Frau Dr. Barbara Aehnlich auch Gelegenheit hatten, das Flurnamenarchiv der FSU Jena und das Archiv des Thüringischen Wörterbuchs zu besichtigen. Prof. Dr. Eck- HEIMATBUND THÜRINGEN hard Meineke begrüßte als „Hausherr“ die Teilnehmer des Seminars gemeinsam mit Barbara Umann vom Heimatbund Thüringen e. V., die später die digitalen Möglich- keiten der Erfassung und Recherche vorstellte. Durch das Flurnamenarchiv führten Flurnamen-Report 2/2014 Dr. Barbara Aehnlich und Elisabeth Witzenhausen; Dr. Susanne Wiegand gab einen (Mitteilungen zum Projekt „Flurnamen und Regionalgeschichte“) Einblick in die Bestände des Archivs des Thüringischen Wörterbuchs. Wie immer auf den Veranstaltungen im Projekt war auch hier Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch über Flurnamen, neue Publikationen und studentische Arbeiten zum Veranstaltungshinweis: Thema konnten eingesehen werden und wurden vorgestellt. 01./02.10.2014 Jena, Rosensäle: Tagung „Namen und Kulturlandschaften“ des Barbara Umann, Heimatbund Thüringen e. V. Institutes für Germanistische Sprachwissenschaft der FSU Jena und der Deutschen Gesellschaft für Namenforschung. Fordern Sie das Programm bei Interesse bei uns Die Crossener Grenzbeschreibung aus dem Jahr 995 oder bei Frau Dr. Aehnlich, FSU Jena, unter der Tel.-Nr. 03641 944341 an. Im Flurnamenreport 1/2014 veröffentlichte Bernd Greibich einen Artikel über die sehr frühen, größtenteils slawischen Grenzbeschreibungen der Flur von Crossen. Zwischen Werner Weiden und Zietschkuppe. Wissenswertes über die Flurna- Diese Grenzbeschreibung ist in mehrfacher Hinsicht ausgesprochen interessant. Ein men von Golmsdorf, Beutnitz und Löberschütz – gemeinsame Veranstaltung mit erster Versuch, die acht Übersetzungen der alten Ortsbezeichnungen, die mittler- dem Verein der Hobbywinzer und Heimatfreunde am 07.03.2014 in Golmsdorf weile vor über 80 Jahren erfolgte, neu zu deuten, führte zu folgenden vorläufigen Zu dieser Abendveranstaltung waren ca. 100 Interessierte aus Golmsdorf und den Ergebnis: Außer „Caminagora“ und „Wizzeshoc“ sind die damaligen Deutungsver- umliegenden Gemeinden, aber auch Flurnamenforscher aus dem Saale-Holzland- suche fragwürdig. Es stellt sich somit die spannende Aufgabe, anhand der Crosse- Kreis und den benachbarten Landkreisen gekommen, um nach der Begrüßung ner Flurgrenze und einem aktuellen Deutungsversuch der anderen sechs Flurbe- durch den Vereinsvorsitzenden und einer Kurzvorstellung des Projektes „Flurnamen zeichnungen den damaligen Grenzverlauf neu zu erforschen. Ob die Aufgabe ge- und Regionalgeschichte“ durch die Vertreter des Heimatbund Thüringen e. V. den lingt ist offen und wird in der nächsten Ausgabe des Flurnamen-Reports dargelegt. Hauptvortrag von Frau Dr. Barbara Aehnlich über die Flurnamen von Golmsdorf, Wolfram Voigt, Schkölen Beutnitz und Löberschütz zu hören. Zahlreiche Fragen zur sprachlichen Deutung der Flurnamen dieser Orte zeigte das große Interesse der Teilnehmer an den Flur- namen ihrer Region. Am Ende der Veranstaltung wurde vereinbart, dass der Verein Flurnamen bezeugen religiöses Brauchtum der Hobbywinzer und Heimatfreunde Golmsdorf im Herbst diesen Jahres zur Vertie- „Dort wo das Kreuz vom Hügel ragt …“, so wird die Landschaft des Eichsfeldes im fung des Themas eine Flurnamenwanderung anbieten wird. „Eichsfelder Sang“ von Dr. Hermann Iseke beschrieben. Doch sind nicht nur Kreuze Barbara Umann, Heimatbund Thüringen e. V. im katholisch geprägten Landstrich zwischen Harz und Thüringer Wald zu entde- cken, sondern auch Freilandkreuzwege, sogenannte „Stationswege“ findet der Be- sucher bei Wallfahrtsstätten, Kirchhöfen, an markanten Bergen, in parkähnlichen Seminar „Einführung in die Methodik der Sammlung und Dokumentation von Anlagen und an vielen schönen Wanderzielen.1 Fast immer befinden sich die 14 Flurnamen“ am 19.03.2014 in Jena Bilder mit Themen aus der Passion Christi in ausdrucksvollen Sandsteinhäuschen. Es ist in den letzten Jahren eine schöne Tradition geworden, dass alle zwei Jahre Viele Stationen sind mit kleinen Blumenbeeten geschmückt. Sie tun kund, dass eine der Projektveranstaltungen in den Räumen der Arbeitsstelle Thüringische Dia- lektforschung der FSU stattfindet. So konnte auch am 19.03.2014 wieder mit freund- licher Unterstützung des Institutes für Germanistische Sprachwissenschaft der FSU Jena dieses Seminar für neue Mitarbeiter im Projekt „Flurnamen und Regionalge- schichte organisiert werden, in dem alle Interessierten neben der praktischen „Ein- 1 Über Flurnamen mit religiösem Bezug für die Region des Eichsfeldes siehe: Müller Erhard: führung in die Methodik der Sammlung und Dokumentation von Flurnamen“ durch Charakteristische Flurnamen des Eichsfeldes. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, 89 (1966), S. 55-59. 1

