Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-

Kulturlandschaften

Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Impressum Übersetzungen Englisch: Herausgeber Sprachagentur Uta Ritschel Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung [email protected] Henning-von-Tresckow-Straße 2-8 14467 Potsdam Polnisch: www.mir.brandenburg.de Alltext Fremdsprachendienst E.-M. Steiger Senatsverwaltung für Stadtentwicklung [email protected] Württembergische Straße 6 10707 Berlin Gestaltung www.stadtentwicklung.berlin.de/planen MedienDesignBÜRO Christian Vahldiek Verantwortlich Zietenstraße 25a Gemeinsame Landesplanungsabteilung 10783 Berlin der Länder Berlin und Brandenburg, GL 4 www.mediendesignbuero.de Lindenstraße 34a 14467 Potsdam Druck http://gl.berlin-brandenburg.de Brandenburgische Universitätsdruckerei Karl-Liebknecht-Straße 24-25 Bezugsmöglichkeit 14476 Potsdam Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung Referat 10 – Koordination, Kommunikation, 1. Auflage, Internationales – 5.000 Exemplare Henning-von-Tresckow-Straße 2-8 Potsdam, September 2007 14467 Potsdam [email protected] Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffent- lichkeitsarbeit des Ministeriums für Infrastruktur Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Raumordnung des Landes Brandenburg Info-Center und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Am Köllnischen Park 3 des Landes Berlin von der Gemeinsamen Lan- 10173 Berlin desplanungsabteilung herausgegeben. [email protected] Sie darf weder von Parteien noch von Wahl- Bearbeitung und Redaktion werbern zum Zwecke der Wahlwerbung Leibniz-Institut für Regionalentwicklung verwendet werden. Untersagt ist gleichfalls und Strukturplanung (IRS) die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Flakenstraße 28-31 Wahlwerbung. 15537 Andreas Röhring (Projektleitung), Ludger Gailing, Andreas Vetter www.irs-net.de auf der Grundlage des Gutachtens „Kulturland- schaften in Berlin und Brandenburg – Kriterien und Vorschläge zur räumlichen Abgrenzung“, Dezember 2006

Das Gutachten ist erhältlich im Referat GL 4 [email protected] Inhalt

Bildnachweis 3 Vorwort Titel Kloster Chorin: BLDAM, Bildarchiv, Dieter Möller; Bodemuseum: Land Berlin/Thie; 4 Kulturlandschaft – eine kurze Einführung S. 4 Luftbild Semlin: Regionale Planungsstelle Havelland-Fläming, Teltow; Luftbild Berlin: 6 Historische Bezugspunkte Berlin Partner/FTB-Werbefotografie; S. 5 Branitz: Marcel Schulz, Bildarchiv Stiftung 8 Kulturlandschaftswandel – aktuelle und Fürst-Pückler-Museum Park und Schloß zukünftige Herausforderungen Branitz; S. 6 Albrecht der Bär: Archiv des Stadt- geschichtlichen Museums Spandau; Neuzelle: 12 Vielfalt der Kulturlandschaften – eine Stärke Stiftung Stift Neuzelle; S. 8 Jänschwalde: von Berlin und Brandenburg Vattenfall Europe; Allee: Hirsch/TMB-Fotoar- chiv; Sonnenblumen: Pressestelle Landkreis 14 Kulturlandschaften als Handlungsräume Potsdam Mittelmark; Berlin: Senatsverwaltung vielfältiger Akteure für Stadtentwicklung Berlin; S. 9 Niederlausitz: Archiv Naturpark Niederlausitzer Heideland- 18 Netzwerke und Projekte schaft; S. 10 Meuro: Peter Radke, LMBV; Geesow: SBU Photovoltaik GmbH; Computer- 20 Regionalkulturelle Initiativen simulation: ARGE hochC Landschaftsarchi- tektur/Horst Schumacher/Lenné3D; S. 11 22 Touristische Routen Schlieben: Dr. Eberhard Brüchner; S. 12 Gendarmenmarkt: Berlin Partner/FTB-Werbe- 23 Kulturlandschaftsgestaltung als neues Thema fotografie; Störche: Boettcher/TMB-Fotoarchiv; der Raumordnung Storkow: Tourismus Storkow (Mark); S. 13 Marzahn: Grün Berlin Park und Garten GmbH; Uckermark: Suckow/FVV Uckermark/TMB- Fotoarchiv; Kleingarten: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin; Spreewald: Touris- musverband Spreewald e.V.; Luckau: Stadt Luckau (MaLe); S. 15 Luftbild Pritzerbe: Regio- nale Planungsstelle Havelland-Fläming, Teltow; Gemüse: Spreewaldverein e.V., Lübben; S. 16 Streuobst: Uwe Albrecht, Naturwacht Branden- burg im Naturpark Niederlausitzer Heideland- schaft; S. 17 Wassertourismus: Kuhnle-Tours/ TMB-Fotoarchiv; Fläming-Skate: Flaeming- Skate GmbH; Havelbadetag: Norbert Löhn, Förderverein Mittlere Havel e.V.; S. 18 Schwim- mendes Haus: Wolfgang Wittchen; Biotürme: Armin Hermann; S. 19 Südgelände: Andreas Langer; S. 20 Schlössernacht: Gripinski/ TMB-Fotoarchiv; Sängerfest: Sängerfestverein/ Gieritz; S. 21 Wünsdorf: Bücherstadt Wünsdorf; S. 22 Mildenberg: Ziegeleipark Mildenberg/ TMB-Fotoarchiv; Schiffshebewerk: WITO Barnim/Prokopy; Draisine: © Erlebnisbahn Zossen-Jüterbog; Oranienburg: TMB-Fotoar- chiv; S. 23 Sanssouci: Dr. Manfred Kühn; HOT: Martin Schmidt-Roßleben/Landeshauptstadt Potsdam alle hier nicht aufgeführten Fotos: IRS

Vorwort

Berlin und Brandenburg haben sich mit ihrem Das neue Leitbild der Bundesraumordnung neuen Leitbild für die Hauptstadtregion auf eine „Ressourcen bewahren und Kulturlandschaft Politik der Stärkung der Stärken verständigt. gestalten“ öffnet den Blick für Kulturlandschaften Eine dieser Stärken ist die Vielgestaltigkeit ihrer als Handlungsräume. Dieser Ansatz, der nicht Kulturlandschaften. Die Prignitz, das Ruppiner nur auf den Schutz bewahrenswerter Elemente, Land, die Uckermark, das Havelland, das - sondern gerade auch auf die ganzheitliche qua- bruch, der Barnim, das Lebuser Land, der Flä- litative Entwicklung der Kulturlandschaften ming, die Niederlausitz, das Elbe-Elster-Land, abzielt, wird in den Entwürfen des neuen Landes- die Berliner Stadtlandschaft sowie ihre jeweiligen entwicklungsprogramms (LEPro 2007) und des charakteristischen Teilräume sind durch typische neuen Landesentwicklungsplans Berlin-Branden- Landschaftsbilder, Traditionen und Produkte burg (LEP B-B) aufgegriffen. Dabei wird durch charakterisiert. die Landesplanung ein Rahmen vorgegeben, der auf regionaler und lokaler Ebene ausgefüllt Zu dieser Vielfalt gehören nicht nur die histori- werden muss. schen Städte und Dörfer, die märkischen Wälder, Felder und Seen, sondern auch die unterschiedli- In Berlin und Brandenburg gibt es zahlreiche chen Stadtquartiere, die Spuren des Braunkohle- Beispiele, wie durch integrierte Entwicklungs- bergbaus, die ehemaligen Militärstandorte und konzepte, Kooperationen und Netzwerke, kreative die neuen Energielandschaften. Es gehört zum Ideen und bürgerschaftliches Engagement eine Wesen der Kulturlandschaften, dass alt und neu nachhaltige Entwicklung in kulturlandschaftlichen eng miteinander verwoben sind und dass sie Handlungsräumen vorangetrieben wird. Gerade sozial und ökonomisch tragfähig sein müssen. angesichts der Herausforderungen der demo- graphischen Entwicklung, des Klimawandels und Für die nachhaltige Gestaltung der historischen der Energiewende sollen diese Beispiele dazu wie der neuen Kulturlandschaften in all ihren anregen, auch in anderen Regionen eine aktive regionalen Dimensionen und Spielarten sind die Gestaltung der Kulturlandschaften als Chance Menschen von entscheidender Bedeutung, denn für eine integrierte regionale Entwicklung wirk- Kulturlandschaften entstehen durch ihr Handeln sam werden zu lassen. und ihr Engagement. Jeder Einzelne kann als Bewohner, Landnutzer, Investor oder Tourist durch sein Handeln zur Erhaltung, Aufwertung und Weiterentwicklung der jeweiligen Qualitäten beitragen und daraus einen Nutzen ziehen – durch wirtschaftliche Wertschöpfung und eine hohe Lebensqualität.

