Prof. DDr. Anton Ziegenaus: Maria weist uns den Weg zu Christus 131

Peter Kemmether: Jesus Christus folgen oder den Feministen? 135

Jürgen Liminski: Glauben im Wahlkampf Amerikas 143

Katholisches Wort in die Zeit 39. Jahr Mai 2008

DER FELS 5/2008 129 In der schwierigen Phase der Regierungsbildung in Hessen schrieb die Augsburger Allgemei- ne Zeitung: „Wir brauchen mehr Dagmar Metzger“. Die gewählte Abgeordnete der SPD hatte trotz massiven parteiinternen Drucks ihr Gewissen nicht verraten: Sie war nicht bereit, für ein Zusam- Liebe Leser, mengehen mit den „Linken“ zu stimmen. Wir bräuchten mehr Gott schickt den Menschen Norbert Geis und mehr Dagmar INHALT die Propheten und seiner Kirche Metzger! die Päpste, die sie brauchen. Die Wer heute vor dem Berg schein- Reihe der Päpste des 20. und 21. bar unüberwindlicher Probleme Prof. DDr. Anton Ziegenaus: Jahrhunderts zeigt dies deutlich. steht und kapitulieren möchte, Maria weist uns den Weg zu Christus...131 Aber hören die Menschen auf soll wissen: Wir müssen nicht sie? Benedikt XV. hat alles getan, das Paradies auf Erden schaf- Peter Kemmether: den ersten Weltkrieg zu beenden, fen, das neue Utopia, das uns die Jesus Christus folgen Ideologen des 20. Jahrhunderts oder den Feministen?...... 135 Pius XII. alles, um den zweiten Weltkrieg zu verhindern. Pius XI. vorgegaukelt haben. Die Welt ist Die Position der Kirche zur Familie: hat die atheistischen Ideologien schon erlöst – durch Jesus Chris- fortschrittlich und befreiend...... 137 des Kommunismus und National- tus. Wir brauchen uns ihm nur sozialismus entlarvt und demas- zur Verfügung stellen wie Maria, Pfr. i. R. Hermann Blüml: kiert. Vergebens in den Augen die für uns das große Vorbild ist. „Werdet stark durch Macht und Kraft der Welt! Die Hauptlast trägt Gott selber. des Herrn“ (Eph 6,11)...... 141 Benedikt XVI. hat an unsere Für uns geht es darum, die Welt Zeit, die oft wie gelähmt wirkt, um uns etwas heller zu machen, Jürgen Liminski: und an die Menschen, die viel- in den kleinen Dingen des All- Glauben im Wahlkampf Amerikas...... 143 fach perspektivlos und kraftlos tags. Und wenn uns bei unserem scheinen, mit seiner Enzyklika Engagement etwas misslingt, so Franz Salzmacher: wissen wir, dass jede Tat, die in Alternativen gesucht...... 146 „SPE SALVI“ die Mut machende Botschaft der Hoffnung gerich- rechter Gesinnung getan wird, Prof. Dr. Hubert Gindert: tet. In der Einleitung sagt der zum Schatz wird, „den weder Die 68er Revolution – Papst: „Gegenwart, auch müh- Rost noch Motten verderben“ ein „Epochenbruch“...... 150 same Gegenwart, kann gelebt können. und angenommen werden, wenn In diesem Jahr wird in den OStR. Ehrendomherr Edmund Dillinger: sie auf ein Ziel zuführt und wenn Medien an die 68er Kulturrevo- Padre Pio – der beliebteste wir dieses Ziels gewiss sein kön- lution erinnert. Jetzt geht es da- Heilige Italiens...... 151 nen; wenn dieses Ziel so groß ist, rum, den Schaden, den die 68er dass es die Anstrengung des We- im Bewusstsein der Menschen ges rechtfertigt.“ angerichtet haben, wieder gut zu machen: In Familie, Erziehung, Auf dem Prüfstand...... 153 Die Menschen halten heute Zeit im Spektrum...... 155 Ausschau nach Hoffnungsträ- Politik, Wirtschaft und auch in Bücher...... 157 gern, die aus dem Heer der Ver- der Kirche, um die Grundlagen Veranstaltungen...... 159 unsicherten herausragen: Nach für eine Zukunft zurückzugewin- Vorbildern! nen. Eine gewaltige Aufgabe! Am 22. Februar 2008 über- Sie erfordert Kraft, Geduld und reichte Bischof Hofmann von vor allem Ausdauer. Aber es ist Impressum „Der Fels“ Mai 2008 Seite 159 Würzburg dem Bundestagsab- ein Ziel, das, wie Benedikt XVI. Redaktionsschluss ist jew. der 5. des Vormonats geordneten Norbert Geis den sagt, „die Anstrengung des We- Gregoriusorden. Das ist eine der ges rechtfertigt“. Titelbild: Ankunft von Papst Benedikt XVI. im höchsten päpstlichen Auszeich- Der große Menschenkenner Yankee Stadion von New York, 20. April 2008 Paulus wusste, warum er seinen Auslandsreise von Papst Benedikt XVI. vom 15. bis nungen für Laien. Der Bischof 20. April 2008 in die USA; KNA-Bild würdigte die „kämpferische“ Gemeinden zurief, dass sie nur Haltung von Geis mit den Wor- mit vollem Einsatz ihr Ziel, das Fotos: 131, 132, 134 www.wikipedia.de; 133 Maria ewige Leben bei Gott, erreichen Königin des Himmels, Paul Pattloch Verlag, S. 142 ten: „Sie treten schon ihr ganzes 134 F. Holböck: Geführt von Maria, Christiana-Verlag, Leben lang öffentlich für den können. Wir sollten das auch S. 424; 138, 139, 144, 147 Liminski; 151, 152 Pater christlichen Glauben und seine wissen. Pio, Pattloch-Verlag, Titelseite, S. 48, S. 112; Werte ein.“ Er nannte die „kla- Quelle: Elisabeth Pregardier: Marianne Hapig – re katholische Position“ in der Mit den besten Wünschen Tagebuch und Erinnerung – Edition Mooshausen Schwangerschaftsregelung und aus Kaufering in der Embryonenforschung. Ihr Hubert Gindert 130 DER FELS 5/2008 Anton Ziegenaus:

Maria weist uns den Weg zu Christus

Marienverehrung heute? – Gerade heute!

ie Marienverehrung scheint Im Übrigen werden auch im inner- ria die Mutter Gottes ist, dann heißt bei dem Teil der Katholiken, katholischen Raum nicht selten die das, dass Christus notwendig der Em- Dder sich fortschrittlich und Mariendogmen entleert. Die einen manuel, der Gott mit uns ist. … Sohn zeitnah fühlt, obsolet geworden zu spiritualisieren die Jungfrauengeburt und Mutter gehören zusammen. Und sein. Die Zeit benötige aktive und als unerschütterliche Treue gegen- die Erfahrung dreier Jahrhunderte hat dynamische Christen und dürfe sich über Gott – wo wäre dann noch ein ihr (= der Kirche) Zeugnis bestätigt: keineswegs hinter die Mauern einer Unterschied zur hl. Ehefrau Elisabeth die Katholiken, die die Mutter ehrten, kontemplativen Frömmigkeit zu- von Thüringen? –, die anderen deuten beten auch heute noch den Sohn an rückziehen. Die Marienverehrung sei die leibliche Aufnahme als „gemein- …“. Die Verehrung der Mutter hemmt überhaupt für das Leben der Kirche christliche Selbstverständlichkeit“ (K. nicht die des Sohnes, ganz im Gegen- nicht wesentlich und gehöre zu den Rahner), weil bei jedem Sterben sich teil. persönlichen Frömmigkeitsstilen, im Tod die Auferstehung ereigne. wie es auch eine franziskanische oder Selbst Luther musste in der Form ignatianische Frömmigkeit gebe. Wie es auch sein mag: Gültig bleibt der bekümmerten Verwunderung fest- das Wort des hl. Bonaventura († 1274): stellen, dass die Einschränkung der Auch aus ökumenischen Motiven „Wenn du die Mutter Gottes aus der Marienverehrung plädieren viele für ein marianisches Welt wegnimmst, nimmst du auch das zu keiner ver- „Leisetreten“. Zwar wird geflissent- menschgewordene Wort weg“.2 Ohne tieften Chris- lich Luthers Marienlob, besonders Maria gibt es keine Menschwerdung in der Magnifikatauslegung, her- des ewigen Sohnes, Gott bleibt uns vorgehoben, doch wird dieses Ma- fern. Und ohne die Geburt aus der rienlob durch die reformatorischen Jungfrau ist Mariens Sohn nicht zu- Prinzipien relativiert. Das Prinzip gleich Gottes Sohn, denn die jung- sola gratia besagt die ausschließ- fräuliche Mutterschaft spiegelt liche Wirksamkeit der Gnade ohne auf christologischer Ebene die irgendein menschliches Zutun zum gott-menschliche Konstitution Heil. Die humilitas ancillae bedeutet des Erlösers, das Weihnachtsge- die totale Nichtigkeit und Passivität heimnis wider: Gott – Mensch: Mariens. Das sola scriptura lässt Jungfrau – Mutter, wie schon der nur die Schrift gelten und führt zur hl. Athanasius († 373) lehrte.3 Streichung aller Marienfeste, deren „Die Geburt aus der Jungfrau ist der Geheimnis nicht ausdrücklich im sichtbarste Beweis für die Gottheit Neuen Testament genannt wird, wie des Sohnes.“ die Unbefleckte Empfängnis und die leibliche Aufnahme. Die Zusammengehörigkeit von Mariens jungfräulicher Mutterschaft Der marianische Minimalismus und Jesu Christi Gottessohnschaft – führt Luther in der Kontroverse so- in negativer und positiver Richtung gar zu einer Entgegensetzung von – zeigt auch die Feststellung J. H. Ne- Jesus und Maria, wie etwa folgender wmans († 1890): „Ein Überblick Satz zeigt: „Es ist besser, wenn Ma- – wenigstens über Europa – wird ria zuviel Abbruch getan wird als der uns zeigen, dass es nicht die reli- Gnade Gottes, ja man kann ihr nicht giösen Gemeinschaften mit einer zuviel Abbruch tun, da sie aus nichts betonten Marienverehrung sind, die geschaffen ist wie alle Kreaturen“.1 aufgehört haben, ihren Sohn an- Die Mariengestalt wird bei solcher zubeten, sondern gerade die Entgegensetzung von Gottes Gnade Gemeinschaften, die auf zur totalen Wirkungslosigkeit be- ihre Verehrung verzichtet Patrona Bavaria auf dem stimmt: Sie ist nur Werkzeug, nicht haben“.4 Und weiterhin Marienplatz in München personale Mitwirkerin. sagt Newman5: „Wenn Ma- DER FELS 5/2008 131 tusfrömmigkeit geführt hat, wie es ist von diesem Evangelium angeregt. Sohnes lässt sich schon für die ersten eigentlich das Wort nahe legt: „Es ist Gerade stereotyp gebraucht es die Jahrzehnte nach den Ereignissen in besser, wenn Maria zuviel Abbruch Wendung „das Kind und seine Mut- Jerusalem nachweisen, etwa im Phi- getan wird …“. So klagte er, dass sie ter“ (Mt 2,13.14.20.21). Kind und lipperhymnus (Phil 2,6f; ebenso Gal als Katholiken zu Maria viele Ro- Mutter gehören zusammen und sind 4,4). Mutter und Kind gehören somit senkränze gebetet hätten, jetzt aber keineswegs Rivalen. in einmaliger und einzigartiger Weise nur wenig zu Christus beten. „Diese zusammen, weil diese Mutter diesen Nachlässigkeit gegenüber dem Erlö- „In der Fülle der Zeit“, um mit ewigen Sohn und nur ihn der Mensch- ser wird Gott strafen“.6 Paulus zu sprechen, „hat Gott seinen heit vermittelt hat. Wie die Aufklärungszeit für den Sohn gesandt, geboren von der Frau katholischen Raum bestätigt, ist der (Gal 4,4).Wird hier schon die Sache Hier begegnet uns der im 19. Jahr- Rückgang der Marienverehrung im- der Gottesmutterschaft ausgesagt, hundert vor allem von M. J. Scheeben mer auch ein Indiz für einen Glau- dann noch mehr bei Lk 1,43, wo Ma- erkannte Personalcharakter Mariens bensschwund überhaupt. ria „Mutter meines Herrn“ genannt bzw. das mariologische Fundamental- wird. Johannes spricht von der „Mut- prinzip. An einem Beispiel sei dieser Maria: Seit Ewigkeit berufen ter Jesu“ (Joh 2,1; 19,25f), der schon Personalcharakter, diese bestimmte zur Gottesmutter „im Anfang bei Gott war“ und „Gott Prägung der Gottesmutter erläutert. war“ (Joh 1,1.2) und „Fleisch ge- Ein Theologe des 20. Jahrhunderts hat Im Matthäusevangelium (2,11) worden“ ist (1,14). Der Unterschied im Hinblick auf die Miterlöserschaft heißt es, dass die Sterndeuter aus zwischen Maria und den übrigen Mariens argumentiert, sie sei deswe- dem Morgenland „das Kind mit Ma- Müttern liegt darin, dass der von ihr gen, weil sie den Erlöser geboren hat, ria seiner Mutter, gefunden“ haben. geborene Mensch schon vor seinem genauso wenig Miterlöserin wie die Das gewohnte Bild, dass die Mutter menschlichen Entstehen im Schoß Mutter des Kolumbus Mitentdeckerin das Kind auf ihrem Arm oder ihrem der Mutter lebte, also präexistent war. Amerikas ist. Dieser Gedanke stimmt Schoß trägt und den Menschen zeigt, Dieser Glaube an die Präexistenz des zwar im Hinblick auf Kolumbus, denn dieser kühne Seefahrer hätte auch an einer Kinderkrankheit sterben oder ein großer Feldherr oder Wissen- Hochzeit von Kana; Maria: „Alles, was er euch sagt, das tut.“ (Joh 2,5) schaftler werden können. Die Mutter des Kolumbus ist daher höchstens ei- ne Voraussetzung für die Entdeckung Amerikas, die auch ein anderer hätte machen können. Sie ist nicht speziell an dieser Entdeckung beteiligt. Im Hinblick auf Jesus und Maria ist je- doch die Aussage falsch: Er war kein Junge, der irgendwann zum Messias berufen wurde, aber auch Zimmer- mann hätte bleiben können. Vielmehr war dieser Mensch Jesus vom Anfang seines irdischen Daseins an durch die hypostatische Union geprägt und im Heilsplan Gottes für die Union mit dem präexistenten Sohn vorgesehen: „Als die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von der Frau, damit er die unter dem Gesetz loskaufe“ (Gal 4,4). Ähnlich heißt es im Glaubensbekenntnis: „Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden.“ Wegen dieser klaren Zielrichtung bei der Mensch- werdung konnte Jesus nur der Erlöser sein und Maria hat nicht einem Men- schen das Leben gegeben, der sich später für verschiedene Möglichkeiten hätte entwickeln können. Sie war im- mer bestimmt zur Gottesmutterschaft. Darin besteht ihre personale Prägung, ihr Personalcharakter. Da Maria in ih-

132 DER FELS 5/2008 rer personalen Prägung durch die Got- ten. In den Himmel aufgenommen die gebenedeite Frucht deines Lei- tesmutterschaft konstituiert ist, kann hat sie diesen heilbringenden Auftrag bes“, so schließt das Salve Regina. sie nicht irgendwann in ihrem Leben, nicht aufgegeben, sondern fährt durch etwa bei der Empfängnis Jesu, dazu ihre vielfältige Fürbitte fort, uns die Sie tut das aus mütterlicher Liebe berufen worden sein. Maria ist, um Gaben des ewigen Heils zu erwirken. zu ihrem Sohn und zu den Menschen, Scheeben zu zitieren, „von ihrem Ur- In ihrer mütterlichen Liebe trägt sie die seine Brüder und deshalb auch sprung her und kraft ihres Ursprungs Sorge für die Brüder ihres Sohnes, ihre Kinder sind. Johannes Paul II. der Person des Logos … angegliedert, die noch auf der Pilgerschaft sind …“ entwickelt hier einen originellen An- so dass sie nur in und mit ihrer Bezie- (LG 62). – Die „Kirche blickt in ih- satz: Jesus hat durch seine Erlösungs- hung zur göttlichen Person ihres Soh- rem apostolischen Wirken mit Recht tat uns die Möglichkeit eröffnet, Söh- nes existiert und diese Beziehung ihr zu ihr auf, die Christus geboren hat … ne seines Vaters und seine Brüder zu ganzes Dasein bedingt und bestimmt“ dass er durch die Kirche auch in den werden. Wenn die Gläubigen jedoch (Nr. 1603). Herzen der Gläubigen geboren werde nur einen gemeinsamen Vater hätten, und wachse“ (LG 65). Maria hat also wären sie nicht Söhne und Brüder, Diese innere ihr ganzes Dasein nicht nur einmal der Welt den Erlöser sondern nur Stiefsöhne und Stief- begründende Beziehung Mariens zu geboren und damit ihre Aufgabe er- brüder. „Damit unser Brudersein mit ihrem Sohn erläutert Scheeben mit ledigt, sondern bringt ihrer Berufung ihm vollständig sei, wollte er, dass einem Blick auf die protestantische gemäß immer der Welt ihren Sohn. seine heilige Mutter unsere geistige Sicht. Ihr zufolge habe Maria zwar Mutter sei“.7 Maria ist nicht nur Mut- alle zur würdigen Ausübung ihrer Maria: Der Weg zu Christus ter Christi, sondern auch Mutter der Mutterdienste gerade einem solchen Kirche, denn – so die theologische Sohn gegenüber notwendigen Gnaden Maria ist geschaffen und geboren Begründung – Maria hat den gebo- empfangen. Diese „Funktionsgnaden“ worden, um den Menschen Christus ren, der das Haupt der Kirche ist;8 hätten aber letztlich nicht ihre Person zu bringen und sie zu ihm. Das ist ihr das Haupt kann man von den übrigen erfasst, seien von ihr ablösbar und au- Personalcharakter. „Zeige uns Jesus, Gliedern nicht trennen. ßerhalb des Mutterdienstes nicht mehr nötig. Konkret besagt dies: Alle Aus- sagen über Maria, die vor ihrer Mut- terschaft liegen, wie die Unbefleckte Hodegetria (Maria weist auf das segnende Jesuskind) Rumän. Ikone, um 1750 Empfängnis, oder nach ihr, wie die Jungfräulichkeit nach der Geburt, die leibliche Aufnahme oder ihr Bezug zur Kirche oder zum einzelnen Gläu- bigen sind in diesem protestantischen Denkhorizont unergiebig und bedeu- tungslos. Wenn jedoch bei Maria nach katholischer Sicht Sein und Berufung zusammenfallen und sie Gottesmutter ist, ist ihre ganze Existenz, vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis (Unbe- fleckte Empfängnis!) über die Phase nach der Geburt und den Mutterauf- gaben hinaus, von der Gottesmutter- schaft geprägt, d.h. von der Bestim- mung, der Welt den Erlöser mütterlich zu bringen.

Wegen dieser Bestimmung hat die Kirche in einem sicheren Glaubens- instinkt gesehen, dass die Brüder und Schwestern Jesu (vgl. Mk 3,31ff; 6,3) nicht Mariens leibliche Kinder sein können und sie nach der Geburt Jesu nicht in die Rolle übriger Frauen und Mütter zurückgetreten, sondern viel- mehr in die Rolle der Mutter der Kir- che hineingewachsen ist. In diesem Sinn sagt das Zweite Vatikanum: Die „Mutterschaft Marias in der Gnaden- ökonomie dauert unaufhörlich fort, von der Zustimmung an, die sie bei der Verkündigung gläubig gab … bis zur ewigen Vollendung aller Auserwähl-

DER FELS 5/2008 133 Links: Kürfürst Maximilian I. von Bayern. Haupt der katholischen Liga im 30jährigen Krieg. Er hat sein Land der Mutter Gottes geweiht und in München die Mariensäule errichtet. Bayern und Deutschland verdanken ihm sehr viel für die Erhaltung des katholischen Glaubens.