Stationswege nicht nur steinerne Zeugen der Vergangenheit, sondern Zeugen ge- Kniestein erhalten geblieben. Das Niederfallen, das Niederknien jedoch, ist heute lebten Glaubens sind.2 beim Gebet im Freien weitgehend unüblich geworden. Die zahlreichen Stationswege haben natürlich auch ihren Niederschlag in den Flur- Peter Anhalt, Steinbach (EIC) namen gefunden.3 Mit den Bezeichnungen "Stationsweg", "Stationsberg" oder "an der Station" kann jeder im Eichsfeld etwas anfangen. Die im 17. und 18. Jh. errichteten Passionswege hatten meist nur sieben Stationen. Damals wurden sie "sieben Fälle", "sieben Fußfälle" oder verkürzt einfach "Fälle" Sperlingsberg und Anspel genannt. Die Bezeichnung nimmt zwar auch Bezug auf den unter der Kreuzeslast Eine ungeklärte Frage aus der Verbreitung der Sperlingsberge in Thüringen (Flur- niederfallenden Christus4, vor allem aber geht sie auf die Gewohnheit der Beter namenreport 01/2014) war ihr Fehlen im Raum südlich des Thüringer Waldes. zurück, sich an den einzelnen Stationen hinzuknien bzw. niederfallen zu lassen. Durch die Erweiterung des Suchbegriffes um den Begriff „Spell“ (= miteinander re- So gab es in Bernterode (Wipper) die Flurbezeichnung „erster und zweiter Fußfall“.5 den) ergaben sich überraschenderweise neue, bisher unbekannte Wortverbindun- In seiner Dorfchronik von Geisleden erwähnt Wilhelm Diete, dass ein Balthasar gen und somit Belege für die Verbreitung der Spellorte im südlichen Thüringen.

Kunze auf eigene Kosten um 1750-1754 Sandsteinstationen, „die Sieben Fälle“, Spel-Namen nach Landkreisen und Städten (alphabetisch geordnet) errichtet habe. Als 1786 eine weitere Station hinzukam, wurde sie „der neue Fall“ genannt.6 In Dingelstädt hieß die Straße zum Kerbschen Berg (hier befindet sich Bundesland, Land- Flurname (n) Quelle Bemerkungen, Lage eine beliebte Wallfahrtsstätte) der „Siebenfällensweg“.7 Auch in Worbis gab es kreis, Ort / Ortsteil 8 9 THÜRINGEN „Fußfälle“ , beim Kloster Zella „Sieben Fälle“. Die in den Flurnamen fixierte Bezeichnung bezeugen eine religiöse Praxis, die in Stadt Eisenach den letzten Jahrhunderten allgemein üblich war, heute jedoch kaum noch so ausge- Madelungen Enspel, Hinter dem ~, LBK 10 Hinter dem langen ~, vor übt wird. Auch in der Gegenwart wird im Eichsfeld besonders während der Fasten- dem langen ~, Hinter der zeit, verstärkt an den Kartagen, aber auch zum Fest Kreuzerhöhung individuell bzw. Anspel in Gemeinschaft der Kreuzweg gebetet. An zahlreichen Freilandkreuzwegen ist ein LK Hildburghausen Gleicherwiesen Äspelein 2 Im Eichsfeld gibt es zur Zeit 46 Stationswege und zusätzlich mehrere historisch belegte, Völkershausen Aenspelein LBK

teilweise noch rudimentär vorhandene. Die meisten stammen aus dem 19. Jh. Vgl.: Anhalt, Ilm-Kreis Peter; Schüttel, Hermann: Alle Freilandkreuzwege im Eichsfeld. Heiligenstadt 2005. 3 Gräfenroda Anspielgasse, an der An- LBK Zu „Stationsweg“, „Stationsberg“ in den Flurnamen, siehe Müller, Erhard: Die Flurnamen spielbrücke, über der ~ des Kreises Heiligenstadt. Leipzig 1986, S. 90 und vor allem: Müller Erhard: Charakteristi- sche Flurnamen des Eichsfeldes. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachfor- LK - schung, 89 (1966), S. 59. Unspel, der Unspelskopf, LBK, FN- Anhöhe nordwestlich des 4 Eine wichtige Passionsandacht war die zu den „Sieben Fällen Christi“. an der Unspel Sammlung R. Ortes am Rande des Kohl- 5 Knieb, Philipp: Eichsfelder Dorfchroniken. Heiligenstadt 2001, unter Bernterode, S. 59 f. Schreyl, 2003 berges, mit Wohnhäusern 6 bebaut, hier befanden sich Diete, Wilhelm: Orts-Chronik Geisleden. In: Gemeindeverwaltung Geisleden (Hg.): Orts- immer wichtige Einrichtun- Chronik Geisleden. Geisleden 1998, S. 116. 7 gen des Ortes wie Forst- Schäfer, Aloys: Dingelstädt. Dingelstädt 1926, S. 216. haus, Brauhaus, Zimmer- 8 Wolf, Johann: Denkwürdigkeiten der Stadt Worbis und ihrer Umgebung. Göttingen 1818, S. 144. platz, Friedhof; der Uns- 9 Springmann, Franz: Der Annaberg bei Kloster Zella, ein ehemaliger Wallfahrtsort im Eichs- pelskopf ist ein kleines feld. In: Eichsfelder Marienkalender 1937, S. 30. Waldgebiet an der höchsten 10 Auch in anderen katholisch geprägten Gegenden gibt es noch die "Fußfälle". Vgl.: Döring, Stelle der Unspel Alois: Sakralisierung der Landschaft. Religiöse Denkmale und Symbole - Glaubens-, Le- Unspel LBK bens- und Wegzeichen. Beispiel Rheinland. In: Bund Heimat und Umwelt in Deutschland Das Riedunspel, die Unspel LBK (Hg.) Religion und Landschaft. 2013, S.72-89.

