2. Prinzipien der Evolution und Artbildung in der untersuchten Gruppe, Abgrenzung der Arten.

3. Entwicklung des C4-Photosynthesesyndroms

4. Entwicklung und Variabilität systematisch relevanter Merkmale

Die Ergebnisse der auf vergleichender DNA-Sequenzierung beruhenden molekularen Analyse und die Synthese mit weiteren Daten führen als Resultat der vorliegenden Arbeit zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen:

1.) Die drei sequenzierten DNA-Regionen ITS, atpB-rbcL und psbB-psbH zeigen im Vergleich eine sehr unterschiedliche Variabilität, ITS ist die variabelste aller Regionen. Die in den Alignments gefundenen Merkmale in Form von Punkt- und Längenmutationen zwischen den Einzelsequenzen waren zahlenmäßig ausreichend und qualitativ geeignet, um mit den drei Verfahren Maximum Parsimony, Maximum Likelihood und Bayes’scher Analyse aussagekräftige und in wesentlichen Aussagen kongruente molekulare Phylogenien zu rekonstruieren. Die Chloroplasten-Daten wurden für die Berechnungen kombiniert.

2.) Die beiden DNA-Regionen ITS und atpB-rbcL evolvieren mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die mit der Glättungsmethode PL berechneten durchschnittlichen Substitutionsraten weisen für ITS eine 5,5fach höhere Substitutionsrate gegenüber atpB-rbcL nach. Die ITS-Sequenzen sind daher wesentlich diverser und für einige Sippen, bei identischen atpB-rbcL- 118

Zusammenfassung

Sequenzen, unterschiedlich. Eine direkte Homologisierung von molekularer und morphologischer Variabilität oder die molekulare Limitierung von Arten ist daher nur in einigen Fällen möglich.

3.) Die Gattungen Suaeda, Alexandra und Borszczowia bilden eine monophyletische Gruppe, die den Salicornioideae als Schwestergruppe gegenübersteht. Dies bestätigt die Ergebnisse der Phylogenie der Chenopodiaceae (Kadereit et al. 2003). Im traditionellen Verständnis ist damit die Gattung Suaeda paraphyletisch. Durch taxonomische Umkombination (Schütze et al. 2003. Kapralov et al. 2006) werden die Gattungen Alexandra und Borszczowia in Suaeda eingegliedert, womit das Monophylie- Kriterium für die Gattung wieder erfüllt ist. Die molekularen Daten unterstützen diese nomenklatorische Neubewertung. Der nachfolgend verwendete Gattungsname Suaeda bezieht sich auf die neue Fassung.

4.) Bienertia gehört nicht in die unter 2.) beschriebene monophyletische Gruppe. Die Stellung dieser Gattung ist intermediär. Im ITS-Baum bildet sie die Schwestergruppe zu den Salicornioideae, im Chloroplasten-Baum diejenige zu Suaeda. Da Bienertia aufgrund morphologischer Merkmale Suaeda ähnlicher ist als den Salicornioideae wird sie in die intern neu gegliederte Unterfamilie der Suaedoideae einbezogen, die weitgehend der in Ulbrich (1934) vertretenen Auffassung entspricht.

5.) Suaeda teilt sich in zwei sehr deutlich getrennte Gruppen, die in einer neuen Gliederung als Untergattungen Brezia und Suaeda definiert werden. Die Trennung datiert mit etwa 30 Mio. Jahren in das Oligozän. Zur Untergattung Brezia gehören alle Arten der Sektion Brezia nach bisheriger taxonomischer Auffassung, die Untergattung Suaeda vereint alle übrigen Arten und wird in weitere Sektionen untergliedert.

6.) Die Untergattung bzw. Sektion Brezia zeigt im ITS-Baum eine deutliche Dreigliederung in 3 Subclades, die allerdings von den Chloroplasten-Bäumen nicht verifiziert wird und auch durch morphologische Merkmale nicht zu rechtfertigen ist. Die Subclades der Untergattung Suaeda entsprechen in Grundzügen den bisherigen Sektionen und sind durch synapomorphe Merkmale gekennzeichnet. Für die Gattung Suaeda leiten sich nach monophyletischen Gruppen oder singulären Linien folgende Sektionen ab: Brezia, Alexandra, Borszczowia, Schanginia, Schoberia Salsina (inkl. der früheren Sektionen Limbogermen, Immersa und Macrosuaeda), Suaeda, Physophora und Glauca (neu).

7.) Hybridisierung und Polyploidisierung sind wichtige Prozesse der sympatrischen Artbildung innerhalb der Suaedoideae und waren wahrscheinlich immer mit Arealerweiterungen gekoppelt. Mehrere Linien sind durch Vervielfachung des Chromosomensatzes charakterisiert, wobei auch die recht seltene Form der Dekaploidie erreicht wird. Vieles spricht dafür, dass sowohl Auto- als auch Allopolyploidie eine Rolle spielt. Auf Autopolyplodie beruhen höchstwahrscheinlich die unterschiedlichen Chromosomenrassen von S. corniculata. Durch Inkongruenzen zwischen Chloroplasten- und ITS (Kern)-Stammbäumen konnten einige Arten mit hoher Wahrscheinlichkeit als

119

Zusammenfassung etablierte, allopolyploide Hybridsippen identifiziert werden (Suaeda kulundensis, S. sibirica). Es ist damit erwiesen, dass die Diversifizierung durch retikulate Evolution beeinflusst wird.

8.) Die Ergebnisse der molekularen Phylogenien belegen sehr deutlich, dass sich die C4- Photosynthese innerhalb der Suaedoideae viermal unabhängig mit vier vollkommen unterschiedlichen

Blatttypen entwickelt hat. Dazu gehören zwei Blatttypen mit single cell C4-photosynthesis, ein bis vor kurzem bei Landpflanzen unbekanntes Phänomen. Innerhalb der Sektionen Schoberia, Salsina und

Borszczowia datiert die Entstehung in das späte Miozän, bei Bienertia entstand die C4-Photosynthese möglicherweise noch früher.

