Mitteilungen

Freundes- undFörderkreis desHändel-Hauses zu Hallee.V.

2/2013 Die PS Union – Ihr Mobilitätsdienstleister! Impulsgeber bei der Elektromobilität & Carsharing!

Die PS Union Unternehmensgruppe ist mit fast 250 Mitarbeitern und einem Jahresverkauf von etwa 6.000 Neu- und Gebrauchtwagen im Eigenvolumen sowie über 1.000 Neufahrzeugen im Fremdvolumen eines der größten mitteldeutschen Unternehmen seiner Branche. Die Unternehmensgruppe betreibt Autohäuser an 15 Standorten in der Region Halle / Naumburg /Nordhausen. Unsere Unternehmensgruppe ist Ihr führender Mobilitätsdienstleister der Region. Zu Unserem Leistungsspektrum gehören:

• Verkauf von Neu-, Jahres- und Gebrauchtwagen • Wartung und Inspektion, TÜV, AU, UVV aller Fabrikate • Reparatur von KFZ (Unfall-, Karosserie- und Lackinstandsetzung, Sonderumbauten) • Vermietung von Fahrzeugen und Carsharing • Einzelteilhandel, Verkauf und Vermietung von Fahrzeugzubehör • Versicherungs- und Zulassungsdienstleistungen • Tankstelle für Erdgas, Strom, Vergaser- und Dieselkraftstoffe

Willkommen im 21. Jahrhundert. Willkommen bei der PS Union. Editorial

Zum erstenMale in ihrerübersechzigjährigenGeschichte sind die Händel- Festspiele HalleindiesemJahr abgesagt worden. Die Entscheidung, die Händel-Festspiele,die vom 6. bis zum 16.Juni hättenstattfindensollen, ab- zusagen, wurde mit demHochwasser, von demAnfang Juni 2013 u. a. weite Te ile Mitteldeutschlands –und auchHalle –betroffenwaren, begründet. Formal-rechtliche Grundlage dafür war derKatastrophenfall, deram4.Juni für die Stadt Halle ausgerufenund am Morgendes 8. Juni aufgehoben wurde. Da hättennoch62der 71 Ve ranstaltungenauf demSpielplan gestanden. Diese Absage hat Musikfreunde in allenRegionentiefbetroffengemacht. DerVorstanddes »Freundes- und Förderkreisesdes Händel-HauseszuHalle e.V.«hat seine Position dazu am 6. Juni in einerStellungnahme zum Aus- druckgebracht, die auf denSeiten8und 9diesesHefts nachzulesenist. UnserMitgefühl und unsereSolidarität geltenallenvom Hochwasser Betroffenen, die zum Te il erhebliche materielle Ve rluste hinnehmenmussten. Und wir schließenuns demDank und derBewunderung für die Tausende Helferan, die in derStunde derNot zur Stelle warenund durchihrenEin- satz nochgrößere Schädenverhinderthaben. Die Händel-Festspiele in Halle sind einüberviele Jahrzehnte gewachse- nesKulturgut, das man nicht kurzschlüssig ohne kompetente Beratungund ohne Prüfung möglicherAlternativenabsagendarf.Händelfreunde in aller We lt, die Besucherder Festspiele,die zahlreichenSponsoren und Gewerbe- treibendenund nicht zuletzt die Künstler, die zur Ehre Händels und uns al- lenzur Freude musizieren, erwarten, dass diese Festspiele erhaltenund ent- wickelt werden. Das ist mit denSpendengeldern, die für dieHändel-Fest- spiele in denvergangenenWocheneingegangensind, eindrucksvoll deutlich gemachtworden. Inzwischenhaben sichführende Politikerder Stadt und desLandeszu denHändel-FestspieleneinschließlichihrerfinanziellenAbsicherung bekannt. Nahezu zeitgleichverlautetaberaus derLandesregierung in Magdeburg, dass die Fördermittelfür die Theaterund Orchesterbesonders in Halle und Dessau sowie in Eislebendrastischgekürzt werdensollen.Damit wird die künstlerische Arbeitsfähigkeit dieserEinrichtungengefährdetund die Exis- tenz derbetroffenenBühnenbedroht. EinersolchenPolitik muss Einhaltgeboten werden. Wissenschaft, Kunst und Kultur sind wesentliche Grundlagenfür die Zukunft unseres Landes.Sie sind unsergemeinsamerReichtum,den es zu erhalten und zu mehrengilt.

Christoph Rink Inhalt

3 Editorial 34 Nachrichtenaus demFreundeskreis 5 Interview mit Herrn Rolf Stiska, Geschäftsführerder Theater, 35 Leserfür Leser Operund OrchesterGmbH 37 Interviewmit Herrn Dr.Felix Halle(TOO) Friedrich, Schlossorganistzu 8 Zur Flutkatastrophedie Kultur- Altenburg katastrophe–Stellungnahme 40 Wirtrauern um 10 ManfredRätzer, unsere Mitglieder Händel braucht wederWagner 41 PhillipSchmidt, noch Verdizufürchten, aber ... DieStreichquartettedes 13 CordulaTimm-Hartmann, Weimarer Hofkapellmeisters Eine nachgeholte Premiere: ErnstWilhelm Wolf (1735–1792) Händels Almira –Königin 47 Daniel Schad, vonKastilien HWV1auf der DieBedeutung von halleschen Opernbühne Musikgeschichte(n) 16 Das Händelfestspielorchester fürMitteldeutschland Halleinformiert 48 Harald Marx 18 ConstanzeWehrenfennig, undChristoph Rink, DieKammerAkademieHalle Il caro sassone –zum –Verborgenes neuentdecken 230.Todesjahr vonJohann Adolph Hasse 19 EdwinWerner, Händel-Bildnisse nachThomas 56 Kathrin Eberl-Ruf, Hudson in denSammlungen Zum 200. Todestag derStiftung Händel-HausII. Teil vonDanielGottlob Türk

24 Johannes Forner, 63 Jens Wehmann, Brahms aufHändels Spuren Neue Buchpatenschafts- Initiativeder Bibliothek 30 KarinZauft, desHändel-Hauses Eine selteneSymbiose von Macht undMusik:Richard 64 Autoren Wagner undder Bayernkönig 65 Hinweise fürAutoren &Cartoon Ludwig II. 66 Impressum

67 Antragauf Mitgliedschaft Interviewmit Herrn Rolf Stiska, Geschäftsführer derTheater,Oper undOrchesterGmbHHalle (TOO)

Mitt: Herr Stiska, für Kunst, Kultur und Mitt: Erst haben Sie und alle Händel- Wissenschaft sind gegenwärtig in Sach- freunde die Absage dergroßartig konzi- sen-Anhalt schwere Zeitenangebrochen. piertenFestspiele in diesemJahr hinneh- Aus RegierungskreiseninMagdeburg menmüssen, was nebendem immensen wird angekündigt, dass die hallesche künstlerischenSchadenzubeträchtli- Oper,die Staatskapelle Halle und die chen finanziellenVerlustenauchfür Ihr Sprechbühnen,also die Theater, Oper Haus geführthat.Nun sollenSie als Ge- undOrchesterGmbH (TOO), ab 2014 schäftsführerdiesenVerlust und zu- nur nocheine um 25%reduzierte Förde- gleichdie angekündigtenSparmaßnah- rung zu erwarten haben. We lche Konse- menmit derTheater, Operund Orches- quenzenhätte –odermuss man schon terGmbH bewältigen. Geht denn das, sagen: hat –das für die TOO? ist das realistisch? RSt: Zunächst einmalführt die Ankün- RSt: Ichhabegenauso wie die überwie- 5 digung derKürzung von Fördermitteln gendeMehrheitunserer Mitarbeitermit für die Bühnenganz unmittelbar zur Ge- Entsetzendie völligverfehlteAbsage fahr einerBeeinträchtigung derkünstle- derdiesjährigen Händelfestspiele zur rischenArbeit. Protestaktivitäten und Kenntnis nehmenmüssen. Als Geschäfts- Zukunftsängste derMitarbeitersind für führerder Theater, Operund Orchester die Erbringung kreativerLeistungen GmbH bin ichallerdings wederwillens nicht gerade zuträglich. In finanzieller nochberechtigt, nun auchnochden Hinsicht treffendie angekündigtenKür- Schaden, derdurchdie Fehlentscheidung zungenzuerst die Stadt als alleinige Ge- andererentstandenist,zutragen. Wir sellschafterin derTheater, Oper und haben Ve rträge und unsere diesbezügli- OrchesterGmbH.Das wollte derOber- chen Forderungenwerdenwir, sofern bürgermeisterzunächst nichtwahrha- es erforderlichist, einklagen. ben, er verlangte vom Geschäftsführer Mitt: Es war zuletzt immerwiedervon umgehendstrukturelle Ve ränderungen Insolvenz IhrerKultur-Gesellschaft TOO zur Anpassung derKostenandie verrin- die Rede.Was soll das heißen? Ist diese gertenFördermitteldes Landes.Dies Gefahr gebannt? wäre nur über eine Insolvenz möglich, RSt: Das Land hat eine Kürzung seiner die sichaus vielenGründenverbietet. Fördersummenfür die BühnenHalle um Inzwischen hat sichinStadt und Land fast 3MillionenEuro angekündigt.Diese dieErkenntnis durchgesetzt, dass Ve r- Fehlsumme trifft sichmit Mehrkosten, änderungen Zeit brauchenund Über- die uns durchimJahre 2014 auslaufende gänge finanziert werdenmüssen. Haustarifverträge entstehen. Hierhandelt es sichumetwa 2MillionenEuro.Hin- deröffentlichzum Ausdruckbringen, zu kommen jährliche Tariferhöhungen wie unverzichtbar wir ihnensind, in- für die Beschäftigten. Allesinallemwer- demsie sichmit ihrerUnterschrift an dender GmbH im Geschäftsjahr 2014/ derVolksinitiative zur Rettungdes Kul- 2015 circa 6,5 MillionenEuro fehlen. Ein turlandesSachsen-Anhalt beteiligen bis zum Sommer2015 wirkenderSchutz und indemsie unsereAngebote in An- derMitarbeitervor betriebsbedingten spruchnehmen, alsozahlreich Auffüh- Kündigungenmacht es bis zu diesem rungenund Konzerte besuchen. Zeitpunktunmöglich,Personalabzu- Mitt: Vita brevis, ars longa –unserLe- bauenund strukturelle Ve ränderungen benist kurz, die Kunst ist ewig, etwas vorzunehmen. DerKostenaufwuchs wür- freiübersetzt.Die alten Römerwollten de alsoinvoller Höhe die Stadttreffen. wohl damit sagen, dass Kunst unabhän- Um dieszuvermeiden, kamenkluge gig von denTagesgeschäftenund den Leute aufdie Ideemit derInsolvenzlö- politischenVerwerfungenimmerfort- sung.Damit ließensich, so die Überle- bestehen wird.Ist das ermutigend und gung,kurzfristig alle arbeitsrechtlichen kann das auchheute gelten? Hindernisse zur Entlassung von Personal RSt: Natürlichwird die Kunst immer aus demWegeräumenund es könnte fortbestehen, die Frage ist nur in wel- einNeuaufbau in kleinerenStrukturen cher Form, in welchenInstitutionen. Ich stattfinden. Man hat dabei übersehen, binweitdavon entfernt zu fordern, dass 6 dass auf Grund desPersonalüberleitungs- allessobleiben soll,wie es jetzt besteht. vertrages, mit demdie Beschäftigten Wirmüssenauf gesellschaftlicheVer- 2009 von derStadt in die GmbH gelockt änderungenreagieren,aberdas lässt wurden, einRückkehrrechtdieserMit- sich nicht bewerkstelligen, indemüber arbeiterzur Stadtverbundenist.Das Nacht derGeldhahn abgedreht wird. würde eine Insolvenz für die Stadt sehr, Das Land braucht eine Strukturdebatte sehr teuermachen. Ichglaubenicht an undwennman weiß,was manpolitisch die Insolvenzlösung, ichhalte sie weder will, muss man denWeg dahin abste- aus Sicht derKostenfür sinnvoll, noch cken. Das braucht Ve rnunft,Sachver- rechtlichdurchsetzbar. standund auchZeit. Mitt: Ist einSilberstreif am Horizont in Mitt: Herr Stiska, Sie haben 2009 die Sicht? Position als Geschäftsführerder Theater, RSt: Unsere Hoffnung sind die Bürger Operund OrchesterGmbH in Halle im Lande,die sichgegen kulturell-geis- angetreten. VorherwarenSie über fast tige Ve relendung im Lande Sachsen- anderthalbDezennien verdienstvoller Anhalt zur We hr setzen, sind die Politi- Generalintendantder TheaterChem- kerimLandtag und im Stadtrat. nitz.Was hat Sie bewogen, sicheigent- Mitt: Wiekönnendie HallenserSie und lichnachdem offiziellenEnde IhrerBe- alle Freunde IhresHauses beiIhrem rufstätigkeit dieserAufgabeinHalle zu Ringenumdie Erhaltung derdie Stadt stellen? prägendenkulturellenEinrichtungen RSt: Ichhabedie Arbeit, die ichim unterstützen? Laufe meinerBerufstätigkeit machte,nie RSt: Indemsie überall und immerwie- als Last, sondern immerals Lebens- elixierempfunden. Da erschienmir das unverzichtbar fürOrchesterund Oper Angebotaus Hallezur Gründung der in Halle, weil es einAlleinstellungs- GmbH dochnocheinmal eine reizvolle merkmal darstellt.DurchHändelist Aufgabe zu sein.Essollte sichjaauch Halle weltbekannt, seinerWerke willen nur um zweiJahre handeln.Inzwischen kommenBesucheraus derganzenWelt sind darausüberfünf geworden, weil nachHalle und deshalb ist die Absage wirdie Mühender Bergenie wirklich derHändelfestspieleebenein Debakel hinter uns gelassenhaben,immertauch- mit weltweiterWirkung. tenneueHürdenauf und mit denzu- Mitt: Ist es richtig, dass die Theater, nehmendenJahrenwuchsenmir die Operund OrchesterGmbH als eine der Sache und die Menschen, um die es hier wesentlichenSäulen derHalleschen in Halle geht, immermehrans Herz. Händelpflege betrachtetwerdenmuss? Mitt: KonntenSie und könnenSie,wie RSt: WieGöttingenzeigt, geht es auch man so sagt, etwas bewegeninHalle? ganz anders, aber in Halle kann der Haben sich Ihre Erwartungenerfüllt? Beitrag, dendie Theater, Operund Or- RSt: Die Ve reinigung derhalleschen chesterGmbH leistet, in derTat als eine Bühneninder Theater, Operund Orches- entscheidende Säule derHändelpflege terGmbH ist erfolgreichrealisiert wor- angesehenwerden. Gäbeesdie Staats- den. Die künstlerische Leistungsfähigkeit kapelle,das Händel-Festspielorchester, wurde erhaltenund sogar gesteigert. die Opernicht, brauchte es zumindest Die wirtschaftlichenAuflagenund Ziele wesentlichhöhererZuwendungen zur 7 sind voll umgesetzt worden. Wirhaben Durchführung vonHändel-Festspielen von 2009 bis 2012 die Zuschüsse um in Halle,während eine Präsentation sei- über 5Millionen Euro gesenkt und zu- nerWerke über das gesamte Jahr wohl sätzlichnochKostensteigerungenaus eher nicht stattfindenkönnte. Tariferhöhungenvon etwa 3Millionen Mitt: We lche Pläne,Projekte und Vor- Euro aufgefangen. Insofern kann ich haben gibt es in denSpartenIhresHau- überhaupt nicht unzufriedensein. Nur sesfür die kommende Spielzeit und dar- gibt es eben keinenPunkt, wo man sagen über hinaus?Können diese realisiert könnte, die Probleme sind bewältigt, werden–bei dengenanntenfinanziel- von nun an läuft allesingeregeltenBah- lenEinschränkungen? nen. Wiewir sehen, sind die Herausfor- RSt: Wirwerdenunsere anspruchsvol- derungen nochgrößergeworden. lenPläne für die Spielzeit 2013/2014 in Mitt: Sie haben im vergangenenJahr vollemUmfang umsetzen, das ist auch das Projekt, einSonderheft unserer wirtschaftlichgesichert.Danachwird es »Mitteilungen« zu »90 JahreHändel-Oper auchweitergehen, wie,hängt von der in Halle«herauszubringen,tatkräftig Klärung derfinanziellenVoraussetzun- unterstützt.WelcheBedeutung messen genab, nochgibt es dazu keine verbind- Sie derAufführung Händel’scherOpern lichenBeschlüsse.Wir sind dadurchin in Hallezu, welche Bedeutunghat aus unserenPlanungenerheblichbehindert. IhrerSicht Händelfür Halle? Mitt: Haben Sie außerOperund Thea- RSt: Händelist eingroßesGlückfür ternochandere Leidenschaften? Bleibt Halle, die Aufführung seinerWerke ist dafür Zeit? RSt: Bedarf es denn außerMusik und benwürde.Nein, es gibt beimir keine TheaternochandererLeidenschaften? Lieblingssparten. Ichhabegrößte Hoch- Und wenn, so findensichdafür auch achtung vor allenKünstenund allenAk- Zeit und We g. teuren, so sie sichernsthaft und leiden- Mitt: Bleibt Zeit für die Familie? schaftlichihremMetierhingeben, ich RSt: Ein erfülltesBerufslebenbetrach- leide unterSchlechtemund habeFreude te ichals gute Grundlagefür einharmo- am GelungeneninallenSpartengleicher- nischesFamilienleben, das war beimir maßenund dementsprechendmöchte zeitlebens so. ichauchdazu beitragen,dass sichalle Mitt: Schlägt Ihr Herz mehr für das Gattungen gut entwickeln. Schauspieloderfür Operund Orches- Mitt: Herr GeschäftsführerStiska, wir termusik?WelcheMusik liebenSie? dankenIhnenherzlichfür diesesGe- RSt: Ichkam persönlichund im Beruf sprächund wünschenIhnenvor allem über das Schauspielzum Musiktheater. stabile,gute Gesundheit, Durchstehver- Als Generalintendant in Chemnitz wur- mögenund unbeirrbar Freude beider de ichanfangs immerkritischbeobach- Erfüllung IhrerAufgaben. tet, welcherSparteich denVorzug ge-

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ZurFlutkatastrophe dieKulturkatastrophe

Stellungnahmedes Vorstandsdes »Freundes-und Förderkreisesdes Händel-HauseszuHalle e.V.« vom6.Juni2013 zurAbsageder Händel-Festspiele 2013

Zur Flutkatastrophe wurde die Katastrophe aufkulturellemGebiet hinzugefügt.Während die Naturkatastrophenicht verhindert werden konnte,ist die Absage derdiesjährigen Händel-Festspiele eine Kultur- katastrophe,die auf eine politische Entscheidung zurückzuführenist. Denvon derFlutkatastropheBetroffenengilt unsere ganze Solidarität. Wirstehenwie alle MenschenunsererStadt, unsererRegion und des ganzenLandesindiesenStundenund Tagender NotanihrerSeite. DenmateriellenSchädendurchdie Naturgewaltensind nun aber Schä- denauf kulturellem, künstlerischemGebiethinzugefügtworden. Für eine solche Entscheidung gabeskeine Sachzwänge,dabis auf wenige Ausnahmenalle Spielstätten derHändel-Festspielebespielbar sind. Künstlern und Publikum ist durchdiese Entscheidung zugleichdie Möglichkeit genommenworden, sich–inähnlicherWeise wiedie Ve r- anstaltereinesFußballspielsinHallesNachbarstadtLeipzig –inden Ve ranstaltungen derHändel-Festspielemit denNotleidendensolida- rischzuzeigen. Nicht allein dermaterielle Schadendieserpolitischen Entschei- dung ist immens, derSchadenauf kulturellemund künstlerischemGe- biet, derImage-Schadenfür die Kultur in derStadt Halle und im Land Sachsen-Anhaltist nicht zu beziffern.Die Existenz derHändel-Fest- spiele insgesamt ist bedroht. Wirsind gleichden Künstlern und Organisatorender Festspiele, derenz.T.überein Jahr währende Vorbereitungsarbeitnun vergebens war, und zusammenmit Künstlern und Händel-FreundeninallerWelt fassungslos über einensolchenUmgangmit Kunst und Kultur in unse- rerStadt und in unseremLand.Der Image-Schadenfür dieStadt Halle und ihre Kultur ist irreparabel. Es ist unredlich, autokratischeine Entscheidung ohne Beratung mit 9 denBeteiligtenüberAlternativenzutreffen. Unredlichist auch,künst- liche Gräben zwischenden vom HochwasserBetroffenenauf dereinen Seite und Künstlern und Gästender Händel-Festspiele auf deranderen Seite aufzureißenund die einengegen die anderenauszuspielen. Durchdiese übereilte politische Entscheidung ist die Chancever- gebenworden, mit denHändel-Festspielenein Zeichender Solidarität mit denBetroffenenweltweit sichtbar zu machen. Wirunterstützenden OffenenBriefder Künstler von Operund Staatskapelle Halle. Wirfordern von denfür diese Entscheidung politischVerantwort- lichenein Bekenntnis zu denjährlichenHändel-Festspielenund zu de- renfinanziellerAbsicherung.Wir fordern sie auf, die finanziellenund künstlerischenFolgen ihrerpolitischenEntscheidung zu übernehmen. Händelbraucht weder Wagner noch Verdi zu fürchten, aber...