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Herges-Hallenberg Unspel, die ~ LBK, FN- Flussaue rechts der Hasel, Spell wurde bereits hingewiesen. Neu ist ihre Vermischung bis in das 19. Jh. hinein Sammlung von südlich von Steinbach und bei der Bezeichnung der Spinnstuben. C. Hössel nördlich von Herges Seligenthal Unspel, am ~, die ~ LBK Von D. Cebulla aus Sangerhausen stammt der Hinweis, dass das Wort Spellen Springstille Weinunspel, die ~, über der LBK heute noch im Mansfeldischen von älteren Leuten verwendet wird. Roland Gernand ~ (Hessen) weist darauf hin, das die Verwendung des Wortes Spellen auch in Süd- Viernau Unspel LBK hessen regional üblich ist. Zum Spellen gehen heißt auch einen Schwatz mit dem Zella-Mehlis Anspelstraße LBK am ehemaligen Ortsrand Nachbarn machen. Der Speller ist der Besucher (siehe auch Thür. Wörterbuch, 5. LK Sömmerda Band, S. 1339, zu Spell). „Spelle gehen“ ist z. B. ebenfalls aus Gräfenroda im Ilm- Großneuhausen Spellberg Topografische Kleine Anhöhe an der Flur- Kreis bezeugt (mdl. Mitteilung von H. Knabe, Geraberg). Karte 1:25.000 grenze zu Kölleda und Backleben Zu Unspel gibt es in Altersbach (LK SM) die Sage von den sieben jungen Raben, denen ein Junge aus Übermut die Zunge herausriss und der dann sieben stumme Wartburgkreis Söhne bekam (FN-Sammlung von Renate Schreyl, Altersbach, eingesehen in der Glattbach Unspel, im ~ LBK Fernbreitenbach Auf dem Anspiele LBK Geschäftsstelle des Heimatbund Thüringen e. V.). In der Flurnamensammlung von Pferdsdorf Auf der Bärenanspel LBK Herges-Hallenberg von Christine Hössel, Steinbach-Hallenberg, findet sich der Hin- Ütteroda Emspel, Am runden ~ LBK weis zur Sage von Altersbach, dass „der Name Un-spell (nicht reden, spellen) be- Urnshausen Die Mühlenanspel LBK deuten könnte, also einen Ort, an dem man nicht reden durfte, an dem nicht gear- Wünschensuhl Anspelrain, über dem ~, LBK, FN- Ackerland und Wiesen am beitet wurde. In der Mundart heißt es spelle gehen, spill gehen (fortgehen, um sich unterm ~ Sammlung R. Lohberg, unterhalb Wün- Keiderling, schensuhl, links der Suhl zu unterhalten) und es gibt den Lüchenspaller (Gerüchtemacher, Lügenerzähler). 2013 Mit dem Wort Unspel werden außerdem in der Mundart die Hexe (Altersbach: Schwoarz Unspel) und der schwarze Vogel (Rabe, Amsel) bezeichnet.“ (FN- NORDRHEIN-WESTFALEN Referinghausen Anspel Anhöhe am südlichen Orts- Sammlung von Herges-Hallenberg, C. Hössel und A. Heidenreich, 2004, eingese- (Stadt Medebach im rand hen in der Geschäftsstelle des Heimatbund Thüringen e. V.) Hochsauerland) Die Bezeichnung des Ortes der Gerichtszusammenkunft im Hochmittelalter, die LBK = Lagebezeichnungskatalog des ThVermGEO vermutlich seit Gründung der Orte auf das Wort der gemeinschaftlichen Rede Spell Ganz offensichtlich hat sich in der Region südlich des Thüringer Waldes das zurückgeht, hat sich regional immerhin noch bis ins 19. Jh. in der Bezeichnung für Grundwort Spell, nicht zum Spell-ing weiterentwickelt, sondern zum An-spell, mund- die gemeinschaftlich besuchte Spinnstube erhalten. artlich gefärbt auch Unspell oder Enspell. Überraschenderweise besitzt die Flur von Großneuhausen südlich von Kölleda noch Eine Anfrage bei Frau Dr. Wiegand von der Arbeitsstelle Thüringische Dialektfor- einen Spellberg. Er liegt an der Flurgrenze angrenzend an die Fluren von Kölleda schung an der FSU Jena nach der Bedeutung der Vorsilbe „An-“ ergab kein Ergeb- und Backleben. Dieser Spellberg hat die sprachliche Weiterentwicklung zu Spelling nis. Es bleibt somit unsicher was die Vorsilbe „An-“ vor dem Wort Spell bedeutet und nicht mitgemacht und ist wie ein Sprachrelikt inmitten der Sperling-Region. Es ist zu welche Färbung sie dem Grundwort gibt. Möglicherweise bedeutete es soviel wie erwarten und zu hoffen, dass sich die Belege um Anspel/Unspel und Spelling im „Ort der Anrede“ oder „des öffentlichen Ansprechens“? Erstaunlich ist die frühere thüringischen Sprachraum und den angrenzenden Regionen noch verdichten. konsequente Verwendung des Wortes sowie auch das konsequente Fehlen der Wolfram Voigt, Schkölen Sperling-Belege in der Anspel-Region, obwohl beide Worte offensichtlich den glei- chen Hintergrund besitzen. Da es bisher keine historischen, literarischen oder sprachwissenschaftlichen Hinweise sowohl zum Spelling als auch zum Anspel gibt, muss seine einstige Verwendung weit in das Mittelalter zurückreichen. Das Gespräch mit Frau Dr. Wiegand ergab jedoch noch einen neuen Aspekt. In der Rhön wurden die winterlichen Spinnstuben auch Spellstuben genannt und in einigen Orten wurde die Spellstube auch als Spielstube bezeichnet. Spellorte und Spielorte können demnach identisch sein. Auf die sprachliche Nähe zwischen Spill, Spiel und

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1. Ergänzung Sperlings-Namen nach Landkreisen und Städten zum Artikel Gräfenstuhl (OT von Sperlingsberg nordöstlich des Ortes „Der Sperlingsberg – ein alter Thüringer Name“ im FN-Report 2014-1 Vatterode, OT von Mans- feld) Ein unschätzbarer Vorteil des Flurnamenreports ist seine weite Verbreitung in der Eisleben Sperlingsberg Mitt. von D. Cebulla, historisch interessierten Leserschaft Mitteldeutschlands. Dieser breit aufgestellte Sangerhausen Havelberg (schon in Sperlingsberg 1391 „Erwerb der Mitt. A. Schmölling, Austausch zur Flurnamen-Problematik ist deutschlandweit einmalig und verschafft Auflistung im FN-Report Lehmkuhle am Sper- Artern der mitteldeutschen Flurnamenforschung eine beispielhafte Vorreiterrolle. 2014-1 enthalten) lingsberg“ Die folgenden neuen Belege zu Sperlingsberg stammen u.a. aus der Zuarbeit von Hettstedt Sperlingsberg Mitt. von D. Cebulla, Sangerhausen Ewald Holbein aus Dingelstädt, Andreas Schmölling aus Artern und Detlev Cebulla Löbejün Sperlingsschänke Siehe zu Merlitz in Mitt. von A. Schmölling, aus Sangerhausen. Auflistung in FN- Artern Bundesland, Land- Flurname (n) Quelle Bemerkungen, Report 2014-1 Piskaborn Sperlingsberg 1,5 km westl. des Ortes kreis, Ort / Ortsteil Lage Sandersleben Sperlingsbereite Mitt. von D. Cebulla, THÜRINGEN Sangerhausen LK Eichsfeld Sangerhausen Sperlingsberg Stadtchronik von Mitt. von A. Schmölling, Dingelstädt Sperlingsberg Gebäudesteuerrollen 1890 wurde die Furt Samuel Müller Artern und D. Cebulla, von Dingelstädt, über die Unstrut durch Sangerhausen 1880; Situationsplan eine Brücke ersetzt und Stendal Sperlingsberg, Sperlings- www.stendal.de/de/to Stadtmitte, hier beginnt von Dingelstädt, der Sperlingsberg in feld urismus/.../ der südliche Teil der gezeichnet von E. Brückenstraße umbe- sperlingsberg.html Breiten Straße