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 3 Kulturlandschaft – eine kurze Einführung

Kulturlandschaften sind Zeugen geschichtlicher Kulturlandschaften erschließen sich über Wahr- Entwicklungen, bilden aber ebenso die aktuellen nehmungs- und Identifikationsprozesse der in Einflüsse auf die Landschaft ab. Deshalb sind ihnen lebenden Bevölkerung. Sie vermitteln Ver- nicht nur Räume mit besonderen historischen, trautheit und führen – gerade in Zeiten der Glo- natürlichen oder ästhetischen Qualitäten Kultur- balisierung – zu einer regionalen Verankerung. landschaften. Vielmehr können alle durch men- Der Wohn- und Erholungswert, die Ausstattung schliches Handeln veränderten Landschaften, mit imagestiftenden Landschaftselementen, aber also auch die Alltagslandschaften der subur- auch gesellschaftliche Netzwerke, die sich dem banen Räume, der intensiv genutzten Agrarland- Schutz oder der Entwicklung einer Kulturland- schaften oder der Industrie- und Tagebaufolge- schaft widmen, zeugen von ihrer sozialen und landschaften als Kulturlandschaften aufgefasst kulturellen Bedeutung. werden. Positive Kulturlandschaftsimages können als weiche Standortfaktoren die Attraktivität einer Region für Unternehmen stärken. Die Etablierung von Regionalmarken und touristischen Netzwer- ken, die Vermarktung regionaler Produkte sowie regionale handwerkliche und gewerbliche Tradi- tionen verbessern die Möglichkeiten wirtschaftli- cher Wertschöpfung. Die Alleinstellungsmerk- male einer Kulturlandschaft fördern die positive Verbundenheit mit der jeweiligen Region und führen zugleich zu Wettbewerbsvorteilen.

Das Verständnis von Kulturlandschaft ist nicht einheitlich und unterliegt einer historischen Nicht nur ländliche Räume sind Kulturland- Entwicklung. Entscheidend für die Herausbildung schaften, … des traditionellen Landschaftsverständnisses ist die im 16. Jh. mit der Landschaftsmalerei aufge- Kulturlandschaften entstehen eher „nebenbei“ kommene Verwendung des Begriffes für einen durch das von gesellschaftlichen Rahmenbedin- sinnlich wahrnehmbaren und unter einem ästhe- gungen und individuellen Zielstellungen geleitete tischen Blickwinkel betrachteten Raum. Diese Handeln von Landnutzern, Konsumenten oder Landschaftsidee war Ursprung für die Entstehung Bewohnern. Eine gezielte Entwicklung der Kultur- der Landschaftsparks. landschaft kann daher nur begrenzt über formelle Planungsinstrumente erfolgen.

Auch wenn heute die gesamte Landschaft in Mit- teleuropa Kulturlandschaft ist, unterscheiden sich die einzelnen Kulturlandschaften durch besonde- re Qualitäten und Eigenarten. Sie werden durch die jeweiligen natürlichen Voraussetzungen und aktuellen Landnutzungen, typische Produkte, das historische Erbe und Traditionen geprägt.

… sondern auch Städte und die Stadtlandschaft Berlin

4 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Durch die Entwässerung und Besiedelung der Havelländischen Luchgebiete und des Oder- bruchs (im Bild) im 18. Jh. sowie die Wasser- regulierungsmaßnahmen im Spreewald sind charakteristische Landschaften mit einer starken kulturhistorischen Prägung entstanden

Historische Parks und Gärten wie der Fürst- Der heutige Kulturlandschaftsbegriff in Wissen- Pückler-Park Branitz sind ästhetisch gestaltete schaft und räumlicher Planung ist offener gefasst. Kulturlandschaften Kulturlandschaft wird – mit Unterschieden im Detail – als gemeinsamer Bezugspunkt für Land- Parallel dazu entwickelte sich die Idee der „Lan- und Forstwirtschaft, Tourismus- und regionale deskultur“, nach der die Kultivierung der Land- Wirtschaftsentwicklung, Denkmalpflege, Natur- schaft zugunsten von Produktivität und Fruchtbar- schutz sowie Stadt- und Dorfent- keit verwirklicht werden sollte. Mit diesem Ziel wicklung interpretiert. Kulturland- wurden Flussniederungen entwässert und Moore schaften vereinen vielfältige Interes- trocken gelegt. Diese agrarisch geprägte Pro- sen, städtische und ländliche Räume duktionslandschaft erreichte mit der Intensiv- sowie Ansätze der Bewahrung und landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jh. der Entwicklung. Kulturlandschaften ihren vorläufigen Höhepunkt. dürfen nicht als Idyllen verklärt wer- den, sondern müssen einen Beitrag 3 Europäisches Raumentwicklungskonzept für eine zukunftsorientierte, auch sozioökonomisch erfolgreiche Regio- „Die Kulturlandschaften tragen durch ihre nalentwicklung leisten. Eigenart zur lokalen und regionalen Identität bei und spiegeln die Geschichte und das Zusammenspiel von Mensch und Natur wider. Sie sind deshalb beispielsweise als touristi- Kulturlandschafts- sche Anziehungspunkte von beträchtlichem gestaltung kann Wert“ (Europäische Kommission 1999: 35f.). zur Verbesserung der Zukunftsperspek- tiven einer Region beitragen

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 5 Historische Bezugspunkte

Der Vielfalt der Kulturlandschaften liegen Ein- flüsse der historischen Entwicklung zugrunde. Viele historische Regionsbegriffe sowie kultur- historisch bedeutsame Klöster, Kirchen, Burgen und Schlösser sind heute Marken des Tourismus und emotionale Ankerpunkte für Einheimische und Zugezogene.

Mit der Entstehung der Mark Brandenburg im Rahmen der deutschen Ostexpansion im 12. Jh. bildeten sich weltliche und geistliche Territorien zur Sicherung der jeweiligen Macht heraus. Die Zitadelle Spandau ist eine der besterhaltenen Diese Territorien und die damit verbundenen Renaissancefestungen Europas und ein interes- Landschaftsbezeichnungen haben sich im santer Veranstaltungsort in Berlin Verlaufe der Jahrhunderte unter wechselnden Herrschaftsverhältnissen weiterentwickelt und Neben den weltlichen Territorien hatten sich gewandelt. Dennoch können sie als Keimzellen Bistümer zur Absicherung der geistlichen Macht, der heutigen regionalen Strukturen in Berlin darunter das Bistum Lebus, gebildet. Darauf be- und Brandenburg gesehen werden. zieht sich die heutige Initiative zur Neuformierung Albrecht der Bär der Kulturlandschaft Lebuser Land, die 2003/ war der erste Das Gebiet zwischen Elbe und Oder war der 2004 von der Naturfreunde Internationale als Markgraf von Kern der Mark Brandenburg. Im 12./13. Jh. „Landschaft des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Brandenburg kamen große Teile der Uckermark und der Prig- nitz sowie zeitweise der Niederlausitz hinzu. Im Die Niederlausitz gehörte seit der Mitte des 13. Jh. entstand auch die erst seit 1524 zur Mark 14. Jh. als relativ selbstständiges Markgrafentum Brandenburg gehörende Grafschaft Ruppin. Sie zum böhmischen und seit 1635 zum sächsischen ist die historische Wurzel des Ruppiner Landes. Herrschaftsbereich. Durch die preußische Ver- waltungsreform 1815 sind die Niederlausitz und der Fläming in die preußische Provinz Branden- burg integriert worden. Mit der Kreisgebietsre- form 1952 wurden die Länder aufgelöst und Brandenburg in die Bezirke Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus aufgeteilt. 1990 erfolgte die Neugründung des Landes Brandenburg.