Manfred Rätzer

Das Wagner- und Ve rdi-Jahr führte zu einerentsprechendenSchwer- punktbildung in denSpielplänender Opernhäuser, beeinträchtigteje- dochinkeinerWeise die Bedeutung derHändel-Opern als Repertoire- Oper. Der»Händel-Boom«ist ungebrochen, auchinder Spielzeit 2013/14.Die quasierste Händel-Opern-Premiere derneuen Spielzeit fand bereits Ende August im Schloss Batzdorf(beiMeißen) statt, wo die BatzdorferHofkapelle eine auf denrömischenKantatenHändels beruhende neue Pasticcio-Oper DerLiebeswahn (mit derhalleschen Sopranistin Marie Friederike Schöder) herausbrachte.Sie wird auchzu dennächstenHändel-FestspieleninHalle zu sehensein. Nachnochunvollständigen Angaben werdenallein in den deutschsprachigenOpernhäusern Europas mehr als 20 Händel-Opern 10 im Spielplan 2013/14 neuinszeniert werden. Darunterbefindensichwie- dereinige besonders interessante Aufführungen. So wird Magdeburg die Oper Ottone in derFassung Te lemanns (Otto)herausbringen. Da die OperHalle kürzlichmit großemErfolg (ausverkaufte Vorstellungen!) die Te lemann-Oper Dergeduldige Sokrates in derRegie AxelKöhlers aufführte,hätte man zu denbeiderseitigen FestspieleneinenAustausch organisierenkönnen. Die hallesche Aufführung war eine derbesten Inszenierungender letztenJahre,die es unbedingt verdient hätte,in die Händel-Festspiele aufgenommenzuwerden. Vielleicht lässt sich für 2015 eine Reprise einplanen. Fürdie Händel-Festspiele 2014 werdennicht weniger als fünf Original-Opern (Arminio, Riccardo Primo, Amadigi di Gaula, Almira, Giove in Argo), davon vierszenisch, und eine neue szenische Pasticcio- Operangekündigt.Woinder We lt wird am gleichenOrt und zur glei- chen Zeit einAchteldes Opernwerks Händels aufgeführt? Das dürfte rekordverdächtig sein! Damit erweist sichHalle als wahres»Mekka« derHändel-Oper(und damit auchder Händel-Pflege insgesamt). Es scheint also allesinbesterOrdnung zu sein.Vom künstlerischen Gesichtspunkt aus gesehenstimmt das auch. In 91 JahrenHändel-Fest- spiele (seit1922 sporadisch, ab 1952 jährlich) hat sichein Erfahrungs- schatz angesammelt, derfür höchste Qualität bürgt und Halle (auch demLand Sachsen-Anhalt)hohesinternationalesAnseheneinbrachte und»noch« einbringt. Große Gefahr droht nunmehr aber von derPolitik, insbesondere einer völlig verfehltenKulturpolitik! Es dürfte bishereinmalig sein, dass in der jährlichenKritiker-Umfrage derZeitschrift Die deutscheBühne für die Spielzeit 2012/2013 die Landesregierung Sachsen-Anhaltfür ihre Kul- tur-, speziell Theaterpolitik, in derRubrik »Enttäuschung derSaison« fünfmal genanntund angeprangertwurde. Die Kulturpolitik von Mi- nisterpräsident, Finanz-und KultusministerriefProtesteinganz Deutschland hervor und brachte demLand wiedereinmal negative Schlagzeilenein. Zum gleichenZeitpunkt erhöhtendie BundesländerSachsen, Thüringenund Berlin ihre Kulturetats deutlich, Berlin um 27 Millionen Euro (auchumendlichdie ausbeuterischenHaustarife durcheine tarif- liche Entlohnung ersetzenzukönnen). Anlässlichder diesjährigenVerleihung derGoethe-Medaille in We imar betonte derFestredner, in derinternationalenWahrnehmung seienBildung und Kultur entscheidend fürs Überleben. Es macht stutzig und lässt mancheserahnen, dass man ausgerechnetauf diesenbeiden GebietenHalle denGeldhahnzudrehenwill. AndereLänderwissenalso, woraufesheute ankommt.Nur Sachsen- Anhalt findetfür seine finanziellenProbleme keine andere »Lösung« alsSparenund nimmt dabei keine für das Fortbestehendes Landes 11 nochsowichtigenBereichedes gesellschaftlichenLebensaus, auch wenn die dadurchgewonnenen SummenimGesamtverhältnis ver- schwindend gering und die negativenFolgenunabsehbarsind.Nach wie vor liegt Sachsen-Anhalt mit seinerAbwanderungsquote derBevöl- kerung in Deutschland deutlichander Spitze.Die Förderung von Wis- senschaft und deskulturellenLebensist unterdiesenUmständenle- bensnotwendig für die Erhaltung derLebensqualität derBevölkerung und für die Investitionstätigkeit und die Schaffung neuerArbeitsplätze durchdie Kapitalgeber. Nimmt man für wenige MillionenErsparnis denNiedergang desLandesund damit denVerlustvielerMillionenin Kauf, so nutzt auchdas nochso»frühe Aufstehen« derArbeitslosen nichts mehr. Beieinemfür 2014 geplantenKulturetat von wiederum weit we- nigerals 1% desHaushaltsvolumens kann durchStreichungenohnehin kein Landeshaushalt saniert werden. Schon gar nicht können die ge- ringen Summenfür die Rückzahlung derSchuldeneine Rolle spielen. Mehrfachversuchte derMinisterpräsident, die Bevölkerung mit der Feststellung einzuschüchtern, wir dürftenunserenKindern und Enkeln nichtdie Zukunft verbauen undmüsstenihnendurchAbbau derSchul- denEntwicklungschancenlassen. Fast jederweiß, dass die auchin Deutschland angehäuftenSchuldenauf normalemWegeund in über- schaubarenZeiträumennicht zurückgezahlt werdenkönnen. Denken wir nur an die astronomischenSchuldender führendenWeltmacht USA. Fast in jedemJahr muss vom Kongress die gesetzlichfestgelegte Schul- denobergrenze weiterheraufgesetzt werden, um denStaatsbankrott zu vermeiden. VonSchuldenabbau ist keine Rede.Schuldenabbau könn- te es durchSchuldenerlasse (z.B. Griechenland), Schuldenentwertung durchInflation oderdurchWährungsreformen(mit dennegativenFol- genbesonders für densogenannten»KleinenMann«) geben. Richtig ist auf jedenFall, was derbedeutende Politikerund halle- sche EhrenbürgerHans DietrichGenscher(derschon zu DDR-Zeiten Händel-Opern-Aufführungen in Halle besuchte)von uns und vor allem von derLandesregierung erwartet, um aus dergegenwärtigenLage her- aus zu kommen, nämlich»dass in SachenKultur und Wissenschaft in Sachsen-Anhalt eine neue Prioritätensetzung unabdingbar ist, Sachsen- Anhalt ist einKulturlandund wir sind es uns selbst und auchunseren Kindern schuldig, dass das so bleibt.Das Kulturland Sachsen-Anhalt muss Kulturland bleiben.« Als Hallensererhoffe ichein Umdenkender Bundesregierung, derLandesregierung und desOberbürgermeisters.Die Hallensersähen ihre Repräsentantensichergernöfterinden Ve ranstaltungender Kultur- institutionender Stadt, damit sie sichüberdie deutsche und internatio- 12 nale Bedeutung derhalleschenKultur informieren und sich darüber freuen, dass die Stadt im Ve rgleichzuvielengleichgroßendeutschen Städtendurchausden fiktivenNamen»Kulturhauptstadt«zuRecht trägt, auchwennsie nicht, wie nun von derStadtspitze gewünscht, for- mal »Händelstadt«heißt. Die Bundesregierung steht –wie immerwiederbetont wird –an derSpitze einesder reichstenLänder. Könnte nicht einkleinerTeilder milliardenschwerenFehlinvestitionenfür Kultur und Wissenschaft ab- gezweigt werden? Die Landesregierung sollteihre fast einzige Trumpfkarte Kultur und Wissenschaft endlicherkennenund tun, was demLand tatsächlich hilft,sowiedie StadtHalle in ihrerBedeutung für das Land unterstüt- zen. Ein Spitzenorchesterwie die Staatskapelle ist für das Renommee desLandes(letztlichauchfinanziell)ungleichwichtigerals dreiMillio- nenEuro Einsparung. VomOberbürgermeister muss man erwarten, dass er sich fürdas hallesche Theaterund die Staatskapelle mit dergleichenIntensität ein- setzt (und für derenvollständigenErhalt kämpft), wie für die (selbstver- ständlichauchsehrwichtige)neueEissporthalle. Eine nachgeholte Premiere: Händels Almira –Königin vonKastilien HWV1auf derhalleschenOpernbühne

CordulaTimm-Hartmann

»Wir hoffen, derHimmel/wird nachdem Getümmel/uns wiedermit freudigenBlickenbegrüßen...« Diese Hoffnung steht am (guten) Ende derOper Almira,der Hausproduktionder OperHalle zu dendiesjähri- genHändelfestspielen.Die »freudigenBlicke«der Zuhörer jedenfalls warenden Ausführenden gewiss: Nachdem »Getümmel« desHoch- wassers und derkurzfristigenAbsage derHändel-Festspiele botdie nach- geholte Premiere am 21. Juni einwohltuendesund geradezu beglü- ckendesErlebnis.Das Publikum, das trotzfehlenderFestspielbesucher in großenScharengekommenwar, applaudierte nachdreieinhalb kurzweiligenStundenreichlichund begeistert. 13 Im Frühjahr 1703 war derachtzehnjährige Händelvon seinerHeimat- stadt Halle nachHamburggewechselt.Als Geigerund Cembalist an derOperamGänsemarkt lernte er das dortige Opernrepertoire kennen, das bis auf eine Opervon Johann Mattheson ausschließlich aus We rken desOperndirektors und erfolgreichenOpernkomponistenReinhard Keiserbestand.Händelselbst hatte aber aucheigene Kompositionenvor- zuweisen. Das Urteil seinesFreundesund Förderers Johann Mattheson dazu fielallerdings rechtnüchtern aus: Händelhabe, befand Mattheson später, zu derZeit»sehr wenig vonder Melodiegewußt«, schrieb»lan- ge,lange Arien, und schierunendliche Cantaten, die dochnicht das rechte Geschicke oderden rechtenGeschmack, ob wohl eine vollkom- mene Harmoniehatten; wurde aber bald,durchdie hohe Schule der Oper, gantz anders zugestutzet« (Johann Mattheson, Grundlage einer Ehrenpforte,Hamburg1740, S. 93). Das erste Ergebnis dieser»Zurecht- stutzung«, die Oper DerinKrohnen erlangte Glücks=Wechsel / Oder: Almira, Königin vonCastilien,lässt uns staunen: Händels Bühnenerstling wurde gleichdie erfolgreichste seinervierHamburger und damit deutschsprachigenOpern; sie ist auchdie einzige derfrühenOpern, derenPartitur erhaltengebliebenist (zur ausführlichenEntstehungsge- schichte siehe denBeitrag von Te resa Ramer-Wünscheinden Mittei- lungen 1/2013). »Lange,lange Arien« sucht man hiervergebens –und auchmit derMelodie muss sichder fast Zwanzigjährigegründlich beschäftigt haben:Vergnüglichund keine Minute ermüdend präsentiert sichdas von Händelselbst »Sing-Spiel« genannte We rk demHörer. Dazubietetdas Libretto von Christian FriedrichFeustking beste Vor- aussetzungen. Natürlichdreht sichallesumLiebe und Eifersucht –und das aufgrundder verwickeltenBeziehungen ordentlichverwirrend. Die junge Königin Almira liebt das bürgerliche Findelkind Fernando, ist aber verpflichtet, einenNachkommenihresVormunds Consalvo zu heiraten. Am Ende –Fernandowird als verlorengeglaubterSohn Con- salvos erkannt und so derEhe mit derKönigin würdig –findensichmit Almira und Fernando, Ediliaund Raymondo und Bellante und Osman dreiglücklichvermählte Paare.Die Hamburgererfreutensichvor mehr als 300 Jahrenander vielgestaltigenund barockenAbwechslung für Augenund Ohren: Präsentiert wurde fürstliche Prachtentfaltung, ein Aufzug mit allegorischenFigurenund Ballett, Prunkwagen, Kerkerszene und schillernde Kostümesowie verschiedene Bühnenmusikenund ne- benden deutschenauchitalienische Arien. Diese barocke We lt für heu- tige Opernfreunde in Szene zu setzen, hat demRegisseur und halle- schen OpernhausintendantenAxelKöhlersichtlichSpaß gemacht.Mit Witz, Leichtigkeit und Te mpo bringt er die Handlung auf die Bühne, auchumden Preis von Kürzungenund Umstellungen. ZentralerBlick- 14 fang (Bühnenbild: Frank Philipp Schlößmann,Kostüme:Katharina We ißenborn)imInnenraumist eine riesigegoldene Krone,deren Ge- stalt auchfür einenKerkerherhalten muss.ImMittelpunkt desLiebes- gartens steht einAmor als Brunnenfigur, zunächst als Wasserspender, derspäteraberals Liebesgott (Rafał Zeh) völlig überraschendsehrle- bendigwird und denrundumglücklichenAusgang derLiebesverwir- rungentatkräftig unterstützt.

Rafał Zeh(Amor), InesLex (Almira), Björn Christian Kuhn (Tabarco) We ithinverantwortlich für denvollkommengelungenenAbend sind die Sängerinnenund Sängersowie das Händelfestspielorchesterunter Leitungdes in Halle bereits bekanntenAndreas Spering, deresver- steht, das Zarte und JugendlichedieserMusik, die ihre Vorbilderinder Musik derHamburger Protagonisten Keiserund Mattheson, in der Ve rarbeitung deutscher, französischerund italienischerEinflüssehat, herauszuarbeiten. Mit seinersensiblen und sorgfältigenFührungge- lingt es Spering, auf Händels Interesse am Gesamtaffekt einerArie,ander klarenFührung dermelodischenLinie hinzuweisen. Feine klangliche Nuancierungender verschiedenenEnsemblegruppierungenüberzeugen ebenso wie die opulente,dennochumsichtig und feinfühligagierende Continuo-Gruppe.Wunderbar ist das Ensemble derachtVokalsolisten, unterdenen vielleicht InesLex als Protagonistin und Ye reeSuh als de- renSchwesterEdilia besonders glänzen, aber auchdas stimmliche wie komödiantische Talent von Roland Schubert(Consalvo, AlmirasVor- mund)unbedingt hervorgehoben werdenmuss.Christian Zenkerals Consalvos Sohn Osman, MichaelSmallwoodals das vermeintliche FindelkindFernando, Almirasentfernte Ve rwandte Bellante (Melanie Hirsch),der mauretanische König Raymondo (Ki-Hyun Park), Björn Christian Kuhn als komischerDienerTabarco –jeder ist in seinerPartie am richtigenPlatz und Te il einesharmonischagierendenund dynami- 15 schenEnsembles.

EinWermutstropfenbleibt:Die vomFreundes- und Förderkreis desHändel-HauseszuHalle e.V. geplante CD-Produktion im La- belQuerstand,deren Finanzie- rung dank derVermittlungdurch denBeiratsvorsitzendendes Freundeskreises Dr.JürgenFox durchdie Saalesparkasse erfolgen sollte,konnte nicht realisiertwer- den, da diezugrunde liegende Rundfunkaufnahme ins (Hoch-) Wasserfiel.Umso mehr seienden Freundenvon Händels Musik die MichaelSmallwood (Fernando), Ye reeSuh (Edilia), Christian Zenker(Osman), Melanie kommendenVorstellungen Hirsch(Bellante) wärmstens empfohlen.

Nächste Aufführungen: Sonntag, 17.November 2013 (15 Uhr)und Freitag, 3. Januar 2014 (19Uhr); Freitag, 28. Februar (19Uhr); Samstag 12.April (19Uhr); Mittwoch11. Juni (19 Uhr). DasHändelfestspielorchester Halleinformiertüberdie

Händelfestspielorchester in derOper

Almira,Königinvon Kastilien SingspielindreiAkten vonGeorg FriedrichHändelHWV 1 Libretto vonFriedrich Christian Feustking Gemeinschaftsproduktion derOperHalleund derHändel-FestspieleHalle

MusikalischeLeitung:Andreas Spering Inszenierung:AxelKöhler Wiederaufnahmeam17. November 2013 in derOperHalle WeitereVorstellungen: 03.01.2014,28.02.2014, 12.04.2014,11.06.2014

Gastspielinder Semperoper Dresden

L’impresario delleCanarie/Sub-Plot Intermezzovon Giambattista Martini/Lucia Ronchetti Gemeinschaftsproduktion derSemperoperDresden undder Oper Halle

MusikalischeLeitung:FeliceVenanzoni Inszenierung:AxelKöhler Premiere am 6. April2014inder Semperoper Dresden 16 WeitereVorstellungen:13.04.2014, 20.04.2014,01.05.2014, 01.06.2014

Händelfestspielorchester im Konzert HändelzuHause –Konzertreihe desHändelfestspielorchesters Halle

Mittwoch,22. Januar2014, 19.30Uhr Aula derUniversität im Löwengebäude MITFEUER UNDBRAVOUR GeorgPhilipp Telemann: Konzerta-Mollfür Blockflöte,Viola da gamba,Streicher undB.c.TWV 52:a1 Carl FriedrichAbel: 3Solostückefür Violadagamba ausdem New Yorker Autograph Johann Gottlieb Graun: KonzertD-Dur fürViola da gamba,Streicher undB.c.GraunWV A:XIII:4 Johann ChristianBach: Sinfonieg-Mollop. 6Nr. 6WarbC12 Giuseppe Tartini: KonzertA-Dur fürViola da gamba,Streicher undBasso continuo Carl Philipp Emanuel Bach:OrchestersinfonieF-Dur Wq 183Nr. 3

Vittorio Ghielmi, Leitung undViola da gamba

Donnerstag, 20. März 2014,19.30 Uhr Marktkirche UnserLiebenFrauen JOHANNISFEST GeorgPhilippTelemann: »Gelobet seider Herr,der Gott Israel«Oratorium zumJohannistagTVWV1:602/1216

SusanneEllen Kirchesch, Sopran |David Erler, Altus|RobertSellier,Tenor |Ki-Hyun Park, Bass |Arttu Kataja,Bass|Hallenser Madrigalisten |BernhardForck, Leitung undVioline weitereSpielzeit2013/14

Freitag, 25. April2014, 19.30Uhr neuestheater

ARIADNESLEIDEN Pietro Antonio Locatelli:Concerto grosso Es-Dur op.7Nr.6»Il pianto d’Arianna« GeorgAntonBenda:»Ariadneauf Naxos« Melodram

Ensemble Studio Halle derHochschulefür Musikund Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Axel Poike, Regie|BernhardForck, Leitung undVioline

WeitereTermine:26.04.2014, 19.30Uhr und27.04.2014, 18.00Uhr

HändelsSchätze –Musik im Dialog

Mitgliederdes HändelfestspielorchestersHalle auf historischen InstrumentenimKammermusiksaal desHändel-Hauses

Mittwoch,20. November 2013 HANDEL FOR AFLUTE 17 DasbesondereExponat:Flötenarrangementsvon Händel-Opern fürdie HausmusikpraxisinLondon um 1725 (Originaldrucke) Werkevon GeorgFriedrich Händel, Johann Christoph Pepusch, HenryPurcell u. a. ConstanzeKarolic undMartina Quaas, Blockflöte |Petra Burmann, Chitarrone |Wolfgang Starke,Violoncello|BernhardProkein,Cembalo Gesprächsleitung:ChristianeBarth,KustodinStiftungHändel-Haus

Mittwoch,29. Januar 2014 MITLEICHTEMBOGEN VIRTUOSGESPIELT Dasbesondere Exponat: Streichbögen derSammlungStiftung Händel-Haus Werkefür 3Violinen undBasso continuo von HenryPurcell, JohannPachelbel, JohannHeinrichSchmelzer, Biagio Marini undGiovanniGabrieli BernhardForck,BirgitSchnurpfeil undDietlindvon Poblozki, Violine|Anne Well,Violoncello |KatrinWittrisch,Cembalo Gesprächsleitung:ChristianeBarth,KustodinStiftungHändel-Haus

Weitere Informationen zu allenVeranstaltungen: www.buehnen-halle.de Vorverkauf:Theater- undKonzertkasse,Große Ulrichstr. 51, 06108Halle,Tel.0345/51 10-777 Öffnungszeiten: Mo–Sa,10–20 Uhr(währendder SpielzeitpauseimSommerverkürzte Öffnungszeiten) Änderungenvorbehalten!

Das Händelfestspielorchester Halleist Mitglieddes »Freundes- undFörderkreises desHändel-Hauses zu Hallee.V.« DieKammerAkademieHalle – Verborgenesneu entdecken

ConstanzeWehrenfennig

NacherfolgreichenKonzerteninder vergangenenSpielzeit ist die Kam- merAkademie Halle*unterihremDirigentenFelix Bender–seitSeptember 1. Kapellmeisterder Robert-Schumann Philharmonie Chemnitz –indie neue Konzertsaison gestartet. In unserem ersten Konzert zum Ausklang desdiesjährigenDieskauerMusiksommers konntenwir dreineueStipen- diatender KammerAkademie Halle für diese Spielzeit begrüßen. Sie werden unteranderemdurchihre Mitwirkung in Sinfoniekonzertender Staatska- pelle Halleund durchsolistische Aufgaben in denKonzertender Kam- merAkademie eine Förderung ihrermusikalischenLaufbahn erfahren. UnsererLeitideefolgend, nicht nur Talente zu fördern, sondern un- sere Begeisterung für Musik besonders an die jungeGeneration weiterzu- geben, gastierenwir im Oktober im TheaterinZeitz vor jungemPublikum im Alter von 12 bis 18 Jahren. Zu diesemKonzert haben wir als Solisten denerst 14 jährigen1.Preisträgerdes diesjährigenBundeswettbewerbes 18 »Jugend Musiziert«und Stipendiat derStiftung DeutschesMusikleben ChristianSobbe(Musikzweig Latina)amSchlagzeug eingeladen. In Halle kennt jederdas Peißnitzhaus,das nachseinerwechselvollen Geschichte als Ball-und Gesellschaftshausseit1893 schließlichab1952 Pionierhaus war.Seit2003 saniert derVerein»Peißnitzhaus e.V.«das Schlöss- chen auf HallesgrünerInsel. Zielist es,einenOrt dergenerationsüber- greifendenBegegnung zu schaffen. DiesemZielfühlenwir uns als Kam- merAkademieHalle verbundenund planen mit demVerein»Zur Förde- rung derfreienKulturlandschaft«ein Benefizkonzert am 26. Oktober in denArkadenneben demPeißnitzhaus. In der»Kammermusik Extra«der Staatskapelle Halle am 24. 11. mit Mitgliedern derKammerAkademie erklingenunterder Leitungvon Felix Bender u.a. zwei Streichquartette und eine Serenade von Bernhard Sekles. Deram20. März1872geborene deutsche Komponist, Schülervon Engelbert Humperdinck, gründete in Frankfurt/Mainals Direktor desHoch’schen Konservatoriums 1928 –gegen heftigenWiderstand konservativerKreise –die ersteJazzklasse überhaupt.Die Bandbreite seineskompositorischen Schaffens reicht vom spätromantischenGestus bis zur Grenze derAtona- lität.1933 wurde seine Musik durchdie nationalsozialistischenMachthaber verbotenund gerietdaraufhin in Ve rgessenheit.Mit diesemKonzert soll die Musik von Bernhard Seklesfür hallesche Hörerneu entdecktwerden.