Wetzel, Mitteilung E. nannt, ugs. wird noch Sperlingsberge außerhalb Deutschlands Holbein, Dingelstädt der Name Sperlingsberg verwandt RUSSLAND Helmsdorf Sperlingsberg Mitteilung E. Holbein, Liegt außerhalb der Moskau Sperlingsberge (in der http://de.wikipedia.org 70 Meter hohe natürli- Dingelstädt Ortschaft deutschen Übersetzung), /wiki/Sperlingsberge che Erhebung inmitten von 1935 – 1999 Lenin- einer großen Parkanla- Kyffhäuserkreis berge ge im Stadtgebiet Keula Sperlingsüber Cott, Peter (2014): kleine Anhöhe zwischen Die Mikrotoponyme Langenstraße und dem Wolfram Voigt, Willschütz Nr. 7, 07619 Schkölen der Gemarkung Friedhof, über = Anhö- [email protected] Keula, Masterarbeit, he, Hügel Jena

BADEN-WÜRTTEMBERG Heilbronn-Biberach Sperlingsberg Straßenname

SACHSEN Hohenheida (OT von Sperlingsteich Kleiner Teich neben der Leipzig) Kirche und am Anger Obersteinbach Sperlingsberg Straßenname, Ortsrand

SACHSEN-ANHALT Arneburg (Altmark) Sperlingsberg Mitteilung A. Schmölling, Artern Gerbstedt Sperlingsberg Forschung zur Mitteilung A. Rechtsarchäologie Schmölling, Artern und und rechtlichen D. Cebulla, Sangerhau- Volkskunde 1919 sen

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Abschlussarbeiten im Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Die Spiegelberge im deutschen Sprachraum Friedrich-Schiller-Universität Jena (Fortsetzung 2) Wollte man die Verbreitung der Spiegelberge mit der Verbreitung einer Pflanzenart Seit der Veröffentlichung der im Institut für Germanistische Sprachwissenschaft vergleichen, so müsste man feststellen: „Verbreitet, aber sehr selten.“ Eine Beson- lagernden Flurnamen-Arbeiten in den FN-Reporten 4/2009 und 3/2011 sind wieder derheit der Spiegelberge ist einerseits ihr weites Verbreitungsgebiet, welches sich neue Abschlussarbeiten dazugekommen. Diese können nach Absprache und Ter- vom Thüringer Sprachraum bis nach Mecklenburg erstreckt. Andererseits kommt minvereinbarung eingesehen werden bei Frau Dr. Barbara Aehnlich im Institut für der Flur- und Straßenname Spiegelberg nirgends häufig vor. Germanistische Sprachwissenschaft der FSU Jena (Fürstengraben 30, 07743 Jena, Da Spiegelberge im Zuge der Recherche zunächst nur als Flurnamen auftauchten, Tel.-Nr. 03641 944341, E-Mail: [email protected]). lag die Vermutung nahe, dass sich hinter dem Namen auch die ursprüngliche Funk- Bischoff, Corina (2011): Die Flurnamen um Pirkau (Sachsen-Anhalt), Magisterar- tion verbirgt. beit, Jena. Nach Lutz Mackensen entwickelte sich das Wort „Spiegel“ aus dem mittellateini- Cott, Peter (2014): Die Mikrotoponyme der Gemarkung Keula, Masterarbeit, Jena. schen Wort Speglum = lat. speculum, was soviel bedeutet wie sehen oder spähen. Erdmann, Lisa (2012): Ausgewählte Flurnamen in Maua, Bachelorarbeit, Jena. Der Spiegelberg wäre damit ein Aussichtsberg, welcher den Blick in das weite Land Gottschalk, Enrico (2011): Die Flurnamen der Gemeinde Ponitz, Mag.-arbeit, Jena. garantiert (Mackensen, Lutz: Ursprung der Wörter, S. 363). Die bis dahin bekannten Haupt, Stephanie (2012): Ausgewählte Flurnamen der Gemarkung Bilzingsleben, Belege trafen soweit zu. Auffällig ist, dass alle bekannten Spiegelberge vor den Bachelorarbeit, Jena. Toren einer Stadt lagen. Auch in der Flurnamenliteratur tauchen Vermutungen auf, Jänsch, Kristina (2014): Die Flurnamen der Gemeinde Steinsdorf, Staatsexamens- dass es sich bei den Spiegelbergen um Aussichtsberge, bzw. um Berge mit einer arbeit, Jena. Warte handelte (z.B. Südhessisches Flurnamenbuch, S. 875). “Mit Spiegel wurden König, Alexandra (2011): Die Flurnamen der Gemarkung Römhild, Bachelorarbeit, dem Wehrwesen zugehörige Wartberge bezeichnet“ heißt die Deutung in der Flur- Jena. namensammlung von R. Vollmann, München 1924 (Fußnote 306 in: Aehnlich, B., Kotara, Jennifer (2014): Wissenschaftliche Analyse ausgewählter Flurnamen der Die Flurnamen um Ammerbach, Magisterarbeit, Jena 2004). Gemarkung Möckern bei Stadtroda, Bachelorarbeit, Jena. Nicht ganz unproblematisch bei der Deutung des Namens ist die enge sprachliche Lorenz, Evelyn (2012): Rechtshistorische Flurnamen in und um Jena. Bachelorar- Nähe zu Spill = Spiel (Spielberge) und zu Spell = Rede (Sperlingsberge). Eine beit, Jena. sprachliche Vermischung durch eine unsaubere Übertragung kann von daher nicht Neumann, M.-L. (2004): Die Flurnamen der Gemarkungen Möhra und Gräfen- gänzlich ausgeschlossen werden. Nitzendorf – eine onomastische Analyse, Examensarbeit, Jena. Rudolph, Theresa (2013): Ausgewählte Flurnamen der Gemarkung Elxleben, Ba- Das bekannteste hochmittelalterliche Rechtsbuch „Der Sachsenspiegel“ von Eike chelorarbeit, Jena. von Repgow (vermutlich 1220 bis 1235) lieferte schließlich einen wichtigen Hinweis. Scheffler, Kristin (2013): Die Flurnamen von Garsitz und Unterschöbling, Staats- Augenscheinlich ist, dass ein mittelalterliches Rechtswerk das Wort Spiegel im Na- examensarbeit, Jena. men trug. Spiegel besaß im Hochmittelalter unter anderem noch die Bedeutung von Schmieder, Isabell (2013): Ausgewählte Flurnamen in Sondershausen, Bachelor- Vorbild. „In spiegelicher wise” = „wie ein Vorbild“ (Hennig, Beate: Mittelhochdeut- arbeit, Jena. sches Wörterbuch, S. 303). Der Sachsenspiegel war eine weithin bekannte und Schneider, Annelie (2009): Die Flurnamen der Gemeinde Schöndorf im Saale-Orla- anerkannte Gesetzessammlung und wurde auch dementsprechend häufig abge- Kreis mit den Gemarkungen Schöndorf, Külmla und Tausa, Examensarbeit, Je- schrieben und weiterverbreitet. na. Auf dem Spiegelberg wurde vermutlich das gerichtsrelevante Geschehen einer klar Schonert, René (2011): Die Flurnamen in und um Pferdingsleben, Examensarbeit, definierten Zeitspanne, z. B. eines Jahres, betrachtet und verhandelt. Noch heute ist Jena. diese Bezeichnung einer zeitlich klar definierten Rückschau und anschließenden Schüler, Dolly (2010): Richt- und Gerichtsstätten in Flurnamen, Bachelorarbeit, Aufarbeitung sehr aktuell. So zum Beispiel beim „Spiegel“, der populärsten deut- Jena. schen Nachrichtenzeitschrift. Eine wöchentliche Nachrichtensendung der ARD heißt Schulze, Maria (2009): Die Flurnamen der Stadt Kahla, Examensarbeit, Jena. ebenfalls „Der Weltspiegel“. Das Geschehen einer klar definierten Zeitspanne wird Speiser, Burghard (2010): Die Mikrotoponyme der Gemarkung Leubingen im Land- rückwirkend betrachtet und die Auswertung gespiegelt. kreis Sömmerda, Examensarbeit, Jena. Dr. Barbara Aehnlich, FSU Jena 5