9.) Als systematisch äußerst bedeutsame Merkmale haben sich die schon von Iljin (1936a) benutzten Pistill-Formen sowie spezifische Blattmerkmale herausgestellt. Mit diesen Merkmalen können Sektionen, die auf monophyletischen Gruppen beruhen, gut definiert werden. Synapomorphe Merkmale des Pistills sind die Zahl und Ausbildung der Narben sowie die Form ihrer Insertion im Ovar.

Bei den Blatttypen sind es vor allem die vier histologisch hoch differenzierten C4-Blatttypen, die als gemeinsam abgeleitetes Merkmal rezenter, teilweise aufgespaltener Linien gewertet werden.

10.) Die früher z.T. überbewerteten Merkmale des Perianths (Verwachsungen, Flügel, Anhänge und Umbildungen) können nur zur Beschreibung einzelner Sippen oder lokaler Gruppen herangezogen werden. Ebenso ist das Merkmal der Lebensformen (Therophyten, Chamaephyten) kaum zur Charakterisierung von Gruppen geeignet. Wie das Beispiel Brezia sehr deutlich zeigt, kam es allein in dieser Gruppe mehrfach zur Entwicklung ausdauernder, verholzender Sippen. Der umgekehrte Prozess fand bei der Entstehung der annuellen S. aegyptiaca und S. arcuata statt.

Mit Hilfe von DNA-basierten Stammbäumen ist es in der vorliegenden Arbeit möglich geworden, die evolutionäre Geschichte der Gattung nachzuzeichnen und eine auf monophyletischen Gruppen basierende Gliederung abzuleiten. Damit wird eine Grundlage für ein verbessertes Artkonzept der Gattung Suaeda geschaffen. Für die praktische Taxonomie ist dies aber nur teilweise bedeutend. Die morphologisch nachvollziehbare Abgrenzung von Arten bleibt, gerade in den diversen Sektionen Brezia und Salsina, umstritten und kaum nachvollziehbar. Ein Großteil der Arten hat offenbar keine interspezifischen Kompatibilitätsschranken, es handelt sich daher um Morpho- oder Semispecies, möglicherweise sogar nur geographische Rassen, die allerdings mit schnell evolvierenden DNA- Regionen wie ITS differenzierbar sind. Ausgehend von den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit verbleibt genügend Raum für weiterführende, vertiefende systematische und populationsbiologische Studien.

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130

Abbildungsverzeichnis

Anhang Anhang 1 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Übersicht über die Entwicklung der Taxonomie der Gattung Suaeda. 7 Abb. 2: Suaedoideae, Habitate und Wuchsformen. 9 Abb. 3: Suaeda, Blüten- und Samenmerkmale. 11

Abb. 4: Übersicht zur Blattanatomie zur C4-Photosynthese innerhalb der Suaedoideae. 13 Abb. 5: Informelle Klassifikation und mögliche phylogenetische Beziehungen altweltlicher Suaeda-Arten. 17 Abb. 6: Nachweis von genomischer DNA aus der CTAB-Isolation von unterschiedlichen Geweben mittels Agarosegel-Elektrophorese. 51 Abb. 7: Ausschnitt aus dem Alignment einer GC-reichen, hoch variablen Region des ITS2-Alignments der Suaedoideae. 53 Abb. 8: Ausschnitt aus dem atpB-rbcL-Alignment ausgewählter Taxa der Suaedoideae. 53 Abb. 9: Maximum Parsimony-Phylogenie der Suaedoideae und ausgewählter Salicornioideae. 58 Abb. 10: Ein zufällig ausgewählter sparsamster Baum der MP-Analyse der ITS-Region für 92 Taxa der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe. 61 Abb. 11: Wahrscheinlichster Baum der ML-Analyse der ITS-Region für 92 Taxa der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe mit einem -ln L Wert von 6453,341. 62 Abb. 12: Ein zufällig ausgewählter sparsamster Baum der MP-Analyse von 66 kombinierten atpB-rbcL/psbB- psbH-Sequenzen der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe. 70 Abb. 13: Wahrscheinlichster Baum der ML-Analyse von 66 kombinierten atpB-rbcL/psbB-psbH-Sequenzen der Suaedoideae und Kalidium als Außengruppe mit einem -ln L Wert von 4681,259. 71 Abb. 14: Ein zufällig ausgewählter sparsamster Baum der MP-Analyse aus ITS-Sequenzen von 66 Taxa der Gattung Suaeda/Sektion Brezia mit Suaeda vera als Außengruppe. 76 Abb. 15: Kalibriertes Chronogramm der Suaedoideae sowie ausgewählter Salicornioideae, Salsoloideae und Chenopodieae (als Außengruppen) auf Basis einer ML-Baumtopologie aus 73 atpB-rbcL-Sequenzen. 85 Abb. 16: Kalibriertes Chronogramm der Suaedoideae und ausgewählter Salicornioideae auf Basis einer ML- Baumtopologie aus 92 ITS-Sequenzen. 86

Abb. 17: Rezente Verteilung von C3- und C4-Blatttypen sowie Entwicklungslinien (grün unterlegt) zur C4- Photosynthese innerhalb der Suaedoideae. 89 Abb. 18: Merkmalsentwicklung innerhalb der Suaedoideae anhand der ITS-Baumtopolgie aus der ML-Analyse 96 Abb. 19: Schema zum Nachweis etablierter Hybridsippen und retikulater Evolution innerhalb der Sektion Brezia. 106 Abb. 20: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 67 atpB-rbcL-Sequenzen. 145 Abb. 21: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 63 psbB-psbH-Sequenzen 146 Abb. 22: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 67 kombinierten atpB-rbcL/psbB-psbH- Sequenzen. 147 Abb. 23: Baumtopologie (50% majority rule-Konsensus) der Bayesianischen Analyse von 67 kombinierten atpB- rbcL/psbB-psbH-Sequenzen. 148 Abb. 24: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 93 ITS-Sequenzen. 149 Abb. 25: Baumtopologie (50% majority rule-Konsensus) der Bayesianischen Analyse von 93 ITS-Sequenzen. 150 Abb. 26: Kalibriertes Chronogramm von 73 atpB-rbcL-Sequenzen auf Basis einer ML-Baumtopologie mit vollständiger Benennung der Knoten. 151 Abb. 27: Kalibriertes Chronogramm von 92 ITS-Sequenzen auf Basis einer ML-Baumtopologie mit vollständiger Benennung der Knoten. 152