Zisterzienserklöster, Burgen und Kirchen sowie Schlösser und Herrenhäuser sind bis in die heutige Zeit für die berlin-brandenburgische Kulturlandschaft prägend. Lehnin, Neuzelle, Chorin und Zinna sind ebenso zu neuen Kristalli- sationspunkten für das kulturelle Leben gewor- den wie die Zitadelle Spandau. Die Burgen in Das Zisterzienserkloster Neuzelle ist nicht nur Ziesar, Belzig (Eisenhart) und Raben (Raben- ein historisches Baudenkmal und kulturelles stein) gehören heute zu den Sehenswürdigkeiten Zentrum, sondern durch seine Brautraditionen im Hohen Fläming. ein regionaler Wirtschaftsfaktor

6 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Grafik: IRS Historische Entwicklung des Gebietes der heutigen Länder Berlin und Brandenburg seit dem 15. Jh. (vereinfachte Darstellung auf der Grundlage des „Historischen Handatlas für Brandenburg und Berlin“)

Von wesentlicher Bedeutung für die historische Neben Potsdam als Residenzstadt sind auch Entwicklung sind die Städte. Berlin übt seit dem alle anderen brandenburgischen Städte und Dör- 15. Jh. Residenz- und Hauptstadtfunktionen aus. fer bedeutend für Identität und Image der jeweili- Im 19. Jh. hat es sich durch seine wachsende gen Kulturlandschaft. Seit der Wiedervereinigung Bedeutung als Kultur- und Wirtschaftsstandort bilden die Länder Berlin und Brandenburg wieder zum metropolitanen Kern der Region entwickelt. eine gemeinsame Metropolregion.

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 7 Kulturlandschaftswandel – aktuelle und zukünftige Herausforderungen

Blühende Kulturlandschaften durch Sonnen- blumenanbau

Historischer Stadtkern mit planmäßigem Stadtgrundriss in Gransee

Um mit kreativen und innovativen Ideen die Er- haltung der Vielfalt und den Wandel der Kultur- landschaften zum Nutzen für die jeweilige Region zu gestalten, sind regional spezifische Anpas- Der Tiergarten und die City Ost in Berlin – sungsstrategien erforderlich. Die Erhaltung histo- Kontraste einer grünen Stadtlandschaft risch bedeutsamer Kulturlandschaften ist ebenso eine Herausforderung wie die Bewältigung des Brandenburg wurde oft als „Streusandbüchse“ Landnutzungswandels, des demographischen bezeichnet. Bei näherer Betrachtung ergibt sich Wandels und des Klimawandels. jedoch ein differenziertes und kontrastreiches Bild. In der eiszeitlich geprägten märkischen Vielfalt an Landnutzungs- und Siedlungs- Landschaft mit ihren zahlreichen Gewässern ent- strukturen standen durch menschliche Nutzung Wälder und Industrieland- „Wer in der Mark reisen will, der muss zunächst Felder, Straßen und Alleen, Städte und Dörfer, schaft des Liebe zu Land und Leuten mitbringen. Bergbau und Industrie. Die über Jahrhunderte Kraftwerks Er muss den guten Willen haben, das Gute zu gewachsenen Brandenburger Klein- und Mittel- Jänschwalde finden anstatt es durch krittliche Vergleiche tot städte mit zumeist alten Stadtrechten bilden heu- zu machen.“ (Theodor Fontane, Wanderungen te die Ankerstädte in der Kulturlandschaft. durch die Mark Brandenburg, 1880) Die Metropole Berlin hat sich durch Zusammen- schlüsse von ehemals selbstständigen Städten und Dörfern zu einer polyzentralen Stadtland- schaft entwickelt. Große und kleine Parkanlagen, Wälder sowie zahlreiche Flüsse, Kanäle und Seen stehen ebenso für das Mosaik der Berliner Stadtlandschaft wie Regierungs- und Geschäfts- viertel, gründerzeitliche Altbauquartiere, Groß- wohnsiedlungen und Gartenstädte am Stadtrand. Als eine besondere Stärke Berlins ist die kulturel- le Vielfalt und das Engagement ihrer Bewohner hervorzuheben. Alleen als charakteristische Bestandteile der Brandenburger Kulturlandschaft

8 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Historische Kulturlandschaften 3 Historische Kulturlandschaft Einige Kulturlandschaften zeichnen sich durch ein schützenswertes kulturelles Erbe „Die historische Kulturlandschaft ist ein Aus- aus. Dazu gehören nicht nur Denkmalland- schnitt aus der aktuellen Kulturlandschaft, schaften wie die in das UNESCO-Welterbe der durch historische, archäologische, kunst- aufgenommenen Schlösser und Parks von historische oder kulturhistorische Elemente Potsdam und Berlin. Historisch bedeutsame und Strukturen geprägt wird.“ (Auszug aus der Kulturlandschaften sind auch durch besondere Definition der Kultusministerkonferenz 2007) Bewirtschaftungsformen und Traditionen geprägte Räume wie das Oderbruch oder der Spreewald. Ehemals militärisch, bergbaulich oder industriell geprägte Kulturlandschaften Durch ihr positives Image sind diese Kultur- Durch die mit der Wiedervereinigung ausge- landschaften nicht nur interessante touristi- löste Aufgabe von Industrie- und Militärstand- sche Anziehungspunkte, sondern bieten orten sowie die Reduzierung des Braunkohle- Entwicklungschancen für die regionale Wirt- bergbaus sind zahlreiche Kulturlandschaften schaft. Deshalb ist es erforderlich, kreative seit den 1990er Jahren durch einen erheb- Ideen zur Erhaltung der prägenden Land- lichen Flächennutzungswandel geprägt. schaftselemente und -strukturen, der histo- rischen Bausubstanz in Stadt- und Dorfkernen Ehemalige Militärstandorte mit Truppenübungs- sowie von Traditionen und Bewirtschaftungs- plätzen, Kasernen und Flugplätzen sind ins- formen zu entwickeln. besondere zwischen Jüterbog und Wünsdorf, Die Bewahrung bei Fürstenberg und Neuruppin sowie im Be- historischer Dorf- reich der Döberitzer und der Lieberoser Heide und Hofstrukturen prägend. ist ein Gewinn für die Kulturland- schaft und zu- gleich eine Her- ausforderung für Gemeinden und Eigentümer; hierfür engagiert sich der Verein „Hofgesellschaft“ im Oderbruch

Ehemalige Truppenübungsplätze haben sich zu Refugien der Natur entwickelt – der frühere Truppen- übungsplatz Hohenleipisch ist heute Kern des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft; ein Problem stellt vielfach die hohe Belastung mit Munition und Altlasten dar

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 9 Braunkohletagebaue und damit verbundene Standorte der Energieerzeugung und der Braun- kohleverarbeitung konzentrieren sich in der Lau- sitz und erstrecken sich über die Brandenburger Landesgrenze hinaus nach Sachsen.