Die eher seltene Verwendung des Namens Spiegel (-berg) für eine Gerichtszusam- zenden Regionen. Vielleicht war es auch erst das Gerichtswerk des Sachsen Eike menkunft hängt möglicherweise damit zusammen, dass in den alten Siedlungsge- von Repgow, das den Namen Spiegel für einen Ort des Gerichts eingeführt hat. bieten die Bezeichnungen für den Ort der Gerichtszusammenkunft schon lange Diese Version würde die eher städtische Verbreitung des Namens erklären. belegt waren (Thie, Ding, Schenk-, Spell-, Spiel-, Rug-, Rüge-, Woorth-). So erklä- Spiegelberg als Bezeichnung für einen Aussichtsberg sollte trotzdem nicht völlig ren sich auch die wenigen Belege von Spiegelbergen im niedersächsischen und ausgeschlossen werden. thüringischen Sprachraum. Auffallend ist das Vorkommen von Spiegelbergen in den Städten oder vor Städten. Der Spiegelberg war damit sehr wahrscheinlich kein Ort Spiegel-Namen nach Landkreisen und Städten (alphabetisch geordnet) der niederen Gerichtsbarkeit, sondern eines höher gestelltes Gerichtes, ähnlich dem Bundesland, Land- Flurname (n) Quelle Bemerkungen, Landgeding. Auch im Norden Deutschlands finden sich Spiegelberge fast aus- kreis, Ort / Ortsteil Lage schließlich in oder vor Städten. THÜRINGEN Im Ilm-Kreis befindet sich zwischen Ilmenau, Ilmenau-Manebach, Ilmenau-Roda und LK Altenburger Land Elgersburg auf einer bewaldeten Anhöhe unweit der Alten Straße (alte Handelsstra- Altenburg Spiegelgasse LBK Straße im Zentrum ße Ilmenau – Suhler Leube) der Große Spiegelsberg (mda. Spiechelsbareg). An der Stadt Erfurt Alten Straße liegt die Schöffenwiese (auch Schöppenwiese) mit dem 1906 erbauten Erfurt Spiegelgasse LBK Straße in der Altstadt Schöffenhaus) und dem Schöppenstein. Auf der Wiese soll nach der Überlieferung Schöffengericht abgehalten worden sein (Flurnamensammlung Monika Meyer, Ma- LK Hildburghausen Ehrenberg Lindenspiegel LBK nebach, eingesehen in der Geschäftsstelle des Heimatbund Thüringen). 1917 kam Erwin Volkmann in einer Broschüre über „Unerklärte Niederdeutsche Ilm-Kreis Straßennamen“ zu folgender Überlegung: „... Ein Gegenstück zu den unbefriedeten Elgersburg Kleiner Spiegelberg Top.-Karte 1:25.000 Östl. des Ortes an der Grimmen scheinen mir die ursprünglich ebenfalls außerhalb der Stadtzingel gelege- Flurgrenze zu Ilmenau- Roda nen, aber befriedeten Spiegelberge gewesen zu sein, die sich bis heute zum Teil als Ilmenau Spiegelsberg LBK Straßennamen z. B. in Stade und den Mecklenburgischen Städten Wismar, Stern- Manebach (OT von Großer Spiegelsberg FN-Sammlung M. Berg, 704 m ü. NN, berg und Wittenburg erhalten haben. Spiegelberg war (nach Grimm`s Wörterbuch) Ilmenau) Meyer, Manebach zwischen Schöffenhaus die häufige Bezeichnung für einen in der Nähe gelegenen Berg, der eine Warte trug. 2004 und Schwalbenstein, unweit der Alten Straße, Diese Sicherheit ging nach der Anschauung des Mittelalters soweit in Transcendale, der Schöffenwiese und daß man den Spiegelberg in übertragenen Sinn als eine Städte der Auserwählten im des Schöppensteins Jenseits betrachtete, wobei wohl die Vorstellung eines himmlischen Jerusalems u.ä. Roda (OT von Ilmenau) Am kleinen Spiegelberg, LBK An der Flurgrenze zu mit hinein spielte. Vielleicht gelingt es der lokalgeschichtlichen Forschung, weiteres großer Spiegelsberg, Elgersburg zwischen großem und Quellenmaterial zu erhalten … und auch über die rechtlichen Verhältnisse dieser kleinem Spiegelsberg vorstädtischen Örtlichkeiten zur deutschen Stadt im Mittelalter aufzuklären.“ (Volck- mann, Erwin, Unerklärte Niederdeutsche Straßennamen, Hamburg 1917). Stadt Jena Ammerbach Der Spiegel, Am Spiegel LBK, Aehnlich, B., Wald nordwestlich der Aber gerade die Spiegelberge (-gassen), die inmitten der Zentren von Orten liegen Die Flurnamen um Ortslage, davor ist ein (so in Mühlhausen, Nordhausen, Altenhagen, Altenburg, Sternberg, Wittenburg, Ammerbach, Magis- Sparrenberg zu finden Wismar, Bamberg und Thurnau) widersprechen sowohl der Grimmschen Version terarbeit, Jena 2004 eines Aussichtsberges bzw. einer Warte, als auch eines „Seherberges“ im transcen- Ziegenhain Im Spiegel, Im Spiegels- LBK südl. der Ortslage, auf grund den Kernbergen dalen Sinne Erwin Volkmanns. Spiegel – und somit die Spiegelberge – stehen somit vermutlich (wie bei Eike von Repgow) für Gericht und somit einem Gerichtsort des Kyffhäuserkreis Kleinberndten Spiegelsberg, Am ~ LBK Verschollen? Hochmittelalters. Ihr Vorkommen in den Zentren der Orte als auch in Sichtweite vor den Orten deckt sich mit den bisher bearbeiteten Gerichtsorten bzw. Versammlung- LK Nordhausen sorten Tie und Spelling. Die uns bisher bekannten Belege für Spiegelberg (-gasse, - Nohra Der Windspiegel LBK straße) stammen sowohl aus dem sächsischen Altsiedelland, als auch aus angren- Nordhausen Spiegelstraße LBK Straße im Zentrum Rüdigsdorf Eulenspiegel LBK 6