131

Tabellenverzeichnis

Anhang 2 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Übersicht der im Auswahlverfahren für die phylogenetische Analyse der Suaedoideae getesteten DNA- Regionen und Primer sowie ihrer Herkunft. 30 Tab. 2: Tabellarische Übersicht der Ergebnisse des Auswahlverfahrens von DNA-Regionen für die phylogenetische Analyse der Suaedoideae. 31 Tab. 3: Reaktionsbedingungen der ITS touchdown PCR. 33 Tab. 4: Reaktionsbedingungen der Chloroplasten PCR. 33 Tab. 5: Zusammensetzung eines Reaktionsansatzes für die DNA-Sequenzierung mit dem Thermo Sequenase™ Primer Cycle Seqeuencing Kit. 34 Tab. 6: Sequenzmerkmale und Alignmentcharakteristika für einen vergleichbaren Datensatz aus 74 Sequenzen der Suaedoideae, Salicornioideae und Bassia hyssopifolia. 54 Tab. 7: Übersicht über die Alignmentparameter und Ergebnisse der Maximum Parsimony Analyse der ausgewählten Chloroplasten-Regionen. 68 Tab. 8: Übersicht der Parameter für die ML-Analyse und Altersdatierung. 82 Tab. 9: Kalibrierungspunkte und Altersschätzungen der wichtigsten Diversifizierungsereignisse innerhalb der Suaedoideae und benachbarter Gruppen. 84 Tab. 10: Synthese monophyletischer Einheiten der molekularen Phylogenien mit systematischen Einheiten für die Unterfamilie Suaedoideae. 115 Tab. 11: Materialtabelle. 135 Tab. 12: Übersicht der Altersschätzungen mittels PL für atpB-rbcL-Baum und ITS-Baum 154

132

Abkürzungsverzeichnis

Anhang 3 Abkürzungsverzeichnis:

A Adenin bp Basenpaare C Cytosin CI Consistency Index (Konsistenzindex) CTP Cytosin-5’-triphosphat cp Chloroplast CTAB Cetyltrimethylammoniumbromid ddNTP 2’,3’-Didesoxynukleosidtriphosphat DNA Desoxyribonukleinsäure dNTP 2’-Didesoxynukleosidtriphosphat G Guanin GTP Guanin-5’-triphosphat ITS: Internal transcribed spacer ML Maximum Likelihood MP Maximum Parsimony NCBI National Center for Biotechnology Information PL Penalized Likelihood RI Retentionsindex rpm Umdrehungen pro Minute s.l. sensu lato s.str. sensu stricto T Thymin U Unit (Einheit) UV Ultraviolett µl Mikroliter µMol Mikromolar

133

Chemikalien, Lösungen, Reaktionskits

Anhang 4 Verzeichnis der Chemikalien, Lösungen und Reaktionskits

2-Propanol (Isopropanol): 100% Stammkonzentration Agarose NEEO Ultra-Qualität: (Carl Roth) Bromphenol-Glycerinpuffer f. d. Elektrophorese: 40% Glycerin, 0.1% Bromphenolblau, 0.1% Xylencyanol in 0.5x TBE- bzw. 1x TAE-Puffer Borsäure: pulverförmig (Carl Roth) Cetyltrimethylammoniumbromid-Puffer (CTAB): 2 % (w/v) CTAB; 1,4 M NaCl; 0,1 M Tris-HCl, pH 8,0; 20 mM EDTA; 1 % (w/v) Polyvinylpyrrolidon (PVP 40); 0,2 % (v/v) β-Mercaptoethanol (MET) Chloroform/Isoamylalkohol: Mischung im Verhältnis 24:1 dATP, dCTP, dGTP, dTTP (als Na+-Salz): 100mM Stammlösung (Carl Roth) DMSO: 100% Stammlösung (sigma) DNA-Auftragspuffer: 40 % Glycerin (v/v); 0,1 % Bromphenolblau (w/v); 0,1 % Xylencyanol (w/v) DNA Größenstandard: 100 bp-DNA-Marker (invitrogen) Ethanol 96% f.d. Analyse; 70% Ethidiumbromid: Arbeitslösung 1µg/ml in 0,5 x TBE-Puffer; (Carl Roth) Formamid Loading Dye Harnstoff: kristallin (Carl Roth) Low DNA Mass Ladder: Größen- und Mengenmarker (Invitrogen)

Magnesiumchlorid (MgCl2): Arbeitslösung 50mM

N2: flüssig, (Linde AG) NaCl: Arbeitslösung 5M Polyacrylamid-Gel (PAA) 6% Fertiglösung (Sequagel XR): PCR-Puffer: 10x (Qiagen) Qiagen DNeasy® Plant Mini Kit (Qiagen) Seakem LE Agarose: (Biozym) TBE-Puffer 0,5x: 45 mM Tris-Borat; 1 mM EDTA TE-Puffer: 10 mM Tris-HCl, pH 8,0; 1 mM EDTA Taq DNA Polymerase, Recombinant: 5 units/µl (invitrogen) Thermo Sequenase™ Primer Cycle Sequencing Kit (Amersham Pharmacia) Tris HCl

134

Anhang 5 Materialtabelle Tab 11: Materialtabelle. Sequenzen mit * (Genbank-Accessionsnummer) wurden im Rahmen dieser Arbeit nicht selbst generiert SK=Sektionszugehörigkeit entsprechend Kap. 4.6: Ax: Alexandra, Bw: Borszczowia, Bz: Brezia, Gl: Glauca, Py: Physophora, Sc: Schanginia, So: Schoberia, Sl: Salsina, Su: Suaeda

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Suaedoideae Ax Alexandra lehmannii Bunge Diomina 5171a (KAS) E Kasachstan: Dzhambul, Czu-Fluss 1381 FJ449756 DQ499432* FJ449821