Die Gestaltung des Kulturlandschaftswandels ist nicht nur von der Eignung dieser vielfältigen Hinterlassenschaften von Militär, Bergbau und Industrie für eine Nachnutzung, sondern insbe- sondere von der Initiative kommunaler, privatwirt- schaftlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure abhängig, die kreative Ideen entwickeln und Mit der Zunahme der flächenintensiven umsetzen. Erzeugung regenerativer Energien ist eine Überformung der Landschaft verbunden; Photovoltaikanlage in Geesow

Die Gestaltung und landschaftliche Einbindung dieser neuen Nutzungen stellen aktuelle Heraus- forderungen dar und sollten als Chance für die künftige Kulturlandschaftsentwicklung aufgefasst werden. Entsprechende Anpassungsstrategien für einen adäquaten Umgang mit veränderten Rahmenbedingungen sollten in Zusammenarbeit zwischen den Bewohnern, den Betreibern und den politisch Verantwortlichen entwickelt werden. So zielt die Initiative Barum 111 auf die Profilie- rung der Region Barnim-Uckermark als Kompe- tenzregion für die Nutzung erneuerbarer Ener- gien. Um die kulturlandschaftlichen Besonder- Der Tagebau Meuro hat eine devastierte Land- heiten zu bewahren und zugleich eine Weiter- schaft und ein gewaltiges Restloch hinterlassen; entwicklung zu ermöglichen, sind Ideen gefragt bis 2018 entsteht hier der Ilse-See als Teil des und müssen Kompromisse gefunden werden. zukünftigen Lausitzer Seenlandes

Strukturwandel der Energieerzeugung Angesichts der Abnahme der Vorräte nicht erneu- erbarer fossiler Energieträger und als Reaktion auf den Klimawandel wird seit einigen Jahren ein forcierter Wandel des Energiesystems hin zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen verfolgt. Dieser Wandel wird auch in der Kulturlandschaft sichtbar. Windkraftanlagen, die zunehmende Installation von Photovoltaik-Freiflächenanlagen sowie der Anbau von Energiepflanzen verändern das Landschaftsbild.

Agroforstsysteme zur Erzeugung von Energie- pflanzen (Computersimulation)

10 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Demographischer Wandel Klimawandel Große Teile wiesen bereits seit Zunehmende Temperaturen und sinkende Nie- den 1980er Jahren Tendenzen eines Bevölke- derschläge werden als Folge des globalen Klima- rungsrückgangs und einer Veränderung der wandels für Berlin und Brandenburg prognosti- Altersstruktur auf. Dieser demographische Ent- ziert. Gleichzeitig sollen Starkregenereignisse wicklungstrend wird sich in den nächsten Jahr- und Trockenperioden zunehmen. Damit werden zehnten fortsetzen und mit Verzögerung auch insgesamt Veränderungen der Artenzusammen- Berlin und sein Umland erreichen. setzung von Flora und Fauna, eine abnehmende Grundwasserneubildung und zugleich die Gefahr von Hochwasserereignissen in überschwem- mungsgefährdeten Gebieten verbunden sein. Auch die Versalzung von Böden und damit eine Der Klima- Abnahme der Bodenfruchtbarkeit sind nicht aus- wandel birgt zuschließen. Gefahren, wie die Aus- Für jegliche Landnutzungen – insbesondere aber trocknung von für die Land- und Forstwirtschaft – sind damit Flüssen und Anpassungen erforderlich, die in der Kulturland- die Verlandung schaft sichtbar sein werden. Dazu gehören auch von Seen, … die Renaturierung von Flüssen und Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserrückhaltung in der Raumpioniere besetzen Freiräume und füllen sie Landschaft, die als Begleiteffekt zur Erhöhung mit Kreativität – das „Theater am Rand“ in einer der landschaftlichen Vielfalt beitragen können. früheren Gaststätte in Zollbrücke im Oderbruch engagiert sich mit den „Randgesprächen“ auch für die Stärkung der Identität der Region

Für die Kulturlandschaftsentwicklung könnte ein Verlust von Landschaftsnutzern und regionalspe- zifischem Wissen eintreten. Gleichzeitig bieten sich neue Chancen z.B. durch mehr touristische Angebote für Senioren. Abwanderung und Leer- stand in Städten und Dörfern können auch zu kreativen Initiativen anregen. Beispielsweise besiedeln so genannte „Raumpioniere“ leerste- hende historische Bausubstanz in Dörfern oder nutzen innerstädtische Brachen, sei es für Kunst- und Kulturevents, als gemeinschaftlich genutzte Gärten oder als Skaterparks für Jugendliche.

Das HINTERLAND-Projekt der Planungsregion Havelland-Fläming zielt darauf ab, die Risiken der Schrumpfungsprozesse deutlich zu machen und mit innovativen Steuerungsansätzen der Regio- … gleichzeitig bieten sich neue regionale nalentwicklung auf diese Prozesse zu reagieren. Nutzungsoptionen; ein Beispiel ist der Weinanbau, Das erfordert, den Blick auf die vorhandenen der in Schlieben 1992 wiederbelebt wurde Potenziale zu richten und regional spezifische Lösungsansätze zu finden.

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 11 Vielfalt der Kulturlandschaften – eine Stärke von Berlin und Brandenburg

Das Mosaik kulturlandschaftlicher Handlungs- räume mit ihren Ankerstädten ist Ausdruck der gesellschaftlichen und räumlichen Vielfalt. Die Handlungsräume orientieren sich stark an den Aktionsräumen der vielfältigen regionalen Initiativen und Netzwerke. Als Ankerstädte sind Städte mit Stadtrecht in Brandenburg und ehe- mals selbständige Städte in Berlin dargestellt.

Historisches Flair und Urbanität prägen Berlin am Gendarmenmarkt

Linum im Rhinluch und Rühstädt in der Prignitz haben sich als Storchendörfer profiliert; Rühstädt wurde durch Die Baumblüte ist im Frühjahr ein die Stiftung Europäisches Höhepunkt im Havelländischen Naturerbe für sein Obstanbaugebiet um Werder, zu Engagement zum Schutz In Storkow, und Friedland dem jährlich das Baumblütenfest des Weißstorches als werden gemeinsame historische veranstaltet wird „Europäisches Storchen- Anknüpfungspunkte für das kulturelle dorf“ ausgezeichnet Veranstaltungsnetzwerk „Kultur auf den Strele-Burgen“ genutzt

12 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Im Erholungspark Berlin-Marzahn werden nach einem Gesamtkonzept „Gärten der Welt“ ästhetisch gestaltet – im Bild der Orientalische Garten

Die eiszeitliche Prägung der Land- schaft in Berlin und Brandenburg wird in der Uckermark deutlich sichtbar; der Rapsanbau weist auf ihre Entwicklung als alternative Energieregion hin

In Berlin sind ausgedehnte Kleingartenanlagen ein Teil der grünen Stadtlandschaft

Die Erhaltung der typi- schen Spreewaldhäuser und die Pflege hand- werklicher Traditionen bedingen sich gegensei- tig und führen auch zu wirtschaftlicher Wert- schöpfung Grafik: IRS

Brandenburger Kleinstädte wie Luckau mit historischem Stadtkern sind Ankerstädte in der Kulturlandschaft

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 13 Kulturlandschaften als Handlungsräume vielfältiger Akteure

Kulturlandschaften sind in ihrer jeweiligen regio- Regionalparks nalen Ausprägung mehr oder weniger klar ab- Seit 1998 ist der Aufbau von acht Regionalparks gegrenzte Räume, deren Identität und Image ein gemeinsames Planungsziel der Länder Berlin aus Geschichte und Traditionen, typischen Be- und Brandenburg. Als Gegenstrategie zum wirtschaftungsformen oder regionalen Produkten befürchteten „Speckgürtel“ sollen sie einen Bei- resultiert. Durch regionale Initiativen und Netz- trag zur Freiraumsicherung und zur Aufwertung werke, die miteinander kooperieren, werden der stadtnahen Kulturlandschaften leisten. Kulturlandschaften zu Handlungsräumen.

Eine besondere Herausforderung stellt die Zusammenarbeit über Verwaltungsgrenzen dar, insbesondere wenn sie über Landes- oder Staatsgrenzen hinausgeht. Dazu sind Kommuni- kationsplattformen und Steuerungsinstrumente erforderlich.