Rechts: Der hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort: war ein großer Marienver- ehrer und ein geistliches Vorbild für Papst Johannes Paul II. Sein Wahl- spruch: „Totus Tuus“ geht auf Lud- wig Grignion zurück

Entsprechend ihrem Personalcha- men hin konkretisiert. Einmal sei das Für ein marianisches Vorzeichen rakter übt Maria immer diese Auf- Anliegen der Neuevangelisierung ge- der notwendigen Neuevangelisie- gabe der Kirche gegenüber aus. Von nannt. Schon auf dem Katholikentag rung sprechen die Erfahrungen der den Gläubigen wird diese Nähe und zu Mainz sprach 1948 J. Zeiger von Geschichte. In den Glaubenswirren Sorge auch empfunden. Deshalb Deutschland als einem Missions- der Reformationszeit gründeten die suchen sie in ihren Nöten vor allem land. Man ergriff keine Maßnahmen Jesuiten die Marianische Kongregati- Marienwallfahrtsorte auf. Ebenso gegen den Glaubensverlust. Kardinal on. Kurfürst Maximilian (1598-1651) sind Erscheinungsorte – Lourdes, Höffner benannte 1980 anlässlich erhielt bei ihnen die Anregungen zu Fatima, Guadalupe, Rue de Bac – des Papstbesuches die Symptome einer starken Marienverehrung.9 Man Stätten besonders lebendigen Glau- einer Krise: Kollaps des Gewissens, übertreibt wohl nicht mit der Be- bens. Solche stillen Gebetsorte sind Unkenntnis der göttlichen Ordnung, hauptung, dass diesem Kurfürst vor nach Johannes Paul II. (2. Mai 1987) mehr Särge als Wiegen, Leugnung allem die Wiederbelebung und der „die wirklichen Zentren der Welt – der Zuständigkeit der Kirche usw. Erhalt des katholischen Glaubens in und Heilsgeschichte, nicht die be- Wiederum folgten der Erkenntnis Deutschland zu verdanken ist. triebsamen Hauptstätte von Politik, keine Taten. Warum nicht? Vielleicht Wirtschaft, von Geld und irdischer glaubte man 1948, nach der Nieder- In Frankreich wurde der katholi- Macht. Die wahren Mittelpunkte der lage des Nationalsozialismus würden sche Glaube einerseits durch die Hu- Geschichte sind die stillen Gebets- sich die Schwierigkeiten von selbst genotten andererseits durch kirchen- orte der Menschen. Hier geschieht lösen. Als ob je einer von selbst gut feindliche Literaten und Philosophen Größeres und für Leben und Sterben würde! In den siebziger Jahren des wie Voltaire, Rousseau und die sog. Entscheidenderes als in den Haupt- letzten Jahrhunderts überdeckte die Enzyklopädisten zersetzt. Eine Er- städten …“ Marienstätten sind Zen- euphorische Aufbruchstimmung nach neuerung und Verlebendigung des tren lebendigen Glaubens. dem Zweiten Vatikanischen Konzil ei- katholischen Glaubens konnte der hl. ne nüchterne Bestandsaufnahme. Als Ludwig Maria Grignion de Montfort Wenn nun die Muttergottes gemäß dann doch die Zahlen der Statistik (1673 - 1716) erreichen. Er und sein ihrem Personalcharakter in besonde- (Gottesdienstbesuch, Ehescheidun- Orden wirkten vor allem in der Volks- rer Weise berufen ist, die Menschen gen!) nicht mehr übersehen werden mission. Vom paulinischen Leib- zu Christus zu führen, dann sei diese konnten, erfand man das Trostwort Christi-Gedanken ausgehend gelangt Bestimmung auf einige aktuelle The- von der Wachstumskrise. Grignion zu der Einsicht, dass Maria, die das Haupt geboren hat, zugleich 1 Vgl. A. Ziegenaus, Die Mariengestalt Nov. 1982). Scripta de Maria VI 1983, 15ff. auch die Mutter aller Glieder sein im theologischen Kontext: Sendung und 8 Vgl. A. Ziegenaus, Maria – Mutter muss. „Eine Mutter bringt ja weder Dienst im bischöflichen Amt. FS Josef der Kirche, ders., Verantworteter Glau- den Kopf oder das Haupt ohne die Stimpfle, St. Ottilien 1991, 181-187, be. Theol. Beiträge 2, Buttenwiesen 2 Glieder noch die Glieder ohne das Sermo de nativitate (Quaracchi 9, 709). 2001, 169-194. Haupt zur Welt. Sonst wäre es eine 3 De incarnatione 18. 9 Vgl. A. Schmid, Die Marienverehrung 4 Über die Entwicklung der Glaubenslehre Kurfürst Maximilians I. von Bayern: A. Missgeburt der Natur … Haupt und (hg. J.Artz), Mainz 1969, 367. Ziegenaus (Hrsg.), Maria in der Evan- Glieder werden auch in der Ordnung 5 Predigten vor Katholiken und Anders- gelisierung, Regensburg 1993, 33-57 der Gnade von der gleichen Mutter gläubigen, Stuttgart 1964, 393. (MSt IX). geboren“.10 Deshalb ist bei der Taufe, 6 WA 36, 152. 10 Über die wahre Hingabe an Maria, der Eingliederung in den Leib Chris- 7 C. Pozo, El discurso de S.S. Juan Pablo. Nr. 32 (ed. H. J. Jünemann, Freiburg ti, immer auch Maria beteiligt. En el acto Mariano nacional de Zaragoza (6. 251966), S. 165. Fortsetzung folgt

134 DER FELS 5/2008 Peter Kemmether:

Jesus Christus folgen oder den Feministen?

Ungültige Taufhandlungen – eine Herausforderung für die Ökumene

islang konnte ein Christ, zu- testantischen Kirchenleitungen und mittelt und – so wörtlich – „zu einer mindest der Katholik, nor- leider auch von katholischen Ins- tiefgreifenden Veränderung, ja sogar Bmalerweise davon ausgehen, tanzen sogar gefördert, katholische Aufhebung des gesamten in der Selb- dass ein kirchlich gespendetes Sak- Buchhandlungen haben sie offen in stoffenbarung des Dreieinigen Gottes rament gültig war. Dies scheint nun ihrem Bibel-Angebot oder stellen sie begründeten christlichen Glaubens aber anders zu werden. Eine neue Di- werbend in ihre Auslagen, und – das kommt“! Wird nun eine solche „Bi- mension der Gefährdung kirchlichen ist das Entscheidende und das Ver- bel“ kirchlich-gottesdienstlich ver- Lebens zeichnet sich ab, die auch die hängnisvollste: Sie wird inzwischen wendet, gar etwa im sakramentalen Konfessionsgrenzen überschreitet. offensichtlich auch in Gottesdiensten Bereich, so hat dies verheerende Fol- Es war zweifellos ein Anlass öku- und kirchlichen Amtshandlungen gen. Slenczka stellt fest, dass mit der menischer Freude, als vor etwa zwei verwendet – und zwar nicht nur in so veränderten Version des Missions- Jahren in einer offiziellen und -kir manchen liberal-progressiven protes- und Tauf-Befehls (Mt 28), verwendet chenamtlichen Erklärung festgestellt tantischen Landeskirchen, zuweilen im Tauf-Ritus, es sich nicht mehr um werden konnte, dass die nach dem mit offiziellen Empfehlungen -ver das Taufsakrament Christi handelt. Willen Christi vollzogene Taufe im sehen, sondern eben auch im katho- Er kommt zu dem Urteil: Dieser Text Bereich unserer großen Konfessio- lischen kirchlichen Raum, wo diese aus Mt 28 hat „durch die Taufe eine nen ihre sakramentale Gültigkeit hat „Bibel“-Version von einigen Kreisen konstitutive Bedeutung und Wirkung und entsprechend gegenseitig kirch- mitfinanziert, mitgetragen und mit- für das Entstehen und Bestehen der lich anerkannt wird. verwendet wird! christlichen Gemeinde für alle Zei- Diese Freude währte für wachsame Da es ganz ähnliche Erscheinun- ten“. Darum gilt: „Wird eine Taufe Beobachter jedoch nicht lange, denn gen parallel auch in vielen anderen mit diesen (= verfälschten) Einset- fast zeitgleich bekam es die Christen- Ländern gibt, geht es hier nicht nur zungsworten gespendet, dann ist sie heit mit einem neuen Angriff auf ihre um ein deutsches, sondern um ein ge- unwirksam und ungültig.“ Glaubensgrundlagen zu tun, der die- samtkirchliches Problem. Einige der sen Tauf-Konsens, der weitgehend evangelisch-lutherischen Bekennen- Dieses Lehrurteil seitens einer schon lange in der Praxis bestanden den Gemeinschaften haben sich dazu ihren Bekenntnisgrundlagen treu hatte, erstmalig auf eine ganz neue zwar engagiert geäußert, sonst aber gebliebenen lutherischen Theolo- Weise und grundsätzlich wieder in war der kirchlich-theologische Wi- gie gegenüber zerstörerischem An- Frage stellt. derstand gegen diesen Angriff auf die Es erschien nämlich (seit Oktober Offenbarungswahrheit bislang leider 2006) für den deutschen kirchlichen nur gering – vor allem im Hinblick Sprachraum die sogenannte „Bibel in auf die Wirkfolgen einer solchen got- gerechter Sprache“, die keine Über- tesdienstlich verwendeten „Bibel“. setzung, sondern eine tiefgreifende, ie heilige Taufe ist die Grund- ideologische (vor allem feministisch Die wohl theologisch gründlichste Dlage des ganzen christlichen geprägte) Text-Veränderung und so- kritische Auseinandersetzung mit die- Lebens, das Eingangstor zum mit eine massive, bisweilen gerade- ser sog. „Bibel in gerechter Sprache“ Leben im Geiste (vitae spiritu- zu blasphemische Verfälschung des und den Konsequenzen ihrer kirchli- alis ianua) und zu den anderen Gotteswortes darstellt. (vgl. „Fels“ chen Verwendung stammt von dem re- Sakramenten. Durch die Taufe 7/2007, S. 219f) Trotz dieser so hand- nommierten konservativ-lutherischen werden wir von der Sünde be- greiflichen und offenkundigen, auch Theologen Reinhard Slenczka. (Die freit und als Söhne Gottes wie- für jeden christlichen Laien erkenn- Anbetung der Weiblichkeit Gottes dergeboren: wir werden Glieder baren Veränderung und Zerstörungs- und das Bilderverbot. Dogmatische Christi, in die Kirche eingeführt arbeit an der wichtigsten christlichen Beurteilung der „Bibel in gerechter und an ihrer Sendung beteiligt: Lebensgrundlage fand und findet Sprache“. Mehrfach veröffentlicht; „Die Taufe ist das Sakrament diese verfälschte Bibel – mittlerwei- u. a.: Zeitschrift ‚Diakrisis’, 28.Jg. der Wiedergeburt durch das le in mehreren Auflagen erschienen! Nr.2, Mai 2007). Slenczka kommt Wasser im Wort“ – eine erschütternd selbstverständ- zu dem klaren Ergebnis, dass diese KKK 1213 liche Akzeptanz, wird ohne großen ideologisch veränderte „Bibel“ ein Anstoß verbreitet, von einigen pro- grundlegend anderes Gottesbild ver- DER FELS 5/2008 135 griff von Zeitgeist und Ideologie im also „geschlechtsgerechter Formeln“ wirkungslos bleibt, weil es den Men- Raum der Kirche – hat nun aktuell ebenfalls gültig sei. Mit solchen an- schen die wirklichen Lebens-Gaben seine Entsprechung in einem Leh- deren, veränderten Segensformeln Jesu nicht zu geben vermag. rurteil Roms gefunden, das von der ungültig getaufte Personen müssen In den heutigen protestantischen vatikanischen Glaubenskongregati- jedoch ‚in forma absoluta’ getauft Kirchengemeinschaften hat man mit on Anfang März abgegeben wurde, werden – so die klare Antwort der diesem Problem, mit dieser inneren in Verbindlichkeit und Autorität für Glaubenskongregation, nach der Bil- geistlichen Not ja schon länger zu die ganze katholische Weltkirche. ligung durch den Papst. tun, da dort seit geraumer Zeit inner- Die Glaubenskongregation hat ent- kirchlich darum gerungen wird, ob schieden: Eine Taufe mit einer vom Bei aller Traurigkeit über den ge- und wo das legitime geistliche Amt kirchlichen Ritus abweichenden Se- gebenen Anlass – wir dürfen dankbar (nach den lutherischen Lehrgrund- gensformel ist ungültig. Wo es zur feststellen: Die echte, geistliche Öku- lagen) in all den Entwicklungen des mene zwischen konservativer be- entkirchlichten modernen Protes- kenntnistreuer lutherischer Theologie tantismus überhaupt noch gültig zu und Rom ist in dieser „für das Ent- finden ist. Aber auch dort waren und stehen und Bestehen der christlichen sind die meisten Christen dafür nicht CIC Can. 849 — Die Taufe ist Gemeinde für alle Zeiten“ (Slenczka) mobilisiert, nicht darauf vorbereitet, die Eingangspforte zu den Sa- lebens-relevanten Frage sich einig. sind für dieses immer mehr überle- kramenten; ihr tatsächlicher Taufhandlungen unter Verwendung bensnotwendige (!)‚Wächteramt vor Empfang oder wenigstens das von Taufformeln nach der „Bibel in Ort’ nicht zugerüstet. Verlangen danach ist zum Heil gerechter Sprache“ oder anderer sol- Dazu brauchen sie die Hilfe (und notwendig; durch sie werden cher Abweichungen sind ungültig! das Vorbild) ihrer jeweiligen Lei- die Menschen von den Sünden Dies gilt im obigen Sinn gleicher- ter, Hirten, Bischöfe, die im Auftrag befreit, zu Kindern Gottes neu maßen für evangelisch-lutherische Christi – ihnen voran – dieses Wäch- geschaffen und, durch ein un- wie für katholische Christen. Beide teramt ausüben, in Wort und Tat! tilgbares Prägemal Christus stehen fortan vor dem Problem, dass gleichgestaltet, der Kirche ein- sie unter Umständen mit ungültigen Die Christen im Land, evangeli- gegliedert; sie wird nur durch kirchlichen Sakraments-Handlungen sche vor allem, aber auch die katho- Waschung mit wirklichem Was- konfrontiert werden können! lischen, müssen wieder neu erfahren, ser in Verbindung mit der gebo- was die realen Lebenswirklichkeiten tenen Form der Taufworte gültig Hier zeigt sich eine verantwor- in der Gemeinde Jesu, in der Kirche gespendet. tungsvolle Aufgabe, ein Ruf zu ei- nem echt-geistlich ökumenischen Ungültige Formel: sich Bemühen zwischen allen Chris- tus- und Bibel-treuen kirchlichen 1. „Taucht sie ein in den Namen Verwendung solchermaßen ungülti- Kräften, denen die ewigen Wirklich- Gottes – Vater und Mutter für ger Taufformeln in einer kirchlichen keiten der Kirche und Gemeinde Je- alle – des Sohnes und der heili- Taufhandlung gekommen ist, – so die su Christi noch in irgendeiner Weise gen Geistkraft.“ Entscheidung der Glaubenskongre- am Herzen liegt. Es gilt in den evan- gation – muss in der korrekten Form gelischen und katholischen Gemein- neu getauft werden! den das Bewusstsein und eine Wach- Dieser Entscheid wurde veranlasst samkeit ganz neu dafür zu wecken, sind – und vor allem, woran man durch eine Anfrage aus den Verei- dass es auch ungültiges, scheinbares sie erkennt, damit sie unterscheiden nigten Staaten, ob die Taufe unter (!) kirchliches Handeln heute un- können, wo das Amt Christi legitim Anwendung „inklusiver Sprache“, ter uns geben kann, das sinnlos und und gültig unter ihnen wirkt – und

Wir bitten all unsere Leser, denen es möglich ist, uns auch weiterhin durch Spenden zu helfen, ohne die wir die Zeitschrift nicht herausbringen können. Alle unsere Freunde aber bitten wir, unsere Arbeit durch ihr Gebet mitzutragen. Einzahlung Deutschland: Ü Konto Fels e.V.:, Landsberg-Ammersee Bank eG, KontoNr.: 514 75 22 , BLZ: 700 916 00 oder Ü Postbank München KontoNr.: 903 166 809, BLZ 700 100 80 Ein herzliches Vergelt‘s Gott für ihr Wohlwollen. Ihre Fels-Redaktion

136 DER FELS 5/2008 wo und unter welchen Umständen dies nicht mehr der Fall ist. Sie müssen wieder neu erfahren, wo Gottesdienst und Verkündigung Die Position der Kirche der Kirche Christi da sind – oder wo man dies verlassen hat, weil man ei- genreligiöse Veranstaltungen betreibt. zur Familie: Sie müssen wieder neu erfahren. wo fortschrittlich und befreiend Sakramente gültig gespendet werden (– dies gilt im evangelischen Raum nicht nur für das genannte Taufpro- blem, sondern heute in hohem Maß auch für die Frage nach der Gültigkeit des Abendmahl-Sakramentes nach st die Forderung der Kirche nach einer ökonomischen Anerkennung dem Maßstab lutherischer Lehre!) Ifür die Leistungen der Frau in Familie und Erziehung nur ein Trick, – oder wo sie betrogen werden und um sie am häuslichen Herd zu halten, oder Ausdruck ihrer Wertschät- man ihnen das Höchste vorenthält: zung und der sozialen Gerechtigkeit? Der Kirche geht es zuerst dar- Christi Lebenswort und Seine realen um, die Würde, die Identität und die ursprüngliche Berufung der Frau sakramentalen Gaben, und ihnen statt zur Mutterschaft deutlich zu machen. Aber dort bleibt sie nicht stehen. dessen die Scheinnahrung trügeri- So weist die Kirche darauf hin, dass „zur christlichen Berufung immer scher, tödlicher Menschen-Ideologien die konkrete Selbsthingabe an den anderen gehört“, die auch außer- verabreicht. halb der Mutterschaft möglich ist. Papst Johannes Paul II. betont, dass der „Genius der Frau“ darüber hinaus beinhaltet, dass die Frauen in Die bisherigen üblichen und offizi- der Welt der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens gegenwärtig sei- ellen ökumenischen Kontakt-Ebenen en und zu verantwortungsvollen Stellen Zugang haben sollen“. „Die reichen für diese schon vorhandenen Überschneidung von zwei Tätigkeiten – Familie und Beruf – nimmt Nöte, die unter dem zunehmenden bei der Frau andere Merkmale als beim Mann an“. Schließlich wird Ansturm innerkirchlicher antichristli- für die Frau eine Wahlfreiheit gefordert, damit sie sich einerseits ganz cher Kräfte immer weiter anwachsen, der häuslichen Arbeit widmen „ohne sozial gebrandmarkt zu werden“ sicher nicht mehr aus. Hier müssen oder andererseits einer außerhäuslichen Tätigkeit nachgehen kann. sich – unter Umständen auch unab- Der Text aus dem Buch „Die verratene Familie“ von Jürgen Liminski, hängig vom jeweiligen kirchlichen den wir im folgenden als Leseprobe vorstellen, zeigt: Die Äußerungen Mainstream – diejenigen Instanzen des katholischen Lehramtes über die Frau sind nicht reaktionär, son- zusammenfinden, die beiderseits sich dern revolutionär. bemühen, dem Herrn der Kirche, Sei- nem Wort, Auftrag und Weg treu und gehorsam zu bleiben und zu folgen – damit den Menschen in dieser Welt as politisch-mediale Estab- nes Auskommen bietet. Hinsichtlich durch die Liebe und das Erlösungs- lishment und seine Familien- der Frauen fordert das Kompendium werk Jesu Christi geholfen werden Dgegner pflegen gern ein altes im folgenden Abschnitt eine größere kann. Es ist das Einzige, womit ih- Vorurteil. Es lautet: Die Kirche, vor Wertschätzung der Arbeit, die Frau- nen geholfen werden kann. allem die katholische, sei in Sachen en in der Familie und beim Haushalt Um nichts Geringeres als um dieses Familie und Frauen reaktionär, sie leisten. Die Arbeit in und für die Fa- Einzige geht es. Und darum müssen wolle die Frauen an den Herd ketten milie – an erster Stelle die der Mutter die Christen heute es lernen, sich der usw. Daher sei an dieser Stelle auf das – stelle eine eminent wichtige und auf Wahrheit zu stellen: Es gibt ungülti- Kompendium der Soziallehre der Kir- die einzelnen Mitglieder der Familie ge Sakramentshandlungen und nur che (Sozialkatechismus) hingewie- persönlich eingehende Form von Be- scheinbares Kirche-Sein! Alle Chris- sen. In ihm nimmt der Päpstliche Rat tätigung dar, die vor allem deshalb ten, katholische und evangelische, soll- für Gerechtigkeit und Frieden zum so notwendig sei, weil sie ein Dienst ten dies erfahren und nach Möglich- Thema Frauen, Arbeit und Familie ist, der sich auf die Qualität des Le- keit davor bewahrt werden. Aber davor Stellung. Einerseits wird festgestellt, bens richtet und ihr ganz gewidmet die Augen zu verschließen oder dies dass die Erwerbstätigkeit unerläss- ist. Dies müsse von der Gesellschaft gar nicht erkennen zu können, lässt lich ist, weil sie für den Unterhalt der anerkannt und entsprechend gewür- dem im Raum der Kirche eifrig tätigen Familie sorgt, anderseits wird betont, digt werden – auch durch eine finan- Feind weiterhin freie Hand. Um der dass die Familie durch die Erziehung zielle Vergütung, die mit dem Lohn Liebe zur Einen Heiligen Katholischen und Charakterbildung der Kinder ei- für andere Formen von Arbeit Schritt Kirche Jesu Christi willen – sind wir nen entscheidenden Beitrag gerade halten könne. aufgerufen, bereit zu werden und ge- auch im Hinblick auf die Arbeitswelt rüstet zu sein für den Geisteskampf, leiste. Im Abschnitt 250 plädiert das Die Soziallehre der Kirche will in den die Kirche und all ihre Glieder Kompendium dafür, den Familien also das Bewusstsein dafür schär- bleibend gestellt sind, auch im Bereich einen familiengerechten Lohn zu fen, dass die Familie eine wesentli- der echten geistlichen Ökumene. q garantieren, der ihr ein angemesse- che Rolle im Wirtschaftsleben spielt