Bienertia cycloptera Bunge Akhani 16/11/2000 (KAS) Iran: Kavir Nationalpark 1027 AY181808 AY181935 AY181873

Bienertia sinuspersici Akhani Akhani 17433 (WS) Iran: Khuzestan, Bandare Mahshahr DQ499373* DQ499434* DQ499349*

Bw Borszczowia aralocaspica Bunge Ogar 10.2000 (KAS) E Kasachstan, Uigur distr. 1028 AY181807 AY181934 AY181872

So Suaeda acuminata (C. A. Mey.) Moq. Lomonosova 053a_ (NS, Kasachstan: Provinz Almaty, Ushtobe 1175 FJ449757 AY181912 AY181848 KAS) Sl Suaeda aegyptiaca (Hasselq.) Zohary Freitag 30.120 (KAS) Jordanien: Azraq Oase 1138 AY181788 AY181917 AY181853

Sl Suaeda altissima Pall. Freitag 28.150 (KAS) Kasachstan: Prov. Atyrau, Guryev 1017 AY181785 AY181914 AY181850

Bz Suaeda arbusculoides L. S. Sm. Jacobs 5873 (NSW) Australien: , Gladstone 1384 no data - AY181827

Bz Suaeda arctica Jurtzev & V. V. Petrovskii Korobkov & Petrovskyi Russland: N-Sibirien, Tschuktschan 1241 - - FJ449785 04/08/1968 (KAS) Sl Suaeda arcuata Bunge Löffler 1/2001 (W) Iran: Prov. Fars, Maharlu-See 1383 AY181789 AY181918 AY181854

Sl Suaeda argentinensis Soriano Fortunato 4303 (NY) Argentinien - - FJ449786

Sl Suaeda articulata Aellen Okaukungo 23/04/1968 (W) Namibia: Etoscha 1378 AY181795 AY181924 AY181860

Sl Suaeda asphaltica Boiss. Danin 2000 (HUJ) Jordanien: Totes Meer 1092 AY181786 AY181915 AY181851

135

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Bz Suaeda australis Moq. 21368 (KAS) W Australien 1251 - - FJ449787

Bz Suaeda australis Moq. Schmalz 55 (MJG) Australien: , Karuah 1144 AY181766 AY181891 AY181826

Bz Suaeda australis Moq. s.l. `Korea` Lee SK08 (KNU) Südkorea; ex Lee et al. (2007) - - DQ786335

Bz Suaeda caespitosa Wolley-Dod Mucina 28/12/2003 (KAS) Südafrika: W Cape Provinz, Agulhas 1587 FJ449758 - FJ449817 Plain Bz Suaeda calceoliformis (Hook.) Moq. Schenk 01/10/1997 (RSA) USA - - FJ449788

So Suaeda carnosissima Post Freitag 30.159 (KAS) Syrien: Palmyra-Oase 1137 AY181783 AY181910 AY181846

Sl Suaeda conferta (Small) I. M. Johnst. Schenk 06/10/1994 (RSA) USA - - FJ449789

Bz Suaeda corniculata (C. A. Mey.) Bunge Artemov1999 (NS) Russland: Altaiski Krai 1553 - - FJ449790

Bz Suaeda corniculata (C. A. Mey.) Bunge Lomonosova 051a (NS, KAS) Kasachstan: Provinz Almaty, Distr. 1026 FJ449759 FJ449833 FJ449820 Taldy-Kurgan Bz Suaeda corniculata (C. A. Mey.) Bunge Lomonosova 71a (NS, KAS) Kasachstan: Provinz Almaty, Ushtobe 1062 AY181779 AY181904 AY181840

Bz Suaeda corniculata (C. A. Mey.) Bunge Lomonosova 79 (NS, KAS) Russland: Oblast Novosibirsk, Karasuk 1052 AY181780 AY181905 AY181841

Bz Suaeda corniculata (C. A. Mey.) Bunge Lomonosova 80 (NS, KAS) Russland: Distr. Karasuk (S-Sibirien) 1129 AY181781 AY181906 AY181842

Bz Suaeda crassifolia Pall. Freitag 30.134 (KAS) Usbekistan: Aidar-Kul-See NW Jizzakh 1108 AY181760 AY181885 AY181820

So Suaeda cucullata Aellen Freitag 28.729 (KAS) Türkei: Provinz Eskişehir, Polatle 1056 FJ449760 AY181909 AY181845

Sl Suaeda dendroides (C. A. Mey.) Moq. Freitag 30.127 (KAS) Usbekistan: Provinz Sirdaryo 1030 AY181791 AY181920 AY181856

136

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Sl Suaeda divaricata Moq. Torrico-Peca 101 (LPB, KAS) Bolivien: Depto. Potosi, Prov. Nor 1219 AY181797 AY181926 AY181863 Chichas So Suaeda eltonica Iljin Freitag 28.242 (KAS) Russland: Oblast Wolgograd, Elton-See 1380 AY181784 AY181911 AY181847

Bz Suaeda esteroa Ferren & S. A. Ferren 2836 (RSA) Mexico - - FJ449791 Whitmore Sl Suaeda foliosa Moq. R. de Michel 2982 (LPB, KAS) Bolivien: Depto. Oruro, Prov. Eduardo 1217 AY181796 AY181925 AY181862 Avaroa Sl Suaeda fruticosa Forssk. ex J. F. Gmel. Freitag 21.500 (KAS) Pakistan: Punjab 1002 AY181792 AY181921 AY181857

Sl Suaeda fruticosa Forssk. ex J. F. Gmel. Freitag 31.138 (KAS) Jordanien: Totes Meer 1139 AY181793 AY181922 AY181858

Sl Suaeda fruticosa s.l. Forssk. ex J. F. Fosberg & Jayasuria 52806 Sri Lanka - - FJ449792 Gmel. (RSA) Gl Suaeda glauca Bunge Nechayev & Pavlova Russland: Primorski Krai, Küste bei 1586 FJ449761 FJ449835 FJ449825 04/10/2003 (KAS) Shkotova Bz Suaeda heterophylla Bunge Freitag 30.132 (KAS) Usbekistan: Aidar-Kul 1074 AY181774 AY181899 AY181835