*Der eingetragene Ve rein KammerAkademie Halle ist Mitglieddes »Freundes- und Förderkreisesdes Händel-HauseszuHalle e.V.« Händel-Bildnisse nachThomas Hudson in denSammlungen derStiftungHändel-Haus*

EdwinWerner

2. Gemälde nachThomasHudson im Händel-Haus

BeiNachkommenvon Händels Schwesterwar außer demHudson- Gemälde von 1748/49 einunsigniertes, vermutlich in derzweitenHälf- te des18. Jahrhunderts angefertigtesBild überliefert, beidem sichder Malermit einigenAbweichungenanHudsons Porträt orientiert haben könnte.Möglicherweise hat die Familieseinerzeiteineneinheimi- schenKünstlerbeauftragt, einsolchesPorträt nachHudsons Vorbild zu malen, um demWunschweitererFamilienmitgliedernacheinemBild ihresberühmtenVerwandtenentsprechen zu können.1 Dass es wäh- rend Händels eventuellemHalle-Aufenthalt 1750 »nachdem Leben« entstandenseinkönnte, ist wegender formalenAbhängigkeit von 19 Hudson nicht wahrscheinlich(aber auchnicht ganz auszuschließen). Und unabhängig von derFrage,obdas Hudson-Porträt tatsächlichals Vorbilddiente,handelt es sichumein eigenständiges, sorgfältig ausge- führtesPorträt.Vielleicht hatte derMalerdie Möglichkeit, Händelselbst kennenzulernen: Unteranderemweichen die Frisur derPerücke etwas und die Bekleidung deutlich von derbei Hudsonab. Letztere ähnelt auffallend derinanderenHändel-Darstellungen, so dass sie eventuell alszuHändels Garderobegehörig identifiziert werdenkönnte,die er folglichauchbei einemBesuchinHalle getragenhaben mag.Fragen derEntstehungdes Gemäldesbleiben aber weitgehend offen, nicht zuletzt weil das Bild nicht signiertund derMaler nicht bekanntist. Trotz allerSymbolik und (für solche Porträts typischen) Darstellung des(Berufs-) Standes(hier: die Notenrolle in derHand, was auchdie aufdem TischliegendengebundenenBände als Partiturenkenntlich macht)lässt die bildlichgestaltete gesellschaftlichdeutlichherausge- hobenePosition desPorträtierten(u. a. wegendes Hintergrunds mit denschwerenSamtvorhängensowie durchdie kostbare Kleidung)

*Fortsetzung desArtikels Händel-Bildnisse nachThomasHudson inden Sammlungen derStiftung Händel-Haus, Mitteilungen 1/2013,S.52-55. 1Das Gemälde befindetsichheute nochimFamilienbesitz und wird derStiftung Hän- del-Haus als Leihgabeüberlassen. eher an einenwohlhabenden, Land besitzendenAdligendenkenals an einenKomponisten. Darüber hinaus aber vermeidetder Malerweitge- hend die in Hudsons Arbeitdominierende »Pose«.

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Georg FriedrichHändel Anonymus, 2. Hälfte 18.Jh.,Ölauf Leinwand, 102x126 cm Im Privatbesitz Ulf Wagner, Radebeul

Zwar ist wie beiHudsonein selbstbewusster Künstlerdargestellt, aber weit entspannter,ohne denauftrumpfend aufgestütztenrechtenArm, ohne dendistanzierten,indie Ferne,ineine »andere We lt«gerichteten Blick, sondern ganz demBetrachterzugewandt, wie es,gehtman von seiner Musik aus oderseinenphilanthropischenNeigungen, Händels Persönlichkeit wohl entsprachbzw.wie ihn die Familie aus seinen Briefen und auchper Angesicht zu kennenglaubte.Dem gegenüber ist das »Original«, Hudsons Gemäldevon 1748/49, beiweitemrepräsen- tativer(und entsprach sicherlichauchperfekt Hudsons Vorstellung von einem»begnadeten«Künstler).2 Ebenfalls nachdem Hudson-Original entstand einanderesGemälde aus demletztenVierteldes 19.Jahrhunderts, eine Grisaille-Malerei von Carl Jaeger, das sichinder Sammlung derStiftung Händel-Haus befindet. Die physiognomischenDetails, einschließlichder Perücke stimmenmit denenHudsons weitgehend überein. Hauptsächlichdurch die Beschränkung auf einBrustbild erreicht derMalerallerdings gegen- über demGemälde von Hudsoneine andere Gesamtanmutung.Und die durchdie Grisaille-Technik genährte Illusion einesfarbigenBildes suggeriert bräunlicheAugen, die beiHudson als blau zu erkennensind.

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Grisaille-Malereivon Carl Jaeger, 1870/71(BS-I 083)

Jägermalte das Porträt auf Ve ranlassung desFriedrich-Bruckmann- Ve rlagesinMüncheninnerhalb einesZyklus von zwölf Brustbildern DeutscherKomponisten.Diese wurdendurchE.F.Rimbaults Edition als Galerie deutscherTondichter (1873) mit Vignettenvon F. Wanderer

2Zur Beschreibung desBildesund seinesAusdrucks vgl.Wolfgang Schenkluhn: ZwischenRepräsentation und Selbstdarstellung –Die spätenHändelporträts von Thomas Hudson,in: Händel-Jb. 49 (2003), S.193–210. 3Gallerie deutscherTondichter/PhotographiennachOriginal-Gemäldenvon Carl Jäger. BiographischerTextvon Ed.Hanslick, München, [1872]; vgl.GertRichter, Das Händelporträtvon Carl Jaeger,in: Händel-Hausmitteilungen 2(1994), S.25-28. sowie Te xtenEduard Hanslicks in mehrerenAuflagenveröffentlicht.3 Das Bild wurde in derFolgezeit häufig reproduziert und variiert, u. a. auchals Stahlstich von Johann Bankel (BS-I 077), dessenGraphik wie- derum als Vorbild für andere Darstellungendiente (z. B. für A. F. G. NeumannsHändel-Porträt, BS-I 084). Eine weiteresGemälde,von demman auf denerstenBlickannehmen möchte,essei direkt nachHudson gestaltet, was sichaberbeimgenau- eren Hinsehennicht bestätigt, befindetsichebenfallsinder Händel- Haus-Sammlung: eine Miniaturvon A. Herrmann in einemElfenbein- rahmen, BS-I 002.

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Miniatur von A. Herrmann, Aquarell und Guache auf Pergament, 19.Jh. (BS-I 002)

Gegenüber demHudson-Gemälde handelt es sich um eine seitenver- kehrteDarstellung.Außerdemdifferiert auchhier, wie beiJaeger, die Augenfarbe.Dieslegtdie Ve rmutung nahe,dass Herrmann sichnicht am Gemälde sondern an einerihm zugänglichenGraphik orientierte. Dafür kämenz.B.eine Lithographievon HerrmannsZeitgenossen S. Rosenthal (BS-I017)oderunterUmständenaucheine Lithographie von R. Hoffmann (BS-I 075) in Betracht. Miniaturenaus dem19. Jahrhundert sind in ihrermeist nicht so feinenund sorgfältigenAusführung mit denenaus dem18. Jahrhundert kaum vergleichbar.ZuweilenhattensichMalerauf Porträts berühmter Persönlichkeitenspezialisiert, die sie dannin»Serien« produzierten. Zu dieserArt gefragter »Devotionalien« zählt wohl auchunsere Mini- atur: DerRahmenaus Holz, beklebt mit Elfenbein-Plättchen, wirkt sehr laienhaft hergestellt, was ebenfalls auf eine Kostensparende Seri- enfertigung hinweisenkönnte.Abgesehenvon solchenäußerlichen Feststellungenist diese Miniatur auchsonst nicht leicht einzuordnen. VonihremSchöpfersind bishernur einige andere Miniaturenaus dem Jahre1839 bekannt, und wir wissendarüber hinaus nur, dass er sich 1865 in London an einerPorträtminiatur-Ausstellung beteiligte. Ein anderes(anonymes) Gemälde, das wahrscheinlichMitte des 20. Jahrhunderts entstand, seihierder Vollständigkeit halber erwähnt. Es lehnt sichinwesentlichenphysiognomischenMerkmalenund eini- genweiterenDetails ebenfallsandas Hudson-Porträt(bzw.andie Faber-Graphik)an, ist jedochtrotz seinerrealistischenMalweise inner- halb derHändel-Ikonographie nicht alsbedeutendanzusehen.

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Anonymus, Öl auf Leinwand, 20. Jh.(BS-I 046)

Fortsetzung im nächsten Heft Brahms aufHändels Spuren

Johannes Forner

»Brahms ist rührend,solange er heimlichschwärmtoderübersich trauert –darin ist er ›modern‹ –; er wird kalt, er geht uns nichts mehr an, sobald er die Klassikerbeerbt.« Nicht nur diesenSatz FriedrichNietz- schesindessenZweiterNachschrift zum Aufsatz DerFall Wa gner (1888) hat die musikalische Rezeptionsgeschichte gründlichwiderlegt, auchdie bekanntenEtikettierungenvon der »Melancholie desUnvermö- gens« und vom »Meisterinder Kopie« aus derselben Schrift, die zugleich die Endabrechnung mit derKunst Richard Wagners darstellt, haben sichals polemischformulierte Abwertungenerwiesen. We nige Zeilen späterkommt Nietzsche gar auf Händelzusprechen,indemerden komponierendenZeitgenossendie Fähigkeit einerRückbesinnung auf die altenMeisteraberkennt, »weil man die Voraussetzungdazu nicht mehr im Leibe hat: seidiesnun die starke Rasse einesHändel, seiesdie überströmende Animalität einesRossini«. Auchhierin hat dergroße Geist geirrt.Eswar gerade die starke RasseeinesHändel, die den 24 150Jahre jüngerenJohannesBrahms in ihrenBann gezogenhat, und zwar mehrmals auf unterschiedliche We ise. We rheute die NamenbeiderMeisterinBeziehung setzt, dem fällt geradezu zwangsläufig jenesbedeutsame We rk derSololiteratur für Klavierein, das als Händel-Va riationen op.24in die Musikgeschichte ein- gegangenist, geschriebenvom 28-jährigenBrahms.Mit ausgewählten StückenHändelsdürfte derKlavierschülerschon beiWillibaldCossel und Eduard MarxseninHamburginden vierzigerJahreninBerührung gekommensein. Es sind Mutmaßungen, da über die frühenmusikalischen Begegnungenund Erfahrungendes Heranwachsendensehrwenig be- kannt ist.Jedenfalls aber wurde Brahms mit derWeltder »Klassiker« vertraut gemacht, nachweislichmit Bachund Beethoven–das sichere Fundament, auf demsichnicht zuletzt handwerklich–pianistischund kompositorisch–aufbauenließ. Das führt nun geradewegs in die ästhe- tische Kontroverse,wie sie sichzwischen»Konservativen«und »Pro- gressiven«inder zweitenHälfte des19. Jahrhunderts herausbildet.Es ging dabei in ersterLinie um die Rolle desPoetischeninder Musik, um dieBedeutung derForm, und wie musikalische Einfälle zu behandeln seien. Ausgangspunkt war derunterschiedliche Blickwinkel zur Tradi- tion.Während die »Zukunftsmusiker«, voran Liszt und Wagner, ausge- hend von Beethovenund dessenGattungenund Formenhintersich lassend, neuenUfern zustrebten–zur »SinfonischenDichtung« (Liszt) und zum »Gesamtkunstwerk«(Wagner),hielt Brahmsantradierten We rtvorstellungenfest, an die er auf seine We ise anzuknüpfengedachte. Dabei versenkte er sichaberkeineswegs kritiklos in die We lt deralten Meister, sondern ließsichvon dennochimmertragfähigenBausteinen musikalischerGestaltung inspirieren. »›Dauerhafte Musik‹ war ein Lieblingsausdruckvon Brahms«, überlieferte uns Gustav Jenner, sein einzigerSchüler.1 Brahms’ Hinwendung zur Musik vergangenerEpo- chen darf in seinerZeitals ziemlicheinmalig gelten. Die Auswirkun- generstrecken sichnicht allein auf das kompositorische Schaffen, son- dern auchauf sein vielfältigesöffentlichesWirken. Unser Blicksollsich dabei auf sein Ve rhältnis zu Händelrichten. Brahms’Auseinandersetzung mit We rkender altenMeistersetzt in den1850erJahrenein.ZuseinengründlichenStudiender überkom- menenKompositionstechniken(besondersdes Kontrapunkts)kamen Anregungen von außerhalb durch die großenMusikfeste nachenglischem Vorbild mit monumentalen Chorwerken. Auf dem34. Niederrheini- schenMusikfest in Düsseldorf 1856 hörte Brahms nebenMendelssohns Elias auchHändels Alexanderfest.Als er 1857–59 am Hof desFürsten Leopold III. zur Lippe in Detmold in denWintermonatenden Hofchor leitete,brachte er am 30. Dezember 1858 nebeneinerBach-Kantate den Messias zur Aufführung, wobei er seineMusiker an die Grenzen ihrerBelastbarkeit führte.»DerMessias macht demOrchesterdochzu 25 schaffen und so zog ichvor, denerst möglichst ordentlichzuüben«, schreibt er an Joseph Joachim.2 Schon einJahr zuvor hatteermit den Chorproben begonnen. Anfang Dezember 1857 teilte er demFreund mit: »Jetzt sind wir beim Messias«.3 Sowohl die Hofkapelle als auchder Singvereinbestandenvorwiegend aus Laienkräften. So waresgewiss einehrgeizigesWagnis gewesen, zumal bisherkeinHändel’sches Großwerk am DetmolderHof erklungenwar. DieserZug, We rthaltiges, aber am Ort nochkaum Bekanntesins Programm aufzunehmen, begegnetuns wieder15Jahre später, als Brahms, seit 1872 artistischerDirektor derGesellschaftder Musikfreunde in Wien,mit demdortigen»Singverein«einige oratorische We rke Händels zur Aufführung brachte:das Dettinger Te Deum (10.11. 1872), Auszüge aus Saul (28.2. 1873), Alexanderfest (9. 11. 1873) und Salomo (31. 3. 1874).

Anmerkung derRedaktion: Herr Prof.Dr. JohannesFornerist auchTextautor des Booklets zur CD Romantik im Händel-Haus,die von unseremFreundeskreis 1998 herausgebracht wurde und auf derunserMitgliedAlexanderMeinelu.a.die Brahms’schenHändel-Variationenspielt.Wie diese CD ist auchdie Einspielung mit Händel-Preisträgerin Ragna Schirmer, Mitglieddes Fachbeirats derStiftung Händel-Haus, im Museumsshop desHändel-Hauseszuerwerben. 1Gustav Jenner, JohannesBrahms als Mensch, Lehrerund Künstler, Marburg 2 1930, S. 74. 2Brahms-Briefwechsel(BBW), Bd.V,S.228. 3BBW, Bd.V,S.192. Stets ging es Brahms um die Qualität derausgewähltenKompositionen. DerGeschmackund die Erwartungendes Publikumsspieltenfür ihn dabei kaum eine Rolle.Das belegt z. B. einKonzert derWienerSing- akademie,das er am 6. Januar 1864 leitete.Esenthielt zwar keinen Händel,aberu.a.Werke von J. S. Bach, J. Eccard, H. Schützund G. Gabrieli –allesamt Stücke geistlichen,zumeist auf Todund Ewig- keit bezogenenInhalts.Und dieskurzvor Beginn desWienerFaschings! Noch unverständlicherdie Aufführung des Weihnachtsoratoriums (Kan- taten 1, 2, 4und 6) am Palmsonntag (20.3.1864)!Die Reaktionenvon Presse und Publikum fielenentsprechendablehnend aus.Inheutiger Zeit dürfte dieskaum nochEinwändehervorrufen (wie z.B. das dies- jährige LeipzigerBachfest belegt). Damals aber war auf diese We ise das Interesse an ältererMusik kaumzuwecken, und noch1895 schrieb Brahms an denLeiterder Gesellschaftskonzerte Richard von Perger: »Von mir werdenSie begreifen, daß ichvor allemdenke,wie die Wiener kaumeine Ahnung von wahrhaft großerChormusik haben,wie wenig hierBachund Händelgekannt sind […]«.4 Fürdie Händel-Rezeption also war Wien (und nicht nur dort)nochnicht bereit, Brahmsaber hatte zumindest eine Bresche geschlagen–war es Mut oderNaivität?

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JohannesBrahms, um 1890 unsigniert, Stiftung Händel-Haus (BSIII 644)

Seit Mitte des19. Jahrhunderts erhieltendie Denkmäler- und Gesamt- ausgaben ältererMeistermächtigenAufschwung.Sie stehenimZu- sammenhang mit derGründung entsprechenderGesellschaften und Ve reine.Erinnert seiandie Bach-Gesellschaft (seit1850) und die Deut- sche Händel-Gesellschaft (seit1856). Die LebensleistungenPhilipp Spittas (1841–1894) in derBach-Forschung und FriedrichChrysanders (1826–1901) für die erste Händel-Gesamtedition warenPioniertaten dernochjungenMusikwissenschaft. Mit beidenForschern stand Brahms in langjährig-freundschaftlichemKontakt. So nahm er auch regenAnteil am Entstehender altenBach- und Händel-Gesamtausga- ben, die er –neben denEditionender We rke Chopins, Schütz’ und Schumanns –inseinerWienerBibliothekgesammelt hat.5 Mit den Va riationen und Fuge überein Thema von Händel op.24, komponiertimSommer1861inHamm, legte Brahms nicht nur sein klingendesBekenntnis zur historischenGröße Georg FriedrichHän- dels ab, sondern schuf zugleichseinbedeutendstesVariationenwerk für Klavier.Andere Variationszyklenwarenvorausgegangen: das schwär- merisch-intime Opus 9 über einThema von Robert Schumann (1854) und zweiVariationsfolgen Opus 21 über eineigenesund einungarisches Thema(1857 und früher).InzeitlicherNähe zu Opus 24 entstanden nochdie Es-Dur-Va riationenop. 23 für KlavierzuvierHänden, nochmals über einSchumann’schesThema (November 1861) und die Paganini- Va riationen op.35(1863). Die Händel-Variationen aber stelleninihrer unverwechselbaren Eigenart einenGipfelpunkt innerhalb derGattung 27 dar und dürfenmit Rechtden Bach’schen Goldberg-Variationen (BWV 988) und Beethovens Diabelli-Variationen (op. 120) an die Seite gestellt werden. Brahms fand das Händel’scheThema in einemantiquarisch erworbenen englischen Notendruck Suites et Pièces pour le Clavecin (HWV 434) von 1733, dort als Ariacon Va riatio (!) veröffentlicht, d. h. Händelhatte sein Themaselbst schon in fünf Variationen abgewandelt. Im ausgesprochenvirtuosenZuschnitt von gleichsam»öffentlichem Charakter«ist Opus 24 für denKonzertsaal gedacht.Am11. Oktober 1861 schriebBrahms an Clara Schumann: »Ich habeDir Variationenzu DeinemGeburtstag gemacht, die Du nochimmernicht gehört hast, und die Du schon längsthättest einüben sollen für Deine Konzerte.«6 Das Autograph trägt die Widmung Va riationenfür eineliebe Freundin. Noch bevor das We rk im Juli 1862 beiBreitkopf&Härtel in Leipzig erschien(übrigens erst nachVorbehaltendes Ve rlageswegen angeblich zu hoherHonorarforderung!), hob Brahmsseinneues Opus am 4. No- vember 1861 in einemHamburger Privatkreis aus derTaufe,und Clara folgte nur einenMonat später, am 7. Dezember ebenfallsinHamburg.