DER FELS 5/2008 137 und dass sie von der Gesellschaft und in einem Schreiben „Über die Zusam- der Frau“ gesprochen. Dieser Geni- durch eine angemessene Politik un- menarbeit von Mann und Frau in der us komme vor allem in der Familie, terstützt werden sollte. Auch Papst Kirche und der Welt“ vom 31. Mai „der anfänglichen und in gewissem Johannes Paul II. hat die Arbeit der 2004 die Lehre der Kirche auch über Sinn souveränen Gesellschaft“, zur Hausfrau und Mutter wiederholt ge- die einzigartige Bedeutung der Frau Entfaltung. Besonders hier werde würdigt und in seinem Brief an die formuliert. Darin nimmt er auch Stel- „nämlich das Antlitz eines Volkes ge- Familien vom 2. Februar 1994 auch lung zum Thema Frau und Mutter- formt, hier eignen sich seine Glieder als lohnwürdig anerkannt. In die- schaft: „Auch wenn die Mutterschaft die grundlegenden Kenntnisse an. Sie sem Brief schreibt er: „Die Mühen eine zentrale Bedeutung für die weib- lernen lieben, weil sie selber umsonst der Frau, die, nachdem sie ein Kind liche Identität hat, ist es aber nicht geliebt werden; sie lernen jede ande- zur Welt gebracht hat, dieses nährt richtig, die Frau nur unter dem As- re Person achten, weil sie selber ge- und pflegt und sich besonders in den pekt der biologischen Fortpflanzung achtet werden; sie lernen das Antlitz ersten Jahren um seine Erziehung zu sehen. In dieser Hinsicht kann es Gottes kennen, weil sie dessen erste kümmert, ist so groß, dass sie den schwerwiegende Übertreibungen ge- Offenbarung von einem Vater und Vergleich mit keiner Berufsarbeit zu ben, welche die biologische Frucht- einer Mutter erhalten, die ihnen ihre barkeit mit vitalis- ganze Zuwendung schenken. Jedes tischen Ausdrücken Mal, wenn diese Grunderfahrungen verherrlichen und oft fehlen, wird der ganzen Gesellschaft mit einer gefährlichen Gewalt angetan und bringt die Ge- Abwertung der Frau sellschaft dann ihrerseits vielfältige verbunden sind.“ Die Formen der Gewalt hervor.“ christliche Berufung zur Jungfräulichkeit Der Genius der Frau beinhalte „da- mache das klar, denn rüber hinaus“, betont das ­Schreiben, „diese Berufung wi- „dass die Frauen in der Welt der Ar- derlegt radikal jeden beit und des gesellschaftlichen Le- Anspruch, die Frau- bens gegenwärtig sein und zu ver- en in ein bloß bio- antwortungsvollen Stellen Zugang logisches Schicksal haben sollen, die ihnen die Möglich- einzuschließen. Wie keit bieten, die Politik der Völker zu die Jungfräulichkeit inspirieren und neue Lösungen für durch die leibliche die wirtschaftlichen und sozialen Mutterschaft daran Probleme anzuregen“. Man dürfe erinnert wird, dass zur aber in diesem Zusammenhang nicht christlichen Berufung vergessen, dass „die Überschnei- immer die konkre- dung von zwei Tätigkeiten – Fami- te Selbsthingabe an lie und Arbeit – bei der Frau andere den anderen gehört, Merkmale annimmt als beim Mann. so wird die leibliche Deshalb stellt sich die Aufgabe, die Mutterschaft durch Gesetzgebung und die Organisati- die Jungfräulichkeit on der Arbeit mit den Anforderun- an ihre wesentlich gen der Sendung der Frau innerhalb geistliche Dimension der Familie zu harmonisieren. Hier erinnert: Um dem an- geht es nicht nur um eine rechtliche, deren wirklich das Le- wirtschaftliche und organisatorische ben zu schenken, darf Frage, sondern vor allem um eine man sich nicht mit Frage der Mentalität, der Kultur und der physischen Zeu- der Achtung.“ Erforderlich sei, und fürchten braucht. Das wird klar aner- gung begnügen. Dies bedeutet, dass das sollten sich Feministinnen ein- kannt und nicht weniger geltend ge- es Formen der vollen Verwirklichung mal bewusst machen, „eine gerechte macht als jedes andere mit der Arbeit der Mutterschaft auch dort geben Wertschätzung der Arbeit, welche die verbundene Recht. Die Mutterschaft kann, wo keine physische Zeugung Frau in der Familie leistet. So könn- und all das, was sie an Mühen mit erfolgt.“ ten die Frauen, die es freiwillig wün- sich bringt, muss auch eine ökono- schen, ihre ganze Zeit der häuslichen mische Anerkennung erhalten, die In dieser Perspektive werde, so Arbeit widmen, ohne sozial gebrand- wenigstens der anderer Arbeiten ent- die Glaubenskongregation, „die un- markt und wirtschaftlich bestraft zu spricht, von denen die Erhaltung der ersetzliche Rolle der Frau in allen werden. Jene hingegen, die auch an- Familie in einer derart heiklen Phase Bereichen des familiären und gesell- dere Tätigkeiten verrichten möchten, ihrer Existenz abhängt.“ schaftlichen Lebens verständlich, könnten dies in einem angepassten bei denen es um die menschlichen Arbeitsrhythmus tun, ohne vor die Papst Benedikt XVI. hat, noch als Beziehungen und die Sorge um den Alternative gestellt zu werden, ihr Präfekt der Glaubenskongregation, anderen geht“. Johannes Paul II. Familienleben aufzugeben oder einer also zusammen mit Johannes Paul II., habe in diesem Sinn vom „Genius ständigen Stresssituation ausgesetzt

138 DER FELS 5/2008 Eine Gesellschaft mit kinderreichen Familien hat Zukunft zu sein, die weder dem persönlichen dem Etikett Gender verrühren. Auch lohnung für die Arbeit der Frau, sei es Gleichgewicht noch der Harmonie in hier ist die Position der katholischen im Erwerbsberuf, sei es im Familien- der Familie förderlich ist.“ Kirche klar. Kardinal Ratzinger legt management. Ein Erziehungslohn für die „Lehraussagen der biblischen Mütter, wofür die Päpste eintreten, wä- Schon Johannes Paul II. hat dieses Anthropologie, die unerlässlich re in der Tat ein Hebel, ein Instrument Erfordernis formuliert, als er 1981 in sind, um die Identität der mensch- für eine wirkliche Strukturreform der der Enzyklika über die menschliche lichen Person zu wahren“, dar und Gesellschaft. Die sogenannte Gerech- Arbeit (Laborem exercens) schrieb: schreibt zur Gender-Ideologie: „Die tigkeitslücke zwischen Familien mit „Es wird einer Gesellschaft zur Eh- Verschleierung der Verschiedenheit Kindern und den bewusst Kinderlo- re gereichen, wenn sie es der Mutter oder Dualität der Geschlechter bringt sen würde halbwegs geschlossen, die ermöglicht, sich ohne Behinderung gewaltige Auswirkungen auf ver- Leistung der Mütter würde anerkannt, ihrer freien Entscheidung, ohne psy- schiedenen Ebenen mit sich. Diese es gäbe Renten für eine Lebensleis- chologische oder praktische Diskri- Anthro­pologie, die Perspektiven für tung statt Rosen zum Muttertag. Ein minierung und ohne Benachteiligung eine Gleichberechtigung der Frau för- Erziehungslohn hätte außerdem Fol- gegenüber ihren Kolleginnen der dern und sie von jedem biologischen gen für den Arbeitsmarkt, er würde Pflege und Erziehung ihrer Kinder je Determinismus befreien wollte, ins- ferner helfen, der Verwahrlosung von nach den verschiedenen Bedürfnis- piriert in Wirklichkeit Ideologien, die Kindern und Jugendlichen gegenzu- sen ihres Alters zu widmen.“ zum Beispiel die Infragestellung der steuern, denen durch die Kürzung öf- Familie, zu der naturgemäß Eltern, fentlicher Mittel in vielen Kommunen Hinter solchen Worten verbirgt also Vater und Mutter, gehören, die Treffpunkte für Jugendliche abhanden sich kein reaktionäres, sondern eher Gleichstellung der Homosexualität gekommen sind. Er würde helfen, Ge- ein revolutionäres Programm, ein mit der Heterosexualität sowie ein walt unter den Jugendlichen zu redu- Programm der Befreiung. Das sehen neues Modell polymorpher Sexuali- zieren, er würde dazu beitragen, die die Ideologen des Establishments tät fördern.“ Solidarität unter den Generationen zu anders, weil sie in reinen Machtka- beleben und zu festigen, er würde die tegorien denken und die geistige Di- Eine potentielle Schnittmenge Familien stärken und damit auch die mension des personalen Menschseins zwischen Feministen und Kirche al- Gesellschaft. „Eine starke Nation“, ignorieren. Für sie existiert der Geni- lerdings könnte man sehen in der hat Johannes Paul II. 1995 vor der us der Frau nicht, sie wollen alles in konkreten Forderung der Päpste nach UNO gesagt, „besteht immer aus star- einen Brei der Gleichmacherei mit einer gerechten, wirtschaftlichen Ent- ken Familien“.

Kinder sind unser wahrer Schatz

DER FELS 5/2008 139 Seit mehr als zehn Jahren schon Modell ist unausgewogen und nutzt kannt. Derzeit läuft eine Kampagne werden Modelle zum Erziehungs- nur erwerbstätigen Müttern. Für die unter dem Stichwort „Familie sind und Pflegelohn in der Öffentlichkeit Hausfrauen und Mütter ist es eine wir“ (www.familie-sind-wir.de), die diskutiert. Die Bundespolitik al- Verschlechterung, weil das frühere geeignet ist, auch mal die Stimme der lerdings traut sich nicht, dieses zu- Erziehungsgeld länger gezahlt wur- Familien, der Hausfrauen und Mütter kunftsweisende und angesichts des de. Dieses erneute Unrecht an denje- in der Politik zu Gehör zu bringen. demographischen Niedergangs mög- nigen, die die Arbeit in den Familien In einem Brief an Bundeskanzlerin licherweise auch not-wendende The- verrichten, haben viele Familien er- Merkel heißt es zum Beispiel: ma aufzugreifen, noch nicht einmal, wenn es kostenneutral wäre, was ja die übliche Forderung bei familien- „Familien in Deutschland sind im allgemeinen friedfertig. Wir ha- politischen Maßnahmen ist. 1998 ben auch keine Zeit für Protestaktionen. Aber man sollte uns nicht fand im Frankfurter Römer sogar ein unterschätzen, schon gar nicht, wenn wir nichts oder nicht mehr viel europäischer Fachkongress zur Auf- zu verlieren haben, und ein Trend zu weiterer Ausbeutung zugunsten wertung der Erziehungsarbeit statt, Kinderloser erkennbar ist. Unter uns sind im übrigen nicht wenige der Experten aus zehn europäischen Mütter, auch Akademikerinnen, die sich sehr bewusst für die Famili- Ländern zum Thema Erziehungslohn enarbeit entschieden haben, solange ihre Kinder klein sind. Denn wir zusammenführte und auf dem bei wissen, dass es originäre mütterliche und familiäre Aufgaben gibt, wie einer anschließenden Festversamm- Liebe schenken und Urvertrauen bilden, die keine noch so gut ausge- lung in der Paulskirche auch der da- bildete staatliche Pädagogin an unserer Stelle übernehmen kann und malige Ministerpräsident von Sach- soll. Ja, wir Frauen wollen beides, Mutterschaft und Erwerbsberuf, sen, Prof. Kurt Biedenkopf, sprach. aber nacheinander! Bei einer Lebenserwartung von über 80 Jahren ist dafür genügend Zeit. Wir sind weder bereit, das Wohl unserer Kinder Victor Hugo hat einmal gesagt: dafür zu opfern, noch uns selbst und unsere Gesundheit ausbeuten zu „Nichts, auch keine Armee, ist so lassen zugunsten des staatlich propagierten Doppelverdienermodells. stark wie eine Idee, deren Zeit ge- Unsere Forderungen im einzelnen sind als Anlage beigefügt. Sehr ge- kommen ist.“ Ist die Zeit für eine ehrte Frau Bundeskanzlerin, dies ist keine Bitte um Almosen, wir wol- Idee wie den Erziehungslohn gekom- len Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist das Brot des Volkes!“ men? Das Elterngeld ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber das

Mit diesem Lexikon liegt ein wert- für die Gesellschaft. Deutlich werden die volles Buch vor, das über alle wichtigen Fehlentwicklungen aufgezeigt und die ethischen Fragen Auskunft gibt, die für Manipulation der Menschen durch Ideo- die Familie bedeutungsvoll sind. Des- logien in Wissenschaft und Politik. halb gehört dieses Buch in die Hand des Das Autorenverzeichnis enthält inter- Seelsorgers, des Eheberaters, ja, man national bekannte Wissenschaftler, die kann mit Fug und Recht sagen, in die sich durch methodisches Denken, fun- Hand eines jeden, der sich kompetent in dierte Sach- und Menschenkenntnis und die öffentliche Diskussion einmischen durch Weitsicht auszeichnen. Ihr Realis- will. Dieses Werk sollte auch dort nicht mus kommt ohne jede Fiktion aus, ihre fehlen, wo man sich bemüht, Jugendli- Darlegungen entlarven jeden Relativis- che zu Persönlichkeiten heranzubilden. mus und jedes ideologische Denken. Auch für eine aufgeschlossene Familie Gerhard Stumpf kann das Buch als Standardwerk gute Dienste leisten. Auszug aus dem Text: In Klarheit und Übersichtlichkeit sind „Die in den heutigen Schulen prakti- die Themen aufbereitet, mit denen die ka- zierte Sexualerziehung, sprich Aufklä- tholische Kirche immer wieder in der Öf- rung über Verhütung, ist dagegen weit- fentlichkeit aneckt. Die katholischen Poli- hin defizitär und – weil sie für manche tiker, aber auch die jeder anderen Couleur Schüler zur Unzeit geboten wird – oft- könnten sich mittels dieses Werkes fun- mals schädlich. Natürlich muss der junge dierte Kenntnisse aneignen, die sie zu Mensch viele Kenntnisse auch in diesem verantwortlichen Entscheidungen in der Bereich erwerben. Viel wichtiger aber Lexikon Familie – Mehrdeutige und Gesetzgebung befähigen könnten. Dabei ist, dass er lernt, in organischen: d.h. umstrittene Begriffe zu Familie, Le- hat das Buch die Gesetzgebung und die seiner individuellen Entwicklung gemä- ben und ethischen Fragen, Päpstli- Gesellschaften vieler Länder im Auge. ßen Schritten, die Geschlechtlichkeit als cher Rat für die Familie (Hg), Hans Allen Themen voran steht das Le- wichtigen Bestandteil seiner Personalität Reis, redaktionelle Bearbeitung, Fer- bensrecht des Menschen, die Würde der und Würde zu erkennen, sie in sein Sein dinand Schöningh Verlag, 2003, ISBN Person, die katholische Eheauffassung zu integrieren und entsprechend zu le- 978-3-506-76322-8, 817 S., 39,90 und die Bedeutung der Ehe und Familie ben“ S. 186 Autorin Renate Martin.

140 DER FELS 5/2008 Hermann Blüml:

„Werdet stark durch Macht und Kraft des Herrn“ (Eph 6,11)

Von der so genannten zur wahren Liebe

andlungsbedarf besteht, wenn unverzichtbar sind, um zu wachsen die heute gewiesenen Wege als und etwas Großes im Leben zu er- ir erleben in unserer Zeit HIrrwege erkannt werden. Wer reichen.“ ja, der Eros will zum Gött- Wauf allen Gebieten, auch in der Sexualität nur Spiel und Spaß lichen hinreißen. Darum verlangt er in der sittlich-moralischen sieht und sucht, geht am wirklichen einen Weg des Aufstiegs, der Verzich- Haltung, einen grundlegenden Sinn der von Gott geschenkten Anla- te, der Reinigungen und Heilungen.“ Wandel. So werden heute Kin- ge und am Sinn des Lebens vorbei. So „Die Liebe wird zur Sorge um den der zu frühzeitig mit Sexualität kann ein Mensch, kann ein Volk auf anderen und für den anderen. Sie‑ will konfrontiert, so dass eine sittli- die Dauer nicht leben. „Der Mensch das Gute für den Geliebten. Sie wird che Reifung nahezu unmöglich kann nicht leben ohne ein dauerndes Verzicht, sie wird bereit zum Opfer.“ geworden ist. Häufig wurde Vertrauen zu etwas Unzerstörbarem in schon auf die sexuelle Reizüber- sich“ (Franz Kafka). Junge Menschen Papst Benedikt spricht die Jugend flutung hingewiesen und auf die sind bitter enttäuscht, wenn Bekannt- in ihrem Herzen an. Er sagt ihnen, dass gegenüber der Vergangenheit, schaften zerbrechen, Hoffnungen Christus die Erfüllung ihrer Sehnsüch- früher einsetzende körperliche nicht erfüllt werden! Jährlich begehen te und Hoffnungen ist. „Wahre Liebe Entwicklung, die das Interesse in unserem Land 1 500 Kinder und ist möglich und wir können sie leben, an der Sexualität stimuliert. junge Menschen Selbstmord, noch weil wir nach Gottes Bild geschaffen Information und Aufklärung mehr versuchen es. Aber wie soll das sind“. in der Schule bringen vielfach „Handeln“ aussehen? Grundsätzli- nicht die erforderliche Hin- che Dinge müssen geschehen. Diese Wie sagen wir das heute unseren führung zu verantwortungsbe- können nur kurz aufgezeigt werden. jungen Menschen? Sie dürfen sich wusstem sexuellem Verhalten. Es geht um die Wertschätzung des nicht mit einem halben Leben zufrie- Im Mittelpunkt steht vielmehr eigenen Leibes und der göttlichen den geben. Christus und nur Christus die Frage der Verhütung von Gabe der Sexualität, um die Achtung ist „die Fülle des Lebens“, zeigt und den Folgen sexueller Betäti- vor der Würde des anderen, die Treue schenkt uns die wahre, die selbstlose gung. Wörter wie „schamhaft“, zum Partner in der Ehe, den Willen und opferstarke Liebe, wie es uns der „keusch“ oder „enthaltsam“ zum Kind. Nur die persönliche, freie Apostel Paulus sagt: „Die Liebe Got- sind aus dem Sprachgebrauch Liebeshingabe wird dem Menschen tes ist ausgegossen in unsere Herzen verschwunden. In den öffentli- gerecht. Das spüren die Menschen. durch den Heiligen Geist, der uns ge- chen Bildungseinrichtungen ist Für 72% der Deutschen, so eine Um- geben ist“ (Röm 5,5). „Die Frucht des zur sexuellen Aufklärung die frage, macht erst die Liebe die Erotik Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Einebnung der Geschlechtsun- perfekt. Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, terschiede von Mann und Frau Sanftmut und Selbstbeherrschung“ (Genderismus) als neues Er- Was sagt dazu unser Heiliger Vater (Gal 5,22). Das sind wunderbare Ga- ziehungsziel hinzugekommen. in seiner Enzyklika „Gott ist die Lie- ben Gottes. „Selbstbeherrschung“ Damit wird auch das überkom- be“? Er sieht den ganzen Menschen ist gleichsam die Frucht der anderen mene Bild von Ehe und Familie und stellt fest: „Die Art der Verherr- Gaben, die all diese voraussetzt. Oh- zerstört. Wir stehen also vor lichung des Leibes, die wir heute er- ne sie ist wahre Liebe nicht möglich. der Frage, was ist in dieser Si- leben, ist trügerisch. Der zum »Sex« Wahre Liebe aber ist Voraussetzung tuation zu tun. degradierte Eros wird zur Ware, zur für eine gelungene christliche Ehe, bloßen »Sache«, man kann ihn kau- die „vor Gottes Angesicht“ geschlos- fen und verkaufen, ja, der Mensch sen wird. Christus bindet zwei Men- selbst wird dabei zur Ware“. „Nur in schen zusammen, die sich lieben und Der Autor Hermann Blüml ist einer wirklichen Einswerdung von verbündet sich mit ihnen, sodass sie Pfarrer im Ruhestand, er ist Mit- Geist und Leib wird der Mensch ein sagen können: „Zwei sind wir, sei du arbeiter beim bayerischen Kle- Ganzes. Wahre Erziehung muss wie- der dritte, drei sind wir, sei du unse- rusblatt und Verfasser des Buches der Mut machen zu endgültigen Ent- re Mitte!“ Jeder Mensch ist Bild und „Ja zur Kirche: Eine Streitschrift scheidungen, die heute als Bindungen Eigentum Gottes, gehört ganz ihm. wider die modischen Vorwürfe ge- betrachtet werden, die unsere Freiheit Am Traualtar übergibt Gott eins dem gen die katholische Kirche“. beschneiden, die aber in Wirklichkeit anderen, so wie er es mit Adam und DER FELS 5/2008 141 Eva tat. Beide dürfen sich jetzt ganz eine frohmachende Botschaft verkün- ...die der eigenen Zukunft vollen Sinn schenken. „Sie werden und sind ein den: Jesus ist euch ganz nahe. Er zeigt verleiht.“ Papst Benedikt XVI. ist da- Leib.“ Geschlechtsverkehr ist dafür euch, wie schön das Leben sein kann, von überzeugt: „Nur von den Heiligen, kein gutes Wort. Eheliche Liebe ist schenkt euch die Erfüllung eurer in- nur von Gott her kommt die wirkliche freie Ganzhingabe an den Partner nersten Sehnsucht und erfüllt euch Revolution, die grundlegende Ände- und zwar nicht auf Zeit, sondern für mit seiner selbstlosen, opferbereiten, rung der Welt.“ Ja, der Papst vertraut immer. Beide dürfen teilnehmen am beglückenden Liebe.“ unserer Jugend, wenn er sagt: „Chris- Schöpfungswerk Gottes und Kindern tus sucht nicht müde Konformisten, das Leben schenken. Die Familie wird Jesus ließ sich am Beginn seiner sondern mutige Glaubenszeugen, in zum Abbild des dreieinigen Gottes. Sendung zu einer Hochzeit einladen denen das Feuer seiner Liebe brennt. Junge Christen, die das verstehen, und schenkte dem Brautpaar auf die Ich versichere Euch insbesondere, werden auf eine kirchliche Eheschlie- Fürsprache Mariens Wein in Fülle. dass der Geist Jesu Euch Jugendliche ßung nicht verzichten, sondern sich Wenn in der Ehe der Wein, d. h. die heute dazu einlädt, Überbringer der bewusst darauf vorbereiten... Liebe, auszugehen droht, dürfen bei- guten Nachricht Jesu an Eure Alters- de die Fürbitte Mariens anrufen, da- genossen zu sein. Habt keine Angst, Wer das bedenkt, kann der Kirche mit der Herr ein Wandlungswunder zu heilige Missionare zu werden.“ nicht vorwerfen, sie wäre leibfeind- einer geläuterten, neuen Liebe voll- lich. Niemand kann so Wunderbares zieht. Der Papst ermuntert die jungen Bei vielen kommt unsere Botschaft über den Leib sagen wie die Kirche: Menschen sich Maria anzuvertrauen. nicht mehr an. Früher wuchs ein Kind „Oder wisst ihr nicht, das euer Leib Er sagt: „Maria kennt euren großen in einer gläubigen Familie und Um- ein Tempel des Heiligen Geistes ist, Wunsch nach Liebe, euer Verlan- welt auf. Heute fordert der Glaube von der in euch wohnt und den ihr von gen zu lieben und geliebt zu werden. jedem eine freie Entscheidung. Wir Gott habt. Ihr gehört euch nicht selbst; Wenn ihr auf sie schaut und ihr folgt, dürfen nicht müde werden in der Ver- denn um einen teuren Preis seid ihr werde ihr die Schönheit der Liebe kündigung dieser guten Botschaft. Es erkauft worden. Verherrlicht also Gott entdecken, jedoch nicht einer Liebe, sind Lichtblicke sichtbar. „Wahre Lie- in eurem Leib“ (1 Kor 6,19.20). Wir die man nach Gebrauch wegwirft‘, be wartet‘ lautet das Motto für zwei können den jungen Christen fürwahr sondern der wahren und tiefen Liebe, Millionen Jugendlicher in den USA. Präsident Bush setzte sich für eine in- ternationale Kampagne ein, nicht Ab- treibung zu finanzieren, sondern die Jugend zur sexuellen Enthaltsamkeit zu ermutigen, und stellte 33 Millionen Dollar für die Unterweisung der Ju- gend zur sexuellen Abstinenz bereit. Wie hoffen und beten, dass auch in unserem Land ein neues Verständnis dafür erwacht. Ein Beispiel: Caroline, 18 Jahre, „Miss “, bekannte vor der Presse: „Gott spielt in meinem Leben eine zentrale Rolle. Deswegen versuche ich mein Leben so zu ge- stalten, wie es die Bibel vorgibt. Das bedeutet für mich viermal am Tag zu beten, keine Lügen, zweimal in der Woche Gottesdienst und natürlich kein Sex vor der Ehe.“