Bz Suaeda heterophylla Bunge Lomonosova 138 (KAS) Kasachstan: Prov. Ost-Kasachstan, 1309 - - FJ449793 Karaberik Gebirge Bz Suaeda heterophylla Bunge Lomonosova 51 (NS, KAS) Kasachstan: Provinz Almaty, Distr. 1037 AY181776 AY181901 AY181837 Taldy-Kurgan Bz Suaeda heteroptera Kitag. Schütze 2003/243 (KAS) Russland: Zabaykalsky Krai, 1540 FJ449762 FJ449829 FJ449815 Krasnokamensk Py Suaeda ifniensis Caball. ex Maire Podlech 48.924 (KAS) Marokko 1214 AY181801 AY181929 AY181867

Py Suaeda ifniensis Caball. ex Maire Reys-Betancourt 41074 (TFC) Spanien: Kanarische Inseln, Lanzarote 1160 AY181800 AY181928 AY181866

Bz Suaeda japonica Makino Lee SK01 (KNU) Südkorea; ex Lee et al. (2007) - - DQ786340*

Bz Suaeda kulundensis Lomon. & Freitag Lomonosova 135 (NS, KAS) Russland: Primorski Krai, Küste bei 1554 FJ449763 - FJ449794 Shkotova

137

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Bz Suaeda kulundensis Lomon. & Freitag Lomonosova 195 (KAS) Kasachstan: Prov. Ost-Kasachstan, 1479 FJ449764 - FJ449795 Distr. Tarbatagay Bz Suaeda kulundensis Lomon. & Freitag Lomonosova 51a (NS, KAS) Kasachstan: Provinz Almaty, Distr. 1170 AY181764 AY181889 AY181824 Taldy-Kurgan Bz Suaeda linearis (Elliott) Moq. Schenk 06/08/1994 (RSA) USA - - FJ449796

Sc Suaeda linifolia Pall. Freitag 28.092 (KAS) Kasachstan: Prov. West-Kasachstan, 1233 AY181805 AY181932 AY181870 Chelkar-See bei Saryumir Bz Suaeda malacosperma Hara Lee SK43 (KNU) Südkorea; ex Lee et al. (2007) - - DQ786339*

Bz Suaeda maritima (L.) Dumort. Schütze 10/09/2001 (KAS) Deutschland: Sachsen-Anhalt, 1084 AY181758 AY181883 AY181818 Hecklingen Bz Suaeda maritima (L.) Dumort. Schütze ER167 (KAS) Frankreich: Region Nord-Pas-de-Calais, 1200 - - DQ899059 Etaples Bz Suaeda maritima s.l. (L.) Dumort Lee SK10 (KNU) Südkorea; ex Lee et al. (2007) - - DQ786336*

Bz Suaeda maritima s.l. (L.) Dumort Westberg 25/01/SP (KAS) NW Spanien: Illa de Arousa 1360 - - DQ899064

Bz Suaeda maritima var. perennans Maire Reys-Betancourt (TFC 41071) Spanien: Kanarische Inseln, Lanzarote 1234 AY181768 AY181893 AY181829 (KAS) Bz Suaeda mexicana Standl. Henrickson 20407 (RSA) Mexico - - FJ449797

Sl Suaeda micromeris Brenan 4007 (Herb. Mogadishu) Somalia 1240 - - FJ449798 (MOG) Sl Suaeda microphylla Pall. Freitag 28.686 (KAS) Türkei: Prov. Kars, Tuzluca 1007 AY181790 AY181919 AY181855

So Suaeda microsperma Fenzl Lomonosova 045a (NS, KAS) Kasachstan: Prov. Ost-Kasachstan, 1211 FJ449765 AY181913 AY181849 Aktogay am Balchaschsee Sl Suaeda mollis Delile TFC 41066 (TFC, KAS) Spanien: Kanarische Inseln, Lanzarote 1236 - - FJ449799

Sl Suaeda monodiana Maire Bornkamm 28/09/1986 (B, Ägypten: Qattara depression 1229 - - AY181861 KAS)

138

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Sl Suaeda monoica Forssk. ex J. F. Gmel. Léonard 7476 (KAS) Ägypten: Sinai, Taba 1382 AY181794 AY181923 AY181859

Sl Suaeda moquinii Greene Ferren 3276 (RSA) Mexico - - FJ449800

Sl J. F. Macbr. Ickert-Bond 1122 (ASU, KAS) USA: Arizona, Marcopa Co. 1215 AY181798 - AY181864

Bz Suaeda occidentalis S. Watson Schenk 03/10/1997 (RSA) USA - - FJ449801

Bz Suaeda olufsenii Paulsen Lomonosova 236 (NS, KAS) Russland: Republik Altai, Tebeler 1459 FJ449766 FJ449831 FJ449818

Py Suaeda palaestina Eig. & Zohary Freitag 30.165 (KAS) Jordanien: Totes Meer 1140 AY181799 AY181927 AY181865

Bz Suaeda pannonica Beck Freitag 27.156 (KAS) Österreich: Burgenland, Neusiedler See 1375 AY181778 AY181903 AY181839

Sc Suaeda paradoxa Bunge Freitag 30.028 (KAS) Usbekistan: Provinz Sirdaryo 1004 AY181806 AY181933 AY181871

Bz Suaeda patagonica Speg. R. de Michel 2862 (LPB, KAS) Bolivien: Depto. Oruro, Prov. Eduardo 1216 AY181782 AY181907 AY181843 Avaroa Sl Suaeda paulayana Vierh. Kilian YP3782 (KAS) Yemen Sokotra: Shuab 1493 FJ449767 FJ449834 FJ449823

Py Suaeda physophora Pall. Freitag 28.041 (KAS) Kasachstan: Prov. West-Kasachstan, 1163 AY181802 - - Chelkar-See bei Saryumir Py Suaeda physophora Pall. Morefield 5136 (RSA) China - - FJ449824