4Max Kalbeck, JohannesBrahms,Bd. IV, NeudruckTutzing 1976,S.402. 5Kurt Hofmann, Die Bibliothekvon JohannesBrahms, Hamburg 1974. 6Schumann-Brahms-Briefe,Bd. 1, S. 381. Aufschlussreichhierzuliest sich Clara Schumanns Tagebuchnotiz: »Am 7. December gab ichnocheine Soiree, wo ichJohannesHändel- Variationenspielte.Ich spielte sie unter Todesangst,aberdennoch glücklichund mit vielBeifall.Johannesaberkränkte michtiefdurchdie Gleichgültigkeit, die er mir in Bezug darauf bewies. Er äußerte,erkönne die Variationennun nicht mehr hören, es seiihm überhaupt schreck- lich, etwas von sichhörenzumüssen, unthätig dabei zu sitzen.Eines- theils begreife ichdiesEmpfinden rechtgut, anderntheils aber ist es dochsehrhart, wenn man alle seine Kräfte an einWerkgesetzt, und vom Componistenselbst kein freundlichesWort dafür hat […]«.7 Wie tiefverletzend muss diesesVerhalten auf Claragewirkt haben,die doch demJüngereneine ebenso starke Zuneigung entgegenbrachte!Doch wie urteilte schon 1854 sein besterFreundJoseph Joachim gegenüber Gisela von Arnim: »Brahms ist dereingefleischteste Egoist,den man sichdenkenkann, ohne daß er es selbstwüßte […]«.8 Immerhin hat Brahmsseine Händel-Va riationen nochweitere elfmalbis 1869 selbst gespielt –u.a.inOldenburg, Wien,Zürich, Budapest, Dresden, sogar in Kopenhagen. Späterüberließerdas Feld Hans von Bülow, Clara Schumann und denaufstrebendenPianistender jüngerenGeneration. Das We rk: In 25 Variationenund einerausladendenFuge schöpft 28 Brahms das simple Thema, verankert in derB-Dur-Kadenz, in völlig neuenGestaltenaus, und zwar mit einergeradezu überbordenden Phantasie,die aber zugleichgezügelt wird durchdie Konsequenz des formalenVerlaufs jedereinzelnenVariation.Freiheit und Strenge begeg- nensichingeglückterBalance.Der metrische »Grundriss«, zweijeweils wiederholte achttaktige Perioden, bleibt konsequent erhalten.Hinzu tritt die Struktur desBassesals verlässlichesFundament,injeder Varia- tion eineigenesKlanggebäude tragend.In25Charakterbildern entfal- tetBrahms gegensätzliche Individualitäten:Mal singt sichdas Klavier in großen melodischenBögenaus, mal hämmerteszymbalartig, mal wird an alte Tanzformen wie Siciliano, Sarabande oderMusette erin- nert.Alte Te chniken wie Kanon,Ostinatound Orgelpunkt rücken nocheinmal die Traditionender großenpolyphonenEpochenins Be- wusstsein.Die Dramaturgie desGanzenist auf Steigerung und Ve rdich- tung desSatzbildesangelegt, gekrönt von dergewaltigausladenden Schlussfuge,wobei eineinzigesMotiv aus Händels Themaden Impuls gibt für einvielschichtigesGeschehen,beginnend mit einervierstim- migenExposition, gefolgt zunächst von derUmkehrung, dann von der Ve rgrößerung desThemas.Die Zwischenspiele mit ihrenSextenfolgen lassendas barocke »konzertierende Prinzip« aufscheinen. Schließlich gipfelt derVerlauf in einemmächtigenOrgelpunkt auf derDominante, bevor alleskraftvoll kadenzierend zu Ende gebracht wird.Dabei blei- bendas Themaund seine Motive allgegenwärtig. Seit Beethovens Hammerklaviersonate op.106 (übrigens auchinB-Dur stehend) wurde in derKlaviermusik bisher wohl kein vergleichbar zwingendesFinale komponiert.Nun also hat Brahms im Umgang mit derVariationsform seine unverwechselbareEigenart gefunden. Er wird zwölf Jahre spätermit den Haydn-Variationenop. 56a das orchestrale Gegenstück schaffen. Aufschlussreichist in diesemZusammenhang eine seinerwenigenÄußerungenzum eigenenKomponieren. Im Brief vom 16.Februar 1869 an denFreund Adolf Schubring heißt es:»[…] beieinemThema zu Variationenbedeutetmir eigentlich, fast,bei- nahe nur derBaß etwas.Aberdieserist mirheilig, er ist derfeste Grund, auf demich dann meine Geschichtenbaue.Was ichmit derMelodie mache,ist nurSpielereiodergeistreiche –Spielerei.«9 Als Brahms am 6. Februar 1864 mit Richard Wagnerindessen Wiener Wohnung zusammentraf (übrigens die einzige persönliche Begeg- nung derbeiden!), trug er auf ausdrücklichenWunschdes Gastgebers sein Opus24vor.NachKalbecks Überlieferung war Wagnerdes Lobes vollund soll geäußert haben:»Man sieht […], was sichinden alten Formennochleisten läßt,wenneinerkommt, derversteht, sie zu be- handeln.«10 Diese Äußerung Wagners ist aber singulär, denn ansonsten sind nur abfälligeUrteile bekannt, wobei übrigens auchHändel noch einmal bemüht wurde.InAnspielung auf Brahms’ Triumphlied op.55 29 (1871)versaherdas We rk »mit derHalleluja-Perücke Händel’s«.11 Aller- dings lassensichhiertatsächlichdeutliche AnklängeanHändels Chor- stil nachweisen–die lapidare Setzweise,der Jubelgestus, die elemen- tare Kraft. Schließlichsei nochanBrahms als Bearbeitervon We rkenanderer Komponisten erinnert, darunterauchzweiSerienvon Kammerduetten Händels, die Chrysanderentdecktund für die Ve röffentlichung im Rahmen seinermonumentalenHändel-Gesamtausgabevorgesehen hatte. Es handelt sichuminsgesamt 15 Stücke,die Brahms mit ausge- setzterGeneralbassstimme versah,erschienen1870bzw.1880 –Gele- genheitsarbeiten, nicht zuletzt um denziemlichmittellosenChrysan- derzuunterstützen.

7Berthold Litzmann, Clara Schumann.Ein Künstlerleben, Bd.3,S.112,Leipzig 1908. 8JohannesJoachim, Joseph Joachims Briefe an Giselavon Arnim 1852–1859, Göttingen1911, S. 218. 9BBW, Bd.VIII, S. 217. 10 Kalbeck, a.a.O., Bd.II, S.118. 11 Richard Wagner, Über das Dichtenund Komponiren,in: Gesammelte Schriften und Dichtungen, Bd.10, 1907,S.148. Eine selteneSymbiosevon Macht undMusik:Richard Wagner undder BayernkönigLudwigII.

KarinZauft

Mehr als jederandere wurde und wird derdiesjährigeJubilar Richard Wagner (1813–1883) mit denPhänomenen Macht und Politik unterden verschiedens- tenAspekteninVerbindung gebracht, im Negativenwie im Positiven. Hinein geborenindie Wirrungen dernapoleonischenZeit, in einemunstetenLeben konfrontiert mit weltbewegendenTheorien–von denGedankeneinesFeuer- bach, NietzscheoderSchopenhauer, denIdeen derSozialisten, deskommu- nistischen Manifests, bis hin zu denradikalenPhantasiender russischen Anar- chisten–,äußertensichWagners politische Ve rflechtungen überaus viel- schichtig, seine diesbezüglichenAktivitätenwarenfacettenreich, anfechtbar undwidersprüchlich.»Wagnerwar ganz Politik; er erwartete von demSieg derRevolution eine vollständige Wiedergeburt derKunst, derGesellschaft, derReligion, einneues Theater, eine neue Musik.« So kommentierte derbe- 30 rühmteMusikkritikerEduard Hanslick die Persönlichkeit desKünstlers.1 Und die Auseinandersetzung mit demPhänomenMacht durchzieht gleicherma- ßenWagners Leben wie sein gesamtesWerk. DerWiderspruchzwischen Macht und Liebe war einzentralerGedanke seinerkünstlerischenKonzepti- onen. Zwar bewahrte ihn die Überzeugung von derGröße und Macht seines eigenenEgo2 keineswegs vor Zweifeln und vom quälendenDrang nachAner- kennung.Dennochließihn seine eigenwillige, ganz vom künstlerischenSein diktierte We ltbetrachtung allesBestehende mit missbilligendemArgwohn beurteilen, worauserseinSendungsbewusstseinals Heilsbringer ableitete. DiesesSelbstverständnis und ganz fraglos auchnüchternesKalkülmögen Wagnerveranlasst haben,sichdem Einflussbereich desMonarchenspontan zu überlassen, als derBayernkönig Ludwig II.(1845–1886) nachihm verlangt. Wieschon so oft in seinemLeben befindetsichder 51-jährigeKünstler in höchsterNot.Kränkelnd, ständigauf derFlucht –u.a.vor derSchar seiner Gläubiger–lebterwechselseitig irgendwo zwischenZürich, Wien und Stutt- gart.Der junge König ist 19 Jahre alt.Nachdem Tode seinesVaters Maximilian II.gerade an die Macht gekommen, schickt er seinenKabinettssekretär Franz von Pfistermeisterauf die Reise,umden von ihm höchst geschätztenRichard Wagnerzusuchen. Am 5. Mai 1864 kommt es zurschicksalhaftenBegegnung derbeidenPersönlichkeiten. »Die niederenSorgendes Alltagslebens will ich von IhremHaupteauf immerverscheuchen«,3 versichert derKönigdem Künstler.Erbegleicht Wagners Schulden, schenkt ihm einHaus in derMün- chener BriennerStraße und finanziert durchein stattlichesjährlichesGehalt von 4000 GuldenjeglichengewünschtenLuxus.»Er liebt michmit derInnig- keit undGlut dererstenLiebe«, notiertWagner nach dieserBegegnung mit Ludwig,»ichsoll die Niebelungenfertig machen[…] er will mir allesgeben, was ichbrauche,ummeine We rke aufzuführen. Alle Notsoll von mir genom- mensein[…]. Kann das anderesals einTraum sein?« 4 FürWagnerwar das die Rettung seinerkünstlerischenExistenz.Gerade jetzt bedurfte er derMacht und desGeldes, um seine hochfliegendenkünstle- rischenPläne zu verfolgen. Und Ludwig brauchte Wagner, um sein Lebenmit demzuerfüllen, was ihm unentbehrlichwar: mit seinenTräumen. »Geliebter, Heiliger!« nennt er sein großes Idol.Und abgesehen von demdamals allge- mein üblichen empfindsam übersteigertenSprachstil steht hinterdieserAn- rede eine seltene Affinität zwischen»Kunst und Gunst«.

Schon lange vor seinerBegegnung mit Wagnerwar derals »holdesstarkesKnäblein«inder Wittelsbacher Sommerresidenz Nymphenburggeborenespätere König von Bayern mit dessen, denüberliefertenMythen entnommenenGestaltenund Bildernvertraut. Als er dann im Altervon 16 Jahreneine Aufführung derOper Lohengrin und auchvon Tannhäuser erlebte,war die Begeisterung für denSchöpferdieserWerke unaus- 31 löschlichentfacht.Musikalischbegabt war Ludwig eher nicht.Seineinstiger Klavierlehrerhatte denTag, Zeitgenössische an demerihm als Kronprinzendie letzte Unterrichts- Karikatur stunde gegebenhatte,einenGlückstag genannt, »we- gendes Talentmangels seineshohenZöglings«. Und auchWagnerbestätigte: »Der König ist ganz unmusikalischund nur mit einempoetischenGemüt be- gabt.«5 Diesespoetische Gemüt aber war es vor allem, welcheszwischenbei- denein engesemotionalesBand knüpfte.Zunächst unabhängig voneinander schufen siesichjeder eine Traumwelt –imVerständnis derRomantik eine »PoetischeWelt«.»DemDichterist es eigen, in derinnerenAnschauung des

1Zitiert nachChristian JansenDIE ZEITonline 28.2.2013/10. 2InRechtfertigung seinerQualitätenals Menschäußerte er:»Sie verstehenübrigens unter ›Mensch‹ genau genommennur ›Unterthan‹,inmeinembesonderenFalle vielleicht aber auchden,der seine eigenenAnsichtenhat, und diesenrücksichtslos nachgeht«(Richard Wagner, EineMitteilung an meine Freunde,in: Sämtliche Schriftenund Dichtungen,4.Band, Leipzig o. J.,6.Auflage,S.231). 3U.a.zitiert beiLudwig Merkle, Ludwig II.und seine Schlösser, DieTraumwelt desMärchenkönigs,München1995, S. 41ff. 4BriefanEliza Wille Mai 1864, u. a. zitiert beiWalterHansen, Richard Wa gner, Biographie,München2006, S. 228. 5Merkle,o.a.O., S. 21. We sens derWeltreiferzusein, als in derabstraktbewussten Erkenntnis«.6 So sagt es Wagner; und er erdenkt sichdas Kunstwerk derZukunft,indem Künstlerund Publikum gleichermaßen eintauchen in eine imaginäre We lt, um, durchseine Kunst geläutert, die hiesige zu verbessern. Ludwig versuchte,seine We lt einzutauschengegen die einesTraums, was ihm letztendlichzum Ve rhängnis wurde.»Oh, es ist notwendig, sichsolche Paradiese zu schaffen, solche poetische Zufluchtsorte,woman auf einige Zeit die schauderhafte Zeit, in derwir leben, vergessenkann.«7 VonAnfang an den Regierungspflichtennur ungern zugetan, flüchtete derjunge König in eine imaginäre We lt.»Our royal masterlebtund webt fortwährend in denReichen derSage,der Poesie,Musik, desDramas […]. Vonder übrigenWelt, von der Prosades Lebens willernichts wissen, möchte sichdas allesmöglichst ferne halten.«8 DerTheologeIgnaz von Döllingerwar nicht dereinzige,der solche Worte äußerte.Besonders derMythosdes Gralsritters Lohengrin und dessen VaterParsifal fesselte denKönig Zeit seinesLebensund schlug eine ganz eige- ne emotionale Brücke zwischen ihm und Richard Wagner. Im Schwanenritter erkannte Ludwig seine eigene Berufung;Parsifal, derreinste Ritteraus der SageumKönigArtus, war sein großesIdeal.Von Wagnerund einigenseiner Freunde ließersich»Parsifal«nennen. Lohengrin und Parsifal warenauch jene Figuren, derenGestalt er teilweise selbst annahm, wenn er in nächtlichen 32 Scharaden –kostümiert als Gralsritter–eintauchte in eine kunstvoll nachge- baute undgeheimnisvoll illuminierte Szenerie,umseine poetische We lt voll auszuleben. Überhaupt schienenseine Imaginationeninder Nacht Realität zu werden. Nachts lauschte er denKlängender Wagner’schenMusik; und die Opernfigu- renmit ihrenSchicksalenwurdenihm gegenwärtig.Zeitweilig war Hans von Bülowengagiert, demKönig die Musik vorzuspielen.9 Naturgemäß musste dem»Nachtmenschen« einsogroßartiges»Nachtstück« wie Tristan und Isolde als Erfüllung seineremotionalenSehnsüchte schlechthin erscheinen. Tristan war es auch, derbeidenbereits 1865 denerstengemeinsamen großenErfolg beschert hatte, alsdas epochale We rk am 10.Juni im königli- chen Hoftheaterüberdie Bühne gegangenwar.DochzudieserZeithatten sich schonGegenstimmenund -kräfte gegenden einflussreichenKomponisten mobilisiert.Die hochfliegendenPläne desköniglichenGönners, Wagnerein eigenesFestspielhausinMünchennachEntwürfenvon GottfriedSemperer- bauenzulassen, die bisherigenGeldausgaben und nicht zuletzt dessenoffen- sichtliche Vorstöße,Einfluss zu nehmenauf politische Entscheidungenvor- nehmlich in derköniglichenPersonalpolitik –allesdas riefdie Ve rtreterder etabliertenRegierung auf denPlan, teilweise auchdie MünchenerBürger.Vor die Wahl gestellt, entscheidetsichLudwig –auf ZuratenWagners –gegen sein Idol. Wagnerverlässt im Dezember 1865 München. Dochdie räumliche Trennung beendetnicht die schicksalhafte Bindung beider. Selbst vorüber- gehende Trübungen10 im freundschaftlichenVerhältnis führtenzukeinem bleibendenBruch. Ludwig hielt sein gegebenesVersprechen. Er bezahlte weiterhin Wagnerein opulentesJahresgehalt, übernahm die Kostenfür die neue Villa in derSchweiz; und mehr noch: er unterstützte unverändert Wagner finanziell und auchideellbei derAusführung seinerWerke,zuzüglichauch einigertheoretischerSchriften, z. B. derAbhandlung Über Staat und Religion. Nicht nur Tristan und die Meistersinger wärenohne die Hilfe desKönigs kaum ans Licht derÖffentlichkeit gelangt.Ludwig auchwar es,der Wagnerermun- terte,den Plan zu seinem Parsifal wiederaufzugreifenund das»Bühnenweih- festspiel« zu vollenden. Vorallemdas Bayreuther Festspielhausebenso wie Wagners Lebenswerk DerRing des Nibelungen hättenkaum ohne Einfluss des Bayernkönigs konkrete Gestalt angenommen. Dafür genoss König Ludwig denVorzug, so manche Komposition von Wagneraus »erster Hand«und ganz »für sich« erlebenzudürfen.Unterder Devise »Ein König muss niemals etwas«11 verspann er sichmehrund mehr in die geheimnisvolle We lt desimaginiertenGrals; nur hier, in denLichtgestalten dieserRitterschaft erkannte er seine wirklichenAufgaben. »Ein ewigesRätsel will ichbleiben,mir und anderen«,sosoll sichKönig Ludwig einmal geäußert haben. Gleichdem SchwanenritterLohengrin wollte er keinemZwang nach Rechenschaft an dieAußenwelt verpflichtetsein. Wagnerbliebfür denKönig die Brücke zur We ltflucht –dessenMusikdramen warenseinLebenselixier. 33 Eine seltene Symbiose von Kunst und Gunst:die Macht, die Wagner kraft seinerKunst auf denMonarchenauszuübenimstande war, kam hilfreich als tragende Stütze zu ihm zurück. Im vollenBewusstsein seinerdiesbezüg- lichenhistorischenBedeutung äußerte Ludwig nachden ersten Festspielenin Bayreuth: »Und wenn wir beide längst nicht mehr sind, wird unserWerknoch derspäterenNachwelt als leuchtendesVorbild dienen.«Als Wagner1883 in Ve nedig stirbt, bekräftigt er:»DenKünstler, um welchenjetzt die ganze We lt trauert, habeich zuerst erkanntund derWeltgerettet.«12

6Richard Wagner, Über Staatund Religion,in: Sämtliche Schriftenund Dichtungen,8.Band, Leipzig o. J.,6.Auflage,S.6. 7BriefLudwig II.anBaronin Leonrod vom 17.1.1869. 8Merkle,a.a.O., S. 24. 9Martin Gregor-Dellin, Richard Wa gner,seinLeben, sein Jahrhundert, sein Werk,München1980. 10 Nicht seltenging es dabei um Aufführungsmodalitätenbzw.umFragender Besetzung.Soließ z. B. Ludwig II.inMünchenRheingold auf die Bühne bringen, und zwar gegenden Willen Wagners, derden »Ring«nur als Gesamtwerk aufführenwollte. 11 Merkle a. a. O., S. 29. 12 Merkle a. a. O., S.45. Nachrichtenaus demFreundeskreis

Benefizkonzertdes 65. Geburtstags desStellvertretenden Vor- Händelfestspielorchesters sitzenden unseres Freundeskreises, Herrn DasHändelfestspielorchester,Mitglied des Prof.Dr. Jürgen Stolzenberg, statt. Die »Freundes- undFörderkreises desHändel- Geburtstagsgästehaben seiner Bitteent- Hauses zu Halle e.V.«hat am 12.Juni, zwei sprechend stattBlumeneineGeldspende Tage,nachdem das Tätigkeitsverbotfür die auf das Konto desFreundeskreises überwie- Ensemblesder Theater, Oper undOrchester sen, wofürallen Spendern vom Vorstand GmbH Halle, das zunächst biszum 16.Juni herzlich gedankt wird. ausgesprochen war,aufgehoben wurde, einüberwältigendes Benefizkonzertinder Abschiedsvorlesung vonProfessor Aula im Löwengebäude derUniversität Stolzenberg in der»Leopoldina« Hallegegeben.Unter derLeitung von Am 3. Juli hielt Herr ProfessorJürgen BernhardForckwurdenkonzertant Aus- StolzenbergimVortragssaal derNationalen schnitte ausder Händel-Oper Alcina darge- Akademie derWissenschaftenLeopoldina boten. Dasbegeisterte Publikum dankte aufdem Jägerberg zu Halle seineAbschieds- denSängern unddem Orchestermit »Stan- vorlesung»Versuchüberden Humor«.Mit dingovations«.Die Künstler spendeten dieser Vorlesungverabschiedete sichder ihre Gage ebenso wiedas Publikum den Philosoph in denRuhestand undbeendete Eintrittspreis, insgesamt 2.197Euro, fürdie sein Wirken alsverdienstvoller Ordinarius vonder Hochwasserflut betroffene evange- an derMartin-Luther-Universität Halle- lischeKindertagesstätteSt.-Georgen in Wittenberg. Halle. Namensschild fürTürk-Straße 34 OffenerBriefdes Ministerpräsidenten Der Grafiker Bernd Schmidt, Mitglieddes zurAbsageder Händel-Festspiele Vorstandsund derRedaktion der»Mitteilun- Der Ministerpräsidentdes Landes gen« des»Freundes-und Förderkreises des Sachsen-Anhalt,HerrDr. Reiner Haseloff, Händel-Hauses zu Hallee.V.«, hatdas Zu- stellteinseinemoffenen Briefvom 17.Juni satzschild zumStraßenschild derTürkstraße 2013,mit demerauf offene Briefe von Frau in Halle gestaltet. Damit haterzugleich das MelanieHirschvom Opernhaus Halle und 100. Namensschild derAktion»Bildungim Herrn Matthias Brenner,Intendant des Vorübergehen«entworfen.Die Anbringung NeuenTheaters Halle,geantwortet hatund desZusatzschildsam29. August wurde dabei dieStellungnahmedes Vorstandsdes vomStadtsingechormusikalisch begleitet. »Freundes- undFörderkreises desHändel- Mit ihrem Gesang ehrten dieMitgliederdes Hauses zu Halle e.V.«einbezog, klar:»Die ältestenKnabenchorsDeutschlands den Händelfestspiele werden vom Land jährlich halleschen Universitätsmusikdirektorund unterstützt,abernicht veranstaltet. Sie Director musices,der seit 1808 auch»ihr können seitensdes Landes daher nicht ab- Direktor«war.Frau Dr.KonstanzeMusketa, gesagt werden.Die Absage isteineEntschei- Mitgliedunseres Freundeskreises,sprach dung desVeranstalters.«Und er fügt an: Worteder Erinnerung zumTodestagvon »InAbwägung allerArgumente halteich per- Daniel Gottlob Türk,der sicham26. August sönlichdie Entscheidung,die derOberbür- zum200.Malegejährthatte. germeistertreffen musste,für sachgerecht.« Schlossgesellschaft zu Rochlitz Konzertmit Yury Favorin zu GastimHändel-Haus Am 24.Junispielteder Moskauer Pianist Am 21.September konnteDr. Christoph Rink Yury FavorinimRahmender Reihe»Freunde Mitgliederder »Schlossgesellschaftzu musizierenfür Freunde« des»Freundes- Rochlitz«imHändel-Haus begrüßen.Unter undFörderkreises desHändel-Hauses zu derLeitung ihresPräsidenten, Herrn Hallee.V.«, dessen Mitglied er ist, im Kam- Dr.MartinGrzelkowski,nutzten die25 mermusiksaal desHändel-Hauses Werke Damenund Herrenihren Halle-Besuch zu vonBeethoven,Britten undProkofiev. einerVisitedes Musikmuseums.Frau DasKonzert fand zugleich zu Ehrendes Dr.Konstanze Musketagab zu Beginn des Rundgangs eine Einführung in dieersten bleibende Verdienste um ungezählteHallen- 18 Lebensjahre desgroßenKomponisten in sererworben, derenGeburterals leitender Halle. Nach demBesuchdes Händel-Hauses Gynäkologe am Universitätsklinikum Halle hörten dieBesucherinder MarktkircheWerke begleitethat.NachBegrüßung undGra- Händels,gespielt von Marienkantor Irénée tulation durchden Vorsitzenden unseres Peyrot auf derberühmten Reichel-Orgel. Freundeskreisessprachder ehemalige Direktor derhalleschenUniversitäts-Frau- Bewegende Geburtstagsfeierfür enklinik Prof.Dr. Kurt Rothedie Laudatio für Professor Hans-JoachimWoraschk denJubilar. Dierussische PianistinIrina Seinen 85.Geburtstagfeierte Herr Prof.Dr. Chevtchenkogestaltetedas erlesenemusi- Hans-Joachim Woraschk, Mitglied des kalischeProgramm. Dem Wunsche des »Freundes- undFörderkreises desHändel- Jubilarsentsprechend,haben zahlreiche Hauses zu Hallee.V.«, am 28.September Gästestatt Blumen eine Geldspende auf mit über 50 Gästen im Kammermusiksaal das Konto unseresFreundeskreises über- desHändel-Hauses.HerrProfessorWoraschk wiesen,wofür derVorstandallen Spendern hatsichu.a.imwahrsten Sinne desWortes herzlichen Dank sagt.