„Gerät alles ins Wanken“ (Ps 11,3), kann nur Gott retten. Daher „ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder, und liebt einander, weil auch Chris- tus uns geliebt und sich für uns hin- gegeben hat als Gabe und als Opfer, das Gott gefällt. Von Unzucht aber und Gottlosigkeit jeder Art und von Habgier soll bei euch, wie es sich für Heilige gehört, nicht einmal die Rede sein“ (Eph 3,1‑4). „Werdet stark durch die Kraft und die Macht des Herrn. Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den Anschlägen des Teufels widerste- hen könnt (Eph 6,11). „Bei ihm ist die Quelle des Lebens“ (Ps 36,10). q

142 DER FELS 5/2008 Jürgen Liminski:

Glauben im Wahlkampf Amerikas

Offene Religiosität ist in Amerika selbstverständlich – nicht nur bei Wahlen

n der amerikanischen Politik wird Skandal schlicht Sehnsucht nach Ehr- Element nicht entziehen. McCain ist viel geheuchelt in Sachen Glau- lichkeit und Moral. John F. Kennedy Anglikaner, er will seine Konfession Iben und Religion. Das kennt man musste sich noch gegen Flüsterkam- nicht in den Vordergrund spielen, weil auch aus der politischen Debatte in pagnen wehren und offen versichern, sie zu den kleinen in Amerika zählt. Europa. Eines aber darf man festhal- dass er als Katholik keine Befehle Aber sein generelles Bekenntnis stellt ten: Einer der großen Unterschiede vom Vatikan entgegennehmen werde. er nicht unter den Scheffel. Ist er nicht zwischen Amerika und Europa ist, mit Gottes Hilfe der Hölle von Vi- dass in den Vereinigten Staaten von Auch die Republikaner besannen etnam entkommen? Auch Madame Amerika aus dem Nichts ein Kandi- sich nach Nixon auf moralische Wer- Clinton umgibt ihren Machthunger dat auftauchen und tatsächlich Prä- te. Die moral majority, die der Pre- bei Veranstaltungen im Bible belt oder sident werden kann. Und das kann diger Jerry Falwell zusammenführte im Süden gern mit dem Mäntelchen auch ein tief gläubiger Mensch sein, und die Ronald Reagan 1980 zum der Vorsehung. Das erwartet man in ja die Chancen sind größer, wenn er Sieg verhalf, blieb keine Eigenart der manchen Landstrichen, und diese Er- gläubig ist. Und das kann vielleicht Republikaner, sie hat sich in allen wartung hat auch ein Machtpolitiker sogar jemand sein, der nicht weiß Parteien breit gemacht und verästelt. einfach zu erfüllen. und nicht protestantisch ist. In den Jeder Kandidat erklärt heute, nicht großen Staaten Europas mit den fest- selten auch ungefragt, wie er glaubt Die Religiosität war immer schon gefahrenen Parteistrukturen ist es und betet. Zwei führende Republi- ein Grundzug Amerikas. Selbst auf nicht mehr möglich, dass jemand mit kaner waren religiös stark engagiert, den Banknoten bekennen die Ameri- einem starken religiösen Bekenntnis Mitt Romney als Mormone, Mike kaner: „In God we trust“. Das führt eine Mehrheit der Wähler hinter sich Huckabee als Baptist. Selbst die Fa- natürlich zu bissigen Bemerkungen, versammelt. Das hat Vor- und Nach- voriten John McCain und Hillary wer denn der Gott sei, in den die teile. Auf Dauer aber ist die größere Clinton können sich dem religiösen Amerikaner ihr Vertrauen setzten. Flexibilität des politischen Systems Alexis de Tocqueville, der vor zwei- angesichts der sich rasch wandelnden hundert Jahren die erste und bis heute Welt ein Plus. Und für das globale Pu- Land großen Glaubens in vielen Punkten unerreichte Analyse blikum macht es den amerikanischen über die junge Demokratie in Ameri- Wahlkampf allemal spannend. Selbst „Amerika ist ein Land des gro- ka schrieb, bezeichnete die Grundlage heute nach den meisten wichtigen ßen Glaubens, … die Achtung dieser Demokratie sogar als Religi- Vorwahlen und einem auf drei Kan- der Religionsfreiheit ist zutiefst on mit demokratischen Zügen. „Von didaten zusammengeschrumpften im amerikanischen Bewusstsein Anfang an waren Politik und Religi- Feld von Kandidaten kann niemand verankert, eine Tatsache, die on einig, und sie haben seither nicht sagen, wer der nächste Präsident der dazu beigetragen hat, dass das aufgehört es zu sein,“ schrieb er, und USA sein wird. Land Generationen von Ein- der Satz gilt auch heute. Aber Religi- wanderern auf der Suche nach on verstanden als Garant der Freiheit. Die Religiosität in Amerika spielt einer Bleibe angezogen hat, wo Sie wird nicht verstanden als Fessel in der Politik eine bedeutende Rolle. sie Gott frei verehren können noch als Werkzeug eines Machtstre- Das war nicht immer so klar, aber seit nach ihren jeweiligen religiösen bens mit alttestamentarischer Wucht. Jimmy Carter (1976-1980) muss jeder Überzeugungen … Es muss ge- Religion ist für die Amerikaner Fun- Wahlkampfstratege sich in die Gos- gen jene Tendenz Widerstand dament, Grundordnung eines Lebens, pel-Seele des Südens, in den Bible geleistet werden, die Religion das Freiheit als gestalterische Kraft belt des Mittleren Westens und selbst als Privatsache anzusehen. Nur erlaubt. So verstehen die meisten den in die Kuriositäten von Sekten hinein- wenn der Glauben jeden Aspekt ersten Zusatz zur Verfassung, in der denken. Carter war der erste, der ver- des menschlichen Lebens durch- die Beziehung zwischen Staat und mutlich wegen seiner moralischen In- dringt, werden sich die Christen Religion geregelt ist. Dieser Verfas- tegrität und seines Bekenntnisses zum für die verwandelnde Macht des sungstext verbietet konsequenterweise christlichen Glauben als „born again“ Evangeliums wirklich öffnen.“ eine Staatsreligion und garantiert den (Wiedergeborener oder Bekehrter) Zugang zu allen Glaubensrichtungen, Benedikt XVI. in Washington am gewählt wurde. Man hatte nach den auch solchen, die man in Europa als 16.4.2008. Tricks Nixons und dem Watergate- Sekten bezeichnen würde.

DER FELS 5/2008 143 Diesem religiös grundierten Frei- ligiösen auf der anderen Seite. Dabei Gruppen. Pastor Jeremiah Wright von heitsverständnis stehen viele Europäer wird der erste meistens als der ver- der afroamerikanischen Dreifaltig- verständnislos gegenüber. Sie verste- nünftige und rationale dargestellt, der keitskirche Christi in Chicago kennt hen Freiheit nicht als Entscheidung zweite als der dumpfe, irrationale, der Obama seit mehr als zwanzig Jahren, für etwas, sondern als Autonomie, als leider immer stärker um sich greife. hat seinen Zögling getraut und dessen Freiheit von jeder Begrenzung, auch Natürlich gibt es solche Elemente in Töchter getauft. Im März musste sich von Verantwortung. Das ist ein geisti- beiden Teilen Amerikas. Aber es gibt Obama von der scharfen Rhetorik sei- ges Erbe der Französischen Revolution auch die Intoleranz bei den Säkularen nes Freundes Jeremiah distanzieren. und der 68er. Dieses Freiheitsverständ- und die Vernunft bei den Gläubigen. Es war bekannt geworden, dass dieser nis führt zur Erstarrung, dem Gegenteil Sicher ist: Freiheit und Glauben gehen 1984 mit dem amerikanischen Isla- der Flexibilität. Deshalb sind Reformen in Amerika Hand in Hand. Das ist bei mistenführer Louis Farrakhan nach bei uns auch so schwierig. Paul Kirch- den meisten Journalisten in Europa Tripolis geflogen war, um dort den hof sagt es in seinem Essay über die und insbesondere in Deutschland nicht Revolutionsführer Gaddafi zu treffen. Erneuerung des Staates in Deutschland der Fall. Damals stand Libyen auf der Liste der so: „Freiheit ist ein Wagnis in Grenzen Terrorstaaten, und Reagan ließ sogar des Rechts“. Das Wagnis des Wandels Und noch ein religiöser Aspekt Luftangriffe auf Tripolis und die Ver- im Rahmen einer vitalen Grundord- dürfte interessant werden: Das Votum stecke Gaddafi fliegen, weil dieser an nung – hier könnten wir von Amerika der Juden. Früher wählten die ameri- Terroranschlägen gegen Amerikaner lernen. Dagegen werden wir vermutlich kanischen Juden traditionell eher die beteiligt war. erleben, dass in den Medien hierzulan- Demokraten. Das änderte sich mit de, in denen bekanntlich die Gläubigen Reagan; Clinton holte viele wieder Obamas Rhetorik ist religiös, ge- in der Minderheit sind, das religiöse zurück. Sie werden sich aber nun hü- radezu messianisch, seine Inhalte Element der Amerikaner überwiegend ten, für Barack Obama zu stimmen. aber sind luftig und konturenlos. Das verdrängt oder herablassend behandelt Er hat muslimische Vorfahren, sein macht viele Amerikaner misstrauisch. wird. Man redet von dem Gegensatz Vater war Muslim, er selber gehört Sein Höhenflug wurde in Texas und zwischen dem liberal-säkularen Teil zu einer protestantischen Kirche mit Ohio gestoppt; seither liefert er sich Amerikas auf der einen und dem re- Verbindungen zu radikal-islamischen ein Kopf an Kopf-Rennen mit Hillary

Die drei Kandidaten Anfang April vor den entscheidenden Vorwahlen: John McCain, Hillary Clinton und Barack Obama (von links).

144 DER FELS 5/2008 Politik und Moral

„Seit den Anfängen der Republik tierungskraft, wie beispielsweise der bauen … Die Freiheit ist nicht nur ein war die Freiheitssuche Amerikas ge- Kampf gegen die Sklaverei und zur Geschenk, sondern auch ein Appell leitet von der Überzeugung, dass die Zeit für die zivilen Rechte ... Histo- zur personalen Freiheit. Die Ame- Prinzipien, die das politische und so- risch gesehen haben nicht nur die Ka- rikaner wissen dies aus Erfahrung. ziale Leben leiten, zuinnerst mit einer tholiken, sondern alle Gläubigen hier Die Verteidigung der Freiheit ist ein moralischen Ordnung verbunden sind, die Freiheit gefunden, Gott ihrem Ge- Appell zur Kultivierung der Tugend die auf der Herrschaft des Schöp- wissen folgend anzubeten, zugleich der Selbstdisziplin, der Aufopferung fergottes gründen. Die Schöpfer der wurden sie als Teil einer Gesellschaft für das Gemeinwohl und eines Ver- Verfassungsdokumente dieser Nation akzeptiert, in der jeder einzelne und antwortungsbewusstseins gegenüber gründeten sich auf dieser Überzeu- alle Gruppen ihre Stimme zu Gehör denjenigen, die weniger Glück haben gung, als sie von der Wahrheit spra- bringen konnten. Nun muss die Na- … Die Demokratie kann nur blühen, chen, die »aus sich selbst heraus« tion immer neue komplexe politische wie eure Gründerväter wussten, wenn evident ist und dass alle Menschen und ethische Fragen angehen. Ich ver- die politischen Führer sich bei Ent- gleich erschaffen sind und mit unver- traue darauf, dass die Amerikaner in scheidungen, die das Leben und die äußerlichen Rechten ausgestattet sind, ihren Glaubensüberzeugungen eine Zukunft der Nation betreffen, von der die auf dem Naturrecht gründen und wertvolle Quelle der Unterscheidung Wahrheit führen lassen und eine Weis- dem Gott dieser Natur … In diesem und der Inspiration finden, damit ein heit walten lassen, die hervorgeht aus langen Prozess, der die Seele dieser vernünftiger, verantwortlicher und moralischen Prinzipien.“ Nation geformt hat, waren die reli- respektvoller Dialog möglich ist in giösen Bekenntnisse eine konstante dem Bemühen, eine immer mensch- Benedikt XVI. in Washington Inspirationsquelle und eine Orien- lichere und freie Gesellschaft aufzu- am 17.4.2008

Clinton. Sollte sich die wirtschaftliche bekannte anti-israelische Autoren. werben, Barack Obama aber bekämp- Krisensituation zuspitzen und Ameri- Schon jetzt rufen jüdische Organisa- fen, enthüllende Artikel über ihn wer- ka in eine Rezession rutschen, wofür tionen dazu auf, massiv zu wählen – den sich häufen, und vielleicht wird vieles spricht, werden sich die Chan- aus Dankbarkeit für den Schutz Ame- auch den Europäern dabei ein kleines cen Obamas weiter schmälern. In Kri- rikas und damit der Schutz bleibt. Das Licht aufgehen. Die meisten amerika- senzeiten hält man sich an Politiker sehen sie mit Barack Obama nicht nischen Juden indes werden für John mit Erfahrung. Obama werden noch gewährleistet. Zwar stellen die Juden McCain stimmen. Er ist der Mann, scharfe Winde ins Gesicht wehen. Erst nur rund zehn Millionen Wähler, aber der am meisten von Sicherheitspolitik recht, wenn zu der Wirtschaftskrise ihre Wahlbeteiligung ist stets hoch ge- versteht und der am glaubwürdigsten noch eine außenpolitische hinzukom- wesen und damit stärker ins Gewicht verspricht, das Land vor dem islamis- men sollte. Im Nahen Osten braut sich gefallen, weil von den Amerikanern tischen Terror zu schützen. Ihr viel- einiges zusammen. Und in Obamas maximal fünfzig Prozent zur Wahl ge- fältiges Votum könnte den Ausschlag Beraterteam sind einige einschlägig hen. Allenfalls werden sie für Hillary geben. q

Personalität und Naturrecht

Die Grundprinzipien der Organisa- Wenn Staaten nicht in der Lage … Sie gründen sich auf das natür- tion – die Sehnsucht nach Frieden, das sind, einen solchen Schutz zu ge- liche Recht, das in die menschlichen Streben nach Gerechtigkeit, Respekt währleisten, muss die internationa- Herzen eingeschrieben ist und in den für die Würde der einzelnen Person, le Gemeinschaft intervenieren; und verschiedenen Kulturen und Zivilisati- die humanitäre Zusammenarbeit und zwar mit den juristischen Mitteln, onen gegenwärtig ist. Die Menschen- Hilfe – drücken die Bestrebungen des die in der Charta der Vereinten Na- rechte aus diesem Zusammenhang zu menschlichen Geistes aus und stellen tionen und in anderen internationa- lösen, würde bedeuten, ihre Reich- jene Ideale dar, welche die internatio- len Werkzeugen dafür vorgesehen weite einzuschränken und einer rela- nalen Beziehungen tragen sollen ... sind … tivistischen Konzeption nachzugeben Jeder Staat hat die primäre Pflicht, Die Menschenrechte werden im- ... Die große Vielfalt der Sichtweisen dem Schutz der eigenen Bevölkerung mer mehr als die gemeinsame Spra- darf nicht darüber hinwegtäuschen, vor schwerwiegenden und anhalten- che und das ethische Substrat der in- dass nicht nur Rechte universal sind, den Verletzungen der Menschenrech- ternationalen Beziehungen erachtet. sondern auch die menschliche Person, te zu dienen, aber auch vor den Folgen Gleichzeitig dienen die Universali- die Gegenstand dieser Rechte ist. der humanitären Krisen, ob sie nun tät, Unteilbarkeit und Interdepen- natürlich oder von Menschen gemacht denz der Menschenrechte als Schutz Benedikt XVI. vor der UNO, sind, zu schützen. der Garantie für Menschenwürde. am 18.4.2008

DER FELS 5/2008 145 Franz Salzmacher:

Alternativen gesucht

Die Enttäuschung über die CDU nährt Spekulationen Katholiken schauen sich um nach einer politischen Heimat

s gibt nicht weniger als 111 letzten Wahlen brachten nur mäßige mit minus sieben Prozent in Grenzen Parteien in Deutschland. Fünf Erfolge für die CDU. In der Partei gehalten werden. Bei den jüngeren Edavon sind im Bundestag beginnt man zaghaft, die Wähler- Altersgruppen und vor allem bei den vertreten, die anderen krebsen auf wanderungen und das längerfristige Gebildeten ist die CDU regelrecht ab- Landes- oder Kommunalebene her- Wahlverhalten zu analysieren. Nach gestürzt. Vor allem die jungen Frauen um, die meisten sind nirgendwo mit der Bundestagswahl 2005 konnte die zwischen 18 und 30 Jahren haben die Mandaten präsent. In einem Land, in Parteispitze diese Analyse noch ver- CDU verlassen, in Hessen waren es dem die sozialen Milieus in Auflö- drängen, man müsse sich voll auf die 25, in Niedersachsen 17,2 Prozent. sung begriffen sind, haben aber auch Das sei, so räumen CDU-Analytiker die etablierten Parteien zunehmend in Hannover ein, einigermaßen überra- Schwierigkeiten, ihre Stammwähler Das Problem unserer Zeit ist schend, denn Familienministerin von zu halten. Die Programme der im nicht, dass wir so viele Athe- der Leyen habe eifrig Wahlkampf in Bundestag vertretenen Parteien sind isten haben, sondern dass die ihrem ursprünglichen Stammland ge- entsprechend: Leere Phrasen und Christen so lau sind. macht und man habe damit gerechnet, Allgemeinplätze der Beliebigkeit. Georges Bernanos dass die CDU bei den hohen Popula- Sie sind weitgehend austauschbar. ritätswerten der Ministerin gerade in Markante, das heißt unverwechselba- diesem Segment eher zulege als ver- re Positionen vertreten eigentlich nur Es gibt keinen Wertewandel. liere. Der Einbruch sei nicht ganz er- die Linke und in Grenzen auch die Denn Werte können sich nicht klärbar, heißt es etwas ratlos. Auf die FDP. Deshalb sind auch Koalitionen wandeln. Was sich wandelt ist Idee, dass das mit der Familienpolitik unter den fünf Parteien de facto mög- das Bekenntnis zu diesen Wer- zu tun haben könnte, kommt kaum je- lich und auch verwirklicht. CDU und ten. mand, also dass die jungen Frauen, die Grüne bilden jetzt eine Koalition auf Otto von Habsburg in die Zukunft denken, das Spiel der Landesebene im Stadtstaat , betriebsfreundlichen Familienpolitik in Baden-Württemberg liebäugelt durchschauen und deshalb zum Bei- Ministerpräsident Öttinger damit, in spiel die Linke wählen, wo man ihnen Hessen blinzelt man sich schamhaft Kanzlerschaft konzentrieren, hieß ein Erziehungsgehalt sofort verspricht zu, will aber erst die Wunden des es. Nach Hessen, Niedersachsen und und nicht nur eine Lohnersatzleistung Wahlkampfs vernarben lassen, im Hamburg – in gewissem Sinn auch namens Elterngeld für ein Jahr oder Bund behält sich die CDU-Spitze Bayern – ist die Verdrängung nicht ein Betreuungsgeld in fünf Jahren, diese Option schweigend vor. mehr möglich. Die Verluste sind zu wenn die Kinder schon in die Schu- groß. Devisen wie „weiter so“ oder le gehen. Darauf kommen die Strate- Insgesamt stehen die Grünen der „auf die Kanzlerin kommt es an“ ver- gen nicht, der Wähler oder die junge SPD näher als der CDU. Deshalb fangen nicht mehr. Allerdings findet Wählerin vielleicht doch nachdenkli- ist eine Ampelkoalition aus SPD, das Nachdenken nur in kleineren Zir- cher ist, als die Wahlkampfstrategen Grünen und FDP nach den Wahlen keln und Fachkreisen statt, ansons- glauben. Gewiss gilt es viele Faktoren 2009 auch wahrscheinlicher als eine ten belässt man es vorwiegend beim zu berücksichtigen, aber der Faktor Jamaika-Koalition aus Union, FDP Dampfablassen in geheimen Klau- Familie bei den Wahlentscheidungen und Grünen. Die Frage ist, wieviele suren. Die öffentliche Debatte findet wird nach wie vor verdrängt. Dabei Stammwähler die beiden sogenann- nicht statt. gilt, was Benedikt XVI. schon mehr- ten Volksparteien noch binden und fach sagte: „Die Familie ist der Kern mobilisieren können. Die Umfrage- Sie wäre aber dringend nötig. aller Sozialordnung.“ Ihr wäre also daten geben dazu keine schlüssigen Denn eingebrochen ist die CDU bei nicht nur in der Verfassung, sondern Antworten. Sie sagen nämlich nichts den letzten Wahlen in katholischen auch in den Parteiprogrammen christ- aus über die Nichtwähler. Diese stel- Hochburgen wie Limburg und Fulda. licher Parteien Vorrang einzuräumen. len mittlerweile die größte Gruppe. Dass dies mit der Stammzelldebatte Vor allem bei den wertebewussten oder der Familienpolitik zu tun haben Familie ist ein Faktor, der zusam- Stammwählern der Union greift die könnte, nimmt man als Möglichkeit men mit anderen Faktoren zu Buche Ratlosigkeit um sich. Sie schlägt sich mal ins Kalkül. Nur in der Gruppe der schlägt. Er berührt die Lebensweise auch schon in Zahlen nieder. Die über 60jährigen konnten die Verluste und Lebensnähe der Menschen un- 146 DER FELS 5/2008 mittelbar. Es wäre deshalb interes- ihre Ministerin schon zur Ordnung als taktische Spielmasse betrachtet, sant zu prüfen, wo die jungen Frauen gerufen – mit Blick auf die CSU, die wer trotz vorhandener Möglichkei- nicht scharenweise abgewandert oder in dieser Frage hart blieb, schon weil ten nichts gegen Spätabtreibungen zuhause geblieben sind und das in drei Viertel der Wähler in Bayern für unternimmt, wer generell die Abtrei- Beziehung zu setzen zum örtlichen ein solches Betreuungsgeld eintre- bungsfrage ausklammert und noch Kandidaten und seiner Wahlkampf­ ten. Vermutlich ist es der Kanzlerin nicht einmal die demographische Si- thematik. Das geschieht natürlich ziemlich egal, ob Familien ein Be- tuation, also mathematische statt mo- nicht. Die Parteispitze will das The- treuungsgeld bekommen oder nicht, ralische Gründe heranzieht, um die ma Familie nicht in den Vordergrund sie denkt nicht ideologisch, weder Massentötung ungeborener Kinder rücken. Nach wie vor setzen Merkel im positiven noch im negativen Sinn. infrage zu stellen, wer nichts gegen und Co auf die urbanen Wechselwäh- Sie hat aber erkannt, dass sie in die- die von der Homo-Lobby in Brüssel ler, und die sind nach Vorstellung der ser Frage bei Huber und Beckstein propagierte Richtlinie zur Antidiskri- Wahlstrategen weiblich, alleinste- hend, kinderlos. Dass diese urbanen Wechselwähler sich bei Grünen oder SPD oder auch bei der FDP eher auf- gehoben und politisch beheimatet fühlen und deshalb nicht zur Union wechseln werden, andere aber wegen dieser Politik sich heimatlos fühlen und gar nicht mehr wählen werden, kommt den Strategen offenbar kaum in den Sinn.

Ähnlich bei den Beamten, eigent- lich einer klassischen CDU-Klientel. Die deutlichen Verluste bei Beamten in Hessen und Niedersachsen lassen sich auf die Streichungen von Ver- günstigungen oder auf die Einführung von Mehrarbeit zurückführen. Über- haupt wirkten Streichungen und Be- lastungen länger auf das Wahlverhal- ten nach, als man geglaubt habe. Auch hier kommt niemand auf die Idee, dass das auch bei den Familien (Strei- chung der Eigenheimzulage, Kürzung der Pendlerpauschale, Kürzung des Kindergeldes um zwei Jahre, Erhö- hung der Mehrwertsteuer, etc.) der Fall sein könnte, obwohl das in vielen Fällen, gerade bei jungen Familien, an auf Granit stößt. Das gäbe Streit und minierung unternimmt, auch wenn die Substanz geht. Diese Fakten und würde Punkte kosten, also gab sie der sie der Wirtschaft schadet, wer sich Umstände werden kaum thematisiert, Ministerin einen Wink, damit diese nicht gegen Urteile des Europäischen auch in den Medien nicht. Hier zeigt einlenkt ohne wirklich Zugeständ- Gerichtshofes zur totalen Gleichset- sich die Ferne der Politik und auch der nisse zu machen. zung von Homo-Partnerschaften mit meisten Medienleute zu der Wirklich- Merkel hat ihr Lager schon im der Ehe äußert, obwohl das eindeutig keit von Familien. Blick. Es bleibt ihr auch nicht ver- gegen die Verfassung verstößt, wer borgen, dass man an den Feuern die- generell nur von Werten redet, aber Das könnte sich rächen. Es wäre ses Lagers derzeit viele frustrierte politisch nichts für ihre Umsetzung fatal für die Union, wenn sie sich auf oder verzweifelte Gesichter findet, oder Lebendigkeit tut, der taugt nicht die Fehler der SPD verlassen wollte. die in die erkaltende Asche starren zur Zukunftgestaltung eines Landes. Zwar ist die Kanzlerin im Ansehen und nach einem Stückchen Glut su- Es ist nicht zu sehen, wie diese CDU- kaum zu schlagen. Aber es werden chen, das vom C übrig geblieben Führung, die für die kalte Asche ver- Parteien und ihre Programme ge- ist. Das ist die Tragik der Situation: antwortlich ist, mögliche Glutreste wählt, nicht das taktische Vermögen. Frau Merkel ist zu Recht die Kanz- noch entfachen könnte. Merkels taktisches Vermögen ist so lerin dieser Koalition. Denn dieses brillant wie ihr Profil flach. Dieses Zwangsbündnis ist ein Bündnis der Was also soll der verwaiste C- Verhältnis ist wie ein Bumerang. Profillosigkeit, und für die Führung Wähler tun? Macht ist kein Selbst- Natürlich denkt sie darüber nach, ob eines neuen Bündnisses mit pro- zweck, sie hat sich zu orientieren, sie die ideologischen Vorlieben der grammatischer Tiefe brächte sie wie Benedikt XVI. sagt, am Maß Familienministerin weiterhin decken wenig Glaubwürdigkeit mit. Wer der Gerechtigkeit. Solche Ansprüche soll. Beim Betreuungsgeld hat sie Familien und Stammzellforschung aber sucht man im Berliner Theater

DER FELS 5/2008 147 Honeymoon im Hamburger Hafen: Grün und Schwarz einigen sich – indem sie ihre Prinzipien über Bord werfen. derzeit vergeblich. Im Gegenteil, es Sie wird sich mit Sozialfragen, mit- Beispiel in Italien. Die Democrazia gibt Professoren und Richter, die hin der Gerechtigkeit in der Gesell- Christiana existiert nicht mehr, dafür über eine Klage nachdenken gegen schaft befassen. aber eine Reihe kleinerer christlich die einseitige Subventionierung des geprägter Mitte-Links-Parteien. Aus Krippensystems. Andere fragen sich, Aber selbst solche Anstöße oder den letzten Wahlen ragt eine beson- ob die Deutsche Bischofskonferenz Initiativen beantworten die Frage des ders hervor. Es ist die Unione di Cen- nicht mal in einem Hirtenbrief „mit heimatlosen Wählers nicht: Was soll tro. Sie hat ein geschätztes Potential brennender Sorge“ auf die totalitä- ich jetzt wählen? Er ist mit dieser Fra- von rund drei Millionen katholischen ren Tendenzen in der Familienpoli- ge nicht allein. In fast allen europäi- Wählern, ihr Präsident ist der Kultur- tik hinweisen oder die Diktatur des schen Ländern lösen sich christlich philosoph und Politiker Rocco Butti- Ökonomismus und die „totalitäre geprägte Volksparteien auf. Das Volk glione. Ihr Generalsekretär ist Piero Arbeitswelt“ anprangern sollte. Man der Wähler mag noch vorhanden sein, Cassini, er ist der eigentliche Macher. wird dafür im Moment keine Mehr- die Führungen der Parteien stehen Sie ist in der Opposition, dürfte aber heit finden. Vielleicht steigen die nicht mehr hinter den christlichen in den kommenden Jahren eine Rolle Chancen, wenn die dritte Enzyklika Vorgaben. In einigen Ländern hat spielen. Ihr Programm ist kohärent von Benedikt XVI. erschienen ist. sich die Volkspartei aufgelöst, zum christlich.

Die Abstimmung zur Stammzellenforschung am 11. April

Diese katholischen Mitglieder des Dautzenberg, Hubert Deittert, Alex- Hubert Hüppe, Andreas Jung (Kon- Deutschen Bundestags haben am ander Dobrindt, Thomas Dörflinger, stanz), Alois Karl, Bernhard Kaster, 11.04.2008 in der Frage der Em- Marie-Luise Dött, Maria Eichhorn, Julia Klöckner, Norbert Königshofen, bryonenverbrauchenden Stamm- Dr. Stephan Eisel, Dr. Hans-Georg Hartmut Koschyk, Dr. Herrmann Ku- zellforschung mit „NEIN“ ge- Faust, Ingrid Fischbach, Dr. Maria es, Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg), stimmt: Flachsbarth, Klaus-Peter Flosbach, Dr. Norbert Lammert, Paul Lehrie- Erich G. Fritz, Norbert Geis, Ralph der, Patricia Lips, Dr. Michael Lu- Von der CDU/CSU: Göbel, Josef Göppel, Peter Götz, Dr. ther, Friedrich Merz, Maria Michalk, Dorothee Bär, Norbert Barthle, Wolfgang Götzer, Ute Granold, Rein- Philipp Mißfelder, Hildegard Müller, Dr. Wolfgang Bauer, Ernst-Reinhard hard Grindel, Markus Grübel, Man- Stefan Müller (Erlangen), Bernward Beck (Reutlingen), Veronika Bell- fred Grund, Dr. Karl-Theodor Frhr. Zu Müller (Gera), Michaela Noll, Dr. Ge- mann, Clemens Binninger, Peter Guttenberg, Jürgen Herrmann, Ernst org Nüßlein, Eduard Oswald, Beatrix Bleser, Dr. Maria Böhmer, Wolfgang Hinsken, Klaus Hofbauer, Franz- Philipp, Daniela Raab, Peter Rauen, Bosbach, Georg Brunnhuber, Leo Josef Holzenkamp, Joachim Hörster, Klaus Riegert, Franz Romer, Johan-

148 DER FELS 5/2008 In Österreich etabliert sich eine die zum Beispiel klar gegen Abtrei- fügt derzeit über genügend Geld und andere Partei mit christlichem Pro- bung stehen und dagegen vorgehen, Personal, um bundesweit mit einem gramm. Die Partei nennt sich schlicht die Ehe und Familie Vorrang einräu- medialen Paukenschlag antreten zu „Die Christen-Partei (DCP)“, sie men vor anderen Lebenspartnerschaf- können und damit frustrierten Wäh- will bei den Tiroler Landtagswahlen ten. Die ChristenUnie­ kooperiert in lern die Aussicht auf eine Alternative am 8. Juni kandidieren. Bei der nie- Deutschland mit der Zentrumspartei. zu bieten, die die Fünf-Prozent-Hür- derösterreichischen Landtagswahl Deren Programm ist eindeutig: Ge- de überspringt. Dann hätten schon am 9. März hatte die Partei 8.537 gen Abtreibung (nicht nur formal), viele Wähler der Union den Rücken Stimmen (0,84%) erhalten und im- für Familie (mit konkreten Vorschlä- gekehrt. So ist der frustrierte Wäh- merhin genügend Kandidaten für gen zur Verbesserung der Situation ler auf programmatische Tröstungen die Wahlkreise aufstellen können. von Familien), für den in Artikel 6 angewiesen und auf die Hoffnung, Damit sind die Verantwortlichen GG ausgewiesenen Vorrang der Fa- die aus solchen Programmen für die fürs erste zufrieden. Andere christ- milie vor gleichgeschlechtlichen Zukunft erwächst. Aber auch Pro- liche Gruppierungen („Christliche Partnerschaften. gramme allein nützen nichts, man Wählergemeinschaft“ – CWG) ha- braucht auch das Personal, um sie ben weit weniger sammeln können. All diese Parteien sind auf euro- umzusetzen. Hier ruht vielleicht Selbst die „Christlich Soziale Alli- päischer Ebene in der ECPM (Eu- auch die Hoffnung mancher CDU- anz“ (CSA) mit Karl Habsburg an ropäische Christliche Politische Be- Stammwähler, dass mit einem an- der Spitze konnte bei der Europa- wegung) organisiert. Die ECPM ist deren Personal das Programm der wahl 1999 in Niederösterreich nur keiner der Gruppen im Europäischen CDU wieder mehr Konturen bekä- 9.476 Wähler für sich mobilisieren, Parlament angeschlossen. Grundlage me. Denn das beste Programm nützt obwohl sie über einen sehr bekann- der Bewegung ist, wie auf der Inter- nicht viel, wenn die Spitze der Partei ten Spitzenkandidaten, prominen- netseite nachzulesen ist, die Bezie- es nicht in gewissem Sinn durch die te Unterstützung, wesentlich mehr hung des Menschen zu Gott und zu eigene Lebenshaltung verkörpert. Geld und viel mehr politische Er- den anderen Menschen. Mittlerweile Solange das nicht gegeben ist, kann fahrung verfügte. beteiligen sich Parteien aus 15 Län- man es Stammwählern nicht verden- dern an dieser 2002 aus der Taufe ge- ken, dass sie gar nicht wählen oder In den Niederlanden hat sich be- hobenen Bewegung. sich solange für eine der kleinen reits aus der Asche der früheren Parteien entscheiden, mit denen sie christlichen Parteien ein Phönix na- Man kann mit dieser Bewegung sich eher identifizieren können. Ob mens ChristenUnie erhoben. Sie ist an der Basis durchaus Hoffnungen sie da eine definitive Heimat finden seit 2006 an der Regierung beteiligt verbinden. Natürlich beantwortet ist ungewiss. Das gibt es in der Po- und stellt auch einige Minister und auch sie nicht die Frage des hei- litik nicht, in keiner Partei. Schon einen stellvertretenden Ministerprä- matlos gewordenen Wählers. Aber deshalb sollten sich die fünf Etab- sidenten. Ein Ziel ist der Zusammen- auf diese Frage gibt es vermutlich lierten nicht so sicher wähnen. Die schluss christlicher Parteien in Euro- keine bündige Antwort. Keine der nächste Wahl (-enthaltung) kommt pa. Als solche sieht man Parteien an, kleinen Parteien in Deutschland ver- bestimmt. q

2008 ist ein schwarzer Tag für das Recht auf Leben.

nes Röring, Kurt J. Rossmanith, Dr. Von der SPD Von der FDP Christian Ruck, Anita Schäfer (Saal- Sabine Bätzing, Wolfgang Gun- Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund stadt), Herrmann-Josef Scharf, Karl kel, Michael Hartmann, Karin Korth­ Peter Geisen, Hans-Michael Gold- Schiewerling, Dr. Andreas Schocken- mann, Dr. Wolfgang Thierse, Mari- mann, hoff, Bernhard Schulte-Drüggelte, anne Schieder, Bernhard Brinkmann Kurt Segner, Thomas Silberhorn, (Hildesheim), Andrea Nahles, Engel- Johannes Singhammer, Jens Spahn, bert Wistuba. Von der Partei Die Linke Lena Strothmann, Heinz-Peter Thul, Ulrich Maurer, Kornelia Möller Antje Tillmann, Dr. Hans-Peter Uhl, Andrea Astrid Voßhoff, Peter Weiß Vom Bündnis 90/Die Grünen Wenn Sie mit diesen aufgeführten (Emmendingen), Gerald Weiß (Groß- Hans Josef Fell, Peter Hettlich, Abgeordneten Kontakt aufnehmen Gerau), Willy Wimmer (Neuss), Eli- Ulrike Höfken, Dr. Anton Hofreiter, wollen, so lautet die Anschrift: Deut- sabeth Winkelmeier-Becker, Wolf- Markus Kurth, Dr. Gerhard Schick, scher Bundestag, Platz der Republik gang Zöller, Willi Zylajew. Josef Philip Winkler, 1, 11011

DER FELS 5/2008 149 ie 68er Revolution ein „Epo- Hubert Gindert: chebruch“? In diesem Jahr Dwird in der Bundesrepublik Deutschland an die Ereignisse der 68er Kulturrevolution erinnert. Dies geschieht teilweise mit so wohlwollen- Die 68er Revolution – ein den Formulierungen wie „nicht heroi- sieren und nicht verteufeln“ oder „das „Epochenbruch“ Janusgesicht von 1968“ (Ac a d e m i a 2/08). Das sind wohlwollend-neutrale Formulierungen, die dem Geschehen und seinen Folgen in keiner Weise ge- recht werden. Sie berücksichtigen eher die Tatsache, dass die 68er in allen Be- sinn! Schon in den 70er Jahren, sprach Diekmann, Chefredakteur der BILD- reichen des gesellschaftlichen Lebens, man vom „Marsch“ durch die Instituti- Zeitung, war 68 ein „Epochenbruch in besonders in den Medien, Fuß gefasst onen, den die 68er anträten. Natürlich Richtung Egozentrik, Mittelmaß und haben. haben sich die 68er nicht in Luft aufge- Faulheit“. Der „Wertewandel“ wurde In der Erinnerungsverklärung wird löst, sondern sind in den Institutionen, bereits mit den Folgen der Emanzipati- gern gefaselt, die 68er hätten wichtige besonders im Schul-, Ausbildungsbe- on angesprochen. Die ökologische Be- Reformen in Gang gesetzt und das Tor reich und in den Massenmedien unter- wegung der Grünen hatte nicht nur den zu mehr Freiheit in allen gesellschaft- gekommen. Ihre Arbeit ist erfolgreich Umweltschutz zum Ziel. Sie hatte von lichen Bereichen aufgestoßen. Spiegel gewesen und zwar bis in die kirchli- Anfang an eine radikale Änderung der und Stern meinen 1968 sei ein „Epo- chen Institutionen hinein. Wer das ge- Gesellschaft im Auge. Die Aussage von chebruch für Toleranz, Zivilcourage, nauer wissen möchte, der braucht nur Kardinal Frings, die Grünen seien eine Gleichberechtigung und Menschlich- die Bildungsprogramme und Info-Bro- für Katholiken nicht wählbare Partei, keit gewesen“ (Ac a d e m i a 2/08, S. 92). schüren der 70er und 80er Jahre, z.B. hatte nicht mit dem Umweltschutz zu Richtig ist, was Daniel Cohn-Bendit, von katholischem Landvolk, CAJ, den tun. Wenn das manche nicht bemerkt einer der Anführer der 68er Bewegung katholischen Hochschulgemeinden haben, liegt das nur daran, dass sie das von Paris, in diesem Zusammenhang und weiteren Mitgliedsorganisationen Parteiprogramm der Grünen nicht ge- geäußert hat: Politisch waren wir nicht des Bundes der Deutschen Katholi- lesen haben. Die Grünen sind die Vor- sehr erfolgreich, wohl aber kulturell. schen Jugend (BDKJ) in die Hand zu kämpfer einer „anderen Gesellschaft“ Die neomarxistische Propaganda fand nehmen. Er wird fündig werden. geblieben. Ihre Vorstellungen z.B. zu Anklang in den Hochschulen, außer- Der „Erfolg“ der 68er an den Hoch- Sexualität, Ehe und Familie, „Homo- halb war die Resonanz gering. Wer schulen hat auch damit zu tun, dass ehe“ zeigen das deutlich. Die prakti- hätte schon das Soziologenchinesisch viele Professoren sehr rasch vor den sche Relevanz dieser 68er greift weit eines Rudi Dutschke, des Idols der 68ern eingeknickt sind und ihnen das über die Partei hinaus, weil sie in den 68er, verstanden, wenn er z.B. sagte: Feld an den Hochschulen überlassen Massenmedien so stark verankert ist. „Der städtische Guerillero ist der Or- haben. Es gab Ausnahmen. Die hat- „Nach einer Untersuchung der Univer- ganisator schlechthinniger Irregularität ten es dafür umso schwerer. Der Weg- sität Hamburg vom Juni letzten Jahres als Destruktion des Systems der re- gang von Prof. Ratzinger von Tübin- zur ‚Parteineigung von Journalisten’ pressiven Institutionen.“ gen hatte sicher nicht mit mangelnder bekennen sich 35,5% der Medienleute Kulturell waren die 68er mit ihren „Dialogfähigkeit“, sondern mit der zu den Grünen, 26% zur SPD und nur Parolen von der Emanzipation von al- Brutalität der Auseinandersetzung an 8,7% zur CDU und 6,3% zur FDP. 4% len Zwängen, Bindungen und Normen vielen Hochschulen zu tun. Natürlich geben ‚andere’ und knapp ein Fünftel zweifellos erfolgreich. Die praktische gab es an den Hochschulen Reformbe- geben ‚keine Partei’ an“ (Tagespost Bedeutung der 68er zeigt sich heute darf und auch mangelnden Willen bei 1.4.2008). gewissermaßen im letzten Dorf, wenn Hochschulleitungen die notwendigen wir nur an die Bindungsunwilligkeit Schritte aufzugreifen. Den 68ern ging Was ist zu tun? denken und an die brüchig gewordene es aber nicht um diese Reformen. Sie Nach den Verwüstungen, die die Fähigkeit, Probleme durchzustehen. hatten eine „andere Gesellschaft“ und 68er Kulturrevolution im Bewusstsein Wir erleben junge Leute, die keine einen „anderen Staat“ im Visier. der Menschen angerichtet hat, geht es eheliche Bindung mehr eingehen wol- „Was ist geblieben?“ fragt Prof. Dr. darum, die Voraussetzungen für eine len, Eheleute, die sich aus dem „Ehe- Wolfgang Bergsdorf (Ac a d e m i a 2/08, Zukunft zurückzugewinnen: Religiös, zwang“ verabschieden oder sich nicht S. 89). Er weist darauf hin, „dass da- spirituell, in Erziehung und Schule, in mehr „zutrauen“ Kinder aufzuziehen. mals die später so genannten »neuen Staat und Wirtschaft. Man könnte diese Negativreihe fortset- sozialen Bewegungen« entstanden. Der Kongress „Freude am Glauben“ zen. Wie konnte es zu diesem Massen- Die Ökologische Bewegung der Grü- 2008 steht unter dem Motto „Mit der phänomen kommen? nen erlebte ihre Formierungsphase, Kirche Zukunft gestalten“. Nicht eine Es wird heute mit Rückblick auf die »antiautoritäre Erziehung« wurde „neue“, vage und diffuse Religiosität 68er gerne beruhigend angemerkt, die damals massenhaft proklamiert … hilft weiter, nur die Lehre der Kirche Probleme würden sich jetzt, da die 68er Viele Forscher haben das Jahr 1968 mit ihrer konkreten Botschaft gibt uns in das Rentenalter eintreten, gewisser- als den Beginn eines entscheidenden für einen Neubeginn Orientierung und maßen biologisch lösen. Das ist Un- Wertewandels identifiziert“. Für Kai echte Hilfen. q 150 DER FELS 5/2008 Pfarrer Edmund Dillinger:

Padre Pio – der beliebteste Heilige Italiens

Zur Exhumierung des Heiligen

m 2. März 2008 hatte ich die der Vatikanischen Kongregation für Bei der Zeremonie am Abend des große Gnade, bei der Exhu- die Selig- und Heiligsprechungen 28. Februar in der Krypta der Kir- Amierung des hl. Pater Pio in wird der Leichnam des heiligen Pio che Santa Maria delle Grazie wurde San Giovanni Rotondo anwesend zu von Pietrelcina zur kanonischen Re- nach Verlesung der Dokumente – es sein. kognition exhumiert.“ Hierauf er- waren eigens fünf Zeugen der Bei- folgte in der vollbesetzten Kirche ein setzung vom 26. September 1968 Um 20.00 Uhr bewegte sich eine lang anhaltender stürmischer Beifall. dazu bestellt worden – der große große Lichterprozession vom Zent- Monolith aus grünem Marmor, der rum des Ortes San Giovanni Roton- Der Erzbischof erklärte sodann den Sarkophag bedeckte, gehoben. do mit brennenden Kerzen die An- den Gläubigen den Zweck dieser Die kurze Zeremonie endete mit höhe hinauf zum Kapuzinerkloster, Entscheidung des Kapuzinerordens, dem Segen des Erzbischofs und dem wo Padre Pio bis 1968 gelebt und der den Antrag an die römische Kon- Singen des ‘Salve Regina’. segensreich gewirkt hatte und wo er gregation gestellt hatte. Es sollen die seither begraben liegt. Im Gebet harr- sterblichen Überreste des hl. Pater Die Abendzeremonie des 2. März ten mehrere hundert Gläubige vor der Pio auf ihren Zustand nach 40 Jah- dauerte länger. Sie begann um 22.00 verschlossenen Kirche aus, um auf ren untersucht werden. Es sollen alle Uhr. Zuerst wurde unter Vorsitz des das Ergebnis der Untersuchungen zu geeigneten Verfahren durchgeführt Erzbischofs das Beviergebet der Le- warten, die für diesen Abend ange- werden, um eine bestmögliche Kon- sungen (Matutin) verrichtet, sodann kündigt worden waren. Die Öffnung servierung des Körpers des Heiligen wurden das Schreiben der Selig- des Sarkophages war schon am 28. zu gewährleisten. Wörtlich sagte der und Heiligsprechungskongregati- Februar erfolgt und die Einsetzung Erzbischof: „Es ist unsere Pflicht, on und das Dekret des Erzbischofs eines Tribunals durch den Erzbischof auch den kommenden Generationen sowie die Autorisierung der Zivil- von Manfredonia, Mgr. Domenico die Möglichkeit zu geben, die sterb- behörde verlesen. Sodann sprach Umberto D’Ambrosio vorausgegan- lichen Überreste des Heiligen Pio der Provinzial der Kapuziner, Pater gen, der gleichzeitig Apostolischer von Pietrelcina zu bewahren und zu Aldo Brocato. Er sagte: In erster Delegat des Heiligen Stuhles für das verehren.“ Linie drückt diese Exhumierung die Heiligtum von S. Giovanni Rotondo und das Werk von Pater Pio ist. Das Tribunal unter dem Vorsitz des Erzbi- schofs ist zusammengesetzt aus dem Kapuzinerpater Francesco Colacelli in der Rolle des Delegaten des Erzbi- schofs, dem Priester Michele Nasu- ti aus dem Diözesanklerus mit dem Auftrag des Promotor Iustitiae und Pater Francesco Dileo als Notar.

Der für S. Giovanni Rotondo zu- ständige Erzbischof von Manfredo- nia hatte allen Spekulationen und Gerüchten ein Ende gesetzt, indem er am Ende der hl. Messe zum Drei- königsfest (6. Januar 2008) in der Kirche Santa Maria delle Grazie ver- kündete: „Aus Anlass des 40. Jahres- tages seines Todes, nach Erhalt der vorgeschriebenen kirchlichen Voll- machten und der Zustimmung der höchsten Oberen des Ordens, verse- hen mit dem diesbezüglichen Dekret Pater Pio feierte die hl. Messe immer mit großer Konzentration und Hingabe. DER FELS 5/2008 151 Gefühle tiefster Menschlichkeit aus, dreifachen Sarg aus Metall, Holz Nachts um 2.00 Uhr kam Erz- die unsere Provinz schon immer ge- und Zink herausgehoben und haben bischof D’Ambrosio auf den Platz genüber unserem berühmten Sohn ihn in den Ostteil der Krypta getra- vor der Kirche und verkündete vor gehegt hat, der seine Provinz so sehr gen. Es wurde dann die Unversehrt- laufenden Fernsehkameras den noch geliebt und ihr so viel geschenkt und heit der sechs Siegel vom 26. Sept. zahlreich anwesenden Gläubigen für sie gelitten hat. Dieses Ereignis 1968 vom Erzbischof, dem Notar und den Journalisten die Öffnung zeigt immer mehr das Zeichen unse- und dem Promotor Iustitiae festge- des Sarkophages und erklärte den res Glaubens an die Gemeinschaft stellt, bevor sie aufgebrochen und Zustand des Leichnams. der Heiligen, an die Auferstehung entfernt wurden. Um 23.30 Uhr ha- des Fleisches und an das ewige Le- ben der Erzbischof, der Ordensge- In den folgenden Wochen haben ben. Während wir von Nahem die neral und der Provinzial den Deckel Experten den Leichnam konserviert. sterblichen Überreste des hl. Pater des Sarges geöffnet und haben eine Er wurde dann in einem Glassarko- Pio anschauen können, der uns lieb erste Feststellung über den Zustand phag beigesetzt und ist seit dem 24. und teuer ist, muss sich unser Blick des Körpers des Heiligen dokumen- April in der Krypta am gewohnten nach oben richten zum Licht des Le- tiert: Der Schädel und die oberen Platz, wo er 40 Jahre lang begraben bens bei Gott, das sich in Christus Teile sind teilweise skelettiert, die war, zur Verehrung ausgestellt. in seinem Tod und in seiner Aufer- übrigen Teile können einer Behand- Pater Pio ist auch für uns Deut- stehung gezeigt hat.“ lung der Konservierung unterwor- sche ein Helfer in großen Notlagen, fen werden. Es wurde festgestellt, viele Pilger haben seine fürbittende Nach der Lesung eines Abschnitts dass sich im Sarkophag eine große Hilfe am Throne Gottes schon er- aus dem 1. Petrusbrief und zwei- Feuchtigkeit angesammelt hatte. fahren. q er Briefe des Pater Pio wurden die vier Zementträger entfernt, die den Der Erzbischof hat dann den Information und Anmeldung: Abschluss des Grabes bildeten, Leichnam beweihräuchert, während 0039-0882-417500 oder über das Re- worauf das Datum des Begräbnis- das ‘Te Deum’ gesungen wurde. An- daktions-Büro der Zeitschrift „Die ses 26/9/1968 eingraviert war. Um schließend wurde die Allerheiligen- Stimme Padre Pios“, Frau Wagen- 23.19 Uhr haben acht Fratres den litanei gesungen. sommer: Tel. 0039-0882-418304

Pater Pio bei einer seiner unzähligen Ansprachen an die Gläubigen

152 DER FELS 5/2008 bei einem politischen Mandat, bei Christen warten auf Auf dem es um „Gemeinwohl“ geht, kein eine neue Partei Hinderungsgrund zu sein. dem Ob der 23jährige, der bisher weder Nach den Bürgerschaftswahlen im Gemeinderat noch im Kreistag war, in Hamburg war in der Frankfurter „für einen echten Neuanfang“ sorgen Allgemeinen Zeitung vom 26.2.2008 Prüfstand kann, wird sich bald zeigen, vor allem ein Artikel abgedruckt, der die Frage auch, was das für ein Neuanfang sein stellt: „Wozu noch CDU?“ Es war wird. Ob ein offen Schwuler das not- eine nüchterne Analyse. Sie stellt die wendige Verständnis für die Belange Frage nach der politischen Zukunft der der Familien, z.B. für Kindergarten CDU. Christen interessiert dabei vor und familienfreundliche Einrichtun- allem, ob ihre Wertvorstellungen in gen haben wird, darf jedenfalls be- dieser Partei noch einen Platz haben. zweifelt werden. Welche Akzente Schließlich erleben sie seit Jahren, Wertvorstellungen noch die Ausrich- der neue Bürgermeister in der Kul- wie – von Sonntagsreden abgesehen – tung und auch die praktische Politik turpolitik, z.B. in der gemeindlichen christliche Grundüberzeugungen die mitbestimmt haben. Utopisch wären Volkshochschule oder in der Gemein- z.B. mit Familie, Kindererziehung, solche Wunschvorstellungen nicht, debücherei setzen wird, kann span- Lebensschutz, etc. zu tun haben, in wenn sich für eine solche Partei profi- nend und interessant werden. Aber, der praktischen Politik immer mehr in lierte Männer und Frauen fänden, die wie gesagt, Bodenmais, jedenfalls die den Hintergrund gerückt werden. in der Lage sind, ein Parteiprogramm Mehrheit der Wahlberechtigten, sehen Unter den vielen Ergebnissen der zu formulieren, das die Anliegen der dem „Neuanfang“ mit „Gelassenheit“ Recherchen und ihrer Interpretatio- Christen aufgreift. Das reicht aber entgegen. nen im FAZ-Artikel, findet sich auch noch nicht, weil im Medienzeital- Das Kooridinatensystem der Werte eine, die Christen aufhorchen lässt, ter außerdem die Mittel aufzutreiben hat sich weit verschoben. Der werte- so z.B. die Aussage: „Unter den 50- sind, um einen flächendeckenden verfall hat die Provinz längst erreicht. bis 59-jährigen sagen heute noch 30 Wahlkampf zu führen. Der niederbayerische JUSO-Be- Prozent, dass ihnen die christliche Kardinal Meisner hat in den ver- zirksvorsitzende kommentierte das Er- Orientierung einer Partei wichtig sei; gangenen Jahren schon mehrfach der gebnis der Stichwahl vom 16.03.2008 bei den 16- bis 25-jährigen sind weit CDU geraten, das „C“ im Parteina- mit den Worten: „Wahnsinn. Super. weniger als 10 Prozent dieser Ansicht. men wegzulassen, denn was drauf- Welch ein Tag!“ Da mag er Recht ha- Insofern muss die CDU auf Gebote steht, sollte auch drinnen sein. ben. Wäre es aber nicht doch höchs- und Mahnungen des institutionalisier- Hubert Gindert te Zeit, vom „Wahnsinn“ wieder zur ten Christentums nicht mehr beson- Vernunft, und von der „Gelassenheit“ ders viel Rücksicht nehmen – und sie zur tätigen Verantwortung zurückzu- tut es auch nicht.“ Die Debatte um die „Wahnsinn. super. kehren? Hubert Gindert verbrauchende Embryonenforschung Welch ein Tag“ ? und die Stichtagsregelung ist ein ak- tuelles Beispiel dafür. Die Augsburger Allgemeine Zei- Die o.a. Feststellung der FAZ zeigt tung schrieb unter der Überschrift Billiger Nachtarock auch, wie sich das Koordinatensys- „Jung, evangelisch, schwul“ u.a. tem der Wertvorstellung der Bevöl- „Berlin hat Klaus Wowereit, Hamburg Der frühere Bundespräsident kerung verschoben hat. Damit steht hat Ole von Beust und Bodenmais im Roman Herzog ist für seine marki- eine große Volkspartei, wie die CDU, Bayerischen Wald hat künftig Micha- gen Sprüche bekannt. Wir erinnern die Mehrheiten erringen will, vor ei- el Adam: Der 23jährige hat es nicht uns noch gut an seine „Ruckrede“, nem Dilemma. Die Versuchung, sich nur geschafft, den seit 18 Jahren am- die nichts bewirkt hat. Seine letzte dem Trend anzupassen, den Leuten tierenden Fritz Wühr (CSU) abzulö- Sprachschöpfung heißt „Rentnerde- nach dem Mund zu reden, ist groß. sen… Adam verblüfft vor allem, weil mokratie“. Dazu zählen Sätze wie Die CDU passt sich an. Die Christen er entwaffnend offensiv mit seinem „Die Älteren werden immer mehr, wissen also, wie sie dran sind. Sie ste- Privatleben umgeht. ‚Ich bin alles, und alle Parteien nehmen überpropor- hen bei den nächsten Wahlen wieder was man in Bodenmais nicht sein darf tional Rücksicht auf sie. Das könnte einmal vor der Frage: Das „kleinere – jung, evangelisch und offen schwul’, am Ende in die Richtung gehen, dass Übel“ oder überhaupt nicht zur Wahl erklärte er gestern“. die Älteren die Jüngeren ausplün- zu gehen. Eine wachsende Zahl macht Offensichtlich darf man das alles dern“. (Augsburger Allgemeine Zei- letzteres. Deswegen sind manche der in Bodenmais. Jedenfalls nimmt die tung, 12.04.2008) Meinung, in der zunehmenden Zahl Mehrheit des 3400 Einwohner zäh- Der Altbundespräsident nimmt die der Nichtwähler müssten die 5% ste- lenden Ortes daran keinen Anstoß. außerplanmäßige Rentenerhöhung cken, die eine neue Partei mit christli- Das zeigt, was sich im Land verändert der Bundesregierung zum Anlass, cher Orientierung braucht, um im po- hat. In Bodenmais, so heißt es im AZ- um auf eine Entwicklung hinzuwei- litischen Spiel von Bedeutung zu sein. Bericht, „herrscht Gelassenheit ob des sen, die nicht mehr aufzuhalten ist, Nach dieser Meinung müsste eine ‚anderen’ Bürgermeisters“. nämlich an die Überalterung unserer solche Partei zu den Ursprüngen der Dass der neue Bürgermeister von Gesellschaft und die sozialen Folgen, Union zurückkehren, als christliche Bodenmais „evangelisch“ ist, braucht die sich zwangsläufig daraus ergeben.

DER FELS 5/2008 153 Jürgen Marks schreibt in einem Leit- und seine Stimme dagegen erheben. wird mit der gleichen Argumentation artikel (AZ 12.4.2008) davon, wenn Er hat es nicht getan. in wenigen Jahren erneut eine Ver- er sagt: „Doch in der Debatte geht es Wenn der Altbundespräsident jetzt schiebung notwendig werden. längst nicht mehr darum, ob die Al- gegen eine Rentenerhöhung polemi- Das Abstimmungsergebnis öffnet tersbezüge um 0,5 oder 1,1 % erhöht siert, die nicht einmal den Inflations- die Schleusen noch weiter für ein werden. Es geht um einen Krieg der ausgleich herstellt, d.h. die Senkung Machertum ohne Rücksicht auf den Generationen… An der demographi- des Lebensstandards der älteren Ge- grundgesetzlichen Schutz des Lebens schen Ausgangssituation ist nichts zu neration nicht aufhält, dann werden und auf die menschliche Würde, zum rütteln. Daran sind wir selbst schuld manche denken: „Der hat bei seinem „Fortschritt“ ohne Moral. Es ist ein weil wir seit Jahren zu wenige Kinder Einkommen gut reden“. Im Übrigen Zeichen von Arroganz, wenn sich bekommen haben. Die über 60jähri- gibt es in dieser Republik auch eine demokratische Mehrheiten anmaßen, gen stellen in etwa über 10 Jahren die große Zahl von Menschen, die sich über das vorrangige Grundrecht auf Mehrheit der Wahlbevölkerung – min- mit kleinen Renten durchschlagen Leben zu befinden. Für die Humanität destens 30 Mio. Rentner sind es dann. müssen. Der Altbundespräsident hätte ist der 11. April 2008 ein schwarzer Sie werden die Parteien dominieren bei dieser Gelegenheit auch etwas zu Tag, der für die Zukunft Schlimmes und in den gesellschaftlichen Verbän- den Ursachen der Misere zu den Po- befürchten lässt. Denn offensicht- den die Richtung bestimmen“. litikern sagen können, nämlich, dass lich wissen die Politiker mehrheitlich Die fehlenden Kinder bedeuten nur eine stärkere Förderung der Fa- nicht, wann menschliches Leben be- eben wenige Zahler für die Sozial- milien mit Kindern die Entwicklung ginnt und dass es zu schützen ist. systeme, weniger Familien mit Kauf- langfristig mildern kann, damit es Von den 608 abstimmenden Abge- kraft, weniger unternehmerische nicht zum „Krieg der Generationen“ ordneten des Deutschen Bundestags junge Menschen, die investieren und kommt. Hubert Gindert bezeichnen sich 212 (34,9 %) als be- Erfindungen in marktgängige Produk- kenntnislos bzw. machen keine Anga- te umsetzen, die das Sozialprodukt ben zur Religionszugehörigkeit, 207 mehren. Die demographische Ent- Ein schwarzer Tag (34,0 %) geben „evangelisch“, 186 wicklung ist seit langem bekannt. Nur (30,6 %) „katholisch“ an. 3 Abgeord- die Politiker, die in immer größerer Der Deutsche Bundestag hat am nete sind Moslems. Zahl selber keine Familien mit Kin- Freitag, den 11. April 2008 beschlos- Hinsichtlich des Abstimmungser- dern haben, haben daraus nicht die sen, den Stichtag für den Stammzell­ gebnisses interessiert vor allem das notwendige Schlussfolgerung gezo- import vom 1. Januar 2002 auf den 1. Votum jener Partei, die das „C“ in gen, nämlich die Förderung der Fami- Mai 2007 zu verschieben. Von den 608 ihrem Namen trägt, insbesondere das lien mit Kindern. Schließlich hat auch anwesenden Abgeordneten stimmten der Katholiken, für die die Morallehre der ehemalige Bundespräsident Ro- 346 für das neue Datum, 228 votierten der Kirche verpflichtend ist. man Herzog, wohl aus Gründen der dagegen, 34 Abgeordnete gaben ihre Von den Abgeordneten der CDU/ politischen Korrektheit, nicht darauf Stimme nicht ab bzw. enthielten sich. CSU votierten 113 gegen eine Ver- hingewiesen, dass wir deswegen zu Die große Mehrheit für die Ver- schiebung des Datums für den Stamm- wenig Kinder haben, weil alljährlich schiebung zeigt, dass die Stimme der zellimport, 102 dafür, 8 enthielten sich zwischen 250.000 – 300.000 Kinder katholischen Kirche und die leiden- der Stimme. Die 132 Katholiken der im Mutterleib getötet werden. Diese schaftlichen Appelle einiger Bischöfe Union stimmten zu rd. zwei Dritteln Kinder fehlen uns. bei den Politikern nur ungenügende (87) mit „Nein“ und ca. einem Drittel Die heutige Abtreibungsregelung Beachtung gefunden haben. Dabei (41) mit „Ja“, vier enthielten sich der wurde in jeder Zeit beschlossen und ist anzumerken, dass der eigentliche Stimme. Bei den Protestanten war die- umgesetzt, als Roman Herzog Bun- „Sündenfall“ mit der Genehmigung ses Verhältnis umgekehrt: zwei Drittel despräsident war (1994 bis 1999). Sie der „verbrauchenden“ Embryonen- (57) stimmten für die Verschiebung hat bekanntlich das Tor zur sozialen forschung, nicht mit der Frage der des Stichtags, etwa ein Drittel (26) Indikation und zur rechtswidrigen Verschiebung des Stammzellimports, war dagegen. aber straffreien Abtreibung aufgesto- seinen Anfang nahm. Wenn zur Be- Das unterschiedliche Abstim- ßen. Viele Christen hatten damals ge- gründung für die Verschiebung an- mungsverhalten zwischen Katholiken hofft, Bundespräsident Herzog würde gegeben wird, man brauche für die und Protestanten und der Unionsab- dieses Gesetz nicht unterschreiben Forschung „jüngere“ Stammzellen, so geordneten insgesamt darf nicht da- rüber hinwegtäuschen, dass der Le- bensschutz bei den Abgeordneten mit dem „C“ nicht in sicheren Händen ist. Das wird hier deutlich. Das gilt auch radio horeb K-TV für die Abtreibungsregelung. Und wie wird es bei einer Abstimmung über die aktive Sterbehilfe bzw. Euthana- radio horeb - HÖRERSERVICE K-TV Deutschland - Information: sie sein? Die Entwicklung zeigt: Wir Postfach 1165 Kapellenweg 7a, stehen vor immer neuen Bedrohungen D- 87501 Immenstadt D-88145 Opfenbach, des menschlichen Lebens – und die Tel + Fax: 0700 - 75 25 75 25 Tel.: 08385/922-463 Christen, nein die Menschen, haben Email: [email protected] Email: [email protected] keinen verlässlichen politischen Part- Home: www.horeb.org www.K-TV.at ner mehr. Hubert Gindert