Bz Suaeda prostrata Pall. Freitag 27.155 (KAS) Österreich: Burgenland, Neusiedler See 1161 AY181773 AY181898 AY181834

Bz Suaeda prostrata Pall. Freitag 28.305 (KAS) Russland: Oblast Wolgograd, Pallasovka 1379 AY181772 AY181897 AY181833

Bz Suaeda prostrata s. l. Pall. Freitag 28.793 (KAS) Türkei: Prov. Aksaray, Sultanhani 1109 AY181769 AY181894 AY181830

139

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Bz Suaeda prostrata s. l. Pall. Lomonosova 071a (KAS) Kasachstan: Prov. Ost-Kasachstan 1107 FJ449768 - FJ449802

Bz Suaeda prostrata s. l. Pall. Lomonosova 285 (NS) Russland: Irkutsk Oblast 1463 FJ449769 - FJ449803

Bz Suaeda puertopenascoa M. C. Watson & Ferren 2804 (RSA) Mexico - - FJ449804 Ferren Bz Suaeda salinaria Schur. Kadereit 2003/4 (KAS) Ungarn: Hortobagyi Nationalpark 1570 FJ449770 - DQ899085

Bz Suaeda salinaria Schur. Mile 27/09/2003 (KAS) Rumänien: Marosbanya, Ocna Mures 1604 - DQ899086

Bz Suaeda salsa (L.) Pall. Fagaras 10/2003 (KAS) Rumänien: Constanta 1600 FJ449771 - DQ899083

Bz Suaeda salsa (L.) Pall. Freitag 28.053 (KAS) Kasachstan: Prov. West-Kasachstan, 1253 AY181762 AY181887 AY181822 Chelkar-See bei Saryumir Bz Suaeda salsa (L.) Pall. Freitag 28.709 (KAS) Türkei: Prov. Samsun, Bafra Ebene 1024 AY181763 AY181888 AY181823

Bz Suaeda salsa (L.) Pall. Freitag 28.860 (KAS) Türkei: Prov. Mersin, S Tarsus 1573 FJ449773 FJ449827 DQ899082

Bz Suaeda salsa (L.) Pall. Lomonosova 160 (NS, KAS) Kasachstan: Prov. Ost-Kasachstan, 1485 FJ449772 - FJ449805 Kurchum Bz Suaeda salsa s.l. (L.) Pall. Lomonosova 126 (NS, KAS) Russland: Altai Krai 1171 AY181761 AY181886 AY181821

Bz Suaeda sibirica Lomon. & Freitag Lomonosova 299d (NS, KAS) Russland: Irkutsk Oblast 1466 FJ449774 FJ449830 FJ449816

Sl Suaeda sp. Sokotra Kilian YP3644 (KAS) Yemen Sokotra: Shuab 1492 FJ449775 - FJ449822

Bz Suaeda sp. `arabica` VAE (KAS) Vereinigte Arabische Emirate 1473 FJ449776 FJ449828 FJ449814

Su Suaeda sp. `ekimii` Freitag 10.2002 (KAS) Türkei: Prov. Van, Çaldiran 1373 AY181804 AY181931 AY181869

140

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Bz Suaeda sp. `elegans` Freitag 28.269 (KAS) Russland: Oblast Wolgograd, Elton-See 1376 AY181765 AY181890 AY181825

Bz Suaeda sp. `venetiana` Freitag 28.753 (KAS) Türkei: Prov. Mugla, Gökova Golf 1575 FJ449784 - DQ899079

Bz Suaeda sp. `venetiana` Freitag 28.900 (KAS) Italien: Lagunen östl. Venedig 1025 AY181759 AY181884 AY181819

Bz Suaeda sp. `venetiana` Strid 33958 (KAS) Griechenland: Nomos Achaias Eparchia 1644 - - DQ899081 Patron, Kalogria Bz Suaeda sp. `venetiana` Westberg 20/01/GR (KAS) Griechenland: Thessaloniki SW 1300 - - FJ449826

Bz Suaeda sp. `venetiana` Westberg 20/01/GR (KAS) Griechenland: Thessaloniki SW 1301 - - FJ449806

Sl Suaeda sp. Dillon3220 Dillon, Molau & Matekatis Peru - - FJ449807 3220 (NY) Bz Suaeda spicata (Willd.) Moq. Freitag 260888 (KAS) NW Spanien: Prov. de Pontevedra, Ria 1577 - - DQ899093 de Arousa Bz Suaeda spicata (Willd.) Moq. Freitag 29.953 (KAS) Zypern: Akrotiri (Südküste) 1246 FJ449777 - DQ899065

Bz Suaeda spicata (Willd.) Moq. Schütze ER246 (KAS) Frankreich: Region Bretagne, Forel 1159 FJ449778 - DQ899090 Fouesnant Bz Suaeda spicata (Willd.) Moq. Schütze ER301 (KAS) Frankreich: Reg. Aquitaine, Hossegors 1525 FJ449779 - DQ899091

Bz Suaeda spicata (Willd.) Moq. Schütze ER308 (KAS) Spanien: Ebro-Delta 1223 FJ449780 - FJ449808

Bz Suaeda spicata (Willd.) Moq. Schütze ER361 (KAS) Frankreich: Reg. Provence-Alpes-Cote 1181 AY181767 AY181892 AY181828 d'Azur, Rhone-Delta So Suaeda splendens Gren. & Godr. Freitag 27.062 (KAS) Türkei: Prov. Aydin, Atburgazi 1270 FJ449781 - -

So Suaeda splendens Gren. & Godr. Freitag 27.205a (KAS) Spanien: Prov. Sevilla, Isla Mayor 1031 - AY181908 AY181844

Bz Suaeda stellatiflora G.L. Chu Lomonosova 145 (KAS) Kasachstan: Prov. Ost-Kasachstan, 1484 FJ449782 - FJ449809 Karaberik Gebirge 141

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Bz Suaeda stellatiflora G.L. Chu Lomonosova 67b (NS, KAS) Kasachstan: Provinz Almaty, Ushtobe 1076 AY181771 AY181896 AY181832