Leserfür Leser

Mitdiesen Mitteilungenhältder Leser dasfünfteHeftseitWiederaufnahme 35 derHerausgabedes Mitteilungsblatts unseres »Freundes- undFörderkreises desHändel-HauseszuHalle e.V.«inden Händen. Dieses»kleine Jubiläum« istuns willkommener Anlass,allen Lesern, dieuns ihre Meinungzuunserem Blattmitgeteilthaben, herzlich zu danken.Die freundlichen Beurteilungen unserer Arbeit habenuns sehr ermutigt,die wichtigenHinweiseund kritischen Anmerkungenhaben unssehrgeholfen.ImFolgenden sind einige Texte(auszugsweise) wiedergegeben, wobeiwir diefreundliche Erlaubnis dereinzelnen Autorenzum Abdruckvoraussetzen.

»… herzlicheGratulation zum Erscheinen »… ichdanke Ihnen herzlich fürdie Über- deserstenHeftesder neuenMitteilungen lassung derbeidenbishererschienenen desFreundes- undFörderkreises.Das istein Exemplareder neuen»Händel-Mitteilungen« guterStart undeinefeine Sachemit einer anlässlichdes Besuchs unsererGesellschaft gutenMischungaus aktuellerInformation, beiden diesjährigen HallenserFestspielen. Interviews undpopulärwissenschaftlichen Es freutmich, dassdiese traditionsreiche Beiträgen.« Publikationnacheiner Unterbrechungnun seineFortsetzung findet.Die Lektüre der Prof.Dr. Wolfgang Hirschmann, neuen»Mitteilungen« war informativund Präsidentder »Georg-Friedrich-Händel- hatmir viel Freude bereitet.Die »Mitteilun- Gesellschaft« undDirektorder Abteilung gen« vermitteln allen, diesichmit Händels Musikwissenschaft derMartin-Luther- Werk verbundenfühlen, Neuigkeitenzur Universität,Mitglied des»Freundes-und Händel-Pflege und-ForschunginHalle und Förderkreises desHändel-Hauses zu Halle außerhalb, berichtenvon denAktivitäten e.V.« desHändel-Hauses undregen überdies mit einemabschließendenCartoon zum Leser fürLeser

Schmunzeln an. Den neuen»Händel-Mittei- undda–können auch kenner allein satisfac- lungen« wünscheich eingutes Gedeihen tion erhalten –dochso–daß dienicht- undebensowie derVorgängerpublikation kenner damit zufriedenseynmüssenohne zahlreiche FreundeimIn- undAusland. Ich zu wissen warum.‹ Dieses bekannteZitat binschon gespannt auf dienächste Ausga- ausdem BriefMozarts vom28. Dezember be.BesteGrüße ausder Partnerstadt Karls- 1782 an seinen Vaterzur Charakterisierung ruhe.« derdreiKlavierkonzerte KV 413–415kam mirbeimDurchblättern undgenaueren Prof.Dr. PeterOverbeck, Lesender neuenAusgabe der»Mitteilungen Vorsitzender derHändel-Gesellschaft desFreundes- undFörderkreises desHändel- Karlsruhee.V. Hauses«inden Sinn. Dennnicht nur ›schwere‹ Kost,inForm(kürzerer)wissen- schaftlicher Beiträge,wirduns dargereicht, »Spürteich, dass in dererstenAusgabe sondernauch ›leichtere‹Beiträge,die sich noch das Wiedererscheinen nachvierJahren auf sympathische Artund Weiseu.a.mit Pausemit Vorsicht,vielleichtauch mit im weitestenSinne auf der›Händel-Bühne‹ etwas übertriebenemErklärungsbedürfnis verweilendenPersönlichkeitenbefassen. begleitetwurde,leseich ausdem neuen DieEinstellungder »Händel-Hausmitteilun- Heft schonwiedervielmehrSelbstsicherheit gen« habeich immerals einenbedauer- undRückbesinnungauf bewährtesProfil lichen Vorgangbetrachtet. Deswegen heraus …Mit den»Mitteilungen« erfüllt begrüßeich die›Auferstehung‹ desinneuer derFreundes- undFörderkreis einenBildungs- gepflegter undmehrfarbigerAufmachung auftrag,der zwar in erster Linie unseren erscheinendenOrgans mit ›Satisfaktion‹. 36 eigenenMitgliedernund Freunden zugute Ichwünsche derRedaktion unddem Heraus- kommen soll,ebensoabergewollt auch für gebervielErfolgund denHeftenviele Leser jene Besucher desHändelhauses gedachtist, undLeserinnen!« diezufälligzuLesernwerden…AlsHallenser wünschte ichmir allerdings noch etwas Dr.Paulvan Reijen, mehr über diewenigerbekannten Kompo- StichtingHändel-RenaissanceGroningen, nisten meiner Heimatstadtzuerfahren.« Niederlande,Mitglied des»Freundes- undFörderkreises desHändel-Hauses zu Gertraude Sänger,Halle Hallee.V.« Mitglieddes »Freundes- undFörderkreises desHändel-Hauses zu Halle e.V.« »Immer wieder freueich mich, wenn die wieder wiePhönixaus derAsche erstande- »Sehrbedauerlichfandich,daß Herr Richter nenHändelhaus-Mitteilungenerscheinen… damalsaus Kostengründen dieMitteilun- Vielleicht können einigeBeiträge noch geneinstellenmußte.Umsoerfreuter war kürzer undabwechslungsreicher sein, aber ich, alsjetzt dieneuen Mitteilungenwieder dierichtigeMischungder Beiträge werden herauskamen. Mirgefällt dieäußereAuf- Sieschon noch finden …« machung sehrgut undauchdie Berichte sind sehr ansprechend.VielenDankdafür. Volker Fischer,Chemnitz DasletzteHefthabeich mit Begeisterung gelesen…Ich freuemichschon aufdas nächsteHeft.« »Als jahrzehntelangesMitglied derHändel Gesellschaftund Leserder ehemaligen Dr.med.KlausOtto,Edenkoben Händel-Haus-Mitteilungenmöchte ich Mitglieddes »Freundes- undFörderkreises auch Mitglied desFreundes- undFörder- desHändel-Hauses zu Halle e.V.« kreises desHändel-Hauses werden undIhre neuenMitteilungenregelmäßig zugesandt erhalten.« »›–die Concertensindebendas Mittelding zwischen zu schwer,und zu leicht …hie EugenSchüepp,Regensdorf, Schweiz Interviewmit Herrn Dr.Felix Friedrich, SchlossorganistzuAltenburg

Mitt: Herr Dr.Friedrich, vor wenigen von Krebs habeich michsehrintensiv Wochen ist die Edition allerOrgelwerke mit demSchaffenvon Krebs auseinander- vonJohann Ludwig Krebs mit derelften gesetzt.Inverschiedenen Gesprächen CD im Label querstand mit Ihnenals So- sowohlmit Klaus-Jürgen Kampradals list abgeschlossenworden.Dazu unsere auchmit MichaelSchönheit reifte dann herzliche Gratulation.WelcheStellung derPlan heran, diesesProjekt anzuge- nehmenOrgelkompositioneninner- hen. Ichdenke,dass wir mit diesemGe- halb desGesamtwerks von Krebs ein? samtprojekt, also denKantaten, denOr- FF: Sie bildenden Hauptanteil seines gelwerkenund derOrchestermusik, we- Schaffens, gefolgt von derKlavier- und sentlichzur Ve rbreitung seinerWerke Kammermusik.Das hängt mit seinenAn- beitragen. stellungenzusammen. Sowohl in Zwi- Mitt: Sie haben 2009 das Krebs-Werke- 37 ckau als auchinZeitz und Altenburg war verzeichnis im Ve rlag Kamprad heraus- er ›nur‹ als Organist angestellt.Ihm zur gebracht.Bei derhöchst verdienstvollen Seitestand jeweilsein Kantor, zum Bei- ArbeitandiesemVorhabenhaben Sie spiel in Zeitzder bekannteGeorg Christian bisdahin unbekannte We rke desMeis- Schemelli.Insofern schuf er einbeacht- ters aufgefunden. Wo und wie war das liches Œuvre an Orgelmusik, das oft mit möglich? großentechnischenSchwierigkeitenaus- FF: Das war im Prinzip das Ergebnis gestattetist.Eszeigt, dass er selbst ein intensivster Recherchen weltweit in den brillanterOrganistgewesen sein muss. unterschiedlichstenBibliotheken, und Mitt: Im Label querstand ist anlässlich auchdie Zusammenarbeitmit RISM des300. Geburtstagsvon Krebs das ehr- (Répertoire International desSources geizige Projekt, alle Kompositionen–bis Musicales) erwiessichals sehr fruchtbar. auf die für Cembalo und die Kammer- Ichkann mirjedochsehrlebhaft vor- musik–des Meisters alsCDherauszu- stellen, dass zahlreiche We rke von ihm bringen, pünktlichzuseinemGeburtstag nochinnicht erschlossenenPfarr- und am 10.Oktober realisiert worden.Die- Kantorats-ArchivenMitteldeutschlands sesProjekt habenSie wissenschaftlich schlummern.Das könnte vor allemKan- begleitet. Wiekam es zu diesergroßen taten betreffen, die zumeist nur unter Unternehmung und welche Bedeutung demKürzel»di Krebs«überliefert sind. hat diese Edition fürdie Erschließung Vielleicht taucheneinesTagesauch desŒuvresvon Krebs? nochKompositionenauf, die als Kriegs- FF: In Vorbereitung des300. Geburtstags verlust geltenoderals Beutekunst in irgendwelchenausländischenArchiven Editionaller Orgeln vonGottfried Sil- lagern.Sokehrten zumBeispielvor nicht bermann haben Sie zusammenmit dem allzu langer Zeit die 6Sonatenfür Cem- Label querstand desVerlags Klaus-Jürgen balo oderOrgelvon Krebs aus Kiewim Kampradden Jahrespreis derdeutschen Rahmender Rückführung derBiblio- Schallplattenkritikerhalten. NebenOr- thekder Berliner Singakademie nach gelmusik z. B. von Bach, Krebs und wei- Deutschland zurück. tererBachzeitgenossenhaben Sie sich Mitt: Sie sind seit 1976 Organist an der auch modernerOrgelmusikgewidmet. Schlosskirche zu Altenburg, an derKrebs Sie brachteninzwischenüber50Kom- 24 Jahre in gleicherPosition gewirkt hat. positionen für Ihr Instrument zur Urauf- Derwievielte Nachfolgervon Krebs führung, darunter u.a. von Ruth Zechlin, sind Sie? SiegfriedThiele,Georg Katzer, Friedrich FF: DerSiebente. Schenkerund Howard Arman, um eini- Mitt: Die Orgelvon Tobias Heinrich ge zu nennen. Wasreizt Sie an solchen Gottfried Trost in derSchlosskirche zu modernenWerkenimVergleichbeispiels- Altenburggilt als einesder klangschöns- weise zu We rkender großenBarock- tenInstrumente diesesOrgelbaumeisters. meister? Sie haben sich sofort beiDienstantritt FF: Das hängt mit derTrost-Orgelzu- als Schlossorganist für die Restaurierung sammen, an derdas romantische Orgel- dieseskostbarenInstruments eingesetzt repertoire nicht odernur partiell darstell- 38 und diese Arbeitenbegleitet. Entspricht bar ist.Deshalb initiierte ichsehrviele derheutige Klang dieserOrgelden Vor- Kompositionenspeziell für diese Orgel stellungenund Vorgaben desBaumeis- oderauchfür Silbermann-Orgeln, um ters von1739, ist er historisch»authen- das Repertoire zu erweitern.Die Zusam- tisch«? menarbeitmit denKomponistenunter- FF: Wasist authentisch? DiesenBegriff schiedlichsterCouleur erwiessichda- zu definieren, erscheintmir fast unmög- beials sehr konstruktiv. Die speziellen lich. Will sagen, als 1974–76die Trost- KlangmöglichkeitendieserBarockorgel Orgel restauriert und auf denZustand warenauchfür die Komponistenein von 1739 zurückgeführt wurde,haben wir sehr inspirierendesElement. damals alle verfügbaren Quellenausge- Mitt: Sie gebenals Solist Orgelkonzerte schöpft.Insofern sind wir demOriginal- in allerWelt–ganz kürzlichkonzertier- klang sehr nahe gekommen. Zwischen- tenSie zumwiederholten Male in Salz- zeitlichaufgetauchte neue Erkenntnisse burg –und spielenauchzusammenmit in derRestaurierungspraxis zeigen, dass Orchestern unter namhaftenDirigen- in einigenDetails nochVerbesserungen ten. So haben Sie beispielsweise mit möglichwären. Trotzdemist das Alten- MarekJanowski, Kurt Masur und Helmut burgerInstrument von Trost in seinem Rilling musiziert.WelcheWerke kom- heutigenZustand die ideale Krebs-Orgel, mendabei zur Aufführung? die er mehr als väterlichgeliebt hat,wie FF: Ichhabeüberviele Jahre hinweg Zeitgenossen berichten. u.a. mit demChor und demSinfonie- Mitt: Ihre Diskographie umfasst mehr Orchesterdes MDRmusiziert und da- als 80 CD-Produktionen. Fürdie CD- beiviele sinfonische undchorsinfonische We rke gespielt und kennengelernt, bei ichals Juryvorsitzender und Organisa- denenein Orgelpart verlangt wird.Dazu tor, prüfen das derzeit. Denkbarwäre kommenweitere solistische Auftritte einRhythmus von zweioderdreiJah- z.B. mit derDresdnerPhilharmonie,der ren. Und das Ganze hängt natürlicham Robert-Schumann-Philharmonie oder Geld und an interessiertenund geneig- demGewandhausorchester. Das Reper- tenSponsoren. toire reicht dabei von Bachund Händel Mitt: Sie sind Leiterder »Thüringischen bis Strauss, Britten, JanacekoderGubai- Orgelakademie«,die 1991 gegründet dulina,umnur einige Namenzunennen. wurde und sichmit historischemOrgel- Mitt: We lche Rolle spielt die Musik spielbefasst und diese Kenntnisse und Händels in IhrerkünstlerischenArbeit? Fertigkeitenvermitteln will.Indiesem FF: Sie nimmt natürlichnicht denzent- Jahr fand die23. Akademie statt.Die ralenPlatz wie Johann Ludwig Krebs Te ilnehmerspieltenauf bekanntenhis- ein. Aber ichspiele desÖfterenund sehr torischenOrgeln, so im August auchauf gerne seine wunderschönenOrgelkon- derMauer-OrgelimHändel-Hauszu zerte. Halle.Diese Orgelwurde 1770 von Jo- Mitt: Sie wurden1987ander Martin- hann LudwigKrebs an ihrem ursprüng- Luther-Universität in Halle zum Dr.phil. lichenStandort in Te gkwitz nahe Alten- promoviert.Mit welcherDissertation? burg begutachtetund abgenommen, We rwar dort Ihr Doktorvater? womit sichder Kreis zu Krebs rundet. FF: Das war WaltherSiegmund-Schultze, Seit wann gibt es diese Ve rbindung der 39 demich sehr viele fruchtbare Anregun- »Thüringer Orgelakademie« zum Hän- genzumeinemThema verdanke.Und del-Haus zu Halle? mein Themawar dieerstmalige Erfas- FF: Sie gab es in diesemJahr zum ers- sung von Leben und Schaffendes Orgel- tenMale und fand großenBeifall beiden bauers Tobias HeinrichGottfriedTrost. 37 Te ilnehmern derThüringischenOr- Mitt: In diesemJahr gab es erstmalsei- gelakademie.Wir wurdensehrkompe- nenMusikwettbewerbfür Kinderund tent von denMitarbeitern desHändel- Jugendliche in denFächern Klavierund Hausesbetreut und herzlichaufgenom- OrgelimResidenzschloss Altenburg, der men. Die kleine Mauer-Orgeleignet denNamenJohann Ludwig Krebstrug. sich vorzüglichfür die intimen Orgel- Wird es diesenWettbewerbauchkünf- werke von Krebs, alsozum Beispielfür tig geben? die Choralvorspiele derClavier-Übung. FF: Das ist eine guteFrage.Ansich Wirwerdenganz bestimmt in nächster sollte es eine einmalige Aktion zum 300. Zeit wiedernachHalle kommenund si- Geburtstag von Krebs sein.Die Reso- cherlichnochetwas mehr Zeit dafür nanz und das Niveau warenaberüber- einplanen. aus groß.Die Kinder und Jugendlichen Mitt: We nn man alle Ihre Aktivitäten haben vollerBegeisterung die Musik von zusammen betrachtet,muss mansich Krebs gespielt.Deshalb wurdemir be- fragen, wie Sie diese vielfältigenAufga- reits mehrfachangetragen, eine Fortset- benmeistern. Bleibt da nochZeitfür zung zu planen. Wir, alsodas Residenz- dieFamilie, für Steckenpferde und für schlossAltenburg als Ve ranstalterund Erholung? FF: Über die vielenJahre hinweghabe Konzerte und zahlreiche Buch-und ichgelernt, so sorgfältig wie möglichmit Noteneditions-Vorhaben,zum Beispiel demZeitfaktor umzugehen. Zeit ist uns derOrgelreiseführervon Sachsen-An- genauso wie Gesundheit geschenkt und halt beim Kamprad-Verlag, wo auchdie eine absolute Kostbarkeit.Mit beiden Mauer-OrgelimHändel-Haus zu finden muss man sehr behutsam umgehen. Ich sein wird.Ersoll zur Buchmesse 2014 denke,dann ergibt sichVielesvon selbst. auf denMarkt kommen. Die Familie ist für michsehrwichtig wie Mitt: Wann werdenwir Sie wiederin auch derregelmäßige Besuch(so es sich Halle treffenund hörenkönnen? zeitlicheinrichtenlässt)des Fitnessstu- FF: Am 4. Dezember im Händel-Haus dios. EineinzigesSteckenpferd kann miteinemVortrag, über wenwohl? Na- ichIhnennennen: die Musik. türlichüberJohann Ludwig Krebs. Mitt: We lche Aufgaben wartenimkom- Mitt: Herr Dr.Friedrich, herzlichenDank mendenJahr auf Sie? für diesesGespräch. Wirfreuenuns dar- FF: We itere CD-Projekte,die 24. Thü- auf, Sie bald in Halle begrüßenund viel- ringische Orgelakademie,natürlichviele leicht auchander Orgelhörenzukönnen.

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Wirtrauern um unsere Mitglieder

Elisabeth Herold 15.08.1929 –04.05.2013

Johannes Hacker 29.04.1928 –08.05.2013

DenAngehörigenund Freundender Ve rstorbenenbekundet derVorstandimNamenallerMitglieder des»Freundes- und Förderkreisesdes Händel-HauseszuHalle« unsertiefesMitgefühl.

Wirwerdendas Andenkender Ve rstorbenen ehrend bewahren.

DerVorstand des»Freundes- und Förderkreisesdes Händel-HauseszuHalle e.V.«

(Mitteilung nachInformationenandie Redaktion) DieStreichquartettedes Weimarer Hofkapellmeisters ErnstWilhelm Wolf (1735–1792)

PhillipSchmidt 1

Ernst Wilhelm Wolf wurde am 25. Februar 1735 im thüringischen Großen- behringengetauft und erhielt früh ersten Klavierunterricht und Unterweisung im Generalbassspiel beiseinemälterenBruderErnst Friedrich. Bis zu seinem 20. Lebensjahr besuchte er die Gymnasien in Eisenachund , wo er ne- beneinersolidenSchulbildung auchals Chor- und Solosängererste Ve rdiens- te erwarb. In Gotha kam derjunge Wolf erstmals mitWerkenvon Carl Hein- richGraun(1704–1759), Johann Adolf Hasse (1699–1783) und Carl Philipp EmanuelBach(1714–1788) in Berührung, die ihn in seinemkompositorischen Schaffenbeeinflussensollten. Im Jahre 1755 immatrikulierte sichWolf an der Universität Jena.Kurze Zeit späterübernahm er dort die Leitung desCollegi- um musicum.Eine geplante Italienreise wurde zwar nie realisiert, brachte ihn aber 1761 nachWeimar, wo er schonbald in denDienst derHerzogin Anna Amalia vonSachsen-We imar-(1739–1807) tratund nochimselben 41 Jahr (1761) zum Konzertmeisterdes kleinenHautboistencorps aufstieg(eine repräsentative Hofkapelle existierte in We imar offiziell erst ab 1776). Zwei Jahre spätertrat Wolf die Nachfolge desverstorbenen Hoforganisten Johann CasparVogler(1696–1763) an.Fernerhin unterrichtete Wolf die Söhne der Herzogin, die beidenPrinzen Carl August (1757–1828) undFriedrichFerdi- nand Constantin (1758–1793) und bald auchdie Herzogin selbst. Im Jahre 1770 heiratete Wolf die Sängerin und Cembalistin Maria Carolina Benda (1742–1820), eine Tochterdes berühmten böhmischenGeigers (1709–1786). Am 31. Juli 1772 wurde Wolf in We imarzum Hofkapellmeister ernannt. Durchdie Heirat desPreußischenHofkapellmeisters Johann Fried- richReichardt (1752–1814)mit derjüngerenBenda-TochterJuliane (1752– 1783) war Wolf seit 1777 mit Reichardt verschwägert.Freundschaftliche Kon- takte unterhielt Wolf u.a. nachPotsdam, Berlin und zumMecklenburg- SchwerinerHof.Inden letzten Lebensjahrenwar Wolf offenbar gesundheit- lich beeinträchtigt; er verstarb am 29. oder30. November 1792 in We imar, wo er am 1. Dezember beigesetzt wurde.