Saale-Holzland-Kreis MECKLENBURG-VORPOMMERN Groß-Spiegelberg Spiegelberg Straßen- und Ortsname, Reinstädt Am Gehrenspiegel, Im ~ LBK, Die Flurnamen An der Flurgrenze zu OT der Gem. Jatznick des Reinstädter Martinsroda nordöstl. von Pasewalk Grundes, Erfurt/Jena Neu Boltenhagen Spiegelsdorfer Damm, Straßenname 2010, S. 74 Spiegelsdorfer Allee LK Schmalkalden-Meiningen Sternberg Großer Spiegelberg Straßenname in der Rohr Der Rainspiegel LBK Altstadt Strelitz-Alt Großer Spiegelberg Anhöhe nordwestlich LK Sömmerda des Ortes Beichlingen Der Spiegelberg LBK Wittenburg Spiegelberg Friedrich Techen: Die Straßenname, Im Orts- Straßennamen Wis- zentrum unweit des Stadt Suhl mars, In: Jahrbücher Marktes Suhl Regenspiegel, Am ~ LBK, FN-Sammlung Straßenbezeichnung, Wismar Spiegelberg des Vereins für Meck- Spegelberch, mons Suhl, W. Endter, C. am Domberg neben lenburgische Ge- speculi; in der Altstadt Steige 2009 Lauwetter, möglicher- schichte und Alter- hinter dem Nikolai-Kirch- weise von „Rainsbühl“ tumskunde, Band 66 hof zwischen Wassertor (1901), S. 71 und Hundestraße Unstrut-Hainich-Kreis Bad Tennstedt Im Wiesenspiegel LBK NIEDERSACHSEN Mühlhausen Spiegelsgasse LBK Straße im Zentrum Altenhagen Spiegelbergstraße Ortszentrum Equord Spiegelkamp, Spiegel- Nordwestl. Ortsrand

Wartburgkreis kampsweg Am Spiegelberge LBK Lauenstein Spiegelberg Anhöhe am östl. Stadt- rand, Straßenname LK Weimarer Land (L455) Willerstedt Im Spiegel überm Berge, LBK, FN-Sammlung Südöstlich des Ortes an Peine Spiegelberg Anhöhe nordwestlich Im hinteren ~, im vorde- W. Ladensack, Wil- der Nirmsdorfer Flur- der Stadt ren ~, über dem ~ am lerstedt grenze zwischen den Stade Spiegelberg http://www.archaeolo In der Altstadt, künstlich Zottelstedter Wege, über Fluren „übern Berg“ und gie-stade.de/ge- aufgeschütteter Berg, dem ~ am Weibstalwege „Weibsthal“ schichtsspuren/ auch als Burg genutzt BAYERN (Nordfranken) spiegelberg/ Vechelde Spiegelberg Anhöhe östlich der Stadt Almbranz Spiegel Waldgebiet, nördlich an die Ortslage grenzend SACHSEN Arzberg Spiegelweg Im nordöstlichen Stadt- Bernsbach / Grünhain Spiegelwald Bewaldete Anhöhe gebiet zwischen beiden Orten Bamberg Spiegelgraben Im alten Zentrum am Kloster SACHSEN-ANHALT Heinersreuth Zu den Spiegelwiesen Westlich an die Ortslage Dietersdorf / Sangerhau- Spiegelberg 1492 verschollen grenzend sen Kulmbach Spiegel Anhöhe östlich der Stadt Halberstadt Spiegelsberge, Spiegels- Landschaftspark, Anhö- Naila Spiegelwald Waldgebiet westlich der bergweg he südlich der Stadt Ortslage Gernrode Spiegelshof Gehöft 2,5 km südlich Thurnau Spiegelgasse Im Ortszentrum des Ortes ? Klostermansfeld Spiegelburg Nördlich der Ortslage BRANDENBURG Lehnmarke Spiegelberg Anhöhe südlich des SCHLESWIG-HOLSTEIN Ortes Dänischburg / Lübeck Spegelkamp Am nordwestl. Ortsrand Spiegelberg, OT von Spiegelberg Straßen- und Ortsname. Neustadt (Dosse) Anhöhe westl. von Neustadt (Dosse)