Großschutzgebiete und Regionalparks sind eben- so wesentliche Anknüpfungspunkte für kultur- landschaftliche Handlungsräume wie LEADER- Regionen, Tourismusregionen, Kulturlandschaf- ten des UNESCO-Welterbes, Städtenetze und Räume regionaler Stadt-Land-Kooperation. Die Wartenberger Feldmark bildet als Berliner Regionalmarken dienen zur Verbesserung der Stadtrandpark im Regionalpark Barnimer Feld- wirtschaftlichen Wertschöpfung in Kulturland- mark den Übergang zwischen Stadt und Land- schaften. Beispiele für etablierte kulturlandschaft- schaft; zur Attraktivität des Barnimer Dörferwegs liche Handlungsräume werden auf den folgenden trägt Landschaftskunst bei Seiten vorgestellt. Mit dem Regionalparkkonzept haben die beiden Länder zunächst nur einen Rahmen vorgegeben. Die Ausgestaltung ist vom Engagement der Berliner Bezirke, der Brandenburger Kommunen und der übrigen Beteiligten vor Ort abhängig. Maßnahmen zur touristischen Erschließung, zur Aufwertung der Kulturlandschaften sowie zur Förderung der regionalen Wirtschaft und Produktvermarktung stehen im Mittelpunkt der Projektentwicklung.

Ein besonders positives Beispiel ist der Regio- nalpark Barnimer Feldmark, der von einem Regionalparkverein in Entwicklungspartnerschaft mit Berliner Vereinen getragen wird. Eine Gele- genheit zur Diskussion der Regionalparkentwick- lung in der Barnimer Feldmark bietet der jährliche Landschaftstag.

Seit 2003 haben sich die unterschiedlichen Regionalparks in Berlin und Brandenburg Regionalparkinstitutionen zu einem Dachverband zusammengeschlossen, um auch zwischen den Parks die Zusammenarbeit zu intensivieren.

14 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Großschutzgebiete Großschutzgebiete wie Naturparke, Biosphären- reservate und Nationalparks haben sich oft auf regionale Initiative zu Handlungsräumen entwickelt. Insbesondere Naturparke und Bio- sphärenreservate sind auf umweltgerechte Landnutzung und Erholung ausgerichtet und tragen somit zum Erhalt der kulturlandschaft- lichen Besonderheiten bei.

Für den Naturpark Hoher Fläming wurde nach- gewiesen, dass über den naturverträglichen Tourismus positive ökonomische Effekte erzielt werden können, so dass dieser zu den wirt- schaftlichen Motoren der Region zählt. Die Ein- richtung eines Kunstwanderweges zwischen Belzig und Wiesenburg ist ein Beitrag zur Profi- lierung des Naturparks unter dem Label „Kunst- Naturparke Land-Fläming“. Biosphärenreservate Nationalparks Im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin wurde durch den Verein Kulturlandschaft Ucker- Großschutzgebiete in Berlin und Brandenburg mark eine Regionalmarke unter dem Motto (unter Verwendung einer Karte des LUA) „Von der Landschaft leben“ etabliert, um die umweltgerechte Herstellung regionaler Produkte Im Biosphärenreservat Spreewald ist der zu fördern. Spreewaldverein Zeichengeber einer regionalen Dachmarke, die sich darüber hinaus auch auf den Wirtschaftsraum Spreewald erstreckt. Das Logo dient dem Verbraucher als Orientie- rungshilfe und fördert die integrierte regionale Entwicklung. Spreewälder Gurken, Spreewälder Meerrettich und das Lausitzer Leinöl sind darüber hinaus durch ein EU- Die Bekanntheit Siegel als geographi- von Spreewälder sche Angabe Produkten und geschützt. Dienstleistungen wird durch eine regionale Dach- marke unterstützt

Die Havelniederung – hier bei Pritzerbe im Naturpark Westhavelland – ist das größte und bedeutendste Feuchtgebiet im Binnenland Mittel- europas; stark ausgebaute und begradigte Abschnitte sollen im Rahmen eines Naturschutz- großprojektes renaturiert werden

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 15 lungsräume gebildet, die teilweise eng mit den Naturparken verzahnt sind. Beispiele dafür sind der Hohe Fläming, das Westhavelland, die Märkische Schweiz, der Spreewald, der Schraden und die Uckermärkischen Seen.

Mit Unterstützung durch die Lokale Aktions- gruppe Oderland hat der Verein LandKunst- Leben auf dem Gelände der ehemaligen Schlossgärtnerei von Steinhöfel unter ästheti- schen und ökologischen Gesichtspunkten einen Die LEADER-Region „Wirtschaftsraum Schraden“ Garten eingerichtet, in den themenbezogene trägt mit Projekten zur Wiederbelebung der Streu- Kunstausstellungen und Veranstaltungen inte- obstregion um Döllingen und Hohenleipisch bei griert werden. Ergänzt wird das Projekt durch Kochkurse unter dem Motto „Kochende Gärten“ Regionen der ländlichen Entwicklung unter Verwendung alter Gemüsesorten und Im Rahmen der Programme der ländlichen Ent- Nutzpflanzen. wicklung wurden insbesondere Erfahrungen mit wirtschaftlicher Wertschöpfung in der Kultur- landschaft gewonnen. Dazu gehören die EU- Gemeinschaftsinitiative LEADER, die Integrierte ländliche Entwicklung (ILE) und der bundesweite Wettbewerb „Regionen aktiv“ mit der Modellregi- on Uckermark-Barnim.

Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative LEADER haben sich durch die Vernetzung regionaler Akteure kulturlandschaftliche Hand-

Die kommunale Arbeitsgemeinschaft „Region Heidekrautbahn“ ist eine Kooperation der Gemeinden entlang der Bahn – Handlungs- schwerpunkt ist die Entwicklung des Nah- erholungstourismus

Interkommunale Kooperationsräume Interkommunale Kooperationsräume und Schwer- punkträume der Kreisentwicklung streben ge- meindeübergreifende Problemlösungen an, viel- fach in Verbindung mit einer touristischen In- Wert-Setzung von Kulturlandschaften.

In der Märkischen S5-Region zwischen Berlin und Strausberg haben sich an dieser S-Bahnlinie gelegene Gemeinden zusammengeschlossen, um die touristische Infrastruktur zu entwickeln und gemeinsam zu vermarkten.

LEADER+ Regionen 2000 bis 2006 in Brandenburg (unter Verwendung einer Karte des MLUV)

16 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Wassertourismusinitiative Nordbrandenburg – ein kommunales Netzwerk hat sich zur Abstimmung und Entwicklung von Maßnahmen der wassertouristischen Infrastruktur gebildet

Mit dem Ziel der Wiederbelebung einer histori- Weitere Initiativen für Handlungsräume schen Wasserstraße schlossen sich Anlieger- Unter der Beteiligung von vier Städten sowie kommunen zu einer Kommunalen Arbeitsge- weiterer Gemeinden und der Euroregionen soll meinschaft Finowkanal zusammen. Durch in der Europäischen Garten-Kultur-Region die Wiederinbetriebnahme des von Zeugnissen Oder-Neiße-Bober eine nachhaltige Siedlungs- der Industriekultur gesäumten Kanals wird die und Raumentwicklung erreicht werden. touristische Infrastruktur der Region entwickelt. Ein Kern der Region sind Guben und Gubin. Durch die Landesgartenschau Eberswalde 2002 wurden industrielle Relikte am Finowkanal Überlagerungen gibt es mit dem GeoPark in einen Landschaftspark integriert. Muskauer Faltenbogen, in dem geologische und geomorphologische Prozesse bewusst Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Zu- gemacht werden. Er wurde durch die „GeoUnion sammenarbeit im Elbetal engagiert sich für eine – Alfred-Wegener-Stiftung“ als Nationaler Geo- Der Förderverein nachhaltige Regionalentwicklung im länderüber- Park zertifiziert und ist auch ein Projekt der IBA Mittlere Havel greifenden Biosphärenreservat Fürst-Pückler-Land. Als Kooperationsvorhaben engagiert sich „Flusslandschaft Elbe“. Die Pro- zwischen dem Land Brandenburg, dem Freistaat für die Etablie- jekte zielen auf die Entwicklung Sachsen und der Wojewodschaft Lubuskie rung der des Tourismus, die Förderung der (Polen) soll daraus ein Europäischer Geopark Mittleren Havel Regionalvermarktung, die Abstim- entwickelt werden. als Identitäts- mung der Regionalplanung und und Handlungs- den Hochwasserschutz. Weitere Initiativen für kulturlandschaftliche Hand- raum – der lungsräume gibt es an der Mittleren Havel, im Havelbadetag Das Fläming-Skate-Projekt hat Baruther Urstromtal, im Bereich der Lieberoser soll die Wahr- dem Gebiet des Niederen Flä- Heide sowie für eine grenzüberschreitende Zu- nehmung der mings und Baruther Urstromtals sammenarbeit im Unteren Odertal. Flusslandschaft ein völlig neues touristisches stärken Image gegeben

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 17 Netzwerke und Projekte

Zahlreiche Aktivitäten in Berlin und Brandenburg stärken die regionale Identität, erzielen positive Effekte für die regionale Wirtschaft und dienen der Gestaltung der Kulturlandschaft. Die ausge- wählten Netzwerke und Projekte stehen für die Vielfalt beispielhafter Vorhaben.