1Anmerkung derRedaktion: Im Juli 2012 wurde an derPhilosophischenFakultät derTechni- schenUniversität Dresdendie Masterarbeitdes Autors mit gleichemTiteleingereicht und durchProf.Dr. Hans-GünterOttenbergund Dr.Cornelia Brockmann begutachtet. Die Arbeit beleuchtetdas Leben und Wirkendes heute kaum nochbekannten, zu seinenLebzeitenaber weithin geachtetenWeimarerHofkapellmeisters. Wolf war eine zentrale Figur im We imarerMusikleben. Sein Ve rdienst ist es, dass sichdie neugegründete Hofkapelle zu einemleistungsfähigen Ensemble entwickelte. Nachdem durchschlagendenErfolg von Johann Adam Hillers (1728– 1804) Singspiel Die Jagd (1770) war man in We imar an eigenenSingspielpro- duktioneninteressiert.Und so schuf Wolf in Zusammenarbeitmit Dichter- und Literatenpersönlichkeitenwie Christoph Martin Wieland (1733–1813), FriedrichHildebrand Freiherr von Einsiedel(1750–1828), Karl Siegmundvon Seckendorff (1744–1785), Augustvon Kotzebue (1761–1819), Friedrich Johann Justin Bertuch(1747–1822),Johann Carl August Musäus (1735–1787), und Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) mehr als 20 Singspiele (»Operet- ten«). BaldnachihrenUraufführungenfandendie erfolgreichsteningedruck- tenKlavierauszügenweite Ve rbreitung. In Wolfs geistlichen Vokalwerken, die größtenteils handschriftlich überliefert sind, ist derEinfluss von Carl Heinrich Graunspürbar. BerühmtestesWerkist Wolfs 1782 erschienene Osterkantate DesLebens Fürsten haben sie getötet,nacheinem Te xt von Johann Gottfried Herder(1744–1803). Sein Instrumentalschaffen für Orchestersetzt sichaus ca.40Sinfonien und Singspielouvertüren,2 Zwischenaktmusiken, Partitenund einerAnzahl vonSolokonzerten für Cembalo und andere Instrumente zusammen.Unter 42 seinensonstigenSolokonzertenverdienenzweiKonzerte für Viola Erwäh- nung.Wolfs Kammermusikœuvre nimmt zwar in seinem Instrumentalschaf- feneinenbescheidenerenPlatz ein, dennochbefindensichbemerkenswerte Kompositionendarunter. Die Ensemblegattung, dersichWolf am ergiebigstenwidmete,war das Streichquartett, bzw.das Quartett für vierStreichinstrumente.Nicht weniger als zwölf Quartettkompositionenfür Streichersind heute nachweisbar, von denenacht–dreials op.1,zweials op.2und dreials op.3–imZeitraum 1779 bis1785inBerlin und Speyerpubliziert wurden.3 In derSerie op.2erschien als drittesWerkein Quartettfür Flöte, Violine,Violaund Bass.Außerdem schuf Wolf –stilistischdurchCarl Philipp EmanuelBachbeeinflusst –zahlrei- cheKlaviersonaten, die er größtenteils in gedrucktenSerienveröffentlichte. Auchals Autor einesmusikalischenLehrwerks,4 einigermusiktheoretisch- ästhetischerAufsätze und als Ve rfasservon Musikrezensionenist Wolf in Erscheinung getreten.

Unser Wissen zu Aussehen und Charaktervon Wolf stützt sichimWesentli- chen auf zeitgenössische Aussagenvon Johann Friedrich Reichardtund Johann Wolfgang von Goethe.Interessant ist in diesemZusammenhang, dass es uns möglichwar, nebendem bekanntenKupferstichvon Gottlob August Liebe (1746–1819)5 einenweiteren, im viertenBand von Johann Caspar Lavaters (1741–1801) Physiognomischen Fragmenten,anonym überliefertenKupferstich als Wolf-Bildnis zu identifizieren.6 Außerdemfindetsichdort auchein Silhouet- tenschnitt, derWolf zeigt. Unterden KompositionenWolfs galt unserbe- sonderesAugenmerk denzwölf erhaltenen Quartettkompositionen.

Ernst Wilhelm Wolf (1735 –1795) anonymerKupferstich, 1778

Übersichtstafel: ErnstWilhelm Wolf –Kompositionen fürzweiViolinen, Violaund Bass bzw. Violoncello

Werk- Satzbezeichnung Tonart, Satzumfang Datierung bezeichnung Taktart in Takten 43

Sonata 1. Allegretto D 3/4 85 Ende 1770 / Anfang 1780 2. Allegrodimolto D ₵ 113 op.1/1 1. AllegroB₵ 1591779 2. Adagio Es 3/471 3. Allegromanon prestoB 6/8177 op.1/2 1. Adagio Es C 85 1779 2. Allegroc3/4213 3. Allegrodimolto Es ₵ 176

2Cornelia Brockmanns Studie Instrumentalmusik in Weimarum1800,Sinzig 2009, insb. S. 213ff., befasst sichausführlichmit Wolfs Sinfonien. 3Die beidenQuartettserienop. 1und op.2wurden1779und 1781 beiJohann Julius Hummel (1728–1798) in Berlin und Amsterdam veröffentlicht, die Quartettserie op.3folgte 1785 bei HeinrichPhilipp Boßler(1744–1812)inSpeyer. 4Ernst Wilhelm Wolf, Musikalischer Unterricht fürLiebhaber und diejenigen, welche die Musik treiben und lehrenwollen,Dresden1788. 5Kupferstichmit Bildnis von Wolf abgedruckt in: Theaterjournalfür Deutschland,17. Stück, Titelkupfer, Gotha 1781. 6Siehe Johann Caspar Lavater, PhysiognomischeFragmente. ZurBeförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe,vierterVersuch,Leipzig und Winterthur 1778.Der Kupferstich»Ein schattirtesVollgesicht.W.« wurde zwischenS.372 und 373eingebunden. UnterBeilage Azum drittenFragment dessiebentenAbschnitts folgt die Beschreibung desWolf’schenCharakters, siehe ebd. S. 373–374. op.1/3 1. Andante D ₵ 69 1779 2. AllegroD₵ 184 3. Mezzoadagio||h–Fis C 1–11 allegroassai D3/4 12 –243 op.2/1 1. AllegroCC 1001781 2. Mezzoadagio||A-G C 63 3. TempodiMinuettoC 3/4150 op.2/2 1. AllegroAC 98 1781 2. Andantino a3/4 87 3. AllegrodimoltoAC 63 unveröffentlich- AllegroA₵ 80 1781 terEinzelsatzaus demAutograph op.2/2 Quatro 1. AllegrodC 85 1781 (?) 2. Poco lentoD3/448 3. Allegrocon spiritod C 150 op.3/1 1. Allegroassai B ₵ 1181785 2. Adagio f–F 3/465 Le lacrimediPetrarca 3. Allegrocon spiritoB₵ 100 op.3/2 1. Allegretto Es 3/4132 1785 2. Adagio As C 36 3. Poco presto Es 6/8127 op.3/3 1. Allegroassai g ₵ 1011785 44 2. AndantinoG3/878 3. Allegropiù tostopresto g ₵ 121 Quatro 1. AllegromoderatoCC 59 1788 2. Adagio c3/4 63 3. Allegrocon spiritoC₵ 53 Quartetto1.AllegrettoC₵ 61 1789 2. Largo c C 34 3. Presto C12/862

Als Ve rtretereinesnord-und mitteldeutschenStils versucht Wolf anfangs, ältere und neue Einflüsse zu verknüpfen. Er verfolgt diese Linie aber nur kurze Zeit. So sind die Quartette op.1(1779) nochgrößtenteils vom Generalbass abhän- gig, während die Quartette derSerie op.2(1781) die Ve rwendung desContinuo bereits freistellen(die Bassstimme ist hierzwar beziffert, derSatz kommt aber auchohne einfüllendesAkkordinstrument aus); die Serie op.3(1785) verzich- tethingegenganz auf eine bezifferte Bassstimme.Charakteristischist in Wolfs frühenQuartettenvor allemdas architektonische Prinzip, dreimehroderweni- gergleichberechtigtenOberstimmeneinenGrundbass zur Seite zu stellen. Die- seskontrapunktische Satzprinzip ist Ende der1770erJahre und danachsonst kaum zu finden. Auffällig ist außerdemdie häufige solistische Ve rwendung der Viola, die sichaberinden Quartettennachop. 1mehrund mehr verliert. Die Lösung vom Generalbass ist grundlegend für die Entwicklung desmo- dernenStreichquartetts, wie sie im We sentlichen durchJoseph Haydn seit An- fang der1760erJahre befördert wurde und sichbald flächendeckendetablierte. Wolfs We rke sind unteranderemgeprägt von älterenGattungseinflüssen, vor al- lemdem norddeutschenQuadro,7 das als We iterentwicklung derbarockenTrio- sonate verstanden wurde und nachdem Vorbild von Te lemanns PariserQuartet- tenbevorzugt von Komponistender älterenGeneration wie Johann Joachim Quantz (1697–1773), Johann GottliebJanitsch(1708–1763), Johann Gottlieb Graun (1703–1771),GottfriedHeinrichStölzel(1690–1749), Christoph Schaffrath (1709[?]–1763) und Johann FriedrichFasch(1688–1758) gepflegt wurde. Am Anfangder zweitenJahrhunderthälfte setztesichder konservative NordenDeutschlands energischgegen die süddeutsch-österreichischenund italienischenEinflüsse in denmodernen GattungenSinfonie, Trio und Streichquartett zur We hr.InverschiedenenzeitgenössischenPublikationsor- ganenentbranntenzeitweise erbitterte Kontroversen. Wolf nahm diese Aus- einandersetzungenwahr und reagierte,indemereinenKompromiss suchte, derscheinbar allenInteressenentgegenkommensollte. Allerdings blieben–nachdemsichdas moderne Streichquartett durch Haydns,Boccherinis,Mozarts, sowie Cambinis We rke und die Beiträge un- zähligerweitererKomponistenlängst durchgesetzt hatte –diese inzwischen als »altmodisch« empfundenenAusdrucksformenbis in sein spätestesüberlie- fertesQuartett von 1789 für Wolfs Stil und sein Gattungsverständnis relevant, auchwennernachweislichitalienische,französische,Mannheimerund Quar- tette aus demsüddeutsch-österreichischenUmfeld gekannt hat.Daeraber ebenso verstand, im GeschmackseinerZeitzukomponieren, tragenseine 45 Quartette mitunterauchsehrmoderne Züge. Es ist nicht zu beurteilen, welche UmständeimEinzelnendafür verant- wortlichsind, dass Wolfs Quartette von denZeitgenossen allemAnschein nachkaum wahrgenommenwurden. Fest stehtnur, dassWolf mit seinen zwölf überliefertenQuartetten, die in ihrerGesamtheit in dergenanntenMagis- terarbeiterstmals Gegenstand einerwissenschaftlichenUntersuchungwaren, einenrespektablenBeitrag als Quartettkomponist leistete.8 Fast sämtlicheQuartette von Wolf sind im Archiv derSing-Akademie zu Ber- lin,9 das als Deposituminder StaatsbibliothekzuBerlin aufbewahrt wird, als Autographe und teilweiseauchinAbschriftenund Erstdruckenerhalten (siehe folgende Übersicht).

7NachJohann Adolph Scheibefestigte Johann Joachim Quantz denGattungsbegriff, derdie gesamte zweite Jahrhunderthälfte in derMusikanschauung präsent blieb. Siehe Johann Adolph Scheibe, CritischerMusicus. Neue, vermehrte undverbesserte Auflage,Leipzig 1745, S. 675–680, insb. S. 676, sowie Johann Joachim Quantz, Versuch einer Anweisung dieFlötetraver- siere zu spielen,Berlin 1752, Reprint, Wiesbaden1988, insb. XVIII.Hauptstück, §44, S. 302. 8Inzwischenwurdenalle zwölf Quartette beim ortus musikverlag Beeskow und Berlin als wissenschaftlich-kritische Ausgaben in vierBändenvorgelegt.Außerdemplant das Label cpo –classic production osnabrückeine Aufnahme mit fünf Quartettenvon Wolf. Überlieferungslageder Quartettevon ErnstWilhelm Wolf mitBibliothekssignaturen

RISM-Bibliothekssigel D-BStaatsbibliothekzuBerlin –Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv D-BsaArchiv derSing-Akademie zu Berlin,Deposituminder Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz,Musikabteilungmit Mendelssohn-Archiv D-Dl SächsischeLandesbibliothek –Staats- undUniversitätsbibliothek,Dresden D-Hs Staats-und Universitätsbibliothek Carl vonOssietzky, Musikabteilung,Hamburg DK-Kk Det KongeligeBibliothek Slotsholmen, Kopenhagen

Komposition Kompositions- autographe Stimmenabschrift Erstdruck*) autograph Reinschrift vonder Hand eines Kopisten Sonata D-DurD-Bsa SA 3577 op.1/1 B-DurD-Bsa SA 3568 D-BsaSA3572(1) D-BsaSA3560 op.1/2 Es-Dur D-BsaSA3566D-Bsa SA 3572 (2) op.1/3 D-DurD-Bsa SA 3569 D-BsaSA3572(3) op.2/1 C-DurD-Bsa SA 3581 (4)DK-Kk U110, op.2/2 A-DurD-Bsa SA 3575 (1)D-Bsa SA 3581 (1) mu 6702.1833, U110 46 unveröffentlichter D-BsaSA3575(1) Einzelsatz ausdem Autograph op.2/2 Quatro d-MollD-Bsa SA 3576 (1)D-Bsa SA 3581 (2) op.3/1 B-DurD-Bsa SA 3563 D-BsaSA3565D-DlMus. op.3/2 Es-Dur D-BsaSA3561D-Bsa SA 3567 3380-P-2 op.3/3 g-MollD-Bsa SA 3562 D-BsaSA3564 Quatro C-DurD-Bsa SA 3574 QuartettoC-Dur D-BsaSA3570D-Bsa SA 3571

*) Hierwurde nur jeweils einReferenzexemplar angeführt.Für weitere Fundortnachweise derErstdrucke siehe RISM,Serie A/I, Signatur [W 1803–1805, in: Otto E. Albrecht, Karlheinz Schlager(Redaktion), RISM. Einzeldrucke vor1800,Band.9,Anh.1./2, Kasselu.a.1981, S. 263–264 und ebd.,Signatur [WW 1803, 1805, in: Addenda et Corrigenda, Band.14, Kasselu.a.1999, S. 360. In dieserTabelle findenPartiturabschriftennachden Stimmen-Erstdrucken(die Quartette op.1sind in derSammelhandschrift D-HsNDVI3199, die Quartette op.2inD-B Am.B 524 nachgewiesen) keine Berücksichtigung.

9Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Wolf-Quellen–darunterSinfonien, Cembalokonzerte, Klaviersonatenund Kammermusik –nur dort nachweisbar.Siehe auchMatthias Kornemann, AxelFischer, Thearchiveofthe Sing-AkademiezuBerlin –catalogue. DasArchiv derSing-Akade- mie zu Berlin –Katalog,Berlin, NewYork 2010,insb. S. 372ff., 705ff. DieBedeutung von Musikgeschichte(n) fürMitteldeutschland

Daniel Schad

Wiralle gehenselbstverständlichdavon Touristenaus derganzenWeltein, hier aus, dass Musik für denMenschenunver- nachMitteldeutschland in das Zentrum zichtbar ist.Musik wirkt identitätsstif- von Geschichte/n und Kulturzukom- tend und persönlichkeitsbildend auf den men! Die sehr erfolgreicheInitiative Menschenund im Menschen. Dochha- »LeipzigerNotenspur«zeigt uns,wie benwir wirklicherkannt, dass gerade die das in einerStadt gehenkann. Musik aus Mitteldeutschland –mit ihren Mit unsererInitiative»Straße der schriftlichenUrsprüngen im Mittelalter Musik«* verfolgenwir einenländerüber- (Minnesänger) und spätestens seit Mar- greifendenAnsatz.Wir verstehenden tin Luther–von weltweiterBedeutung musikalischenReichtum als einAllein- istund welche Chancendiese einmalige stellungsmerkmal für Mitteldeutschland. Musiklandschaft für unsere Zukunft hat? Docherkennenauchdie Ve rantwortli- Sicherlichbrauchen wir Leucht- chen in derPolitik die Potenziale dieser 47 türme,die uns denWeg weisen. Erinnert Musiklandschaft? Gibt es funktionierende seianBach, Händel, Schütz, Te lemann, Rahmenbedingungen? Kulturelle Vielfalt WagneroderWeill.Aberwas sind diese braucht faire ChancenimGroßenwie Leuchttürmeohne denstabilen Boden, im Kleinen. aufdem sieverankert sind?Den Boden Wirfordern von derPolitik,die für viele VisionenimBereich derMusik Kultur und speziell die Musik unserer bietendie über 1300 namentlichnoch RegioninallenBereichen zu fördern, bekanntenKomponisten, die in Sachsen, sie zu pflegen, zu gestaltenund sie welt- Sachsen-Anhalt und Thüringengelebt weit bekannt zu machen. und gewirkt haben,die hiergeboren Sachsen-Anhalt täte gut daran, odergestorben sind. Siehinterließen sichals »Zentrumder Geschichten« zu uns einimmensesmusikalischesErbe. profilieren und seinenSlogan »Land der Es liegt in unserallerVerantwortung, Frühaufsteher« zu modifizieren. wie wir damit umgehen. Begreifenwir Musik als verbinden- Es hilft nicht weiter, wenn man desElement, um Mitteldeutschland die Abwanderung derMenschenaus nachhaltig attraktiv zu machen. Wirals Sachsen-Anhaltbeklagt und alle Spar- Bewohner und die Besucheraus aller maßnahmen im Kulturbereich damit We lt wollenund sollenerleben, welche begründet. DerdemografischenEnt- Schätze es hiernochzuentdecken gibt. wicklung dieserRegion müssenwir de- *Der eingetragene Ve rein »Straße derMusik«ist renkulturelle We rte gegenüberstellen! Mitglieddes »Freundes- und Förderkreises Meine Vision dazu:Ladenwir doch desHändel-HauseszuHalle e.V.« Il caro sassone –zum 230. Todesjahr vonJohannAdolphHasse Bildnisse in Dresden

Harald Marx und ChristophRink

Nicht nur Georg FriedrichHändel, sondern auchder in Bergedorf (heute zu Hamburg gehörig)gebürtige,14Jahre jüngere Johann Adolph Hasse1 wurde während seinesItalienaufenthalts als »lieberSachse«ge- feiert.Während Händels GeburtsortHalle bis 1680 Haupt- und Resi- denzstadt desErzstifts Magdeburg mit Herzog August von Sachsenals Administrator war, was so einigermaßenseine Zuordnung als Sachse rechtfertigenkönnte,wurde Hasse erst nachseinemItalienaufenthalt in Dresdenangestellt.Von Italienaus begann für die beiden»cari sassoni« die große musikalische Laufbahn, die deneinenüberHannoverfür im- mernachEngland führte,während derandere »auf demFestland«, in 48 Dresden, Paris und endlichinWien, zu europäischemRuhm gelangte. In Londonhaben sichwohl die Lebenswege derbeidenKomponisten als Konkurrentenzwar nicht persönlichgekreuzt, aber HassesOper Artaserse wurde »als Gegenentwurf zum Händel’schenOpernbetrieb« von Nicola Porpora in derOpera of the Nobility 1734 aufs Programm gesetzt. In Dresdenwurde Johann Adolph Hasse vom Kurfürsten und polnischenKönig August II.schon 1731 zum »kurfürstlich-sächsischen und königlich-polnischenKapellmeister« ernannt.Angetretenhat er aber diese Position erst 1733 nachdem Tode von König August II.und dem Regierungsantritt von dessenSohn, demKurfürstenFriedrichAugust II.von Sachsen, derals König von Polenden NamenAugust III.führte. Ganz offensichtlichwar das Kapellmeisteramteine bedeutende Stel- lung, denn so hervorragende Malerwie Pietro Graf Rotari (1707–1762) und Baltasar Denner(1685–1749) haben Hasse porträtiert.Dabei ist es keinesfalls selbstverständlich,einenKomponistenindieserherausge- hobenenWeise abgebildetzufinden. AußerHasse sind nur wenige Komponistenaus derDresdnerBlütezeit desAugusteischenZeitalters in Bildnissenverewigt, wenn man von seinenSchülern, derKurprin- zessin/Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis(1724–1780)2 und Johann GottliebNaumann (1741–1801),3 absieht. Das Gemälde von Denner4 zeigt Hasse als Mann in denbesten Jahren.5 49

Johann Adolph Hasse (1699–1783) Balthasar Denner(1685–1749) Leinwand, 1740 Sächsische StaatsoperDresden/Semperoper, Inv.-Nr.57

1Der Vorname wird häufig auchAdolf geschrieben. 2Siehe Harald Marx, Sehnsuchtund Wirklichkeit.Malereifür Dresden im 18.Jahrhundert, Köln 2009, S. 228f. 3Ebd., S. 446f. 4Dennerhat auchGeorg FriedrichHändel(wiederholt)porträtiert, wie kürzlich nochmals angemerkt wurde (Edwin We rner, DasHändel-Porträt von John Theodore Heinsimhalleschen Händel-Haus,in: Mitteilungen 2/2012,S.28–35). 5Der von kompetenterSeite geäußerte Zweifelander Zuordnung diesesBildeszuDenner konnte auchvon Ulrike Meinhardt beiihrenUntersuchungenzum Œuvre Denners ausgeräumt werden, zumal sichauf derRückseite desBildesdie Signatur findet. DasBildnis Hassesvon Pietro Graf Rotari6 ist im Original ver- schollen, aber durchmehrere gra- phischeReproduktionen doku- mentiert.Offensichtlichhat Rotari nur einBrustbildnisHassesge- schaffen, das dann Lorenzo Zucchi in seinemKupferstichals Oval in eine architektonische Rahmung setzte.Die nun gleichsam aus demBild fließende Draperie,das attributive Stilllebenaus Noten- blatt und -büchern sind wohl Zu- tatenZucchis, derdamit älteren FormenbarockerBildnisinszenie- rung folgte,wie Gregor J. M. We ber

Johann Adolph Hasse im Alter von 51 Jahren bemerkt hat.RotarisPorträtauf- Lorenzo Zucchi (1704–1779) nahme desKopfes, die nochim nachPietro Antonio Graf Rotari (1707–1762) Kupferstichdeutlichseine Stilistik Kupferstich, 37,8 x26,5 cm, 1750 Dresden, Kupferstichkabinett, zeigt, wurde durchmehrere 50 Inv.-Nr.A138987 Nachstiche populär.