154 DER FELS 5/2008 wie der Kommunismus, der Kapitalismus Für ein Pilgerzentrum in Tarsus Zeit und auch der Feminismus haben ein äu- ßerst großes Interesse an der zufälligen Papst Benedikt XVI. hat für die Zeit vom Entwicklung des Lebens, denn dadurch 28. Juni 2008 bis zum 29. Juni 2009 ein im tritt der Mensch selbst an Gottes Stelle Paulus-Jahr ausgerufen. Die „Katholi- und meint, über andere nach Gutdünken sche Sonntagszeitung“ vom 5./6.April Spektrum verfügen zu können. Gott sei Dank fin- 2008 brachte dazu ein Gespräch mit den sich immer mehr Wissenschaftler dem Historiker Michael Hesemann, der und Persönlichkeiten aus Kirche und Leben und Wirken des Völkerapostels in Welt, die mit kritischem Verstand die jahrelanger Arbeit erforscht und seine Evolutionstheorie eines Darwin auf ihre Erkenntnisse in einem Buch niedergelegt Umsetzbarkeit überprüfen. hat („Paulus von Tarsus – Archäologen Die Gewissheit, dass der dreifalti- auf den Spuren des Völkerapostels“, ge Gott jeden einzelnen Menschen seit ISBN 978-3-86744-024-0). Zu dem Vor- Ewigkeit in Liebe erdacht, geplant und schlag von Kardinal Meisner, in der Hei- ihn erschaffen hat, erfüllt mich mit einer matstadt des Apostels, nämlich in Tarsus, tiefen, dankbaren Freude und motiviert nahe dem bekannten Urlaubsort Antalya haben sogar einige Katholiken nur ein mich, wie so viele von Ihnen, immer in der heutigen Türkei, ein Pilgerzen- begrenztes Verständnis von Humanae wieder neu zum Schutz der Ungebore- trum zu errichten, sagte Hesemann in vitae und sehen die Enzyklika nur als nen – dieser kleinen Lieblinge unseres dem Gespräch: „Verbot“ künstlicher Verhütungsmittel Schöpfers – beizutragen. Das ist eine wunderbare Initiative, an. Die Herausforderung, der sich die denn ein solches Pilgerzentrum ist längst Kirche gegenübersieht, besteht darin, überfällig. Es gibt in Tarsus nicht einmal den Menschen zu helfen, die christliche Entschiedener Widerstand gefordert eine Kirche. Die Kapelle, die über sei- Sicht der Sexualität in ihrer Fülle zu er- nem Geburtshaus errichtet wurde, dient fassen. Es handelt sich hier nicht nur um Nach einem Urteil des Europäischen heute als Museum. Tarsus liegt am Mit- eine Liste von Dingen, die zu tun oder Gerichtshofes für Menschenrechte darf telmeer, ist von Antalya aus erreichbar unterlassen sind, sondern um eine schö- gleichgeschlechtlichen Paaren das Ad- und damit auch touristisch interessant, ne und umfassende Lehre, die uns mit optionsrecht für Kinder nicht verwehrt was die türkische Regierung erkannt hat. Gottes Plan für die menschliche Person werden, weil dies einer „Diskriminie- Immerhin fanden hier in jüngster Zeit so- in Berührung bringt und letztlich zum rung“ ihrer geschlechtlichen Orientie- gar Ausgrabungen statt. Außerdem wäre Glück führt. Wir müssen so mutig sein zu rung gleichkäme. – In der katholischen es den Christen gegenüber ein Zeichen sagen, dass die Lehre in Humanae vitae Zeitung „Die Tagespost“ kommentierte des guten Willens: Nachdem bei uns gemeinsam mit der reichhaltigen „Theo- der Soziologe Johannes Schwarte dieses die Moscheen wie Pilze aus dem Bo- logie des Leibes“, die Papst Johannes Urteil (1.4.2008, S.9; Dominikanerplatz den schießen, ist doch die Bitte um eine Paul II. entwickelt hat, zu der „Frohen 8, D-97070 Würzburg). christliche Kirche in der Türkei nicht zu Botschaft“ gehört, welche die Kirche der viel verlangt. Wenn Ministerpräsident Welt zu verkündigen hat. (…) Dies muss alle wachrütteln und Tayipp Erdogan die Zukunft der Tür- zum entschiedenen Widerstand heraus- kei in der EU sieht, dann hat er hier die fordern, die um die Bedeutung der Fa- Chance zu zeigen, dass in seinem Land Der Wunsch als Vater des Gedankens milien für das Gelingen der Persönlich- Religionsfreiheit nicht nur auf dem Pa- keitsentwicklung der Kinder wissen und pier steht. „Schöpfung und/oder Evolution“ ist sich um die Sicherung der gesellschaftli- thematischer Schwerpunkt des Heftes chen Zukunft sorgen (…). 89 von „Lebe“, dem Informationsblatt Man fragt sich, wie Menschen die Eine Lehre, die zum Glück führt der Bewegung für das Leben in Südtirol natürlichen Grundlagen ihrer eigenen (Grieser Platz 13 b, I-39100 Bozen). Im Existenz so grundlegend aus den Au- Am 25. Juli 2008 ist der 40. Jahrestag Leitartikel des Heftes weist Frau Dr.med. gen verlieren können, dass sie gegen die der Enzyklika „Humanae vitae“, die bei Christiane Paregger auf ideologische menschliche Natur rebellieren. Denn die ihrem Erscheinen unter Katholiken viel Hintergründe des Glaubens hin, den Gender-Ideologie ist letztlich eine Rebel- Dissens auslöste, heute aber mehr und nicht wenige Evolutionisten hegen, des lion gegen die menschliche Natur bezie- mehr als „prophetisches Zeugnis“ er- Glaubens nämlich an die schöpferische hungsweise die Schöpfungsordnung (…) kannt wird. In einem Interview mit der Kraft des Zufalls: Mit diesem Urteil wird der Tatbestand Zeitung „Die Tagespost“ (23.4.200) gab der Diskriminierung endgültig ad absur- der Präsident der Glaubenskongregation Die Entwicklung des Lebens ohne dum geführt. in Rom, Kardinal William J.Levada, u.a. gezieltes Eingreifen einer höheren Intel- Wenn der biologisch unbezweifelbare Antwort auf die Frage, ob der Hl.Stuhl ligenz – nur durch reinen Zufall – ver- Sachverhalt, dass zwei gleichgeschlecht- nicht von Anfang an entschiedener ge- langt mehr Glauben als die Vorstellung, liche Menschen kein Leben zeugen und gen die Dissidenten hätte vorgehen sol- dass all die Wunder dieser Welt dem infolgedessen auch nicht Eltern sein kön- len: liebenden Wirken eines unvorstellbar nen, nicht mehr festgestellt werden darf, Auch hier gilt: Die richtige Gewis- mächtigen Gottes zuzuschreiben sind. ohne dass dies den Vorwurf der „Diskri- sensbildung enthält die positive Beto- Oder haben Sie, liebe Freunde, einmal minierung“ nach sich zieht, dann kommt nung der kirchlichen Lehre. „Entschie- erlebt, dass ein Auto zufällig aus einem dies einem Verbot gleich, elementare denes Vorgehen gegen Andersdenkende“ Fahrrad entstanden ist? Sachverhalte der menschlichen Existenz ist in dieser Hinsicht weniger hilfreich. Der Wunsch vieler Menschen, ohne ei- und der gesellschaftlichen Überlebens- Die Schönheit und Weisheit der kirchli- nen Schöpfergott auszukommen, erklärt sicherung öffentlich zu erörtern. Das chen Lehre zur menschlichen Sexualität, sich in ihrer mangelnden Bereitschaft, ist absurd und kann um der Zukunft der so wie sie in Humanae vitae dargestellt sich einem solchen dann auch unterzu- Gesellschaft willen nicht hingenommen wird, muss gewürdigt werden! Leider ordnen. Vor allem „gottlose“ Ideologien werden (…) DER FELS 5/2008 155 logie und Politik kritisch hinterfragen, um her offensiv und dynamisch leben. Müssen wir erst noch stär- propagieren Gender-Philosophen in Wichtig wurde damals die Botschaft des ker auf die Nase fallen? geradezu phantastischen, intellektualis- Paulus: tischen Purzelbäumen den Triumph der Wir schämen uns des Evangeliums Auf dem „Christival“, dem Fest junger abstrakten Vernunft über die Natur. Müs- nicht, denn es ist eine Kraft, die selig evangelikaler Christen, das vom 1. bis 4. sen wir erst noch stärker auf die Nase macht alle, die daran glauben (Römer Mai 2008 in stattfindet, wollte fallen, um uns auf eine neue, demütigere 1,16) (…) das Deutsche Institut für Jugend und Ge- Haltung gegenüber der Natur – unserer sellschaft ein Seminar zum Thema „Ho- Natur – zu besinnen? Die Proklamation des Paulus gilt heu- mosexualität verstehen – Chancen zur te noch: Wir alle sind gerufen, der Kraft Veränderung“ anbieten – als eines von zu trauen, die alles Erstarrte lebendig ca. 230 anderen Seminaren. Heftige po- Mal wieder gegen den Trend macht und alles Verkrustete aufsprengt. litische Attacken von Seiten des „Bündnis Einer Kraft, die radikal ist. Sie geht an 90/Die Grünen) führten dazu, dass die Die üppig ins Kraut geschossene litera- die Wurzel von Hoffnungslosigkeit und Veranstalter ihr Angebot zurückzogen, rische Gattung der pseudo-historischen Resignation. Sie ist revolutionär! Wer „um nicht das ganze Festival zu gefähr- Reißer à la Dan Brown´s „Sakrileg“ die Freude der Veränderung im eigenen den“ (Siehe dazu „Fels“ 4/2008, S.125: nahm Stephan Baier in der „Tagespost“ Leben erfahren hat, der möchte andere „Steh auf, wenn Du ein Christ bist!“). vom 5.4.2008 sarkastisch aufs Korn: anstecken. In „Salzkorn“, dem Freundesbrief der Jesus bewegt, Jesus verändert, denn er „Offensive junger Christen“, beleuchtet (…) Je absurder die These, je fantasti- ist der ganz andere. nun Elke Pechmann, eine Mitarbeiterin scher die Konstruktion, desto größer die Jesus ist die Revolution des unantast- des Instituts, die Hintergründe für die- Chance auf einen Bestseller. Wer Außer- baren Gottes – er macht sich für dich be- se Anfeindungen („Salzkorn“, März/ irdisches und Übersinnliches, Religion rührbar. Folge ihm nach und halte deine Mai 2008, S.58 ff; bei: Offensive junger und Sex, Geheimnis und Wahn zu einem Herzhaut weich. Christen OJC e.V., PF 1220, D-64382 unterhaltsamen Cocktail mixt … findet Jesus ist die Revolution für dein ein- Reichelsheim). sicher einen Verlag. „Gott ist rot, tot und sames Heldentum – denn er ist der Sohn. Im gleichen Heft äußert der Psychia- eine Frau“ ist ideologischer Schwach- Folge ihm nach und suche die Verbin- ter und Psychotherapeut Dr. med. Chris- sinn von gestern. Heute muss Jesus eine dung zum Vater im Himmel. tian Spaemann, Leiter der sich Psychia- geheime, lesbische Priesterinnensekte im Jesus ist die Revolution in deinen Be- trischen Abteilung des Krankenhauses Himalaja gegründet haben, deren aktuel- ziehungen – denn er ist der Freund. Fol- Braunau am Inn, in einem Beitrag „Poli- le Päpstin den Heiligen Gral gegen die ge ihm nach und werde zum Freund der tische Beobachtungen zur Ehe und warum Amtskirche verteidigt. Wenn dann den Menschen. die freiheitliche Zivilgesellschaft nicht zur Buchumschlag auch noch „gute Hexen“, Jesus ist die Revolution der Macht- Unvernunft verpflichtet ist“ (S.64 ff). Aus „finstere Inquisition“ und „geheime Or- spiele. Folge ihm nach und wachse in diesem Beitrag hier einige Zeilen. densritter“ zieren, klingeln die Kassen. Klarheit und im Stehvermögen. (…) Jesus ist die Revolution in der Spira- (…) Die amerikanische Kulturphilo- Geglaubt wird alles, was unglaubwür- le der Gewalt – denn er liebt. Folge ihm sophin Judith Butler, Vordenkerin der dig ist. Elfen und Hexen, Dämonen und nach und erlebe, dass die Liebe stärker „Gender“-Bewegung, hält die Unter- Außerirdische leben in den Buchhand- ist als der Tod. scheidung der Geschlechter für ein prä- lungen eine sonderbar friedliche Koexis- 68 war gestern – deine Revolution dikatives Konstrukt, das im Wesentlichen tenz. Manche meinen, bei so viel Glau- ist jetzt! Riskiere dein Herz, lade Jesus auf unseren Denk- und Sprachgewohn- benswillen und Mystik-Rummel müsse neu in dein Leben ein. Es ist ein kleiner heiten beruht. Simone de Beauvoirs Satz es auch eine Marktnische für die Kirche Schritt mit großen Folgen: er verändert über die Geschlechterrollen, „man wird geben. Doch nein, die steuert wieder mal dich und die Welt. nicht als Frau geboren, man wird zur gegen den Trend – und verteidigt die Frau gemacht“, bezieht man heute be- menschliche Vernunft. reits auf die Definition des biologischen Österliche Hoffnung Geschlechts: es ist das Ergebnis eines unheilvollen, tradierten Machtdiskurses. Deine Revolution ist jetzt! Zur Gebetsmeinung des Heiligen Va- Diese im Namen der Freiheit apo­ ters für April, „dass die Christen in der strophierte Zuspitzung der Geschlech- „68 war gestern – Deine Revolution ist heutigen Gesellschaft die Auferstehung terfrage widerspricht unserem gesamten jetzt!“ steht auf dem Umschlag des neu- Christi als Quell der Hoffnung und des Erfahrungswissen. Die Ergebnisse der en Heftes von „Salzkorn“, des Freun- Friedens verkünden“, hieß es im Direc- Forschung belegen nachdrücklich, dass desbriefes der „Offensive junger Chris- torium spirituale“: Mann und Frau in ihrem Denken, Fühlen ten“. Das Heft erinnert an den Anfang und Handeln durch ihr Geschlecht we- der Offensive vor 40 Jahren mit dem (…) Durch die Auferstehung Chris- sentlich mitdeterminiert sind. Die Hu- Flyer „Alle reden von Revolution – wir ti ist universale Hoffnung aufgerichtet, manethologie und Kommunikationsfor- auch“ – damals im bewussten Gegensatz die das Leben der Christen prägt. Sie schung können dies ebenso belegen wie zu den anderen „68ern“ – und an ihre bewahrt vor Resignation bei Erfahrung neueste Daten der Neurobiologie und ersten Veranstaltungen bei den Darm- von Tod und Leid und bewirkt tröstliche Entwicklungspsychologie. Die Natur zu städter evangelischen Marienschwestern Erwartung und freudige Gelöstheit hin bejahen bringt Vorteile. Wer bereit ist zu („Salzkorn“ 2/2008; PF 1220, D-34382 auf die neue Welt der kommenden Auf- akzeptieren, dass man auf zwei Beinen Reichelsheim). Im Editorial des Heftes erstehung. Wer von der Auferstehungs- besser geht als auf einem oder auf den schreibt Dr. Dominik Klenk dazu u.a.: hoffnung erfüllt ist, der will mithelfen, Händen, wird sich den Raum müheloser dass die Schöpfung der erwarteten neuen erschließen können. Nicht aggressiv, wie manche politi- Welt Gottes entgegengeht, und will ver- Es ist merkwürdig: Während wir heu- schen Kräfte jener Tage im Zeichen des suchen, dass das siegreiche neue Leben te die Selbstüberhebung des Menschen roten Sterns, wollte man sein, aber auch im Reich des Bösen und des Todes im- über die ihm vorgegebene Welt in Öko- nicht defensiv; sondern vom Evangeli- mer mehr aufgerichtet wird. (…) 156 DER FELS 5/2008 Bücher

Peter P. J. Beyerhaus, Hrsg.: Welt- Kirche, die ihre Märtyrer im Stich lässt, weite Gemeinschaft im Leiden für zerstört die Gemeinschaft unter allen Christus. VTR Nürnberg 2007, ISBN Gliedern des Leibes Christi.“ Der letti- 978-3-937965, S. 208, Preis 9.80 Euro sche Abgeordnete Paulis Klavins zeigt dazu, wie westliche Christenvertreter Bei dieser Publikation handelt es auf internationalen Kirchenkonferenzen sich um den Tagungsbericht des Öku- mit den östlichen Verfolger-Regimen menischen Bekenntniskongresses in zusammenarbeiteten, statt Solidarität zu Blankenburg/Thüringen 2006. Fachlich üben und Mitgefühl zu empfinden. Prälat hervorragend ausgewiesene Referenten Prof. Dr. Helmut Moll, der Herausgeber evangelischer, katholischer und orthodo- des katholischen Martyrologiums „Zeu- xer Provenienz befassten sich dort einge- gen für Christus“ stellt die Ökumene der hend mit dem Martyrium, das Christen Märtyrer dar. Papst Johannes Paul II. sah seit 2000 Jahren zu erleiden haben. Der im gemeinsamen Vergießen des Blutes Schwerpunkt lag verständlicherweise für Christus „ein gemeinsames Erbe von auf dem 20. Jahrhundert, der sicherlich Katholiken, Protestanten, Orthodoxen blutigsten Epoche der Weltgeschichte. und Anglikanern.“ Im Blick auf Christus Wozu dient das Leiden für die Wahrheit und auf den Erzmartyrer Stephanus galten und wie sähe die Welt aus ohne die Be- schon im Frühchristentum Märtyrer als reitschaft von Einzelnen, für die Wahr- Heilige. Die ungebrochene Tradition des heit mit dem Leben einzustehen? Auf katholischen Märtyrerbegriffs zeigte Moll diese Fragen gaben die Referenten ein- an den Beispielen der vier Lübecker Mär- drucksvolle Antworten. Unter den zahl- tyrer von 1943 und an den Mitgliedern reichen Aspekten, die herausgearbeitet der Weißen Rose in München. Der Leser wurden, sei zunächst die Verlassenheit staunt heute, wie ehrlich damals Ökume- Prof. Beyerhaus referierte auch über der Gefangenen, das „siebte Leiden ne geschehen konnte, da ja heute kein apokalyptisches Unheil in der Zukunft, Christi“ ausgewählt. Die Gefangenen im ökumenisches Zeugnis für den Lebens- über das Erscheinen des Antichrist und kommunistischen Machtbereich haben schutz, für die natürliche Ehe oder gegen tröstlicherweise über den Segen des alle sechs Leidensarten in sich vereinigt, die Gotteslästerung zustande kommt. Martyriums für die Kirche Christi. An die Christus in seiner Botschaft vom Ein Unterschied zum evangelischen den grundlegenden Ausführungen und an Weltgericht genannt hat: „Ich war hung- Verständnis von Martyrium besteht ein- den vielen Detail-Informationen dieses rig, durstig, fremd, nackt, krank und im mal in der Einordnung von Menschen, Tagungsberichts kann künftig niemand Gefängnis.“ Die siebte Leidensart, das die in Verzweiflung, also durch Suizid, vorübergehen, der sich mit dem Thema Verleugnet-Werden von den Christen gestorben sind. Ein weiterer Unterschied Martyrium beschäftigt. Darüber hinaus in der Freiheit, erwähnt Christus nicht. besteht darin, dass die evangelische sollte diese Publikation der schlafenden Über diese besonders schmerzliche Art Konfession das martyrium puritatis, das Christenheit die Augen öffnen. des Leidens schreibt Beyerhaus: „Eine Reinheitsmartyrium, nicht kennt. Eduard Werner