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Spiegel-Namen außerhalb Deutschlands gruppe bietet erstmals für ganz Thüringen und damit wirklich flächendeckend, was 12 ÖSTERREICH: bisher nur als Wunschtraum existierte und ein Forschungsdesideratum darstellte. Rohrbrunn (A-3710), Spiegel Bewaldete Anhöhe Wir erhalten zu jedem Ort und auch zu den eingemeindeten Ortsteilen von Städten Niederösterreich südöstlich des Ortes zuverlässige Angaben zu den bekanntlich langlebigen Ortsgrundrissen sowie zu Spiegelsberg (A-8903), Spiegelsberg Straßen- und Ortsname, ihren Erweiterungen und Überformungen im Laufe der letzten Jahrhunderte. Beige- Steiermark OT der Gem. Lassen geben sind aber auch zahlreiche weitere für jeden einzelnen Ort, seine Entwicklung Wolfram Voigt, Willschütz Nr. 7, 07619 Schkölen und seine Besiedlungsgeschichte nützliche Angaben. [email protected] Der gründlich gearbeitete, logisch gegliederte und leserfreundlich gestaltete Textteil beginnt mit Angaben zur Geschichte der Siedlungsformenforschung in Thüringen, Empfehlenswerte Literatur: erläutert die Quellenbasis und macht durch Abbildungen sowie Übersichten auch für Nichtfachleute alles gut verständlich. Eine Analyse der Siedlungsformen und die Gesamtüberblick zu den ländlichen Siedlungsformen von ganz Thüringen Eruierung von elf Siedlungsformentypen (S. 18 – 89 durch W. Dietl und T. Liebe- Die historische Siedlungsforschung und auch die Namenforschung können neuer- renz) mit kolorierten Abbildungen wird mit einer Überschau zur Verbreitung der dings ein wesentliches Nachschlagewerk nutzen. Es handelt sich um einen Band, Siedlungsformen in Thüringen (S. 90 – 101 durch C. Liesenberg) mit farbigen Kar- den man so leicht nicht findet und der in der Schriftenreihe des Thüringischen Lan- ten und Tabellen sowie einer Legende zu den Siedlungsformentypen (S. 96) abge- desamtes für Denkmalpflege und Archäologie (Neue Folge) als stattliches Heft 42 11 schlossen. im A4-Format erschienen ist. Der Titel lautet: Wolfgang Dietl, Hans Dirk Hoppe, Torsten Lieberenz, Carsten Liesenberg, Die Für den sich auf rasche Orientierung zu einem Kreisgebiet im Land Thüringen be- ländlichen Siedlungen in Thüringen. Analyse der ländlichen Siedlungsformen. schränkenden Interessenten bietet H. D. Hoppe nach Landkreisen gegliederte Aus- Erfurt 2013. 136 S. (mit zahlreichen Abb. und einer CD). ISBN: 978-3-937940-98-4. führungen zur Verbreitung der Siedlungstypen, Siedlungsgrößen und Siedlungsfor- Bezugspreis: 25 €. men (S. 102 – 123). In einer – auf einem Zwischenstand des mit dem Arbeitsheft vorgestellten Analyseprojektes aufbauenden – gesondert erschienenen Studie hat Es kann und soll hier keine Würdigung des Bandes vorgenommen werden. Als der Autor „Die Grundrissformen der ländlichen Siedlungen im Geraer Stadtgebiet“ Sprachforscher fehlt mir dazu die Kompetenz, um die geleistete Kärrnerarbeit beur- ausführlicher behandelt und mit 17 Abbildungen sowie einer Übersichtskarte unter- teilen oder gar bewerten zu können. Es sind aber ausdrücklich der Nutzen und da- mauert.13 mit der besondere Wert dieses neuen und auch neue Wege beschreitenden Nach- schlagewerks als leicht handhabbare Hilfe in vielen Zweifelsfällen für den Orts- und Der historisch arbeitende Onomast sowie der zur Orts- und Besiedlungsgeschichte Flurnamenforscher zu kennzeichnen. Gleichzeitig ist von einer Nachbarwissenschaft arbeitende Lokalforscher müssen an dieser Stelle unbedingt auf die im Inhaltsver- an das Autoren-Team Anerkennung, Respekt und Dank auszusprechen. zeichnis (S. 5) im Kleindruck vermerkten Anlagen auf beigelegter CD aufmerksam gemacht werden. Diese CD enthält eine wahre Fundgrube von Angaben. Das sind Die Federführung durch die Denkmalpflege erklärt sich daher, dass Ortsgrundrisse im wesentlichen zwei Verzeichnisse und eine Karte: Eine Übersicht über Siedlungs- im Thüringischen Denkmalschutzgesetz ausdrücklich als Schutzgut ausgewiesen typen auf dem Gebiet des Freistaates Thüringen (1994), eine Ortsliste nach Kreisen sind. Die Gemeinsamkeit mit der historischen Sprachforschung besteht folglich be- und eine Interaktive Karte Die Ländlichen Siedlungen in Thüringen. reits darin, dass auch wir die Eigennamen, insbes. die Namen von geographischen Objekten, also bes. auch der ländlichen Siedlungen, als die meist ältesten Sprach- 12 Einschränkend ist nach einem Hinweis von Hans Dirk Hoppe (brieflich am 3. 6. 2014) nur zu vermer- denkmäler einer Region und auch einer Gemeinde als bewahrens- und untersu- ken, dass nur die "ländlich" geprägten Dörfer bearbeitet wurden, d.h. i.S. des Heftes, die in der 2. H. chenswerte sprachliche Zeugnisse behandeln sowie als Geschichtsquellen nutzen... des 19. Jh. (nach einer statistischen Methode ermittelten) überwiegend agrarisch geprägten Dörfer. Es In interdisziplinärer Arbeit haben Denkmalpflege und Siedlungsgeografie für den fehlen also die Siedlungen v.a. in Wald- und waldnahen Gebieten. Es sind also die wirtschaftlich ähn- lich ausgerichtete Siedlungen als untereinander vergleichbar zum Untersuchungsgegenstand gemacht Freistaat Thüringen eine nun kurz zu kennzeichnende Leistung erbracht. Das zu- worden. Es steht damit die zu erwartende Gegenprobe aus, ob das entwickelte Analyseverfahren bzw. rückhaltend und bescheiden als „Arbeitsheft“ bezeichnete Ergebnis einer Autoren- die vorgelegte Systematik auch für die formale Grundrissansprache der zunächst „aussortierten“ Orte anwendbar ist. 13 Erschienen in dem Band „Stadt Gera“ (= Kulturdenkmale in Thüringen. 3). Bearbeitet von Anja Löffler 11 Daher sei an dieser Stelle ausdrücklich Herrn Dipl.-Ing. Hans Dirk Hoppe, Werkstatt für Denkmalpflege unter Mitwirkung von Nicola Damrich und mit Beiträgen von Stefan Bauch, Martin Baumann, Klaus und ländliches Bauen, Langenchursdorf (in Sachsen) für den Zugang zu dieser Publikation sowie wei- Brodale, Hans-Dirk Hoppe, Burkhardt Russe, Peter Sachenbacher. Sandstein Verlag. Thüring. Lan- tere Hinweise herzlich gedankt. desamt für Denkmalpflege und Archäologie. Erfurt 2007, S. 37 – 53. 8