Umgang mit Bergbau- und Industriekultur sowie ehemaligen Militärobjekten Der industrielle Strukturwandel, die Umgestaltung der Tagebaufolgelandschaften sowie die Freiset- zung der ehemaligen Militärobjekte in Berlin und Brandenburg sind nicht nur Herausforderungen für die Planung. Sie haben neue Spielräume für Die Biotürme in Lauchhammer dienten einst der den Umgang mit Relikten historischer Produkti- Reinigung von Kokerei-Abwässern und bilden onsweisen, alternative Projektansätze oder Zwi- heute eine einzigartige Kulisse der Industriekultur schennutzungen eröffnet. Die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst- Pückler-Land widmet sich der Qualifizierung des Umbauprozesses im Lausitzer Braunkohlerevier. Sie wird getragen von einer Projektgesellschaft der Landkreise der Niederlausitz und der kreis- freien Stadt Cottbus. Im Zentrum der IBA-Aktivitä- ten stehen 25 Einzelprojekte, die Kernbestand- teile von acht Landschaftsinseln und einer Euro- painsel sind. Jedes dieser Gebiete wurde unter ein anderes Leitthema gestellt.

Traditionelle wirtschaftliche Nutzungen sind im Museumspark Rüdersdorf erlebbar. Der Abbau von Muschelkalk hat die Landschaft um Rüders- dorf geformt. Die den Rohstoff verarbeitende Zementindustrie hat beeindruckende Bauten hin- terlassen, die heute wichtige Industriedenkmäler sind. Gleichzeitig wird der Kalkabbau in neuen Werksanlagen fortgeführt und prägt damit weiter- hin die Kulturlandschaft.

Das IBA-Projekt „Schwimmende Häuser“ am Gräbendorfer See zeigt Perspektiven für die Neugestaltung der Kulturlandschaft nach dem Braunkohleabbau

Im Museumsdorf Baruther Glashütte wird nach Aufgabe der industriellen Produktion die Glas- machertradition des Ortes aufrechterhalten

18 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Initiativen der agrarischen Landnutzung Eine Reihe von weiteren Projekten und Netz- werken zielt auf die agrarische Landnutzung und ihre Produkte. Der Förderverein Teltower Rübchen engagiert sich für den Anbau und die Vermarktung einer in Vergessenheit geratenen Gemüsesorte.

Neue Perspektiven ergeben sich für den ökologi- schen Landbau in Brandenburg durch die wach- sende Nachfrage nach Bio-Produkten in Berlin. Insbesondere wenn ein ganzheitlicher Ansatz aus ökologischer Produktion, Verarbeitung und Vermarktung verfolgt wird, bieten sich bessere Möglichkeiten für wirtschaftliche Wertschöpfung. Ein Beispiel hierfür ist der Ökohof Kuhhorst im Havelländischen Luch, der außerdem Men- schen mit Behinderung in das Arbeitsleben integriert.

Im Natur-Park Schöneberger Südgelände In Berlin gibt es ebenfalls Initiativen zur agrari- wurden Eisenbahnrelikte in die Parkgestaltung schen Landnutzung, die sich insbesondere auf einbezogen die früheren Dorfkerne beziehen. So hat es sich der Arbeitskreis Gatow zur Aufgabe gemacht, Der Natur-Park Schöneberger Südgelände in den Charakter des Dorfes und der Feldflur zu Berlin befindet sich auf einem Teil des ehemali- erhalten. gen Rangierbahnhofs Tempelhof. Das von der Natur zurückeroberte Bahngelände wurde – nicht zuletzt durch das Engagement von Bürgern und durch privates Sponsoring – zu einem Natur-Park gestaltet. Aus dem Zusammenspiel von verfallen- der Technik, vielfältiger, wilder Natur und einer artifiziellen Gestaltung ist ein Park mit einem besonderen Ambiente entstanden. Zu seinem kulturellen Angebot gehören Ausstellungen, naturkundliche Führungen, Lesungen, Konzerte und Filmvorführungen.

Auch das nördlich gelegene Bahngelände, das so genannte Gleisdreieck, wird derzeit mit intensiver Beteiligung der Anwohner als Park erschlossen. Unter anderem sollen interkulturelle Kulturlandschaft schmeckt – regionale Bio-Produk- Gärten in den Park integriert werden. te werden insbesondere von Berlinern nachgefragt

Ergebnisse und Probleme der zivilen Nach- Unter dem Leitbild LANDschafftARBEIT ent- nutzung von ehemaligen Militärobjekten werden wickelte der „Runde Tisch Biomasse“ in Pankow im Rahmen von Veranstaltungen des Konver- Ideen für ein Nutzungskonzept für den als Denk- sionssommers einer breiten Öffentlichkeit ver- malbereich geschützten Botanischen Volkspark mittelt. in Blankenfelde. Ziel sind lokale Stoffkreisläufe an der Schnittstelle von bebauter Stadt und dem Berlin-Brandenburger Naturpark Barnim.

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 19 Regionalkulturelle Initiativen

Zu einem kulturellen Höhepunkt hat sich die Potsdamer Schlössernacht entwickelt

Den Schwerpunkt des kulturellen Lebens im In Brandenburg finden die Potsdamer Schlös- Raum Berlin-Brandenburg bildet zweifellos die sernacht, das Kammeropernfestival in Rheins- Metropole Berlin mit ihrer vielseitigen Kultur- berg, der Theatersommer in Netzeband oder die szene. Neben Veranstaltungen der Hochkultur, Konzerte in Neuhardenberg großen Zuspruch. wie die lange Nacht der Museen, gibt es eine Das Projekt oper.oder.spree veranstaltet Opern- Fülle von kiezbezogenen und themenspezifi- aufführungen im spätgotischen Kreuzgang des schen Initiativen, an denen viele engagierte Berli- Klosters Neuzelle oder im mittelal- nerinnen und Berliner mitwirken. Dazu gehören terlichen Burghof in Beeskow. die Magistrale-Kulturnacht in der Potsdamer Straße, der Wedding-Day und das Bürgerprojekt Theodor Fontane trug insbeson- Netzwerk für 20 grüne Hauptwege. dere durch seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ viel zur Bekanntheit von Ge- schichte, Land und Leuten Bran- denburgs bei. Die Fontanestadt Neuruppin nutzt die Bekanntheit des Schriftstellers für das Stadt- marketing. Ein weiteres Beispiel für identitätsstiftende Bezüge zu Fontanes Werk ist das Birnbaum- In Finsterwalde wurde Gedicht „Herr von Ribbeck auf die Bekanntheit des Ribbeck im Havelland“, das einen Liedes „Wir sind die Anknüpfungspunkt für Initiativen Sänger von Finster- in Ribbeck bietet. Im Raum walde“ für die Image- Spremberg erschließt der Stritt- bildung als Sänger- Der Karneval der Kulturen ist ein Zeugnis für matter-Verein Orte, in denen der stadt und die Veran- die Entwicklung Berlins als multikulturelle Stadt- Schriftsteller Erwin Strittmatter staltung des Sänger- landschaft seine Kindheit und Jugend ver- festes genutzt brachte.