In Italienhatte Hasse seit 1722 bei Nicola Porpora (1686–1766) und AlessandroScarlatti (1659–1725) dieErrungenschaftender neapo- litanischenSchule vermittelt be- kommen7 und später als Kapell- meisterinVenedig die berühmte Sängerin Faustina Bordoni (16978–1781) kennengelernt, die er dort 1730 auchheiratete.9 Die Mezzosopranistin Bor- doni war von Händel in London für dieRoyal Academy of Music enga- giertwordenund hatte ihrenersten gemeinsamenAuftritt mit

Die Sängerin Faustina Bordoni (1697–1781) Francesca Cuzzoni am 5. Mai 1726 mit Notenblatt. in Alessandro.10 Während letztere Rosalba Carriera (1673–1757) wohl eher einwenigerattraktives Pastell auf Papier, 44,5 x33,5 cm, um 1724/25 Gemäldegalerie Alte MeisterDresden, Aussehen hatte,war Faustina eine Gal.-Nr.P118 blendende Schönheit, wie das wundervolle Pastell(durchaus mit etwas esprit érotique)von Rosalba Carriera,11 die mit derSängerin befreundetwar, etwa einJahr vor ihrem Engagement in Londonbelegt.

Allerdings war das Zusammenwir- kender beidenSängerinnenBordoni und Cuzzonibekanntermaßenkei- nesfalls einvernehmlich. Die Feind- schaft zwischen denbeidenging so weit,dasssichdas LondonerPubli- kum in zweiParteien spaltete,was auchvor höchstenKreisender Ge- sellschaft nicht Halt machte.Das Scheitern derRoyal Academy of Music wird wohl nicht ganz zu Un- rechtu.a.auchauf diesen»Sänger- krieg«,inden auchSenesino verwi- ckeltwar, zurückgeführt ...

Die Sängerin Caterina Regina Mingotti Es ist schon eine besondere per- (1722–1807) sönliche Tragik, dassFaustina nicht 51 Anton RaphaelMengs (1728–1779) nur mit derCuzzoni in stärkste Pastell auf Papier, 55,5 x42,5 cm.1750 Gemäldegalerie Alte MeisterDresden, persönliche Gegnerschaft geriet, Gal.-Nr.P170 sondernauchspäterinDresden

6Vgl. Pietro Graf RotariinDresden. Ein italienischerMaleramHof König AugustsIII. / Bestandskatalog, bearbeitetvon Gregor J. M. We ber, mit Beiträgenvon Valentina Ciancio und MarliesGiebe.Emsdetten/Dresden1999; zum Hasse-Porträt S. 28, Abb. 13. 7Reinhard Wiesendweist darauf hin, dass »seine wahrscheinlichnur kurzenLehrzeit- en beiNicola Porpora und Alessandro Scarlatti nicht näherbelegt« sind (Reinhard Wiesend, Bemerkungen zur gesellschaftlichen Position von Johann AdolfHasse,in: S. Paczkowski, A. Żórawska-Witkowsa(Hrsg.), JohannAdolf Hasse in seiner Epoche und in derGegenwart,Instytut Musykologii Uniwersytetu Warszawskiego, Warszawa 2002, S. 35–44. 8Das Geburtsdatum derFaustina Bordoni wurde unterschiedlichangegeben; entspre- chendder Taufurkunde vom 1. April 1697 wurde sie am 30. März1697geboren (Saskia Woyke, Faustina Bordoni-Hasse–eine Sängerinnenkarriere im 18.Jahrhundert, in: Göttinger Händel-Beiträge VII (1998), S. 218–257. Die Jahresangabeder Tauf- urkunde und desGeburtsjahresindieserArbeitmit 1687 ist zweifellos einemDruck- fehlergeschuldet.) 9Dafür konvertierte Hasse in Neapelvom evangelischenzum katholischenGlauben (vgl.Reinhard Wiesend, o. a. O., S. 35–44). 10 Vgl.dazu Philipp Kreisig, Komponierte Diplomatie?Händels»Alessandro« für die Sängertrias Bernardi,Bordoni und Cuzzoni,in: Mitteilungen 1/2011, S. 44–51. 11 Andreas Henning und Harald Marx, DasKabinett der Rosalba,MünchenBerlin 2007, S. 45. erheblichenAnimositätenseitens derjüngeren Caterina Regina Mingotti, geb. Valentin, (1722–1807) ausgesetzt war.Aber–imGegen- satz wohl zur Cuzzoni –eine schöne Frau war die Mingotti auch, wie einPastell von Anton RaphaelMengs (1728–1779) aus demJahre 1750 zeigt.12

Die Rivalität mit derjüngeren, at- traktivenund künstlerischwohl durchaus ebenbürtigen Mingotti dürfte sicherlichdazu beigetra- genhaben,dassFaustina51-jäh- rig –offensichtlichresignierend – ihre Künstlerlaufbahn mitder Partie derAttiliainder Oper Il Ciro riconosciuto ihresMannesbe- endete. Auchdie Mingotti standder OperinDresden indes nicht mehr langedanachzur Ve rfü- gung; sie verließbald Dresden 52 Faustina Hasse, geb. Bordoni, und ging 1753 nachMünchen.13 etwa 42 Jahre alt Rosalba Carriera In besondererWeise verbindet Pastell auf Papier, 30 x26,5 cm, 1739 Gemäldegalerie Alte MeisterDresden, die Biographie desAltkastraten Gal.-Nr.P27 Domenico Annibali, ebenfallsein berühmter SängeramDresdner Hof, das DresdnerWirkenvon Hassemit demLondonerMeister Händel. Annibali hatte mit finanziel- lerUnterstützung durchKönig August II.inRecanti und Ve nedig seine Gesangsausbildung absol- viert und war ab 1731 im Ensemb- le derDresdnerHofoperange- stellt.14 Hiersang er bereits im September diesesJahresinHas- sesOper Cleofide denAlessandro, während FaustinaBordoni die Der Sänger Domenico Annibali Titelpartie übernommenhatte. (c. 1705–1779) Mit ihr hatteAnnibalibereits Anton RaphaelMengs 1729 in Ve nedig zusammenauf Pastell auf Papier, 55,5 x42,5 cm, 1744 Gemäldegalerie Alte MeisterDresden, derBühne gestanden. Gal.-Nr.P171 Insgesamt hat AnnibaliinDresdenin13Opern-Erstaufführungen von Hasse gesungen.15 VonNovember1736 bis Juni 1737 erhieltAnnibali Urlaubvom DresdnerHof, um einEngagementindem von Händel geführtenTheatre Royal in Covent Gardenannehmenzukönnen. Er sang in diesenachtMonatendort allein 31 Mal in sechsOpern Hän- dels! Die Konkurrenz von Covent Gardenmit derOpera of the Nobili- ty in London führte schließlichzur Schließung beiderUnternehmen und Annibalikehrte nachDresdenzurück–nicht ohne sicheine kräfti- ge Gehaltserhöhung von AugustIII.ertrotztzuhaben.

In Dresdenschließlichherrschte Annibali zusammenmit Hasse »unumschränkt über das italiä- nische TheaterinSachsen«,wie Gian Lodovico Bianconi schrieb.16

Hasse hat nebenInstrumental- konzerten, Kirchen- und Kammer- musik u. a. 49 Opern komponiert,17 davon immerhin 26 auf Te xte des Dichters Pietro Antonio Dome- 53 nico BonaventuraTrapassi, gen. Metastasio, (1698–1782).18 Im Jahre 1714hatte dieserdie niederen Priesterweihenempfangen, ohne

Der Dichter Abbé Pietro Metastasio allerdings eine kirchliche Lauf- (1698–1782) bahn anzutreten,zumal er drei Rosalba Carriera Jahre späterdas Ve rmögenseines Pastell auf blauemPapier, 32 x25,5 cm, 1730 Gemäldegalerie Alte MeisterDresden, Adoptivvaters GianVincenzo Gal.-Nr.P8 Gravina geerbt hatte.Von Kaiser

12 Ebd., S. 139. 13 Harald Marx, in: GemäldegalerieAlte MeisterDresden. Die ausgestellten Werke,Köln 2006, S. 684. 14 Die biographischenAngaben zu D. Annibali folgenAlina Żórawska-Witkowska, Die Karrierevon DomenicoAnnibaliund seine Händelschen Opernrollen,in: Händel-Jb. 58 (2012)S.57–71. 15 Ebd., S. 62. 16 Zit.nachHarald Marx, in: Andreas Henning und Harald Marx, DasKabinett der Rosalba,MünchenBerlin 2007, S. 140. 17 Eine strukturierte Auflistung derKompositionenvon Hasse findetsichbei Raffaele Mellace, Johann Adolf Hasse,L’Epos, Palermo 2004. Nebenden gen. Opern hat Hasse noch27Intermezzi, musikalische Komödien; Serenatenu.ä.komponiert, zu denen Metastasio weitere sechsmal denTextgeliefert hat. 18 Noch Mozart vertonte die Libretti von Metastasio zu Il sogno di Scipione, Il rè pastore und La clemenza di Tito,wennauchz.T.stark überarbeitet. KarlVI. wurdeMetastasio 1730 zumWienerHofpoeten ernannt.19 Diese Stellung hatte er auchunterden Kaisern Franz I. und Joseph II. bis zu seinemTod 1782 inne.Im»Kabinett derRosalba«inder Galerie Alte MeisterinDresdenfindetsichein PorträtdiesesDichters im Habit desAbbate.

Obwohl Johann Adolph Hasse zu denerfolgreichstenund europaweit anerkanntestenKomponistenseinerZeitgehörte,war auchernicht gegenFeindseligkeitenund Intrigengefeit: So wurde Nicola Porpora 1748 ebenfallszum HofkapellmeisterinDresdenernannt, wo- mit es alsozweiHofkapellmeistergab, was auf die Dauerzuerheb- lichenKonfliktenführenmusste.Schließlichhat König August III.die Situationdadurch entschärft, dasserHasse 1749 zum »Oberkapell- meister« ernannte,womitdessenPriorität wiederhergestellt war. Porpora verließschließlich1752 die kurfürstlich-sächsische Residenz- stadtfür immer.

Mit Beginn desSiebenjährigen Kriegs 1756 und derBeschießung Dres- dens 1760 durchdie PreußenunterFriedrichII. wurde die Lage für das Ehepaar Hasseaußerordentlichschwierig. 54 DerHof war nachPolenausgewichen, das Salär derMusiker musste drastischreduziert werden. Man rietHasse von höchsterStelle zur Ausreise nachWien, wohin er mit Faustina 1761 für dreiJahre ging, zumalauchseinWohnhaus mit unersetzlichen Manuskripten1760 demBeschuss derStadt zum Opfergefallenwar.Nachdem Frieden von Hubertusburg 1763,21 derden Siebenjährigen Kriegbeendete,war

Faustina im Alter von 48 Jahren Hasse im Alter von 46 Jahren Felicita Sartori Hoffmann24 (1714-1760) Aquarell und Deckfarbeauf Pergament, ca.11x9cm, um 1745. Miniaturen, Gemäldegalerie Alte MeisterDresden, Gal.-Nr.M21und M22 die Staatskasse Sachsens leer,Hasse musste 1764 entlassen werden. Damit endete die 30-jährige Dienstzeitdes DresdnerOberkapellmeis- ters Johann Adolph Hasse.Erwandte sicherneut nachWien. Aber auchhierwurde er trotzAnerkennung von höchsterSeite22 nicht auf Dauersesshaft. SeineZeitwar vorüber.InWienbegann die Morgen- dämmerung derKlassik mit Haydn undMozart. Hasse ging 1773 zusammenmit Faustina nachVenedig, wo er seit 1735 auchein Haus besaß. Hierverstarb er zweiJahre nachdem Tode seinerEhefrau Faustina am 17.Dezember1783.

Und so begehenwir am Jahresende den230. Todestag dieseseinst so gefeiertenKomponisten, denseine Zeitgenossenmit Händelwohl (fast)auf eine Stufe gestellt haben und derseineneigenenRuhm über- lebte. Es sind allerdingsAnzeichenauszumachen, dass auch Johann AdolphHasse durchdie neue Blüte derBarockmusik, derso- genannten »AltenMusik«, in unserenTagenmit seinenWerkenzu neuemLeben erwecktwerdenwird –oderschon ist.

55

19 Reinhard Meyer, Hasse und Metastasio,in: Bert Siegmund (Hrsg.), Intermezzi per musica –JohannAdolf Hasse zum 300. Geburtstag,Dossel1999, S. 67–82. 20 Zu Felicita Sartori Hoffmann vgl.Helga Puhlmann, EineKarriere im Schatten von Rosalba Carriera –Felicita Sartori HoffmanninVenedig und Dresden, in: zeitenblicke 2 (2003), Nr.3[10.12. 2003], URL: . –Caterina Furlan, Pittura al femminile aDresda: Rosalba Carriera eFelicita Sartori Hoffmann,in: Arte per iRe. Capolavori del‚700dalla Galleria Statale di Dresda,hrsg. von Harald Marx.Ausstellungskatalog, Udine 2004,S.107–114. 21 Nachdemesfünf Tage vorherinParis zwischenEngland, Spanien, Portugal und Frankreichzum Friedensschluss gekommenwar, wurde am 15.Februar 1763 auf Schloss Hubertusburg von Preußen, Österreichund Sachsender Friedenvertrag unterzeichnet, derden 3. SchlesischenKrieg, densog.»SiebenjährigenKrieg«, beendete.Damit wird in diesemJahre der250. Jahrestag des»Friedens von Hubertusburg«begangen. 22 Keine Geringere als Maria Te resia selbst hatte nochals Erzherzogin in denJahren 1733/34 Musikunterricht beiHasse genommenund erhielt ihm auchspäterhin als Gemahlin KaiserFranz I. ihre We rtschätzung (Klaus Hubmann, Johann AdolfHasse undder österreichische Kaiserhof –Eine Spurensuche,in: Bert Siegmund (Hrsg.): Inter- mezzi per musica–Johann Adolf Hasse zum 300.Geburtstag,Dossel1999, S. 47–53) Zum200.Todestag vonDanielGottlob Türk

KathrinEberl-Ruf

Am 26. August 2013 jährte sichzum 200. Mal derTodestag von Daniel Gottlob Türk.Als Universitätsmusikdirektor, führenderstädtischer Kirchenmusiker,Komponist, Pädagoge und Konzertveranstalterbe- stimmteerübernahezuvierJahrzehnte hinweg maßgeblichdas Mu- siklebender Stadt Halle.InseinemNekrologauf Türk schriebJohann Gebhardt EhrenreichMaaß, Professor für Philosophie,Mathematik und Rhetorik an derhalleschenFriedrichs-Universität, über denengen Ve rtrauten: »Strenge Rechtschaffenheit und tiefesGefühl warendie Grundlage seinesCharakters.Die erstere offenbarte sichinallenHand- lungenseinesLebens, unterdenen Niemand auchnur eine kennen wird, die in dieserHinsicht eine Schattenseite hätte; namentlichauch in einergewissenhaftenPünktlichkeit, womit er seine Berufsgeschäfte erfüllte,die er nie unterkeinerBedingung vernachlässigte.« 56 Damit wird das Bild einesMannes lebendig, derimSinne der protestantischenArbeitsethik zeitlebens von einemhohenMaß an Pflichtgefühl und Ernsthaftigkeitdurchdrungenwar.

Türk wurde am 10.August 1750 im kleinenOrt Claußnitzbei Chemnitz geboren. Sein Vaterwar als gräflich-schönburgischerMusicusinstru- mentalis, zudemals Schreiber beider Bergwerksbehörde und als Strumpfwirkertätig.Erunterrichtete seinenzweitältestenSohn auf der Violine,der darüber hinausvon Musikerkollegendes Vaters im Blasin- strumentenspielunterwiesenwurde.Ab1764besuchte derjunge Türk die Kreuzschule in Dresden. Hierwirkte als Kreuzkantor und vermutli- cher Bach-SchülerGottfriedAugust Homilius, durchden die Kruzia- nervor allemmit derprotestantischenKirchenmusiktradition Mittel- deutschlands vertraut gemacht wurden. 1772 immatrikulierte sichTürk an derUniversität Leipzig.Die Empfehlungvon Homilius vermittelte ihm die Bekanntschaft mit (ebenfallsein ehema- ligerHomilius-Schüler).Nachder fundierten, aber eher traditionellen und auf Kirchenmusik konzentriertenAusbildunginDresdentraf der jungeStudent in derMessemetropole auf eine ihm bisherfremde We lt, in dernicht nur einanderer, weltoffener Geist herrschte,sondern wo er auchneuemusikalische Anregungenaufnehmenkonnte:Durch seineMitwirkung als erster Geigerindem von Hillergeleiteten Großen Konzert wurdeerindas aktuelle Repertoire und die Organisations- strukturen derbürgerlichenLiebhaberkonzerte eingeführt.Gespielt wurdenvor allemzeitgenössische Orchestermusik(z. B. des»Londo- ner« Bachs, Johann Christian, von Johann Stamitz, Johann Gottlieb Naumann und Hillerselbst), außerdemOratorienund Opern von Jo- hann Adolph Hasse,Karl Ditters von Dittersdorf sowie von Niccolò Jommelli.Zudemlernte Türk hierauchdas durch Hilleretablierte deutsche Singspiel kennen,das aufgrundseinermeist idyllisch-senti- mentalen Stoffe,der abwechslungsreichen Mischung von gesproche- nenProsadialogen,eingängig-liedhaftenSingstücken, hierzukontras- tierendenDa-capo-Arien, Duettenund effektvollenEnsemblesätzen demGeschmackbreiterPublikumsschichtenentsprachund schnell zu großerPopularitätgelangte. SeinemMentor Hillerhat Türk auchdie Ve rmittlung seinerersten Anstellung als Kantor an St.UlrichinHalle zu verdanken, mit derzugleich die Lehrtätigkeit am lutherischenGymnasium verbundenwar.Türk, der 24-jährig als weitgehend unbekannterMusikerindie Saalestadt gekom- menwar, muss sichinnerhalb kürzesterZeitüberregional einenbeacht- lichenRuf als Komponist erworben haben. Das belegt seine erste Samm- lung von Klaviersonatenaus demJahr 1776,die so großenAbsatz fand, dass ihrinnerhalb einesJahreseine zweite Sammlung folgte.Bis 1789 erschienennochsechs weitereSonatenbände (mit je sechsWerken), 57 durchdie Türk zeitweise in Deutschland zum erfolgreichstenSonaten- komponistenavancierte.Die Ve rkaufszahlenseinerKlaviereditionen übertrafensogar die deshochangesehenenCarl Philipp EmanuelBach. Bereits dreiJahre nachseinemEintreffeninHalle beriefihn die hiesige Friedrichs-Universität auf seinenAntrag hin zum Universitäts- musikdirektor.1 DieserTitelwurde an derhallischenUniversität erst- mals und in Deutschland nachGöttingen(mit Johann NikolausForkel) überhauptzum zweitenMal vergeben, was zweifellos auchauf eine besondere We rtschätzung seinerPersonschließenlässt.Mit demneuen Amterwarb Türk sichzugleichdas Recht, VorlesungenüberMusikthe- orie und Satzkunstabzuhalten. Die Universitätsleitung erwartete von ihm, dass er »theils denStudirendengelehrtenUnterricht in derMusic ertheilt«, gleichzeitig aber »einunschuldigesedlesVergnügenvon einer wohlgeordnetenmusicalischenGesellschaft durchConcerte und Sing- stundenbefördertwerdenkönnte«.2 Fürseine Ve rdienste um die aka- demische Musikpflege und die Lehre verliehihm die Philosophische

1DanielGottlob Türk, Bewerbungsschreiben an die Universität vom 18.April 1779 (Acta dieBestellung und Annehmungeines Universitaets MusicDirectoris betref., 1763–1835, Archiv derMartin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Rep. 3, Nr.320) sowie Ernennungsurkunde derUniversität (ebd.). 2Bericht desProrektors vom 23. April 1779 (ebd.). Fakultät 1808 die Ehrendoktorwürdeund ernannte ihn gleichzeitig zum »Professor derMusik«mit festerBesoldung. Die anfänglichmit demstudentischenCollegium musicum in universitäremRahmenbeschränkte Musiziertätigkeit trachtete Türk zunehmend auf denstädtischenBereich auszuweiten, und so veran- staltete er ab 1780 auchöffentliche Konzerte –zunächst in Konkurrenz mit einemweiteren, vom Universitätsmusicus Christoph We inmann geleiteten Collegium musicum.Nachder Fusionierung beiderUnter- nehmen übernahm Türk ab derKonzertsaison 1782/83 die alleinige künstlerische Leitung und damit die führende Position im bürgerlichen städtischenKonzertgeschehen. Im Jahre1787wurde er als Organist an die hallescheHauptkircheSt. Marienberufen. Die neue Tätigkeit be- freite ihn nicht nur von demzeitaufwendigenSchuldienst als Ulrichs- kantor, sondern mit ihr war zugleichdie Funktion des»Director musi- ces«,des leitendenstädtischenKirchenmusikers, verbunden.Schließ- lichwurde ihm 1808 im Zuge derZusammenlegung desreformierten und lutherischenGymnasiums mit derLateinschule derFranckeschen Stiftungennochdie Leitung desStadtsingechors übertragen.3 So wa- renletztlich sämtliche musikalischeSchlüsselpositionen derStadt in seinerHand: die kirchenmusikalische,die städtische und die akademi- 58 sche.Die führende kirchenmusikalische Position an derMarktkirche hatteeine verstärkteKomposition von Kirchenmusik zur Folge,von denendie Adventskantate Die Hirten beyder KrippezuBethlehem (1781) auf einenTextvon Karl Wilhelm Ramlermit ihrenlyrischen Klangbildern zweifellos die be- deutendste ist und –ablesbar an zahlreich vorhandenenAbschrif- tendes Notenmanuskripts–in ganz Deutschland Ve rbreitung fand.