Karl Josef Wallner: Sinn und Glück im Glauben, 13,5 x 20,5 cm, gebunden, 176 Seiten, ISBN 978-3-9811452-1-2, Euro 14,90 (D), Euro 15,40 (A), CHF 27,50

Europa befindet sich in einer Phase des religiösen Umbruchs. Die Situation ist pa- radox: Während die Sehnsucht nach Spiritualität wächst und die Religiosität verstärkt auch öffentliche Wertschätzung erfährt, sind die Kirchen in den letzten Jahren immer leerer geworden. Das Wissen um die Inhalte des christlichen Glaubens ist weithin geschwunden und die christliche Spiritualität verkümmert. Für die Zukunft der Menschen in Europa wird es jedoch von entscheidender Be- deutung sein, diesen christlichen Glauben wieder verstehen und lieben zu lernen. Für dieses Projekt ist P. Karl Wallner prädestiniert. Er begeistert in seinen Vorträ- gen, die jetzt erstmals in Buchform veröffentlicht werden, Jung und Alt, da es ihm gelingt, auf gut verständliche und oft auch humorvolle Weise selbst komplexe theolo- gische Glaubensinhalte auszulegen. Gerade Suchende steckt er mit seiner eigenen Begeisterung an, so dass sie die Inhalte des katholischen Glaubens als befreiende und frohmachende Angebote Gottes für eine gelingende Zukunft erkennen können. Das Buch ist erhältlich bei: Deutschland: Media Maria Verlag, Illertissen, Tel.: 07303/17 14 51; Fax 07303/92 89 55; www.media-maria.de Österreich: BMK Wartburg, Wien, Telefon (0043-1)405 93 71, Fax (0043-1)408 99 05, E-Mail: [email protected] und überall im Buchhandel

DER FELS 5/2008 157 Bücher

Heinrich Pompey: „Zur Neuprofilie- benszeugnis verbunden ist. Das aber Das Naturrecht und Europa, Hrg. Tade- rung der caritativen Diakonie der Kir- bedeutet, dass christlicher Glaube und usz Guz, Schriften zur Philosophie Bd. 3, che“ Die Enzyklika „Deus caritas est“ christliche Motivation für karitatives Tun Peter-Lang-Verlag, Frankfurt 2007, 462 Kommentar und Auswertung, Echter in der Kirche sehr wichtig sind. Pompey Seiten, 74, 50. Euro Verlag Würzburg 2007 setzt sich darum deutlich für christliche In dem von Tadeusz Guz herausgege- In seiner ersten Enzyklika „Deus ca- Begleitung und Fortbildung der Caritas- benen Sammelband „Das Naturrecht und ritas est“ hat Papst Benedikt XVI. über mitarbeiter ein, ein Appell, der ausdrück- Europa“ werden die Entstehung des euro- die Grundlagen christlicher Lebenspra- lich zu begrüßen ist. Gerade in einer Zeit, päischen Rechts aus den naturrechtlichen xis nachgedacht und dabei herausge- wo der karitative Dienst der Kirche nicht Wurzeln der antiken und mittelalterlichen stellt: Gott ist Liebe, und seine Liebe mehr wie noch in früheren Jahrzehnten in Philosophie dargelegt und die Folgen des zu uns drängt uns, sowohl ihn wie auch erster Linie von Ordensleuten getragen neuzeitlichen Denkens thematisiert, in den Nächsten zu lieben. Einen sehr an- wurde, die im Grunde durch ihre Gelübde dem es keinen Platz mehr für eine natur- sprechenden Kommentar hat jetzt Prof. schon eine eindeutige Entscheidung für rechtliche Verankerung des Rechts gibt. Heinrich Pompey veröffentlicht, der viele Christus getroffen haben, ist es wichtig, Im Mittelpunkt des neuzeitlichen Den- Jahre lang in Freiburg im Breisgau den bei Caritasmitarbeitern zumindest eine kens steht das Bewusstsein, dass Recht Lehrstuhl für Caritaswissenschaft inne- tiefere Beziehung zum Gott Jesu Chris- durch formale Prozeduren hervorgebracht hatte. ti zu wecken. Auf der anderen Seite soll wird und man einen klaren Trennungs- Pompey gelingt in seinem Kommentar karitative Tätigkeit kein Proselytendienst strich zwischen Ethik und Recht ziehen ein hervorragender Brückenbau zwischen sein. Es muss bei karitativer Liebe immer muss. Die Beiträge in dem Sammelband theoretischen Grundlagen und religiöser, in erster Linie um den Dienst am Nächsten machen deutlich, dass im modernen de- respektive karitativer Praxis: Er zeigt gehen. Die karitative Tätigkeit darf daher mokratischen Verfassungsstaat nicht Wege auf, wie die wichtigen Gedanken nicht von ihrer Intention her missiona- mehr die Frage nach der Tugendhaftig- des Papstes sinnvoll in den christlichen risch sein, sehr wohl aber kann sie es der keit der Bürger im Mittelpunkt des politi- Alltag – auch im Rahmen der institutio- Wirkung nach sein. Vorbehaltlose Nächs- schen Interesses, sondern allein die Frage nalisierten Caritas – umgesetzt werden tenliebe ist immer auch Zeugnis und kann nach der staatlichen Garantie der Rechte können. auf diese Weise den anderen neugierig auf der Bürger. Nicht mehr die menschliche Bemerkenswert ist etwa Pompeys sehr das Christentum machen (was wir natür- Natur oder Gott gelten von nun an mehr dezidierte Betrachtung der verschiedenen lich wünschen dürfen). als Quelle des Rechts, sondern allein das Begriffe der Liebe, die der Papst in der Karitative Tätigkeit bedeutet allerdings durch allgemeine Wahlen legitimierte Par- Enzyklika vorstellt. Es galt ja damals als nie, aus Liebe und Akzeptanz des anderen lament. Die Legitimität der Gesetze wird Sensation, als Benedikt XVI. in „Deus ca- die Wahrheit zu vernachlässigen. Pompey in den formalen Prozeduren gesehen. Es ritas est“ von der Liebe als „Eros“ sprach. wörtlich: „Das konkrete Helfen wie das nimmt daher nicht wunder, dass sich heu- Pompey macht sehr anschaulich deutlich, Management des Helfens in einer cari- te ein relativistisches Denken verbreitet. dass es dabei um eine positiv zu würdi- tativen Organisation sind stets von Kon- Die Beiträge machen deutlich, dass dieses gende Leidenschaft geht, die nicht wie flikten gekennzeichnet … In Konfliktsi- Denken totalitär ist manche andere Leidenschaften Leiden tuationen ist es notwendig, die Wahrheit Vor allem an aktuellen Diskussionen schafft, sondern Leiden lindert. Es geht in Liebe zu sagen bzw. zu praktizieren … über die Abtreibung, die Stammzellenfor- um die Hinwendung zu Gott als dem Wird aus überstarker Liebe die Wahrheit schung, das Klonen, die Euthanasie wird Wahren, Guten und vor allem auch Schö- verdrängt oder die Wahrheit einem Men- in den Beiträgen dieses Sammelbandes nen, also als dem im guten Sinne Begeh- schen lieblos gesagt, wird kaum ein nach- zum Naturrecht deutlich gemacht, dass renswerten. Der Eros, den die Enzyklika haltig gelingendes Miteinander möglich immer dort, wo Tötung von unschuldi- meint, ist aber letztlich nur segensreich, sein.“ (121). gem Leben zu Recht erklärt wird, Unrecht weil er von der Agape, also der tätigen Man darf für Pompeys umfassenden zu Recht gemacht wird. In den Beiträgen Liebe im Sinne der Hingabe gereinigt ist. Kommentar der ersten Papstenzyklika zu verschiedenen Themenbereichen wird Christi Liebe drängt uns. sehr dankbar sein und sich wünschen, erhellend gezeigt, dass es bei der Abwehr Ebenfalls stellt Pompey heraus, dass dass viele seiner Impulse konkret in die des Relativismus nicht um eine christliche die Diakonie untrennbar mit dem Glau- Tat umgesetzt werden. Raymund Fobes Spezialmoral geht, sondern um das Plä- doyer für eine Menschlichkeit des Men- Zur Wallfahrt nach Südpolen vom 15. bis 22. Juni 2008 laden das schen, der nicht das Zertreten der Schöp- Forum Deutscher Katholiken, der Fels e.V. und die Aktionsgemeinschaft ( IK) fung zu seiner Befreiung erklären kann, Augsburg ein. ohne sich zutiefst selbst zu betrügen. Ziel: Krakau (fünf Übernachtungen, Führung in Krakau, tägl. Fahrten zu den Aus den verschiedenen Beiträgen Wallfahrtsstätten): Sr. Faustina und ihre Botschaft von der göttlichen Barmher- zum Naturrecht wird deutlich, dass sich zigkeit (nahe bei Krakau), Die Schwarze Madonna (Tschenstochau), Johannes Europa entscheiden muss: entweder gibt Paul II. (Wadowice, Kalvaria), Auschwitz, Ausflug nach Zakopane (Karpaten). es prinzipiell Dinge, die immer Unrecht Auf der Hinfahrt: Übernachtung in Maria Taferl; auf der Rückfahrt: hl. Hedwig bzw. immer Recht sind oder das, was (Trebnitz in der Nähe von Krakau), Kloster Helfta (Übernachtung im Raum Leip- Recht und Unrecht ist, wird prinzipiell als zig); täglich Feier der hl. Messe an den Wallfahrtsstätten relativierbar angesehen. Die Lektüre die- Geistliche Leitung: Prälat Prof. Dr. Anton Ziegenaus; ortskundige Führung in Po- ses lesenswerten Buches öffnet die Augen len: Pater Thomas von der Ordensgemeinschaft der Marianer; dafür, dass der Relativismus zur Auflö- Organisation, Information und Anmeldung: Fa Klaus-Busreisen, Biberkopfstraße 1, ­ sung aller Dinge führt. 87719 Mindelheim, Tel. 08261/1383 Heinz-Georg Kuttner

158 DER FELS 5/2008 Veranstaltungen

Aktionsgemeinschaft München Messfeiern im alten Ritus 16.05.2008, Rhaetenhaus, München,16.30 Messfeiern gemäß dem Gebetsmeinung des Uhr, H.H. P. Richard Pühringer CPPS: Motu Proprio/Summorum Pontificum Hl. Vaters Mai 2008 Leben zwischen Hoffnung und Hoff- siehe Heft 1/2008, S. 29 1. dass die Christen den Wert der Lite- nungslosigkeit – Gedanken zur Enzykli- ka „Spe salvi“ von Papst Benedikt XVI.; Neu: Fulda, Pfarrkirche St. Sturmius, ratur, der Kunst und der Medien nut- Hinweise: 08142-400766 Wallweg 27; jew. sonntags 18.00 Uhr zen, um eine Kultur zu begünstigen, die den Wert des Menschen schützt und fördert. Aktionsgemeinschaft Essen 07.05.2008, InBit, Henriettenstr. 2; 16.00 Sühnenacht 2. dass die Jungfrau Maria, Stern der Uhr, Dr. Monika Born: Maria, Mutter Sühneanbetung Evangelisierung und Apostelkönigin, vom guten Rat – Vorbild für Christen; so wie sie die Apostel in den Anfän- zuvor: 15.00 Uhr Marienvesper, Krypta, Leuterod/Ötzingen: 27.05.2008, Maria- gen der Kirche begleitet hat, auch Hoher Dom; Hinweise: 0201-538692 Hilf-Kirche, Sühnegeb.std. Euch.­feier, heute die Missionare und Missiona- Predigt, Beichte u. euchar. Anbet. von rinnen mit mütterlicher Liebe leitet. Aktionsgemeinschaft Trier 18.00 - 22.00 Uhr m. Pfr. R. Lambert; mo- 25.5.2008, Missionshaus d. Weißen Vä- natl. Treffen der Mitglieder des Marian. ter, 15.00 Uhr, Pfr. Ralph Hiebert: Die Segenskreises; Hinweise: 02602-7272 Weitergabe des Glaubens an die nächste Klotten: 13.05.2008, St. Maximinus, Fa- 8. bundesweite Jugendwallfahrt nach Generation; zuvor: 14.30 Uhr euch. An- timagebetsabend, Beginn 19.00 Uhr, mit Lourdes zum 150-jährigen Jubiläum dacht; Hinweise: 06831-41816 Ro.kr. und Beichte, Lichterprozession, 9.8. - 17.8.2008; Organisation: Weltju- feierl. Hochamt; Hinweise: 02671-3391 gendtagteam; vielfältiges Programm aus Nächtliche Anbetung in Oberhaid: spirituellen und touristischen Angeboten 16. Theologische 17./18.05.2008 nächtl. Anbetung in der (hl. Messe, Sakraments- und Lichter- prozessionen, Katechesen, Workshops, Sommerakademie Pfarr- und Wallfahrtskirche Ober­haid bei Bamberg, ab 20.30 Uhr, Ende 5.30 Uhr; Ausflüge) Hinweise: 0932-924213 oder www.weltjugendtags-team.de (früher Dießen) zum zweiten Mal in Augsburg Wietmarschen: 03.05.2008, Herz- vom 04. - 07. Juni 2008 Mariä-Sa. im St. Matthiasstift, hl. Mes- Veranstaltungen der Initiativkreise­ Haus St. Ulrich, Kappelberg 1, se in der Wallfahrtskirche; Hinweise: – Aktionsgemeinschaften: 05921-15291 86150 Augsburg

Fatima-Weltapostolat U.L.F.: Mainz: Thema: „Was sucht ihr den Le- 7.6.2008, Tag für das Leben, Vorträge in 17.05.2008, 16.00 Uhr, Saal des Bruder benden bei den Toten?“ Lk 24,5 der Rhabanus-Maurus-Kirche, Petersberg; Konrad Stifts, Weintorstraße, Diakon Die Gestalt Jesu Christi; 8.6.2008, Fest d. hl. Bonifatius am Dom- Michael Weyers: Katholisch, geschieden platz Fulda m. Kardinal Meisner; Hinwei- – was nun?; 18.00 Uhr, Marienkirche, Hinweise: 08191-22687 se: 06648-914668 Euch.feier; Hinweise: 06725-4556

Anschriften der Autoren dieses Heftes DER FELS - Katholische Monatsschrift. Gegründet 1970 von Pater Gerhard Hermes SAC  Pfr. i.R. Hermann Blüml Verlag: Der Fels-Verein e.V. Taxisstr. 1 Herausgeber: Der Fels-Verein e.V. 93093 Donaustauf Verantwortlicher Redakteur: Prof. Dr. Hubert Gindert Redaktion: Eichendorffstr. 17, D-86916 Kaufering, Tel.: 08191/966744, Fax: 08191/966743,  OStR. Ehrendomherr Edmund Dillinger e-mail: Redaktion: [email protected] Bestellung: [email protected] Saarbrückerstr. 18 Verlagsleitung: ebendort, Grafik und Layout: Renate Gindert, Bernau; Druck: Mayer & Söhne, Druck und Mediengruppe GmbH, 86551 Aichach 66299 Friedrichstal DER FELS erscheint monatlich im Umfang von 32 Seiten.  Peter Kemmether Bestellung: An den Fels-Verein e.V., Postfach 1116, D-86912 Kaufering Missionsstr. 9 Einzahlung Deutschland: Konto Fels e.V.:, 91564 Neuendettelsau Landsberg-Ammersee Bank eG, KontoNr.: 514 75 22, BLZ: 700 916 00; Postbank München, KontoNr.: 903 166 809, BLZ 700 100 80  Jürgen Liminski Österreich: Bestellungen wie oben, Landeshypothekenbank , Fels e.V., Neckarstr. 13, 53757 St. Augustin Konto Nr.: 2 493 378, BLZ: 55 000; Schweiz: Bestellungen wie oben, Fels e.V., Schweizer Postscheckkonto Nr.: 40-352273-9  Prof. DDr. Anton Ziegenaus Für übrige EU-Länder: Wer Spenden auf unser Konto überweisen möchte, kann dies zu In- Heidelbergerstr. 18 landsgebühren erledigen, wenn er bei der Überweisung anstelle der Kontonummer die IBAN 86399 Bobingen (=Internationale Kontonummer) DE 46 7009 1600 0005 1475 22 und anstelle der Bankleitzahl die BIC (Identifikation des Kreditinstitutes) GENODEF1DSS angibt.

DER FELS 5/2008 159 DER FELS 4215 PVSt/Entgelt bezahlt/DPAG Fels-Verein e.V., Auslieferung Postfach 11 16 86912 Kaufering

Marianne Hapig – Diese Glut durchschreitet niemand ohne Verwandlung!

n Diktaturen ist es schwer, neut- haltsort ihrer Angehörigen erfahren ral zu leben. Viele profitieren von hatten. In ihrer oft verzweifelten La- Ider Diktatur. Gleichzeitig leiden ge boten Marianne Hapig und ihre andere in den Gefängnissen furcht- Münchner Kontaktfrau Maria Urban bare Qualen. Einige aber riskieren dem Herrgott ihr Leben an, damit aus Mitleid sogar ihr Leben für hilf- er das Leben der Gefangenen rette lose Gefangene. In der Zeit des Nati- und für den Wiederaufbau erhalte. onalsozialismus waren es erstaunlich Der Heroismus der Helferinnen war viele unverheiratete Frauen, die sich schier grenzenlos. In der Tat wur- als heroische Engel für Gefangene den Pater Rösch, Hans Lukascheck, eingesetzt haben, denn sie brauchten Andreas Hermes und einige andere ja auf Familien keine Rücksicht zu gerettet, während Maria Urban bei nehmen. Ihr Vorbild könnte heute einem Luftangriff ums Leben kam. segensreich wirken, wenn es in den Aber zahlreiche Gefangene mussten Schulen, Universitäten und Medien unter dem Fallbeil oder am Galgen bekannt gemacht würde. Eine von sterben. Zu ihnen gehörten auch P. diesen Frauen war die Berliner Für- Delp, Pfarrer Wachsmann und viele sorgerin Marianne Hapig. Ihr Arbeits- andere. Im Tagebuch schreibt Hapig platz befand sich im katholischen St. ter Alfred Delp eingesperrt war, sagte am 23. Januar 1945: „Heute starben Hedwigkrankenhaus an der Großen sie der Polizei, sie wolle dem Pater zehn Männer als Märtyrer für das Hamburger Straße in Berlin. Es lag auf Bitten der Mutter Delps frische bessere Deutschland.“ Der Gefäng- in einem überwiegend von Juden be- Wäsche bringen. Das war ein Ansin- nisgeistliche durfte die Ausgestoße- wohnten Stadtviertel. Schon in den nen, das in anderen Fällen brüsk ab- nen nicht zum Galgen begleiten. Aus dreißiger Jahren konnte sie gemein- gelehnt wurde und sogar zur Verhaf- einem Versteck heraus konnte er die sam mit dem Chefarzt Dr. Lux vielen tung der Bittsteller führte. Bei Frau Todgeweihten einzeln segnen. Juden zum Untertauchen verhelfen. Hapig ging dieser Versuch erstaunli- Dazu war wagemutiges und kluges cherweise gut. Da sie als Fürsorgerin Am 5. Februar erhielten die Frau- Handeln nötig. Diese Aktionen emp- gute Verbindungen zu manch alten en des Helferkreises die Nachricht, fand Frau Hapig später als Schulung unpolitischen Gefängnisbeamten dass der „Blutrichter“ Freisler im und Vorbereitung für ihre Gefange- und zu Justizbeamten hatte, öffneten Luftschutzkeller durch einen herab- nenfürsorge, als sie nach Kriegsbe- sich ihr auch inoffizielle Möglich- stürzenden Balken ums Leben kam. ginn politische Gefangene in den keiten, geheime Kassiber aus den Ein heimliches Aufatmen ging durch Berliner Gefängnissen betreute. Gefängnissen herauszuschmuggeln die Reihen. Frau Hapig sah in ihm und ein Netzwerk zur Betreuung der ein Werkzeug des Teufels. Die Ka- Kranke und Gefangene zu besu- Häftlinge und auch zur Betreuung pitulation am 8. Mai brachte endlich chen gilt schon unter normalen Um- der über ganz Deutschland verstreu- die Befreiung vom der NS-Regime. ständen als Werk der Barmherzigkeit. ten Angehörigen aufzubauen. Auf Aber Angst und Not blieben in ande- Aber in dieser Diktatur, die bereits diese Weise waren Frau Hapig und rer Form im zerbombten Berlin. Frau aussichtslos mit dem Rücken zur ihre Mitstreiterinnen über Verhaftun- Hapig half tatkräftig mit beim mate- Wand kämpfte, war der Gang in ein gen, Folterungen und Hinrichtungen riellen und geistigen Wiederaufbau. Gefängnis oder in eine Gestapozent- in den Gefängnissen gut informiert. Am 23. März 1973 starb sie im Alter rale lebensgefährlich. Marianne Ha- Sie benachrichtigten die Ehefrauen von 79 Jahren. Kurz vorher hatte sie pig riskierte diesen Schritt. Nachdem und Kinder der Gefährdeten, von de- noch erklärt, wie notwendig die Süh- sie herausgefunden hatte, in welchem nen manche eine Besuchserlaubnis ne für das gewaltige Unrecht sei. Gefängnis der Münchner Jesuitenpa- erreichten, nachdem sie den Aufent- Eduard Werner

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