20 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Der Oderbruchpavillon ist eine virtuelle Land- schaftsausstellung im Internet, die unterschiedli- che Sichtweisen auf die Kulturlandschaft des Oderbruchs vermittelt. Bewohner, Künstler, Unter- nehmer und Wissenschaftler wirken an dem Pro- jekt mit. Die Initiatoren verfolgen vor allem drei Ziele: die Herausbildung identitätsstiftender Kom- munikationsprozesse im Oderbruch, die Unter- stützung von Selbstorganisationsansätzen sowie die Imagebildung des Oderbruchs nach außen. Alte Bunker und alte Bücher wecken das Be- sucherinteresse in der Bücherstadt Wünsdorf Im Oderbruch finden jährlich die Kunst-Loose- auf dem Gelände der ehemaligen Militärstadt Tage statt, die die Beziehungen zwischen der Landschaft und den in den Dörfern und Loose- Vielfach werden historische Bauten und Gärten Gehöften ansässigen Künstlern erlebbar als Kulisse für Veranstaltungen genutzt. machen. Der „Kunstpfad Uckermark“ informiert Durch die Einnahmen kann ihre Instandhaltung als Internet-Plattform über Künstler und Kunst- unterstützt werden. Die Vermittlung und Inszenie- orte in der Region. rung kulturlandschaftlicher Besonderheiten ver- binden die Menschen mit ihrer Region, fördern das kulturelle Leben und aktivieren zu eigenem Engagement.

Kulturland Brandenburg ist eine landesweite Initiative, die unter einem jährlich wechselnden Thema zu kulturellen Aktivitäten aufruft, ausge- wählte Projekte fördert und durch eine starke Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Die Themen der letzten Jahre waren beispielsweise Landschaft und Gärten oder Stationen der Industriekultur. 2007 stand das Thema Wasser im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Für 2008 lautet der Arbeitstitel „Provinz und Metropole – Metropole und Provinz“. Wichtige Ziele von Kulturland Brandenburg sind die Unterstützung und Vernetzung kultureller Pro- jekte sowie die Stärkung der regionalen Identität. Der „Lange Tag der Stadtnatur“ der Stiftung Die Bündelung kultureller und künstlerischer Naturschutz Berlin vermittelt die Vielfalt der Aktivitäten und Veranstaltungen wird im Rahmen Berliner Stadtnatur; im „Wriezener Freiraum des Prignitz-Sommers erfolgreich praktiziert. Labor“ in Friedrichshain wird mit Anwohnern, So kann sich die Region nach außen als Kunst- Schülern, Initiativen und lokalen Unternehmen und Kulturlandschaft positionieren. Das Projekt ein offener urbaner Freiraum entwickelt hat auch dazu beigetragen, die Identität der Region als Kulturraum wiederzufinden.

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 21 Touristische Routen

Viele der bereits vorgestellten Projekte sind in thematische, touristische Touren eingebunden. So ist der Ziegeleipark Mildenberg nur eine der Sehenswürdigkeiten auf der Deutschen Ton- straße, einem Rundkurs, der über die Besonder- heiten der durch den Tonabbau überformten Kulturlandschaft informiert. Die Ferien- und Er- lebnisroute der Märkischen Eiszeitstraße führt durch die eiszeitlich geprägte Landschaft im nordöstlichen Brandenburg.

Für Fahrradtouristen gibt es in Berlin und Bran- denburg zahlreiche themengebundene Routen, Im Ziegeleipark wie die Radtour Rund um Berlin, den 66 Seen- Mildenberg in Wanderweg, den Mauerweg entlang der ehe- der Zehdenicker maligen Berliner Mauer, den Gurkenradweg im Tonstichland- Spreewald, den Fürst-Pückler-Radweg in der Die stillgelegte Eisenbahnstrecke Zossen-Jüter- schaft wird Niederlausitz, die Feldsteinkirchentour im Flä- bog wird, wie auch andere in Brandenburg, als Industriekultur ming oder die Gänsetour in der Prignitz. Sie alle Draisinenbahn touristisch genutzt lebendig nehmen Bezug auf kulturlandschaftliche Allein- stellungsmerkmale der Regionen. Die in den vorhergehenden Abschnitten aufge- führten Beispiele verdeutlichen eindrücklich, dass sich Kulturlandschaften als Handlungs- räume für Projekte mit vielfältigen landschafts- bezogenen Perspektiven und Zielen eignen. Gerade die regionalen Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale sind Anknüpfungs- punkte für regionale Identitäten und unterstrei- chen die Einzigartigkeit der jeweiligen Hand- lungsräume.

Mit dem Ansatz kulturlandschaftlicher Hand- lungsräume ist kein aufwändiger konzeptioneller Neustart für Berlin und Brandenburg verbunden, da auf eine Fülle von bestehenden Aktivi- täten, Netzwerken und Kooperationen zurück- gegriffen werden kann.

Das älteste in Betrieb befindliche Schiffshebe- werk Deutschlands in Niederfinow ist eine Attrak- tion am Oder-Havel-Radweg

Schloss Oranienburg

22 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Kulturlandschaftsgestaltung als neues Thema der Raumordnung

Der Begriff „Kulturlandschaft“ wurde 1998 Diese neue, weitergehende Perspektive kommt erstmals in das Raumordnungsgesetz (ROG) auch im Leitbild „Ressourcen bewahren, Kultur- aufgenommen. Darin wird insbesondere auf landschaften gestalten“ der von der Minister- die Erhaltung gewachsener Kulturlandschaften konferenz für Raumordnung verabschiedeten fokussiert. „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ zum Ausdruck. 3 Raumordnungsgesetz Die Gestaltung von Kulturlandschaft als erleb- bare Eigenart, die der Förderung der Identifika- „Die gewachsenen Kulturlandschaften tion der Bewohner mit ihrem regionalen Umfeld sind in ihren prägenden Merkmalen sowie dient, wird darin als wichtige qualitative Ergän- mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu zung traditioneller Raumentwicklungspolitik erhalten.“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 13 Satz 2 ROG betont. 1998)

Diese wichtige schutzorientierte Perspektive ist aber unterdessen in neuen programmatischen Dokumenten wie dem Europäischen Raument- wicklungskonzept (EUREK) erweitert worden. Darin werden Kulturlandschaften als Potenziale für die regionale Entwicklung angesehen. Im Vordergrund stehen damit nicht nur besondere historische Kulturlandschaftselemente und -strukturen, die aufgrund ihrer hohen Schutz- würdigkeit eine besondere Aufmerksamkeit der Raumordnung erfordern. Kulturlandschaften werden darüber hinaus als Handlungsräume einer aktiven, kooperativen Regionalentwicklung interpretiert. Der Schutz von historischen Kulturlandschaften und 3 Europäisches Raumentwicklungskonzept Einzelelementen allein ist nicht ausreichend, …

Die Kulturlandschaften „tragen zur Identität der unterschiedlichen Regionen bei, und ihre Vielfalt stellt ein wichtiges Element für das kulturelle Erbe der EU dar. Dieses ist aller- dings nicht nur von historischem oder ästheti- schem Wert oder für den Erhalt der biologi- schen Vielfalt wichtig, vielmehr ist es auch in wirtschaftlicher Hinsicht von Interesse.“ (EUREK 1999)

… es kommt auch darauf an, auf die künftige Entwicklung der Kulturlandschaft gestaltend einzuwirken

Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg 23 3 Leitbilder und Handlungsstrategien für Mit den Regional- die Raumentwicklung in Deutschland parks bestehen in Berlin und Branden- Leitbild 3: Ressourcen bewahren, burg Erfahrungen Kulturlandschaften gestalten bei der Entwicklung • „Kulturlandschaft als wichtige qualitative von handlungs- Ergänzung traditioneller Raumentwicklungs- räumlichen An- politik, die auf Raumnutzungskonzepten sätzen der Kultur- basiert, landschaftsent- • Kulturlandschaftsgestaltung als erlebbare wicklung in Stadt- Eigenart, die der Förderung der regionalen Umland-Räumen Identifikation der Bewohner mit ihrem Um- feld dient, Kulturlandschaftsentwicklung wird als aktive Ge- • Integration der Kulturlandschaftsgestaltung staltungsaufgabe verstanden. Sie ermöglicht eine in regionale Entwicklungskonzepte als Bei- Integration von städtischen und ländlichen Per- trag zur Stabilisierung ländlicher wie stadt- spektiven und ist ein Beitrag zur regionalen Struk- naher Räume (Kulturlandschaft als ‚weicher’ turpolitik. Dazu bedarf es lokaler und regionaler Standortfaktor und nachgefragtes Gut, Akteure und ihrer Netzwerke, welche in kultur- Regionalentwicklung durch Landschafts- landschaftlichen Handlungsräumen Visionen und gestaltung), Leitbilder zur identitätsstiftenden Gestaltung von • Förderung des Regionalmanagements und Kulturlandschaften in einem öffentlichen Diskurs regionaler Marketingstrategien“ entwickeln. (BMVBS 2006) 3 Territoriale Agenda der Europäischen Union

Ein solcher entwicklungsorientierter Ansatz soll Neue Herausforderungen: im Rahmen der Landesentwicklungsplanung im Regionale Identitäten stärken, gemeinsamen Planungsraum Berlin-Brandenburg territoriale Vielfalt besser nutzen in innovativer Weise umgesetzt werden. Kultur- „Wir stimmen darin überein, dass den jeweili- landschaften sollen sich als Handlungsräume gen regionalen Identitäten und Potentialen, einer zukunftsfähigen und kooperativen Regional- den Bedürfnissen und vielfältigen Besonder- entwicklung profilieren, die an den regionalen heiten der Regionen, Städte und Dörfer Eigenarten und Stärken anknüpft. Europas in der zukünftigen Politik des territo- rialen Zusammenhalts und anderen Regional- 3 Gemeinsames Landesentwicklungspro- entwicklungspolitiken besondere Bedeutung gramm der Länder Berlin und Brandenburg zukommt.“ (Angenommen am 24./25. Mai 2007 in Leipzig) „Die Kulturlandschaft soll in ihrer Vielfalt er- halten und zur Stärkung der regionalen Iden- tität und Wirtschaftskraft weiterentwickelt Die Umsetzung der Visionen und Leitbilder soll werden. Metropole, Städte und Dörfer sind im Rahmen einer kooperativen und fachübergrei- wichtige Elemente der Kulturlandschaft. Histo- fenden Zusammenarbeit der Akteure über regio- risch bedeutsame Kulturlandschaften sollen nale Entwicklungskonzepte gelingen. Dazu ist bewahrt und entwickelt werden.“ (§ 4 Abs. 1 die Unterstützung durch Regionalmanagement- Entwurf LEPro 2007) ansätze und regionale Marketingstrategien erfor- derlich. Regionale und lokale Initiativen sollten dabei einbezogen werden, wie z.B. Heimat- und Geschichtsvereine, Künstlerinitiativen, Netzwerke von Museen und technischen Denkmalen sowie Kooperationen von Landbewirtschaftern, Natur- schützern und Anbietern regionaler Produkte und Dienstleistungen.

24 Kulturlandschaften Chancen für die regionale Entwicklung in Berlin und Brandenburg Summary Streszczenie Cultural landscapes are increasingly understood Krajobrazy kulturowe pojmowane sà coraz not merely as something to be protected, but also bardziej nie tylko jako dobro chronione, ale as force to promote regional development. This jako regionalny potencja∏ rozwoju. Ten sposób strategic understanding of cultural landscapes is postrzegania uwidacznia si´ równie˝ w nowych reflected in the new state development plan for planach rozwoju przestrzennego w Berlinie Berlin and Brandenburg. The plan proposes to i Brandenburgii. Proponuje si´ rozpatrywanie consider cultural landscapes as action arenas for i aktywnego kszta∏towania krajobrazów cooperative regional development and to actively kulturowych jako przestrzeni kooperatywnego shape these arenas. This requires the commit- rozwoju regionalnego. W tym celu wymagane ment of numerous actors within the regions. jest zaanga˝owanie ró˝norodnych podmiotów w regionach. Cultural landscapes involve cities and villages and integrate objectives orientated on preserva- Krajobrazy kulturowe obejmujà miasta i wsie tion and development. They possess historical integrujàc cele zachowania i rozwoju. Krajobrazy roots and for centuries have been influenced by kulturowe majà historyczne korzenie i przez human activity. This is very visible in the cultural wieki podlega∏y wp∏ywowi dzia∏alnoÊci cz∏owieka. diversity of the regions, as well as in the land- Jest to widoczne w ró˝norodnoÊci kulturowo- use and settlement structures. regionalnej oraz strukturach przestrzennych i osadniczych. Current and future challenges connected with the transformation of cultural landscapes include Obecne i przysz∏e wyzwania w procesie zmian coping with landscapes formerly used for military, krajobrazu kulturowego to post´powanie z mining or industrial purposes, with the structural krajobrazami kulturowymi wykorzystywanymi change of energy production, demographic wczeÊniej militarnie, górniczo oraz przemys∏owo, change and climate change. zmiana struktury energetyki, zmiany demo- graficzne oraz zmiany klimatu. The diversity of its cultural landscapes is an asset of the joint planning region of Berlin- Ró˝norodnoÊç krajobrazów kulturowych jest Brandenburg. Tapping this resource, however, mocnà stronà wspólnego obszaru planistycznego requires specific solutions and approaches that Berlina-Brandenburgii. Wymaga ona jednak can be found and implemented most effectively specyficznych rozwiàzaƒ, które najefektywniej at the regional level. To this end, Berlin and mogà byç formu∏owane i realizowane na Brandenburg have acquired valuable experiences szczeblu regionalnym. W tym zakresie Berlin in the recent past with their regional parks, i Brandenburgia majà ju˝ ró˝norodne large-scale reserves, regions of rural develop- doÊwiadczenia w formie parków regionalnych, ment, inter-municipal spaces of cooperation as wielkopowierzchniowych terenów ochrony, well as networks and projects. regionów rozwoju terenów wiejskich, mi´ dzygminnych obszarów kooperacji oraz sieci i projektów. Kulturlandschaften werden zunehmend nicht nur als Schutzgut, sondern als regionales Entwicklungspotenzial aufgefasst. Diese Sichtweise wird auch in der neuen Landesentwicklungsplanung für Berlin und Brandenburg deutlich. Es wird vorgeschlagen, Kulturlandschaften als Handlungsräume einer kooperativen Regionalentwicklung zu betrachten und aktiv zu gestalten. Dazu bedarf es des Engagements vielfältiger Akteure in den Regionen.

Kulturlandschaften beziehen Städte und Dörfer ein und integrieren Ziele der Bewahrung und Entwicklung. Sie haben historische Wurzeln und wurden über Jahrhunderte durch das Handeln des Menschen beeinflusst. Das wird in der regionalkulturellen Vielfalt sowie in den Landnutzungs- und Siedlungsstrukturen sichtbar.

Gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen des Kulturlandschafts- wandels sind der Umgang mit den ehemals militärisch, bergbaulich oder industriell genutzten Kulturlandschaften, der Strukturwandel der Energieerzeugung, der demographische Wandel und der Klimawandel.

Die Vielfalt der Kulturlandschaften ist eine Stärke des gemeinsamen Planungs- raumes Berlin-Brandenburg. Sie erfordert jedoch spezifische Lösungsansätze, die am effektivsten auf regionaler Ebene gefunden und umgesetzt werden können. Dazu liegen in Berlin und Brandenburg bereits vielfältige Erfahrungen mit Regionalparks, Großschutzgebieten, Regionen der ländlichen Entwicklung, interkommunalen Kooperationsräumen sowie Netzwerken und Projekten vor.