Sl Suaeda suffrutescens S. Watson Schenk s.n. (RSA) USA - - FJ449810

Sl Suaeda tampicensis Standl. Schenk 06/08/1994 (RSA) USA - - FJ449811

Sl Suaeda taxifolia Standl. Borsch 3428 (KAS) USA 1569 - - FJ449812

Sl Suaeda taxifolia Standl. Ross 5441 (RSA) USA - - FJ449813

Bz Suaeda tschujensis Lomon. & Freitag Lomonosova 82 (NS, KAS) Rußland: Republ. Altai; Altai-Gebirge 1169 AY181777 AY181902 AY181838

Bz Suaeda tuvinica Lomon. & Freitag Freitag 33.054 (KAS) Russland: Rep. Tuva, Chara-Nuur S 1607 FJ449783 FJ449832 FJ449819 Kyzyl Su Suaeda vera Forssk. ex J. F. Gmel. Schütze ER311 (KAS) Spanien: Ebro-Delta 1164 AY181803 AY181930 AY181868

Sl Suaeda vermiculata Forssk. ex J. F. Hensen 03/04/2001 (KAS) Spanien: Prov. Almeria, Tabernas 1134 AY181787 AY181916 AY181852 Gmel.

Salicornioideae

Allenrolfea occidentalis Kuntze Piep. & Long 120 (UTG) USA: Utah, Box Elder Co. 1143 AY191910 AY181937 AY181875

Halocnemum strobilaceum (Pall.) M. ex Kadereit et al. (2006) DQ340102* - DQ340153* Bieb. Halopeplis perfoliata (Forssk.) Bunge ex Kadereit et al. (2006) - - DQ340143*

Halosarcia peltata Paul G. Wilson Schmalz 184 (MJG) SW Australien: Lake King M160 AY181813 AY181940 AY181878

Halostachys belangeriana (Moq.) ex Kadereit et al. (2006) DQ340105* - DQ340152* Botsch.

142

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Kalidium cuspidatum (Ung.-Sternb.) ex Kadereit et al. (2006) - - DQ340148* Grubov Kalidium foliatum Moq. Freitag 28.141 (KAS) Kasachstan: Provinz Atyrau, 1141 AY181809 AY181936 AY181874 Novobogatinskoye Microcnemum coralloides (Loscos & Vural 7558 (GAZI, KAS) Türkei: Provinz Konya, Çihanbeyli 1218 AY181811 AY181938 AY181876 Pardo) Font Quer Salicornia europaea L. Schütze 07/09/2001 (KAS) Deutschland: Sachsen-Anhalt, 1081 AY181814 AY181941 AY181879 Hecklingen Sarcocornia decumbens (Tolken) A. ex Kadereit et al. (2006) DQ340132* - - J. Scott Sarcocornia fruticosa (L.) A. J. Scott Freitag 27.202 (KAS) Spanien: Prov. Sevilla, Isla Mayor 1142 AY181816 AY181943 AY181881

Sarcocornia natalensis (Bunge ex Ung.- ex Kadereit et al. (2006) DQ340123* - - Sternb.) A. J. Scott Tecticornia australasica (Moq.) Paul Jacobs 8685 (NSW) N Australien: Queensland M260 AY181812 AY181939 AY181877 G. Wilson

Salsoloideae

Bassia hyssopifolia (Pall.) Kuntze Freitag 30.106 (KAS) Usbekistan: Provinz Sirdaryo 1151 AY181818 AY181944 AY181882

Kochia californica S. Watson ex Kadereit et al. (2006) DQ340138* - -

Nanophyton erinaceum (Pall.) Bunge ex Kadereit et al. (2006) DQ340135* - -

Noaea mucronata (Forssk.) Asch. & ex Kadereit et al. (2006) DQ340134* - - Schweinf. Salsola webbii Moq. ex Kadereit et al. (2006) DQ340133* - -

143

SK Taxon Belegnummer Fundort DNA-ID Genbank Accessions-Nr. (Herbarium) atpB-rbcL psbB-psbH ITS Chenopodioideae, Betoideae

Beta vulgaris L. Cui, J. (unveröffentlicht) DQ074969* - -

Chenopodium botrys L. ex Kapralov et al. (2006) DQ499363* - -

Spinacia oleracea L. ex Schmitz-Linneweber et al. (2001) AJ400848* - -

144

Anhang

Anhang 6 Zusätzliche Stammbäume der phylogenetischen Rekonstruktion

Abb. 20: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 67 atpB-rbcL-Sequenzen. .

145

Anhang

Abb. 21: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 63 psbB-psbH-Sequenzen. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die bootstrap-Werte aus 1000 Replikaten.

146

Anhang

Abb. 22: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 67 kombinierten atpB-rbcL/psbB- psbH-Sequenzen. Gestrichelte Linien bezeichnen kollabierende Äste im strict consensus Baum, Werte oberhalb der Äste bezeichnen die bootstrap-Werte aus 1000 Replikaten. 147

Anhang

Abb. 23: Baumtopologie (50% majority rule-Konsensus) der Bayesianischen Analyse von 67 kombinierten atpB-rbcL/psbB-psbH-Sequenzen. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die posterior probabilities. 148

Anhang

Abb. 24: Konsensus-Baum (50% majority rule) der MP-Analyse von 93 ITS-Sequenzen. Gestrichelte Linien bezeichnen kollabierende Äste im strict consensus-Baum, Werte oberhalb der Äste bezeichnen die bootstrap-Werte aus 1000 Replikaten.

149

Anhang

Abb. 25: Baumtopologie (50% majority rule-Konsensus) der Bayesianischen Analyse von 93 ITS- Sequenzen. Werte oberhalb der Äste bezeichnen die posterior probabilities. 150

Anhang

Anhang 7 Vollständige Übersicht der Altersdatierung

Abb. xx: Vollständige Übersicht über Kalibrierungspunkte und datierte Knoten s. Tab. xxx; Zeitskala in Mio. Jahren ITS Chronogramm

Abb. 26: Kalibriertes Chronogramm von 73 atpB-rbcL-Sequenzen auf Basis einer ML-Baumtopologie. Vollständige Übersicht über Kalibrierungspunkte und datierte Knoten s. Tab. xxx; Zeitskala in Mio. Jahren

151

Anhang

Abb. 27: Kalibriertes Chronogramm von 92 ITS-Sequenzen auf Basis einer ML-Baumtopologie. Vollständige Übersicht über Kalibrierungspunkte und datierte Knoten s. Tab. xxx; Zeitskala in Mio. Jahren

152

Anhang

Tab. 12: Übersicht der Altersschätzungen mittels PL für atpB-rbc--und ITS-Baum.