Ein wesentlichesAnliegensah Türk in einerpädagogischenWirk- samkeit, indemersichvor allem für die Musikvermittlung und mu- sikalische Geschmacksbildung bei einembreitenPublikum einsetzte. Mitder Komposition leichter, ge- fälligerKlaviermusik für Dilettan- ten, jedochnicht ohnekünstleri- Daniel Gottlob Türk schenAnspruch, entspracher Stichvon Ludwig Mayer, demimmens wachsendenBedarf im Besitz derEvangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Claußnitz. an Literaturfür die Hausmusik. Nebenden Klaviersonatensind hiervor allemdie didaktischorientier- ten Sechzig Handstücke (1. Te il 1792, 2. Te il 1795) sowie die vierhändigen Dreißig Tonstücke (4 Te ile,1807/08) zu nennen. Mit ihnenschuf Türk einKompendium von Klavierminiaturenmit programmatischenÜber- schriften, die auf menschliche Stimmungen (z.B. SorgloseHeiterkeit), bestimmte Lebenssituationen(Trost beim Grabe eines Freundes), Spruchweisheiten(Frisch gewagt ist halb gewonnen)und in humorvol- lerWeise aufdie zu übende Spieltechnik (Die bösen Oktaven, die!!)ver- weisen, mitunterauchschon einVorgriffauf das romantische »Lied ohne Worte«(Abendlied eines Ritters)sind. Türks pädagogische Intentionen manifestieren sichvor allemin seinenSchriften: 1789 legte er mit seiner Clavierschule4 einStandard- werk für denKlavierunterricht vor, das bis weit ins 19.Jahrhundert starkrezipiert wurde. Es knüpft an die AbhandlungenCarl Philipp EmanuelBachs und FriedrichWilhelm Marpurgs an5 und richtetsich an Lehrende und Lernendegleichermaßen. Türks Klavierschule enthält nicht nur klaviertechnische und -didaktische Unterweisungensowie einKapitelzur Musiklehre,sondernwidmet sich ebenso allgemein musikästhetischenFragestellungenund demmusikalischenVortrag. Auchseine Anweisungzum Generalbaßspielen (1800)6 geht weit über einreinesLehrwerk hinaus, indemder Autor hierspielpraktische Aus- 59 führungen mit theoretischenReflexionenüberden Generalbassver- bindet. Überhaupt erweist sichTürk mit seinenwissenschaftlichfundier- tenDarlegungenals einuniversell gebildeterund interessierterMusiker, derbestens vertraut war mit denaktuellenEntwicklungen auf dem Gebietder Musiktheorie und -ästhetik, derPhilosophie und Geschichte und zudemeine große Affinität zu denNaturwissenschaften, wie der Mathematik und Physik, bewies. Davon zeugt beispielsweise seine Anlei- tung zu den Temperaturberechnungen (Halle 1806/08), in derersichakri- bischmit denverschiedenenSystemen derTon-und Te mperaturbe- rechnungenund ihrenakustischenGrundlagen auseinandersetzt.

3Zuden von ihm musikalischbesonders gefördertenSchülern desStadtsingechors gehörtenu.a.Carl Loewe(1810–1812)und Adolph Bernhard Marx (1808–1812). 4DanielGottlob Türk, Clavierschule,oder Anweisung zum Clavierspielen für Lehrer und Lernende, mitkritischen Anmerkungen nebst 12 Handstücken,Leipzig und Halle 1789, neue vermehrte und verbesserteAusgabe, ebd. 1802. 5FriedrichWilhelm Marpurg, Die Kunst das Clavier zu spielen,2Teile,Berlin 1750 und1761; Carl Philipp EmanuelBach, Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen, 2Teile,Berlin 1753 und 1762. 6Bereits Jahrezuvor verfasste Türk eine Kurze Anweisung zum Generalbaßspielen,Halle und Leipzig 1791, die als Grundlage für eine stark erweiterte zweite Auflage unter demTitel Anweisungzum Generalbaßspielen, ebd. 1800, diente.NachTürks Toder- schienennochdreiweitere Auflagender Schrift, hrsg.von FriedrichNaue (ebd. 1816, 1824 und 1841). Auchmit derOrganisation einesflorierendenlokalenKonzertwesens warTürk bestrebt, einbreitesbürgerlichesPublikum musikalischzu bilden. DerSubskriptionspreis dersog.»WöchentlichenKonzerte« (12 Konzerte pro Saison)war mit zweiTalern ausgesprochenniedrig und ermöglichte damitnicht nur einerfinanzstarkenElite denZutritt.Ana- log zu KonzertunternehmenandererStädte dominiertenimRepertoire dererstenJahre textgebundene We rke,beispielsweiseAusschnitte aus beliebtenzeitgenössischenOpern von FriedrichNaumann, Luigi Che- rubini und FriedrichHeinrichHimmeloderaus Kantatenvon Carl HeinrichGraun und Johann HeinrichRolle.AmEnde des18. Jahrhunderts verlagerte sichder Schwerpunkt derLiebhaberkonzerte zunehmend auf die Musik derWienerKlassik (besonders auf Opern und Klavierkon- zerte Mozarts, SinfonienBeethovens und OratorienHaydns).Bemer- kenswert ist Türks Bestreben, demdamalsüblichenbunten, potpourri- artigen We chselvon einzelnenVokal-und Instrumentalsätzeninder Programmgestaltung entgegenzuwirken, in derdas Moment derAb- wechslungzum Prinzip erhoben und einbreitgestreuterGeschmack desPublikums bedient wurde.Stattdessensetzte Türk auf eine inhaltliche Homogenisierung dereinzelnenKonzerte –z.B.durcheine Trennung von Vokal-und Instrumentalmusik in jeweils gesondertenKonzerten. 60 Das konservative halleschePublikum stand denreinenInstrumental- konzertenhingegenzunächst rechtablehnend gegenüber,und so stellte einanonymerRezensent 1793 fest,dass »der sonsthäufig besuchte Saale jedesMal ziemlichleer«war, »wenn einsogenanntesInstrumental- concert gegebenwird.«7 EinebesondereBedeutung kommt Türk für die Begründung der Händel-Pflege in Halle zu.Hatte in Händels Wahlheimat England die Rezeption seinerWerke auchnachseinemTod eine ungebrochene Tra- dition,soeroberte die ältere Musik und damit auchdie Kompositionen Händels in Deutschland erst seit demletztenDritteldes 18.Jahrhunderts im Zuge desHistorismus wiederdie Konzertsäle.Das erste Stück Händels, das in Halle unterTürks Leitungerklang, war 1780 das Alexanderfest in damals üblicherdeutscherFassung.Mit dieserAufführung zählt Halle nebenWeimar (ebenfalls Alexanderfest sowie Messias 1780) und Schwerin (Messias 1780) zu denmittelgroßenStädtenDeutschlands mit denfrü- hestenHändel-Darbietungenüberhaupt.Davorsind sie –abgesehen von Braunschweig (Alexanderfest 1770)–nur für die großenMetropolen Berlin,1766,8 und Hamburg, 1770,(jeweils ebenfalls Alexanderfest) nachweisbar.Das Konzert in Halle 1780 relativiert die weithin vertretene Auffassung, Türks Interesse an Händelsei vor allemauf die Messias- AufführungenseinesLehrers Hillerzurückzuführen,9 derenerste jedoch erst 1786 im BerlinerDom (inHillers eigenermusikalischerBearbei- tung)stattfand.Nicht bekannt ist, in welcherFassungdas Alexanderfest in derSaalestadt erklang.Die Bearbeitung durchMozart,die später zumeist verwendetwurde,ist erst 1790 entstanden.Man kann jedoch davon ausgehen, dassdas We rk in deutscherÜbersetzung –möglicher- weise in derÜbertragung Karl Wilhelm Ramlers –gebracht wurde.Auf- grund einerauchbei Türk zunächst vorhandenen Skepsis, ob die Mu- sik Händels noch zeitgemäß sei,10 vergingendanachmehrals 20 Jahre bis zu einerkontinuierlichenHändel-Pflege in Halle.Erst ab 1803 fan- denhierregelmäßig AufführungenHändel’scherOratorienstatt, vor allemdes Messias und von Judas Maccabäus.Benutzte Türk für seine Messias-Konzerte die bekannte Mozart’sche Fassung, so lässt einunlängst gemachterQuellenfund(eine Abschrift in Partitur und Stimmen) im Archiv derHerrnhuterBrüdergemeine die Annahme zu, dass derhalle- sche Musikerselbstdie musikalische Bearbeitung des Judas Maccabäus für seine Aufführungenvorgenommenhat.Zum einenträgt das Titel- blatt desManuskripts denVermerk »Der Judas Maccabäus/von /Händel u. Türk.«11,zum zweitenenthält das Konvolut umfangreiche Stimmma- terialienfür Blasinstrumente,die in Übereinstimmung mit einerAussa- ge in derKonzertanzeige für die hallescheErstaufführung im Januar 1805 stehen. Dort heißt es,dass Türk Händels Oratorium »neu bearbei- tetund mit Blasinstrumentenverstärkt«aufführenwürde.12 So gedenkenwir in diesemJahr einesMannes, dernicht nur 61 durchseinuniversellesWirkendas musikalische Leben derStadt Halle im ausgehenden18. Jahrhundert zu neuerBlüte geführt hat, sondern

7 Ueber die Musik in Halle,in: Berlinische Musikalische Zeitung vom 7.12.1793, 47.Stück,S.186. 8Diese Aufführung von Händels Alexanderfest fand zu Ehrender Prinzessin Anna Amalia in derÜbersetzung Karl Wilhelm Ramlers statt und war nicht öffentlich (imGegensatz zu den1770, 1771 und 1776 durchdie Gesellschaftder Liebhaberder Musik veranstaltetenKonzerte). 9Vgl.dazu z. B. Hermann Glenewinkel, Daniel Gottlob Türk nebst einem Ueberblick über das hallischeMusikleben seiner Zeit,Halle 1909, S. 19;WalterSerauky, Daniel Gottlob Türk:Sein Wegvom Kantatenschöpferzum BegründereinerHändeltradition,in: Daniel Gottlob Türk: DerBegründerder hallischen Händeltradition,Wolfenbüttelund Berlin 1938, S. 44f.und S. 54; Karin Zauft, Händel-Bearbeitungen und Händel-Aufführungen im Halle des19. Jahrhunderts,in: Händel-Jahrbuch 39 (1993), S. 187; We rnerRackwitz, Wechselwirkungen zwischen Halle und Berlinbei derWiedereinbürgerung derMusik Händels im ersten Drittel des19. Jahrhunderts,in: Händel-Jahrbuch 47 (2001),S.178. 10 So schriebTürk 1781 im Zusammenhang mit demErwerb einerPartitur des Messias seinemVerlegerBreitkopf: »Leiderist das Stücknicht so, wie icheserwartethatte,[…] für unserZeitalterist das kein Stückmehr.«(zit.nachSerauky, wie Anm.9,S.54). 11 DieAbschriftimArchiv derBrüder-Unität Herrnhut (Signatur: Mus.K117:1)stammt zu großenTeilenvon David Christian Jaeschke,dochwarenauchweitere (anonyme) Schreiber an einemTeilmanuskript beteiligt(Mus.K.117:1,19.1d). Jaeschke ist übrigens auf fast 600 weitereninHerrnhut befindlichenNotenmanuskriptenals Schreiber be- nannt und hat darüber hinaus auchselbst zahlreiche geistliche Lieder, meist für vier- stimmigenChor mit Begleitung durchOrgeloderStreichinstrumente,eingerichtet. 12 Hallischespatriotisches Wochenblatt vom 8.1.1805, 2. Stück, S. 32. auchdeutschlandweit eine beeindruckende Reputation als Ve rfasser musikalischerLehrschriften, als Komponist von Musik für denHausge- brauchund als Musikkritiker13 erlangte.

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Trauergedicht Er ist dahin! von Fürchtegott Christian Fulda (Diakon an St.MarienHalle) auf denTod DanielGottlob Türks am 26. August 1813 (Hallisches patriotischesWochenblatt vom 4.9.1813,36. Stück, S. 561f.).

Mit seinempädagogischen Engagement repräsentierte er gleichsam ei- nenneuen Typus von Musiker, derdas Schwergewicht seinerkünstle- rischenTätigkeit auf die Musikvermittlungund -rezeption legte und so einenwichtigenBeitrag zur musikalischenBildung einesbreitenbür- gerlichenPublikums leistete.14

13 Türk war über viele Jahre hinwegals gefragterRezensent von Musikalienund musik- bezogenenSchriftenfür renommierte Zeitschriftentätig (beispielsweise die von FriedrichNicolai in Berlin herausgegebene Allgemeine DeutscheBibliothek und die Leipziger Allgemeine musicalischen Zeitung). 14 Vgl.Kathrin Eberl-Ruf, DanielGottlobTürk –ein städtischerMusiker im ausgehenden 18.Jahrhundert,Beeskow 2011 (mit We rk-und Quellenverzeichnis). Neue Buchpatenschafts-Initiative derBibliothekdes Händel-Hauses

Jens Wehmann

Die Bibliothekdes Händel-Hauseshat ist stark von Schimmelbefallenund in einneues Buchpatenschafts-Angebot diesem Zustandfür jegliche Benutzung zusammengestellt.Für eine Reihe von unbrauchbarund in seinemBestand ge- historischenNotendruckendes 18.und fährdet(Abb. 2). 19.Jahrhunderts sollenauf diesemWeg Fürdie ÜbernahmeeinerBuchpa- SpendenzuihrerRestaurierung einge- tenschaft erhalten Sie eine Patenschafts- worben werden. Die Notendrucke wei- urkunde,eine für die Steuererklärung senverschiedene Schädenauf.Umsie verwendbareSpendenquittungund auf zu erhalten und für Bibliotheksbesucher Wunscheine namentliche Nennung im oderfür Ausstellungenbenutzbar zu Ex-Libris desBuchesals Pate,die gegebe- machen, ist eine Behandlung durchspe- nenfalls (bei Digitalisierung desBuches) zialisierte Restauratorenerforderlich. In auchimInternetsichtbar sein kann. mehrerenFällenhandelt es sichumNeu- erwerbungen, die auf deminternationa- 63 lenAntiquariatsmarkt angekauft wur- den, um die Kernsammlungder histori- schenHändel-Notendrucke zu ergän- zen. VieledieserDrucke sind sehr selten Abb. 1: Händel: und konnten oft nur in beschädigtem Saul.Erstausgabe, Zustanderworben werden. Die meisten ca.1748 dieserBände sollenauchdigitalisiert und im Internetder Allgemeinheit zur Benutzung bereitgestellt werden. Unterden Restaurierungsvorschlä- genbefindetsichz.B.die früheste Aus- gabe desOratoriums Saul,die um 1748 gedruckt wurde. DieDeckelund Vor- Abb. 2.: Benjamin Cooke:AnOde to satzpapiere sind lose und sollenwieder Handel. 1785 angesetzt werden(Abb. 1).Auchein

Exemplar der Ode to Handel von Benjamin We nn Sie Pate für einBuchseinmöchten, setzenSie Cooke ist zur Restaurierung vorgesehen sichbitte mit uns in Ve rbindung (E-Mail: bibliothek@ (das einzige We rk unterden Restaurie- haendelhaus.de;Telefon: 0345/50090-253). rungsvorschlägen, das nicht von Händel Die komplette Liste derBuchpatenschafts-Angebote stammt). Cookekomponierte das Stück findenSie auf derInternetseite derBibliothekunter http://www.haendelhaus.de/de/bibliothek/buch- anlässlichder zweiten Handel Comme- patenschaften/. Alternativ schickenwir Ihnendie moration 1785 in London.Das Heft Liste auf Anfrage auchgerne in Heftform zu. Autoren

Eberl-Ruf, Kathrin Schmidt, Phillip Prof.Dr. phil. habil., Musikwissenschaftlerin, Musikwissenschaftler, Honorar-Mitarbeiter Institutfür Musik, Abt. Musikwissenschaft, derRedaktion derHallischen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Händel-Ausgabe, Dresden Mitglied des»Freundes-und Förderkreises desHändel-Hauses zu Hallee.V.«, Halle Timm-Hartmann,Cordula Musikwissenschaftlerin, Mitglied Forner,Johannes des»Freundes-und Förderkreises Prof.Dr. phil. habil., Musikwissenschaftler, desHändel-Hauses zu Hallee.V.«, Halle em.Prorektor derHochschulefür Musik undTheaterFelix Mendelssohn Bartholdy Wehmann,Jens Leipzig, Leipzig Bibliothekar in derAbteilungBibliothek- Archiv-Forschung derStiftung Kobe,Ronald Händel-HauszuHalle,Mitglied des Graphiker, Händel-Preisträger, Mitglied »Freundes- undFörderkreises desHändel- des»Freundes-und Förderkreises Hauses zu Hallee.V.«, Halle desHändel-Hauses zu Hallee.V.«, Halle Wehrenfennig, Constanze Marx,Harald Musikerinder StaatskapelleHalle,Vorsit- Prof.Dr. phil. habil., Kunstwissenschaftler, zendeKammerAkademieHalle e.V.,Halle ehem.Direktorder Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden Werner, Edwin Dr.phil.,Musikwissenschaftler, 64 Rätzer,Manfred Händel-Preisträger, ehem.Direktordes Prof.Dr. oec.,Händel-Preisträger, Mitglied Händel-HauseszuHalle,Ehrenpräsident desVorstands undEhrenmitglied der desLandesmusikrats Sachsen-Anhalt, Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft, Mitglied des»Freundes-und Förderkreises Mitglied des»Freundes-und Förderkreises desHändel-Hauses zu Hallee.V.«und desHändel-Hauses zu Hallee.V.«, Halle Mitglied desBeirats, Halle

Rink,Christoph Zauft, Karin Priv.-Doz. Dr.med.habil., Vorsitzender des Dr.phil. habil., Musikwissenschaftlerin, »Freundes- undFörderkreises Händel-Preisträgerin, Mitglied des desHändel-Hauses zu Hallee.V.«, Halle Vorstandsder Georg-Friedrich-Händel- Gesellschaft, Mitglied des»Freundes- Schad,Daniel undFörderkreises desHändel-Hauses zu MBA, Musikerder StaatskapelleHalle, Hallee.V.«, Halle Vorsitzender Straße derMusik e.V., Mitglied des»Freundes-und Förderkreises desHändel-Hauses zu Hallee.V.«, Halle Hinweise fürAutoren

DieHefte Mitteilungen undalleBeiträgeein- Notenbeispiele undreproduzierbaresBildma- schließlich Abbildungensindurheberrechtlich terial sollen alsExtradateiverschickt werden. geschützt.Mit Abdruck einesBeitrags gehen DieDruckgenehmigung desBildautorsist fürdie Zeit biszum Ablaufdes Urheberrechts beizufügen. DieRedaktion behält sichalle das Rechtzur Veröffentlichung,sowie dieRech- Rechte zu deneingesandtenund zumDruck te zurÜbersetzung,zur Vergabevon Nach- gebrachten Beiträgen, einschließlich redaktio- druckrechten, zurelektronischenSpeicherung nelleBearbeitung,vor.Die Redaktion,der in Datenbanken,zur Herstellungvon Separata, Herausgeberund derVerlaghaftennicht Fotokopien undMikrokopienanden Heraus- fürunangeforderteingereichteBeiträge.Mit geberüber. Eine Honorierungder fürden NamenunterzeichneteBeiträge müssennicht Druck angenommenen Beiträge erfolgtnicht. dieMeinung derRedaktion widerspiegeln. Manuskripte(Typoskripte) können an die Redaktion perPost, alsTelefax oder perE-Mail eingesandtwerden:

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Titelzeichnung RedaktionsschlussHeft1/2014 ©Bernd Schmidt 15.03.2014 (Beiträge fürden Druckwerden bisdahin an die Anschriftder Redaktion Redaktion erbeten) c/oHändel-Haus GroßeNikolaistraße5 Bildnachweis 06108Halle S.5/14/15: Gert Kiermeyer|S.10/13/19/37/41/ 47:privat|S.20:Ulf Wagner |S.21/22/23/26/ 63:Stiftung Händel-Haus|S.43:Phillip Telefon(0345) 50090-218 Schmidt|S.49:Matthias Creutziger |S.50 Telefax(0345) 50090-217 oben:Renate Schurz |S.50unten: Hans-Peter [email protected] Klut |S.52/54 unten:ElkeEstel/Hans-Peter Klut | S.54 oben:ElkeEstel www.haendelhaus.de/foerderkreis

Wirdanken denGenanntenfür Anzeigen diefreundlicheGenehmigung zum Bernhard Lohe Abdruckder Bilder.

Dieses Heft erscheint mit freundlicher Unterstützungder Stiftung derSaalesparkasse. Antrag aufMitgliedschaft Hiermiterkläre(n)ich (wir) denBeitritt zumFreundes- und Förderkreis des Händel-Hauses zu Halle e. V. Der Jahresbeitrag in Höhe von ...... (25) EURO wird von mir (uns) im ersten Halbjahr des laufenden Jahres auf das Kontodes Vereins überwiesen (Kto.-Nr. 1894012514 der Saalesparkasse, BL 800 537 62) oder im Büro des Freundes- und Förderkreises im Händel-Haus bar bezahlt.

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Wenn Sie uns eine Einzugsermächtigung erteilen wollen (füruns diebevorzugteVariante), bitten wirSie, auch dasuntereFormular auszufüllen. ------SEPA-Lastschriftmandat /SEPA Direct DebitMandate Zahlungsempfänger/Creditor: Freundes-und Förderkreisdes Händel-HauseszuHallee.V., Große Nikolaistraße 5, D-06108 Halle Gläubiger-Identifikationsnummer/Creditor identifier: DE12ZZZ00000044179 Mandatsreferenz(vomZahlungsempfänger auszufüllen)/Mandat reference (to be completed by the creditor):

Ich ermächtige/Wirermächtigen den Freundes- und Förderkreis des Händel-Hauses zu Halle e. V.,Zahlungen von meinemKonto/unseremKonto mittelsLastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wirunser Kreditinstitut an, die vomFreundes-und Förderkreis des Händel-Hauses zu Halle e. V. auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann/Wirkönnen innerhalb von acht Wochen,beginnend mitdem Belastungsdatum, die Erstattung desbelasteten Betragsverlangen.Esgeltendabei die mitmeinem/unseremKreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

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