Zusammenfassend ist festzustellen: Dr. Manfred Roth, Die Steinbacher Flurnamen. Betrachtungen über die Flur- - Das Arbeitsheft bietet wissenschaftsmethodisch eine Gewinn, denn es weist eine namen von Steinbach. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte, Broschüre, 51 S., 6,00 Weiterentwicklung der methodischen Forschung zur Verbreitung typischer Sied- € zzgl. Versand, zu beziehen vom Verfasser unter Tel. 036961 32437. lungsformen aus. Der Autor beschreibt in der kleinen Broschüre die Flurnamen seines Heimatortes - Im Verlauf von knapp fünfzehn Jahren seit ersten Bestandssichtungen 1998 ist Steinbach im Wartburgkreis als Beitrag zur Heimatgeschichte. Nach einer Einfüh- eine umfangreiche Datenbasis erstellt worden. rung in die Bedeutung der Flurnamen und Bemerkungen zur Landwirtschaft in - Alle Ergebnisse liegen mit dem Textheft einerseits vor. Alle ortsbezogenen For- Steinbach werden die Flurnamen der Gemarkung Steinbach in einer gedachten schungsergebnisse andererseits sind als abrufbare Daten auf einer bequem zu Wanderung durch die Flur einzeln erklärt, gedeutet und auf Landschaftsfotos und nutzenden digitalisierte Datenbank verfügbar. Orthofotos verortet. Flurstücke, die nicht „angewandert“ wurden, sind extra aufge- Im Vergleich zu den Angaben in dem gern genutzten Lexikon „Historisches Ortsver- führt. Eine Gesamtübersicht der Steinbacher Flur mit allen, durch eine fortlaufende zeichnis von Sachsen“14, mit den dort unter jedem Lemma angegebenen Siedlungs- Nummer beschriebenen Flurnamen ergänzt die Beschreibung sehr gut wie auch ein formen, verfügt das Land Thüringen nun auch als verlässliche Basis für ein noch zu Literatur- und Abkürzungsverzeichnis sowie ein Verzeichnis der Straßen- und Orts- erarbeitendes Historisches Ortslexikon erstmals über die notwendigen Daten zu den namen. Eine letzte Korrekturlesung vor dem Druck hätte der Publikation gut getan, Siedlungsformen bei jedem Ort nach dem zugleich neuesten Forschungsstand. dies schmälert aber nicht den inhaltlichen Wert. Die Broschüre ist sehr zu empfehlen Auch die Verfasser von historischen Ortsnamenbüchern zu thüringischen Regionen für alle, die ein Beispiel suchen, wie die Flurnamen eines Ortes dokumentiert und können leicht auf die Datenbasis zurückgreifen und sie nutzen. Die Angaben sind erfasst werden können, aber auch für alle, die sich für die Deutungen mancher un- hilfreich selbst bei Unsicherheiten hinsichtlich der Etymologie bzw. ursprünglichen gewöhnlicher Namen interessieren. Form eines slawisch geprägten Ortsnamens. So kann z. B. der ON Tünschütz bei Barbara Umann, Heimatbund Thüringen e. V. Eisenberg im Holzlandkreis sprachgeschichtlich auf einem slaw. Appellativum für ‚Zaun, Burg‘ oder auf einem Personennamen beruhen. Die Angaben auf der CD mit „Lage in Talmulde“, „Ortsbild geschlossen, klein, kompakt“, „Straßenform, Platzform“ ohne Hinweise auf vordeutsche Anlage einer Befestigung oder einen Herrensitz, lassen das „Bauerndorf“ nun von sprachwissenschaftlicher Seite kennzeichnen als einen slaw. ON tragend mit Benennung nach dem Besitz des ersten slaw. Siedlers, also nach einer Person. Ganz anders hingegen bei Tinz, heute Ortsteil von Gera, mit Angaben auf der CD, die die Annahme einer slaw. Benennung mit der Semantik ‚Umzäunung‘ bzw. ‚Befestigung‘ stützen. Dem hier knapp angezeigten Arbeitsheft mit wertvoller, weil datenreicher CD ist schnelle Popularisierung und Nutzung der für Thüringen gebotenen vielfältigen An- gaben vor allem zu den Siedlungsformen aller Orte zu wünschen. Das dürfte auch der beste Dank für die vom Verfasserteam geleistete wissenschaftliche Arbeit sein.

Prof. Dr. Karlheinz Hengst, Chemnitz

Herausgegeben vom HEIMATBUND THÜRINGEN e.V. (inhaltlich unveränderte Fassung zum Herunterladen, Weimar 2014) Anfragen und Hinweise bitte an den HEIMATBUND THÜRINGEN e.V., Hinter dem Bahnhof 12, 99427 Weimar, Tel. 03643 77 76 25, Fax 03643 77 76 26, E-Mail: [email protected] 14 Neuausgabe, hrsg. von Karlheinz Blaschke, bearbeitet von Susanne Baudisch und Karlheinz Blaschke, 2 Halbbände, Leipzig 2006. 9