Knoten Altersschätzung in Mio. Knoten Altersschätzung in Mio Jahren Jahren atpB-rbcL ITS atpB-rbcL ITS 1 65.00 54 7.14 2 46.97 55 9.96 3 41.30 56 8.50 4 38.00 35.00 57 5.04 4.64 5 33.19 58 2.23 6 31.30 59 0.90 7 30.88 29.29 60 0.89 8 24.46 25.73 61 3.58 9 21.21 22.38 62 7.00 10 20.64 19.32 63 6.84 11 16.67 16.87 64 6.39 12 16.38 65 4.99 13 11.21 10.37 66 4.36 14 4.68 4.85 67 3.79 15 11.44 8.39 68 4.67 16 7.94 10.46 69 4.41 17 10.10 70 4.17 18 6.36 8.75 71 2.87 19 12.97 72 2.25 20 9.64 73 2.11 21 6.55 74 3.18 22 5.03 75 1.72 23 4.31 76 1.26 24 0.89 77 0.73 25 4.07 78 0.41 26 1.86 3.63 79 0.17 27 2.47 80 1.02 28 12.24 81 1.31 29 7.80 82 1.04 30 6.58 83 0.83 31 5.91 84 0.88 32 5.48 85 0.09 33 4.82 86 0.21 34 9.69 87 0.26 35 4.20 88 26.00 36 2.84 89 32.66 37 3.35 90 29.77 38 3.07 91 27.24 39 2.03 92 23.65 40 2.41 93 23.00 41 3.71 94 21.95 42 2.31 3.01 95 18.99 43 5.57 96 17.42 44 2.88 97 22.29 18.82 45 1.13 98 19.60 16.20 46 1.79 99 15.31 9.60 47 0.43 100 13.00 9.40 48 0.96 101 2.22 1.04 49 0.45 102 34.26 50 0.25 103 26.13 51 0.54 104 8.74 52 1.11 105 10.33 53 8.01 12.41 53 8.01 12.41

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Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Menschen bedanken, die direkt oder indirekt zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.

Bei Herrn Prof. Dr. Kurt Weising bedanke ich mich in erster Linie für die Themenstellung und die Möglichkeit, die gute Infrastruktur des Institutes für alle notwendigen Arbeiten zu nutzen sowie den vielfältigen Gedankenaustausch und Hilfestellungen bei der Arbeit. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Helmut Freitag für viele Jahre einer außerordentlich fruchtbaren und wertvollen Zusammenarbeit. Helmut Freitags grenzenlose Begeisterung für die Botanik, seine außerordentliche Fachkenntnis sowie den steten Wunsch und vor allem auch die Fähigkeit dies mitzuteilen und zu diskutieren haben mich ganz entscheidend vorangebracht und vor allem auch bis zum Schluss durchhalten lassen. Die hier vorgelegte Arbeit hätte ohne Helmut Freitags morphologische, floristische und systematische Arbeiten, die umfangreiche Materialsammlung sowie die einzigartige Kenntnis der untersuchten Pflanzengruppe nicht in dieser Form entstehen können. Allen Mitgliedern der Arbeitgruppe Systematik und Morphologie der Pflanzen möchte ich für das gute Arbeitsklima und die ständige Hilfs- und Diskussionsbereitschaft bedanken. Ich bedanke mich besonders bei Irene Diebel, Maria Maier-Stolte und Christine Frohmut. Gudrun und Martina danke ich für schöne Jahre der Zusammenarbeit am Beginn unserer Unternehmungen. Ich danke auch allen, die mit mir in Kassel als Praktikanten und Diplomanden zusammengearbeitet haben, insbesondere Susanne Möller für die schöne Diplomarbeit und eine stets nette Zusammenarbeit.

Maria Lomonosova aus Novosibirsk danke ich für die unermüdliche Unterstützung mit der Zähigkeit einer echten Sibirierin, ein ganz besonderer Dank für die wunderschöne Exkursion zu den Steppen Südsibiriens und an den unvergleichlichen Baikal!

Gudrun Kadereit, Erik Westberg und Doris Franke von der Universität Mainz danke ich für fachliche Hilfestellungen, für die Überlassung von Pflanzen und für die Anfertigung wichtiger Zeichnungen.

Frank Blattner aus Gatersleben und Prof. Dr. E. Jäger aus Halle danke ich für prägende Erlebnisse und Erfahrungen während meiner Studentenzeit in Halle.

Eine Arbeit wie die vorliegende ist das Ergebnis eines sehr langen Prozesses, der schon in der Kindheit mit der Freude und Begeisterung für die umgebende Natur begann. Ich danke hier noch einmal meinem Großvater Theodor Schütze, der in dem etwa 13jährigen das Interesse für die Botanik entdeckte und mir Wagner’s „Deutsche Flora“ vererbte, mit welcher er selbst gut 70 Jahre zuvor den Zugang zur Botanik fand. Damit wurden die ersten Pflanzen bestimmt!

Ich danke weiterhin meinen Eltern, meiner Schwester Annette, Julia und meinen beiden Kindern Johannes und Josephine für so viele Dinge, dass der Platz zum Aufzählen gar nicht ausreichen würde.

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Selbständigkeitserklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Dissertation selbständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt und andere als die in der Dissertation angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten oder unveröffentlichten Schriften entnommen sind, habe ich als solche kenntlich gemacht. Kein Teil dieser Arbeit ist in einem anderen Promotions- oder Habilitationsverfahren verwendet worden.

Halle, im November 2008 ...... Peter Schütze

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